ZFF-Info 05/2019

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SCHWERPUNKT I: Equal Pay Day

Anlässlich des heutigen Equal Pay Day fordert das ZFF, hauptamtlich wie privat geleistete Arbeit von Frauen endlich angemessen wertzuschätzen und so die Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern nachhaltig zu bekämpfen.

Auch in diesem Jahr macht der Aktionstag Equal Pay Day auf die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen aufmerksam, die in Deutschland seit Jahren nahezu unverändert bei 21 Prozent liegen. Unter dem Motto WERTSACHE Arbeit stellt die Kampagne dabei die ungerechte Wertschätzung frauendominierter Berufe, insbesondere in den sozialen Dienstleistungen, in den Mittelpunkt.

Christiane Reckmann, Vorstandsvorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Es ist völlig inakzeptabel, dass Frauen in puncto Gehalt immer noch gegenüber ihren männlichen Kollegen benachteiligt werden. Der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit“ ist eine Frage der Gerechtigkeit und muss für alle Menschen gelten.

Es gibt vielfältige Ursachen für die seit Jahren stabil bleibende Lohnlücke zwischen den Geschlechtern: Frauen verdienen weniger, weil sie seltener Führungspositionen innehaben, häufiger teilzeitbeschäftigt sind und öfter in schlechter bezahlten frauendominierten sozialen Dienstleistungsberufen arbeiten. Das ZFF unterstützt nachdrücklich, dass der diesjährige Equal Pay Day die fehlende Wertschätzung dieser Berufe in den Mittelpunkt der Kampagne rückt und unterstützt das Anliegen der Neubewertung dieser gesellschaftlich so wichtigen Tätigkeiten.

Doch nicht nur bei der Entlohnung der Erwerbsarbeit klaffen Lücken zwischen den Geschlechtern, auch die unbezahlte Sorgearbeit ist sehr ungleich verteilt: Frauen übernehmen nach wie vor den Löwenanteil der privaten Erziehungs-, Pflege- und Hausarbeit. Nur wenn wir die Erwerbs- und die Sorgearbeit zukünftig politisch gleichberechtigt in den Blick nehmen, können wir uns nachhaltig auf den Weg zu einer geschlechtergerechten Gesellschaft machen!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 18.03.2019

Auch in diesem Jahr klafft die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern weit auseinander: 21 Prozent verdienen Frauen im Schnitt weniger. Für das gleiche Gehalt wie das der Männer müssten sie umgerechnet 77 Tage länger arbeiten. Der Equal Pay Day am 18. März markiert diesen Zeitpunkt und zeigt auch in diesem Jahr, dass die Betriebe mehr in die Pflicht genommen werden müssen.

„Mit dem Entgelttransparenzgesetz wurde der Anfang zur Bekämpfung der Lohnungleichheit gemacht. Seit gut zwei Jahren können Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von ihrem individuellen Auskunftsrecht Gebrauch machen: Sie können überprüfen lassen, ob Kollegen des anderen Geschlechts für die gleiche Tätigkeit mehr Lohn erhalten als sie selbst. Nur wenn über Geld gesprochen wird, kann die Lohndiskriminierung abgestellt werden. Im Sommer wird die Evaluation des Gesetzes vorgelegt. Dann wird sich zeigen, an welchen Stellen nachgesteuert werden muss. Die SPD-Bundestagsfraktion wird in der Großen Koalition darauf beharren, die volle Durchschlagskraft für dieses Gesetz zu erreichen. Beschäftigte müssen in ihrem selbstverständlichen Recht, sich gegen Lohndiskriminierung zu wehren, bestmöglich gestärkt werden.

Eine Grundrente, wie sie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil vorgeschlagen hat, würde für den gerechten Ausgleich der so genannten Gender Pay- und Gender Pension Gaps sorgen – solange, wie die Betriebe ihrer Verantwortung für die gerechte Bezahlung von Frauen und Männern nicht nachkommen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 18.03.2019

Zu den heute veröffentlichten Zahlen zum Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern und zum Equal Pay Day am 18. März erklären BeateMüller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte und aktive Arbeitsmarktpolitik, und UlleSchauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

21 Prozent und kein Ende in Sicht. Auch nach einem Jahr Entgelttransparenzgesetz ist die Entgeltlücke zwischen Mann und Frau unverändert groß. Das Gesetz entpuppt sich als Luftnummer.

Es ist endlich an der Zeit, ein effektives und wirksames Gesetz, das Frauen wirklich finanzielle Gerechtigkeit bringt, einzuführen. Dazu braucht es verbindliche und zertifizierte Prüfverfahren. Freiwilligkeit hilft keinen Schritt weiter. Nur eine verbindliche Überprüfung aller Lohnstrukturen und Tarifverträge beendet die ungerechte Bezahlung von Frauen. Und wir fordern ein Verbandsklagerecht und die Anwendbarkeit des Gruppenverfahrens. Denn nach wie vor müssen Frauen, die gegen Entgeltdiskriminierung vorgehen wollen, weiterhin allein vor Gericht ziehen. Von diesen Maßnahmen würden Frauen wirklich profitieren.

Das Entgelttransparenzgesetz bleibt wirkungslos. Denn Auskunft über das Entgelt von Kollegen erhalten nur Frauen, die in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten arbeiten. Viel zu viele Frauen haben also rein gar nichts von diesem Gesetz. Betrieben ist es auch völlig frei gestellt, ob sie künftig ihre Entgeltstrukturen auf Benachteiligungen überprüfen. Sie können, aber sie müssen nicht. Dafür braucht es wahrlich kein Gesetz.

Die Bundesregierung muss auch dringend mehr tun, um die sozialen Berufe aufzuwerten, denn hier arbeiten hauptsächlich Frauen und diese Jobs sind generell schlechter bezahlt. Zudem arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit oder Minijobs und es gibt nach wie vor wenige weibliche Führungskräfte. Das sind alles Faktoren, die eine Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern in weite Ferne rücken lassen. Hier muss die Bundesregierung ran und endlich wirksame Rahmenbedingungen schaffen, damit Frauen endlich das bekommen, was sie auch verdienen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 14.03.2019

Zum Equal Pay Day erklärt die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion Nicole Bauer:

„Mehr staatliche Regulierung, mehr Bürokratie und absurde Strafandrohungen für Unternehmen sind die falsche Antwort auf die bestehenden Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen. Daher fordert die FDP-Fraktion einen anderen Ansatz. Wir müssen früh anfangen und alte Rollenbilder aufbrechen, damit wir mehr Mädchen und Frauen für meist besser bezahlte MINT-Berufe begeistern. Gleichzeitig müssen soziale Berufe besser entlohnt werden, damit diese an Attraktivität gewinnen. Durch mehr Flexibilität und beste Kinderbetreuung kann eine vielfältigere Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit und so die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelingen. Die Unternehmen sind bei einer fairen und leistungsorientierten Bezahlung, unabhängig vom Geschlecht,und Frauen-Talentförderprogrammen in der Pflicht. So verringern wir den Verdienstunterschied zwischen den Geschlechtern im Erwerbsleben und folglich auch bei der Rente. Zudem sollten wir Frauen ermutigen, selbstbewusst aufzutreten und zu verhandeln. Dabei kann die Förderung von Frauennetzwerken helfen.“

Quelle: Pressemitteilung der Fraktion der Freien Demokraten vom 18.03.2019

Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen und die Wirksamkeit des Entgelttransparenzgesetzes wird von Sachverständigen und Interessenvertretern höchst unterschiedlich bewertet. Dies zeigte sich in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag über zwei Anträge der Fraktionen Die Linke (19/1005) und Bündnis 90/Die Grünen (19/1192) zur Bekämpfung von Lohndiskriminierung von Frauen.

Die Linksfraktion fordert in ihrem Antrag unter anderem, dass der Auskunftsanspruch über die betriebliche Entlohnung im Entgelttransparenzgesetz für alle Beschäftigten unabhängig von der Betriebsgröße gelten muss, dass Stillschweige-Klauseln in Arbeitsverträgen über die Entlohnung für nicht erklärt werden und alle Unternehmen ab 25 Beschäftigten zu einer verbindlichen und regelmäßigen Überprüfung der Entgeltgleichheit verpflichtet werden. Übereinstimmend fordern Linke und Grüne ein Verbandsklagerecht gegen Lohndiskriminierung.

Die Volkswirtschaftlerin Christina Boll vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) verwies darauf, dass das im Entgelttransparenzgesetz genannte Lohnbewertungskriterium keine belastbare Aussage über eine Entgeltdiskriminierung zulasse, sondern allenfalls einen Verdacht. Dem trage das Gesetz mit dem individuelle Auskunftsrecht Rechnung. Die Einführung eines Verbandsklagerechts sei hingegen nicht angemessen. Boll argumentierte, dass der hohe Anteil von teilzeitbeschäftigten Frauen eine der Hauptursachen für die Gehaltsschere von 21 Prozent zwischen Männern und Frauen sei. Zudem sei das Entgelttransparenzgesetz erst im Sommer 2017 in Kraft getreten, es sei noch zu früh, um eine Bewertung bezüglich seiner Wirksamkeit abzugeben.

Auf Seiten der Arbeitgeber stießen die Forderungen der Linken und der Grünen nach einer Verschärfung des Entgelttransparenzgesetzes und einer Einführung eines Verbandsklagerechts durchgehend auf Ablehnung. Claudia Große-Leege vom Verband deutscher Arbeitnehmerinnen (VdU) verwies darauf, dass die Arbeitgeber großen Wert auf eine faire und leistungsgerechte Entlohnung der Beschäftigten unabhängig vom Geschlecht legten. Die unbereinigte Lohnlücke von 21 Prozent zwischen Männern und Frauen sei nicht auf unterschiedliche Gehälter bei gleicher Arbeit und Qualifikation zurückzuführen. Selbst in der bereinigten Lohnlücke von rund sechs Prozent seien Erwerbsunterbrechungen nicht einbezogen, Frauen seien aber wegen Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen sehr viel öfter von Erwerbsunterbrechungen betroffen. Bei Einberechnung dieser Erwebsunterbrechungen sei die Lohnlücke deutlich kleiner. In diesem Sinne argumentierte auch Anja Klie von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Die bereinigte Lohnlücke liege zwischen 2,3 und 5,8 Prozent. Deutschland habe in Europa eine der geringsten Lohnlücken. Dieser statistische Wert lasse sich auch nicht automatisch mit Diskriminierung von Frauen in Unternehmen erklären. Klie verwies auf die deutlich geringe Lohnlücke im Osten Deutschlands. Dies sei darauf zurückzuführen, dass Frauen in den ostdeutschen Bundesländern sehr viel häufiger in Vollzeit beschäftigt seien als in den West-Ländern. Ebenso wie Große-Leege und Klie lehnte auch Steven Haarke vom Handelsverband Deutschland (HDE) weitere Auflagen für die Arbeitgeberseite ab. Bereits das Entgelttransparenzgesetz habe zu unverhältnismäßig hohen bürokratischen Belastungen geführt. Statt weiter in die Tarifautonomie einzugreifen, sollten ganztägige Betreuungsangebote in Kitas und Schulen ausgebaut werden, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.

Unterstützt wurden die Anträge von Linken und Grünen hingegen von der Arbeitsrechtlerin Gisela Ludewig vom Deutschen Juristinnenbund (djb), der Rechtsanwältin Lena Oerder von der Düsseldorfer Anwaltskanzlei „silberger.lorenz.towara“, der Rechtswissenschaftlerin und früheren Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts, Heide Pfarr, sowie der Wirtschaftswissenschaftlerin und Beraterin Andrea Jochmann-Döll (GEFA, Forschung und Beratung). Lena Oerder verwies darauf, dass der Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz nur für Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 200 Angestellten gelte. Damit sei ein Großteil der Beschäftigten von diesem Anspruch ausgeschlossen. Selbst die Europäische Kommission empfehle, diese Schwelle auf 50 Beschäftigte zu senken. Auch Andrea Jochmann-Döll plädierte dafür, dass die Unternehmensgröße nicht ausschlaggebend sein dürfe bei der Gewährung des Auskunftsanspruch. Das Entgelttransparenzgesetz zeige insgesamt nur geringe Wirkung. Heide Pfarr plädierte für eine Verpflichtung der Unternehmen, ihre betrieblichen Entgeltsysteme mithilfe zertifizierter Verfahren zu überprüfen. Allein mit einem individuellen Auskunftsanspruch der Beschäftigten ließe sich keine echte Transparenz schaffen. Übereinstimmend forderten Jochmann-Döll, Ludewig, Order und Pfarr ein Verbandsklagerecht gegen Lohndiskriminierung. Der Weg einer individuellen Klage gegen den eigenen Arbeitgeber werde nur von sehr wenigen Frauen eingeschlagen, da diese mit negativen Auswirkungen rechnen müssten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 288 vom 19.03.2019

Frauen auf dem deutschen Arbeitsmarkt:Aufholen, ohne einzuholenFrauen auf dem deutschen Arbeitsmarkt, das ist auf den ersten Blick eine Erfolgs-geschichte: Sie sind besser ausgebildet, arbeiten mehr und haben deutlich mehr Ein-kommen zur Verfügung als noch vor 40 Jahren. Dennoch sind sie häufiger über-qualifiziert und hinken weiterhin der Einkommensentwicklung von Männern hinterher. Das zeigt eine Langzeitstudie zum Strukturwandel auf dem deutschen Arbeitsmarkt.

Wer gewinnt? Wer verliert? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt einer von der Bertelsmann Stiftung geförderten Langzeitstudie. Dafür hat ein Forscherteam um Prof. Dr. Timm Bönke von der Freien Universität Berlin die Auswirkungen des Strukturwandels auf dem deutschen Arbeitsmarkt für verschiedene Bevölkerungsgruppen untersucht. Eines der zentralen Ergebnisse: Frauen gehören zu den Aufsteigern der letzten 40 Jahre. Sie sind besser ausgebildet, arbeiten mehr, sichern zunehmend das Haushaltseinkommen ab und verfügen über deutlich höhere Einkommen als noch in den 1970er Jahren. Im Vergleich zu Männern zeigt sich jedoch: Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit und sind in Jobs tätig, für die sie formal überqualifiziert sind. Darüber hinaus haben sie über alle Bildungsstufen hinweg –damals wie heute –häufig weniger als die Hälfte der Einkommen der Männer zur Verfügung. Geringqualifizierte, insbesondere Männer, gehören dagegen mit Blick auf verfügbare Einkommen und Beschäftigungsquoten zu den größten Verlierern.

„Teilhabe und Aufstieg auf dem Arbeitsmarkt sind zentrale Versprechen der Sozialen Marktwirtschaft. Deshalb müssen Politik und Wirtschaft dort Hürden abbauen, wo einzelne Bevölkerungsgruppen strukturell benachteiligt werden“, kommentiert Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung, die Ergebnisse.

Bessere Bildung und mehr Arbeit: Frauen sichern immer öfter Familieneinkommen ab.

Der Blick auf das Bildungsniveau und die Arbeitsmarktbeteiligung zeigt für Frauen im historischen Verlauf einen klaren Aufwärtstrend: Zwischen 1970 und 2013 ist der Anteil von Hochschulabsolventinnen in Westdeutschland von 2 auf 17 Prozent um das Achtfache gestiegen. Ebenso hat sich die Zahl erwerbstätiger Frauen in den alten Bundesländern zwischen 1973 und 2013 von rund sechs auf zwölf Millionen verdoppelt.

„Durch die gestiegene Erwerbstätigkeit der Frauen war es möglich, die Haushaltseinkommen gerade im Bereich der unteren Einkommen zu stabilisieren“, erläutert Manuela Barišić, Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung, die Studienergebnisse. Zwar sind Männer in Paarhaushalten immer noch häufig die Haupteinkommensbezieher, jedoch tragen Frauen zunehmend zum Haushaltseinkommen bei. Insbesondere Frauen prekär beschäftigter Männer sind zu Zweitverdienerinnen geworden, um das Familieneinkommen abzusichern.

Konkret waren im Jahr 2013 westdeutsche Frauen in Paarhaushalten mit Kindern in der unteren Einkommenshälfte fast dreimal so häufig erwerbstätig wie noch 1973. Ihr durchschnittlich verfügbares Haushaltseinkommen ist lediglich um die Hälftegestiegen.

Frauen arbeiten häufiger als Männer in Jobs, für die sie formal überqualifiziert sind

Knapp 61 Prozent der Akademikerinnen in Ost und West arbeiteten 2012 in Jobs, für die sie formal überqualifiziert waren (1976, Westdeutschland: 71 Prozent). Dies traf im selben Jahr in den alten Bundesländern nur auf 42 Prozent und in den neuen auf 47 Prozent der Männer zu. „Auch wenn im historischen Verlauf die Überqualifikation abgenommen hat, spiegelt sich der Bildungserfolg von Frauen immer noch nicht in den von ihnen ausgeübten Tätigkeiten wider“, sagt Barišić. Dazu kommt: Während sich die Erwerbsbeteiligung von Frauen in Westdeutschland von 1973 bis 2013 verdoppelt hat, ist die Summe ihrer wöchentlich geleisteten Arbeitsstunden um nur 50 Prozent gestiegen, da sie immer noch häufiger in Teilzeit mit geringer Stundenzahl arbeiten. Bei den westdeutschen Männern blieb die Summe der Wochenarbeitsstunden im selben Zeitraum konstant, obwohl die Zahl der Erwerbstätigen von 12 auf 14 Millionen gestiegen ist.

Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern zeigen sich auch im verfügbaren Einkommen, das Arbeits- und Kapitaleinkommen sowie Transfers beinhaltet und die Belastung durch Steuern und Abgaben widerspiegelt: Während Akademikerinnen 1976 in Westdeutschland ein Einkommen in Preisen von 2015 von rund 1.650 Euro zur Verfügung hatten, waren es bei Akademikern mit rund 3.700 Euro gut doppelt so viel. Auch 2013 –knapp 40 Jahre später– hatten Akademiker in den alten Bundesländern mit rund 3.800 Euro im Vergleich zu Akademikerinnen (2.050 Euro) ein fast doppelt so hohes Einkommen zur Verfügung. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich auch für gering- und mittelqualifizierte Arbeitnehmerinnen nachzeichnen. „Damit hinken Frauen der Einkommensentwicklung rund 40 Jahre hinterher, da sie 2013 immer noch nicht das Niveau erreicht haben, das Männer in den 1970ern hatten“, fasst Barišić die Ergebnisse zusammen.

Bildung schützt vor Arbeitslosigkeit und Einkommensverlusten

Der historische Verlauf zeigt darüber hinaus, dass ein höheres Qualifikationsniveau eine wichtige Schutzfunktion darstellt –über alle Gruppen in Ost und West hinweg. „Mit den höchsten Arbeitslosenraten und Einkommensverlusten über die Zeit gehören Geringqualifizierte zu den größten Verlierern der vergangenen Jahrzehnte“, so Barišić. Seit den1970er Jahren sind sie zunehmend stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als Mittel- und Hochqualifizierte. Die gestiegenen Arbeitslosenraten spiegeln sich auch in der Entwicklung der verfügbaren Einkommen wider. Insbesondere geringqualifizierte Männer in West und Ost mussten über die Zeit Einkommensverluste hinnehmen: Ein geringqualifizierter westdeutscher Mann hatte 2013 ein Einkommen von 1.460 Euro zur Verfügung –1976 waren es in Preisen von 2015 rund 1.600 Euro.

Zusatzinformationen

Für die von der Bertelsmann Stiftung geförderte Studie „Wer gewinnt? Wer verliert? Die Entwicklung auf dem deutschen Arbeitsmarkt seit den frühen Jahren der Bundesrepublik bis heute“ haben Prof. Dr. Timm Bönke, Astrid Harnack und Miriam Wetter von der Freien Universität (FU) Berlin untersucht, wer auf individueller und auf Haushaltsebene, differenziert nach Geschlecht und Region, von den Entwicklungen der vergangenen 60 Jahre auf dem deutschen Arbeitsmarkt profitiert hat. Dabei betrachten sie neben dem Bildungsniveau und der Erwerbsbeteiligung auch die Entwicklung von Tätigkeitsklassen nach bestimmten Qualifikationsanforderungen sowie die verfügbaren Einkommen, um Verlierer und Gewinner zu identifizieren. Ein Schätzmodell ermöglicht es darüber hinaus, die um die demographischen Entwicklungen bereinigten Einkommensentwicklungen darzustellen. Als Datengrundlage dient dabei der Scientific Use File des Mikrozensus, eine seit 1957 mit wenigen Ausnahmen jährlich durchgeführte repräsentative Befragung von einem Prozent aller privaten Haushalte in Deutschland. Die Jahre 2012 beziehungsweise 2013 bilden den aktuellen Rand. Die Daten für Ostdeutschland sind ab 1991 verfügbar.

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung vom 18.03.2019

Anlässlich des heutigen Equal Pay Days* erklärt der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler: „Es ist höchste Zeit, die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern nicht nur einmal jährlich zu kritisieren, sondern Worten Taten folgen zu lassen. Lohngerechtigkeit, die den Entgeltunterschied zwischen Frauen und Männern abbaut, muss endlich umgesetzt werden.“

Im Mittelpunkt des diesjährigen Equal Pay Days steht das Thema „WERTSACHE Arbeit“. Die Arbeit von Frauen hat vielfach immer noch nicht den gleichen Wert wie die Arbeit von Männern. Besonders drastisch zeigt sich diese Entwicklung in den sozialen Berufen, wie Bildung, Erziehung und Pflege. „Soziale Berufe sind Zukunftsberufe, sie spielen eine immens wichtige Rolle für den Zusammenhalt und das menschliche Gesicht unserer Gesellschaft. Doch obwohl der Wert dieser Arbeit für alle, die darauf angewiesen sind, offensichtlich ist, spiegelt die Bezahlung das in der Regel nicht wider“, kritisiert der AWO Bundesvorsitzende.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken macht sich die AWO seit Langem für branchenspezifische Tarifverträge in den sozialen Berufen stark. Diese sehen eine tarifliche Aufwertung der sozialen Berufe insgesamt vor und dienen der finanziellen Gleichstellung von Frauen und Männern. Ergänzend dazu bedarf es nach Ansicht der AWO einer systematischen und diskriminierungsfreien Bewertung der Arbeitsleistung, gerade auch um die Gleichstellung sozialer und technischer Berufe in Hinblick auf Qualifizierung und Bezahlung voranzutreiben. Ziel muss eine aktive Auseinandersetzung mit dem Wert sein, der verschiedenen Tätigkeiten und Berufen beigemessen wird.

Auch die Übernahme von Sorgearbeit für Kinder und pflegebedürftige Angehörige ist viel zu oft immer noch Frauensache. Essenziell ist eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen wie Männer, damit Sorge- und Erwerbsarbeit partnerschaftlich aufgeteilt werden können. Ebenso muss Transparenz auf allen Ebenen zur Selbstverständlichkeit werden. Über Gehälter zu sprechen ist in Deutschland oft ein Tabuthema. „Nur wenn Unternehmen ihre Gehaltsstrukturen offenlegen und diese mit Prüfinstrumenten auf mögliche Ungleichbehandlungen überprüfen, kann Transparenz gelingen. Gleichzeitig gilt es, Kulturveränderungen aktiv anzustoßen, damit geteilte Führung und Doppelspitzen zur Realität werden und Barrieren für Frauen zu Führungspositionen endlich abgebaut werden“, betont Wolfgang Stadler abschließend.

*Zum Equal Pay Day: Angenommen Männer und Frauen bekommen den gleichen Stundenlohn, markiert der Equal Pay Day den Tag, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten, während Männer schon seit dem 1. Januar eines Jahres für ihre Arbeit bezahlt werden. Dieser symbolisch markierte geschlechtsspezifische Entgeltunterschied beträgt laut Statistischem Bundesamt in Deutschland 21 Prozent.

Quelle: PressemitteilungArbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V.vom 18.03.2019

Frauen müssen noch immer auf durchschnittlich 21 Prozent Einkommen verzichten. Die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern verharrt seit Jahren auf hohem Niveau. Mit einer gemeinsamen Aktion vor dem Brandenburger Tor zeigen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Deutsche Frauenrat (DF) und der Sozialverband Deutschland (SoVD) am Equal Pay Day: Wir lassen nicht locker, bis Frauen gleich bezahlt werden und der Equal Pay Day Silvester stattfindet.

Reiner Hoffmann, DGB-Vorsitzender:
„Die Lohnlücke stagniert, weil die Gesetze ins Leere laufen, die Frauen eigentlich bessere Chancen am Arbeitsmarkt bringen sollten. Die Bundesregierung hat hier viel gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Das Entgelttransparenzgesetz mit seinem Auskunftsanspruch, der nur in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten gilt, ist so ein Fall. Ein weiterer ist die Brückenteilzeit, die nur nutzen kann, wer in einem Betrieb mit mehr als 45 Beschäftigten arbeitet. Das darf bei der geplanten Grundrente nicht passieren: Damit Frauen im Alter von der Aufwertung niedriger Rentenkonten profitieren, darf es keine Bedürftigkeitsprüfung geben. Sonst geht auch dieses Gesetz an den Frauen vorbei.“

Mona Küppers, Vorsitzende des Deutschen Frauenrats:
„Frauen verbringen täglich anderthalbmal so viel Zeit wie Männer mit unbezahlter Sorgearbeit. Das geht zu Lasten ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Der Deutsche Frauenrat fordert deshalb politische Maßnahmen, die eine partnerschaftliche Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit unterstützen, Männer in die Verantwortung nehmen und Frauen in ihrer Erwerbstätigkeit fördern. Dazu gehören öffentliche Zuschüsse für haushaltsnahe Dienstleistungen und ein Anspruch auf lebensphasenorientierte Arbeitszeiten.“

Edda Schliepack, SoVD-Präsidiumsmitglied:
„Jahrelange Minijobs bedeuten für Millionen Frauen Minirenten. Das Problem ist längst bekannt und vielfach erwiesen. Und trotzdem befasst sich die Bundesregierung an keiner Stelle des Koalitionsvertrages mit dieser zentralen sozialen Frage. Wir Frauen im SoVD fordern, dass sich das ändert. Arbeitsplätze in Privathaushalten sind derzeit oft prekär oder Schwarzarbeit. Das darf so nicht bleiben. Auch in Privathaushalten können gute Arbeitsplätze entstehen, insbesondere durch öffentliche Zuschüsse für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenrat e.V.(DF) vom 18.03.2019

Frauen verdienen in Deutschland noch immer 21 Prozent weniger als Männer. Und das obwohl der Grundsatz der Entgeltgleichheit im deutschen wie europäischen Recht verankert ist – bislang ein Prinzip ohne Praxis. „Die Durchsetzungsschwäche ist so eklatant, dass der sogenannte Gender Pay Gap sich über Jahrzehnte hinweg kaum verringert hat. Es fehlt an Transparenz, durchsetzungsstarken sozialen Akteur*innen und dem Willen der Verantwortlichen, Diskriminierungen zu beseitigen. Die gravierenden gesetzlichen Mängel müssen endlich behoben werden.“, sagt Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb).

Ein großes Manko ist, dass die betriebliche Prüfung der Entgeltgleichheit nicht gesetzlich verpflichtend ist. Das Entgelttransparenzgesetz enthält lediglich eine Aufforderung dazu. Für ein effektives Recht müssen außerdem staatliche oder zivilgesellschaftliche Institutionen ermächtigt werden, die Einhaltung der Entgeltgleichheit vor Gericht durchzusetzen. Gleiche Bezahlung gerichtlich einzufordern ist in Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen Ländern allein den diskriminierten Personen überlassen. Indes bestehen im Verbraucherschutzrecht und dem Umweltschutz entsprechende Verbandsklagemöglichkeiten bereits. Wersig dazu: „Die Gleichstellung der Geschlechter ist, wie im Grundgesetz verankert, eine staatliche Aufgabe. Die Erreichung dieses Ziels kann also nicht ausschließlich denen überlassen werden, die selbst von Diskriminierung betroffen sind. Das ist umso unsinniger, da diese sich häufig in Vertragsbeziehungen befinden, die von einem strukturellen Machtungleichgewicht geprägt sind. Risiko und Kosten sind so hoch, dass Betroffene von ihren individuellen Rechten selbst dann kaum jemals Gebrauch gemacht haben, wenn sie von ihrer Benachteiligung wussten. Darüber hinaus hat eine erfolgreiche Individualklage keine rechtliche Wirkung auf vergleichbare Fälle; so bleiben diskriminierende Entgeltsysteme und -praxen selbst unangetastet.“

Die Anträge der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die in der heutigen öffentlichen Anhörung im Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend diskutiert werden, enthalten ebenfalls die Forderung nach einem Verbandsklagerecht. Auch die SPD forderte dies schon in einem Gesetzentwurf von 2012. Um die gravierenden Fehler des Entgelttransparenzgesetzes auszubessern, bedarf es aber weiterer gesetzlicher Schritte, wie den ausführlichen djb-Stellungnahmen vom 27. Februar 2017 und vom 11. März 2019 zu entnehmen ist. Der Gender Pay Gap zeigt die weiterhin fortbestehenden Machtunterschiede und Diskriminierungen in unserer Gesellschaft.

Dem muss durch effektive gesetzliche Regelungen begegnet werden.

Die djb-Stellungnahme vom 11. März 2019 finden Sie hier: https://www.djb.de/verein/Kom-u-AS/K1/st19-07/.

Die djb-Stellungnahme vom 27. Februar 2017 finden Sie hier: https://www.djb.de/verein/Kom-u-AS/K1/st17-05/.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 18.03.2019

Hält der Aktionstag, was er verspricht? Für mehr Bewusstsein hinsichtlich der bestehenden Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern will er beitragen. Eine Änderung der Problemlage und -schärfe erfolgte indes nicht. Der Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) nutzt den Aktionstag daher immer auch, um auf seine zentralen gleichstellungspolitischen Forderungen hinzuweisen.

Zum 11. Mal wird auch in Deutschland der Equal Pay Day begangen. 2008 bekamen Frauen durchschnittlich 23 % weniger Gehalt als Männer, heute sind es „nur noch“ 21 %. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, vergehen noch 100 Jahre in Deutschland, bis annähernd gleiche Bezahlung zwischen den Geschlechtern herrscht. Woran liegt es, dass der Fortschritt eine solche Schnecke ist?

Als erstes bestanden zu jedem Equal Pay Day die Hauptaktivitäten in Wissenschaft und Medien darin, uns Frauen zu erklären, dass wir nicht rechnen können. Wenn man alles ausschaltet, was ein faktischer Grund für ungleiche Bezahlung sein könnte, dann käme man auf nur noch 2 % Gehaltsunterschiede (Institut der Deutschen Wirtschaft 2013, s. u. Link 1) oder 6 % (Statistisches Bundesamt 2017, s. u.Link 2). Dieser bereinigte Gender Pay Gap sei die einzig korrekte Zahl, wobei eine Erklärung für diesen Rest an Ungleichbehandlung leider nicht mitgeliefert wird. Denn per Gesetz ist Lohndiskriminierung verboten.

Als zweites sei offensichtlich, dass wir Frauen im Leben einfach die falschen Entscheidungen treffen: Wir studieren nicht die gut bezahlten MINT-Fächer, arbeiten der Kindererziehung wegen lieber in Teilzeit als uns für die Chefposten in nächtlichen Meetings zu profilieren. Dass auch hohe Gehaltsunterschiede in Physik und Chemie, s. u. Link 3, (MINT-Fächer) gemessen werden, und die Vereinbarkeit von Karriere und Beruf in anderen Ländern (z.B. Skandinavien) auch für Leitende einfach auf Grund einer anderen Führungskultur machbar ist – geschenkt. Wenn wir Frauen dann alle nur noch technisch-naturwissenschaftlich orientiert sind, wer macht dann die Pflegejobs oder die anderen Berufe, in denen der Mensch im Mittelpunkt steht und nicht eine Maschine?

Die Politik war nicht untätig: Es gibt nun ein Entgelttransparenzgesetz, s. u. Link 4. Das ist zwar nur für einen kleinen Teil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gültig, so dann müssen diese auch die Auskunft bei ihren Vorgesetzten einfordern – u.U. ein diffiziles Unterfangen – aber immerhin ein Anfang. Das Gesetz rüttelt dabei nur an der direkten Diskriminierung (den 2 bis 6 %, s.o.) – was verdient meine Vergleichsgruppe -, aber nicht an den strukturellen Problemen. Und so schließt sich der Kreis, warum die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern sich einfach nicht von selbst schließen will:

Frauen übernehmen immer noch die Hauptlast für die Kindererziehung und später die Pflege Angehöriger. Dafür nehmen sie Erwerbsunterbrechungen und Teilzeit in Kauf, weil die Vereinbarkeit für viele anders nicht zu bewältigen ist. Und das sind die Hauptgründe für den Gender Pay Gap.

Der VBM fordert daher:

  • Männer müssen paritätisch Elternzeit nehmen, ebenfalls „Mutterschutz“-Zeiten nehmen, indem das Mutterschutzgesetz in ein Elternschutzgesetz integriert wird mit Kündigungsschutz für werdende Väter während der Schwangerschaft ihrer Partnerin und Karenzzeit ab Geburt zur Familienfindungsphase, so dass Männer das gleiche unternehmerische Risiko darstellen wie Frauen. Auf diese Weise werden sie auch viel stärker für eine paritätische Elternschaft eingeübt.
  • Dass Frauenberufe schlechter bezahlt werden ist ein Anachronismus. Es muss eine Neubewertung und finanzielle Aufwertung der Frauenberufe stattfinden. Ausbildungszeiten, berufliche Verantwortung und Bedarf an kontinuierlicher Weiterbildung sind in den Care-Berufen z.B. genauso umfangreich wie in manchen mechanischen Berufen. Nicht der Marktwert, sondern der gesellschaftliche Nutzen sollte Maßstab für die Bezahlung sein.
  • Atypische Lebensverläufe und Erwerbsbiografien, insbesondere durch familiäre Alltagsverantwortung – sei es durch Kindererziehung und Bildungsbegleitung der Kinder oder Pflege von Angehörigen – müssen als Kompetenzzuwachs in der Arbeitswelt finanziell und als Karierrebaustein aufgewertet sowie in unserer Gesellschaft endlich wertgeschätzt werden.
  • Dass in Ehen die Abwägung immer noch getroffen wird, ob sich die Berufstätigkeit eines Ehepartners, in der Regel der Frau oder Mutter, „lohnt“, liegt auch an den steuerrechtlichen Rahmenbedingungen. Der VBM fordert daher seit Gründung in 1990 die Abschaffung des Ehegattensplittings. Wer weiß denn schon so genau, dass das Splitting nur den gut Situierten voll zu Gute kommt, wenn in ihren Ehen die Verdienstunterschiede zwischen den Partner*innen, überwiegend Frau und Mann, möglichst groß sind – bestenfalls verdient nur einer. Schon bei einem Verhältnis von 70:30 schrumpft der Vorteil zusammen. Mehr Gleichheit bei der Besteuerung unterstützt nicht nur eine bessere Verteilung von Berufs- und Familienarbeit, sondern egalisiert alle Lebensformen.
  • Die Gehaltsunterschiede mal der Unterbrechungszeiten kumulieren im Gender Pension Gap von rund 53 %. Der vom VBM in 2014 initiierte Equal Pension Day führt die Ungleichbehandlung von Frau und Mann in ihrer Lebensverlaufsperspektive noch deutlicher vor Augen. Es braucht eine ganzheitliche Familienpolitik, die den aktuellen Lebensentwürfen von Frauen und Männern weit besser entspricht als die derzeit gültigen Gesetze.

„Wie es scheint, wird der Equal Pay Day noch lange nicht obsolet. Allerdings ist es höchste Zeit, dass politisch und wirtschaftlich Taten folgen. Gleichstellung ist im Grundgesetz verankert; der Staat verpflichtet sich im §3 um seine Durchsetzung. Am Verdienstunterschied kann man (leider) immer wieder feststellen, wie ernst es ihm dabei ist.“ resümiert Cornelia Spachtholz, Vorsitzende des VBM und Initiatorin des Equal Pension Day. Sie führt weiter aus „Als VBM fordern wir eine zeitgemäße, gleichstellungsorientierte und konsistente Familienpolitik. Die Umsetzung der Handlungsempfehlungen der Gleichstellungsberichte der Bundesregierung wären schon mal ein Anfang! Darüber hinaus haben wir weitere konkrete Forderungen hin zu Equal Care, Equal Pay und in der Folge Equal Pension!“

1 https://www.iwkoeln.de/presse/pressemitteilungen/beitrag/beschaeftigungsperspektiven-von-frauen-nur-2-prozent-gehaltsunterschied-102500.html

2 https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2017/03/PD17_094_621.html

3 https://www.lohnspiegel.de/html/625.php

4 https://www.bmfsfj.de/blob/113464/d05130bed5ec6f90a37d2c340f898d2f/gesetzentwurf-lohngerechtigkeit-data.pdf

Quelle: Pressemitteilung Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) vom 18.03.2019

SCHWERPUNKT II: Anhörung Abstammungsrecht

In der öffentlichen Anhörung nahmen heute Sachverständige Stellung zur Reformbedürftigkeit des Abstammungsrechts. Es wurde deutlich, dass das bestehende Regelungsgefüge die heutzutage gelebten Familienkonstellationen nicht mehr ausreichend abbildet und den Interessen von Kind und Eltern nicht immer gerecht wird.

„Anders als in heterosexuellen Familien ist in lesbischen Ehen die Ehepartnerin der Mutter nicht automatisch als rechtliches Elternteil anerkannt. Nach der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare muss nun eine Anpassung im Abstammungsrecht erfolgen. Wenn ein Kind in eine lesbische Ehe geboren wird, müssen Betroffene derzeit den umständlichen Weg der Stiefkindadoption gehen. Hier müssen wir als Gesetzgeber unbedingt handeln.

Mit einer ausschließlichen Regelung dieser Frage greift der Gesetzentwurf der Grünen, der heute Gegenstand einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz war, allerdings zu kurz. Im Hinblick auf die Regelungssystematik des Familienrechts im BGB und die neuen Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin ist es wichtig, eine umfassende Rechtssicherheit für alle Beteiligten und alle Konstellationen zu schaffen. Wir brauchen eine Gesamtüberarbeitung des Abstammungsrechts. Der Diskussionsentwurf von Bundesjustizministerin Barley ist umfassender und daher eine gute Grundlage für eine Reform.

Wir sind optimistisch, dass wir zusammen mit unserem Koalitionspartner vor einem möglichen Urteilsspruch aus Karlsruhe aktiv werden, denn dass eine Anpassung der rechtlichen Regelungen notwendig ist, zeigte nicht nur die heutige Diskussion, sondern zeigt die Lebenswirklichkeit in ihrer gesamten Vielfalt.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 18.03.2019

Nach der Einführung der Ehe für alle ist eine Modernisierung des Abstammungsrechts wünschenswert. Diese Meinung vertraten die meisten der neun geladenen Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss am Montag. Gegenstand der Fragen der Abgeordneten in der vom Ausschussvorsitzenden Stephan Brandner (AfD) geleiteten zweieinhalbstündigen Sitzung war der von Bündnis 90/Die Grünen eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der abstammungsrechtlichen Regelungen an das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (19/2665), wobei sich die Ausführungen der Experten auf das Modell „Mutter – Mutter – Kind“ konzentrierten.

Der Forderung nach einer abstammungsrechtlichen Gleichstellung von Frauen in lesbischen Beziehungen stand dabei die Kritik an einer Abweichung von Prinzipien des geltenden Abstammungsrechts gegenüber.

Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass die sogenannte gesetzliche Fiktion, wonach der Ehemann der Mutter automatisch der zweite rechtliche Elternteil des Kindes ist, auf die Ehefrau der Mutter erweitert wird. Die Fragen der Abgeordneten drehten sich vor allem um mögliche Auswirkungen der vorgesehenen Änderungen auf die Rolle der biologischen Väter, die Unterschiede zwischen Abstammungs- und Adoptionsrecht und Weiterentwicklungen dieser Regelungen sowie um die Möglichkeiten, eine Elternschaft anzufechten.

Wie Familienrechtlerin Nina Dethloff von der Universität Bonn erläuterte, soll die Gleichstellung von Kindern, die in eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft hineingeboren werden, mit Kindern in heterosexuellen Partnerschaften erreicht werden, indem zum einen die Ehefrau der Mutter des Kindes unmittelbar mit der Geburt ebenfalls Mutter wird, und zum anderen eine Anerkennung der Mutterschaft ermöglicht wird. Beide Vorschläge seien uneingeschränkt zu begrüßen. Sie seien dringend notwendig, um den erheblichen Defiziten des geltenden Rechts zu begegnen. Die Co-Mutterstellung der Partnerin müsse in gleicher Weise wie die Vaterschaft unmittelbar mit der Geburt rechtlich abgesichert werden.

Auch aus der Sicht von Stephanie Gerlach von Treffpunkt, einer Münchener Fach- und Beratungsstelle für Regenbogenfamilien, trägt der Gesetzentwurf zur Absicherung des Kindes und der Familie bei. Die bislang von Frauenpaaren angestrebte Möglichkeit, die Mit-Mutter per Stiefkindadoptionsverfahren zum zweiten rechtlichen Elternteil des gemeinsamen Kindes werden zu lassen, sei nachteilig sowohl für das Kind als auch für die ganze Familie, erklärte Gerlach. Der Entwurf sehe ausgehend von der Gleichbehandlung verschiedengeschlechtlicher Paaren für verheiratete Frauenpaare vor, dass Kinder, die in diese Ehen hineingeboren werden, von Beginn an zwei Elternteile haben. Auch die rechtliche Vaterschaft sei an keinerlei biologische Voraussetzung geknüpft.

Für grundsätzlich begrüßenswert hielt Katharina Lugani vom Deutschen Juristinnenbund den Gesetzentwurf. Zwar wäre eine umfassendere Reform des Abstammungsrechts wünschenswert, der Entwurf decke zumindest den aktuellen Minimalbedarf an einer Neuregelung ab, erklärte sie. Er sei ein erster Schritt in die richtige Richtung, bedürfe jedoch im Detail der Überarbeitung. Für den Verein Spenderkinder begrüßte Anne Meier-Credner das Anliegen der Verbesserung des Schutzes von Spenderkindern, deren Mutter mit einer Frau verheiratet ist. Diese seien rechtlich schlechter abgesichert als Spenderkinder, die in eine verschiedengeschlechtliche Ehe hineingeboren werden, erklärte sie. Für sinnvoller als den im Entwurf enthaltenen Vorschlag halte der Verein eine Verbesserung der Rechtsstellung der Kinder durch die Möglichkeit zur präkonzeptionellen Anerkennung durch die Co-Mutter, die auch andere Sachverständigen ins Spiel brachten. Zu hinterfragen sei auch die im Entwurf vorgesehene automatische Zuordnung der Ehefrau der Mutter.

Wolfgang Schwackenberg, Vorsitzender des Ausschusses Familienrecht beim Deutschen Anwaltverein, vertrat die Auffassung, dass im Sinne einer Gleichbehandlung von Kindern gleichgeschlechtlicher und heterosexueller Paare die Genetik beziehungsweise das bisherige Abstammungsrecht nicht mehr als Ausgangspunkt tauge. Angesichts des Korrekturbedarfs sei die Zielsetzung des Entwurfs daher sehr zu begrüßen. Im Unterschied dazu gebe es beim Adoptionsrecht von vornherein eine andere Ausgangssituation.

Markus Buschbaum, im Familienrecht tätiger Notar aus Köln, hält den Befund, wonach Regenbogenfamilien weiterhin diskriminiert werden, dem Grunde nach für zutreffend. Allerdings werde allein die Forderung nach einer abstammungsrechtlichen Gleichstellung von Frauen in lesbischen Beziehungen der Komplexität rechtlicher und sozialer Elternschaft in Regenbogenkonstellationen keineswegs gerecht, denn es seien auch die Belange der biologischen Väter zu berücksichtigen. Aus der Sicht von Christopher Schmidt, Familienrechtler an der Hochschule Esslingen, vermengt der Entwurf die Regelungsbereiche Abstammungs- und Adoptionsrecht, denn in seinem Zentrum stehe die Begründung einer von der biologischen Situation abweichenden Elternschaft außerhalb des Adoptionsrechts. Eine Notwendigkeit für die vorgeschlagenen Änderungen im Abstammungsrecht bestehe nicht, erklärte Schmidt, der für eine Änderung im Adoptionsrecht plädierte.

Gegen den Entwurf sprach sich auch Markus Witt vom Bundesverein Väteraufbruch für Kinder aus. Ein Kind könne biologisch nur von einem Mann und einer Frau abstammen – die genetische Abstammung müsse daher Grundsatz im Abstammungsrecht sein. Der Verein wünsche sich hier eine weniger ideologisch geführte Debatte. Zudem seien Kinder Träger eigener Rechte und nicht das Zuordnungsobjekt von Bedürfnissen Erwachsener. Rolf Jox von der Katholischen Hochschule NRW begrüßte das Ziel, die Ungleichbehandlung zu beseitigen, verwies aber auf die Nichtvereinbarkeit der vorgeschlagenen Änderungen mit geltenden Prinzipien des Abstammungsrechts und sprach sich daher für die Beibehaltung des bisherigen Systems aus. Es stelle sich jedoch die Frage, ob nicht mit Blick auf die zahlreichen neuen Formen des Zusammenlebens sowie den Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin ein völlig neues System von Rechten und Pflichten von Personen gegenüber Kindern geschaffen werden sollte.

Auch das Bundesjustizministerium arbeitet an einer Reform des Abstammungsrechts und legte in der vergangenen Woche einen Diskussionsteilentwurf vor, auf den in der Anhörung verwiesen wurde. Laut Ministerium kann das bestehende Abstammungsrecht die heutzutage gelebten Familienkonstellationen nicht mehr ausreichend abbilden, das geltende Recht solle daher unter Beibehaltung bewährter Elemente moderat fortentwickelt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 286 vom 18.03.2019

Der Deutsche Juristinnenbund (djb) unterstützt die Forderung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur abstammungsrechtlichen Gleichstellung lesbischer Eltern, enthalten in ihrem Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der abstammungsrechtlichen Regelungen an das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 12. Juni 2018. Der Gesetzentwurf verdeutlicht, dass die bestehende diskriminierende Ungleichbehandlung zwischen lesbischen und heterosexuellen Eltern mit geringem Änderungsaufwand beseitigt werden kann.

„Eine Reform des Abstammungsrechts ist längst überfällig. Lesbische Frauen können bisher nur im Wege der Stiefkindadoption rechtliche Mit-Mutter für das Kind ihrer (Ehe-)Partnerin werden. Diese Rechtslage ist diskriminierend. Sie beeinträchtigt die Betroffenen massiv in ihrem Familienleben und entspricht nicht dem Kindeswohl“, so Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V.

Für die betroffenen Familien und ihre Kinder bedarf es dringend der rechtlichen Klarheit. Denn aus gleichstellungsrechtlicher, aber vor allem auch aus Kindeswohlperspektive ist die aktuelle Rechtslage bedenklich. Stirbt die rechtliche Mutter während des laufenden Verfahrens, bleiben die Mit-Mutter und das Kind rechtlich unverbunden zurück. Es ist auch denkbar, dass die Partnerin der Mutter nach der Geburt des Kindes Abstand von einer Adoption nimmt. Sowohl Geburtsmutter als auch Kind haben in diesem Fall keinen gesicherten Anspruch etwa auf Unterhalt. Kinder, die in heterosexuelle Ehen hineingeboren werden, haben qua Geburt zwei Eltern. Das entspricht dem Kindeswohl, denn es gibt von Beginn an zwei Personen, die rechtlich in der Sorge- und Unterhaltsverantwortung für das Kind stehen. „Diese rechtliche Absicherung darf Kindern lesbischer Eltern nicht länger vorenthalten werden“, so Prof. Dr. Wersig ergänzend.

Gleichwohl deckt dieser Vorschlag zur abstammungsrechtlichen Gleichstellung lesbischer Elternschaft lediglich den Minimalbedarf nach einer Neuregelung ab.

Überfällig ist die gesetzgeberische Gestaltung des Abstammungsrechts insgesamt, erläutert Brigitte Meyer-Wehage, Vorsitzende der zuständigen Fachkommission im djb. In diese Richtung geht nun auch ein Diskussionsentwurf, den die Bundesjustizministerin, Dr. Katarina Barley, aktuell auf den Weg gebracht und den Verbänden zugeleitet hat. Bis zu einem Gesetzentwurf ist es aber noch ein langer Weg, der nicht daran hindern darf, jetzt schon für lesbische Frauen abstammungsrechtliche Gleichberechtigung zu schaffen und die Elternschaft ohne Umwege zu ermöglichen.

Die ausführliche Stellungnahme des djb zum Gesetzentwurf finden Sie hier: https://www.djb.de/verein/Kom-u-AS/K2/st19-08/.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 18.03.2019

Gesetzentwürfe zur Reform des Abstammungsrechts

Heute gibt es im Rechtsausschuss des Bundestages eine Anhörung zu einem Gesetzentwurf der Grünen zur „Anpassung der abstammungsrechtlichen Regelungen an das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts“. Letzte Woche hat Justizministerin Katarina Barley ebenfalls einen Referentenentwurf vorgelegt, mit dem das Abstammungsrecht reformiert werden soll. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt, dass Bundestag und Regierung endlich über die dringend notwendige Reform des Abstammungsrechts diskutieren. Die jetzige rechtliche Diskriminierung geht zu Lasten der Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien. Kein Kind darf jedoch aufgrund seiner Familienform benachteiligt werden. Der LSVD wird sich intensiv in den Gesetzgebungsprozess einbringen und fordern, dass Regenbogenfamilien in ihrer Vielfalt rechtlich anerkannt und abgesichert werden.

So erlangt etwa die Ehefrau der leiblichen Mutter ihre rechtliche Elternstellung bislang nicht mit der Geburt des Kindes, sondern erst durch das langwierige und oft entwürdigende Verfahren der Stiefkindadoption. Wenn ein Kind in einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft geboren wird, müssen beide Mütter von Geburt an automatisch gleichberechtigte Eltern ihres Kindes sein können.

Der LSVD fordert zudem einen verlässlichen rechtlichen Rahmen, der es ermöglicht, dass den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen entsprechend bis zu vier Menschen einvernehmlich rechtliche Elternteile und/oder Sorgeberechtigte sein können. Sie sollten eine Elternschaftsvereinbarung bereits vor der Zeugung formulieren können. Gerade im Interesse des Kindeswohls muss die Bereitschaft zur Übernahme elterlicher Verantwortung in neuen Familienformen vom Recht besser anerkannt und unterstützt werden.

Zu unserer vielfältigen Gesellschaft gehören auch Familien mit trans- und intergeschlechtlichen Eltern. Sie haben einen Anspruch darauf, vom Recht angemessen wahrgenommen und diskriminierungsfrei behandelt zu werden. Transgeschlechtlichen Personen wird aktuell die Begründung der Elternschaft entsprechend ihrer Geschlechtsidentität oder ihres personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrags versagt: eine zeugende transgeschlechtliche Frau wird vielmehr als Vater, ein gebärender transgeschlechtlicher Mann als Mutter erfasst.

Der LSVD schlägt zudem vor, in Zukunft in Urkunden geschlechtsneutrale Leittexte zu verwenden. Das empfiehlt sich auch aufgrund der Reform des Personenstandsrechts, die mit „divers“ eine dritte positive Option zu den bisherigen Einträgen „männlich“ und „weiblich“ ermöglicht hat.

LSVD-Positionspapier: Regenbogenfamilien im Recht

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 18.03.2019

SCHWERPUNKT III: Abschließende Beratung Starke-Familien-Gesetz

Anlässlich der heutigen abschließenden Lesung des Starke-Familien-Gesetz im Deutschen Bundestag begrüßt das ZFF das Gesetz, fordert jedoch grundsätzlichere Reformen, um Kinder- und Familienarmut nachhaltig zu reduzieren.

Das Gesetz sieht vor, Kinder und ihre Familien entsprechend ihrer Lebenssituation zu stärken und verlässlich zu unterstützen. Dafür soll der Kinderzuschlag erhöht und von Konstruktionsfehlern befreit werden. Daneben soll das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern und Jugendlichen durch Verbesserungen des Bildungs- und Teilhabepakets zielgerichteter gesichert werden.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Das Starke-Familien-Gesetz ist ein wichtiger Schritt zum Abbau von Kinderarmut. Wir begrüßen, dass weitere Verbesserungen, die auch das ZFF gefordert hat, im parlamentarischen Verfahren vereinbart wurden. Hierzu zählt u.a. die ersatzlose Streichung der vorgesehen Grenze von 100 Euro bei der Berücksichtigung von Kindeseinkommen beim Kinderzuschlag. So wird Kindesunterhalt durchgehende nur noch zu 45 Prozent angerechnet. Damit werden Alleinerziehende die Leistung zukünftig in größerem Umfang in Anspruch nehmen können. Ebenfalls wird der Betrag für die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben (Sportverein, Musikschule) von 10 Euro auf 15 Euro erhöht und weitere Aufwendungen wie etwa Fußballschuhe können leichter beantragt werden.“

Reckmann fährt fort: „Das ZFF fordert mehr Mut für nachhaltigere Reformen. Der Kinderzuschlag ist und bleibt eine komplizierte Leistung. Gerade für Familien, die versuchen, mit kleinen Einkommen ihren Alltag zu meistern, braucht es einfachere Zugänge. Zu den Reformen beim Bildungs- und Teilhabepaket bleibt festzuhalten, dass dort, wo die infrastrukturellen Voraussetzungen nicht gegeben sind, die Leistungen auch nicht abgerufen werden können. So wird der staatliche Auftrag, Bildung und Teilhabe für alle Kinder sicherzustellen, nicht erfüllt.

Um bürokratische Hürden nachhaltig zu beseitigen und alle anspruchsberechtigen Familien zu erreichen, könnte in einem weiteren Schritt die automatische Auszahlung des Kinderzuschlags gemeinsam mit dem Kindergeld in voller Höhe des sächlichen Existenzminimums angegangen werde. Langfristig fordert das ZFF mit einem großen Bündnis aus Verbänden, Gewerkschaften und Wissenschaft das derzeitige System vom Kopf auf die Füße zu stellen und die Kindergrundsicherung einzuführen.“

Die ZFF-Stellungnahme zur Öffentlichen Anhörung des Starke-Familie-Gesetz vom 04.03.2019 finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 21.03.2019

Stärkung von Kindern aus Familien mit kleinen und mittleren Einkommen. Besonders profitieren Alleinerziehende.

Der Bundestag hat heute das Starke-Familien-Gesetz verabschiedet. Ziel des Gesetzes ist, Familien mit kleinen und mittleren Einkommen wirksamer vor Armut zu schützen, den Bedarf von Kindern zu sichern und dafür zu sorgen, dass sich auch bei kleinen Einkommen Erwerbstätigkeit lohnt.

Zu diesem Zweck werden der Kinderzuschlag erhöht und neugestaltet sowie die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets verbessert. Besonders profitieren Alleinerziehende durch das „Starke-Familien-Gesetz“.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Ich will, dass es jedes Kind packt – egal ob die Eltern viel oder wenig Einkommen verdienen. Mit dem Starke-Familien-Gesetz wird der Alltag von Kindern aus Familien mit kleinen und mittleren Einkommen leichter, weil sie zusätzlich zum Kindergeld den Kinderzuschlag bekommen. Ganz besonders profitieren Alleinerziehende. Durch die Neuregelung werden Unterhalt oder Unterhaltsvorschuss künftig nicht mehr voll auf den Kinderzuschlag angerechnet. Dadurch haben Alleinerziehende mehr im Portmonee und bekommen zusätzlich Zugang zum Bildungs- und Teilhabepaket. Das bedeutet unter anderem kostenloses Mittagessen in der Schule, ein kostenloses Busticket, ein Schulstarterpaket im Wert von 150 Euro und Lernförderung, wenn Kinder es brauchen. Hinzu kommt die Befreiung von den Kita-Gebühren. Dies kann in der Summe schnell mehrere hundert Euro im Monat ausmachen. Verbessert wird auch die Situation von Familien mit mehreren Kindern oder Familien mit höheren Bedarfen, z.B. bei den Wohnkosten. Auch bei mittleren Einkommen profitieren diese Familien künftig vom Kinderzuschlag und von den Bildungs- und Teilhabeleistungen, wenn ihr Einkommen kaum ausreicht, um über die Runden zu kommen. Das Gesetz bedeutet mehr Gerechtigkeit. Damit machen wir Familien in Deutschland spürbar stärker.“

Der Gesetzentwurf wurde von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gemeinsam erarbeitet.

Der Kinderzuschlag ist ein Zuschlag, den es zusätzlich zum Kindergeld für Familien mit kleinen und mittleren Einkommen gibt. Die Neugestaltung erfolgt in zwei Schritten:

Zum 1. Juli 2019 wird er von jetzt maximal 170 Euro auf 185 Euro pro Monat und Kind erhöht, für Alleinerziehende geöffnet und deutlich entbürokratisiert. Alleinerziehende tragen in Deutschland das höchste Armutsrisiko aller Familien. Deshalb ist es gut, dass sie nun vom Kinderzuschlag besser erreicht werden. Bisher werden sie bei Bezug von Unterhalt oder Unterhaltsvorschuss nicht mit dem Kinderzuschlag unterstützt, weil Kindeseinkommen voll auf den Kinderzuschlag angerechnet wird. Ab dem 1. Juli 2019 verringert Kindeseinkommen den Kinderzuschlag nur noch zu einem Teil (45 Prozent).

Zum 1. Januar 2020 entfallen die oberen Einkommensgrenzen für den Bezug des Kinderzuschlags. Einkommen der Eltern, das über ihren eigenen Bedarf hinausgeht, wird nur noch zu 45 Prozent, statt heute 50 Prozent, auf den Kinderzuschlag angerechnet. Durch diese Maßnahmen fällt keine Familie mehr aus dem Kinderzuschlag heraus, wenn die Eltern nur etwas mehr verdienen. Sie können von ihrem selbst erwirtschafteten Einkommen etwas mehr behalten. Wer mehr arbeitet, hat also mehr in der Tasche – das ist heute nicht immer so. Der Kinderzuschlag wird also gerechter.

Ferner wird zum 1. August 2019 das sog. Bildungs- und Teilhabepaket verbessert: Das Schulstarterpaket steigt von 100 Euro auf 150 Euro und in den Folgejahren entsprechend der Steigerung der Regelsätze. Die monatliche Teilhabeleistung steigt von 10 Euro auf 15 Euro, damit können die Kinder und Jugendlichen zum Beispiel den Beitrag für Musik- und Sportvereine leichter bezahlen. Die Eigenanteile der Eltern für das gemeinsame Mittagessen in Kita und Schule sowie für die Schülerfahrkarte fallen weg. Mit der Maßnahme werden die Eltern nicht nur finanziell entlastet, sondern es fällt auch eine Menge Bürokratieaufwand für Eltern, Dienstleister und Verwaltung weg. Darüber hinaus kann eine Lernförderung auch beansprucht werden, wenn die Versetzung nicht unmittelbar gefährdet ist – also wenn sie gebraucht wird und nicht erst wenn es zu spät ist.

Zusätzlich zum Starke-Familien-Gesetz werden mit dem Gute-KiTa-Gesetz alle Eltern, die Kinderzuschlag, Leistungen aus dem SGB II oder Wohngeld beziehen, in Zukunft von KiTa-Gebühren befreit.

Auch die Zahl der berechtigten Kinder weiten wir mit der Reform spürbar aus. Beim reformierten Kinderzuschlag sind künftig rund zwei Millionen Kinder anspruchsberechtigt. Bislang waren es nur ca. 800.000. Anspruch auf Bildungs- und Teilhabeleistungen haben alle Kinder, für die Kinderzuschlag, Leistungen aus dem SGB II oder Wohngeld bezogen wird. Für diese Leistungen werden künftig sogar rund vier Millionen Kinder anspruchsberechtigt sein. Ziel muss sein, dass alle, die anspruchsberechtigt sind, die verbesserten Leistungen auch in Anspruch nehmen. Darum werden wir die neuen Möglichkeiten bekannt machen und Bürokratie abbauen, um den Zugang für alle einfacher zu machen.

Der Bund investiert 1 Milliarde Euro (2019 – 2021) in die Neugestaltung des Kinderzuschlags und 220 Millionen Euro (jährlich) in den Ausbau des Bildungs- und Teilhabepakets.

Die Verbesserungen im Einzelnen

Neugestaltung des Kinderzuschlags in zwei Stufen

Zum 1. Juli 2019: Erhöhung auf maximal 185,- Euro pro Kind und Monat. Damit sichert der Kinderzuschlag zusammen mit dem Kindergeld und den gesondert gewährten Bildungs- und Teilhabeleistungen die Existenzgrundlage der Kinder. Ab 2021 wird die Höhe entsprechend des Existenzminimumberichts dynamisiert. Kindeseinkommen (z.B. Unterhaltszahlungen) soll den Kinderzuschlag nur noch zu 45 Prozent mindern, statt wie bisher zu 100 Prozent. Damit wird der Kinderzuschlag für Alleinerziehende geöffnet, auch wenn die Kinder Unterhaltszahlungen oder -vorschuss erhalten. Damit die Leistung dort ankommt, wo sie gebraucht wird, wird der Antragsaufwand für Familien deutlich einfacher. So wird die Leistung in Zukunft für sechs Monate gewährt und nicht mehr rückwirkend überprüft. Damit müssen Familien auch nicht mehr zwischen Kinderzuschlag und Grundsicherung hin- und herwechseln, wenn ihr Einkommen etwas schwankt.

Zum 1. Januar 2020: Die Abbruchkante, an der der Kinderzuschlag bislang schlagartig entfällt, wird abgeschafft. Dazu werden die oberen Einkommensgrenzen aufgehoben. Nach bisheriger Rechtslage kann es passieren, dass Familien im Kinderzuschlag nur ein wenig mehr Geld verdienen und dadurch der Kinderzuschlag komplett wegfällt, so dass sie insgesamt weniger Geld zur Verfügung haben als zuvor. Ab dem nächsten Jahr läuft die Leistung kontinuierlich aus, so dass negative Erwerbsanreize vermieden werden. Zusätzliches Einkommen der Eltern soll den Gesamtkinderzuschlag nur noch zu 45 Prozent mindern, statt wie bisher zu 50 Prozent. Wenn das Einkommen der Eltern steigt, läuft die Leistung langsamer aus und der Familie bleibt damit mehr vom Kinderzuschlag. Mehr eigenes Einkommen zu erzielen, lohnt sich mehr als bisher.Es wird ein erweiterter Zugang zum Kinderzuschlag für Familien geschaffen, die in verdeckter Armut leben (zunächst befristet auf drei Jahre). Familien sollen auch dann den Kinderzuschlag erhalten können, wenn sie bisher kein Arbeitslosengeld II beziehen, obwohl sie einen Anspruch darauf haben.

Um den erweiterten Zugang in Anspruch nehmen zu können, dürfen ihnen mit ihrem Erwerbseinkommen, dem Kinderzuschlag und gegebenenfalls dem Wohngeld höchstens 100 Euro fehlen, um Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu vermeiden. Damit wird Kindern in verdeckter Armut die dringend benötigte Unterstützung gesichert.

Verbesserung der Leistungen für Bildung und Teilhabe zum 1. August 2019Erhöhung des Betrages für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf von 100,- Euro auf 150,- Euro. In Zukunft wird die Leistung jedes Jahr in gleichem Maß wie der Regelbedarf erhöht. Erhöhung des Teilhabebeitrags von bis zu 10 Euro auf bis zu 15 Euro im Monat. Damit wird es Kindern und Jugendlichen erleichtert, in der Freizeit bei Spiel, Sport, Kultur mitzumachen.Wegfall der Eigenanteile der Eltern bei gemeinschaftlicher Mittagsverpflegung und Schülerbeförderung. Das bedeutet, es gibt für alle anspruchsberechtigten Kinder ein kostenloses warmes Mittagessen in Schule, Kita und Kindertagespflege sowie eine kostenlose ÖPNV-Fahrkarte für Schülerinnen und Schüler.Regelung zur Unabhängigkeit des Anspruches auf Lernförderung von einer Versetzungsgefährdung. Damit erhalten auch Schülerinnen und Schüler Lernförderung, die nicht unmittelbar versetzungsgefährdet sind. Verwaltungsvereinfachung durch Wegfall gesonderter Anträge für Schulausflüge, Schülerbeförderung, gemeinschaftliche Mittagsverpflegung und Teilhabeleistungen; zudem wird grundsätzlich auch die Erbringung der Leistungen für Bildung und Teilhabe durch Geldleistungen ermöglicht. Einführung der Möglichkeit für Schulen, die Leistungen für Schulausflüge für leistungsberechtigte Kinder gesammelt mit einem zuständigen Träger abzurechnen.

Weitere Informationen und Erläuterungen finden Sie hier: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/gesetze/starke-familien-gesetz/131178

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 21.03.2019

Mit dem Starke-Familien-Gesetz unterstützen wir gezielt Familien mit kleinem Einkommen – zum Beispiel jene im Grundsicherungsbezug oder Empfänger von Kinderzuschlag. Wir bauen für die betroffenen Familien den Kinderzuschlag und die Leistungen für Bildung und Teilhabe aus. Der Gesetzentwurf wird morgen abschließend im Deutschen Bundestag beraten.

„Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich dafür ein, dass alle Kinder gut aufwachsen und vor Armut geschützt sind. Deshalb sorgen wir mit dem Starke-Familien-Gesetz dafür, dass mehr Familien mehr Kinderzuschlag und mehr Familien mehr Leistungen für Bildung und Teilhabe erhalten.

Wir erhöhen den Kinderzuschlag und regeln, dass er in Zukunft in Anlehnung an das Existenzminimum automatisch erhöht wird. Künftig bleibt mehr Geld in der Familien, weil bei steigendem Einkommen der Eltern mehr als bisher vom Kinderzuschlag übrig bleibt. In Zukunft gibt es den Kinderzuschlag auch dann, wenn die Kinder Unterhaltsvorschuss oder Unterhaltszahlungen erhalten.

Außerdem gibt es für die bisherigen Leistungsberechtigten mehr Geld am Anfang des Schuljahres für Stifte, Hefte und Schulranzen. Die Fahrten zur Schule und die Mittagessen in Schulen und Kitas werden kostenlos. Nachhilfeunterricht kann künftig auch dann genutzt werden, wenn die Versetzung nicht gefährdet ist.

Jedes Kind muss frei von Sorgen sein, ob das Geld der Familie für das Notwendige ausreicht. Diesem Ziel kommen wir mit dem Starke-Familien-Gesetz ein Stück näher.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 20.03.2019

Der Familienausschuss hat den Weg frei gemacht für das sogenannte Starke-Familien-Gesetz zur Neugestaltung des Kinderzuschlags und des Bildungs- und Teilhabepakets. Mit den Stimmen der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion nahm der Ausschuss am Mittwoch die Gesetzesvorlage (19/7504) von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) in einer durch den Ausschuss geänderten Fassung gegen das Votum der FDP- und der Linksfraktion an. Die Fraktionen der AfD und von Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich der Stimme. Den von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Änderungsantrag zum Gesetzesentwurf nahm der Ausschuss ohne Gegenstimmen bei Enthaltung der AfD und der FDP an. Die Anträge der Grünen zur automatischen Auszahlung des Kinderzuschlags (19/1854) und zur Teilhabe von Kindern (19/7451) lehnte der Ausschuss mit der Stimmenmehrheit der Koalitionsfraktionen ab.

Die Oppositionsfraktionen begrüßten übereinstimmend zwar einerseits die Erhöhung des Kinderzuschlags und der Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket, bezeichneten diese jedoch insgesamt als nicht ausreichend. Zudem werde der zu hohe bürokratische Aufwand bei der Beantragung der Leistungen dazu führen, dass weiterhin der Großteil der anspruchsberechtigten Familien nicht in deren Genuss kommen werde. Die Koalitionsfraktionen wiesen diese Kritik zurück. In ihrem Änderungsantrag hätten sie verschiedene Kritikpunkte und Anregungen des Bundesrates und aus der öffentlichen Anhörung des Ausschusses über die Gesetzesvorlage aufgenommen. Die Beantragung und Bewilligung der Leistungen werde dadurch entbürokratisiert.

Das Starke-Familien-Gesetz sieht eine Erhöhung des Kinderzuschlags zum 1. Juli 2019 von derzeit maximal 170 pro Monat und Kind auf 185 Euro vor. Zudem wird das Einkommen der Kinder – wie zum Beispiel Unterhaltszahlungen oder Ferien- und Aushilfsjobs – den Kinderzuschlag nur noch zu 45 Prozent statt wie bisher zu 100 Prozent mindern. Die ursprünglich im Gesetzesentwurf vorgesehene 100-Euro-Grenze für diese Regelung strich der Ausschuss durch den angenommen Änderungsantrag. Zum 1. Januar 2020 soll dann die sogenannte Abbruchkante, an der der Kinderzuschlag bislang schlagartig entfällt, wegfallen. Zusätzliches Einkommen der Eltern soll den Kinderzuschlag zudem nur noch zu 45 statt 50 Prozent mindern. Ebenso sollen zukünftig Familien den Kinderzuschlag auch dann erhalten,wenn sie kein Arbeitslosengeld II beziehen und ihnen mit ihrem Erwerbseinkommen, dem Kinderzuschlag und dem Wohngeld höchstens 100 Euro fehlen, um die Hilfsbedürftigkeit nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) zu vermeiden.

Im Bereich des Bildungs- und Teilhabepakets sieht das Gesetz eine Erhöhung des „Schulstarterpakets“ von 100 auf 150 Euro pro Monat vor. Zudem entfallen die Eigenanteile der Eltern für das Mittagessen in Kindertagesstätten und Schulen sowie für die Schülerbeförderung. Darüber hinaus sollen die Mittel für Lernförderung zukünftig auch dann bewilligt werden, wenn die Versetzung eines Schülers nicht unmittelbar gefährdet ist. Durch den angenommen Änderungsantrag wird zudem der Betrag für Vereinsmitgliedschaften der Kinder von zehn auf 15 Euro pro Monat erhöht und pauschal ausgezahlt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 298 vom 20.03.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt im Vorfeld der heutigen abschließenden Bundestagsdebatte über das „Starke-Familien-Gesetz“, dass armutsbetroffene Kinder und Jugendliche durch das Gesetz künftig besser unterstützt werden. Gleichzeitig fordert die Kinderrechtsorganisation die Bundesregierung auf, die Systemfehler in der Förderung armer Kinder konsequenter als bisher anzugehen. Das betrifft beispielsweise den Kinderzuschlag und das Bildungs- und Teilhabepaket.

„Mit dem ,Starke-Familien-Gesetz‘ werden wichtige Weichen zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland gestellt, gleichzeitig werden grundlegende Widersprüche im System nicht konsequent behoben. Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt insbesondere die Erhöhung und Koppelung des Kinderzuschlags an das sächliche Existenzminimum, die neuen Regelungen zum Zuverdienst und die Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket. Es ist gut, dass die Fahrten zur Schule und das Mittagessen in Schulen und Kitas für arme Kinder kostenlos werden. Es ist erfreulich, dass eine Reihe von Änderungsvorschlägen der Kinder- und Familienverbände im parlamentarischen Verfahren aufgegriffen wurden, darunter die Erhöhung der Leistung für Bildung und Teilhabe, die Möglichkeit Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets gebündelt zu beantragen und der verbesserte Zugang von Alleinerziehenden zum Kinderzuschlag“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Gleichzeitig sind noch keine maßgeblichen Lösungen in Sicht, wie Familien ihren Anspruch unkomplizierter geltend machen können. Die Vereinfachung des Antrages selbst ist ein richtiger Schritt. Das Ergebnis bleibt abzuwarten und wird allein nicht ausreichen, um wesentlich mehr Familien zu erreichen. Es wird darauf ankommen, einen guten Mix aus persönlicher Beratung und niederschwelligen Online-Angeboten herzustellen. Und es sollte vor allem eine automatische Auszahlung des Kinderzuschlags an alle Berechtigten in Angriff genommen werden. Auch beim Bildungs- und Teilhabepaket sind substantielle Verbesserungen dringend notwendig. Die letzte Evaluation des Pakets hat gezeigt, dass die Leistungen nur bei jedem zweiten berechtigten Kind ankommen. Das ist insofern besonders bedenklich, als damit das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2010, das ein Mindestmaß an Teilhabemöglichkeiten am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben einfordert, unterlaufen wird. Auch hier ist das Gesetz zu halbherzig“, so Hofmann weiter.

Das Deutsche Kinderhilfswerk tritt für eine stärkere Priorisierung der finanziellen Mittel in der Familienförderung insbesondere armer Familien und ein Ende der bisherigen komplizierten Beantragungsprozeduren und komplexen Anrechnungsregelungen für Leistungen ein, auf die Kinder und Jugendliche ein Anrecht haben. Kinderarmut wirkt sich in vielen Bereichen des Alltags aus, dementsprechend plädiert das Deutsche Kinderhilfswerk für eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Kinderarmut mit aufeinander abgestimmten Infrastruktur- und Geldleistungselementen, die interdisziplinär an verschiedensten Stellen ansetzt. Langfristig tritt das Deutsche Kinderhilfswerk für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung in Höhe von 628 Euro nach dem Modell des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG ein, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, bestehende kindbezogene Leistungen bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem bedarfsgerecht gewährleistet.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 21.03.2019

Am 21. März wird im Bundestag abschließend über das Starke-Familien-Gesetz beraten. Mit diesem Gesetz wird der Kinderzuschlag erhöht und so umgestaltet, dass auch Alleinerziehende davon profitieren können. Kinderzuschlag erhalten erwerbstätige Eltern, deren Einkommen nicht für die Existenzsicherung ihrer Familie ausreicht. Durch die ergänzende Geldleistung müssen sie keine SGB II-Leistungen (Hartz IV) beantragen.

Alleinerziehende sind neben kinderreichen Familien besonders von Armut bedroht. Nach bisherigem Gesetzesentwurf wird allerdings noch zu viel Kindeseinkommen angerechnet, so dass vor allem bei Alleinerziehendenfamilien mit älteren Kindern das Haushaltseinkommen kaum oder gar nicht steigt.

Kinderzuschlagsbeziehende können außerdem die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets nutzen. Um in den Genuss aller dieser Leistungen zu kommen, fallen bei einer Familie mit drei Kindern allerdings bis zu 17 Anträge zu unterschiedlichen Zeiten bei unterschiedlichen Stellen an. Das ist ein Zeitaufwand, der von erwerbstätigen Eltern kaum geleistet werden kann. “Um eine tatsächliche Vereinfachung zu erreichen, müssen alle Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets zusammen und für alle Kinder der Familie gleichzeitig beantragt werden können“, fordert Insa Schöningh, Geschäftsführerin der eaf.

Dazu ist die Kooperation der Kommunen unbedingt notwendig. Als auszahlende und genehmigende Stellen entscheiden sie über die Verfahren. „Wir appellieren nachdrücklich an die Kommunen, das Antragsverfahren beim Bildungs- und Teilhabepaket so familienfreundlich wie möglich zu gestalten. Diese Leistungen sind kein Almosen, sondern Teil des Existenzminimums des Kindes. Sie müssen daher auch bei den Kindern ankommen“, so Insa Schöningh weiter.

Die eaf hat zum Regierungsentwurf dieses Gesetzes Stellung genommen:
https://www.eaf-bund.de/gallery/news/news_242/190310_stn_stafamg_final.pdf

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 20.03.2019

„Endlich: Erstmals erhalten auch Alleinerziehende den Kinderzuschlag, die Unterhalt für ihre Kinder bekommen oder Unterhaltsvorschuss beziehen“, lobt Erika Biehn, Vorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) anlässlich der heutigen Verabschiedung des „Starke-Familien-Gesetzes“ durch den Bundestag. „Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Bundestag unsere Forderung aufgegriffen hat, den sogenannten 100-Euro-Deckel aus dem Starke-Familien-Gesetz zu streichen. Von der Verbesserung können nun auch Alleinerziehende mit älteren Kindern profitieren, das ist gut“, unterstreicht Biehn.

„Die Reform ist eine spürbare Verbesserung für Alleinerziehende mit kleinen Einkommen“, betont Biehn. Kindeseinkommen wie Unterhalt oder Unterhaltsvorschuss wird nicht mehr zu 100 Prozent auf den Kinderzuschlag angerechnet, sondern zu 45 Prozent. Eine alleinerziehende Geringverdienerin mit einem 13-jährigen Kind, das Unterhaltsvorschuss erhält, wird nach neuer Gesetzeslage Anspruch auf bis zu 62,60 Euro Kinderzuschlag haben. Mit dem 100-Euro-Deckel wären es nur 13 Euro gewesen, vor der Reform waren es null Euro. Ist ihr Kind erst fünf Jahre alt und der Unterhaltsvorschuss somit niedriger, kann sie mit bis zu 117,50 Euro Kinderzuschlag rechnen.

Bereits seit der Einführung 2005 hat der VAMV die vollständige Anrechnung des Kindeseinkommens als Konstruktionsfehler des Kinderzuschlags kritisiert. Denn ausgerechnet eine Leistung, die Familienarmut verhindern soll, konnte im Ergebnis bislang Alleinerziehenden kaum zugute kommen. „Die beschlossene Neuregelung wird Alleinerziehenden den Zugang zum Kinderzuschlag öffnen und kann nun endlich Kinderarmut dort verhindern, wo sie besonders hoch ist: Alleinerziehende und ihre Kinder haben mit 44 Prozent das höchste Armutsrisiko aller Familien“, so Biehn.

„Insgesamt bleiben allerdings auch nach der Reform der Kinderzuschlag und das Bildungs- und Teilhabepaket zu bürokratisch“, gibt Biehn zu bedenken. „Jeder Antrag kostet Alleinerziehende Zeit, an denen es ihnen sowieso mangelt. Eine Kindergrundsicherung, die alle Leistungen bündelt, ist eine durchschlagende Entbürokratisierung und fördert jedes Kindes unabhängig von der Familienform und von dem Einkommen seiner Eltern.“

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 21.03.2019

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Dr. Franziska Giffey ist seit einem Jahr Bundesfamilienministerin

Seit einem Jahr ist Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey im Amt. Sie zieht eine positive Bilanz ihrer bisherigen Arbeit. Wichtige Vorhaben sind angepackt und teilweise schon umgesetzt.

„Vieles ist geschafft, was ich mir als Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln immer gewünscht habe: Endlich investiert der Bund stärker in die frühkindliche Bildung und tut mehr gegen Kinderarmut und für Chancengerechtigkeit in sozialen Problemlagen. Gute Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit. Deshalb war ich viel im Land unterwegs, hatte bis heute rund 440 Vor-Ort-Termine. Hingehen, zuhören und dann politisch handeln – das ist mir wichtig“, so Bundesfamilienministerin Franziska Giffey.

Frühkindliche Bildung ist eine nationale Zukunftsaufgabe. Darum gibt der Bund mit dem Gute-Kita-Gesetz 5,5 Milliarden Euro bis 2022 an die Länder – für mehr Qualität und weniger Gebühren. Kitas sind die ersten Bildungseinrichtungen und eine wichtige Voraussetzung dafür, dass es jedes Kind packt und selbstbestimmt seinen Weg gehen kann – unabhängig von den Startchancen im Elternhaus.

Mit dem Starke-Familien-Gesetz, das Ministerin Giffey gemeinsam mit Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil auf den Weg gebracht hat, werden Familien mit kleinen Einkommen und deren Kinder entlastet. Der Kinderzuschlag wird erhöht, die Beantragung vereinfacht und der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert. Erstmals erhalten auch Alleinerziehende, die Unterhaltsleistungen bekommen, den Kinderzuschlag, weil Unterhalt nicht mehr voll angerechnet wird. Damit verbunden sind der Zugang zum Bildungs- und Teilhabepakt und zur Befreiung von Kitagebühren. Durch das Bildungs- und Teilhabepaket wird die Schülerfahrkarte kostenlos, Nachhilfe gibt es nicht erst, wenn Kinder versetzungsgefährdet sind, das Schulstarterpaket wird erhöht und der Eigenanteil zum Mittagessen in der Schule wird abgeschafft.

Der Start des Bundesprogramms „Respekt Coaches/Anti-Mobbing-Profis“ adressiert ein zentrales Problem an den Schulen in Deutschland. Aktuell sind rund 240 Respekt Coaches an 233 Schulen bundesweit im Einsatz. Sie vermitteln Schülerinnen und Schülern die Werte einer demokratischen und offenen Gesellschaft, um sie gegen menschenfeindliche Ideologien stark zu machen. Sie unterstützen Schulen dabei, Hass und Gewalt gegenüber Andersgläubigen einzudämmen, gegen religiöses Mobbing vorzugehen und Toleranz und Demokratieverständnis zu fördern.

Als ersten Teil des „Aktionsprogramm(s) gegen Gewalt an Frauen“ hat Franziska Giffey den Runden Tisch von Bund, Ländern und Kommunen ins Leben gerufen. Unterstützungsangebote sollen gemeinsam weiterentwickelt und die Hilfe für Frauen in Not verbessert werden. Geprüft werden beispielsweise eine Regelung zur Kostenübernahme für die Unterbringung im Frauenhaus oder ein Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung. Um den weiteren Ausbau von Einrichtungen anzuschieben, startet der Bund in diesem Jahr ein Förderprogramm.

Franziska Giffey hat das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ entfristet, das dadurch auch nach 2019 weitergeführt werden kann. Das Bundesfamilienministerium fördert derzeit 300 lokale Partnerschaften für Demokratie, 16 Landes-Demokratiezentren und mehr als 300 Modellprojekte. Darüber hinaus setzt sich Ministerin Giffey für ein Demokratiefördergesetz ein, damit der Bund zivilgesellschaftliches Engagement für die Demokratie künftig nicht nur befristet in Modellprojekten unterstützen kann.

Die Aufwertung der Sozialen Berufe ist ein zentrales Anliegen von Franziska Giffey. Durch die Reform der Pflegeberufe wurde erreicht, dass ab Januar 2020 das Schulgeld abgeschafft und eine Ausbildungsvergütung gezahlt wird. In der Konzertierten Aktion Pflege mit Arbeitsminister Heil und Gesundheitsminister Spahn wird an der Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege gearbeitet.

Mit der „Fachkräfteoffensive für Erzieherinnen und Erzieher“ will das Bundesfamilienministerium unter anderem ab Herbst 2019 zusätzlich 5000 Ausbildungsplätze in der praxisintegrierten ErzieherInnen-Ausbildung finanzieren mit einer Vergütung von gut 1000 Euro im Monat.

Ministerin Giffey hat noch mehr vor: So sollen Kinderrechte ins Grundgesetz Eingang finden. Die Kinder- und Jugendhilfe wird in einem umfangreichen, Beteiligungsprozess modernisiert, ein modernes Jugendmedienschutzgesetz auf den Weg gebracht, der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule vorbereitet und das Gesetz für mehr Frauen in Führungspositionen wird weiterentwickelt.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 14.03.2019

Anlässlich der heute stattfindenden Anhörung im Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen erklären Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik, und Chris Kühn, Sprecher für Wohnungspolitik:

Die Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Deutschland nimmt immer mehr zu. Das verdeutlicht den dringenden politischen Handlungsbedarf, darin waren sich heute auch die geladenen Sachverständigen einig. Die Bundesregierung muss Verantwortung übernehmen und gemeinsam mit den Ländern und Kommunen ein nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung der Wohnungs- und Obdachlosigkeit auf den Weg bringen. Alle politisch und gesellschaftlich relevanten Gruppen müssen an einen Tisch geholt werden, um an Lösungen des Problems zu arbeiten.

Die bundesweit zu implementierende Wohnungslosennotfallstatistik ist dabei ein wichtiger Ausgangspunkt. Darüber hinaus müssen Maßnahmen ergriffen werden, die sowohl im Präventionsbereich als auch bei der Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit nachhaltige Wirksamkeit entfalten: Die Versorgung aller Menschen mit bezahlbarem Wohnraum sicherzustellen, hat dabei besondere Priorität. Hierfür muss der Bund unter anderem die Förderung der Wohnraumförderung der Länder verdoppeln sowie die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit vorantreiben. Es ist unabdingbar, dass wirksame Ansätze wie „Housing First“ bundesweit realisiert werden. Nur mittels eines umfassenden Gesamtkonzepts, wie wir es mit unserem Antrag vorschlagen, kann das Sustainable Development Ziel extreme Armut bis 2030 auch in Deutschland komplett zu beseitigen, erreicht werden. Für ein reiches Land wie Deutschland ist das heutige Ausmaß an Wohnungs- und Obdachlosigkeit beschämend. Die Bundesregierung muss handeln. Einfach nur zusehen und die Verantwortung von sich weisen hat als Handlungskonzept ausgedient.

Unseren Antrag „Menschenrecht auf Wohnen dauerhaft sicherstellen – Wohnungs- und Obdachlosigkeit konsequent bekämpfen“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 20.03.2019

Zur Ankündigung von Justizministerin Barley, Regenbogenfamilien zu stärken, erklären Katja Dörner, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Ulle Schauws, Sprecherin für Queerpolitik:

Es ist zu begrüßen und richtig, dass die Ministerin erste Schritte geht, um Regenbogenfamilien rechtlich abzusichern. Rechtssicherheit für Co-Mütter in lesbischen Beziehungen zu schaffen, ist längst überfällig. Dazu haben wir Grüne bereits vor einem Jahr einen Gesetzentwurf vorgelegt. Frau Barley hatte viel Zeit, in ihrem Ministerium hierzu einen Vorschlag vorzulegen. Was sie dabei leider versäumt, ist eine konkrete Lösung, wie auch Mehrelternkonstellationen, wie sie bei Patchwork- oder Regenbogenfamilien häufig vorkommen, rechtlich abgesichert werden können. Das Familienrecht muss endlich der Lebensrealität und der Vielfältigkeit der Familien in Deutschland angepasst werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 13.03.2019

Zur heute veröffentlichten Studie „Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ des Deutschen Kinderhilfswerks erklärt Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende:

Kinder und Jugendliche müssen endlich auf allen Ebenen beteiligt werden. Die Studie verdeutlicht besonders: Die konkrete Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist ganz wesentlich von der gesetzlichen Ausgestaltung ihrer Rechte durch die Politik abhängig. Deutschland ist ein Flickenteppich in Sachen Beteiligung und Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen. Und das, obwohl sich die Bundesrepublik mit der UN-Kinderrechtskonvention zu einer weitreichenden Umsetzung eben dieser Beteiligungsrechte verpflichtet hat.

Junge Menschen übernehmen Verantwortung und machen sich Gedanken über sich und die Zukunft unserer Gesellschaft – wie aktuell das große Engagement von Kindern und Jugendlichen für den Klimaschutz zeigt. Wir müssen junge Menschen endlich ernst nehmen und die politische Mitgestaltung ermöglichen. Deshalb fordern wir eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre für Bundestags- und Europawahlen.

30 Jahre nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention ist es längst an der Zeit, das dort verankerte Recht von Kindern auf umfassende Beteiligung umzusetzen. Kinder und Jugendliche müssen überall in Deutschland die gleichen guten Beteiligungsmöglichkeiten bekommen, egal ob in Kitas, Schulen, Kommunen oder an der Wahlurne.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 13.03.2019

„Die Haushaltseckwerte der Bundesregierung widersprechen ihren Ankündigungen einer größeren Verantwortung des Bundes in der Bildungspolitik. Trotz Fall des Kooperationsverbots und noch während die Verhandlungen über den Hochschulpakt laufen, plant das Kabinett langfristige Kürzungen im Haushalt für Bildung und Forschung – obwohl eigentlich das Gegenteil angebracht wäre. Mit dem BAföG-Reförmchen lässt die Regierung die Studierenden im Regen stehen. Und die Benachteiligung der Hochschulen gegenüber der außeruniversitären Forschung soll nicht angerührt werden“, erklärt Nicole Gohlke, wissenschafts- und hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zu den von der Bundesregierung geplanten Kürzungen im Haushalt des Ministeriums für Bildung und Forschung. Gohlke weiter:

„Wenn es um die Bildung geht, interessiert sich die Regierung weder für die Belange der jungen Generation noch für internationale Vergleichswerte. Die werden nur ernst genommen, wenn der Rüstungsetat auf nie gekannte Dimensionen aufgebläht werden soll. Viel wäre gewonnen, wenn sich die Regierung den Hochschulen so verpflichtet fühlen würde wie der NATO.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 22.03.2019

„Um das Recht auf Wohnen zu gewährleisten und Wohnungslosigkeit zu verhindern, bedarf es mehr Sozialwohnungen, mehr kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau. Es fehlt an bezahlbarem Wohnraum und so fallen immer mehr Menschen in die Wohnungslosigkeit. Um den Verlust der Wohnung zu verhindern, braucht es Verbesserungen im Kündigungsschutz. Programme, die Obdachlosen ein Dach über dem Kopf geben, wie „Housing First“ in Berlin, müssen vom Bund unterstützt werden“, erklärt Caren Lay, stellv. Vorsitzende und wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE anlässlich der öffentlichen Anhörung des Bauausschusses zum Antrag der LINKEN „Wohnungs- und Obdachlosigkeit bekämpfen, Zwangsräumungen verhindern“ (BT-Drs. 19/7459). Lay weiter:

„Einhellig wurde vom Sachverständigenrat Handlungsbedarf festgestellt, dem die Regierung nicht nachkommt. Die LINKE hat hier vorgelegt. Es braucht endlich Konzepte und Maßnahmen des Bundes zur Verhinderung zunehmender Wohnungs- und Obdachlosigkeit.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 20.03.2019

„Zu einer menschenwürdigen Pflege gehört auch eine sichere Finanzierung. Die Pflegeversicherung ist dringend reformbedürftig. Gute Pflege darf nicht nur etwas für reiche Leute sein. Wenn die Kosten für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Gehälter der Pflegekräfte weiterhin von den Menschen mit Pflegebedarf getragen werden müssen, ist die Zwei-Klassen-Pflege nicht weit. Wir fordern deshalb schon lange eine Umwandlung der Pflegeversicherung in eine Vollversicherung. Alle pflegebedingten Kosten müssen vollständig von der Pflegeversicherung übernommen werden. Nur so kann die Pflegeversicherung sozial sein“, kommentiert Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE, die SPD-Forderung nach einer Finanzierungsreform der Pflegeversicherung. Zimmermann weiter:

„Für die Finanzierung der Mehrkosten sind keine Steuerzuschüsse notwendig. Die Pflegeversicherung muss solidarisch finanziert werden. Dafür muss endlich die Beitragsbemessungsgrenze abgeschafft werden. Es wäre solidarisch, wenn alle den gleichen prozentualen Anteil ihres Einkommens zahlen. Aber eine solidarische Pflegeversicherung ist mit der jetzigen Regierung nicht zu machen. Die Koalition steht auf der Seite der Arbeitgeber und ermöglicht hohe Renditen für die Betreiber von Pflegeheimen. Die Profite werden auf Kosten der Menschen mit Pflegebedarf und der Pflegekräfte erwirtschaftet. DIE LINKE setzt sich für eine gute Pflege für alle Menschen ein.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 13.03.2019

Der Bundestag soll die Bundesregierung auffordern, die Qualifizierung von Richtern gesetzlich zu verankern. Einen entsprechenden Antrag (19/8568) hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt. Danach soll im Deutschen Richtergesetz das Recht und die Pflicht für Richter aufgenommen werden, sich zur Erhaltung und Fortentwicklung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten fortzubilden nebst einer Verpflichtung der Dienstherren, dies durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen. In das Gerichtsverfassungsgesetz sollen spezifische qualitative Eingangsvoraussetzungen für Familienrichter und -richterinnen aufgenommen werden. Zudem soll das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geändert werden.

Zur Begründung heißt es, die Verbesserung der Qualität des familiengerichtlichen Verfahrens sei ein seit langem dringliches und allseits unterstütztes Vorhaben. Es gelte, unbeschadet des hohen Engagements der Familienrichter, endlich die nötigen strukturellen Veränderungen ins Werk zu setzen. Die Bundesregierung sei hier trotz eines einstimmigen Beschlusses des Bundestages vom Juli 2016 nach wie vor untätig.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 312 vom 21.03.2019

Die Fraktion Die Linke fordert Informationen über die Einflussnahme von Interessenvertretern auf den Entwurf der Bundesregierung für das Starke-Familien-Gesetz. In einer Kleinen Anfrage (19/8370) will sie unter anderem erfahren, welche Stellungsnahmen von Verbänden, Organisationen, Institutionen oder Unternehmen zu dem Gesetzesvorhaben bei der Bundesregierung eingegangen sind und nach welchen Kriterien die Teilnehmer der sogenannten Verbändeanhörung im federführenden Bundesfamilienministerium ausgesucht wurden. Zudem möchte die Linksfraktion wissen, welche Regelungen des Gesetzentwurfes wort- oder inhaltsgleich aus den Vorschlägen der Interessenvertreter übernommen wurden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 307 vom 21.03.2019

Die aktuelle Befassung des Bundestags mit Maßnahmen gegen die stark zunehmende Wohnungs- und Obdachlosigkeit ist von Sachverständigen einhellig begrüßt worden. Das zeigte sich bei einer Anhörung des Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen unter der Leitung von Mechthild Heil (CDU). Die Experten beurteilten Oppositionsvorschläge zur Behebung der Probleme positiv, wenn auch nicht immer ausreichend.

Einer der zentralen Punkte: Fristlose Kündigungen wegen Mietschulden könnten durch Zahlung der Rückstände „geheilt“ werden, die oft zeitgleich ausgesprochene fristgerechte Kündigung eben wegen der ausstehenden Miete aber nicht. Job-Center lehnten die Übernahme von Mietkosten zur Abwendung der außerordentlichen Kündigung bisweilen ab – mit dem Hinweis, dass ja ohnehin die ordentliche Kündigung anstehe.

Darauf wies unter anderem Professor Volker Busch-Geertsema (Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung – GISS) hin. Er sprach auch spezifische Barrieren an, die Wohnungslosen selbst in entspannten Wohnungsmärkten den Zugang zu normalem Wohnraum extrem verschärften – etwa Bonitätsauskünfte oder Vorvermieterbescheinigungen. Die Betroffenen müssten gezielt Zugänge zur Normalmietverhältnissen erhalten, zudem – bei Bedarf – mit wohnbegleitender Hilfe. Beides werde in Finnland als einzigem Land in der EU praktiziert. Dort sei eine kontinuierliche Reduzierung der Zahl der Wohnungslosen erreicht worden.

Lars Andre Ehm vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen beschrieb die Vorreiterrolle seines Hauses bei der Erstellung einer Wohnungslosenstatistik. Sie ermögliche es, zielgerichtete Maßnahmen etwa für Frauen mit Kindern oder Betroffene aus Südosteuropa zu ergreifen. Die meisten Sachverständigen sprachen sich für eine solche bundeseinheitliche Statistik aus.

Birgit Fix vom Deutschen Caritasverband bezeichnete die angepeilte Wohngeld-Reform als „zu kurz gesprungen“. Das Wohngeld müsse dynamisiert werden, lautete übereinstimmende Forderung. Fix beklagte, dass das Menschenrecht auf Wohnung nicht mehr allen gewährt werde. Sie machte sich stark für eine bundesweite Infrastruktur zur Hilfe auch schon bei drohender Wohnungslosigkeit – Fachstellen, Notversorgung, Beratungsangebote.

Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) führte die Zunahme der Zahl von Wohnungslosen unter anderem auf eine nicht unerhebliche Zahl von anerkannten Asylbewerbern zurück, die noch in Gemeinschaftsunterkünften wohnten, da es in den Regionen an finanzierbaren Wohnungen fehle. Abhilfe hätte hier eine bundesweite begrenzte Wohnsitzauflage schaffen können, meinte er. Zudem verwies er auf immer mehr Menschen aus dem EU-Ausland ohne Unterkunft. Dies liege auch daran, dass sie mit vermeintlich lukrativen Arbeitsangeboten angelockt worden seien. Er begrüßte die angekündigten Bemühungen der Bundesregierung, gezielte Maßnahmen gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch zu ergreifen.

Sonja Rexhäuser von der Stadt Karlsruhe meinte, wenn Wohnungslosigkeit nicht verhindert werden könne, habe die Vermittlung von Wohnraum Vorrang vor einer ordnungsrechtlichen Unterbringung. Dies spare den Kommunen auch Kosten, beispielsweise im Vergleich mit der Unterbringung im Hotel. Sie hielt eine Erhöhung der Bundes-Förderung für den sozialen Wohnungsbau für dringend notwendig. Dadurch könne preiswerter Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten erhalten und neu gebaut werden.

Werena Rosenke (Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe) sah in einer Wohnungsnotfallstatistik auf Bundesebene auch den Nutzen, dass die Öffentlichkeit zu informiert und so die politische Dringlichkeit der Problematik aufgezeigt werde. Sie verwies auf die Möglichkeit, im Rahmen von Kooperationsverträgen zwischen Kommunen und Unternehmen der Wohnungswirtschaft Gewährleistungen vorzusehen, um die Vermietung von Wohnungen an Wohnungslose zu fördern.

Lukas Siebenkotten vom Deutschen Mieterbund (DMB) legte dar, dass in Deutschland jedes Jahr 80.000 bis 100.000 Sozialwohnungen gebaut werden müssten, um wenigsten die bisherige Anzahl halten zu können. Tatsächlich würden aber nur 26.000 gebaut. Die Maßnahmen, die die Bundesregierung beschlossen oder angekündigt habe, reichten mithin bei weitem nicht aus oder hätten bisher jedenfalls nicht gegriffen. Er mahnte eine nationale Wohnungsbauoffensive an, an der sich alle drei staatlichen Ebenen in gleicher Weise beteiligen müssten.

Robert Veltmann (GEBEWO – Soziale Dienste – Berlin) gab sich überzeugt, der Bund könne mit Blick auf den Wohnungsbau, speziell auf die Wohnraumversorgung benachteiligter Bevölkerungsgruppen, und auch mit Blick auf die Sozialgesetzgebung „bessere und wirksamere Rahmenbedingungen setzen“.

Die Linksfraktion schlägt in ihrem Antrag (19/7459) mit dem Titel „Wohnungs- und Obdachlosigkeit bekämpfen, Zwangsräumungen verhindern“ ein öffentliches Wohnungsbauprogramm im Umfang von zehn Milliarden Euro vor. Das Wohngeld solle regelmäßig und bedarfsgerecht angepasst, Leistungen für die Kosten der Unterkunft müssten deutlich erhöht und Sanktionen für sozial Schwache im Bereich der Wohnungspolitik gestrichen werden.

Die Grünen fordern in ihrem Antrag (19/7734) unter dem Titel „Menschenrecht auf Wohnen dauerhaft sicherstellen – Wohnungs- und Obdachlosigkeit konsequent bekämpfen“ ein nationales Aktionsprogramm, um bis 2030 Obdachlosigkeit in Deutschland zu beseitigen und ihre Entstehung zu vermeiden. Neben dem Ausbau der Daten- und Forschungsgrundlage geht es um mehr Geld, mehr sozialen Wohnungsbau und die Wiedereinführung von Gemeinnützigkeit im Wohnungsbaubereich.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 297 vom 20.03.2019

Die Vorschläge von FDP und Linken für eine Reform der Berechnung der Unterkunftskosten in der Grundsicherung stoßen bei Experten auf ein gemischtes Echo. Das wird in den Stellungnahmen deutlich, die zahlreiche Experten zu einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag, 18. März 2019, eingereicht haben. Gegenstand der Anhörung waren Anträge der FDP-Fraktion (19/7030) und der Linken (19/6526).

Die Liberalen fordern unter anderem eine stärkere Pauschalierung von Leistungen der Unterkunft und Heizung, die aber besonderen Einzelfällen dennoch gerecht werden soll. Außerdem sollen die Kommunen mehr Rechtssicherheit bei der Berechnung der Kostenobergrenzen erhalten, indem unbestimmte Rechtsbegriffe wie „angemessen“ vermieden oder klar definiert werden. Die Linke fordert, die Kosten der Unterkunft im Arbeitslosengeld-II-Bezug existenzsichernd zu gestalten und verlangt von der Bundesregierung einen Gesetzentwurf, der die Wohnkostenlücke im Zweiten und Zwölften Sozialgesetzbuch schließt.

Den FDP-Vorschlag einer Pauschalierung kritisieren einige Experten: So verweist das Institut für Wohnen und Umwelt darauf, eine pauschalierte Leistung müsse so hoch angesetzt werden, dass zu Neuvertragsmietniveau Unterkünfte in ausreichendem Maße anmietbar seien. Die Pauschale könne daher nicht niedriger sein als die derzeitigen Angemessenheitsgrenzen. Peter Becker, Vorsitzender Richter am Bundessozialgericht in Kassel, betont, Pauschalierungen und Einzelfallregelungen seien schon heute möglich. Von daher sei nicht zu erkennen, wie die FDP-Vorschläge zu einer einfacheren Handhabung führen können. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnt eine Pauschalierung von Wohnkosten ebenfalls ab. Diese seien nur für standardisierbare Ausgabenposten, die für alle Haushalte etwa in gleicher Höhe anfallen, sinnvoll. Positiv bewerte dagegen der Deutsche Landkreistag eine Pauschalierung. Es sollte eine Regelung angestrebt werden, die im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung leichter handhabbar sei und nicht regelmäßig die Hinzuziehung externer Dienstleister erfordere, heißt es in dessen Stellungnahme. Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände bewertet diesen Ansatz positiv.

Kritisch äußern sich einige Experten auch zum Vorschlag der Linken, die gesamten Unterkunftskosten schrittweise aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren. Dies sei „ambivalent“, so der DGB. Einerseits würden die Kommunen spürbar entlastet, andererseits bestehe die Gefahr, dass das Engagement der Kommunen bei der Betreuung von Leistungsberechtigten nachlassen könnte. Der Deutsche Landkreistag betont, mit Blick auf den wichtigen kommunalen Charakter der Aufgabe und der Möglichkeiten kommunaler Träger, auf Besonderheiten des kommunalen Wohnungsmarktes einzugehen, sei eine kommunale Verantwortung „essentiell“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 285 vom 18.03.2019

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte die EU-Verträge um eine soziale Fortschrittsklausel ergänzen, um den sozialen Rechten im EU-Recht den gleichen Stellenwert einzuräumen wie den wirtschaftlichen Freiheiten des Binnenmarkts. Die Bundesregierung solle sich dafür auf europäischer Ebene aktiv einsetzen, schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (19/8287). Darin fordern sie außerdem die Entwicklung einer europäischen Strategie zur Armutsbekämpfung, vor allem gegen Kinderarmut und die Einführung jeweils einer EU-Rahmenrichtlinie für die Grundsicherungssysteme in allen Mitgliedstaaten sowie für Mindestlöhne.

In der EU sollten alle Menschen ein würdevolles Leben führen können, heißt es in der Begründung. Deshalb sei die Bekämpfung von Armut, sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung so wichtig. „Verlässliche soziale Rechte sind die Voraussetzung dafür, dass Binnenmarkt und Währungsunion im Interesse der Menschen wirken“, schreiben die Grünen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 276 vom 14.03.2019

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am Mittwochvormittag einen Gesetzentwurf (19/4764) der FDP-Fraktion zur Dynamisierung der Verdienstgrenzen bei geringfügiger Beschäftigung abgelehnt. Für den Entwurf stimmte neben der FDP nur die AFD-Fraktion, während alle anderen Fraktionen ihn ablehnten.

Mit dem Gesetzentwurf wollte die FDP-Fraktion erreichen, dass die Höchstgrenzen für geringfügig entlohnte Beschäftigung (Mini-Jobs) und Beschäftigung in der Gleitzone (Midi-Jobs) dynamisch erhöht werden können. Die Liberalen hatten kritisiert, dass diese Verdienstgrenzen seit 2013 nicht angehoben worden seien, weil die derzeit starren Regelungen keine automatische Anpassung an die allgemeine Lohnentwicklung zulassen würden. Mit jeder Erhöhung des Mindestlohns würden sich deshalb die Stunden, die Beschäftigte im Rahmen von Mini- oder Midi-Jobs arbeiten dürften, reduzieren.

Die FDP hatte deshalb vorgeschlagen, die Verdienstgrenzen an die Entwicklung des Mindestlohns zu koppeln. So sollte im kommenden Jahr die Verdienstgrenze auf das 60-fache des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns festgelegt werden und bei Beschäftigung in der Gleitzone auf das 145-fache des Mindestlohns. Durch diese Änderung werde ein Automatismus eingeführt, der eine Anpassung der bisher starren Grenzen bei jeder Anpassung des Mindestlohns zulasse, heißt es im Entwurf der Liberalen.

Kritisiert wurde er unter anderem, weil er nach Meinung von SPD, Grünen und Linken zu einer Ausweitung prekärer Beschäftigung führen würde, von der vor allem Frauen betroffen seien.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 270 vom 13.03.2019

Nach dem Willen der FDP-Fraktion soll die Chancengleichheit von Frauen im Arbeitsleben verbessert werden. In einem Antrag (19/8224) fordert sie die Bundesregierung unter anderem auf, die Ursachen für die Verdienstunterschiede von Frauen und Männern weiter zu erforschen und Bereiche mit Handlungsbedarf zu identifizieren, sowie das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen auf seine Wirksamkeit zu evaluieren. Ebenfalls evaluiert werden sollen alle von der Bundesregierung geförderten Programme und Initiativen zur Verbreiterung des Berufswahlspektrums von Jungen und Mädchen und zum Aufbrechen überkommener Rollenbilder. Die FDP-Fraktion spricht sich zudem für den weiteren quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung als wesentliche Grundlage für die Vereinbarung von Familie und Beruf aus. Ebenso müsste flexiblere Arbeitszeitmodelle gefördert werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 267 vom 13.03.2019

In den 77 deutschen Großstädten fehlen rund 1,9 Millionen günstige Wohnungen. Am größten ist die Lücke in Berlin, Hamburg und Köln, aber selbst in kleinen Großstädten wie Offenbach, Erlangen, Bremerhaven, Ulm oder Moers geht die Differenz zwischen Angebot und Nachfrage in die Tausende. Auch über diesen „harten Kern“ der Wohnungsknappheit hinaus sind viele Menschen durch Wohnkosten schwer belastet. So müssen vier von zehn deutschen Großstadthaushalten, in denen rund 8,6 Millionen Menschen leben, eine problematisch hohe Mietbelastung von mindestens 30 Prozent ihres Nettoeinkommens tragen.

Das zeigen von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studien, die wir in letzter Zeit veröffentlicht haben. Ein neues Angebot auf der Website www.boeckler.de erschließt diese und viele andere Daten zur Wohnsituation jetzt detailliert aufbereitet für alle Großstädte: Von Kiel bis München, von Aachen bis Dresden informieren die 77 neuen Städteprofile unter anderem über Wohnkosten, die lokale Lücke an günstigen Wohnungen gestaffelt nach Wohnungsflächen, über Wohnungsgrößen, die vor Ort je nach Einkommen erschwinglich sind, über Eigentumsquoten und Wohnungsausstattungen.

Durch übersichtlich präsentierte Vergleichsdaten können Interessierte auch schnell einordnen, wie ihre Stadt beispielsweise bei der Unterversorgung mit günstigem Wohnraum im Verhältnis zum Durchschnitt der deutschen Großstädte dasteht. Die Profile haben Stadtsoziologen der Humboldt-Universität Berlin erstellt, sie beruhen auf Mikrozensusdaten von 2014, den derzeit aktuellsten, die zur Wohnsituation deutschlandweit vorliegen.

Zu den 77 Profilen der deutschen Großstädte, alphabetisch geordnet von Aachen bis Würzburg

Die Ergebnisse aus unseren bundesweiten Studien zum Wohnen finden Sie in unserem Infopaket

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 25.03.2019

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Anlässlich des heutigen Internationalen Tages gegen Rassismus findet erneut ein AWO Diskussionsforum „Vorurteile, Ressentiments und Populismus“ statt. Diesjähriges Thema ist „Der NSU und die deutsche Gesellschaft“. Unter der Moderation von Frank Jansen diskutieren Petra Pau (MdB, Obfrau NSU-Untersuchungsausschuss), Mehmet Daimagüler (Anwalt Nebenklage NSU-Prozess), Prof. Dr. Elke Grittmann (Institut für Journalismus), Wolfgang Benz (Historiker) und Margit Weihnert (Vorsitzende AWO Landesverband Sachsen) über die Auswirkungen der NSU-Mordserie auf unsere Einwanderungsgesellschaft. AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker erklärt dazu: „Gesucht sind Impulse für die Arbeit an einem Gemeinwesen, in dem sich alle gleichermaßen sicher fühlen und dem Rechtsstaat vertrauen können.“

Das Diskussionsforum erörtert Folgerungen aus dem NSU-Prozess. Es fragt danach, was die Taten des NSU über die deutsche Gesellschaft aussagen und wie der Zustand von Institutionen, die der Verteidigung der Demokratie dienen sollen, im Licht der Ermittlungen und der Berichterstattung einzuschätzen ist. Dazu führt es zeitgeschichtliche und medienwissenschaftliche, politische und juristische Perspektiven zusammen. „Das Ende des NSU-Prozesses erinnert uns daran, dass eine solidarische Gesellschaft nicht selbstverständlich ist. Die AWO steht in der Tradition des Ringens um eine solche Gesellschaft. Dazu gehören die Arbeit für die Teilhabe aller und der Kampf gegen menschenfeindliche Einstellungen. Dabei ist es auch unsere Pflicht, an die Opfer der NSU-Verbrechen zu erinnern.“

Der NSU-Prozess endete nach einem fünfjährigen Verfahrensmarathon vor knapp einem Jahr. Zum einen zeigte sich, dass die Täter Teil der Gesellschaft waren, in der sie mordeten. Sie bewegten sich in einem Milieu, das sie in ihren Ansichten bestätigte. Zum anderen haben die Sicherheitsbehörden während einer über 13 Jahre andauernden Mordserie Ermittlungen betrieben, die Opfer zu Verdächtigen machten, weil sie sich von Vorurteilen und Spekulationen leiten ließen. Anstatt weitere Morde zu verhindern, ermöglichten sie diese. Erst der Selbstmord zweier Haupttäter brachte die größte rechtsextreme Mordserie in der Geschichte der Bundesrepublik ans Licht.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 21.03.2019

Heute wird der Bundesfinanzminister Olaf Scholz im Bundeskabinett seine Eckpunkte für den Haushalt 2020 vorstellen. Nach bekannt gewordenen Plänen, sollen die Ministerien im nächsten Jahr insgesamt einen Betrag von 3,7 Milliarden Euro einsparen. Auch auf Schulden soll weiterhin verzichtet werden. Dazu erklärt der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler: „Die AWO befürwortet das Ziel, die öffentlichen Haushalte auszugleichen, um der Verantwortung für die nachkommenden Generationen gerecht zu werden. Dies sollte aber in erster Linie durch eine gerechtere Steuerpolitik und nicht durch pauschale Einsparungen in wichtigen sozialpolitischen Feldern erfolgen. Wenn man die Einnahmeseite bei den Steuern erhöhen will, kommt man um Themen wie die Bekämpfung von Schwarzarbeit und Steuerflucht sowie die stärkere Besteuerung von hohen Einkommen und Vermögen nicht herum. Das dogmatische Festhalten an der Schuldenbremse engt letztlich die politische Gestaltungs- und Handlungsspielräume zu sehr ein und geht zudem zu Lasten sozialer Maßnahmen.“

Die AWO setzt sich seit ihrer Gründung vor 100 Jahren für einen solidarischen Sozialstaat ein, der über ausreichende soziale Sicherungssysteme verfügt, mit qualitativ hochwertigen Dienstleistungen und Programmen präventiv fördert, die Bildung der Menschen gezielt auf- und ausbaut und ihnen hilft, für sich selbst zu sorgen und darüber hinaus eine Infrastruktur bereitstellt, die Teilhabe ermöglicht. „Auch im Jahr 2020 ist dieser Sozialstaat in Deutschland nicht umgesetzt. Der Bund muss seiner finanziellen Verantwortung für den Sozialstaat und die soziale Infrastruktur gerecht werden. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben, wie zum Beispiel die Mütter- oder die Grundrente, müssen verlässlich aus Steuermitteln finanziert werden. Von Investitionen in den Sozialstaat, profitiert am Ende die gesamte Gesellschaft. Vor allem sind noch deutlich mehr Investitionen in den sozialen Wohnungsbau dringend notwendig. Sonst haben immer größere Bevölkerungsgruppen kaum noch Chancen auf Wohnraum, der ihren Bedürfnissen entspricht“, betont der AWO Bundesvorsitzende abschließend.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 20.03.2019

Eine Reform des Sozialen Sicherungssystems (SGB II) wird mittlerweile auf vielen gesellschaftlichen Ebenen diskutiert. Die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten der Bundesrepublik Deutschland möchten mit beigefügtem Eckpunktepapier zu diesem Diskurs beitragen.

Bereits zur Entstehung des SGB II in 2004 hatten wir uns intensiv mit den Wirkungen einer Umgestaltung der Sozialpolitik der Bundesrepublik Deutschland auseinandergesetzt. Die damaligen Reformen gingen jedoch an vielen Realitäten und Bedürfnissen von Frauen vorbei. Geschlechtsspezifische Rollenverteilungen wurden zementiert und Frauen konnten nicht in angemessenem Umfang von der Sozialreform profitieren. So haben bis heute alleinerziehende Frauen immer noch ein hohes Armutsrisiko.

Bitte beziehen Sie die von uns angesprochenen Aspekte in Ihre Diskussionen ein und arbeiten Sie mit uns gemeinsam an einer geschlechtergerechten Reform der Sozialpolitik.

Die Stellungnahme finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen vom 18.03.2019

Ein Jahr nach der Wahl der Bundeskanzlerin, am 14.03.2018, stellt das Bündnis „Reichtum umverteilen – Ein gerechtes Land für alle!“ der Großen Koalition ein Zeugnis für ihre bisherige Arbeit aus.

Das zivilgesellschaftliche Bündnis „Reichtum umverteilen – ein gerechtes Land für alle!“ welches von 33 Organisationen getragen und von 20 weiteren Organisationen unterstützt wird verlieh symbolisch der Großen Koalition ein Zeugnis, denn vor einem Jahr, am 14.03.2018, wurde Angela Merkel als Kanzlerin wiedergewählt.

Was hat die Koalition getan, um den Notstand in der Pflege und die Wohnungsnot in den Städten zu lindern, um die Renten und die Situation von Erwerbslosen zu verbessern, um Familien und Kinder besser zu stellen, Bildung vernünftig auszustatten, Integration voranzutreiben und dem Klimawandel entgegenzuwirken? Hat die Koalition die Weichen für Steuergerechtigkeit in Deutschland und global gestellt? Zu diesen Fragen sprachen Vertreterinnen und Vertreter von Attac, Arbeiterwohlfahrt und Zukunftsforum Familie, DIDF, GEW, gewerkschaftlichen Arbeitslosengruppen, Mieterbund, NaturFreunden, Oxfam, ver.di und Volkssolidarität, und legten für die verschiedenen Politikbereiche ihre Bewertungen dar.

Gemessen an den Anforderungen des Bündnisses, fällt das Zeugnis für die Bundesregierung nicht gut aus. Zwar wurde im Koalitionsvertrag einiges vereinbart und auch Projekte angeschoben, doch in vielen zentralen Bereichen ist nichts, oder bei langem nicht genug passiert. Eine Zusammenfassung der einzelnen Punkte findet ihr hier (Link zu https://www.reichtum-umverteilen.de/umverteilenbloganzeige/ak/zeugnis-nach-einem-jahr-fuer-die-grosse-koalition-aus-cducsu-und-spd/)

Insgesamt befindet sich die Gesellschaft nicht im Gleichgewicht, so das Fazit des Bündnis. Denn die ärmere Hälfte der Bevölkerung besitzt in Deutschland nur 2,3 % des Vermögens. Das reichste Prozent verfügt dagegen über 33 % des Vermögens, so der Befund von Forscher*innen des DIW (Link zu https://ec.europa.eu/jrc/sites/jrcsh/files/jrc110763.pdf). Dieses Ungleichgewicht wurde bei der Aktion durch eine große Waage dargestellt, welche das Bündnis vor dem Kanzleramt aufbaute.

Quelle: Pressemitteilung Bündnis „Reichtum umverteilen – ein gerechtes Land für alle“ vom 19.03.2019

Eltern, die mit ihrem Kind zu den Vorsorgeuntersuchungen U1 bis U9 gehen, erhalten dort künftig auch Merkblätter zur seelischen Gesundheit bzw. psychischen Entwicklung ihrer Kinder. Die zehn Merkblätter „Seelisch gesund aufwachsen“ orientieren sich an den bekannten Merkblättern „Kinderunfälle“ und wurden von den gesetzlichen Krankenkassen, dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der Deutschen Liga für das Kind, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sowie dem Nationalen Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) entwickelt. Zudem besteht die Möglichkeit, sich mit zehn anschaulichen Filmen – in mehrere Sprachen übersetzt – zur psychischen Gesundheit von Kindern zu informieren.

Laut einer aktuellen Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS-Studie) zeigen etwa 20 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland zwischen drei und 17 Jahren psychische und psychosomatische Auffälligkeiten. Die Merkblätter setzen hier präventiv an. Ziel ist es, die Elternkompetenz zu stärken, indem die seelischen Bedürfnisse der Kinder altersgerecht erklärt werden – von Geburt an bis zum sechsten Lebensjahr. Warum braucht das Kind meine Nähe? Was soll ich tun, wenn es fremdelt? Wie soll ich mit Ängsten meines Kindes umgehen? Wie lernt mein Kind Empathie und Konfliktfähigkeit?

„Gesund aufwachsen bedeutet mehr als nur körperliches Wohlbefinden. In der Kindheit wird der Grundstein gelegt für unsere seelische Gesundheit und unsere Widerstandsfähigkeit im Umgang mit schwierigen Lebenssituationen. Die gesetzlichen Krankenkassen wollen die Eltern dabei unterstützen, die seelische Gesundheit ihrer Kinder zu stärken“, erklärt Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek, das Engagement der gesetzlichen Krankenkassen.

„Den Kinder- und Jugendärzten kommt beim frühzeitigen Erkennen, Behandeln, und im Idealfall, Vermeiden seelischer Störungen eine Schlüsselrolle zu“, sagt Dr. Sibylle Steiner, Dezernentin der KBV. „In den U-Untersuchungen werden auch Fragen der Primärprävention, also das Vorbeugen von Störungen und Krankheiten, mit den Eltern beraten. Die Merkblätter zur seelischen Gesundheit unterstützen und ergänzen dabei das Arzt-Patienten-Gespräch. Die Kinderärzte können die Merkblätter kostenfrei bei ihrer Kassenärztlichen Vereinigung beziehen.“

„Emotionale Vernachlässigung in früher Kindheit gilt als bedeutendster Risikofaktor für die Entwicklung psychischer Auffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter. Ein niedriger sozioökonomischer Status der Familie, mangelnde Bildung, schlechte Wohnverhältnisse oder auch eine Suchterkrankung eines Elternteils können die emotionalen, sozialen und kulturellen Ressourcen einer Familie schwächen“, stellt Dr. Hermann-Josef Kahl, Bundespressesprecher vom BVKJ fest. „Für Eltern sind die Kinder- und Jugendärzte in der Regel die ersten Ansprechpartner. Sie haben einen besonderen Blick für die Probleme der Eltern und Kinder.“

Prof. Dr. Sabine Walper, Präsidentin von der Deutschen Liga für das Kind, betont: „Mütter und Väter sind meist ‚Novizen‘ im Umgang mit Kindern, wenn sie Eltern werden. Sie sind in ihrer neuen Rolle unsicher und suchen Orientierung. Elternkompetenz muss erst noch erlernt werden. Die vorliegenden Merkblätter geben den Kindern mit ihren Bedürfnissen und entwicklungsbezogenen Bedarfen symbolisch eine Stimme und erleichtern es den Eltern, passend auf ihre Kinder einzugehen.“

„Damit möglichst viele Familien – auch mit geringen Deutschkenntnissen – von den Filmen profitieren, hat die BZgA die fünf fremdsprachlichen Versionen der Filme finanziell unterstützt. In Deutschland gibt es vielfältige Angebote der Frühen Hilfen, um Eltern in ihrer Erziehungskompetenz zu stärken, allerdings sind sie ihnen häufig nicht bekannt. Über die neue Suchfunktion der Website des NZFH www.elternsein.info finden Eltern Anlaufstellen für Frühe Hilfen in ihrer Nähe. Dies ist eine wichtige Ergänzung der Merkblätter und Filme, wenn Eltern darüber hinaus Unterstützung brauchen“, so Dr. Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA.

Die Merkblätter sind auf jeder Homepage der unten genannten Organisationen abrufbar. Die Filme wurden von der Ehlerding Stiftung, der JK-Stiftung für kompetente Elternschaft und Mediation sowie von der Kroschke Kinderstiftung gefördert. Alle Filme sind auf www.seelisch-gesund-aufwachsen.de zu finden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Liga für das Kind e.V., Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek), AOK-Bundesverband GbR, BKK Landesverband Nordwest, IKK e. V., KNAPPSCHAFT, Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. (BVKJ), Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) vom 26.03.2019

Das Präsidium des Deutschen Familienverbandes zieht Bilanz der gesetzlichen Maßnahmen in der Familienpolitik

Zu den zentralen familienpolitischen Neuerungen der Großen Koalition gehört das „Gute-Kita-Gesetz“. Das Präsidium des Deutschen Familienverbandes (DFV) begrüßt die Initiative von Bundesfamilienministerin Giffey, insgesamt 5,5 Milliarden Euro in die Verbesserung der institutionellen Kinderbetreuung zu investieren.

„Bei der Qualitätsverbesserung in Kindertagesstätten besteht großer Handlungsbedarf“, so Verbandspräsident Klaus Zeh. „Der bundesweite Betreuungsbedarf von unter dreijährigen Kindern liegt bei 46 %. Tatsächlich wird aber nur eine Betreuungsquote von 33 % erreicht. Die Bundesregierung hat richtig erkannt, dass hier Prioritäten gesetzt werden müssen.“ Der DFV mahnt aber gleichzeitig an, dass das Gesetz keine bundesweit verbindlichen Vorgaben zu Qualitätsstandards macht. Familien müssen weiterhin damit leben, dass es zwischen den Bundesländern erhebliche Unterschiede in der Betreuungsqualität von Kindern gibt. Hier besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf.

Kaum Stärkung von Familien

Mit dem „Starke-Familien-Gesetz“ will die Große Koalition der Kinderarmut entgegenwirken. Das Gesetz soll ab Sommer 2019 stufenweise mehr Familien mit der Neugestaltung des Kinderzuschlages und mit Verbesserungen der Bildungs- und Teilhabeleistungen unterstützen. „Die harte Abbruchkante beim Kinderzuschlag abzuschaffen, ist eine gute Entscheidung“, sagt Zeh. „Vor der Reform konnte es passieren, dass eine kleine Gehaltserhöhung dazu führt, dass die Familie aus dem Kinderzuschlag fällt. Damit hatten sie plötzlich noch weniger Geld als vorher zur Verfügung.“

Gegen die Kinderarmut in Deutschland kann die Reform des Kinderzuschlages nur behelfsmäßig wirken. Wie der DFV im Horizontalen Vergleich errechnet, sind es in erster Linie Steuern und familienblinde Sozialabgaben, die Eltern und ihre Kinder am stärksten belasten. Die Benachteiligung von Familien in der Renten-, Pflege- und Krankenversicherung allein bedeutet eine Mehrbelastung von 240 Euro je Kind und Monat. Damit jedes Kind dem Staat gleich viel wert ist, brauchen wir eine klare Koppelung des Kindergeldes an die maximale steuerliche Wirkung des Kinderfreibetrags bei hohen Einkommen. In Zahlen heißt das:330EuroKindergeld pro Monat für jedes Kind. „Mit einer von Verfassungs wegen notwendigen Reform der Sozialversicherung und einem guten Kindergeld würde Millionen von Familien aus der Armut geholfen werden“, sagt Zeh.

Gute Akzente beim Familienwohnen

Deutlich positiv bewertet das DFV-Präsidium die Einführung des Baukindergeldes im vergangenen September: „Das Baukindergeld ist eine wertvolle Unterstützung für Familien, die erstmalig Wohneigentum erwerben wollen. Mit 64.000 Anträgen ist die Nachfrage enorm.“ Bezahlbares Wohnen gehört zu den wichtigsten sozialen Fragen – insbesondere für Familien mit mehreren Kindern. Das Baukindergeld erleichtert vielen Familien den Schritt zum Eigenheim.

Es ist dringend erforderlich, dass der ausschließlich an Familien gerichtete, staatliche Zuschuss unbefristet ausgeweitet wird und Familien einen Rechtsanspruch darauf erhalten. Im Kontext des bezahlbaren Wohnens und Bauens unterstützt der Deutsche Familienverband die Einführung eines Freibetrages in der Grunderwerbsteuer.

Demokratische Teilhabe ermöglichen

Aus Sicht des DFV-Präsidiums macht sich die Große Koalition wenig Mühe, die Stimmen von Kindern ernst zu nehmen. Die „Fridays for Future“-Demonstrationen zeigen deutlich, dass Kinder und Jugendliche politisch gehört werden wollen. „Aus dem letzten Staatenbericht zur UN-Kinderrechtskonvention geht klar hervor, dass die Bundesregierung Kindern nur fiktive Wahlen ohne politische Relevanz zutraut“, so Zeh. „Das Wahlrecht ist das wichtigste Kinderrecht überhaupt und muss gesetzlich verankert werden.“ Nur ein Wahlrecht ab Geburt, das bis zur Wahlmündigkeit von Eltern wahrgenommen wird, würde garantieren, dass die berechtigten Interessen von Kindern und ihren Familien Gehör bekämen.

Die Bilanz zu einem Jahr Familienpolitik fällt durchwachsen aus: „Die Maßnahmen der Großen Koalition lassen sinnvolle Schwerpunkte erkennen, doch die großen Sprünge bleiben aus. Eine gute Ausnahme bildet das Baukindergeld, das aber zeitlich und finanziell begrenzt ist“, sagt Zeh. „Es hilft nicht, wenn Gesetze klangvolle Namen haben. Auf den Inhalt kommt es an.“

Der DFV setzt sich für eine familienzugewandte, familiengerechte Politik ein. Weitere Informationen stehen bereit unter www.elternklagen.de, https://wahlrecht.jetztund www.deutscher-familienverband.de. Der Horizontale Vergleich 2018 ist unter folgendem Link abrufbar (PDF): https://www.deutscher-familienverband.de/publikationen/fachinformationen

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 20.03.2019

Der Deutsche Gewerkschaftsbund startet heute eine bundesweite Aktionswoche rund ums Thema Wohnen. Unter dem Motto „Bezahlbar ist die halbe Miete“ finden in ganz Deutschland mehr als 200 Aktionen und Veranstaltungen statt. Die Aktionswoche ist der bundesweite öffentliche Auftakt des DGB-Zukunftsdialogs.

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann erklärt zum Start der Aktionswoche:

„Wir wollen mit den Menschen vor Ort ins Gespräch kommen und von ihnen wissen: Welchen Problemen begegnen sie bei der Wohnungssuche, bei Mieten und Nebenkosten. Ein immer größerer Anteil des Einkommens wird von den Mieten aufgefressen und viele Menschen können sich keine Wohnung in der Nähe ihres Arbeitsortes mehr leisten. Die Interessen der Beschäftigten enden nicht am Werkstor. Bezahlbares Wohnen ist die neue soziale Frage unserer Zeit.“

Im Rahmen des DGB-Zukunftsdialogs wird der DGB in den kommenden Jahren vor Ort und online mit den Menschen in Deutschland über die Themen sprechen, die ihnen unter den Nägeln brennen – vom angespannten Wohnungsmarkt über neue Arbeitszeitmodelle bis hin zu Verkehrskonzepten für die Zukunft. „Wir fragen die Menschen in Deutschland, was sie bewegt“, so Reiner Hoffmann. „Wie stellen sie sich gute Arbeit und ein gutes Leben vor? Darüber wollen wir mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen. Die Gewerkschaften sind und bleiben gesellschaftspolitische Akteure – und echte Mitmach-Organisationen. Das machen wir mit dem Zukunftsdialog deutlich.“

DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte am Montag in Berlin:

„Steigende Mieten sind für immer mehr Beschäftigte ein Problem. Sie sind auch Ergebnis einer jahrzehntelang verfehlten Wohnungspolitik. Das Marktversagen im Wohnungssektor ist offensichtlich – jetzt muss die Politik stark und stetig eingreifen. Gebraucht werden mindestens 400.000 neue und bezahlbare Wohnungen pro Jahr, darunter 100.000 Sozialwohnungen. Bund und Länder gemeinsam müssen dafür sieben Milliarden Euro jährlich bereitstellen. Die bislang für den sozialen Wohnungsbau eingeplanten Gelder des Bundes reichen nicht einmal, um den Bestand zu halten. Zudem sollte die Politik entschlossener gegen Bodenspekulation vorgehen, etwa indem sie Eigentümer im Rahmen baurechtlicher Möglichkeiten verpflichtet, ihre Grundstücke zu bebauen.“

Hintergrund:
Mit dem DGB-Zukunftsdialog starten der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften einen breiten gesellschaftlichen Dialog. Wir fragen die Menschen, sammeln ihre Antworten und entwickeln daraus Impulse für eine gerechtere Politik in Deutschland. Die Aktionswoche vom 25. bis 29. März ist der bundesweite öffentliche Auftakt zum DGB-Zukunftsdialog. In den kommenden Jahren folgen in ganz Deutschland Hunderte weitere Veranstaltungen. Online läuft die Debatte zum Zukunftsdialog unter www.redenwirueber.de – dort gibt es auch alle weiteren Informationen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstandvom 25.03.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt die einstimmige Bundesratsentscheidung zur Änderung des Artikel 104c des Grundgesetzes zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der kommunalen Bildungsinfrastruktur. Damit ist endlich der Weg frei für den „Digitalpakt Schule“, um eine flächendeckende und zielgerichtete Unterstützung für digitale Bildung in Deutschland ein Stück voran zu bringen. Jetzt sind nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes die Bundesländer in der Pflicht, die Qualität der digitalen Bildung in unseren Schulen entscheidend zu steigern.

„Zweieinhalb Jahre sind seit der Ankündigung des Digitalpakts Schule durch die damalige Bundesbildungsministerin Wanka bereits vergangen, und damit für die digitale Bildung an unsere Schulen eine vielfach verlorene Zeit. Jetzt müssen schnell kluge Konzepte auf den Tisch, um den Ausbau der technischen Ausstattung mit individuellen Schulkonzepten zu kombinieren, und so den Medieneinsatz auch pädagogisch-didaktisch zu untersetzen. Wir brauchen aber auch eine bessere Aus- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer zu Digitalthemen. Nur mit einem ganzheitlichen Ansatz, der auch die technische Wartung der Geräte mit einbezieht, kann ein zeitgemäßes Unterrichts- und Schulkonzept entstehen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die zunehmende Medienkonvergenz und die Digitalisierung der Gesellschaft erfordern innovative, praxisnahe Medienbildungsansätze, die in den Bildungsalltag der Schulen einfließen müssen. Der Rückstand der deutschen Schulen beim Lernen mit Computern ist sehr groß, das hat auch die aktuelle Bitkom-Studie wieder einmal gezeigt. Diese Lücke kann durch den Digitalpakt deutlich reduziert werden. Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes wäre eine solche Zusammenarbeit von Bund und Ländern auch in anderen Bereichen des Bildungswesens wünschenswert“, so Krüger weiter.

Medienbildung muss aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes als integrativer Teil der Allgemeinbildung verstanden werden und entsprechend flächendeckend und verbindlich Einzug in die Curricula nicht nur der schulischen, sondern auch der frühkindlichen Bildung finden. Notwendig sind dazu auch die Implementierung von Medienbildung als verbindlichem Teil der

Fach- und Lehrkräfteausbildung sowie eine Absicherung von Wartungsleistungen in Bezug auf neue IT-Techniken. Zudem brauchen wir einen „offenen Zugang“ zu Bildungsressourcen – das Konzept von Open Educational Resources (OER) und mehr frei lizensierte Unterrichtsmaterialien sind der Weg, der hier beschritten werden sollte.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 15.03.2019

Bildungsgewerkschaft zur Studie „Zwischen Bildung und Betreuung“: Qualität und Finanzierung sichern

Gute Ganztagsangebote werde es nur geben, wenn Politik für hohe Qualitätsstandards und eine solide Finanzierung des Projekts der Bundesregierung sorge. Das stellte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mit Blick auf die heute veröffentlichte Studie „Zwischen Bildung und Betreuung“ der Bertelsmann Stiftung fest. „Gute Ganztagsangebote müssen sich zuerst an den Bedürfnissen der Kinder orientieren“, sagte Björn Köhler, GEW-Vorstandsmitglied für Jugendhilfe und Sozialarbeit, am Montag in Frankfurt a.M. „Kinder brauchen vor allem Raum für die persönliche Entwicklung. Dafür müssen gute Bedingungen für den Ganztag gesichert sein.“ Deshalb müsse die Regierung bei der Umsetzung des Koalitionsvertrags unbedingt bundesweite Qualitäts-Standards verankern, um allen Kindern gleiche Chancen auf gute Bildung und Erziehung zu eröffnen.

Die Studie liefere eine wichtige Erkenntnis mit Blick auf Gesellschaft und Volkswirtschaft, sagte Köhler: „In die Qualität von Bildung zu investieren, ist kein Almosen für die Familien, sondern zahlt sich langfristig für die Gesellschaft aus. Mehr Teilhabe am Erwerbsleben zu ermöglichen und soziale Folgekosten unzureichender Bildung zu vermeiden, haben einen großen Nutzen für die Gesellschaft insgesamt. Soziale Benachteiligungen lassen sich nur mit guter Qualität und einem hohen Anspruch an die Bildung kompensieren.“ Der GEW-Experte stellte jedoch auch fest, dass ökonomische Erwägungen zwar eine Motivation für die Politik sein könnten, sie dürften aber nicht zur Handlungsmaxime der Regierung werden.

In der Expertise, machte Köhler deutlich, werde davon ausgegangen, dass es optimale Bedingungen für den Ausbau von Ganztagseinrichtungen gibt. Dies sehe in der Praxis jedoch anders aus. Insbesondere sei der dramatische Mangel an Lehrkräften, Erzieherinnen und Sozialpädagogen aller Voraussicht nach bis 2025 nicht zufriedenstellend zu lösen. Bis zu diesem Zeitpunkt soll das Recht auf einen Ganztagsplatz an Grundschulen greifen. Trotzdem sei es richtig, Zielvorgaben etwa für eine gute Fachkraft-Kind-Relation zu setzen, um die Richtung des Ausbaus vorzugeben. „Die Studie zeigt, wie wichtig gute Standards sind, wenn der Ausbau von Ganztagsangeboten ein Erfolg werden soll“, betonte Köhler. „Die Bundesregierung ist gefordert, sich nicht nur für den quantitativen Ausbau einzusetzen, sondern auch die Qualität zu sichern. Dafür bedarf es verbindlicher Standards und einer nachhaltigen, ausreichenden Finanzierung.“

Quelle: Pressemitteilung Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hauptvorstand vom 25.03.2019

Binationale Familien berichten über eine Klimaverschiebung im gesellschaftlichen Miteinander.
Zur Bedeutung des Internationalen Tages für die Beseitigung rassistischer Diskriminierung.

„Dass Rassismus plötzlich wie eine Meinung daherkommt, die diskutierbar wäre, spüren auch die Familien unseres Verbandes. Sie erzählen von zunehmendem Alltagsrassismus, von rassistischen Zuschreibungen, von neuen Ausgrenzungen. Das Klima hat sich verschoben“, berichtet Hiltrud Stöcker-Zafari, Geschäftsführerin des Verbandes. Dabei seien es gerade die interkulturell lebenden Familien, die vorleben wie selbstverständlich, normal und wichtig dieser Alltag in einer Einwanderungsgesellschaft sei.

Ethnisch-nationalistische Bewegungen und Parteien nehmen die Zuwanderung 2015 als Vorwand und benutzten sie als Folie, um Migration in den Mittelpunkt gesellschaftlicher und politischer Diskurse zu rücken, um so ihr rassistisches Gedankengut ausbreiten zu können. Die Folge sei auch eine Verstärkung von strukturellem Rassismus, der Zugänge zu Bildung und Arbeitsmarkt erschwere und Zukunftschancen, die für die ganze Gesellschaft relevant sind, verhindere.

„Rassismus geht uns alle an. Angesichts der anstehenden Europawahlen kann man gar nicht oft genug betonen, welche Gefahr für ein demokratisches Miteinander unseren Gesellschaften droht und wie sehr das demokratische Klima vergiftet wird“, warnt Hiltrud Stöcker-Zafari.

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V. vom 21.03.2019

Ein zivilgesellschaftliches Bündnis aus mehr als 60 Organisationen und Initiativen plant für den 19. Mai Großdemonstrationen in sieben Städten Deutschlands. Eine Woche vor der Europawahl wollen Zehntausende Menschen unter dem Motto „Ein Europa für Alle – Deine Stimme gegen Nationalismus!“ für eine EU der Menschenrechte, Demokratie, sozialen Gerechtigkeit und des ökologischen Wandels auf die Straße gehen.

Die Europawahl am 26. Mai 2019 sei eine Richtungsentscheidung über die Zukunft der Europäischen Union, heißt es im Aufruf des Bündnisses. Denn Nationalisten und Rechtsextreme hofften darauf, mit weit mehr Abgeordneten als bisher ins Europaparlament einzuziehen. Alle seien gefragt, den Vormarsch der Nationalisten zu verhindern, so das Bündnis.

Die Demonstrationen in Berlin, Frankfurt, Hamburg, Leipzig, Köln, München und Stuttgart werben deshalb für eine hohe Wahlbeteiligung demokratisch gesinnter Bürgerinnen und Bürger. Zeitgleich werden in mehreren europäischen Ländern Demonstrationen zum selben Thema stattfinden.

„Dem Rassismus der Rechten stellen wir uns vor der Europawahl entgegen. Mit Zehntausenden sagen wir: Europa gehört die Zukunft, Nationalismus die Vergangenheit“, sagt Christoph Bautz, geschäftsführender Vorstand von Campact. „Wir lassen uns nicht spalten, sondern streiten gemeinsam für unser Europa – ein Europa der Menschenrechte und der Demokratie.“

„Wir wollen eine EU der Menschenrechte. Statt die Festung Europa immer weiter auszubauen, brauchen wir sichere Fluchtwege und ein Recht auf Asyl“, sagt Laura Kettel, Aktivistin der internationalen Bewegung Seebrücke. „Wir stehen für ein Europa der Vielfalt und Solidarität.“

Ein vereintes Europa müsse sich auch gemeinsamen sozialpolitischen Zielen verschreiben. „Wir brauchen eine positive Vision einer Gemeinschaft, in der der Mensch und nicht die Wirtschaft im Mittelpunkt steht und alle Menschen frei von Existenzängsten leben können“, sagt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

In Zeiten nationaler Alleingänge sei es wichtiger denn je, sich als solidarische Gesellschaft für ein Europa einzusetzen, fasst Maritta Strasser, Bundesgeschäftsführerin der NaturFreunde Deutschlands zusammen. „Europa muss eine Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel und das weltweite Artensterben übernehmen. Wir in Europa können den Weg aufzeigen, wie ein gutes Leben für alle Menschen mit einem langfristig bewohnbar bleibenden Planeten vereinbar ist.“

Mit Demonstrationen und begleitender Kampagnen-Arbeit macht sich das Bündnis dafür stark, am 26. Mai bei der Europawahl wählen zu gehen. Dieses Mal geht es um alles: Dem Nationalismus und Rassismus entgegenzutreten – für ein demokratisches, friedliches, solidarisches und nachhaltiges Europa!

Weitere Informationen unter: www.ein-europa-fuer-alle.de

Hashtags

#1EuropaFürAlle

#DeineStimmeGegenNationalismus

Trägerkreis:

Attac Deutschland, Campact, Der Paritätische Gesamtverband, Mehr Demokratie, NaturFreunde Deutschlands, Naturfreundejugend Deutschlands, Pro Asyl, Seebrücke

Die Demonstrationen werden bundesweit unterstützt von:

Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, A Soul For Europe, Aufstehen gegen Rassismus, .ausgestrahlt, Avaaz, Arbeiterwohlfahrt, Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement, Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V., BUND, BUNDjugend, Democracy International, CorANetzwerk, DBJR, Deutsche AIDS-Hilfe, Deutscher Kulturrat, Diakonie Deutschland, Diakonie Mitteldeutschland, DiEM 25, Die Offene Gesellschaft, Die Vielen, Deutscher Naturschutzring, European Alternatives, European Democracy Lab, European May, FEMNET, Flüchtlingsrat Berlin, Flüchtlingsrat Brandenburg, Flüchtlingsrat NRW e.V., Forum Fairer Handel, Greenpeace, Jugend Rettet, Katholische Arbeitnehmer-Bewegung, Klima-Allianz, Lesben- und Schwulenverband in Deutschland, Naturschutzjugend, Neue Deutsche Organisationen, Neue Richter-vereinigung Bundesbüro, Open Knowledge Foundation, Oxfam, Pax Christi, SCHURA – Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg e.V., Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa, Sea-Watch, Sozialverband VdK, Stiftung Internationale Wochen gegen Rassismus, Umweltinstitut, Urgewald, Verband für Entwicklung und Humanitäre Hilfe, Verband binationaler Familien und Partnerschaften, VisaWie? Gegen diskriminierende Visa-verfahren! und WeMove

Folgende Parteien unterstützen die Forderungen des Bündnisses: Bündnis 90/Die Grünen, Demokratie in Bewegung, Demokratie in Europa, Die Linke, Piratenpartei und SPD

Quelle: PressemitteilungDer Paritätische Gesamtverband vom 14.03.2019

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 04. April 2019

Veranstalter: BUNDESFORUM MÄNNER – Interessenverband für Jungen, Männer und Väter e.V.

Ort: Kassel

Ist Sorgen ein neuer Megatrend im Wandel männlicher Selbstbilder und gelebter Männlichkeiten? „Caring Masculinities“ als Schlagwort von individuellen und gesellschaftlichen Sorgepolitiken beschreibt die Veränderungen, die sich in den Feldern professionelle Pflege, Angehörigenpflege und männliche Sorge und Selbstsorge beobachten lassen. Was bedeutet diese neue Verantwortung von Männern in Sorge und Selbstsorge für die berufliche Praxis der Pflege, für die Ausgestaltung von Partnerschaften und neuen sozialen Nachbarschaften, für die Entwicklung männlicher Identitäten im Lebensverlauf.

Die Impulse und Workshops des Fachforums wollen die neuen Entwicklungen fachlich wie interdisziplinär beleuchten und diskutieren. Das Bundesforum Männer möchte Akteur_innen und Expert_innen miteinander vernetzen und zu neuen Sichtweisen und politischen Handlungsempfehlungen und Maßnahmen im Feld des Sorgens und der Geschlechterverhältnisse beitragen.

Das Programm und die Anmeldung finden Sie hier.

Multiplikatorenveranstaltung

Termin: 23. Mai 2019

Ort: Erfurt

11. Unternehmenstag

Termin: 27. September 2019

Ort: Berlin

Veranstalter: Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“

In den letzten beiden Jahren hat man sich im Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ intensiv damit auseinandergesetzt, wie eine familienfreundliche Unternehmenskultur dazu beiträgt, die Wünsche von Beschäftigten und Unternehmen zusammenzubringen. Einen zentralen Garanten für eine vereinbarkeitsbewusste Unternehmenspolitik soll dieses Jahr in zwei Großveranstaltungen in den Fokus rücken: den Perspektivwechsel – denn nur wenn Geschäftsführungen, Personalverantwortliche und Beschäftigte sich jeweils in ihr Gegenüber hineinversetzen können und gemeinsam tragfähige (Team-)Lösungen entwickeln, wird Vereinbarkeit zur Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Im Mittelpunkt der beiden Veranstaltungen steht die Frage, welche konkreten Schritte Unternehmen tun können, um einen Perspektivwechsel für mehr Vereinbarkeit voranzubringen. Freuen Sie sich auf ein abwechslungsreiches Programm mit Gästen aus Politik und Wirtschaft. Bitte merken Sie sich die Termine der beiden Veranstaltungen vor! Details folgen in Kürze.

AUS DEM ZFF

wir möchten Sie auf unsere Veranstaltung aufmerksam machen:

Fachtagung „Familie braucht ein Zuhause. Bezahlbaren und ausreichenden Wohnraum für Familien schaffen!“

Termin: 06.06.2019

Ort: Friedrich-Ebert-Stiftung, Hiroshimastraße 17 (Haus1), 10785 Berlin

Eine Kooperation zwischen dem Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) und der Friedrich-Ebert-Stiftung e.V. (FES)

Wer Fürsorge leistet, der braucht dafür ein Zuhause: Ausreichenden und guten Wohnraum, im Fall von Pflege barrierefreie Zugänge, Rückzugsmöglichkeiten für alle Familienmitglieder und ein Wohnumfeld, welches genügend Freiräume zum Spielen, Bewegen sowie für Bildung und Freizeit bereithält. Nicht nur in Großstädten und Metropolen wird es für viele Familien aber immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu finden bzw. überhaupt Zugang zum Wohnungsmarkt zu erhalten.

Doch wie lässt sich bezahlbarer und ausreichender Wohnraum für Familien schaffen, wie lässt sich Wohnungslosigkeit für Familien vermeiden? Welche wirksamen politischen Maßnahmen gibt es hierfür und wie wirken diese?

Gemeinsam mit Ihnen wollen wir ins Gespräch kommen, diese und weitere Fragen beleuchten und Lösungen formulieren. Nach einem einführenden Vortrag von Prof. Dr. Marcel Helbig (Universität Erfurt) werden wir uns am Nachmittag verstärkt Herausforderungen und Instrumenten in der Wohnungspolitik widmen, um in einer politischen Abschlussrunde Handlungsempfehlungen an die (Bundes-) Politik herauszuarbeiten.

Wir bitten Sie, sich den Termin vorzumerken und freuen uns, wenn Sie diese Vorankündigung an Interessierte weiterleiten. Die weiteren Details und Informationen, insbesondere zum Programm und zur Anmeldung, werden Ihnen rechtzeitig vor der Veranstaltung zugehen.

AKTUELLES

Darum Europa

Wie die EU sich finden kann

Peter Kuleßa und Marius Mühlhausen von der Zeitschrift TUP des AWO Bundesverbandes haben mit Karl-Markus Gauß, Dieter Grimm, Claus Offe, Gwendolyn Sasse, Jan-Werner Müller und anderen über Europa und wie sich die Europäische Union finden kann gesprochen. Jetzt erschienen im Beltz-Juventa Verlag: https://www.beltz.de/fachmedien/sozialpaedagogik_soziale_arbeit/buecher/produkt_produktdetails/40373-darum_europa.html