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ZFF-Info

ZFF-Info 07/2021

SCHWERPUNKT I: Kinder- und Jugendstärkungsgesetz

Im Zuge der Verabschiedung des neuen Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes im Bundestag fordert das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) im Hinblick auf die Reform der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) erneut, die Familienbildung zu stärken und als wirksames Instrument der niedrigschwelligen Begleitung von Familien abzusichern.

Der Deutsche Bundestag verabschiedet morgen das neue Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (KJSG), wenig später folgt der Bundesrat. Im Zuge der langjährigen Debatten um diese Reform ist es gelungen, den inhaltlichen Leistungskatalog der Familienbildung, -beratung und -erholung nach § 16 SGB VIII im Gesetzentwurf auszudifferenzieren und bspw. ihre Bedeutung für das Erlernen eines demokratischen Miteinanders zu betonen. Das ZFF kritisiert jedoch die nach wie vor mangelnde Rechtsverbindlichkeit dieser Leistungen. Diese sorgt vor Ort für Unklarheiten bei der Finanzierung und damit oftmals für Diskontinuitäten in den Angeboten sowie prekäre Beschäftigungsverhältnisse der Fachkräfte.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Insbesondere das vergangene Jahr hat gezeigt, dass Familienbildung ein unverzichtbarer Teil der sozialen und niedrigschwelligen Infrastruktur ist, die Familien Beratung, Begleitung und Unterstützung bietet. Mancherorts waren die Angebote der Familienbildung die einzigen, die nach den Schließungen von Kitas und Schulen für Familien erreichbar waren und ihnen bei der Bewältigung der zweifellos enormen Herausforderungen in der Corona-Krise beistehen konnten.“

Altenkamp fährt fort: „Die Fachwelt ist sich einig, nun muss dringend das Gesetz folgen: Die Familienbildung wie auch die Familienberatung und -erholung nach § 16 SGB VIII muss gesetzlich eindeutig abgesichert und gestärkt werden. Dies nicht nur inhaltlich, sondern auch mit klaren Rechtsansprüchen für die Familien. Andernfalls drohen massive Kürzungen, wenn die kommunalen Haushalte nach der Krise umfassende Sparrunden erfahren. Die Corona-Krise ist für Familien und ihre Kinder, Jugendliche und Eltern noch lange nicht vorbei. Als Gesellschaft sind wir in der Pflicht, alles dafür zu tun, um Familien langfristig zu stärken!“

Bereits im Februar 2021 hat das ZFF gemeinsam mit 22 weiteren Organisationen den Appell „Stärkung der Familienbildung jetzt! Offener Brief anlässlich der Reform des SGB VIII“ veröffentlicht. Diesen finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 21.04.2021

Kinder schützen, Familien stärken

Kinder und Jugendliche aus einem belastenden Lebensumfeld besser zu schützen und ihnen mehr Chancen auf Teilhabe zu geben: Das ist Ziel der Modernisierung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes, das der Bundestag beschlossen hat. Welche jungen Leute hat das Gesetz im Blick? Wie wird ihre Situation verbessert? Ein Überblick in Fragen und Antworten.

Das Kabinett hat den Entwurf des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes beschlossen.

„Mehr Schutz und Chancen auf Teilhabe für Kinder und Jugendliche“

  • Besserer Austausch zwischen Jugendamt, Ärzten und Lehrkräften  
  • Verbindlichere Beratung von Kindern, Jugendlichen und Eltern    
  • Höhere Anforderungen für Betrieb von Kinderheimen 
  • Kostenbeteiligung junger Menschen bei vollstationären Leistungen wird deutlich reduziert
  • Hilfen aus einer Hand für Kinder mit und ohne Behinderung
  • Ombudsstellen werden gesetzlich verankert

Was konkret regelt das modernisierte Kinder- und Jugendstärkungsgesetz?

Mit dem Gesetz werden die rechtlichen Grundlagen der Kinder- und Jugendhilfe weiterentwickelt. Ziel ist ein wirksames Hilfesystem, das Kinder vor Gefährdungen schützt und Familien stärkt. Dabei geht es auch darum, gesellschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit für alle jungen Menschen zu sichern beziehungsweise herzustellen. Deshalb werden vor allem diejenigen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene gefördert, die besonderen Unterstützungsbedarf haben.

Die Reform des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes regelt konkret:

  • einen besseren Kinder- und Jugendschutz
  • die Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder in Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen
  • Hilfen aus einer Hand für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen
  • mehr Prävention vor Ort
  • mehr Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien

Warum ist die Reform des Gesetzes notwendig?

Die Kinder- und Jugendhilfe hat den Auftrag, alle jungen Menschen zu stärken. Dieses umfassende Verständnis liegt dem Achten Buch Sozialgesetzbuch – Kinder und Jugendhilfe (SGB VIII) zugrunde. Damit diese Gesetzgebung auch in Zukunft den tatsächlichen Bedürfnissen von jungen Menschen gerecht werden kann, muss sie angepasst und weiterentwickelt werden.

Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe ist es, Eltern bei der Wahrnehmung ihrer Erziehungsverantwortung zu unterstützen. Darüber hinaus gilt es, Gefährdungen des Kindeswohl abzuwehren. Zentrales Leitbild der Kinder- und Jugendhilfe ist, junge Menschen und ihre Eltern nicht als Objekte fürsorgender Maßnahmen zu betrachten, sondern sie vielmehr als Expertinnen und Experten in eigener Sache auf Augenhöhe aktiv und mitgestaltend in die Hilfe- und Schutzprozesse einzubeziehen. Die Weiterentwicklung der gesetzlichen Grundlage der Kinder- und Jugendhilfe ist ein wichtiges Vorhaben des Koalitionsvertrages.

Wie verbessert das Gesetz den Kinder- und Jugendschutz?

Eine besondere Bedeutung kommt Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe zu. Die Anforderungen an die Erteilung einer Betriebserlaubnis für Kinderheime und andere Einrichtungen werden erhöht. Aufsicht und Kontrolle werden verstärkt. Konkret können Heime künftig jederzeit und ohne Anlass kontrolliert werden. 

Sehr wichtig ist auch die Kooperation zwischen der Kinder- und Jugendhilfe mit wichtigen Akteuren im Kinderschutz. Ziel ist, diese Zusammenarbeit auszubauen und zu verbessern. So wird das Gesundheitswesen stärker in die Verantwortung für einen wirksamen Kinderschutz einbezogen. Das modernisierte Gesetz regelt die Mitverantwortung der gesetzlichen Krankenversicherung und verbessert die Kooperation zwischen Ärztinnen und Ärzten sowie Angehörigen anderer Heilberufe und dem Jugendamt. So erhalten Kinderärzte, die sich bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung an das Jugendamt wenden, vom Amt in Zukunft auch eine Rückmeldung über die anschließende Gefährdungseinschätzung.    

Auch das Zusammenwirken von Jugendamt und Jugendgericht, Familiengericht und Strafverfolgungsbehörden sowie anderen bedeutenden Akteuren im Kinderschutz, etwa Lehrerinnen und Lehrern, wird verbessert.  

Wie werden Kinder und Jugendliche gestärkt, die in Pflegefamilien oder in Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen?

Ein wichtiger Punkt ist, dass die Kostenbeteiligung von jungen Menschen bei vollstationären Leistungen auf höchstens 25 Prozent ihres Einkommens reduziert wird. Sie können also drei Viertel eines Nebenverdienstes für sich behalten. Ein Freibetrag von 150 Euro wird von der Kostenbeteiligung ganz ausgenommen. Ebenso Einkommen aus kurzfristigen Ferienjobs und ehrenamtlicher Tätigkeit. 

Zudem erhalten Eltern bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie einen Rechtsanspruch auf Beratung, Unterstützung und Förderung ihrer Beziehung zum Kind. Zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Familienpflege müssen dort künftig Schutzkonzepte angewendet werden.

Darüber hinaus werden gewachsene Bindungen und Beziehungen von Pflegekindern gestärkt, indem die Möglichkeiten des Familiengerichts erweitert werden. Künftig kann der Verbleib eines Kindes in seiner Pflegefamilie als dauerhafte Maßnahme angeordnet werden, wenn dies zum Schutz und Wohl des Kindes erforderlich ist.   

Wie steht es um die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen?  

Für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und ihre Eltern wird es deutlich leichter, ihre Rechte zu verwirklichen. Dazu sollen die Leistungen der Eingliederungshilfe an Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in einem Stufenverfahren in das Recht der Kinder- und Jugendhilfe überführt und integriert werden. Ziel sind Hilfen aus einer Hand.

Die Inklusion wird als Leitgedanke der Kinder- und Jugendhilfe verankert. In Kitas ist grundsätzlich eine gemeinsame Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderungen vorgesehen. Beteiligte Leistungsträger müssen enger und verbindlicher zusammenarbeiten. Eltern von Kindern mit Behinderungen werden ab 2024 durch einen Verfahrenslotsen unterstützt, der ihnen stets als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Ziel ist eine verbindlichere Beratung.                 

Wie werden die Beteiligungsrechte von Betroffenen gestärkt?

Eine wichtige Neuerung: Kinder und Jugendliche erhalten einen uneingeschränkten Anspruch auf Beratung durch die Kinder- und Jugendhilfe. Darüber hinaus werden Ombudsstellen gesetzlich verankert, um die Beteiligung junger Menschen und ihrer Eltern zu stärken. Insbesondere werden die Rechte von Pflegekindern gestärkt. Das Jugendamt wird verpflichtet, Möglichkeiten der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten für Pflegekinder zu gewährleisten. Eltern sind an der sogenannten Hilfeplanung für ihre Kinder zu beteiligen, wenn dadurch der Hilfeprozess nicht in Frage gestellt wird. Hier sind vor allem der Willen und die Bedürfnisse des jeweiligen jungen Menschen sowie des Sorgeberechtigten zu berücksichtigen.    

Darüber hinaus wird das Jugendamt zur umfassenden Aufklärung des Kindes oder Jugendlichen und seiner Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bei einer Inobhutnahme verpflichtet.

Quelle: Pressemitteilung der Bundesregierung vom 22.04.2021

Familien in Notsituationen

Die Kinder- und Jugendhilfe wird verbessert: inklusiv, partnerschaftlich und auf Augenhöhe mit Eltern, Kindern und Jugendlichen. Die Hilfen sollen künftig aus einer Hand kommen.

Alle Kinder und Jugendlichen haben ein Recht darauf, gut aufzuwachsen. Doch nicht alle haben die gleichen Startvoraussetzungen. So leben in Deutschland 360.000 Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Es gibt drei bis vier Millionen Kinder, deren Vater oder Mutter unter einer psychischen Krankheit leidet.

Immer wieder gibt es in Familien Notsituationen, in denen sie Hilfe von Beratungsstellen oder vom Jugendamt brauchen. Mit dem neuen Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (KJSG) will die Koalition die Kinder- und Jugendhilfe weiterentwickelnDas Gesetz, das in dieser Woche vom Bundestag verabschiedet wurde, ist das Ergebnis eines einjährigen Dialogprozesses von Bund, Ländern, Kommunen und Fachleuten aus Wissenschaft und Praxis der Kinder- und Jugendhilfe und umfasst fünf Schwerpunkte:

Erstens einen besseren Kinder- und Jugendschutz. So soll es künftig bei Kindeswohlgefährdungen eine verstärkte Kommunikation zwischen dem Jugendamt und Fachkräften wie Ärztinnen und Ärzten oder Lehrerinnen und Lehrern geben.  Es wird Schutzkonzepte für Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien geben, Heime und Auslandsmaßnahmen werden künftig stärker kontrolliert. Außerdem wird die Zusammenarbeit von Justiz, Strafverfolgungsbehörden und Jugendämtern verstärkt.

Bessere finanzielle Situation

Zweitens verbessert das neue Gesetz die finanzielle Situation von Kindern und Jugendlichen. Wer in einer Pflegefamilie oder in Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwächst, muss sich künftig mit maximal 25 Prozent des Einkommens, statt wie bisher 75 Prozent, an den Kosten beteiligen. So bleibt mehr von dem Geld, das man sich zum Beispiel im Ferienjob verdient hat. Eltern bekommen einen Rechtsanspruch auf Unterstützung und Förderung der Beziehung zum Kind. Das Familiengericht kann unter bestimmten Voraussetzungen anordnen, dass ein Kind oder Jugendlicher dauerhaft bei seinen Pflegeeltern bleibt. Junge Volljährige erhalten einen besseren Anspruch auf Fortsetzung der Hilfen. Sie können auch künftig in die Pflegefamilie oder die Wohngruppe zurückkehren, wenn der Schritt in die Selbstständigkeit noch nicht gelingt.

Drittens sorgt das neue KJSG dafür, dass Hilfen künftig aus einer Hand kommen sollen. Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und ihre Eltern werden auch künftig auch zu Leistungen der Eingliederungshilfe von der Kinder- und Jugendhilfe beraten. Verpflichtend ab 2024, freiwillig auch schon früher stehen ihnen Verfahrenslotsen des Jugendamtes zur Seite. Ziel ist es, dass ab 2028 die Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder, mit oder ohne Behinderungen, zuständig ist.

Der vierte Kernpunkt des Gesetzes ist der Ausbau von Unterstützungsstrukturen: Künftig sollen Familien, Kinder und Jugendliche schnell und unbürokratisch Hilfe in Notsituationen bekommen. Eine örtliche Erziehungsberatungsstelle hilft bei der Bewältigung des Alltags in schwierigen Situationen, etwa bei psychischen Erkrankungen. So können etwa Patinnen und Paten einspringen, um regelmäßig Essen zu kochen oder Kinder zur Schule zu bringen. Die Aufgaben zur Förderung der Erziehung in der Familie werden klarer gefasst, Schulsozialarbeit im Gesetz verankert.

Mehr Beteiligung

Fünftens sieht das Gesetz vor, Familien und junge Menschen stärker zu beteiligen. So sollen unabhängige Ombudsstellen in Konflikten mit dem Jugendamt oder mit Leistungserbringern beraten und vermitteln. Die Beschwerdemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in Einrichtungen und in Pflegefamilien werden verbessert. Zudem bekommen Kinder und Jugendliche einen Beratungsanspruch. Selbstvertretungsorganisationen von Kindern und Jugendlichen, von Eltern und Pflegeeltern werden gestärkt.

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt den besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen, die stärkere Beteiligung und die Hilfen aus einer Hand: „Das neue Gesetz macht die Kinder- und Jugendhilfe besser: inklusiv, partnerschaftlich und auf Augenhöhe mit Eltern, Kindern und Jugendlichen“, erklärt Sönke Rix, der kinder- und jungendpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 22.04.2021

Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz, das der Bundestag heute beschlossen hat, bekommt das über 30 Jahre alte Gesetz ein wichtiges Update. Die SPD-Fraktion im Bundestag hat sich erfolgreich für Hilfen aus einer Hand, mehr Beteiligung der Betroffenen, Verbesserungen im Kinderschutz sowie für Pflegekinder und junge Volljährige eingesetzt.

Ulrike Bahr, zuständige Berichterstatterin:

„Mit dem Gesetz stärken wir vor allem Kinder und Jugendliche aus einem belasteten Lebensumfeld. Sie sollen bessere Chancen auf Teilhabe haben. Dazu erhalten sie einen uneingeschränkten Anspruch auf Beratung, Ombudsstellen werden gesetzlich verankert, Selbstvertretungsorganisationen können künftig in der Jugendhilfeplanung mitreden.

Die SPD-Fraktion im Bundestag stellt die Weichen dafür, dass die Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen zuständig wird. Das ist überfällig, denn alle hilfesuchenden Familien sollen möglichst passgenaue Hilfen aus einer Hand erhalten. Regelangebote wie Kitas, Kindertagespflege oder auch die offene Kinder- und Jugendarbeit sollen sich ab sofort inklusiv ausrichten.

Für Jugendliche, die in Pflegefamilien oder Einrichtungen der Erziehungshilfe leben, haben wir erreicht, dass sie sich höchstens zu 25 Prozent an den Kosten der Unterbringung beteiligen müssen. Keine Kostenheranziehung wäre uns allerdings noch lieber gewesen.“

Sönke Rix, kinder- und jugendpolitischer Sprecher:

„Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz gelingt die lange vorbereitete Weiterentwicklung einer wichtigen Säule im System der sozialen Sicherung.

Kinder sollen umfassend geschützt werden. Deshalb intensivieren wir die Zusammenarbeit der Kinder- und Jugendhilfe mit dem Gesundheitswesen und anderen wichtigen Akteuren.

Wir balancieren die Rechte von Pflegeeltern und leiblichen Eltern neu aus. Ein Kind kann unter bestimmten Umständen auch dauerhaft in einer Pflegefamilie verbleiben. Es hat sich am Ende ausgezahlt, dem Gesetzgebungsverfahren einen umfassenden Beteiligungsprozess vorzuschalten. Wir sind zuversichtlich, dass auch der Bundesrat dem guten Reformwerk zustimmen wird.“

 

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 22.04.2021

Bundestag beschießt das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz

Der Bundestag hat am heutigen Donnerstag das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz beraten und beschlossen. Dazu erklärt der kinder- und jugendpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg:

„Das Gesetz ist die wichtigste Reform im Kinder- und Jugendbereich in dieser Wahlperiode. Profitieren werden von einer zielgenauen und bedarfsorientierten Kinder- und Jugendhilfe insbesondere die jungen Menschen und Eltern, die benachteiligt und auf die Unterstützung angewiesen sind. Kinder sollen wirksamer vor Gewalt und Missbrauch geschützt werden.

Der Kinder- und Jugendschutz wird wesentlich verbessert: Die Aufsicht über Einrichtungen wird stärker am Schutzbedürfnis von Kindern und Jugendlichen ausgerichtet, die Kontrollmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden erweitert und die Kooperation im Kinderschutz ausgebaut. Für uns ist entscheidend in Fällen von Kindeswohlgefährdungen die Zusammenarbeit von Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheitshilfe und Justiz. Vor allem Ärztinnen und Ärzte werden stärker in die Verantwortungsgemeinschaft für einen wirksamen Kinderschutz einbezogen.

Das Gesetz stärkt die Prävention vor allem durch unbürokratische Hilfeangebote für Familien in Notsituationen. Kinder- und Jugendliche werden in allen Prozessen intensiver beteiligt und für sie gibt es mehr Beratungsmöglichkeiten durch unabhängige Ombudsstellen in den Ländern.

Im parlamentarischen Verfahren haben wir als CDU/CSU noch weitere Verbesserungen erreichen können:

Ärztinnen und Ärzte sollen bei einer dringenden Gefahr für das Kindeswohl im Regelfall das Jugendamt informieren. Zudem wird für die Länder eine Möglichkeit geschaffen, unter Berücksichtigung des Datenschutzes Landesregelungen für einen interkollegialen Ärzteaustausch zu schaffen.

Im Rahmen der Förderung der Erziehung in der Familie wird durch die explizite Möglichkeit der gemeinsamen Betreuung beider Elternteile, das heißt durch eine gemeinsame Unterbringung, ein weiterer Meilenstein erreicht. Für das Kindeswohl gegebenenfalls schädliche langfristige Trennungen können somit vermieden werden.

Überfällig war auch, dass die Kostenbeteiligung junger Menschen bei vollstationären Leistungen künftig auf höchstens 25 Prozent ihres Einkommens reduziert wird. Es werden nunmehr noch weitere Freibeträge eingeführt und Einkommen aus Ferienjobs oder dem Ehrenamt nicht mehr angerechnet.

Die Zuständigkeiten der Leistungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen sollen künftig unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe zusammengeführt werden. Dafür haben wir die entscheidenden Weichen gestellt. Damit heißt es in absehbarer Zeit: Endlich Hilfen aus einer Hand.

Mit einem Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen fordern wir den Ausbau der Frühen Hilfen. Zudem müssen junge Menschen, die wohnungslos oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind (sog. Straßenkinder) durch Wohnangebote unterstützt werden. Hierbei sind regionale Modellprojekte zu bewerten und bei positiven Ergebnissen zu verstärken.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 22.04.2021

  • Die Reform der Jugendhilfe ist ein wichtiger und überfälliger Schritt.
  • Zentral ist vor allem der im Gesetzentwurf enthaltene Aufbruch in eine inklusive Jugendhilfe. Nach Jahren fachlicher Debatte wird die wegweisende Entscheidung getroffen, künftig alle Kinder, ob mit oder ohne Behinderung, unter dem Dach der Jugendhilfe zu vereinen.
  • Wir Grüne im Bundestag begrüßen das Gesetzesvorhaben, gleichzeitig zeigen wir in unserem Entschließungsantrag Korrekturbedarf und Verbesserungspotential.

Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz ist ein wichtiges, überfälliges und somit begrüßenswertes Gesetzesverfahren. Nach Jahren fachlicher Debatte wird damit die wegweisende Entscheidung getroffen, künftig alle Kinder mit einer Behinderung unter dem Dach der Jugendhilfe zu vereinen. Es soll künftig nicht auf die Art der Behinderung ankommen, welchem Leistungssystem diese Kinder primär zugeordnet werden.

Korrektur- und Verbesserungsbedarf

Wir Grüne im Bundestag begrüßen das Gesetzesvorhaben im Grundsatz. Gleichzeitig sehen wir vor allem beim Kinderschutz, bei der Inklusion in der Jugendhilfe und der notwendigen Finanzierung Korrektur- und Verbesserungsbedarf. Diesen haben wir mit unserem Entschließungsantrag zum Abschluss des parlamentarischen Verfahrens eingebracht.

Beim Kinderschutz sind weitergehende Maßnahmen zur Zusammenarbeit relevanter Berufsfelder erforderlich. Das bezieht sich zum Beispiel auf gesetzliche Kooperationsverpflichtungen oder eine breitere Finanzierung der Netzwerkarbeit von Ärztinnen und Ärzten, denn solche kooperativen Netzwerke sind ein entscheidender Baustein für effektiven Kinderschutz.

Junge Heranwachsende – sogenannte Care-Leaver – sollen von einer Rückkehroption in Hilfemaßnahmen, von einer höheren Verbindlichkeit der Leistungen, von einer frühzeitigen Übergangsplanung sowie einer geringeren Kostenheranziehung beim eigenen Einkommen profitieren.

Es war überfällig, dass junge Menschen in dieser Situation stärker ins Blickfeld des Gesetzgebers rücken und Verbesserungen erfahren. Umso unverständlicher ist es, dass die Kostenheranziehung nicht vollständig abgeschafft werden soll, um auch in materieller Hinsicht eine hohe Selbstwirksamkeit stärker erfahrbar zu machen.

Weitreichende sozialrechtliche Umgestaltungen

Das Reformvorhaben erfordert weitreichende sozialrechtliche Umgestaltungen, vor allem des Jugendhilferechts und der darin verankerten Eingliederungshilfe. Damit werden die Akteur*innen in der Praxis vor große Herausforderungen gestellt. Insofern ist der im Gesetz vorgegebene Stufenplan sachgerecht, auch wenn die Fristsetzung für die Einführung von Verfahrenslotsen im Jahr 2024 sowie die Vorsehung des zentralen Leistungsgesetzes für die zentralen Leistungsregelungen bis 2028 gerade für die betroffenen Kinder, Jugendlichen und Familien eine regelrechte Geduldsprobe bedeutet.

Umso wichtiger ist es, dass frühzeitig und energisch die notwendigen Aufgaben angegangen werden. Die Erfahrungen mit der 2016 im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes verabschiedeten Reform der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen lassen stark daran zweifeln, dass die Überführung der Kinder und Jugendlichen mit körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen in die Kinder-und Jugendhilfe zum 1. Januar 2028 gelingen kann, wenn das dafür notwendige weitere Gesetz erst im Jahr 2026 verkündet wird. Die Konkretisierung der „Inklusiven Lösung“ muss daher deutlich früher erfolgen, als bisher geplant.

Um die weiteren Etappen möglichst erfolgreich zu gestalten, sollte das Gesetz zudem eine Experimentierklausel bereithalten, die besonders ambitionierten Kommunen ein schnelleres Voranschreiten ermöglicht. Basierend auf einem Bundesmodellprogramm ließen sich dann frühzeitig Konzepte und Realisierungswege erproben, welche die spätere Etablierung der inklusiven Jugendhilfe in der Fläche erheblich erleichtern dürften.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 21.04.2021

Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz ist ein wichtiges, überfälliges und somit begrüßenswertes Gesetzesverfahren. Vor allem beim Kinderschutz und bei der Inklusion in der Jugendhilfe sind aber noch Korrekturen erforderlich. Beim Kinderschutz sind weitergehende Maßnahmen zur Zusammenarbeit relevanter Berufsfelder erforderlich, z.B. gesetzliche Kooperationsverpflichtungen oder eine breitere Finanzierung der Netzwerkarbeit von Ärztinnen und Ärzten. Denn kooperative Netzwerke sind ein entscheidender Baustein für effektiven Kinderschutz. Endlich wird der Einstieg in eine inklusive Jugendhilfe beschlossen. Künftig sollen alle Kinder und Jugendlichen, auch unabhängig von der Art möglicher Behinderungen, unter dem Dach der Jugendhilfe vereint werden. Leider wird das dazu entscheidende Leistungsgesetz in die Zukunft geschoben, jetzt aber schon eine Leistungsdeckelung festgeschrieben. Diese Vorfestlegung ist fachlich nicht vertretbar und sollte im Entwurf gestrichen werden. Die gesetzliche Befristung der neu zu schaffenden Verfahrenslotsen ist kontraproduktiv und sollte aufgehoben werden. Notwendig wäre zudem ein frühzeitiges Modellprogramm, um den Weg für ein wirklich inklusives Regelsystem zu beschleunigen. Die Kostenheranziehung von Pflege- und Heimkindern gehört nicht reduziert, sondern gänzlich abgeschafft.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 21.04.2021

Nach dem Willen der FDP-Fraktion sollen im Rahmen des Kinder- und Jugendstärkungsgesetz bereits jetzt die ab 2024 geplanten Verfahrenslotsen in 50 Modellregionen eingeführt werden. In diesen Regionen soll jeweils mindestens ein Modellprojekt für inklusive Wohnformen unter Einbeziehung der Verfahrenslotsen finanziert werden, in denen die Zusammenarbeit zwischen freien und öffentlichen Trägern der Jugendhilfe in der Praxis entwickelt und erprobt wird, heißt es in dem entsprechenden Antrag (19/28769). Die Liberalen verweisen darauf, dass die Rolle der Verfahrenslotsen bei der Zusammenführung aller Leistungen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) bislang nicht klar definiert sei. Daher wäre eine Erprobung ihrer Rolle und Zuständigkeiten ein wichtiger und sinnvoller Schritt, um 2024 bereits Erfahrungen aus der Praxis zu haben.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 537 vom 22.04.2021

Der Familienausschuss hat das geplante Kinder- und Jugendstärkungsgesetz gebilligt. Das Gremium verabschiedete den Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/26107) am Mittwoch in einer geänderten Fassung mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Gegen die Gesetzesvorlage stimmten die AfD- und die Linksfraktion, die FDP-Fraktion enthielt sich der Stimme. Zuvor hatte der Ausschuss einen umfangreichen Änderungsantrag von Union und SPD mit den Stimmen der Koalition und der Grünen gegen das Votum der AfD bei Stimmenthaltung von Linken und FDP angenommen. Der Bundestag wird am Donnerstag abschließend über den geänderten Gesetzentwurf beraten und abstimmen.

Das Gesetz sieht umfassende Änderungen am Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) vor, um Kinder und Jugendliche in Heimen und Pflegefamilien oder in schwierigen Lebensverhältnissen besser zu schützen und zu unterstützen. So sollen Heime und ähnliche Einrichtungen einer strengeren Aufsicht und Kontrolle unterstellt werden. Kinder in Pflegefamilien sollen auf Anordnung des Familiengerichts dauerhaft in diesen verbleiben, wenn dies zum Schutz und Wohl des Kindes erforderlich ist. Die Kostenbeteiligung von jungen Menschen in Pflegefamilien und Einrichtungen der Erziehungshilfe soll von 75 Prozent auf 25 Prozent ihres Einkommens aus Schülerjobs, Praktika oder einer Ausbildung gesenkt werden. Mit dem Änderungsantrag der Koalition wird zudem ein Freibetrag von 150 Euro des Einkommens von der Kostenbeteiligung ausgenommen. Einkommen aus kurzfristigen Ferienjobs und ehrenamtlicher Tätigkeit sollen gänzlich freigestellt werden. AfD, FDP, Linke und Grüne hingegen plädierten dafür, die Kostenbeteiligung ganz abzuschaffen.

Zudem soll die Kooperation zwischen der Kinder- und Jugendhilfe, dem Gesundheitswesen, den Strafverfolgungsbehörden und den Familien- und Jugendgerichten verbessert werden. So sollen beispielsweise Ärzte, die sich bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung an das Jugendamt wenden, in Zukunft auch eine Rückmeldung über die anschließende Gefährdungseinschätzung erhalten. Darüber hinaus soll die Prävention vor Ort und die Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien verbessert werden. In Notsituationen sollen sie sich an eine Erziehungsberatungsstelle in ihrer Umgebung wenden können und dort unbürokratisch Hilfe erhalten. In den Ländern soll eine bedarfsgerechte Struktur von unabhängigen Ombudsstellen eingerichtet werden und die Beschwerdemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in Heimen und Pflegefamilien soll erweitert werden. Die FDP bemängelte, dass die Unabhängigkeit der Ombudsstellen nicht gewährleistet sei, wenn diese bei den Jugendämtern angesiedelt werden. Dies müsse ausgeschlossen werden.

Mit der Gesetzesnovelle sollen die staatlichen Leistungen und Hilfen für Kinder- und Jugendliche mit Behinderungen in den kommenden Jahren im SGB VIII gebündelt werden. Prinzipiell soll die Inklusion als Leitgedanke in der Kinder- und Jugendhilfe und die grundsätzlich gemeinsame Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderung verankert werden. Ab 2024 soll die Funktion eines Verfahrenslotsen beim Jugendamt eingerichtet werden, der als Ansprechpartner für Eltern und andere Erziehungsberechtigte fungiert. Die AfD-Fraktion kritisierte den Inklusionsgrundsatz als zu undifferenziert. Dies sei bereits in der Schulpolitik nicht geglückt, unterschiedliche Behinderungen müssten unterschiedlich berücksichtigt werden.

 

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 528 vom 21.04.2021

Heute verabschiedet der Bundestag das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz, im Mai entscheidet der Bundesrat darüber. Die Arbeiterwohlfahrt fordert die Länder auf, dem Gesetz zuzustimmen. Sie begrüßt die wichtige Novellierung des Kinder- und Jugendhilferechts, die die Grundlage für eine inklusive Ausgestaltung der Kinder- und Jugendhilfe legt. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz ist ein ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die von ihm profitierenden Familien mussten schon in der vorigen Legislaturperiode verkraften, dass es von den Ländern abgelehnt wurde. Es ist mehr als an der Zeit, es endlich zu verabschieden. Wir hoffen deshalb sehr, dass das Gesetz auch im Bundesrat Zustimmung finden wird.“

Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz legt fest, dass die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Zukunft allen Kindern und Jugendlichen zugänglich gemacht werden. Bis 2028 sollen demnach auch die Unterstützungsangebote zur Teilhabe für Kinder mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung in die Zuständigkeit der jeweiligen Jugendämter verlagert werden. Ab 2024 sollen die Eltern von Kindern mit Behinderung im Verfahren durch sogenannte Verfahrenslotsen im Jugendamt Unterstützung bekommen.

„Wenn man bedenkt, dass die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland schon seit über zehn Jahren gilt, hat es natürlich einen bitteren Beigeschmack, dass die betroffenen Familien schon viel zu lange auf verbesserten Zugang zu Unterstützungen und Hilfen warten“, so Schubert, „Aber: Das KJSG setzt dieses Vorhaben nun auf die Schiene. Es darf nicht wieder ausgebremst werden.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 22.04.2021

Heute befasst sich der Bundestag in zweiter und dritter Lesung mit dem „Kinder- und Jugendstärkungsgesetz“. Es stellt nach einer langjährigen Diskussion erstmals Weichen, um die Zuständigkeiten für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe zu bündeln. Der Kinderschutz wird weiterentwickelt und Ombudsstellen werden verbindlich gesetzlich verankert.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz geht der Gesetzgeber einen wichtigen Schritt auf dem Weg der Verbesserung des Kinderschutzes und der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen.“

Für die Zukunft einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe werden leider nur zögerlich die Weichen gestellt. Eine Umsetzung erfolgt erst in sieben Jahren.

Dabei ist ein mutiger Schritt längst überfällig, um die Teilhabe und Chancen junger Menschen mit und ohne Behinderung und ihrer Familien gleichermaßen zu fördern.

Die Rechte von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien aufwachsen, werden gestärkt. Maria Loheide: „Es ist gut, dass Eltern einen Anspruch auf Unterstützung der Beziehung zu ihrem Kind erhalten, auch dann, wenn ein Kind langfristig in einer Pflegefamilie lebt. Allerdings widerspricht die vorgesehene obligatorische Adoptionsprüfung der Tatsache, dass manche Kinder Eltern und Pflegeeltern haben und brauchen. Dass Adoption die bessere Alternative ist, ist ein alter Zopf, der abgeschnitten gehört. Für Kinder sind und bleiben die leiblichen Eltern wichtig.“

Besonders erfreulich ist die verbindliche gesetzliche Regelung zur flächendeckenden Einführung von Ombudsstellen: „Das ist wirklich ein Meilenstein. Schon deshalb sollte der Bundesrat dem Gesetz zustimmen“, so Loheide.

Hintergrund:

Die gesetzlichen Vorschriften über den Kinderschutz sollen durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz deutlich verbessert werden. Der rechtliche Rahmen für Kinder in Pflegefamilien wird weiterentwickelt. Beteiligungsrechte werden ausgebaut und Ombudsstellen flächendeckend eingeführt. Die Rahmenbedingungen für Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung sollen mittelfristig nachhaltig verbessert werden. Die inklusive Lösung – die Zusammenführung der Eingliederungshilfe für junge Menschen bei den Jugendämtern – wird jedoch erst einmal vertagt. Sie soll erst im Jahr 2028 kommen und das auch nur dann, wenn bis dahin ein weiteres Reformgesetz zustande kommt, das die Grundlagen dafür schafft.

Weitere Informationen:

https://www.diakonie.de/stellungnahmen/stellungnahme-zum-referentenentwurf-fuer-ein-kinder-und-jugendstaerkungsgesetz

https://www.bagfw.de/veroeffentlichungen/stellungnahmen/positionen/detail/kommentierung-der-bagfw-zum-gesetzentwurf-der-bundesregierung-entwurf-eines-gesetzes-zur-staerkung-von-kindern-und-jugendli-chen-kinder-und-jugendstaerkungsgesetz-kjsg-stand-17122020

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 22.04.2021

  • Exklusion von Kindern mit Behinderungen muss endlich beendet werden
  • Bentele: „Die Reform hat lange auf sich warten lassen.“

Heute wurde im Bundestag das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz beschlossen. „Es ist höchste Zeit, dass Kinder mit Behinderungen Unterstützung aus der Jugendhilfe erhalten“, freut sich VdK-Präsidentin Verena Bentele. „Die Reform der Kinder- und Jugendhilfe ist überfällig.“

„Die Zeit der Corona-Krise hat uns gezeigt, dass insbesondere Kinder mit Behinderungen bei Gesetzesentwürfen oft vergessen werden“, so Bentele. „Umso mehr freuen wir uns, dass der Bundestag das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz nun weiter voranbringt. Ich fordere den Bundesrat daher auf, dem Gesetz zügig zuzustimmen.“

Die Frist für die Umsetzung der inklusiven Ausrichtung der Kinder- und Jugendhilfe bis 2028 sei allerdings deutlich zu lang, mahnt die VdK-Präsidentin. „Kinder brauchen jetzt Hilfe. Der VdK wird die Umsetzung weiter kritisch begleiten.“

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland vom 22.04.2021

SCHWERPUNKT II: Kinderkrankentage

Anlässlich der für morgen geplanten Verabschiedung des Infektionsschutzgesetzes im Deutschen Bundestag begrüßt das Zukunftsforum Familie (ZFF) die Aufstockung der Kinderkrankentage, fordert aber längerfristige Unterstützungsangebote für Familien

Im Rahmen der aktuellen Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes hat die Bundesregierung eine weitere Ausweitung der Kinderkrankentage zur Unterstützung von Eltern während der Corona-Pandemie beschlossen. Nachdem die Anzahl der Kinderkrankentage bereits Anfang des Jahres erhöht wurde, ist nun angesichts des verschärften Lockdowns eine erneute Aufstockung um zehn Tage vorgesehen. Im Jahr 2021 stehen jedem Elternteil damit jeweils 30 Tage zu, Alleinerziehenden insgesamt 60 Tage. Bei mehreren Kindern erhöht sich die Anzahl weiter. Die Höhe des Krankengeldes beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob Erwerbstätigkeit auch im Homeoffice geleistet werden kann oder die Schulen und Kitas geschlossen oder nur eingeschränkt nutzbar sind. Die Regelung gilt für Kinder bis zum 12. Lebensjahr.

Britta Altenkamp, Vorstandsvorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Das ZFF begrüßt den Vorstoß, die Kinderkrankentage auszuweiten und somit einen individuellen Anspruch je Elternteil als Lohnfortzahlung zu gewähren, wenn Kinder während des Lockdowns zu Hause betreut werden müssen. Die Politik reagiert damit auf anhaltende Belastungen für Eltern, angesichts geschlossener oder nur teilweise offener Kitas und Schulen. Diese kurzfristige Hilfe reicht aber nicht aus, um Familien nachhaltig zu unterstützen. Sie ist zudem gleichstellungspolitisch nicht zielgenau und bei anhaltend hohen Infektionszahlen besteht die Gefahr, dass die Krankentage aufgebraucht sind, wenn sich Kinder im kommenden Herbst Erkältungskrankheiten zuziehen. Es braucht jetzt längerfristige Antworten auf die Bedarfe von Eltern.“

Britta Altenkamp fährt fort: „Frauen sind in dieser Krise weiter fast selbstverständlich für die Sorgearbeit zuständig und übernehmen zusätzliche Betreuungs- und Erziehungsarbeit in deutlich größerem Umfang als Männer. Angesichts dieser besorgniserregenden Entwicklung fordern wir die Politik dazu auf, die Auswirkungen auf die Geschlechter bei den Maßnahmen zu berücksichtigen und die ungerechte Arbeitsteilung endlich aktiv anzugehen. Eine Corona-Teilzeit mit Lohnausgleich oder eine Familienarbeitszeit wären hier die richtigen Impulse, um die gleichberechtigte Übernahme von Sorgearbeit zu unterstützen.“

Das ZFF-Positionspapier „Familien auch in Krisenzeiten gut absichern! Positionspapier des Zukunftsforums Familie e.V. (ZFF) zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 20.04.2021

Der Anspruch auf Kinderkrankengeld für 2021 wird weiter ausgeweitet. So unterstützt die Bundesregierung Eltern, die ihre Kinder pandemiebedingt zu Hause betreuen müssen. Der Anspruch gilt nicht nur dann, wenn das Kind krank ist, sondern auch, wenn Kitas und Schulen geschlossen sind oder die Betreuung eingeschränkt ist. Das hat der Bundestag beschlossen.

Die Bundesregierung unterstützt Eltern bei den besonderen Herausforderungen der Pandemie.

Das Kinderkrankengeld soll berufstätigen Eltern ermöglichen, Lohnausfälle durch die häusliche Betreuung eines erkrankten Kindes auszugleichen. Die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Erweiterung hat der Bundestag jetzt beschlossen. Ein Anspruch auf das erweiterte pandemiebedingte Kinderkrankengeld besteht nicht nur dann, wenn das eigene Kind krank ist, sondern auch, wenn die Kinderbetreuung zu Hause erforderlich ist. Das gilt unter anderem dann, wenn die Schule, die Kita, oder auch die Einrichtung für Menschen mit Behinderungen pandemiebedingt geschlossen ist, die Präsenzbetreuung untersagt ist oder einzelne Klassen oder Kitagruppen in Quarantäne sind.

Wer hat Anspruch?

Anspruchsberechtigt sind gesetzlich versicherte berufstätige Eltern, die selbst Anspruch auf Krankengeld haben und deren Kind unter zwölf Jahre alt ist. Bei Kindern, die eine Behinderung haben, besteht der Anspruch auch über das zwölfte Lebensjahr hinaus. Voraussetzung ist auch, dass es im Haushalt keine andere Person gibt, die das Kind betreuen kann. Privatversicherte und beihilfeberechtigte Eltern können einen Entschädigungsanspruch nach §56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz (IfSG) geltend machen..

Wie viele Krankentage stehen den Familien zu?

Der Anspruch auf Kinderkrankengeld steigt 2021 von 20 Tagen pro Elternteil und Kind auf 30 Tage und damit für Elternpaare pro Kind auf 60 Tage. Auch für Alleinerziehende verdoppelt sich der Anspruch pro Kind von 30 auf nun 60 Tage.

Darf der komplette Anspruch für Schul-/Kitaschließungen verwendet werden?

Ja. Die 30 oder auch 60 Tage können sowohl für die Betreuung eines kranken Kindes verwendet werden als auch für die Betreuung, weil die Schule oder Kita geschlossen, die Präsenzpflicht aufgehoben oder der Zugang eingeschränkt ist.

Ist das Kind krank, muss der Betreuungsbedarf gegenüber der Krankenkasse mit einer Bescheinigung vom Arzt nachwiesen werden. Dafür wird die „Ärztliche Bescheinigung für den Bezug von Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes“ ausgefüllt. Muss ein Kind aufgrund einer Schul- oder Kitaschließung zu Hause betreut werden, genügt eine Bescheinigung der jeweiligen Einrichtung.

Müssen Schule oder Kita komplett geschlossen sein?

Nein, auch wenn die Präsenzpflicht in der Schule aufgehoben, der Zugang zur Kita eingeschränkt wurde oder nur die Klasse oder Gruppe nicht in die Schule oder Kita gehen kann, haben Eltern Anspruch.

Gilt der Anspruch auch, wenn Eltern neben der Kinderbetreuung im Homeoffice arbeiten könnten?

Ja. Ein Anspruch besteht unabhängig davon, ob die Arbeitsleistung nicht auch grundsätzlich im Homeoffice erbracht werden kann.

Wie hoch ist das Kinderkrankengeld?

Wie bisher beträgt das Kinderkrankengeld bis zu 90 Prozent des entfallenen Nettoarbeitslohns.

Wie und wo wird das Geld beantragt?

Eltern beantragen das Kinderkrankengeld bei ihren Krankenkassen und weisen auf geeignete Weise nach, dass die Einrichtung geschlossen ist oder nicht besucht wird. Die Krankenkasse kann die Vorlage einer Bescheinigung der Einrichtung oder der Schule verlangen.

Besteht parallel Anspruch auf Lohnersatzleistungen nach §56 des Infektionsschutzgesetzes?

Nein, wenn ein Elternteil Kinderkrankengeld beansprucht, ruht in dieser Zeit für beide Elternteile der Anspruch nach §56 des Infektionsschutzgesetzes.

Hier finden Sie einen Überblick darüber, wie die Bundesregierung Familien in der Corona-Pandemie unterstützt.

Quelle: Pressemitteilung der Bundesregierung vom 21.04.2021

Das Kinderkrankengeld ist steuerfrei, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt. Das stellt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/28418) auf eine Kleine Anfrage (19/28055) der FDP-Fraktion klar. Eine temporäre Aussetzung des Progressionsvorbehalts für das Kinderkrankengeld, etwa in der Corona-Pandemie, sei mit Blick auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung bedenklich. Bei gleicher Leistungsfähigkeit seien Steuerpflichtige grundsätzlich gleich hoch zu besteuern.

Auch Gründe der Steuergerechtigkeit führt die Bundesregierung gegen eine Aussetzung des Progressionsvorbehalts für bestimmte Lohnersatzleistungen an: Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeheimen beispielsweise, die während der Krise unter erschwerten Bedingungen arbeiteten, unterlägen der vollen progressiven Besteuerung und der vollen Sozialabgabenpflicht.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 559 vom 28.04.2021

SCHWERPUNKT III: Corona-Krise

Die SPD-Fraktion im Bundestag fordert wegen der Corona-Pandemie ein Zwei-Milliarden-Corona-Aufholpaket. Damit sollen Kinder und Jugendliche, die in Pandemiezeiten viel verpasst haben, Versäumtes schnellstmöglich nachholen können. Alle Kinder sollen ihre Bildungsziele erreichen und sich persönlich verwirklichen können.

„Die Herausforderungen für Kinder, Jugendliche und Familien sind aktuell so vielfältig, dass auch die Hilfsangebote breit gefächert sein müssen. Für beste Bildungschancen von Anfang an wollen wir das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ und die Bundesstiftung Frühe Hilfen besser ausstatten. Wir wollen das junge Menschen sich gegenseitig besser unterstützen können. Auch junge Engagierte sollen die Möglichkeit haben, sich für Kinder und Jugendliche mit Nachholbedarf einzusetzen. Deshalb sorgen wir für mehr Angebote für Freiwilligendienstleistende.“

Oliver Kaczmarek, bildungs- und forschungspolitischer Sprecher:

„Weil die Länder für schulische Bildung zuständig sind, bekommen sie Geld vom Bund. Damit sollen sie unter anderem unterrichtsbegleitende Fördermaßnahmen, Sommercamps, Lernwerkstätten und Schulsozialarbeit ausbauen.

Wir erwarten, dass die zusätzlichen Mittel in den Ländern gezielt in die Vermittlung von Kernkompetenzen und Bewegung investiert werden. Kinder und Jugendliche sollen Verpasstes schnell nachholen können. Es geht für sie um nicht weniger als um Bildungs-, Lebens-, und Zukunftsperspektiven.“

Kerstin Tack, arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecherin:

„Bedürftige Familien unterstützen wir mit Zuschüssen zu Freizeitgestaltung, Ferienfreizeiten und weiteren außerschulischen Angeboten. Weil Familien im Leistungsbezug und mit geringem Einkommen in dieser Zeit besonders belastet sind, brauchen wir einen Corona-Zuschuss für Kinder und Jugendliche im Hilfebezug. Der Freizeitbonus kommt da an, wo er am dringendsten gebraucht wird. Er sichert gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in der Krise.

Oft wird es finanziell dann besonders eng, wenn es um Ferien- und Freizeitaktivitäten geht. Wenn beispielsweise Sportausrüstung oder -bekleidung neu angeschafft werden muss, kann ein geringes Budget schnell überlastet sein.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 22.04.2021

Die dritte Welle muss gebrochen werden. Aber es geht auch um die Zeit danach. Die Impfstoffproduktion muss ausgebaut werden. Für Kinder und Jugendliche fordert die SPD-Fraktion ein großes Corona-Aufholpaket.

Die SPD-Bundestagsfraktion setzt darauf, dass die Infektionszahlen mit einem einheitlichen Vorgehen von Bund und Ländern und nachvollziehbaren Regelungen für die Bürgerinnen und Bürger dauerhaft gesenkt werden können. Dafür ist es dringend notwendig, die Notbremse im Infektionsschutzgesetz zu verankern, damit sie bundeseinheitlich umgesetzt wird.

Gleichzeitig wollen die SPD-Abgeordneten den Menschen eine Perspektive für eine transparente und verantwortungsvolle Öffnung des kulturellen und wirtschaftlichen Bereichs geben.

Entscheidend für den Erfolg von Öffnungsstrategien ist der SPD-Fraktion zufolge eine effektive Nachverfolgung von Corona-Kontakten. Digitale Lösungen zur Übertragung von Kontaktinformationen an die Gesundheitsämter können helfen, die Kontaktnachverfolgung im Alltag zu vereinfachen, zu beschleunigen und die Gesundheitsämter zu entlasten.

Darüber hinaus ist ein effektiver Ausbau von Produktionskapazitäten für Impfstoffe und Tests sowie das Vorantreiben der Forschung an Medikamenten gegen COVID notwendig. Benötigt wird zudem zeitnah eine bundeseinheitliche Klarstellung, dass Geimpfte bei den Öffnungsstrategien gleich behandelt werden wie Personen, die ein negatives Testergebnis vorweisen können.

Für die SPD-Bundestagfraktion steht fest, dass angesichts der weiteren Einschränkungen die Hilfsprogramme für Familien, Betriebe und Beschäftigte unter anderem in Gastronomie, Kultur und Tourismus aufgestockt und bis zum Jahresende verlängert werden müssen.

Kinder und Jugendliche brauchen ein großes Corona-Aufhol-Paket, das aufgetretene Lernrückstände in den Blick nimmt, aber nicht dabei stehen bleibt. Mit zwei Milliarden Euro müssen neben der Nachhilfeunterstützung auch zusätzliche soziale Arbeit gerade bei Schulen mit besonderen sozialen Herausforderungen und kinder- und jugendgerechte Bildungs- und Erholungsangebote in den Schulferien finanziert werden.

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 16.04.2021

Im Jahr 2020 in eingeschränktem Maß durchgeführte Schuleingangsuntersuchungen weisen darauf hin, dass Veränderungen in der körperlichen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gegenüber den Vorjahren zu beobachten sind. Das zeigen erste, noch nicht wissenschaftlich publizierte Berichte, schreibt die Bundesregierung in der Antwort (19/28274) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/27708). Aus Schuleingangsuntersuchungen der Region Hannover im Jahr 2020 werde beispielsweise von einem Anstieg des Anteils an übergewichtigen und schwer übergewichtigen Mädchen und Jungen berichtet, sowie von einer Verschlechterung der sprachlichen Fähigkeiten, der Deutschkenntnisse und Feinmotorik der Fünf- bis Sechsjährigen.

Mit Blick auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen würden verschiedene Studien aus Deutschland auf hohe psychosoziale Belastungen von Kindern und Jugendlichen durch die Pandemielage und die pandemieassoziierten Eindämmungsmaßnahmen hinweisen. Dabei muss laut Bundesregierung zwischen erhöhten psychischen Belastungen – als Reaktionen auf ein erhöhtes Stressniveau – und dem Auftreten erster psychischer Auffälligkeiten und schließlich der Entwicklung von psychischen Erkrankungen unterschieden werden.

In der bundesweit repräsentativen COPSY-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf seien für Kinder und Jugendliche im Alter von sieben bis 17 Jahren während des ersten Lockdowns im März 2020 mehr psychische und psychosomatische Symptome beobachtet worden. Ein höherer Anteil an Kindern und Jugendlichen leide zudem unter einer eingeschränkten Lebensqualität und einem geringeren Wohlbefinden als im vorpandemischen Zeitraum.

Aus der COPSY-Folgebefragung im Zeitraum des zweiten Lockdowns (Dezember 2020/Januar 2021) gehe hervor, dass die psychosozialen Belastungen der Kinder und Jugendlichen weiter zugenommen habe. Vier Fünftel der Kinder und Jugendlichen würden angeben, sich durch die Situation belastet zu fühlen.

Die Bundesregierung unterstreicht, dass die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geförderte Corona-KiTa-Studie (www.corona-kita-studie.de), die durch das Deutsche Jugendinstitut und das Robert Koch-Institut gemeinsam umgesetzt wird, unter anderem untersucht, wie die Kindertagesbetreuung und die Familien den Betreuungsalltag im Rahmen der Corona-Pandemie gestalten und bewältigen. Dabei werde auch untersucht, wie sich die Schließung der Kindertagesbetreuung aus Sicht der Eltern auf ihre Kinder auswirke. Das Ende des Erhebungszeitraums der Studie ist für August 2021 geplant. Damit stehen laut Bundesregierung die unmittelbaren Auswirkungen der Pandemie im Fokus der Untersuchung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 541 vom 22.04.2021

Das Thema Einsamkeit bedarf einer grundlegenden Erforschung und einer Anti-Stigmatisierungskampagne. Dies war das einhellige Votum von sieben Expertinnen in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag. Die Sachverständigen unterstützten damit einen FDP-Antrag (19/25249), der die Grundlage für die Anhörung bildete.

Die Psychologin Susanne Bücker von der Ruhr-Universität Bochum wies darauf hin, dass Einsamkeit über die gesamte Lebensspanne auftreten könne. In Deutschland litten Millionen Menschen durch alle Altersgruppen unter Einsamkeit. Allerdings seien vor allem junge Erwachsene und Menschen im hohen Lebensalter besonders oft von Einsamkeit betroffen beziehungsweise gefährdet. Ein weiteres Risiko für Einsamkeit stelle Armut dar. Und umgekehrt könne Einsamkeit ein höheres Armutsrisiko darstellen. Ein spezifischer Stadt-Land-Unterschied lasse sich nicht feststellen. Allerdings würden Menschen in Regionen, in denen es an niedrigschwelligen Freizeitangeboten mangele oder die durch eine starke Bevölkerungsfluktuation geprägt seien, sehr viel häufiger angeben, dass sie unter Einsamkeit leiden.

Maike Luhmann, ebenfalls Psychologin an der Ruhr-Universität, wies darauf hin, dass es in Deutschland an belastbaren Daten und Grundlagenforschung zum Thema Einsamkeit mangele. Zudem müsste die Arbeit der wenigen Forscher auf diesem Gebiet besser vernetzt werden. Die Politik müsse sich des Themas verstärkt annehmen. Einsamkeit stelle ein gesundheitliches Problem dar, dass auch wirtschaftlichen Schaden hervorrufe. In Nordrhein-Westfalen habe der Landtag deshalb im vergangenen Jahr eine Enquete-Kommission zu der Problematik eingesetzt, der sie selbst angehöre, berichtete die Expertin.

Die Sozialpädagogin Severine Thomas von der Universität Hildesheim betonte, dass sich bei Jugendlichen das Problem der Einsamkeit in der Corona-Pandemie deutlich verschärft habe. Auffällig sei, dass dies unabhängig von den Haushaltsformen sei, in denen die Jugendlichen leben. Einsamkeit habe für Jugendliche sehr oft auch eine politische Dimension. Gerade in der Corona-Pandemie würden viele Jugendliche ihre Interessen in der Politik nicht vertreten sehen. Es mangele an Partizipationsmöglichkeiten, sagte Thomas. Die Gesundheitspsychologien Sonia Lippke von der Jacobs University Bremen führte aus, dass während der Pandemie mitunter schon die Kommunikation der Behörden zu Kontaktbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen das Problem vergrößern könne. So sei es falsch, vom „social distancing“ zu sprechen. Es gehe um körperliche, nicht um soziale Distanz.

Elke Schilling vom Verein Silbernetz und Sabrina Odijk vom Malteser Hilfsdienst machten deutlich, dass ältere Menschen verstärkt direkt angesprochen werden müssten auf das Problem. Besonders gut gelinge dies durch die aufsuchende Hilfe von Ehrenamtlichen. Ältere Menschen seien öfter gesundheitlich bedingt in ihrer Mobilität eingeschränkt oder könnten die digitalen Informations- und Hilfsangebote nicht wahrnehmen. Marion von zur Gathen vom Paritätischen Gesamtverband forderte in diesem Zusammenhang, den Zugang für ältere Menschen zur digitalen Welt zu verbessern. Zugleich warnte sie davor, darin ein Allheilmittel sehen zu wollen. Digitalisierung könne das Problem von Einsamkeit auch verschärfen, wenn sich der Kontakt zu anderen Menschen auf den digitalen Raum begrenze. Man könne ein Smartphone zwar umarmen, aber diese Umarmung werde eben nicht erwidert.

Alle Expertinnen forderten einhellig, das Problem der Einsamkeit von seinem Stigma zu befreien. Dafür wären Informationskampagnen nötig. Menschen dürften nicht das Gefühl des Versagens haben, wenn sie unter Einsamkeit leiden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 512 vom 19.04.2021

Studie untersucht Daten zu fast 9,2 Millionen gesetzlich krankenversicherten Kindern – Diagnosen körperlicher Krankheiten im ersten Lockdown deutlich gesunken – Rückgang der Infektionen bei Ein- und Zweijährigen mit etwa 50 Prozent am größten – Gesundheitsprävention an Kitas und Schulen über Pandemie hinaus wichtig, auch mit Blick auf Langfristfolgen

Die Zahl der Behandlungsfälle von Kindern in ambulanten Arztpraxen ist im zweiten Quartal 2020, also zur Zeit des ersten coronabedingten Lockdowns, um bis zu 20 Prozent gesunken. Dabei diagnostizierten die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte bei Ein- bis Zwölfjährigen vor allem deutlich weniger körperliche Erkrankungen wie Infektionen. Bei psychischen Krankheiten fielen die Rückgänge deutlich kleiner aus oder waren gar nicht vorhanden. Das sind zentrale Ergebnisse einer aktuellen Studie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die auf Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) basiert. Berücksichtigt wurden Daten aller gesetzlich krankenversicherten Kinder, die im Zeitraum von Januar 2019 bis Juni 2020 mindestens einmal in einer ambulanten Arztpraxis behandelt wurden – insgesamt 9,2 Millionen.

„Die Gründe für die rückläufigen Diagnosen bei Kindern während des ersten Lockdowns sind wohl vielfältig“, sagt C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin. „Zu vermuten ist, dass aufgrund der Kontaktbeschränkungen beziehungsweise geschlossener Kitas und Schulen tatsächlich weniger Kinder krank waren. Es kann aber auch sein, dass Eltern Ansteckungsrisiken meiden wollten und daher mit ihren Kindern weniger oft in eine Arztpraxis gingen. Vermutlich war es eine Mischung aus beidem.“

Eltern mit chronisch kranken Kindern verzichteten offenbar nicht auf Arztbesuche

Für die Studie haben Spieß und die Gesundheitsökonomin Mara Barschkett, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Bildung und Familie, verschiedene Diagnose- und Altersgruppen unter die Lupe genommen. Die Autorinnen betrachteten Kinder im Krippenalter (Ein- und Zweijährige), Kinder im Kindergartenalter (Drei- bis Fünfjährige), Kinder im Grundschulalter (Sechs- bis Zehnjährige) und ältere Schulkinder (Elf- und Zwölfjährige). Verglichen wurden die diagnostizierten Erkrankungen im zweiten Quartal 2019 mit dem zweiten Vierteljahr 2020, in das der erste coronabedingte Lockdown fiel.

Demnach stellten Ärztinnen und Ärzte im zweiten Quartal 2019 bei fast 24 Prozent der ein und zwei Jahre alten Kinder eine Infektion fest. Ein Jahr später lag dieser Anteil nur bei gut elf Prozent – ein Rückgang von etwa 50 Prozent. In den höheren Altersgruppen sanken die Infektionen etwas weniger stark. Umgekehrt verhielt es sich bei den Verletzungen: Hier waren die sinkenden Diagnosezahlen bei den älteren Kindern stärker ausgeprägt – mutmaßlich, weil sie vor der Pandemie häufiger sportlich aktiv und draußen unterwegs waren. Die Diagnosen psychischer Krankheiten gingen deutlich weniger zurück – beispielsweise bei Grundschulkindern um zwölf Prozent – als die Diagnosen körperlicher Krankheiten. Die vergleichsweise konstanten Zahlen für Krankheiten wie Diabetes oder Zöliakie sprechen dafür, dass Eltern mit chronisch kranken Kindern auf nötige Arztbesuche nicht verzichteten.

Dem Gesundheitsschutz in Kitas und Schulen sollte den Studienautorinnen zufolge künftig mehr Beachtung geschenkt werden. „Gesundheit ist eine wichtige Voraussetzung, damit Kinder bestmöglich lernen können“, so Barschkett „Es wurde viel diskutiert, wie Schulen und Kitas in Sachen Infektionsschutz zu einem sichereren Ort werden können, etwa über Luftfilter, Hygienemaßnahmen, kleinere Gruppengrößen und vieles mehr. Das sind Dinge, die man in Zukunft nicht wieder vergessen darf.“ Zudem sollte die aktuelle Entwicklung der Gesundheit von Kindern stärker in den Blick genommen werden. Andere Studien weisen bereits auf die Langfristfolgen des Lockdowns hin – so zeigen internationale Studien beispielsweise einen coronabedingten Anstieg übergewichtiger Kinder. „Gesundheitsprävention bei Kindern darf nicht nur in Pandemiezeiten im Fokus stehen, sondern muss es auch in Nach-Corona-Zeiten, um das Humanvermögen der Zukunft zu fördern“, so Spieß.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 21.04.2021

Schon vor der Covid-19-Pandemie kämpfte ein beträchtlicher Teil der Kinder und Jugendlichen in Deutschland mit mentalen Problemen und fehlenden Chancen. Dies ist Ergebnis des UNICEF-Berichts zur Lage von Kindern in Deutschland 2021. Der Report unter dem Titel „Kinder – unsere Zukunft!“ warnt vor gravierenden Konsequenzen der Covid-19 Pandemie für das kindliche Wohlbefinden. Die Pandemie verschärft bestehende Probleme und stellt auch Eltern vor große Herausforderungen, ihre Kinder bestmöglich zu unterstützen. 

„Der Sicherung der Kinderrechte muss jetzt höchste Priorität eingeräumt werden. Es gilt, einen Gipfel für Kinder, Jugendliche und Familien zur Bewältigung der Folgen der Corona-Krise einzuberufen. Und dort muss auch Kindern und Jugendlichen selbst eine Stimme gegeben werden“, so Georg Graf Waldersee, Vorstandsvorsitzender von UNICEF Deutschland.

„Die jungen Menschen in Deutschland haben in der Pandemie große Solidarität bewiesen“, so Elke Büdenbender, UNICEF-Schirmherrin. „Aber je länger die Krise dauert, umso größer wird die Belastung gerade für die jungen Menschen und umso stärker kommen sie an ihre Grenzen. Jetzt müssen wir Älteren Solidarität mit den Jüngeren zeigen und uns aktiv für ihre Interessen bei der weiteren Bewältigung der Pandemie einsetzen.“

Der bekannte Familiensoziologe Prof. Dr. Hans Bertram hat für UNICEF-Deutschland die verfügbaren Daten zum subjektiven Wohlbefinden von Kindern, ihren Beziehungen zu Freundeskreis und Familie, zur Bildungssituation, Gesundheit, ihrem Verhalten und möglichen Risiken sowie zur materiellen Situation bis zum Ausbruch der Pandemie ausgewertet. Befunde neuerer Untersuchungen zu den Auswirkungen von Covid-19 auf die Lebenssituation von Kindern und ihren Familien ergänzen die Analyse.

Deutschland bei der Zufriedenheit der Kinder nur Mittelmaß

Danach waren schon vor der Pandemie mehr als jedes fünfte Mädchen und nahezu jeder siebte Junge im Alter von 15 Jahren unzufrieden mit ihrem Leben. Bei weniger privilegierten Kindern, bei Kindern mit einer Einwanderungsgeschichte oder Mobbingerfahrungen war die Lebenszufriedenheit geringer als im Durchschnitt. Rund 16 Prozent der Mädchen schätzen sich als depressiv ein. 13 Prozent der Mädchen erhielten verschreibungspflichtige Beruhigungsmittel. In Griechenland waren es nur 2,8 Prozent.

Familien geben Rückhalt, kommen aber an ihre Grenzen

Die Unterstützung und der Rückhalt durch die Familie ist für Kinder entscheidend. Vor der Krise fühlte sich laut LBS Kinderbarometer die Mehrheit der Kinder in Deutschland in der Familie „meist gut“, „gut“ oder sogar „sehr gut“. Bereits 2015 schätzten in einer PISA-Untersuchung 91 Prozent der befragten Kinder ihre Eltern als unterstützend und interessiert an ihrer schulischen Entwicklung ein. Es mehren sich jedoch die Hinweise, dass derzeit viele Familien an ihre Grenzen stoßen. So gaben bei einer aktuellen Befragung von mehr als 1.000 Eltern in Deutschland über die Hälfte der Väter oder Mütter an, dass die Kontaktbeschränkungen sowie die Schließung von Schulen und Kindertagesstätten den Stress in ihren Familien deutlich erhöht haben. Ein Teil berichtet zudem von einem gestiegenen aggressiven Verhalten gegenüber den Kindern.

„Die Familien haben durch ihre große Anpassungs- und Improvisationsfähigkeit im vergangenen Jahr unglaublich viel aufgefangen. Aber die private Lebensführung kann öffentliche Räume nicht ersetzen“, sagte Prof. Dr. Hans Betram. „Mädchen und Jungen brauchen unbedingt öffentliche Räume wie Schulen, Kindergärten und Sportvereine, um sich gut entwickeln zu können. Der direkte Austausch mit Gleichaltrigen ist entscheidend, um die Kompetenzen zu erwerben, die sie in unserer Gesellschaft brauchen.“

Faire Startchancen für alle Kinder schaffen

Der UNICEF-Bericht zeigt weiter, dass die gute Konjunktur der vergangenen Jahre nicht ausreichend genutzt wurde, um relative Kinderarmut zurückzudrängen. So waren 2019 in Deutschland 1,48 Millionen Kinder unter 16 Jahren von Armut betroffen. Dies entspricht einer Armutsgefährdungsquote nach Sozialleistungen von 12 Prozent. Dies bedeutet zwar einen leichten Rückgang um 2,6 Prozentpunkte im Vergleich zu 2014. Allerdings haben bestimmte Gruppen wie die Kinder von alleinerziehenden Elternteilen und Kinder mit Einwanderungsgeschichte weiterhin ein stark erhöhtes Armutsgefährdungsrisiko.

Aufruf von UNICEF Deutschland

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Komitee für UNICEF e.V. vom 20.04.2021

  • Bertelsmann-Studie: Angst der Jugend um berufliche Zukunft nimmt zu
  • Bentele: „Wir dürfen junge Menschen nicht sich selbst überlassen.“

Viele junge Frauen und Männer machen sich große Sorgen um ihre berufliche Zukunft. Das zeigt eine aktuelle Erhebung der Bertelsmann Stiftung, die heute veröffentlicht wird. Demnach finden 71 Prozent der Befragten, dass die Corona-Pandemie die Suche nach einem Ausbildungs- oder Praktikumsplatz erschwert hat. 70 Prozent befürchten, dass sie bis zum Herbst 2021 keinen Ausbildungsplatz finden werden. VdK-Präsidentin Verena Bentele kommentiert:

„Wir wissen aus dem Jahr 2020, dass es durch die Corona-Pandemie bereits einen beispiellosen Einbruch bei den Ausbildungszahlen gegeben hat. Die befragten Jugendlichen beschreiben hier kein subjektives Gefühl. Viele von ihnen werden im Herbst auf der Straße stehen, wenn sie keine Unterstützung von der Politik bekommen und sich Betriebe aus der Verantwortung ziehen. Das können wir uns als Gesellschaft nicht leisten: Wer nach der Schule oder nach der Ausbildung den Anschluss verliert, dem drohen Arbeitslosigkeit, schlecht bezahlte Jobs und am Ende eine niedrige Rente. Es ist in unser aller Interesse, das zu verhindern. Wir alle brauchen gut ausgebildete Menschen, die mit ihren Beiträgen die sozialen Sicherungssysteme finanzieren. Nur so kann der Sozialstaat seine Aufgaben erfüllen. Besorgniserregend finden wir als VdK auch, dass fast drei Viertel der Befragten meinen, die Politik tue nicht genug für sie. Wir dürfen diese jungen Menschen nicht sich selbst überlassen, wenn wir den sozialen Zusammenhalt nicht gefährden wollen.“

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland e.V. vom 29.04.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Kindgerechte Gesellschaft

Mit klar formulierten Kinderrechten im Grundgesetz will die SPD-Bundestagsfraktion das Kindswohl mehr ins Zentrum der Gesellschaft rücken. Das Vorhaben kommt jetzt einen wichtigen Schritt voran.

Die SPD-Bundestagsfraktion kämpft dafür, dass die Rechte von Kindern und Jugendlichen als eigenständiges Grundrecht im deutschen Grundgesetz verankert werden. Über einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung hat der Bundestag am Donnerstag in erster Lesung beraten. Die in dem Entwurf vorgeschlagene Ergänzung des Art. 6 im Grundgesetz verfolgt das Ziel, die Sichtbarkeit der sogenannten „Kinderrechte“ deutlich zu erhöhen und den Akteuren in Exekutive, Legislative und Judikative die zentrale Bedeutung von Kindern und Jugendlichen für die Gesellschaft vor Augen zu führen.

Die Grundrechtsänderung zielt darauf ab, dass Kinder und Jugendliche zukünftig von der Verfassung nicht als „kleine Erwachsene“, sondern als eigenständige Grundrechtsträgerinnen und Grundrechtsträger anerkannt werden. Hierdurch wird insbesondere unterstrichen, dass Heranwachsende besonders geschützt, gefördert und ernst genommen werden müssen, wodurch auch dem Rechtsgut des Kindeswohls zukünftig Verfassungsrang zukäme.

„Die Rechte von Kindern werden so  öfter zum Maßstab staatlichen Handelns“, sagt SPD-Fraktionsvizin Katja Mast. „Mit klar formulierten Kinderrechten im Grundgesetz rücken wir das Kindeswohl mehr ins Zentrum unserer Gesellschaft. Genau deshalb machen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten uns seit vielen Jahren für Kinderrechte stark und haben diese in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt“, so Mast.

Die SPD-Bundestagsfraktion ist überzeugt, dass sich die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz nachhaltig auf den Alltag von Kindern und Jugendlichen in Deutschland auswirken würde. Zwar reicht eine Änderung des Grundgesetzes allein nicht aus, dass umgehend neue Spielplätze, mehr Zebrastreifen geschaffen oder die Kinderarmut auf einen Schlag beseitigt würde, aber der grundsätzliche Anspruch auf Schutz, Förderung und Beteiligung von Kindern mit Verfassungsrang wäre ein Anfang mit Signalwirkung, der sämtliche staatlichen Stellen für die Belange von Kindern und ihren Familien sensibilisieren könnte. So würden die Kinderrechte im Grundgesetz eine starke Basis für eine gute, kindgerechte Politik schaffen und die handelnden Akteure in die Pflicht nehmen, sich stärker für die Interessen von Kindern und Jugendlichen einzusetzen.

Ungeachtet der beachtlichen Signalwirkung einer Grundgesetzänderung bleibt es allerdings auch in Zukunft die Aufgabe der Politik auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene, die Familienpolitik unermüdlich voranzutreiben und den Schutz von Heranwachsenden besonders in den Blick zu nehmen.

Der auf nachdrückliches Betreiben der SPD-Fraktion hin eingebrachte Gesetzentwurf drohte bis zuletzt am Widerstand der Union zu scheitern, sodass eine gemeinsame Formulierung für die Einleitung des parlamentarischen Verfahrens erst nach zähem Ringen erzielt werden konnte.

Jetzt gilt es, gemeinsam einen Weg für Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat zu finden. Hierzu führt die SPD-Fraktion Gespräche mit allen demokratischen Fraktionen im Deutschen Bundestag führen. Mit der Ersten Lesung im Deutschen Bundestag sind wir auf dem Weg, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, einen wichtigen Schritt vorangekommen. Jetzt kommt es im anstehenden parlamentarischen Verfahren darauf an, diese hart erkämpfte Chance zu nutzen. Das sind wir unseren Kindern und auch den Familien in Deutschland schuldig.

Quelle: Pressemitteilung SPD–Bundestagsfraktion  vom 16.04.2021

Zur Vorstellung des UNICEF-Berichts zur Lage der Kinder in Deutschland 2021 erklärt Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Die zentralen Ergebnisse des UNICEF-Berichts zur Lage der Kinder in Deutschland sind ernüchternd, jedoch wenig überraschend. Nach Jahren kinder- und familienpolitischen Stillstands unter dem sozialdemokratisch geführten Bundesfamilienministerium hat sich die Situation für Millionen Kinder in Deutschland nicht sonderlich verbessert. Die Zeche dafür zahlen besonders Kinder aus ärmeren und zugewanderten Familien, denen nach wie vor das Recht auf gleiche Entwicklungschancen und Teilhabe verwehrt bleibt.

Bedrückend sind die Zahlen zur psychischen Situation und der Zufriedenheit der Kinder in Deutschland, besonders bei Mädchen, die schon vor der Pandemie schlechter war als in anderen Industrieländern.

Die Corona-Pandemie muss deshalb ein Weckruf für uns alle sein, dem Wohlergehen von Kindern endlich Priorität einzuräumen. Die Herausforderungen sind bekannt, ebenso die Instrumente, um wirksam die Lage der Kinder in Deutschland nachhaltig zu verbessern:

Kinderrechte müssen endlich ins Grundgesetz – aber richtig. Die Bundesregierung muss ihren Gesetzentwurf beim Beteiligungsrecht und bei der Kindeswohlberücksichtigung nachbessern. Es braucht eine Kindergrundsicherung und existenzsichernde Regelsätze für Kinder und Erwachsene, damit Kinderarmnut nicht länger verwaltet wird, sondern Kinder und Familien endlich aus der Armutsfalle herausgeholt werden.

Besonders geflüchtete Kinder trifft die Corona-Pandemie ungleich härter. Ihnen fehlt es oftmals an notwendiger technischer Ausstattung und an einem ruhigen Platz zum Lernen, um am digitalen Unterricht teilzunehmen. Zudem können die Eltern aufgrund von Sprachbarrieren nicht immer ausreichend Unterstützung anbieten. Eine zielgenaue und individuelle Förderung ist daher wichtiger denn je.

Der Bericht zeigt, dass ein Aufbruch in eine kinderfreundlichere Gesellschaft nicht nur möglich, sondern längst überfällig ist.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 20.04.2021

Die Fraktion Die Linke hat weitere Kleine Anfragen zum Thema Einflussnahme von Interessenvertretern auf Gesetzentwürfe der Bundesregierung gestellt (19/28662, 19/28663, 19/28665, 19/28667, 19/28669, 19/28814,19/28815,19/28816, 19/28817, 19/28914,19/28915, 19/28947). Die Fragen zielen unter anderem auf den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte, den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Mietspiegelrechts sowie den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt.

Die Fragesteller wollen unter anderem wissen, welche externe Dritte bei den Entwürfen in den Verbändeanhörungen beteiligt wurden und welche Stellungnahmen oder sonstige Schreiben mit Bezug zu den Gesetzesvorhaben bei der Bundesregierung eingegangen sind. Außerdem erkundigen sie sich, welche Vorschläge aus Stellungnahmen von Dritten durch die Bundesregierung übernommen wurden und welche Gutachten, Studien, Expertisen, Untersuchungen, Prüfberichte oder ähnliches von welchen externen Dritten den Gesetzentwürfen als Erkenntnisquellen zugrunde gelegt wurden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 558 vom 28.04.2021

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert eine bessere Vereinbarkeit von Angehörigenpflege und Beruf. In Deutschland kümmerten sich rund fünf Millionen Menschen nicht erwerbsmäßig um pflegebedürftige Erwachsene oder Kinder in deren eigener Häuslichkeit, heißt es in einem Antrag der Fraktion (19/28781). Die Schwierigkeit, private Pflege mit der eigenen Berufstätigkeit zu vereinbaren, sei in der Corona-Pandemie besonders hervorgetreten, als wichtige Unterstützungsangebote wie die Tagespflege weggebrochen seien.

Die Abgeordneten schlagen vor, das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz zu einem Gesetz für mehr Zeitsouveränität für pflegende Angehörige weiterzuentwickeln. Durch Reformen im Arbeitsrecht soll dem Antrag zufolge ferner auf eine bessere Vereinbarkeit von Familie, Angehörigenpflege und Erwerbstätigkeit hingewirkt werden. Zudem soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion unter anderem gesetzliche Leistungen zur Stärkung der Angehörigenpflege und zur Entlastung von pflegenden Angehörigen ausbauen und bedarfsgerechter nutzbar machen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 549 vom 26.04.2021

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der EU-Verordnung 2019/1111 (Brüssel-IIb-Verordnung) über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vorgelegt (19/28681). Wie es darin heißt, wird das Internationale Familienrechtsverfahrensgesetz (IntFam-RVG) um die zur Durchführung der Brüssel-IIb-Verordnung erforderlichen Vorschriften ergänzt. Neben notwendigen Folgeänderungen im Rechtspflegergesetz, im Auslandsunterhaltsgesetz, im Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen, im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz sowie im Achten Buch Sozialgesetzbuch sehe der Entwurf die Änderung einzelner Vorschriften der Zivilprozessordnung vor, die der Durchführung anderer EU-Verordnungen auf dem Gebiet der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen dienen.

Wie in der Vorlage erläutert wird, entfällt durch die Brüssel-IIb-Verordnung insbesondere das Vollstreckbarerklärungsverfahren, das bislang der Vollstreckung ausländischer Titel grundsätzlich vorgeschaltet sei. Die Neuregelung, die ab dem 1. August 2022 in allen EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks Anwendung finden werde, gelte in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar, bedürfe jedoch einiger ergänzender Durchführungsvorschriften.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 524 vom 21.04.2021

Die Fraktion Die Linke verlangt Auskunft über die Kosten für die frühkindliche Bildung, Betreuung und Förderung. In einer Kleinen Anfrage (19/28032) will sie unter anderem wissen, wie sich die Kosten für die Kinderbetreuung seit 2017 entwickelt haben und wie sie sich voraussichtlich bis 2028 entwickeln werden. Zudem möchte sie über die finanzielle Beteiligung des Bundes an den laufenden Ausgaben informiert werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 524 vom 21.04.2021

Aus der Sitzung des Senats am 20. April 2021:

Berlin hat als erstes Bundesland ein Gesetz beschlossen, das Familien mit zahlreichen Unterstützungsangeboten stärken wird. Das hat der Senat in seiner heutigen Sitzung auf Vorlage der Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, Sandra Scheeres, beschlossen. Das „Gesetz zur Förderung und Beteiligung von Familien (Familienfördergesetz)“ sichert in der Hauptstadt langfristig die Angebote der Familienförderung in Umfang, Qualität und Finanzierung.

Familiensenatorin Sandra Scheeres: „Mit dem ersten Familienfördergesetz bundesweit setzt Berlin Standards für eine passgenaue Unterstützung von Familien Es stellt die 350.000 Berliner Familien in ihrer Vielfalt in den Mittelpunkt und schafft gute Rahmenbedingungen für das Zusammenleben und den Zusammenhalt der Stadtgesellschaft. Mit dem Gesetz erhalten die Familien vielfältige Angebote in Familienzentren oder Familienservicebüros, die es künftig in jedem Bezirk geben wird. Ich danke allen ganz herzlich, die am Zustandekommen des Gesetzes mitgewirkt haben. Ich bin sehr froh, dass wir das geschafft haben und einen weiteren Baustein für ein gutes Familienleben setzen konnten.“

Das Gesetz basiert auf einem breiten Beteiligungsprozess. Fachkräfte unter anderem aus Familienzentren und Beratungsstellen waren ebenso einbezogen wie Eltern, die LIGA der Wohlfahrtsverbände, die Arbeitsgemeinschaft der Familienverbände, der Landesjugendhilfeausschuss, der Berliner Beirat für Familienfragen, bezirkliche Vertretungen sowie die Senatsverwaltung für Finanzen.

Das neue Gesetz zielt unter anderem auf eine grundsätzliche Verbesserung und bessere gesamtstädtische Verteilung der Beratungs- und Entlastungsangebote: Mehr Kurse zu Erziehungsfragen, Besuche von Stadtteilmüttern, Beratungen in Familienservicebüros, Erholungsfahrten. Wichtig ist auch, dass Familien zukünftig mehr beteiligt sein sollen, wenn es um die Angebotsplanung vor Ort geht. Land und Bezirke werden gemeinsam die Unterstützung von Familien verbessern und präventiv Problemlagen begegnen.

Quelle: Pressemitteilung Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie vom 20.04.2021

Wir haben unseren Artikel zum Anspruch auf digitale Endgeräte auf der Tacheles-Seite aktualisiert und einiges zum Thema digitale Geräte im Kinderzuschlag (Kiz) und beim Wohngeldbezug veröffentlicht, denn auch dort besteht ein Anspruch.

Auch neu ist eine Weisung des BMI, nach der auch einmalige SGB II/SGB XII – Bedarfe trotz Wohngeld möglich sind, entsprechend natürlich auch Bedarfe in Form von digitalen Endgeräten.

Den aktualisierten Artikel zu den digitalen Geräten und auch die WoGG-Weisung gibt es hier: https://t1p.de/7tzl

Quelle: Thomé Newsletter 15/2021 vom 18.04.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

„Die Pandemie trifft Kinder und Jugendliche besonders hart. Deshalb ist eine schnelle und gezielte Hilfe für sie notwendig“, so Caritas-Präsident Peter Neher. „Wir begrüßen daher den Vorstoß des Familienministeriums für ein Paket gezielter Maßnahmen, mit denen die für junge Menschen entstandenen Nachteile ausgeglichen werden können.“

Auch wenn niemand den jungen Menschen die fehlenden sozialen Kontakte, den fehlenden Austausch und die Entfaltungsmöglichkeiten zurückgeben kann: An vielen Stellen, gerade im Bildungsbereich, kann und muss der Staat helfen. „Die bekannt gewordenen Ansätze eines Corona-Programms – Förderung der frühkindlichen Bildung, Lernförderung, Schulsozialarbeit aber auch von gemeinsamen Freizeitaktivitäten – sind die richtigen“, bekräftigt der Caritas-Präsident. Damit werden Bildungschancen in den Blick genommen aber auch grundlegende Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen, die in der Pandemie zurückgestellt werden mussten.

Konflikte in Familien durch Pandemie verschärft
Schulsozialarbeit ist ein wichtiges Instrument, wenn es darum geht, Schülerinnen und Schüler individuell zu begleiten und zu fördern und Bildungsbenachteiligung zu vermeiden. Sie unterstützt bei der Bewältigung von Konflikten innerhalb der Familien. Die Pandemie hat diese in vielen Fällen verschärft.

Hohe Nachfrage nach Beratung bei der Caritas
Zudem müssen niedrigschwellige psychosoziale Angebote für Kinder und Jugendliche und ihre Familien in ganz Deutschland auch in digitaler Form weiter ausgebaut werden. Dies zeigt die hohe Nachfrage nach Angeboten der Jugendberatung sowie der Erziehungs-, Familien-, und Lebensberatung in den Einrichtungen, Diensten und Angeboten der Caritas.

Auch die Erhöhung des Kinderzuschlags und mehr Mittel im Bildungs- und Teilhabepaket des SGB II sind sehr zu unterstützen. Denn nicht nur in Kita und Schule, sondern auch außerhalb – beim Sport, bei der Teilnahme am Kulturleben – kommen Kinder und Jugendliche gerade zu kurz.

Geld muss vor Ort ankommen
„Ein Programm für Kinder und Jugendliche vom Bund ist dann wirksam, wenn das Geld auch an den Stellen und für die Projekte vor Ort ankommt, wo es dringend gebraucht wird“, unterstreicht der Caritas-Präsident.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 21.04.2021

Am kommenden Mittwoch berät der Bundestag über eine Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes, um sogenannte Share Deals einzuschränken. Der Deutsche Familienverband (DFV) bemängelt, dass es für Familien weiterhin keine Freibeträge in der Grunderwerbsteuer gibt.

Die Grunderwerbsteuer ist eine große Hürde für Familien auf dem Weg zu Wohneigentum. Um einen Immobilienerwerb für Familien zu ermöglichen, braucht es einen Freibetrag in der Grunderwerbsteuer und eine Senkung der Steuersätze. Im Koalitionsvertrag 2018 haben CDU/CSU und SPD vereinbart, Entlastungen für Familien bei der Grunderwerbsteuer zu prüfen.

„Vielen Worten sind noch keine Taten gefolgt. Die Reform der Grunderwerbsteuer lässt immer noch auf sich warten. Leidtragende sind Familien, denen der Hauskauf unnötig verteuert wird. Die Grunderwerbsteuereinnahmen der Länder haben inzwischen schwindelerregende Höhen erreicht. Die Grunderwerbsteuer ist kein Selbstbedienungsladen“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des DFV.

Ohne Erleichterungen bei der Grunderwerbsteuer ist es für Familien schwierig, eigenen Wohnraum zu erwerben. Die Abgabe, die beim Kauf eines Grundstücks von den Bundesländern erhoben wird, verteuert erheblich die Nebenkosten für eine Immobilie. Die Grunderwerbsteuer berücksichtigt nicht die finanzielle Leistungsfähigkeit der Käufer, sondern richtet sich nach dem Preis des Grundstücks oder dem Gesamtpreis der Immobilie. Bei einem Grundstückpreis von 350.000 Euro fallen in den meisten Bundesländern 17.500 bis 22.750 Euro allein an Grunderwerbsteuern an. Diese haben sich in den letzten 15 Jahren von durchschnittlich 3,5 Prozent auf 5,44 Prozent erhöht und Rekordsummen in die Länderkassen gespült. Mittlerweile geht mehr als die Hälfte ihrer Steuereinnahmen auf Grunderwerbsteuern zurück.

Wohneigentum ist für Familien oftmals die einzige Möglichkeit, familiengerecht zu leben. Besonders Familien mit mehreren Kindern finden kaum geeigneten und bezahlbaren Wohnraum zur Miete. Eine eigene Immobilie dient vielen Familien als Altersvorsorge und bietet nicht zuletzt zusätzliche Sicherheit in schwierigen Zeiten.

Weiterführende Informationen

Positionspapier des DFV: Bezahlbares und familiengerechtes Wohnen

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 20.04.2021

Für den Deutschen Familienverband (DFV) ist der Gesetzesentwurf zur Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ein klares Signal in die richtige Richtung.

Der Bundestag hat heute (Donnerstag) in erster Lesung einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Grundgesetzes beraten. „Kinderrechte haben in unserer Gesellschaft einen hohen Stellenwert“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV. „Kinder zu fördern, ihnen eine gute Zukunft zu ermöglichen, muss in unserer Gesellschaft höchste Priorität haben. Wir begrüßen ausdrücklich den Entwurf der Bundesregierung zur Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung.“

Der vorliegende Gesetzesentwurf der Bundesregierung stellt sicher, dass die fein austarierte Balance von elterlicher Erstverantwortung und des staatlichen Wächteramtes nicht verändert wird. „Die Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. An dieser Verfassungsmaxime darf nicht gerüttelt werden“, so Zeh.

Der DFV betont, dass das Elternrecht aus Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes kein Recht am Kind ist. Es ist vielmehr eine Pflicht der Eltern zum Wohle des Kindes zu handeln – und was das Beste für das eigene Kind ist, wissen die Eltern immer am besten. Das weiß nicht der Staat. Die Erstverantwortung der Eltern verdeutlicht, dass die Kinderrechte nicht gegen die Elternrechte aufgestellt sind. Die Eltern sind vielmehr verpflichtet, diese Rechte zu schützen und sie treuhänderisch wahrzunehmen.

Für den DFV ist eine nachhaltige Kinder- und Familienpolitik die zentrale Herausforderung der Gegenwart. Denn allein unsere Kinder sind die Zukunft des Gemeinwesens. Familien sorgen durch die Erziehung der nächsten Generation für Innovation in Wirtschaft, Politik und Kultur. Sie schaffen damit die Grundvoraussetzung für die Fortexistenz von Staat und Gesellschaft, für ihre Stabilität und Erneuerung zugleich.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 15.04.2021

Im Superwahljahr 2021 hat der Deutsche Gewerkschaftsbund neue Vorschläge für mehr Steuergerechtigkeit in Deutschland vorgestellt. „Kleine und mittlere Einkommen steuerlich entlasten und gleichzeitig die Einnahmebasis des Staates stärken – diese Aufgaben muss die nächste Bundesregierung lösen, wenn sie den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Zukunftsfähigkeit des Landes nicht gefährden will“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell am Dienstag vor Journalisten. 

„Mit ihrem Steuerkonzept legen die DGB-Gewerkschaften detaillierte, durchgerechnete und belastbare Vorschläge für eine gerechtere Steuerpolitik vor. Schließlich geht es auch darum, die Lasten der Corona-Krise gerecht zu verteilen. Reiche und Spitzeneinkommen müssen wieder mehr zum Gemeinwesen beitragen“, betonte der Gewerkschafter. „Schon vor der Pandemie war die Kluft zwischen Arm und Reich groß, dies hat sich mit der Krise weiter zugespitzt.“  Überdies bringe die Pandemie erhebliche Belastungen für die öffentlichen Haushalte mit sich, während gleichzeitig der Bedarf an zusätzlichen öffentlichen Ausgaben immer deutlicher sichtbar werde.

„Massive Investitionen in Schulen, in eine funktionierende Infrastruktur, in das Gesundheitssystem und für den wirtschaftlich-ökologischen Umbau sind überfällig, damit die Bundesrepublik nicht den Anschluss verliert“, sagte Körzell. Der staatliche Handlungsspielraum dürfe weder durch eine Rückkehr zur Schuldenbremse noch durch eine übereilte Tilgung der Corona-Schulden eingeschränkt werden. Laufende Staatsausgaben – beispielsweise für notwendiges zusätzliches Personal im öffentlichen Dienst – seien allerdings auch durch laufende Einnahmen, also aus Steuern zu finanzieren. 

Die Vorschläge des DGB: 95 Prozent werden entlastet
„Wir wollen mit einem gerechteren Einkommensteuertarif gut 95 Prozent aller Haushalte entlasten. Große Vermögen, Erbschaften und Kapitaleinkünfte sollen mehr zum Gemeinwesen beitragen. Die Einnahmebasis der Kommunen soll durch eine weiterentwickelte Gewerbesteuer und mittelfristig auch durch eine höhere Besteuerung von Körperschaften gestärkt werden“, sagte Körzell. Insgesamt erhöhe die Umsetzung des DGB-Steuerkonzeptes die Staatseinnahmen um rund 60 Milliarden Euro pro Jahr. Allein die Wiedererhebung der Vermögenssteuer brächte zusätzliche Steuereinnahmen in Höhe von rund 28 Milliarden Euro jährlich.

Der DGB-Steuerrechner
Wieviel Steuern zahlen Berufstätige jetzt und was würde sich daran ändern, wenn die Gewerkschaftsforderungen umgesetzt würden? Mit unserem DGB-Steuerrechner lassen sich beide Zahlen für jeden und jede individuell annähernd ermitteln.

Linksammlung:

Statement DGB-Bundesvorstandsmitglied Stefan Körzell

DGB-Steuerkonzept

Beispiele Einkommenssteuer

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 20.04.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 18. – 20. Mai 2021

Veranstalter: AWO Bundesverband e.V.

„Wir machen Zukunft – Jetzt!“ – Vom 18. bis 20. Mai 2021 findet der 17. Deutsche Kinder- und Jugendhilfetag unter diesem Motto statt – in diesem Jahr zum ersten Mal ausschließlich digital. Der AWO Bundesverband e. V ist Ausrichter von zehn Fachveranstaltungen beim DJHTFachkongress.

Das ZFF ist auch dabei:

Termin: 18. – 20. Mai 2021

Veranstalter: AWO Bundesverband e.V.

„Wir machen Zukunft – Jetzt!“ – Vom 18. bis 20. Mai 2021 findet der 17. Deutsche Kinder- und Jugendhilfetag unter diesem Motto statt – in diesem Jahr zum ersten Mal ausschließlich digital. Der AWO Bundesverband e. V ist Ausrichter von zehn Fachveranstaltungen beim DJHTFachkongress. Die AWO ist mit vier Ständen bei der Fachmesse vertreten.
So bedauerlich es ist, dass wir uns in diesem Jahr nicht persönlich begegnen werden können: Das digitale Format eröffnet auch neue Chancen. Denn nach einer kurzen Registrierung können Sie sich ganz bequem am Rechner für die zahlreichen Fachveranstaltungen und Messeforen anmelden und sie dann kostenlos und von jedem Ort der Welt aus besuchen.

Alle Informationen zu den AWO-Fachveranstaltungen finden Sie hier

WEITERE INFORMATIONEN

Die Arbeitsgemeinschaft der Kinder- und Jugendhilfe (AGJ), die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter und das Bundesjugendkuratorium (BJK) veröffentlichen den Offenen Brief „Junge Zukunft trotz(t) Corona – Chancenpaket für junge Menschen“.

Der Offene Brief thematisiert das vom Bund geplante Maßnahmenpaket mit dem pandemiebedingte Nachteile für junge Menschen ausgeglichen werden sollen.

„Da Kinder und Jugendliche mehr sind, als Kita-Kinder und Schüler*innen, braucht es aber ein umfangreiches Maßnahmenpaket für alle Felder der Kinder- und Jugendhilfe von Bund, Ländern und Kommunen. Auch während der Pandemie müssen Kinder und Jugendliche Ferien haben, um Abstand von den Belastungen des Alltags und dem Druck der Schulerwartungen zu gewinnen. Ein solcher Abstand gelingt nicht durch die Verschulung von Ferien, sondern nur dadurch, dass alle Maßnahmen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe gestärkt und ausgebaut werden. Eine weitere Milliarde Euro ist dafür nicht zu viel verlangt! Sie kann aber nur der Anfang für einen nachhaltigen Ausgleich der Coronafolgen sein.“

Den gesamten Offenen Brief finden Sie hier.

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ZFF-Info

ZFF-Info 06/2021

SCHWERPUNKT I: Kinderrechte

Die FDP-Fraktion hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die Stellung der Kinder in der Gesellschaft gestärkt werden soll (19/28440). Danach soll der Artikel 6 des Grundgesetzes um einen neuen Absatz ergänzt werden, der die Rechtsstellung der Kinder auf der Basis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch ausdrücklich im Grundgesetz verankert, ohne das austarierte Verhältnis zwischen Kindern, Eltern und Staat zu verändern. Zudem solle Artikel 6 Absatz 5 des Grundgesetzes durch eine zeitgemäße Regelung ersetzt werden, die nicht nur nichteheliche Kinder erfasst.

Wie es in dem Entwurf heißt, hat sich die gesellschaftliche Perspektive auf Kinder seit Inkrafttreten des Grundgesetzes erheblich verändert. Obschon sie zweifellos Träger der Grundrechte des Grundgesetzes seien und daher keine Schutzlücke zulasten der Kinder bestehe, gebe es sowohl durch gesellschaftliche wie auch internationale Entwicklungen das Bedürfnis, ihrer Stellung als eigenständige Persönlichkeiten mit spezifischen Bedürfnissen stärker Ausdruck zu verleihen. Die besondere Bedeutung der Kinder für die Gesellschaft und ihre spezifischen Bedürfnisse müssten auch im Grundgesetz anerkannt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 487 vom 14.04.2021

Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz sieht ein Gesetz vor, dessen Entwurf die Bundesregierung vorgelegt hat (19/28138). Die vorgeschlagene Grundgesetzänderung soll die Grundrechte von Kindern im Text des Grundgesetzes besser sichtbar machen, wie es in dem Entwurf heißt.

So sollen kindesspezifische Aspekte wie das Kindeswohlprinzip und das Anhörungsrecht des Kindes im Verfassungstext betont und dadurch die Rechtstellung von Kindern und Familien unterstrichen werden. Dabei sei aber stets zu beachten, dass Kinder nicht die einzigen Grundrechtsträger seien.

Wenn deren Grundrechte nunmehr ausdrücklich im Verfassungstext Erwähnung fänden, heißt es weiter in dem Entwurf, sollen dadurch die grundrechtlichen Interessen anderer Personen nicht geringer veranschlagt werden. Insbesondere sei es ein Kernanliegen dieser Grundgesetzänderung, das Elternrecht und die Elternverantwortung nicht zu beschränken.

Das bestehende, wohl austarierte Verhältnis zwischen Eltern, Kindern und Staat solle durch die Änderung bewusst nicht angetastet werden. Unberührt bleibe damit auch der grundrechtliche Schutz des ungeborenen Lebens, wie er in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung seine Ausprägung gefunden hat.

In dem Entwurf wird darauf verwiesen, dass das Bundesverfassungsgericht erstmals im Jahr 1968 ausdrücklich betont habe, dass Kinder selbst Grundrechtsträger seien und Anspruch auf den Schutz des Staates hätten. In der Folge habe eine ständige Rechtsprechung die Grundrechte von Kindern im Lichte ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit anerkannt. Der Text des Grundgesetzes erwähne die Grundrechte von Kindern dagegen nicht ausdrücklich.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 433 vom 06.04.2021

Heute debattiert der Bundestag in erster Lesung das Vorhaben der Bundesregierung, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Bereits vor dem Bundestag wurde der Regierungsentwurf im Bundesrat beraten. Dieser sandte noch vor Ostern ein zwiespältiges Signal: Weder ein positives Votum noch konkrete Änderungswünsche fanden im Bundesratsplenum eine Mehrheit.

„Das stimmt bezüglich einer Einigung noch in dieser Legislaturperiode nicht sehr zuversichtlich, denn die Zeit für das parlamentarische Verfahren wird langsam knapp“, erläutert Dr. Martin Bujard, Präsident der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie (eaf). „Es ist uns aber sehr wichtig, dass in der verbleibenden Zeit noch eine Grundgesetzänderung zustande kommt. Die Corona-Pandemie zeigt überdeutlich, wie groß und dringend der Handlungsbedarf ist. Dieses Vorhaben darf nicht in die nächste Wahlperiode verschoben werden. Wir möchten deshalb die Aufmerksamkeit auf den Alternativvorschlag der eaf lenken, der aus unserer Sicht die er­forderlichen Zweidrittelmehrheiten in Bundesrat und Bundestag hinter sich versammeln könnte.“

Gestritten wird darum, welche Rechte aus der UN-Kinderrechtskonvention in das Grundgesetz aufgenommen und wie sie formuliert werden sollen. Der Alternativvorschlag der eaf etabliert ein Kindergrundrecht, ohne mit den UN-Kinderrechten in Konflikt zu geraten, und umschifft so die Klippe der Frage, ob das Kindeswohl „angemessen“ (Koalition) „maßgeblich“ (Grüne), „bei allem staatlichen Handeln“ (Linke) oder „besonders“ (FDP) zu berücksichtigen ist. Die Formulierungs­vorschläge der eaf orientieren sich an bereits im Grundgesetz vorhandenen Formulierungen und Strukturen und wahren so den Duktus des Grundgesetzes. Wichtig: Die Stellung der Eltern gegenüber dem Staat soll nicht geschwächt werden. Die begleitende Verankerung eines Staatsziels etabliert gleichzeitig ein „Kinder-Mainstreaming“, das die staatliche Gemeinschaft auf die Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Rechte des Kindes verpflichtet.

„Deutlich mehr als reine Symbolpolitik, aber mit der gebotenen rechtlichen Zurückhaltung“, beschreibt Bujard den Kompromissvorschlag der eaf. „Wir hoffen, dass unsere Argumente dazu beitragen, noch in dieser Legislaturperiode eine Einigung herbeizuführen. Wir brauchen die Grundgesetzänderung als Signal und Startschuss für eine aktivere Politik für Kinder und Jugendliche – gerade jetzt in Pandemiezeiten!“

Die Argumente und Hintergründe für die von der eaf vorgeschlagene Grundgesetzänderung finden Sie im Policy Paper „Kinderrechte und Grundgesetz – eaf-Alternativvorschlag zum Erreichen der Zweidrittelmehrheit“. 


Die Änderung von Artikel 6 GG durch den eaf-Alternativvorschlag

Der geänderte Artikel 6 des Grundgesetzes würde nach dem Vorschlag der eaf insgesamt künftig wie folgt aussehen (neu eingefügte Passagen sind fett und kursiv eingesetzt, redaktionelle Änderungen als durchgestrichen bzw. kursiv gekennzeichnet):

Art 6 GG (neu)

(1) Ehe, und Familie und Kinder stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Die staatliche Gemeinschaft fördert die tatsächliche Durchsetzung der Rechte des Kindes und wirkt auf kindgerechte Lebensbedingungen hin.

(6) Den unehelichen Kindern Den Kindern von nicht miteinander verheirateten Eltern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.


Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 15.04.2021

SCHWERPUNKT II: Kinderarmut

Armut allein ist unbedeutend für Gewalt und Vernachlässigung von Kindern. Es müssten weitere Belastungen hinzukommen, um Verletzungen oder Vernachlässigung der Kinder wahrscheinlicher zu machen, betont die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/28003) auf eine Kleine Anfrage (19/27527) der AfD-Fraktion.

Armut sei aber „ein wesentlicher Belastungsfaktor für die Gestaltung von Beziehungen und Interaktionen im Familiensystem und damit auch für die Entwicklung der Kinder“, heißt es in der Antwort weiter. Die Sorgen der Eltern, die aus mangelnden finanziellen Ressourcen resultierten und häufig mit beengten Wohnverhältnissen verbunden seien, beeinträchtigten vielfach den Blick der Eltern für Bedürfnisse der Kinder und würden den familiären Stress und damit das Risiko für Gewalt und Vernachlässigung erhöhen.

Bei Armut (festgemacht am Bezug von staatlichen Transferleistungen) seien die statistischen Werte für Gewalt und Vernachlässigung um das Doppelte erhöht. Armut stelle jedoch nur selten eine isolierte Problemlage dar. Vielfach kumulierten in von Armut betroffenen Familien eine Reihe von Belastungsfaktoren, schreibt die Bundesregierung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 462 vom 13.04.2021

Der prozentuale Anteil der Kinder und Jugendlichen in Hartz-IV-Haushalten bleibt auf einem erschreckend hohen Niveau. Nach aktuellen Berechnungen des Deutschen Kinderhilfswerkes liegt der Anteil der unter 18-jährigen in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften jetzt bei 33,1 Prozent. Vor fünf Jahren hatte dieser Wert noch bei 32,4 Prozent, im letzten Jahr bei 33,9 Prozent gelegen. Zum Jahresende 2020 waren von 5.596.890 Personen in Bedarfsgemeinschaften 1.854.695 Kinder und Jugendliche. Deshalb braucht es aus Sicht der Kinderrechtsorganisation dringend eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland und eine bedarfsgerechte Kindergrundsicherung.

„Die von der Bunderegierung in der Corona-Pandemie bisher auf den Weg gebrachten finanziellen Unterstützungsleistungen für Familien mit Kindern sind ein Schritt in die richtige Richtung, damit nicht noch mehr Kinder auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen sind. Den Status Quo an dieser Stelle zu halten, reicht aber nicht aus. Jeder dritte Hartz-IV-Empfänger ist ein Kind, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung in Deutschland nur bei rund 16 Prozent liegt. Damit sind Kinder und Jugendliche mit ihren Familien in besonderem Maße von Armut betroffen. Auch deshalb hat jüngst die EU-Kommission die Mitgliedsstaaten zu größeren Anstrengungen im Kampf gegen Kinderarmut gedrängt. Auch in Deutschland gehören die Förderung armer Familien und ihrer Kinder sowie unbürokratische Zugänge zu armutsvermeidenden Leistungen auf der Prioritätenliste ganz nach oben. Mittelfristig kann die Lösung nur sein, die gesellschaftliche Teilhabe jedes Kindes eigenständig und unabhängig von der Hartz-IV-Gesetzgebung abzusichern“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert für die Dauer der Corona-Krise einen pauschalen Mehrbedarfszuschlag in der Grundsicherung von 100 Euro pro Kopf und Monat. Denn es entstehen durch die Corona-Pandemie zusätzliche Bedarfe durch wegfallende Schul- und Kitaessen, Preissteigerungen bei Obst und Gemüse, Mehrausgaben für Hygieneartikel und Masken oder Spielzeug und Bücher für Kinder im Lockdown. Unabhängig von den finanziellen Belastungen durch die Corona-Pandemie tritt das Deutsche Kinderhilfswerk für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung nach dem Modell des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG ein, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, bestehende kindbezogene Leistungen bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem bedarfsgerecht gewährleistet. Die Kindergrundsicherung ist eine nachhaltige Lösung, die gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen eigenständig und unabhängig von der Hartz-IV-Gesetzgebung absichert.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 08.04.2021

– Zeit für einen Neuanfang nach 15 Jahren „Hartz IV“

– 6. Armuts- und Reichtumsbericht zeigt: Armut in Deutschland hat sich verfestigt

– Existenzsicherung mit Perspektive statt Kontrollen und Sanktionen

Der 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zeigt: Die Armut in Deutschland hat sich massiv verfestigt. Nach mehr als 15 Jahren „Hartz IV“ ist es dringend Zeit für einen Neuanfang. Die Diakonie Deutschland schlägt in einem heute vorgelegten Konzept vor, die existenzsichernden Hilfen grundlegend neu zu gestalten. Statt auf Sanktionen setzt die Diakonie auf Förderung, Motivation und flächendeckende professionelle Beratung.

 „In einem reichen Land wie Deutschland sind immer noch viel zu viele Menschen arm. Wer am Rande der Gesellschaft steht, hat kaum eine Chance, sozial aufzusteigen. Die derzeitigen existenzsichernden Hilfen bieten den meisten Menschen keinen Ausweg aus ihrer prekären Situation. Das ist ein Armutszeugnis für die Politik und das System von Hartz IV“, sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

Vor allem Langzeitarbeitslosigkeit ist ein großes ungelöstes Problem. Etwa eine Million Menschen in Deutschland sind davon betroffen. Mit betroffen sind viele Kinder. Der Arbeitsmarkt hat sich nach dem Armuts- und Reichtumsbericht in den vergangenen Jahren zwar positiv entwickelt, doch bei weitem nicht zufriedenstellend. Zwei Drittel der Menschen, die in Armut leben, sind nach fünf Jahren immer noch arm – weil sie weiterhin ohne Job oder nur zu Niedriglöhnen beschäftigt sind.

Maria Loheide: „Menschen, die in Armut leben, brauchen eine echte Perspektive.

Existenzsichernde Hilfen sollten motivieren statt sanktionieren und dem Anspruch des ‚Förderns‘ tatsächlich gerecht werden. Hier setzt das Konzept der Diakonie an, weil es Ermutigung, Förderung und Respekt in den Mittelpunkt stellt.“

Das Konzept setzt auf drei Bausteine:

  1. Eine „Existenzsicherungsstelle“, die für materielle Absicherung sorgt.
  2. Ein „Kompetenzzentrum Arbeit und berufliche Bildung“, das sich auf eine anreizorientierte Arbeitsförderung konzentriert.
  3. Vertrauensbasierte „Personenbezogene Soziale Dienste“, insbesondere eine für alle offene „Allgemeine Sozialberatung“, die den Bedarf psychosozialer Hilfen bearbeitet.

„Das bisherige Hartz-IV-System ist mit starken Kontrollen verbunden – ein Wunsch-  und Wahlrecht bei sozialen und beruflichen Integrationsmaßnahmen besteht kaum. Eine gute Existenzsicherung hingegen unterstützt, fördert und zeigt Perspektiven auf.  Sie verbessert die Situation der Betroffenen und ermöglicht ihnen ein Leben in Würde und mit sozialer Teilhabe“, so Maria Loheide.

Weitere Informationen:

Diakonie-Papier Existenzsicherung neu denken – „Hartz IV“ überwinden: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/210325_Existenzsicherung_neu_denken_final.pdf

https://www.armuts-und-reichtumsbericht.de/SharedDocs/Downloads/Berichte/entwurf-sechster-armuts-reichttumsbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=3 

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 29.03.2021

Das sogenannte “Bildungs- und Teilhabepaket”, das vor zehn Jahren auf Druck des Bundesverfassungsgerichts von der Bundesregierung eingeführt wurde, um armen Kindern mehr Teilhabe zu ermöglichen, ist nach Ansicht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes komplett gescheitert. Die Leistungen für benachteiligte Kinder und Jugendliche seien nicht geeignet, Kinderarmut zu bekämpfen, Teilhabe zu ermöglichen und Bildungsgerechtigkeit sicherzustellen, kritisiert der Verband. Trotz mehrfacher Nachbesserungen, zuletzt über das so genannte „Starke Familien Gesetz“, gehe das Paket nachwievor an der Lebenspraxis armer Kinder und ihrer Familien weitgehend vorbei.

“Das Bildungs- und Teilhabepaket war von Anfang an komplett an der Lebensrealität Heranwachsender und den Strukturen vor Ort vorbei konzipiert und zum Scheitern verurteilt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Bundesregierung nach zehn Jahren ernüchternder Praxiserfahrung und entgegen dem Rat vieler Expert*innen immer noch an diesem sozialpolitischen Murks festhält”, so Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Mit dem Bildungs- und Teilhabepaket wird seit 2011 benachteiligten Kindern und Jugendlichen ein monatlicher Zuschuss in Höhe von 10 Euro (seit dem 1. August 2019: 15 Euro) für Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, für Musikunterricht und die Teilhabe an Freizeiten in Aussicht gestellt. Obwohl die Leistungen praktisch nur einem Teil der Jugendlichen zu Gute kommen, wurden Regelsatz-Bestandteile im Gegenzug für alle Kinder und Jugendlichen pauschal gestrichen. Auch knapp zehn Jahre nach Einführung profitieren laut einer Studie des Paritätischen nur bis zu 15 Prozent der Schülerinnen und Schüler unter 15 Jahren im Hartz-IV-Bezug von den sogenannten „soziokulturellen Teilhabeleistungen“, 85 Prozent der Leistungsberechtigten wurden in der Praxis dagegen nicht erreicht.

Durch Corona sei der akute Handlungsbedarf noch einmal bitter zu Tage getreten, betont der Verband. “Homeschooling und andere coronabedingte Beschränkungen des öffentlichen Lebens haben deutlich gemacht, wie schwierig die Lage einkommensarmer Eltern ist. Es fehlt schon im normalen Alltag vorne und hinten an Geld, um den Kindern eine unbeschwerte Kindheit und ein Mindestmaß an Teilhabe zu ermöglichen, in der Pandemie hat sich die Not potenziert”, so Hesse. So richtig und wichtig es gewesen sei, dass Arbeitsminister Hubertus Heil inzwischen den Weg frei gemacht habe für die Kostenerstattung von Laptops für einkommensarme Schüler*innen, so wenig können solche Einzelmaßnahmen darüber hinwegtäuschen, dass es grundlegender Reformen bedarf, um Kinderarmut wirksam abzuschaffen.

“Was es braucht, ist politischen Mut, sich von dem verkorksten Bildungs- und Teilhabepaket endlich zu verabschieden, und den politischen Willen, Kinderarmut wirklich zu stoppen“, fordert Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Der Paritätische bekräftigt seine Forderung nach der Einführung eines Rechtsanspruchs auf Angebote der Jugendarbeit im Kinder- und Jugendhilfegesetz und die Einführung einer bedarfsgerechten, einkommensabhängigen Kindergrundsicherung.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 01.04.2021

SCHWERPUNKT III: Corona-Krise

Die FDP-Fraktion erkundigt sich in einer Kleinen Anfrage (19/28055) nach der Entwicklung beim Bezug von Kinderkrankengeld. Die Fragesteller möchten unter anderem wissen, wie hoch die Bundesregierung die steuerlichen Mehreinnahmen schätzt, die sich durch den Progressionsvorbehalt und die Ausweitung des Kinderkrankengeldes ergeben.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 426 vom 01.04.2021

Familienbund fordert Konsequenzen nach Studie zu besorgniserregender Verfassung vieler Jugendlicher in Corona-Krise. Forderung nach nationalem Familiengipfel im Bundeskanzleramt bekräftigt.

Nachdem Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten in der vergangenen Nacht zum fünften Mal in diesem Jahr zusammengekommen sind und abermals die Verlänge-rung des Lockdowns beschlossen haben, bekräftigt der Familienbund der Katholiken seine Forderung nach der raschen Einberufung eines nationalen Familiengipfels im Bundeskanzleramt. „Die Verfassung vieler Familien ist nach einem Jahr erheblicher Mehrfachbelastungen, empfindlicher Bildungseinbußen und weitreichender sozialer Einschränkungen besorgniserregend“, sagte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin. „Das bevorstehende Osterfest 2021 ähnelt in der Vielzahl der Einschränken allzu sehr an die Osterzeit des Vorjahres. So notwendig die Schutzmaßnahmen angesichts wieder steigender Infektionszahlen auch sind: Eine weiter stockende Pandemiebekämpfung ist niemandem mehr zumutbar.“

„Kinder, Jugendliche und Eltern brauchen endlich einen möglichst verbindlichen Fahrplan durch die Krise“, erklärte Hoffmann. „Das Hangeln von einer Bund-Länder-Runde zur nächsten und der Ausruf von regionalen Modellprojekten, wie es in der Beschlussvorlage von Bundeskanzlerin und Länderchefs heißt, reichen nicht mehr. Kitas und Schulen brauchen verbindliche und praktikable Test- und Hygienestrategien, um Kindern und Jugendlichen sicheren Zugang zu Bildung und sozialem Austausch zu ermöglichen. Vor allem muss die seit Monaten nur schleppend verlaufende Impfkampagne deutlich an Tempo zulegen. Das ist die Voraussetzung für die Entwicklung unserer aller Lebenssituation hin zu mehr Normalität. Dafür ist es allerhöchste Zeit! Dem Pandemie-Management fehlt es zusehends an Entschlossenheit und Pragmatismus.“

Mit großer Sorge blickt Hoffmann auf die Ergebnisse der heute veröffentlichten Bertelsmann-Studie zur Verfassung Jugendlicher in der Corona-Krise. Danach klagten junge Menschen in der Corona-Zeit über psychische Probleme, Vereinsamung und Zukunftsängste. Das gelte besonders für diejenigen mit finanziellen Sorgen. Von der Politik fühlten sie sich im Stich gelassen. „Die Ergebnisse erschrecken mich zutiefst. Sie zeigen die fatalen Spuren der anhaltenden Pandemiebekämpfung in den Seelen vieler junger Menschen. Die psychischen Leiden eines Großteils der Jugendlichen stehen synonym für den massiven Druck und das Leid vieler Familien heute nach einem Jahr Corona. Die Ergebnisse der Studie sind der stille Aufschrei einer Generation. Mehr denn je ist eine materielle Unterstützung und eine stärkere Beteiligung von Jugendlichen dringend nötig. Auch deshalb haben die Menschen jetzt ein Recht auf einen nationalen Familiengipfel im Bundeskanzleramt.“

Quelle: Pressemitteilung Landesfamilienrat Baden-Württemberg vom 30.03.2021

Der aktuelle FamilienMonitor_Corona berichtet über Sorgen und das Wohlbefinden von Familien im Zeitraum vom 17. bis 30. März 2021. In dieser Zeit ist die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus weiter dynamisch gewachsen. Es häuften sich Berichte darüber, dass auch in Kitas und Schulen das Infektionsgeschehen zunimmt und sich die ansteckendere britische Mutante B.1.1.7 weiter ausbreitet, was öffentliche Diskussionen um erneute Kita- und Schulschließungen nach sich gezogen hat, die in einzelnen Bundesländern für die Zeit nach den Osterferien bereits angekündigt wurden. In die zweite Märzhälfte fällt auch eine zunehmende Verunsicherung über Nebenwirkungen des Impfstoffs von AstraZeneca, der mit einem zwischenzeitlichem Impfstopp und einer veränderten Altersempfehlung einhergeht. Dieser Impfstoff war auch für Impfangebote an LehrerInnen und ErzieherInnen vorgesehen, die seit Ende Februar eine erhöhte Impfpriorität haben.

In der zweiten Märzhälfte haben die Sorgen von Eltern um die Bildung und die wirtschaftliche Zukunft ihrer Kinder stark zugenommen. Aktuell machen sich 60 Prozent der Eltern große Sorgen um die Bildung und 57 Prozent große Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft der Kinder. Anfang März lag der Anteil noch neun beziehungsweise sieben Prozentpunkte niedriger. Die Sorgen haben nahezu unabhängig vom Alter der Kinder zugenommen. Sowohl Eltern mit Kita-Kindern als auch Grundschulkindern und älteren Schulkindern sorgen sich mehr. In der zweiten Märzhälfte nahmen auch die Sorgen um die Gesundheit der Kinder zu: Der Anteil der Eltern mit großen Sorgen stieg um fünf Prozentpunkte auf 39 Prozent. Unter Eltern mit Kita-Kindern haben die Sorgen am stärksten zugenommen: Etwa 41 Prozent geben an, sich große Sorgen um die Gesundheit der Kinder zu machen, in der ersten Märzhälfte betrug dieser Wert noch 34 Prozent. Bemerkenswert ist außerdem, dass die Zunahme der Sorgen um die Bildung, Zukunft und Gesundheit der Kinder hauptsächlich von Eltern ohne Abitur ausgeht. Die Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation haben sich in der zweiten Märzhälfte kaum verändert.

Auch bei der Zustimmung von Eltern zu Kita- und Schulschließungen zeichnen sich in der zweiten Märzhälfte Veränderungen ab. Der Anteil derer, die Schließungen ablehnen, hat um weitere drei Prozentpunkte zugenommen und beträgt nun 64 Prozent. Bei Eltern von älteren Schulkindern hat sich der Anteil, der Schließungen zustimmt beziehungsweise diese ablehnt, Anfang März noch etwa die Waage gehalten. In der zweiten Märzhälfte hat sich das Bild deutlich verändert, so dass nun 63 Prozent Schließungen ablehnen und nur noch 36 Prozent diese befürworten. Bei Eltern von Kita- und Grundschulkindern war bereits Anfang März die Ablehnung von Kita- und Schulschließungen vergleichsweise hoch. In der zweiten Märzhälfte nahm unter Eltern mit Grundschulkindern der Anteil, der Schließungen ablehnt, trotzdem weiter zu und beträgt nun 69 Prozent. Unter Eltern von Kita-Kindern lehnen 65 Prozent Schließungen ab, eine Verringerung im Vergleich zur ersten Märzhälfte, in der noch 69 Prozent Kita- und Schulschließungen abgelehnt hatten.

Die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung stieg in der zweiten Märzhälfte leicht auf einen Wert von 5,7 Punkte (Skala von 0 = „ganz und gar unzufrieden“ bis 10 = „ganz und gar zufrieden“). Die Zufriedenheit mit dem Familienleben kletterte auf einen Wert von 7,3 Punkten. Die Zufriedenheit mit dem Leben allgemein sinkt leicht auf einem Wert von 6,7 Punkten. Die leichte Erhöhung der Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung und dem Familienleben geht insbesondere von Eltern mit Kita- und Grundschulkindern aus.

Quelle: Pressemitteilung  Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 06.04.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV) begrüßt die Ausweitung der Kinderkrankentage, die heute (Dienstag) durch das Bundeskabinett auf den Weg gebracht worden sind.

„Die Kinderkrankentage auf 30 Tage je Kind und Elternteil zu erhöhen, ist eine gute und notwendige Entscheidung des Bundeskabinetts“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes. Die Neuregelung steht in Verbindung mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Für Alleinerziehende erhöht sich der Anspruch von 40 auf 60 Tage.

Der DFV begrüßt es, dass die Forderung von Eltern nach einer Erhöhung der Kinderkrankentage endlich Gehör findet. Besonders zu befürworten ist die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Kinderkrankentage, wenn Schulen und Kitas geschlossen sind oder der Zugang zu Betreuungseinrichtungen eingeschränkt ist, und nicht nur wenn die Kinder krank sind. „Für berufstätige Eltern oder Eltern im Home Office ist die neue Regelung der Kinderkrankentage eine deutliche Verbesserung“, so Heimann.

„Die Corona-Pandemie lastet gewaltig auf den Schultern der Familien“, sagt Heimann. „Es ist die schwerste Familienkrise der Bundesrepublik. Die gesundheitlichen Nebenfolgen der Corona-Pandemie – körperliche und psychische Dauerüberlastung zwischen Kinderbetreuung, Erwerbsarbeit und Home Schooling – sind unübersehbar. Die Kinderkrankentage helfen, diese Last zu stemmen.“

Für den DFV ist es dennoch dringend geboten, weitere Corona-Unterstützungsmaßnahmen für das Familienleben auf den Weg zu bringen. So eine Impfpriorisierung für Lehrer und Erzieher, kostenfreie Schnelltests in Kitas und Schulen, Luftfilteranlagen, höhere Personalschlüssel – damit Ausfälle kompensiert werden können – und qualitativ hochwertige Online-Bildungsangebote für Schüler.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 13.04.2021

Der Verband kinderreicher Familien Deutschland (KRFD) fordert eine Pandemie-Politik, die an den Bedürfnissen der Schwächsten Maß nimmt. Die aktuell beschlossene, rein an den Inzidenzwerten orientierte Notbremse übergeht die Erfordernisse und Notwendigkeiten der knapp 11 Mio. Kinder und Jugendlichen in allgemeinbildenden und ausbildenden Schulen[1]. Ignoriert werden die soliden wissenschaftlichen Erkenntnisse über funktionierende Hygienekonzepte. Prof. Dr. Dominik Schneider, Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizinbekräftigt die Umsetzbarkeit schulischer Hygienekonzepte: „Feste, bei Bedarf geteilte Gruppen, entzerrtes Ankommen und Gehen, festgelegte Wege in den Schulen, Masken und Lüften sind die Pfeiler eines sinnvollen Hygienekonzepts an Schulen und Kitas, wie es in der S3 Leitlinie erarbeitet worden ist. Der Preis ist die Rückkehr zu gemeinsamem Lernen, schulischer Motivation und neuer Zuversicht – dem Kernelement für Freude am Lernen und altersgemäßer Entwicklung“.

Zu Recht genießen Ältere und Risikogruppen in unserer Gesellschaft absolute Impfpriorität. Die Impfung ermöglicht ihnen Schutz vor der lebensbedrohlichen Infektion und ein Leben mit den ebenso lebensnotwendigen sozialen Kontakten, Einbindung in den Alltag ihrer Familien und den Austausch mit Gleichaltrigen – denn das macht Lebensqualität, Menschenwürde und seelische Gesundheit aus.
Kinder und Jugendliche sind eine ähnlich vulnerable Gruppe, deren seelisches Existenzminimum derzeit sträflich ignoriert wird. Auch sie brauchen Betreuung, Ansprache und soziale Kontakte außerhalb ihrer Familie, um sich stabil entwickeln zu können.

Seit Monaten leben die Jüngsten in sozialer Isolation, können nicht mit und von anderen Kindern lernen. Nicht wiederholbare Zeitfenster für Entwicklung und Lernen schließen sich. Die körperliche Gesundheit aufgrund des Bewegungsmangels und des natürlichen Stressabbaus leidet – zumal auch alle Sportvereine und Freizeiteinrichtungen geschlossen sind. „Es ist erschütternd, wie sehenden Auges eine ganze Generation desillusioniert wird“, sagt KRFD-Bundesvorsitzende Dr. Elisabeth Müller.

„Als Mehrkindfamilien liegt uns die Zukunft und die seelische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen am Herzen. Wir erleben täglich, wie förderlich das Zusammensein mit anderen Kindern ist und wie Kinder förmlich verkümmern, wenn ihnen Anregung und Förderungen fehlen“, sagt Müller. „Deshalb appellieren wir an die Verantwortlichen in den Schulministerien und allen beteiligten Behörden: Orientieren Sie alle Maßnahmen daran, dass Schule, Ausbildung und Bildung wieder möglich werden!“ Die Leitplanken für einen sicheren und infektionsminimierenden Unterricht sind bekannt. Eltern, Lehrende und Lernende achten schon im Eigeninteresse auf Sicherheit und Erhalt ihres Alltags. Müller macht auf einen weiteren Kollateralschaden der rigiden Maßnahmen aufmerksam: „Wo soll das Vertrauen der Jugend in die Politik herkommen, wenn ihre Lebensrealität so offensichtlich keine Rolle spielt?“

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD) vom 14.04.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Gute Begleitung der Familien – vor, während und nach einer Adoption.

Mit dem Adoptionshilfe-Gesetz treten zum 1. April 2021 neue Regelungen für die Adoptionsvermittlung in Kraft. Das Gesetz, das auf Erkenntnissen aus der Adoptionsforschung basiert, setzt zu großen Teilen Forderungen der Länder und der Adoptionsvermittlungspraxis um. Viele der Verbesserungen, insbesondere zur Förderung von gelebter Offenheit bei Adoptionen und zur Stärkung der Position der Herkunftseltern, entsprechen auch den Empfehlungen des 9. Familienberichts.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Das neue Adoptionshilfe-Gesetz nimmt die Bedürfnisse der Familien besser in den Blick und modernisiert das Adoptionswesen: Alle Adoptivfamilien, die Herkunftsfamilien und vor allem die Kinder erhalten endlich leichter die Hilfe und Unterstützung, die sie brauchen. Die Neuerungen verbessern die Beratung, die Aufklärung des Kindes und die Strukturen der Vermittlung. Und es gelten nun verbindlichere Vorgaben bei Auslandsadoptionen, um Kinder vor Menschenhandel zu schützen. Auf all das warten viele Familien und Fachkräfte in der Adoptionsvermittlung bereits seit langem. Als Bundesfamilienministerin ist mir dabei besonders wichtig: Das neue Adoptionshilfe-Gesetz trägt dafür Sorge, dass adoptierte Kinder gut aufwachsen, ihren Weg gehen und ihre Wurzeln kennenlernen können.“

Das Adoptionshilfe-Gesetz besteht aus vier Bausteinen

  1. Bessere Beratung aller an einer Adoption Beteiligten vor, während und nach einer Adoption

Ein Rechtsanspruch auf eine Begleitung auch nach der Adoption sichert die gute Beratung und Unterstützung aller an einer Adoption Beteiligten. Die unterschiedlichen Phasen der Adoption werden so als Ganzes betrachtet und begleitet. Außerdem werden die Adoptionsvermittlungsstellen in ihrer Lotsenfunktion gestärkt, damit die Familien die Hilfen bekommen, die sie brauchen. Vor einer Stiefkindadoption wird eine verpflichtende Beratung eingeführt. Sie soll dafür sorgen, dass eine Adoption tatsächlich das Beste für das Kind ist. Nicht zur Beratung verpflichtet sind lesbische Paare, deren Kind in ihre bestehende Ehe oder verfestigte Lebensgemeinschaft hineingeboren wird und bei denen die Partnerin der Geburtsmutter das Kind im Rahmen einer Stiefkindadoption adoptiert.

  1. Aufklärung und Förderung eines offenen Umgangs mit Adoption

Das Adoptionshilfe-Gesetz trägt zu einem offeneren Umgang mit dem Thema Adoption bei: Zum einen sollen Adoptiveltern durch die Adoptionsvermittlungsstellen ermutigt und dabei unterstützt werden, ihr Kind von Anfang an altersgerecht über die Tatsache ihrer Adoption aufzuklären. Zum anderen soll die Vermittlungsstelle vor Beginn der Adoptionspflege mit den Herkunftseltern und den Adoptionsbewerberinnen und -bewerbern erörtern, ob und wie ein Informationsaustausch oder Kontakt zum Wohl des Kindes gestaltet werden kann. Die Herkunftseltern werden in ihrer Rolle gestärkt, indem sie gegenüber der Adoptionsvermittlungsstelle einen Anspruch auf allgemeine Informationen über das Kind bekommen. Die Adoptivfamilie entscheidet, ob und welche Informationen sie zur Verfügung stellen möchte.

  1. Stärkung der Adoptionsvermittlungsstellen mit einem Aufgabenkatalog und einem Kooperationsgebot

Die Adoptionsvermittlungsstellen erhalten einen konkreten Aufgabenkatalog, der Klarheit über ihre Aufgaben schafft. Ein an die Adoptionsvermittlungsstellen gerichtetes Kooperationsgebot soll den fachlichen Austausch und die Vernetzung mit den verschiedenen Beratungsstellen fördern – etwa mit der Schwangerschaftsberatung, der Erziehungsberatung und dem Allgemeinen Sozialen Dienst – damit auf die Bedürfnisse der Familien sensibel reagiert werden kann.

  1. Verbot von unbegleiteten Auslandsadoptionen und Einführung eines Anerkennungsverfahrens, um Kinder zu schützen

Auslandsadoptionen müssen in jedem Fall durch eine Adoptionsvermittlungsstelle begleitet werden, damit die zukünftigen Eltern auf die Herausforderungen einer Auslandsadoption vorbereitet und die Interessen der Kinder ausreichend berücksichtigt werden können. International vereinbarte Schutzstandards sind nun bei allen Auslandsadoptionen einzuhalten. Auslandsadoptionen ohne Begleitung einer Vermittlungsstelle sind untersagt. Für mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gibt es ein verpflichtendes Anerkennungsverfahren für ausländische Adoptionsbeschlüsse.

Zum Inkrafttreten des Adoptionshilfe-Gesetzes – und zur Unterstützung der neuen Regelungen in die Praxis – hat die Bundesregierung eine Reihe von Informationsmaterialien für Eltern und Familien sowie für die Fachstellen der Adoptionsvermittlung veröffentlicht.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 01.04.2021

Das Bildungs- und Teilhabepaket ist seit 10 Jahren ein Erfolg

Am 1. April 2011 trat das Bildungs- und Teilhabepaket rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft. Dazu erklärt der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Weiß:

„Vor zehn Jahren haben wir das Bildungs- und Teilhabepaket für Familien mit geringem Einkommen beschlossen. Die Kinder aus einkommensschwachen Familien haben seitdem eine Möglichkeit, gemeinsam mit ihren Mitschülern in der Schule am Mittagessen oder an Klassenfahrten teilzunehmen, Freizeitveranstaltungen zu besuchen oder Nachhilfeunterricht zu beanspruchen. Diese Leistungen ermöglichen Kindern eine echte Teilhabe in der Schule und am Gesellschaftsleben.

Das Bildungs- und Teilhabepaket hat sich bewährt und demonstriert zugleich eindrucksvoll, dass die CDU/CSU-Fraktion richtig handelte, als sie vor zehn Jahren dieses Neuland in der Sozialpolitik betrat. Der Bundestag hat in der Folge nicht nur regelmäßig den Regelsatz erhöht, sondern alle Leistungen kontinuierlich der aktuellen Lebenssituation angepasst.

Dies haben wir auch während der Corona-Pandemie unter Beweis gestellt und dafür gesorgt, dass Kinder bei pandemiebedingten Schließungen der Bildungseinrichtungen weiterhin über verschiedene Wege mit Mittagessen versorgt werden können.

Wir, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, stehen auch in schwierigen Zeiten zu den hilfebedürftigen Familien und handeln lösungsorientiert und effizient.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 01.04.2021

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (19/28115) für ein Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über den Mutterschutz vorgelegt. Das Übereinkommen Nr. 183 vom 15. Juni 2000 ist eine Überarbeitung des Mutterschutz-Übereinkommens von 1952, das wegen seiner zu detaillierten Regelungen nur von wenigen Mitgliedstaaten der IAO unterzeichnet worden war. Das Übereinkommen Nr. 183 vermeide durch flexiblere Regelungen diese Hindernisse, schreibt die Regierung in dem Entwurf. Ziel des Übereinkommens ist es demnach, die Gleichstellung aller erwerbstätigen Frauen sowie die Gesundheit und Sicherheit von Mutter und Kind weiter zu fördern. Mit dem Gesetz werden die Voraussetzungen für eine Ratifizierung des Übereinkommens durch Deutschland geschaffen. Im Rahmen der Ratifizierung seien Änderungen oder Ergänzungen der innerstaatlichen gesetzlichen Vorschriften nicht erforderlich, so die Bundesregierung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 462 vom 13.04.2021

Die FDP-Fraktion erkundigt sich nach dem geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter. In einer Kleinen Anfrage (19/27642) will sie unter anderem wissen, wie viele Treffen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Umsetzung des Rechtsanspruchs in dieser Legislaturperiode stattgefunden haben und welche Fragen zur Bundesbeteiligung an den Betriebskosten noch offen sind. Zudem möchte sie erfahren, wann die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur Umsetzung des Rechtsanspruchs einbringen wird.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 443 vom 08.04.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Das Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen – KJSG-RegE 2020 – beinhaltet die wichtige Chance einer fachlichen Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendhilferechts, wie sie seit vielen Jahren gefordert und von zahlreichen Institutionen, Verbänden und Vertreter*innen der Kinder- und Jugendhilfe durch Stellungnahmen, Diskussions- und Positionspapiere mitgestaltet worden ist. Es dokumentiert den von vielen Akteuren der Kinder- und Jugendhilfe und ihren zahlreichen Kooperatonspartner*innen getragenen Kompromiss einer Reform des SGB VIII am Ende eines langen und intensiven Dialogprozesses.

Sicherlich hätte man sich mehr, manches umfänglicher und anderes schneller wünschen können. Das heißt aber nicht, dass man unter dem Strich gänzlich unzufrieden sein musss mit dem, was nun vorliegt.
Vor allem die mit dem Gesetzentwurf verbundene Chance einer inklusiven Weiterentwicklung der
Kinder- und Jugendhilfe sollte auf keinen Fall ungenutzt bleiben! Die partiell erweiterte Subjektstellung der Adressat*innen, die Stärkung von Herkunftsfamilien und Pflegeeltern und der Elternarbeit sind wie der neue Blick auf Selbstvertretungen von Adressat*innen wünschenswerte Verbesserungen einer modernen Kinder- und Jugendhilfe. Auch die Einführung von Ombudsstellen, die ausgebauten Beratungs- und Beteiligungsansprüche sowie die Berücksichtigung der Geschwisterperspektive und der Anliegen der Careleaver sollten Anlass sein, den  Gesetzgebungsprozess kritisch, gleichwohl aber in der Erwartung an ein parlamentarisches Verfahren zu begleiten, an dessen Ende eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe stehen muss.

Zum Abschluss der jetzigen Legislaturperiode sollte ein neues Kinder- und Jugendstärkungsgesetz
stehen, mit dem die Reform der Kinder- und Jugendhilfe auf den Weg gebracht wird. Für nicht wenige Handlungsfelder wäre das KJSG so etwas wie ein Startschuss, mit dem sich die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe auf den Weg zu mehr Inklusion, Teilhabe und Beteiligung machen muss.

Bund, die Fraktionen des Bundestages und die Länder sind jetzt gefordert, ihrer Verantwortung für
eine solche Kinder- und Jugendhilfe gerecht zu werden, kompromissbereit zu sein und durch die
Verabschiedung den Reform- und Weiterentwicklungsprozess des KJSG zu ermöglichen!

Quelle: Offener Brief Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe, Bundesjugendkuratoriums und Deutsches Jugendinstitut vom 28.03.2021

Der AWO Bundesverband hat ein Rechtsgutachten des renommierten Jugendhilferechtsexperten Prof. Johannes Münder zur Verortung zentraler Qualitätsdimensionen bei der ganztägigen Förderung von Grundschulkindern veröffentlicht. Der Verband fordert in diesem Zuge Bund und Länder zur finalen Verständigung auf einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung auf.

Das Rechtsgutachten formuliert Vorschläge, wie sich zentrale Qualitätsdimensionen bei der ganztägigen Förderung von Grundschulkindern im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) verankern lassen. Die sechs analysierten Qualitätsdimensionen sind das Ergebnis einer bundesweiten Online-Kampagne „Ganztagsbetreuung. Ganz schnell? Ganz gut?!“ der AWO im Sommer 2020. Bereits damals forderte die AWO, dass das Recht auf Ganztagsbetreuung nicht ohne Qualitätsstandards für die Betreuung eingeführt werden dürfe.

Die Regierungszeit der Großen Koalition geht auf die Zielgerade, die Verständigung von Bund und Ländern über den geplanten Rechtsanspruch auf ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter steht jedoch nach wie vor aus. „Es bleibt kaum noch Zeit, das Ganztagsförderungsgesetz ordnungsgemäß in die parlamentarischen Beratungen einzubringen“, so die Einschätzung von Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzendem des AWO Bundesverbandes, „Wir sind besorgt, dass dieses große Koalitionsvorhaben scheitern könnte und damit das Versprechen, einen Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zum Abbau von Bildungsungleichheit in unserem Land zu leisten!“.

Ergebnis der Expertise ist, dass die Bundesregierung im SGB VIII Vorgaben für eine gute Ganztagsbetreuung einbauen kann – sei es als Programmsätze oder als objektive Rechtsverpflichtung. Jens M. Schubert dazu: „Mit dieser Rechtsexpertise nehmen wir unsere Beteiligung an den Beratungen für ein gut verstandenes Ganztagsförderungsgesetz ernst. Unsere Formulierungsvorschläge sind fachliche Anregungen für den Bundesgesetzgeber, im Rahmen der anstehenden Beratungen über ein Ganztagsförderungsgesetz gezielt qualitative Kriterien für einen gut ausgebauten, verlässlichen und qualitätsvoll gestalteten Ganztag im Kinder- und Jugendhilfegesetz zu verankern“.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 15.04.2021

Ziel einer Adoption ist es, Eltern für ein adoptionsbedürftiges Kind zu finden. Zentrale Leitschnur ist dabei das Wohl des Kindes, denn die Adoption verändert die familiäre Zugehörigkeit eines Kindes durch Gerichtsbeschluss und stellt so einen tiefgreifenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht eines Kindes dar. Seit der letzten umfassenden Reform des Adoptionsrechts im Jahr 1976 haben sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen stark gewandelt, und neue wissenschaftliche Erkenntnisse der Adoptionsforschung wurden erarbeitet. Damit eine Adoption dem Wohl des Kindes gerecht wird, muss das Adoptionsrecht die Lebensbedingungen von Familien heute und die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Adoptionsforschung berücksichtigen. Die Absicht des Gesetzgebers, das Adoptionsrecht zu reformieren, wurde deshalb in den letzten Jahren mit wissenschaftlichen Studien und unter enger Anbindung an die Fachpraxis begleitet. An diese Ergebnisse knüpft das Adoptionshilfe-Gesetz an, das am 1. April 2021 in Kraft treten soll. Das Gesetz wird den Aufgabenkatalog für die Adoptionsvermittlungsstellen (AVS) erheblich erweitern. Das sind zum einen Aufgaben, die mit der Umstellung auf neue Verfahrensweisen verbunden sind, zum anderen wird die dauerhafte Übernahme neuer Aufgaben im Rahmen des gesetzlichen Auftrags erforderlich.

Die Empfehlungen des Deutschen Vereins nehmen die rechtlichen Neuregelungen in den Blick und loten die Umsetzungsschritte und Bedarfe aus, die für die Fachpraxis der Adoptionsvermittlungsstellen in Deutschland daraus folgen.

Darüber hinaus sollen die Empfehlungen einen Beitrag dazu leisten, die Fachöffentlichkeit für das Thema Adoption zu sensibilisieren. Fachdienste außerhalb der Adoptionsvermittlung sind mit diesem Thema eher wenig vertraut. Es besteht ein Bedarf an Information und Aufklärung, zum Beispiel über die positiven Effekte einer Adoption im Hinblick auf die Entwicklungschancen eines besonders fürsorgebedürftigen Kindes.

Zielgruppe dieses Papiers sind neben Führungs- und Fachkräften der Adoptionsvermittlung Multiplikator/innen aus Fachverbänden, die Familiengerichte, gerichtlich bestellte Betreuer/innen und andere soziale Dienstleister der Kinder- und Jugendhilfe.

Vollständige Empfehlung/Stellungnahme vom 24.03.2021 [PDF, 450 KB]

Quelle: Pressemitteilung  Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. vom 31.03.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV) erinnert an das wegweisende Urteil zur Pflegeversicherung von 2001, nach dem nicht nur die Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung, sondern auch die zur Renten- und Krankenversicherung Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit der Beitragszahler nehmen müssen.

Am 3. April 2001 befand das Bundesverfassungsgericht, dass Eltern mit Unterhaltspflichten für Kinder nicht genauso stark in der Pflegeversicherung belastet werden dürfen wie Kinderlose. Gleichzeitig trugen die Richter dem Gesetzgeber auf, auch die Renten- und Krankenversicherung familiengerecht auszugestalten und Eltern in der aktiven Familienphase zu entlasten.

„Das Bundesverfassungsgericht begründete sein Urteil damit, dass Familien bereits durch die Erziehung von Kindern einen entscheidenden Beitrag zum System der Sozialversicherung leisten“, sagt Siegfried Stresing, Vizepräsident des Deutschen Familienverbands (DFV). Durch diesen „generativen Beitrag“ seien sie weniger leistungsfähig als Personen ohne Aufwand für Kinder. Dies nicht zu berücksichtigen, sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Stresing hebt hervor, dass es nicht um einen Familienlastenausgleich geht. „Es muss endlich Schluss sein mit einer Abgabenlast, die finanziell weniger Leistungsfähige wie Familien unter das Existenzminimum drückt und gleichzeitig Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze, bestimmte Personengruppen und Einkunftsarten ganz aus der ,sozialen Versicherung‘ entlässt“, so Stresing.

Mit dem Kinderberücksichtigungs-Gesetz vom Januar 2005 meinte der Gesetzgeber, das Pflegeversicherungsurteil umgesetzt zu haben. Er erhob für Kinderlose einen geringen Zusatzbeitrag von 0,25 Beitragssatzpunkten in der Pflegeversicherung, anstatt wie im Karlsruher Urteil gefordert, Eltern in der aktiven Familienphase zu entlasten. „Der Gesetzgeber hat einen Verfassungsverstoß mit einem neuen Verfassungsverstoß geregelt“, so Stresing. „Bis heute – 20 Jahre nach dem Pflegeversicherungsurteil – weigert sich der Gesetzgeber, eine familiengerechte Regelung in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung zu finden. In 20 Jahren wurde noch nicht einmal die vom obersten Gericht geforderte Prüfung durch den Gesetzgeber vorgenommen, sondern allein der Regierung überlassen!“

Stresing führt aus: „Die Sozialabgaben in Deutschland sind familienblind. Wer Kinder erzieht, leistet einen unschätzbaren Dienst für den Generationenvertrag Sozialversicherung. Paradoxerweise werden aber Familien mit hohen Beiträgen und niedrigen Renten abgestraft.“

Horizontaler Vergleich zeigt hohe Sozialabgabenbelastung

Der Horizontale Vergleich, den der DFV zusammen mit dem Familienbund der Katholiken (FDK) jährlich herausbringt, zeigt eindrücklich die Wirkung von Sozialabgaben und Steuern auf das Familieneinkommen. Eine Familie mit drei Kindern zahlt in die Renten- und Krankenversicherung genauso viel ein wie jemand, der keine Unterhaltspflichten für Kinder zu leisten hat. In der Pflegeversicherung ist der Zusatzbeitrag marginal höher und wird über den Weg der steuerlichen Abzugsfähigkeit teilweise von allen Steuerzahlern, auch Familien, mitfinanziert. Nimmt man das frei verfügbare Einkommen als Maßstab, so rutschen Familien regelmäßig unter das Existenzminimum. Eltern mit drei Kindern fehlen bei einem Durchschnittsbrutto monatlich 493 Euro an frei verfügbarem Einkommen. Bei vier Kindern beläuft sich das Minus auf 942 Euro und bei fünf Kindern auf 1.391 Euro. Jeden Monat – trotz Kindergeld.

„Jedes Jahr haben Familien weniger zur Verfügung. Trotz anders lautender Aussagen und Reformen. Gerade die Sozialabgaben sind schuld daran, dass Familien in die Armut abgleiten“, sagt Stresing. „Das ist ein unwürdiger Umgang mit denjenigen, die für die Fortführung des Generationenvertrags und somit für den Erhalt der Sozialversicherung sorgen.“

Familiengerechte Sozialversicherung: Familien stehen vor dem Bundesverfassungsgericht

Mehr als 2.000 Familien begaben sich auf den Klageweg gegen verfassungswidrige Beiträge in der Pflege-, Renten und Krankenversicherung und stehen nun vor dem Bundesverfassungsgericht. Mehrere Verfassungsbeschwerden sind in Karlsruhe anhängig. Die Familien werden durch den DFV und FDK im Rahmen der Elternklagen-Kampagne unterstützt (www.elternklagen.de).

„Stellvertretend für Millionen andere fordern diese Familien nicht mehr und nicht weniger als die konkrete Umsetzung der Vorgaben aus dem Pflegeversicherungsurteil“, sagt Stresing. „Für verfassungsgemäße Beiträge in der Pflege-, Renten- und Krankenversicherung ist die Anzahl der Kinder, die in einer Familie betreut werden, zu berücksichtigen. Daher ist ein Kinderfreibetrag während der aktiven Familienphase zwingend notwendig.“

Stresing betont, dass der Ausgleich für Familien nicht an anderer Stelle erfolgen darf. „Die Politik zieht immer wieder gegen eine familiengerechte Reform der Sozialversicherung mit dem Argument zu Felde, dass Familien bereits in anderen Bereichen des Sozialrechts gefördert werden würden. Das ist nicht nur falsch, sondern widerspricht dem Urteil aus Karlsruhe“, so Stresing. Ein System, das den Familien verfassungswidrig in die Tasche greift, um Teile davon in Spendierhosenmanier zurückzugeben, muss nach seiner Auffassung endlich gestoppt werden. Das Bundesverfassungsgericht legte 2001 fest, dass der zwischen Eltern und kinderlosen Personen vorzunehmende Ausgleich nur auf der Beitragsseite innerhalb des Systems erfolgen kann.

Weiterführende Informationen

DFV-Fachinformation zur Stellungnahme der Bundesregierung zur Belastung von Familien mit Steuer und Abgaben

DFV-Fachinformation: Familienurteile des Bundesverfassungsgerichts

Horizontaler Vergleich 2021: Was am Monatsende übrig bleibt

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 31.03.2021

Dem Familienbericht gelingt eine Analyse der spezifischen Herausforderungen und Belastungen heutiger Familien. Nachvollziehbar stellt er dar, worin sich die Anforderungen heutiger Elternschaft von vorigen Generationen unterscheiden. Deutlich stellt der Familienbericht die ökonomischen Gefährdungen dar, denen immer noch mehrheitlich Mütter ausgesetzt sind, insbesondere durch Lücken in der Alterssicherung. Er benennt die Notwendigkeit, die Vielfalt an gelebter Familienwirklichkeit rechtlich zeitgemäß abzubilden und die in der jeweiligen Familienkonstellation heranwachsenden Kinder dadurch abzusichern.

Eindeutig sieht der Bericht den Staat in der Pflicht, seine Bildungs- und Betreuungsstruktur kontinuierlich auf die Bedarfe von Kindern und Familien auszurichten. Der Familienbericht benennt die Notwendigkeit, Lehrende und Betreuende mit erweiterten pädagogischen Fähigkeiten auszustatten, um den Kindern bestmögliche Entwicklungschancen zu eröffnen.
Allerdings übergeht der Familienbericht die Mehrkindfamilie mit ihren spezifischen Bedarfen und Lebensumständen als Teil der Vielfalt gelebter Familienmodelle. Die Tatsache, dass Familien ihren Wunsch zu einem dritten oder weiteren Kind nicht erfüllen aus Sorge vor finanzieller Unsicherheit und dauerhafter beruflicher Benachteiligung stimmt nachdenklich.

In Deutschland gibt es 1,4 Millionen Familien mit drei und mehr Kindern. Jedes 3. Kind wächst in einer solchen Familie auf. Laut BIB haben etwa zwei Drittel der Mütter in Mehrkindfamilien einen mittleren bis hohen Bildungsabschluss, weshalb Mehrkindfamilien nicht pauschal das Einverdiener-Modell leben oder bildungsfern sind. Das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Wege zurück in den Job mit höherem Stundenumfang stellt sich für Mehrkindfamilien oft anders dar. „Einer Mitgliederbefragung zufolge bewähren sich Minijobs für Mehrkindfamilien sehr wohl. Einmal als Zuverdienstmöglichkeit mit geringem Stundenumfang bei noch sehr kleinen Kindern und als „Fuß in der Tür“ zum Arbeitgeber mit der Perspektive des Wiedereinstiegs“, erklärt Bundesvorsitzende Dr. Elisabeth Müller. „Eine Abschaffung der Minijobs hilft Mehrkindfamilien nicht“, stellt sie klar und kritisiert „eine Erstarrung der Beschäftigungsmodelle, wo wir doch Flexibilität für Familien brauchen“.

Zwischen persönlichen Wünschen und praktikablen Wegen müssen die Familien ihren Weg finden können. Den Minijob pauschal mit einer Wiedereinstiegsbremse gleichzusetzen und ihn zu verdächtigen, ökonomische Abhängigkeiten zu zementieren, wird der Lebensrealität zumindest von Mehrkindfamilien nicht gerecht. „Als KRFD wünschen wir uns innovative Lösungen zum Wiedereinstieg, mehr Flexibilität zwischen Vollzeit- und Teilzeitstellen, Ausbildungsformate zum Wiedereinstieg für Mütter als auch zur Ausbildung parallel zur Familienarbeit“, so Müller. Nichts spreche dagegen, dem Minijob mit einem Selbstverständnis auszustatten, das ihn nicht zur Bremse, sondern zur Starthilfe macht.

Die Gefährdung insbesondere von Müttern liegt auch darin begründet, dass Erziehung und Familienarbeit in den sozialen Sicherungssystemen nicht als „Leistung“ erfasst werden. Ihre Arbeit zahlt sich deshalb nicht aus, weil sie gesellschaftlich nicht gewertschätzt und anerkannt wird. Altersarmut wird vorgebeugt, indem Erziehungsleistung und Sorgearbeit bei der Rentenberechnung bilanziert werden.

Der neunte Familienbericht spricht sich für eine verpflichtende Ganztagsbetreuung an drei Tagen aus. Dies hat bei vielen Familien Irritationen ausgelöst. „Die Qualität der Ganztagsbetreuung ist verschieden und die zeitlichen Möglichkeiten der familiären Betreuung sind es ebenso. Eltern, die ihre Kinder am Nachmittag zu Hause betreuen können und wollen, sollte diese Möglichkeit weiterhin offenstehen“, so Müller.

Ausdrücklich schließt sich der KRFD jeder Initiative an, die sich für eine Verbesserung der Wohnsituation für Familien einsetzt. Gerade die Corona-Pandemie zeigt, wie bedeutsam familientaugliches Wohnen und eine kinderfreundliche Umgebung in Krisenzeiten ist. Der KRFD begrüßt die explizite Nennung des Themas Wohnen, weil es sich für Familien zunehmend als dramatisch darstellt. Die ausdrücklich benannte „Bauleitplanung“ und damit eine Inverantwortungnahme auch der Baubranche kann richtige Impulse setzen. Innerstädtisches Wohnen muss auch für Familien möglich sein! Es braucht Konzepte sowohl für familientaugliches Wohnen als auch für ein von Familien realisierbaren Eigentumserwerb. Eine nachweislich bewährte Maßnahme ist das Baukindergeld, das fortgesetzt und verstetigt werden sollte.

Die Corona-Pandemie hat allen Pragmatismus und schnelles Lernen abverlangt. Der Schub beim HomeOffice muss genutzt werden, um weitere Arbeitszeitmodelle zu etablieren, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern. Diese Erleichterung sollte allerdings nicht Menschen vorbehalten sein, die hochqualifiziert sind, akademische Ausbildungen haben oder das Privileg gut bezahlter Tätigkeit. Flexibilität und Experimentierfreude könnte auch in anderen Berufen zu einer besseren Vereinbarkeit von Familien und Beruf oder Familie und Pflege führen – etwa in den Pflegeberufen selber und deren Schicht-Gestaltung.

Während des letzten Jahres wurde wie unter dem Brennglas deutlich, wie elementar wichtig belastbare Familien sind. Familien haben die Menschen aufgefangen, als alle anderen gesellschaftlichen Systeme – von Schule bis Arbeitsplatz – aus dem Tritt geraten sind. Familien brauchen nachhaltige Unterstützung und flexible Lösungen, damit sie stabil bleiben und Belastungen standhalten können – auch im Interesse der gesamten Gesellschaft.

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD) vom 09.04.2021

  • Sozialverband VdK initiiert die größte Studie zur häuslichen Pflege in Bezug auf die Leistungen der Pflegeversicherung
  • Start der Befragung am 1. April

„Gerade in der Corona-Pandemie hat sich die Pflege zuhause nochmals deutlich verändert“, so VdK-Präsidentin Verena Bentele. „Wir sorgen uns um die pflegenden Angehörigen und um die Betroffenen, die seit Monaten an keinem einzigen Pflege- oder Betreuungsangebot außerhalb der eigenen vier Wände mehr teilnehmen konnten – aus Angst vor einer Ansteckung. Die Belastung der Betroffenen in den letzten Monaten waren enorm und haben viele an ihre Grenzen oder sogar darüber hinaus gebracht.“ Die häusliche Situation in der Krisenzeit und wie sich allgemein die Versorgung im Alltag gestaltet, steht im Mittelpunkt der VdK-Pflegestudie „Pflege zuhause – Zwischen Wunsch und Wirklichkeit“.

VdK-Präsidentin Bentele ist froh, dass ihre 2,1 Millionen Mitglieder mit dieser großen Studie ihre Bedürfnisse und Herausforderungen benennen können.„Wir starten damit die größte Untersuchung, die es bisher für die häusliche Pflege gab“, so Bentele. Die stationäre Versorgung in der Langzeitpflege ist ein sehr gut erforschter Bereich aber die Pflege zuhause weiterhin ein Dunkelfeld. Es ist unbekannt, wie viel Geld Betroffene aus ihrer eigenen Tasche zur Pflege dazu zahlen. Welche Angebote der Pflegeversicherung werden überhaupt in Anspruch genommen und wie zufrieden sind alle Beteiligten damit? „Der VdK wird Licht ins Dunkle bringen und wir werden mit den Ergebnissen die Diskussion der Pflegepolitik in den nächsten Jahren mitbestimmen“, ist Verena Bentele überzeugt.

Die Studie wird in Zusammenarbeit mit der Hochschule Osnabrück unter der Studienleitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Andreas Büscher durchgeführt. Sie richtet sich an Personen, die selbst pflegebedürftig sind, an pflegende Angehörige aber auch an Personen, die noch gar keine Berührungspunkte mit dem Thema Pflege hatten. Die Teilnahme ist bis zum 09. Mai 2021 unter www.vdk.de/pflegestudie möglich.

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland vom 31.03.2021

Höhere Steuerentlastung für Alleinerziehende, aber in Folge Einbußen beim Wohngeld für Alleinerziehende mit kleinsten Einkommen?

In einem offenen Brief fordern VAMV, AGIA, SHIA und die Diakonie Korrekturen beim Wohngeldgesetz, damit die überfällige Steuerentlastung nicht ausgerechnet für Alleinerziehende mit kleinsten Einkommen zum Eigentor wird! Die Alleinerziehendenvertretungen fordern, §16 des Wohngeldgesetzes zu ergänzen, so dass erwerbstätige Alleinerziehende mit kleinsten Einkommen hier nicht durchs Raster fallen und unterm Strich nicht weniger Geld zur Verfügung zu haben.

Hintergrund: Bei der Wohngeldberechnung wird es honoriert, Lohnsteuern zu zahlen. Für Alleinerziehende, die ein so kleines Einkommen haben, dass sie dank der höheren Steuerklasse II gar keine Lohnsteuern mehr zahlen, kann die kleine Steuerersparnis zu großen Verlusten beim Wohngeld führen. Wenn dieses ganz entfällt, bricht auch das Bildungs- und Teilhabepaket weg.

Den offenen Brief finden sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. (VAMV) vom 13.04.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 15. April 2021 18:00 Uhr

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Wie geht es Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Pandemie? Welche Auswirkungen haben die Einschränkungen auf den Alltag und die weitere Lebensplanung junger Menschen? Sie trifft die Coronakrise in einem besonders prägenden Lebensabschnitt. Darüber möchten wir diskutieren.

Online-Diskussion mit Prof. Dr. Mathias Albert, Politikwissenschaftler an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld, Johanna Börgermann, Mitglied des Vorstands der Landesschüler- und Landesschülerinnenvertretung (LSV) NRW, und Kai Lanz, Mitgründer und CEO von krisenchat.de
 
Kontakt: simone.habig@kas.de

Termin: 20. April 2021

Veranstalter: Forschungsnetzwerks Population Europe und Förderfonds Wissenschaft in Berlin

Im Rahmen dieser digitalen Veranstaltungsreihe diskutieren wir zentrale Fragen für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft in einem Kreis von Expert*innen und interessierten Teilnehmer*innen an der Schnittstelle von Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

Eine Veranstaltung im Rahmen der Berliner Stiftungswoche

Wie könnten unsere Familien in der Zukunft aussehen und welchen Beitrag können sie zur ökologischen Wende leisten? Wird eine Bevölkerung, die immer diverser wird, die Energiewende leisten können? Ist das Homeoffice wirklich der Königsweg? Und wie wirkt sich die gesellschaftliche Alterung auf den ökologischen Fußabdruck aus?

Diese und weitere Fragen zum Zusammenhang von demografischem Wandel und Klimawandel diskutieren mit Ihnen Andreas Edel vom Forschungsnetzwerk Population Europe (Moderation), Michaela Kreyenfeld (Hertie School) und Erich Striessnig (Universität Wien).

Sie können sich hier anmelden.

Sie erhalten zwei Wochen vor der Veranstaltung eine Einladung mit weiteren Hinweisen zur Veranstaltung.

Die insgesamt vierzehn, jeweils an einem Dienstag des Monats von 11:30-13:00 Uhr stattfindenden Veranstaltungen stehen in Zusammenhang mit dem Vorhaben, in Berlin ein Einstein Center for Population Diversity einzurichten, das die Spitzenforschung zu diesem Thema erstmals in einer gemeinsamen Einrichtung bündeln und zur internationalen Sichtbarkeit des Forschungsstandorts Deutschland beitragen soll. Der Förderfonds Wissenschaft in Berlin unterstützt diese wichtige Initiative in einem zukunftsweisenden Forschungsfeld.

 

Termin: 06. Mai 2021

Veranstalter: eine Kooperation zwischen dem Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) und dem AWO Bundesverband e.V. (AWO)

Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist eine der zentralen familienpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Von den derzeit ca. drei Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden etwa 3/4 zu Hause gepflegt und überwiegend von Angehörigen versorgt. Die meisten Menschen wollen diese Aufgabe übernehmen. Doch dem Bedürfnis, füreinander Verantwortung zu übernehmen, Sorge zu tragen und Zuwendung zu schenken, stehen keine Regelungssysteme gegenüber, welche die Vereinbarkeit von familiärer Pflege und Erwerbstätigkeit nachhaltig unterstützen. Die Situation hat sich unter den Bedingungen der Corona-Krise weiter
verschärft. In der Folge sind viele pflegende Angehörige – überwiegend Frauen – enormen finanziellen, physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. 

Gemeinsam mit Ihnen wollen wir mit dem Ziel einer Gesellschaft, die die Sorge um Pflegedürftige als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift, Konzepte für eine gute Vereinbarkeit diskutieren und weiterdenken.

Die Einladung und den Programmablauf finden Sie hier.

Bitte nutzen Sie das Anmeldeformular hier oder alternativ können Sie uns Ihre Anmeldung auch postalisch oder per Fax zusenden.

Anmeldeschluss ist der 26. April 2021.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und den Austausch mit Ihnen! Gerne können Sie die Einladung auch an Interessierte weiterleiten und verbreiten.

WEITERE INFORMATIONEN

Um Kinder und Jugendliche wirksam vor sexualisierter Gewalt zu schützen, brauchen Fachkräfte in der Kinder- und Jugendarbeit entsprechendes Wissen. Eine neue Online-Plattform bündelt ab sofort Informationen zu aktuellen Fortbildungsangeboten.

Auf der Online-Plattform „Fortbildungsnetz sG“ können Fachkräfte ihre Kompetenzen für den Schutz von Kindern und Jugendlichen gegen sexualisierte Gewalt stärken© BMFSFJ

Damit pädagogische Fachkräfte künftig einfacher und schneller passende Fortbildungsangebote zu sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen finden und buchen können, ist am 12. April die Online-Plattform „Fortbildungsnetz sG“ gestartet. Das Bundesjugendministerium fördert das Projekt im Rahmen der „Trau dich!“-Initiative gegen sexuellen Kindesmissbrauch.

Online-Plattform erleichtert den Zugang

Als erste bundesweite Online-Datenbank bietet das Fortbildungsnetz pädagogischen Fachkräften eine Übersicht über Fortbildungen zum Thema sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen und die Möglichkeit, diese zu buchen. So können Erwachsene, die mit Kindern und Jugendlichen zusammenarbeiten, ihre Kompetenzen für den Kinder- und Jugendschutz stärken. Die Plattform erhöht Reichweite und Sichtbarkeit von Angeboten und bietet eine nachhaltige Struktur für die Qualifizierung von Fachkräften.

Fachlich gesicherte Fortbildungen anbieten

Die Datenbank wurde von der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Intervention bei Kindesmisshandlung, -vernachlässigung und sexualisierter Gewalt e.V. (DGfPI) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) aufgebaut. Seit September 2020 konnten Anbieterinnen und Anbieter ihre Fortbildungen für die Datenbank anmelden. Alle Fortbildungsangebote erfüllen die Qualitätskriterien der DGfPI, denn nur qualitativ hochwertige Fortbildungen sind wirksam für den Kinderschutz. Die Datenbank umfasst bereits Angebote von 80 Anbieterinnen und Anbietern und wird stetig erweitert. Das neue „Fortbildungsnetz sG“ ist ein wichtiger Baustein, um pädagogische Fachkräfte zu qualifizieren und Kinder wirksam zu schützen.

Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt schützen

Jedes Kind hat das Recht auf Schutz vor sexualisierter Gewalt. Erwachsene sind dafür verantwortlich, dass dieses Recht umgesetzt wird. Im Jahr 2019 verzeichnete die Polizeiliche Kriminalstatistik rund 15.000 gemeldete Fälle von sexualisierter Gewalt gegen Kinder. Das bedeutet, dass jeden Tag etwa 40 Kinder von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Um sexualisierte Gewalt zu verhindern, müssen Erwachsene sensibilisiert sein und wissen, wie sie Kindern helfen können. Gerade Fachkräfte, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, sollten sich weiterbilden können, um qualifizierte Ansprechpersonen zu werden. Fortbildungen sind dabei ein zentraler Bestandteil – auch um Schutzkonzepte in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche zu entwickeln.

Die Corona-Pandemie und die zu ihrer Bekämpfung eingesetzten Maßnahmen haben die stärkste Rezession in der deutschen Nachkriegsgeschichte ausgelöst. Noch ist völlig offen, wie schnell und wie gut sich die Wirtschaft von diesem Einbruch erholen wird. Das Herunterfahren der wirtschaftlichen Aktivität ist zudem im Vergleich zu vergangenen Rezessionen, insbesondere zur derjenigen infolge der globalen Finanzkrise Ende der 2000er Jahre, durch einige Besonderheiten gekennzeichnet. So erscheinen erstens die wirtschaftlichen Folgen über die verschiedenen Sektoren der deutschen Wirtschaft recht ungleich verteilt, was sich in eine ungleiche Verteilung der Einkommens- und Beschäftigungsfolgen auf der Ebene der privaten Haushalte überträgt. Zweitens haben Bund und Länder in sehr großem Umfang Maßnahmen implementiert, um die negativen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu begrenzen. Vor diesem Hintergrund untersucht diese Kurzexpertise, welche Gruppen von Personen und privaten Haushalten von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie wie betroffen sind. Dabei stehen finanzielle und Beschäftigungsfolgen im Fokus. Weiterhin wird beurteilt, inwieweit die diagnostizierten negativen Effekte bei unterschiedlich betroffenen Gruppen jeweils durch bereits vorhandene oder neu hinzugekommene Hilfs- und Unterstützungsangebote des Sozialstaats abgedeckt sind. Ausgehend von dieser Diagnose werden weiterführende Handlungsoptionen abgeleitet.

Wirt­schaft­li­che Aus­wir­kun­gen der Co­ro­na-Pan­de­mie auf pri­va­te Haus­hal­te [PDF, 810KB]

Die Anzahl der alleinerziehenden Eltern in Berlin ist die höchste in ganz Deutschland: In rund einem Drittel der Haushalte managt ein Elternteil die Kindererziehung allein. Ein neuer Ratgeber gibt nun Alleinerziehenden Orientierung und Tipps.
Die Entscheidung, sein Kind allein großzuziehen, kann ganz bewusst und selbstbestimmt sein. Häufig geht bei alleinerziehenden Elternteilen jedoch eine Trennung von Vater oder Mutter der Kinder voraus. Alleinerziehende übernehmen dann oft die gesamte Verantwortung für die Erziehung des Kindes.

Auf unserer Internetseite „Alleinerziehende, getrennte Eltern, Einelternfamilien“ stellen wir Berliner Netzwerke, Selbsthilfeinitiativen, Verbände sowie Beratungs- und Koordinationsstellen vor, an die sich alleinerziehende Mütter und Väter mit ihren Fragen und Sorgen wenden können.

Um dieser Familienform noch umfassendere Informationen zu bieten, hat die Redaktion des Berliner Familienportals jetzt einen Ratgeber für Alleinerziehende veröffentlicht.

Der Ratgeber will Alleinerziehende dabei unterstützen, ihre Situation zu meistern und zu verbessern. Das Themenspektrum reicht von Trennung, Sorgerecht und Wechselmodell über Unterhaltsfragen und finanzielle Hilfen bis hin zu Tipps zu Erziehungs- und Familienberatung:

  • Frisch getrennt – und jetzt?
  • Kinderbetreuung: Kita, Hort und mehr
  • Rund um den Unterhalt
  • Wie finanziere ich meine Familie?
  • Erziehungsfragen? Beratung und Hilfe finden.
  • Patchworkfamilie, Stiefvater oder neue Freundin?

Alle Ratgeber zu Familienthemen und weitere Angebote des Berliner Familienportals lesen Sie unter www.berlin.de/familie.

Die Bekämpfung und Vermeidung von Kinderarmut stellen eine der großen Herausforderungen der deutschen Sozialpolitik dar. Insbesondere Kinder und Jugendliche aus alleinerziehenden und/oder kinderreichen Haushalten sind von Armut bedroht. Zwar wird das Konzept einer Kindergrundsicherung als Vermeidungsinstrument von Kinderarmut besprochen, jedoch wurde es bislang nicht implementiert. Der Beitrag fragt daher nach den Vetos für ihre bisher ausgebliebene Implementierung. Nach der inhaltsanalytischen Untersuchung des systembewahrenden Konzepts „Neues Kindergeld“ (SPD) sowie der systemverändernden Reformvorschläge „Grüne“ und „Linke Kindergrundsicherung“ kommen die Autoren zum Schluss, dass Pfadabhängigkeit einerseits sowie parteipolitische und institutionelle Vetospieler andererseits nicht nur die Durchsetzung, sondern bereits die Verabschiedung der Konzepte verhindert haben.

Anmerkung: Lesenswerter Grundsatzartikel zum Verständnis der langjährig zähen Debatte – auch wenn es jetzt mit dem Beschluss der ASMK vom November  2020 hoffnungsvolle Signale gibt, dass sich hier in absehbarer Zukunft etwas „zum Guten“ ändert.


Artikel von Alexander Akel und Martin Kilimann in Budrich Journals

Die Corona-Krise und die damit verbundenen Kita- und Schulschließungen bringen erhebliche Belastungen für Familien mit sich, die Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung unter einen Hut bringen müssen. Dies führt zu einer Retraditionalisierung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung, die zusätzliche Betreuung wird mehrheitlich von Frauen getragen, die teilweise Arbeitszeit reduzieren und mit Einkommenseinbußen und Karriereeinschnitten zu rechnen haben.

In der aktuellen Ausgabe wurde ein besonderer Fokus auf die am 24. März von der Europäischen Kommission angenommene EU-Kinderrechtsstrategie sowie den Vorschlag zur Europäischen Kindergarantie gelegt.

Die März-Ausgabe des EU-Monitorings der Beobachtungsstelle finden Sie hier.

Die Covid-19-Pandemie hat sich sehr unterschiedlich auf die Bedingungen der Beschäftigung und der Familienarbeit von Männern und Frauen ausgewirkt. Damit könnte sie den in den letzten Jahrzehnten langsam und mühsam erreichten Abbau der geschlechtsspezifischen Ungleichheiten in der familiären Arbeitsteilung gefährden. Mit Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) und der Online durchgeführten Covid-19-Zusatzbefragung für Deutschland untersuchen wir den Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und Geschlechterunterschieden im subjektiven Wohlbefinden während der ersten Monate der Pandemie. Dabei berücksichtigen wir systematisch den Haushaltskontext, indem wir zwischen Erwachsenen mit und ohne kleine Kinder unterscheiden. Die Ergebnisse aus multivariaten Regressionsmodellen, die die Zufriedenheit vor der Pandemie berücksichtigen, zeigen einen Rückgang der Lebenszufriedenheit bei allen Befragten, insbesondere bei Frauen und Müttern mit kleinen Kindern. Der stärkere Rückgang des Wohlbefindens von Frauen kann jedoch nicht mit systematischen Unterschieden in den Arbeitsbedingungen während der Pandemie in Verbindung gebracht werden. Kitagawa-Oaxaca-Blinder kontrafaktische Dekompositionen bestätigen diesen Befund. Weitere Robustness-Checks deuten darauf hin, dass die verbleibenden geschlechtsspezifischen Unterschiede in den ersten Monaten der Krise zum Teil durch gesellschaftliche Sorgen und größere Einsamkeit der Frauen erklärt werden. Allgemein betrachtet deuten unsere Ergebnisse auf wichtige geschlechtsspezifische Unterschiede im sozialen Leben und in der psychischen Belastung im Frühjahr 2020 hin, die sich im weiteren Verlauf der Krise wahrscheinlich noch verstärken werden.

Abstract und kostenlosen Volltext-Download finden Sie unter:

https://www.iab.de/183/section.aspx/Publikation/K210401ITV

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ZFF-Info

ZFF-Info 05/2021

SCHWERPUNKT I: Appell: „Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!“

Gemeinsam mit mehr als 100 Organisationen setzt sich das Zukunftsforum Familie (ZFF) für eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ein.

Ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen fordert die Bundestagsfraktionen und Bundesländer in einem gemeinsamen Appell dazu auf, sich bis zur Sommerpause auf ein Gesetz zur Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz zu einigen, das der UN-Kinderrechtskonvention gerecht wird. Der Aufruf „Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!“, der anlässlich der für morgen angesetzten 1. Lesung im Bundesrat veröffentlicht wird, kritisiert den vorgelegten Gesetzentwurf als unzureichend, da er keine Stärkung der Kinderrechte bedeute. Zentral sei eine Grundgesetzänderung die ausdrückliche Kinderrechte in einem eigenen Absatz aufnimmt. Die Organisationen legen Eckpunkte für eine solche Formulierung im gemeinsamen Appell vor.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Kinderrechte müssen endlich im Grundgesetz verankert werden! Wir unterstützen den Appell und fordern die Politik auf, bis zur Sommerpause ein Gesetz vorzulegen, das den Anforderungen der UN-Kinderrechtskonvention gerecht wird. Als ZFF setzen wir uns dafür ein, die Trias aus Förderung, Beteiligung und Schutz vollumfänglich im entsprechenden Gesetz zu verankern und einen Konflikt zwischen Eltern- und Kinderrechten unter allen Umständen zu vermeiden. Nur so können Kinderrechte effektiv gestärkt werden.“

Altenkamp führt weiter aus: „Eine gute Politik für Familien muss die Position von Kindern in unserer Gesellschaft stärken. Die Bundesregierung hat seit der Vereinbarung des Koalitionsvertrags viel Zeit verstreichen lassen, um einen Gesetzentwurf für die Aufnahme von Kinderrechten vorzulegen. Wir fordern nun eine zügige Einigung unter Einbezug der Zivilgesellschaft einschließlich Kindern und Jugendlichen, die diesen Eckpunkten Rechnung trägt. Besonders der Anspruch auf Beteiligung, der in der Corona-Pandemie vielfach missachtet wurde, ist hier von Bedeutung. Zudem braucht es erweiterte, demokratische und wirksame Teilhabemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche auf allen Ebenen. Hierzu gehört auch die Einführung eines eigenständigen Wahlrechts für Kinder und Jugendliche.“

Den vollständigen Appell finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 25.03.2021

Zum zivilgesellschaftlichen Appell „Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!“ erklären Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik und Katja Keul, Sprecherin für Rechtspolitik:

Kinderrechte gehören in die Verfassung – aber richtig! Wir begrüßen den Appell des breiten Bündnisses aus zivilgesellschaftlichen Organisationen ausdrücklich, der auf die Bedeutsamkeit einer wirksamen Formulierung der Kinderrechte hinweist.

Das Urteil der Organisationen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung ist eindeutig. Dieser ist kein Fortschritt für die Kinderrechte, sondern fällt eklatant hinter bereits bestehendes Recht – wie die UN-Kinderrechtekonvention, die EU-Menschenrechtscharta, aber auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – zurück. Das können wir so nicht akzeptieren.

Auch die rechtssystematischen Bedenken bei der Verortung der Kinderrechte sind ein wichtiger Aspekt, der in den Verhandlungen aufgegriffen werden sollte. Die Kinderrechte sollten einen eigenen Absatz erhalten, so wie wir es in unserem Gesetzentwurf vorgelegt haben.

Die Große Koalition muss sich endlich einen Ruck geben und darf die historische Chance nicht verstreichen lassen. Wir sind es unseren Kindern in diesen schwierigen Zeiten schuldig.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 25.03.2021

„Der Appell ‚Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!‘ von über 100 Organisationen ist eine schallende Ohrfeige für die Regierungskoalition“, kommentiert Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion Die LINKE, den zivilgesellschaftlichen Appell an die Bundestagsfraktionen und Bundesländer. Müller weiter:

„Das Herummurksen der Koalition muss aufhören. Am Ende des jahrzehntelangen Kampfes um die Aufnahme der Rechte von Kindern und Jugendlichen in unsere Verfassung darf keine Schwächung der Kinderrechte stehen, wie es der Vorschlag der Bundesregierung befürchten lässt. Stattdessen muss eine Grundgesetzänderung zu einer wirklichen Stärkung der Kinderrechte führen. Dafür steht DIE LINKE. Wir haben Vorschläge auf den Tisch gelegt und sind verhandlungsbereit. Ich fordere daher von der Regierungskoalition, DIE LINKE bei den Verhandlungen nicht weiter auszugrenzen. Union und SPD sind gut beraten, zur Sicherung der erforderlichen verfassungsgebenden parlamentarischen Mehrheit, endlich auch mit uns ins Gespräch zu kommen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 25.03.2021

SCHWERPUNKT II: Kindergarantie

Die „Kindergarantie“ (Child Guarantee) hat das Ziel, jedes arme und armutsgefährdete Kind in der EU zu unterstützen. Jedes Kind in Europa soll Zugang zu den Ressourcen haben, die es für sein Wohlergehen und seine Entwicklung benötigt. Dazu gehört die Teilhabe von Kindern an kostenloser medizinischer Versorgung, unentgeltlicher Bildung, kostenlosen Betreuungseinrichtungen, angemessenen Wohnverhältnissen und geeigneter Ernährung inklusive eines kostenlosen Mittagessens. Diese Schwerpunkte sind in dem Kommissionspapier mit einzelnen weiteren Indikatoren unterfüttert. Dieser nun verabschiedete Vorschlag erfolgt im Rahmen der ebenfalls gestern beschlossenen Kinderrechtsstrategie

Die Mitgliedstaaten sind nun aufgefordert, die Ratsempfehlung möglichst kurzfristig anzunehmen. Im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft hatten Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereits eine Deklaration veröffentlicht, mit der die Staaten ihre Bereitschaft zur Unterstützung der EU-Kindergarantie erklären und ihre Verpflichtung für eine angemessene Umsetzung auf nationaler Ebene betonen. Die Deklaration wurde in einem offenen Brief der COFACE Europe unterstützt.

Mit der Kindergarantie sollen die europäischen Mitgliedstaaten eine Einschätzung der Situation der Kinder bzgl. der unterschiedlichen thematischen Schwerpunkte vorlegen und wirksame Maßnahmen ergreifen. Die Umsetzung erfolgt somit überwiegend auf nationaler Ebene. Innerhalb von sechs Monaten nach Annahme der Ratsempfehlung sollen die Regierungen nationale Aktionspläne zur Umsetzung vorlegen.

Die Initiative bietet somit eine Chance, den Kampf gegen Kinder- und Familienarmut in Deutschland und Europa zu verstärken. Mit ihr geht die Hoffnung und Erwartung einher, dass die Bekämpfung von Kinderarmut neue Impulse erhält. Die AGF unterstützt die Initiative und plant, den Prozess auf nationaler Ebene weiterhin zu begleiten, indem wir uns mit einer Reihe von Fachgesprächen den einzelnen Themenbereichen nähern und diskutieren, was eine Umsetzung in und für Deutschland bedeutet.

In diesem Jahr wollen wir zunächst zwei Gespräche zu den Themen „Zugang zu geeigneter Ernährung“ (in Kooperation mit der plattform ernährung und bewegung) und „Zugang von Kindern zu kostenloser medizinischer Versorgung und Gesundheitsförderung“ (in Kooperation mit dem Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit) durchführen. Bereits im letzten Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit COFACE Families Europe im September zu dem Prozess ein Europäisches Fachgespräch durchgeführt .

Weitere Informationen zur Kindergarantie finden Sie in Kürze auf unserer Website: https://www.ag-familie.de/home/childguarantee

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 25.03.2021

Die EU-Kommission hat heute ihren Vorschlag für eine Ratsempfehlung zur Einführung einer Garantie gegen Kinderarmut vorgestellt.

Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Die Tatsache, dass in der EU rund 18 Millionen Kinder- und Jugendliche unter 18 Jahren von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, ist untragbar und erfordert umgehendes Handeln. Auch in Deutschland gibt es großen Handlungsbedarf. Kinderarmut gefährdet die soziale und kulturelle Teilhabe sowie die Zukunftschancen von Kindern. Wir begrüßen es daher außerordentlich, dass der Vorschlag für eine Ratsempfehlung zur Einführung einer Garantie gegen Kinderarmut vorgelegt wurde. Es liegt nun in der Hand der Mitgliedstaaten, die Empfehlung zügig anzunehmen und auf nationaler Ebene umzusetzen.”

Der Vorschlag sieht vor, soziale Ausgrenzung zu verhindern und zu bekämpfen, und soll es allen Kindern in Europa ermöglichen, unabhängig des Einkommens ihrer Eltern folgende Grundsätzlichkeiten in Anspruch nehmen zu können: frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung sowie Bildungsangebote, qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung und -vorsorge, gesunde Ernährung und angemessener Wohnraum.

„Glücklicherweise haben die meisten Kinder in der EU bereits Zugang zu diesen Diensten“, so Schubert, „Doch ein inklusiver und wirklich universeller Zugang ist unerlässlich zur Gewährleistung der Chancengleichheit aller Kinder. Gut, dass der Vorschlag sich dessen annimmt!“

Der Vorschlag für eine Ratsempfehlung zur Einführung einer Garantie gegen Kinderarmut  ist Teil der Strategie für die Rechte der Kinder, welche ebenfalls heute vorgestellt wurde. Mit der Strategie sollen allen Kindern fundamentale Rechte gewährleistet werden.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 24.03.2021

18 Millionen Kinder in der EU sind von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht – auch in Deutschland ist jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Die Europäische Kommission setzt jetzt ein deutliches Zeichen, indem sie die Mitgliedstaaten auffordert, der Kinderarmut endlich effektiv den Kampf anzusagen. Für SoVD-Vizepräsidentin Ursula Engelen-Kefer ist das längst überfällig: „Die Corona-Pandemie hat nochmals verstärkt gezeigt, dass insbesondere Kinder aus sozial benachteiligten Familien besonderen Schutz benötigen. Die Europäische Kindergarantie will Kindern in Not einen freien Zugang zu wichtigen Leistungen gewähren, so beispielsweise zur frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung. Aber auch Ausrüstung für Fernunterricht sowie mindestens eine gesunde Mahlzeit pro Schultag sowie der Zugang zu Gesundheitsvoruntersuchungen gehören dazu.“

Auch Deutschland ist dringend aufgefordert, nachzubessern: „Nicht überall wird eine kostenfreie frühkindliche Betreuung bei uns gewährt, bei der Digitalisierung hinkt Deutschland ebenso hinterher. Nach wie vor haben nicht alle Schüler*innen uneingeschränkten Zugang zum digitalen Unterricht. Darüber hinaus sieht der SoVD dringenden Handlungsbedarf bei der Bemessung der Regelsätze, die nicht kindgerecht und schlicht zu niedrig sind“, so Engelen-Kefer. Die SoVD-Vizepräsidentin ergänzt: „In Deutschland zeigen neueste Studien, dass die seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen während der Pandemie in akuter Gefahr ist. Kontakt zu Gleichaltrigen fehlt und Kinder aus einkommensschwachen Familien können kaum teilhaben. Besonders alarmierend: Parallel nimmt die Chancenungleichheit in Zeiten von Homeschooling aufgrund fehlender digitaler Zugänge wieder erheblich zu.“

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband Deutschland e. V. vom 26.03.2021

SCHWERPUNKT III: Abstammungsrecht

Zur Entscheidung des Berliner Kammergerichts zur Verfassungswidrigkeit bei abstammungsrechtlichen Regelungen in Bezug auf Zwei-Mütter-Familien erklären Britta Haßelmann, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin, und Ulle Schauws, Sprecherin für Queerpolitik:

Wir sind bereit, gemeinsam mit Abgeordneten anderer demokratischer Fraktionen einen neuen Gesetzentwurf zum Abstammungsrecht zu erarbeiten. Union und SPD rufen wir zur Mitarbeit auf, damit das Ende der Diskriminierung von Regenbogenfamilien endlich Realität wird. Bereits bei der „Ehe für Alle“ wurden ermutigende Erfahrungen zur fraktionsübergreifenden Zusammenarbeit gemacht.

Dass heute bereits das zweite Gericht die abstammungsrechtlichen Regelungen in Bezug auf Zwei-Mütter-Familien für verfassungswidrig hält, zeigt wie groß der politische Handlungsdruck ist. Fast vier Jahre lang ist von der jetzigen Koalition nichts dazu gekommen. Einig waren sich Union und SPD nur bei der Ablehnung des grünen Gesetzentwurfes, der diese Diskriminierung bereits vor einem Jahr beendet hätte.

Es ist eine Zumutung für die Eltern, immer wieder lange Gerichtsprozesse hinnehmen müssen, um die Diskriminierung des Gesetzgebers zu korrigieren. Und solange das Gerichtsverfahren läuft, gibt es für die betroffenen Kinder keine rechtliche Sicherheit. Das dürfen wir nicht  hinnehmen. Es muss das Parlament sein, das Diskriminierung von Kindern in Regenbogenfamilien noch vor dem Sommer beendet.

Wenn die Koalition nicht die Kraft findet, sich dazu zu positionieren, muss sie die Abstimmung freigeben.

Hintergrundinformationen:

Die Ehe für alle hat nicht alle rechtlichen Nachteile für Regenbogenfamilien beseitigt. Wenn ein Kind in einer heterosexuellen Ehe geboren wird, sind beide Ehepartner automatisch die Eltern mit allen Rechten und Pflichten. Dabei ist es gleich, ob der Ehemann tatsächlich der biologische Vater ist.

Bei einer gleichgeschlechtlichen Ehe kann die Ehefrau der Mutter nur durch eine aufwändige und langwierige Stiefkindadoption der zweite rechtliche Elternteil des Kindes werden. Diese Regelung widerspricht dem Kindeswohl und ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

So sehen das das Oberlandesgericht Celle sowie das Berliner Kammergericht und haben deshalb Anträge von Regenbogenfamilien ausgesetzt und an das Bundesverfassungsgericht weitergeleitet.

Der grüne Gesetzentwurf: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/026/1902665.pdf

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 25.03.2021

Zur Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle, das es für verfassungswidrig hält, dass in Deutschland bei lesbischen Elternpaaren nicht automatisch beide Mütter in die Geburtsurkunde eingetragen werden können, erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Queerpolitik:

Schon wieder müssen die Gerichte ausbaden, was die Politik der Großen Koalition vermasselt hat. Die Verhinderungspolitik der aktuellen Regierung im Bereich der Queerpolitik und einer modernen Familienpolitik ist unerträglich und untergräbt das Vertrauen in die Rolle des Parlaments. Wir brauchen dringend eine Reform des Abstammungsgesetzes. Einen Gesetzentwurf können wir der Koalition sofort zur Verfügung stellen.

Der Reformbedarf ist deshalb besonders dringend, da die Ungleichbehandlung Kinder betrifft. Wenn ein Kind in einer heterosexuellen Ehe geboren wird, sind beide Ehepartner automatisch die Eltern mit allen Rechten und Pflichten. Dabei ist es unerheblich, ob der Ehemann tatsächlich der biologische Vater ist.

Bei einer gleichgeschlechtlichen Ehe kann die Ehefrau der Mutter nur durch eine aufwändige und langwierige Stiefkindadoption der zweite rechtliche Elternteil des Kindes werden. Diese Regelung widerspricht dem Kindeswohl und ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Grundgesetz nicht vereinbar.

Als Grüne haben wir dazu einen Vorschlag gemacht, den die Union, die SPD und die FDP im letzten Jahr abgelehnt haben.

In diesem Kontext erscheint der Versuch von Familienministerin Franziska Giffey (SPD), letztes Jahr beim Adoptionshilfegesetz die Diskriminierung für Regenbogenfamilien im Adoptionshilfegesetz noch zu verschärfen, nochmal mehr absurd. Zum Glück stoppte der Bundesrat das Gesetz auf Druck der Grünen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 24.03.2021

Bundesregierung muss Reform im Abstammungsrecht noch in dieser Legislatur auf den Weg bringen

Das Oberlandesgericht Celle hält es für verfassungswidrig, dass bei Zwei-Mütter-Familien nicht automatisch beide Ehepartner als Mütter in die Geburtsurkunde eingetragen werden. Es wird nun das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zur Entscheidung dieser verfassungsrechtlichen Frage vorlegen. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle ist ein wichtiger und toller Erfolg für die Anerkennung von Zwei-Mütter-Familien. Statt nun auf das Urteil aus Karlsruhe zu warten, fordert der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) die Bundesregierung dazu auf, die lang versprochene und notwendige Reform im Abstammungsrecht noch in dieser Legislatur auf den Weg zu bringen. Seit vielen Jahren warten Regenbogenfamilien auf eine rechtliche Gleichstellung und Verbesserung. Die jetzige Diskriminierung von Regenbogenfamilien im Abstammungs- und Familienrecht geht zu Lasten der Versorgung und Absicherung der Kinder, die dort aufwachsen.

Zwei-Mütter-Familien erfahren aktuell eine erhebliche Diskriminierung durch den Zwang zur Durchführung eines förmlichen Adoptionsverfahrens als einziger rechtlicher Möglichkeit zur Erlangung der gemeinsamen Elternschaft. Sie sind die einzigen Eltern, in deren Partnerschaften und Ehen Kinder hineingeboren werden, die gegenüber dem Jugendamt und dem Familiengericht ihre Eignung als Eltern nachweisen müssen.

Der LSVD fordert die gesellschaftliche Anerkennung und rechtliche Absicherung der Vielfalt an gelebten Familienformen wie Zwei-Mütter-Familien, Zwei-Väter-Familien, Mehrelternfamilien oder Familien mit trans- und intergeschlechtlichen Eltern.

Hintergrund

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 24.03.2021

SCHWERPUNKT IV: Corona-Krise

„Die Bundesregierung hätte auch in dieser Frage auf die soziale Opposition und das Bündnis aus 41 Sozialverbänden und Gewerkschaften hören sollen. Seit Anbeginn der Krise fordern wir einen Pandemie-Zuschlag von mindestens 100 € pro Corona-Monat. Die Hartz-IV-Sätze waren schon vor Corona zu niedrig bemessen. Monatelang ignorierte die Bundesregierung die Frage, wie man von den zu niedrigen Sozialleistungen auch noch die coronabedingten Mehrausgaben wie Masken, Desinfektionsmittel, Schnelltests, höhere Ausgaben für wegfallendes bisher gestütztes Essen in Kitas und Schulen usw. bezahlen soll“, kommentiert Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe, dass der von der Bundesregierung verabschiedete Corona-Zuschuss von 150 € zu gering und verfassungswidrig ist. Kipping weiter:

„Dass die Betroffenen ihre Rechte erst einklagen müssen, ist beschämend für die Bundesregierung. Wenn die Union auch nur einen Funken sozialpolitisches Gewissen hat, sollte sie jetzt umgehend reagieren und endlich einen monatlichen Pandemiezuschlag für alle einführen, die auf Sozialleistungen und sozial Renten angewiesen sind.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 26.03.2021

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (19/27826), Wege aus der Bildungskrise aufzuzeigen und Zukunftsperspektiven für Kinder zu sichern. Gemeinsam mit den Ländern soll die Bundesregierung einen bundesweit einheitlichen und verlässlichen Stufenplan mit einer rechtssicheren Perspektive insbesondere auch für den Schulbetrieb in der Pandemie vorlegen, verlangen die Abgeordneten. Ein solcher Plan müsse auf wissenschaftlicher Grundlage deutlich machen, bei welchen Kennzahlen welche Maßnahmen vor Ort ergriffen werden könnten. In die Umsetzung vor Ort sollten Lehrkräfte, Eltern und Schüler eingebunden werden. Schulen und Kitas sollen mit einem Sofortausstattungsprogramm für Antigen-Schnelltests zur Eigenanwendung unterstützt werden.

Zudem soll gemeinsam mit Ländern und Kommunen ein Bildungsschutzschirm für Kinder und Jugendliche aufgespannt werden, der das Aufholen von pandemiebedingten Lernrückständen fördert und eine sichere Lernumgebung ermöglicht. Die Forschungsförderrichtlinie „Gesellschaftliche Auswirkungen der Corona-Pandemie – Forschung für Integration, Teilhabe und Erneuerung“ soll finanziell sowie hinsichtlich des Förderzeitraums deutlich ausgeweitet werden, um umfassende und langfristig angelegte Evaluationsstudien zu ermöglichen. Die Bildungsforschung soll mit der Entwicklung hochwertiger und bundesweit anwendbarer digitaler Diagnoseinstrumente beauftragt werden, um pandemiebedingte Lernlücken und Kompetenzstände kontinuierlich zu erfassen und individualisierte Lernangebote zu ermöglichen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 394 vom 25.03.2021

Die FDP-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, einen Krisengipfel zur gesundheitlichen Lage von Kindern und Jugendlichen während der Corona-Pandemie einzuberufen. An diesem Gipfel sollen Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Verbänden sowie der Jugendämter, Kinderbetreuungseinrichtungen und betroffenen Familien teilnehmen, heißt es in dem entsprechenden Antrag (19/27810). Zudem müsse die Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern dafür sorgen, dass in Bildungseinrichtungen zusätzliches psychologisches und pädagogisches Personal während und nach der Corona-Pandemie zur Verfügung steht, um die negativen Folgen der Krise zu erkennen und aufzuarbeiten.

Darüber hinaus fordern die Liberalen eine bessere finanzielle Ausstattung der außerschulischen Kinder- und Jugendsozialarbeit, die Überprüfung der Frühwarnsysteme für häusliche Probleme im Home-Schooling, den Ausbau von Therapie- und Betreuungsplätzen in der Psychotherapie und Psychiatrie für Kinder und Jugendliche sowie pandemiefeste Betreuungs- und Freizeitangebote in den Sommerferien.

Nach Ansicht der Liberalen sind Familien und Kinder auf besondere Weise von den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betroffen. Allerdings würden Kinder und Jugendliche als Opfer der Auswirkungen übersehen. So komme eine Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zu dem Ergebnis, dass fast jedes dritte Kind während der Pandemie psychische Auffälligkeiten aufweise. Und laut der Hamburger COPSY-Längsschnittstudie würden Ess-, Angst- und Konzentrationsstörungen sowie Suizidgedanken und Suizidversuche zunehmen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 390 vom 25.03.2021

Die FDP-Fraktion fordert eine stärkere digitale Lernförderung von Kindern in der Grundsicherung. In einem Antrag (19/27806) schreibt sie: „Durch pandemiebedingten Digitalunterricht zuhause werden Kinder und Jugendliche, die in sozioökonomisch schwierigen Bedingungen aufwachsen und bei denen das Elternhaus keine oder nur wenig Unterstützung beim Lernen leisten kann, benachteiligt. 68 Prozent der Eltern mit niedrigem Haushaltseinkommen sorgen sich um die Bildungszukunft ihrer Kinder.“

Deshalb fordern die Liberalen von der Bundesregierung, ein Programm aufzusetzen, das sozial benachteiligte Kinder im Umgang mit digitalen Geräten und Lernplattformen fördert. Hierdurch soll die Teilhabe am digitalen Unterricht und die Nutzung von digitalen Geräten zur Bildung, auch in Zukunft, besser ermöglicht werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 386 vom 24.03.2021

Zur Lage der Förderschulen für Kinder mit Behinderungen in der Corona-Pandemie stellt die FDP-Fraktion eine Kleine Anfrage (19/27728). Die Fraktion möchte wissen, welche Schultypen es zum Beispiel für blinde oder körperbehinderte Kinder in Deutschland im Bereich der Förderschulen nach Kenntnis der Bundesregierung gibt und welche Instrumente zur Ermittlung der individuellen Förderbedarfe in Bezug auf die Teilhabe an Bildung die Länder anwenden. Auch interessiert die Fraktion, wie viele Kinder aktuell in eine Förderschule in Deutschland gehen.

Förderschulen leisten aus Sicht der Fragesteller einen wichtigen Beitrag, bereits im Kindesalter die Stärken und Talente von jungen Menschen mit Behinderungen zu erkennen und zu unterstützen. Viele Eltern von Kindern mit Behinderungen würden sich bewusst für spezialisierte Schulen entscheiden, um ihrem Kind eine bestmögliche Beschulung zu ermöglichen. Für diese bestmögliche Unterstützung und Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen sei es daher aus Sicht der Fragesteller unabdingbar, auch in Zukunft den Eltern im Interesse ihrer Kinder die Wahlfreiheit zwischen den verschiedenen Schulformen zu erhalten. Bei der Debatte um Schulschließungen, Notbetreuung und Teilhabe an Bildung kommen nach Ansicht der FDP-Fraktion auch die Förderschulen zu kurz.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 382 vom 24.03.2021

Zu Bildungs- und Gesundheitschancen von Kindern und Jugendlichen während der Corona-Pandemie stellt die FDP-Fraktion eine Kleine Anfrage (19/27708). Die Abgeordneten möchten gerne wissen, ob der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vorliegen, welche Auswirkungen die Schließungen von Kindertageseinrichtungen und Schulen auf die physische und psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen haben beziehungsweise langfristig haben werden. Auch interessiert die Fraktion, ob die Bundesregierung eigene Studien in Auftrag gegeben hat, um die langfristigen Auswirkungen der Schließungen von Kindertageseinrichtungen und Schulen auf die physische und psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu evaluieren. Ferner fragen die Abgeordneten, wie sich die Zahl von psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2019 entwickelt hat und welche Planungen es seitens der Bundesregierung gibt, um auf den von Experten vermuteten steigenden Bedarf zur Behandlung von psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen zu reagieren.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 374 vom 23.03.2021

Kurzarbeit bedeutet für viele Betroffene erhebliche finanzielle Einbußen und löst bei etwa der Hälfte Sorgen um die wirtschaftliche Existenz aus. Zugleich hat ihr massiver Einsatz bislang rechnerisch mindestens eine Million Arbeitsplätze über die Corona-Krise gerettet. In einigen Familien zeigt die starke Arbeitszeitverkürzung zudem einen positiven sozialen Effekt: Väter, die ihre Arbeitsstunden reduzieren müssen, kümmern sich deutlich häufiger intensiv um ihren Nachwuchs. Die Quote der kurzarbeitenden Männer, die den größeren Teil der Kinderbetreuung übernehmen, vervierfacht sich gegenüber der Zeit vor Beginn der Kurzarbeit. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.*

Die Analyse der WSI-Forscher Dr. Toralf Pusch und Dr. Hartmut Seifert beruht auf Daten aus der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung. Dafür sind gut 6100 Erwerbstätige und Arbeitsuchende mehrfach online befragt worden. Die Panel-Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

Die Wissenschaftler werteten die Befragungswelle vom November 2020 aus. In diesem Monat waren nach vorläufigen Hochrechnungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) knapp 2,4 Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit. Wie viele davon Männer waren, ist noch nicht ermittelt. In den Monaten zuvor waren es deutlich mehr als die Hälfte. Ihre Arbeitszeit mussten Kurzarbeitende im November um durchschnittlich 51 Prozent reduzieren.

„Im Zuge der durch Kurzarbeit vermehrt verfügbaren Zeit haben sich die Anteile in der partnerschaftlichen Kinderbetreuung verschoben“, konstatieren Pusch und Seifert. Jedenfalls gilt das bei etwa jedem vierten kurzarbeitenden Vater, der befragt wurde. Knapp 30 Prozent gaben im November an, während der Kurzarbeitsphase den Hauptteil der Kinderbetreuung in ihrer Familie zu übernehmen. Vor Beginn der Pandemie taten das lediglich sieben Prozent. Weitere rund 35 Prozent kümmerten sich nach eigener Angabe im November ebenso ausführlich um den Nachwuchs wie ihre Partnerin, gegenüber knapp 32 Prozent, die vor der Pandemie ungefähr die Hälfte der Sorgearbeit übernahmen (siehe auch die Grafik in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

Bei den befragten Müttern in Kurzarbeit änderte sich hingegen wenig – wohl, weil sie meist immer schon den überwiegenden Anteil bei der Kinderbetreuung übernommen hatten: Das gaben rund zwei Drittel sowohl für die Zeit vor als auch während der Kurzarbeit an. „Kurzarbeit macht deutlich, dass Arbeitszeitverkürzungen die ungleiche Lastenverteilung bei der Kinderbetreuung verringern können. Das alleine reicht aber nicht aus, sie zu beseitigen. Das Hauptengagement verbleibt weiterhin bei den Frauen“, schlussfolgern die Forscher.

Kurzarbeit – Mehr als eine Beschäftigungsbrücke. WSI Policy Brief Nr. 53, März 2021

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 26.03.2021

Kindertageseinrichtungen sollen im verschärften Lockdown weiter geöffnet bleiben und mehr Testungen durchgeführt werden. Die Testkapazitäten reichen aber vielerorts nicht aus. Gleichzeitig steigen die Infektionszahlen bei kleinen Kindern besorgniserregend an, Ausbrüche in Kitas werden gehäuft gemeldet. Der AWO Bundesverband fordert vor diesem Hintergrund, flächendeckend Kinder und Fachkräfte in den Einrichtungen effektiv zu schützen. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Die geforderte Anzahl von zwei Tests die Woche für Mitarbeitende und Kinder ist bisher in vielen unserer Kindertagesstätten nicht umsetzbar. Uns fehlt einfach die erforderliche Menge an Tests. Zudem gibt es noch nicht flächendeckend kindgerechte, jeweils altersangepasste Testungen, und die Kolleg*innen vor Ort bräuchten Einweisungen für deren Handhabung, die diesen Namen auch verdient haben. Die Tests für Kinder müssen zudem natürlich freiwillig bleiben und Eltern einbezogen werden.

Unsere Einrichtungen geraten dadurch in ein Dilemma: entweder Kinder und Mitarbeitende vor Ort Risiken auszusetzen oder Kinder in wichtigen Phasen ihrer Entwicklung keine pädagogischen Angebote mehr machen zu können. Diese ungeklärte Situation in den Einrichtungen zeigt, dass Kindertagesstätten im politischen Umgang mit der Pandemie noch zu wenig priorisiert werden.“

So sei beim Bund-Länder-Gipfel vom Montagabend das Infektionsgeschehen in Kindertagesstätten zu wenig thematisiert worden. Die stattdessen bereits in der Vorwoche durch die Kultusministerkonferenz beschlossene weitgehende Entkopplung der Schutzmaßnahmen von Inzidenzwerten sei angesichts der heranrollenden „Dritten Welle“ nicht der richtige Schritt.

„Das Familienministerium hat wichtige Hinweise gegeben, wie jetzt vorgegangen werden sollte. Diese Hinweise gilt es zu berücksichtigen“, so Schubert, „Denn wenn wir jetzt nicht umsteuern, müssen wir, so, wie sich die Situation derzeit darstellt, damit rechnen, dass die Dritte Welle auch durch Kindertagesstätten rollt – und zwar vergleichsweise ungebremst.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 24.03.2021

Eine neue Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung sieht eine deutliche Zunahme privater Überschuldung durch die Pandemie. Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt sieht in diesen Ergebnissen eine Bestätigung der Erfahrungen aus der eigenen Beratungspraxis und warnt vor einer sozialen Krise.

„Schon vor der Pandemie gab es ein hohes Beratungsaufkommen, jetzt aber rechnen wir in Kürze mit einem Beratungsbedarf in bisher nicht gesehenem Ausmaß. Denn finanzielle Problemlagen sind inzwischen nicht nur häufiger, sondern auch existenzieller: Wo die Beratenden sonst vielleicht noch Spielraum haben, mit den Betroffenen vorhandene Reserven zielführend umzulenken, gibt es jetzt schlicht keine Reserven mehr. Nach einem Jahr Pandemie und zwei Lockdowns sind die Rücklagen aufgebraucht“, erklärt dazu Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, „Wenn wir nicht jetzt anfangen, Lösungen für diese Menschen zu finden, steuern wir sehenden Auges in eine soziale Katastrophe.“

Ver- und überschuldete Haushalte seien von den Folgen des nahezu stillstehenden öffentlichen Lebens besonders betroffen. Der Schutz vor Pfändungen und die Beantragung von Sozialleistungen oder anderen Hilfen seien zudem aktuell deutlich erschwert. Darüber hinaus würden vermehrt auch Menschen in finanzielle Schwierigkeiten geraten, die bis zur Pandemie in vergleichsweise stabilen Verhältnissen lebten.

Der AWO Bundesverband fordert deswegen, die Hilfe- und Beratungsstruktur durch Einführung einer bundesweiten pauschalen Finanzierung der Beratungsstellen zu sichern und auszubauen. Bislang gebe es deutlich zu wenig Beratungskapazitäten, die des steigenden Bedarfs nicht Herr würden. Zudem müssten für all diejenigen, die heute noch keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld hätten, vergleichbare Schutzmechanismen eingeführt werden.

Nicht zuletzt brauche es unbürokratische Hilfen, um soziale Härten auszugleichen. „Neue Schuhe für die Kinder, eine defekte Waschmaschine oder andere Ausgaben, die anfallen – Viele Menschen sind nach diesem Jahr in einer Situation, wo schon kleinste Mehrbelastungen Existenznot bedeuten können. Wir dürfen sie nicht auf einen bürokratischen Hürdenlauf schicken, sondern müssen pragmatisch und schnell entlastend helfen“, so Schubert abschließend.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 18.03.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV) kritisiert das Pandemie-Management der Länder und der Bundesregierung. Seit einem Jahr befinden sich Eltern und Kinder im Dauer-Lockdown. Ihre Sorgen und Nöte bleiben außen vor. Der DFV fordert einen Familiengipfel und Maßnahmen zur Öffnung von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen.

Corona ist die schwerste Familienkrise der Bundesrepublik. Seit 12 Monaten befinden sich Eltern und Kinder in einem massiven Ausnahmezustand. Improvisierte Kinderbetreuung, Präsenzausfall in den Schulen und fehlende Sozialkontakte haben Familien an den Rand des Erträglichen gebracht. Selbst zu den Osterfeiertagen werden es der Bund und die Länder nicht schaffen, für eine ausreichende Anzahl von Schnelltest zu sorgen. Obwohl diese dringend benötigt werden.

„Das Vertrauen der Eltern in das Corona-Management der Politik ist nachhaltig erschüttert“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes. „Wir schlittern von einem Lockdown zum nächsten. Wir hören viele Ideen, sehen aber zu wenige Taten, die das Infektionsgeschehen eindämmen. Familien erleben Streit zwischen Politikern und Kompetenzgerangel auf allen Ebenen. Auf eine einheitliche und nachhaltige Lösung warten Familien seit einem Jahr – und ein Ende ist nicht in Sicht.“

Die Schließung von Kitas und Schulen stellt mehr als die Hälfte der Familien mit Kindern unter 15 Jahren vor enorme persönliche und finanzielle Herausforderungen. Eine Zeitlang ist der Wegfall von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen durch Eltern kompensierbar. Das kostet Zeit, Geld und viel Geduld. „Diesen Punkt haben wir längst überschritten“, so Zeh. „Viele Familien stehen vor einer existenziellen Notlage. Die Ersparnisse sind aufgebraucht und das Familienleben wird über Kredite finanziert.“

Aktuelle Studien berichten zunehmend von Vereinsamung und ernsten psychischen Problemen bei Kindern und Eltern. Familien leiden an der monatelangen Dauerüberlastung zwischen Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und Homeschooling. Spezielle Freizeitangebote für Familien gibt es nicht. Eltern und Kinder sind am Ende ihrer körperlichen und psychischen Kräfte. Das ist ein deutliches Alarmsignal.

Der DFV fordert einen Familiengipfel auf Bundes- und Länderebene. „Die Politik redet über Familien, aber nicht mit ihnen. In diesen schwierigen Zeiten ist das keine gute Familienpolitik. Das muss sich endlich ändern“, sagt Verbandspräsident Zeh.

Die Corona-Krise hat eines ganz deutlich gezeigt: In der Digitalisierung von Schulen ist Deutschland ein Entwicklungsland. Einheitliche Schulportale und Datenstrukturen? Absolute Fehlanzeige! Trotzdem macht jeder seins. Von Fach zu Fach hangeln sich Lehrer mit unterschiedlichen pädagogischen Online-Konzepten durch die Pandemie. Auch wenn Eltern ihre Kinder beim Lernen unterstützen, können sie die Schule nicht ersetzen. Am Ende sind Kinder die Verlierer einer verschleppten Bildungsdigitalisierung. Hier bedarf es intensiverer Anstrengungen. Präsenzunterricht kann nicht ersetzt werden. Familien brauchen Stabilität und Planbarkeit. Dafür ist eine konsequente Gesamtstrategie für den Schulbesuch, aber auch für die Kinderbetreuung in der Krippe und Kita dringend notwendig.

Der DFV fordert dafür eine Impfpriorisierung für Erzieher und Lehrer, kostenfreie Schnelltests in jeder Kita und an jeder Schule, Luftfilteranlagen, höhere Personalschlüssel, damit Ausfälle kompensiert werden können und qualitativ hochwertige Online-Angebote für Schüler.

Diese Maßnahmen müssen flankiert werden durch einen allgemeinen Schadensersatzanspruch der Eltern (mindestens 800 Euro/Monat), wenn Kinder aufgrund von Schließungen der Krippen, Kitas und Schulen Zuhause betreut werden. Ebenso wichtig ist die schnelle Einführung eines Kinderfreibetrages in der Renten-, Pflege- und Krankenversicherung. Wer Kinder hat, ist wirtschaftlich weniger leistungsfähig als jemand, der bei gleichem Einkommen keine Unterhaltspflichten zu schultern hat.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 24.03.2021

Psychische Probleme, Vereinsamung, Zukunftsängste und fehlendes politisches Gehör: Die Pandemie stellt Minderjährige und junge Menschen vor erhebliche Herausforderungen. Das zeigt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung, die in Kooperation mit den Universitäten von Hildesheim und Frankfurt am Main durchgeführt worden ist.

„Die Corona-Pandemie geht an Jugendlichen keineswegs spurlos vorbei. Sehr viele fühlen sich vereinsamt und haben mit psychischen Belastungen zu kämpfen“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes (DFV). 61 Prozent der Jugendlichen geben laut Bertelsmann Studie an, sich teilweise oder dauerhaft einsam zu fühlen. 64 Prozent stimmen zum Teil oder voll zu, psychisch belastet zu sein. 69 Prozent sind, und sei es nur teilweise, von Zukunftsängsten geplagt.

„Jugendliche fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Das zeigen die Untersuchungsergebnisse deutlich“, kommentiert Heimann die Studie. 65 Prozent der befragten Jugendlichen gaben während des zweiten Lockdowns im November 2020 an, dass ihre Sorgen eher nicht oder gar nicht gehört werden. Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zur Befragung im Frühling 2020, bei der bereits 45 Prozent diesen Eindruck äußerten. 58 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Situation der Jugendlichen den Politikern nicht wichtig sei. „Es wird zwar über Jugendliche, aber nicht mit ihnen gesprochen – und das in der schwersten Krise nach der Wiedervereinigung. Damit gewinnt die Politik kein Vertrauen unter jungen Menschen“, sagt Heimann.

Demokratische Beteiligung nötig

Um die Belange von minderjährigen Jugendlichen zu stärken, spricht sich der DFV für eine Reform des Wahlrechts aus. „Nur das Wahlrecht garantiert echte politische Mitsprache. Wer gehört werden will, muss Politiker wählen und abwählen können“, so Heimann. Unter der Schirmherrschaft von Bundesfamilienministerin a.D. Renate Schmidt setzt sich der DFV für ein modernes und allgemeines Wahlrecht ab Geburt ein. „Die Bedürfnisse und Potenziale von minderjährigen Jugendlichen kommen in der öffentlichen Debatte kaum vor. Wir brauchen deshalb dringend einen politischen Wandel, der unsere Demokratie zukunftsfest macht. Das geht nur mit einer Wahlrechtsänderung einher.“

Weitere Informationen

Studie der Bertelsmann Stiftung: Das Leben von jungen Menschen in der Corona-Pandemie (PDF)

DFV-Kampagne „Wahlrecht ab Geburt – Nur wer wählt, zählt“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 23.03.2021

Nach Medienberichten fordert der Wissenschaftliche Beirat für Familienfragen, der Familienministerin Giffey berät, einen „Marshallplan für Familien“. So sollen gezielt Eltern und Kinder, die durch die Pandemie besonders belastet wurden, gezielt gefördert werden –  etwa mit digitalen Lernmitteln, Kuren und Freizeitprogrammen.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Ein Corona- Hilfsprogramm ist ein wichtiges Signal an die Familien in Deutschland, die sich seit Beginn der Corona-Pandemie in einem Ausnahmezustand befinden. Durch die Versorgung der Familie, Homeoffice und Homeschooling sind sie extremen Belastungen ausgesetzt, was häufig zu starker Erschöpfung geführt hat. Viele Eltern sind mit ihren Kräften am Ende und auch Kinder sehr belastet.

Die gemeinnützigen Familienerholungseinrichtungen und Kliniken des Müttergenesungswerkes bieten mit ihren vielfältigen Hilfeprogrammen für Mütter und Väter Unterstützung und helfen, wieder neue Kraft zu tanken. Aber auch Familienberatungsstellen und familienunterstützenden Dienste sind wichtige Angebote, die digital eine echte Hilfe in Belastungssituationen sein können.

Eine bessere schulische Förderung von sozialbenachteiligten Kindern und Jugendlichen und vor allen Dingen eine deutlich bessere Ausstattung mit digitalen Lernmitteln im Bildungs- und Teilhabepaket sind genauso – wie eine bessere finanzielle Absicherung der Familien und Kinder in der Grundsicherung – wichtige Maßnahmen, die die Diakonie Deutschland bereits seit langem fordert.

Wir brauchen ein umfassendes Corona-Hilfsprogramm für Familien. Die Bundesregierung tut gut daran, diesen Plan zügig in die Tat umzusetzen, zumal ein weiterer Lockdown bis über die Osterferien hinaus in den April hinein nicht vermeidbar erscheint.“

Weitere Informationen:

Corona-Informationsseite der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 22.03.2021

Das heute ergangene Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe, das den geplanten einmaligen Corona-Zuschuss für Grundsicherungsbeziehende für zu gering und verfassungswidrig hält, kommentiert der Paritätische Gesamtverband wie folgt:

Der Paritätische Gesamtverband bewertet es als beschämend, dass das Sozialgericht Karlsruhe nun bereits zum wiederholten Mal das armutspolitische Versagen dieser Bundesregierung in der Corona-Krise feststellen muss. Mit dem Hinweis, dass ein Zuschlag von 100 Euro pro Monat nötig wäre, um die Mehrbedarfe angesichts der Pandemie zu kompensieren, folgt das Gericht der Forderung von rund 50 Gewerkschaften und Sozialverbänden.

„Das Krisenmanagement der Bundesregierung ist ein armutspolitisches Trauerspiel. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich dafür zu sorgen, dass Deutschland wieder seinen sozialstaatlichen Verpflichtungen nachkommt“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. „Es braucht eine zügige Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro und für die Dauer der Pandemie finanzielle Soforthilfe in Höhe von 100 Euro pro Kopf und Monat für alle, die auf existenzsichernde Leistungen angewiesen sind.“

Mehr Informationen zum Appell “Corona trifft Arme extra hart – Soforthilfen jetzt!” unter www.der-paritatische.de/coronahilfe

Hintergründe und Reportagen zur Lage armer Menschen während der Corona-Pandemie finden Sie auch in einer aktuellen Schwerpunktausgabe unseres Verbandsmagazins: https://www.der-paritaetische.de/publikation/verbandsmagazin-der-paritaetische/der-paritaetische-221/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 26.03.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Unternehmen können sich ab heute bis Ende Mai bewerben

Zum ersten Mal wird der „German Equal Pay Award“ in diesem Jahr verliehen. Der Wettbewerb ist Teil des neuen Unternehmensprogramms „Entgeltgleichheit fördern“ vom Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend (BMFSFJ). Ausgezeichnet werden Unternehmen, die sich in besonderer Weise für Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern in ihrem Betrieb engagieren. Dabei richtet sich der „German Equal Pay Award“ nicht nur an Unternehmen, die bereits geringe Entgeltunterschiede und deutliche Fortschritte in diesem Bereich vorweisen können. Es werden auch Unternehmen mit innovativen Ideen und Konzepten zur Umsetzung von Entgeltgleichheit ausgezeichnet.

Bundesfrauenministerin Franziska Giffey: „Die Zeit der ungleichen Bezahlung zwischen Männern und Frauen muss endlich vorbei sein. Im Bundesfrauenministerium haben wir viele Maßnahmen zum Abbau der Lohnlücke auf den Weg gebracht, unter anderem das Entgelttransparenzgesetz. Faire Bezahlung und Entgeltgleichheit gehören zu einer modernen und nachhaltigen Personalpolitik und sind ein entscheidender Wettbewerbsvorteil zur Fachkräftesicherung. Viele Unternehmen haben das bereits erkannt und setzen entsprechende Strategien in ihren Unternehmen um. Mit dem ‘German Equal Pay Award‘ wollen wir sie auf diesem Weg bestärken, ihre Anstrengungen würdigen und Vorbilder auszeichnen. Ich lade alle Unternehmen ein, teilen Sie Ihre Strategien und Konzepte und bewerben Sie sich beim ‘German Equal Pay Award‘!“

Unternehmen aller Größenklassen und Branchen mit Sitz in Deutschland können sich ab heute bis zum 30. Mai 2021 bewerben. Eine fachkundige Jury wird die Bewerbungen auswerten. Im September 2021 werden die Siegerunternehmen des ersten „German Equal Pay Award“ offiziell mit einem Preis und einer Urkunde durch Bundesfrauenministerin Franziska Giffey ausgezeichnet. 

Das Online Bewerbungsformular für die Teilnahme am Wettbewerb sowie alle weiteren Informationen zum Thema Entgeltgleichheit stehen auf der Webseite www.entgeltgleichheit-fördern.de zur Verfügung.

Über das Unternehmensprogramm „Entgeltgleichheit fördern“:

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat das Unternehmensprogramm „Entgeltgleichheit fördern. Unternehmen beraten, begleiten, stärken“ 2020 ins Leben gerufen, um Unternehmen konkrete Unterstützung bei der Umsetzung des Entgelttransparenzgesetzes sowie des Entgeltgleichheitsgebotes zu geben. Zudem soll das Bewusstsein für die Chancen einer geschlechtergerechten Entlohnung gefördert werden. Zum Bundesprogramm gehören neben dem „German Equal Pay Award“ auch die Website (www.entgeltgleichheit-fördern.de) mit Informationen, Anregungen und Ideen aus der Praxis, eine Servicestelle für individuelle Beratungen sowie Unternehmensdialoge zum gemeinsamen Austausch von Ansätzen und Hürden zwischen Betrieben. Das Programm ist auf drei Jahre angelegt und wird vom BMFSFJ gemeinsam mit Ramboll Management Consulting und KPMG AG umgesetzt.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 26.03.2021

Aktuelle Befragung zeigt, dass die Bevölkerung Gleichstellung befürwortet, aber noch viel Handlungsbedarf sieht.

95 Prozent der Männer und Frauen in Deutschland bewerten Gleichstellungspolitik für eine gerechte und demokratische Gesellschaft als wichtig. Die große Mehrheit (80 Prozent) verbindet mit der Gleichstellung von Frauen und Männern etwas Positives. Dies und mehr geht aus einer aktuellen repräsentativen Befragung von Kantar Public Deutschland im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu Fragen der Gleichstellung hervor, deren Ergebnisse jetzt veröffentlicht wurden.

Bundesgleichstellungsministerin Franziska Giffey: „Die Studie zeigt uns, wie wichtig und hochaktuell Gleichstellung als Fortschrittsmotor für eine demokratische und freie Gesellschaft ist, in der Männer und Frauen ihre Lebenschancen ergreifen können. Es wird aber auch deutlich, dass mehr als 80 Prozent der Befragten finden, dass das Ziel noch nicht erreicht ist und meinen damit die Gleichstellung von Frauen im Beruf und von Männern im Privaten. Aus der Befragung geht hervor, wie sehr Gleichstellung zu einer gemeinsamen Gesellschaftsaufgabe geworden ist. Eine ermutigende Botschaft und ein fortbestehender Auftrag.“

Dr. Sophia Schmid, verantwortliche Studienleiterin Kantar Public Deutschland: „Befragungen wie diese zeigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung hinter dem gesamtgesellschaftlichen Projekt der Gleichstellung steht und diese aktiv einfordert. Gleichstellung ist somit kein Frauen- oder Elitenthema, sondern kommt Männern, Frauen und Kindern ganz konkret in ihrem beruflichen und familiären Alltag zugute. Auch die Politik und Wirtschaft können durch bessere Gleichstellung nur profitieren – davon ist die Mehrheit der Deutschen überzeugt. Wir sind somit auf einem guten Weg, jedoch noch längst nicht am Ziel angelangt.“

Gleichstellung nutzt Frauen im Beruf und Männern in der Familie
Die Vorteile der Gleichstellung für Frauen werden vor allem in den Bereichen Lohngleichheit und Berufswahl frei von Rollenbildern gesehen. Aber auch Entlastung bei der Familienarbeit, mehr Zeit für Beruf und Karriere sowie bessere Chancen auf Frauen in Führungspositionen werden von mindestens zwei Dritteln als positive Aspekte wahrgenommen.

Die Vorteile der Gleichstellung für Männer werden vor allem darin gesehen, dass sie mehr Zeit für Familie und Kinder gewinnen könnten. Eine Mehrheit sieht zudem weniger Druck, die Rolle des Versorgers einnehmen zu müssen sowie – ähnlich wie bei Frauen – eine Berufswahl unabhängig von Rollenbildern.

Mehr Gleichstellung führt zu Verbesserungen in Politik und Wirtschaft
Mehr als drei Viertel der Befragten sind zudem überzeugt, dass eine bessere Gleichstellung zu Verbesserungen in Politik und Wirtschaft führen würde. Eine deutliche Mehrheit (63 Prozent) spricht sich für eine verbindliche Frauenquote aus, um die Dominanz von Männern in Führungspositionen zu vermindern. Aus Sicht der Befragten gibt es aber noch viel zu tun, um das gesellschaftliche Ideal der Gleichstellung von Frauen und Männern zu erreichen: so stimmen nur 14 Prozent der Aussage zu, dass Gleichstellungspolitik schon alles erreicht habe.

Gleichstellung als gemeinsames Projekt von Frauen und Männern
In Bezug auf die Ausrichtung von Gleichstellungspolitik besteht weitgehender Konsens, dass die Bedürfnisse von Männern genauso wie die von Frauen berücksichtigt werden müssen. Damit einher geht die Hoffnung von 90 Prozent der Befragten, dass Jungen und Mädchen sich in Zukunft frei von Geschlechterstereotypen entfalten können. Die Corona-Krise halten nur wenige für eine Chance für die Gleichstellung von Frauen und Männern (36 Prozent).

Über die Befragung
Im Rahmen der KANTAR-Befragung „Mehr Gleichstellung im Beruf, mehr Partnerschaftlichkeit im Privaten“ wurden 1.000 Computergestützte Telefon-Interviews (CATI) durchgeführt. Dabei wurde die deutschsprachige Bevölkerung ab 18 Jahren in Deutschland, repräsentativ für die gesamte Republik befragt. Es erfolgte eine faktorielle Gewichtung nach soziodemografischen Merkmalen (Alter, Geschlecht, Bildung, Region). Befragungszeitraum war der 17. bis 30. November 2020.

Die vollständige Studie finden Sie hier: bmfsfj.de/kantar-studie-gleichstellung

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 26.03.2021

Der Bundestag verabschiedet heute das Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung. Die Zeit einer Normangleichung ist damit endgültig vorbei. Jeder Mensch erhält nun von Geburt an das Recht, selbst über seinen Körper und seine Identität zu entscheiden.

„Mit dem OP-Verbot tragen wir der Vielfalt unseres Landes und unserer Gesellschaft Rechnung und stärken das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit nachhaltig. In der Vergangenheit wurden Operationen an Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung häufig nur mit dem Ziel durchgeführt, sie an ein bestimmtes Geschlecht optisch anzugleichen. Fehlende Aufklärung und Stigmatisierung führten dazu, dass Kindern eine eigene Entscheidung über ihren Körper und ihre Identität vorenthalten blieb.

Diese Praxis wird in Zukunft untersagt. Künftig ist es Ärztinnen und Ärzten verboten, Operationen an nicht-einwilligungsfähigen Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung durchzuführen – es sei denn, es besteht akute Gefahr für Leib und Leben, oder eine Operation dient eindeutig allein dem Wohl des Kindes. Ob ein Eingriff notwendig ist oder nicht entscheidet eine interdisziplinäre Kommission, nach deren Gutachten das Familiengericht einem Eingriff stattgeben kann.

Die Kommission hat die Pflicht, die Rechte des Kindes zu wahren und immer zum Wohle des Kindes seine Empfehlungen zu formulieren. Deshalb hat sich die SPD erfolgreich dafür eingesetzt, dass alle Kommissionsmitglieder Erfahrung im Umgang mit intergeschlechtlichen Kindern haben müssen. Das trifft sowohl für Ärztinnen und Ärzte, als auch Kinderpsychologinnen und -psychologen sowie Ethikerinnen und Ethikern zu. Auch hat die SPD die Bundesregierung aufgefordert, ein Zentralregister für durchgeführte Operationen einzurichten. Betroffene sollen auch nach Jahrzehnten noch die Möglichkeit haben, auf einfachem Wege herauszufinden, ob und welche Eingriffe an ihnen vorgenommen wurden.

Das Gesetz ist ein großer Schritt nach vorn. Es befördert die Auseinandersetzung mit der Vielfalt menschlichen Lebens. Es wäre ein Gewinn für das ganze Land, wenn unser Koalitionspartner auch in anderen Themenfeldern so fortschrittlich mit uns zusammenarbeiten würde. Denn es bleibt noch viel zu tun, bis auch wirklich jeder selbstbestimmt und frei von Diskriminierung leben kann.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 25.03.2021

Seit heute kann der Entwurf des Sechsten Armuts- und Reichtumsberichts online eingesehen werden. Er zeigt, dass unser Sozialstaat, unsere Sozialschutzpakete und die vielen weiteren Unterstützungsmaßnahmen auch in der Krise wirken.

„Auf den Sozialstaat ist Verlass. Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld sind für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Brücke über die Krise. Wir wollen den Sozialstaat weiter stärken. Er soll sowohl Sicherheit bieten, als auch sozialen Aufstieg bestmöglich unterstützen.

Der Mindestlohn wirkt. Er muss aber erhöht werden, damit man gut davon leben kann und bei Vollzeitarbeit vor Armut sicher ist. Das wären aktuell zwölf Euro. Deswegen machen wir uns mindestens zwölf Euro zu unserem Ziel für 2022. Der Mindestlohn ist dabei die absolute Lohnuntergrenze. Tarifgebundene Unternehmen zahlen hingegen deutlich höhere Löhne und übernehmen so gesellschaftliche Verantwortung. Daher wollen wir die Tarifbindung stärken, die in den vergangenen Jahren durch den enormen Wettbewerbsdruck auf den Märkten gelitten hat.

Noch immer ist die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern deutlich zu spüren. Dringend muss es in den sogenannten Frauenberufen, von denen viele besonders systemrelevant sind, eine Lohnerhöhung und bessere Rahmenbedingungen geben. So werten wir diese sozialen Berufe auf – denn von Applaus kann niemand seine Miete bezahlen.

Alle Kinder sollen die gleichen Chancen auf ein gutes Leben haben. Deshalb darf kein Kind in Armut aufwachsen. Mit der sozialdemokratischen Kindergrundsicherung wollen wir das Kindergeld neugestalten. Zum einen müssen Bildung und Teilhabe gerechter und zugänglicher werden. Zum anderen planen wir ein Kindergeld, das gestaffelt ausgezahlt wird, um Familien zu unterstützen, die es nicht leicht haben. Das neue Kindergeld ersetzt so den Kinderfreibetrag und bündelt bisherige Leistungen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 23.03.2021

Unterschiede zu Bevölkerung ohne Einwanderungsgeschichte nehmen im Zeitverlauf ab

Am heutigen Mittwoch hat das Bundeskabinett den ersten Bericht zum indikatorengestützten Integrationsmonitoring „Integration in Deutschland“ beschlossen. Das Integrationsmonitoring beschreibt die Entwicklung der Integration der Bevölkerung mit familiärer Einwanderungsgeschichte anhand von 55 Indikatoren im Zeitverlauf.  Zentrales Ergebnis ist, dass in der zweiten Generation deutlich weniger Differenzen im Vergleich zur Bevölkerung ohne Einwanderungs-geschichte festzustellen sind als in der ersten Generation. Dazu erklärt die Integrationsbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nina Warken:

„Das Integrationsmonitoring unterstreicht einmal mehr, dass Integration ein langer Prozess ist und häufig erst in der zweiten Generation erfolgreich verläuft. Differenzen zur Bevölkerung ohne familiäre Einwanderungsgeschichte – etwa in den Bereichen Bildung und Arbeitsmarkt – fallen in der zweiten Generation deutlich geringer aus. Dieser Befund macht Mut. Er mahnt aber zugleich, dass bei den Menschen, die im Zuge der Fluchtmigration in den letzten Jahren zu uns gekommen sind, weiterhin Anstrengungen insbesondere in den Bereichen Bildung und Arbeit notwendig sind. Verstärkt müssen auch Frauen und Kinder in den Blick genommen werden. Dies ist umso notwendiger vor dem Hintergrund der zu erwartenden negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf erreichte Integrationserfolge. Studien wie das Integrationsmonitoring liefern die notwendigen Daten, um entsprechende Weichenstellungen zu tätigen und die Debatte zu entideologisieren. Hierfür benötigen wir zu gegebener Zeit auch ein Post-Corona-Monitoring, das die Folgen der Pandemie für Zugewanderte und ihre nachfolgenden Generationen sachlich beschreibt.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 24.03.2021

„Die Arbeitszeitwünsche von Frauen und Männern zeigen der Bundesregierung deutlich den Handlungsbedarf auf. Auf der einen Seite muss es darum gehen, der Entgrenzung von Arbeitszeit einen Riegel vorzuschieben, auf der anderen Seite muss den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Mindestmaß an Beschäftigungsumfang garantiert werden. In besonderem Maße betrifft dies Frauen, die neben der allgemeinen Benachteiligung am Arbeitsmarkt auch bei den Arbeitszeiten Probleme haben, ihre Wünsche zu realisieren. Oft sind Frauen mangels Alternativen gezwungen, in nicht existenzsichernder Teilzeit und Minijobs zu arbeiten. Die Bundesregierung muss endlich bessere Voraussetzungen für eine gerechte Verteilung der Arbeitszeit schaffen“, erklärt Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zu einer Studie des Ifo-Instituts im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung zur Entwicklung der tatsächlichen und gewünschten Arbeitszeit. Zimmermann weiter:

„Die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit muss auf 40 Stunden in der Woche gesenkt werden. Zudem müssen die Voraussetzungen für den Anspruch auf Teilzeit für die Beschäftigten verbessert werden. Um vor allem Frauen aus der Teilzeitfalle zu holen, ist ein Rechtsanspruch auf ein Minimum an Arbeitsstunden einzuführen. Generell ist die Stellung der Beschäftigten bezüglich der Veränderung ihrer Arbeitszeit zu schwach, da Ansprüche nur im Klageverfahren durchgesetzt werden können und viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich das nicht trauen. Die Bundesregierung muss stärkere und praxistauglichere Rechtsansprüche hinsichtlich der Arbeitszeitwünsche von Beschäftigten verankern. Insbesondere bedarf es besserer Angebote zur Kinderbetreuung, auch in den so genannten Randzeiten.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 30.03.2021

„Es ist gut, dass die Inanspruchnahme des Elterngelds durch Väter steigt, doch weiterhin ist bei der partnerschaftlichen Ausgestaltung des Elterngeldes sehr viel Luft nach oben. Immer noch nehmen Väter sehr viel kürzer Elterngeld in Anspruch als Mütter. Jeweils 12 Elterngeldmonate für beide Elternteile, die nicht übertragbar sind, würden für deutlich mehr Partnerschaftlichkeit bei Erziehungs- und Sorgearbeit sorgen. Für Alleinerziehende braucht es entsprechend einen Anspruch auf 24 Monate“, sagt Katrin Werner, familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts zum Elterngeld im Jahr 2020. Werner weiter:

„Zudem muss endlich der Mindestbetrag des Elterngeldes auf 400 Euro angehoben werden. Seit Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 ist dieser nicht mehr erhöht worden. Seither sind jedoch die Verbraucherpreise gestiegen. Durch die fehlende Erhöhung des Mindestbetrags werden Familien mit geringem Einkommen durch das Elterngeld diskriminiert, und das muss endlich ein Ende haben.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 25.03.2021

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert ein breites Maßnahmenpaket zur Unterstützung für Kinder und Jugendliche in der Corona-Pandemie. In einem Antrag (19/27825) spricht sie sich unter anderem für einen „Bildungsschutzschirm“ aus, der ein sicheres Lernen in den Schulen ermöglichen soll. Dazu gehöre die Ausstattung mit Schutzmitteln, Luftfiltern, der Zugang zu regelmäßigen kostenlosen Corona-Tests und der Ausbau der Digitalisierung.

Zudem soll nach dem Willen der Grünen das gesamte Spektrum der Kinder- und Jugendhilfe bundeseinheitlich als systemrelevant eingestuft und dementsprechend krisen- und zukunftssicher ausgestattet werden. Im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) sollen das „sozialpädagogisch begleitete Jugendwohnen“ als verbindliche Leistung festgeschrieben, die Altersgrenze bei Hilfen für den Übergang in ein eigenverantwortliches Leben erhöht und die sogenannte Kostenheranziehung von Jugendlichen in Pflegefamilien und Heimen abgeschafft werden.

Darüber hinaus fordern die Grünen einen Einstiegszuschuss für Berufseinsteiger in besonders schwierigen konjunktureller Lagen, mit dem analog zum Eingliederungszuschuss maximal 50 Prozent des Arbeitsentgelts für maximal sechs Monate oder maximal 50 Prozent der Ausbildungsvergütung für maximal zwölf Monate bezuschusst werden können. Außerdem werben die Abgeordneten für die Einführung einer Ausbildungsgarantie.

Die Grünen verweisen auf die einschneidenden Auswirkungen auf das Leben junger Menschen während der Corona-Pandemie. Eine verlorene „Generation Corona“ müsse verhindert werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 396 vom 25.03.2021

Der Petitionsausschuss unterstützt Überlegungen, durch eine geteilte Anrechnung der Kindererziehungszeit beiden Elternteilen die Möglichkeit zu eröffnen, Rentenanwartschaften erwerben zu können. In der Sitzung am Mittwoch verabschiedeten die Abgeordneten mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und AfD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, eine entsprechende Petition dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zu überweisen. Die FDP-Fraktion sowie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatten für das höhere Votum einer Überweisung „als Material“ plädiert.

Mit der Petition wird gefordert, dass die Anrechnung der Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ausschließlich bei einem Elternteil erfolgt, sondern durch Aufteilung der Erziehungszeit beide Elternteile Rentenanwartschaften erwerben können. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass in vielen Familien nicht mehr ausschließlich ein Elternteil für die Erziehung des Kindes verantwortlich sei. Vielmehr erfolge untereinander eine hälftige Aufteilung. Nach derzeitiger Rechtslage sei für diesen Fall jedoch nur ein Elternteil berechtigt, die rentensteigernden Kindererziehungszeiten zu erhalten.

Aktuell seien die Kindererziehungszeiten dem Elternteil zuzuordnen, der das Kind – nach objektiven Gesichtspunkten betrachtet – überwiegend erzogen hat, heißt es in der Begründung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses, in der auch auf eine Stellungnahme der Bundesregierung Bezug genommen wird. „Darauf, wer das Kind geboren oder dem Kind gegenüber unterhaltspflichtig ist, kommt es hingegen nicht an.“

Der Elternteil, dem die Kindererziehungszeit zugeordnet wird, um damit Nachteile auszugleichen, die erziehende Elternteile hinnehmen, werde deshalb für die Rente so gestellt, „als ob er in einer Beschäftigung versicherungspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe des Durchschnittsentgelts aller Versicherten verdient hätte“. Kindererziehungszeiten würden insoweit rentenbegründend und rentensteigernd bei dem Elternteil anerkannt, „der zum Zweck der Kindererziehung typischer Weise seine Erwerbstätigkeit einschränkt“, teilt die Bundesregierung mit.

Grundsätzlich werde die Kindererziehungszeit nur der Mutter zugeordnet, „wenn die Eltern keine andere Zuordnung bestimmen“. Die Eltern hätten aber die Möglichkeit, die Kindererziehungszeit zeitlich nacheinander unter sich aufzuteilen und eine übereinstimmende Erklärung darüber abzugeben. „Dadurch kann im Ergebnis erreicht werden, dass jedem Elternteil die Hälfte der Kindererziehungszeit anzurechnen ist“, heißt es in der Vorlage.

Der Petitionsausschuss begrüßt diese Regelung ausdrücklich, „denn es wird somit in das Belieben der Eltern gestellt, eine aus ihrer Sicht den tatsächlichen Verhältnissen am besten gerecht werdende Aufteilung festzulegen“. Gleichwohl sei der Vorschlag der Petentin ausdrücklich anzuerkennen, der aus Sicht der Abgeordneten durchaus eine Regelungserweiterung beziehungsweise sinnvolle Ergänzung zu den bereits bestehenden Gestaltungsoptionen darstellen könne und insoweit möglicherweise den gewandelten Lebensweisen und Rollenverteilungen in einer Partnerschaft Rechnung trage. „Vor diesem Hintergrund befürwortet der Petitionsausschuss eine Prüfung der gesetzgeberischen Forderung der Petentin, bei der dann auch die finanziellen Auswirkungen und möglicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand für die gesetzliche Rentenversicherung zu betrachten wären“, heißt es in der Beschlussempfehlung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 376 vom 24.03.2021

Heute (19. März 2021) eröffnet der Vorsitzende der Kommission für Ehe und Familie der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Heiner Koch (Berlin), das von Papst Franziskus ausgerufene „Jahr der Familie“ mit einem Gottesdienst um 18.00 Uhr in Berlin. Aus diesem Anlass erklärt Erzbischof Koch:

„Vor einem Jahr haben die Corona-Pandemie und die vor diesem Hintergrund getroffenen politischen Entscheidungen das Leben der Familien grundlegend verändert. Während einige Familien sich aufgrund der individuellen Umstände mit der Lage arrangieren können, sind viele andere an der Grenze ihrer Belastungsfähigkeit oder bereits weit darüber hinaus. Allgemein ist die Belastung für Familien sehr hoch, das gilt gerade auch für Alleinerziehende, die besonders schwierigen Herausforderungen ausgesetzt sind:

  • Viele Eltern sind aufgrund von Schulschließungen oder eingeschränktem Schulbetrieb überlastet. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist schon in einem Alltag ohne Pandemie schwierig. In den Zeiten des Lockdowns und ohne Unterstützung durch Kitas, Schulen und Großeltern stoßen Eltern und Familien unvermeidlich an Belastungsgrenzen oder überschreiten diese. Es ergeben sich Mehrfachbelastungen von Eltern, die sich zwischen Erwerbsarbeit, oftmals im Homeoffice, Hausunterricht, Erziehungs-, Sorge- und Hausarbeit aufreiben.
  • Bei vielen Familien treten – oft durch eingeschränkte Arbeits- und Erwerbsmöglichkeiten oder Arbeitsplatzverlust – finanzielle Engpässe auf, die durch staatliche Maßnahmen nur teilweise gemildert werden.
  • Der Kontakt der erwachsenen Kinder mit ihren Eltern und Großeltern leidet darunter, dass man sich nicht oder kaum mehr sehen kann. Ältere Familienmitglieder leiden unter Einsamkeit. Besonders drastisch ist die Einsamkeit für schwer erkrankte ältere Menschen.
  • Viele Familien haben Angehörige verloren und trauern um diese. Die Corona-Maßnahmen erschweren das Abschiednehmen und die Zeit der Trauer.
  • Die langen Lockdown-Phasen und die Schließung der Kitas und Schulen haben – wie aktuelle Studien zeigen – negative Folgen für die seelische Gesundheit der Kinder, für ihre soziale Entwicklung und ihre Bildungsbiographie.
  • Insbesondere Kinder, die auch sonst benachteiligt sind, erleben in der Corona-Zeit besondere Nachteile. Sie haben eine schlechte oder keine technische Ausstattung, wenig Platz und kaum oder gar keine Unterstützung beim Homeschooling. Teilweise gibt es sprachliche Barrieren. Um diese Kinder und ihre Familien muss sich die Gesellschaft besonders kümmern.

In der aktuellen Krise wird deutlich, welche wichtigen Leistungen die Familien und Alleinerziehende für die Gesellschaft erbringen. Aufgaben wie die Betreuung, Erziehung und Bildung der Kinder sowie die Pflege älterer Menschen werden häufig zu wenig anerkannt. Zu oft gilt nur Erwerbsarbeit als Arbeit. In der Corona-Pandemie haben viele Familien ihre Sorgearbeit für andere Menschen weitergeführt und zusätzlich Aufgaben übernommen, die von den unterstützenden Strukturen wie Kitas, Schulen und Pflegeeinrichtungen nicht mehr erfüllt werden konnten. Hierfür bedarf es einer Anerkennung für die Familien: Sie verdienen, dass die Politik die Familien ganz oben auf die Agenda setzt. Ohne stabile Familien funktioniert unsere Gesellschaft nicht – generell nicht und erst recht nicht in der derzeitigen Ausnahmesituation. Familienexperten müssen bei politischen Entscheidungen in der Corona-Krise eingebunden werden. Ein Familiengipfel – wie er während eines Onlinedialogs der Kanzlerin mit Eltern angeregt wurde – ist eine gute Idee. Im Rahmen eines derartigen Treffens könnten die Problem- und Bedürfnislagen von Familien und Alleinerziehenden während und nach der Corona-Krise beleuchtet und mit Fachleuten aller relevanten Disziplinen Lösungsansätze diskutiert und entwickelt werden.“

Hintergrund

Am Fest der Heiligen Familie, 27. Dezember 2020, hat Papst Franziskus ein Aktionsjahr zu Ehe und Familie angekündigt. Das „Jahr der Familie Amoris laetitia“ beginnt am 19. März 2021, dem fünften Jahrestag der Unterzeichnung des Nachsynodalen Apostolischen Schreibens Amoris laetitia, und endet mit dem 10. Weltfamilientreffen am 26. Juni 2022 in Rom. Amoris laetitia ist die von Papst Franziskus geschriebene Zusammenfassung der Ergebnisse der Beratungen der XIV. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode in Rom, die vom 4. bis 25. Oktober 2015 stattgefunden hat.

Der Gottesdienst am 19. März 2021 um 18.00 Uhr wird auf verschiedenen Kanälen gestreamt:

www.erzbistumberlin.de

www.facebook.com/erzbistumberlin

www.youtube.com/erzbistumberlin

www.facebook.com/dbk.de

www.youtube.com/c/deutschebischofskonferenz

Quelle: Pressemitteilung Deutschen Bischofskonferenz vom 19.03.2021

Voraussichtlich 0,8 % mehr Geburten von Dezember 2020 bis Februar 2021 – Anstieg liegt im Bereich üblicher Schwankungen

Der erste Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 22. März bis Anfang Mai 2020 mit umfassenden Kontaktbeschränkungen hat sich nach einer ersten Auswertung der Geburtenmeldungen nicht spürbar auf die Geburtenzahl in Deutschland ausgewirkt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, sind bisher rund 182 000 Meldungen zu den in den Monaten Dezember 2020 bis Februar 2021 geborenen und damit während des ersten Lockdowns gezeugten Kindern eingegangen. Zwar war die Zahl der Geburtenmeldungen damit 0,8 % höher als in den entsprechenden Vorkrisenmonaten Dezember 2019 bis Februar 2020. Allerdings bewegt sich diese Veränderung im Bereich der üblichen Schwankungen monatlicher Geburtenzahlen.

In Westdeutschland lag die Zahl der für die Monate Dezember 2020 bis Februar 2021 gemeldeten Geburten 1,7 % höher und in Ostdeutschland (einschließlich Berlin) 3,8 % niedriger als im Vorjahreszeitraum. Geburten am Schalttag 29. Februar 2020 wurden bei diesem Vergleich nicht herausgerechnet.

Geburtenentwicklung in Europa: Spanien, Frankreich und Österreich mit deutlichen Rückgängen

Für Spanien ergeben die aktuellen Schätzungen für die Geburtenzahl im Dezember 2020 den historisch niedrigsten Monatswert; im Januar 2021 sank die Geburtenzahl um 20 % im Vergleich zu Januar 2020. Nach vorläufigen Ergebnissen hat die Zahl der Geburten in Frankreich im Dezember 2020 und im Januar 2021 das jeweilige monatliche Minimum seit der Nachkriegszeit erreicht. Auch in Österreich ging die Geburtenzahl im Dezember 2020 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich zurück. In Norwegen, in Schweden und in den Niederlanden wurden im Dezember 2020 etwa gleich viele Kinder geboren wie im Dezember 2019. Für die Niederlande liegt die vorläufige Geburtenzahl auch für den Geburtsmonat Januar 2021 vor. Diese deutet auf eine Abnahme der Geburtenzahl hin. Die meisten Statistischen Ämter veröffentlichen allerdings die monatlichen Geburtenzahlen ab Dezember 2020 erst zu einem späteren Zeitpunkt, sodass es für ein umfassendes Bild zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Geburtenentwicklung noch zu früh ist.

Methodische Hinweise:
Diese Zahlen für Deutschland bilden die Geburtenmeldungen ab, die bisher in den Statistischen Landesämtern eingegangen sind. Sie erfüllen noch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit und präzise räumliche und zeitliche Abgrenzung der Geburten. Dieser Bearbeitungsstand gehört deshalb nicht zum regulären Veröffentlichungsprogramm der amtlichen Statistik. Die zusammengefassten Angaben für drei Monate bieten jedoch eine erste Datengrundlage für eine Bewertung von Pandemie-Effekten. Die regulären vorläufigen Ergebnisse für die Monate Dezember 2020 bis Februar 2021 für Deutschland und Bundesländern werden bis Anfang Mai 2021 in der Datenbank GENESIS-Online (Tabellen 12612-0002 und 12612-0101) veröffentlicht. Weitere Informationen zur Geburtenentwicklung sind in GENESIS-Online im Tabellensegment 12612 verfügbar.

Die Anzahl registrierter Geburten (sdg-indikatoren.de/16-9-1) ist neben anderen Indikatoren zu Neugeborenen Teil des Monitorings der Agenda 2030 der Vereinten Nationen.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 26.03.2021

1,4 Millionen Frauen und 462 000 Männer bezogen 2020 Elterngeld

Rund 1,9 Millionen Frauen und Männer in Deutschland haben im Jahr 2020 Elterngeld erhalten. Das waren rund 4 000 oder 0,2 % weniger als im Jahr 2019. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, hat sich die Zahl der Männer mit Elterngeldbezug im Vorjahrsvergleich um 6 500 erhöht (+1,4 %), dagegen ging die Zahl der leistungsbeziehenden Frauen um 10 500 (-0,7 %) zurück. Dadurch stieg der Väteranteil auf 24,8 % (2019: 24,4 %). Damit hat sich der kontinuierliche Anstieg des Väteranteils auch 2020 fortgesetzt. Im Jahr 2015 hatte er noch bei 20,9 % gelegen.   

Der Väteranteil gibt den Anteil der männlichen Bezieher an allen Elterngeldbezügen an. Er würde also genau 50 % betragen, wenn bei allen Kindern sowohl der Vater als auch die Mutter gleichermaßen Elterngeld beziehen würde. 

Erhebliche regionale Unterschiede bei den Väteranteilen 

Spitzenreiter im Bundesländervergleich mit einem Väteranteil von 30,0 % im Jahr 2020 war Sachsen, gefolgt von Bayern und Berlin mit je 27,2 %. Am niedrigsten lagen die Väteranteile 2020 im Saarland (19,1 %) sowie in Bremen (20,7 %). 

34,7 % der berechtigten Frauen und 14,2 % der Männer wählten Elterngeld Plus 

552 000 Bezieherinnen und Bezieher von Elterngeld planten im Jahr 2020 die Inanspruchnahme von Elterngeld Plus, und zwar 34,7 % der Mütter und 14,2 % der Väter. Seit seiner Einführung wird das Elterngeld Plus immer stärker nachgefragt. Zwar fällt das Elterngeld Plus in der Regel monatlich niedriger aus als das sogenannte Basiselterngeld, wird dafür aber länger gezahlt (bis zu 36 Bezugsmonate für beide Elternteile zusammen im Vergleich zu 14 Monaten beim Basiselterngeld). Der prozentuale Anteil der Empfängerinnen und Empfänger von Elterngeld, die bei ihrem Elterngeldbezug zumindest anteilig auch Elterngeld Plus einplanten, betrug im Jahr 2020 insgesamt 29,6 %. Das waren 1,8 Prozentpunkte mehr als noch 2019. 

Keine Änderung bei den von Vätern geplanten Bezugsdauern 

Die durchschnittliche Dauer des geplanten Elterngeldbezugs lag bei den Frauen im Jahr 2020 bei 14,5 Monaten (2019: 14,3 Monate). Die von Männern angestrebte Bezugsdauer war mit durchschnittlich 3,7 Monaten dagegen deutlich kürzer.  Damit blieben die geplanten Bezugsdauern der Väter in den vergangenen Jahren praktisch konstant (2017 und 2019: ebenfalls 3,7 Monate; 2018: 3,8 Monate). 

Diese und weitere Ergebnisse zum Elterngeld für das Jahr 2020 sowie für das 4. Quartal 2020 sind abrufbar im Bereich „Eltern- und Kindergeld„.  

Umfangreiches Datenmaterial zur Elterngeldstatistik ist zudem in der Datenbank GENESIS-Online (https://www-genesis.destatis.de/genesis/online, Suchwort „Elterngeld“) verfügbar. Hier stehen auch Daten zu beendeten Leistungsbezügen für im 3. Quartal 2018 geborene Kinder (Tabellen 22922-0002 ff.) inklusive der neuesten ermittelten Väterbeteiligungen auf Länderebene bereit (Tabelle 22922-0012).

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 25.03.2021

Rund 100 000 gemeldete Fälle – knapp drei Viertel der Frauen unter 35 Jahren

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland ist im Jahr 2020 mit rund 100 000 gemeldeten Fällen leicht gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen (-0,9 %). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren sieben von zehn Frauen (71 %), die 2020 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, zwischen 18 und 34 Jahren alt und rund 19 % waren im Alter zwischen 35 und 39 Jahren. Rund 8 % der Frauen waren 40 Jahre und älter, 3 % waren jünger als 18 Jahre. Rund 41 % der Frauen hatten vor dem Schwangerschaftsabbruch noch kein Kind zur Welt gebracht. 

96 % der im Jahr 2020 gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Indikationen aus medizinischen Gründen und aufgrund von Sexualdelikten waren in 4 % der Fälle die Begründung für den Abbruch. Die meisten Schwangerschaftsabbrüche (55 %) wurden mit der Absaugmethode (Vakuumaspiration) durchgeführt, bei 29 % wurde das Mittel Mifegyne® verwendet. Die Eingriffe erfolgten überwiegend ambulant – rund 81 % in gynäkologischen Praxen und 16 % ambulant im Krankenhaus. 

Im 4. Quartal 2020 wurden rund 24 200 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet, das waren 0,6 % weniger als im 4. Quartal 2019. 

Zehnjahresvergleich: Deutlich weniger Abbrüche in jungen Altersgruppen

Im Vergleich zum Jahr 2010 (110 400 Abbrüche) sank die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche um 10,4 % beziehungsweise 10 500 Fälle. Überdurchschnittlich stark ging die Zahl in den Altersgruppen 15 bis 17 Jahre (-66,4 % bzw. 1 600 Abbrüche), 18 bis 19 Jahre (-67,1 % beziehungsweise -3 000 Abbrüche) und 20 bis 24 Jahre (-42,0 % beziehungsweise -8 000 Abbrüche) zurück. Teilweise ist diese Entwicklung darauf zurück zu führen, dass zeitgleich die Zahl der 15 bis 17-jährigen Frauen um 8,8 %, der 18- bis 19-jährigen Frauen um 13,5 % und die der Frauen im Alter von 20 bis 24 Jahren um 9,0 % gesunken ist. 

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche je 10 000 Frauen ging bei den 15- bis 17-jährigen Frauen von 37 auf 22 zurück, 18- bis 19-Jährigen von 85 auf 55, bei den 20- bis 24-Jährigen von 111 auf 87. Dabei wurden Abbrüche von Frauen mit inländischem Wohnsitz berücksichtigt und der Berechnung für das Jahr 2020 Bevölkerungszahlen von 2019 zugrunde gelegt. 

Weitere Informationen:
Detaillierte Informationen zu den Schwangerschaftsabbrüchen, auch zu den Quartalsergebnissen, sind in den Tabellen zur Schwangerschaftsabbruchstatistik (23311) in der Datenbank GENESISOnline, im Themenbereich Schwangerschaftsabbrüche sowie im Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes unter http://www.gbe-bund.de abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 24.03.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Im Rahmen der heute beginnenden Internationalen Wochen gegen Rassismus vom 15. bis 28. März 2021 setzen Einrichtungen und Gliederungen der Arbeiterwohlfahrt deutschlandweit Zeichen gegen Rassismus. Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes:

„Rassismus ist für diejenigen, denen er entgegenschlägt, eine alltägliche Bedrohung. Es ist an uns allen, deutlich zu machen, dass unsere Solidarität den Betroffenen gilt und wir Rassismus, Diskriminierung und Gewalt als Gesellschaft nicht dulden. Deshalb beteiligt sich die AWO bundesweit an den Internationalen Wochen gegen Rassismus. Aber jeder Tag muss ein Tag gegen Rassismus werden. Deshalb bietet die AWO ihren Engagierten und Mitarbeitenden fortlaufend entsprechende Fortbildungen an und engagiert sich mit demokratiestärkenden und antirassistischen Projekten.“

Zum heutigen Auftakt der Internationalen Wochen gegen Rassismus lädt der AWO Bundesverband gemeinsam mit weiteren Wohlfahrtsverbänden zum Diskussionsforum „Die Freie Wohlfahrtspflege im ländlichen Raum – Herausforderungen und Strategien. Im Fokus der Onlineveranstaltung steht die praktische Arbeit vor Ort. Ziel ist die Stärkung des Engagements der Fachkräfte in der Sozialen Arbeit gegen Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung.

In den kommenden zwei Wochen veranstalten Einrichtungen und Gliederungen der AWO zahllose weitere Online-Veranstaltungen: vom Argumentationstraining über den digitalen Kochabend bis hin zu Fachvorträgen und Demokratiewerkstätten: https://www.awo.org/kampagnen/awo-gegen-rassismus/veranstaltungen   

Für die Arbeiterwohlfahrt ist die politisch-gesellschaftliche Bildung ein integraler Bestandteil der Sozialen Arbeit, weshalb sie Mitarbeitende und Ehrenamtliche im Umgang mit Rechtspopulismus sowie gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung sensibilisiert und schult. So hat der Bundesverband u.a. die Publikation „Vorurteile, Hass und Gewalt“ veröffentlicht und bietet Trainings an, bei deren Entwicklung durch die Ludwig-Maximilians-Universität München die AWO mitgewirkt hat.

Mit der Homepage www.demokratie.awo.org bietet der AWO Bundesverband eine Plattform, um Informationen über Projekte und Materialien zum Thema Demokratiestärkung und Antidiskriminierungsarbeit zu bündeln und damit die Kompetenzen von Haupt- und Ehrenamtlichen im Verband zu stärken.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 15.03.2021

Informationsbedarf von Kindern über das Leben hinter Gittern ist in Corona-Zeiten noch größer

Seit dieser Woche ist das überarbeitete, mehrsprachige Internetangebot der Caritas für Kinder von Inhaftierten online. In Zeiten von Corona, in denen Besuche ins Gefängnis oft untersagt und die Kontakte mit Inhaftierten extrem eingeschränkt sind, sind die Inhalte und Informationen über das Leben hinter Gittern für die betroffenen Kinder wertvoller denn je.

Der Deutsche Caritasverband und die Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe betreiben die Webseite http://besuch-im-gefaengnis.de seit 2014. Ziel ist es, die Kinder über das Leben im Gefängnis zu informieren – Wie sieht es in einer Zelle aus? Wie gestaltet sich der Alltag in Haft? – und sie auf den Besuch eines Elternteils im Gefängnis vorzubereiten. Aktuell steht eindeutig der erste Aspekt im Vordergrund. Besuche von Angehörigen finden pandemiebedingt überwiegend, soweit in den einzelnen Justizvollzugsanstalten überhaupt möglich, über Video-Konferenzen statt. Virtuelle Besuche können aber niemals den Live-Besuch ersetzen.

„Sitzt ein Elternteil in Haft, sind Kinder oft verunsichert, sie machen sich Sorgen, sie schämen sich vielleicht auch – und die Pandemie verstärkt diese Gefühle noch. Ein Besuch bei Mama oder Papa im Gefängnis fühlt sich in Zeiten von Corona schlimm an, denn der direkte persönliche Kontakt wird oftmals durch eine Schutzscheibe verhindert. Viele Kinder und Jugendliche haben Fragen, die sie niemandem in ihrem vertrauten Umfeld stellen können. Ich bin der Caritas dankbar, dass sie diese Zielgruppe mit einem altersgerechten Angebot in den Blick nimmt,“ so Peter Holzer, Gefängnisseelsorger in Bruchsal und Dekan im Justizvollzug in Baden-Württemberg.

Angebot in sechs Sprachen

Der Webauftritt www.besuch-im-gefaengnis.de wurde in den vergangenen Monaten grundlegend erneuert und mit neuen Inhalten angereichert. Die Informationen sind nun in sechs Sprachen verfügbar – neben Deutsch sind das Englisch, Französisch, Türkisch, Arabisch und Russisch. Die Webseite besuch-im-gefaengnis.de ist das einzige Angebot dieser Art im deutschsprachigen Raum. Sie wird durchschnittlich von etwa 200 Menschen am Tag angeklickt. Die Seite bietet auch Informationen darüber an, was anderen Kindern in dieser Situation geholfen hat sowie Anregungen, wo Unterstützung gesucht werden kann.

In Deutschland betrifft die Inhaftierung eines Elternteils geschätzt 100 000 Kinder. Nicht selten wird der Umstand, dass Vater oder Mutter inhaftiert ist, außerhalb der Familie verschwiegen, so dass es sehr wenige Möglichkeiten für die Kinder gibt, sich darüber mit jemandem auszutauschen.

Über dieses Angebot für Kinder hinaus, bietet die Online-Beratung der Caritas Angehörigen von inhaftierten Menschen Rat und Unterstützung an (Beratung für Angehörige von Straffälligen (caritas.de)).

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 29.03.2021

Das Baukindergeld läuft Ende März 2021 aus. Ein breites Verbändebündnis aus den Bereichen Familien-, Kommunal-, Bau- und Wohnungspolitik sowie dem Verbraucherschutz fordert eine Verstetigung des Baukindergeldes über diese Legislaturperiode hinaus.

„Das Baukindergeld ist eine Erfolgsgeschichte. Eine zielgenaue Fortführung ist unerlässlich“, betonen acht Verbände in einer gemeinsamen Erklärung. Auch in Zukunft müssen Familien bei der Bildung von Wohneigentum – und damit auch nachhaltige Wohnstrukturen außerhalb der großen Städte – unterstützt werden.

Die Zahlen zeigen: Ungeachtet der Kritik hat sich das Baukindergeld bewährt. 310.000 Familien haben einen Antrag auf Förderung gestellt – trotz Corona-Pandemie. Das übertrifft auch die Erwartungen der Bundesregierung, die bei Einführung im September 2018 mit 200.000 Anträgen gerechnet hat.

„Wer ein Haus baut oder saniert, schafft Zukunft. Vor allem junge Familien mit kleinen Kindern werden durch das Baukindergeld bei der Eigenheimbildung gefördert“, so die Verbände. Mehr als die Hälfte der Antragsteller hat Kinder unter vier Jahren. Dreiviertel der Familien haben ein Bruttojahreseinkommen von unter 50.000 Euro. Aus Sicht der Verbände ist das Baukindergeld eine wirksame und an den Bedürfnissen von Familien orientierte Leistung. Gleichzeitig ist es eine wertvolle Unterstützung bei der Gesamtfinanzierung eines Immobilienkaufs.

„Was wir heute entscheiden, planen und bauen, wird das Leben von Familien über Jahrzehnte prägen“, erklären die Verbände. Die eigenen vier Wände sind für Familien oft die einzige Möglichkeit, familiengerecht zu leben und darüber hinaus eine Investition in die Altersvorsorge. Ob Kinder sich gut entwickeln, hängt wesentlich auch von der Wohnqualität und vom Wohnumfeld ab. Darauf verweist auch der jüngst veröffentlichte neunte Familienbericht.

Auch vor dem Hintergrund der andauernden Debatte um die Zukunft des Eigenheims fordern die Verbände, Familien in den Mittelpunkt der Bau- und Wohnungspolitik zu stellen. Da mit der Familiengröße der „Platzverbrauch“ pro Kopf sinkt, sind Häuser zudem vergleichsweise effizient genutzte Wohnfläche. Für viele Eltern ist der Immobilienkauf oftmals die einzige Möglichkeit, überhaupt geeigneten Wohnraum für sich und ihre Kinder zu erhalten.

Jeder Euro Baukindergeld kommt dem Wohnungsmarkt insgesamt zugute. Eine Familie, die eine Immobilie baut oder saniert, macht eine Mietwohnung frei. Das ist besonders in Zeiten von steigenden Mieten und Wohnungsknappheit in Ballungsgebieten ein nicht zu unterschätzender Faktor. Darüber hinaus können sich auf diese Weise viele Familien leichter den Wunsch nach einem Eigenheim außerhalb der Ballungszentren erfüllen.

Werden dort bereits vorhandene Immobilien von jungen Familien erworben, kann dies helfen, Ortskerne in von Strukturveränderungen betroffenen Gebieten zu stabilisieren. So leistet das Baukindergeld auch einen Beitrag zur Verwirklichung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Landesteilen.

Für die Verbände steht die Notwendigkeit der zielgenauen Fortführung des Baukindergeldes bei steigenden Bau- und Grundstückspreisen außer Frage: „Wer Familien nachhaltig fördern will, muss das Baukindergeld dauerhaft verstetigen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 30.03.2021

Der jetzt vorgelegte Neunte Familienbericht der Bundesregierung hat aus Sicht der Diakonie Deutschland Lücken: Es fehlen Lösungsvorschläge für getrennt erziehende Eltern und ihre Kinder in der Grundsicherung. Sie haben einen höheren Bedarf als Familien, in denen die Kinder mit beiden Eltern in einem Haushalt leben. SPD und Union hatten im Koalitionsvertrag die Einführung eines Umgangsmehrbedarfes vorgesehen – bis heute wurde die entsprechende Vereinbarung nicht umgesetzt.

Vor diesem Hintergrund legt die Diakonie ein Konzept für einen Umgangsmehrbedarf in der Grundsicherung vor. In einem Schreiben an die Fraktionen, Familienministerin Giffey und Sozialminister Heil fordert sie die Regierungskoalition auf, die anstehende parlamentarische Diskussion des Berichtes mit einem Beschluss zum Umgangsmehrbedarf zu verbinden.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Getrennt lebende Eltern und ihre Kinder haben in der Grundsicherung mit besonderen Problemen zu kämpfen. Der Kinderregelsatz wird einfach zwischen beiden Haushalten nach Tagen aufgeteilt. Das ist kompliziert und macht ständige Neuberechnungen nötig. Das Ergebnis: In beiden Haushalten steht dem Kind weniger zur Verfügung, als es zum Leben braucht. Dabei ist klar: Bett, Schrank und Tisch sind unteilbar. Kleidung und Spielzeug müssen in beiden Haushalten einfach da sein. Es ist eine Zumutung, von Kindern zu verlangen, mit großen Koffern zwischen den Elternhaushalten hin- und herzufahren. Die Grundsicherung muss Trennungsfamilien endlich angemessen ausstatten.“

Loheide erläutert den Diakonie-Vorschlag: „Nach den Berechnungen der Diakonie müsste mindestens ein Drittel des Regelsatzes immer in beiden Haushalten zur Verfügung stehen. Ergänzend sollen weitere Pauschalen je nach regelmäßiger Aufenthaltsdauer vereinbart werden. Im Ergebnis muss klar sein: Der Bedarf für Kinder, die in zwei Haushalten leben, ist immer höher als bei Kindern, die mit beiden Eltern in einem Haushalt leben.“

Das Konzept der Diakonie Deutschland im Überblick:

Typische Aufteilungen der Erziehungsverantwortung sind nach dem Diakonie-Konzept

– ein Aufenthalt an jedem zweiten Wochenende,

– eine Verteilung von bis zu ein Drittel / zwei Drittel der Zeit zwischen den Eltern,

– eine fast gleichmäßige Aufteilung der Erziehungsverantwortung

– oder eine volle Aufteilung der Zeiten.

Die Diakonie Deutschland schlägt vor, für diese vier typischen Konstellationen unterschiedliche Pauschalen vorzusehen. Diese setzen sich aus einem Viertel des Regelsatzes (unabweisbarer Bedarf) und einer Pauschale für einen weiteren flexiblen Bedarf zusammen, bei der nicht mehr als drei Viertel des Regelsatzes nach einem Schlüssel verteilt werden. Nach einer entsprechenden Vereinbarung der Eltern sollen diese einfach festgestellt und so lange gewährt werden, wie die Eltern an dieser Verteilung festhalten.

In der Gesamtsumme sollen immer mindestens 125 Prozent des normalen Kinderregelsatzes für diese Kinder zur Verfügung stehen. Größere Anschaffungen wie Fahrrad, Waschmaschine oder Computer sollen für beide Haushalte als zusätzlicher Bedarf finanziert werden.

Kommt das Kind im zweiten Haushalt tatsächlich nicht mehr als fünf Nächte im Monat zu Besuch, soll dem Haushalt, in dem es hauptsächlich lebt, immer der volle Regelsatz zur Verfügung stehen und die Leistungen für den Besuch im zweiten Haushalt sollen immer zusätzlich ausgezahlt werden.

Vorgeschlagen wird die folgende Aufteilung:

Haushalt 1 (überwiegende Erziehungsverantwortung): Regelsatzanteil mathematisch

Bis zu 5 Nächte: kein Abzug; volle Auszahlung des Regelsatzes                 

              100,00 %

6 bis 10 Nächte: 25 % des Regelsatzes plus ¾ des flexiblen Bedarfes       

              81,25 %

11 bis 14 Nächte: 25 Prozent des Regelsatzes plus 2/3 des flexiblen Bedarfes

              75,00 %

Haushalt 2 (anteilige Erziehungsverantwortung):

Bis zu 5 Nächste: 25 % des Regelsatzes plus 1/6 des flexiblen Bedarfes  

              37,50 %

6 bis 10 Nächte: 25 % des Regelsatzes plus 1/4 des flexiblen Bedarfes    

               43,75 %

11 bis 14 Nächte: 25 Prozent des Regelsatzes plus 1/3 des flexiblen Bedarfes

               50,00 %

Paritätisches Wechselmodell: jeweils 25 Prozent des Regelsatzes plus ½ des flexiblen Bedarfes:

Regelsatzanteil mathematisch jeweils:                             

               62,50 %

Insgesamt kommt es zu einem höheren Kostenansatz, als wenn ein Kind nur in einem Haushalt lebt. Die Gesamtkosten ergeben in Prozent des Kinderregelsatzes für die jeweiligen Fallkonstellationen:

Bis zu 5 Nächte in Haushalt 2:                                           

               137,50 %

Mehr als 5 Nächte in Haushalt 2:                                     

               125,00 %

Das detaillierte Diskussionspapier der Diakonie können Sie unter dem folgenden Link herunterladen:

https://diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Diakonie_Diskussionspapier_Umgangsmehrbedarf_210324.pdf

Neunter Familienbericht: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/ministerium/berichte-der-bundesregierung/neunter-familienbericht

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 24.03.2021

Der heute veröffentlichte General Comment des UN-Kinderrechteausschusses [„General comment No. 25 (2021) on children’s rights in relation to the digital environment“] zeigt aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes den umfangreichen Reform- und Handlungsbedarf bei den Kinderrechten in der digitalen Welt auf. Das gilt aus Sicht der Kinderrechtsorganisation sowohl für einen zeitgemäßen Kinder- und Jugendmedienschutz als auch für Investitionen in technologische Infrastruktur und Medienbildung in Schulen. Bund und Länder sind jetzt in der Pflicht, die Empfehlungen des UN-Kinderrechteausschusses gerade im Hinblick auf die Umsetzung des Jugendschutzgesetzes aufzugreifen, und den Digitalpakt Schule zügiger als bisher umzusetzen.

„Der General Comment zeigt auf, dass Kinderrechte, wie der Schutz auf Privatsphäre sowie der Schutz vor Gewalt und Ausbeutung auch im digitalen Raum gelten. Mit der Novellierung des Jugendschutzgesetzes werden die Interessen der Kinder und Eltern zukünftig mehr als bisher in den Mittelpunkt gestellt. Da Kinder heutzutage sehr früh mit Medien in Kontakt kommen, braucht es einheitliche, für Eltern und Kinder nachvollziehbare und wirksame Schutz-, Melde- und Beschwerdeverfahren. Auch die persönlichen Daten von Kindern und Jugendlichen werden besser als bisher geschützt“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die Mahnung des UN-Kinderrechteausschusses zu mehr Investitionen in technologische Infrastruktur der Schulen und Fortbildungen von Lehrkräften muss Ansporn für Bund, Länder und Kommunen sein, den Digitalpakt Schule zügiger als bisher umzusetzen. Die Ausstattung mit technischen Geräten darf aber keine Einbahnstraße sein. Es ist unerlässlich, die technische Ausstattung mit individuellen Schulkonzepten zu verbinden, die sich an der Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen orientieren und Medien pädagogisch-didaktisch einsetzen. Nur so kann ein zeitgemäßes Unterrichts- und Schulkonzept entstehen, das auch nach der Corona-Pandemie dringend benötigt wird“, so Krüger weiter.

Der UN-Kinderrechteausschuss überprüft die Fortschritte der Vertragsstaaten bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention. Mit den General Comments veröffentlicht der Ausschuss regelmäßig Interpretationsleitlinien zu einzelnen Artikeln und Themen der Konvention. Die General Comments sind nicht Teil der UN-Kinderrechtskonvention und daher nicht rechtlich bindend. Gleichwohl helfen sie den Vertragsstaaten beim Verständnis sowie bei der Verwirklichung der Kinderrechte, da sie wichtige Hinweise und Auslegungen bieten.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk (DKHW) vom 24.03.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk und die Bundesarbeitsgemeinschaft Kommunale Kinderinteressenvertretungen e.V. mahnen die verpflichtende Einführung von Landeskinder- und Jugendbeauftragten in allen Bundesländern an. Nach Ansicht der beiden Organisationen sollen damit unabhängige staatliche Institutionen auf Landesebene geschaffen werden, die sich für die Interessen und Rechte von Kindern und Jugendlichen einsetzen. Bei der Einrichtung von solchen Institutionen sind zwei Aspekte grundlegend: Die Beauftragtenstellen müssen sich in ihrer Ausrichtung an den Gegebenheiten in den Ländern orientieren und bestehende Institutionen ergänzen. Als Orientierung für ihre strukturelle Einbindung und Ausgestaltung sind zudem unbedingt international anerkannte und erprobte Prinzipien heranzuziehen: Unabhängigkeit und weitgehende Kompetenzen der Beauftragtenstellen müssen gegeben sein, ebenso wie eine angemessene personelle und finanzielle Ausstattung.

„Die Interessen und Rechte von Kindern und Jugendlichen werden in unserer Gesellschaft nach wie vor unzureichend berücksichtigt. Junge Menschen spielen in Politik und Gesellschaft vielfach nur eine nachgeordnete Rolle. Das hat sich in der Corona-Pandemie leider eindrücklich bestätigt. Landeskinder- und Jugendbeauftragte helfen dies zu ändern: Sie unterstützen Kinder und Jugendliche darin ihre Stimme zu äußern und sie verleihen den Anliegen von Kindern und Jugendlichen Gewicht in Politik und Gesellschaft. Davon profitieren alle, denn eine kinder- und jugendfreundliche Gesellschaft ist eine lebenswertere Gesellschaft. Bisher gibt es nur in Hessen und Sachsen-Anhalt solche Beauftragtenstellen. Das zeigt den Handlungsbedarf in den anderen Bundesländern“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Wir brauchen zwingend unabhängige und kinderparteiliche Landesbeauftragte. Sie stärken der kinderrechtspolitischen Arbeit in den Kommunen den Rücken, vernetzen landesweit die Akteur*innen von Kinder- und Jugendbeteiligung und legen ihr Veto bei Kinderrechtsverletzungen auf Landesebene ein. Die Einführung und Absicherung von Landeskinder- und Jugendbeauftragen ist lange überfällig. In Hessen konnte die erste Beauftragte eine Kinderrechtscharta vorlegen, die der Auftakt für die breite Durchsetzung der Kinderrechte in Hessen ist. In die hessische Verfassung konnten die Kinderrechte umfassend aufgenommen werden. Wir haben mit der Kinder- und Jugendrechtsbeauftragten eine feste Verbündete gewonnen. Das wünsche ich allen Bundesländern“, sagt Dr. Susanne Feuerbach, Amtsleitung des Frankfurter Kinderbüros im Namen der Bundesarbeitsgemeinschaft Kommunale Kinderinteressenvertretungen.

Aus Sicht der beiden Organisationen ist die strukturelle Einbindung der Stelle für das Gelingen der Arbeit von zentraler Bedeutung. So sollte die oder der Landeskinder- und Jugendbeauftragte an der Landesregierung angebunden sein und nicht dem Landtag. Sie oder er muss direkten Zugang zur Landesregierung haben und sich gezielt und differenziert der Wahrung und Erweiterung der Interessen und Rechte von Kindern und Jugendlichen in allen gesellschaftlichen Bereichen widmen. Zur besonderen Wirksamkeit soll die oder der Beauftragte mit einem Vetorecht ausgestattet werden. Dieses kommt zur Wirkung, wenn sie oder er bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsverfahren eine Verletzung bzw. fehlende Berücksichtigung der in der UN-Kinderrechtskonvention festgelegten Grundsätze, insbesondere der Vorrangstellung des Kindeswohls, feststellt.

Eine ausführliche Positionierung des Deutschen Kinderhilfswerkes und der Bundesarbeitsgemeinschaft Kommunale Kinderinteressenvertretungen findet sich unter www.dkhw.de/landeskinderbeauftragte und https://www.kinderinteressen.de/index.php/aktuelles/informationen-aus-der-bag

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk (DKHW) und Bundesarbeitsgemeinschaft Kommunale Kinderinteressenvertretungen vom 11.03.2021

Am 26. März 2021 soll das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz vom Deutschen Bundes­tag verabschiedet werden. Vor den abschließenden Beratungen des Familienausschusses fordert die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) die Abgeordneten auf, einen Rechtsanspruch auf Familienförderung nach § 16 in der neuen Fassung des SGB VIII zu verankern.

Familienbildungseinrichtungen sind Entlastungs- und Begegnungsort und bieten Eltern die Gelegenheit zur Erweiterung ihrer sozialen Netze. Im kürzlich vorgelegten Neunten Familien­bericht der Bundesregierung betonen die Sachverständigen die wachsende Bedeutung der Familienbildung. Sie empfehlen, die Familienbildung als wichtige wohnortnahe Unterstützung durch eine verpflichtende Finanzierung seitens der Länder abzusichern und sie in das Leistungsspektrum der kommunalen Kinder- und Jugendhilfe einzubinden. „Der Bundestag sollte eine entsprechende Erweiterung von § 16 SGB VIII unbedingt mit in das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz aufnehmen, ehe es in der kommenden Woche verabschiedet wird“, so Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf.

Zudem sollte die Gesetzesreform auch dafür genutzt werden, Familienbildung verpflichtend in die kommunale Jugendhilfeplanung einzubeziehen. In diesem Zusammenhang unterstützt die eaf den Vorschlag des Neunten Familienberichts, in allen Jugendämtern eine Stelle zur Koordination von Angeboten der Familienbildung einzurichten und regelmäßige Bedarfs­erhebungen durchzuführen.

Die eaf fordert bereits seit Jahren eine zuverlässige und langfristige Finanzierung von An­geboten der Familienbildung. Diese Forderung war auch Teil ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes vom 22. Oktober 2020 sowie des Positionspapiers „In Verantwortung für Kinder“ aus dem Jahr 2017.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 19.03.2021

Lücken im Gesetzentwurf der Koalition verhindern ausreichenden Schutz

Der Bundestag stimmt heute Abend über das „Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung“ der Bundesregierung ab. Damit sollen intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche vor „normalisierenden“ medizinischen Behandlungen geschützt werden. Dazu erklärt Henny Engels, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Diese „normalisierenden“ Behandlungen und Eingriffe an intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen sind keine Heileingriffe, sondern Menschenrechtsverletzungen. Der Gesetzentwurf von Union und SPD zum OP-Verbot bleibt leider ein halbherziger Schritt hin zur Wahrung der geschlechtlichen Selbstbestimmung und Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit für intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche. Nun liegt es an der nächsten Bundesregierung nachzubessern, um einen besseren und ausreichenden Schutz der Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten.

Wie viele andere Sachverständige hat der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vor allem fehlende Maßnahmen kritisiert, die eine Umgehung des Verbots verhindern oder eine effektive Strafverfolgung ermöglichen. Da das Verbot nur Kinder mit der medizinischen Diagnose „Variante der Geschlechtsentwicklung“ schützen soll, besteht eine große Umgehungsgefahr, indem Kinder aus dem Anwendungsbereich hinausdefiniert werden. Da Intergeschlechtlichkeit oftmals als „Krankheit“ betrachtet wird, stehen Eltern häufig unter dem fatalen Eindruck stehen, ihrem Kind mit einer „normalisierenden“ OP ein besseres Leben zu ermöglichen. Das wird im Gesetz weiterhin ignoriert.

Ärgerlich ist auch die fehlende Einrichtung eines zentralen Melderegisters und umfassender Melde- und Dokumentationspflichten. Diese Forderung wird von den Regierungsfraktionen zwar unterstützt, fand mit Verweis auf fehlende Zeit zur Klärung von Details jedoch keinen Eingang in das geplante Gesetz. Da das OP-Verbot eine der wenigen konkreten queerpolitischen Versprechen im Koalitionsvertrag war, wäre über drei Jahre Zeit gewesen, eine tragfähige Lösung zu finden.

Weiterhin fordern wir eine Beratungspflicht durch qualifizierte Peer-Berater*innen vor jedem Eingriff. Eltern und Kinder müssen umfassend und vorurteilsfrei über die mit der Behandlung verbundenen Folgen und Alternativen aufgeklärt werden.

Hintergrund

Intergeschlechtliche Menschen erleben das Gesundheitswesen oft als Ort der Gewalt. Eine inter*sensible und akzeptierende Gesundheitsversorgung ist nicht gegeben. Itergeschlechtlichkeit gilt vielmehr als „Krankheit“, „Störung“ oder „Abweichung“. Mithilfe dieser medizinischen Kategorisierung nehmen Ärzt*innen in Deutschland bis heute irreversible, verstümmelnde Eingriffe und hormonelle Behandlungen an inter* Kindern und Jugendlichen vor. Jahr für Jahr werden an die 2.000 „feminisierende“ oder „maskulinisierende“ Operationen allein an Kindern unter zehn Jahren durchgeführt. Obwohl bestehende medizinische Leitlinien von diesen Eingriffen abraten.

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 25.03.2021

Eine Rechtsanalyse im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerks, des Deutschen Komitees für UNICEF, des Paritätischen Gesamtverbands sowie von Plan International Deutschland, Save the Children Deutschland, terre des hommes Deutschland und World Vision Deutschland hat gezeigt, dass die Rechte von Kindern in den Vorschlägen der Europäischen Kommission für ein Migrations- und Asylpaket nicht umfassend verankert werden. In einem gemeinsamen Positionspapier fordern die Organisationen daher, dass das Kindeswohl in allen Verfahren vorrangig behandelt wird, wie es die UN Kinderrechtskonvention vorgibt.

„Wir begrüßen zwar, dass die Europäische Kommission teils in ihrem Entwurf des Migrations- und Asylpakets auf die Belange und Rechte von Kindern eingeht. Es fehlt allerdings eine systematische und damit auch praktisch durchsetzbare Sicherstellung der Rechte von Kindern“, heißt es in dem heute veröffentlichten Positionspapier. „Die Vielzahl von Richtlinien und Verordnungen greifen keineswegs nahtlos ineinander. Dadurch entstehen Regelungslücken und eine Unübersichtlichkeit, die einen effektiven Schutz von Kindern und die flächendeckende Umsetzung ihrer Rechte verhindern.“

In dem Positionspapier äußern die beteiligten Organisationen die Sorge, dass das Reformpaket in der aktuellen Form die Situation geflüchteter und migrierter Kinder insgesamt verschlechtert. So gebe es zwar einige positive Ansätze, wie zum Beispiel die Einführung eines Monitoring-Mechanismus und die Anerkennung von Geschwistern als Teil der Kernfamilie, doch insbesondere die entstehenden Regelungslücken hätten negative Auswirkungen auf die Situation von Kindern. So besteht zum Beispiel die Gefahr, dass unbegleiteten Kinder keine vormundschaftliche Vertretung mit geeigneten fachlichen Qualifikationen zur Seite steht.

Die Organisationen fordern, dass der besondere Schutzbedarf von Kindern geprüft werden muss und eine kindgerechte Unterbringung von Anfang an sicherzustellen ist. Kinder dürfen nicht in Haft genommen oder unter haftähnlichen Bedingungen untergebracht werden. Aus Sicht der Organisationen ist es unerlässlich, der Definition der UN-Kinderrechtskonvention Rechnung zu tragen, nach der allen Kindern ein besonderer Schutzbedarf und besondere Rechte zwingend gewährt werden müssen.

Hintergrund

Am 23. September 2020 stellte die EU-Kommission ein „Migrations- und Asylpaket“ vor, das aus einer Reihe von Gesetzesentwürfen zur europäischen Migrations- und Asylpolitik besteht. Kernziele der Kommission sind die Etablierung eines effizienten und schnellen Verfahrens an den EU-Außengrenzen, die Verhinderung von Sekundärmigration durch Sanktionen sowie die verbesserte Durchsetzung der Ausreisepflicht.

Das Positionspapier mit den Forderungen der Organisationen finden Sie hier:
https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/positionspapier-kinderrechte-im-eu-migrations-und-asylpaket-konsequent-verankern/

Die rechtliche Analyse zur Rechtsstellung von Kindern im neuen Migrations- und Asylpaket der EU findet sich hier: https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/rechtliche-analyse-ueber-die-situation-von-kindern-im-europaeischen-migrations-und-asylpaket-veroeffen/https://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Schwerpunkte/Fluechtlingshilfe/doc/MAP_Rechtliche_Analyse_final.pdf

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 26.03.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 06. Mai 2021

Veranstalter: eine Kooperation zwischen dem Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) und dem AWO Bundesverband e.V. (AWO)

Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist eine der zentralen familienpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Von den derzeit ca. drei Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden etwa 3/4 zu Hause gepflegt und überwiegend von Angehörigen versorgt. Die meisten Menschen wollen diese Aufgabe übernehmen. Doch dem Bedürfnis, füreinander Verantwortung zu übernehmen, Sorge zu tragen und Zuwendung zu schenken, stehen keine Regelungssysteme gegenüber, welche die Vereinbarkeit von familiärer Pflege und Erwerbstätigkeit nachhaltig unterstützen. Die Situation hat sich unter den Bedingungen der Corona-Krise weiter
verschärft. In der Folge sind viele pflegende Angehörige – überwiegend Frauen – enormen finanziellen, physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. 

Gemeinsam mit Ihnen wollen wir mit dem Ziel einer Gesellschaft, die die Sorge um Pflegedürftige als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift, Konzepte für eine gute Vereinbarkeit diskutieren und weiterdenken.

Die Einladung und den Programmablauf finden Sie hier.

Bitte nutzen Sie das Anmeldeformular hier oder alternativ können Sie uns Ihre Anmeldung auch postalisch oder per Fax zusenden.

Anmeldeschluss ist der 26. April 2021.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und den Austausch mit Ihnen! Gerne können Sie die Einladung auch an Interessierte weiterleiten und verbreiten

AUS DEM ZFF

Das ZFF-Positionspapier „Familien auch in Krisenzeiten gut absichern! Zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie“ wurde vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen und Beschlüsse überarbeitet und aktualisiert.

In der Corona-Krise zeigen Familien, dass sie unsere Gesellschaft im Innersten zusammenhalten: ob in der Übernahme privater Fürsorgeverantwortung durch Kinderbetreuung oder bei der Pflege von Angehörigen, ob durch Homeschooling, Homeoffice oder die solidarische Nachbarschaftshilfe.

Das ZFF-Positionspapier “Familien auch in Krisenzeiten gut absichern! Positionspapier des Zukunftsforums Familie e.V. (ZFF) zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

AKTUELLES

Wie sieht das Leben von jungen Menschen in der Corona-Pandemie aus? Wie geht es ihnen und was macht ihnen Sorgen? Diesen Fragen gehen Jugendforscher:innen der Universitäten Hildesheim und Frankfurt am Main mit den beiden „Online-Befragungen zu Erfahrungen und Perspektiven von jungen Menschen während der Corona-Maßnahmen“ (JuCo I und II) auf den Grund. Im April/Mai und im November 2020 haben sie junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren befragt. Mit der vorliegenden Publikation legen sie eine vertiefende und vergleichende Auswertung der Ergebnisse vor.  

Dabei skizzieren die Autor:innen den Entstehungskontext der Befragungen sowie ihre methodischen Zugänge und Grundlagen. Zentrale Themen der Auswertungen von JuCo I und II sind die mangelnde Beteiligung von jungen Menschen, die in den Befragungen zum Ausdruck kommt, aber auch Veränderungen im Freizeitverhalten, Belastungen, die die Jugendlichen und jungen Erwachsenen schildern sowie Sorgen, z. B. um die finanzielle Situation und ihre Zukunft.  

Ein eigenes Kapitel widmet sich den 2.000 Freitextantworten, die die Jugendlichen den Jugendforscher:innen in den Online-Befragungen gegeben haben. Abschließend werden Überlegungen angestellt, die sich an die Zivilgesellschaft und die Politik richten, um eine bessere soziale Teilhabe junger Menschen – auch in Krisenzeiten – zu ermöglichen.

1. Auflage 2021, 48 Seiten (PDF)

DOI 10.11586/2021021

kostenlos

Download

Der Paritätische Gesamtverband hat in dieser Woche sein aktuelles Verbandsmagazin veröffentlicht, das im Zeichen des Appells „Corona trifft Arme extra hart – Soforthilfen jetzt!“ steht:

https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/der-paritaetische-221/

Bitte leiten Sie Link/ PDF weiter und verweisen Sie dabei auch stets immer wieder auf den Aufruf, für den wir weiterhin Unterstützung sammeln: www.der-paritaetische.de/coronahilfe

Angesichts des verlängerten Lockdowns bleibt die Lage für die Betroffenen bitter – lassen Sie uns den Druck aufrecht erhalten!

Zu dem Thema „Beratung und Therapie von Eltern und jungen Kindern“ ist ab sofort die neue Ausgabe der Zeitschrift „frühe Kindheit“ erhältlich. Das Heft enthält folgende Artikel: Die Eltern-Säuglings-Kleinkind-Psychotherapie (Christiane Ludwig-Körner, Berlin); Der Übergang in die Elternschaft – eine Schwellensituation mit Risiken und Chancen. Begleitung, Beratung und Therapie von Eltern und jungen Kindern (null bis drei Jahre) (Barbara von Kalckreuth, Freiburg); Die vielfältigen Herausforderungen, Eltern zu werden und Familien zu begleiten. Eine Auseinandersetzung mit den Herausforderungen in der Begleitung, Beratung und Therapie von Eltern und ihren Kindern (Bärbel Derksen, Potsdam); Väter in der Eltern-Säuglings-Kleinkind-Beratung (Andreas Eickhorst, Hannover); Wann ist Hilfe hilfreich? Eine Untersuchung von Wirksamkeitsstudien über die Auswirkungen und ein Interview mit Kai von Klitzing, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Leipzig: „Es gibt einen dringenden Bedarf an frühen Präventions- und Interventionsansätzen, die nicht nur das Leiden der jungen Kinder vermindern helfen, sondern ihre Entwicklungschancen erhöhen“ sowie folgende Praxisartikel: Kindergarten plus: Evaluationsergebnisse zum Piloten Kindergarten plus START. Gute Methoden und Materialien für zwei- und dreijährige Kinder (Stella Valentien, Berlin); Frühe Hilfen in der Babyambulanz – Von Anfang an. Die Beratungsstelle für Eltern mit Kindern von null bis drei Jahren (Dagmar Brandi, Hamburg);  

Die Elternberatung Oberursel. Ein psychoanalytisch-familientherapeutisches Präventionsmodell für Mütter und Väter mit Säuglingen und Kleinkindern – im kommunalen Gesundheitswesen (Inken Seifert-Karb, Oberursel). Das Heft können Sie zum Preis von 9,- Euro (zzgl. Versandkosten) bestellen unter: www.fruehe-kindheit-online.de oder als E-Magazin erwerben.

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ZFF-Info 04/2021

SCHWERPUNKT I: Equal Pay Day

Anlässlich des Equal Pay Day 2021 setzt sich das Zukunftsforum Familie (ZFF) für die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern ein und fordert nachhaltige politische Schritte, um Entgeltgleichheit zu erreichen.

Zum 14. Mal ruft der Business and Professional Women (BPW) Germany e.V. den Equal Pay Day aus, der auf die Entgeltungleichheit zwischen den Geschlechtern aufmerksam macht. Die diesjährige Kampagne steht unter dem Motto „GameChanger – Mach dich stark für equal pay!“ und zeigt anhand von Vorbildern aus Politik, Wirtschaft, Sport, Medien und Kultur, wie die deutsche Lohnlücke von 18 Prozent geschlossen werden kann. Nach der letzten Erhebung des Statistischen Bundesamtes liegt der Gender Pay Gap in Deutschland damit zwar weiterhin unter 20 Prozent, aber noch immer deutlich über dem EU-Durchschnitt von rund 15 Prozent.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Die weiterhin bestehende Einkommensungleichheit zwischen Frauen und Männern ist nicht nur ungerecht, sondern wirkt sich für Familien auch unmittelbar auf die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit aus. Die Ursachen für die Lohnlücke sind vielfältig und oftmals strukturell verankert. So haben Frauen z.B. schlechtere Zugangschancen zu unterschiedlichen Berufen oder Karrierestufen und arbeiten häufiger in Teilzeit und Minijobs. Hinzu kommt die ungleiche Verteilung von Sorgearbeit: Frauen reduzieren häufiger als Männer familienbedingt ihre Erwerbsarbeitszeit und übernehmen nach wie vor den Löwenanteil der Erziehungs-, Pflege- und Hausarbeit – auch und gerade in der Corona-Pandemie. Von einer geschlechtergerechten Arbeitsteilung sind viele Familien weit entfernt. Besonders Alleinerziehende, überwiegend Frauen, sind durch den Gender Pay Gap benachteiligt.“ 

Altenkamp führt weiter aus: „Insbesondere im Wahljahr erwarten wir von der Politik, dass die Weichen für politische Lösungen gestellt werden, die es Männern wie Frauen gleichermaßen ermöglichen, familiäre Sorgeverpflichtungen zu übernehmen. Dazu müssen Regulierungen abgebaut werden, die einer geschlechtergerechten Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit entgegenstehen, wie etwa das Ehegattensplitting. Partnerschaftliche Ansätze bei Elterngeld und Pflegezeit müssen ausgebaut werden, sodass Verkürzungen der Arbeitszeit oder befristete Ausstiege aus dem Beruf für beide Geschlechter möglich sind, ohne die eigene soziale Absicherung zu gefährden.“

Alle Informationen zur Equal Pay Day Kampagne 2021 finden Sie unter www.equalpayday.de.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 10.03.2021

Der Equal Pay Day, der in diesem Jahr auf den 10. März fällt, markiert die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. Für das gleiche Gehalt wie das der Männer müssten Frauen 69 Tage länger arbeiten. Die Lohnlücke liegt bei 19 Prozent. Für die SPD-Bundestagfraktion ist klar: Das sind 19 Prozent zu viel. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss selbstverständlich sein.

„Auf dem Weg zur Entgeltgleichheit ist die SPD-Bundestagsfraktion bereits wichtige Schritte gegangen. Dazu gehört das Entgelttransparenzgesetz, die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Aufwertung sozialer Berufe und verbindliche Vorgaben für mehr Frauen in Führungspositionen. Es müssen aber weitere Schritte folgen.

Wir wollen, dass soziale Berufe die Anerkennung erhalten, die sie verdienen. Daher haben wir im Koalitionsvertrag durchgesetzt, die Arbeitsbedingungen in der Altenpflege zu verbessern. Dazu braucht es einen flächendeckenden Tarifvertrag. Damit wird die gesamte Pflegebranche aufgewertet, die höchste Anforderungen stellt und in der vor allem Frauen beschäftigt sind.

Wir kritisieren, dass ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, der die Arbeitsbedingungen in den Pflegeberufen massiv verbessert hätte, am Widerstand privater Arbeitgeber und von Teilen der Wohlfahrtsverbände und Kirchen gescheitert ist. Wir appellieren an alle Beteiligten, sich weiterhin für einen solchen Tarifvertrag einzusetzen.  Wir halten eine stärkere Tarifbindung für unerlässlich, um die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern zu verkleinern.

Auch beim Entgelttransparenzgesetz wollen wir nachlegen. Wir wollen ein Verbandsklagerecht einführen, damit Frauen, die von Lohndiskriminierung betroffen sind, nicht allein gegen ihre Arbeitgeber vor Gericht ziehen müssen.

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit muss Realität werden. Unser Ziel: Null Prozent Lohnunterschied. Hierfür setzen wir uns mit aller Kraft ein – so lange, bis der Equal Pay Day auf den Jahresanfang fällt.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 09.03.2021

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert konsequentes Equal Pay, Parität in der Politik, mehr Frauen in den Spitzenposten der Wirtschaft. Gleichstellung müsse auch in Zeiten der Pandemie Leitgedanke sein.

Die Corona-Pandemie stellt die gesamte Gesellschaft vor große Herausforderungen – Frauen sind jedoch besonders betroffen. Studien zufolge haben Frauen beruflich besonders viel zurückgesteckt, um zu Hause die Kinderbetreuung und das Homeschooling aufzufangen. Wissenschaftlerinnen wie Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB), befürchten gar eine Retraditionalisierung der Geschlechterrollen, durch die Pandemie-Maßnahmen ausgelöst.

Die Krise wirkt wie ein Brennglas: Sie macht die gleichstellungspolitischen Herausforderungen und bestehende Gleichstellungsdefizite, die noch immer bestehen, noch deutlicher. Die Botschaft der SPD-Bundestagsfraktion zum Internationalen Frauentag lautet deswegen: „Gleichstellung – gerade jetzt“.

„Ich will, dass die 2020er Jahre das Jahrzehnt der Frauen werden. Wir müssen in allen Bereichen unserer Gesellschaft den Gleichstellungs-Turbo zünden: Konsequentes Equal Pay, Parität in der Politik, mehr Frauen in den Spitzenposten der Wirtschaft, gleiche Chancen und Teilhabe in der Digitalisierung und endlich mehr Partnerschaftlichkeit bei der Sorgearbeit“, sagt Katja Mast, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion.

Die SPD-Fraktionsvizin erwartet auch einen Kulturwandel in Unternehmen, indem diese mehr Führungspositionen in Teilzeit, Anreize für partnerschaftliche Vereinbarkeit, mehr Flexibilität anbieten.

„Die SPD hat in dieser Koalition vorgelegt. Wir sorgen mit Reformen beim Elterngeld für mehr Partnerschaftlichkeit und Flexibilität, unterstützen in der Krise insbesondere die Familien, haben mit dem Gute-Kita-Gesetz Milliarden in die Betreuungsinfrastruktur investiert und sind mit unseren Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht auf dem Weg die erste Vorstandsquote in der Geschichte dieses Landes einzuführen“, so Mast.

Zum internationalen Frauentag (8. März) und Equal-Pay-Day (10. März) stellt die SPD-Bundestagsfraktion folgende Forderungen:

-Mehr Frauen in Führungspositionen: Frauen stehen in der Krisenbewältigung in vorderster Reihe – dies ist viel zu selten der Fall, wenn es um Führungsverantwortung in der Wirtschaft geht. Um das zu ändern, hat die SPD-Fraktion das Zweite Führungspositionen-Gesetz mit auf den Weg gebracht: Damit soll den Unternehmen eine feste Quote für Frauen in Vorständen vorgeschrieben werden.

-Mehr Ideen für Gleichstellungspolitik:  Die SPD-Fraktion hat sich dafür stark gemacht, dass die bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte Bundesstiftung Gleichstellung gegründet wird. Diese wird sich wissenschaftlich fundiert mit der Geschlechtergleichstellung in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auseinandersetzen und dazu beitragen, Gleichstellungsdefizite zu beheben. Sie wird Informationen bereitstellen.

Entschiedene Schritte hin zur Entgeltgleichheit/ Lohngerechtigkeit: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss endlich Realität werden. Dazu tragen die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Aufwertung sozialer Berufe und das Recht auf Entgelttransparenz bei.

In Deutschland gilt seit Anfang 2018 das Entgelttransparenzgesetz, das Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten das Recht gibt, das eigene Gehalt mit dem des Kollegen oder der Kollegin vergleichen zu lassen. Erfahrungen mit dem Gesetz zeigen, dass hier nachgebessert werden muss. Hierzu gehört die Einführung eines Verbandsklagerechts. Das Problem darf nicht länger individualisiert werden. Zudem muss das Auskunftsrecht über die Gehälter von Kolleg*innen in vergleichbaren Positionen auf kleinere und mittlere Unternehmen ausgeweitet werden.

-Eine gerechte Aufteilung von Erwerbs- und Familienaufgaben

Die SPD-Fraktion setzt sich für die Einführung einer Familienarbeitszeit und eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung auch im Grundschulalter ein. Durch die bereits im Bundestag verabschiedete Elterngeldreform werden Eltern noch besser dabei unterstützt, Familien- und Arbeitszeit miteinander zu vereinbaren und partnerschaftlich zu verteilen.

– Aufwertung sozialer Berufe: Soziale Berufe, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, müssen ihren Anforderungen und hoher Verantwortung entsprechend angemessen gewürdigt werden. Die Systemrelevanz dieser Berufe wird in Pandemiezeiten besonders deutlich. Gute Arbeitsbedingungen und eine faire Entlohnung müssen für soziale Berufe endlich selbstverständlich sein.

– Mehr Frauen in die Parlamente – In den Parlamenten muss Parität erreicht werden, vom Gemeinderat bis zum Bundestag.

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 04.03.2021

Am heutigen 10. März ist Equal Pay Day. Dazu können Sie die Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Yvonne Magwas, gerne wie folgt zitieren:

„Die unbereinigte Lohnlücke beträgt in Deutschland immer noch 18 Prozent. Mit ein Grund für die immer noch bestehende Lohnlücke zwischen Frauen und Männern ist die Tatsache, dass Frauen häufiger als Männer in Sozial- und Pflegeberufen arbeiten. Beide Berufe gelten nach wie vor eher als Frauenberufe und sind in Deutschland oft systemrelevant. Faire Bezahlung ist hier nicht selbstverständlich. Wir müssen uns deshalb die Lohnstruktur und die Tarifbindung in diesem Bereich genau anschauen. Beides muss im Sinne der Frauen gestärkt werden.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 10.03.2021

Zum morgigen Equal Pay Day können Sie die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Nadine Schön wie folgt zitieren:

„Die Lohnlücke liegt in Deutschland kaum verändert bei 18 Prozent. Dies steht in engem Zusammenhang mit dem so genannten Gender Care Gap, wonach Frauen zuletzt 87 Minuten pro Tag mehr für unbezahlte Sorgearbeit aufwendeten als Männer. Obwohl bei der Chancengleichheit schon vieles erreicht wurde, sind es in der Corona-Krise erneut vor allem die Frauen, die Homeoffice und Homeschooling mit Haushalt und Pflege vereinbaren und dafür beruflich kürzer treten. Laut Studien des Jobportals LinkedIn bewerben sich derzeit deutlich weniger Frauen auf lukrative Stellen als Männer. Für uns heißt dies: Wir müssen in der Krise noch einmal den Turbo starten – für bessere Karrierechancen, bessere Bezahlung und mehr Vereinbarkeit und Gestaltungsmöglichkeiten.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 09.03.2021

Zu den neusten Zahlen des statistischen Bundesamtes zum Gender Pay Gap in Deutschland erklären Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte und aktive Arbeitsmarktpolitik, und Ulle Schauws, Sprecherin für und Frauenpolitik:

Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern schließt sich in Deutschland nur im Schneckentempo. Und das ist einfach nicht genug. Gleichzeitig verweisen erste Analysen darauf, dass der etwas kleinere Gender Pay Gap auch coronabedingt sein kann. Denn viele Männer waren im Jahr 2020 in Kurzarbeit und haben dadurch Einkommenseinbußen.

Im Vergleich zu den europäischen Nachbarn hinkt Deutschland immer noch den meisten Ländern hinterher. Ein Gender Pay Gap von 18 Prozent ist heute noch einer der größten in Europa. Damit wird deutlich: Das Entgelttransparenzgesetz der Bundesregierung wirkt nicht. Ob Equal Pay eingehalten wird, muss auch verbindlich überprüft werden. Außerdem dürfen Frauen nicht allein gelassen werden, wenn sie wissen, dass sie bei gleicher Arbeit weniger als ihre männlichen Kollegen verdienen. Die Sorge um den Arbeitsplatz lässt viele Frauen davor zurückschrecken, ihre Rechte vor Gericht individuell durchzusetzen. Deshalb brauchen wir hier ein Verbandsklagerecht in Verbindung mit dem Gruppenverfahren, so dass Ve rbände und Gewerkschaften bei struktureller Entgeltdiskriminierung die Betroffenen effektiv unterstützen können. Nur so lässt sich Lohndiskriminierung effektiv verhindern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 09.03.2021

„Es ist bekannt, dass Frauen während der Krise ihre Erwerbsarbeit stärker reduziert und im Durchschnitt mehr zusätzliche Sorge- bzw. Care-Arbeit im privaten Umfeld übernommen haben. Dies hat oft mit finanziellen Abwägungen z.B. aufgrund des Ehegattensplittings zu tun sowie mit einer ungleichen ‚Normalverteilung‘ von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern, die sich in Krisenzeiten schnell vertieft. Die Bundesregierung lässt kaum erkennen, solche gleichstellungspolitischen Schieflagen anzugehen, ein angemessenes Gegensteuern fehlt. Dabei braucht es gerade jetzt Anstrengungen, Fehlanreize bei der Steuerveranlagung zulasten von Frauen erstens übergangsweise auszugleichen und zweitens an der Wurzel des Ehegattensplittings zu beenden“, erklärt Doris Achelwilm, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des Equal Pay Day am 10. März, der auf die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern (Gender Pay Gap) aufmerksam macht. Achelwilm weiter:

„Wesentliche Ursachen für den Gender Pay Gap liegen auch in der systematischen Unterbezahlung ‚feminisierter Berufe‘, von Tätigkeiten also, die überwiegend Frauen ausüben, z.B. im Gesundheitswesen oder Einzelhandel. Hier braucht es gründliche Aufwertung und gute Arbeitsbedingungen, stärkere Tarifbindungen sowie die ernsthafte Wertschätzung gesellschaftlich notwendiger Arbeit statt nur einmalige Bonuszahlungen und phasenweise Applaus.

Das 2017 in Kraft getretene Entgelttransparenzgesetz hat sich als Mittel gegen Lohndiskriminierung nicht bewährt, es ist weitgehend wirkungslos. Statt weiter auf seine langfristigen Effekte zu hoffen, braucht es konkrete Hebel für mehr Lohngerechtigkeit: ein Verbandsklagerecht, die Einführung zertifizierter Instrumente zur diskriminierungsfreien Arbeitsbewertung, die Ausweitung des Anwendungsbereichs auf kleinere Betriebe. Die Europäische Kommission hat die notwendige Verbesserung der rechtlichen Handhabe für Betroffene von Lohndiskriminierung im Blick. Gerade die Bundesregierung muss hier nachziehen.

Zur Beendigung von Lohndiskriminierung ist es nötig, dass sich die Bundesregierung von ihrer Symbolpolitik verabschiedet: Einen ‚German Equal Pay Award‘ auszuloben, der einzelne Unternehmen würdigt, wenn sie geschlechtergerechte Löhne zahlen, ist ein schwaches Signal. Stattdessen sollte Bundesministerin Giffey zusammen mit größeren Ressorts Maßnahmen verankern, die flächendeckend und verbindlich greifen: für die Aufwertung strukturell unterbezahlter Berufe, wirksame Gesetze gegen Niedriglöhne und -renten, gleichstellungsaktive Krisenprogramme, ein Ende des Ehegattensplittings und die geschlechtergerechte Aufteilung unbezahlter Sorge- und Pflegearbeit.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 09.03.2021

Frauen bekommen hierzulande noch immer durchschnittlich 18 Prozent weniger Gehalt als Männer. Sie müssen in den März hinein arbeiten, um auf die gleiche Entgeltsumme zu kommen wie Männer im Vorjahr. Mit Blick auf die Lohnlücke belegt Deutschland im europäischen Vergleich einen der letzten Plätze.

Bei einer Gewerkschafts-Aktion vor dem Brandenburger Tor forderte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann die Bundesregierung auf, endlich die Tarifbindung zu stärken: „Zu Beginn der Pandemie wurde noch geklatscht für die vielen Frauen in den systemrelevanten Berufen, im Einzelhandel, in Krankenhäusern und in Pflegeeinrichtungen. Doch den warmen Worten müssen endlich Taten folgen“, so Hoffmann. „Eine echte Aufwertung dieser Berufe ist überfällig – und sie gelingt am besten mit Tarifverträgen. In Betrieben, in denen es Betriebs- und Personalräte gibt und wir einen Tarifvertrag haben, ist der Entgeltunterschied durchschnittlich 10 Prozentpunkte geringer. Dort haben wir flexible Arbeitszeitmodelle, faire Eingruppierungen und mehr Unterstützung bei der Pflege von Angehörigen.“

Einmal mehr zeige sich, „wie wichtig es ist, dass diese Bundesregierung endlich die Tarifbindung stärkt, wie sie es im Koalitionsvertrag versprochen hat“. Hoffmann betonte: „Wir lassen nicht locker, bis Frauen gleich bezahlt werden und der Equal Pay Day Silvester stattfindet.“

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack verwies auf die coronabedingten Belastungen vor allem für Frauen. Es sei ein „gleichstellungspolitisches Desaster“, dass nun vor allem Frauen wieder verstärkt die Sorgearbeit zu Hause erledigen und sich in Zeiten geschlossener Kitas und Schulen um Homeschooling, Kinderbetreuung, Pflegebedürftige und den Haushalt kümmerten. „Das geht zu Lasten ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt“, betonte Hannack. Jetzt komme es darauf an, „den Frauen den Rücken zu stärken, damit sie ihre berufliche Laufbahn fortsetzen und auf ihr ursprüngliches Stundenvolumen zurückkehren können.“ Langfristig müsse es darum gehen, die (unbezahlte) Sorgearbeit und die (bezahlte) Erwerbsarbeit gerechter zwischen den Geschlechtern zu verteilen. „Damit dies besser gelingen kann, fordern wir einen Anspruch auf lebensphasenorientierte Arbeitszeiten und öffentliche Zuschüsse für haushaltsnahe Dienstleistungen.“

Wichtig sei überdies mehr Geld bereitzustellen für wohnortnahe, bedarfsgerechte und hochwertige Betreuungsangebote für Kinder. „Die sind Gold wert“, sagte die Gewerkschafterin, „das ist eine Investition in die Bildung von Kindern – und in die Zukunft von Frauen.“ Dass der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter an der Kostenaufteilung zwischen Bund und Ländern zu scheitern droht, nannte Hannack einen „Skandal.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 10.03.2021

Sind in einem Land viele Frauen erwerbstätig, ist der Gender Pay Gap tendenziell höher – Lohnlücke in Deutschland aber auch bei Berücksichtigung dieses Zusammenhangs mit am größten in Europa – Vor allem nordeuropäische Länder zeigen, dass es auch anders geht

Der Gender Pay Gap ist in Deutschland auch dann einer der höchsten in Europa, wenn er nur mit dem in Ländern mit einer ähnlichen Frauenerwerbsquote verglichen wird. Das geht aus einer aktuellen Analyse von Julia Schmieder und Katharina Wrohlich aus der Forschungsgruppe Gender Economics des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) anlässlich des bevorstehenden Equal Pay Days hervor. „Der Gender Pay Gap alleine ist nicht der Maßstab für die Frage, wie es um die Gleichstellung in einem Land bestellt ist“, erklärt Wrohlich. „Man muss auch berücksichtigen, wie viele Frauen in einem Land überhaupt erwerbstätig sind. Allerdings erscheint die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern in Deutschland auch dann nicht positiver – sie ist und bleibt im internationalen Vergleich sehr hoch.“

Im Jahr 2019 – dem aktuellsten, für das entsprechende Daten vorliegen – betrug der Gender Pay Gap in Deutschland 19 Prozent. Seit Jahren verringern sich die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern hierzulande kaum. Der Equal Pay Day, also der Tag, bis zu dem Frauen in diesem Jahr über das vorangegangene hinaus arbeiten müssen, um das durchschnittliche Vorjahresgehalt ihrer Kollegen zu erreichen, fällt in diesem Jahr auf den 10. März.

Nordeuropäische Länder als Vorbilder

Die Analyse von Schmieder und Wrohlich zeigt, dass im europäischen Vergleich eine höhere Frauenerwerbsquote tendenziell mit einem größeren Gender Pay Gap einhergeht. Hintergrund ist, dass bei einer hohen Erwerbsquote auch viele gering verdienende Frauen in die Rechnung einfließen. Umgekehrt ist der Gender Pay Gap in Ländern mit niedrigen Frauenerwerbsquoten vergleichsweise gering, weil oft nur die Frauen mit hohem Lohnpotenzial überhaupt erwerbstätig sind. Ein prominentes Beispiel ist Italien, das mit einem Gender Pay Gap von 5,5 Prozent nach Luxemburg und Rumänien den drittniedrigsten in Europa hat. Dort ist jedoch nur etwas mehr als die Hälfte der Frauen (56,2 Prozent) erwerbstätig, in Deutschland sind es hingegen fast drei Viertel (74,3 Prozent). Und: Der Aussage „Es ist die Aufgabe des Mannes, Geld zu verdienen, die Frau ist für Haushalt und Familie zuständig“ stimmen in Italien 34 Prozent der Bevölkerung zu, in Deutschland aber nur 13,5 Prozent.

Betrachtet man nur die 14 europäischen Länder, deren Frauenerwerbsquote zwischen 70 und 80 Prozent liegt, schneidet Deutschland jedoch nicht besser ab. Auch in diesem Ranking ist der Gender Pay Gap hierzulande einer der größten, wiederum stehen nur Österreich und Estland noch schlechter da. Wie es besser geht, zeigen vor allem die nordeuropäischen Länder: In Dänemark, Norwegen, Finnland und Schweden sind mitunter noch mehr Frauen erwerbstätig als in Deutschland, dennoch ist die Lohnlücke zu Männern oft deutlich geringer. In Schweden beispielsweise liegt sie bei einer Frauenerwerbsquote von 81 Prozent bei gut zwölf Prozent.

„Aus dem Muster, wonach eine höhere Frauenerwerbsquote wie in Deutschland mit einem höheren Gender Pay Gap einhergeht, lässt sich also ausbrechen“, fasst Schmieder die Erkenntnisse zusammen. „Das steht und fällt jedoch mit einer Familienpolitik mit starken gleichstellungspolitischen Elementen – und in dieser Hinsicht gibt es in Deutschland noch viel Potenzial.“ Mit der Einführung des Elterngeldes und dem Kita-Ausbau hat es den Studienautorinnen zufolge zwar Schritte in die richtige Richtung gegeben. Neben einer Ausweitung der Partnermonate beim Elterngeld und der Einführung einer Familienarbeitszeit sollte aber vor allem das Ehegattensplitting reformiert werden, das in seiner jetzigen Form die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt konterkariert.

Links: 

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 03.03.2021

SCHWERPUNKT II: Internationaler Frauentag

Bundeskabinett beschließt Formulierungshilfe für ein Gesetz zur Errichtung einer „Bundesstiftung Gleichstellung“

Heute hat das Bundeskabinett beschlossen eine „Bundesstiftung Gleichstellung“ zu errichten. Die Schaffung einer solchen Stiftung wurde bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Dieser sieht die Gründung einer Bundesstiftung vor, die sich „wissenschaftlich fundiert insbesondere Fragen der gerechten Partizipation von Frauen in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft widmet.“ Auf Bitte der Regierungsfraktionen hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine Formulierungshilfe für ein Errichtungsgesetz vorgelegt.

Bundesministerin Franziska Giffey: „Seit Jahrzehnten kämpfen wir für gleiche Chancen von Männern und Frauen. Es geht darum, das Leben unabhängig vom Geschlecht frei gestalten zu können, Potentiale zu entfalten, es geht um faire Bezahlung und Zeit für die Familie, die eigenen Bedürfnisse und Chancengerechtigkeit. Das sind die Maßstäbe einer modernen Gesellschaft. Die Bundesstiftung Gleichstellung soll dazu beitragen, die notwendigen Veränderungen zu beschleunigen. Die Stiftung wird ein offenes Haus werden, in dem sich Menschen treffen, vernetzen und bestärken. Wir wollen so dafür sorgen, dass Gleichstellung von Vielen und vor allem gemeinsam vorangebracht wird.“

Die Bundesstiftung Gleichstellung verfolgt drei Ziele:

  1. Wir wollen zeigen, wo es noch mehr Gleichstellung braucht und dafür Lösungen finden.
  2. Wir wollen Engagierte für die Gleichstellung vernetzen und sie unterstützen.
  3. Wir wollen das Wissen zu Gleichstellungsfragen vergrößern und mit Bürgerinnen und Bürgern diskutieren.

Die Bundesregierung hat in ihrer Formulierungshilfe vorgeschlagen, die Bundesstiftung als Stiftung des öffentlichen Rechts neben der Organisation des offenen Hauses für die Gleichstellung mit folgenden Aufgaben zu betrauen:

  • MEHR WISSEN: Wir wissen schon viel über Gleichstellung. Aber damit sich das Wissen verbreitet, muss man es leicht finden können. Daher soll die Stiftung leicht verständliche und gut aufbereitete Informationen zum Stand der Gleichstellung in Deutschland bereitstellen.
     
  • MEHR AKTION: Die Bundesstiftung soll die praktische Gleichstellungsarbeit von Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft stärken. Sie soll zum Beispiel Gleichstellungsbeauftragte dabei unterstützen, Aktionspläne zur Gleichstellung vor Ort aufzustellen. Zudem soll sie die Bundesregierung bei der Umsetzung der ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie beraten und ihren Ausbau begleiten.
     
  • MEHR INNOVATIONEN: Bürgerinnen und Bürger haben viele innovative Ideen. Verbände entwickeln kluge Konzepte für eine gleichberechtigtere Gesellschaft. Die Stiftung soll ein Ort sein, an dem neue Ideen gemeinsam entwickelt und umgesetzt werden.

Der Gesetzentwurf zur Errichtung der „Bundesstiftung Gleichstellung“ wird auf Initiative der Regierungsfraktionen in den Deutschen Bundestag eingebracht werden. Nachdem im Bundeshaushalt bereits Mittel für die Bundestiftung eingestellt wurden, sollen noch in diesem Jahr wichtige Schritte zum Stiftungsaufbau wie die Berufung eines Direktoriums erfolgen. 2021 stehen für die Bundesstiftung bis zu 3 Millionen Euro zur Verfügung, ab 2022 sollen jährlich 5 Millionen Euro eingeplant werden.

Die Errichtung der „Bundesstiftung Gleichstellung“ ist ein Vorhaben aus der ersten ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Webseite www.gleichstellungsstrategie.de.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 10.03.2021

Heute hat das Bundeskabinett die Formulierungshilfe für den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Errichtung einer Bundesstiftung für Gleichstellung beschlossen. Damit lösen wir ein von der SPD initiiertes Versprechen des Koalitionsvertrags ein. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich mit Hochdruck für die Gründung der Stiftung eingesetzt.

„Die Corona-Krise offenbart Gleichstellungsdefizite besonders drastisch und macht deutlich, wie wichtig die Gründung einer Bundesstiftung für Gleichstellung ist. Die Stiftung hat zum Ziel, strukturelle Benachteiligungen von Frauen abzubauen und die Gleichstellung der Geschlechter in allen Lebensbereichen nachhaltig voranzubringen. Wir haben uns dafür stark gemacht, dass die Stiftung mit Sitz in Berlin zeitnah ihre Arbeit aufnehmen kann. Unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes kann mit dem Stiftungsaufbau begonnen werden.

Die Stiftung wird sich wissenschaftlich fundiert mit der Gleichstellung der Geschlechter in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auseinandersetzen. Sie wird Informationen bereitstellen, die Gleichstellungspraxis vor Ort stärken und innovative Ideen entwickeln. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist auch der starke Vernetzungscharakter der Stiftung von besonderer Bedeutung. Die Stiftung wird ein offenes Haus für Gleichstellung sein, in dem gleichstellungspolitische Initiativen arbeiten und sich vernetzen können. Darüber hinaus wird die Zivilgesellschaft auch im ständigen Stiftungsbeirat vertreten sein.

Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten war immer klar, dass wir eine solche Stiftung brauchen. Die Stiftung ist ein Riesenschritt für die Gleichstellung in Deutschland. Uns geht es darum, die Gleichstellungspolitik in Deutschland strukturell zu stärken.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 10.03.2021

Bundestagsdebatte anlässlich des Internationalen Frauentags

Der 8. März ist Internationaler Frauentag. Der Bundestag nimmt diesen Tag zum Anlass für eine Debatte am heutigen Freitag. Dazu erklären die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und die Vorsitzende der Gruppe der Frauen der Fraktion, Yvonne Magwas:

Nadine Schön: „Für Frauen war das letzte Jahr besonders hart: Sei es im Job, als Pflegerin, Kassiererin oder Erzieherin, als Mutter zwischen Homeschooling und Homeoffice oder als Seniorin, die als Angehörige einer Risikogruppe monatelang auf Begegnungen verzichten musste. Es waren mehrheitlich Frauen, die zu den besonders Betroffenen gehörten. In Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen wir jetzt die richtigen Lehren aus dieser Krise ziehen und dafür sorgen, dass sie Frauen nicht nachhaltig zurückwirft. Obwohl im Bereich der Chancengleichheit in den letzten Jahren schon Vieles vorangebracht wurde, lehrt uns Corona, dass wir in der Krise noch einmal den Turbo starten müssen für eine bessere Vereinbarkeit, bessere Karrierechancen, bessere Bezahlung und mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Wir brauchen mehr Frauen, die sich in die Politik mit ihrem Ideenreichtum einbringen, wir brauchen mehr Frauen in der IT und wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen.“

Yvonne Magwas: „Wir sind jetzt an einem Punkt in der Pandemie, wo wir in die Zukunft schauen müssen, uns fragen müssen, welche Lehren ziehen wir aus Corona, welche Chancen nutzen wir. Wir sollten die Krise nutzen, um bei strukturellen Benachteiligungen von Frauen zu Lösungen zu kommen. Sei es beim Verdienst, bei der sozialen Absicherung oder auch bei der Anerkennung der Care-Arbeit.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 05.03.2021

Zum Internationalen Frauentag am 8. März 2021 erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Frauen kämpfen weltweit für ihre Rechte und müssen es mit Blick auf Corona und die Folgen in diesem Jahr besonders kraftvoll tun, weil sie von dieser Pandemie besonders hart getroffen werden. Denn Frauen sind nicht nur besonders in den systemrelevanten Gesundheits-, Pflege- und Careberufen die Krisenmanagerinnen, denen viel zu wenig Anerkennung zukommt. Sie sind es auch, die schneller den Job verlieren, weniger finanziellen Ausgleich bekommen. Sie werden ungefragt zu Hauptverantwortlichen für die Carearbeit im Homeoffice. Die Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel und besonders unter Frauenministerin Franziska Giffey haben es versäumt, Frauen in der Krise mit an den Tisch zu holen und ihre Kompetenzen bei den Lösungen abzurufen. Geschlechtergerechtigkeit wird von der Koalition unter Corona verschlafen und dies geht immens zulasten der Frauen.
Unser Ziel ist eine geschlechtergerechte Gesellschaft, echte Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen, rechtlich, kulturell und ökonomisch. Feminismus ist für uns eine geteilte Aufgabe aller Geschlechter. Macht, Möglichkeiten und Verantwortung müssen paritätisch geteilt werden – in den Parlamenten, der Wirtschaft, der Kultur. Darum fordern wir hier wirksame Quoten in den Vorständen und Verbesserungen auf allen Ebenen von Führungspositionen.
Wir müssen endlich die patriarchalen Strukturen aufbrechen, die Frauen im Job behindern und in der Vereinbarkeitsfrage sowie bei der Care- und Sorgearbeit wieder und wieder nach hinten drängen. Gerade jetzt in der Pandemie zeigt sich, dass die Rollenmuster noch festgefahrener sind als vermutet. Unser Ziel ist, eine Gesellschaft zu gestalten, in der alle Geschlechter frei von einschränkenden Rollenbildern leben können.
Dazu gehört zwingend das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper und das eigene Leben von Frauen in allen Lebenslagen. Wir sehen dies als Teil einer guten öffentlichen Gesundheitsversorgung ohne Kriminalisierung. Wir wollen die Istanbul-Konvention konsequent umsetzen, umfangreiche Daten zu geschlechtsspezifischer und zu häuslicher Gewalt und einen Rechtsanspruch für Frauen auf umfassenden Schutz vor Gewalt sowie endlich die Finanzierung der Frauenhäuser zusätzlich über den Bund verankern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 05.03.2021

Zum Frauen*kampftag am 8. März erklären Doris Achelwilm, gleichstellungspolitische Sprecherin, und Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag: „Es braucht mehr Feminismus, gerade jetzt. Viele Forderungen, die seit dem ersten von Clara Zetkin initiierten Weltfrauentag in den letzten 110 Jahren als grundlegende Gerechtigkeitsfrage gestellt wurden, sind 2021 ungebrochen aktuell und in neuer Form dringend. In der Krise zeigt sich, dass Frauen aufgrund politischer Versäumnisse schärfer von Lohneinbußen, Mehraufwand zu Hause, mangelnder Anerkennung und Altersabsicherung, Unterrepräsentation auf sichtbaren Entscheidungs- und Expert*innen-Ebenen, von sexualisierter Gewalt, ökonomischen Abhängigkeiten und Fremdbestimmung betroffen sind. Es drohen Rückschritte und Verschärfungen sozialer Ungleichheiten, wenn jetzt nicht gegengesteuert und ein Kurswechsel für geschlechtergerechtes Handeln quer durch alle Politikfelder umgesetzt wird – nicht zuletzt beim Zuschnitt von Bundeshaushalten und Krisenprogrammen.

Dass Frauen einen Großteil gesellschaftlich notwendiger Arbeit unentgeltlich wegtragen, erfordert Instrumente der Umverteilung bezahlter und unbezahlter Tätigkeiten, die allen eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben garantiert. Strukturell unterbezahlte Bereiche wie die Pflege gehören kapitalistischen Profitlogiken entzogen, nach gesundheitlichen Bedürfnissen ausgerichtet und höher bewertet und ausgestattet. Die Löhne müssen steigen. Sogenannte „Systemrelevanz“ anzuerkennen, darf nicht beim Applaus und Einmal-Bonus enden. Die Bundesregierungen der letzten Jahre und Jahrzehnte haben gegen gleichstellungspolitische Schieflagen versagt: Gender Pay Gap und Gender Care Gap als Nachweise ungleicher Verteilungen von Zeit und Geld stagnieren auf hohem Niveau. Im europäischen Vergleich schneiden die Anstrengungen und Erfolge der Bundesregierung in Sachen Geschlechtergerechtigkeit sehr bescheiden ab. Statt weitgehend wirkungslosen Instrumenten wie dem Entgelttransparenzgesetz braucht es ein Ende jeder Lohndiskriminierung aufgrund von Geschlecht oder Herkunft, starke Mindestlöhne, Tarifbindungen. Das Ehegattensplitting, das zulasten von Frauen, Müttern, Alleinerziehenden maximale Gehaltsunterschiede zwischen Verheirateten und damit alte Rollenverteilungen belohnt, muss abgeschafft werden. Familien- und Elternkonstellationen gehören in ihrer realen Vielfalt anerkannt und gegen Risiken der Kinder- oder Altersarmut geschützt. Es braucht Parität in den Parlamenten und Führungsetagen, aber auch bei der partnerschaftlichen Ausgestaltung von Elternzeiten. Dass hier zu wenig erreicht wurde, gehört wie der Fortbestand des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch zu den Enttäuschungen dieser Wahlperiode, die sich in Zukunft nicht wiederholen dürfen.

Der Internationale Frauentag 2021 fällt zusammen mit der einjährigen Existenz der Pandemie-bedingten Krise. Er ist Gelegenheit, das „Von unten“ in dieser Krise Bewältigte zu sehen und klarzustellen, dass eine ungleiche Verteilung von Lasten und Entlastung, von Risiken und Perspektiven, und dass eine systematische Abwertung von „Care“, also der Sorge um unsere Existenzgrundlagen, nicht länger hinnehmbar ist. Der Frauentag 2021 ist trotz aller Einschränkungen ein Ereignis, das zentrale Schieflagen aktueller Krisen und Wirtschaftsweisen klar zur Debatte und auf den Prüfstand stellt. Auf solidarische Zeiten und einen kämpferischen internationalen Frauentag!“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 07.03.2021

Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnt in ihrem aktuellen Podcast mit Blick auf den Weltfrauentag am 8. März an, immer wieder kritisch zu hinterfragen, was auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter noch fehle. „Es kann nicht sein, dass Frauen unsere Gesellschaften maßgeblich tragen und gleichzeitig nicht gleichberechtigt an wichtigen Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beteiligt sind“, sagt die Kanzlerin. Die Bundesregierung setze sich dafür ein, dies zu ändern.

Gerade in der Corona-Pandemie seien schon überwunden geglaubte Rollenmuster zu erkennen. „So sind es doch wieder vermehrt Frauen, die den Spagat zwischen Homeschooling, Kinderbetreuung und dem eigenen Beruf meistern. Und es sind vor allem auch Frauen, die mit ihrem unermüdlichen Einsatz in sozialen und Pflegeberufen derzeit besonders gefordert sind“, unterstreicht Merkel. So werde die Regierung auch immer wieder daran arbeiten, dass Familie und Beruf noch besser vereinbar sind. Dafür sei der Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder im Vorschulalter von großer Bedeutung. Hierbei unterstütze der Bund die Länder seit Jahren intensiv, so Merkel.

Es gehe in den Bemühungen der Bundesregierung um nicht mehr, aber auch nicht weniger als um gleiche Chancen von Männern und Frauen, um echte Gleichstellung, sagt die Bundeskanzlerin. „Dazu gehört auch: Frauen müssen endlich so viel verdienen können wie Männer!“, macht die Kanzlerin im Podcast deutlich. „Deshalb brauchen wir Parität in allen Bereichen der Gesellschaft.“ Sie ist sich außerdem sicher, dass die jüngst auf dem Weg gebrachte Quotenregel für Vorstände die deutsche Wirtschaft stärken werde.

Hinweis: Der Video-Podcast ist heute, Samstag, ab 10:00 Uhr unter www.bundeskanzlerin.de abrufbar. Unter dieser Internetadresse ist dann auch der vollständige Text zu finden.

Quelle: Pressemitteilung der Bundesregierung vom 06.03.2021

Die Bundesregierung hat heute ein wichtiges gleichstellungspolitisches Vorhaben auf den Weg gebracht. Nun ist der Bundestag am Zug, die Bundesstiftung Gleichstellung per Gesetz einzurichten. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack sagte dazu am Mittwoch in Berlin:  

„Wir setzen darauf, dass der Bundestag nun schnell handelt und die Einrichtung der neuen Bundesstiftung Gleichstellung noch vor der Sommerpause beschließt. Als ein Kompetenzzentrum für Gleichstellung ist eine Bundesstiftung von großer Bedeutung, wenn es um die Einlösung des Versprechens in Art. 3 (2) unseres Grundgesetzes geht: Die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Darüber hinaus ist sie ein weiterer Baustein, um die Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung umzusetzen und endlich in Angriff zu nehmen, woran es noch immer mangelt: Die Vorhaben und Gesetze aller Ressorts daraufhin zu überprüfen, ob sie die Gleichstellung von Frauen und Männer in Deutschland voranbringen.“   

Die erste ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie hatte die Bundesregierung im Juli des letzten Jahres beschlossen. Demnach ist die Gleichberechtigung in Deutschland künftig in allen Gesetzen und Vorhaben des Bundes stärker zu berücksichtigen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 10.03.2021

Am kommenden Montag, den 08.03.2021, wird der Internationale Frauentag zum einhundertsten Mal begangen. Die Arbeiterwohlfahrt warnt zu diesem Anlass vor steigender Altersarmut von Frauen und fordert ein schnelles Gegensteuern der Politik.

„Dieser internationale Frauentag steht im Schatten der Corona-Pandemie und der gravierenden Auswirkungen, die sie auf Frauen hat. In der Krise muss auch dem Letzten klar geworden sein, wie massiv allein die ökonomische Benachteiligung von Frauen in diesem Land ist“, erklärt dazu der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes, Jens M. Schubert, „Die systematische Unterbezahlung von systemrelevanten Berufen wie der Pflege, die anhaltende Lohnlücke zwischen den Geschlechtern, die Ungleichverteilung von privater Fürsorgearbeit und die steuerrechtlich falschen Anreize wie bspw. das Ehegattensplitting führen zu einer dauerhaften finanziellen Schlechterstellung von Frauen. Das dürfen wir nicht einfach achselzuckend hinnehmen.“

Inzwischen ist durch Studien eindrucksvoll belegt, dass die durch Schul- und Kitaschließungen entstandene Mehrarbeit in Familien hauptsächlich zu Lasten von Frauen gegangen ist und langfristig eine weitere Verschlechterung ihrer finanziellen Situation auch lange nach Ende der Pandemie zu erwarten ist.

„Frauen arbeiten seltener in tarifgebundenen Betrieben und häufiger in Minijobs. Frauen arbeiten seltener in Führungspositionen und häufiger in Teilzeit. Frauen haben häufiger schlechte Arbeitsbedingungen und erhalten seltener Aufstockungen beim Kurzarbeitergeld. Diese Auflistung macht deutlich, dass wir endlich eine geschlechtergerechte Sozial- und Arbeitsmarktpolitik brauchen. Wenn wir jetzt nicht entschlossen gegensteuern, werden wir in zehn Jahren einen deutlichen Anstieg der Altersarmut von Frauen haben“ führt der Vorstandsvorsitzende aus.

„Neben den bekannten Maßnahmen wie der Schließung der Lohnlücke zwischen den Geschlechtern und der Aufwertung systemrelevanter Berufe brauchen wir konkrete Vorschläge, wie die durch die Pandemie entstandene zusätzliche Sorgearbeit von Frauen in der Rente und den anderen sozialen Sicherungssystemen anerkannt wird. Wenn wir über Gleichstellung und Frauenrechte sprechen, müssen wir über Geld reden“, schließt Jens M. Schubert.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 05.03.2021

Seit mehr als 100 Jahren macht der Internationale Frauentag weltweit auf Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter aufmerksam. Die Corona-Krise hat auch die lang erarbeitete Gleichberechtigung in eine Krise gebracht.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Arbeitsmarkt und Politik in der Corona-Pandemie haben die Gleichberechtigung um Jahrzehnte zurückgeworfen. Frauen wie Männer sind deutlich in rückständige Rollenbilder gedrängt: Wie selbstverständlich tragen die meisten Frauen die Hauptlast im Alltag, jonglieren zugleich Job, Kinderbetreuung, Home-Schooling und Care-Arbeit. Dafür müssen sie oft ihre Arbeitszeit reduzieren. In der Pandemie sind ihre Jobs unsicherer geworden oder sie haben sogar ihre Arbeit verloren; für die eigene Berufs- und Karriereplanung fehlt Zeit und Kraft – und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt werden erkennbar weniger.

Und das in einer Situation, in der Frauen auf dem Arbeitsmarkt, in Beruf und Karriere ohnehin deutlich benachteiligt sind. Frauen arbeiten weiterhin häufiger als Männer in Teilzeit und Minijobs oder sind in Branchen tätig, in denen schlechter bezahlt wird. Weitaus seltener als Männer erreichen sie Führungspositionen.

Deutschland ist in Europa eines der Länder mit dem höchsten Einkommensgefälle zwischen Männern und Frauen. Und auch im internationalen Vergleich ist Deutschland absolut rückständig: Durchschnittlich 19 Prozent Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen sind immer noch 19 Prozent zu viel!  Frauen sind schlechter abgesichert und erhalten oft eine unzureichende, zumindest geringere Rente und sind weitaus häufiger von Armut bedroht als Männer.

Wir dürfen Rückschritte der Gleichberechtigung nicht widerspruchslos geschehen lassen und brauchen einen richtigen großen Sprung nach vorne – und zwar jetzt, gerade in der Corona-Krise! Die Pandemie darf kein Vorwand sein, Benachteiligungen und die ungerechten Machtverhältnisse zu zementieren.

Frauenspezifische Berufe müssen dringend aufgewertet und besser entlohnt werden.

Vor allem muss gleichwertige Arbeit auch gleich bezahlt werden. Nötig sind flexible, familienfreundliche Arbeitsmodelle und der Ausbau der Kinderbetreuung.

Frauenförderung und Gleichstellung gehören ganz oben auf die politische Agenda und in die Personalplanung der Arbeitgeber und Unternehmen.“

Weitere Informationen:

https://www.diakonie.de/gleichstellungsatlas

https://www.equalpayday.de/startseite/

https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Verdienste-Verdienstunterschiede/_inhalt.html

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 07.03.2021

Der Internationale Frauentag wird dieses Jahr zum 110. Mal begangen. „Ja, wir haben viel erreicht. Wir dürfen ein eigenes Konto haben, wir dürfen arbeiten, und wir dürfen einiges mehr. Und ja, wir haben z. B. den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, das Elterngeld Plus, den Ausbau der Kinderbetreuung und Ganztagsschulen sowie die Novellierung des Führungspostengesetzes. Aber gemessen an dem, was uns zusteht – die Gleichwertigkeit aller Geschlechter mit Leben zu füllen und hierfür die strukturellen Voraussetzungen zu schaffen – ob in Familie, Wirtschaft, Wissenschaft, Kirche, Kultur, Sport, Politik oder Gesellschaft – davon sind wir Meilen entfernt.“ so Cornelia Spachtholz, Vorsitzende des Verbands berufstätiger Mütter (VBM). „Und Corona zeigt uns wie ein Brennglas, wo vor der Pandemie bereits die Herausforderungen und strukturellen Benachteiligungen und somit auch kulturellen Benachteiligungen lagen. Und Benachteiligung ist Diskriminierung und steht unserer Verfassung Art. 3 entgegen!“, entrüstet sich die VBM-Vorsitzende.

Spiralen-Faktencheck von fehlender Gleichberechtigung und Gleichstellung: Mehr unbezahlte Familienarbeit, weniger Gehalt und als Belohnung Altersarmut für uns Frauen

„Die ehe- und familienpolitischen Leistungen müssen nochmals massiv auf den Prüfstand. Auch im aktuellen Familienbericht ist das Ehegattensplitting, wie bereits in den vergangenen Gleichstellungsberichten der Bundesregierung und von einer Expert*innengruppe im Bundesfinanzministerium als Erwerbshemmnis von Frauen identifiziert. Außerdem steht das Ehegattensplitting Art. 3 unserer Verfassung entgegen. Es fördert die ungleiche Verteilung von Familien- und Erwerbsarbeit zwischen den Geschlechtern, spätestens mit Familiengründung. Wir brauchen eine Besteuerung, wie z. B. die Individualbesteuerung, die alle Familienformen gleichwertig fördert. Hierzu muss auch nochmals die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern mit geringfügigem Einkommen auf den Prüfstand und eine Analogie zum Elterngeldbezug erarbeitet werden, um Anreize zur Erwerbsbeteiligung von Frauen, insbesondere Müttern zu gestalten. Mit anderem Kündigungsschutz von werdenden Vätern und Karenzzeit ab Geburt und schließlich hälftiger Elternzeit zur vollen Ausschöpfung des Elterngeldes kann frühzeitig der Weg geebnet werden, sich mit Familiengründung sowohl Familien- als auch Erwerbsarbeit gleichwertig aufzuteilen.“ ist Cornelia Spachtholz überzeugt.

„Natürlich müssen auch die systemrelevanten Berufe und Berufe, in denen überrepräsentativ Frauen beschäftigt sind, finanziell endlich angemessen entlohnt werden. Zudem brauchen wir Wege aus der Präsenzkultur, wie z. B. Führen in Teilzeit – da wo möglich auf allen Ebenen und in allen Branchen.“, so Spachtholz

„Und es geht nicht nur um Kinderbetreuung und Homeschooling, sondern um Hausarbeit und auch um die Fürsorge von hilfsbedürftigen oder pflegebedürftigen Angehörigen. Auch hier übernehmen überwiegend die Töchter die Pflegeverantwortung.“ Spachtholz ist überzeugt, dass wir mit sämtlichen Maßnahmen Männern den Weg in Familie ebnen müssen. „Wir müssen die Männer endlich entlasten, von ihrer Verantwortung die Familien zu ernähren, von ihrer Verantwortung, ihren Führungsposten. Wir brauchen Maßnahmen, die Männer zum gleichen unternehmerischen Risiko wie Frauen machen – und zwar in der Lebensverlaufsperspektive, dann ist allen geholfen und wir setzen Art. 3 unserer Verfassung endlich um.“ ist die Vorsitzende des Verbands berufstätiger Mütter überzeugt und fordert. „Den Frauen mehr Karriere, den Männern mehr Familie!“ Dann würde der Spiegel der Erwerbsleistung die Frauen nicht mehr wie jetzt für ihre Lebensleistung bestrafen mit Altersarmut.

Gewalt hat viele Gesichter – von wirtschaftlicher über psychische bis physische Gewalt.

Der pandemiebedingte Lockdown mit Kontaktbeschränkungen, Ausgehbeschränkungen, Gesundheitssorgen, Kurzarbeitergeld, wachsenden Existenzängsten und Jobverlust sowie Homeschooling ist eine massive Belastung für viele Menschen, Paare und Familien. „Die Zahlen belegen, dass mehr Kinder und Frauen zu Pandemiezeiten von Gewalt betroffen sind und die Dunkelziffer ist noch höher. Viele niederschwellige Zugänge für gewaltbetroffene Frauen und Kinder sind eingeschränkt, auch durch die Schließung von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen, Mobiles Arbeiten zu Hause und fehlende organisierte Freizeitgestaltung wie z. B. das Vereinsleben. „Manche Familien sind auf engstem Raum 24/7 mit alle den skizzierten Rahmenbedingungen und Belastungen sich selbst überlassen. Auch wenn der Opferschutz in vielen Bereichen greift, so sind noch viele Stellschrauben fehlend um die Istanbul-Konvention, dem Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt, vollumfänglich zu erfüllen. Auch das zeigt uns die Pandemie traurigerweise!“ so Spachtholz.

Quelle: Pressemitteilung Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) vom 08.03.2021

SCHWERPUNKT III: Corona-Krise

Der Bundestag hat am heutigen Donnerstag den Gesetzentwurf zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen verabschiedet. Dazu können Sie die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, gerne wie folgt zitieren:

„Familien sind in dieser Pandemie weiterhin einer enormen Belastung ausgesetzt. Deshalb ist es völlig angemessen, dass wir die finanzielle Unterstützung für Familien noch einmal gezielt ausweiten: Der Anspruch auf Lohnersatz für insgesamt zehn Wochen pro Elternteil bzw. zwanzig Wochen für alleinerziehende Mütter oder Väter zählt ab Ende März 2021 neu. Außerdem werden die Anspruchsvoraussetzungen für den Lohnersatz nach dem Infektionsschutzgesetz nun an die des Kinderkrankengeldes angepasst. Das ist richtig, denn die privat krankenversicherten Eltern profitieren nicht von Kinderkrankentagen. Privat versicherte Eltern können künftig die Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz auch dann bekommen, wenn der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wird oder eine behördliche Empfehlung vorliegt, vom Besuch einer der genannten Einrichtungen abzusehen. Es ist dabei egal, ob die Eltern im Homeoffice arbeiten können oder nicht.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 04.03.2021

Studie zur Verteilung von Sorgearbeit im ersten coronabedingten Lockdown ergibt differenziertes Bild – Anteil der Familien, in denen die Frau Kinderbetreuung fast vollständig alleine trägt, hat sich verdoppelt – Keine signifikanten Änderungen bei Paaren, die Sorgearbeit schon zuvor gleichmäßig aufgeteilt haben – Reform der Partnermonate beim Elterngeld könnte ungleiche Arbeitsteilung im Haushalt verringern

In erster Linie Mütter haben während des coronabedingten ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 die Kita- und Schulschließungen kompensiert und ihre Kinder selbst betreut. Das geht aus einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis von pairfam-Daten hervor. So hat sich der Anteil der Familien in Deutschland, in denen die Frauen die Kinderbetreuung fast vollständig übernehmen, im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019 von etwa acht auf 16 Prozent verdoppelt. Die Hausarbeit erledigen in fast 27 Prozent der Familien – statt zuvor in rund 22 Prozent – fast vollständig die Frauen. Allerdings bleibt der Anteil der Paare, die sich die Sorgearbeit egalitär aufteilen, infolge der Pandemie weitgehend unverändert. Zudem gibt es sogar wenige Familien mehr als zuvor, in denen der Mann fast vollständig oder überwiegend Kinderbetreuung und Hausarbeit übernimmt – allerdings handelt es sich dabei um nicht mehr als etwa fünf Prozent der Familien.

„Mit Blick auf die Aufteilung der Sorgearbeit während der Corona-Pandemie ergibt sich ein differenziertes Bild“, erklärt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics in der Abteilung Staat des DIW Berlin. „In Familien, in denen sich Frauen schon zuvor deutlich mehr um Kinderbetreuung und Haushalt gekümmert haben, ist das Ungleichgewicht während der Corona-Pandemie aber noch größer geworden“, so C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie.

Wahrnehmung der Aufteilung von Sorgearbeit sehr unterschiedlich

Gemeinsam mit Jonas Jessen, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Bildung und Familie, haben Spieß und Wrohlich Daten des Beziehungs- und Familienpanels pairfam ausgewertet. Im Rahmen dieser Längsschnittstudie werden jährlich rund 12.000 Personen befragt. Im Frühjahr 2020 wurde eine Corona-Zusatzerhebung gestartet, an der sich mehr als 3.000 Menschen beteiligten. Die Studie stützt sich insgesamt auf 967 Paarhaushalte mit Kindern.

Die Analysen geben auch Auskunft darüber, wie sich die Aufteilung der Sorgearbeit in Abhängigkeit der Homeoffice-Nutzung verändert hat. Wenn Mütter im Homeoffice arbeiten, erledigen sie demnach auch mehr Sorgearbeit, während dies bei Männern umgekehrt nicht der Fall ist. Konnten beide Elternteile von zu Hause arbeiten, ergaben sich jedoch keine signifikanten Unterschiede in der Aufteilung von Kinderbetreuung und Hausarbeit.

„Bemerkenswert ist, dass Unterschiede in der Wahrnehmung der Aufteilung von Sorgearbeit in der Pandemie größer geworden sind“, sagt Jessen. So gaben von den befragten Frauen 24 Prozent an, dass sie in ihrer Familie die Kinderbetreuung (fast) vollständig alleine übernehmen – bei den Männern berichteten dies nur fünf Prozent.

Anpassung der familienpolitischen Leistungen könnten zu kurz greifen

Die Politik hat im Zuge der Pandemie familienpolitische Leistungen an einigen Stellen angepasst und die Zahl der sogenannten Kinderkrankentage auf 20 Tage erhöht, um Eltern die Kinderbetreuung zu erleichtern. „Die Erhöhung der Kinderkrankentage ist zwar grundsätzlich gut, womöglich aber zu knapp bemessen“, so Katharina Wrohlich. Weitere Maßnahmen, etwa eine abermalige Ausweitung der Kinderkrankentage, wären wünschenswert. „Unabhängig von der Corona-Pandemie könnten beim Elterngeld bei gleichbleibender Bezugsdauer die Partnermonate auf vier Monate ausgedehnt werden, um eine größere Gleichstellung bei der Verteilung von Sorgearbeit zu erreichen“, so Spieß.

Links: 

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 03.03.2021

40 Prozent der Erwerbspersonen in Deutschland fühlen sich während des zweiten Lockdowns stark oder sogar äußerst belastet. Wenn Kinder im Haushalt leben, sagen das 49 Prozent. Damit haben fast genauso viele Beschäftigte, Selbständige und Arbeitslose ihre Gesamtsituation Ende Januar 2021 als stark oder äußerst belastend wahrgenommen wie im ersten Lockdown vom April 2020. Bei Erwerbspersonen mit Kindern im Haushalt lag das allgemeine Belastungsempfinden noch geringfügig höher als im April. Vor allem die Einschätzung der eigenen familiären Situation hat sich in den Wintermonaten mit geschlossenen Kitas, Schulen und Freizeiteinrichtungen spürbar verschlechtert. Besonders angespannt ist die Lage bei Alleinerziehenden und generell in vielen Familien mit niedrigeren Einkommen: In diesen Gruppen empfinden rund 60 Prozent ihre Gesamtsituation als stark oder äußerst belastend. Das ergibt eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die die Erwerbspersonenbefragung der Stiftung auswertet.*

„Auch die zweite Corona-Welle war und ist ein drastischer Stresstest, und das ganz besonders für Familien. 46 Prozent der befragten Eltern haben Ende Januar ihre familiäre Situation als stark oder äußerst belastend erlebt. Das waren sogar sechs Prozentpunkte mehr als im ersten Lockdown. Noch deutlich größer ist die Belastung für Mütter und insbesondere für Alleinerziehende“, sagt Studienautor Dr. Andreas Hövermann. „Das ist ein Indiz dafür, wie wichtig funktionierende Kindertagesstätten und Schulen sind.“ Eltern von Kita- und Grundschulkindern sowie von Schülerinnen und Schülern der Abschlussklassen dürften den Wiederbeginn von Präsenzbetreuung und -unterricht in letzter Zeit daher als wichtige Entlastung wahrgenommen haben, so der Forscher. „Allerdings funktioniert die Entlastung natürlich nur, wenn die Konzepte für Hygiene und Infektionsschutz, für Tests und Impfungen wirklich tragen“, betont Hövermann. „Abgesehen von den individuellen Gesundheitsrisiken, die durch die Ausbreitung aggressiverer Virus-Mutanten steigen: Niemand hat etwas davon, wenn sich Infektionen häufen und Einrichtungen nach kurzer Zeit wieder schließen müssen. So ein Stop- and Go dürfte berufstätige Eltern nur vor noch größere Probleme stellen.“ Träger sollten Hinweise auf Defizite in Hygienekonzepten daher unbedingt ernst nehmen. Falls Kita- oder Schulschließungen aufgrund des Infektionsgeschehens notwendig sind, müssten Eltern durch einen einfachen Zugang zu Kinderkrankentagen bestmöglich entlastet werden.

Für die Erwerbspersonenbefragung wurden Ende Januar mehr als 6200 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online befragt. Dasselbe Sample war bereits im April, im Juni und im November 2020 interviewt worden, so dass sich Entwicklungen im Zeitverlauf analysieren lassen. Die Befragten bilden die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. Gefragt wurde unter anderem danach, ob die Befragten ihre aktuelle Lage als belastend empfinden oder nicht. Neben den Antwortmöglichkeiten „äußerst belastend“ und „stark belastend“ gab es drei weitere: „etwas“, „kaum“ oder „gar nicht belastend“ (sowie „weiß nicht“). „Wer sich für eine der beiden höchsten Kategorien entscheidet, dürfte also wirklich großen Druck verspüren“, erklärt Sozialforscher Hövermann. Neben der Einschätzung der eigenen Gesamtsituation wurde differenziert nach der Arbeitssituation, der finanziellen und der familiären Situation gefragt.

Im Vergleich zum Sommer und zum Herbst sind bis Ende Januar die Quoten der stark/äußerst Belasteten in allen Bereichen gestiegen. In Puncto Arbeitssituation und finanzielle Situation war die Zunahme relativ moderat, der Anteil der Befragten, die ihre Lage als stark oder äußerst belastend einschätzen, blieb spürbar unter den bisherigen Höchstwerten im April. Allerdings war das Niveau bei der Arbeitssituation mit 32 Prozent stark/äußerst Belasteten auch Ende Januar hoch. „Und selbst die im Vergleich niedrigeren Werte bei der finanziellen Situation bedeuten immer noch für jede und jeden Fünften extreme Belastung“, sagt Hövermann. „Sowohl die Anpassung von Arbeitsprozessen als auch der Schutz vor wirtschaftlichem Abstieg scheinen in vielen Fällen zu funktionieren. Doch aus Sicht eines guten Teils der Befragten ist das Eis dünn, der Stress groß“, interpretiert der Forscher die Entwicklung.

Besonders stark gingen die Belastungswerte bei der Einschätzung der Gesamtsituation wieder nach oben – auf 40 Prozent, während es im November 34, im Juni 27 Prozent und im April 42 Prozent waren. Frauen wiesen Ende Januar mit 45 Prozent einen überdurchschnittlich hohen Belastungsanteil auf, bei Männern waren es 36 Prozent.

Einen erheblichen Anteil an dieser Entwicklung könnte die ebenfalls deutlich negativere Einschätzung der familiären Situation haben. Vor allem Eltern konstatieren eine Verschärfung: Der Anteil der stark/äußerst belasteten Befragten schoss in dieser Gruppe zwischen November und Januar von 27 auf 46 Prozent in die Höhe. Zugleich beurteilten 49 Prozent der Eltern ihre Gesamtsituation als stark/äußerst belastend, während das unter den Befragten ohne Kinder im Haushalt 38 Prozent sagten. Noch einmal zugespitzt empfinden viele Alleinerziehende ihre Lage: 62 Prozent stuften im Januar ihre Gesamtsituation als stark oder äußerst belastend ein – zehn Prozentpunkte mehr als während des ersten Lockdowns.

Schaut man noch genauer auf die Familien, berichten Mütter besonders oft von großen Belastungen. Ende Januar stuften 54 Prozent der befragten Frauen mit Kindern ihre Gesamtsituation und 51 Prozent ihre familiäre Situation als stark/äußerst belastend ein. Unter den Männern mit Kindern im Haushalt taten das 44 bzw. 43 Prozent.

Wenig überraschend, hängt die wahrgenommene Belastung auch stark mit der finanziellen Situation zusammen. Befragte mit niedrigeren Haushaltseinkommen berichteten deutlich häufiger von starken/äußersten Belastungen als Befragte mit höheren Einkommen. Das gilt für alle abgefragten Belastungsdimensionen. Gerade in Familien mit niedrigeren Haushaltseinkommen ergeben sich Belastungsniveaus, die Sozialforscher Hövermann als „alarmierend hoch“ bezeichnet. So empfanden unter den Befragten mit Kind/Kindern und einem Haushaltseinkommen unter 2600 Euro netto monatlich rund 60 Prozent ihre familiäre Situation und ihre Gesamtsituation als stark oder äußerst belastend.

Belastungswahrnehmung in der Corona-Pandemie. Erkenntnisse aus vier Wellen der HBS-Erwerbspersonenbefragung 2020/21. WSI Policy Brief Nr. 50, März 2021.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 03.03.2021

In einem heute veröffentlichten Positionspapier spricht sich der Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband für umfassende Maßnahmen in der Kindertagesbetreuung aus, die als Reaktion auf die Belastungen notwendig werden, denen Kinder, Familien und pädagogische Fachkräfte seit einem Jahr ausgesetzt sind. Der Verband formuliert konkrete Forderungen an die politisch Verantwortlichen.

„Ein Jahr Pandemie hat deutlich gemacht, dass mit dem Ausbau der Kindertagesbetreuung keine Weiterentwicklung der strukturellen Bedingungen erfolgt ist. Wie durch ein Brennglas zeigt sich der Handlungsbedarf. Die nächsten Jahre werden entscheidend für uns alle sein“, mahnt Clemens Bieber, Vorsitzender des KTK-Bundesverbandes.

Mit Blick auf die Bundestagswahl müsse der Blick nun konsequent auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen in Kindertageseinrichtungen gelenkt werden, so der Würzburger Domkapitular. Die Fortführung und Weiterentwicklung des „Gute-Kita-Gesetzes“ zu einem Qualitätsgesetz mit bundesweit verbindlichen Personalschlüsseln und einer dauerhaften Finanzierung durch den Bund sei nur eines der Themen, mit denen den Auswirkungen der Pandemie begegnet werden müsse. „Die Fachkräfteoffensive wurde vorzeitig zurückgefahren, obwohl keine Lösungen in Sicht sind, den Fachkräftebedarf in den Griff zu bekommen. Deshalb sind der Ausbau der praxisintegrierten und vergüteten Ausbildung und die Förderung differenzierter Teamprofile dringend erforderlich. Die Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern wurde nicht auf den Weg gebracht, weil sich Bund und Länder bislang nicht auf eine Finanzierung einigen können. Sie würde zum Abbau der durch die Pandemie gestiegenen Bildungsbenachteiligung beitragen und muss noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden. Die digitale Ausstattung der Einrichtungen ist vielerorts nicht vorhanden. Ein Digitalpakt Kita ist längst überfällig“, unterstreicht Mirja Wolfs, stellvertretende Vorsitzende des KTK-Bundesverbandes.

Ohne gesetzliche Vorgaben für die wissenschaftlich geforderten Rahmenbedingungen bei der Fachkraft-Kind-Relation und den Zeitressourcen für Leitung bleibe Kindertagesbetreuung ein Flickenteppich. „Es liegt eine große Verantwortung auf den Kitas und Ganztagsangeboten. Sie haben in den kommenden Jahren die Folgen der Pandemie auf die Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern aufzufangen. Wer die Politik der nächsten Jahre gestalten will, muss jetzt sagen, wie er dieser Herausforderung begegnet“, betont Domkapitular Bieber. „Konkrete Vorschläge liegen mit unserem Positionspapier nun auf dem Tisch.“

Das Positionspapier „Die Kindertagesbetreuung ist unverzichtbar. Politische Konsequenzen aus der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband e. V. vom 04.03.2021

Als massiven armuts- und konjunkturpolitischen Fehlschlag wertet der Paritätische Wohlfahrtsverband die Konjunkturmaßnahmen der Bundesregierung anlässlich der heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zur Wirkung der Coronahilfen aus dem vergangenen Jahr. Der Verband fordert gezielte Hilfen für arme Haushalte für die Dauer der Krise und eine deutliche Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung.

“Die Konjunkturpolitik der Bundesregierung zeigt eine bemerkenswerte soziale Schlagseite,” so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.

Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigten nach Ansicht des Verbandes eindeutig, dass von den Konjunkturmaßnahmen vor allem wohlhabende Haushalte profitiert haben.

“Es ist absolut unverständlich, dass die Not armer Menschen so dermaßen missachtet und eine weitere Vertiefung der sozialen Spaltung in Kauf genommen wird”, so Ulrich Schneider weiter.

Die heute vorgelegten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigten, dass rund die Hälfte der Haushalte den Kinderbonus im letzten Jahr zur Erhöhung der Familiensparquote nutzte und ihn folglich gar nicht brauchte, kritisiert der Verband. Auch die Mehrwertsteuersenkung habe vor allem besserverdienenden Haushalten genutzt, während einkommensschwache Haushalte so gut wie gar nicht profitierten.

“Die bereits im letzten Sommer von uns geäußerten Befürchtungen haben sich mit den Daten des Statistischen Bundesamtes leider bestätigt,” so Ulrich Schneider. Unter armutspolitischer Perspektive stellen die konjunkturpolitischen Beschlüsse von 2020 einen fulminanten Fehlschlag dar. “Wir fordern die Bundesregierung zu einer sofortigen Korrektur auf,” so Ulrich Schneider weiter.

Der Verband fordert die zügige Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und Altersgrundsicherung um 100 Euro pro Kopf und Monat während der Corona-Krise und eine dauerhafte Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro.

Das Statistische Bundesamt veröffentlichte heute Daten, wonach durch die Mehrwertsteuersenkung im letzten Jahr lediglich zwischen 20 und 25 Prozent der Haushalte Anschaffungen vorzogen oder sich ungeplante Anschaffungen leisteten und dabei insbesondere einkommenstärkere Haushalte profitierten. Über die Hälfte der befragten Haushalte gaben zudem an, den Kinderbonus teilweise oder gänzlich zum Sparen genutzt zu haben.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 11.03.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Der Bundestag hat am Freitag, 5. März 2021, nach halbstündiger Debatte den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Jugendschutzgesetzes (19/24909) in der vom Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geänderten Fassung (19/27289) beschlossen. Die Koalitionsfraktionen stimmten für den Gesetzentwurf, der den Jugendschutz im Internet und in den sozialen Medien in den Blick nimmt. FDP und Linksfraktion stimmten dagegen, die AfD und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. Zur Abstimmung lag auch ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 Geschäftsordnung des Bundestages (19/27290) zur Finanzierbarkeit vor.

Entschließungsanträge abgelehnt

In dritter Beratung lehnte der Bundestag drei Entschließungsanträge zu dem Gesetzentwurf ab. Der
Entschließungsantrag der FDP (19/27296) zielte unter anderem darauf ab, bestehende Systeme der Alterskennzeichung für Medien stärken und angemessen fortzuentwickeln. Die Koalitionsfraktionen und die Grünen stimmten dagegen, die AfD und die Linksfraktion enthielten sich.

Der Entschließungsantrag der Linken (19/27297) forderte staatsferne und unabhängige Aufsichtsstrukturen beim Jugendmedienschutz. Die Koalitionsfraktionen und die Grünen stimmten dagegen, die AfD und die FDP enthielten sich.

Der Entschließungsantrag der Grünen (19/27298) wollte den Verantwortungsbereich sowie die Verpflichtungen und Kompetenzen der beteiligten Institutionen so klar regeln, dass der Bedarf an Koordinierung, mit dem die neue Bundeszentrale für Jugendmedienschutz betraut werden soll, auf das Nötigste reduziert wird. Die Grünen und die Linksfraktion stimmten dafür, die Koalitionsfraktionen dagegen, die AfD und die FDP enthielten sich.

Verpflichtende Anbietervorsorge

Mit der Annahme des Regierungsentwurfs werden für Kinder und Jugendliche relevante Internetdienste verpflichtet, „angemessene und wirksame strukturelle Vorsorgemaßnahmen für eine unbeschwerte Teilhabe zu treffen (sogenannte Anbietervorsorge)“.

Anbieter werden zu Voreinstellungen verpflichtet, die Kinder und Jugendliche besonders vor Interaktionsrisiken wie Mobbing, sexualisierter Ansprache („Cybergrooming“), Hassrede, Tracking und Kostenfallen schützen. Sie sollen sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche etwa bei Spielen oder in sozialen Netzwerken von Fremden nicht mehr
einfach gefunden und angesprochen werden können. Weitere Punkte beziehen sich auf die Einführung von Hilfs- und Beschwerdesysteme sowie bessere Möglichkeiten für Eltern, die Mediennutzung ihrer Kinder zu begleiten und zu steuern.

„Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ausbauen“

Mehr Orientierung will die Bundesregierung zudem mit der Einführung einheitlicher Alterskennzeichen für Spiele und Filme auch online schaffen. Zur besseren Durchsetzung des Kinder- und Jugendmedienschutz soll zudem die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) zur „Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz“ weiterentwickelt werden.

Geplant ist auch, künftig die „in der Mediennutzungsrealität von Kindern und Jugendlichen hochrelevanten“ ausländischen Anbieter in den Blick zu nehmen.

Änderungen am Regierungsentwurf beschlossen

Der federführende Familienausschuss hat am 3. März 2021 einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Regierungsentwurf angenommen. Damit wird geregelt, dass die künftige Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz einen Beirat einrichtet, der sich „in besonderer Weise für die Verwirklichung der Rechte und den Schutz von Kindern und Jugendlichen“ einsetzt. Diesem zwölfköpfigen Gremium sollen auch zwei Vertreter von Kinder und Jugendverbänden angehören, die nicht älter als 17 Jahre alt sein dürfen.

Umgekehrt wird mit Annahme des Änderungsantrags Kindern der Zugang zu Kinos und öffentlichen Filmvorführungen erleichtert. So wird das auf bislang personensorgeberechtigte Personen begrenzte Begleitungsrecht auf „erziehungsbeauftragte Personen“ erweitert. Damit soll den flexibilisierten Lebensformen und der Zunahme von Patchworkfamilien Rechnung getragen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 05.03.2021

Das Vorhaben der Bundesregierung, für die Erhebung statistischer Daten zur Zeitverwendung eine eigene gesetzliche Grundlage zu schaffen, ist bei einer Expertenanhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montagnachmittag auf breite Zustimmung gestoßen. Kritik gab es an der Ausgestaltung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (19/26935) – vor allem an der vorgesehenen Beibehaltung des Zehn-Jahres Turnus, in dem die Erhebungen bislang als „Bundesstatistiken für besondere Zwecke nach dem Bundesstatistikgesetz“ durchgeführt wurden. Eine deutliche Mehrheit sprach sich während der Anhörung für eine Erhebung alle fünf Jahre aus.

Ruth Abramowski vom SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik an der Universität Bremen betonte, Zeitverwendungserhebungen lieferten nicht nur relevante Erkenntnisse über zeitliche Gestaltungsspielräume, sondern seien auch eine äußerst zentrale Datenbasis für die Messung des Wohlstandes von Bevölkerungen. So könnten gezielte politische Maßnahmen abgeleitet werden. Lücken in dem Entwurf gibt es aus ihrer Sicht bei den Erhebungsmerkmalen. Es brauche eine Präzisierung der unbezahlten „Care-Arbeit“, die zumeist von Frauen ausgeübt werde. Auch die Auslagerung der Care-Arbeit an Frauen, „die sich in noch prekäreren Verhältnissen befinden“, müsse erfasst werden, forderte Abramowski mit Verweis auf mehr als 500.000 „informell und überwiegend schwarz beschäftigte Pflegemigranten“ in Deutschland, die in keiner amtlichen Statistik auftauchen würden.

Antje Asmus vom Deutschen Frauenrat nannte die Darstellung der Verteilung von bezahlter und unbezahlter Zeit zwischen Frauen und Männern „für die Entwicklung gleichstellungspolitischer Maßnahmen unerlässlich“. Zeitverwendungserhebungen stellten mit ihren Daten zu unbezahlter Haus- und Sorgearbeit auch wichtige Ergänzungen zu der klassischen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung dar, die sich primär auf Wohlstand und Wertschätzung der Produktion von Waren und Dienstleistungen fokussiere. Der Bedarf an repräsentativen Zeitbudgeterhebungen zur Verteilung der Sorgearbeit sei während der Corona-Krise noch dringender geworden, befand Asmus. Es seien Frauen und vor allem Mütter, die während der Pandemie den größeren Anteil der zusätzlich anfallenden Sorgearbeit übernehmen und ihre Erwerbsarbeitszeiten dafür reduzieren, sagte die Frauenrats-Vertreterin.

Christina Boll vom Deutschen Jugendinstitut hält – ebenso wie ihre Vorrednerinnen – den Zehnjahreszeitraum zwischen den Erhebungen für zu lang. Zum einen erschwerten seltene Messzeitpunkte den Ländervergleich auf europäischer sowie auf internationaler Ebene. Zudem sei die Evaluation von Politikreformen mithilfe dieser Daten nahezu unmöglich. Als unzureichende bewertete Boll zugleich den Versuch, im Bereich der Nachtrennungsfamilien mit der Erfassung der Kontakthäufigkeit zu außerhalb des eigenen Haushalts wohnenden Kindern, elterliche Zeitinvestments einzufangen.

Fünf Jahre, „besser noch zwei Jahre“, sollten aus Sicht von Martin Bujard vom Verein Evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie höchstens zwischen den Erhebungen liegen. Für einen zehnjährigen Rhythmus seien die Entwicklungen zu dynamisch, sagte er. Bujard sprach sich zudem für die Erhebung in Form einer Panelstruktur, „das heißt mit Wiederholungsbefragungen“, aus. So könnten die Veränderungen innerhalb von Familien – als Folge von Kindergeburt aber auch in Folge politischer Maßnahmen – besser nachvollzogen werden.

Sebastian Heimann vom Deutschen Familienverband begrüßte den Gesetzentwurf ebenfalls. Ergänzt werden müsse er jedoch dringend um die Berücksichtigung von kinderreichen Familien „als gesellschaftlich und demografisch besonders bedeutsame Gruppe“. Der Entwurf berücksichtige alleinerziehende Mütter und Väter durch überproportionale Auswahlsätze besonders. Dies müsse auch für die Gruppe der Mehr-Kind-Familien unbedingt sichergestellt werden. Kinderreiche Familien seien schließlich überproportional von Armut gefährdet und sähen sich verstärkten Herausforderungen hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegenüber, sagte Heimann.

Mit dem Gesetzesentwurf würden vor allem die Erhebungsmerkmale festgelegt, sagte die Soziologin Michaela Kreyenfeld von der Hertie School of Governance. Mit der Integration einer neuen Frage zum „Kontakt zu eigenen Kindern, die nicht im Haushalt leben“, sollen erstmalig auch haushaltsübergreifende Informationen zu Kindern erhoben werden, was zu begrüßen sei. Dennoch könne die Zeitverwendungsstudie in der vorgesehenen Form die Lebenswirklichkeiten von Trennungseltern und -kindern nicht hinreichend abbilden, bemängelte Kreyenfeld. Das etwa Trennungsväter durch die Regelung nicht identifiziert würden, sei „mehr als bedauerlich“.

Heike Wirth vom Mannheimer GESIS Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften hält eine Periodizität von zehn Jahren für richtig, weil aus ihrer Sicht bei einer Erhebung alle fünf Jahre Abstriche in der Datenqualität hingenommen werden müssten. Im Übrigen sei durch die Verordnungsermächtigung in dem Gesetz die Flexibilität gegeben, bei erkennbarem Bedarf die Periodizität anzupassen. Handlungsbedarf sieht Wirth in Bezug auf die Messung der Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb des Haushalts, die Erfassung von Kontakten von außerhalb der Haushalte lebenden Eltern und Kindern sowie beim Erwerbsstatus. Wichtig sei es zudem, bei der Quotierung der Haushalte explizit darauf zu achten, „dass die Gruppe der 20- bis 30-Jährigen mit einem ausreichend hohen Umfang in der Stichprobe vertreten ist“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 335 vom 15.03.2021

Die Zahl der Kinder, für die Kinderzuschlag gewährt wurde, hat sich im vergangenen Jahr deutlich erhöht. Das zeigen Zahlen, auf die sich die Bundesregierung in einer Antwort (19/27100) auf eine Kleine Anfrage (19/26657) der Fraktion Die Linke bezieht. Demnach betraf dies im März 2020, zu Beginn der Corona-Pandemie, rund 376.000 Kinder. Diese Zahl stieg dann in den Folgemonaten konstant an, auf einen Höchststand von rund 941.000 Kinder im Juli 2020. Im Januar lag die Zahl der Berechtigten mit rund 708.000 Kindern zwar wieder deutlich darunter, aber gleichzeitig noch deutlich über dem März-Wert.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 299 vom 09.03.2021

Die Bundesregierung will für die Erhebung von statistischen Daten zur Zeitverwendung eine eigne gesetzliche Grundlage schaffen. Die bisherigen Erhebungen seien als Bundesstatistiken für besondere Zwecke nach dem Bundesstatistikgesetzes durchgeführt worden, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfes (19/26935). Dies erlaube die Anordnung von Bundesstatistiken auch ohne Gesetz oder Rechtsvorschrift, um kurzfristig auftretende Bedarfe nach statistischen Informationen zu decken.

Nach Angaben der Bundesregierung hat sie seit den 1990er Jahren im Turnus von etwa zehn Jahren Daten zur Zeitverwendung der in Deutschland lebenden Menschen erheben lassen. Durch diese Erhebungen seien wesentliche Erkenntnisse für gesellschaftspolitische Maßnahmen gewonnen worden. Sie lieferten Informationen darüber, wie viel Zeit Menschen im Tagesverlauf für bestimmte Aktivitäten aufwenden. Die Auswertung dieser Daten gebe beispielsweise Auskunft über die Arbeitsbelastung und Arbeitsteilung in Familien, Kinderbetreuung und Pflege oder freiwilliges gesellschaftliches Engagement.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 295 vom 04.03.2021

Kein Kind kann sich alleine schützen

In den letzten Monaten wurde die Familie als Ort von psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt öffentlich stärker thematisiert. Mit dem vorliegenden Impulspapier möchte der Betroffenenrat beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) eine breite Diskussion anregen und diese mit der Forderung nach einer dauerhaft geführten Auseinandersetzung mit dem Tatort Familie verbinden.

Babys, Kleinkinder, Kinder und Jugendliche, die in ihrer Familie sexualisierte Gewalt erleben, sind besonders schutzlos ausgeliefert. Die Gewalt erfahren sie ausgerechnet von den Menschen, auf deren Schutz sie angewiesen sind. Betroffene Kinder lernen früh, dass sie niemanden vertrauen können und erleben den schwersten Verrat durch diejenigen, von denen sie existentiell abhängig sind. Es gibt für sie keinen sicheren und heilen Ort.

Wir wissen, wie es war und ist, wenn niemand sieht, in welcher großen Not Kinder und Jugendliche in ihren eigenen Familien sind. Wir wissen, wie es ist, wenn niemand Etwas unternimmt. Aktive Vertuschung, Wegsehen oder Ignoranz werden in Familien von Müttern, Vätern, Geschwistern und anderen Familienangehörigen aufrechterhalten und konfrontieren Betroffene oft ein Leben lang mit Ohnmachtssituationen und Verletzungen.

Betroffene Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben schon immer das Schweigen gebrochen und Hilfe gesucht. Die Täter_innen blieben und bleiben zumeist jedoch integriert in den Familien. Während durch eine gesellschaftliche und öffentliche Diskussion der Druck auf Institutionen wächst, sind Betroffene bei Aufdeckung im familiären Kontext weiterhin oft alleingelassen. Dies ist zusätzlich schwer belastend, gerade wenn sie das Schweigen brechen. Der Tatort Familie, an dem Kinder und Jugendliche in hohem Ausmaß sexualisierte Gewalt erleben, muss endlich vertiefend in den Blick genommen werden. Eine halbherzige Debatte über Kinderrechte ins Grundgesetz kompensiert nicht die jahrelange Untätigkeit politisch Verantwortlicher auf allen Ebenen.

Wir – Betroffene, die im familiären Kontext sexualisierte Gewalt erlebt haben, können keine Institution in die Pflicht nehmen. Familien sind zu Recht ein besonders geschützter Ort, in den der Staat nur begrenzt hineingreifen darf. Jedoch muss die gesellschaftliche Aufmerksamkeit dem Ausmaß an Kindeswohlgefährdung durch sexualisierte Gewalt in Familien entsprechen. Das Recht auf Schutz vor Gewalt ist ein Menschenrecht. Kein Kind kann sich alleine schützen.

Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die verbreitete Kultur des Vertuschens und Schweigens zu überwinden und ein Ethos der Einmischung zu entwickeln. Es liegt in unser aller Verantwortung, Kinder und Jugendliche auch in ihren Herkunftsfamilien vor sexualisierter Gewalt zu schützen und Ihnen zu helfen. Wir sind uns bewusst, dass viele Aspekte in diesem Impulspapier weiterentwickelt werden müssen und wir wichtige Themen lediglich angerissen haben.

Wir werden uns der Diskussion stellen. Wir schweigen nicht. Wir sprechen auch noch, wenn die Gesellschaft schon wieder den Mantel des Schweigens ausbreiten will.

Alle Betroffene haben unabhängig vom Tatkontext das Recht auf Schutz und Aufarbeitung, Unterstützung und Hilfen.

Quelle: Pressemitteilung Geschäftsstelle des Betroffenenrats beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 15.03.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Berechnungen des Deutschen Familienverbands (DFV) und des Familienbunds der Katholiken (FDK) zeigen, dass Sozialabgaben Familien übermäßig belasten und im Vergleich zu Beitragszahlern ohne Unterhaltspflichten für Kinder schlechterstellen.

(Berlin). Eine Familie mit zwei Kindern und einem durchschnittlichen Einkommen von 41.541 Euro im Jahr fällt nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben inklusive Kindergeld knapp unter das steuerliche Existenzminimum. Mit mehr Kindern verschärft sich die Situation. Angesichts dieses alarmierenden Befunds fordern DFV und der FDK eine Korrektur der verfassungswidrigen Abgabenerhebung in der Sozialversicherung. Die Verbände weisen darauf hin, dass sich die Position der Familien im Vergleich zu Personen ohne Unterhaltspflichten für Kinder erneut verschlechtert hat. Sie fordern im Hinblick auf kursierende Meldungen über eine 2021 angeblich erfolgte Entlastung von Familien: „Bitte lasst die Märchenstunde!“.

„Einem Paar mit drei Kindern und einem Durchschnittseinkommen fehlen im Monat fast 500 Euro zur gesellschaftlichen Teilhabe. Bei vier Kindern ist es fast doppelt so viel“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV. Familienbundpräsident Ulrich Hoffman äußert sich wie folgt: „Die horizontalen Berechnungen von DFV und FDK zeigen beispielhaft, dass die Entscheidung für Kinder ein Armutsrisiko ist. Es besteht dringend Handlungsbedarf.“

Es ist wichtig und richtig, Notleidenden rasch zur Seite zu stehen. In diesem Sinne begrüßen DFV und FDK den Kinderbonus in der Corona-Pandemie. Doch einer reagierenden Politik muss endlich eine gestaltende zukunftsorientierte Familienpolitik folgen. Hoffmann erläutert: „Die strukturelle Benachteiligung von Familien in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung muss endlich beendet werden. Dass Familien trotz der kostenaufwändigen und den Fortbestand der Sozialsysteme sichernden Kindererziehung mit gleich hohen Beiträgen belastet werden wie Kinderlose, ist nicht nur ungerecht. Es ist auch verfassungswidrig.“ Zeh führt aus: „Familien sind weder Bittsteller noch unersättliche Transferempfänger. Sie wollen nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Umsetzung deutlicher Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Sozialversicherung.“

Beiträge nach Leistungsfähigkeit

Um Familien zu entlasten, fordern die Familienverbände für die Dauer der Erziehungszeit einen für jedes Kind gleichen Freibetrag in der gesetzlichen Sozialversicherung. In der Höhe soll er mindestens dem steuerlichen Kinderfreibetrag entsprechen.

„Ein Kinderfreibetrag in der Sozialversicherung würde die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Beitragszahler angemessen berücksichtigen. Wer Unterhaltspflichten für Kinder hat, ist vorübergehend weniger leistungsfähig. Das muss sich in den Beiträgen zur Sozialversicherung widerspiegeln, sonst sind sie ungerecht und nicht solidarisch“, so Zeh.

Bei der Entlastung von Familien geht es nicht nur um Gerechtigkeit für Eltern und Kinder. Familienarmut zu verhindern und Kindern ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen, ist gesamtgesellschaftlich bedeutend.

„Kinder sind die Zukunft – auch unseres umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems. Ohne Familien, die heute Kinder großziehen, gäbe es morgen keine Beitragszahler. Ohne sie würde das System zusammenbrechen. Familien erweisen der Gesellschaft einen beträchtlichen Dienst. Ohne sie ist kein Staat zu machen“, äußert Familienbundpräsident Hoffmann.

Sozialversicherung: Belastung ist verfassungswidrig

Mit Unterstützung von DFV und FDK haben Familien den Rechtsweg für familiengerechte Sozialabgaben beschritten. Sie stützen sich dabei auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dies hatte 2001 entschieden, dass Eltern in der Pflegeversicherung verfassungswidrig belastet werden. Gleichzeitig verpflichtete das Karlsruher Gericht den Gesetzgeber, auch die anderen Zweige der Sozialversicherung auf Familiengerechtigkeit hin zu prüfen. Bis heute wurde dies nicht umgesetzt.

Mit Blick auf das Pflegeversicherungsurteil von 2001 äußern Hoffmann und Zeh: „Die Politik hat die familiengerechte Gestaltung der Sozialversicherung sträflich vernachlässigt, obwohl die Übertragbarkeit des Urteils auf die Renten- und Krankenversicherung auf der Hand liegt. Familien mussten sich viele Jahre durch die Instanzen klagen. Jetzt liegt die Entscheidung erneut beim Bundesverfassungsgericht.“

Weiterführende Informationen

Horizontaler Vergleich 2021 – Was am Monatsende übrig bleibt

Erklärfilm: Generationenvertrag Sozialversicherung

Klageverfahren für die Beitragsgerechtigkeit von Familien

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 11.03.2021

evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) e. V. fordert kürzere Zeitabstände zwischen Erhebungen für neue Zeitverwendungsstatistik.

Der Präsident der eaf, PD Dr. Martin Bujard, nimmt heute als Sachverständiger an einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses zum Zeitverwendungserhebungsgesetz teil. Das Gesetz sieht vor, Zeitverwendungsdaten künftig in Form einer Bundesstatistik zu erheben. Die eaf begrüßt nachdrücklich die damit mögliche kontinuierliche Erfassung der Lebenswelten von Familien, kritisiert aber die ins Auge gefassten Erhebungsintervalle von zehn Jahren als zu lang.

„Aktuelle Zeitverwendungsdaten sind für eine verantwortungsvolle Familienpolitik unverzicht­bar“, mahnt Bujard, der als Forschungsdirektor beim Bundesinstitut für Bevölkerungs­forschung tätig ist. „Die Erhebung sollte künftig alle fünf Jahre erfolgen, sonst treten bei politischen Entscheidungen aktuelle Meinungsumfragen an die Stelle valider wissenschaftlicher Daten, weil diese bereits veraltet sind. Gute Familienpolitik braucht aber Einblicke in die tatsächlichen Lebensverhältnisse von Familien und darf nicht auf Wunschdenken aufsetzen. Diese Erkenntnis ist durch die Überforderung von Familien während der akuten Pandemiephasen noch einmal deutlich geworden.“

Zeitpolitik ist eine der zentralen Zukunftsfragen für Familie und Familienpolitik: Die Gesamt­arbeitsbelastung – also Familien- und Erwerbsarbeit – von Paaren mit Kindern ist signifikant höher als ohne Kinder. Insbesondere Mütter mit kleinen Kindern stemmen in der „Rushhour des Lebens“ regelmäßig 65 Wochenstunden und sind dementsprechend stressbelastet. Um familien­politische Maßnahmen in der wissenschaftlich gebotenen Güte besser evaluieren zu können, ist es nach Ansicht der eaf zudem sinnvoll, für die Zeitverwendungserhebung eine Panel-Struktur zu etablieren.

Die Stellungnahme der eaf zum Zeitverwendungserhebungsgesetz lesen Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 15.03.2021

Der Entwurf des 6. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung sei ein „Beleg des jahrelangen armutspolitischen Versagens“, kommentiert der Paritätische Wohlfahrtsverband den Entwurf des Berichts aus dem Bundesarbeitsministerium. Der Verband hat den mehrere hundert Seiten umfassenden Text einer ausführlichen Analyse unterzogen: Die Entwicklung der Ungleichheit in Deutschland sei zutiefst besorgniserregend, so die Bilanz der Expert*innen.

Der Bericht komme einem Armutszeugnis gleich, so der Paritätische. “Der Bericht belegt, wie sowohl Armut, als auch Reichtum wachsen und sich verfestigen. Die sogenannte “Mitte” schrumpft, soziale Mobilität nimmt ab und soziale Ungleichheit steigt. Und der Bericht weist nach, wie dramatisch sich die Situation gerade der Arbeitslosen verschärft hat“, so Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Der Bericht dokumentiere u.a. die dramatischen Effekte der Agenda-Reformen. Mit den sogenannten Hartz-Reformen sei die Absicherung des sozialen Risikos Erwerbslosigkeit zu einem erheblichen Teil der Fürsorge übertragen worden, die Armutsquote Erwerbsloser habe sich seitdem vervielfacht. “Erwerbslose stoßen auf ein soziales Sicherungssystem, das bereits vor Corona nicht vor Armut schützte und dessen Schwächen nun noch deutlicher zutage treten”, so Hesse.

Dass die Corona-Pandemie die Ungleichheit noch verschärft, belegt der Bericht selbst anhand aktueller Daten. “Diese Befunde können kaum überraschen, sind doch bspw. die Menschen, die zuvor schon in der Grundsicherung waren, bislang von zusätzlichen, auf ihre Bedarfe zugeschnittenen Hilfen ausgeschlossen gewesen”, so Dr. Joachim Rock, Leiter der Abteilung Arbeit, Soziales und Europa im Paritätischen Gesamtverband, die den Berichtsentwurf ausgewertet hat. “Die geplante Einmalzahlung für Grundsicherungsbeziehende von 150 Euro geht weit an den Mehrbelastungen armer Menschen in der Pandemie vorbei und kann schon gar kein Beitrag dazu sein, die sich verfestigende Ungleichheit in irgendeiner Weise positiv zu beeinflussen.”

Der Paritätische fordert eine politische Offensive zur Beseitigung von Armut. Deutschland habe es in der Hand, seine Einkommensarmut abzuschaffen und parallel für eine gute soziale Infrastruktur zu sorgen. Es klinge banal und werde bei vielen nicht gern gehört, “aber gegen Einkommensarmut, Existenzängste und mangelnde Teilhabe hilft Geld“, so Hesse. Konkret seien eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung (nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle auf mindestens 644 Euro), die Einführung einer Kindergrundsicherung sowie Reformen von Arbeitslosen- und Rentenversicherung nötig. Der Verband untermauert zudem die Forderung nach einer monatlichen Zusatzzahlung für die Dauer der Pandemie von 100 Euro für alle Menschen, die existenzsichernde Leistungen beziehen.

Eine erste Kurzanalyse des Paritätischen sowie den Entwurf des 6. Armuts- und Reichtumsberichts zum Download finden Sie hier: https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/entwurf-des-6-armuts-und-reichtumsberichts-der-bundesregierung/

Die Forderung nach einer zügigen Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro sowie angemessener Soforthilfen für arme Menschen während der Corona-Krise wird unterstützt von rund 50 Verbänden und Gewerkschaften. Mehr Infos zum Online-Appell “Corona trifft Arme extra hart – Soforthilfen jetzt!” unter www.der-paritaetische.de/coronahilfe

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 05.03.2021

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28.Oktober 2020 (XII ZB 512/19) mindert der Kinderzuschlag im Rahmen der Unterhaltsberechnung als Einkommen des Kindes in voller Höhe den Unterhaltsbedarf des Kindes. Dies wird die Unterhaltsberechnung in der Praxis maßgeblich beeinflussen – allerdings wird in Folge der Sinn und Zweck des Kinderzuschlags nicht mehr erreicht, sondern ad absurdum geführt. Denn durch das Anrechnen des Kindeszuschlags auf den Kindesunterhalt kommt dieser nicht mehr dem Haushalt zugute, in dem das Kind lebt und in dem der Anspruch auf Kinderzuschlag besteht, sondern dem Barunterhaltspflichtigen. Der Kinderzuschlag wird in der Konsequenz zu einer Sozialleistung für den gegebenenfalls sogar gutverdienenden Barunterhaltspflichtigen.

Der VAMV sieht die dringende Notwendigkeit einer gesetzlichen Klarstellung, damit der Kinderzuschlag in Einelternfamilien weiter seine armutsvermeidende Wirkung entfalten kann.

Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. (VAMV) vom 16.03.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 22. bis 24. März 2021

Veranstalter: Diakonie Deutschland und das europäische Forschungsnetzwerk Population Europe

Vom 22.-24. März 2021 finden zum ersten Mal die Berliner Demografie-Tage statt. Bei der Online-Veranstaltung spricht die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Dubravka Suica, über das Verhältnis von Demokratie und Demografie. Außerdem werden die Preisträger*innen der European Demographer Awards ausgezeichnet.

In den nächsten beiden Jahrzehnten erreichen die letzten geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer das Rentenalter. Gleichzeitig verändert sich die Zusammensetzung der Bevölkerung. Unsere Gesellschaft wird älter, aber auch vielfältiger. Daraus ergeben sich Herausforderungen an den Sozialstaat und die Zivilgesellschaft. Die europäischen Demokratien geraten vielerorts unter Druck.

Auch der Globale Süden ist davon betroffen, wo uns oftmals wichtige Daten fehlen, um die Bevölkerungsentwicklung besser zu verstehen. Diese Themenschwerpunkte diskutieren Expert*innen aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft aus aller Welt.

Bei der öffentlichen Auftaktveranstaltung am 22. März 2021 von 13.00 – 14.30 Uhr diskutieren über das Thema Generationengerechtigkeit: Anna Braam (Vorsitzende und Sprecherin der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen), Clara Mayer (Sprecherin Fridays for Future, Berlin), Franz Müntefering (Bundesminister a. D. und Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e. V.) sowie Elisabeth Niejahr (Mitglied der Geschäftsführung der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung).

Von 15.00 – 17.00 Uhr findet die Veranstaltung u. a. mit der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Stefan Zierke, sowie der Preisverleihung der European Demographer Awards statt.

Sie finden online das jeweils aktuelle Programm des Berliner Demografie-Forums, des European Demography Forum (23. März 2021) und des Global Demography Forum (24. März 2021): https://www.berlinerdemografieforum.org/bdf-2021/programm-2021/

An allen drei Tagen steht eine Simultanübersetzung ins Deutsche zur Verfügung.

Sie können sich hier anmelden: https://survey3.gwdg.de/index.php?r=survey/index&sid=616591&lang=de

Termin: 13. April 2021

Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung

Für viele deutsche Städte liegen Studien vor, die aufzeigen, dass Kinder unterschiedliche Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe haben, je nach Quartier, in dem sie leben. So spielen Kinder in ärmeren Stadtteilen seltener ein Instrument, sind seltener Mitglied eines Sportvereins, besuchen seltener ein Museum, ein Theater, eine Musikschule, eine Bibliothek oder eine Schwimmhalle. Befragungen zeigen auch, dass Kinder und Jugendliche in ärmeren Stadtteilen weniger zufrieden mit ihrem Wohnumfeld sind.

Weitgehend ungeklärt ist im Forschungsstand, inwieweit die Unterschiede zwischen den Stadtquartieren Folge von Angebots- oder Folge von Nachfrageunterschieden sind. Fehlen in ärmeren Stadtteilen infrastrukturelle Einrichtungen wie z.B. Schulen mit einer gymnasialen Oberstufe, Bibliotheken, Schwimmhallen oder gesundheitliche Einrichtungen? Werden diese Angebote zur gesellschaftlichen Teilhabe in bestimmten Stadtteilen seltener nachgefragt? Oder gibt es Zugangshürden, die eine Inanspruchnahme verhindern?

In einer aktuellen Studie, die am 13. April 2021 veröffentlicht wird, hat das Wissenschaftszentrum Berlin im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerk und der Heinrich-Böll-Stiftung für sieben deutsche Großstädte untersucht, inwieweit die soziale Lage von Quartieren mit der Verteilung von infrastrukturellen Rahmenbedingungen zusammenhängt.

Die Studie wird im Rahmen des Fachgesprächs erstmals vorgestellt. Anhand der Ergebnisse wird diskutiert, inwieweit Kinder und Jugendliche in ärmeren Stadtteilen aufgrund ihres Wohnumfeldes benachteiligt sind und weniger Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe haben. Dazu werden drei Panels mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten angeboten.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie hier.

AUS DEM ZFF

Anlässlich des im Kabinett verabschiedeten Neunten Familienberichts der Bundesregierung unterstützt das ZFF eine Vielzahl der Vorschläge der zuständigen Sachverständigenkommission und fordert alle politischen Parteien auf, die Handlungsempfehlungen zu berücksichtigen.

Der Neunte Familienbericht der Bundesregierung stellt die Eltern in den Mittelpunkt. Auf Basis der untersuchten gesellschaftlichen Anforderungen und Ansprüche an Elternschaft weist die Sachverständigenkommission auf vielfältige familienpolitische Handlungsfelder hin. Diese reichen von Empfehlungen zur Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit oder zu Bildungsgerechtigkeit bis zu Empfehlungen zur Stärkung der wirtschaftlichen Stabilität von Familien sowie zu Anpassungen verschiedener Rechtsbereiche angesichts vielfältig werdender Elternschaft.

Britta Altenkamp, Vorstandsvorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Die Erkenntnisse des Neunten Familienberichts bestärken schon lang geführte Debatten um eine gleichmäßigere elterliche Arbeitsteilung bei der Erwerbs- und Sorgearbeit: Es liegt in öffentlicher Verantwortung für gute Rahmenbedingungen zu sorgen, die Männern wie Frauen einen gleichberechtigten Zugang zu beiden Lebensbereichen verschaffen. Dafür sollten die partnerschaftlichen Ansätze im Elterngeld, wie vom Bericht empfohlen, weiter gestärkt werden und endlich „der Einstieg in den Ausstieg“ des Ehegattensplittings gewagt werden. Dieses setzt neben steuerfreien Minijobs und der beitragsfreien Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung enorme Anreize für eine asymmetrische innerfamiliäre Arbeitsteilung. Die Sachverständigenkommission hat hier gute Reformvorschläge vorgelegt, wie diese dicken Bretter nachhaltig angegangen werden können.

Wir teilen außerdem die Kritik am aktuellen System der monetären Familienförderung, dass das Ziel der Armutsbekämpfung von Kindern und Familien klar verfehlt. Die Vorschläge für eine gebündelte Leistung einer Kinderabsicherung unterstützen wir ausdrücklich! Aus Sicht des ZFF ist es an der Zeit, die Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ zu stellen und endlich durch eine sozial gerechte und auskömmliche Kindergrundsicherung zu ersetzen.“

Altenkamp ergänzt: „Angesichts der gesellschaftlichen Anforderungen, die Eltern zunehmend unter Druck setzen, hätten wir auf mehr zeitpolitische Impulse seitens der Sachverständigenkommission gehofft. Aus Sicht des ZFF ist die partnerschaftliche Weiterentwicklung des Elterngelds nur ein Einstieg in Arbeitszeitkonzepte, die den familiären Sorgeverpflichtungen im Lebensverlauf Rechnung tragen. Eine Familienarbeitszeit mit teilweisem Lohnersatz bei einer Reduzierung der Arbeitszeit im Anschluss an die Elterngeldphase oder auch für eine Pflegephase wäre ein sinnvoller weiterer Schritt.“

Das Zukunftsforum Familie wird sich intensiv mit dem Bericht auseinandersetzen und zeitnah eine umfangreichere Einschätzung vorlegen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 05.03.2021

AKTUELLES

BAGSO-Ratgeber für pflegende Angehörige in aktualisierter Neuauflage erschienen

In Deutschland sind knapp vier Millionen Menschen pflegebedürftig und etwa drei Viertel von ihnen werden zu Hause durch ihre Angehörigen versorgt. Viele pflegende Angehörige sehen sich enormen Anforderungen gegenüber. Was sind typische Herausforderungen in der häuslichen Pflege? Und wie kann ein gesunder Umgang mit den eigenen Kräften gelingen? Antworten gibt die Broschüre „Entlastung für die Seele – Ratgeber für pflegende Angehörige“ der BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen.

Der Ratgeber zeigt Möglichkeiten der Entlastung auf, gibt eine Übersicht über konkrete Unterstützungsangebote und ermutigt dazu, rechtzeitig Hilfen von außen in Anspruch zu nehmen. Ein eigenes Kapitel ist hilfreichen Angeboten in Zeiten von Corona gewidmet.

Die Broschüre „Entlastung für die Seele – Ratgeber für pflegende Angehörige“ liegt in 9., völlig aktualisierter Auflage als Druckversion und als Hörbuch vor. Die Publikation wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung erstellt. Die Neuausgabe wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Der Ratgeber kann kostenlos über die Website der BAGSO bestellt oder dort als barrierefreies pdf-Dokument heruntergeladen werden.

Zur Publikation

Das barrierefreie Hörbuch im DAISY-Format kann in der BAGSO-Geschäftsstelle per E-Mail bestellt werden:  bestellungen@bagso.de

  • Eltern haben während coronabedingter Kita- und Schulschließungen im Frühjahr und Sommer 2020 Großteil der Betreuung ihrer Kinder selbst übernommen
  • Anteil der Familien, in denen Frau die Kinderbetreuung (fast) vollständig übernimmt, hat sich von acht auf 16 Prozent in etwa verdoppelt
  • Insgesamt aber differenziertes Bild: So hat sich Anteil der Familien, in denen Sorgearbeit gleich aufgeteilt ist, in der Krise nicht signifikant verändert
  • Große Unterschiede in der Wahrnehmung: 24 Prozent der Mütter sagen, sie hätten im Lockdown Kinderbetreuung alleine gestemmt – unter den Vätern sagen dies nur fünf Prozent
  • Politik sollte finanzielle Anreize für mehr Geschlechtergerechtigkeit bei Aufteilung von Sorgearbeit setzen

Im März 2020 wurden im Zuge der Corona-Pandemie zum ersten Mal Kitas und Schulen in ganz Deutschland geschlossen. Zwar konnten Kita-Kinder und SchülerInnen nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 nach und nach wieder vor Ort betreut und beschult werden, eine Rückkehr zur Normalität gab es in den meisten Kitas und Schulen aber nicht – oder sie war nur von kurzer Dauer, bevor es zum zweiten Lockdown kam. Viele Eltern mit jungen Kindern müssen wegen dieser Einschränkungen – häufig neben ihrer Erwerbstätigkeit – die Betreuung und in Teilen auch die Bildung ihrer Kinder mehr oder weniger selbst gewährleisten. Eine Auswertung von DIW-ForscherInnen im Frühjahr 2020 hat gezeigt, dass in zwei Dritteln aller Familien mit Kindern bis zwölf Jahren der alleinerziehende Elternteil oder beide Elternteile erwerbstätig sind – das entspricht mehr als vier Millionen Haushalten.info Diese Familien sind in besonderer Weise von den Kita- und Schulschließungen betroffen. Vielfach können sie selbst auf die Betreuung durch die Großeltern als Notfalloption nicht zurückgreifen, um diese in der Pandemie keinem erhöhten Infektionsrisiko auszusetzen.info

Wie Eltern die wegfallende Bildung und Betreuung tatsächlich gewährleisten und wie sich die zusätzliche Sorgearbeit auf Mütter und Väter verteilt, ist ein in Politik, Medien und Wissenschaft viel diskutiertes Thema. Bereits im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 wurde einerseits die Befürchtung geäußert, dass Mütter die Hauptlast der zusätzlichen Bildungs- und Betreuungsaufgaben übernehmen müssten und sie daher überdurchschnittlich stark von den Maßnahmen zum Infektionsschutz betroffen seien. In diesem Zusammenhang wurde häufig von einer Retraditionalisierung der Geschlechterrollen gesprochen.info Auf der anderen Seite wurde – auch von Seiten der Wissenschaft – auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Schließung von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen dazu beitragen könnte, die Beteiligung von Vätern an der Kinderbetreuung und Hausarbeit zu steigern und damit mittelfristig einen Wandel der sozialen Normen herbeizuführen.info

Letztlich ist es eine empirische Frage, wie sich Eltern die zusätzlichen Aufgaben aufgeteilt haben. Dabei geht es neben Kinderbetreuung auch um Hausarbeit, die zum Beispiel Kochen, Putzen und andere Arbeiten umfasst, die nun in einem größeren Umfang anfallen, da die Kinder und viele Eltern mehr Zeit zu Hause verbringen.

Die vollständige Publikation finden Sie hier.

Die Corona-Krise stellt erwerbstätige Frauen und Männer zum Teil vor die gleichen Herausforderungen, teilweise sind sie aber auch unterschiedlich von den Folgen der Pandemie betroffen. Dadurch dürften sich bei der Datenlage zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland für das Corona-Jahr 2020 ambivalente Muster ergeben: Scheinbare kurzfristige Fortschritte beim Gender Pay Gap treffen auf möglicherweise dauerhafte Verschlechterungen der Arbeitszeit-Situation von erwerbstätigen Frauen. In einigen Familien verfestigt sich die traditionelle Verteilung der unbezahlten Kinderbetreuung, in anderen eröffnen sich aber auch neue Chancen für eine fairere Aufteilung. Das ergibt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Im Vorfeld des Internationalen Frauentags am 8. März beleuchtet sie neueste geschlechtsspezifische Trends bei Einkommen, Erwerbsarbeitszeiten und dem Anteil an unbezahlter Sorgearbeit.

So finden die WSI-Forscherinnen Dr. Yvonne Lott und Dr. Aline Zucco erste Indizien dafür, dass der Gender Pay Gap, also der Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen, durch die Krise etwas kleiner geworden sein könnte. Das hat allerdings wenig mit Verbesserungen bei den Fraueneinkommen zu tun, sondern damit, dass in der ersten Welle der Pandemie mehr Männer als Frauen arbeitslos geworden sind und in Kurzarbeit arbeiten mussten, weshalb Männer-Einkommen im Mittel stärker unter Druck geraten sind. Dieser Effekt könnte sich zudem mittlerweile umkehren, zumindest war die Arbeitsmarktentwicklung für Frauen im Januar 2021 schlechter als bei Männern. Außerdem erhalten verheiratete Frauen durch das Ehegattensplitting bei Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit häufig niedrigere Sozialleistungen, was ihre Einkommen schmälert.

Gleichzeitig nimmt der Rückstand von Frauen bei der durchschnittlichen Erwerbsarbeitszeit (Gender Time Gap) Pandemie-bedingt zu, auch weil vor allem Mütter ihre Arbeitszeit im Job reduzieren, um bei geschlossenen Schulen und Kitas Kinder zu betreuen. Es besteht die Gefahr, dass ein Teil dieser Arbeitszeitreduzierungen auch nach Ende der akuten Krise nicht zurückgenommen werden kann, falls Arbeitgeber an einer Aufstockung der Arbeitszeit kein Interesse haben. Die Corona-Krise offenbart neben solchen Risiken aber auch ein Potenzial für mehr Geschlechtergleichheit: Während sich bei rund 75 Prozent der Familien die (meist vorwiegend von den Frauen übernommene) Verteilung der Kinderbetreuung während des Jahres 2020 nicht veränderte und sich in manchen Familien die traditionelle Arbeitsteilung zumindest zeitweise vertiefte, haben innerhalb der letzten 12 Monate auch etliche Väter durch kürzere Arbeitszeiten oder Homeoffice mehr Zeit mit Sorgearbeit verbracht.

„In der Gesamtschau spricht vieles dafür, dass sich die bereits vor der Krise existierenden Ungleichheitsstrukturen in der Krise verschärfen und damit auch langfristig zu einer wachsenden Ungleichheit zwischen den Geschlechtern führen könnten, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird“, fasst Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, die aktuellen Trends zusammen. Dafür macht die neue Studie Vorschläge, die von Verbesserungen bei der Kinderbetreuung über Reformen der Ehegattenbesteuerung bis zu neuen Modellen verkürzter Vollzeit reichen. Denn: „Gleichzeitig können wir durch die Erfahrungen der Krise lernen, welche Faktoren eine egalitäre Verteilung der Sorgearbeit ermöglichen: mehr Arbeit im Homeoffice und ein geringeres Arbeitszeitvolumen sind wichtige Säulen einer gerechteren Geschlechterordnung“, so Kohlrausch.

Da zu Einkommen oder Arbeitszeiten im Corona-Jahr 2020 derzeit noch keine Daten der amtlichen Statistik vorliegen, werten die Gender-Expertinnen Lott und Zucco für ihre Untersuchung neben dem aktuellen internationalen Forschungsstand auch die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung intensiv aus. Dafür wurden erstmalig im April 2020 mehr als 7600 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online befragt. Weitere Befragungswellen richteten sich im Juni und im November 2020 an dieselben Personen, so dass Trends im Zeitverlauf analysiert werden können. Die Panel-Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

Die Ergebnisse im Einzelnen finden Sie hier.

Die Ergebnisse der AWO Online-Kampagne 2020 für gute Ganztagsangebote für Grundschulkinder ab 2025 sind dokumentiert.

Der AWO Bundesverband hat eine Online-Dokumentation zusammengestellt, in der alle Fachartikel, Pressemeldungen aber auch zusätzlich entstandene Interviews zum Thema der Online-Kampagne „Ganztagsbetreuung. Ganz schnell? Ganz gut?!“ veröffentlicht sind. Die Leserin und der Leser erhalten einen guten Einblick in die Vielfalt und Qualität der Fragen, die für einen Rechtsanspruch auf eine gute Ganztagsbetreuung relevant sind. 

Am 23. Juli 2020 startete die sechswöchige, bundesweite AWO Online-Kampagne „Guter Ganztag. Ganz schnell? Ganz gut?!“ mit einer „Gemeinsamen Erklärung“ mit GEW, Diakonie und DRK. Mit dieser Aktion war die Absicht verbunden, bundesweit breite Fachkreise für das Thema „Qualität im Rechtsanspruch auf Ganztags-betreuung“ zu sensibilisieren. 

Über sechs Wochen hinweg stellte die AWO gemeinsam mit vielen Kolleg*innen und Expert*innen aus Verbänden, Organisationen und Institutionen das Thema „Rechtsanspruch auf einen guten Ganztag“ in den Mittelpunkt der Kampagne. „Mit sieben (Video-)Statements, acht Pressemitteilungen, elf Blog-Artikeln und insgesamt 43 Beiträgen sowie beispielhaften Aktivitäten aus AWO Verbandsgliederungen können wir zum Schluss der Kampagne mit Stolz sagen: Die AWO bekennt sich zu einem guten Ganztag und kann dies auch benennen!“

Die Online-Dokumentation finden Sie hier.

  1. Angesichts der schwierigen Lage, in der sich junge Menschen aufgrund der Corona-Pandemie und des Lockdowns in vielen Fällen befinden, erscheint die Untersagung wesentlicher Teile der Jugendarbeit nicht verhältnismäßig. Im Hinblick darauf, dass es möglich ist, auf vielfältige Weise präsenz- bzw. kontaktlose Angebote zu unterbreiten, ist ein solches Verbot zur Verhinderung der Verbreitung der Pandemie nicht erforderlich.
  2. Eine Beschränkung auf präsenz- bzw. kontaktlose Angebote der Jugendarbeit erscheint auch bei hohen Infektionszahlen ausreichend, um mögliche Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung durch die Angebote auszuschließen. Sinken die Infektionszahlen, ist auch die Möglichkeit einer Durchführung von aufsuchender Arbeit sowie von Präsenzangeboten mit beschränkter Teilnehmerzahl unter Abstands- und Hygieneauflagen zu prüfen.
  3. Zudem ist der Verordnungsgeber bei dem Erlass von Schutzmaßnahmen gehalten, das aus dem Rechtsstaatsgebot gemäß Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Gebot der Normenbestimmtheit und der Normenklarheit zu beachten. Das bedeutet, dass die Betroffenen imstande sein müssen, die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung zu erkennen, damit sie ihr Verhalten danach ausrichten können.

Die vollständige Gutachten finden Sie hier.

Das Netzwerk Evangelischer und Katholischer Eltern-Kind-Gruppen in Deutschland (NEKED) hat kürzlich die Arbeitshilfe „Eltern-Kind-Gruppen gehen online – Wie geht das?“ veröffentlicht. Anhand vieler praktischer Beispiele zeigt die Broschüre Wege auf, wie digitale Angebote für Eltern mit Kindern bis drei Jahren und digitale Elternabende konzipiert und umgesetzt werden können. Denn derzeit können Eltern und Kindern keine Angebote vor Ort gemacht werden, obwohl junge Familien doch gerade jetzt Beratung und Begleitung benötigen: Wen kann ich fragen? Mit wem kann ich mich austauschen? Wo erfahre ich Unterstützung? Die eaf als Teil des NEKED-Netzwerks möchte die Leiter/innen in der Eltern-Kind-Arbeit und die Familien ermutigen, neue Wege zu gehen und online-Formate zu nutzen.

„Vor einem Jahr schien es für viele noch unvorstellbar, eine Eltern-Kind-Gruppe online durchzuführen. Aber die Praxis in unseren vielen Familienbildungsstätten hat gezeigt: Es geht, und zwar sehr gut. Ich freue mich sehr, dass die Erfahrungen und das Fachwissen aus dem Netzwerk nun als Arbeitshilfe auch einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden kann. Davon werden sicherlich viele Kursleiter/innen und mit ihnen viele Familien profitieren,“ so Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf.

Eltern-Kind-Gruppen als Herzstück der Familienbildung sind ein geeigneter Ort zur Stärkung der Elternkompetenzen und Eltern-Kind-Bindung. Sie bieten Begleitung, Bildung, Orientierung, Impulse zur religiösen Sozialisation und dienen der Entwicklungsförderung, sowie der Gesundheitsprävention. Die Eltern profitieren von dem Informations- und Erfahrungsaustausch, dem Gemeinschaftserlebnis und der Netzwerkbildung. Sie erfahren Entlastung und Selbstvergewisserung für den Familienalltag.

Download Arbeitshilfe „Eltern-Kind-Gruppen gehen online – Wie geht das?“

Viele Anregungen und praktische Beispiele stehen auch als Video auf dem YouTube-Kanal des Forums Familienbildung zur Verfügung.

In Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflege werden erste Grundsteine für demokratische Bildung gelegt. „Kinderrechte, Demokratiebildung und Partizipation sollten daher fester Bestandteil des pädagogischen Alltags sein…“ – so der 16. Kinder- und Jugendbericht 2020 (BMFSFJ, S. 16).

Was bedeutet dies konkret? Wie sind diese Rechte entstanden und welche Bedeutung haben sie heute? Welche Verantwortung haben Träger und Einrichtungen gegenüber der Gesellschaft? Was hat das „Bild vom Kind“ mit Kinderrechten zu tun und welche Bedeutung hat die Beziehung zwischen Pädagog*innen und Kindern? Diesen und weiteren Fragen gehen die einzelnen Beiträge der zweisprachigen Broschüre aus unterschiedlichen Perspektiven nach – bis hin zu einem konkreten Beispiel zur Umsetzung in einer Berliner Kindertageseinrichtung.

Die Broschüre liegt zweisprachig vor und kann hier bestellt werden.

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ZFF-Info

ZFF-Info 01/2021

SCHWERPUNKT I: Corona-Krise

Anlässlich der gestern im Kabinett beschlossene Ausweitung der Kinderkranktage begrüßt das ZFF die vorgesehene Regelung, weist jedoch darauf hin, dass diesbezüglich noch Unklarheiten bestehen, was viele Eltern zusätzlich belastet.

Für das Jahr 2021 soll das Kinderkrankgeld um 10 Tage pro Elternteil und 20 Tage für Alleinerziehende ausgeweitet werden. Die Höhe des Krankengeldes beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Der Anspruch soll unabhängig davon bestehen, ob Erwerbstätigkeit auch im Homeoffice geleistet werden kann oder die Schulen und Kitas geschlossen oder nur eingeschränkt nutzbar sind. Die Regelung gilt für Kinder bis zum 12. Lebensjahr.

Britta Altenkamp (Vorsitzende des ZFF) erklärt dazu: „Das ZFF begrüßt den Beschluss der Bundesregierung, die Kinderkrankentage auszuweiten und somit einen individuellen Anspruch je Elternteil als Lohnfortzahlung zu gewähren, wenn Kinder während des Lockdowns zu Hause betreut werden müssen. Die Politik hat endlich verstanden, dass Homeoffice, Home-Schooling und die Betreuung von Kita-Kindern nicht miteinander vereinbar sind.

Ratlos lässt uns aber die Vorgehensweise der Bundesregierung zurück, wenn es um eine verlässliche und rechtzeitige Kommunikation der neuen Regelung geht. Es ist bald Mitte Januar und viele Eltern wissen noch nicht, wo und wie sie die Krankentage beantragen können. Auch fragen sich viele Eltern, was passiert, wenn die Krankentage aufgebraucht sind, Kinder aber im Herbst wirklich krank sind und die Pflege der Eltern benötigen.“

Britta Altenkamp fährt fort: „Darüber hinaus möchten wir zum wiederholten Male darauf hinweisen, dass uns bei den meisten Regelungen, die in der Corona-Pandemie in einem Hau-Ruck Verfahren verabschiedet wurden, die gleichstellungspolitische Wachsamkeit fehlt. Auch Kinderkrankentage werden bislang weit überwiegend von Müttern in Anspruch genommen. Die bisherigen Erfahrungen in dieser Krise zeigen, dass sich das auch jetzt nicht ändern wird. Eine Corona-Teilzeit mit Lohnausgleich oder eine Familienarbeitszeit wären hier die richtigen Impulse, um die gleichberechtigte Übernahme von Sorgearbeit zu unterstützen.“

Das ZFF-Positionspapier Familien auch in Krisenzeiten gut absichern! Positionspapier des Zukunftsforums Familie e.V. (ZFF) zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 13.01.2021

Anlässlich der Verlängerung des Corona-Lockdowns fordert das ZFF einen klaren Fahrplan zur Unterstützung von Familien, der auch die längerfristige Absicherung über den Januar hinaus umfasst.

Vor dem Hintergrund des anhaltend hohen Infektionsgeschehen haben die Bundesregierung und die Bundesländer den seit Mitte Dezember bestehenden Lockdown bis Ende Januar verlängert und teilweise verschärft. Auch Kitas und Schulen sollen in diesem Zeitraum geschlossen sein oder je nach Landesregelung nur eingeschränkt zur Verfügung stehen.

Britta Altenkamp (Vorsitzende des ZFF) erklärt dazu: „Es ist absolut richtig, die anhaltend hohen Infektionszahlen nachhaltig zu reduzieren. Angesichts der fortdauernden Schließung von Kitas und Schulen begrüßen wir die Entscheidung, zehn zusätzliche Kinderkranktage pro Elternteil bzw. 20 für Alleinerziehende zu gewähren. Diese sollen auch dann genutzt werden können, wenn Kinder pandemiebedingt zu Hause betreut werden. Wird diese Regelung klar kommuniziert und tatsächlich einfach zugänglich gemacht, kann sie Eltern in dieser Krise entlasten!“

Britta Altenkamp fährt fort: „Eine Notfallregelung, die zwar tageweise freistellt, jedoch mit Lohneibußen und über den eigentlich systemfremden Umweg der Krankenkassen, ist keine nachhaltige und verlässliche Unterstützung von Familien. Gleichzeitig fehlt gleichstellungspolitische Wachsamkeit, denn Kinderkrankentage werden bislang weit überwiegend von Müttern in Anspruch genommen und die bisherigen Erfahrungen in dieser Krise zeigen, dass sich das auch jetzt nicht ändern wird. Zentral gilt es daher, diese  Ungerechtigkeit zu bekämpfen, denn Mütter dürfen nicht weiter die Hauptlast der Vereinbarkeit von Familie und Beruf tragen. Eine Corona-Teilzeit mit Lohnausgleich oder eine Familienarbeitszeit wären hier die richtigen Impulse, um die gleichberechtigte Übernahme von Sorgearbeit zu unterstützen.

Zudem müssen die Bedarfe von armen und von Armut bedrohten Familien endlich ernst genommen werden. Es braucht dringend Maßnahmen, die ihren Kindern ein Aufwachsen frei von Mangel und Entbehrung in der Krise und darüber hinaus ermöglicht. Dazu gehören ein Nachteilsausgleich im SGB II, XII und dem Asylbewerber-Leistungsgesetz, die sofortige Auszahlung des Betrages für Mittagessen, welches sonst im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaketes übernommen wird sowie die zusätzliche Unterstützung für die Anschaffung digitaler Endgeräte für Schüler*innen überall dort, wo der Digitalpakt Schule noch nicht greift.“

Das ZFF-Positionspapier „Familien auch in Krisenzeiten gut absichern!“ zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 08.01.2021

Anlässlich der weiterhin hohen Infektionszahlen positioniert sich das ZFF mit einem umfangreichen Forderungspapier zu den sozialen Folgen der Pandemie und schlägt politische Handlungsempfehlungen vor. Vor allem für Familien, Kinder und Jugendliche ist und bleibt die Pandemie ein enormer Kraftakt, der gegenüber wirtschaftlichen Interessen oft wenig Beachtung findet.

Trotz eines bundesweiten Teil-Lockdowns, verbunden mit Kontaktbeschränkungen, geschlossenen Restaurants und Kultureinrichtungen geht das Infektionsgeschehen nicht zurück und die Todesfälle aufgrund einer Corona-Infektion steigen rasant. Vor diesem Hintergrund rufen Wissenschaft und Politik dazu auf, einen harten Lockdown umzusetzen und neben den bereits getroffenen Maßnahmen auch die Schulen, Kitas und den Einzelhandel bis zum 10. Januar 2021 geschlossen zu halten.

Britta Altenkamp (Vorsitzende des ZFF) erklärt dazu: „Es ist richtig und wichtig, jetzt die Weichen für eine dringend notwendige Reduzierung der Infektionszahlen zu stellen. Gleichzeitig wird es für viele Familien schwierig sein, die verlängerten Schul- und Kitaferien so kurzfristig und ohne staatliche Hilfe abzufangen. Wenn tatsächlich ein harter Lockdown umgesetzt wird, muss dieser mit entsprechenden familienpolitischen Maßnahmen, wie zum Beispiel zusätzlichen Urlaubstagen für Eltern, flankiert werden. Denn viele Eltern haben ihren Urlaubsanspruch in diesem Jahr bereits aufgebraucht und wenn das nächste Jahr gleich mit Urlaub beginnt, so fehlen diese Tage bei der dringend benötigten Erholung nach dem Ende der Pandemie. Aber auch die Rechte und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen nach Bildung, Schutz und Freizeit müssen gehört werden. Es drohen ansonsten weitere Überforderungen und Benachteiligungen.“

Altenkamp fährt fort: „Aus Sicht des ZFF ist es zentral, auf die sozialen Begleiterscheinungen der Pandemie hinzuweisen. Das Corona-Virus muss bekämpft werden, aber gleichzeitig dürfen die strukturellen Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft nicht weiter wachsen: Mütter dürfen nicht weiter die Hauptlast der Vereinbarkeit von Familie und Beruf tragen, Kinder aus armen Familien dürfen nicht weiter abgehängt, die Rechte von Kindern und Jugendlichen auf Beteiligung müssen endlich ernst genommen werden und auch Familien, die vor Krieg und Folter fliehen, haben ein Recht, sich in Sicherheit zu wissen. In unserem Positionspapier fassen wir unsere Überlegungen zur Krisenpolitik der letzten Monate zusammen und leiten daraus politische Forderungen für Kinder und Jugendliche, für Mütter und Väter, aber auch für pflegende Angehörige ab. Dabei sehen wir deutlich: Die Lücken im Hilfesystem und den Rettungsschirmen bleiben vielfach offen und müssen dringend geschlossen werden. Das gilt für Krisenzeiten, wie wir sie gerade erleben, aber auch für die Zukunft unserer Gesellschaft!“

Das ZFF-Positionspapier „Familien auch in Krisenzeiten gut absichern! Positionspapier des Zukunftsforums Familie e.V. (ZFF) zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 11.12.2020

Geld für die Betreuung auch bei der Empfehlung, die Kinder zu Hause zu betreuen

Das Kabinett hat am heutigen Dienstag eine Formulierungshilfe für die Ausweitung des Kinderkrankengelds beschlossen. Dazu erklären die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und der familienpolitische Sprecher Marcus Weinberg:

Nadine Schön: „Die Corona-Pandemie und die Verlängerung des Lockdowns stellen Eltern von Kita- und Schulkindern vor große Herausforderungen. Schulen und Kitas sind geschlossen oder setzen die Präsenzpflicht aus und Kitas bieten lediglich eine Notbetreuung an. Oder es gibt die dringende Empfehlung an die Eltern, ihre Kinder trotz geöffneter Kitas zuhause zu betreuen.

In dieser Situation lassen wir die Eltern nicht allein. In all diesen Fällen können Eltern für die Betreuung ihrer kleinen Kinder ab sofort Kinderkrankentage bei der GKV beantragen. Und zwar insgesamt 20 Tage pro Elternteil. Und das ganz unbürokratisch. Auch dann, wenn sie ihre Arbeit grundsätzlich auch im Homeoffice erledigen könnten. Damit schaffen wir eine echte Entlastung für die Eltern, die schon seit Monaten Enormes leisten.“

Marcus Weinberg: „Mit der Ausweitung der Kinderkrankentage setzen wir für Eltern, die ihre Kinder in diesen schwierigen Zeiten zu Hause betreuen, ein ganz wichtiges familienpolitisches Signal: Wir greifen den Eltern mit dem Kinderkrankengeld nicht nur finanziell unter die Arme, wir entlasten sie auch von der – fast nicht machbaren – Herausforderung, Homeoffice, Homeschooling und Betreuung von kleineren Kindern unter einen Hut bekommen zu müssen.

Die neue Kinderkrankengeldregelung sieht vor, dass jedes Elternteil pro Kind im Jahr 2021 insgesamt 20 Arbeitstage in Anspruch nehmen kann, wenn es sein Kind zu Hause betreut. Alleinerziehende können 40 Arbeitstage Kinderkrankengeld in Anspruch nehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Eltern im Home-Office arbeiten könnten. Auch Überstunden und Urlaub müssen nicht vorrangig in Anspruch genommen werden. Kinderkrankengeld kann auch dann in Anspruch genommen werden, wenn die Kita zwar geöffnet ist, aber aus Gründen des Gesundheitsschutzes die dringende Empfehlung seitens der Ämter ausgesprochen wurde, die Kinder zuhause zu betreuen. Familien brauchen für die kommenden Wochen die Sicherheit, dass es eine klare und unbürokratische Unterstützung für ihre Familienarbeit gibt. Mögliche Unklarheiten haben wir jetzt beseitigt. Eine gute Lösung für und im Sinne unserer Familien.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 12.01.2021

Zum ersten Entwurf zur Ausweitung des Kinderkrankengeldes erklären Maria Klein-Schmeink, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Gesundheitspolitik, und Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Der erste Entwurf zur Ausweitung des Kinderkrankengeldes enthält positive Neuerungen, bleibt aber insgesamt hinter den Erfordernissen zurück. Die Klarstellung, dass der Anspruch auch besteht, wenn Eltern im Homeoffice arbeiten, ist essentiell und somit zu begrüßen. Ebenso wichtig ist der Ausgleich aus dem Bundeshaushalt. An anderen Stellen bleibt der Vorschlag aber unzureichend.

Eltern müssen auch dann einen Anspruch erhalten, wenn keine Kita-Schließungen erfolgen, behördlich aber dazu geraten wird, die Kinder möglichst nicht hinzuschicken. Auch betrifft die Regelung Privatversicherte nicht, so dass diese nur auf die unzureichend ausgestaltete Elternentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) bauen können. Nicht zuletzt ist der Zeitraum von 20 Tagen pro Elternteil recht knapp bemessen. Je nach Pandemieverlauf könnte schon recht bald eine Verlängerung der Regelung notwendig werden. Schon die jetzt zur Umsetzung stehende Regelung kommt reichlich spät: Noch im Dezember hatte die Koalition an der Elternentschädigung nach Infektionsschutzgesetz herumgebastelt und einen Sonderurlaub oder den Weg über das Kinderkrankengeld ausgeschlossen. Jetzt wird mi t heißer Nadel an letzterem gestrickt. Die Umsetzung sollte nun schnellstmöglich erfolgen, damit Eltern Rechts- und Planungssicherheit haben.

Unverständlich ist, dass die Koalition die Gruppe der Selbständigen außen vor lässt. Auch Selbständige in der gesetzlichen Krankenversicherung müssen vom ersten Tag an einen Anspruch auf Kinderkrankengeld haben, wie wir es in unserem Antrag „Eltern mit kranken Kindern besser unterstützen – Lohnfortzahlungsanspruch und Kinderkrankengeld lebensnah reformieren“ fordern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 11.01.2021

„Es ist richtig, dass die Präsenzpflicht weiterhin aufgehoben bleibt, auch wenn wir uns deutlich verbindlichere Beschlüsse gewünscht haben, wie mit Schulen in der Pandemie verfahren werden soll. Die Länder dürfen sich weiterhin von Woche zu Woche hangeln und ihre eigenen Wege gehen, obwohl Schulen, Eltern und fast alle Bildungsverbände nahezu einstimmig fordern, dass es eine Orientierung an einem inzidenzzahlenbasierten Stufenplan braucht, um Planungssicherheit zu gewinnen. Der Bund muss die jetzt gewonnene Zeit unbedingt dafür nutzen, diese Planungssicherheit wenigstens für den Rest des Schuljahres herzustellen“, kommentiert Birke Bull-Bischoff, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, die Ergebnisse des gestrigen Bund-Länder-Gesprächs zum Umgang mit der Pandemie an den Schulen. Bull-Bischoff weiter:

„Außerdem müssen Bund und Länder dafür sorgen, dass die digitale Ausstattung mit höchster Priorität vorangetrieben wird. Wir begrüßen, dass es einen höheren Druck auf Arbeitgeber gibt, Home-Office zu ermöglich. Dabei darf es allerdings nicht bleiben. Um Eltern zu unterstützen, die nun Home-Schooling und Home-Office vereinbaren müssen, fordern wir eine entsprechende Ausstattung des Home-Office durch die Arbeitgeber und eine vergütete Freistellung, so lang diese Ausstattung nicht erfolgt ist. Arbeitszeiten im Home-Office müssen für Eltern auf bis zu 50 Prozent bei voller Vergütung angepasst werden können. Weiterhin fordern wir die Bundesregierung auf, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, um für Eltern zusätzliche Möglichkeiten zu schaffen, bezahlten Urlaub zu nehmen.

Bereits im November forderte DIE LINKE außerdem in einem Antrag die bedarfsdeckende, niedrigschwellige und bürokratiearme Förderung bei der Anschaffung von FFP2-Masken, CO2-Messgeräten und geeigneten und sicheren mobilen Raumluftfiltersystemen, sowie von Plexiglas-Schutzwänden und Schutzkleidung für Förder- und inklusive Schulen. Weiterhin soll es schnelle, kostenfreie Testverfahren für Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte geben. Die Mittel des DigitalPakt Schule müssen aufgestockt und verstetigt werden, um Schulen insbesondere mit quelloffenen, mindestens aber interoperablen datenschutzgeprüften Lehr- und Lernplattformen, OER-Material und Kommunikationssystemen auszustatten. Dazu braucht es einen geräteunabhängigen Bildungstarif mit unbegrenztem Volumen und ohne Beschränkung auf bestimmte Inhalte, um Netzneutralität und Datenschutz zu gewährleisten und Überwachungen zu verhindern. Der Zugang zum Netz muss kurzfristig insbesondere für Schüler aus armen Haushalten sichergestellt sein. Ergänzend fordert die Fraktion einen interdisziplinären Beirat für die Kultusministerkonferenz (KMK) und weitere Forschung zum Infektionsgeschehen an der Schule.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 20.01.2021

„Die Erhöhung der Kinderkrankentage ist ein Schritt in die richtige Richtung. Doch es ist wieder keine langfristige Lösung für Familien, und sie gilt wieder nicht für alle Eltern, sondern nur für gesetzlich Versicherte. Schon jetzt ist absehbar, dass die Tage nicht für das ganze Jahr reichen. Deswegen ist es an der Zeit, endlich zusätzlichen bezahlten Urlaubsanspruch zu schaffen und damit die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen stärker in die Pflicht zu nehmen“, sagt Katrin Werner, familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Werner weiter:

„Bis jetzt wurde die Krise zu großen Teilen auf dem Rücken von Familien und Kindern ausgetragen. Viel zu lange standen sie nicht ausreichend im Fokus der Bundesregierung, und viele Eltern gehen schon seit Monaten auf dem Zahnfleisch. Deswegen ist es auch eine Frage der Anerkennung und Würdigung, allen Familien langfristige Lösungen zu bieten, sie zu entlasten und Sorgen zu nehmen. Nach der Pandemie braucht es eine grundlegende Reform, um endlich eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 14.01.2021

Eltern haben Anspruch auf Entschädigung, wenn aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Kitaferien angeordnet oder verlängert werden oder die Präsenzpflicht in der Schule ausgesetzt wird. Einem entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages hat der Bundesrat am 18. Dezember 2020 zugestimmt. Die entsprechende Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes hatte der Bundestag kurzfristig an das Gesetz über eine Corona-Sonderzahlung für Besoldung-und Wehrsoldempfänger angefügt.

Voraussetzung: keine andere Betreuungsmöglichkeit

Die Regelung sieht eine Entschädigung vor, wenn Eltern ihre Kinder aufgrund verlängerter Schul- oder Betriebsferien, ausgesetztem Präsenzunterricht oder Hybridunterricht zuhause betreuen müssen. Voraussetzung ist, dass keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind besteht. Anspruchsberechtigt sind Sorgeberechtigte von Kindern, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die behindert und hilfebedürftig sind.

Entschädigung für insgesamt 20 Wochen

Die betroffenen Eltern haben Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 67 Prozent des Verdienstausfalls, maximal jedoch von 2.016 Euro monatlich. Der Anspruch gilt für insgesamt 20 Wochen: jeweils zehn Wochen für Mütter und zehn Wochen für Väter – beziehungsweise 20 Wochen für Alleinerziehende. Der Maximalzeitraum kann über mehrere Monate verteilt werden.

Wie es weitergeht

Die Bundesregierung leitet das Gesetz dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zu und verkündet den Text danach im Bundesgesetzblatt. Die Regelung soll dann mit Wirkung zum 16. Dezember 2020 in Kraft treten und damit bereits den begonnen Lockdown erfassen.

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates am 18.12.2020

Für Schulen und Kitas in der Pandemie soll Planungssicherheit geschaffen werden. Das fordert die Fraktion die Linke in einem Antrag (19/25799). Dazu sollen unverzüglich in Zusammenarbeit mit den Ländern Räume und Betreuungspersonal für diejenigen Schülerinnen und Schüler sowie Kitakinder bereitgestellt werden, die zuhause nicht betreut werden können. Zudem soll ab einer Inzidenz von 50 Infektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern oder weniger der Stufenplan des Robert Koch-Instituts (RKI) für Schulen und Kitas verbindlich anerkannt und dauerhaft verpflichtend angewendet werden. Tests und Prüfungen sollen so lang ausgesetzt werden, bis Unterricht im Wechselmodell oder voller Präsenz unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen laut RKI wieder möglich ist. Dazu gehören nach Vorstellungen der Abgeordneten auch Abschlussprüfungen. Abschlussnoten sollen auf Basis bisher erbrachter Leistungen ermittelt werden. Ferner soll ein Gesetzesentwurf vorgelegt werden, um für Eltern zur Kinderbetreuung während der pandemiebedingten Schließung und des eingeschränkten Betriebs von Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, der Aussetzung der Präsenzpflicht in der Schule beziehungsweise des eingeschränkten Zugangs, zusätzliche Möglichkeiten zu schaffen, bezahlten Urlaub zu nehmen. So sollen Arbeitgeber stärker in die Pflicht genommen werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 64 vom 13.01.2021

Die FDP-Fraktion fordert in einem Antrag (19/25791), mit regional angepassten Pandemiemaßnahmen und mobilen Luftreinigungsgeräten das Schuljahr zu retten. Danach soll zusammen mit dem Robert Koch-Institut (RKI) ein bundesweit einheitliches und transparentes Richtwerte-Spektrum über den einfachen Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen hinaus für die unterschiedlichen Unterrichtsszenarien vorgelegt werden. Dieses Richtwert-Spektrum soll den Schulen sowie lokalen Gesundheits- und Ordnungsämtern regional angepasstes Handeln erlauben und so Klarheit für Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern schaffen. Ferner soll nach den Vorstellungen der Antragsteller passgenau in mobile Luftreinigungsgeräte für Klassenzimmer investiert werden und Schulen und Kitas sollen kostenlose Schnelltests und FFP2-Masken zur Verfügung gestellt werden. Bei dem Digitalpakt Schule solle zudem die gesamte Beantragungs-Bürokratie in Form eines Moratoriums ausgesetzt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 64 vom 13.01.2021

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert, Betriebe zur Einrichtung von Homeoffice-Arbeitsplätzen zu verpflichten. In einem Antrag (19/25798) schreiben die Abgeordneten: „Entsprechend ist es kontraproduktiv, parallel zu den massiven Einschränkungen für einige, andere – höchstwahrscheinlich sehr infektionsrelevante – Bereiche nicht mit der gleichen Konsequenz zu beschränken. Das gilt insbesondere für Büroarbeit, wo es eine Vielzahl an Tätigkeiten gibt, die auch ohne unverhältnismäßige Nachteile im Homeoffice geleistet werden können.“

Sie fordern deshalb Änderungen im Arbeitsschutzgesetz, die Unternehmen während der pandemischen Notlage verpflichten, ihren Beschäftigten Homeoffice zu ermöglichen, soweit es die betrieblichen Anforderungen zulassen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung soll mit Bußgeld geahndet werden. Ferner sieht der Antrag vor, Entschädigungs- und Unterstützungsleistungen für Eltern betreuungsbedürftiger Kinder planbar zu regeln.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 60 vom 13.01.2021

Die durchschnittliche Erwerbs-Arbeitszeit von Frauen ist im Zuge der Corona-Krise stärker gesunken als die von Männern. Dadurch hat sich die Schere bei den geschlechtsspezifischen Erwerbs-Arbeitszeiten geöffnet: Vor Ausbruch der Pandemie arbeiteten Frauen im Durchschnitt fünf Stunden pro Woche weniger als Männer in einem bezahlten Job. Im Herbst 2020 betrug die Differenz bei den tatsächlichen Arbeitszeiten sechs Stunden, damit war sie kaum kleiner als während des ersten Lockdowns im Frühjahr. Bei Erwerbstätigen mit betreuungsbedürftigen Kindern lag die Differenz zwischen Männern und Frauen im Herbst bei elf Stunden pro Woche, vor der Krise waren es zehn und während des ersten Lockdowns im Frühjahr 12 Stunden (Details unten). Das ergeben neue Daten aus der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung vom November. Eine Ursache für den während der Krise gewachsenen Abstand dürfte sein, dass vor allem Frauen zusätzliche Sorgearbeit übernommen haben, etwa in Kinderbetreuung oder der Pflege von Angehörigen, und dafür im Beruf kürzertreten mussten. Dass sich die zusätzliche Lücke im Herbst nicht wieder geschlossen hat, könnte auch damit zusammenhängen dass im November erstaunlich wenige Erwerbstätige vorwiegend im Homeoffice gearbeitet haben: Zu Beginn des „Lockdowns Light“ Anfang des Monats taten das 14 Prozent, während der ersten großen Corona-Welle im April waren es 27 Prozent.

Durch den aktuell verschärften Lockdown Zwei dürfte der Rückstand der Frauen bei der bezahlten Arbeitszeit noch einmal wachsen, vermutet Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Denn durch die verlängerten Weihnachtsferien von Schulen und Kitas entsteht erneut erheblicher zusätzlicher Betreuungsbedarf. Hinzu kommt, dass mit dem Einzelhandel eine Branche mit vielen weiblichen Beschäftigten stark von Schließungen betroffen ist. Daher könnten jetzt mehr Frauen als Männer in Kurzarbeit wechseln. Diese sichert zwar zahlreiche Jobs, sie bringt Frauen aber oft noch empfindlichere finanzielle Einbußen als Männern, zeigen die neuen Daten ebenfalls: Von den männlichen Kurzarbeitenden erhielten im November 46 Prozent eine Aufstockung des gesetzlichen Kurzarbeitsgeldes (KUG). Unter den Frauen in Kurzarbeit waren es nur 36 Prozent (siehe Grafik 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Deutlich seltener als im Durchschnitt aller Befragter (41 Prozent) wird das KUG auch bei Beschäftigten ohne Tarifvertrag aufgestockt oder bei Menschen, die nicht in einer Gewerkschaft sind.

Für die Erwerbspersonenbefragung wurden im November mehr als 6100 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online befragt. Dieselben Personen hatten bereits im April und im Juni Auskunft gegeben, so dass Trends im Zeitverlauf analysiert werden können. Die Panel-Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

65 Prozent mit Kindern empfinden familiäre Situation als belastend

„Während der Feiertage haben es viele Familien sicherlich leichter als Alleinstehende – Einsamkeit ist für sie in Zeiten des Lockdowns ein geringeres Problem. Aber generell bringt die Corona-Krise für Familien große Herausforderungen“, sagt WSI-Direktorin Kohlrausch, die auch Professorin für gesellschaftliche Transformation an der Universität Paderborn ist. „Das macht unsere Befragung deutlich: 65 Prozent der Befragten mit betreuungsbedürftigen Kindern im Haushalt empfinden ihre familiäre Situation als belastend. Bei den Alleinerziehenden sagen das sogar 71 Prozent. Unter den Befragten ohne Kinder sind es 48 Prozent.“ Zwar erleichtere die Möglichkeit, mobil zu arbeiten, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gerade in der Pandemie. „Aber beides im Alltag zu verbinden, ist oft anstrengend. Zudem zeigt die neue Befragungswelle, dass im November zunächst überraschend wenige Erwerbstätige überwiegend im Homeoffice waren – trotz vorangegangener Regierungs-Appelle an die Arbeitgeber“, sagt die Wissenschaftlerin.

Dabei übernehmen Frauen nach wie vor deutlich mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Im November gaben 66 Prozent der befragten erwerbstätigen Frauen mit Kind/Kindern, die in einer Partnerschaft lebten, an, den größeren Teil der Kinderbetreuung zu übernehmen. Sieben Prozent sahen den Hauptpart bei ihrem Partner, 27 Prozent sprachen von einer Gleichverteilung der Sorgearbeit. Die befragten Männer sahen das mit Abweichungen ähnlich (siehe Grafik 2 in der pdf-Version). „Damit war die Ungleichverteilung bei der Kinderbetreuung wieder fast so groß wie vor Ausbruch der Pandemie“, sagt Kohlrausch.

Bei Erwerbstätigen mit Kindern liegt der wöchentliche Unterschied der Erwerbs-Arbeitszeiten jetzt bei elf Stunden

Nach wie vor schlägt die Krise auf die Erwerbs-Arbeitszeit von Männern und, noch etwas stärker, von Frauen durch: Vor Ausbruch der Pandemie arbeiteten die befragten Männer im Durchschnitt rund 40 Stunden pro Woche im bezahlten Job, die Frauen rund 35 (siehe auch Grafik 3). Während des ersten Lockdowns im April erreichte die durchschnittliche tatsächliche Arbeitszeit bei beiden Geschlechtern mit 34 bzw. 28 Wochenstunden den Tiefpunkt, was sowohl auf weitverbreitete Kurzarbeit als auch auf hohen zusätzlichen Betreuungsbedarf bei geschlossenen Schulen und Kitas zurückzuführen ist. Seitdem ist die Arbeitszeit sowohl bei Männern als auch bei Frauen wieder deutlich gestiegen, doch auch im November (als nach der tatsächlichen Arbeitszeit von Oktober gefragt wurde) hinkten die weiblichen Erwerbstätigen bei der Normalisierung weiterhin etwas hinterher: Bei Frauen betrug die durchschnittliche Arbeitszeit rund 32 Stunden in der Woche, bei Männern 38 Stunden.

Deutlich größer sind die Abstände bei Erwerbstätigen mit betreuungsbedürftigen Kindern: Vor der Krise arbeiteten hier die Männer im Schnitt 41 Stunden pro Woche, die Frauen wegen weitverbreiteter Teilzeit durchschnittlich 31 Stunden. Im April waren die tatsächlichen Erwerbs-Arbeitszeiten auf 36 bzw. 24 Stunden pro Woche gesunken und die geschlechtsspezifische Differenz parallel von zehn auf 12 Stunden angewachsen. Im Oktober waren die Männer 39 Stunden wöchentlich mit Erwerbsarbeit beschäftigt, die Frauen 28 Stunden, die Differenz betrug somit noch 11 Stunden. „Der zusätzliche durchschnittliche Rückstand der Frauen von einer Stunde in den vergleichsweise ruhigen Herbstmonaten ist erheblich“, sagt WSI-Direktorin Kohlrausch. „Darin dürfte sich einerseits spiegeln, dass trotz generell geöffneter Schulen und Kitas wegen lokaler Corona-Ausbrüche individuell immer wieder Betreuungsbedarf entstanden sein wird. Andererseits könnte ein Teil der Frauen, die ihre Arbeitszeit im Lockdown deutlich reduzieren mussten, Schwierigkeiten haben, zu ihrer alten Arbeitszeit zurückkehren zu können. Es besteht die Gefahr, dass manche Arbeitgeber sagen: Einmal reduziert, immer reduziert.“      

Von Kurzarbeit waren Frauen und Männer im November in fast identischem Umfang betroffen: Unter den befragten männlichen Erwerbstätigen arbeiteten sieben Prozent kurz, bei den weiblichen acht Prozent. Spürbare Unterschiede gab es hingegen bei den finanziellen Folgen der Kurzarbeit. Denn zum einen verzeichnen erwerbstätige Frauen im Schnitt niedrigere Einkommen. Zum anderen erhielten die befragten Frauen seltener eine Aufstockung des Kurzarbeitsgeldes über das gesetzlich vorgesehene Niveau hinaus: Während davon im November 46 Prozent der kurzarbeitenden Männer profitierten, waren es unter den Kurzarbeiterinnen lediglich 36 Prozent.

Ein möglicher Grund dafür ist nach Kohlrauschs Analyse, dass Frauen seltener nach Tarifvertrag bezahlt werden, was bei der faktischen Höhe des Kurzarbeitsgeldes einen erheblichen Unterschied macht. Denn in zahlreichen Branchen wurden tarifliche Regelungen zu Aufstockungen abgeschlossen. Dementsprechend erhielten von den Befragten in tarifgebundenen Betrieben im November 52 Prozent eine Aufstockung, in Betrieben ohne Tarifvertrag waren es nur 27 Prozent. Auch eine zweite Korrelation falle ins Auge, so Kohlrausch: Von den Gewerkschaftsmitgliedern im Befragungspanel erhielten 65 Prozent ein aufgestocktes Kurzarbeitsgeld, unter den Nicht-Mitgliedern lediglich 34 Prozent. Und weibliche Erwerbstätige sind nach wie vor seltener organisiert als männliche.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 29.12.2020

Mit dem Beschluss der Bundeskanzlerin und den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder werden die aktuell gültigen Maßnahmen in der Kindertagesbetreuung bis zum 14. Februar fortgesetzt und verschärft. Aus Sicht der Diakonie Deutschland ist dies angesichts der nach wie vor hohen Infektionszahlen sinnvoll. Eine gemeinsame Linie aller Bundesländer, die sich an den jeweiligen Infektionszahlen vor Ort orientiert, ist jedoch nach wie vor nicht in Sicht.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Viele Eltern bringen ihre Kinder nach wie vor in die Kita, weil sie keine Alternative haben.

Um die Infektionszahlen zu senken und auch Mitarbeitende und Familien keinen Risiken auszusetzen, sind weitere Einschränkungen beschlossen worden. Das ist notwendig, darf aber Familien und Fachkräfte nicht immer stärker belasten. Sie sind bereits am Limit. Kindertagesbetreuung, Kindeswohl und Kinderschutz sind – unter Einhaltung der Hygienebedingungen – weiterhin unbedingt im Blick zu behalten und Notbetreuung aufrecht zu erhalten.

Wenn die Kindertagesbetreuung weiter eingeschränkt wird und in Notbetreuung ist, müssen Familien in dieser schwierigen Situation besser unterstützt werden. Hier sind gerade Arbeitgeber gefordert, Entgegenkommen zu zeigen. Es müssen schon jetzt Strategien entwickelt werden, damit Bildungsbenachteiligungen bei Kindern und Jugendlichen ausgeglichen und kompensiert werden können. Wenn Familien eine Perspektive sehen, kommen sie besser durch den harten Lockdown-Winter.“

Die Diakonie hatte mehrfach einen kohärenten Corona-Fahrplan für Kitas gefordert, der den Familien und den Einrichtungen eine klare Perspektive eröffnet. Neben Notbetreuung muss es eine flexible und unbürokratische Unterstützung der Eltern geben. Auch müssen Kitas zwingend darin unterstützt werden, die Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen auch tatsächlich umsetzen zu können – zum Beispiel durch konstant kleinere Gruppen und ausreichendes Hygienematerial und Lüftungssysteme.

Weitere Informationen: www.diakonie.de/kinderbetreuung

Nachgefragt: https://www.diakonie.de/journal/nachgefragt-kinderbetreuung-muss-pandemiefest-sein-familien-und-fachkraefte-brauchen-unterstuetzung

https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 20.01.2021

Zusätzliche Kinderkrankentage für die Kinderbetreuung zu Hause während des Lockdowns: Dafür hat die Bundesregierung gestern eine gesetzliche Regelung auf den Weg gebracht. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) begrüßt die neu geschaffene Möglichkeit für alle Eltern, die Betreuungsengpässe überbrücken müssen.

„Nun kommt es aber darauf an, den Eltern so schnell wie möglich ein unkompliziertes Antragsverfahren zur Verfügung zu stellen und breit darüber zu informieren“, betont Bernd Heimberg, Vizepräsident der eaf. „Wo bekommen Eltern das entsprechende Antragsformular her, was muss dort eingetragen werden und wo müssen sie es hinsenden? Welche Bescheinigungen werden benötigt? All diese Informationen sollten über eingespielte Kommunikationswege aktiv an alle Eltern verteilt werden, zum Beispiel über die Schulen und Kitas oder Kinderarztpraxen und Bürgerämter. Nur so wird die neue Leistung dort ankommen, wo sie dringend benötigt wird: bei den Familien. Denn die sind oftmals bereits deutlich an ihrer Belastungsgrenze, weil die Eltern Kinderbetreuung und Job unter einen Hut bringen müssen, während Kitas und Schulen geschlossen sind. Deshalb ist es auch gut, dass der Anspruch auch rückwirkend ab dem 5. Januar geltend gemacht werden kann.“

Das Kinderkrankengeld kann auch von Eltern in Anspruch genommen werden, die derzeit im Homeoffice tätig sind. Diese Klarstellung ist aus Sicht der eaf besonders wichtig. Denn die Regelungen im Infektionsschutzgesetz hatten es Eltern im Homeoffice in den meisten Fällen unmöglich gemacht, Entschädigungszahlungen in Anspruch zu nehmen, obwohl Berufstätigkeit im Homeoffice eine gleichzeitige Betreuung kleinerer Kinder in der Regel ausschließt. Zudem hatte das komplizierte Antragsverfahren über die Arbeitgeber dazu geführt, dass nur sehr wenige Anträge überhaupt gestellt und noch weniger bewilligt worden sind.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 13.01.2021

Um den Anstieg der Infektionszahlen während der Corona-Pandemie zu senken, haben Bund und Länder eine erneute Schließung von Schulen und Kindertagesstätten bis mindestens 10. Januar 2021 beschlossen. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) begrüßt, dass die Bedürfnisse von Familien mit Kindern in den Beratungen stärker berücksichtigt worden sind als noch im Frühjahr und dass die Öffnung der Einrichtungen im Falle der Lockerungen Priorität erhalten soll. Dennoch steht den Familien erneut eine harte Zeit bevor, in der viele Eltern Berufstätigkeit und Kinderbetreuung unter einen Hut bringen müssen.

Dies gilt gerade auch angesichts der aktuell unklaren Regelungen für die Inanspruchnahme von Notbetreuung in einigen Bundesländern. „Der eindringliche Appell, ihre Kinder nach Möglichkeit zu Hause zu betreuen, delegiert eine schwierige Abwägung allein an die Eltern, welche sich dann sowohl gegenüber ihren Arbeitgeber/innen als auch gegenüber der Betreuungseinrichtung erklären und rechtfertigen müssen. Das erhöht den Druck auf Mütter und Väter, die im Lockdown bereits besonders hart gefordert sind.“, so Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf.

In den vergangenen Monaten sei es nur unzureichend gelungen, die Regelungen für Eltern zu präzisieren und temporäre Arbeitszeitreduzierungen zu ermöglichen. Bereits am 30. April 2020 habe die eaf in ihrem Positionspapier „Coronavirus und Kindeswohl“ darauf aufmerksam gemacht, dass Homeoffice und die Betreuung von jüngeren Kindern nicht problemlos miteinander vereinbar sind. Weder effektives Arbeiten noch zugewandte Kinderbetreuung seien in dieser Kombination richtig möglich. Auch im Zuge der kürzlich erfolgten Überarbeitung des Infektionsschutzgesetzes habe der Gesetzgeber es versäumt, diese wichtige Klarstellung einzuarbeiten. Bujard stellt fest: „Und so sind Millionen Mütter und Väter erneut darauf angewiesen, dass Arbeitergeber/innen ihnen entgegenkommen oder sie auf Kosten von Schlaf und ihrer Gesundheit die Betreuung der Kinder und Erwerbsarbeit in vollem Umfang leisten. Eine Reduzierung der Arbeitszeit mit finanzieller Kompensation wäre für Eltern hilfreich. Allerdings stehen auch die Arbeitgeber/innen in der Verantwortung: Vorgesetzte müssen Mütter und Väter in der Lockdownphase unbürokratisch und großzügig bei der Vereinbarkeit unterstützen.“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 16.12.2020

„Im Rahmen der Corona-Maßnahmen muss die Bundesregierung die Wirtschaft stärker in die Verantwortung nehmen“, erklärte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin angesichts des morgigen Treffens der Bundeskanzlerin mit den Länderchefs zum Umgang mit der Corona-Lage. „Die Maßnahmen der Bundesregierung und der Länder zur Bekämpfung der Corona-Pandemie haben eine besorgniserregen-de sozial- und familienpolitische Unwucht. Das muss dringend korrigiert werden“, erklärte Hoffmann. Er zeigt sich alarmiert: „Die sich abzeichnenden Verschärfungen und Verlängerungen des Lockdowns bei geschlossenen Kitas und Schulen ohne gleichzeitige Entlastungsmaßnahmen beanspruchen Familien weit über die Grenzen der Belastbarkeit. Der aktuelle politische Corona-Kurs nimmt den Verschleiß von Familien billigend in Kauf. Das ist umso erstaunlicher, als Familien laut Grundgesetz unter dem besonderen Schutz des Staates stehen. Diesem Verfassungsanspruch werden die Corona-Maßnahmen seit nun bald einem Jahr kaum gerecht, weil sie mit der Lebenswirklichkeit von Familien nicht vereinbar sind. Das zeigt sich vor allem in den enormen Mehrfachbelastungen von Eltern zwischen Homeoffice, Hausunterricht, Erziehungs- und Sorgearbeit sowie den weitreichenden Einschränkungen für Kinder und Jugendliche bei Bildung und sozialen Beziehungen.“ Hoffmann fordert abermals die rasche Einberufung eines hochrangig besetzen nationalen Familiengipfels für grundlegende familienpolitische Weichenstellungen auf dem Weg durch die Krise: „Entscheidungsgremien zur Corona-Pandemie müssen endlich mit ebenso vielen Familienexperten wie Virologen besetzt werden. Hinzu kommt: Die Corona-Maßnahmen müssen einen fairen Lastenausgleich zwischen Familien und der Wirtschaft ermöglichen. Es ist abwegig, Schulen und Kitas über Wochen und Monate zu schließen, während die Wirtschaft weiter hochtourig läuft und der Appell des Bundespräsidenten, Homeoffice zu ermöglichen, vielerorts ungenutzt bleibt. Ein menschenfreundlicher Infektionsschutz sieht anders aus.“

Hoffmann bekräftigte, dass eine Politik der Einschränkungen und des Verzichts notwendig ist, um die Folgen der Corona-Pandemie mit möglichst wenig Leid und überschaubaren Folgen zu bewältigen: „Die Corona-Politik muss gesellschaftlich aus-gewogen sein und die unter besonderem Schutz und Belastungen stehenden Gruppen wie Familien wirkungsvoll unterstützen, gerade auch mit Blick auf ihre tagtäglichen Belastungen.

Die Corona-Politik stellt ihre weitreichenden Einschränkungen fast ausschließlich auf den privaten Lebensbereich der Menschen ab, ohne die Wirtschaft nennenswert in die Verantwortung zu nehmen. Das ist weder solidarisch, sozial ausgewogen noch nachvollziehbar“, sagte Hoffmann weiter. „Die Wirtschaft sitzt auch bei der Bewältigung der Corona-Pandemie mit im Boot. Es dürfen aber nicht nur die Eltern sein, die rudern. Die Wirtschaft stärker in die Verantwortung zu nehmen, zum Beispiel durch mehr Verbindlichkeit beim Homeoffice und Sonderurlaub für Eltern, würde nicht nur die Effektivität der Corona-Maßnahmen erhöhen, sondern auch Eltern bei ihren immensen Anforderungen wirkungsvoll entlasten, nicht zuletzt auch durch Schulen und Kitas, die wieder geöffnet werden könnten.“

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 18.01.2021

Der Familienbund der Katholiken fordert zu Beginn des zweiten harten Lockdown in diesem Jahr eine deutlich stärkere Unterstützung von Familien. „Die bisherigen familienfördernden Maßnahmen in der Pandemie sind unzureichend, gerade auch dann, wenn – was absehbar ist – die aktuellen Schul- und Kitaschließungen über die Weihnachtsferienzeit hinausgehen werden“, erklärte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin. Konkret fordert der Verband vor allem die Einführung einer Corona-Elternzeit und eines Corona-Elterngeldes. „Um die Parallelisierung von Homeoffice, Homeschooling und Homework auf dem Rücken der Familien muss eine Corona-Elternzeit und ein daran gekoppeltes Corona-Elterngeld eingeführt werden“, sagte Hoffmann weiter. „Mütter und Väter mit Kindern bis zu 14 Jahren müssen gegenüber ihren Arbeitgebern das Recht haben, ihre Arbeitszeit so weit zu reduzieren, wie es für die Bewältigung der stark gestiegenen familiären Anforderungen nötig ist. Dazu gehört auch ein angemessenes Rückkehrrecht in den alten Arbeitsumfang und ein fortbestehender Kündigungsschutz.“ Die immensen Mehrfachbelastungen, die Familien im ersten Lockdown zu bewältigen hatten, dürften sich nicht wiederholen. „Homeoffice ist kein Betreuungsmodell und kein Ersatz für geschlossene Schulen und Kitas.“ Hoffmann stellte klar: „Zur Entlastung von Familien müssen auch die Arbeitgeber durch angemessene Betreuungsregelungen für Eltern maßgeblich beitragen.“ Familienfreundliche Anpassungen mahnte Hoffmann auch beim Kurzarbeitergeld für Eltern an: „Die Höhe des Kurzarbeitergeldes bei Arbeitnehmern muss sich an der Zahl der Kinder orientieren.“

Die Forderungen sind Teil eines Zehn-Punkte-Plans für Familien in der Corona-Krise, die der Familienbund vorgelegt hat. Der Verband fordert außerdem die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern auf, endlich Leitlinien für mehr Geld und Personal an Schulen und Kitas zu formulieren. „Sie sind seit Monaten ebenso überfällig wie eine grundlegende und einheitliche Digitalisierung von Schulen, um den Schulbetrieb auch in Phasen von möglichen Schulschließungen aufrecht erhalten zu können. Dafür braucht es auch kreative und lebensnahe Konzepte“, heißt es in dem Papier des Familienbundes der Katholiken. Hoffmann betonte: „Bei allem, war jetzt in den nächsten Wochen und Monaten auf uns zukommt, muss Familie menschlich lebbar bleiben. Dazu gehört vor allem auch, dass das Homeoffice bei den jetzt neuerlichen Schul- und Kitaschließungen durch eine
finanziell unterstützte Corona-Elternzeit ersetzt wird – und zwar nicht nur jetzt, sondern auch mit einer mittelfristigen Strategie. Denn Einschränkungen im Schul- und Kitabetrieb, womöglich auch mit weiteren Schließungen, werden mindestens bis zum nächsten Sommer wie ein Damoklesschwert weiter über den Familien schweben. Darauf muss die Bundesregierung familienfreundliche Antworten haben, die über das Hier und Jetzt hinausgehen.“ 

Corona-Elternzeit und -Elterngeld statt Homeoffice

Nach den Plänen des Familienbundes der Katholiken sollten alle Familien, die in der Corona-Krise von der Elternzeit Gebrauch machen, automatisch den Anspruch auf das Corona-Elterngeld haben. „Eltern, die sich wegen geschlossener Schulen und Kitas um ihre Kinder kümmern und dadurch Gehaltseinbußen erleiden, müssen finanziell unterstützt werden“, so Hoffmann weiter. Das Corona-Elterngeld berechnet sich als Lohnersatzleistung prozentual aus dem bisherigen Einkommen der Eltern, sollte aber mindestens 300 Euro betragen. Anders als der von der Koalition beschlossene „Kinderbonus“ wird das Corona-Elterngeld nicht mit dem Kinderfreibetrag verrechnet. „Eine solche Leistung trägt dazu bei“, so Hoffmann, „die besonderen familialen Belastungen aller Familien während der pandemiebedingten Schul- und Kitaschließungen zu kompensieren – kontinuierlich, familiengerecht und angemessen. Das würde Familien helfen und die Eltern als große unsichtbare Leistungsträger in der Corona-Krise honorieren.“

„Die Höhe des Kurzarbeitergeldes bei Arbeitnehmern muss sich an der Zahl der Kinder orientieren“

Grundlegende Korrekturen fordert der Familienbund auch beim Kurzarbeitergeld, um es an die „Lebenswirklichkeit von Familien anzupassen“: „Die Höhe des Kurzarbeitergeldes bei Arbeitnehmern muss sich an der Zahl der Kinder orientieren“, sagte Hoffmann. „Eltern mit mehreren Kindern sind auch mit höheren Ausgaben aufgrund der Lebensmittelversorgung oder auch der Größe des benötigten Wohnraumes konfrontiert. Das Kurzarbeitergeld muss der ökonomischen Lebenswirklichkeit von Familien gerecht werden und muss deshalb dringend angepasst werden. Das Kurzarbeitergeld für Eltern muss mindestens eine Höhe von 80 Prozent des Gehalts haben, nach der Kinderzahl gestaffelt sein und ab dem dritten Kind das bisherige Einkommen komplett ersetzen.“

Bei allem Verständnis für eine entschlossene Bekämpfung der Pandemie, um Leiden zu vermeiden, betonte Hoffmann, dass die „Verlässlichkeit für Familien bei der Kinderbetreuung, der frühkindlichen und schulischen Bildung auch in Zeiten einer Pandemie unerlässlich“ sei, sagte er. „Wenn sich die Politik dazu entschließt, Schulen und Kitas wieder zu schließen, müssen sie die ersten Institutionen sein, mit denen Deutschland im nächsten Jahr wieder aus dem zweiten harten Lockdown aufgetaut wird.“ Er erinnerte daran, dass Schulen und Kitas trotz aller Corona-Fälle in Deutschland keine Hotspots des Infektionsgeschehens gewesen seien. Lernen ließe sich, so Hoffmann, auch von unserem großen westlichen Nachbarn: „Frankreich war es ein nationales Anliegen, in seinen härtesten Lockdowns Schulen und Kitas geöffnet zu halten – und auch so die Fallzahlen deutlich zu senken.“ 

Das Zehn-Punkte-Papier des Familienbundes der Katholiken zu Familien und Corona finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 17.12.2020

Der VAMV begrüßt, dass sich das Bundeskabinett gestern auf zusätzliche Kinderkrankentage für Eltern geeinigt hat, wenn Kinder wegen geschlossener oder nur eingeschränkt geöffneter Kitas und Schulen zu Hause betreut werden müssen. Die geplante Neuregelung sollte jedoch auch nicht gesetzlich Versicherte erfassen, wie insbesondere Selbstständige, und flexible Teilzeitmodelle ermöglichen.

Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. sagt dazu:

„Die Ankündigung der Bundesregierung lässt Alleinerziehende hoffen. Einelternfamilien mit kleinen Einkommen würden über das ausgeweitete Kinderkrankengeld deutlich mehr Lohnausgleich erhalten, unabhängig davon, ob ihre Tätigkeit Homeoffice zulässt. Damit erkennt die Bundesregierung endlich an, dass Homeoffice, Kinderbetreuung und Homeschooling gleichzeitig nicht möglich sind. Nicht nachvollziehbar ist allerdings, warum diese Verbesserungen nur für gesetzlich versicherte Eltern gelten sollen. Gerade kleine Selbstständige drohen dann auf der Strecke zu bleiben. Ihnen bleiben nur die Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz, die einen deutlich niedrigeren Einkommensausgleich vorsehen und bei denen der Vorrang von Homeoffice extra geprüft wird.“

Weiterhin fordert Jaspers konkrete Nachbesserungen bei den Voraussetzungen für den Anspruch:

„Staatliche Unterstützung im Lockdown muss sich an der Lebensrealität von Familien orientieren. Viele Alleinerziehende wünschen sich flexible Regelungen, die es ihnen ermöglichen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren und dafür einen anteiligen Einkommensausgleich zu bekommen. Auch sollte die Altersgrenze für die zu betreuenden Kinder von 12 auf 14 Jahre erhöht werden. Denn auch bei älteren Kindern stellt das Homeschooling zusätzliche Anforderungen an die Eltern und auch 12-Jährige können noch nicht allein zu Hause bleiben. Für den Fall, dass der Lockdown länger dauert als jetzt gedacht, werden Eltern weitere Kinderkrankentage brauchen. Hier ist es wichtig, bereits jetzt vorzusorgen, um Eltern Planbarkeit und Verlässlichkeit zu geben.“

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 13.01.2021

Anlässlich der Einigung von Bund und Ländern über eine Verlängerung des Lockdowns erklärt die Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV), Daniela Jaspers:

„Alleinerziehende haben besonders schwer an der Corona-Krise zu tragen. Denn diese hat die Existenzsorgen vieler Alleinerziehender und die alltäglichen Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter potenziert. Ohne Kinderbetreuung können sie nicht ihr Geld verdienen, ohne Einkommen nicht ihre Kinder versorgen. Wegen der Kontaktbeschränkungen bricht das soziale und familiäre Netzwerk weg, das sonst helfen kann, die Quadratur des Kreises zu schaffen. Familien und insbesondere Einelternfamilien dürfen in der Krise nicht allein gelassen werden, sondern brauchen Unterstützung.

Bleiben die Schulen und Kitas nun geschlossen ist es wichtig, dass die Notbetreuungen für die Kinder von Alleinerziehenden in allen Bundesländern geöffnet sind. Bisherige Appelle Kinder zu Hause zu betreuen, interpretationswürdige Regelungen oder auch das Homeoffice haben die Alleinerziehenden-Zwickmühle von Zeit und Geld nicht gelöst.

Gleichzeitig ist eine finanzielle Abfederung notwendig, denn eine Notbetreuung löst nicht alle Vereinbarkeitsprobleme und der Sparstrumpf ist allzu oft leer. Den Beschluss, das Kinderkrankengeld auszuweiten und zu öffnen für Eltern, die ihre Kinder pandemiebedingt zu Hause betreuen müssen, begrüßen wir. Wichtig wird sein, diesen Beschluss schnell in trockene Tücher zu bringen und eine unbürokratische und lebenspraktische Umsetzung zu finden. Auch für den Fall, dass der Lockdown über den Januar hinaus notwendig ist, müssen die politischen Akteure bereits vorsorgen.

Den Beschluss des Berliner Senats, bei den verschärften Kontaktbeschränkungen eine Ausnahme für die Kinder von Alleinerziehenden einzuführen, begrüßen wir: Alleinerziehende können kleine Kinder nicht einfach alleine zu Hause lassen. Die Berliner Regelung ermöglicht ihnen, etwa mit einer anderen Alleinerziehenden Kontakt zu pflegen und sich im Alltag zu unterstützen.“

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 07.01.2021

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/25252), durch eine Sonderzahlung für die Ärmsten soziale Härten in der Pandemie zu vermeiden. Zur Begründung schreibt die Fraktion, Menschen mit wenig Geld wie Hartz-IV-Bezieher, Geringverdiener oder Alleinerziehende seien am stärksten von Einkommensrückgängen beziehungsweise coronabedingten Mehrausgaben betroffen, denn Leiharbeiter, Minijobber und anderweitig prekär Beschäftigte würden am häufigsten entlassen.

Die Bundesregierung soll deshalb unter anderem für das Arbeitslosengeld II und alle weiteren Leistungen, die das Existenzminimum absichern sollen, rückwirkend ab dem 1. März 2020 einen deutlichen Corona-Zuschlag von 100 einführen. Das Kurzarbeitergeld soll einheitlich auf 90 Prozent des Nettoentgelts erhöht werden. Die Kinder- und Jugendarbeit müsse so ausgestattet werden, dass sie auch in Krisenzeiten mit ihren Angeboten erreichbar bleibt. Kündigungen von Mietverträgen aufgrund von pandemiebedingten Mietschulden sollen untersagt werden, verlangt Die Linke.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1398 vom 16.12.2020

Gestern haben Bund und Länder unter anderem die Maskenpflicht verschärft. Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt den Schritt. Allerdings müsse die Maßnahme sozial gerecht gestaltet und niedrigschwelliger Zugang für besonders vulnerable Menschen garantiert werden. Armut dürfe für die Betroffenen nicht zu weiteren Abstrichen beim Gesundheitsschutz sowie beim Zugang zu wichtigen Versorgungsstrukturen führen.

„In der Grundsicherung stehen umgerechnet 17,02 Euro für den Bereich der Gesundheitspflege zur Verfügung. Das ist nicht mal ein Euro pro Tag, und davon müssen die Betroffenen auch andere für ihre Gesundheit notwendigen Ausgaben finanzieren. Wie viele Masken können sie sich da leisten, zumal nach der Verordnung die Preise sicher steigen werden?“, kritisiert Jens M. Schubert, Bundesvorstandsvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt, „Deshalb muss es für sie schnell mindestens kostenlose Masken geben. Die Grundsicherung war schon vor den pandemiebedingten Mehrkosten viel zu gering. Jetzt zeigt sich: Sie ist im wahrsten Sinne lebensbedrohlich knapp bemessen. Das muss sich ändern, und zwar dauerhaft.“

Der Verband fordert Unterstützung aber auch für Menschen, die nicht auf Grundsicherung angewiesen, aber dennoch von Armut betroffen sind. Dazu zählten z.B. Beziehende anderer Sozialleistungen. Es sei erwiesen, dass von Armut betroffene Menschen während der Pandemie einem höheren Risiko ausgesetzt seien. „Wer benutzt denn die öffentlichen Verkehrsmittel? Es sind vielfach Menschen in gering bezahlten Berufen, ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen. Viele können sich nicht im Homeoffice schützen oder mal eben Masken auf Vorrat kaufen“, so Schubert. Er fordert: „Damit diese Menschen die Möglichkeit zur Anschaffung von medizinischen Masken haben, sollte eine sinnvolle Übergangsfrist geschaffen werden – auch um Engpässe zu vermeiden. Es muss verhindert werden, dass durch die Maskenpflicht soziale und gesundheitliche Benachteiligungen entstehen. Der Zugang zu Schutz darf nicht vom eigenen Portemonnaie abhängen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 20.01.2021

Bedürftige Kinder und deren Familien brauchen einen direkten finanziellen Ausgleich, wenn das kostenlose Mittagessen in der Schule ausfällt. Dafür plädiert die Diakonie Deutschland angesichts des aktuellen Lockdowns und der geschlossenen Schulen sowie bei Quarantäne oder Unterricht im Wechselmodell. Der im Bildungs- und Teilhabepaket vorgesehene Betrag für das Schulessen muss leistungsberechtigten Kindern in der Grundsicherung (Hartz IV), beim Kinderzuschlag und im Wohngeld auch weiterhin zur Verfügung stehen, und das möglichst unbürokratisch.

„Kinder, die in Armut leben, müssen auch dann zu Mittag essen, wenn sie im Lockdown nicht in der Schule sind und zuhause lernen“, sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Die gesetzlichen Regelungen sehen vor, dass bei einem Corona-bedingten Ausfall des Präsenzunterrichts die Familien nicht das Essensgeld bekommen, sondern das Essen an die Kinder nach Hause geliefert wird. „Diese Regelung geht völlig an der Realität vorbei und klappt überhaupt nicht“, sagt Loheide. „Kein Schul-Caterer beliefert Kinder einzeln zu Hause. Das Schulessen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket erreicht viele bedürftige Kinder nicht mehr, obwohl diese auch zuhause eine warme Mahlzeit dringend bräuchten.“

Statt dieses Problem vernünftig zu lösen, bleibe die Bundesregierung Antworten schuldig, kritisiert Loheide. In der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP vom November werde lediglich festgestellt, der Bundesregierung lägen dazu keine Informationen vor, weil das Bildungs- und Teilhabepaket Ländersache sei.

Zudem ging bereits während des Lockdowns im Frühjahr die Zahl der Bewilligungen für Schulessen massiv zurück: Von März bis Mai 2020 nahm die Zahl der Anspruchsberechtigten auf ein schulisches Mittagessen mit mehr als 70.000 Kindern um etwa 17 Prozent ab. „Scheinbar wurden in mehreren Bundesländern die Anträge für kostenloses Mittagessen von Schülerinnen und Schülern angesichts der temporären Schulschließungen nicht mehr bearbeitet. Damit wurde den Kindern und Jugendlichen ihr Anspruch auf das kostenlose Schulmittagessen vorenthalten und kein Ersatz ermöglicht“, sagt Loheide. Der jetzige Lockdown dürfte erneut zu einem deutlichen Rückgang führen. „Es kann nicht sein, dass die Mittel für das Mittagessen auf Kosten bedürftiger Kinder eingespart werden. Die Mittagessenversorgung für Kinder muss auch unter Corona-Bedingungen finanziert und ermöglicht werden“, so Loheide.

Weitere Informationen:

Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der FDP: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/237/1923746.pdf

Corona-Informationsseite der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 04.01.2021

Angesichts der geplanten Verlängerung und Verschärfung des Lockdowns fordert der Paritätische Gesamtverband Sofortmaßnahmen des Bundes zur Unterstützung einkommensarmer Familien. Konkret fordert der Paritätische ein Sofortprogramm zur Unterstützung von einkommensschwachen Haushalten durch eine sofortige Erhöhung von Grundsicherungsleistungen um 100 Euro monatlich, die Finanzierung von schulisch notwendigen Notebooks durch die Jobcenter und eine Neuauflage des bereits letzten Juni ausgelaufenen Moratoriums bei Mietschulden.

„Die Bundesregierung hat es in den vergangenen Monaten versäumt, dafür zu sorgen, dass einkommensarme Haushalte in der Krise nicht noch weiter abgehängt werden“, kritisierte der Hautgeschäftsführer des Paritätischen, Ulrich Schneider. „Bei all den Milliarden, die bisher zur Bewältigung der Corona-Krise ausgegeben wurden, findet sich kaum ein Cent für Menschen in Hartz IV oder Altersgrundsicherung. Wir dürfen die Ärmsten nicht länger mit gestiegenen Ausgaben für Schutzmaßnahmen und weggefallenen Hilfsangeboten aufgrund von Einrichtungsschließungen alleine lassen. Es ist vordringliche Aufgabe der Politik, in dieser Pandemie die Gesellschaft zusammenzuhalten“, appellierte Schneider.

Da die Ausstattung von Kindern aus einkommensarmen Familien mit Notebooks und anderen digitalen Lernmitteln noch immer nicht gesichert sei, müssten entsprechende Ausgaben für alle Bezugsberechtigten von Bildungs- und Teilhabeleistungen durch die Jobcenter übernommen werden. Um den unverändert hohen Bedarf an an Hygiene- und Schutzartikeln sicherzustellen und wegfallende Hilfen, etwa Schulmittagessen, unbürokratisch kompensieren zu helfen, seien die Regelleistungen in der Grundsicherung in der Pandemie um monatlich 100 Euro pro Person zu erhöhen. Darüber müsse das bereits im Juni letzten Jahres ausgelaufene Kündigungs- und Kreditmoratorium für Mieterinnen und Mieter erneuert werden. „Unsere Gesellschaft kann es sich nicht leisten, dass Menschen aufgrund der andauernden Einkommenseinbußen das Dach über dem Kopf verlieren oder aufgrund einer Verschuldung ihre Strom- oder Wasserversorgung verlieren“, betonte Ulrich Schneider. Arbeitsagenturen, Jobcenter und Grundsicherungsträger müssten darüber hinaus flächendeckend persönliche Beratungsangebote bereitstellen, da die bestehenden digitalen und telefonischen Angebote eine zu hohe Hürde für viele unterstützungsbedürftige Menschen, etwa Wohnungslose, darstellten.

Der Verband wies erneut darauf hin, dass die Leistungen der Grundsicherung schon bislang viel zu niedrig bemessen gewesen seien. Mit den pandemiebedingten Mehrausgaben, die durch die viel zu geringe Regelsatzerhöhung zu Jahresbeginn, nicht annähernd ausgeglichen worden seien, habe sich die Not einkommensarmer Familien noch vergrößert. Für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren seien die Leistungen beispielsweise lediglich um einen Euro monatlich erhöht worden. „An grundlegenden Bildungs- und Teilhabeleistungen zu sparen, können wir uns nicht leisten“, betonte der Verband.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 05.01.2021

Studien zeigen, dass die Pandemie bei Kindern und Jugendlichen Sorgen und Ängste verstärkt. Psychische Auffälligkeiten haben demnach stark zugenommen, wie aus der Antwort (19/25228) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/24280) der FDP-Fraktion hervorgeht.

In der Repräsentativstudie „Corona und Psyche“ zur psychischen Gesundheit, Lebensqualität und Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen haben den Angaben zufolge 66 Prozent der 11- bis 17-Jährigen eine geminderte Lebensqualität angegeben. Bei 31 Prozent der Kinder lagen psychische Auffälligkeiten vor.

Viele Kinder und Jugendliche machen sich Sorgen wegen der Auswirkungen der Pandemie auf die Gesellschaft, die Schule oder die wirtschaftliche Lage, auch sorgen sie sich vor Ansteckung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 9 vom 04.01.2021

Durch die Covid-19-Pandemie besteht laut Bundesregierung das Risiko von Rückschlägen für den Schutz von Kinder- und Jugendrechten. Die Vereinten Nationen etwa erwarteten einen Anstieg ausbeuterischer Kinderarbeit aufgrund der Pandemie, unter anderem auch durch Schulschließungen oder aufgrund wirtschaftlicher Notlagen der Eltern, schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (19/25075) auf eine Kleine Anfrage (19/23960) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Bis Ende des Jahres könnten zusätzlich rund 6,7 Millionen Kinder unter fünf Jahren von akuter Mangelernährung betroffen sein, heißt es darin. Daher unterstütze das Corona-Sofortprogramm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Kinder und ihre Familien, insbesondere in Flucht- und Krisenregionen.

Derzeit bereite das BMZ außerdem nach Beratungen im Ressortkreis, mit internationalen Partnern, Durchführungsorganisationen, dem Deutschen Institut für Menschenrechte und der Zivilgesellschaft eine spezifische Kinderschutz-Policy für den neu einzurichtenden Jugendbeirat des Ministeriums vor. Diese solle zum Zeitpunkt seiner Konstituierung vorliegen und werde Verhaltensregeln enthalten für alle Mitglieder des Beirats und derjenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BMZ, die die Arbeit des Beirats begleiten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1418 vom 29.12.2020

In dieser Woche beginnt ein neuer Lockdown. Die Entscheidungen sind aus Sicht des Bundesjugendkuratoriums notwendig und auch für Kinder und Jugendlichen in unserer Gesellschaft wichtig. Es ist dabei aber zentral, dass gerade jetzt der Blick auch darauf gerichtet wird, dass für Kinder und Jugendliche in prekären Lebenslagen in den kommenden Wochen Hilfen und Unterstützungsangebote der Kinder- und Jugendhilfe zur Verfügung stehen.

Nicht alle Kinder und Jugendlichen werden in den kommenden Wochen zu Hause eine entsprechende Atmosphäre und genügend Raum finden, um die Wochen altersgerecht und sicher verbringen zu können. Zudem können sie sich jetzt nicht – wie im Frühjahr und Sommer – für längere Zeit „draußen“ aufhalten. Das Bundesjugendkuratorium (BJK) möchte mit diesem Zwischenruf darauf aufmerksam machen, junge Menschen in prekären Lebenslagen im Rahmen des politischen Krisenmanagements noch stärker zu beachten.

Gleichzeitig möchte das Bundesjugendkuratorium schon jetzt den Blick auf die Folgen für Kinder und Jugendliche und auf die Zeit richten, wenn Schulen und Kitas wieder öffnen. Aufgrund der schnellen Dynamik, des unterschiedlichen Zeitempfindens sowie der besonderen Verletzbarkeit im Kinder- und Jugendalter schreiben sich grundlegende Einschränkungen nachhaltig in den biografischen Verlauf von jungen Menschen ein. Die Ermöglichung von sozialen Beziehungen und die Beachtung der Gesundheitsförderung wird zu Beginn des Jahres 2021 in den Kitas, Schulen und in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe von besonderer Bedeutung sein.

Das Bundesjugendkuratorium ruft dazu auf, die Rechte von jungen Menschen gerade in Krisenzeiten nachhaltig zu sichern und zu verwirklichen. Hierfür braucht es neben altersgerechten Beteiligungsformaten von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie den Einbezug von Interessenvertreter*innen in Krisengremien auch Beziehungsangebote und soziale Räume.

Der gesamte Zwischenruf steht auf www.bundesjugendkuratorium.de/stellungnahme zum Download bereit.

Das Bundesjugendkuratorium (BJK) ist ein von der Bundesregierung eingesetztes Sachverständigengremium. Es berät die Bundesregierung in grundsätzlichen Fragen der Kinder- und Jugendhilfe und in Querschnittsfragen der Kinder- und Jugendpolitik. Dem BJK gehören bis zu 15 Sachverständige aus Politik, Verwaltung, Verbänden und Wissenschaft an. Die Mitglieder wurden durch die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die Dauer der laufenden Legislaturperiode berufen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesjugendkuratoriums vom 15.12.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt im Vorfeld der morgigen Bund-Länder-Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder eine stärkere Berücksichtigung der Interessen von Kindern und ihrer Familien an. „Bei allen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie muss die Einhaltung der Kinderrechte auf Schutz, Förderung, Beteiligung und Teilhabe gerade jetzt höchste Priorität haben. Wie es uns gelingt, zum einen soziale Ungleichheiten nicht weiter zu verstärken und zum anderen sogar Maßnahmen zu treffen, um niemanden in der Corona-Pandemie zurückzulassen, ist entscheidender Maßstab für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Die vorrangige Berücksichtigung der kindlichen Interessen bei staatlichen Entscheidungen, so auch bei allen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, braucht es derzeit mehr denn je. Dies betrifft vor allem sozial benachteiligte Kinder und Familien, die oftmals über weniger Ressourcen verfügen, um die Herausforderungen der Krise ohne Unterstützung zu meistern“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Kinder und Jugendliche brauchen soziale Interaktion besonders mit Gleichaltrigen, Bewegung, kulturelle Entfaltung und politische Bildung, ansonsten nimmt ihre Entwicklung deutlichen Schaden. Deshalb sollte die Diskussion sich nicht nur um Ausgangssperren oder eine FFP2-Maskenpflicht drehen, sondern es braucht nachhaltig umsetzbare Lösungen dafür, wie es beispielsweise mit dem Kinderrecht auf Bildung weitergehen soll. Hier passiert schlichtweg zu wenig. Zugleich sind volle Büros bei gleichzeitig geschlossenen Schulen und Kitas einfach nicht vermittelbar. Zudem verdient die finanzielle Situation von Familien mit Kindern verstärkte Aufmerksamkeit. Deshalb sollten Bund und Länder eine Neuauflage des Kinderbonus auf den Weg bringen, um insbesondere von Armut betroffene Kinder und ihre Familien zu entlasten“, so Krüger weiter.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert von Bund, Ländern und Kommunen, dass bei allen in Zusammenhang mit der Pandemie erlassenen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen sowie deren Auswirkungen das Kindeswohl beachtet und insbesondere Kinder in verletzlichen Lebenslagen besonders aufmerksam in den Blick genommen werden und dementsprechend zügig Maßnahmen zur Unterstützung eingeleitet werden. Das gilt beispielsweise für Kinder, die in Armut oder hochkonfliktreichen Situationen aufwachsen, geflüchtete Kinder und Kinder mit Behinderungen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 18.01.2021

Der Präsident des Familienbundes der Katholiken, Ulrich Hoffmann, warnt im Kampf gegen die Corona-Pandemie vor dem Entstehen einer „Lost Generation“ von Kindern und Jugendlichen aufgrund wiederholter oder langanhaltender Kita- und Schulschließungen sowie mangelnder persönlicher Beziehungen. Bei aller Anerkennung der nötigen Einschränkungen im Kampf gegen die Pandemie spricht sich Hoffmann nachdrücklich für eine rasche Rückkehr von Kindern und Jugendlichen in Kitas und Schulen aus, mahnt allerdings deutliche Verbesserungen in Hygiene- und Unterrichtskonzepten sowie an technischer und räumlicher Ausstattung von Schulen und Kitas an. „Eine Politik, die die Corona-Pandemie in den Griff bekommen will, ohne Kinder und Jugendliche angemessen zu beachten, gefährdet die Zukunftschancen einer ganzen Generation“, sagte Hoffmann heute in Berlin anlässlich der neuerlichen Beratungen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Fortsetzung des Lockdowns in Deutschland. Bildungsökonomen weisen nach Hoffmanns Worten bereits auf die fatalen Folgen von Bildungs- und Qualifikationseinbußen auf spätere Gehälter und Renten hin, bis hin zu einem größeren Anteil von Geringqualifizierten auf dem Arbeitsmarkt. „Kitas und Schulen weiter zu schließen, bedeutet, Kindern und Jugendlichen eine ihrer wichtigsten Entwicklungsgrundlagen zu nehmen. Ein menschenwürdiges Aufwachsen ist für Kinder und Jugendliche gleichbedeutend mit der Chance zu lernen, mit dem Recht auf Bildung und dem Leben so-zialer Beziehungen. Wer Kitas und Schulen schließt, muss auch klare und akzeptable Alternativen für Kinder, Jugendliche und Eltern formulieren und umsetzen. Diese Antworten bleibt die Politik seit Beginn des ersten Lockdown vor nun fast einem Jahr schuldig. Bis heute fehlen sowohl der erkennbare politische Wille als auch die politische Phantasie, Kitas und Schulen in der Pandemie mit Expertenwissen digital, didaktisch und baulich so zu ertüchtigen, dass Kinder, Jugendliche und Eltern nicht zu den Verlierern der Krise werden – mit langfristigen gesellschaftlichen Folgen.“ Hoffmann erneuerte seine Forderung nach einem nationalen Familiengipfel, um im Jahr 2021 die Bekämpfung der Pandemie mit den Lebensbedingungen von Kindern, Jugendlichen und Eltern abzustimmen und für wirkungsvolle Hilfsangebote zu sorgen.

Nach wie vor schenke die Politik bei ihren Maßnahmen Kindern, Jugendlichen und Eltern zu wenig Beachtung, monierte Hoffmann weiter. „Die Politik bekämpft die Pandemie zum Nachteil von Menschen, die schon heute für die Zukunft unserer Gesellschaft sorgen. Es fehlt der politische Wille, die vielfältigen Konzepte entschlossen umzusetzen, die Kindern, Jugendlichen und Eltern helfen, unter widrigen Bedingungen eine menschenwürdige Entwicklung und Lebenspraxis zu ermöglichen: Dazu kann eine Corona-Elternzeit oder ein Corona-Elterngeld ebenso gehören wie bezahlter Urlaub für Eltern oder eine Betreuungsgarantie für Schüler und Kita-Kinder in der Zeit geschlossener Kitas und Schulen. Eine weitere Mehrfachbelastung von Eltern aus Homeoffice, Hausunterricht, Haushalt, Kochen und Erziehungsarbeit darf es nicht geben! Wer glaubt, sich mit den in Deutschland begonnenen Impfungen um tragfähige schulische und familiäre Lösungen winden zu können, verkennt: Weite Teile des Jahres 2021 werden unter dem Stern der Bewältigung der Corona-Krise stehen. Daran knüpft sich die Einsicht: Die zeitpolitischen Defizite der Familienpolitik wie auch die der Digitalisierung von Schulen und dem Ausbau von Schulgebäuden werden künftig ebenso drängend beantwortet werden müssen.“
Fragen würden auch die aktuellen technologischen Förderschwerpunkte hierzulande aufwerfen, so Hoffmann: „Während junge und innovative Start-up-Unternehmen mit Milliardenhilfen unterstützt werden, kämpfen Schulsekretariate in Zeiten der Corona-Pandemie mit einer funktionierenden telefonischen Erreichbarkeit. Das ist Ausdruck einer verzerrten und skurrilen Schwerpunktsetzung auf dem Gebiet der Technologieförderung. Zukunftsinvestitionen dürfen aber gerade an Schulen nicht vorbeigehen. Es ist nur schwer vorstellbar, dass das Hochindustrieland Deutschland es bislang nicht geschafft hat, Schulen zumindest in den technischen, baulichen und digitalen Grundlagen zu ertüchtigen. Die Corona-Pandemie offenbart Schwächen der Infrastruktur in unserer Gesellschaft, die schon vorher bestanden und die die Politik vor allem bei den Schulen als unverzichtbaren Bildungsträger dringend beheben muss. Dazu gehört auch die didaktische Fortbildung von Lehrern für digitales Unterrichten und eine zeitgemäße Pädagogik wie das Lernen in kleinen Gruppen.“ 

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 05.01.2021

Die Corona-Pandemie hat die Familien in Deutschland vor erhebliche Herausforderungen gestellt. Viele von ihnen sind mittlerweile vollkommen erschöpft. Hilfe finden Mütter, Väter und pflegende Angehörige bisher in den Kurberatungsstellen und Kliniken des Müttergenesungswerkes, u.a. des Evangelischen Fachverbands für Frauengesundheit (EVA). Durch die Pandemie sind die Kurkliniken in den vergangenen Monaten in eine ernste existenzielle Krise geraten. Nur durch intensive Bemühungen der Verbände und einzelner politischer Unterstützerinnen und Unterstützer haben sie zeitlich eng befristete finanzielle Hilfen des Bundes erhalten. Mit einer Online-Petition hatten sich die Diakonie Deutschland und EVA im Oktober für eine Verlängerung des Rettungsschirmes eingesetzt. Die Unterschriften und Kommentare der Unterzeichnenden belegen eindrucksvoll, wie wichtig und systemrelevant die Kurkliniken sind.

Anlässlich der Zuleitung der Unterschriften an Bundesminister Jens Spahn sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Wer die Gesundheit von Müttern, Vätern und pflegenden Angehörigen fördern will, darf die Kurkliniken nicht im Regen stehen lassen. Die schwierige Situation der Familien und die Bedeutung privater Care-Arbeit haben in der Corona-Pandemie große öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Davon zeugen auch die in kurzer Zeit gesammelten Unterschriften. Wir müssen das wirtschaftliche Aus der wichtigen gesundheitsfördernden Angebote für Familien verhindern.“

Für EVA-Vorsitzende Antje Krause ist nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet diese Unterstützungssysteme so um Unterstützung kämpfen müssen. „Es stellt sich die Frage: Welchen Stellenwert hat die vorrangig von Frauen und Müttern geleistete private Care-Arbeit eigentlich in der Politik und unserem Sozial- und Gesundheitswesen?“

Im nächsten Jahr wird eine neue Bundesregierung gewählt. Die Wahlprogramme der Bundestagsparteien werden sich auch an der Frage der spürbaren Wertschätzung privater Care-Arbeit und der Unterstützung für Familien messen lassen müssen. „Dies ist eine gesellschaftliche Verantwortung. Private Care-Arbeit ist bisher vor allem weiblich und damit eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit und der Verteilung von Macht. Wenn die Förderung von Gleichberechtigung der Geschlechter keine leere Worthülse sein soll, muss die Politik diese Fragen zukünftig deutlich mehr in den Blick nehmen“, so Krause.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland und des Evangelischen Fachverbands für Frauengesundheit e.V vom 17.12.2020

SCHWERPUNKT II: Frauenquote in Vorständen

Heute hat sich das Bundeskabinett mit Frauen in Führungspositionen befasst. Der Gesetzentwurf für die Verbesserung der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen an Führungspositionen ist endlich beschlossen.

„Die SPD-Bundestagsfraktion hat gemeinsam mit ihren Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht lange und beharrlich für mehr Frauen in Unternehmensvorständen gekämpft. Dies zahlt sich aus: Vorstände börsennotierter und zugleich paritätisch mitbestimmter Unternehmen, die ausschließlich von Männern besetzt sind, gehören bald der Vergangenheit an. Erstmals wird es verbindliche Vorgaben für mehr Frauen in Vorständen geben. Künftig gilt eine gesetzliche Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen – Vorstände mit mehr als drei Mitgliedern müssen mit mindestens einer Frau besetzt sein. Zudem müssen künftig börsennotierte oder paritätisch mitbestimmte Unternehmen es begründen, wenn sie sich die Zielgröße Null für Frauen in Aufsichtsräten, Vorständen und den beiden Führungsebenen unterhalb der Vorstände setzen. Auch für Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes wird es neue verbindliche Regelungen geben. So wird eine Aufsichtsratsquote von mindestens 30 Prozent und eine Mindestbeteiligung für Frauen und Männer in den geschäftsführenden Organen bei mehr als zwei Mitgliedern eingeführt. Dies wurde heute im Bundeskabinett beschlossen.

Die Einführung der Vorstandsquote ist ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Geschlechtergerechtigkeit. Verbindliche Regeln waren längst überfällig – Erfahrungen haben gezeigt, dass wir mit Freiwilligkeit nicht weiterkommen. Davon konnten wir nun endlich auch unseren Koalitionspartner überzeugen. Mit dem Gesetz tragen wir dazu bei, die Aufstiegschancen von allen Frauen zu verbessern und die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu schließen. Das Gesetz kommt nicht nur Frauen und Mädchen zugute, sondern unserer Gesellschaft insgesamt.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 06.01.2021

Großer Schritt hin zu mehr Diversität

Heute hat das Bundeskabinett den „Gesetzentwurf zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ beschlossen. Dazu erklären die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und der frauenpolitische Sprecher Marcus Weinberg:

Nadine Schön: „Der heutige Kabinettsbeschluss ist ein Meilenstein. Wir haben über viele Jahre versucht, den Frauenanteil an Führungspositionen in Unternehmen auf freiwilliger Basis zu erhöhen. Es gab immer wieder Zusagen, dies zu realisieren. Aber die Realität sieht leider anders aus. Jetzt handeln wir.

Der CDU/CSU-Bundestagsfraktion war wichtig, dass wir nicht nur Regelungen für die Privatwirtschaft treffen, sondern dass wir als Bund mit gutem Beispiel vorangehen: im öffentlichen Dienst, bei Unternehmen mit mehrheitlicher Bundesbeteiligung und den Krankenkassen. Gemischte Teams sind ein Erfolgsrezept – nicht nur in Krisenzeiten. Frauen in Vorständen der Unternehmen und in Leitungsorganen der Körperschaften im Bereich der Sozialversicherung werden künftig dafür sorgen, dass auch in den anderen Führungsetagen qualifizierte Frauen nachrücken. Das ist ein großer Schritt hin zu mehr Diversität.“

Marcus Weinberg: „Der Gesetzentwurf bringt Deutschland frauenpolitisch richtig nach vorne. Zwar reden jetzt viele über die geplante Quote für Unternehmensvorstände, doch im Gesetz steckt noch mehr drin, wovon an anderer Stelle auch mehr Frauen profitieren werden. Der Bund geht mit großen Schritten in seinem Verantwortungsbereich weiter voran: Auch die gesetzlichen Krankenkassen, Renten- und Unfallversicherungsträger und die Bundesagentur für Arbeit müssen künftig eine Frau und einen Mann im Vorstand haben. Dort arbeiten viele Frauen und wir wollen, dass auch in diesem Bereich mehr Frauen in Führungsfunktionen kommen. Auch Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes müssen künftig im Vorstand mindestens eine Frau und einen Mann haben, wenn der Vorstand aus mehr als zwei Mitgliedern besteht.

Frauen sind in Deutschland gut ausgebildet und in der Lage, jede Tätigkeit auf allen Ebenen auszuführen. In den Führungsetagen sind sie aber vergleichsweise selten vertreten. Weniger als zehn Prozent der Vorstände in Deutschland sind Frauen. Leider hat sich da in den letzten Jahren wenig bewegt. Die Vertretung von Frauen in Führungspositionen muss Normalität werden. Wir sorgen jetzt für mehr Vorbilder.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 06.01.2021

Zum Kabinettsbeschluss zum Führungspositionengesetz II erklären Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik, und Claudia Müller, Sprecherin für Mittelstandspolitik:

Ein Zeichen für Gleichberechtigung am Ende der Kanzlerschaft von Merkel ist dieser Gesetzentwurf nicht. Der Regierungsvorschlag ist schwach und lediglich ein Minimalkonsens. Das ist für alle Frauen sehr enttäuschend. Denn die Botschaft des novellierten Führungspositionengesetz ist: Frauen dürfen mitbestimmten, aber nur ein bisschen. Angesichts des eklatant niedrigen Frauenanteils in Führungspositionen deutscher Großunternehmen ist das ein Armutszeugnis. Denn das, was nun verabschiedet werden soll, ist keine Quote, sondern nur eine Mindestbeteiligung. Die Koalition will ab einer Vorstandsgröße von vier Mitgliedern eine Frau vorschreiben, unabhängig davon wie groß dieser Vorstand ist. Anders als bei einer richtigen Quote erhöht sic h die Zahl der Frauen also in größeren Vorständen nicht automatisch. Diese Regel gilt auch nur für rund 70 Unternehmen. Mit einer solchen Minimal-Regelung schaffen wir den Kulturwandel hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit und Diversität ganz sicher nicht. Denn um die kritische Masse zu erreichen, braucht es einen Frauenanteil von mindestens einem Drittel. Wir fordern deswegen in unserem Antrag eine Mindestquote von 33 Prozent für Unternehmensvorstände börsennotierter und mitbestimmter Unternehmen bei der Neubesetzung von Vorstandsposten sowie eine Erhöhung und Ausweitung der Frauenquote für Aufsichtsräte. Zukünftig soll bei Neubestellungen von börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen eine Mindestquote von 40 Prozent erreicht werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 06.01.2021

SCHWERPUNKT III: Hartz IV überwinden

Die Diakonie hat ein Modell für eine alternative Regelbedarfsermittlung vorgestellt. Für die SPD-Bundestagfraktion ist in punkto Grundsicherung klar, dass damit nicht nur das Existenzminimum sichergestellt sein muss, sondern auch soziale Teilhabe für alle, insbesondere Kinder.

„Die Höhe der Grundsicherung darf nicht nur zum Überleben reichen, sondern muss auch gesellschaftliche Teilhabe gewährleisten. Neben einer Geldleistung gehören dazu immer auch Strukturen der Unterstützung und Hilfe zur Selbsthilfe. Mit den Verbesserungen wie dem sozialen Arbeitsmarkt und begleitendem Coaching sind wir erste wichtige Schritte in diese Richtung gegangen.

Armut betrifft besonders die Kinder. Deswegen haben Kinder nichts in der Grundsicherung verloren. Wir wollen eine eigenständige Kindergrundsicherung, die Chancengleichheit garantiert und aus zwei Säulen besteht. Eine Säule der sozialen Infrastruktur mit beitragsfreien Ganztagsangeboten auch in den Schulen, einer Mobilitätsgarantie und inklusive Freizeitangeboten. Und eine zweite Säule mit einer Geldleistung, die sich an der Mitte und nicht den Ärmsten in unserer Gesellschaft orientiert. Niemand darf wegen seiner Kinder arm werden und jedem Kind müssen alle Türen offen stehen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 18.12.2020

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert, die bisherigen Hartz-IV-Leistungen zu einer sanktionsfreien Garantiesicherung weiterzuentwickeln. In einem Antrag (19/25706) begründet sie ihre Initiative mit den sozialen Schieflagen, die die im vergangenen Jahr verabschiedeten Sozialschutzpakete der Bundesregierung aufweisen würden. „Die Erfahrungen der Corona-Pandemie machen deutlich, wie kommende Krisen und notwendige wirtschaftliche Transformationsprozesse die Grundsicherung herausfordern werden. Die temporären Regelungen der Sozialschutz-Pakete zeichnen bereits den Weg zu einer vereinfachten, umfassenderen und digitaleren Leistungsgewährung vor. Sie sollten aber keine krisenbedingte Eintagsfliege, sondern der positive Ansatzpunkt für die Verbesserung der bestehenden Leistungen für alle Menschen mit Anspruch auf Grundsicherungsleistungen sein“, schreiben die Grünen.

Zu den Forderungen gehören unter anderem, die Regelungen zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung so zu ändern, dass diese kostendeckend, rechtssicher und weniger streitanfällig sind. Das soziokulturelle Existenzminimum von Erwachsenen und Kindern soll neu ermittelt und die Regelsätze deutlich angehoben werden. Die Regelbedarfsermittlung soll auf eine reine Statistikmethode umgestellt werden. Ferner verlangen die Grünen Verbesserungen bei der Arbeitsberatung in den Jobcentern und die Einführung einer Kindergrundsicherung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 41 vom 08.01.2021

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat einen Entwurf zu einer Reform von Hartz IV vorgelegt. Die Diakonie Deutschland begrüßt den Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums, mit dem die bisherige Hartz-IV- Logik überwunden werden kann.

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Der Entwurf enthält wesentliche Schritte in Richtung einer Existenzsicherung, die Vertrauen und Ermutigung an die Stelle von Kontrollen und Sanktionen setzt.

Die vereinfachte Einkommens- und Vermögensanrechnung erleichtert die Leistungsgewährung deutlich. Mit dem Weiterbildungsbonus wird ein starker Anreiz gesetzt, die Qualifikation – vorrangig mit Erwerb eines Abschlusses –  der Leistungsberechtigten zu verbessern. Es ist gut und existentiell wichtig für die Menschen, in den ersten zwei Jahren des Leistungsbezuges den bestehenden Wohnraum zu erhalten. Dass Sanktionen auf ein Drittel des Regelsatzes begrenzt, die ungerechtfertigten schärferen Regelungen für unter 25-Jährige abgeschafft und die Kosten der Unterkunft vor Sanktionen geschützt werden, ist längst überfällig. Im Ergebnis würde so eine Grundsicherung entstehen, die die Menschen und ihre Situation ernst nimmt und verbessert. Als weitergehenden Schritt schlägt die Diakonie vor, Sanktionen abzuschaffen und das Existenzminimum grundsätzlich zu garantieren.“

Weitere Informationen: https://www.diakonie.de/pressemeldungen/hartz-iv-saetze-lebensnah-berechnen-diakonie-stellt-alternativ-modell-vor

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 11.01.2021

Zum Beschluss der grünen Bundestagsfraktion zu einer Garantiesicherung erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Respekt und Ermutigung müssen in der Existenzsicherung endlich Wirklichkeit werden. Dieser großen Reformaufgabe wird sich die nächste Bundesregierung in der kommenden Wahlperiode stellen müssen – unabhängig davon, von welchen Parteien sie getragen wird. Der Beschluss der Grünen-Bundestagsfraktion berücksichtigt wesentliche Anforderungen des Diakonie-Reformkonzepts: eine methodisch sauber ermittelte und ausreichende Existenzsicherung, bessere und unkomplizierte Zuverdienstmöglichkeiten und der Verzicht auf Sanktionen. So kann das heutige Hartz IV-System überwunden werden.

Die Diakonie schlägt außerdem vor, eine flächendeckende unabhängige Sozialberatung und eine konsequent anreizorientierte Arbeitsförderung umzusetzen. Dies gibt den Menschen im Hartz-IV-Bezug Würde zurück und entlastet perspektivisch auch die öffentlichen Haushalte.“

Weitere Informationen: https://www.diakonie.de/pressemeldungen/hartz-iv-saetze-lebensnah-berechnen-diakonie-stellt-alternativ-modell-vor

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 08.01.2021

Am 1. Januar 2021 tritt das neue Regelbedarfs- Ermittlungsgesetz in Kraft, das die Höhe des Existenzminimums festlegt. Die Diakonie Deutschland fordert, die Berechnungsmethode für die Regelsätze in der Grundsicherung („Hartz IV„) grundlegend zu reformieren und an die Lebenswirklichkeit von Leistungsberechtigen anzupassen. Dazu hat die Diakonie Deutschland am Freitag ein Rechenkonzept vorgelegt, das von der Verteilungsforscherin Dr. Irene Becker erarbeitet wurde. Es gewährleistet ein realistisches Existenzminimum, wahrt aber zugleich den Abstand der Regelsätze zu den mittleren Einkommen.  

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Menschen, die Grundsicherung beziehen, müssen davon menschenwürdig leben und soziale Teilhabe erfahren können. Das Modell der Diakonie schlägt eine Berechnung vor, die Fehler der Vergangenheit und willkürliche Streichungen von Ausgaben vermeidet. Mit diesem Konzept wird ein realistischer Regelsatz ermittelt, der das Lebensnotwendige und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, zugleich aber auch einen Abstand der Regelsätze zu den mittleren Einkommen wahrt.“

Der Kern des Diakonie-Rechenmodells: Referenzausgaben für physische Grundbedarfe wie Nahrung und Kleidung dürfen um maximal 25 Prozent, die weiteren Ausgaben um nicht mehr als 40 Prozent hinter dem zurückbleiben, was die gesellschaftliche Mitte ausgibt. Dazu wird eine statistische Vergleichsgruppe mit niedrigen Einkommen identifiziert, die diesen Vorgaben am nächsten kommt. Anhand dieser wird der Regelsatz ermittelt. Sie wird mit dem nach Einkommen mittleren Fünftel der Haushalte verglichen. „Das neue Verfahren belässt einen politischen Entscheidungsspielraum, stellt aber auch sicher, dass der Abstand zwischen dem Existenzminimum und dem mittleren Lebensstandard nicht zu groß ist. Es ist transparent und nimmt keine willkürlichen Kürzungen vor“, sagt Gutachterin Dr. Irene Becker.

Maria Loheide betont: „Dieser Vorschlag macht deutlich: In der Sozialpolitik müssen wir offen darüber diskutieren, wie weit das Existenzminimum sich von dem entfernen darf und soll, was in der gesellschaftlichen Mitte normal ist. An die Stelle willkürlicher Entscheidungen in Rechendetails gehört eine klare und transparente Festlegung dieses Abstands.“

Auf Grundlage des Diakonie-Modells könnte das Statistische Bundesamt die Auswertung der nächsten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorbereiten. Die Diakonie schlägt vor, eine Sachverständigenkommission einzusetzen, die die Methodik der Regelsatzermittlung weiterentwickelt. „Wir müssen bereits jetzt Weichen für eine korrekte Berechnung im Jahr 2024 stellen. Es ist genug Zeit, Expertise aus Wissenschaft und Verbänden zu nutzen, damit methodische Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt werden“, so Loheide.

Bericht Regelbedarfsbemessung – eine Alternative zum gesetzlichen Verfahren: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Bericht_RegelbedarfeAlternativ.pdf

Methodischer Überblick: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/20-12-18_UEberblick_Regelsatzgutachten.pdf

Statement Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/20-12-18_Statement_Maria_Loheide.pdf

Statement Dr. Irene Becker, Empirische Verteilungsforschung: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/20-12-18_Statement_Dr_Irene_Becker.pdf

Folien zum Statement von Dr. Irene Becker: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Folien_zumStatement_Irene_Becker.pdf

FAQ Regelsatz: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/20-12-18_FAQ_Regelsatz.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 08.12.2020

Als „großen Wurf“ begrüßt der Paritätische Wohlfahrtsverband das heute von der Grünen Bundestagsfraktion vorgestellte Konzept einer Garantiesicherung für einkommensarme Menschen. Auch wenn man über Details diskutieren könne, sei das Grüne Modell eine glaubhafte politische Ansage für einer Überwindung von Hartz IV.

„Ein jeder Vorschlag für eine Reform der Grundsicherung muss sich daran messen lassen, ob er tatsächlich Armut beseitigt sowie die Misstrauenskultur und das negative Menschenbild in Hartz beendet“, macht Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider die Position des Verbandes deutlich. Eine sehr deutliche und am wirklichen Bedarf orientierte Erhöhung der Regelleistungen, die Abschaffung der Sanktionen und die Zurücknahme überzogener Kontrollen seien die wesentlichen Prüfkriterien für einen Vorschlag, der sich Reform nennen möchte. Das Grüne Konzept für eins Garantiesicherung werde diesen Kriterien gerecht. „Der Vorschlag der Grünen eröffnet im Gegensatz zu so manchem Auf-der-Stelle-Treten und politischem Klein-Klein echte Reformperspektive“, betont Schneider.

Ausdrücklich unterstütze der Paritätische Gesamtverband die Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV auf über 600 Euro, wie es die Grünen vorsehen. „Alles, was darunter bleibt, beseitigt keine Armut, sondern zementiert sie“, klagt Schneider. Dies betreffe ausdrücklich auch die letzte Erhöhung der Regelsätze um lediglich 14 auf 446 Euro, die einem armutspolitischen Offenbarungseid der Bundesregierung gleichkäme.

Auf „uneingeschränkte Zustimmung“ stößt ebenfalls die geplante Abschaffung der Sanktionen in Hartz IV, die der Verband als grundgesetzwidrig und „völlig überholte Rohrstockpädagogik“ kritisiert. „Was die Sanktionen in Hartz IV anbelangt, braucht es einen ganz klaren Schnitt ohne Hintertüren und Kompromisse“, betont Schneider. „Anders lässt sich das misanthropische Menschenbild, das Hartz IV prägt, nicht überwinden“. Auch Hartz IV-Bezieher hätten ein Anrecht auf Bürgerfreundlichkeit, anstatt permanentem Mistrauen und Verdächtigungen ausgesetzt zu sein.

Insofern sei auch die Abschaffung der aufwendigen, aber meist völlig sinnlosen Vermögensprüfung nur zu unterstützen. Eine Selbstauskunft, wie sie die Grünen vorschlagen, reiche bei Menschen, die in aller Regel ohnehin kaum Erspartes hätten, völlig aus. Die Anhebung der Vermögensfreigrenze auf 60.000 Euro sei in jedem Falle beizubehalten.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 08.01.2021

SCHWERPUNKT IV: Kinderrechte ins Grundgesetz

Die Bundesregierung hat heute den von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Christine Lambrecht, vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz beschlossen. Damit setzt sie eine Vereinbarung des Koalitionsvertrags um.

Nach dem Entwurf soll in Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz folgende Formulierung aufgenommen werden (neuer Text unterstrichen):

„Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt:

„Der Schutz der Kinderrechte muss ein Leitbild für unsere Gesellschaft sein. Mit der Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz machen wir deutlich, dass uns das Wohlergehen von Kindern ganz besonders am Herzen liegt. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie sind besonders schutzbedürftig und haben besondere Bedürfnisse. Dies wird jetzt auch ausdrücklich im Grundgesetz anerkannt werden.

Die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz kann noch in diesem Jahr Wirklichkeit werden. Dazu brauchen wir eine breite parlamentarische Mehrheit, die wir nur mit einer konstruktiven Haltung und Kompromissbereitschaft bei allen Beteiligten erreichen können. Wir dürfen diese historische Chance auf eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz nicht ungenutzt verstreichen lassen.“

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey erklärt:

„Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten mit eigenen Rechten. Es ist wichtig, dass wir dafür das gesellschaftliche Bewusstsein schärfen und die Rechte der Kinder überall sichtbarer machen – vor allem endlich auch im Grundgesetz, unserem Wertekompass. Deswegen ist es ein Erfolg, dass wir heute eine weitere Hürde auf unserem Weg, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, genommen haben. Jetzt sind Bundestag und Bundesrat am Zug, um dieses historische Vorhaben weiter voranzubringen. Ich setze darauf, dass wir im parlamentarischen Verfahren zu einem guten Ergebnis kommen. Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass wir die Interessen der Kinder stets besonders im Blick behalten müssen, dies aber leider noch nicht überall selbstverständlich ist. Umso wichtiger ist es deshalb, gerade jetzt die Kinderrechte großzuschreiben – in unser Grundgesetz.“

Der Regierungsentwurf geht auf Empfehlungen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zurück und setzt die Einigung auf einen Regelungstext um, welche eine vom Koalitionsausschuss eingesetzte Arbeitsgruppe am 12. Januar erzielt hatte.

Zu den wesentlichen Punkten gehören:

Grundrechtssubjektivität von Kindern einschließlich eines Entwicklungsgrundrechts

Die Grundrechtssubjektivität besagt, dass Kinder Träger von Grundrechten sind. Diese an sich selbstverständliche Feststellung ist im Regelungstext so umgesetzt, dass ausdrücklich ein Recht des Kindes auf Achtung und Schutz seiner verfassungsmäßigen Rechte verankert ist. Insbesondere wird das Recht auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit genannt.

Verankerung des Kindeswohlprinzips

Das Kindeswohl als handlungsleitender Aspekt soll ausdrücklich in der Verfassung verankert werden und bei staatlichem Handeln angemessen berücksichtigt werden. Das wird die Elternrechte nicht schmälern. Vielmehr bleibt es dabei, dass der Staat in Elternrechte nur bei konkreter Gefährdung des Kindeswohls eingreifen darf. 

Gehörsrecht des Kindes

Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör bei Einzelentscheidungen von Gerichten oder Behörden in eigenen Angelegenheiten wird bekräftigt. Sie können ihre Meinung äußern und diese ist zu berücksichtigen.

Rechtsstellung Eltern

Das Verhältnis von Eltern und Staat bleibt unberührt. Die Rechte und Pflichten der Eltern bleiben bestehen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.01.2021

Die vom Koalitionsausschuss eingesetzte Arbeitsgruppe hat heute einen Regelungstext für die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz beschlossen. Damit setzt sie eine Vereinbarung des Koalitionsvertrags um, die die ausdrückliche Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz vorsieht. Für den Regelungstext wurde sich für Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz auf folgende Formulierung geeinigt (neuer Text kursiv): „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt: „Ich bin sehr froh, dass wir uns jetzt auf einen Regelungstext geeinigt haben, um die Kinderrechte im Grundgesetz besser sichtbar zu machen. Mit der Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz machen wir deutlich, dass uns das Wohlergehen von Kindern ganz besonders am Herzen liegt. Der Schutz der Kinderrechte wird damit zu einem Leitbild für unsere Gesellschaft. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie sind besonders schutzbedürftig und haben besondere Bedürfnisse. Dies wird jetzt auch ausdrücklich im Grundgesetz anerkannt werden. Der Koalitionsvertrag enthält einen klaren Auftrag, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Den setzen wir nun um. Nach langem Ringen haben wir uns auf eine Formulierung geeinigt, die für beide Seiten akzeptabel ist. Dies war nicht einfach, aber der Schutz unserer Kinder war diese Anstrengung wert. Wir haben eine ausgewogene Regelung gefunden, die sich harmonisch ins Grundgesetz einfügt. Jetzt müssen zügig die nächsten Schritte folgen, damit wir die Grundgesetzänderung noch in dieser Legislaturperiode realisieren können. Um die nötigen Zwei-Drittel-Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat zu erzielen, brauchen wir eine konstruktive Haltung und Kompromissbereitschaft auch von Seiten der Opposition. Ich appelliere an alle Beteiligten, diese hart erkämpfte Chance auf eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Das sind wir unseren Kindern schuldig.“

Mit dem Regelungsentwurf werden die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages, Empfehlungen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe und die Beschlüsse einer vom Koalitionsausschuss eingesetzten Arbeitsgruppe umgesetzt. Zu den wesentlichen Punkten gehören:

Grundrechtssubjektivität von Kindern einschließlich eines Entwicklungsgrundrechts. Die Grundrechtssubjektivität besagt, dass Kinder Träger von Grundrechten sind. Diese an sich selbstverständliche Feststellung ist im Regelungstext so umgesetzt, dass ausdrücklich ein Recht des Kindes auf Achtung und Schutz seiner verfassungsmäßigen Rechte verankert ist. Insbesondere wird das Recht auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit genannt.

Verankerung des Kindeswohlprinzips: Das Kindeswohl als handlungsleitender Aspekt soll ausdrücklich in der Verfassung verankert werden und bei staatlichem Handeln angemessen berücksichtigt werden. Das wird die Elternrechte nicht schmälern. Vielmehr bleibt es dabei, dass der Staat in Elternrechte nur bei konkreter Gefährdung des Kindeswohls eingreifen darf.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vom 12.01.2021

Zum Formulierungsvorschlag der Bundesregierung für die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz erklärt Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Ausgerechnet in einer Zeit, wo das Kindeswohl und Kinderrechte regelmäßig hinten herunterfallen, schließen Union und SPD einen faulen Kompromiss, der keinerlei Fortschritt für die Kinderrechte in Deutschland bedeutet. Die jetzige Formulierung, wonach Kinderrechte im Grundgesetz „angemessen“ zu berücksichtigen seien, fällt nicht nur hinter die UN-Kinderrechtskonvention und die bereits geltende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurück, sondern ist noch einmal schwächer als der erste Entwurf von Justizministerin Christine Lambrecht vom November 2019.

So fehlen der besondere Schutz der staatlichen Ordnung für Kinder und des Kindeswillens völlig. Auch fehlt es an umfassenden Beteiligungsrechten der Kinder. Darüber hinaus ist die Formulierung nach einer „angemessenen“ Berücksichtigung des Kindeswohls zu schwach und hat keinerlei Steuerungswirkung.

Aus Kreisen der SPD ist zu vernehmen, dass die Verfassungsänderung nur ein erster Schritt sei. Bei einer solch grundlegenden Verfassungsänderung gibt es aber keinen ersten und zweiten Versuch, sondern es muss gleich von Anfang an stimmen.

Wir setzen uns seit Langem für eine starke Formulierung der Kinderrechte im Grundgesetz sein. Eine bloße Staatszielbestimmung ist unzureichend. Es braucht daher aktive Kinderrechte, die neben dem Recht von Kindern auf Schutz und Förderung auch die Beteiligung an den Entscheidungsprozessen enthält, die sie selbst betreffen. Wir sind bereit für konstruktive Verhandlungen im parlamentarischen Verfahren, allerdings hat sich die SPD nur wenig kompromissbereit im Verfahren zum Sexualstrafrecht gezeigt. Eins wollen wir daher klarstellen: Wir werden für faule Kompromisse nicht zur Verfügung stehen.

Wir haben bereits im Juni 2019 eine starke Formulierung gefunden und einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention im Artikel 6 des Grundgesetzes ausdrücklich verankert und Kinder neben Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt.

Gerade jetzt in der Pandemie hätten Kinderrechte im Grundgesetz einen Unterschied gemacht. So hätte die Situation in den Kitas und Schulen gleich zu Beginn höchste Priorität erfahren. Auch der zunehmende Rückzug ins Private birgt für Kinder die Gefahr zunehmender häuslicher Gewalt, die unzureichend thematisiert wird. Damit wir für unsere Kinder in der Zukunft einen echten Mehrwert schaffen können, muss die Koalition ihren Vorschlag dringend nachbessern, damit Kinder endlich die starken Rechte im Grundgesetz bekommen, die ihnen zustehen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 12.01.2021

„Dass die Bundesregierung zum Ende der Wahlperiode nun einen Vorschlag auf den Tisch legt, um die Vereinbarung im Koalitionsvertrag zur Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz umzusetzen, ist zu begrüßen, dass sie damit allerdings unter die Standards der UN-Kinderrechtskonvention fällt, ist nicht hinnehmbar“, kommentiert Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, den Formulierungsvorschlag der Bundesregierung. Norbert Müller weiter:

„Grundsätzlich gibt es drei Varianten: Kinderrechte können mit einer Aufnahme im Grundgesetz gestärkt werden oder der Status Quo kann bestätigt werden oder man kann es so machen wie die Bundesregierung, nämlich zurückfallen. Das darf nicht das Ergebnis eines gesellschaftlichen Diskurses aus drei Jahrzehnten sein. Wir fordern die Bundesregierung auf, einen Vorschlag auf den Tisch zu legen, der eine Stärkung der Kinderrechte insbesondere bezüglich Förderung, Beteiligung und Schutz beinhaltet. Wir haben zuletzt 2019 einen Formulierungsvorschlag auf den Tisch gelegt.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 12.01.2021

Die Bundesregierung hat heute die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz beschlossen. Die Arbeiterwohlfahrt befürwortet diesen überfälligen Schritt.

Die Arbeiterwohlfahrt setzt sich schon lange für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ein. „Wir begrüßen es ausdrücklich, dass es der Regierungsfraktion noch in dieser Legislaturperiode gelungen ist, sich auf einen Kompromissvorschlag für einen Verfassungszusatz zu Kinderrechten zu verständigen“, so der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes, Jens M. Schubert. „Allerdings ist aus Sicht der AWO gleichzeitig zu kritisieren, dass keine weitreichenderen Formulierungen in Artikel 6 des Grundgesetzes gewählt wurden. Denn dies wäre mit Blick auf die UN-Kinderrechtskonvention möglich und aus Sicht der AWO wünschenswert gewesen,“ so Schubert weiter.

Mit ihrem Bundeskonferenz-Beschluss 2016 hatte sich die AWO dem Formulierungsvorschlag des „Aktionsbündnis Kinderrechte“ angeschlossen und für die Verankerung in Art. 6 GG gefordert:

a) Jedes Kind hat das Recht auf Förderung seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten zur bestmöglichen Entfaltung seiner Persönlichkeit.

b) Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und fördert die Rechte des Kindes. Sie unterstützt die Eltern in ihrem Erziehungsauftrag.

c) Jedes Kind hat das Recht auf Beteiligung in Angelegenheiten, die es betreffen. Seine Meinung ist entsprechend seinem Alter und seiner Entwicklung in angemessener Weise zu berücksichtigen.

d) Dem Kindeswohl kommt bei allem staatlichen Handeln, das die Rechte und Interessen von Kindern berührt, vorrangige Bedeutung zu.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 20.01.2021

Eine Arbeitsgruppe von CDU, CSU und SPD hat sich auf einen Formulierungsvorschlag zur Einführung von Kinderrechten ins Grundgesetz geeinigt. Der Deutsche Familienverband (DFV) begrüßt ausdrücklich die Erklärung der Regierungsparteien zur elterlichen Erstverantwortung.

Der DFV teilt das Anliegen der Koalition, die Rechte und das Wohl von Kindern umfassend zu schützen und Familien zu stärken. „Für den Deutschen Familienverband haben die Regierungsparteien nach vielen Jahren der Diskussion einen guten Kompromiss gefunden“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes. „Den Kinderrechten wurde der Weg in die Verfassung geebnet.“

Bei jeder Grundgesetzänderung muss sichergestellt sein, dass die fein austarierte Balance aus elterlicher Erstverantwortung und Wächteramt des Staates nicht gefährdet wird. Durch die nun gefundene Formulierung bleibt bei der Förderung von Kinderrechten gesichert, dass das verfassungsgemäße natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht zur Erziehung und Pflege ihrer Kinder gewahrt bleibt. Das hatte auch das Bundesverfassungsgericht in mehrfachen Entscheidungen immer wieder klargestellt.

Der DFV betont, dass das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG kein Recht am Kind ist. Es ist vielmehr eine Pflicht zum Wohle des Kindes zu handeln – und was das Beste für das eigene Kind ist, wissen die Eltern am besten. Nicht der Staat. Die Erstverantwortung der Eltern verdeutlicht, dass die Kinderrechte nicht gegen die Elternrechte aufgestellt sind. Die Eltern sind vielmehr verpflichtet, diese Rechte zu schützen und sie treuhänderisch wahrzunehmen.

„Innenminister Seehofer und Justizministerin Lambrecht haben erstmals in der Kinderrechtediskussion einen entscheidenden Grundsatz festgeschrieben: Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt. Dieser Satz ist wichtig für die gesellschaftliche Akzeptanz der Kinderrechte“, so Zeh.

Das bestehende staatliche Wächteramt bleibt weiterhin in einer besonderen Verantwortung. Die verfassungsrechtliche Balance zwischen Kindern, Eltern und öffentlicher Hand würde durch den aktuellen Formulierungsvorschlag nicht gestört, sondern zu Gunsten der Kinder sogar präzisiert. Jedes Kind könne sich unter dem Schutz und der Hilfe der Eltern zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten entwickeln.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 13.01.2021

Wie der Berichterstattung zu entnehmen ist, hat sich die Bundesregierung offenbar auf einen Formulierungsvorschlag zur Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz verständigt. Die zuständige Arbeitsgruppe innerhalb der Bundesregierung soll den Entwurf heute Abend endgültig beschließen.

Das Aktionsbündnis Kinderrechte (Deutsches Kinderhilfswerk, der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland, in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind) begrüßt, dass die Bundesregierung sich nach zähem Ringen auf einen gemeinsamen Formulierungsvorschlag einigen konnte, der nun im Deutschen Bundestag diskutiert werden soll.

Aus Sicht des Aktionsbündnisses ist der Vorschlag, wie er nun auf dem Tisch liegt, allerdings unzureichend. Dies betrifft beispielsweise die Formulierungen zum Kindeswohl sowie zum Recht des Kindes auf Beteiligung, die hinter der UN-Kinderrechtskonvention und auch hinter der geltenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurückbleiben. Das Kindeswohl muss ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt sein, wenn auch nicht immer Vorrang haben. Dieses Ansinnen muss auch in der Formulierung für die Grundgesetzesänderung zum Ausdruck kommen. Darüber hinaus darf die Beteiligung von Kindern sich nicht auf das rechtliche Gehör beschränken, sondern muss als umfassendes Beteiligungsrecht formuliert werden.

Gerade in der aktuellen Covid-19-Pandemie hat sich gezeigt, dass die Rechte und Belange von Kindern und Jugendlichen zu oft übersehen werden. Wir fordern alle Fraktionen im Bundestag deshalb auf, sich für eine Verbesserung der Formulierung stark zu machen und das parlamentarische Verfahren in diesem Sinne konstruktiv zu begleiten. In der Debatte um den endgültigen Verfassungstext müssen Kinder und Jugendliche selbst sowie Kinder- und Familienverbände beteiligt werden.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 12.01.2021

Wie der Berichterstattung zu entnehmen ist, hat sich die Bundesregierung offenbar auf einen Formulierungsvorschlag zur Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz verständigt. Die zuständige Arbeitsgruppe innerhalb der Bundesregierung soll den Entwurf heute Abend endgültig beschließen.

Das Aktionsbündnis Kinderrechte (Deutsches Kinderhilfswerk, der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland, in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind) begrüßt, dass die Bundesregierung sich nach zähem Ringen auf einen gemeinsamen Formulierungsvorschlag einigen konnte, der nun im Deutschen Bundestag diskutiert werden soll.

Aus Sicht des Aktionsbündnisses ist der Vorschlag, wie er nun auf dem Tisch liegt, allerdings unzureichend. Dies betrifft beispielsweise die Formulierungen zum Kindeswohl sowie zum Recht des Kindes auf Beteiligung, die hinter der UN-Kinderrechtskonvention und auch hinter der geltenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurückbleiben. Das Kindeswohl muss ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt sein, wenn auch nicht immer Vorrang haben. Dieses Ansinnen muss auch in der Formulierung für die Grundgesetzesänderung zum Ausdruck kommen. Darüber hinaus darf die Beteiligung von Kindern sich nicht auf das rechtliche Gehör beschränken, sondern muss als umfassendes Beteiligungsrecht formuliert werden.

Gerade in der aktuellen Covid-19-Pandemie hat sich gezeigt, dass die Rechte und Belange von Kindern und Jugendlichen zu oft übersehen werden. Wir fordern alle Fraktionen im Bundestag deshalb auf, sich für eine Verbesserung der Formulierung stark zu machen und das parlamentarische Verfahren in diesem Sinne konstruktiv zu begleiten. In der Debatte um den endgültigen Verfassungstext müssen Kinder und Jugendliche selbst sowie Kinder- und Familienverbände beteiligt werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V. vom 12.01.2021

Angesichts des bekanntgewordenen Formulierungsvorschlags der großen Koalition, Kinderrechte in der Verfassung sichtbar zu machen, spricht sich der Familienbund der Katholiken gegen eine Verfassungsänderung aus. „Der wortreiche Passus, auf dem sich die große Koalition nun geeinigt hat, scheint zwar mit Blick auf die Einschränkung von Elternrechten weitgehend entschärft, bleibt aber für die Stellung von Kindern in unserem Rechtssystem folgenlos und bietet Anlass für Missverständnisse.“ Zu dieser Einschätzung kommt Familienbund-Präsident Ulrich Hoffnung heute in Berlin. „Das geltende Verfassungsrecht schützt Kinder immer noch am besten. Es wird auch weiter die konkrete Einzelgesetzgebung sein, wie die Kinder- und Jugendhilfe, die die Lebenslage von Kindern konkret verändern können, nicht die abstrakte Verfassungsgesetzgebung.“ Erleichtert zeigt sich der Verband, dass die primäre Erziehungszuständigkeit der Eltern unangetastet bleiben soll. Die jetzt vorgeschlagene Formulierung enthält den ausdrücklichen Satz: „Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“ „Das ist ein Fortschritt“, so Hoffmann, „der mögliche rechtliche Nebenwirkungen einer Verfassungsänderung, wie Eingriffe in die Eltern-Kind-Beziehung, verhindern soll. Jede Textänderung birgt jedoch auch die Gefahr einer unbeabsichtigten Inhaltsänderung. Daher spricht sich der Familienbund dafür aus, angesichts einer allgemein als gut erachteten verfassungsrechtlichen Regelung, von einer Verfassungsänderung abzusehen.“

„Der von den Koalitionären jetzt vorgelegte Formulierungsvorschlag verweist darauf, dass die „verfassungsmäßigen“ Rechte der Kinder zu achten und zu schützen sind und der „verfassungsrechtliche“ Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör zu wahren ist“, sagte Hoffmann weiter. „Der Koalitionsentwurf bringt damit zum Ausdruck, dass kein neues Kindergrundrecht geschafften werden soll, sondern vielmehr die bestehenden verfassungsmäßigen Rechte noch einmal bekräftigt werden sollen.“

Hoffmann begrüßte auch, dass die Kinderrechte „angemessen“ und nicht generell allen anderen Rechten „vorrangig“ zu berücksichtigen sind. Das ermöglicht eine sachgerechte Abwägung im Einzelfall, die immer auch die eminent wichtige Stellung von Kindern in unserer Gesellschaft mitberücksichtigt.“

Die neue Formulierung begrenze die Probleme, sie sei aber weiterhin überflüssig, so Hoffmann. „Es bleibt widersinnig, eine Verfassungsänderung mit der Zielsetzung durchzuführen, dass sich möglichst wenig ändern soll, weil die derzeitige Rechtslage gut ist. Das Sichtbarmachen bereits bestehender Kindergrundrechte kann keine Rechtfertigung sein. Zum einen sind die Kindergrundrechte bereits sichtbar. Wenn das Grundgesetz, die Rechte aller beschreibt, ergibt sich zweifellos, dass auch Kinder gemeint sind. Zum anderen birgt jede Textänderung der Verfassung die Gefahr einer unbeabsichtigten Inhaltsänderung.
Eine solche Gefahr sollte man bei einer von allen Seiten als gut beschriebenen Rechtslage nicht eingehen.“

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 12.01.2021

Der KRFD begrüßt die gefundene Lösung für die Aufnahme der Kinderrechte in Artikel 6 des Grundgesetzes. Der Auftrag, dem sich die Bundesregierung gestellt hat, war höchst anspruchsvoll. Es galt, einerseits die Eingriffe des Staates in die familiäre Selbstbestimmung und das Elternrecht zu vermeiden sowie den Grundrechtsanspruch des besonderen Schutzes der Familie zu wahren. Andererseits sollten die bestehenden Grundrechte der Kinder deutlich sichtbar gemacht und das in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes anerkannte Prinzip des Kindeswohls ausdrücklich und angemessen im Grundgesetz verankert werden. Den Herausforderungen dieses Auftrages ist die Bundesregierung mit den vier ergänzenden Sätzen, die in Art.6 Abs. 2 hinzugefügt worden, gerecht geworden.

Kinder sind in vollem Umfang Träger von Grundrechten, insofern bestand bislang keine Schutzlücke. Sie werden durch die Menschenwürde und weitere Grundrechte in ihren unveräußerlichen Rechten geschützt, sie sind unmittelbarer Träger der Rechte auch wenn sie diese je nach Alter und noch nicht selbstständig ausüben können. Der Staat schützt und akzeptiert die Familien in besonderem Maße und greift nur in Fällen ein, in denen das Kindeswohl nicht anders geschützt werden kann.

Ob Kinderrechte eigens in das Grundgesetz aufgenommen werden sollen und ob nicht die grundgesetzlich verbürgten Menschenrechte den Kindern bereits vollen Schutz gewähren, wird seit über 20 Jahren kontrovers diskutiert. Die Diskussion hat gelegentlich jene in konträre Stellung gebracht, die sich im Kern, nämlich der Sorge um das Kindeswohl, einig waren. Der KRFD hat die Diskussion intensiv verfolgt und sich dafür eingesetzt, das Verhältnis zwischen Kindern, Eltern und Staat nicht einseitig zu Lasten der Familien und der familiären Selbstbestimmung zu verändern. Das klare Bekenntnis des Gesetzgebers zur Erstverantwortung der Eltern trägt dieser Sorge Rechnung.

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD) vom 15.01.2021

Nach jahrelangen Verhandlungen haben sich Union und SPD auf einen Gesetzesentwurf geeinigt, der die Rechte von Kindern im Deutschen Grundgesetz besser sichtbar und durchsetzbar machen soll. Konkret soll dazu Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes so geändert werden, dass Kindern mehr politische Teilhabe möglich ist und ihr Wohl stets mitbedacht werden muss.

Plan International Deutschland begrüßt die Einigung der Bundesregierung, Kinderrechte in die Verfassung aufzunehmen. Allerdings fordert die Kinderrechtsorganisation Nachbesserungen bei der Formulierung der Gesetzesreform. „Kinder haben besondere Bedürfnisse und brauchen deshalb über die allgemeinen Grundrechte hinaus besondere Rechte – ein Prinzip, das mit der UN-Kinderrechtskonvention auf internationaler Ebene bereits seit über 30 Jahren gilt“, sagt Maike Röttger, Vorsitzende der Geschäftsführung. „Ein Gesetz, das Kinderrechte im Grundgesetz verankert, muss deshalb sicherstellen, dass die in der UN-Kinderrechtskonvention niedergelegten Rechte der Kinder auch tatsächlich umfassend verwirklicht werden. Das ist mit der geplanten Formulierung nur unzureichend der Fall.“

So müsse das Kindeswohl als „vorrangiger Gesichtspunkt“ berücksichtigt werden. Bislang sieht der Entwurf der Bundesregierung lediglich eine „angemessene“ Berücksichtigung vor. Maike Röttger: „Kinder haben nicht nur das Recht darauf, dass ihre Meinung bei Rechtsverfahren angehört wird, sondern auch inhaltlich gewürdigt und bei der Urteilsfindung entsprechend ihres Alters und ihrer Reife berücksichtigt wird. Hier braucht es dringend Nachbesserungen, die wir im Verlauf des parlamentarischen Verfahrens zu erreichen hoffen.“

Gemeinsam mit mehr als 50 weiteren Verbänden und Organisationen setzt Plan International Deutschland sich als Teil der Initiative „Kinderrechte ins Grundgesetz“ seit vielen Jahren für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ein. Denn die UN-Kinderrechtskonvention hat in Deutschland bislang nur den Rang eines einfachen Bundesgesetzes und steht normenhierarchisch unterhalb der Verfassung. Wenn es zu Konflikten zwischen der UN-Kinderrechtskonvention und dem Grundgesetz kommt, hat das Grundgesetz demnach Vorrang. Daher ist es besonders wichtig, einen bereichsübergreifenden Kindeswohlvorrang sowie die Beteiligungsrechte von Kindern in das Grundgesetz aufzunehmen.

„Kinder sind gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft, eigenständige Persönlichkeiten mit eigener Würde und dem Anspruch auf Anerkennung ihrer Individualität. Kinderrechte im Grundgesetz sollten deshalb vor allem den Vorrang des Kindeswohls, Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche sowie Entwicklungs- bzw. Entfaltungsrechte der kindlichen Persönlichkeit absichern“, so Maike Röttger.

Union und SPD wollen das Grundgesetz noch vor der Bundestagswahl im September ändern. Dafür ist jedoch eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat nötig.

Quelle: Pressemitteilung Plan International Deutschland e.V. vom 12.01.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Gleichstellungsindex 2020 – nur minimale Fortschritte bei der Gleichstellung in den obersten Bundesbehörden

Es besteht weiterhin großer Handlungsbedarf bei der Gleichstellung von Frauen und Männern in den obersten Bundesbehörden. Zu diesem Ergebnis kommt der Gleichstellungsindex 2020, den das Statistische Bundesamt heute im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) veröffentlicht hat. Der Gleichstellungsindex untersucht die Geschlechteranteile an Führungspositionen in den obersten Bundesbehörden.

Nachdem im Jahr 2019 noch eine Steigerung des Anteils von Frauen in den Leitungsfunktionen in Höhe von zwei Prozentpunkten erzielt werden konnte, hat sich die Steigerung im Berichtsjahr 2020 auf knapp einen Prozentpunkt halbiert. 21 von 24 Behörden beschäftigen immer noch deutlich mehr Männer als Frauen in Führungspositionen. Auf Ebene der Referatsleitungen waren 2020 wie bereits im Vorjahr 38 Prozent der Führungskräfte weiblich. Auf Unterabteilungsleitungs- und Abteilungsebene waren es fast ein Drittel. Auf Ebene der beamteten Staatssekretärinnen konnte erfreulicherweise ein Anstieg um sechs Prozentpunkte auf 25 Prozent erzielt werden.

Bundesfrauenministerin Franziska Giffey: „Nicht nur die Wirtschaft, auch der Bund ist aufgefordert, mehr für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Führungspositionen zu tun. Die Bundesbehörden müssen sogar eine Vorbildrolle einnehmen. Im Entwurf des Zweiten Führungspositionengesetzes verankern wir deshalb das Ziel, bis Ende 2025 die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst des Bundes zu erreichen, als 50:50. Der aktuelle Gleichstellungsindex und seine Entwicklung zeigen, was zu tun ist, nämlich die Dynamik beim Aufholprozess deutlich zu erhöhen.“

Der Gleichstellungsindex 2020 zeigt auch, dass das vorhandene Führungskräftepotenzial unter den Teilzeitbeschäftigten noch nicht ausreichend genutzt wird. Führen in Teilzeit ist noch immer die Ausnahme.

Der Gleichstellungsindex wird im Auftrag des BMFSFJ erstellt und ist Teil des Gesetzespaketes zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst. Die Daten beziehen sich auf den Zeitraum vom 01.07.2019 bis zum 30.06.2020 bzw. auf den Stichtag 30.06.2020.

Der Gleichstellungsindex kann hier abgerufen werden: www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Oeffentlicher-Dienst/Publikationen/Downloads-Oeffentlicher-Dienst/gleichstellungsindex-5799901207004.pdf

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12.01.2021

Nach dem Bundestag stimmt auch der Bundesrat dem Adoptionshilfe-Gesetz zu.

Der Bundesrat hat heute in seiner letzten Sitzung des Jahres dem Adoptionshilfe-Gesetz zugestimmt. Bereits gestern hatte der Bundestag die Reform gebilligt. Vorausgegangen war eine Einigung zu den noch strittigen Fragen am 10. Dezember 2020 im Vermittlungsausschuss.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Heute ist ein wichtiger Tag für alle, die über den Weg der Adoption eine Familie gründen wollen. Nach der Zustimmung der Länder kann jetzt unser modernes Adoptionshilfe-Gesetz kommen. Die letzte Hürde fiel im Vermittlungsausschuss – durch die Einigung, dass die künftig verpflichtende Beratung durch die Adoptionsvermittlungsstelle im Vorfeld einer Stiefkindadoption nicht für lesbische Paare gilt, deren gemeinsames Wunschkind in ihre Ehe oder verfestigte Lebensgemeinschaft hineingeboren wird. Damit stellen wir sicher, dass lesbischen Paaren der Weg zur Familiengründung nicht zusätzlich erschwert wird. Künftig erhalten alle Adoptivfamilien, die Herkunftsfamilien und vor allem die Kinder mehr Hilfe und Unterstützung. Wir verbessern die Beratung, Aufklärung und Vermittlung und wir machen verbindlichere Vorgaben bei Auslandsadoptionen, um Kinder vor Menschenhandel zu schützen. All das kann nun zügig in Kraft treten. Viele Familien und Fachkräfte in der Adoptionsvermittlung warten seit Langem darauf.“

Das Gesetz kann nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt und danach im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Die Regelungen sollen am 1. April 2021 in Kraft treten.

Das Adoptionshilfe-Gesetz besteht aus vier Bausteinen:

1. Bessere Beratung aller an einer Adoption Beteiligten vor, während und nach einer Adoption

Ein Rechtsanspruch auf eine Begleitung auch nach der Adoption sichert die gute Beratung und Unterstützung aller an einer Adoption Beteiligten. Die unterschiedlichen Phasen der Adoption werden so als Ganzes betrachtet und begleitet. Außerdem werden die Adoptionsvermittlungsstellen in ihrer Lotsenfunktion gestärkt, damit die Familien die Hilfen bekommen, die sie brauchen. Vor einer Stiefkindadoption wird eine verpflichtende Beratung eingeführt. Sie soll dafür sorgen, dass eine Adoption tatsächlich das Beste für das Kind ist. Nicht zur Beratung verpflichtet sind lesbische Paare, deren Kind in ihre bestehende Ehe oder verfestigte Lebensgemeinschaft hineingeboren wird und die Partnerin der Geburtsmutter es im Rahmen der Stiefkindadoption adoptiert.

2. Aufklärung und Förderung eines offenen Umgangs mit Adoption

Das Adoptionshilfe-Gesetz soll zu einem offeneren Umgang mit dem Thema Adoption beitragen: Zum einen sollen Adoptiveltern durch die Adoptionsvermittlungsstellen ermutigt und dabei unterstützt werden, ihr Kind altersgerecht über die Tatsache ihrer Adoption aufzuklären. Zum anderen soll die Vermittlungsstelle vor Beginn der Adoptionspflege mit den Herkunftseltern und den Adoptionsbewerbern erörtern, ob und wie ein Informationsaustausch oder Kontakt zum Wohl des Kindes gestaltet werden kann. Die Herkunftseltern sollen in ihrer Rolle gestärkt werden, indem sie gegenüber der Adoptionsvermittlungsstelle einen Anspruch auf allgemeine Informationen über das Kind bekommen. Die Adoptivfamilie entscheidet, ob und welche Informationen sie zur Verfügung stellen möchte.

3. Stärkung der Adoptionsvermittlungsstellen mit einem Aufgabenkatalog und einem Kooperationsgebot

Die Adoptionsvermittlungsstellen erhalten einen konkreten Aufgabenkatalog, der Klarheit über ihre Aufgaben schafft. Ein an die Adoptionsvermittlungsstellen gerichtetes Kooperationsgebot soll den fachlichen Austausch und die Vernetzung mit den verschiedenen Beratungsstellen fördern – etwa mit der Schwangerschaftsberatung, der Erziehungsberatung und dem Allgemeinen Sozialen Dienst – damit auf die Bedürfnisse der Familien sensibel reagiert werden kann.

4. Verbot von unbegleiteten Auslandsadoptionen und Einführung eines Anerkennungsverfahrens, um Kinder zu schützen

Auslandsadoptionen sollen künftig in jedem Fall durch eine Adoptionsvermittlungsstelle begleitet werden, damit die zukünftigen Eltern auf die Herausforderungen einer Auslandsadoption vorbereitet und die Interessen der Kinder ausreichend berücksichtigt werden können. International vereinbarte Schutzstandards sollen zukünftig bei allen Auslandsadoptionen eingehalten werden. Auslandsadoptionen ohne Begleitung einer Vermittlungsstelle werden untersagt. Für mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit wird ein verpflichtendes Anerkennungsverfahren für ausländische Adoptionsbeschlüsse eingeführt.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 18.12.2020

Die Mieterinitiative der SPD-Bundestagsfraktion nimmt Fahrt auf. Dass Beschlusspapier der Klausur stellt klar: Mietwohnungen und Gewerberäume müssen für die breite Masse bezahlbar sein. Mit diesem Ziel im Blick arbeiten wir für eine weitere Stärkung des sozialen Mietrechts, wollen den Mietspiegel rechtsicher machen sowie kleine Gewerbetreibende und soziale Einrichtungen besser schützen.

„Wir stehen zur Einhaltung der Klimaschutzziele und sehen den dringenden Bedarf, die energetische Sanierung im Gebäudesektor voranzutreiben. Die seit 1. Januar 2021 geltende CO2-Bepreisung ist dafür ein weiterer wichtiger Schritt. Dieser darf allerdings nicht zu Lasten der Mieterinnen und Mieter gehen. Wer in schlecht sanierten Wohnungen lebt, darf nicht noch zusätzlich belastet werden. Die SPD-Bundestagsfraktion steht an der Seite der Mieterinnen und Mieter und will die Kosten der CO2-Bepreisung zu 100 Prozent auf die Eigentümerinnen und Eigentümer umlegen.

Das Bundesjustizministerium hat einen Entwurf für die Reform des Mietspiegels vorgelegt. Diesen wollen wir schnellstmöglich umsetzen. Hierbei wollen wir – um Schlupflöcher zu schließen – auch die Möglichkeit streichen, Mieten unter Angabe dreier Vergleichswohnungen erhöhen zu können, wenn ein qualifizierter Mietspiegel vorhanden ist.

Vor allem die Kleinstgewerbetreibenden sowie soziale Projekte und Einrichtungen in Innenstädten bedürfen des besonderen mietrechtlichen Schutzes. Um deren zunehmende Vertreibung zu stoppen, wollen wir die soziale Funktion des Mietrechts, wo es sinnvoll ist, auf Gewerbetreibende übertragen. Für diese sollen dann ebenfalls Regelungen des sozialen Mietrechts gelten, wie ein effektiver Kündigungsschutz und eine Begrenzung zulässiger Mieterhöhungen. Denkbar ist auch die Einführung eines Gewerbemietspiegels analog zur Mietpreisbremse. Ein solcher Schutz ist unverzichtbar, um die vielfältige Mischung aus kleinen Gewerbebetrieben, sozialen und kulturellen Projekten sowie Wohnraum in den Städten zu erhalten.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 08.01.2021

Unsere Gesellschaft wird individualisierter, mobiler und digitaler. Wer wenige soziale Kontakt hat, leidet auch häufiger unter Einsamkeit. Davon sind junge Menschen, die auf Grund ihrer digitalen und mobilen Lebensweise weniger Bindungen aufbauen können, genauso betroffen wie Seniorinnen und Senioren. Dazu können Sie Marcus Weinberg, den Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, gerne wie folgt zitieren:

„Als Familien-, Senioren- und Jugendpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sprechen wir uns dafür aus, eine nationale Strategie gegen Einsamkeit aufzusetzen. Wir müssen Gründe, Wirkungen und Folgen der Einsamkeit vertiefter erforschen und uns genau anschauen, welche Maßnahmen erfolgreich der Prävention dienen und welche Einsamkeit gezielt bekämpfen. Diese Maßnahmen reichen vom Besuchsdienst bei Betroffenen über generationenübergreifendes Bauen bis zu sozialen Angeboten im nahen Wohnumfeld. Die Bekämpfung der Einsamkeit ist ein Querschnittsthema und ein Auftrag an alle Ebenen.

Einsamkeit macht krank – seelisch und körperlich. Die Ursachen von Einsamkeit sind nicht nur im Persönlichen zu suchen und die Folgen betreffen die Gemeinschaft als Ganze. Die Alterung der Gesellschaft, Digitalisierung, zunehmende Mobilität in der Arbeitswelt und Urbanisierung können Einsamkeit verstärken. Einsamkeit ist mittlerweile ein Phänomen aller Generationen. Auch die 20 bis 40-Jährigen sind betroffen. Sorgen bereitet uns besonders, dass unter den Jugendlichen die Einsamkeit besonders schnell zunimmt. Die digitale Welt ersetzt den sozialen Kontakt und die soziale Interaktion. Das verändert die Menschen und führt nicht selten auch zu politischen Radikalisierungen. Einsamkeitsprävention ist also auch eine Frage des demokratischen und gesellschaftlichen Zusammenhalts.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 15.12.2020

Anlässlich der heute von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlichten Arbeitsmarktzahlen für den Monat Dezember 2020 erklärt Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik:

Die Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt werden uns auch im neuen Jahr noch länger beschäftigen. Die Bundesregierung muss aufhören, nur auf Sicht zu fahren. Wir müssen endlich die Zukunft wieder in den Blick nehmen.

Kurzfristig ist es wichtig, Neueinstellungen stärker zu fördern. Es darf nicht sein, dass sich Arbeitslosigkeit weiter verfestigt und insbesondere jungen Menschen muss der Start ins Erwerbsleben erleichtert werden.

Gleichzeitig müssen zukünftige Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt endlich angepackt werden. Die Bundesregierung hat es leider versäumt, Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit schon während der Corona-Krise mit einer Weiterbildungsoffensive zu verknüpfen. Es müssen Anreize geschaffen werden, sich in Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit weiterzubilden. Wir schlagen daher einen Weiterbildungsbonus von 200 Euro auf das Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld vor.

Zudem müssen Selbständige und Menschen mit Minijobs besser abgesichert und gefördert werden. Wir Grüne wollen die Arbeitslosenversicherung für alle Erwerbstätigen öffnen und zu einer Arbeitsversicherung weiterentwickeln, damit wir auch für künftige Krisen gut gewappnet sind.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 05.01.2021

Zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend an diesem Montag zum Thema „Wohnungslosigkeit bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ erklären Beate Walter-Rosenheimer, Sprecherin für Jugendpolitik, und Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für europäische Sozialpolitik

Die Zahl der Wohnungslosen steigt seit Jahren an, betroffen sind auch immer mehr junge Menschen, die häufig in „versteckter“ Wohnungslosigkeit leben, also „Sofa-Hopping“ betreiben. Schätzungen zufolge sind mehrere Zehntausende betroffen. Allerdings gibt es eine hohe Dunkelziffer, eben weil viele junge Menschen bei Freunden, Bekannten oder Verwandten unterkommen. Dadurch entstehen oft Abhängigkeits- und sogar Ausbeutungsverhältnisse.

Um die Situation dieser jungen Menschen zu verbessern, haben wir einen Antrag vorgelegt, in dem wir die Bundesregierung auffordern, endlich wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen und beispielsweise ein nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit zu entwickeln sowie ein bundesweites Netz an Wohnangeboten und Notschlafstellen zu schaffen. Darüber hinaus wollen wir die Altersgrenze für die Inanspruchnahme der Jugendhilfe bis zum Ende des 25. Lebensjahres ausweiten und als Rechtsanspruch festschreiben.

Die öffentliche Anhörung an diesem Montag kam aufgrund unserer Initiative zustande, weil wir den Fokus auf dieses bislang bundespolitisch sehr vernachlässigte Thema lenken wollen. Junge Menschen ohne Wohnung brauchen endlich mehr Aufmerksamkeit, mehr Unterstützung, mehr Hilfen.

Auch die zur Anhörung geladenen Sachverständigen befürworten unsere Forderungen. Es ist gut, dass die Anhörung jetzt, wo ein langer Winter beginnt, stattfindet. Junge Wohnungslose, die auf der Straße leben, brauchen auch vor dem Hintergrund der Corona-Krise dringend sichere Notschlafstellen und ausreichende Beratung.

Wohnungslosigkeit ist eine extreme Form sozialer Ausgrenzung, die die Entwicklung und die Lebensperspektive junger Menschen nachhaltig schmälert. Es ist eine politische und gesamtgesellschaftliche Aufgabe, ihr konsequent entgegenzuwirken. In Zeiten der Pandemie mehr denn je.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 14.12.2020

Breite Zustimmung haben die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen von Sachverständigen für ihre Initiativen gegen Wohnungslosigkeit bei jungen Menschen erfahren. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montagnachmittag unter der Leitung von Sabine Zimmermann (Die Linke) begrüßten die Experten ausdrücklich, dass mit den Anträgen von Linksfraktion (19/24642) und Grünen (19/20785) das Problem auf die Agenda des Parlamentes komme. Zwar gab es durchaus Kritik im Detail, doch waren sich die Sachverständigen einig, dass dringender politischer Handlungsbedarf bestehe. Steigende Mieten und knapper Wohnraum hätten die Zahl wohnungsloser junger Menschen steigen lassen. „Sie sind längst kein Randphänomen mehr“, unterstrich einer der Experten. Auch die Corona-Pandemie habe die Situation der Betroffenen zusätzlich verschärft.

So wies etwa Sascha Facius, wissenschaftlicher Referent beim Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, darauf hin, dass Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe zufolge 2018 etwa 19.000 Kinder und minderjährige Jugendliche wohnungslos waren. Auch eine Studie zum 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung komme zu dem Ergebnis, dass 2018 „jede fünfte von Wohnungslosigkeit bedrohte Person nicht volljährig war“. Angesichts dieser Zahlen sei es „gut und richtig“, dass nun über einen gemeinsamen, kooperativen Ansatz debattiert werde, der die „besondere Problematik“ junger von Wohnungslosigkeit betroffener oder bedrohter Menschen „ganzheitlich und rechtskreisübergreifend“ betrachte.

Birgit Fix, Referentin für Armuts- und Arbeitsmarktfragen beim Deutschen Caritasverband, erklärte, die Pandemie zeige die schwierige Situation wohnungsloser junger Menschen „wie in einem Brennglas“. Dennoch hätten Politik und Medien das Thema noch nicht „wirklich auf dem Radar“. Der Bund könne jedoch mit „klugen Rahmenbedingungen“ wie der Schaffung von günstigem Wohnraum zur Prävention und Bekämpfung von Wohnungslosigkeit wirksam beitragen, sagte Fix. In diesem Zusammenhang plädierte die Sachverständige für die Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit. Auch das Jugendwohnen solle ausgebaut und zur Pflichtleistung werden.

Auch Andrea Pingel von der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit sprach sich für einen Ausbau von unterschiedlichen Wohnmöglichkeiten für junge Menschen aus. Selbst jene, die ein eigenes Einkommen hätten, seien auf dem Wohnungsmarkt gegenwärtig „ohne Chance“. Ein weiteres Problem: Bestehende Hilfssysteme reichten nicht, um junge Menschen in prekären Lebenslagen zu unterstützen – Sanktionierungen führten oftmals auch dazu, dass sie „verloren“ gingen. Dieser „Exklusion“ müsse mit der anstehenden Reform der Kinder- und Jugendhilfe entgegengewirkt werden, forderte Pingel. Rechtsansprüche von Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf Teilhabe, Ausbildung und Wohnen gelte es zu stärken. „Weder der 18. oder der 21. Geburtstag und schon gar nicht die aktuelle Kassenlage oder mangelnde Zuständigkeit dürfen Gründe sein, die Hilfen einzustellen, wenn Selbstständigkeit noch nicht gesichert ist“, mahnte die Expertin.

Dieser Forderung schloss sich Ronald Prieß, Botschafter der Straßenkinder Hamburg, an: Die Ausweitung der Altersgrenzen für individuelle Unterstützung, für die sich auch Die Linke in ihrem Antrag einsetze, müsse Teil der geplanten Reform des Kinder- und Jugendhilfegesetzes sein, forderte er mit Blick auf die sogenannten Careleaver – junge Erwachsene, die einen Teil ihres Lebens in der stationären Kinder- und Jugendhilfe verbracht haben und sich am Übergang in ein eigenständiges Leben befinden. Dies sei eine Frage der Gerechtigkeit: „Careleaver müssen schneller erwachsen werden als andere Jugendliche, haben aber schlechtere Chancen“, so Prieß. Zudem drängte er darauf, wohnungslosen jungen Menschen, die von der Corona-Pandemie besonders betroffen sind, schnell und unkonventionell zu helfen, etwa durch eine Unterbringung in Hotels: „Da schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Hotels sind leer, die Kids müssen von der Straße.“

Angela Smesseart, stellvertretende Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ), appellierte, als Akuthilfe auch die Angebote etwa von Jugendherbergen und Jugendbildungsträgern anzunehmen. Die sichere Unterbringung von wohnungslosen Jugendlichen sei dringend erforderlich, da deren üblichen Überlebensstrategien in der Pandemie nicht mehr griffen: „Schnorren oder Übernachtungen bei wechselnden Freunden“ seien im Lockdown nicht mehr möglich, Hilfsangebote und Jugendämter nur noch eingeschränkt erreichbar, erläuterte Smesseart. Und spezialisierte Notunterkünfte seien ebenfalls selten. Die Vertreterin der AGJ forderte zur Prävention von Wohnungslosigkeit eine „hinreichende Ausstattung der bestehenden Angebote“, darunter die offene und mobile Jugendarbeit, die Jugendsozialarbeit und das Jugendwohnen. Diese „volle Spanne der Hilfen“ sei unverzichtbar.

Wolfgang Schröer, Professor für Sozialpädagogik an der Universität Hildesheim, forderte, der Bund müsse die Kommunen stärker unterstützen. Die kommunale Sozialpolitik habe das Problem der Wohnungslosigkeit bei jungen Menschen zwar erkannt, doch „Jugendhilfe und Jobcenter“ könnte es nicht allein lösen. Eine rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit sei deshalb gefragt. Dazu gebe es Modelle in vielen Regionen, so Schröer. „Diese Modelle brauchen die landes- und bundespolitische Stärkung, dass sie erwünscht sind.“ Ein weiteres Manko sei, dass in der Diskussion um den Wohnungsnotstand das Problem der Armut im jungen Erwachsenenalter noch nicht systematisch genug betrachtet werde, monierte der Wissenschaftler.

Ruth Seyboldt, Vorsitzende des Vereins Careleaver, wies darauf hin, dass nicht nur der Mangel an finanzierbarem Wohnraum ein Grund dafür sei, dass in Deutschland Kinder und Jugendliche ohne festen Wohnsitz lebten. „Heranwachsende entscheiden sich auch bewusst gegen die Jugendhilfe. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass ihre Bedürfnisse in diesem System nicht ernst genommen werden“, erklärte Seybold und sprach sich deshalb unter anderem für unabhängige Ombudsstellen aus. Junge Menschen brauchten individuelle, passgenaue Lösungen. Im „Dschungel potenzieller Sozialleistungen“ fänden sie sich allein nicht zurecht. Ihnen sollten zur Unterstützung „Lotsen“ zur Seite gestellt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1388 vom 15.12.2020

„Pflegende Angehörige leisten täglich Außergewöhnliches. Sie kompensieren damit die Fehlentscheidungen in der Pflegepolitik und werden von der Bundesregierung alleine gelassen“, kommentiert Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE, die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes. „Mehr als die Hälfte der Menschen mit Pflegebedarf werden zu Hause, alleine von Angehörigen versorgt. Das heißt auch, dass mehr als die Hälfte der Menschen mit Pflegebedarf, alleine wegen des hohen Verantwortungsbewusstseins ihrer Angehörigen, gut versorgt werden. Die Bundesregierung nutzt dieses Verantwortungsbewusstsein aus und tut zu wenig dafür, die Pflege durch Angehörige bedarfsdeckend zu finanzieren.“ Zimmermann weiter:

„Im Koalitionsvertrag wurde pflegenden Angehörigen ein unbürokratisches Entlastungsbudget versprochen, in dem verschiedene Leistungen zusammengefasst werden. Alles was dazu bis jetzt vorliegt, sind vage und völlig unzureichende Absichtserklärungen. Menschen mit Pflegebedarf und ihre Angehörigen lässt man hier am langen Arm verhungern. Nicht mal die Versorgung mit persönlicher Schutzausrüstung während der Corona-Pandemie kann die Bundesregierung sicherstellen. Ohne diese konkreten Hilfen bleiben die Beteuerungen der Bundesregierung Lippenbekenntnisse. Das ist peinlich und beschämend.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 18.12.2020

Öffentliche Anhörung zum

Gesetzentwurf der Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Embryonenschutzgesetzes – Kinderwünsche erfüllen, Eizellspenden legalisieren BT-Drucksache 19/17633

Detaillierte Informationen zur Sitzung finden Sie auf der Internetseite des Ausschusses:
www.bundestag.de/ausschuesse/a14/anhoerungen/815320-815320

Hinweis: Die Anhörung findet aufgrund der aktuellen Situation ohne Publikum statt.
Die Sitzung wird zeitversetzt am 28.1. um 13.30 Uhr im Internet unter www.bundestag.de übertragen. Am Folgetag ist sie unter www.bundestag.de/mediathek abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 21.01.2021

Welche Bedingungen die Bundesregierung an die Verkehrserziehung in Kindergarten und Schule stellt, möchte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wissen. In einer Kleinen Anfrage (19/25742) erkundigen sich die Abgeordneten auch nach der Anzahl der Jugendverkehrsschulen und den dort besetzten Stellen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 79 vom 18.01.2021

Die Sicherheit für Kinder und Jugendliche auf dem Weg zu Schule und Kindergarten stellt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in den Mittelpunkt einer Kleinen Anfrage (19/25754). Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung unter anderem wissen, wie viele Unfälle mit Kindern es in den vergangenen fünf Jahren auf dem Schulweg in den verschiedenen Bundesländern gab. Gefragt wird auch, was getan wird, um Gefahrenstellen auf den Schulwegen zu entschärfen, und ob die Bundesregierung plant, Kommunen beim Problem der „Elterntaxis“, die nach Einschätzung der Grünen den Schulweg vieler Kinder besonders gefährlich machen, durch Änderungen in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) oder der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) zu unterstützen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 79 vom 18.01.2021

Einen Überblick über die Situation gleichgeschlechtlicher Ehepaare gibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/25590) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/25052). Die Antwort enthält unter anderem Tabellen, aus denen der Anteil der gleichgeschlechtlichen Eheschließungen an allen Eheschließungen und der Anteil gleichgeschlechtlicher Ehen an bestehenden Ehen ersichtlich ist.

Zu der Frage nach Problemen bei der Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts schreibt die Bundesregierung, diese seien durch das Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 18. Dezember 2018 geregelt worden. Eventuelle Umsetzungsprobleme auf Landes- und Kommunalebene fielen aufgrund der Kompetenzzuordnung des Grundgesetzes nicht in die Zuständigkeit des Bundes.

Zu einer Behebung der im Abstammungsrecht bestehenden rechtlichen Unterschiede im Hinblick auf die Eltern-Kind-Zuordnung der zweiten Elternstelle heißt es, die Meinungsbildung zur Reform des Abstammungsrechts sei innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. Weitere rechtliche Unterschiede für gleichgeschlechtliche und verschiedengeschlechtliche Ehepaare gebe es nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland nicht.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 73 vom 15.01.2021

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/25786) ein Konzept für eine beitragsfreie Verpflegung an Schulen und in Kitas. Dabei seien die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) einzuhalten, heißt es. Außerdem gelte es, den dafür nötigen Aus- und Umbau von Küchen in Schulen und Kitas, die Ausstattung von Räumlichkeiten zum Essen und die Anlage von Schulgärten voranzutreiben. Auch müssten, so die Fraktion, „kompetitive Verpflegungsangebote“, etwa private Cafeterias, Kioske und Verkaufsautomaten, reguliert werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 63 vom 13.01.2021

Die von der Bundesregierung geplante Änderung des Jugendschutzgesetzes (19/24909) stößt bei Sachverständigen teils auf Zustimmung, teils auf Ablehnung. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montagnachmittag deutlich. Ziel der Novelle ist es, den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet und in den sozialen Medien zu verbessern. Dazu sollen die Anbieter von Internetdiensten verpflichtet werden, Vorkehrungen zu treffen, damit Kinder und Jugendliche vor sogenannten Interaktionsrisiken wie Mobbing, sexueller Belästigung, Tracking oder Kostenfallen geschützt werden. Vorgesehen sind zudem einfache Melde- und Beschwerdemöglichkeiten für Kinder- und Jugendliche. Zur Durchsetzung der Auflagen sieht die Gesetzesvorlage hohe Bußgelder bei Verstößen auch gegen Anbieter im Ausland vor. Darüber hinaus sollen die Alterskennzeichnungen für Computerspiele und Filme vereinheitlicht und so geändert werden, dass sie Eltern, Fachkräften und den Kinder und Jugendlichen selbst eine nachvollziehbare Orientierung bieten.

Zuspruch für die geplante Neuregelung kam von Torsten Krause vom Deutschen Kinderhilfswerk. Die Erweiterung der Schutzziele in den Paragrafen 10 a und 10 b sei zu unterstützen, sagte er. Die Aufnahme von Interaktionsrisiken in das Gesetz böte eine geeignete Grundlage dafür, Gefährdungen zu unterbinden und Verstöße zu sanktionieren. Bezüglich der Jugendschutzvoreinstellungen plädierte Krause für eine Verschärfung des Entwurfes „hin zu einer Verpflichtung der Anbieter“.

Auch Julia von Weiler vom Verein „Innocence in Danger“ begrüßte den Entwurf. Es sei richtig, Anbieter stärker in die Pflicht zu nehmen. Immer wieder darauf zu verweisen, die Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen müsse gestärkt werden, „dann wird schon alles gut“, reiche nicht aus, betonte sie. Richtig sei es auch, dass die Games, anders als im Netzwerkdurchsetzungsgesetz, in die Regelung aufgenommen werden sollen. In Übereinstimmung mit Kinderhilfswerk-Vertreter Krause kritisierte von Weiler, dass eine Befreiung von der Kennzeichnungs- und Vorsorgepflicht bei Film- und Spieleplattformen die weniger als eine Million Nutzer haben, geplant sei. „Diese Logik kapiere ich nicht“, sagte sie. Krause hatte zuvor gesagt: Niemand käme auf die Idee, eine kleine Kneipe aufgrund ihrer Größe von der Auflage zu befreien, keinen Alkohol an Kinder oder Jugendliche auszuschenken.

Ein positives Fazit zog Jutta Croll von der Stiftung Digitale Chancen. „Mit der Novellierung sind wir auf dem Weg zu einem zeitgemäßen Jugendschutz, der sich in ein übergreifendes rechtliches Umfeld einordnet“, befand sie. Es würden gesetzlich klare und verlässliche Strukturen für ein kohärentes und effektives Miteinander im Rahmen der Verantwortungsgemeinschaft von Bund und Ländern für den Kinder- und Jugendmedienschutz geschaffen.

Carsten Schöne vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Sachsen bemängelte, dass das Ziel des Gesetzes im Paragrafen 10 „versteckt“ sei. Es gehöre aber gleich in den Paragrafen eins. Sinnvoll wäre es aus seiner Sicht auch, die Ziele des Jugendschutzgesetzes mit Aufträgen an die Länder und die Gebietskörperschaften zu kombinieren, um eine Förderung der Medienbildung sicherzustellen. „Das greift nicht in die Selbstverwaltung der Kommunen ein“, urteilte er.

Annette Kümmel vom Verband Privater Medien (Vaunet) und Felix Falk vom Verband der deutschen Games-Branche halten das Gesetz in seiner jetzigen Form hingegen für untauglich. Der Entwurf verfehle das Ziel des Koalitionsvertrages von Union und SPD, ein kohärentes Jugendschutzsystem zu schaffen, kritisierte Kümmel. „Der ohnehin schon sehr komplexe deutsche Jugendmedienschutz wird noch komplizierter, ohne dass das Schutzniveaus signifikant verbessert wird“, sagte sie. Der Entwurf bedeute zudem für die privaten Medienanbieter eine unnötige Doppelregulierung, „aber auch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung“.

Aus Sicht von Felix Falk ist es auch „kein Wunder“, dass der Entwurf sein Ziel verfehle, da sich Bund und Länder nicht auf gemeinschaftliche Regelungen „aus einer Hand“ hätten einigen können. Folge dessen sie ein schlechter Kompromiss, der auf Kosten von Eltern, Kindern und Anbietern gehe. „Auf dem schon bestehenden Flickenteppich im Kinder- und Jugendmedienschutz kommen jetzt noch ein paar Flicken hinzu“, sagte er. Falk forderte eine Stärkung des Systems der Selbstkontrolle. Korrekturen brauche es auch im Zusammenhang mit den Interaktionsrisiken.

Professor Marc Liesching von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig räumte ein, dass die Regulierung des Jugendmedienschutzes in Deutschland aufgrund der Aufteilung der Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern eine besondere Herausforderung darstellt. Daher könnten bei gesetzgeberischen Alleingängen seitens des Bundes – wie der Länder – keine umfassenden regulatorischen Lösungen für die digitale, konvergente Medienrealität erwartet werden. Mit dem vorliegenden Entwurf würden nur marginale Veränderungen im bestehenden Jugendschutzsystem vorgenommen, sagte Liesching. Diese würden seiner Einschätzung nach „keine oder allenfalls geringe praktische Auswirkungen im Bereich des Jugendmedienschutzes zeitigen“.

Nach Ansicht von Professor Wolfgang Schulz vom Leibnitz-Institut für Medienforschung Hamburg adressiert der Entwurf „die richtige Risikoverschiebung“. Mit dem Vorsorgeansatz sei die Bundesregierung auf einem Weg, „den wir wissenschaftlich auch für plausibel halten“. Die fehlende Abstimmung zwischen Bundes- und Landesregelungen lasse es aber offen erscheinen, „wie viel davon tatsächlich auf die Straße kommt“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 48 vom 11.01.2021

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/25349) höhere Rentenleistungen für pflegende Angehörige. 84 Prozent der Pflegebedürftigen, die zu Hause gepflegt werden, würden allein durch Angehörige oder Nahestehende mit Bezug von Pflegegeld versorgt. Seit 2017 steige die Zahl rentenversicherter Pflegepersonen sprunghaft, argumentieren die Abgeordneten. Sie kritisieren, dass Verbesserungen der vergangenen Jahre erst ab Pflegegrad 2 gelten und die unterschiedliche rentenrechtliche Bewertung der Pflegegrade und Versorgungsformen nicht aufgehoben sei.

Die Linke fordert unter anderem, dass alle Pflegepersonen unabhängig vom Erwerbsstatus und auch im Pflegegrad 1 zusätzliche Rentenansprüche aus der Pflegetätigkeit erwerben können. Die Beitragszahlungen der Pflegekassen an die gesetzliche Rentenversicherung für die Alterssicherung von Pflegepersonen sollen deutlich erhöht werden. Alle Pflegepersonen sollen auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze ohne Abschläge von der regulären Altersrente, abhängig vom jeweiligen Pflegegrad, zusätzliche Rentenansprüche aus häuslicher Pflege bis zum Ende der Pflegesituation erwerben. Minderungen von erworbenen Betriebsrentenansprüchen sollen ausgeschlossen werden. Erwerbstätige Pflegepersonen, die ihre Arbeitszeit pflegebedingt reduzieren oder zeitweise unterbrechen, sollen hierdurch keine Renteneinbußen erfahren. Beim erstmaligen Eintreten einer Pflegesituation soll eine sechswöchige bezahlte Freistellung für erwerbstätige pflegende Angehörige analog dem Krankheitsfall gewährt werden, verlangt Die Linke weiter.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 22 vom 05.01.2021

Die Bundesregierung hat ihren Bericht zur Dynamisierung der Leistungen der Pflegeversicherung vorgelegt. Aus Sicht der Regierung scheine ein Anstieg der Leistungsbeträge um fünf Prozent angemessen, heißt es in dem Bericht, wie aus einer Unterrichtung (19/25283) hervorgeht. Die Bundesregierung werde zeitnah über die Umsetzung entscheiden.

Die Bundesregierung hat den Angaben zufolge alle drei Jahre einen Bericht über die Notwendigkeit und Höhe einer Anpassung der Leistungen der Pflegeversicherung vorzulegen. Als Orientierungswert diene die kumulierte Preisentwicklung in den vergangenen drei Kalenderjahren, heißt es. Dabei sei sicherzustellen, dass der Anstieg der Leistungsbeträge nicht höher ausfalle als die Bruttolohnentwicklung im selben Zeitraum.

Der kumulierte Verbraucherpreisindex für die Jahre 2017 bis 2019 habe bei 4,8 Prozent gelegen. Die Bruttolohnsumme der abhängig Beschäftigten sei im selben Zeitraum um 8,9 Prozent gestiegen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 10 vom 04.01.2021

Die von der Bundesregierung geplante Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes ist in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag auf ein zweigeteiltes Echo gestoßen. Einerseits begrüßten die geladenen Sachverständigen mehrheitlich die geplanten Änderungen. Anderseits monierten sie, dass diese nicht weit genug gingen.

Der Gesetzentwurf zur Novellierung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (19/24438) sieht vor, dass der Bezug des Elterngeldes um einen weiteren Monat verlängert wird, wenn das Kind sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin oder früher zur Welt kommt. Zudem soll die erlaubte wöchentliche Arbeitszeit für Eltern, die während des Elterngeldbezuges in Teilzeit arbeiten, von 30 auf 32 Stunden angehoben werden. Der Partnerschaftsbonus, der die parallele Teilzeit beider Eltern ermöglicht, soll mit 24 bis 32 Wochenstunden statt mit 25 bis 30 Wochenstunden, bezogen werden können. Thema der Anhörung war zudem ein Antrag der FDP-Fraktion (19/17284), die sich ebenfalls für flexiblere Arbeitszeitkorridore bei den Partnerschaftsmonaten ausspricht.

Sigrid Andersen von der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Familie begrüßte grundsätzlich die angestrebte Reformen beim Elterngeld und der Elternzeit. Der Gesetzentwurf der Regierung enthalte gute Ansätze. Allerdings sei die Flexibilisierung des Stundenkorridors bei der wöchentlichen Arbeitszeit beim Partnerschaftsbonus nicht weitgehend genug. Andersen sprach sich dafür aus, diesen bereits ab einer Arbeitszeit von 20 Wochenstunden zu ermöglichen. Die Festsetzung auf 24 Wochenstunden werde nicht dazu führen, dass der Partnerschaftsbonus zukünftig häufiger in Anspruch genommen werde, führte sie aus. Für unzureichend hält sie auch die Regelungen für Frühgeburten. Ein zusätzlicher Monat Elterngeld reiche nicht aus. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum der zusätzliche Monat nur gewährt werde, wenn das Kind mindestens sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt kommt.

In diesem Sinne argumentierte auch Matthias Dantlgraber vom Familienbund der Katholiken. Auch er forderte, beim Partnerschaftsbonus den Arbeitszeitkorridor bei bereits 20 Arbeitsstunden pro Woche beginnen zu lassen. Der Sachverständige monierte, dass der Partnerschaftsbonus prinzipiell ein Familienmodell mit zwei Verdienern gegenüber dem Alleinverdienermodell begünstige. Dies stehe im Widerspruch zu verfassungsrechtlich gebotenen Neutralität des Staates. Partnerschaftliche Erziehungsarbeit sei auch in Familien mit nur einem berufstätigen Elternteil möglich. Der Staat solle hier keine Vorgaben machen, forderte Dantlgraber. Zudem sprach er sich dafür aus, für jeden Monat, den ein Kind vor dem errechneten Geburtstermin geboren wird, einen zusätzlichen Elterngeldmonat zu gewähren. Prinzipiell müsse auch der Mindestbetrag des Elterngeldes von 300 auf 450 Euro angehoben werden.

Für eine großzügigere Regelungen bei Frühgeburten, eine Anhebung des Mindestbetrags des Elterngeldes und mehr Flexibilität beim Arbeitszeitkorridor sprach sich auch Alexander Nöhring vom Zukunftsforum Familie aus. Vor allem für Alleinerziehende sei der Arbeitskorridor zu eng. Die wöchentliche Mindestarbeitszeit müsse nach unten korrigiert werden.

Das Urteil von Kerstin Plack von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) über das Gesetzesvorhaben fiel ebenfalls zweigeteilt aus. Einerseits begrüßten es die Arbeitsgeber ausdrücklich, wenn Frauen nach der Geburt eines Kindes möglichst schnell wieder in den Arbeitsprozess einsteigen. Deshalb sei die Ausweitung der wöchentlichen Arbeitszeit während der Elternzeit von 30 auf 32 Stunden zu begrüßen. Plack verwies allerdings darauf, dass viele kleinere Betriebe Probleme bei der Umsetzung von Teilzeitmodellen hätten. Es sei sehr schwer, für eine begrenzte Zeit und Wochenstundenzahl qualifizierte Vertretungen auf dem Arbeitsmarkt zu finden.

Silke Raab vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte den Gesetzentwurf. Der erweiterte Arbeitszeitkorridor von 24 bis 32 Wochenstunden sei praxistauglich. Die Vielfalt der damit möglichen Arbeitszeitarrangements erleichterte es nicht nur Müttern, sondern auch Vätern, Beruf und Familie besser unter einen Hut zu bringen. Raab plädierte darüber hinaus dafür, dass die Regelungen zum Elterngeld angesichts der Corona-Pandemie entfristet werden. So sei derzeit geregelt, dass Verdienstausfälle etwa durch Kurzarbeit nicht zu Nachteilen bei der Inanspruchnahme beziehungsweise der Berechnung des Elterngeldes führen dürfen. Diese Regelung laufe aber Ende des Jahres aus. Dies müsse geändert werden, forderte Raab.

Jörg Freese von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände mahnte, dass die Bearbeitung von Elterngeld- und Elternzeitanträgen zukünftig mehr Zeit erfordern werde. Gleiches gelte für die Beratungszeit. Der von der Bundesregierung noch immer veranschlagte Aufwand von zehn Minuten sei nicht mehr realistisch. Ein Beratungsaufwand von 20 bis 30 Minuten sei realistischer.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1382 vom 14.12.2020

Die rechtliche Situation gleichgeschlechtlicher Ehepaare in Deutschland, der Europäischen Union und weltweit ist Thema einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion (19/25052). Wie es darin heißt, plant das Bundesjustizministerium, auf die breite Kritik an der abstammungsrechtlichen Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Ehepaare eingehend, derzeit eine Reform des Abstammungsrechts zugunsten verheirateter Frauen. Demnach solle es künftig auch zwei Müttern ermöglicht werden, von Geburt eines Kindes an dessen rechtliche Eltern zu sein. Ein entsprechender Entwurf zur Änderung des Abstammungs-, Kindschafts- und Kindesunterhaltsrechts befinde sich Presseberichten zufolge derzeit in der Ressortabstimmung. Weiterhin nicht berücksichtigt würden im vom Bundesjustizministerium vorgelegten Gesetzentwurf jedoch andere Konstellationen von Regenbogenfamilien wie beispielsweise Mehr-Eltern-Familien oder die Rolle des leiblichen Vaters bei bereits vor der Zeugung des Kindes einvernehmlich getroffenen Elternschaftsvereinbarungen. Darüber hinaus sei eine Rechtsgleichheit gleichgeschlechtlicher Ehepaare auch innerhalb der Europäischen Union noch nicht flächendeckend gegeben.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1378 vom 14.12.2020

Mehr Frauen in Spitzengremien großer Unternehmen, Dynamik aber vor allem in Vorständen verhalten – Frauenanteile in Aufsichtsräten deutlich höher – Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen ist wichtiges gleichstellungspolitisches Signal, reicht allein aber nicht aus

Die Frauenanteile in den Spitzengremien großer Unternehmen in Deutschland sind im vergangenen Jahr weiter gestiegen. Vielerorts gewann die Entwicklung aber insbesondere in den Vorständen kaum an Dynamik. Das geht aus dem neuesten Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervor. 101 Vorständinnen gab es demnach im Herbst vergangenen Jahres in den 200 umsatzstärksten Unternehmen – sieben mehr als ein Jahr zuvor. Bei insgesamt 878 Vorstandsposten entsprach dies einem Anteil von rund zwölf Prozent und damit einem Plus von gut einem Prozentpunkt. Nachdem es 2019 noch etwas dynamischer aufwärts ging, büßte die Entwicklung wieder ein wenig Tempo ein. Auch in den Vorständen der größten Banken und Versicherungen ist der Frauenanteil zuletzt etwas langsamer gestiegen als im Jahr zuvor. In der Gruppe der DAX-30-Unternehmen stagnierte er sogar. In den Aufsichtsräten der größten Unternehmen in Deutschland ist der Frauenanteil hingegen durchgehend weiter gestiegen.

„Im Gegensatz zu einigen Aufsichtsräten sitzen bei den meisten Vorstandsrunden nach wie vor ganz überwiegend Männer am Tisch“, sagt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics in der Abteilung Staat am DIW Berlin. Erneut hat sie in der größten Auswertung dieser Art gemeinsam mit Anja Kirsch von der Freien Universität Berlin mehr als 500 Unternehmen unter die Lupe genommen und ausgewertet, inwieweit Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten vertreten sind.

Etwa 30 Unternehmen brauchen mindestens eine Frau für ihren Vorstand

Schwung verleihen könnte der vergleichsweise zähen Entwicklung in Vorständen die zu Jahresbeginn vom Bundeskabinett beschlossene Mindestbeteiligung von Frauen: In ihrer jetzigen Ausgestaltung würde sie für 74 Unternehmen gelten, sofern das Gesetz vom Bundestag verabschiedet wird. Etwa 30 davon erfüllen die Vorgabe von mindestens einer Frau in einem Vorstand ab vier Mitgliedern noch nicht. Tun sie dies künftig, stiege der Anteil der Vorständinnen in den unter die Regelung fallenden Unternehmen von etwa 13 auf 21 Prozent. „Die verbindliche Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen in ein wichtiges gleichstellungspolitisches Signal“, so Wrohlich. „Es wird Zeit, dass sich nach den Aufsichtsräten auch in den Vorständen endlich etwas tut. Das ist auch im Interesse der Unternehmen, denn mehr Geschlechterdiversität wirkt sich meistens äußerst positiv aus.“

Das unterstreichen auch die Aussagen von 60 AufsichtsrätInnen, die im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Freien Universität Berlin interviewt wurden. Anja Kirsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Professur für Personalpolitik, befragte dabei jeweils 30 Frauen und Männer mit Aufsichtsratsmandaten in 75 börsennotierten Unternehmen zu den Auswirkungen von mehr Frauen in den Kontrollgremien. Das Ergebnis: Interaktion, Diskussion und Entscheidungsfindung profitieren deutlich. Die Interviewten empfanden eine freundlichere Atmosphäre, mehr Höflichkeit und gegenseitige Wertschätzung. Zudem wurden Diskussionen als umfassender und facettenreicher beschrieben. Die Vorstellung, dass Frauen in Aufsichtsräten besonders risikoscheue, altruistische und ethische Beiträge machen, bestätigte sich hingegen nicht.

„Frauen hinterfragen offenbar eher Vorschläge und Entscheidungen des Vorstands und fordern öfter zusätzliche Informationen“, sagt Kirsch. „Geschlechterdiversität in Aufsichtsräten kann also dazu beitragen, Vorstände effektiver zu kontrollieren.“ Angesichts immer wieder auftretender Fälle von Betrug durch das Top-Management – wie im Fall Wirecard – erscheine eine verbesserte Diskussion und Entscheidungsfindung in Aufsichtsräten enorm wichtig, so die Studienautorinnen. „Die Hoffnung ist, dass in diesem Sinne auch die gesetzliche Vorgabe für eine Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen zusätzliche Impulse bewirkt“, so Kirsch.

Entwicklung in Aufsichtsräten zeigt, dass gesetzliche Vorgaben wirken

Dass verbindliche Vorgaben wirken und den Frauenanteil nachhaltig erhöhen können, zeigt die 2015 beschlossene Geschlechterquote für Aufsichtsräte: Die der Quote unterliegenden Unternehmen haben die vorgeschriebene 30-Prozent-Marke bereits 2017 geknackt und den Anteil ihrer Aufsichtsrätinnen dennoch weiter erhöht – im Herbst 2020 lag er bereits bei rund 36 Prozent.

Ob die Mindestbeteiligung für Vorstände eine ähnliche Entwicklung anstoßen kann, bleibt abzuwarten. Im Gegensatz zu Aufsichtsrätinnen sei der Pool an möglichen Vorständinnen deutlich geringer, so Wrohlich, da Vorstände in der Regel langjährige Managementerfahrungen haben und aus der Hierarchieebene direkt unterhalb des Vorstands rekrutiert werden – und genau dort sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. „Das sollten die Unternehmen dringend ändern, sonst werden sie Probleme bekommen, die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen“, so Wrohlich. Neben neuen Formen der Arbeitsorganisation müssten dafür nicht zuletzt Geschlechterstereotype in der Arbeitswelt und die vielerorts noch immer männlich geprägte Führungskultur aufgebrochen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 20.01.2021

Im 3. Quartal 2020 wurden in Deutschland rund 24 000 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren das 3,7 % weniger als im 3. Quartal 2019. Diese Veränderungsrate liegt im Bereich der üblichen Schwankungen, sodass dieses Ergebnis nicht durch einen Sondereffekt im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie beeinflusst sein muss. 

70 % der Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, waren zwischen 18 und 34 Jahren alt, 19 % waren zwischen 35 und 39 Jahren. 8 % der Frauen waren 40 Jahre und älter, 3 % waren jünger als 18 Jahre. Rund 41 % der Frauen hatten vor dem Schwangerschaftsabbruch noch kein Kind zur Welt gebracht. 

96 % der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Eine medizinische Indikation oder ein Sexualdelikt war in den übrigen 4 % der Fälle die Begründung für den Abbruch. Mehr als die Hälfte der Schwangerschaftsabbrüche (56 %) wurden mit der Absaugmethode (Vakuumaspiration), fast ein Drittel (32 %) wurde medikamentös durchgeführt, vor allem mit dem Mittel Mifegyne® (29 %). 97 % der Eingriffe erfolgten ambulant, davon gut 80 % in Arztpraxen beziehungsweise OP-Zentren und knapp 17 % ambulant in Krankenhäusern.

Detaillierte Informationen zu den Schwangerschaftsabbrüchen, auch zu den Quartalsergebnissen, sind in den Tabellen Schwangerschaftsabbrüche (23311) in der Datenbank GENESIS-Online abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 21.01.2021

Bevölkerungszahl bleibt voraussichtlich konstant bei 83,2 Millionen Menschen

Ende 2020 haben in Deutschland nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 83,2 Millionen Menschen gelebt. Aufgrund einer geringeren Nettozuwanderung und einer gestiegenen Sterbefallzahl bei voraussichtlich etwas weniger Geburten als im Vorjahr hat die Bevölkerungszahl damit erstmals seit 2011 nicht zugenommen. In den drei Jahrzehnten seit der deutschen Vereinigung war die Bevölkerung Deutschlands überwiegend gewachsen, mit Ausnahme der Jahre 1998 sowie 2003 bis 2010. Das Bevölkerungswachstum hatte sich jedoch ausschließlich aus dem positiven Wanderungssaldo ergeben – also dadurch, dass mehr Menschen zugewandert als abgewandert sind. Ohne diese Wanderungsgewinne würde die Bevölkerung bereits seit 1972 schrumpfen, da seither jedes Jahr mehr Menschen starben als geboren wurden. 

Erste Schätzungen: Weniger Geburten und mehr Sterbefälle als 2019 

Die Zahl der Geburten dürfte 2020 gegenüber dem Vorjahr leicht abgenommen haben und die Zahl der Sterbefälle spürbar gestiegen sein. Für 2020 ist der Schätzung nach mit 755 000 bis 775 000 Geborenen und mindestens 980 000 Gestorbenen zu rechnen. Der Schätzung der Sterbefälle liegen sowohl die vorläufigen Ergebnisse bis einschließlich September 2020 als auch eine Sonderauswertung der Sterbefallzahlen auf Basis der Rohdaten bis einschließlich der 50. Kalenderwoche zugrunde. Auf dieser Grundlage wurde der derzeit zu beobachtende, offenbar auch mit der Corona-Pandemie zusammenhängende Anstieg der Sterbefälle fortgeschätzt.

Aus der Schätzung der Geburten- und Sterbefälle ergibt sich ein Geburtendefizit (Differenz zwischen Geburten und Sterbefällen) von mindestens 205 000. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 hatte die Zahl der Geborenen 778 090, die Zahl der Gestorbenen 939 520 und das Geburtendefizit 161 430 betragen.

Voraussichtlich deutlich weniger Wanderungen als 2019 

Der Saldo aus Zu- und Fortzügen wird für 2020 zwischen +180 000 und +240 000 Personen geschätzt (2019: 327 060). Der Wanderungssaldo würde damit nach dem Höchstwert im Jahr 2015 (1 139 402) im fünften Jahr in Folge gegenüber dem Vorjahr abnehmen. Im Jahr 2020 dürften sich insbesondere Reisebeschränkungen durch die Corona-Pandemie und wirtschaftliche Folgen eindämmend auf die Wanderung ausgewirkt haben. Allein bis September 2020 ging die Zahl der Zuzüge um 25 % und der Fortzüge um 22 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück. Erfahrungsgemäß ist das Wanderungsgeschehen am Jahresende geringer, sodass für das Gesamtjahr 2020 mit einem etwa um 25 % bis 45 % niedrigeren Wanderungssaldo als 2019 zu rechnen ist.

Methodische Hinweise:
Grundlage für die Schätzung des Bevölkerungsstandes zum Jahresende 2020 bilden die bereits verfügbaren monatlichen Angaben zu Geburten (bis einschließlich September 2020), Sterbefällen (vorläufige Sterbefallzahlen bis einschließlich September 2020 und Sonderauswertung der Rohdaten bis zur 50. Kalenderwoche 2020) sowie Zu- und Abwanderungen (bis einschließlich September 2020 ). Die noch fehlenden Werte wurden mithilfe einer Zeitreihenanalyse der monatlichen Veränderungen der Geburten, der Sterbefälle sowie der Zuzüge nach und der Fortzüge aus Deutschland berechnet. Die Ergebnisse bilden daher einen vorläufigen Stand der Bevölkerungsentwicklung für 2020 ab. Die endgültigen Ergebnisse werden im Sommer 2021 veröffentlicht.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 12.01.2021

  • In 5 Millionen Paarfamilien mit Kindern unter elf Jahren war mindestens ein Elternteil erwerbstätig
  • 581 000 Alleinerziehende mit Kindern unter elf Jahren waren erwerbstätig; 41 % von ihnen in Vollzeit

Wiesbaden – Mit der Verlängerung des Lockdowns in Deutschland bleibt auch der Regelbetrieb in Schulen und Kitas in den meisten Bundesländern ausgesetzt. Berufstätige Eltern müssen Arbeit und Kinderbetreuung unter einen Hut bekommen – vor allem für Eltern jüngerer Kinder und Alleinerziehende eine enorme Herausforderung. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, gab es 2019 rund 5 Millionen Paarfamilien mit Kindern unter elf Jahren in Deutschland, in denen mindestens ein Elternteil berufstätig war. In knapp 3,2 Millionen Familien mit jüngeren Kindern waren beide Elternteile erwerbstätig – das entspricht gut zwei Dritteln aller Paarfamilien mit Kindern unter elf Jahren (68 %). 

90% der erwerbstätigen Alleinerziehenden mit jüngeren Kindern waren Frauen

Für Alleinerziehende ist der Spagat zwischen Arbeit und Kinderbetreuung besonders schwierig. 1,1 Millionen Kinder im Kita- und Grundschulalter lebten zuletzt bei einem Elternteil. Im Jahr 2019 waren 581 000 Alleinerziehende mit Kindern unter elf Jahren erwerbstätig. Davon arbeiteten 41 % in Vollzeit (241 000), die übrigen in Teilzeit. Der überwiegende Teil der erwerbstätigen Alleinerziehenden mit jüngeren Kindern waren Frauen (90 %). 

Die Kultusministerkonferenz beschloss am 4. Januar eine Wiederaufnahme des Regelbetriebs in Schulen in mehreren Stufen. Danach sollen, sobald es das Infektionsgeschehen zulässt, zunächst Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 6 in den Präsenzunterricht zurückkehren. Das könnte vor allem für berufstätige Eltern mit Kindern unter 13 Jahren die Betreuungssituation entspannen. 2019 gab es 5,7 Millionen Familien mit Kindern im Alter von 0 bis 12 Jahren, in denen mindestens ein Elternteil erwerbstätig war. In 3,6 Millionen Paarfamilien mit Kindern unter 13 Jahren waren beide Elternteile erwerbstätig. Bei den erwerbstätigen Alleinerziehenden hatten 730 000 Kinder im Alter von 0 bis 12 Jahren, 310 000 von ihnen arbeiteten in Vollzeit (Anteil von 42 %). 

4,5 Millionen Kinder wurden 2019/2020 in den Jahrgangsstufen 1 bis 6 unterrichtet 

Im Schuljahr 2019/20 besuchten rund 2,8 Millionen Kinder in Deutschland die Grundschule, 4,5 Millionen Kinder wurden in den Jahrgangsstufen 1 bis 6 unterrichtet. In Kindertageseinrichtungen wurden zum Stichtag 1. März 2020 bundesweit gut 3,7 Millionen Kinder unter elf Jahren betreut.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 07.01.2021

Häufigste Kombination: Vernachlässigungen und psychische Misshandlungen

Die Jugendämter in Deutschland haben im Jahr 2019 mit rund 55 500 Kindeswohlgefährdungen das zweite Mal in Folge 10 % mehr Fälle festgestellt als im jeweiligen Vorjahr. Eine neue Auswertung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zeigt nun, dass in jedem fünften Fall von Kindeswohlgefährdung (20 %) mehrere Gefährdungsarten gleichzeitig vorlagen. Im Jahr 2019 betraf das rund 11 200 Kinder und Jugendliche. Zu den vier Gefährdungsarten zählten dabei – neben psychischen und körperlichen Misshandlungen – noch Vernachlässigungen und sexuelle Gewalt.

In 17 % aller Fälle von Kindeswohlgefährdung hatten die Behörden zwei verschiedene Gefährdungsarten festgestellt, in 3 % waren es drei und in 0,2 % der Fälle lagen sogar alle vier Gefährdungsarten vor. Am häufigsten hatten die mehrfach betroffenen Jungen oder Mädchen sowohl Vernachlässigungen als auch psychische Misshandlungen erlebt (6 % aller Fälle von Kindeswohlgefährdung). Die zweithäufigste Kombination bildeten 2019 psychische und körperliche Misshandlungen (ebenfalls 6 %). An dritter Stelle stand die Kombination aus Vernachlässigung und körperlicher Misshandlung (4 %).Gut vier Fünftel (81 %) der Mehrfachbetroffenen waren Kinder unter 14 Jahren, knapp ein Fünftel Jugendliche von 14 bis 18 Jahren. Dabei waren die mehrfach betroffenen Mädchen und Jungen tendenziell etwas älter als der Durchschnitt aller Betroffenen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der mehrfach betroffenen Kinder und Jugendlichen überdurchschnittlich gestiegen – und zwar um 15 % (Durchschnitt: +10 %).

Mit der Zahl der Gefährdungsarten steigt der Anteil der Inobhutnahmen und der Anrufungen der Familiengerichte 

Mit der Zahl der Gefährdungsarten steigt auch der Anteil der Minderjährigen, die nach der Feststellung der Kindeswohlgefährdung zu ihrem Schutz in Obhut genommen wurden: Während dies in den Fällen mit einer Gefährdungsart auf 14 % der Kinder und Jugendlichen zutraf, waren es bei zwei Arten 22 %, bei drei Arten 27 % und bei allen vier Arten 40 %. 

Noch ausgeprägter war dieser Zusammenhang bei den Anrufungen des Familiengerichts: Familiengerichte werden vom Jugendamt immer dann eingeschaltet, wenn der Kinderschutz durch mildere Mittel nicht (wieder) hergestellt werden kann. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass das Familiengericht bei einer Gefährdungsart in 18 % der Fälle angerufen wurde. Bei zwei Gefährdungsarten traf dies auf 28 %, bei drei Arten auf 38 % und bei allen vier Gefährdungsarten auf 54 % der betroffenen Kinder und Jugendlichen zu. Damit lag dieser Anteil dreimal so hoch wie bei den Fällen mit einer Gefährdungsart.

Weitere Informationen:
Detaillierte Ergebnisse der Sonderauswertung zu den mehrfach betroffenen Kindern und Jugendlichen können der verlinkten Tabelle entnommen werden. Ausführliche Angaben der Statistik stehen in der Publikation „Gefährdungseinschätzungen“, in der Datenbank GENESIS-Online unter „Gefährdungseinschätzungen“ (Genesis Tabellen 22518) und in der Pressemitteilung Nr. 328 vom 27. August 2020 bereit. Weiterführende Ergebnisse zum Kinderschutz und andere Ergebnisse der Kinder- und Jugendhilfestatistiken befinden sich auf der Themenseite. Der Kinderschutz ist Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie der Vereinten Nationen und wird im Monitoring der Agenda 2030 unter anderem im Indikator 16.2 aufgegriffen.

Hinweis:
Eine (akute oder latente) Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls eines Kindes unmittelbar droht oder bereits eingetreten ist. In Verdachtsfällen sind die Jugendämter verpflichtet, im Rahmen einer Gefährdungseinschätzung (nach § 8a SGB VIII) das Gefährdungsrisiko und den Hilfebedarf abzuschätzen und der Gefährdung entgegenzuwirken. Dazu zählen in der Regel auch ein Hausbesuch und die Erörterung der Problemsituation mit dem Kind und – sofern dies dem Kinderschutz nicht widerspricht – den Sorgeberechtigten. Im Zweifel kann der Kinderschutz auch gegen den Willen der Sorgeberechtigten durch ein Familiengericht durchgesetzt werden.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 06.01.2021

Zahl der Erwerbstätigen gegenüber Vorjahr um 1,1 % oder 477 000 Personen gesunken

Im Jahresdurchschnitt 2020 waren rund 44,8 Millionen Personen mit Arbeitsort in Deutschland erwerbstätig. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2020 um 477 000 Personen oder 1,1 % niedriger als 2019 und war auch um 76 000 Personen oder 0,2 % geringer als 2018. 2019 hatte die Zuwachsrate noch +0,9 % betragen. Damit endete in der Corona-Krise der über 14 Jahre, auch während der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 anhaltende Anstieg der Erwerbstätigkeit in Deutschland. Allerdings wäre der seit 2007 dauernde Beschäftigungszuwachs vermutlich auch ohne die Corona-Krise bald zum Ende gekommen, da das Erwerbspersonenpotenzial aufgrund des demografischen Wandels schwindet. Diese Entwicklung wird derzeit immer schwächer durch eine höhere Erwerbsbeteiligung der inländischen Bevölkerung sowie die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte kompensiert.

Dienstleistungsbereiche mit größten Beschäftigungsverlusten

In der Summe gab es im Jahr 2020 in den Dienstleistungsbereichen mit -281 000 Personen oder -0,8 % gegenüber 2019 den stärksten Rückgang der Erwerbstätigenzahl. Insgesamt waren noch rund 33,5 Millionen Personen in den Dienstleistungsbereichen tätig. Die größten Beschäftigungsverluste darunter hatten der Bereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe mit -207 000 Erwerbstätigen (-2,0 %) und die Unternehmensdienstleister mit -156 000 Erwerbstätigen (-2,5 %), zu denen auch die Arbeitnehmerüberlassung zählt. Beschäftigungsgewinne gab es hingegen im Bereich Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit mit +153 000 Erwerbstätigen (+1,4 %). 

Im Produzierenden Gewerbe (ohne Baugewerbe) sank die Erwerbstätigenzahl 2020 um 191 000 (-2,3 %) auf rund 8,2 Millionen. Vom Baugewerbe kamen mit einem Anstieg um 17 000 Erwerbstätige (+0,7 % auf rund 2,6 Millionen) noch positive Impulse. In der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei waren 22 000 Personen weniger erwerbstätig als 2019 (-3,7 % auf 577 000). 

Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten dank Kurzarbeit stabil, Zahl der Selbständigen deutlich gesunken 

Die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sank im Jahresdurchschnitt 2020 um 324 000 Personen (-0,8 %) auf rund 40,8 Millionen. Besonders stark war der Teilbereich der marginal Beschäftigten betroffen (geringfügig Beschäftigte, kurzfristig Beschäftigte und Arbeitsgelegenheiten). Dagegen konnte bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, insbesondere durch den Einsatz von Kurzarbeit, die Beschäftigung stabil gehalten werden. Bei den Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger setzte sich der seit nunmehr 9 Jahren andauernde Abwärtstrend im Corona-Krisenjahr 2020 verstärkt fort: Ihre Zahl sank gegenüber 2019 um 153 000 auf 4,0 Millionen (-3,7 %). 

Bei den Ergebnissen ist zu beachten, dass Kurzarbeitende nach den Konzepten der Erwerbstätigenrechnung und der Arbeitskräfteerhebung als Erwerbstätige und nicht als Erwerbslose zählen. 

Zahl der Erwerbslosen um mehr als ein Drittel gestiegen 

Die Zahl der Erwerbslosen (nach international vergleichbarer Definition) in Deutschland stieg nach vorläufigen Schätzungen auf Basis der Arbeitskräfteerhebung im Jahresdurchschnitt 2020 im Vergleich zum Vorjahr deutlich um 474 000 Personen (+34,5 %) auf 1,85 Millionen. Die Zahl der aktiv am Arbeitsmarkt verfügbaren Erwerbspersonen, definiert als Summe von Erwerbstätigen und Erwerbslosen, erhöhte sich im gleichen Zeitraum um 42 000 Personen (+0,1 %) auf 46,5 Millionen. Die Erwerbslosenquote, gemessen als Anteil der Erwerbslosen an der Zahl der Erwerbspersonen, erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr von 3,0 % auf 4,0 %.

Weitere Informationen:
Tief gegliederte Daten und lange Zeitreihen zu den Erwerbstätigen und Erwerbslosen können über die Tabellen Erwerbstätige Erwerbstätige (81000-0015) und Erwerbspersonen inklusive Erwerbslose (81000-0011) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden.

Die aktuellen Daten sowie methodische Kurzbeschreibungen zur Berechnung der Erwerbstätigkeit und Erwerbslosigkeit stehen im Internet zur Verfügung.

Zentrale Ergebnisse der Erwerbspersonenvorausberechnung 2020 enthält die Pressemitteilung Nr. 436 vom 2. November 2020. Die Vorausberechnung umfasst sechs Varianten zur Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials bis ins Jahr 2060.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 04.01.2021

Die rund 3,4 Millionen Erwerbstätigen im Einzelhandel stehen zurzeit besonders im Fokus. Ob in Ladengeschäften, denen während des Corona-bedingten Lockdowns ein Teil des Weihnachtsgeschäfts entgeht oder in Supermärkten, die die Bevölkerung auch in dieser Zeit mit Lebensmitteln versorgen – fast zwei Drittel (64 %) aller Erwerbstätigen dort waren 2019 Frauen, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt.

Fast die Hälfte der Erwerbstätigen arbeitete in Teilzeit

45 % der Erwerbstätigen im Einzelhandel arbeiteten in Teilzeit. Die überwiegende Mehrheit davon waren Frauen (84 %). Zum Vergleich: 29 % der Erwerbstätigen aller Branchen leisteten 2019 Teilzeitarbeit. Auch hier stellten Frauen mit einem Anteil 78 % die Mehrheit. 

Zwei Drittel der Erwerbstätigen im Einzelhandel arbeiten samstags 

Zum Alltag im Einzelhandel gehört die Arbeit am Samstag. 64 % der Erwerbstätigen arbeiteten im Jahr 2019 an diesem Tag. Das waren anteilig fast doppelt so viele wie bei den Erwerbstätigen aller Branchen (34 %). Sonn- und feiertags dagegen ergibt sich ein umgekehrtes Bild. Dank der herrschenden Ladenöffnungsgesetze kann die Mehrheit der Erwerbstätigen im Einzelhandel hier regelmäßig einen freien Tag genießen. Nur 11 % mussten 2019 an Sonn- und Feiertagen arbeiten. Von den Erwerbstätigen aller Branchen leisteten dagegen 21 % Sonn- und Feiertagsarbeit. 

Methodische Hinweise. 

Erwerbstätige im Kfz-Handel werden in der dieser Meldung zugrundeliegenden Wirtschaftsgruppe „Einzelhandel“ nicht miterfasst. Enthalten sind hier dagegen nicht nur die Erwerbstätigen im Versand- und Internethandel, sondern auch viele weitere Untergruppen wie etwa Apotheken, die während des Corona-bedingten Lockdowns zur Gesundheitsversorgung offenbleiben (müssen). 

Datengrundlage ist der Mikrozensus, für den jährlich rund 1 % der Bevölkerung in Deutschland befragt wird.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 22.12.2020

Insgesamt wurden mehr als die Hälfte (51,3 %) aller Pflegebedürftigen in Deutschland allein durch Angehörige versorgt

Sich auf wenige Kontakte beschränken, Hygienemaßnahmen einhalten und generell eine erhöhte Sorge füreinander an den Tag legen – die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie fordern die Menschen im Alltag. Besonders hart trifft es Risikogruppen, darunter auch Pflegebedürftige und deren Angehörige – nicht nur in Pflegeheimen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, wurden Ende 2019 hierzulande 2,1 Millionen Menschen mit Pflegegrad 2 bis 5 und damit mehr als die Hälfte aller 4,1 Millionen Pflegebedürftigen (51,3 %) allein durch Angehörige zu Hause versorgt. 72 700 von ihnen hatten den höchsten Pflegegrad (5) und wiesen damit schwerste Beeinträchtigungen mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung auf.

In Baden-Württemberg (55,3 %), Hessen (55,1 %) und Nordrhein-Westfalen (54,0 %) lag der Anteil der Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2 bis 5, die ausschließlich durch Angehörige versorgt wurden, am höchsten. Am niedrigsten lag der Anteil in Sachsen-Anhalt (42,9 %), Schleswig-Holstein (43,2 %) und Hamburg (44,7 %).

Ambulante Pflegedienste werden mit zunehmendem Pflegegrad immer wichtiger 

Je schwerer die Beeinträchtigungen der Pflegebedürftigen, desto häufiger übernehmen ambulante Pflegedienste – zumindest teilweise – deren Versorgung. Zum Jahresende 2019 versorgten 14 700 ambulante Dienste 983 000 Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 bis 5 in Deutschland. Die ambulanten Pflegedienste beschäftigen hierzulande zuletzt 421 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit steigendem Pflegegrad nimmt auch der Anteil zu, den Pflegedienste an der Versorgung zu Hause erbringen: Von 27,6 % bei Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2 bis hin zu 37,9 % bei Menschen mit Pflegegrad 5 (Pflegegrad 3: 31,0 %, Pflegegrad 4: 34,9 %). 

Insgesamt wurden vier von fünf Pflegebedürftigen (3,31 Millionen) zu Hause versorgt 2. In Brandenburg lag der Anteil der zu Hause versorgten Pflegebedürftigen mit 83,9 % am höchsten. Ähnlich hoch war er in Nordrhein-Westfalen (82,5 %) und Bremen (82,1 %). Schleswig-Holstein (73,1 %), Bayern (76,6 %) und Sachsen-Anhalt (77,6 %) wiesen bundesweit den niedrigsten Anteil auf. Die Zahl der zu Hause versorgten Pflegebedürftigen (Pflegegrad 1 bis 5) stieg im Vergleich zur letzten Erhebung 2017 im bundesweiten Durchschnitt um 27 %. Hier zeigen sich auch Effekte des zum 1. Januar 2017 neu eingeführten weiter gefassten Pflegebedürftigkeitsbegriffs.

Pflege zu Hause wird mit zunehmendem Alter der Betroffenen immer schwieriger 

Pflegende Angehörige und pflegebedürftige Personen sind Individuen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen – verschieden in der Art der Erkrankung, der Pflegesituation und den damit verbundenen Herausforderungen auch im Alter. Die Zahlen der Pflegestatistik zeigen: Der Anteil der zu Hause versorgten Pflegebedürftigen sinkt mit deren zunehmendem Alter. Während Pflegebedürftige von 65 bis unter 70 Jahren im vergangenen Jahr zu 84,5 % zu Hause versorgt wurden, lag der Anteil der zu Hause betreuten über 90-Jährigen bei 64,6 %. Hierbei spielt auch eine Rolle, dass im hohen Alter die Pflegebedürftigkeit steigt. Ende 2019 waren 16,4 % der 65 bis unter 70-Jährigen Pflegebedürftigen in den beiden höchsten Pflegegraden, bei den über 90-Jährigen liegt der Anteil der Pflegegrade 4 und 5 bei 26,0 %.

Weitere Informationen:

Weitere Ergebnisse und Erläuterungen der zweijährlichen Statistik – insbesondere auch zu Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten einschließlich des Personals – stehen in der Publikation „Pflegestatistik 2019 – Deutschlandergebnisse “ und „Pflegestatistik 2019 – Ländervergleich Pflegebedürftige “ sowie in den Tabellen zur Pflegestatistik (224) in der Datenbank GENESIS-Online (zum Beispiel Pflegebedürftige nach Art der Versorgung und Altersgruppen in 22421 -B2007) zur Verfügung.

Pflege zu Hause betrifft auch das Thema Geschlechtergerechtigkeit: In Deutschland ist die bezahlte und unbezahlte Arbeit zwischen Männern und Frauen ungleich verteilt, der Gender Care Gap liegt bei 52 %. Dies bedeutet, dass Frauen durchschnittlich 52 % mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit verwenden als Männer, erläutert Prof. Dr. Jutta Almendinger in unserem Podcast .

Methodische Hinweise:

Als Pflegebedürftige werden Menschen beschrieben, die pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI) sind, das heißt aufgrund einer körperlichen oder psychischen Erkrankung oder Behinderung in einem solchen Ausmaß in ihrer Selbstständigkeit beeinträchtigt sind, dass es der Unterstützung anderer bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben bedarf. Die Bedürftigkeit der Menschen klassifiziert das Gesetz von gering (Pflegegrad 1) bis hin zu schwersten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder Fähigkeiten (Pflegegrad 5).

Pflegebedürftige allein durch Angehörige versorgt: Hier werden die Pflegebedürftigen zugeordnet, die Pflegegeld für selbstbeschaffte Pflegehilfen nach § 37 Abs.1 SGB XI erhalten. Die Leistung erhalten nur Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5. Inwieweit hier auch unterstützend anderweitig finanzierte Haushaltshilfen tätig sind, wird in der Statistik nicht abgebildet. Die Statistik enthält zudem keine Angaben über die Zahl der pflegenden Angehörigen.

Fußnote 2: Hierzu zählen die allein durch Angehörige Versorgten, die zusammen mit/ durch ambulante Dienste Versorgten, Pflegebedürftige im Pflegegrad 1 mit ausschließlich landesrechtlichen bzw. ohne Leistungen der Heime und Dienste sowie Pflegebedürftige im Pflegegrad 1 mit teilstationären Leistungen.

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 18.12.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Die gemeinnützige Stiftung Alltagsheld:innen hat mit einem soliden Startkapital von 1.200.000 Euro zum Beginn des Jahres 2021 ihre Arbeit aufgenommen. Sie ist die erste Stiftung, die sich bundesweit ausschließlich für die Rechte von Alleinerziehenden einsetzt. Als Auftakt fördert sie Projekte, die Ein-Eltern-Familien in der Corona-Krise unterstützen.

In Deutschland ist jede fünfte Familie eine Ein-Eltern-Familie – es handelt sich dabei also nicht um ein Ausnahmephänomen, sondern um eine bedeutende Bevölkerungsgruppe. Von den etwa 2,6 Millionen Alleinerziehenden sind 90 Prozent Frauen. Ein erschreckend hoher Anteil lebt an der Armutsgrenze – es gibt in Deutschland kein größeres Armutsrisiko für Frauen, als ihre Kinder allein aufzuziehen. Die Corona-Pandemie stellt für Alleinerziehende eine weitere große Belastungsprobe dar: Sie müssen Berufstätigkeit und Kinderbetreuung, Homeoffice und Homeschooling unter einen Hut bekommen und sind dabei auf sich allein gestellt.

Die neu gegründete Stiftung Alltagsheld:innen setzt sich für Alleinerziehende ein: Sie macht durch politische Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit auf die Situation von Ein-Eltern-Familien aufmerksam und fördert wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Thema. Die Stiftung leistet keine Einzelfallhilfe, sondern finanziert Projekte, die geeignet sind, grundsätzlich und langfristig zur Verbesserung der konkreten Lebenssituation von Alleinerziehenden beizutragen. So zum Beispiel die Entwicklung innovativer gemeinschaftlicher Wohn- und Arbeitsplatzformen oder hochwertiger und bedarfsgerechter Kinderbetreuungsmodelle, die Ein-Eltern-Familien im Alltag entlasten können. Auch für Projekte im Ausland werden Mittel zur Verfügung gestellt. Erste Projektpartnerin der Stiftung ist eine Vereinigung alleinerziehender Frauen in Marokko, die sich „100% Mamans“ nennt.

In Deutschland startet die Stiftung mit Projekten zur gezielten Unterstützung von Alleinerziehenden in der Corona-Pandemie. Entsprechende Vorschläge und Anträge können ab sofort eingereicht werden. Außerdem ist es nun möglich, sich durch steuerlich absetzbare Spenden am weiteren Aufbau der gemeinnützigen Stiftung zu beteiligen und damit längst ausstehende Veränderungen zu einer geschlechtergerechteren Gesellschaft voranzutreiben.

Mit der Gründung der Stiftung Alltagsheld:innen verwirklichte die geschäftsführende Vorständin Heidi Thiemann ihren Traum von einer bundesweit tätigen Institution, die Alleinerziehende und deren Kinder in den Mittelpunkt rückt. Ausgangspunkt für ihre Vision waren persönliche und berufliche Erfahrungen. Die Kölner Ethnologin hat selbst zwei mittlerweile volljährige Söhne allein großgezogen.

„Alleinerziehenden fehlt es nicht nur an adäquater Unterstützung und Entlastungsoptionen. Sie werden darüber hinaus systematisch benachteiligt – finanziell, rechtlich und sozial. Das kann so nicht bleiben“, stellt Heidi Thiemann fest. „Ich bin deshalb sehr dankbar über die großzügige finanzielle Zuwendung unserer Gründungsstifter:innen und freue mich auf die Umsetzung innovativer Projekte und Maßnahmen, um die Situation von Ein-Eltern-Familien in Deutschland, aber auch in anderen Teilen der Welt, nachhaltig verbessern zu können. Wir sind überzeugt, dass viele Menschen den Wert unserer Ziele erkennen und unsere Arbeit durch Spenden langfristig unterstützen werden. Alle Spenden an unsere gemeinnützige Stiftung sind selbstverständlich steuerlich absetzbar.“

Die Stiftung Alltagsheld:innen sieht sich in der Tradition vieler anderer Initiativen und Verbände, die sich seit Jahrzehnten für die Interessen Alleinerziehender einsetzen.

Bei der Entwicklung von Unterstützungsangeboten setzt die Stiftung auf eine gute Zusammenarbeit mit Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Die Stiftung mit Sitz in Hilden erlangte im November 2020 ihre Rechtsfähigkeit als eine der neuen Hybridstiftungen, die Verbrauchs- und Ewigkeitsstiftungsanteile enthalten. Sie verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke.

Quelle: Pressemitteilung Alltagsheld:innen Stiftung für die Rechte von Alleinerziehenden vom 19.01.2021

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat die von der Gießener Ärztin Kristina Hänel eingelegte Revision gegen das Urteil des Landgerichts Gießen verworfen. Das Urteil nach §219a wegen „Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch“ ist damit rechtskräftig.

„Das erneue Urteil gegen Kristina Hänel hat wieder einmal bestätigt, was wir als AWO schon lange sagen: Der Paragraph §219a StGB muss ersatzlos gestrichen werden!“, erklärt dazu Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes. Die Selbstbestimmung der Frau über ihr eigenes Leben enthält nach Ansicht der AWO auch das Recht, sich selbstverantwortlich für oder gegen ein Leben mit Kindern entscheiden zu können. Schubert: „Frauen müssen vollständige, umfassende und aus einer Hand verfügbare medizinische Informationen erhalten, um eine für sie sinnvolle Entscheidung zu treffen zu können.“

Die AWO setzt sich gemeinsam mit ihren bundesweiten Schwangerschaftsberatungsstellen für umfassende und niedrigschwellige Sexualaufklärung, kostenfreie Verhütungsmittel für einkommensarme Menschen, ein Recht auf Information über und den niedrigschwelligen Zugang zu einem legalen und medizinisch sicheren Schwangerschaftsabbruch ein.

Kristina Hänel war 2017 zu einer Geldstrafte von 6.000€ verurteilt worden, da sie auf ihrer Homepage über Schwangerschaftsabbrüche umfassend informiert hatte. Die anschließende Debatte führte 2019 zu einer Reform des §219a StGB, die im Ergebnis Ärztinnen und Ärzten erlaubte, öffentlich darüber zu informieren, dass sie Abbrüche durchführen, aber keine weitergehenden Informationen zu Kosten oder Methoden zuließ. In seiner Begründung hat das Oberlandesgericht Frankfurt ausgeführt, dass der reformierte Paragraph im praktischen Ergebnis nicht mehr nur die Werbung, sondern auch die bloße sachliche Information über einen medizinischen Eingriff unter Strafe stellt. Auf der 2019 neu hinzugekommenen bundesweiten Liste mit Ärztinnen und Ärzten, die Abbrüche durchführen, sind 2021 immer noch wenige aufgeführt. Sie stellt keine verbesserte Information für betroffene Frauen da.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 20.01.2021

Im Namen des AWO Bundesverbandes begrüßt AWO-Präsident Wilhelm Schmidt zum Jahresbeginn 2021 Prof. Dr. Jens M. Schubert als neuen Vorstandsvorsitzenden. Schubert (51) ist Nachfolger des zum Jahresende 2020 in den Ruhestand verabschiedeten Wolfgang Stadler und war bereits seit Anfang August 2020 als Geschäftsführer für den AWO Bundesverband tätig. 

Zuvor war er Leiter des Bereichs Recht und Rechtspolitik in der Bundesverwaltung der Gewerkschaft ver.di. Der Jurist lehrt als apl. Professor an der Leuphana Universität Lüneburg und war mehrere Jahre Ehrenamtlicher Richter am Bundesarbeitsgericht und am Bundessozialgericht. Er ist Experte für Arbeits- und Sozialrecht.

Schubert stammt aus Hessen und lebt heute mit seiner Familie in Potsdam. Er hat in Frankfurt und Lausanne studiert und in Hannover und Oldenburg promoviert bzw. habilitiert.

Der neue AWO-Vorstandsvorsitzende sieht seine Arbeitsschwerpunkte in der Verbesserung und Sicherung der Sozialstaatsstrukturen und Sozialleistungen. Die tarifliche Absicherung und bessere Bezahlung von Mitarbeitenden in den Sozialberufen liegen ihm ebenso am Herzen wie die Bekämpfung von Kinderarmut, gerechte Teilhabemöglichkeiten für alle Menschen und die Verbindung von Nachhaltigkeits- mit sozialen Fragen. In diesen gesellschaftlichen Kernthemen will er die AWO als einen der großen deutschen Wohlfahrtsverbände weiterhin stark positionieren. Die AWO insgesamt als verlässliche Institution für viele hunderttausend Menschen in einer guten Verfassung zu halten, ist für ihn selbstverständliche Aufgabe.

Wilhelm Schmidt erklärt dazu: „Die zurückliegenden Monate haben bereits bewiesen, dass Jens Schubert die richtige Wahl ist. Ich wünsche ihm alles erdenklich Gute und freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm. Mit Schubert hat jemand den Staffelstab des Bundesvorstandes übernommen, der die AWO in eine erfolgreiche Zukunft führen und klare Impulse in der Sozialpolitik setzen wird.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 04.01.2021

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Bundestag, nur wenige Tage vor Weihnachten, einen auf Dauer erhöhten Steuerfreibetrag für Alleinerziehende beschlossen. Siegfried Stresing, Vizepräsident des Deutschen Familienverbandes (DFV), begrüßt diese – vom DFV seit vielen Jahren angeregte – Entscheidung als längst überfälligen Schritt.

Als vor sechs Jahren die Anhebung des Freibetrages für Alleinerziehende nach langer Diskussion von 1.308 Euro auf 1.908 Euro beschlossen worden ist, machte der DFV darauf aufmerksam, dass der Freibetrag weiterhin erheblich unter dem Grundfreibetrag eines erwachsenen Ehepartners (8.472 Euro) liegt. Bis 2004 wurde allen Personen, die alleinstehend waren und mindestens ein Kind zu erziehen hatten, ein Haushaltsfreibetrag gewährt, mit dem die erheblichen Belastungen, die bei der Kindererziehung entstehen, zumindest teilweise ausgeglichen werden sollten.

In der Höhe entsprach der Haushaltsfreibetrag dem Existenzminimum (Grundfreibetrag) eines Erwachsenen. Dann klagte ein Ehepaar vor dem Bundesverfassungsgericht. Denn trotz Ehegattensplitting zahlten sie plötzlich mehr Steuern als vor der Eheschließung, da der Haushaltsfreibetrag wegfiel. Der Haushaltsfreibetrag wurde abgeschafft und durch den Alleinerziehendenentlastungsbetrag ersetzt, der nur „echten“ Alleinerziehenden zusteht und in der Höhe allein dem politischen Gestaltungwillen unterliegt.

Wegen besonderer Belastungen 2020 und 2021 wurde der Betrag mehr als verdoppelt und auf 4.008 Euro angehoben. Am 16. Dezember 2020 schließlich wurde die Einschränkung auf diese beiden Jahre gestrichen. Doch selbst im Bundesfinanzministerium scheint diese Änderung noch nicht angekommen zu sein. Im online-Steuerrechner 2021 steht noch immer der Hinweis, dass der Entlastungsbetrag für 2020 und 2021 erhöht worden und diese Erhöhung manuell einzutragen sei.

„Das Ministerium ist derzeit noch damit beschäftigt, die frohe Botschaft zu verbreiten, dass untere und mittlere Einkommen – im Gegensatz zu hohen Einkommen – 2021 stark entlastet werden“, mutmaßt Stresing. Bei der „größten Entlastung seit sehr, sehr langer Zeit“ (O-Ton Scholz) werde allerdings der Blick ausschließlich auf die Einkommensteuer begrenzt. „Die neu eingeführte CO2-Steuer und die wieder angehobene Mehrwertsteuer werden unterschlagen“, sagt Stresing. „Beide Steuern belasten Familien in besonderem Maße, da sie ihr gesamtes Einkommen in den täglichen Konsum stecken müssen.“

Ein besonderes Ärgernis für den DFV ist, dass mit einem solchen „Entlastungsmarketing“ weiterhin die deutliche Belastung durch die längst reformbedürftige gesetzliche Sozialversicherung verschleiert wird. „Der Gesetzgeber verhindert seit Jahren, die Beiträge zur Sozialversicherung nach Leistungsfähigkeit zu erheben. Stattdessen lässt er, durch einen auch 2021 erhöhten Luxusfreibeitrag, Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze unbelastet. Es wird Zeit, dass sich das Bundesverfassungsgericht damit befasst.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 11.01.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV) unterstützt den anstehenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet und in den sozialen Medien.

„Mobbing, sexuelle Belästigung oder Kostenfallen im Internet müssen hart und konsequent sanktioniert werden“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes, zur heutigen Beratung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Jugendschutzgesetzes im Bundestag.

„Es wird endlich Zeit, den Jugendmedienschutz in die Moderne zu führen. Die letzten Regulierungsmaßnahmen in diesem Bereich sind 2002 vereinbart worden. Die Medienrealität hat sich seitdem stark verändert.“

Der DFV begrüßt es, dass die Bundesregierung mit verpflichtenden Voreinstellungen Kinder und Jugendliche vor Hassrede, Tracking, Mobbing und sexualisierter Ansprache schützen will. Ebenso ist es wichtig, Abzocke – bei so genannten „Loot Boxes“ – in Computerspielen endlich einen Riegel vorzuschieben. Positiv am Gesetzesentwurf ist, dass Eltern die Möglichkeit gegeben wird, über Hilfs- und Beschwerdesysteme die Mediennutzung ihrer Kinder zu begleiten.

„Jugendschutz ist Verfassungsauftrag. Wenn Kinder in ihrer Entwicklung beeinträchtigt, wenn sie mit verstörenden Inhalten konfrontiert werden, dann muss entschieden gehandelt werden. Und zwar nicht erst danach, sondern grundsätzlich präventiv“, so Heimann. Der Medien- und Jugendschutz ist eine staatliche Pflichtaufgabe. Es dient dazu, die Entwicklung und die Erziehung von Kindern zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu unterstützen.

Weiterhin fehlende Netzanschlussfilter

Ein Kritikpunkt am Gesetzesvorhaben ist weiterhin das Fehlen eines Netzanschlussfilters. Bereits im Februar 2020 haben der Deutsche Familienverband und neun weitere Verbände in einer Stellungnahme an das Bundesfamilienministerium die Einführung von vorinstallierten Jugendschutzfiltern gefordert. Diese sollen zentral gewartet und von den Anschlussinhabern ausgeschaltet und entsprechend ihren Wünschen auch angepasst werden können.

„Anbieterseitige Filter haben für Familien große Vorteile. Statt verschiedene Geräte mit verschiedenen Jugendschutzfiltern zu bestücken und sich um Updates zu kümmern, haben sie einen Filter für den ganzen Netzanschluss. Egal ob über Kabel oder WLAN, die Kinder sind immer geschützt“, sagt Heimann.

Weitere Informationen

Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Jugendschutzgesetzes; Stand 10.02.2020

DFV-Pressemitteilung vom 16.10.2020: Reform Jugend-Medienschutz: Netzanschlussfilter sind unverzichtbar

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 16.12.2020

Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Januar 2021 auf 9,50 Euro je Stunde. Der DGB setzt sich nachdrücklich dafür ein, dass der Mindestlohn zukünftig armutsfest wird. Die im vergangenen Jahr erzielten Erhöhungsschritte bis zum Juli 2022 auf dann 10,45 Euro zeigen in die richtige Richtung. Es bleibt jedoch dabei, dass es eine einmalige Anhebung durch den Gesetzgeber auf 12 Euro braucht.

DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte am Freitag in Berlin:

„Wir wollen einen Mindestlohn, der zum Leben reicht – und zwar zügig und nicht erst am Sankt Nimmerleinstag. Da der Einstieg in den gesetzlichen Mindestlohn vor sechs Jahren mit 8,50 Euro zu niedrig war, sollte die Politik jetzt das Niveau anheben, damit wir schnell auf 12 Euro kommen, um den Mindestlohn zukünftig armutsfest zu machen. Überdies wird so die Binnennachfrage angekurbelt.

Gute Arbeit wird aber nicht mit einem Mindestlohn bezahlt – der immer nur die unterste Haltelinie sein kann –, sondern nach Tarif. Deshalb ist es wichtig, dass die Bundesregierung endlich liefert und die im Koalitionsvertrag versprochene Stärkung der Tarifbindung umsetzt.“ 

Für einen armutsfesten Mindestlohn gelten 60 Prozent des mittleren Einkommens bei Vollbeschäftigung als Maßstab. In Deutschland sind das mindestens 12 Euro je Stunde. Eine DGB-Auswertung neuester verfügbarer Daten zeigt, wie viele Beschäftigte dies betrifft. Demnach verdienen bundesweit mehr als 26 Prozent der Arbeitnehmer*innen unter 12 Euro in der Stunde. Besonders Frauen sind betroffen. Fast ein Drittel (32 Prozent) von ihnen arbeitet unter der 12 Euro-Marke (Eigene Berechnungen auf Basis der Verdienststrukturerhebung (VSE2018) des Statistischen Bundesamtes 2020).

Hintergrund:
Der gesetzliche Mindestlohn wird alle zwei Jahre neu festgelegt. Im Juni 2020 hatte die zu gleichen Teilen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften besetzte Mindestlohnkommission empfohlen, ihn in vier Schritten zu erhöhen. Die Bundesregierung ist diesem Vorschlag gefolgt. Demnach müssen ab Januar 2021 in Deutschland mindestens 9,50 Euro pro Arbeitsstunde gezahlt werden. Ab Juli sind es 9,60 Euro. Zum 1. Januar 2022 steigt der Mindestlohn erneut auf 9,82 Euro und zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro.

Wie wirkt der Mindestlohn? Der DGB hat dazu im Dezember 2020 einen Bericht vorgelegt.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 01.01.2021

Mit der Stellungnahme „Besserer Kinderschutz ist Kinderschutz, der bei den jungen Menschen ansetzt und bei Familien ankommt!“ fordern acht Fachorganisationen gemeinsam die Beibehaltung bewährter Kinderschutzstandards und einen hilfeorientierten Kinderschutz. Der im November vorgelegte Regierungsentwurf für das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG), der von den Verbänden im Grundsatz begrüßt wird, gewährleiste dies im Kinderschutz noch nicht ausreichend.

Die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Kinderschutz-Zentren betonen zusammen mit weiteren Fachverbänden: „Die systematische Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und Eltern ist besonders für den (präventiven) Schutz von Kindern und Jugendlichen Voraussetzung.“ Ausgangspunkt für Hilfen müsse daher die Situation des jungen Menschen beziehungsweise der Familie sein, nicht institutionelle Gefüge und standardisierte Verfahren. Insbesondere müsse die „Hilfeorientierung für alle Akteur*innen“ beibehalten werden, sie dürfe nicht durch eine forcierte „Kultur der Meldung“ an das Jugendamt „verschüttet“ werden.

Für eine bessere Zusammenarbeit von Medizin und Kinder- und Jugendhilfe biete der Gesetzentwurf begrüßenswerte Ansätze, weitere Veränderungen in den Sozialgesetzbüchern VIII und V seien notwendig. Hochproblemtisch sei allerdings, die Finanzierung von Kooperationsleistungen von dem Feststellen von Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung abhängig zu machen. Die im Gesetzentwurf vorgesehene verbindliche Vorlage des Hilfeplans im familiengerichtlichen Verfahren lehnen die Unterzeichnenden – darunter auch der Deutsche Sozialgerichtstag und das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht – ab.

Die Stellungnahme – mitgezeichnet haben auch die Erziehungshilfeverbände Bundesverband für Erziehungshilfe (AFET), Internationale Gesellschaft für Erzieherische Hilfen (IGfH), Evangelischer Erziehungshilfeverband (EREV) und Bundesverband katholischer Erziehungshilfeeinrichtungen (BVkE)– warnt vor einer Entwicklung im Kinderschutz, „die eine multiprofessionelle Kooperation von Fachkräften und Berufsgeheimnisträger*innen verkürzt auf strukturierte Handlungsvorgaben und engführende Verfahren der Kontrolle und Weitergabe von Informationen an das Jugendamt.“

Link zur Stellungnahme „Besserer Kinderschutz ist Kinderschutz, der bei den jungen Menschen ansetzt und bei Familien ankommt!“

https://www.dgsf.org/themen/stellungnahmen-1/besserer-kinderschutz-ist-kinderschutz-der-bei-den-jungen-menschen-ansetzt-und-bei-familien-ankommt

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e. V. (DGSF) und Bundesarbeitsgemeinschaft Die Kinderschutz-Zentren e. V. vom 13.01.2021

Morgen debattiert der Bundestag über den Rentenversicherungsbericht 2020 und den Alterssicherungsbericht 2020. Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Die Berichte der Bundesregierung zur Altersvorsorge machen deutlich: Es muss dringend gehandelt werden, um Altersarmut zu verhindern. Rentenansprüche sinken, vor allem bei Versicherten mit geringen Einkommen und durchbrochenen Erwerbsbiografien. Dies trifft besonders Frauen, die häufiger zu niedrigen Löhnen arbeiten und durch Pflege– und Erziehungszeiten Beitragspausen haben.

Auch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie werden stärker in weiblich geprägten Erwerbsbereichen mit unsicheren, befristeten und Teilzeitbeschäftigungen spürbar sein. Dort drohen häufiger Entlassungen, die zu weiteren Beitragslücken führen. Der Alterssicherungsbericht zeigt zudem, dass Menschen, die am Rande des Existenzminimums leben, nicht privat fürs Alter vorsorgen können. Private Altersvorsorge ist daher kein Instrument, um wachsender Altersarmut wirksam zu begegnen. Deshalb muss die gesetzliche Rente dringend gestärkt und die Grundrente weiterentwickelt werden, so dass mehr Versicherte Anspruch auf eine Aufstockung ihrer Rente haben und von der unteren Haltelinie profitieren.“

Weitere Informationen: https://www.diakonie.de/stellungnahmen/einfuehrung-der-grundrente

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 13.01.2021

Die Diakonie Deutschland fordert gemeinsam mit Menschen mit Armutserfahrung ein Bundesprogramm „Digitale Beteiligung“.

Innerhalb von vier Jahren sollen digitale Zugänge für alle Bevölkerungsgruppen geschaffen werden.

„Pandemie und Lockdown haben deutlich gemacht, wie groß der digitale Handlungsbedarf in Deutschland ist“, erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik. „Vor allem Menschen, die in Armut leben, sind ohne Computer und WLAN ausgeschlossen: Sie haben oft keinen Zugang zu Behörden, können Sozialleistungen nur unter großen Schwierigkeiten beantragen und haben wenig Möglichkeiten, kulturell oder politisch teilzuhaben. Darum müssen öffentliches WLAN und eine digitale Mindestausstattung aus Computer oder Laptop mit Drucker flächendeckend allen Menschen zur Verfügung stehen.“

„Die Erfahrungen von Sozialleistungsberechtigten und insbesondere Wohnungslosen in dieser Pandemie sind bedrückend“, ergänzt Jürgen Schneider, der aus eigener Armutserfahrung im Armutsnetzwerk politisch aktiv ist. „Schon vorher war es schwierig, sich zu beteiligen, jetzt ist es fast unmöglich. Menschen mit Armutserfahrung werden für andere Menschen zunehmend unsichtbar. Während die einen neue digitale Welten erkunden, sind die anderen ausgegrenzt wie lange nicht mehr. Digitale Teilhabemöglichkeit ist ein soziales Grundrecht, das gewährleistet werden muss.“

Gemeinsam betonen Loheide und Schneider: „Digitale Beteiligungsmöglichkeiten sind Teil des Existenzminimums. Sie müssen jetzt in Deutschland für alle Menschen verwirklicht werden.“ Die Diakonie schätzt die Gesamtkosten für den Bund auf sechs Milliarden Euro bei einem auf vier Jahre angelegten Programm.

Weitere Informationen:

Positionspapier Digitalisierung und Armuthttps://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Stellungnahmen_PDF/21-1-5_Digitalisierung_und_Armut_Thesen_Diakonie_CD.pdf

Statement Maria Loheide: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/21-01-05_Statement_Maria_Loheide.pdf

Statement Jürgen Schneider: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/21-1-05_Digitalisierung_Statement_Schneider.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 05.01.2021

„Lasst uns (was) bewegen!“ ist das Motto des Deutschen Kinderhilfswerkes für den Weltspieltag am 28. Mai 2021. Denn Bewegungsförderung spielt eine zentrale Rolle bei einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung und dem gesunden Aufwachsen von Kindern. Zudem ist Bewegungsförderung zentrales Mittel der Bildungsarbeit im Sportverein. Die Deutsche Sportjugend unterstützt deshalb in diesem Jahr den Weltspieltag mit dem Fokus auf Bewegung. Als langjähriger Partner des Deutschen Kinderhilfswerkes ist es das Anliegen der Deutsche Sportjugend, insbesondere angesichts der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie, gemeinsam mit dem „Bündnis Recht auf Spiel“, die Aufmerksamkeit für das Thema Bewegungsförderung zu erhöhen.

Der gemeinsame Aufruf soll Politik und Gesellschaft den Handlungsbedarf verdeutlichen und aufzeigen, dass die Rahmenbedingungen für die Bewegung von Kindern verbessert werden müssen. Dazu sollten es beispielsweise in den Kommunen mehr altersgerechte, eigenständig erreichbare und frei zugängliche Spiel- und Grünflächen geben, mehr Bewegungsmöglichkeiten in den Schul- und Kita-Alltag integriert werden und zudem der Vereinssport stärkere Unterstützung erhalten als bisher. Kommunen, Vereine und Bildungseinrichtungen, aber auch Familien und Elterninitiativen sind aufgerufen, mit einer Aktion am Weltspieltag 2021 teilzunehmen und den Aktionstag zu nutzen, verbesserte Rahmenbedingungen für die Bewegungsförderung von Kindern einzufordern.

„Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang, dem sie vielfach schon vor der Corona-Pandemie nur unzureichend nachkommen konnten. Wir müssen aufpassen, dass sich in der Pandemie das Bewegungsverhalten von Kindern und Jugendlichen nicht grundsätzlich nachteilig verändert. Denn wenn Kinder selten herumtollen und sich nur wenig bewegen, kann das bis ins Erwachsenenalter negativen Einfluss haben. Dies geht in der Corona-Pandemie vielfach einher mit einer ungesünderen Ernährung und führt letztlich zu körperlichen Beeinträchtigungen wie Haltungsschäden oder Gewichtszunahme. Aber auch die Psyche leidet unter dem Bewegungsmangel. Insbesondere Kinder aus armen Verhältnissen sind davon betroffen. Deshalb gilt es insgesamt, dem Bewegungsdrang von Kindern möglichst immer und überall freien Lauf zu lassen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Lasst uns (was) bewegen! Den Wunsch nach Bewegung kann man kaum treffender ausdrücken. Gerade für Kinder ist Bewegung ein zentraler Baustein einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung und des gesunden Aufwachsens. Jetzt liegt es an uns als Gesellschaft zu entscheiden, wie wichtig uns diese ganzheitliche Entwicklung ist. Lasst uns daher gemeinsam stärker denn je das Kinderrecht auf Bewegung und Spiel einfordern. Wir als Deutsche Sportjugend unterstützen als Jugendorganisation des gemeinnützig organisierten Sports den Weltspieltag 2021 und wollen gemeinsam mit dem Deutschen Kinderhilfswerk und dessen Bündnis Recht auf Spiel unseren Beitrag zu einer bewegungsfreundlichen Lebenswelt für Kinder leisten!“, so der Vorsitzende der Deutschen Sportjugend, Michael Leyendecker.

Der Weltspieltag 2021 wird deutschlandweit zum 14. Mal ausgerichtet. Zum Weltspieltag sind Schulen und Kindergärten, öffentliche Einrichtungen, Vereine und Nachbarschaftsinitiativen aufgerufen, in ihrer Stadt oder Gemeinde eine beispielgebende oder öffentlichkeitswirksame Aktion durchzuführen – egal ob Spiel-, Beteiligungs- oder Protestaktion. Denn der Aktionstag dient ebenso der Lobbyarbeit für das Recht auf Spiel. Die Partner sind vor Ort für die Durchführung ihrer Veranstaltung selbst verantwortlich. Das Deutsche Kinderhilfswerk stellt umfangreiche Aktionsmaterialien zum Weltspieltag zur Verfügung. Weitere Informationen unter www.weltspieltag.de.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 18.01.2020

Ein breites Bündnis von 29 Verbänden und Organisationen fordert in einer gemeinsamen Resolution, dass in Städten und auf dem Land barrierefreie Zugänge zu naturnahen Grünflächen, Naturerfahrungsräumen oder Wäldern für alle Menschen in geringer Entfernung zu ihrer Wohnung verfügbar sind. Nach Ansicht der Verbände aus Naturschutz, Stadtentwicklung und sozialen Bereichen der Gesellschaft soll zu diesem Zweck die Entwicklung von neuem Wohnraum in Städten eng mit der Schaffung und Erhaltung von Naturräumen und naturnahen sicheren Wegen verbunden werden. Erreicht werden kann dies jedoch nur mit klareren Vorgaben beispielsweise in der Bauleitplanung und einer neuen Schwerpunktsetzung in der Fachkräfteausbildung. Empfohlen wird auch die Flächenentsiegelung an Schulen und die Stärkung von Naturerfahrungsräumen. Die Erklärung „NaturVielfalt – Kitt für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt“ haben u.a. das Deutsche Kinderhilfswerk, die Arbeiterwohlfahrt, der BUND, die Diakonie Deutschland, die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und das Umweltbundesamt unterzeichnet.

Die gemeinsame Erklärung stellt heraus, dass positive gemeinschaftliche Naturerlebnisse das soziale Miteinander stärken und entscheidende Beiträge für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen leisten. Aufenthalt, Spiel und Sport in der Natur tragen zudem wesentlich zu Gesundheit und Wohlbefinden der Bevölkerung bei. Deshalb fordern die Organisationen mehr Naturflächen und naturnahe Grünräume in den Städten und auf dem Land. Ihre Erhaltung und Entwicklung ist kein Luxus, sondern eine dringende Notwendigkeit.

„Die räumliche Lebenswelt von Kindern hat sich in den letzten Jahrzehnten vor allem in den Städten äußerst nachteilig verändert. Das selbstständige Erkunden der häuslichen Umgebung oder ein gefahrloses Spielen auf Straßen, Gehwegen und Plätzen wird zunehmend schwieriger. Der Mangel an Brach- und Freiflächen, die zunehmende Verdichtung sowie die fortschreitende Dominanz des Straßenverkehrs führen dazu, dass öffentliche Räume für Kinder unattraktiver werden oder schlicht nicht mehr vorhanden sind. Das bedeutet eine Verarmung von Erlebnisqualitäten, von Erfahrungsreichtum, also dem, was Kindheit ausmacht. Fehlende Naturerfahrungen bergen außerdem die Gefahr von negativen gesundheitlichen Auswirkungen, und führen zudem auch zur Naturentfremdung“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Die gemeinsame Erklärung mit einer Liste aller Verbände und Organisationen kann unter www.dkhw.de/NaturVielfalt heruntergeladen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 07.01.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zum Jahresbeginn nachdrücklich sozial- und bildungspolitische Reformen für die Verbesserung der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in Deutschland an. „Die Corona-Pandemie hat eine Vielzahl kinderpolitischer Anliegen und Versäumnisse wie unter einem Brennglas deutlich gemacht, beispielsweise bei der Digitalisierung schulischen Lernens, bei der personellen und qualitativen Entwicklung frühkindlicher Bildung, bei der strukturellen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen oder bei der nachhaltigen Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland. Neben zahlreichen reaktiven Maßnahmen sind grundlegende Reformen aber nicht zu erkennen. Gleichzeitig setzte sich im letzten Jahr der Trend fort, die allermeisten Entscheidungen ausschließlich aus Erwachsenenperspektive zu denken. Deshalb müssen wir in der Gesamtschau der deutschen Gesellschaft eine anhaltende Ausblendung und Verdrängung von Kinderinteressen attestieren. Ein einfaches ,Weiter so‘ darf es im Interesse der Kinder und Jugendlichen nicht geben“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen werden uns noch viele Monate beschäftigen. Gleichzeitig sind sehr viele Kinder die Verliererinnen und Verlierer der Pandemie, das betrifft insbesondere arme Kinder. Ihre Eltern können die finanziellen und organisatorischen Belastungen der Pandemie gar nicht oder nur sehr schlecht ausgleichen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem niedrigen Bildungsabschluss und geringem Lohnniveau können wesentlich seltener ins Homeoffice wechseln und so versuchen, ihre Kinder beim Distanzlernen zu unterstützen. Wenn dazu noch die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe geschlossen sind, das Schul- und Kitaessen wegfällt und gleichzeitig die Tafeln nur eingeschränkt arbeiten können, bleiben viele Kinder sprichwörtlich auf der Strecke. Die Corona-Pandemie wird für sie langfristige, weit über die Krise hinaus andauernde negative Folgen haben“, so Krüger weiter.

„Das gilt auch für die Kinder von Eltern in systemrelevanten Berufen, die beispielsweise im Krankenhaus, im Supermarkt, im Altenheim, bei der Müllabfuhr, bei der Polizei oder im Wasserwerk arbeiten. Besonders stark betroffen sind auch Kinder mit chronischen Erkrankungen, die schon seit vielen Monaten vom Schulbesuch ausgeschlossen sind, Kinder mit Behinderungen und geflüchtete Kinder. Aber auch Kinder, denen es von außen betrachtet vermeintlich gut geht, sind vielfach durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie stark belastet“, so Krüger.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes gehören deshalb insbesondere die Kinderrechte auf Bildung, soziale Sicherheit und Beteiligung in den Fokus der Überlegungen. Das gilt sowohl für Entscheidungen in der Corona-Pandemie als auch im Hinblick auf langfristige Weichenstellungen. „Wir werden uns die Wahlprogramme der Parteien im Superwahljahr 2021 auch diesbezüglich genau anschauen und sowohl die nächste Bundesregierung als auch die Landesregierungen am Maßstab der Kinderfreundlichkeit messen. Politik und Gesellschaft sollten sich mehr als bisher für die Belange und Bedürfnisse von Kindern einsetzen und so die Basis für eine gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands schaffen, die dem demografischen Wandel Rechnung trägt und die Rechte von Kindern konsequent in den Blick nimmt. Gerade deshalb drängt das Deutsche Kinderhilfswerk mit Vehemenz auf die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz, damit beispielsweise Behörden und Gerichte den Interessen von Kindern in Zukunft hinreichend Gewicht verleihen“, so Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 01.01.2020

Trotz kleiner Verbesserungen halbherzig, zuweilen kleinlich und mehr arbeitsmarktals familienorientiert – der Familienbund der Katholiken kritisiert die Elterngeldreform der Bundesregierung und vermisst den  nötigen großen Wurf. Das macht der Verband heute in einer öffentlichen Anhörung vor dem Familienausschuss des Deutschen Bundestages deutlich. Dennoch verbessere der Gesetzentwurf nach Ansicht des Verbandes an einigen Stellen die bisherigen Elterngeldregelungen ein wenig. So begrüßt der Familienbund grundsätzlich die Flexibilisierung des Partnerschaftsbonus und die Anerkennung von Elterngeldmonaten bei Eltern frühgeborener Kinder. Dass viele Familien von der Mini-Reform profitieren werden, glaubt der Familienbund allerdings nicht. Dafür seien die Anpassungen zu geringfügig, die Materie zu komplex und die Antragsverfahren zu kompliziert. Daran änderten auch inzwischen digitale Antragsverfahren für Eltern nichts. Mit einer wesentlich höheren Inanspruchnahmequote beim Partnerschaftsbonus, dem Herzstück der Reform, rechnet allerdings selbst die Bundesregierung nicht: Mehrkosten weist der Gesetzentwurf nicht aus. Der Familienbund fordert, das Mindestelterngeld um 50 Prozent auf 450 Euro pro Monat zu erhöhen, beim Elterngeld Plus auf 225 Euro. „Die Anhebung des Mindestelterngeldes ist auch deswegen überfällig, weil der Betrag in Höhe von 300 Euro bereits seit 1986 konstant ist. Bereits die Vorgängerregelung des Elterngeldes – das Erziehungsgeld – sah eine Zahlung in dieser Höhe vor, von damals 600 DM“, sagte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin.

„Die Flexibilisierung des Partnerschaftsbonus nach dem Gesetzentwurf ist zwar erfreulich, orientiert sich aber zu wenig an der Lebenswirklichkeit der Familien. Die nach wie vor starre Neuregelung dürfte sich mit dem Leben von Familien nur schwer in Einklang bringen lassen, um davon profitieren zu können“, so Hoffmann weiter.

„Ein wesentliches Problem des Partnerschaftsbonus besteht darin, dass viele Eltern nicht in der Lage sind, die engen bisherigen Voraussetzungen zu erfüllen, wegen fehlenden Entgegenkommens der Arbeitgeber, aus ökonomischen oder familienorganisatorischen Gründen. Zwar dürfte durch die Flexibilisierungen der Partnerschaftsbonus für mache Familien attraktiver werden. Ich erwarte aber auch, dass es nicht deutlich mehr Familien sein werden, da es weiterhin vielen Familien nicht gelingen wird, ihre Arbeitsverhältnisse so aufeinander abzustimmen, dass sie die nach wie vor zu engen Voraussetzungen erfüllen können. Weil der geplanten Elterngeldreform der Ehrgeiz fehlt, bleibt sie für die meisten Eltern wohl folgenlos.“

Konkret sieht der Gesetzentwurf vor, dass der zeitliche Korridor, in dem beide Eltern arbeiten müssen, nach oben und nach unten geringfügig erweitert wird. Eltern müssen nicht mehr zwischen 25 und 30 Wochenstunden erwerbstätig sein. Stattdessen reicht es künftig aus, dass der Erwerbsumfang bei beiden Eltern zwischen 24 und 32 Wochenstunden liegt. Zudem müssen die Eltern ihre Arbeitszeit nicht mehr zwingend in vier aufeinander folgenden Monaten koordinieren. Stattdessen können Sie den Bonus auch nur für zwei oder drei aufeinander folgende Monate beantragen.

„Dass der Korridor im Gesetzentwurf nach oben stärker erweitert wird als nach unten, ist die falsche Richtung und das falsche Signal.“

Den Partnerschaftsbonus in seiner im Gesetzentwurf vorgesehenen Gestalt hält der Familienbund für korrekturbedürftig: „Um wirklich mehr Familien zu erreichen, sollte der Korridor so erweitert werden, dass er zumindest auch eine halbe Stelle mit 20 Wochenstunden erfasst“, fordert Hoffmann. „Dass der Korridor im Gesetzentwurf nach oben stärker erweitert wird als nach unten, ist die falsche Richtung und das falsche Signal – gerade auch dann, wenn man es als Ziel des Elterngeldes ansieht, Eltern in der Rushhour des Lebens zu entlasten, ihnen mehr gemeinsame Zeit in der Familie zu ermöglichen und vor allem auch Väter dazu zu motivieren, ihre Erwerbsarbeit zugunsten der Familie stärker zu reduzieren. Dass der Partnerschaftsbonus Anreize für eine Erwerbsarbeitsreduzierung der Männer setzt, hält der Familienbund für den positivsten Aspekt des Partnerschaftsbonus. Denn eine Familienpolitik, die sich nur darum kümmert, die Erwerbstätigkeit der Frauen zu steigern, ohne eine entsprechende Arbeitsreduzierung der Männer in den Blick zu nehmen, dient nicht den Familien, sondern in erster Linie den Interessen des Arbeitsmarktes.“

Hoffmann fordert außerdem, das Mindestelterngeld um 50 Prozent auf 450 Euro pro Monat zu erhöhen, beim Elterngeld Plus auf 225 Euro. Er begründet seine Forderung mit dem Anstieg der Kosten für das sächliche Existenzminimum der Kinder. Das Mindestelterngeld wurde seit der Einführung des Elterngeldes 2007 nicht erhöht. Damals hat es noch das sächliche Existenzminimum von Kindern abgedeckt. Für das Jahr 2021 hat der im September 2020 beschlossene 13. Existenzminimumsbericht der Bundesregierung ein sächliches Existenzminimum in Höhe von 5.412 Euro pro Jahr errechnet. Dem entspricht ein monatliches sächliches Kinderexistenzminimum in Höhe von 451 Euro. „Die Anhebung des Mindestelterngeldes ist auch deswegen überfällig, weil der Betrag in Höhe von 300 Euro bereits seit 1986 konstant ist. Bereits die Vorgängerregelung des Elterngeldes – das Erziehungsgeld – sah eine Zahlung in dieser Höhe vor, von damals 600 DM.“

„Der Partnerschaftsbonus ist nicht familienformneutral angelegt.“

Hoffmann machte auch grundsätzlich Einwände geltend: „Der Partnerschaftsbonus ist nicht familienformneutral angelegt: Wenn man alle Familien und Familienformen gleichermaßen in den Blick nehmen möchte, ist es widersprüchlich, durch eine Sonderregelung wie den Partnerschaftsbonus eine bestimmte Gruppe von Familien besonders zu unterstützen, hier doppelt und vollzeitnah erwerbstätige Paare.“

So passe der Grundgedanke des Partnerschaftsbonus nicht bei Alleinerziehenden. „Dass Alleinerziehende die Partnerschaftsbonusmonate in Anspruch nehmen können, ist aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen Familienformen zwingend und richtig“, sagte Hoffmann. „Allerdings erscheint es beim Vergleich unterschiedlicher Alleinerziehendenkonstellationen wenig einsichtig, warum Alleinerziehende, die in einem bestimmten zeitlichen Korridor arbeiten, besser gefördert werden sollten, als Alleinerziehende mit einem Wochenstundenumfang, der diesen Korridor über- oder unterschreitet. Der dem Partnerschaftsbonus zugrundeliegende Gedanke einer Partnerschaft, in der ein Partner die Erwerbsarbeit reduziert, während der andere diese ausweitet, ist bei Alleinerziehenden naturgemäß nicht anwendbar.“

„Für jeden vollen Monat, um den die Geburt vor dem errechneten Geburtstermin liegt, sollte ein zusätzlicher Elterngeldmonat gewährt werden.“

Der Gesetzentwurf sieht außerdem eine Neuregelung für Eltern vor, deren Kind sechs Wochen oder früher vor dem voraussichtlichen Tag der Entbindung geboren wurde. Sie sollen einen weiteren Basiselterngeldmonat beziehungsweise zwei weitere Elterngeld-Plus-Monate in Anspruch nehmen können. „Das ist eine kleine Verbesserung gegenüber der jetzigen Regelung“, sagte Hoffmann. „Kinder, die sich zum Zeitpunkt ihrer Geburt in einem früheren Entwicklungsstadium befinden, müssen auch länger von den Eltern betreut werden können. Dass der Entwurf dieses Problem in den Blick nimmt, ist zu begrüßen. Der Reformvorschlag ist jedoch halbherzig und kleinlich. Fraglich ist, warum ein zu früh geborenes Kind mindestens sechs Wochen früher geboren sein muss, um einen Monat länger Elterngeld zu beziehen. Der Entwurf argumentiert, dass erst bei einer Geburt mindestens sechs Wochen vor dem errechneten Termin eine Verzögerung der Kindesentwicklung unterstellt werden könne, die den zusätzlichen Bezugsmonat rechtfertige. Wissenschaftlich belegt wird diese Annahme allerdings nicht. Sie erscheint auch nicht ohne Weiteres plausibel.“

Der Familienbund hält es für einleuchtender, einfacher und für die Familien verständlicher, hier mit einheitlichen Fristen zu arbeiten und die Regelung großzügiger zu gestalten. „Für jeden vollen Monat, um den die Geburt vor dem errechneten Geburtstermin liegt, sollte ein zusätzlicher Elterngeldmonat gewährt werden“, sagte Hoffmann. „Bei sehr früh geborenen Kindern sind die weiteren Elterngeldmonate durch den zusätzlichen Aufwand und die zusätzlichen Sorgen der Eltern mehr als gerechtfertigt.“

Die Stellungnahme des Familienbundes der Katholiken finden Sie hier auf der Website des Deutschen Bundestages und hier auf der Website des Familienbundes der Katholiken.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 14.12.2020

Chrysovalantou Vangeltziki übernimmt im Januar 2021 die Staffel von Hiltrud Stöcker-Zafari, die nach ihrer langjährigen Tätigkeit als Bundesgeschäftsführerin in den Ruhestand geht.

„Ich hoffe, dass ich meine Stärken hier einbringe. Als Volljuristin ist es mir ein Anliegen, dass migrantische Familien, dass binationale und globale Familien rechtlich gleichgestellt sind. Diskriminierungen basieren auch auf gesetzlichen Grundlagen, ohne dass auffällt, dass Ungleichheiten entstehen. Der Verband ist der einzige Familienverband, der repräsentativ für migrantische Familien steht“. Als Kind nach Deutschland migriert, verbinde sie Themen wie Familiennachzug, Mehrsprachigkeit, Vielfalt und Diskriminierung auch mit ihrer eigenen Biografie.

Sie verbinde den Verband zudem mit den wilden, starken feministischen Frauen, weißen deutschen Frauen, die den Verband gründeten und das Thema Vielfalt auf die Agenda setzten. Und der Verband entwickele sich weiter, wie die Gesellschaft. „Vor meiner Zeit war die Bundesgeschäftsführerin immer eine deutsche, weiße Frau, die einen migrantischen Mann geheiratet hatte. Und jetzt sitzt hier eine Chrysovalantou Vangeltziki und jeder fragt erstmal: Oh, wie spricht man jetzt den Namen aus? Das zeigt doch die Entwicklung innerhalb des Verbandes und der gesellschaftlichen Strukturen. Also einerseits Frau zu sein, einerseits migrantisch zu sein und andererseits auch die Themen zu vertreten, die aktuell debattiert werden, wie Rassismus, wie Migration“.

Wünschen würde sie sich mehr Empathie in Politik und Gesellschaft, um nachzuvollziehen was es bedeute Migrant:in zu sein. Migrant:in entweder der ersten, zweiten, dritten Generation und hier zu leben. In einer Gesellschaft ohne wir und ihr. „Eine Gesellschaft ohne Ungleichheit, wo Leistungsstärke nicht abgesprochen wird, weil der Name, die Hautfarbe oder die Religion nicht stimmt. Dass alle gleichberechtigte Mitglieder dieser Gesellschaft sind und genauso viele Rechte haben wie Menschen, die hier geboren sind. Damit sie sagen können: Deutschland ist meine Heimat und ich möchte auch gerne so behandelt werden.“

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V. vom 15.01.2021

Das Jahr geht dem Ende entgegen, der International Migrant’s Day am 18. Dezember jährt sich zum 20. Mal, die International Convention on the Protection of the Rights of All Migrant Workers and Members of their Families gar zum 30. Mal. Bis heute hat Deutschland diese internationale Konvention nicht unterzeichnet. Bis heute ist im Einwanderungsland Deutschland nicht wirklich angekommen, dass Migration ein Querschnittsthema für alle Politikfelder und zudem immer ein Familienprojekt ist.

Die vielen Ein- und Beschränkungen im zurückliegenden Jahr durch die Covid 19-Pandemie haben Familien und insbesondere migrantische Familien betroffen. Das zeigen alle Studien, zuletzt der Internationale Migrationsbericht der OECD.
Und das bekommen die Familien zu spüren: in der Bildungs-, Wirtschafts-, Außen-, Gesundheitspolitik und in vielen anderen Politikfeldern. Sie werden nicht mitgedacht. Auch nicht die vielen Paare und Familien mit Partner:innen aus Drittstaaten, die aufgrund bürokratischer Hürden, verschärft durch die Covid19-Pandemie, in diesem Jahr nicht zusammenkommen werden.

Alle Jahre wieder: Migration wird noch immer fast ausschließlich unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten und im Hinblick auf Gefahrenabwehr gedacht. Das betrifft die eindimensionalen Vorstellungen über Integration in der Politik bis hin zu den komplizierten Hürden im Familiennachzug. „Migrantische, binationale, globale Familien sind stärker ein Teil dieser Gesellschaft geworden. Aber die Frage, warum es so schwer ist, als Paar mit unterschiedlichen Pässen zusammenzukommen, die Frage hat mir bisher noch keiner wirklich beantworten können,“ so die scheidende Geschäftsführerin des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften Hiltrud Stöcker-Zafari.

Alle Jahre wieder: Es ist an der Zeit, Migration anders zu denken.

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V. vom 18.12.2020

Bundesrat verabschiedet Adoptionshilfe-Gesetz in neuer Fassung

Im Juli hat der Bundesrat das Adoptionshilfe-Gesetz gestoppt wegen der darin von der Bundesregierung geplanten Verschärfung der Diskriminierung von lesbischen Zwei-Mütter-Familien. Nach einer Einigung im Vermittlungsausschuss wurde es nun in der heutigen Bundesratssitzung in einer neuen Fassung verabschiedet. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt, dass mit dem heute vom Bundesrat verabschiedeten Adoptionshilfe-Gesetz die befürchtete Verschärfung der Diskriminierung lesbischer Elternpaare nun endgültig vom Tisch ist. Wir haben intensiv dafür gekämpft, dass dieses Gesetz in seiner ursprünglichen Fassung nicht verabschiedet wird. Wir danken allen, die unser Engagement unterstützt haben und die dem Verschärfungsvorhaben zu Lasten von Kindern und Müttern in Regenbogenfamilien im Bundestag und Bundesrat entgegengetreten sind. Dadurch musste die Bundesregierung einlenken.

Nach der Abwehr der Verschlechterung muss nun aber auch die noch bestehende Diskriminierung beseitigt werden. Der Bundesregierung läuft die Zeit davon. Die notwendige und lange versprochene Reform des Abstammungsrechts muss jetzt endlich kommen. Die jetzige Diskriminierung von Regenbogenfamilien im Abstammungs- und Familienrecht geht zu Lasten der Versorgung und Absicherung der Kinder, die dort aufwachsen.

Hintergrund

Das neue Adoptionshilfe-Gesetz führt für das Verfahren der Stiefkindadoption eine neue verpflichtende Beratung durch die Adoptionsvermittlungsstellen vor. Diese Beratungspflicht entfällt, wenn der annehmende Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit dem leiblichen Elternteil des Kindes verheiratet ist oder in einer verfestigten Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Zudem wird für diese Paare die notwendige zusätzliche Beteiligung der Adoptionsvermittlungsstellen nicht vorgesehen, da das ohnehin am Verfahren beteiligte Jugendamt die im Gesetz vorgeschriebene fachliche Äußerung abgibt.

Kein Kind darf bezüglich seiner Familienform diskriminiert werden. Engagement für Reform im Abstammungsrecht seit der letzten Bundestagswahl 2017

Was fordert der LSVD für Regenbogenfamilien? LSVD-Positionspapier „Regenbogenfamilien im Recht“

Beschluss des Bundesrats vom 18.12.2020

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) vom 18.12.2020

Mit der Einführung des CO2-Preises zum 1. Januar 2021 werden im Gebäudesektor die Kosten zu 100 Prozent an die Mieterinnen und Mieter durchgereicht. Dadurch verpufft der Effekt der CO2-Bepreisung im Mietwohnbereich völlig. Vermieter werden nicht zum Austausch ihrer Heizanlagen angehalten, da sie die Kosten vollständig umlegen können. Mieterinnen und Mieter stehen trotz Corona-Krise und wirtschaftlicher Folgen vor steigenden Heizkosten, die allein dieses Jahr in einer durchschnittlichen Wohnung bis zu 125 Euro betragen können.

Die Bundesregierung hatte bereits im 2019 verabschiedeten Klimaschutzprogramm angekündigt, Änderungen im Mietrecht zu prüfen, um die Umlagefähigkeit der CO2-Bepreisung zu begrenzen. Dazu liegen seit September 2020 von den SPD-geführten Bundesministerien für Umwelt, Justiz und Finanzen Vorschläge vor, die vom Koalitionspartner ignoriert wurden. Laut Medienberichten soll jetzt von den beteiligten Ministerien ein Fahrplan erstellt werden, um Lösungen zur Verteilung der CO2-Kosten zu erarbeiten. Dass dabei die Effizienzklassen des Gebäudes stärker berücksichtigt werden sollen, ist zwar grundsätzlich zu begrüßen. Aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit und rechtlichen Belastbarkeit der unterschiedlichen Energieausweis-Typen, ist aber eine praktische und vor allem schnelle Umsetzung dieser Lösung nicht zu erwarten.

Der Deutsche Mieterbund, der Paritätische Gesamtverband, die Deutsche Umwelthilfe und der Sozialverband Deutschland fordern daher eindringlich eine sozial gerechte und klimapolitisch wirksame Verteilung der Kosten. Die Umlage des CO2-Preises auf Mieterinnen und Mieter, die am 01.01.2021 begonnen hat, muss schnellstmöglich unterbunden werden.

Dafür sind folgende Gründe ausschlaggebend:

  • Die verschiedenen Energieausweis-Typen (Verbrauchs- und Bedarfsausweis, alte und neue Energieausweise) führen zu nicht vergleichbaren Effizienzklassen. Es ist noch eine Vielzahl älterer Ausweise im Umlauf, auf denen die Effizienzklasse für Wohngebäude fehlt. Zudem sind die Angaben dieser Ausweise mit heutigen energetischen Standards nicht vergleichbar. Die Zuordnung der Vergleichswerte ist nur auf Ausweisen realistisch, die nach dem 1. Mai 2014 ausgestellt wurden.
  • Der CO2-Preis dient der Förderung von erneuerbaren Energien im Wärmesektor. Fossile Brennstoffe kommen sowohl in sanierten Gebäuden der Effizienzklasse B als auch im Neubau zum Einsatz. Eine vollständige Befreiung des Vermieters bzw. Eigentümers von den Kosten der CO2-Bepreisung ist daher nicht sachgerecht.
  • Der CO2-Preis trifft einkommensarme Mieterinnen und Mieter überproportional stark, da diese häufiger in energetisch schlechten Gebäuden leben. Dort sind die Energiekosten im Schnitt doppelt so hoch wie in einem sanierten Haus. Mieterinnen und Mieter in diesen Gebäuden haben vielerorts keinen Spielraum durch Verhaltensänderungen den CO2-Preis auszugleichen. Die Mehrkosten durch den CO2-Preis betragen in einer unsanierten Wohnung allein dieses Jahr bis zu 125 Euro und steigen bis 2025 auf bis zu 280 Euro pro Jahr.
  • Vermieter und Eigentümer dürfen auch bei sanierten Gebäuden nicht aus ihrer Pflicht entlassen werden, das Gebäude optimal zu betreiben und die Mieter beim Energiesparen zu unterstützen. Wenn der CO2-Preis allein von den Mieterinnen und Mietern getragen werden muss, wird bei den Vermieterinnen und Vermietern noch nicht einmal ein Anreiz geschaffen, geringinvestive Maßnahmen zur Betriebsoptimierung umzusetzen. Zudem müssen Mieterinnen und Mieter durch eine transparente und nachvollziehbare Heizkostenabrechnung dabei unterstützt werden, ihr Nutzerverhalten entsprechend anzupassen, soweit dies möglich ist. Die Novellierung der Heizkostenverordnung darf nicht weiter verzögert werden.
  • Gerade in den Städten und Ballungszentren sind die Belastungsgrenzen der Mieterinnen und Mieter erreicht, beziehungsweise in den unteren Einkommensgruppen bereits deutlich überschritten. Mieterinnen und Mieter profitieren nicht automatisch von einer gestiegenen Pendlerpauschale oder vom Wohngeld. Insbesondere im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist jegliche Kostensteigerung für einkommensarme Mieterhaushalte zu vermeiden und alle Mieterinnen und Mieter müssen vollständig von der CO2-Bepreisung entlastet werden.
  • Die Höhe des zu zahlenden CO2-Preises wird entscheidend durch den Energieträger und den Energieverbrauch des Gebäudes bestimmt, der wiederum maßgeblich vom energetischen Zustand des Gebäudes abhängt. Mieterinnen und Mieter haben keinerlei Einfluss auf die Wahl des Heizungssystems und den energetischen Zustand des Gebäudes.

Eine Änderung der Umlagefähigkeit des CO2-Preises ist unmittelbar und einfach durch geringfügige Anpassungen in der Heizkosten- und der Betriebskostenverordnung umsetzbar.

Schnelles Handeln ist dringend geboten!

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 15.01.2021

Der SHIA-Landesverband Brandenburg e. V. setzt gemeinsam mit vier Künstlerinnen aus dem Landkreis Dahme-Spreewald ein Fotoprojekt um.

Die Mittel dafür sind beim Landkreis Dahme-Spreewald beantragt.

Thema des Projektes sind Dinge unserer Alltagskultur. Damit bietet sich Alleinerziehenden eine Möglichkeit zur künstlerischer Auseinandersetzung und zur Vernetzung mit anderen Alleinerziehenden. Auch für die Künstlerinnen wird ein neues Wirkungsfeld erschlossen.

Die Teilnehmer*innen werden in einem Zeitraum von drei Monaten von professionellen Fotografinnen überwiegend online betreut, vorgesehen sind (falls möglich) drei Nachmittage, an denen sich alle Teilnehme*innen treffen.

Mit Berücksichtigung der geringen Zeit Alleinerziehender kann im gesamten Projektzeitraum von Mitte Januar bis Mitte April zu Hause gearbeitet werden.

Fotografiert wird mit einer Kamera oder dem Fotohandy, Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.

Die Ergebnisse werden voraussichtlich vom 9.4.2021 bis zum 19.4.2021  in einer Ausstellung im Kulturbahnhof in 15757 Halbe (Esperanto Stacio) gezeigt.

Interessierte schicken bitte ihre Anfrage an: halbewelt@yahoo.com

Weitere Informationen erteilt SHIA e. V. unter Tel. 03375/294752.

Für den Eigenanteil an den beantragten Projektgeldern wird finanzielle Unterstützung gesucht.

Jede Person, die das Projekt finanziell unterstützt, erhält:

  • eine Einladung zur Ausstellungseröffnung
  • eine Werbung auf allen öffentlichen Ankündigungen, Plakaten und Flyern, u. a. sichtbar an der Bahnstrecke Berlin-Cottbus
  • eine Erwähnung in den Pressemitteilungen und den Veranstaltungen während des Ausstellungszeitraumes.
  • eine Spendenbestätigung.

Geldspenden sind erbeten unter dem Stichwort „HALBE WELT“ auf das Konto des SHIA-Landesverbandes Brandenburg e. V., IBAN DE95 1002 0500 0003 3303 00.

Quelle: Pressemitteilung SHIA e. V – Landesverband Brandenburg vom 06.01.2021

Der im August 2020 bekanntgewordene Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zur Reform des Kindschafts- und Unterhaltsrechts ist leider kein Meilenstein auf dem Weg zur Stärkung der Lebenswirklichkeiten von Einelternfamilien. „Die größten Stolpersteine der geplanten Reform sind erstens die Einführung eines automatischen gemeinsamen Sorgerechts bei Anerkennung der Vaterschaft, zweitens die Einführung einer faktischen Beratungspflicht in Sorgerechtsstreitigkeiten und drittens die Neuregelungen des Unterhalts im paritätischen Wechselmodell, die zu einer weiteren Schlechterstellung des einkommensschwächeren Elternteils führen“, bemängelt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV).

Ein Kernstück der Reform ist die Begründung der gemeinsamen Sorge durch Anerkennung der Vaterschaft. Diesen Automatismus lehnt der VAMV entschieden ab. „Gemeinsame Sorge ja, aber durch bewusste Entscheidung!“, betont Jaspers. Durch Heirat oder gemeinsame Sorgeerklärung treffen bereits über 91 Prozent der Eltern im Geburtsjahr des Kindes die Entscheidung, dass sie miteinander für gemeinsame Kinder sorgen wollen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sprechen bei den restlichen 9 Prozent gute Gründe dagegen, wie eine hochstrittige Trennung, der Umstand, dass sich die Eltern kaum kennen oder auch Gewalt und Sucht. Der geplante Automatismus sieht nur eine Ausnahme vor, nämlich wenn ein Gericht die Vaterschaft feststellt. „Hier besteht die Gefahr, dass betroffene Mütter aus Angst vor einem belastenden Gerichtsverfahren diesen Weg nicht gehen und in der Folge die betroffenen Kinder ohne Kenntnis ihres Vaters und ohne Unterhalts- und Erbschaftsansprüche bleiben werden“, gibt Jaspers zu Bedenken.

Ferner warnt der VAMV vor der Einführung einer faktischen Beratungspflicht bei Sorgerechtskonflikten ohne ausreichendes und gutes Beratungsangebot: Denn dies würde Eltern mit ihren Konflikten allein lassen, anstatt diese zu deeskalieren. Eindringlich kritisiert der VAMV die Unterhaltsregelung im paritätischen Wechselmodell: Die vorgesehene Anrechnung des Kindergeldes würde zulasten des einkommensschwächeren Elternteils und zulasten einer fairen Bemessung des Unterhalts gehen, statt das Kindergeld hälftig zwischen den Eltern aufzuteilen. Ziel muss bleiben, im Wechselmodell ein Kind in beiden Haushalten gut versorgen zu können.

Eine ausführliche Stellungnahme finden Sie unter www.vamv.de.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 20.01.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 28. Januar 2021

Veranstalter: AWO Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V.

Fachtagung zur Öffnung der Altenhilfeeinrichtungen für die Zielgruppe LSBTIQ*

Das Modellprojekt „Queer im Alter – Öffnung der Altenhilfeeinrichtungen für die Zielgruppe LSBTIQ*“ wurde im Zeitraum von Januar 2019 bis Februar 2021 vom Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. koordiniert und gemeinsam mit sechs Modellstandorten der AWO umgesetzt – gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*, Inter* und queeren Menschen (kurz LSBTIQ*) als Zielgruppe waren bisher in den Konzepten und Angeboten der Altenhilfe systematisch kaum bis gar nicht bedacht. Im Rahmen des Projekts entstand daher ein Praxishandbuch zur Öffnung der Altenhilfeeinrichtungen für LSBTIQ*, dessen Vorstellung im Mittelpunkt der Abschlusstagung steht.

Es beinhaltet einen Leitfaden mit Instrumenten für die Praxis sowie ein Fortbildungspaket mit Coaching-Konzept für Mitarbeitende von Altenhilfeeinrichtungen, mit deren Hilfe sich verschiedene Einrichtungen und Serviceformen der Altenhilfe für queere Senior*innen öffnen können. Das Praxishandbuch wendet sich sowohl an Einrichtungen der institutionellen Altenhilfe als auch an Anbieter*innen der beruflichen Erwachsenenbildung.

Die Entwicklung des Handbuchs erfolgte von Beginn an in enger Abstimmung mit  Leitungskräften und Mitarbeitenden aus den Altenhilfe-Modellstandorten der AWO und Vertreter*innen von bundesweiten Interessenverbänden der queeren Communities. Diese werden während der Abschlusstagung gemeinsam mit den Autor*innen des Handbuchs und weiteren Gästen die Projektergebnisse präsentieren und sich gemeinsam mit Ihnen zu den Erfordernissen einer queer-freundlichen Altenhilfe austauschen.

Hier geht’s zur kostenlosen Anmeldung mit Tagungs- und Projektflyer zum Download.

Anmeldung zur Abschlusstagung

Online-Podiumsdiskussionen

Veranstalter: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Während der ersten Corona-Pandemie wurden sie gefeiert und beklatscht: Die Beschäftigten in Krankenhäusern und der Altenpflege. Doch die Kluft zwischen ihrem Status als »systemrelevante Held*innen« und ihren realen Arbeitsbedingungen wird nicht kleiner, sondern größer. Diese Online-Veranstaltungsreihe wirft einen Blick auf die aktuelle Lage in Kliniken und Pflegeheimen und die Kämpfe der Beschäftigten um die dringend nötige Verbesserung von Arbeitsbedingungen und der Gesundheitsversorgung.

In sechs aufeinanderfolgenden Veranstaltungen werden Erfahrungen mit Missständen, der Bekämpfung gewerkschaftlicher Organisierung und erfolgreichem Widerstand ausgetauscht: Sie reichen von den USA, England, Frankreich, Bulgarien bis nach Deutschland.

Donnerstag, 21. Januar 2021, 18 – 19.30 Uhr

Ein bisschen Zuckerbrot, viel Peitsche: Wo stehen wir im Kampf um Aufwertung der Pflegearbeit?

Samstag, 30. Januar 2021, 11 – 12.30 Uhr

Pflege in der Familie: Der größte Pflegedienst der Nation? Der billigste Pflegedienst der Nation!

Dienstag, 9. Februar 2021, 18 – 19.30 Uhr

Kämpfe um Aufwertung und gute Arbeitsbedingungen in anderen Ländern: Gesundheitsarbeiter*innen in der Pandemie

Dienstag, 23. Februar 2021, 18 – 19.30 Uhr

Krankenhaus-Streik während der Pandemie? Erfahrungen aus Kalifornien

Donnerstag, 11. März 2021, 18 – 19.30 Uhr

Dumpinglöhne in der Altenpflege: Wird mit der Allgemeinverbindlichkeit alles gut?

Donnerstag, 25.März 2021, 18 – 19.30 Uhr

Unsere Gesundheit, ihr Profit? Union-Busting in Krankenhäusern und Pflegeheimen und gewerkschaftliche Gegenstrategien


Weitere Informationen zu unserer Veranstaltungreihe Systemrelevant? Systemwechsel! und Anmeldung finden Sie auf unserer Homepage.

Für die Teilnahme per Videokonferenz ist die Installation der Software alfaview erforderlich: https://alfaview.com/de/download/. Sie benötigen keine persönliche Registrierung. Vor der jeweiligen Veranstaltung senden wir Ihnen den Zugangslink per E-Mail.


 

AUS DEM ZFF

Der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes, Prof. Dr. Jens M. Schubert, ist seit dem Jahreswechsel der neue Sprecher des Bündnis Kindergrundsicherung für 2021 und 2022. Er übernimmt das Amt von seinem Vorgänger Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.

„Ich freue mich über die Wahl zum Sprecher des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG und möchte allen Bündnismitgliedern für das mir und der AWO entgegengebrachte Vertrauen danken“, erklärt dazu Jens M. Schubert. „Mein besonderer Dank gilt dem bisherigen Sprecher Ulrich Schneider und seinem Team für das Engagement, das sie für das Bündnis und für die Kindergrundsicherung in den letzten beiden Jahren unternommen haben. Die Kindergrundsicherung ist vor allem dank des langjährigen politischen Drucks zivilgesellschaftlicher Organisationen von einer Idee zu einem realen Reformvorschlag geworden. Sie erfährt politisch immer größeren Zuspruch. Ich werde mich in den kommenden beiden Jahren dafür stark machen, dass die Kindergrundsicherung weiter Fahrt aufnimmt und endlich politisch umgesetzt wird. Es muss endlich gelingen, alle Kinder und Jugendliche in Deutschland mit einer Kindergrundsicherung sozial gerecht abzusichern und ihre Bildungs- und Teilhabechancen wirksam zu verbessern.“

Jens M. Schubert (51) ist seit Januar 2021 Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes. Zuvor war er Leiter des Bereichs Recht und Rechtspolitik in der Bundesverwaltung der Gewerkschaft ver.di. Der Jurist lehrt als apl. Professor an der Leuphana Universität Lüneburg und war mehrere Jahre Ehrenamtlicher Richter u.a. am Bundesarbeitsgericht und am Bundessozialgericht. Er ist Experte für Arbeits- und Sozialrecht.

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG macht sich seit 2009 mit einer wachsenden Zahl von Mitgliedsverbänden dafür stark, die Kindergrundsicherung fest im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Es fordert eine sozial gerechte Kinder- und Familienförderung in Form einer Kindergrundsicherung, die viele Leistungen bündelt, mit steigendem Einkommen abgeschmolzen und einfach und unbürokratisch ausgezahlt wird.

Mehr Informationen zur Kindergrundsicherung finden Sie auf www.kinderarmut-hat-folgen.de.

Die Mitteilung als PDF finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG vom 08.01.2021

Anlässlich der heutigen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Deutschen Bundestag zum Gesetzentwurf zur Elterngeld-Reform begrüßt das ZFF einzelne Neuregelungen, mahnt aber grundsätzlichere Schritte im Sinne einer partnerschaftlicheren Gestaltung des Elterngelds an.

Die Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) hat zum Ziel, Eltern flexiblere Angebote zur Nutzung von Elterngeld bzw.- Elternzeit  zu machen, die den Wünschen und Bedarfen nach einer partnerschaftlicheren Vereinbarkeit entgegenkommen. Dazu gehören die Anhebung der Höchstarbeitsgrenze während der Elternzeit bzw. des Elterngeldbezugs und die Flexibilisierung des Partnerschaftsbonus. Daneben sollen Eltern von Frühchen durch einen zusätzlichen Elterngeld-Monat unterstützt werden.

Alexander Nöhring (Geschäftsführer des ZFF) erklärt dazu: „Wir begrüßen die Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes und sehen in den geplanten Neuregelungen wichtige Verbesserungen für Familien. Dazu zählen die Ausweitung der Höchstarbeitszeitgrenze oder die flexibleren Nutzungsmöglichkeiten des Partnerschaftsbonus. Mit der Ausweitung des Elterngeldanspruchs für Eltern von Frühchen setzt die Bundesregierung zudem einen längst überfälligen Schritt um, auch wenn wir uns hier eine deutlich großzügigere Regelung gewünscht hätten.“

Nöhring ergänzt: „Die meisten Familien wünschen sich eine gleichberechtigte Aufteilung von Betreuung und Erziehung ihrer Kinder. Aus Sicht des ZFF braucht es aber für die nachhaltige Unterstützung von jungen Eltern deutlich mutigere Reform-Schritte. Wir setzen uns daher für eine Ausdehnung der Partnermonate ein. Darüber hinaus müssen wir gerade einkommensschwache Eltern darin unterstützen, ohne finanzielle Nöte in ihr Familienleben zu starten. Das ZFF fordert, das Elterngeld als Familienförderleistung nicht wie bislang auf Transferleistungen anzurechnen. Daneben muss die Lohnersatzrate, gerade bei kleinen Einkommen, erhöht werden. Nur so schaffen wir es allen Eltern tatsächlich Angebote für eine partnerschaftliche Familienorganisation zu machen!“

Alexander Nöhring wird heute als Sachverständiger bei der Ausschusssitzung dabei sein. Die Sitzung wird am 14. Dezember ab 17:30 Uhr zeitversetzt im Internet auf www.bundestag.de übertragen.

Die Stellungnahme des ZFF zur Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 14. Dezember 2020 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes“ sowie zu den Anträgen der Fraktion DIE LINKE. „Mindestbetrag des Elterngelds erhöhen“ und der FDP-Fraktion „Elternzeit verlässlich und realitätsnah neu gestalten – Finanzielle Risiken für Eltern beseitigen“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 14.12.2020

AKTUELLES

Die Studie von Anja Bade gibt einen Überblick über die Vielfalt der Angebote familiärer Gesundheitsförderung in Berlin. Familien haben unterschiedliche Bedarfe und es gibt für ihre verschiedenen Lebensphasen und besonderen sozialen Lebenslagen sehr viele Hilfsangebote. In diesem reichhaltigen „Angebotsdschungel“ ist ein Überblick schwer. Daher hat der Berliner Beirat für Familienfragen zur Vorbereitung des Berliner Familienberichts 2020 in Zusammenarbeit mit der Alice Salomon Hochschule Berlin / Berlin School of Public Health Ende 2018 eine studentische Studie beauftragt, die untersucht, wie Bedarfe familiärer Gesundheitsförderung im Land Berlin bedient werden und wie die Angebotslandschaft einzuschätzen ist. Die Ergebnisse der Studie mit einem Recherchestand vom 19.09.2019 wurden mit einer Einführung von Laurette Rasch und Prof. Dr. Raimund Geene, der die Studie begleitet hat, sowie der Darstellung der Handlungsempfehlungen des Berliner Beirats für Familienfragen aus dem Berliner Familienbericht 2020 „Familien in der wachsenden, vielfältigen Stadt“ zum Thema der familiären Gesundheitsförderung nun in einer Broschüre veröffentlicht.

Sie können die Studie hier downloaden. Wir senden Ihnen auch gerne eine Printversion zu, schreiben Sie dazu eine Mail an post@familienbeirat-berlin.de.

Am 26.01.2021 von 10.00 – 14.00 Uhr als Online-Veranstaltung mit einem Impulsvortrag von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin zu:

„Verschwörungsmythen aus dem Spektrum von „Querdenken“

Wie lässt sich ein Arbeitsbündnis zu den Eltern herstellen, ohne ihre problematische Einstellung zu verharmlosen oder zu normalisieren?

Was bedeutet das für das unmittelbare Gespräch mit Eltern?

Wie beeinflussen elterliche Haltungen Entwicklungsbedürfnisse der Kinder?

Wie gehe ich als Fachkraft damit um, wenn Kinder Kinder diskriminieren bzw. aus „Erwachsenenmund“ Vorurteile übernehmen?

Was ist meine Haltung als Fachkraft und sind die ethischen und rechtlichen Grundlagen dafür?

Bitte melden Sie sich über diese Email an eva_prausner@elternstaerken.de. Mit der Bestätigung Ihrer Anmeldung erhalten Sie den ZOOM-Zugangslink für den 26.01.2021.

Die Fortbildung findet in Kooperation mit dem Zentrum für Demokratie in Treptow-Köpenick statt.

Familien sind noch immer die verbreitetste Form, in der Sorge füreinander geleistet wird. Sorgearbeit ist in unserer Gesellschaft von existenzieller Bedeutung und umfasst Sorgetätigkeiten und Kompetenzen in der Betreuung, Erziehung und Bildung sowie in der Gesundheit und Pflege. Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ macht mit ihrem Positionspapier deutlich, an wie vielen Stellen Familien Sorgearbeit übernehmen und welche Ressourcen darüber hinaus in Familien liegen. Die AGJ beschreibt zudem die Herausforderungen, denen Familien alltäglich gegenüberstehen, die sich z. B. in den Schwierigkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Zeitnöten begründen.

Link zum Positionspapier: https://www.agj.de/fileadmin/files/positionen/2020/Care_braucht_mehr.pdf

Die Klimakrise ist eines der derzeit dominierenden Themen und treibt viele Menschen auf die Straße. Sie fordern Politik und Gesellschaft auf, sich für den Erhalt der Erde und ihrer Ökosysteme einzusetzen und dafür notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Die Auswirkungen der Klimakrise betreffen alle Menschen, ganz besonders Menschen im globalen Süden sowie Kinder und Jugendliche überall auf der Welt. Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ macht mit diesem Papier auf die Relevanz von ökologischen Kinderrechten aufmerksam und fordert deren konsequente Umsetzung. Sie geht auf die UN-Kinderrechtskonvention ein und stellt fest, dass für die Realisierung fast aller Kinderrechte intakte Umweltbedingungen die Grundlage sind.

Link zum Positionspapier: https://www.agj.de/fileadmin/files/positionen/2020/How_dare_you.pdf

Kinderarmut ist in Europa weit verbreitet. In der aktuellen Ausgabe stellen wir Ihnen als europäisches Instrument zur Verringerung von Kinderarmut die Kindergarantie vor. Diese wurde 2015 vom Europäischen Parlament gefordert und soll im kommenden Jahr ihre Wirkung entfalten. Sie können den Newsletter hier herunterladen.

Inhalt:

  • Europäische Perspektive: neue Impulse zur Bekämpfung von Kinderarmut durch eine europaweite Kindergarantie, Katrin Lange, Beobachtungsstelle
  • Zivilgesellschaftliche Perspektive: Europa muss JETZT handeln, Elisabeth Gosme, COFACE Families Europe
  • Nationale Perspektiven im Interview: Bekämpfung von Kinderarmut in Frankreich und Italien – ist die Kindergarantie ein neuer Meilenstein?, mit Experten des des European Social Policy Network aus Frankreich und Italien

Das Team der Beobachtungsstelle analysiert gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa und befasst sich mit möglichen Auswirkungen auf Deutschland. Wir veröffentlichen wissenschaftliche, meist europäisch-vergleichende Expertisen zu sozialpolitisch relevanten Themen. Zudem erstellen wir regelmäßig Monitorings zu europäischer Politik und führen europäische Fachveranstaltungen durch. Ziel unserer Arbeit ist es, europaweit Akteure zu vernetzen, ihren Austausch zu fördern und gegenseitiges Lernen anzuregen. Aktuelle Veröffentlichungen der Beobachtungsstelle finden Sie auf unserer Webseite.

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ZFF-Info

ZFF-Info 13/2020

SCHWERPUNKT I: Paritätischer Armutsbericht

Laut aktuellem Paritätischen Armutsbericht hat die Armutsquote in Deutschland mit 15,9 Prozent (rechnerisch 13,2 Millionen Menschen) einen neuen traurigen Rekord und den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung erreicht. Der Paritätische Wohlfahrtsverband warnt in der Studie, dass alles darauf hindeute, dass die Auswirkungen der Corona-Krise Armut und soziale Ungleichheit noch einmal spürbar verschärfen werden. Der Verband wirft der Bundesregierung eine „armutspolitische Verweigerungshaltung“ vor und fordert unter der Überschrift „Gegen Armut hilft Geld” eine sofortige Anhebung der finanziellen Unterstützungsleistungen für arme Menschen sowie armutsfeste Reformen der Sozialversicherungen.

„Die vorliegenden Daten zur regionalen Verteilung, zur Entwicklung und zur Struktur der Armut zeigen Deutschland als ein in wachsender Ungleichheit tief zerrissenes Land. Immer mehr Menschen leben ausgegrenzt und in Armut, weil es ihnen an Einkommen fehlt, um den Lebensunterhalt zu bestreiten und an unserer Gesellschaft gleichberechtigt und in Würde teilzuhaben. Volkswirtschaftliche Erfolge kommen seit Jahren nicht bei den Armen an und in den aktuellen Krisen-Rettungspaketen werden die Armen weitestgehend ignoriert. Was wir seitens der Bundesregierung erleben, ist nicht mehr nur armutspolitische Ignoranz, sondern bereits bewusste Verweigerung”, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Die Befunde des diesjährigen Armutsberichts sind alarmierend: Bei allen ohnehin seit Jahren besonders armutsbetroffenen Gruppen (wie bspw. Alleinerziehenden, Arbeitslosen und kinderreichen Familien) hat die Armut von 2018 auf 2019 noch einmal zugenommen. Betrachtet man die Zusammensetzung der Gruppe erwachsener Armer ist der ganz überwiegende Teil erwerbstätig (33,0 Prozent) oder in Rente (29,6 Prozent). Regional betrachtet wuchs die Armut 2019 im Vergleich zum Vorjahr praktisch flächendeckend. Positive Entwicklungen, die zuletzt in den ostdeutschen Bundesländern zu beobachten waren, sind gestoppt.

Armutsgeografisch zerfällt Deutschland dabei in zwei Teile: Im gut gestellten Süden haben Bayern und Baden-Württemberg eine gemeinsame Armutsquote von 12,1 Prozent. Der Rest der Republik, vom Osten über den Norden bis in den Westen, kommt zusammen auf eine Quote von 17,4 Prozent. Außerhalb von Bayern und Baden-Württemberg lebt durchschnittlich mehr als jede*r Sechste unterhalb der Armutsgrenze. Das problematischste Bundesland bleibt mit Blick auf Armutsdichte und Dynamik Nordrhein-Westfalen: Seit 2006 ist die Armutsquote in dem bevölkerungsreichen Bundesland zweieinhalbmal so schnell gewachsen wie die gesamtdeutsche Quote. Armutstreiber in NRW ist das Ruhrgebiet mit einer Armutsquote von 21,4 Prozent. Das größte Ballungsgebiet Deutschlands muss damit zweifellos als Problemregion Nummer 1 gelten.

Der Verband warnt vor einer drastischen Verschärfung der Armut in 2020 angesichts der aktuellen Corona-Pandemie. Besonders betroffen seien geringfügig Beschäftigte sowie junge Menschen, die corona-bedingt schon jetzt von wachsender Arbeitslosigkeit betroffen sind. „Corona hat jahrelang verharmloste und verdrängte Probleme, von der Wohnraumversorgung einkommensschwacher Haushalte bis hin zur Bildungssegregation armer Kinder, ans Licht gezerrt. Eine zunehmende Zahl von Erwerbslosen stößt auf ein soziales Sicherungssystem, das bereits vor Corona nicht vor Armut schützte und dessen Schwächen nun noch deutlicher zutage treten“, so Ulrich Schneider.

Der Paritätische fordert die Umverteilung vorhandener Finanzmittel zur Beseitigung von Armut. „Deutschland hätte es in der Hand, seine Einkommensarmut abzuschaffen und parallel für eine gute soziale Infrastruktur zu sorgen. Es klingt banal und wird bei vielen nicht gern gehört: Aber gegen Einkommensarmut, Existenzängste und mangelnde Teilhabe hilft Geld“, so Schneider. Konkret seien eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung (nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle auf mindestens 644 Euro), die Einführung einer Kindergrundsicherung sowie Reformen von Arbeitslosen- und Rentenversicherung nötig.

Den Bericht und eine detaillierte Suchfunktion zu Armutsquoten nach Postleitzahlen finden Sie unter: www.der-paritaetische.de/schwerpunkte/armutsbericht/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 20.11.2020

Anlässlich des heute erschienenen Armutsberichts des Paritätischen Wohlfahrtsverbands erklären Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik, und Sven Lehmann, Sprecher für Sozialpolitik:

Es ist ein sozialpolitisches Trauerspiel, dass sich die Armutsquote seit Jahren auf hohem Niveau verfestigt und im Jahr 2019 sogar auf den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung gestiegen ist. Schon jetzt wird sichtbar, dass die Corona-Pandemie vor allem Einkommensschwache trifft und die Armutsentwicklung weiter befeuern wird, wenn die Bundesregierung nicht schnell gegengesteuert.

Der Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands macht deutlich: Zur Umkehr dieses Trends muss die steigende Einkommensarmut bekämpft werden. Erwerbstätige, Alleinerziehende und Menschen in der Grundsicherung sind besonders gefährdet. Wir fordern daher schon lange die Einführung einer Kindergrundsicherung und einer Garantierente. Eine verlässliche Existenzsicherung ist dringend geboten. Wir wollen Hartz IV überwinden und durch eine sanktionsfreie Garantiesicherung ersetzen, die Teilhabe sicherstellt. Es braucht aber auch Sofortmaßnahmen wie die rasche Einführung eines Corona-Zuschusses in der Grundsicherung und eine bessere Absicherung von Solo-Selbständigen und Kulturschaffenden. So können soziale Härten der Pandemie zeitnah abgefedert werden.

Die Bundesregierung muss ihre Verweigerungshaltung endlich aufgeben. Armutsbekämpfung muss zur politischen Priorität werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 20.11.2020

„Nicht nur die soziale Schieflage der aktuellen Corona-Politik sondern auch die verfehlte Sozial- und Arbeitsmarktpolitik der letzten Jahre spiegeln sich im Armutsbericht", kommentiert Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, den Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Ferschl weiter:

„Wenn wir über Armut reden, dürfen wir über Reichtum nicht schweigen. Was den einen durch Sozialabbau und Deregulierung genommen wurde, das eignen sich andere an. Niedriglöhne und prekäre Beschäftigungs- und Lebensbedingungen für Millionen – Milliardengewinne und Vermögenszuwächse für wenige. Während hunderte Milliarden Euro Unterstützung für die Wirtschaft aufgebracht werden, erhalten Harz IV-Empfänger lediglich 14 Euro mehr im Monat. Damit muss Schluss sein.

DIE LINKE setzt sich für eine Politik der sozialen Gerechtigkeit ein. Arbeit muss vor Armut schützen und sie muss sicher sein. Regulierung des Arbeitsmarktes statt Deregulierung sowie eine Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen wären notwendige Maßnahmen, um hunderttausende Beschäftigte vor den Auswirkungen der Pandemie zu schützen. Für Notlagen braucht es ausfinanzierte soziale Sicherungssysteme. Und neben einer einmaligen Vermögensabgabe brauchen wir generell eine Vermögenssteuer."

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 20.11.2020

Mit Blick auf den Armutsbericht des paritätischen Wohlfahrtsverbands sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, am Freitag in Berlin:

„Die höchste Armutsquote seit der Wiedervereinigung ist nicht nur schlimm für die Betroffenen, sondern auch ein alarmierendes Signal an uns alle. Besonders bedrückend: die größte Gruppe der insgesamt 13,2 Millionen Armen sind Erwerbstätige. Im Klartext: Jeder dritte dieser Menschen ist arm trotz Arbeit und die ganz überwiegende Mehrheit davon hat eine mittlere oder gute Qualifikation. Armut trotz Erwerbsarbeit ist und bleibt ein besonderer Skandal in Deutschland im 21. Jahrhundert.

Die ungleiche Verteilung von Einkommen wird durch die Corona-Krise noch verschärft. Denn krisenbedingte Einkommensverluste sind keineswegs über alle Bevölkerungsgruppen gleich verteilt. Existenzbedrohende Einbußen erleiden Geringverdienende, Minijobberinnen und -jobber, sowie Beschäftigte in Gastronomie und in der Leiharbeit – also diejenigen, die auch vor der Krise schon nicht auf der Sonnenseite lebten.

Parteien müssen jetzt endlich klar Stellung beziehen, was sie gegen Armut und soziale Ungleichheit unternehmen wollen. Die Bundestagswahl im nächsten Jahr muss zum Wettbewerb dafür werden, wie Menschen in unteren Einkommensgruppen in Richtung Mitte aufholen können. Vorschläge der Gewerkschaften dazu liegen auf dem Tisch: Der Mindestlohn muss dringend außerhalb des üblichen Anpassungsverfahrens auf 12 Euro erhöht werden. Außerdem brauchen Kinder eine Grundsicherung, damit genau die Familien, deren Not am größten ist, auch am meisten Unterstützung erhalten. Eine solche Kindergrundsicherung stellt außerdem sicher, dass kein Mensch dauerhaft in Armut leben muss, nur weil er sich trotz niedrigem Einkommen für Kinder entscheidet.

Geringverdienende brauchen Aufstiegsperspektiven und der Niedriglohnsumpf muss dauerhaft ausgetrocknet werden.

Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich Menschen, die trotz Arbeit arm sind und ihre Lage aus eigener Kraft nicht verbessern können, frustriert und ohne Hoffnung abwenden. Das verstellt nicht nur demokratische Teilhabe sondern gefährdet gesellschaftlichen Frieden.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 20.11.2020

SCHWERPUNKT II: Corona-Krise

Corona verstärkt Ungleichheit in unserer Gesellschaft. Das resümiert die Hans-Böckler-Stiftung bei der heutigen Vorstellung ihres Verteilungsberichts. Besonders prekär Beschäftigte müssen harte Einkommenseinbußen verkraften. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert deshalb noch größere Anstrengungen im Kampf für sozialen Zusammenhalt.

„Der Bericht der Hans-Böckler-Stiftung ist alarmierend. Zum einen erlebt gerade fast die Hälfte der Beschäftigten mit einem Nettoeinkommen unter 900 Euro erhebliche Einkommensverluste. Zum anderen zementiert die Krise Vermögensungleichheit – Reiche werden auch während Corona reicher.

Deshalb bringt die SPD-Bundestagsfraktion eine sozial gerechte Krisenpolitik voran. Wir haben den Familienbonus auf den Weg gebracht und den Zugang zur Grundsicherung vereinfacht, das Kurzarbeitergeld deutlich erhöht und verlängert. Und unterstützen Unternehmen in besonders betroffenen Branchen wie Kultur und Restaurants.

Die SPD-Bundestagsfraktion findet aber auch: Das ist längst nicht genug. Es müssen endlich faire Arbeitsbedingungen und ein Verbot für Leiharbeit und Werkverträgen in der Fleischindustrie umgesetzt werden. Außerdem braucht es unbedingt mehr Tarifverträge in der Pflege und anderen Branchen – und wo geboten allgemeinverbindliche Tarifverträge. Nur so kann die Krise ohne tiefe gesellschaftliche Verwerfungen gemeistert werden.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 19.11.2020

Der Abstand zwischen hohen und niedrigen Einkommen in Deutschland wird durch die Corona-Pandemie weiter wachsen. Denn Erwerbspersonen mit schon vorher niedrigen Einkommen sind im bisherigen Verlauf der Corona-Krise fast doppelt so häufig von Einbußen betroffen wie Menschen mit hohen Einkommen – und sie haben zudem relativ am stärksten an Einkommen verloren. Damit verschärft sich ein Trend, der auch die wirtschaftlich starken 2010er-Jahre gekennzeichnet hat: Die 20 Prozent der Haushalte mit den geringsten Einkünften blieben von einer insgesamt recht positiven Einkommensentwicklung weitgehend abgekoppelt. So lagen im finanziell „untersten“ Zehntel der deutschen Haushalte die mittleren Nettoeinkommen real im Jahr 2017, dem aktuellsten, für das derzeit Daten vorliegen, noch um knapp drei Prozentpunkte unter dem Niveau von 2010. Im 2. Dezil gab es nur einen geringfügigen Zuwachs um inflationsbereinigt knapp drei Prozentpunkte. Dagegen legten die mittleren realen Nettoeinkommen der Haushalte im „obersten“ Zehntel der Einkommensverteilung im gleichen Zeitraum um knapp acht Prozentpunkte zu. Auch die mittlere Einkommensgruppe (5. Dezil) konnte während des langen wirtschaftlichen Aufschwungs spürbare Zuwächse verzeichnen – um insgesamt gut sieben Prozentpunkte zwischen 2010 und 2017. Diese, unter anderem durch steigende Tariflöhne ermöglichte, vergleichsweise solide Entwicklung bei den mittleren Einkommen führte dazu, dass die mit dem Gini-Koeffizienten gemessene gesamtgesellschaftliche Einkommensungleichheit in der zweiten Hälfte der 2010er Jahre leicht zurückgegangen ist – obwohl sich die oberen und unteren Ränder auseinanderentwickelten.

In der Corona-Krise dürfte nach den bislang vorliegenden Daten aber auch zumindest ein Teil der mittleren Einkommen zurückfallen und dadurch die Ungleichheit auf allen Ebenen wieder wachsen – wenn nicht Schutzmechanismen schnell weiter gestärkt werden. Dazu zählen unter anderem ein höheres Kurzarbeitergeld und eine längere Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld I über 2020 hinaus bis zum Ende der Krise. Das ergibt der neue Verteilungsbericht, den das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung heute vorlegt.*

„Deutschland ist bislang besser durch die Krise gekommen als viele andere Länder. Trotzdem gilt auch bei uns: Menschen, die zuvor schon wenig hatten, sind besonders oft und besonders hart von wirtschaftlichen Verlusten betroffen. Denn sie arbeiten oft an den Rändern des Arbeitsmarktes. Dort werden sie nur unzureichend durch Schutzmechanismen in den Sozialversicherungen oder durch Tarifverträge erfasst, die viele Beschäftigte im mittleren Einkommensbereich bisher recht effektiv vor drastischen Einkommenseinbußen bewahrt haben“, fasst Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, wesentliche Ergebnisse der Studie zusammen. „Ob wir es schaffen, die Pandemie ohne tiefe gesellschaftliche Risse zu überstehen, wird daher wesentlich von zwei Faktoren abhängen“, so Kohlrausch: „Erstens müssen soziale Sicherung und Kollektivverträge gestärkt werden. Die Krise zeigt, dass sie Aktivposten unserer sozialen Marktwirtschaft sind. Zweitens müssen Haushalte mit geringeren Einkommen besser als bisher gegen noch größere Einbußen geschützt werden.“ Gelinge das nicht, könnte das auch die Identifikation erheblicher Teile der Bevölkerung mit der Demokratie in Deutschland schädigen, warnt die Soziologin. „Wir sehen in unserer Forschung deutlich: Menschen, die durch Einkommensverluste belastet sind, beurteilen die politische und soziale Situation im Land deutlich kritischer. Und sie zeigen sich im Durchschnitt sogar empfänglicher für Verschwörungsmythen zur Pandemie“, erklärt Ko-Autor Dr. Andreas Hövermann.

Daten aus zwei großen Panel-Befragungen

In der neuen Studie analysieren Kohlrausch, Hövermann und die Verteilungsexpertin Dr. Aline Zucco die Einkommensentwicklung anhand der aktuellsten vorliegenden Daten. Für das Jahr 2020 arbeitet das Forschungsteam mit der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung. Dafür wurden mehr als 6300 Erwerbstätige und Arbeitssuchende im April und ein zweites Mal im Juni befragt. Die Online-Umfrage bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. Die Entwicklung der Einkommensverteilung in den 2010er Jahren untersuchen die ForscherInnen anhand des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Diese repräsentative jährliche Wiederholungsbefragung in rund 16.000 Haushalten liefert detaillierte Einkommensdaten für weite Teile der Bevölkerung. Allerdings sind sehr hohe Einkommen tendenziell untererfasst und die Datenreihe reicht aktuell lediglich bis 2017. Das SOEP weist das sogenannte Nettoäquivalenzeinkommen von Haushalten aus, so dass Haushalte unterschiedlicher Größe vergleichbar sind. Der Vergleichbarkeit halber wurde für den Verteilungsbericht auch bei der Erwerbspersonenbefragung das Netto-Haushaltseinkommen ausgewertet.

In ihrer Analyse arbeiten die Forscherinnen und der Forscher mit den in der Wissenschaft gebräuchlichsten statistischen Verteilungsmaßen. Der Gini-Koeffizient etwa kann Werte zwischen Null (alle Haushalte in Deutschland haben das gleiche Einkommen) und eins (das gesamte Einkommen im Land fließt an nur einen Haushalt) annehmen. Er ist besonders sensibel dafür, wie sich mittlere Einkommen im Vergleich zu hohen und niedrigen entwickeln. Zudem haben Kohlrausch, Zucco und Hövermann ausgewertet, wie sich die Einkommen unterschiedlicher Haushalte entwickeln, wenn man sie, je nach Einkommenshöhe, in zehn gleich große Gruppen (Dezile) aufteilt.

Entwicklung in den 2010er Jahren: Haushalte mit niedrigen Einkommen fallen zurück, mittlere Gruppe kann mithalten

Im Vergleich der Industrieländer liegt die Ungleichheit der Einkommen in Deutschland auf einem mittleren Niveau, doch sind sie aktuell deutlich ungleicher verteilt als noch in den 1990er Jahren. Das liegt vor allem an einem kräftigen Anstieg der Ungleichheit rund um die Jahrtausendwende als sich lediglich höhere Einkommen stark entwickelten, während mittlere und insbesondere niedrigere zurückblieben. Der Gini-Koeffizient stieg zwischen 1999 und 2005 von knapp 0,25 auf 0,289 – eine für diesen kurzen Zeitraum auch im internationalen Vergleich starke Zunahme. Darauf folgte eine kurze Phase, in der die Ungleichheit der Einkommen auf dem erhöhten Niveau stagnierte und dann etwas zurückging. In den 2010er Jahren kletterte der Gini-Wert zunächst auf einen neuen Höchstwert: 2013 erreichte er 0,294, das ist die größte seit Einführung des SOEP gemessene Einkommensungleichheit in Deutschland. Im derzeit aktuellsten Jahr 2017 betrug der Gini erneut 0,289. „Das ist immer noch deutlich höher als zu Beginn des Jahrzehnts“, betont Verteilungsforscherin Zucco (siehe Abbildung 1 der Studie, auch in der pdf-Version dieser PM; Links unten).

Dass die Ungleichheit gegenüber dem Höchststand 2013 bis 2017 leicht gesunken ist, lässt sich nach der WSI-Analyse wesentlich auf die solide Entwicklung der mittleren Einkommen zurückführen. Das macht der Dezilvergleich deutlich: Die realen Einkommen in der Mitte der Verteilung (5. Dezil) blieben im Gesamtzeitraum 2010 bis 2017 prozentual kaum hinter dem „obersten“ (10.) Dezil zurück, weil sie sich in der zweiten Hälfte recht kräftig entwickelten. Dagegen nahmen die Einkommen in der „zweituntersten“ Gruppe (Dezil 2) kaum zu, die Einkommen im ersten Dezil blieben sogar unter dem Niveau von 2010 (siehe Abbildung 3 der Studie und in der pdf-Version dieser PM; genaue Werte im 1. Absatz).

Parallel lag 2017 der Anteil der Haushalte in Deutschland, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens aller Haushalte zur Verfügung haben und deshalb nach gängiger wissenschaftlicher Definition als einkommensarm gelten, mit 16 Prozent um zwei Prozentpunkte höher als 2010. Überproportional von Armut betroffen waren 2017 unter anderem Alleinerziehende, Arbeitslose, Menschen mit Migrationshintergrund und Ostdeutsche. Dagegen hatten etwa Personen mit Hochschulabschluss, Selbständige, Beamte und Angestellte ein deutlich unterdurchschnittliches Armutsrisiko.

Haushalte mit niedrigen Einkommen leiden in der Corona-Krise besonders stark, auch einige mittlere fallen zurück

Im bisherigen Verlauf der Corona-Krise hat sich der Rückstand der niedrigen Einkommen nach den Daten der Erwerbspersonenbefragung noch verschärft. Und diesmal fallen auch Haushalte im „unteren“ Bereich der mittleren Einkommensgruppen gegenüber jenen mit hohen Einkommen zurück. Der Trend zeigt sich in gleich zwei Dimensionen: Je niedriger ihr Einkommen schon vor der Krise war, desto häufiger haben Befragte im Zuge der Pandemie an Einkommen eingebüßt. Zudem steigt mit abnehmender Einkommenshöhe der Anteil, um den sich das Einkommen reduziert hat: Wer weniger hatte, hat also relativ auch noch besonders viel verloren.

Konkret haben im Durchschnitt aller Befragten bis Juni knapp 32 Prozent Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. In den beiden Gruppen mit niedrigen Haushaltseinkommen unter 1500 Euro netto monatlich lag der Anteil aber deutlich über 40 Prozent (rund 49 bzw. 41 Prozent; siehe Abbildung 5). In der „untersten“ der mittleren Einkommensgruppen, die zuvor 1500 bis 2000 Euro netto hatte, waren knapp 37 Prozent betroffen. In den Gruppen zwischen 2000 und 4500 Euro monatlichem Haushaltsnetto lag der Anteil mit Verlusten bei gut 31 Prozent. Von den Befragten mit hohen Haushaltsnettoeinkommen über 4500 Euro berichteten dagegen lediglich rund 26 Prozent über Einbußen. Schaut man auf das Beschäftigungs- und Sozialprofil der Befragten mit Verlusten, waren neben Selbständigen vor allem prekär Beschäftigte wie Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen und Minijobber und Minijobberinnen besonders oft betroffen. Stärker verbreitet waren Einkommensverluste auch bei Menschen mit Migrationshintergrund und mit Kindern.

Auch bei der Höhe der Ausfälle zeigt sich der Zusammenhang mit dem Einkommen. Das wird besonders deutlich, wenn man lediglich die Befragten vergleicht, die von Einkommensverlusten berichtet haben. Von diesen Befragten hatten in Haushalten mit mehr als 2600 Euro Monatsnetto rund 30 Prozent Einbußen von mehr als einem Viertel ihres Einkommens. Dagegen büßten in der Gruppe mit maximal 2000 Euro Haushaltsnetto im Fall von Verlusten immerhin knapp 50 Prozent mindestens ein Viertel ein. Noch größere Verluste kamen vor allem bei Niedrigeinkommen unter 900 Euro vor: Dort erlitten knapp 20 Prozent sogar Einbußen von mehr als der Hälfte ihres Einkommens (Abbildung 6).

Als wichtige Gründe für spürbare Einkommenseinbußen identifiziert das WSI neben dem Verlust von Umsätzen bei Selbständigen oder dem Verlust des Arbeitsplatzes, der bislang vor allem prekär Beschäftigte betraf, Kurzarbeit. Diese sichert in der Krise zwar zahlreiche Jobs, kann für betroffene Beschäftigte aber empfindliche Einbußen bedeuten. Wie Vorläuferstudien des WSI zeigen, sind Beschäftigte mit Niedrigeinkommen davon besonders häufig betroffen. „Gleichzeitig zeigt der detaillierte Blick auf die Daten, dass auch in dieser extrem schweren Krise sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Normalarbeitsverhältnis in Kombination mit Tarifbindung und betrieblicher Mitbestimmung Einkommensverluste verhindern oder zumindest begrenzen kann“, sagt WSI-Direktorin Kohlrausch. Das unterstrichen weitere Daten aus der Erwerbspersonenbefragung: So erhielten im Fall von Kurzarbeit im Durchschnitt 58 Prozent der Beschäftigten, die nach einem Tarifvertrag bezahlt wurden, eine Aufstockung. In Unternehmen ohne Tarifbindung waren es hingegen lediglich 34 Prozent. Ähnlich groß fiel der Vorsprung in Betrieben mit Betriebs- oder Personalrat aus. „Menschen mit Niedrigeinkommen arbeiten seltener in tarifgebundenen, mitbestimmten Betrieben, sie haben also eine geringere Chance auf Aufstockungen. Und nur mit dem gesetzlichen Kurzarbeitergeld landen Niedrigverdienerinnen und Niedrigverdiener schnell unterhalb des Existenzminimums“, erklärt Zucco.

Maßnahmen gegen wachsende Ungleichheit: Höheres Kurzarbeitergeld, länger ALG I, Reform Erbschaftssteuer

Dass die soziale Ungleichheit deutlich steigt, ist aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch deshalb wahrscheinlich, weil sich die Vermögen, die auch in Deutschland noch weitaus ungleicher verteilt sind als die Einkommen, bislang als sehr resistent gegen die Krise erwiesen haben. Das zeigte kürzlich etwa der Global Wealth Report der Allianz. Um einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich gegenzusteuern, empfehlen Kohlrausch, Zucco und Hövermann einen Mix aus kurz- und längerfristigen Maßnahmen. Dazu zählen kurzfristig:

– Anhebung des Kurzarbeitergeldes, insbesondere für Beschäftigte mit Niedrigeinkommen.

– Für den gesamten Zeitraum der Krise eine Verlängerung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I.

– Dauerhafte Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes auf ein „armutsfestes“ Niveau.

– Mehr Qualifizierungsmöglichkeiten während der Kurzarbeit. Das Qualifizierungschancengesetz setzt dafür zwar schon einige Anreize, diese sollten aber noch gestärkt werden.

Längerfristig:

– Anhebung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns auf 60 Prozent des mittleren Lohns von Vollzeitbeschäftigten.

– Stärkung der Tarifbindung, unter anderem durch eine gesetzliche Tariftreueklausel als Voraussetzung für öffentliche Aufträge.

– Bessere Anerkennung der Ausbildungsabschlüsse von Migranten und Migrantinnen und mehr Qualifizierung.

– Rückkehr zu einer progressiven Besteuerung von Kapitalerträgen und stärkere Besteuerung sehr hoher Erbschaften, um eine weitere Konzentration von Vermögen zu begrenzen.

Verteilungsbericht 2020 – Die Einkommensungleichheit wird durch die Corona-Krise noch weiter verstärkt. WSI Report Nr. 62, November 2020

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 19.11.2020

Verschärft die Covid-19-Pandemie die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern oder nivelliert sie diese sogar? Eine aktuelle IAB-Befragung zeigt: Frauen schultern auch während der Pandemie den größeren Teil der Kinderbetreuung und der Hausarbeit. Allerdings ist der Anteil der Männer, die sich stärker an der Kinderbetreuung beteiligen, in dieser Zeit deutlich gestiegen.

Die Covid-19-Pandemie hat die zentrale Bedeutung von „Sorgearbeit“ bei der Bewältigung von Krisen ins Blickfeld gerückt. Darunter fallen beispielsweise die Betreuung von Kindern, die Pflege von Angehörigen und Haushaltstätigkeiten aller Art. Die weitgehende Schließung von Kindertagesstätten, Kindergärten und Schulen im Frühjahr dieses Jahres verlagerte mehr Sorgearbeit in den Haushalt. Erwerbstätige Eltern, die keinen Anspruch auf Notbetreuung hatten, mussten die Betreuung selbst organisieren.

Sorge- und Erwerbsarbeit gleichzeitig zu bewältigen, bedeutete für viele Familien eine große Herausforderung. So ist die Belastung bei drei Viertel der erwerbstätigen Eltern gestiegen, wie ein aktueller Beitrag von Nicola Fuchs-Schündeln und Gesine Stephan im IAB-Forum zeigt.

Die Bedeutung der Sorgearbeit und ihre Verteilung zwischen den Geschlechtern ist der zentrale Gegenstand der sogenannten Care-Forschung. Dort besteht Einigkeit über die folgenden Sachverhalte: Unbezahlte Sorgearbeit wird überwiegend von Frauen übernommen. Dafür arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit und zahlen dadurch weniger in die Altersvorsorge ein. Zudem gehören viele Berufe der bezahlten Sorgearbeit, in denen mehrheitlich Frauen tätig sind, zu den schlechter bezahlten, beispielsweise Sozial- und Pflegeberufe oder Berufe im Reinigungsgewerbe.

Die Folgen der Corona-Krise für die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern werden in der Wissenschaft kontrovers diskutiert

Während der Covid-19-Pandemie mussten im Frühjahr dieses Jahres viele Paare mit Kindern neu bewerten und entscheiden, wie sie Kinderbetreuung und Haushalt untereinander aufteilen. Im wissenschaftlichen Diskurs entwickelte sich in der Folge eine heftige Kontroverse. So befürchtet etwa die Soziologin Jutta Allmendinger „eine Retraditionalisierung der Geschlechterordnung, die uns drei Jahrzehnte zurückwirft“, erklärte sie Anfang Mai in der Talkshow „Anne Will“.

Frauen übernehmen nach dieser Lesart in der Krise mehr als ohnehin schon unbezahlte Sorgearbeiten – mit allen damit verbundenen Abhängigkeitsverhältnissen und negativen Folgen für Jobsicherheit, Karriere und Altersvorsorge. Zu Beginn der Pandemie wurde noch verstärkt die Frage aufgeworfen, ob die Krise denn auch als Gleichmacher wirken könnte, wie es Stanford-Historiker Scheidel in Anbetracht historischer Forschungen zu Krisen und Gleichheit rekonstruiert hatte.

Die ersten Forschungsarbeiten hierzu zeigen widersprüchliche Ergebnisse. So kommt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung auf Basis einer Online-Befragung zu dem Schluss, dass zumindest teilweise von einer Retraditionalisierung der Geschlechterverhältnisse auszugehen ist. Im Kontrast dazu stehen die Befunde einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

Das IAB ist anhand der Online-Befragung „Leben und Erwerbstätigkeit in Zeiten von Corona“ in der Lage, die These von der Retraditionalisierung einer fundierten empirischen Überprüfung zu unterziehen. Denn diese Befragung erlaubt es, Veränderungen der Erwerbsarbeit und der Sorgearbeit während der Covid-19-Pandemie abzubilden und dabei genauer zwischen unterschiedlichen Dimensionen von Sorgearbeit zu differenzieren. Die Fragen zur Kinderbetreuung und zur Aufteilung von Arbeiten im Haushalt beziehen sich auf den Erhebungszeitraum im Juni 2020. Im Laufe dieses Monats wurden Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen in vielen Bundesländern wieder schrittweise geöffnet. Es war aber noch keine Vollzeitbetreuung wie zu Zeiten vor der Pandemie gewährleistet.

Die Entwicklung von Arbeitszeit und Kinderbetreuung sprechen gegen die Retraditionalisierungsthese

Frauen arbeiteten nach eigener Auskunft vor der Pandemie durchschnittlich 32,6 Stunden pro Woche, Männer gaben 39,7 Stunden an. Während der Pandemie sank die durchschnittliche Erwerbsarbeitszeit bei beiden Geschlechtern: Frauen gaben für den Juni 2020 durchschnittlich 30,9 Wochenarbeitsstunden an, Männer 36,3. Männer reduzierten ihre Wochenarbeitszeit damit absolut und prozentual sogar stärker als Frauen (8,5 % versus 5,2 %). Bezogen auf die berufliche Arbeitszeit kann folglich nicht von einer Retraditionalisierung die Rede sein, auch wenn die Arbeitszeiten der Männer nach wie vor länger sind.

Bei der Kinderbetreuung sprechen die Ergebnisse ebenso gegen eine Retraditionalisierung. Männer und Frauen, die in Paarhaushalten mit Kindern unter 15 Jahren leben, wurden gefragt, wie sie sich die Kinderbetreuung mit dem Partner oder der Partnerin vor und während der Covid-19-Pandemie aufgeteilt haben. Dabei wurde deutlich: Die Hauptlast der Sorgearbeit wird nach wie vor von Frauen getragen. Nach eigenen Angaben übernahmen zwei Drittel der Frauen vor der Pandemie überwiegend oder fast vollständig die Kinderbetreuung. Nur in etwa 5 Prozent der Fälle war es ihr Partner. 29 Prozent der weiblichen Befragten gaben an, dass die Aufteilung aus ihrer Sicht zu etwa gleichen Teilen erfolgte. Männer konstatierten in 61 Prozent der Fälle, dass ihre Partnerin vor der Pandemie überwiegend die Kinderbetreuung übernahm, in 5 Prozent der Fälle überwiegend sie selbst und in etwa einem Drittel der Fälle beide zu gleichen Teilen.

Dieses Bild änderte sich während der Pandemie nicht grundlegend. Allerdings gaben insbesondere Männer etwas häufiger an, die Kinderbetreuung nun zu gleichen Teilen (37 %) oder überwiegend zu übernehmen (10 %). Umgekehrt sank der Anteil der Männer, die konstatierten, dass ihre Partnerin den überwiegenden Anteil der Kinderbetreuung übernommen hatte, auf knapp 53 Prozent.

Der Anteil der Frauen, der angab, die Kinderbetreuung überwiegend oder vollständig selbst zu übernehmen, sank leicht von 66 auf 63 Prozent. In 8 Prozent der Fälle übernahm die Betreuung ihren Angaben zufolge nun überwiegend der Partner. Diese Ergebnisse decken sich – bei unterschiedlicher Art der Messung – mit der Studie des DIW. Danach tragen Mütter zwar ebenfalls die Hauptlast der Betreuung. Die Kinderbetreuung durch Väter hat jedoch während der Pandemie zugenommen.

Um etwaige Veränderungen bei der Aufgabenverteilung genauer analysieren zu können, wurden zwei Personengruppen näher betrachtet, die sich deutlich überschneiden:

  • Paare, die angaben, die Kinderbetreuung vor der Pandemie egalitär aufgeteilt zu haben,
  • Paare, die angaben, die Kinderbetreuung während der Pandemie egalitär aufgeteilt zu haben.

Für beide Gruppen wurde analysiert, inwiefern sich die Arbeitsteilung vor der Pandemie von der jetzigen Situation unterscheidet.

Für die erste Gruppe zeigt sich: Männer, die ihre Kinder vor der Pandemie in etwa gleichem Umfang betreut hatten wie ihre Partnerin, taten dies überwiegend auch während der Pandemie. Dies gaben jedenfalls knapp 69 Prozent der befragten Männer an. Jeweils gut 15 Prozent der befragten Männer gaben an, dass ihre Partnerin oder sie selbst während der Pandemie die Betreuung stärker als zuvor übernommen haben. Bei Frauen, nach deren Angaben die Arbeitsteilung vor der Pandemie gleich war, übernahmen 32 Prozent während der Pandemie wieder überwiegend die Kinderbetreuung, bei 16 Prozent überwiegend der Partner.

Für die zweite Gruppe zeigt sich: Bei Männern, die während der Pandemie eine egalitäre Arbeitsteilung praktizierten, übernahm ein Drittel ihren eigenen Angaben zufolge mehr Aufgaben als vor der Pandemie. Bei Frauen, die während der Pandemie eine egalitäre Arbeitsteilung angaben, mussten rund 40 Prozent weniger Aufgaben übernehmen als zuvor.

Eine partielle Retraditionalisierung ist bei Frauen zu erkennen, die vor der Pandemie die Kinderbetreuung egalitär mit ihrem Partner aufgeteilt hatten: 32 Prozent von ihnen übernahmen in der Pandemie den Großteil der Kinderbetreuung. Bei Frauen, die während der Pandemie eine egalitäre Aufteilung wahrnahmen, ist hingegen ein Rückgang der Ungleichheit zu verzeichnen. Sie profitierten von verstärkter Unterstützung der Männer, denn 40 Prozent von ihnen trugen vor der Pandemie die Hauptlast der Kinderbetreuung.

Männer, die während der Pandemie eine egalitäre Aufgabenteilung wahrnahmen, beteiligten sich ihren eigenen Einschätzungen zufolge ebenfalls etwas stärker als zuvor, denn 34 Prozent von ihnen hatten die Kinderbetreuung vor der Pandemie überwiegend ihrer Partnerin überlassen.

Multivariate Analysen zeigen zudem, dass vor allem Befragte, deren Partnerin oder Partner in Vollzeit erwerbstätig war, die Kinderbetreuung sowohl vor als auch während der Pandemie zu gleichen Teilen übernahmen. War die Partnerin oder der Partner nicht erwerbstätig, war die Betreuung im Schnitt deutlich ungleicher verteilt.

Die Arbeitsteilung in anderen Bereichen des Privatlebens ist relativ stabil

Die Befragungsdaten erlauben es zudem, die Arbeitsteilung in anderen Bereichen der privaten Lebensführung zu analysieren. Hier werden ebenfalls nur Personen betrachtet, die mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin zusammenleben und mindestens ein Kind unter 16 Jahren haben. Dabei zeigen sich in der Krise nur kleine Veränderungen bei der Arbeitsaufteilung zwischen den Geschlechtern.

Hausarbeit ist nach wie vor relativ häufig eine weibliche Domäne: Frauen gaben sehr selten an, dass überwiegend ihr Partner die Hausarbeit erledigt. Ihr Anteil lag vor und während der Corona-Krise im Bereich von 2 bis 3 Prozent. Bei den befragten Männern gaben 51 Prozent an, dass ihre Partnerin vor der Pandemie überwiegend die Aufgaben im Haushalt übernommen hatte. Während der Pandemie waren es noch 44 Prozent.

Bei anderen Aufgaben der privaten Lebensführung spielen Männer eine größere, zum Teil dominierende Rolle. Gut ein Fünftel der Frauen gab an, dass vor der Pandemie meist ihr Partner die Einkäufe erledigte. Während der Pandemie war es knapp ein Viertel. Rund 30 Prozent der Männer konstatierten vor und während der Pandemie, dass diese Aufgabe überwiegend ihre Partnerin übernahm.

Eine eindeutig männliche Domäne waren und sind hingegen Reparaturen: Frauen gaben in etwa 70 Prozent der Fälle an, dass dies überwiegend Aufgabe ihres Partners ist. Weniger als 3 Prozent der befragten Männer sagten dies über ihre Partnerin. Um finanzielle Angelegenheiten kümmert sich aus Sicht der weiblichen Befragten in rund 15 Prozent der Fälle überwiegend der Partner. Aus Sicht der männlichen Befragten ist es in rund 12 Prozent der Fälle überwiegend die Partnerin.

Fazit

In der Wissenschaft ist eine Debatte darüber entbrannt, ob die Corona-Krise bestehende Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern eher verschärft oder eher einebnet. Aktuelle Daten aus der Online-Befragung „Leben und Erwerbstätigkeit in Zeiten von Corona“ des IAB erlauben eine empirisch fundierte und differenzierte Antwort auf diese Frage.

Tatsächlich zeigt sich auch in der Krise, dass die berufliche Arbeitszeit erwerbstätiger Frauen die von erwerbstätigen Männern nach wie vor deutlich unterschreitet. Bei beiden Geschlechtern reduzierte sich während der Pandemie im Juni 2020 die Wochenarbeitszeit. Auch wenn die Männer ihre Arbeitszeit etwas stärker verringert haben als die Frauen, besteht hier weiterhin eine spürbare Lücke zwischen den Geschlechtern.

Darüber hinaus übernahmen Mütter vor und während der Pandemie den größeren Teil der Kinderbetreuung – auch in der Wahrnehmung der Männer. Jedoch beteiligen sich Männer in der Pandemie stärker an dieser Aufgabe als vorher. Das spricht gegen die These, dass die Covid-19-Pandemie zu einer Retraditionalisierung der Geschlechterverhältnisse in diesem Bereich führt.

Zudem zeigen sich nur relativ geringe Veränderungen in anderen Bereichen der privaten Lebensführung wie Hausarbeit, Einkäufe oder Reparaturarbeiten. Bei der Regelung der eigenen finanziellen Angelegenheiten ändert sich an der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung gegenüber der Vorkrisenzeit ebenfalls kaum etwas. Die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern bleibt alles in allem stabil.

Geschlossene Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen bedeuten generell eine hohe Belastung für alle Eltern, die nicht auf die Hilfe Dritter zurückgreifen können. Sie müssen in einer solchen Situation entscheiden, wie sie Erwerbs- und Sorgearbeit untereinander aufteilen. Sie greifen dabei vorwiegend auf bereits etablierte Verteilungsmuster zurück, bei denen Frauen die größere Last unbezahlter Sorgearbeit tragen.

Gleichwohl zeigen sich in der Pandemie gewisse Veränderungen, die unter dem Strich eher gegen als für die Retraditionalisierungsthese sprechen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf eine verstärkte Beteiligung der Männer an der Kinderbetreuung. Ob diese zaghaften Veränderungen hin zu mehr Beteiligung von Männern, die vielfach der jüngsten Notsituation und den Homeoffice-Bedingungen geschuldet sein dürften, die Krise überdauern werden, ist eine offene Frage.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit vom 12.11.2020

Zu Debatte über Schulschließungen erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding:

„Ein flächendeckender Schul-Lockdown wäre verheerend für die Bildungschancen von Millionen von Schülern und eine erneute Belastung vieler Eltern. Es ist daher nach wie vor richtig, auf Präsenzunterricht zu setzen und über Schulschließungen und Hygienemaßnahmen vor Ort zu entscheiden. Die beste Möglichkeit, diesen auch im Herbst und Winter zu gewährleisten, sind Luftfilter. Es ist ein fatales Versäumnis, dass die Bundesregierung die Länder nicht bereits im Sommer bei der Beschaffung von Luftfiltergeräten unterstützt hat. Die Forderung von Bundesbildungsministerin Karliczek nach einer allgemeine Maskenpflicht an allen Schulen ist hingegen wenig zielführend. Wenn Schüler aufgrund des lokalen Infektionsgeschehens nicht in die Schule können, darf das kein Nachteil sein. Der Unterricht muss an jeder Schule zu jeder Zeit auch digital möglich sein. Bildungsministerin Karliczek sollte daher endlich den Digital-Turbo zünden und dafür sorgen, dass alle Schulen die Mittel aus dem Digitalpakt erhalten und Schüler und Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 11.11.2020

Die Fraktion Die Linke will, dass die "Mangelwirtschaft in der Bildung" beendet wird und Schulen in der Pandemie mehr Unterstützung bekommen. Das fordert die Fraktion in einem Antrag (19/24450). Danach soll die Bundesregierung die bedarfsdeckende, niedrigschwellige und bürokratiearme Förderung bei der Anschaffung von FFP2-Masken unterstützen. Ebenso soll die Bundesregierung die Anschaffung von CO2-Messgeräten sowie geeigneter und sicherer mobiler Raumluftfiltersysteme unterstützen, die unabhängig von den baulichen Voraussetzungen im Schulgebäude einsetzbar sind und einen Luftaustausch ermöglichen. Ferner sollen niedrigschwellige und schnelle, kostenfreie Testverfahren bei Infektionsfällen in einer Gruppe auch für symptomfreie Lehrende und Lernende sowie Grippeschutz-Impfungen für Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher sichergestellt werden. Schulen sollen laut der Fraktion ein prioritärer Anwendungsort für Antigen-Schnelltests sein, wenn sich diese Tests auch bei Anwendung durch medizinische Laien als sicher erweisen. Ansonsten sollen sie durch medizinisches Fachpersonal durchgeführt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1247 vom 19.11.2020

Studie auf Basis von Sonderbefragung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP-CoV) – Einsatz von Videokonferenzen variiert im Sekundarschulbereich stark – Unterschiede im Zugang zu Lernmaterial sollten abgebaut werden, um Bildungsungleichheiten nicht zu verstärken

Die mit der Corona-Pandemie einhergehenden Schulschließungen im Frühjahr 2020 haben LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern vor ungeahnte Herausforderungen gestellt. Eine zentrale Frage war, wie SchülerInnen unterrichtet werden und an Lernmaterial, also beispielsweise Aufgabenblätter und Instruktionen zur Bearbeitung, kommen. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt nun: Fast alle SchülerInnen (89 Prozent) wurden digital, etwa per E-Mail oder Cloudlösungen, mit Schulaufgaben versorgt. Abgesehen davon gab es während des Lockdowns und auch in der Zeit direkt danach aber große Unterschiede – abhängig vor allem davon, ob die SchülerInnen ein Gymnasium oder eine andere Sekundarschule besuchen und ob sie auf eine private oder öffentliche Schule gehen.

„Es gibt einige Unterschiede im Zugang zu Lernmaterial, die nicht unbedingt pädagogisch begründet sind – sie haben das Potenzial, ohnehin schon bestehende Bildungsungleichheiten noch zu verstärken“, sagt C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin. Gemeinsam mit Mathias Huebener und Sabine Zinn hat sie Daten einer repräsentativen Sonderbefragung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP-CoV) ausgewertet, die während des ersten Lockdowns im Frühjahr und danach durchgeführt wurde. Die Studie basiert auf Angaben von Eltern aus mehr als 1800 Haushalten mit Schulkindern.

PrivatschülerInnen konnten nach Lockdown eher wieder regulär zur Schule gehen

Demnach erhielten GymnasiastInnen – sowohl während des coronabedingten Lockdowns als auch in der Zeit direkt danach – häufiger Lernmaterial über Videokonferenzen als andere SchülerInnen im Sekundarschulbereich, also auf Real-, Haupt- und Gesamtschulen. Die entsprechenden Anteile lagen bei 36 im Vergleich zu 25 Prozent während des Lockdowns und in der Zeit danach sogar bei 57 zu 23 Prozent. Real-, Haupt- und GesamtschülerInnen wiederum bekamen ihr Lernmaterial nach dem Lockdown über ähnliche Wege wie GrundschülerInnen, obwohl sich die Kompetenzen bei der Verarbeitung des Lernstoffs zwischen diesen Schülergruppen deutlich unterscheiden und der Altersunterschied einen differenzierten Einsatz von digitalen Lernformaten zuließe.

PrivatschülerInnen erhielten während des Lockdowns eher Lernmaterial über Videokonferenzen als SchülerInnen an öffentlichen Schulen (34 im Vergleich zu 25 Prozent). Vor allem konnten sie in den Wochen und Monaten nach dem Lockdown deutlich häufiger wieder regulär zur Schule gehen. So gut wie keine Unterschiede im Zugang zu Lernmaterial gab es beim Vergleich von SchülerInnen, die vor dem Lockdown dem Ganztags- beziehungsweise Halbtagsbereich zuzuordnen waren. Letztere dürften wohl besser mit der Situation klargekommen sein – sie sind eher daran gewöhnt, Lernstoff nachmittags zu Hause zu vertiefen.

Ausbau der digitalen Infrastruktur an Schulen auch über aktuelle Situation hinaus sinnvoll

Dass SchülerInnen unterschiedlich guten Zugang zu Lernmaterial haben, ist in den wenigsten Fällen auf deren Alter und Kompetenzen zurückzuführen. Unterschiede zwischen den Schultypen sollten deshalb soweit möglich abgebaut werden. „Insbesondere jetzt, wo die Corona-Infektionszahlen vergleichsweise hoch sind und Einschränkungen des Schulbetriebs etwa durch Quarantänemaßnahmen zunehmen, müssen allen SchülerInnen gute Lernchancen geboten werden“, sagt Mathias Huebener. „Andernfalls drohen einzelne von ihnen noch weiter abgehängt zu werden.“

Dafür braucht es aus Sicht der StudienautorInnen eine geeignete digitale Infrastruktur, mit der alle SchülerInnen erreicht werden können. „Wenn wir alle Schulen auf ein ähnliches digitales Niveau heben wollen, dann muss jetzt zielgerichtet besonders in jene Schulen investiert werden, wo dieses Niveau noch nicht in Sicht ist“, so C. Katharina Spieß. Nötig sei ein übergreifendes Gesamtkonzept, dass zielgruppenspezifische und damit auch altersgerechte Angebote ermöglicht und digitales Lernen mit Präsenzunterricht in der Schule verknüpft. Solche digitalen Kompetenzen sollten auch über die aktuelle Situation hinaus für die Zeit nach der Corona-Pandemie aufgebaut und etabliert werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 18.11.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert Bund, Länder und Kommunen auf, Schulen und Kitas künftig weitgehendere Handlungsspielräume für ortsspezifisch notwendige Corona-Maßnahmen zu eröffnen. Dafür sollen Bund, Länder und Kommunen einen "Setzkasten" möglicher Maßnahmen zur Verfügung stellen, damit die Bildungseinrichtungen situationsangemessen flexibel auf die Corona-Pandemie reagieren können. Leitziel muss es dabei sein, flächendeckende komplette Schließungen von Schulen und Kitas zu verhindern und das Recht auf Bildung im Sinne ganzheitlicher Persönlichkeitsentwicklung von Kindern zu gewährleisten. Das Deutsche Kinderhilfswerk spricht sich im Vorfeld der morgigen Bund-Länder-Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder aus kinderrechtlicher Sicht außerdem strikt gegen die in der letzten Woche vorgeschlagene "Ein-Freund-Regel" aus. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation ist dieser Vorschlag kinderfeindlich und sollte nicht realisiert werden.

"Alle Maßnahmen in Schulen und Kitas müssen sich vorrangig an den kindlichen Interessen orientieren, so wie es in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben ist. Dazu brauchen die Bildungseinrichtungen ein umfangreiches Paket aus finanzieller Unterstützung und konkreten Fortbildungs- und Ausstattungsangeboten. Aus diesen Angeboten sollten Schulen und Kitas dann wie aus einem Setzkasten in Absprache mit den Gesundheitsämtern die für die Situation vor Ort effektivste Maßnahme zur Verwirklichung des Rechts auf Bildung einerseits und zur Bekämpfung der Corona-Pandemie andererseits ergreifen können. Diese möglichen Maßnahmen sollten sich an Leitlinien orientieren, die Bund, Länder und Kommunen gemeinsam erarbeiten müssen, und die auch Qualitätsstandards für Schulen und Kitas beinhalten, die nicht unterschritten werden dürfen", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie müssen beispielsweise alternative Räumlichkeiten angemietet werden, um eine Entzerrung der räumlichen Enge in vielen Schulen und Kitas zu ermöglichen. Hotels, Museen, Jugendherbergen, Volkshochschulen, Theater, Freizeiteinrichtungen, Bürgerhäuser, Sporthallen: Hier gibt es unzählige Möglichkeiten, die ebenso wie Luftfilteranlagen und mobile Raumluft-Filter nicht an Verwaltungsvorschriften und angeblichem Geldmangel scheitern dürfen. Notwendiges zusätzliches Personal könnten beispielsweise auch Lehramtsstudierende, Museums- und Theaterpädagogen oder Dozentinnen der Volkshochschulen sein. Auch sollte den Schulen ermöglicht werden von der festen Stundentafel abzuweichen, um projektorientierten Unterricht in gleichbleibenden Lerngruppen realisieren zu können. Und wir müssen endlich ernsthaft gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern, und auch bereits in den Kitas mit jüngeren Kindern darüber sprechen, wie wir sie bestmöglich bei der Bewältigung ihrer Probleme durch die Corona-Pandemie unterstützen und beteiligen können", so Hofmann weiter.

"Die die in der letzten Woche vorgeschlagene ,Ein-Freund-Regel‘ gehört in die ,Corona-Maßnahmen-Mottenkiste‘. Wir muten unseren Jüngsten ohnehin schon sehr viel zu. Man erreicht mit solchen abstrusen Vorschlägen nur, dass bei Kindern und Jugendlichen Verständnis verspielt wird. Da wir aber noch längere Zeit mit Corona umgehen müssen, brauchen wir ein Mitziehen der gesamten Bevölkerung, das gilt auch für junge Menschen. Die Bereitschaft dazu dürfen wir nicht mit solchen kinderfeindlichen Regelungen verspielen", so Hofmann.

Zusätzlich zu den konkreten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes auch ein Experten/innenrat mit Verantwortlichen aus Gesundheits- und Bildungsbehörden unter Einbezug von Schülerinnen und Schülern sowie von Fachkräften und Elternverbänden unabdingbar, um in regelmäßigen Abstimmungen und einem Erfahrungsaustausch das Ineinandergreifen von Maßnahmen sowie den gemeinsamen Umgang mit bildungspolitischen Folgen der Corona-Krise zu gewährleisten. Zudem muss dauerhaft gewährleistet werden, dass sich alle Beschäftigten in Schulen und Kitas regelmäßig und kostenfrei auf das Corona-Virus testen lassen können, auch wenn sie symptomfrei sind. Informationen über die jeweiligen Verfahrensweisen und ausgewählte Standorte für eine Testung müssen für Beschäftigte transparent und zugänglich sein.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 24.11.2020

"Diese Studie untersucht die kurzfristigen Folgen für die Betreuungsarrangements von Eltern, die während der COVID-19-Pandemie in Deutschland von der Schul- und Kita-Schließung betroffen waren und die daraus resultierenden Veränderungen im ihrem Wohlbefinden. Mit multinomialen logistischen Regressionen, angewendet auf neue Paneldaten des Nationalen Bildungspanels (NEPS-Corona_CAWI_C2) findet die Studie, dass Mütter eine Schlüsselrolle in den Ad-hoc-Betreuungsarrangements während der COVID-19-Pandemie spielen, was die traditionelle Aufteilung der Familienarbeit bei deutschen Paaren bestätigt. Darüber hinaus veranschaulichen die Ergebnisse die Bedeutung der Arbeitsbedingungen, insbesondere die Möglichkeit des Homeoffice, für den Verhandlungsprozess der Eltern. Entgegen unseren Annahmen wurde das Wohlergehen der Eltern in den ersten Krisenmonaten jedoch nicht durch das gewählte Betreuungsarrangement beeinflusst." (Autorenreferat, IAB-Doku)

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Weitere Informationen

Quelle: PressemitteilungInstitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit (BA)vom 23.11.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt im Vorfeld der heutigen Bund-Länder-Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder die sofortige Einführung eines „Corona-Bildungsregisters“ an. Ein solches Register muss fortlaufend aktualisierte Daten zur Lage der Schulen und Kitas in der Corona-Pandemie erfassen und so eine verlässliche Entscheidungsgrundlage dafür liefern, wie das Recht auf Bildung in Schulen und Kitas bestmöglich umgesetzt werden kann. Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes darf es nicht sein, dass es nur unvollständige Zahlen und damit einhergehende Schätzungen gibt, wie viele Schülerinnen und Schüler, Kitakinder, Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher in Corona-Quarantäne sind. Wichtig ist zudem, dass das Register staatliche und private Bildungseinrichtungen umfasst, um einen Gesamtüberblick über die Situation zu ermöglichen. Zudem ist durch eine länderübergreifende Koordination bei der Erhebung entsprechender Daten eine Vergleichbarkeit von Datensätzen zu gewährleisten. Die Erkenntnisse aus dem bestehenden KiTa-Register des Deutschen Jugendinstituts und des Robert Koch-Instituts sollten mit in das „Corona-Bildungsregister“ einfließen.

„Wir brauchen endlich einen aussagekräftigen Gesamtüberblick, wie es bei den nach wie vor hohen Infektionszahlen in der Gesamtbevölkerung in unseren Schulen und Kitas ganz konkret aussieht. Länderspezifisches Stückwerk bringt uns hier nicht weiter. Es muss alles darangesetzt werden, flächendeckende komplette Schließungen der Bildungseinrichtungen zu verhindern. Notwendig ist dafür auch ein Expertenrat mit Verantwortlichen aus Gesundheits- und Bildungsbehörden unter Einbezug von Schülerinnen und Schülern sowie von Fachkräften und Elternverbänden, um in regelmäßigen Abstimmungen und einem Erfahrungsaustausch das Ineinandergreifen von Maßnahmen sowie den gemeinsamen Umgang mit bildungspolitischen Folgen der Corona-Krise zu gewährleisten“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Bei der Frage der Offenhaltung von Schulen und Kitas müssen neben dem Gesundheitsschutz auch soziale und kindheitspädagogische Aspekte berücksichtigt werden. Das Recht auf Bildung muss während der Corona-Pandemie gewährleistet bleiben. Hier ist der Bund gefordert, die Länder sowie Schul- und Kitaträger auch finanziell zu unterstützen. Die Schulträger sollten gemeinsam mit den Schulkonferenzen situationsangemessene Entscheidungen treffen können, wie sie diese finanzielle Unterstützung des Bundes einsetzen, um das Lernen in Zeiten der Pandemie weiterhin zu ermöglichen. Auch die Kitas in Deutschland brauchen Unterstützung, um ihrem Bildungsauftrag weiter nachkommen zu können.

„Wir haben im Frühjahr gesehen, dass gerade Kinder mit besonderen Förderbedarfen oder Kinder aus armen Verhältnissen zu den großen Verlierern der Schul- und Kitaschließungen geworden sind. Auch deshalb muss eine erneute flächendeckende Schließung mit aller Kraft verhindert werden“, so Hofmann.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 16.11.2020

Mit Blick auf die heutigen Beratungen der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder mit der Bundeskanzlerin sende ich Ihnen folgendes Zitat von Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes, zu Ihrer Verwendung:

"Ich begrüße, dass das Kanzleramt die heute Morgen bekanntgewordene Beschlussvorlage für die Ministerpräsidentinnenkonferenz angepasst hat. Wenn weitere Verschärfungen der Kontaktbeschränkungen notwendig werden, dürfen diese nicht nur auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen ausgetragen werden.

Wir können nicht Erstklässlern zumuten, den gesamten Schultag über einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen und gleichzeitig ungeregelten Präsenzbetrieb in den Bürohäusern der Innenstädte zulassen. Es ist an der Zeit, auch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in die Pflicht zu nehmen. Sie müssen dort, wo es möglich ist, Homeoffice möglich machen.

Kinder, Jugendliche und ihre Familien verzichten in diesem Jahr auf Vieles: Ihre Schulabschlussfeiern, Geburtstage, Sankt-Martins-Umzüge und sicher wird auch das Weihnachtfest in diesem Jahr nicht wie gewohnt stattfinden können. Für die Arbeitswelt läuft aber bisher alles weiter wie gewohnt: Hunderttausende Menschen fahren nach wie vor jeden Morgen völlig unnötig in überfüllten Bussen und Bahnen ins Büro für einen Job, den sie genauso gut und vor allem sicher von Zuhause erledigen könnten.

Um Schulen sicherer zu machen, hält der Kinderschutzbund Fernunterricht für die höheren Jahrgänge der weiterführenden Schulen, geteilte Unterrichtsklassen und Mund-Nasen-Schutz im Unterricht in den weiterführenden Schulen sowie feste Unterrichts-Kohorten in den Grundschulen als erste Schritte für verhältnismäßig und zumutbar.

Ich lege außerdem Wert auf die Feststellung, dass das Offenhalten von Schulen und Kitas für den Kinderschutzbund keine Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern eine Frage der Rechte der Kinder auf Lernen, Spiel und Sozialkontakte ist. Vereinbarkeit ließe sich auch mit einem Corona-Elterngeld bei geschlossenen Kitas und Schulen gewährleisten. Dies wäre aus unserer Sicht die schlechtere Lösung."

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V. vom 16.11.2020

Am heutigen Mittwoch verabschiedet der Deutsche Bundestag das 3. Corona-Schutzpaket. Es umfasst auch die Verlängerung des Entschädigungsanspruchs für Eltern, deren Kinder coronabedingt von behördlichen Schul- oder Kitaschließungen betroffen sind.

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) begrüßt es als Schritt in die richtige Richtung, dass die Regelungen über den Jahreswechsel hinaus bis einschließlich März 2021 weiterhin gelten werden, und mahnt eine Verlängerung bis Ende 2021 an. Denn das aktuelle Infektionsgeschehen führt in den letzten Wochen wieder vermehrt dazu, dass Schulen und Betreuungseinrichtungen teilweise oder sogar ganz schließen müssen oder Kinder als Kontaktperson zu Hause bleiben müssen. Wenn die Eltern dann ihrer Berufstätigkeit nicht im normalen Maß nachgehen können, haben sie bis zu 10 Wochen lang einen Anspruch auf Entschädigungszahlungen. Sie müssen dafür nachweisen, dass sie für ihr Kind „keine zumutbare Betreuung“ haben. Doch was genau gilt als zumutbar?

Martin Bujard, Präsident der eaf, stellt fest: „Von Eltern im Homeoffice wird oft erwartet, dass sie ihre Kinder nebenher betreuen und beschulen. Das ist aus unserer Sicht weltfremd und geht an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Eltern vorbei. Gerade kleinere Kinder benötigen viel ungeteilte und liebevolle Aufmerksamkeit, ihre Bedürfnisse lassen sich nur bedingt aufschieben. Und wenn gar mehrere Kinder unter 12 Jahren tagsüber von den Eltern betreut oder bei der Erarbeitung schulischer Inhalte unterstützt werden sollen, ist an effektives Arbeiten gar nicht mehr zu denken. Die Eltern versuchen, ihren Kindern und ihrem Arbeitgeber gleichermaßen gerecht zu werden und können daran nur scheitern. Auch trägt es dazu bei, dass Homeoffice von Eltern bei Arbeitgebern über die Corona-Zeit hinaus diskreditiert wird. Hier wäre es aus unserer Sicht unbedingt angezeigt, die Zumutbarkeit klarer zu definieren: Berufstätigkeit im Homeoffice schließt eine gleichzeitige Betreuung kleinerer Kinder in der Regel aus und ist damit in vielen Fällen keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit.“

Oft sind es die Schulen oder Kitas selbst, die beim Auftreten von Infektionen umgehend reagieren und Einrichtungen schließen und einzelne Gruppen und Personen nach Hause schicken, noch ehe die überlasteten Gesundheitsämter eine Schließung anordnen. „Unklar ist, ob die Betroffenen dann ebenfalls Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz haben. An dieser Stelle sollte unbedingt für Klarheit gesorgt werden“, so Bujard weiter: „Auch in diesen Fällen müssen Eltern einen Anspruch auf finanzielle Entschädigung haben.“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 18.11.2020

Nun gibt es weitere Erleichterungen bei der Einreise für unverheiratete binationale Paare aus Drittstaaten: Der Nachweis eines gemeinsamen Aufenthalts in Deutschland fällt weg. So ließ es das Bundesministerium des Innern am 17.11. verlautbaren.

Das sei gut so. Allerdings bleibe weiterhin eine große Anzahl von Paaren und Familien davon ausgeschlossen. „Das BMI will medial damit punkten, einer Gruppe von Paaren mit Partner:innen aus visafreien Drittstaaten, entgegen zu kommen. Das sind Nebelkerzen, um sich nicht mit den vielen anderen Paaren und Familien befassen zu müssen“, so Hiltrud Stöcker-Zafari, Geschäftsführerin des Verbands binationaler Familien und Partnerschaften.

Das zeigten auch die Reaktionen und Forderungen, die über Twitter auf die Mitteilung des BMI reagierten: Die Maßnahme wird begrüßt, aber die Forderungen lauten: endlich auch die Paare und Familien in den Blick nehmen, die visapflichtig sind.

„Die Pandemie wird uns so schnell nicht verlassen. Das bedeutet doch, es wird noch Monate dauern, weit bis in das nächste Jahr hinein. Familien und Paare können so auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertröstet werden.“

Die Nebelkerze verschleiere den Unwillen seitens der verantwortlichen Ministerien, hier unbürokratisch für Abhilfe zu sorgen. „Seit Beginn der Pandemie haben wir uns wieder und wieder an das Bundesministerium des Innern sowie an das Auswärtige Amt gewandt. Letzteres scheint nach wie vor nicht in der Lage, die Arbeit in den Botschaften so zu gestalten, dass Menschen nicht über ein Jahr auf einen Termin zur Beantragung eines Visums warten müssen. Die Ministerien wollen nach wie vor nicht auf die unzähligen bürokratischen Hürden verzichten, die Paare und Familien bewältigen müssen“.

Das fange bei Nachweisen an und höre bei der Forderung nach einem zertifizierten Sprachtest für die Familienzusammenführung auf, die gar nicht zu erbringen sind. Erst vor wenigen Tagen habe die Anfrage der Linken im Bundestag ergeben: Zahlreiche Goetheinstitute sind nach wie vor geschlossen, in vielen Ländern war es sowieso auch vorher schon nicht möglich einen Sprachtest abzulegen. „Das ist doch völlig absurd und widerspricht in eklatanter Weise dem Menschenrecht auf Familie. Zumindest in diesen harten Zeiten sollte der Sprachtest ausgesetzt und die Möglichkeit eidestattlicher Erklärungen anstelle von Nachweisen ermöglicht werden. “

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V. vom 20.11.2020

SCHWERPUNKT III: Internationaler Tag der Kinderrechte

Am heutigen Freitag ist der Internationale Tag der Kinderrechte. Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat am 20. November 1989 die Kinderrechtskonvention verabschiedet. Dazu erklärt der familienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg:

„Das Wohl unserer Kinder hat für uns immer oberste Priorität. Jedes Kind hat Rechte und besondere Bedürfnisse, die wir ernst nehmen und berücksichtigen müssen. Deshalb setzen wir alles daran, den Kinderschutz weiter zu stärken.

Besonders bedrückend ist die steigende Zahl der Kindeswohlgefährdungen. Aus diesem Grund arbeiten wir unter Hochdruck an einer Reform des Achten Buchs Sozialgesetzbuchs. Wir wollen systemische und strukturelle Fehlsteuerungen in der Kinder- und Jugendhilfe beseitigen und der hohen Zahl von Kindeswohlgefährdungen entschlossen entgegenwirken. Wir müssen die betroffenen Familien unbedingt früh, zielgenau und bedarfsorientiert stärken. Diese Familien müssen sensibilisiert und motiviert werden, niedrigschwellige Hilfen anzunehmen, um Eskalationen wie Gewalt, Verwahrlosung oder Misshandlung und die Herausnahme der Kinder aus ihrer Familie zu verhindern.

Mit dem Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder, welches wir aktuell parlamentarisch beraten, werden wir dafür sorgen, dass unsere Kinder vor Missbrauch künftig deutlich besser geschützt werden. Dieses Gesetz ist ein Meilenstein im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 20.11.2020

Zum Internationalen Tag der Kinderrechte am 20. November erklären Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, und Kai Gehring, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe:

Die Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention am 20. November 1989 war ein zentraler Meilenstein für das internationale Menschenrechtssystem und gleichsam eine bahnbrechende zivilisatorische Errungenschaft. Doch mehr als 30 Jahre später warten Kinder auf der ganzen Welt noch immer auf eine umfängliche Umsetzung ihrer Rechte. Die Bundesregierung muss ihre Bemühungen für die Kinderrechte auf internationaler Ebene intensivieren und auch in Deutschland endlich die Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen.

Gerade die Corona-Pandemie zeigt, dass auch in Deutschland die Rechte von Kindern nicht umfassend beachtet werden. Kinder leiden ungleich härter in der Krise – ganz besonders arme und benachteiligte. Schon vor der Pandemie waren Bildungschancen ungleich verteilt, durch die Pandemie droht sich dies weiter zu verschärfen. Wir müssen alles daran setzen, dass aus der Corona-Krise keine Bildungskrise wird.

Das eigene Zuhause bietet nicht für jedes Kind ein geborgenes und sicheres Umfeld und besonders für bereits belastete Familien stellt die aktuelle Situation eine Herausforderung dar. Deswegen müssen politische Entscheidungen zur Bekämpfung der Pandemie Kinderrechte ganz besonders im Blick haben. Neben Schutzrechten, dem Recht auf soziale Kontakte, soziale Teilhabe, Spiel sowie frühkindliche und schulische Bildung müssen dabei auch mögliche langfristige Folgen berücksichtigt werden. Kinder sind unsere Zukunft, ihr Wohlergehen darf in der Krise nicht auf der Strecke bleiben.

Eines ist für uns klar: Um Kinderrechte zu garantieren, müssen Kinderrechte ins Grundgesetz und zwar mit einer starken Formulierung, die insbesondere konkrete Beteiligungsrechte für Kinder berücksichtigt. Es muss nun endlich Schluss sein mit Lippenbekenntnissen der großen Koalition. Wir brauchen ein Gesetz, das das Kindeswohl in den Vordergrund stellt und Teilhabe garantiert. Unser Gesetzentwurf liegt bereits seit Juni 2019 vor. Gerade in der Corona-Pandemie sind wir es unseren Kindern schuldig, sie nicht aus dem Blick zu verlieren.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 19.11.2020

„Kinderarmut ist in Deutschland ein verfestigtes Problem“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zu Kinderarmut und Kindeswohlgefährdung und den Tag der Kinderrechte am 20. November. Müller weiter:

„Auch wenn die Zahlen zur Armutsgefährdung leicht rückläufig sind, lebt nach wie vor jedes siebte Kind in Armut. Hier hat die jetzige Bundesregierung versagt. Statt eine echte Kindergrundsicherung einzuführen, die Kinder aus der Armut rausholt, hat die Bundesregierung sich darauf festgelegt, an den bisher schon wirkungslosen Instrumenten wie dem Bildungs- und Teilhabepaket weiter herumzudoktern.

Es ist zu erwarten, dass im Zuge der Corona-Pandemie durch die wirtschaftlichen Verwerfungen wieder deutlich mehr Kinder in Armut fallen. Gerade jetzt ist es dringend geboten, ein kraftvolles Paket zur Bekämpfung der Kinderarmut aufzulegen. Ich fordere daher von der Bundesregierung, kurzfristig die Hartz-IV-Regelbedarfssätze und das Kindergeld deutlich anzuheben und in einem weiteren Schritt eine echte Kindergrundsicherung auf den Weg zu bringen.

Der Umgang mit armen Kindern in Deutschland weist auf ein weiteres zentrales Problem hin: Kinderrechte werden nach wie vor nicht ausreichend ernst genommen. Auch die Corona-Pandemie hat das verdeutlicht. Die Rechte auf Schutz, Förderung und Beteiligung von Kindern müssen daher endlich in das Grundgesetz aufgenommen werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 19.11.2020

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat am 20. November 1989 die Kinderrechtskonvention verabschiedet. Mit dem Beschluss wurden erstmals auf Basis einer internationalen Übereinkunft die Rechte des Kindes festgeschrieben. In 54 Artikeln werden allen Kindern auf der Welt völkerrechtlich die gleichen verbindlichen Mindeststandards verbrieft. Die Vertragsstaaten verpflichten sich in Gesetzgebung und Verwaltung sowie im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit diese Standards umzusetzen und die Kinderrechte zu verwirklichen.

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages, die als innerparlamentarische Interessenvertretung für die Belange der Kinder und Jugendlichen bereits im Jahr 1988 eingerichtet wurde, setzt sich aktiv für die Einhaltung und Stärkung der Rechte der Kinder ein. Sie leistet mit ihrer Arbeit einen Beitrag dazu, den mit dem Übereinkommen verbundenen Auftrag stärker ins Zentrum von Politik und Gesellschaft zu stellen.

Für die Kinderkommission des Deutschen Bundestags erklärt hierzu deren Vorsitzender, Norbert Müller MdB:

„Kinderrechte müssen Vorrang haben, wenn Verwaltung und Politik Entscheidungen fällen, die Kinder betreffen. Dieses Prinzip muss nicht nur bei der alltäglichen Aufgabenbewältigung zur Geltung kommen. Es muss auch und gerade in Ausnahmesituationen wie der Corona-Pandemie groß geschrieben werden. Darauf hat die Kinderkommission bereits im Frühjahr hingewiesen.

In der momentanen Lage, in der wir als Politik und Gesellschaft darüber sprechen und entscheiden, welche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu ergreifen sind, dürfen wir die Rechte und Bedürfnisse der Kinder nicht aus dem Blick verlieren. Entscheidungen zur Pandemiebekämpfung müssen sich nicht nur an ihren Auswirkungen für den Gesundheitsschutz, die ökonomische Entwicklung und die Verwirklichung von Freiheitsrechten messen lassen, sondern auch im Lichte der Konsequenzen betrachtet werden, die sie für Kinder und Jugendliche haben.

Wenn wir dieses Prinzip auch in der aktuellen Situation, die allen viel abverlangt, weiterhin berücksichtigen, verschaffen wir auch hier der UN-Kinderrechtskonvention Geltung und zeigen, dass Kinderrechte auch unter schwierigen Bedingungen angemessen verwirklicht werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 19.11.2020

Anlässlich des Tags der Kinderrechte fordert das Deutsche Institut für Menschenrechte Bund, Länder und Kommunen auf, das Recht von Kindern auf Beteiligung endlich ernsthaft umzusetzen. „Kinder haben das Recht, an allen sie betreffenden Angelegenheiten beteiligt zu werden. Dazu muss man sie anhören und ihre Meinung bei Entscheidungen berücksichtigen. Diese Vorgabe der UN-Konvention deuten Verantwortungsträger in Bund, Ländern und Kommunen oft fälschlicherweise als Ermessensspielraum, über den Erwachsene entscheiden dürften“, erklärt Claudia Kittel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Instituts. „Die Regierungen von Bund und Ländern müssen diese falsche Annahme endlich richtigstellen.“

Die UN-Kinderrechtskonvention sieht vor, Kinder nicht nur zu schützen und zu fördern, sondern auch zu beteiligen. Selbst in Krisenzeiten und Notsituationen darf nicht über den Kopf der Kinder hinweg über sie entschieden werden. Das stellt auch der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes klar, dessen Position die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Instituts in einer heute veröffentlichen vierteiligen Audio-Reihe erläutert.

Die UN-Kinderrechtskonvention wurde am 20. November 1989 mit dem Ziel verabschiedet, Kinder vor Verletzungen ihrer Rechte zu schützen, sie in ihrer Entwicklung zu fördern und ihnen bei der Einforderung ihrer Rechte mehr Gehör zu verschaffen. In Deutschland gelten die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Rechte von Kindern seit April 1992 – anfangs jedoch noch mit Vorbehalten. 2010 hat die Bundesregierung diese Einschränkungen zurückgenommen Die UN-Konvention ist damit verbindlich geltendes und unmittelbar anwendbares Recht in Deutschland.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist mit dem Monitoring der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention betraut worden und hat hierfür die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention eingerichtet. Die Monitoring-Stelle berät die Politik in Bund, Ländern und Kommunen sowie die Justiz, Anwaltschaft und Zivilgesellschaft bei der Auslegung und kindgerechten Umsetzung der UN-Konvention. Die Monitoring-Stelle arbeitet eng mit der Zivilgesellschaft, mit staatlichen Stellen, Forschungsinstituten sowie Kindern und Jugendlichen zusammen.

Vierteilige Audio-Reihe „Das Kindeswohl neu denken!“ unter www.institut-fuer-menschenrechte.de/themen/kinderrechte/kindeswohl

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Instituts für Menschenrechtevom 20.11.2020

  • 2019 war das Risiko für Armut und soziale Ausgrenzung für unter 18-Jährige in Deutschland 2,3 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr
  • Nur 15% der 55 500 Fälle von Kindeswohlgefährdung wurden 2019 aus der betroffenen Familie heraus öffentlich gemacht
  • Mehr als ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland lebte 2019 mit mindestens einem Kind in einer Familie

Zum Internationalen Tag der Kinderrechte am 20. November steht das sichere Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen auch während der Corona-Pandemie besonders im Fokus. Bereits vor Ausbruch der Corona-Krise war in Deutschland nahezu jedes siebte Kind von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, war dieser Anteil mit 15,0% (2,1 Millionen) der unter 18-Jährigen im Jahr 2019 aber niedriger als in den Jahren zuvor. Im Jahr 2018 waren noch 17,3% der Kinder und Jugendlichen einem Risiko für Armut und soziale Ausgrenzung ausgesetzt, 2010 waren es 21,7%.

Armutsrisiko für Kinder in Deutschland lag 2019 deutlich unter EU-Durchschnitt

Am 20. November 1989 verabschiedeten die Vereinten Nationen die UN-Kinderrechtskonvention, die Minderjährigen in 54 Artikeln grundlegende Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte zusichert. In den Artikeln 26 und 27 ist beispielsweise das Recht auf Leistungen der sozialen Sicherheit und angemessene Lebensbedingungen verankert. Im Vergleich mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist das Risiko für Armut und soziale Ausgrenzung für unter 18-Jährige in Deutschland mit 15% relativ gering. Im vergangenen Jahr war der Anteil nur in Slowenien (11,7%), Tschechien (13,0%), Dänemark (13,2%) und Finnland (14,3%) niedriger. Im Durchschnitt der EU-27 war nahezu jedes vierte Kind einem Armutsrisiko ausgesetzt (22,5%). Am höchsten war deren Anteil in den südeuropäischen Staaten Rumänien (35,8%), Bulgarien (33,9%), Italien (30,6% im Jahr 2018), Griechenland (30,5%) und Spanien (30,3%).

Pro Tag mehr als 150 Fälle von Kindeswohlgefährdung

Die UN-Kinderrechtskonvention sichert Minderjährigen auch das Recht auf Schutz vor Gewalt, Misshandlung, Verwahrlosung und Missbrauch zu (Artikel 19 und 34). In Deutschland werden die Jugendämter in ihrer Schutzfunktion jedes Jahr tausendfach aktiv, weil dieses Recht angegriffen wird – mit zuletzt steigender Tendenz. Allein im vergangenen Jahr wurde bei 55 500 Kindern und Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung festgestellt, pro Tag entsprach das im Schnitt 152 betroffenen Jungen und Mädchen. Gründe dafür waren Vernachlässigung, wie in 58% der Fälle, psychische (32%) oder physische Misshandlungen (27%) sowie sexuelle Gewalt (5%). Insgesamt gab es 10% mehr Fälle als im Jahr zuvor. Bereits von 2017 auf 2018 hatte sich die Zahl der betroffenen Kinder deutlich erhöht – um ebenfalls 10%.

Die Hinweise auf solche Fälle von Kindeswohlgefährdung erhalten die Jugendämter häufig von Personen und Institutionen außerhalb des privaten Umfelds der Kinder – aus Bereichen, die wegen der Corona-Pandemie teilweise nur eingeschränkt arbeiten können. So kam der Hinweis im vergangenen Jahr bei gut einem Fünftel der Fälle aus sozialen Einrichtungen wie Beratungsstellen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe (12 000 Fälle). Auf jedes sechste betroffene Kind wurde aus Schulen und Kitas heraus aufmerksam gemacht (9600 Fälle), auf jedes 14. durch Angehörige des Gesundheitspersonals – etwa Ärztinnen oder Ärzte und Hebammen. Nur in 15% aller Fälle von Kindeswohlgefährdung kam der Hinweis von den Betroffenen selbst oder aus der eigenen Familie (8 600 Fälle).

29% der Kinder wachsen in Bezug auf ihren Bildungsweg in einer Risikolage auf

In Artikel 28 der UN-Konvention ist das Kinderrecht auf Bildung verankert. Demgemäß verpflichten sich die Vertragsstaaten, den Zugang zu sämtlichen Bildungseinrichtungen allen Kindern gleichermaßen zu ermöglichen und für Chancengleichheit zu sorgen. In Deutschland sahen die öffentlichen Haushalte im Jahr 2019 Bildungsausgaben in Höhe von 5900 Euro je Einwohnerin beziehungsweise Einwohner unter 30 Jahren und 4,3% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vor und damit wesentlich mehr als zehn Jahre zuvor: Im Jahr 2009 betrugen die Bildungsausgaben noch knapp 3 900 Euro pro Kopf und 4,1% des BIP. Diese werden unter anderem für den Ausbau und die Aufrechterhaltung eines breiten Netzes an Bildungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche aufgewendet: Im Schuljahr 2018/19 wurden die rund 99 000 Bildungseinrichtungen hierzulande – Kindertagesstätten, allgemeinbildende Schulen, berufliche Schulen und Hochschulen – von 17,3Millionen Menschen besucht. Beide Werte nahmen im Zehnjahresvergleich zu: Die Zahl der Bildungseinrichtungen stieg gegenüber 2008/09 um 3,7%, die der Bildungsteilnehmenden im selben Zeitraum um 2,4%. Das ist insbesondere auf den Zuwachs im Bereich Kindertagesbetreuung und in der Hochschulbildung zurückzuführen.

Der Bildungsprozess von Kindern und Jugendlichen in Deutschland hängt allerdings von deren familiären Hintergrund ab. Die Autorengruppe Bildungsberichterstattung nennt drei strukturelle Merkmale – den Bildungsstand der Eltern, den sozioökonomischen Status der Familie sowie den Status der elterlichen Erwerbsbeteiligung – aus denen sich drei Arten von Risikolagen für den Bildungserfolg eines Kindes ableiten lassen: formal gering qualifizierter Eltern sowie die soziale und finanzielle Risikolage. Demnach war in Deutschland 2018 nahezu jeder oder jede Dritte unter 18 Jahren von einer dieser Risikolagen betroffen (29%). Auf 4% der Kinder und Jugendlichen trafen alle drei Risikolagen zu.

In Corona-Zeiten mit ausfallendem Präsenzunterricht und zeitweiligen Schulschließungen hängt der Zugang zu Bildung zudem auch von der digitalen Ausstattung von Familien ab. Diese fällt – je nach Haushaltseinkommen – durchaus unterschiedlich aus. Beispielsweise standen Familien mit hohem Nettoeinkommen (5000 bis 18000 Euro) im Jahr 2019 durchschnittlich fast vier PCs zur Verfügung – egal ob stationär oder mobil als Laptop oder Tablet. In der untersten Einkommensgruppe (unter 2000 Euro) waren es durchschnittlich nur gut zwei solcher Geräte. Im Schnitt verfügten Familien 2019 über insgesamt rund drei Computer.

16% der minderjährigen Kinder aus Familien leben bei Alleinerziehenden

Mehr als ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland lebt mit mindestens einem oder einer Minderjährigen in einer Familie: Insgesamt traf dies auf 29,7 Millionen Menschen zu. Immerhin noch 389 000 Menschen lebten mit mindestens fünf Kindern und Jugendlichen in einer Familie. Von den 13,5 Millionen Kindern und Jugendlichen unter 18, die 2019 in Haushalten in Deutschland lebten, war der überwiegende Teil (84%) in einer Familie mit zwei Elternteilen zu Hause. 16% lebten bei alleinerziehenden Vätern oder Müttern.

Methodischer Hinweis:

Armut oder soziale Ausgrenzung ist nach der EU-Definition für EU-SILC (European Union Statistics on Income and Living Conditions) dann gegeben, wenn eines oder mehrere der drei Kriterien „Armutsgefährdung“, „erhebliche materielle Entbehrung“, „Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung“ vorliegen. EU-SILC ist die EU-weit vergleichbare Datenquelle über Einkommen, Armut und Lebensbedingungen in Europa. Für die Statistik gelten in allen Mitgliedstaaten einheitliche Definitionen sowie methodische Mindeststandards. Die amtliche Erhebung, deren Durchführung und Aufbereitung den Mitgliedstaaten obliegt, wird in Deutschland seit 2005 jährlich unter der Bezeichnung LEBEN IN EUROPA als freiwillige Erhebung bei rund 14000 Privathaushalten durchgeführt.

Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls eines Kindes unmittelbar droht oder bereits eingetreten ist. In Verdachtsfällen sind die Jugendämter verpflichtet, im Rahmen einer Gefährdungseinschätzung (nach § 8a SGB VIII) das Gefährdungsrisiko und den Hilfebedarf abzuschätzen und der Gefährdung entgegenzuwirken.

Weitere Informationen:

Weitere Ergebnisse aus LEBEN IN EUROPA 2019 sowie methodische Erläuterungen und Publikationen finden Sie im Themenbereich Lebensbedingungen und Armutsgefährdung.

Das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat) veröffentlicht die Ergebnisse aller an EU-SILC teilnehmenden Länder in seiner Datenbank.

Weiterführende Ergebnisse zum Kinderschutz befinden sich auf der Themenseite der Kinder- und Jugendhilfestatistiken, in der Publikation „Gefährdungseinschätzungen“ und der Datenbank GENESIS-Online unter „Gefährdungseinschätzungen“ (22518). Der Kinderschutz ist Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie der Vereinten Nationen und wird im Monitoring der Agenda 2030 unter anderem in Indikator 16.2 aufgegriffen.

Um die Folgen der Corona-Pandemie für die Bildungsgerechtigkeit geht es auch in unserem Podcast mit dem Bildungsforscher Kai Maaz, Sprecher der Autorengruppe Bildungsberichterstattung. Weitere Analysen liefert der Bericht „Bildung in Deutschland 2020“.

Ausführliche Informationen zu den Bildungsausgaben finden sich im „Bildungsfinanzbericht“.

Weitere Ergebnisse zum Zusammenleben von Familien in Deutschland finden sich in der Fachserie 1 Reihe 3 „Haushalte und Familien – Ergebnisse des Mikrozensus 2019“.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 19.11.2020

Hierzu kommentiert das ZFF:

Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes vermitteln den Anschein, dass die Kinderarmut in Deutschland im Jahr 2019 gesunken ist. Dies ist aber nur bzgl. einer bestimmten Messvariante korrekt. Das Statistisches Bundesamt bedient sich bei diesen vorliegenden Zahlen der Daten aus der EU-Silc Erhebung. Mit dieser Erhebung wird versucht, Vergleiche zwischen den europäischen Ländern bzgl. der Armutsbetroffenheit von Kindern und Jugendlichen anhand von bestimmten Kriterien herzustellen. Sie ist damit aber nicht mit anderen statistischen Erhebungen vergleichbar wie etwa der Armutsgefährdungsquote im Rahmen des Mikrozensus. Hier können wir über die letzten Jahre eher eine Verstetigung bzw. sogar eine Zunahme der Kinderarmut beobachten: im Jahr 2019 lag die Armutsrisikoquote für unter 18-jährige bei 20,5%. Das beutet, dass jedes 5. Kind von Armut und Ausgrenzung bedroht war.

Darüber hinaus zeigt sich, z.B. durch die erhöhte Inanspruchnahme des Kinderzuschlags, Einkommenseinbußen und einer vermehrten Arbeitslosigkeit bedingt durch die Corona-Krise der letzten acht Monate, dass sich Armut im Jahr 2020 voraussichtlich noch weiter erhöhen wird.

Um die Kinderarmut nachhaltig zu reduzieren, fordert das ZFF gemeinsam mit einem breiten Bündnis daher seit über 10 Jahren die Einführung einer Kindergrundsicherung.

Weitere Informationen unter: www.kinderarmut-hat-folgen.de

Gegen sexuellen Kindesmissbrauch: Am Internationalen Tag der Kinderrechte fordert der Deutsche Familienverband bessere Informationsangebote und mehr Sensibilisierung.

Kinder haben ein Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit. Aber immer noch werden Minderjährige Opfer sexueller Gewalttaten. „Es ist nach wie vor notwendig, sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen aufzugreifen und darüber zu informieren. Die Zahlen von minderjährigen Opfern stagnieren weiterhin auf hohem Niveau“, sagt René Lampe, Vizepräsident des Deutschen Familienverbands (DFV).

Laut polizeilicher Kriminalstatistik wurden 2019 15.936 Kinder Opfer von sexueller Gewalt. In ihren Berichten weist die Kriminalpolizei wiederholt darauf hin, dass es sich bei dieser Zahl nur um polizeilich erfasste Fälle handelt. Viele Taten blieben unentdeckt. Angelehnt an Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist für Deutschland auszugehen, dass es in jeder Schulklasse ein bis zwei betroffene Kinder gibt. „Die Schätzungen sind alarmierend. Wir dürfen nicht aufhören, diesem Thema Beachtung zu schenken“, so Lampe.

Sehr viele Taten geschehen in Familien oder im kindlichen Umfeld. Das macht den Umgang mit sexuellem Missbrauch erwiesenermaßen sehr schwierig. „Eltern oder andere Erwachsene sind verunsichert. Wie sollen sie bei einem Verdacht reagieren? An wen können sie sich mit Fragen wenden? Wir brauchen bessere und einfacher zugängliche Informationsangebote. Auch Beratungsstellen müssen stärker gefördert werden“, sagt Lampe.

Der DFV engagiert sich seit vielen Jahren gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen und für Gewaltprävention. Sein Fachwissen ist bei Bundesregierung und Bundesfamilienministerium regelmäßig gefragt. In Projekten vor Ort befasst sich der DFV mit Gewalt in Familien und versucht zu vermitteln. „Es ist wichtig, dass wir keine Angst vor schmerzlichen Themen haben. Wir müssen uns als Gesellschaft damit befassen. Es geht darum, sensibel zu sein und Verantwortung zu übernehmen“, so Lampe. „Wir dürfen niemals wegsehen!“

Weitere Informationen

Beratungsstelle ProMann des DFV-Landesverbands in Sachsen-Anhalt

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 20.11.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zum heutigen Internationalen Tag der Kinderrechte Bund, Länder und Kommunen an, die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Kinderrechte auch in der Corona-Pandemie zu gewährleisten. Bei allen in Zusammenhang mit der Pandemie erlassenen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen sowie deren Auswirkungen müssen das Kindeswohl beachtet und insbesondere Kinder in verletzlichen Lebenslagen besonders aufmerksam in den Blick genommen werden. Das gilt beispielsweise für Kinder, die in Armut oder hochkonfliktreichen Situationen aufwachsen, geflüchtete Kinder und Kinder mit Behinderungen.

"Mittlerweile wurde erkannt, welchen Stellenwert die Aufrechterhaltung des Schulunterrichts und die Öffnung von Kitas in der Pandemie haben. Dabei dürfen wir jedoch nicht stehen bleiben und die Entwicklungsrechte von Kindern nicht auf Betreuung und Wissensvermittlung reduzieren. Kinder und Jugendliche brauchen soziale Interaktion, Bewegung, kulturelle Entfaltung und politische Bildung, ansonsten nimmt ihre Entwicklung deutlichen Schaden", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Eine vor kurzem vom Deutschen Kinderhilfswerk veröffentlichte repräsentative Umfrage hatte ergeben, dass 72 Prozent der Befragten der Ansicht sind, dass die Interessen von Kindern in der Corona-Pandemie nur unzureichend berücksichtigt wurden und werden. In Bezug auf die Bildungschancen von Kindern sind 76 Prozent der Ansicht, dass diese aufgrund der Corona-Krise im Allgemeinen gesunken sind, in Bezug auf die Bildungschancen von Kindern aus armen Haushalten meinen das sogar 81 Prozent. Gleichzeitig plädiert eine große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland (71 Prozent) für eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz, damit die Interessen von Kindern bei politischen Entscheidungen stärker als bisher berücksichtigt werden.

"Wir blicken bei den Kinderrechten in Deutschland auf einen föderalen Flickenteppich. So sind beispielsweise die Kinderarmutsquoten sehr unterschiedlich, oder die Beteiligungsrechte von Kindern nur teilweise gesetzlich abgesichert. Deshalb sollten die Kinderrechte systematisch ausgebaut und strukturell verankert werden, zuvorderst im Grundgesetz. Das ist zum einen rechtlich geboten, und wird zum anderen auch unsere Demokratie langfristig stärken", so Krüger weiter.

"Die Einhaltung der Kinderrechte auf Schutz, Förderung, Beteiligung und Teilhabe von Kindern muss gerade jetzt höchste Priorität haben. Wie es uns gelingt, zum einen Ungleichheiten nicht weiter zu verstärken, und zum anderen sogar Maßnahmen zu treffen, um niemanden in der Corona-Pandemie zurückzulassen, ist entscheidender Maßstab für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Die vorrangige Berücksichtigung der kindlichen Interessen bei staatlichen Entscheidungen, so auch bei allen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, braucht es derzeit mehr denn je. Darauf zielt auch die überfällige Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ab", so Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 20.11.2020

Zum Tag der Internationalen Kinderrechte am 20. November veröffentlicht das Netzwerk Kinderrechte den Bericht zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland in Einfacher Sprache. Die Einfache Sprache ist wichtig, um von möglichst vielen Personen verstanden zu werden.

Kinder berichten, dass sie sich durch komplizierte Ausdrücke von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen fühlen, sich nicht beteiligen können oder auch den Mut verlieren: „Leider kenne ich es aus dem Alltag nur selten, dass versucht wird Dinge einfach auszudrücken. Und wenn ich es nicht verstehe, verliere ich schnell die Lust, mich weiter mit dem Thema zu beschäftigen” beklagt Ann-Sophie, zehn Jahre, die am Zweiten Kinderrechtereport des Netzwerks Kinderrechte beteiligt war.

„Um seine Rechte wahrzunehmen, muss man sie kennen und verstehen“, sagt Prof. Jörg Maywald, Sprecher des Netzwerks Kinderrechte. Damit alle Kinder zu ihrem Recht kommen, müssen alle Menschen egal welchen Alters wissen, welche Kinderrechte es gibt.

Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes empfiehlt deshalb, Informationen so zu verbreiten, dass alle sie verstehen. „Gerade in schwierigen Zeiten müssen Kinder und Jugendliche mitbestimmen können. Dafür brauchen sie Zugang zu Informationen – einfach und verständlich“, sagt Luise Pfütze, Sprecherin des Netzwerks Kinderrechte.

Die National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention e.V. ist ein Zusammenschluss auf Bundesebene von 105 Organisationen zur Umsetzung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes. Sie setzt sich seit vielen Jahren nachdrücklich für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz und für die Etablierung von strukturellen Partizipationsformen für Kinder und Jugendliche ein.

Quelle: Pressemitteilung National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention vom 19.11.2020

Steigende Armut, geschlossene Schulen, familiäre Gewalt: Zum Internationalen Tag der Kinderrechte am 20. November warnen die SOS-Kinderdörfer davor, dass die Corona-Pandemie und ihre Folgen das Leben von Millionen Kindern weltweit in allen Lebensbereichen bedroht. Besonders in den armen Ländern stünden die Entwicklungschancen einer ganzen Generation auf dem Spiel. Christian Neusser, Kinderrechtsexperte der SOS-Kinderdörfer, sagt: „Die Ausmaße sind tiefgreifend. Denn es geht ja nicht nur um die Verletzung einzelner Kinderrechte, sondern um eine ganze Kette: Armut zum Beispiel zieht Krankheit, Kinderarbeit oder den Verlust der Bildung nach sich."

Es sei zu befürchten, dass in Folge der Pandemie die extreme Kinderarmut massiv ansteigen werde. Bis zu 150 Millionen Kinder könnten nach UN-Angaben in extreme Armut geraten – zusätzlich zu den vielen hundert Millionen Kindern, die bereits vorher betroffen waren. Weltweit konnten zeitweise 1,5 Milliarden Kinder nicht die Schule besuchen. Vor allem in ärmeren Ländern sei damit zu rechnen, dass viele Schüler nie wieder in die Schule zurückkehren werden, weil ihre Familien zu arm sind. „Zahlreiche Kinder gehen jetzt zur Arbeit anstatt in den Unterricht", sagt Christian Neusser. Fortschritte der letzten Jahrzehnte drohten zunichte gemacht zu werden. Auch die familiäre Gewalt und Vernachlässigung steige in Folge von erhöhtem Stress und neuer Armut. Betroffene Kinder hätten aufgrund der Schließung von Betreuungseinrichtungen keine Chance, sich Unterstützung zu holen und seien von sozialen Hilfsangeboten ausgeschlossen.

„In der Krise wird deutlich: Versorgung, Schutz und Bildung von Kindern müssen Hand in Hand gehen. All dies ist wichtig für die Entwicklung der jungen Menschen. Internationale Organisationen und nationale Regierungen müssen sich dafür einsetzen, dass diese Rechte tatsächlich umgesetzt werden!", sagt Christian Neusser. Auch Deutschland sei hier in der Verantwortung: „Die Kinderrechte müssen klares Leitbild der deutschen Entwicklungszusammenarbeit werden!"

Quelle: Pressemitteilung SOS-Kinderdorf e.V. vom 19.11.2020

SCHWERPUNKT IV: Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

BM Giffey: Der Schutz von Frauen vor Gewalt braucht eine europäische Antwort

116 016 – unter dieser Telefonnummer sollen in Zukunft Frauen, die von Gewalt betroffen sind, in vielen Ländern Europas Hilfe bekommen. Dafür hat sich am 20. November 2020 eine Mehrheit der Gleichstellungsministerinnen und -minister aller EU-Staaten sowie der EFTA-Staaten (Schweiz, Norwegen, Liechtenstein, Island) und Großbritannien auf einem Informellen Treffen ausgesprochen. Bundesfrauenministerin Franziska Giffey, die die Videokonferenz geleitet hatte, sprach anschließend von einem starken Signal für betroffene Frauen und Mädchen in ganz Europa:

„Gewalt gegen Frauen geht uns alle an und ist nirgendwo Privatsache. Sie betrifft sämtliche Altersgruppen und soziale Schichten – und sie ist in allen europäischen Ländern ein großes Thema. Deshalb brauchen wir darauf auch eine europäische Antwort. Eine einheitliche, gemeinsame Nummer für Hilfetelefone wäre ein weiterer Schritt auf dem Weg dorthin. Niedrigschwellige und wirksame Maßnahmen zum Gewaltschutz sind vor dem Hintergrund der Corona-Krise wichtiger denn je. Deutschland ist mit seinem Hilfetelefon Vorbild, und ich hoffe, dass durch unseren heutigen Beschluss noch mehr EU-Staaten ihr telefonisches Hilfeangebot ausbauen“, so Ministerin Giffey.

Deutschland hat seit 2013 ein bundesweites Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter der Nummer 08000 116 016 eingerichtet. Es ist ein kostenfreies, rund um die Uhr erreichbares, 18-sprachiges und anonymes Beratungsangebot. Viele EU-Staaten verfügen über ähnliche Angebote. Ziel des Beschlusses ist es, eine europaweit einheitliche Telefonnummer, die 116 016, einzurichten, unter der das jeweilige nationale Hilfetelefon erreichbar ist. Es haben sich heute 22 EU-Staaten sowie die Schweiz und die Europäische Kommission dafür ausgesprochen, dieses Vorhaben zu unterstützen.

Zweiter Schwerpunkt des Informellen Treffens war der Austausch von Best-Practice-Maßnahmen im Bereich Gewaltschutz. Ministerinnen und Minister einzelner Mitgliedstaaten stellten während der Videokonferenz herausragende Beispiele persönlich vor. Die Angebote reichen von der Ausweitung der Frauenhäuser, über breit angelegte Informationskampagnen, Verbesserungen in der Polizeiarbeit bis hin zu Maßnahmen, die konkret zur Linderung entsprechender Folgen der Corona-Krise ergriffen wurden.

Fazit dieses Austauschs: „Gemeinsam sind wir stärker als Gewalt!“. Das ist auch der Name einer bundesweiten Initiative, die Bundesfrauenministerin Giffey im November 2019 gestartet hat. Bisher haben sich 13 Partnerinnen und Partner zusammengeschlossen, die im Bereich Hilfe und Unterstützung aktiv sind. Ziel der Initiative ist es, von Gewalt betroffene Frauen und Männer zu ermutigen, sich Unterstützung zu holen und die Hilfsangebote besser bekannt zu machen.

Der Informelle Gipfel der EU-Gleichstellungsministerinnen und -minister ist aus Sicht des BMFSFJ einer der Höhepunkte der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie konnten sich die Teilnehmenden nicht persönlich treffen, so dass eine Videokonferenz stattfinden musste. Ursprünglich sollte der Gipfel in Potsdam im Brandenburger Landtag stattfinden.

Weitere Informationen zu den Themen des BMFSFJ im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft finden Sie unter: www.bmfsfj.de/bmfsfj/ministerium/internationales/eu-ratspraesidentschaft

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.11.2020

Mehr als einmal pro Stunde wird in Deutschland eine Frau von ihrem (Ex-)Partner körperlich angegriffen und jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet. Partnerschafts- und Trennungsgewalt nehmen zu. Auf der Grundlage der Istanbul-Konvention muss die Verfolgung und Aufarbeitung geschlechtsbezogener Gewalt, insbesondere bei Femiziden, verbessert werden.

„Während der Öffentliche Raum für Männer der gefährlichste Raum ist, ist es für Frauen das eigene Zuhause. Anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen fordert die SPD-Bundestagsfraktion eine konsequentere Umsetzung der Istanbul-Konvention im Hinblick auf Gewaltprävention, Opferschutz und effektiver Strafverfolgung. Geschärft werden muss unser aller Bewusstsein für die gesamtgesellschaftlichen Ursachen geschlechtsspezifischer Gewalt.

Femizide sollten konsequenter und angemessener bestraft werden. In Deutschland treten Femizide meist als „Trennungstötung“ auf. Es ist aber das Recht eines jeden Menschen, frei darüber zu entscheiden, mit wem sie beziehungsweise er eine Partnerschaft eingeht oder aufrechterhält. Frauen werden von ihren (Ex-)Partnern getötet, weil diese selbstbestimmte Entscheidungen über ihr Leben, ihren Körper, ihre Sexualität nicht dulden.

Im Vordergrund der Bekämpfung von Partnerschafts- und Trennungsgewalt muss deren Prävention stehen. Gewalt ist keine Privatangelegenheit – wir brauchen mehr Unterstützung und Sicherheit für potenzielle Opfer, den Willen zum rechtzeitigen Handeln. Auszubauen ist eine intensive Tat-Ursachenforschung, die flächendeckende Weiterentwicklung präventiver Risikoanalysen und eine interdisziplinäre Kooperation mit Beratungsstellen, Frauenhäuser, etc. Darüber hinaus brauchen wir eine konsequente Rechtsprechung bei Trennungstötungen: Diese dürfen nicht milder bestraft werden als andere Tötungsdelikte. Nicht zuletzt brauchen wir den weiteren Ausbau von Frauenhäusern und Beratungsstellen. Notwendig ist auch eine stärkere öffentliche Sensibilisierung – Initiativen wie des BMFSFJ ‘Stärker als Gewalt‘ sind ein guter Anfang.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 25.11.2020

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November erklären Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik, und Irene Mihalic, Sprecherin für Innenpolitik:

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) zeigt es auch in diesem Jahr: Gewalt gegen Frauen bleibt auf einem erschreckend hohen Niveau. Vor allem die vielen Tötungen von Frauen durch Partner oder Ex-Partner können wir als Gesellschaft nicht akzeptieren. Diesen Tötungen geht meist eine lange Gewaltgeschichte voraus. Das heißt, diese Tötungen könnten durch Präventionsmaßnahmen und ein engmaschigeres Hilfenetz möglicherweise verhindert werden. Damit Präventionsmaßnahmen verbessert werden können, fordern wir eine genauere Erfassung der sogenannten ‚Partnerschaftsgewalt‘ in der PKS.
Noch wichtiger ist der Ausbau von Frauenhäusern, Frauennotrufen und Frauenberatungsstellen, die Orte, an die Frauen sich in Not direkt wenden können. Als einzige Fraktion haben wir bisher einen Vorschlag zur besseren Finanzierung von Frauenhäusern eingebracht – das ist bereits ein Jahr her. Wir wollen, dass jede Frau überall in Deutschland und unabhängig von sozialem Status oder Aufenthaltstitel Schutz und Hilfe bekommt, wenn sie von Gewalt betroffen ist.
Zudem wollen wir, dass das Phänomen Hass gegen Frauen besser erfasst und bekämpft wird. Wir fordern die Anerkennung von Frauenhass als politisch motivierte Kriminalität und wollen die Beratungsmöglichkeiten von betroffenen Mädchen und Frauen stärken.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 24.11.2020

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November setzen Akteur*innen in aller Welt jährlich ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen. Der AWO Bundesverband bekräftigt zu diesem Anlass seine Forderung für einenRechtsanspruch auf Schutz und Hilfe für gewaltbetroffene Frauen und deren mitbetroffene Kinder. Das Hilfe- und Unterstützungssystem zum Schutz vor häuslicher Gewalt muss verpflichtend und auskömmlich finanziert werden.

„Sichere Zuflucht vor Gewalt muss für jede gewaltbetroffene Frau in Deutschland und Europa jederzeit möglich sein. Finanzierungslogiken von Ländern und Kommunen dürfen kein Hinderungsgrund sein, Frauen Schutz und Beratung in Frauenhäuser zu gewähren, die sie in der Krisensituation benötigen“, so Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbands. „Wir brauchen eine bundeseinheitliche Lösung ebenso wie eine ausreichende Anzahl von Plätzen in Schutzeinrichtungen für Frauen. Bund, Länder und Kommunen müssen sich hierzu noch in dieser Legislaturperiode einigen. Bundeseinheitliche Regelungen für den Gewaltschutz für Frauen können nicht länger verschoben werden“.

Bund, Länder und Kommunen haben den Auftrag, über den bedarfsgerechten Ausbau und die adäquate finanzielle Absicherung der Arbeit von Frauenhäusern und entsprechenden ambulanten Hilfs- und Betreuungsmaßnahmen zu beraten. Der dafür eingerichtete Runde Tisch wird erst im Frühjahr 2021 über einen gemeinsamen Lösungsansatz bzw. gemeinsame Eckpunkte einer gesetzlichen Regelung beraten und beschließen. Die Zeit drängt, um noch in dieser Legislaturperiode eine verlässliche Basis für Schutz und Hilfe für gewaltbetroffene Frauen zu verabschieden.

Wie die jüngst vorgestellte Kriminalstatistische Auswertung zur Partnerschaftsgewalt für das Jahr 2019 zeigt, ist die Gewalt in Partnerschaften auf einem hohen Niveau geblieben. In mehr als 80 % der Gewalttaten sind Frauen die Opfer von Bedrohung, Körperverletzung, Stalking und Sexualdelikten durch Ehemänner, Partner und Ex-Partner. 301 Frauen wurden 2019 in Partnerschaften Opfer von Mord- und Totschlagsversuchen. 117 von ihnen überlebten diese nicht.

„In diesem Jahr hat die Corona-Krise die Situation für viele Frauen verschärft, wie Berichte aus Gewaltambulanzen über schwere Gewalt gegen Frauen zeigen. Jede Frau muss zu jeder Zeit die Möglichkeit haben, die Gewaltsituation verlassen zukönnen und Schutz und Hilfe zu erhalten“, so Wolfgang Stadler.

In der Regel seien Frauen und ihre mitbetroffenen Kinder diejenigen, die sich aktiv um Sicherheit und neue Lebensperspektiven bemühen müssen, kritisiert der Verband. Noch zu oft blieben die Gewalttäter unbehelligt. „Der Schutz vor Gewalt ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Schutzeinrichtungen und Fachberatungsstellen müssen flächendeckend vorhanden, niedrigschwellig zugänglich und erreichbar sein. Die Aufklärung über die Dynamik und Folgen von häuslicher Gewalt bei Richter*innen, Jugendämtern und einer breiten Öffentlichkeit muss noch stärker unterstützt werden“, so Stadler, „Neben den Angeboten für Frauen und Mädchen braucht es auch Beratungsangebote für Jungen und Männer, um sich mit Gewaltmustern und Hilfemöglichkeiten auseinanderzusetzen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 24.11.2020

Noch immer werden nicht alle Frauen und Mädchen in Deutschland effektiv vor Gewalt geschützt, kritisiert das zivilgesellschaftliche Bündnis Istanbul-Konvention (BIK) anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen am 25. November. Die Polizeiliche Kriminalstatistik weist für 2019 einen Anstieg der häuslichen Gewalt aus. Jeden dritten Tag tötet ein Mann in Deutschland seine (Ex-) Partner*in, jeden Tag versucht es einer. Diese Femizide sind verhinderbar, betonen die Expert*innen. Sie bemängeln weiterhin, dass vor allem das Recht von marginalisierten Frauen und Mädchen auf Schutz und Unterstützung nicht ausreichend umgesetzt wird.

Im Bündnis Istanbul-Konvention haben sich über 20 der wichtigsten Frauenrechts- und Gewaltschutzorganisationen sowie Expert*innen mit einem Schwerpunkt zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen zusammengeschlossen. Gemeinsam fordern sie die Bundesregierung auf, Gewaltschutz über die Ressorts hinweg zur politischen Priorität zu machen. Für die konsequente Umsetzung der Istanbul-Konvention muss eine mit klarem Mandat und politischen Kompetenzen ausgestattete Koordinierungsstelle eingerichtet werden. Die Bundesregierung sollte außerdem eine einheitliche und effektive Gesamtstrategie im Sinne der Istanbul-Konvention entwerfen und diese mit entsprechenden personellen und finanziellen Mitteln ausstatten, fordert das Bündnis. Diese muss neben Schutzmaßnahmen auch präventive Maßnahmen enthalten, die auch die Ursachen von geschlechtsspezifischer Gewalt in den Blick nehmen und somit nachhaltig wirksam sein können.

Mit Inkrafttreten der Istanbul-Konvention in Deutschland vor rund drei Jahren hat sich die Bundesregierung dazu verpflichtet, Gewalt gegen Frauen und Mädchen nachhaltig zu verhindern und zu bekämpfen, die Betroffenen durch umfassende Präventionsmaßnahmen zu schützen und zu unterstützen. Das Abkommen hat weitreichende Konsequenzen auf der Bundes-, Länder- und der kommunalen Ebene und für viele verschiedene Bereiche von der Kultur- bis zur Gesundheitspolitik. Trotz wichtiger Initiativen des Bundesfrauenministeriums und stärkerer Fokussierung auf das Thema, mangelt es noch immer an ganzheitlichen politischen Maßnahmen und einer Koordinierungsstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Die Verantwortlichkeit der Bundesministerien ist unklar, die Finanzierung von Frauenhäusern und Beratungsstellen, auch zu sexualisierter Gewalt, bleibt unzureichend. Hinzu kommt, dass die Schutz- und Unterstützungsangebote, auch für Mädchen, mangelhaft sind, und die politischen Maßnahmen nicht auf ihre Wirksamkeit überprüft werden, bemängelt das Bündnis. Vor diesem Hintergrund setzt das BIK große Hoffnung in die Monitoringstelle, deren Konzept gerade entwickelt wird. Das Bündnis fordert hierbei hohe Beteiligungsmöglichkeiten, damit in Zukunft bedarfsgerechte Maßnahmen für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder in Deutschland erfolgen.

Die Istanbul-Konvention betont den besonderen Schutz marginalisierter Personen und stellt sich gegen Diskriminierung. Wir sind noch weit davon entfernt, dass alle Frauen und Mädchen gleichermaßen Zugang zu Unterstützung und Schutz erhalten. Dies gilt beispielsweise für wohnungslose Frauen und LBTI* Personen. Nach wie vor findet sich auch kein Gewaltschutzkonzept für Frauen und Mädchen mit Behinderungen. Das BIK kritisiert insbesondere den Vorbehalt der Bundesregierung gegen Artikel 59 (2) und (3), weil dieser gewaltbetroffene migrierte und geflüchtete Frauen daran hindert, einen Aufenthaltstitel zu erhalten. Das Bündnis fordert, diese eklatante Ablehnung des Gewaltschutzes für Migrantinnen zu beheben.

Aktuell erarbeitet das BIK einen Schattenbericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland und reagiert so auf die bestehenden Missstände mit direkten Handlungsempfehlungen. Der Bericht wird im Frühjahr 2021 veröffentlicht.

Mitgliedsorganisationen: BAG Autonome Mädchenhäuser, BAG Forsa e.V., BAG kommunaler Frauenbüros, BAG Täterarbeit e.V., BAG Wohnungslosenhilfe e.V., bff – Frauen gegen Gewalt e.V., BIG e.V., BVFeSt e.V., DaMigra e.V., Deutscher Frauenrat e.V., djb e.V., Frauenhauskoordinierung e.V., gesine intervention, JUMEN, KOK e.V., S.I.G.N.A.L. e. V., MIA e.V., medica mondiale e.V., Weibernetz e. V., Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser

Beratende Expert*innen: Prof. Dr. Ariane Brenssell, Ostfalia Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel; Karin Heisecke, politische Beraterin und Expertin zu Gewalt gegen Frauen; Dr. Monika Schröttle, Forschungs- und Beobachtungsstelle Geschlecht, Gewalt, Menschenrechte (FOBES) am Institut für empirische Soziologie, Nürnberg

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenrat vom 24.11.2020

Inklusive und umfassende Umsetzung der Istanbul-Konvention notwendig

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen am 25. November 2020 erklärt Henny Engels, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Gewalt gegen Lesben, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Frauen ist auch geschlechtsspezifische Gewalt. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert, dass bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention ausdrücklich auch die Belange lesbischer, bisexueller, trans- und intergeschlechtlicher Frauen selbstverständlicher und sichtbarer Bestandteil der Maßnahmen sind.

Deutschland hat das "Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt" (Istanbul-Konvention) ratifiziert. Diese fordert ausdrücklich positive Aktionen, um dafür Sorge zu tragen, dass Präventionsmaßnahmen speziell den Bedürfnissen schutzbedürftiger Personen entsprechen und meint dabei explizit auch lesbische, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Frauen.

So wird Hasskriminalität gegen lesbische, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Frauen bislang in der Statistik zu Politisch motivierter Kriminalität noch nicht einmal gesondert erfasst. Die polizeilichen Erfassungssysteme müssen reformiert werden, damit Hasskriminalität detailliert aufgeschlüsselt und in ihren realen Ausmaßen gesellschaftlich sichtbar wird. Der LSVD fordert die Bundesregierung zudem auf, unverzüglich eine unabhängige Expert*innen-Kommission einzusetzen, die eine systematische Bestandsaufnahme aller Erscheinungsformen von LSBTI-Feindlichkeit und damit verbundener Hasskriminalität erarbeitet und der Bundesregierung sowie dem Bundestag einen Lagebericht mit Handlungsempfehlungen vorlegt.

Geschlechtsspezifische Gewalt richtet sich oft gegen Frauen, die gegen Geschlechterstereotype aufbegehren. Mit ihrem Auftreten, Erscheinen oder Beziehungen und Familien verstoßen lesbische, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Frauen oftmals gegen vorherrschende Normen, Konventionen und Zwänge, wie Frauen auszusehen, zu sein oder zu begehren und lieben zu haben.

Alle Frauen haben ein Recht darauf, gewalt-, angst- und diskriminierungsfrei über sich, ihr Leben, ihren Körper und ihre Beziehungen und Familien bestimmen zu können.

Hintergrund

LSVD-Stellungnahme zum CEDAW-Staatenbericht der Bundesregierung (Punkt 2: Prävention und Bekämpfung von homophober und trans*/interfeindlicher Gewalt)

Adressierung lesben- und transfeindlicher Gewalt bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention

Diskriminierung und Gewalt gegen lesbische und bisexuelle Frauen in Deutschland

Erfahrungen von transgeschlechtlichen Menschen in Deutschland

Frei und sicher leben: Homophobe und transfeindliche Hasskriminalität entschieden bekämpfen. Forderungen des LSVD

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) vom 24.11.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Internationale Konferenz zu LSBTI-Themen und zur Gleichstellungsstrategie der EU

Unter dem Regenbogen sind alle gleich: Ein Satz der selbst im modernen Europa noch immer nicht überall gelebt wird. Über die Lebensrealitäten der LSBTI- Menschen weiß unsere Gesellschaft noch viel zu wenig. Um das zu ändern, veranstaltet das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) gemeinsam mit der Beobachtungsstelle für gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa am 18. und 19. November 2020 eine internationale LSBTI-Konferenz mit mehr als 400 aus ganz Europa zugeschalteten Teilnehmenden im Hotel Oderberger in Berlin.

Erstmals wird dabei auch die Bedeutung der am 12. November 2020 von der Europäischen Kommission vorgestellten Strategie für die LSBTI-Gleichstellungspolitik vor einer breiten Öffentlichkeit debattiert. Beim Panel diskutiert Bundesfamilienministerin Franziska Giffey auf dieser digital stattfindenden Konferenz mit der EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, und Generalsekretärin des Europarats, Marija Pejčinović Burić.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey:

„Die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität ist leider vielerorts noch traurige Realität. Das moderne Europa steht für eine Gleichstellungspolitik, die alle Menschen und Gruppen mitnimmt, egal welches Geschlecht, welche Sexualität, welche Religion und welche Herkunft sie haben. Europäerinnen und Europäer dürfen keine Angst haben vor ihrem Coming-Out haben oder davor, ihr Leben selbstbestimmt zu leben. Eine menschenverachtende und homophobe Rhetorik darf in der Europäischen Union nicht akzeptiert werden. Deshalb unterstützt Deutschland die neue europäische LSBTI-Gleichstellungsstrategie und wirbt in allen Mitgliedstaaten für breite Akzeptanz. Ein wichtiges Ziel ist dabei, LSBTI-Personen gesetzlich gegen ‚Hate Crimes‘ zu schützen. Außerdem soll für Regenbogenfamilien die Freizügigkeit innerhalb der EU leichter werden, indem die Mitgliedstaaten die Heirats- und Geburtsurkunden gegenseitig anerkennen. Es ist an der Zeit, dass die EU-Mitgliedsstaaten und ihre Institutionen besser bei LSBTI-Themen kooperieren – die neue EU-Strategie weist den Weg.“

Das BMFSFJ engagiert sich für eine Gleichstellungspolitik, die aktiv gegen Diskriminierung vorgeht. 2014 wurde ein eigenes Fachreferat eingerichtet, das sich mit den Verbänden und Interessenvertretungen der LSBTI-Community vernetzt und auch mit den Bundesländern zusammenarbeitet.

Das Ministerium interessiert, was schwule Männer und lesbische Frauen, Trans- und Interpersonen in ihrem Alltag bewegt und gegen welche Ungerechtigkeiten sie kämpfen. Ein Ziel ist es, ‚Hate Crimes‘ gegen die LSBTI Community – sowie gegen jede andere Minderheit in unserem Land – zu verhindern.

Um Information und Prävention zu verbessern, hat das BMFSFJ im Mai 2019 das Regenbogenportal gelauncht, eine umfassende Wissens- und Unterstützungs-Webseite für LSBTI-Personen, ihre Angehörigen und vor allem auch für Fachkräfte aus den Bereichen Beratung und Bildung. Das Regenbogenportal bietet gut aufbereitete Informationen, Materialien, Beratungs- und Fortbildungsangebote für den privaten und beruflichen Alltag. www.regenbogenportal.de

Im Bundesprogramm „Demokratie Leben“ fördert das Bundesfamilienministerium auch in der aktuell laufenden Förderphase bis Ende 2024 bundesweit Modellprojekte sowie ein zentrales Kompetenznetzwerk gegen Homosexuellen- und Transfeindlichkeit.

Im Sommer 2020 hat das BMFSFJ das Dialogforum Geschlechtliche Vielfalt gestartet. Hier arbeitet das Ministerium mit Vertreterinnen und Vertretern aus der freien Wohlfahrtspflege und aus Interessenverbänden trans- und intergeschlechtlicher Menschen zusammen. Ziel ist es, die Beratungs- und Unterstützungslandschaft in Deutschland zum Thema „Geschlechtliche Vielfalt“ auszubauen und zu stärken.

Zur LSBTI-Konferenz:

Die digitale Fachkonferenz wird im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und anlässlich des Auftakts des deutschen Vorsitzes im Ministerrat des Europarats gemeinsam vom Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) und der Beobachtungsstelle für gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa organisiert.

Die Konferenz beschäftigt sich mit Mehrfachdiskriminierungen von LSBTI-Personen mit einem Fokus auf lesbischen Frauen. Dabei werden die verschiedenen Dimensionen von Diskriminierungen wie Rassismus, Sexismus, Klassismus, Homo- und Transphobie ganzheitlich betrachtet. Eine schwarze lesbische Frau erlebt auch in Deutschland sehr wahrscheinlich andere Benachteiligungen, als eine weiße lesbische oder auch eine weiße heterosexuelle Frau. Dieses Wissen ist der Schlüssel dazu, in den Ländern der Europäischen Union politische Maßnahmen zu ergreifen, die alle erreichen: die heterosexuellen, die lesbischen, die schwarzen Frauen und Frauen mit Behinderung.

Es geht aber auch um Regenbogenfamilien und wie ihre Familien innerhalb der Europäischen Union rechtlich anerkannt werden. Nach der neuen europäischen LSBTI-Strategie sollen Regenbogenfamilien in Situationen, die in den Geltungsbereich des EU-Rechts fallen, genauso behandelt werden wie jede andere Familie. Außerdem soll sexuelle und geschlechtsspezifische Vielfalt viel stärker als Thema in die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften für Behindertenpflege und pädagogisches Personal einbezogen werden.

Mehr Informationen unter: https://bmfsfj-veranstaltungen.bafza.de/en/intersectionality-and-lgbti-policies-in-europe/home.html

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 19.11.2020

Bundesfrauenministerin Giffey und Bundesjustizministerin Lambrecht haben heute gemeinsam dem Kabinett die Stellungnahme der Bundesregierung zur Wirksamkeit des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG) vorgelegt.

Der Stellungnahme liegt ein unabhängiges Evaluationsgutachten zur Wirksamkeit des FüPoG durch die Kienbaum Consultants International GmbH zugrunde. Die Evaluation bestätigt, was Bundesjustizministerin Lambrecht und Bundesfrauenministerin Giffey mit ihrem Gesetzentwurf erreichen wollen: verbindliche Vorgaben führen zu Verbesserungen. Die feste Quote hat laut Evaluation zu einem starken Anstieg der Zahlen von Frauen in Aufsichtsräten geführt und hat auch weitere positive Effekte bei den einbezogenen Unternehmen. So wurde die gesetzliche Vorgabe von 30 Prozent Frauen in den Aufsichtsräten mit aktuell 35,2 Prozent übertroffen. Unternehmen, die der festen Quote unterliegen, sind zudem für das Thema Gleichstellung zunehmend sensibel, was sich in Besetzungsverfahren und in häufig besser organisierten Strukturen zur Förderung des Aufstiegs von Frauen niederschlägt. Daher empfiehlt das Evaluationsgutachten eine Ausweitung des Geltungsbereichs der festen Quote, um diese positiven Effekte weiterzutragen.

Die Evaluation hat aber auch ernüchternde Ergebnisse bei den Zielgrößen in Vorständen aufgezeigt. Der Frauenanteil in den Vorständen der vom Gesetz betroffenen Unternehmen liegt nur bei 7,6 Prozent. Und die selbst gesetzten Zielgrößen deuten nicht darauf hin, dass die Unternehmen an dieser Situation etwas ändern wollen: Rund 70 Prozent der vom Gesetz betroffenen Unternehmen setzen sich für die Zukunft die Zielgröße „Null“ für den Vorstand. Die geringere Verbindlichkeit wirke sich zudem negativ sowohl auf die Bekanntheit des Gesetzes als auch auf die Erfüllung der Veröffentlichungspflichten und die Höhe der Frauenanteile selbst aus. Die Evaluation empfiehlt daher, verbindlichere Regeln für den Vorstand aufzustellen, um die Wirkung des Gesetzes zu erhöhen.

Bundesfrauenministerin Franziska Giffey: „Diese Evaluation stärkt unsere Forderung nach einer verbindlichen Mindestbeteiligung von einer Frau in großen Vorständen ab vier Mitgliedern. Wir können uns nicht zurücklehnen und nochmal etliche Jahre darauf hoffen, dass die Unternehmen sich höhere Zielgrößen setzen. Freiwillig tut sich nichts. Es ist an der Zeit, gesetzliche Regeln für mehr Vielfalt und Gleichstellung in den Chefetagen zu schaffen. Das ist kein Almosen oder gar eine Belastung, sondern ein wichtiger Schritt für mehr wirtschaftlichen Erfolg und internationale Wettbewerbsfähigkeit.“

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht: „Die Evaluation hat gezeigt, dass wir ohne verbindliche Vorgaben nicht weiterkommen und sogar Rückschritte zu beobachten sind. Der Frauenanteil in Vorständen ist zuletzt wieder gesunken. Aus diesem Grund muss die Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen jetzt endlich Gesetz werden. Lassen Sie uns qualifizierten und motivierten Frauen endlich die Chancen geben, die sie verdienen. Die großen Unternehmen in Deutschland müssen endlich auch von Frauen geführt werden."

Für den Bereich des öffentlichen Dienstes kommt die Evaluation u.a. zu dem Ergebnis, dass mit der Novellierung des Bundesgremienbesetzungsgesetzes eine deutliche Erhöhung des Anteils von Frauen an den vom Bund bestimmten Mitgliedern in Gremien einhergegangen ist. Auch die Frauenanteile an Führungspositionen im öffentlichen Dienst des Bundes steigen kontinuierlich, jedoch zeigen einige Regelungen des Bundesgleichstellungsgesetzes noch nicht die gewünschte Wirkung. So werden beispielsweise bestehende Vereinbarkeitsangebote noch zu selten von Führungskräften in Anspruch genommen und die Gleichstellungspläne häufig noch nicht zweckentsprechend genutzt. Bei der Besetzung in den Gremien des Bundes hat das Gutachten gezeigt, dass die bereits eingeführten strukturierten Besetzungsprozesse Erfolg gezeigt haben und weitergeführt und gestärkt werden sollten.

Die Bundesregierung hat mit der Stellungnahme alle Handlungsempfehlungen zur Kenntnis genommen und wird diese bei weiteren Maßnahmen prüfen.

Besonders erfreulich sind die Ergebnisse zum Erfüllungsaufwand des Gesetzes. Die Wirtschaft hat eine jährliche Belastung von lediglich rund 43 Tausend Euro durch die gesetzlichen Vorgaben. Dies unterschreitet deutlich die vorherige Schätzung von 248 Tausend Euro.

Die Stellungnahme der Bundesregierung kann hier abgerufen werden: www.bmfsfj.de/evaluation-füpog-stellungnahme

Die Evaluation finden Sie hier: www.bmfsfj.de/evaluation-füpog

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 18.11.2020

Schrittweise werden die Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte verbessert. Das ist das Ergebnis eines ersten Umsetzungsberichts zur Konzertierten Aktion Pflege (KAP), der von Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn heute vorgestellt wurde. Danach konnten bereits wichtige Maßnahmen für eine bessere Entlohnung, für mehr Auszubildende und mehr Kolleginnen und Kollegen an der Seite der Pflegekräfte umgesetzt werden.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Wie wir gute Pflege sichern, ist die soziale Frage der 20er Jahre. Die beantworten wir mit der Konzertieren Aktion. Wir sorgen für bessere Bezahlung, mehr Stellen und eine gute Ausbildung. So machen wir Pflege besser für alle: für Berufseinsteiger und für die erfahrenen Pflegekräfte. Und am meisten für die Pflegebedürftigen und Patienten, die mehr Zuwendung erfahren.“

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey:

„Die Pflege in Deutschland leistet Enormes. Sie zu stärken und den Fachkräften bessere Arbeitsbedingungen zu ermöglichen, das ist eine Aufgabe, die wir gemeinsam angehen, weil wir sie auch nur gemeinsam bewältigen können. Exzellente Pflege findet nur dort statt, wo motivierte und gut ausgebildete Pflegekräfte arbeiten. Deshalb wollen wir Fachkräfte gewinnen und halten. Wir arbeiten daran, dass junge Menschen, die sich für diesen Beruf interessieren, gute Ausbildungsbedingungen und vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten haben. Pflegerinnen und Pfleger leisten einen wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft, das muss auch entsprechend bezahlt werden. Die jüngste Tarifeinigung im öffentlichen Dienst war hier ein richtiges Zeichen. Aber Geld ist nicht alles – wir arbeiten daran, dass Pflegeberufe als Ganzes aufgewertet werden.“

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil: „Pflegekräfte arbeiten hart und oft unter schwierigen Bedingungen. Die Arbeit mit und am Menschen ist körperlich und psychisch fordernd und sie bedeutet ein hohes Maß an Verantwortung und Stress. Das galt schon vor Corona, aber die Pandemie hat noch einmal deutlich gemacht, was Pflegekräfte leisten. Wir müssen die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern. Der Schlüssel dazu ist mehr Personal und eine angemessene Entlohnung. Das sind wir als Gesellschaft den Pflegekräften schuldig. Mit der Konzertierten Aktion Pflege haben wir genau das angepackt. Zu den ersten Erfolgen gehört, dass die Pflegelöhne bis April 2022 bundesweit einheitlich steigen. Tarifverträge bedeuten angemessene Löhne und gute Arbeitsbedingungen. Sie verbessern die Situation der Pflegekräfte konkret. Deshalb ist die Aussicht auf einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die ganze Pflegebranche ein wichtiges Signal. Sobald mir ein Antrag auf Erstreckung vorliegt, werden wir diesen zügig prüfen. Und wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, werde ich diesen Tarifvertrag für die gesamte Branche verbindlich erklären. Auf diesem Weg machen wir weiter.“

Im Juni 2019 haben sich Bund, Länder und alle relevanten Akteure in der Pflege verbindlich auf Ziele und konkrete Maßnahmen für bessere Arbeitsbedingungen, eine bessere Entlohnung, mehr Ausbildungsplätze und mehr Eigenverantwortung für Pflegekräfte verständigt. Der heute vorgelegte Bericht zeigt, wie weit die Maßnahmen bereits umgesetzt wurden.

Die Ergebnisse im Detail

Mehr Personal

Eine Entlastung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen erfordert mehr Personal. Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht: Das Personalbemessungsverfahren für vollstationäre Pflegeeinrichtungen soll in Kürze gesetzlich verankert werden. Die Mitglieder der Konzertierten Aktion Pflege haben hierfür in einem begleitenden Roadmap-Prozess die wesentlichen Schritte beraten. Als erster Schritt werden ab dem 1. Januar 2021 mit dem Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz 20.000 zusätzliche Stellen für Pflegehilfskräfte geschaffen. Die Stellen werden vollständig durch die Pflegeversicherung finanziert; der Eigenanteil der Pflegebedürftigen wird dadurch nicht steigen. Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen werden bei der Gewinnung internationaler Pflegekräfte unterstützt. Dazu wurde 2019 die Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe (DeFa) eingerichtet. Sie übernimmt für die Herkunftsländer Philippinen, Mexiko und später Brasilien die Anträge auf Einreise, Berufsanerkennung und Beschäftigungserlaubnis für Pflegekräfte aus Drittstaaten, damit diese schneller nach Deutschland einreisen und arbeiten können. Das Auslandsgeschäft der Bundesagentur für Arbeit (BA) bleibt davon unberührt. Es wurde eine Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung (ZBSA) für Fachkräfte im Ausland geschaffen, die Anerkennungssuchende zu den Möglichkeiten der Anerkennung ihrer ausländischen Berufsabschlüsse berät, sie über die damit zusammenhängenden aufenthaltsrechtlichen Fragen informiert und durch das Anerkennungsverfahren begleitet (Lotsenfunktion). Die ZSBA ist bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der BA in Bonn angesiedelt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als Modellvorhaben zunächst für vier Jahre gefördert. Integraler Bestandteil der Fachkräftegewinnung sind Regeln für eine ethisch hochwertige Anwerbung und den Schutz der Pflegekräfte sowie umfassende Maßnahmen für die betriebliche und soziale Integration. Das im Jahr 2019 gegründete Deutsche Kompetenzzentrum für internationale Fachkräfte in den Gesundheits- und Pflegeberufen (DKF) entwickelt dafür ein Gütesiegel und einen Werkzeugkoffer für die betriebliche und soziale Integration. Das DKF unterstützt die Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen auch bei deren Umsetzung. Die Corona-Pandemie hat deutliche Auswirkungen auf die Unterstützung der Fach- und Sprachausbildung für ausländische Pflegekräfte in den Herkunftsländern. Die Goethe-Institute bemühen sich unter Einhaltung der jeweils vor Ort gültigen Hygiene- und Sicherheitsvorschriften, weiterhin Angebote der Sprachförderung aufrechtzuerhalten.

Mehr Geld

Pflegekräfte, insbesondere in der Altenpflege, sollen regelhaft besser entlohnt werden. Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht:

Mit dem am 29. November 2019 in Kraft getretenen Gesetz für bessere Löhne in der Pflege wurde die rechtliche Grundlage für das Tätigwerden der Pflegekommission novelliert. Damit kann die Pflegekommission nun –als ständige Kommission –auf verbesserter Grundlage Empfehlungen für die Festlegung von Mindestlöhnen und Mindesturlaub in der Pflege abgeben. Mit der Vierten Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche wird der Mindestlohn für Pflegehilfskräfte bis zum 1. April 2022 in vier Schritten spürbar auf 12,55 Euro in Ost- und Westdeutschland angehoben. Ab 1. Juli 2021 gibt es zudem erstmals einen Mindestlohn für Pflegefachkräfte von 15 Euro. Vom neuen Pflegemindestlohn profitieren insbesondere Pflegekräfte in Ostdeutschland. Im Vergleich zum Jahr 2012 sind die Entgelte von Vollzeitbeschäftigten in der Altenpflege um über 20 Prozent angestiegen. Auch die tarifliche Entlohnung soll weiter gestärkt werden:Künftig sollen Pflegeeinrichtungen nur noch für die Versorgung zugelassen werden, wenn diese ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird derzeit vorbereitet. Die Gewerkschaft ver.di und die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) haben den Entwurf eines bundesweiten Tarifvertrags für die Altenpflege erarbeitet. Derzeit läuft das gesetzlich vorgesehene Anhörungsverfahren, in welchem kirchliche Kommissionen zu dem Entwurf Stellung nehmen können. Die Finanzierung höherer Pflegelöhne kostet Geld. Damit die Pflegebedürftigen und ihre Familien nicht überfordert werden, prüft das BMG derzeit verschiedene Optionen zur Begrenzung der Eigenanteile.

Mehr Aus- und Weiterbildung

Die neuen Pflegeausbildungen starteten zum 1. Januar 2020. Ihre Einführung wird begleitet durch die „Ausbildungsoffensive Pflege“ (2019 – 2023). Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht: Abschließende Zahlen zu den neuen Pflegeausbildungen liegen erstmals 2021 vor. Einzelne Bundesländer haben jedoch bereits einen deutlichen Anstieg gemeldet. Insgesamt deutet sich trotz der Belastungen durch die Corona-Pandemie eine positive Entwicklung der Ausbildungszahlen und damit ein guter Start der neuen beruflichen Pflegeausbildung an. Auch die neu eingeführte hochschulische Pflegeausbildung ist bereits mit rund 30 Studiengängen gestartet. Damit werden neue Ausbildungspotentiale erschlossen und neue Entwicklungsperspektiven für die Pflege geschaffen. Mit der Informations- und Öffentlichkeitskampagne „Mach Karriere als Mensch“ wird über die Chancen der neuen Pflegeausbildung informiert. Hohe Zugriffszahlen auf die weiterführenden Informationsangebote unter www.pflegeausbildung.net sprechen für ein großes Interesse bei jungen Menschen wie auch möglichen Umschülerinnen und Umschülern an der Ausbildung. Im Rahmen der neuen generalistischen Pflegeausbildung ist eine engere Zusammenarbeit der verschiedenen Ausbildungsstätten erforderlich. Um die Länder bei der Umsetzung der Pflegeausbildung zu unterstützten, haben BMFSFJ und BMG dazu ein Förderprogramm im Umfang von bis zu 19 Millionen Euro aufgelegt. In zahlreichen Ländern haben die durch den DigitalPakt Schule und das daran anschließende „Sofortausstattungsprogramm“ zur Verfügung gestellten Fördermittel zu einer besseren Ausstattung der Pflegeschulen mit digitaler Technik geführt. In der Weiterbildung gab es 2019 einen signifikanten Anstieg bei der Ausbildung zur Altenpflegefachkraft.

Der vollständige Bericht zur Ausbildungsoffensive Pflege ist unter https://www.pflegeausbildung.net/ausbildungsoffensive-und-kampagne/erster-bericht.html verfügbar.

Mehr Eigenverantwortung

Die Befugnisse der Pflegefachkräfte sollen gestärkt und ausgeweitet werden. Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht: Für die interprofessionelle Zusammenarbeit im Gesundheits- und Pflegebereich wurde ein Strategieprozess eingeleitet. Der Prozess wird durch ein Expertengremium begleitet. Gemeinsam wird die Rolle der Pflege in der interprofessionellen Zusammenarbeit untersucht. Aktuell wird eine Erweiterung der Versorgungsbefugnisse für Pflegefachkräfte, etwa im Rahmen des Wundmanagements, der häuslichen Krankenpflege und der Verordnung von bestimmten Hilfsmitteln vorgeschlagen. Im Strategieprozess wurde auch geklärt, wie Modellvorhaben zur selbständigen und eigenverantwortlichen Ausübung von Heilkunde durch Pflegefachpersonen einfacher und attraktiver werden und bei erfolgreicher Durchführung zügiger in der Regelversorgung ankommen können. Ergebnisse der Beratungen sollen noch in dieser Legislaturperiode gesetzlich umgesetzt werden.

Mehr Digitales

Die Arbeit von Pflegekräften soll durch Digitalisierung erleichtert werden. Folgende Maßnahmen wurden bereits auf den Weg gebracht:Durch gesetzliche Regelungen zur Kostenübernahme von Investitionen in Digitales wurden deutliche Fortschritte bei der Digitalisierung der Pflege erzielt. Pflegeeinrichtungen nutzen die Fördermöglichkeiten für die elektronische Dokumentation und Tourenplanung, aber auch Schulungen der Pflegekräfte. Die Anbindung der Langzeitpflege an die Telematikinfrastruktur (TI) wurde vorangetrieben. Pflegeeinrichtungen können sich freiwillig an die TI anschließen lassen; die Kosten hierfür werden vergütet. Die elektronische Pflegeakte wird Bestandteil der elektronischen Patientenakte, dabei sollen beruflich Pflegende weitgehende Zugriffsrechte im Rahmen der TI erhalten, sofern der Patient oder die Patientin dem zustimmt. Der künftige Zugang der Pflegeeinrichtungen zur TI wird jedoch entscheidend davon abhängen, wann die Länder die elektronischen Heilberufs- und Berufsausweise sowie die Praxisausweise zur Verfügung stellen. Bis dahin können die Pflegeeinrichtungen über Institutionenkarten, die von der Gematik ausgegeben werden, vorübergehend auf auswählte Dienste der TI zugreifen. Die Regelungen des Digitale-Versorgung-Gesetzes zu elektronischen Verordnungen in der häuslichen Krankenpflege zeigen Wirkung: durch die Öffnung des Rechtsrahmens etablieren sich mehr Unternehmen am Markt, die entsprechende Dienste anbieten. Verschiedene Krankenkassen haben bereits erste Erfahrungen mit elektronischen Verordnungen in der häuslichen Krankenpflege gesammelt. Mit Hilfe des Krankenhauszukunftsfonds und des Krankenhausstrukturfonds werden Investitionen in die digitale Infrastruktur von Krankenhäusern gefördert.

Im Jahr 2021 soll über den weiteren Fortschritt der Konzertierten Aktion Pflege berichtet werden.

Hintergrund

Um den Arbeitsalltag von Pflegekräften spürbar zu verbessern, haben das Bundesgesundheits-, das Bundesfamilien- und das Bundesarbeitsministerium im Juli 2018 die Konzertierte Aktion Pflege ins Leben gerufen. Zusammen mit den Ländern, Pflegeberufs- und Pflegeberufsausbildungsverbänden, Verbänden der Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser, den Kirchen, Pflege- und Krankenkassen, Betroffenenverbänden, der Berufsgenossenschaft, der Bundesagentur für Arbeit sowie den Sozialpartnern wurden fünf Arbeitsgruppen eingerichtet, um konkrete Schritte festzulegen:

• Arbeitsgruppe 1: Ausbildung und Qualifizierung

• Arbeitsgruppe 2: Personalmanagement, Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung

• Arbeitsgruppe 3: Innovative Versorgungsansätze und Digitalisierung

• Arbeitsgruppe 4: Pflegekräfte aus dem Ausland

• Arbeitsgruppe 5: Entlohnungsbedingungen in der Pflege.

Weitere Informationen sowie den Vereinbarungstext im Wortlaut finden Sie unter: www.bundesgesundheitsministerium.de/konzertierte-aktion-pflege

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 13.11.2020

Die junge Generation hat es in der Corona-Zeit besonders schwer. Vieles von dem, was Jungsein und Erwachsenwerden ausmacht, ist im Moment verboten oder nur eingeschränkt möglich: ob Lernen, Austausch mit Gleichaltrigen, die Welt erkunden oder auch mal eine Party feiern. Darauf hat Bundesjugendministerin Dr. Franziska Giffey heute bei der Vorstellung des 16. Kinder- und Jugendberichts (Schwerpunkt „Förderung demokratischer Bildung im Kindes- und Jugendalter“) hingewiesen.

„Corona prägt schon jetzt die Lebensläufe vieler junger Menschen und nimmt der Jugend ein Stück Zuversicht und Leichtigkeit. Obwohl sie auf vieles verzichten müssen, halten sich die meisten an die Einschränkungen, sind vernünftig und rücksichtsvoll“, betonte Ministerin Giffey. „Das sollten wir anerkennen und würdigen. Und wir müssen die Jugend stärker an Entscheidungen beteiligen. Mehr Mitsprache empfiehlt auch der aktuelle Kinder- und Jugendbericht. Die politische Bildung der Jugend ist gerade auch in bewegten Zeiten ein Stützpfeiler unserer Demokratie. Jede Generation muss Demokratie neu erlernen. Die politische Bildung ist ein gewichtiger Faktor, um Menschen gegen Hassparolen und Verschwörungs-ideologien zu immunisieren."

Bundesministerin Giffey hat den 16. Kinder- und Jugendbericht, den von einer unabhängigen Sachverständigenkommission erarbeitet wurde, heute vorgelegt. Das Bundeskabinett beschloss eine Stellungnahme zu dem 600 Seiten starken Papier. Beides geht jetzt dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat zu.

Eine der zentralen Empfehlungen der Sachverständigen ist, dass alle jungen Menschen mehr zeitgemäße und altersgerechte politische Bildung erhalten. Der Vorsitzende der Berichtskommission, Prof. Dr. Christian Palentien unterstrich bei der Vorstellung der Ergebnisse: „Politische Bildung findet in der gesamten Kindheit und Jugend statt. Sie braucht mehr Gewicht und gehört überall hin, wo junge Menschen mit Politik und Demokratie in Berührung kommen. Ob Familie, Kita, Schule und Ausbildung, Jugendbildungsstätten oder Jugendverbände, Medien oder auch die Bundeswehr – viele Akteure tragen Verantwortung für politische Bildung.“

Die Kommission hatte den Auftrag herauszuarbeiten, wo und wie Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene politische Bildung erfahren. Zudem sollte sie Entwicklungsbedarfe aufzeigen und Empfehlungen für Praxis, Wissenschaft und Politik formulieren.

Der Bericht liefert erstmals eine umfassende und systematische Betrachtung der politischen Bildung junger Menschen und bietet eine solide Grundlage, um die Angebote weiterzuentwickeln. Gleichzeitig befasst sich der Bericht mit aktuellen Herausforderungen für die Demokratie – zum Beispiel mit Globalisierung, Digitalisierung, demografischem Wandel und einem erstarkenden Nationalismus. Die Kommission fordert ein klares Bekenntnis der Politik: Eine an Demokratie und Menschenrechten orientierte politische Bildung sei unverzichtbar.

Die Perspektiven junger Menschen sind in den Bericht direkt eingeflossen: Die Kommission führte Jugendworkshops durch und interviewte Grundschulklassen sowie Kitagruppen. Zudem wurden bundesweite Jugendbeteiligungsprozesse daraufhin analysiert, was junge Menschen zur politischen Bildung sagen.

Mit den Kinder- und Jugendberichten entspricht die Bundesregierung ihrer Verpflichtung gemäß § 84 SGB VIII, dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat in jeder Legislaturperiode einen Bericht über die „Lage junger Menschen und die Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe“ vorzulegen und dazu Stellung zu nehmen. Mit der Ausarbeitung des Berichtes beauftragt die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Namen der Bundesregierung jeweils eine unabhängige Kommission.

Ausführliche Informationen zum 16. Kinder- und Jugendbericht finden Sie unter: www.bmfsfj.de/kinder-und-jugendbericht

Hier weitere Links: Zum gesamten Bericht: www.bmfsfj.de/kinder-und-jugendbericht/gesamtZu einer Kurzbroschüre des BMFSFJ: www.bmfsfj.de/kinder-und-jugendbericht/kurzbroschuereZu einer Jugendbroschüre der Jugendpresse Deutschland: www.bmfsfj.de/kinder-und-jugendbericht/jugendbroschuere

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 11.11.2020

Ministerin Giffey und BKA-Chef Münch stellen Kriminalstatistische Auswertung vor

Die Zahl von Mord und Totschlag, Sexualdelikten, Körperverletzungen oder Stalking ist in (Ex-) Paarbeziehungen im Jahr 2019 auf hohem Niveau geblieben. Die neuen Zahlen der Kriminalstatistischen Auswertung Partnerschaftsgewalt des Bundeskriminalamtes zeigen insgesamt sogar einen leichten Anstieg. 2019 wurden 141.792 Opfer von Partnerschaftsgewalt in den definierten Kategorien polizeilich erfasst, knapp ein Prozent mehr als im Jahr zuvor. Zu 81% waren Frauen betroffen und zu 19% Männer. Die Hälfte der Opfer lebte zum Tatzeitpunkt mit dem Täter oder der Täterin in einem Haushalt (50,5%).

Die detaillierte BKA-Auswertung wurde zum fünften Mal in Folge erstellt und gibt Einblick, in welchem Umfang und mit welchen Ausprägungen Gewalt in Paarbeziehungen bei der Polizei bekannt wird, welche Delikte passieren und in welcher Beziehung Täter und Opfer stehen. Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey und der Präsident des Bundeskriminalamtes Holger Münch haben die Ergebnisse für 2019 heute vorgestellt.

Bundesfrauenministerin Giffey: „Häusliche Gewalt ist keine Privatsache, sondern es geht um Straftaten. Für viele Frauen, aber auch für Männer ist es traurige Realität, dass die eigene Wohnung, in der man sich sicher fühlen möchte, zu einem gefährlichen Ort wird. Die Zahlen sind schockierend, denn sie zeigen: An fast jedem dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Und alle 45 Minuten wird – statistisch gesehen – eine Frau Opfer von vollendeter und versuchter gefährlicher Körperverletzung durch Partnerschaftsgewalt. In der Zeit der Corona-Pandemie ist nach den Berichten der Frauenhäuser, Beratungsstellen und Hilfetelefone davon auszugehen, dass häusliche Gewalt eher zunimmt – zumal wir damit rechnen müssen, dass die Dunkelziffer deutlich höher liegt als die Zahl der Polizei-bekannten Fälle.“

BKA-Präsident Holger Münch: „Gewalt in Partnerschaften äußert sich als Stalking, Bedrohung, sexueller Übergriff, Körperverletzung, Vergewaltigung bis hin zu Mord und Totschlag. Sowohl psychisch als auch physisch ausgeübte Gewalt hinterlässt tiefe Wunden bei den Opfern. Partnerschaftsgewalt findet meist hinter geschlossenen Haustüren – im Verborgenen – statt; die Opfer werden nicht bemerkt oder trauen sich nicht, aus Angst vor den Konsequenzen, Anzeige zu erstatten. Allein im Hellfeld verzeichnen wir 2019 über 141.000 Männer und Frauen, die Opfer von Partnerschaftsgewalt geworden sind. Es ist jedoch von einem erheblichen Dunkelfeld auszugehen. Partnerschaftsgewalt darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Neben der täglichen Arbeit der Strafverfolgungsbehörden kommt vor allem den vielen staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen eine große Bedeutung zu, die den Opfern mit ihren Hilfsangeboten zur Seite stehen. Letztlich ist auch jeder Einzelne von uns dazu aufgefordert, die Augen vor der Partnerschaftsgewalt nicht zu verschließen und sie zu ahnden, wenn immer wir sie bemerken.“

Zu den BKA-Zahlen im Einzelnen:

Im Jahr 2019 wurden durch ihre Partner oder Ex-Partner insgesamt 141.792 Personen Opfer von Mord und Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Bedrohung und Stalking, Freiheitsberaubung, davon knapp 81% Frauen.

Knapp 115.000 Frauen waren von Partnerschaftsgewalt betroffen. Gemessen an der Gesamtzahl weiblicher Opfer in den Bereichen Mord und Totschlag, Körperverletzung, Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Bedrohung und Stalking ist das ein Anteil von 34,5%, dagegen sind es bei den Männern 5,5%.

In 2019 wurden in Deutschland Frauen und Männer Opfer von Partnerschaftsgewalt (jeweils vollendete und versuchte Delikte)von vorsätzlicher einfacher Körperverletzung: über 69.000 Frauen, 17.800 Männer;von Bedrohung, Stalking, Nötigung: 28.906 Frauen, 3.571 Männer;von Freiheitsberaubung: 1.514 Frauen, 183 Männer;von gefährlicher Körperverletzung: knapp 12.000 Frauen, 5.169 Männer;von Mord und Totschlag: 301 Frauen, 93 Männer.

Bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung in Partnerschaften sind die Opfer zu über 98% weiblich, bei Stalking und Bedrohung in der Partnerschaft sind es 89%. Der Anteil männlicher Opfer ist bei vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung mit 20,5% sowie bei Mord und Totschlag mit 23,6% vergleichsweise am Höchsten.

Von den insgesamt 118.176 erfassten Tatverdächtigen waren 78.088 (66,1%) deutsche Staatsangehörige. Nach Deutschen wurden als Tatverdächtige am häufigsten türkische Staatsangehörige (6.706 Personen; 5,7% aller Tatverdächtigen) erfasst, gefolgt von polnischen (3.146; 2,7%), syrischen (3.090; 2,6%) und rumänischen (2.042; 1,7%) Staatsangehörigen.

Von den insgesamt 141.792 erfassten Opfern waren 99.904 (70,5%) deutsche Staatsangehörige. Nach Deutschen wurden als Opfer am häufigsten türkische Staatsangehörige (5.563 Personen; 3,9%) erfasst, gefolgt von polnischen (4.428; 3,1%) Staatsangehörigen.

Die Zahlen entsprechen ungefähr denen von 2018.

Bundesfrauenministerin Giffey: „Opfer, die Gewalt zuhause erleben, trauen sich oft nicht, darüber zu sprechen – aus Scham oder Angst. Wir wissen, zwei Drittel der weiblichen Opfer gehen auch nach schwerster Gewalterfahrung nicht zur Polizei und suchen auch keine anderweitige Hilfe. Das Thema ist viel zu oft noch ein Tabu, mit dem endlich Schluss sein muss.

Wichtig ist deshalb, dass Opfer von Gewalt Hilfe und Unterstützung bekommen. Mit dem bundesweiten Hilfetelefon, der Initiative ‚Stärker als Gewalt‘, mit dem von mir 2018 ins Leben gerufenen Runden Tisch gegen Gewalt an Frauen und nicht zuletzt mit unserem Investitionsprogramm zum Ausbau der Frauenhäuser und Beratungsstellen haben wir als Bund vier starke Säulen geschaffen. Denn Gewalt an Frauen ist nicht hinnehmbar.“

Maßnahmen, Projekte und Initiativen im Kampf gegen Gewalt an Frauen (und Männern):

Der Schutz von Frauen vor Gewalt mit hohen Schutzstandards – gerade auch vor dem Hintergrund der Corona-Krise – ist nicht nur hierzulande, sondern in ganz Europa wichtig. Deutschland will den Zugang zu Schutz und Beratung für alle verbessern. Im Rahmen unserer deutschen EU-Ratspräsidentschaft ermöglichen wir deshalb einen Austausch guter Praxisbeispiele im Gewaltschutz unter den Mitgliedstaaten.

Seit 2018 arbeitet der von Ministerin Giffey eingerichtete Runde Tisch von Bund, Ländern und Gemeinden, mit dem das Hilfenetz deutlich verstärkt und verbessert werden soll. Mit dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ stellt das Bundesfrauenministerium seit Jahresbeginn und für die nächsten Jahre insgesamt 120 Millionen Euro zusätzlich für den Ausbau von Beratungsstellen und Frauenhäuser bereit.

Im Rahmen der Initiative „Stärker als Gewalt“ hat das Bundesfrauenministerium den November im Rahmen der Initiative zum Aktionsmonat gegen häusliche Gewalt ausgerufen. Mit zahlreichen Materialien und Aktionen, online und offline, wird auf das Thema hingewiesen und zum aktiven Einschreiten ermutigt. Darüber hinaus wird eine Nachbarschaftsaktion gestartet, bei der die Botschaft in die Kommunen und die unmittelbare Nachbarschaft der Menschen getragen wird.

Mit dem bundesweiten Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter 08000 116 016 wird betroffenen Frauen seit 2013 bundesweit und rund um die Uhr kostenlos eine anonyme und niedrigschwellige Erstberatung in 18 Sprachen ermöglicht.

Die gesamte Auswertung des BKA zu Partnerschaftsgewalt finden Sie hier:

www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/Partnerschaftsgewalt/partnerschaftsgewalt_node.html

Weitere Informationen erhalten Sie unter:

www.hilfetelefon.de

https://staerker-als-gewalt.de/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 10.11.2020

Noch immer sind Frauen in Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert. Nur in Unternehmen, die der festen Quote unterliegen, sind echte Verbesserungen in Richtung Geschlechtergerechtigkeit zu erkennen. Das bestätigt auch ein Evaluationsgutachten zur Wirksamkeit des Führungspositionen-Gesetzes, mit dem sich das Bundeskabinett heute befasst hat. Vorschläge für mehr Frauen in Führungspositionen liegen längst vor und müssen nur noch umgesetzt werden.

„Das Bundeskabinett hat heute die von unseren Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht vorgelegte Stellungnahme der Bundesregierung zum Evaluationsgutachten über die Wirksamkeit des Führungspositionen-Gesetzes beschlossen. Das Evaluationsgutachten bestätigt das Offensichtliche und macht erneut die Dringlichkeit verbindlicher Vorgaben deutlich. Nur in Unternehmen, für die eine feste Quote gilt, ist ein Kulturwandel hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit zu erkennen. Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass feste Quoten nicht nur für Aussichträte, sondern auch für Vorstände notwendig sind.

Seit Monaten liegen entsprechende Vorschläge der Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht für mehr Frauen in Führungspositionen auf dem Tisch. So soll die Quote auf alle Unternehmen, die mehr als 2.000 Beschäftige haben, ausgeweitet werden. Außerdem soll eine Mindestbeteiligungsquote für große Vorstände von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen eingeführt werden. Die SPD-Bundestagsfraktion steht geschlossen hinter diesen Vorschlägen.

Wir begrüßen, dass nun auch unter anderem CSU-Chef Markus Söder Handlungsbedarf erkannt und sich für eine Quotenerweiterung ausspricht. Wir fordern den Koalitionspartner auf, Worten Taten folgen zu lassen und endlich den Weg für mehr Geschlechtergerechtigkeit freizumachen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 18.11.2020

Das Bundeskabinett hat heute eine Stellungnahme zum 16. Kinder und Jugendbericht beschlossen. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die damit verbundene Aufmerksamkeit für das Thema „Politische Bildung im Kindes- und Jugendalter“.

„Politische Bildung gibt es in der Familie, Kindertagesbetreuung, Schule, beruflicher Bildung, Hochschulen, Jugendbildungsstätten und Jugendverbänden, parteinaher Jugendbildung, Protesten und sozialen Bewegungen, Freiwilligendiensten, Bundeswehr, in Medien und digitalen Welten. Die SPD-Fraktion im Bundestag lädt alle Verantwortlichen dazu ein, dabei mitzuwirken, junge Menschen für die Demokratie und für den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu gewinnen, zu begeistern und zu befähigen. Demokratie lernen junge Menschen dabei nicht nur durch Vorträge, sondern durchs Mitmachen. Wir haben die Aufgabe, ihnen Wege dafür zu ebnen.

Die Demokratie in Deutschland wird durch tiefgreifende gesellschaftliche Entwicklungen herausgefordert. Zentral ist daher, dass Kinder und Jugendliche früh einen kritischen und kompetenten Umgang mit digitalen Medien erlernen. Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich deshalb für jugendgerechte Informations- und Bildungsangebote sowie eine Förderung der Medienkompetenz ein.

Wir setzen auf demokratieförderndes und präventives Handeln – und zwar als Daueraufgabe. So wollen wir beispielsweise die vielen guten Ansätze des Programms ‚Demokratie leben’in einem Demokratiefördergesetz verstetigen. Jede föderale Ebene und deren Institutionen ist dabei in der Pflicht, gemeinsam mit der Zivilgesellschaft das demokratische Leben zu gestalten.

Wirksame politische Bildung setzt voraus, dass Kinder und Jugendliche aktiv beteiligt werden. Sie sollen vor Ort mitgestalten und reale Konflikte und Probleme mitentscheiden können. So bekommen wir Rückenwind für mehr und bessere politische Bildung von Anfang an.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 11.11.2020

Wünsche der Eltern werden berücksichtigt

Am morgigen Freitag debattiert der Deutsche Bundestag in 1. Lesung die Reform das Elterngeldes. Dazu erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön:

„Das Elterngeld erfreut sich auch 13 Jahre nach seiner Einführung sehr großer Beliebtheit. Das liegt auch daran, dass wir es immer wieder den Wünschen der Eltern anpassen. Das tun wir erneut mit diesem Gesetzentwurf. Eltern erhalten neue Möglichkeiten, den Elterngeldbezug an ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen.

Es gehört zum Markenkern der Union, Eltern größtmögliche Flexibilität und Wahlfreiheit bei der Betreuung ihrer Kinder zu ermöglichen. Daher können sie zwischen Basiselterngeld, Elterngeld Plus und Partnerschaftsbonus wählen. Heute wählen Eltern mehrheitlich einen Lebensentwurf, bei dem sich Mutter und Vater die Familien- und die Erwerbspflichten partnerschaftlich teilen. Mit der Reform eröffnen wir ihnen neue Freiräume für die Gestaltung ihrer Arbeitszeit: Während der Partnerschaftsmonate wird der Zeitkorridor der erlaubten Arbeitsstunden auf 24 bis 32 Wochenstunden erweitert. Dadurch sind volle drei Arbeitstage oder volle vier Arbeitstage möglich. Und die feste Bezugsdauer von vier Monaten für die Partnerschaftsbonus-Monate wird aufgehoben. Zukünftig können Eltern wählen, ob sie zwei, drei oder vier Partnerschaftsbonusmonate in Anspruch nehmen wollen. Für Eltern von Frühchen wollen wir die Bezugsdauer des Elterngelds verlängern, um sie in dieser schwierigen Zeit besonders zu unterstützen.

Und noch eine Erleichterung für Eltern haben wir auf den Weg gebracht: die Digitalisierung von Familienleistungen. Namensbestimmung, Antrag auf Elterngeld und Kindergeld können bald in einem digitalen Kombi-Antrag beantragt werden. Das Pilotprojekt startet noch in diesem Jahr.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 26.11.2020

Der Deutsche Bundestag wird an diesem Donnerstag das Gesetz zur Errichtung des Sondervermögens „Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter“ (Ganztagsfinanzierungsgesetz) beschließen. Dazu können Sie die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, gerne wie folgt zitieren:

„Eltern wünschen, dass ihre Kinder auch in der Grundschule am Nachmittag betreut werden – gut, verlässlich und angepasst an die Bedürfnisse der Familien. Bund, Länder und Kommunen wollen dafür gemeinsam sorgen. Denn verlässliche Betreuung auch in der Grundschule ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Der Bund leistet erstmalig einen Beitrag für die Finanzierung von Ganztagsbetreuungsplätzen in der Grundschule. Er beteiligt sich mit einem bemerkenswerten Beitrag in Höhe von 3,5 Milliarden Euro. Jetzt sind die Länder am Zug, zügig mit dem Bund die Modalitäten auszuhandeln, damit der Rechtsanspruch schnell realisiert werden kann. Als CSU/CSU-Bundestagsfraktion ist uns wichtig, dass wir dabei die Vielfalt der Betreuungsmöglichkeiten erhalten. Unterstützt werden daher gebundene Ganztagsschulen ebenso wie freiwillige Angebote."

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 19.11.2020

Anlässlich der an diesem Mittwoch erschienen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zu Arbeitszeiten und Arbeitszeitwünschen erklärt Charlotte Schneidewind-Hartnagel, Sprecherin für Zeitpolitik:

Rund 3,5 Millionen Menschen in Deutschland arbeiten in einem Zeitumfang, der ihren Bedürfnissen nicht gerecht wird. Manche wollen gern mehr, andere weniger arbeiten, aber es mangelt ihnen an der Möglichkeit, Wunsch und Wirklichkeit in Einklang zu bringen. In der Corona-Pandemie ist besonders deutlich geworden, wie schwierig es sein kann, Erwerbsarbeit mit Kinderbetreuung, Homeschooling oder der Pflege von Angehörigen zu vereinbaren. Es braucht endlich eine moderne Zeitpolitik, damit Beschäftigte ihr Leben selbstbestimmt gestalten können.

Wenn die Arbeitszeit zur Lebensphase passt, erhöht das nicht nur die Arbeitszufriedenheit, sondern auch die Lebensqualität. Wir wollen dafür sorgen, dass Beschäftigte ihren Arbeitsumfang bedarfsgerecht nach oben oder unten anpassen können – zum Beispiel, indem sie in einem Bereich von 30 bis 40 Wochenstunden selbst entscheiden können, wie ihre persönliche Vollzeit aussieht. Und wir setzen uns für ein wirksames Rückkehrrecht von Teilzeitbeschäftigten auf ihren vorherigen Stundenumfang ein, denn vor allem Frauen stecken noch viel zu oft in der Teilzeitfalle fest.

Eltern und pflegende Angehörige sind besonders auf eine wirksame Zeitpolitik angewiesen, um berufliche und familiäre Bedarfe in Einklang zu bringen. Mit der KinderZeit Plus und der PflegeZeit Plus unterstützen wir Arbeitszeitreduzierung finanziell, schaffen mehr Zeit für Familien und sorgen für bessere Rahmenbedingungen, um es Männern und Frauen zu ermöglichen, Erwerbs- und Sorgearbeit miteinander zu vereinbaren.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 25.11.2020

Zur angekündigten Frauenquote in Vorständen erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Es wird höchste Zeit, dass eine verbindliche Frauenquote in Vorständen eingeführt wird. Leider kann das, was SPD und Union jetzt vollmundig als Quote für Vorstände ankündigen, höchstens als Mindestbeteiligung bezeichnen. Mehr ist es nicht. Die Koalition will ab einer Vorstandsgröße von vier Mitgliedern „eine Frau“ festschreiben. Dabei ist egal, wie groß dieser Vorstand ist. Anders als bei einer richtigen Quote erhöht sich die Zahl der Frauen in größeren Vorständen nicht automatisch. Das ist zu wenig. Die Regel soll zudem nur für rund 70 Unternehmen gelten.

Wir hätten uns von der Koalition gewünscht, mutiger voran zu gehen. Denn die Tatsache, dass bei uns in der Krise der Frauenanteil in Vorständen gesunken ist, während er in anderen Ländern steigt, macht den Handlungsbedarf sehr deutlich. Der Vorschlag der Koalition ist ein kleiner Schritt. Ein Meilenstein wäre aber nötig.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 21.11.2020

„Der Bericht zeigt erneut, dass ein vernachlässigter und unterfinanzierter Bildungsbereich Armut verstetigt und neue schafft und damit soziale Ungleichheiten weiter verschärft. Weiterhin bestätigt der Bericht, dass Bildungserfolg in Deutschland immer noch stärker von der sozialen Herkunft abhängig ist als in anderen Staaten und Deutschland sich selbst auch digital weiter abhängt. Auch die Inklusionsbemühungen bleiben hinter den Erwartungen zurück“, sagt Birke Bull-Bischoff, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den achten nationalen Bildungsbericht „Bildung in Deutschland 2020“. Bull-Bischoff weiter:

„Bildungsungleichheit durch Herkunft und Armut darf nicht jedes Jahr im Bildungsbericht als gegeben und alternativlos hingenommen werden. Zur Förderung eines gerechten und solidarischen Bildungssystems fordern wir daher ganztätige Gemeinschaftsschulen und die Aufnahme der Schulsozialarbeit als Regelleistung im SGB VIII. Digitale Geräte und Bildungstarife gehören außerdem ins Bildungs- und Teilhabepaket und müssen nach einem Sozialindex verteilt werden, nicht nach Steueraufkommen und Bevölkerungszahl von Bundesländern. Die aktuelle Pandemie zeigt, wie viel Geld da ist, um Unternehmen zu retten – die Bundesregierung muss endlich anfangen, auch das Bildungssystem zu retten.

Der konsequente Verzicht auf angemessene Finanzierung zeigt sich vor allem im Fachkräftebedarf: So werden ganztägige Angebote an Grundschulen zu fast einem Drittel von Ehrenamtlichen getragen. In einigen Ländern machen Seiteneinsteiger inzwischen mehr als ein Viertel aller Neueinstellungen aus, vor allem an nichtgymnasialen Schularten. Dort findet auch häufiger fachfremd erteilter Unterricht statt. Das mehrgliedrige Schulsystem zeigt damit ein konkretes Risiko für Bildungsbenachteiligung.

Auch ist trotz ‚DigitalPakt Schule‘ kein Fortschritt bei der Digitalisierung in der Bildung erkennbar: 2018 haben mehr als drei Viertel aller Achtklässler weniger als einmal pro Woche digitale Medien für schulbezogene Zwecke einsetzen dürfen. Dabei geht es nicht nur um nicht verfügbare Geräte und Plattformen, sondern auch um den Zugang zum Netz, bei dem arme Haushalte benachteiligt sind: 20 Prozent der einkommensschwächsten Haushalte haben laut Bildungsbericht gar kein Internet, in ländlichen Gemeinden verfügen nur knapp 50 Prozent über einen Anschluss mit einer Geschwindigkeit über 100 Mbit/s.

Gestiegen ist hingegen der Anteil an Jugendlichen, die ohne Abschluss die Schule verlassen. Dies ist auch ein Schritt in Richtung Armut, denn der Bildungsbericht zeigt, dass Schulabschlüsse unterhalb des Sekundarbereichs II häufiger zu prekärer Beschäftigung führen als eine abgeschlossene duale Ausbildung. Ein höherer Bildungsabschluss beeinflusst auch das lebensbegleitende Lernen – spätere berufliche Weiterbildung wirkt sich positiv auf Löhne und die Beschäftigungswahrscheinlichkeit aus. Die Grundlagen dafür werden allerdings in der Schule gelegt.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 18.11.2020

Seit dem Jahr 2014 findet jedes Jahr im November der bundesweite Vorlesetag statt. Der Aktionstag will ein öffentliches Zeichen für die Bedeutung des Vorlesens setzen. Es finden anlässlich des Aktionstages jährlich zahlreiche Veranstaltungen in Schulen, Kindergärten, Bibliotheken, Museen und Buchhandlungen und an anderen Orten statt, bei denen für andere vorgelesen wird. In diesem Jahr steht der Vorlesetag unter dem Motto „Europa und die Welt“.

Für die Kinderkommission des Deutschen Bundestags erklärt hierzu deren Vorsitzender, Norbert Müller MdB: „Der Vorlesetag macht uns darauf aufmerksam, wie wichtig das Vorlesen gerade für die Entwicklung von Kindern ist. Vorlesen fördert die sprachliche Begabung und kindliche Kreativität, eröffnet Perspektiven und gibt Ideen.

Auch in einer Zeit, in der die digitale Kommunikation im Alltag für die meisten eine überragende Bedeutung hat, sollten wir das Vorlesen nicht vergessen. Denn ein gänzlich analoger Vorgang wie das Vorlesen einer Geschichte hat gerade für Kinder nach wie vor seine ganz eigene Qualität und gehört genauso zu einem guten Aufwachsen wie eine gesunde Ernährung.

Für Kinder sollte jeder Tag ein Vorlesetag sein.“

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates am 19.11.2020

Die FDP-Fraktion verlangt Auskunft über die sogenannten Sprach-Kitas. In einer Kleinen Anfrage (19/24278) will sie unter anderem wissen, wie viele dieser Sprach-Kitas bundesweit existieren und wo sich diese befinden. Zudem möchte sie erfahren, wie viele der Kinder, die seit 2016 durch das "Sprach-Kitas"-Bundesprogramm gefördert wurden, einen Migrationshintergrund haben.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1296 vom 24.11.2020

Die Bundesregierung will die Elternzeit bei Frühgeburten um einen Monat verlängern und die Möglichkeiten für Teilzeit flexibler gestalten. Der entsprechende Gesetzentwurf zur Novellierung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (19/24438) sieht vor, dass der Bezug des Elterngeldes um einen weiteren Monat verlängert wird, wenn das Kind sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin oder früher zur Welt kommt. Dieser zusätzliche Basiselterngeld-Monat soll auch in zwei Elterngeld-Plus-Monate umgewandelt werden können. Zudem soll die erlaubte wöchentliche Arbeitszeit für Eltern, die während des Elterngeldbezuges in Teilzeit arbeiten, von 30 auf 32 Stunden angehoben werden. Der Partnerschaftsbonus, der die parallele Teilzeit beider Eltern ermöglicht, soll künftig mit 24 bis 32 Wochenstunden statt mit bisher 25 bis 30 Wochenstunden, bezogen werden können.

Finanziert werden sollen die Änderungen durch eine Absenkung der Einkommensgrenze für den Bezug des Elterngeldes. So sollen Eltern, die gemeinsam über ein Jahreseinkommen von mehr als 300.000 Euro verfügen, kein Elterngeld mehr beziehen können. Bislang lag die Einkommensgrenze bei 500.000 Euro Jahreseinkommen. Nach Angaben der Regierung betrifft die Regelung etwa 7.000 der derzeitigen Bezieher des Elterngeldes. Dies entspricht einem Anteil von rund 0,4. Die Einkommensgrenze für Alleinerziehende soll unverändert bei 250.000 Euro liegen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1296 vom 24.11.2020

Auskunft über den Stand der geplanten Reform des Kindesunterhaltsrechts gibt die Bundesregierung in der Antwort (19/24274) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/23854). Dabei ging es unter anderem um die Tätigkeit der Arbeitsgruppe "Kindesunterhalt nach Trennung und Scheidung". Der Bundesregierung zufolge hat die interne Arbeitsgruppe von Anfang 2016 bis Anfang 2017 im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) getagt. Die Arbeitsgruppe habe aus Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Institutionen bestanden. Die Aufgabe der Arbeitsgruppe habe unter anderem darin bestanden, unterhaltsrechtliche Aspekte des verstärkten Auftretens des erweiterten Umgangs mit gemeinsamen Kindern nach Trennung oder Scheidung sowie des Wechselmodells zu untersuchen. Die Sitzungen hätten sich auch allgemein der Frage gewidmet, inwieweit das Unterhaltsrecht an die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse angepasst werden kann. Auch im Rahmen der Erörterungen dieser Arbeitsgruppe sei deutlich geworden, dass Reformbedarf im Bereich des Kindesunterhaltsrechts besteht.

Die Beratungen innerhalb der Bundesregierung hierzu dauern der Bundesregierung zufolge an. Informationen zu den konkreten Inhalten der internen Gespräche, zu denen auch die Beratungen in der Arbeitsgruppe zählen, könnten daher nicht veröffentlicht werden. Auch sei kein Abschlussbericht verfasst worden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1286 vom 23.11.2020

Der Bund soll den Ländern insgesamt 3,5 Milliarden Euro zum Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen zur Verfügung stellen. Der Familienausschuss stimmte am Mittwoch ohne Gegenstimmen für den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Errichtung eines Sondervermögens "Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter"(19/17294) in der durch den Ausschuss geänderten Fassung. Für die Gesetzesinitiative votierten die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und der SPD sowie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die AfD-, die FDP- und die Linksfraktion enthielten sich der Stimme. Durch einen vom Familienausschuss angenommenen Änderungsantrag wurden die ursprünglich eingeplanten Mittel von zwei Milliarden Euro auf 3,5 Milliarden Euro erhöht. Die Einrichtung des Sondervermögens soll der Umsetzung des im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbarten Rechtsanspruches auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter dienen.

Der geänderte Gesetzesentwurf sieht konkret vor, dass den Ländern in den Jahren 2020 und 2021 über das Sondervermögen Basismittel von jeweils einer Milliarde Euro zur Verfügung gestellt werden. Weitere Bonusmittel in Höhe von 750 Millionen Euro sind für den beschleunigten Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote vorgesehen und zusätzliche 750 Millionen Euro fließen aus dem Konjunkturpaket zur Bewältigung zur Corona-Krise.

Union und Sozialdemokraten betonten im Ausschuss, dass die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung einen gesamtgesellschaftlichen Kraftakt darstelle, an dem sich Bund, Länder und Kommunen beteiligen müssten. Bislang seien mit 15 Ländern entsprechende Vereinbarungen getroffen worden. Lediglich Baden-Württemberg sperre sich bislang.

Die Oppositionsfraktionen begrüßten den geplanten Rechtsanspruch und die Erhöhung der Bundesmittel für das Sondervermögen ausdrücklich. Allerdings liege der Gesetzentwurf zum Rechtsanspruch bislang noch gar nicht vor und es sei fraglich, ob er noch in der laufenden Legislaturperiode vorgelegt werde, monierten FDP, Linke und Grüne. Solange der Rechtsanspruch nicht formuliert sei, könnten die exakten Kosten für den Ausbau der Ganztagsbetreuung nicht beziffert werden. Viele Kommunen hätten deshalb die Befürchtung, auf den Kosten sitzen zu bleiben.

Die AfD monierte zudem, dass der Bund einseitig Geld für die staatliche Betreuung von Kindern ausgebe. Er habe aber ebenso die Pflicht, jene Eltern zu unterstützen, die ihre Kinder lieber selbst betreuen wollten. Mütter und Väter seien die wahren Betreuungsexperten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1259 vom 18.11.2020

Das Auswärtige Amt, das Bundesfamilienministerium und das Verteidigungsministerium sind die einzigen drei Bundesministerien, die eigene Kindertagesstätten unterhalten. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/24135) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/23361) mit. So unterhalte das Auswärtige Amt eine Kita in Berlin mit 70 Plätzen, das Familienministerium eine Kita in Bonn mit 85 Plätzen und das Verteidigungsministerium eine Kita ebenfalls in Bonn mit 92 Plätzen. Im Bundeskanzleramt und im Wirtschaftsministerium bestünden derzeit konkrete Planungen für eigene Kitas, das Gesundheitsministerium plane die Eröffnung einer eigenen Kita im Jahr 2023 und das Umweltministerium die Einrichtung einer Kindertagespflegestätte. Darüber hinaus böten zwölf Bundesministerin Kita-Plätze in Kooperationskindertagesstätten an. Die bundeseigenen Kitas unterlägen den jeweils in den Bundesländern geltenden Vorgaben zur Qualität und zur Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte.

Nach Angaben der Regierung bietet die Bundeswehr an ihren Standorten ergänzend zum kommunalen Angebot an Kita-Plätzen zusätzliche Plätze über den Erwerb von Belegrechten in privaten Kitas und durch den Bau von eigenen Kinderbetreuungseinrichtungen. Derzeit stünden ergänzend zum kommunalen Angebot derzeit rund 1.000 Plätze für die Kinder von Bundeswehrangehörigen zur Verfügung. In Bundesober-, Bundesmittel- und Bundesunterbehörden sowie Bundesanstalten existieren nach Regierungangaben derzeit keine eigenen Kindertagesstätten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1255 vom 18.11.2020

Der Bundesregierung liegen keine amtlichen Zahlen zur Obdachlosigkeit in Deutschland vor. Demzufolge kann sie auch viele der von der FDP-Fraktion gestellten Fragen etwa zur Dauer von Obdachlosigkeit, deren Ursachen oder der Art der Erkrankungen von obdachlosen Menschen nicht beantworten. Das wird aus einer Antwort (19/24216) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/23655) der Liberalen deutlich.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1251 vom 17.11.2020

Die Fraktion Die Linke fordert mehr Schutz und Unterstützung für homosexuelle, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen während der Corona-Pandemie. Deren Anliegen und Bedürfnisse rückten angesichts sich überlagernder Krisenprioritäten als vermeintliches Minderheitenthema in den Hintergrund, schreibt die Fraktion in einem entsprechenden Antrag (19/24002). Nach dem Willen der Linken soll die Bundesregierung deshalb unter anderem einen Runden Tisch mit queeren Verbänden und Organisationen und Vertretern aus Politik, Gesundheit, Verwaltung und der Veranstaltungs-Wirtschaft einzuberufen, der bereichsübergreifend über die spezifischen Problemlagen queerer Menschen und Infrastrukturen in der Corona-Pandemie berät. Zudem spricht sich die Fraktion für passgenaue Zuschüsse und Nothilfefonds für Clubs, Bars und Festivals und die Gewährung eines Unternehmerlohns von monatlich 1.200 Euro im Rahmen der Überbrückungshilfen aus.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1241 vom 16.11.2020

Rörig: „Wir brauchen für Kinder und Jugendliche eine vernünftige und zeitgemäße Unterstützung beim Umgang mit digitalen Medien, eine Aufklärung, die jenseits von Katastrophenszenarios Gefahren dennoch deutlich macht."

Bereits zum sechsten Mal findet am 18. November 2020 auf Initiative des Europarats der „Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexueller Gewalt " statt. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt auf den Risiken, denen Kinder und Jugendliche ausgesetzt sind, wenn sie selbst Bilder oder Videos herstellen und über soziale Medien im Internet verbreiten – „Preventing risky behaviour by children: child self-generated sexual images and/or videos".

Digitale Medien bieten Kindern und Jugendlichen viele Möglichkeiten, mit anderen zu kommunizieren, zu spielen oder aber sich schnell Wissen anzueignen. Für Jugendliche sind sie oft auch wichtiger Bestandteil einer sexuellen Sozialisation und der Entwicklung einer eigenen sexuellen Identität. Insbesondere soziale Netzwerke und Chats bergen aber auch Risiken für sexuelle Gewalt.

Dabei geht es neben Cybergrooming, dem Anbahnen von Kontakten von Erwachsenen zu Minderjährigen mit sexueller Absicht, vor allem um das sogenannte missbräuchliche Sexting, also das unerlaubte Weiterleiten von freizügigen Bildern. Vielen Kindern und Jugendlichen ist dabei nicht bewusst, dass Bilder, die digital verbreitet werden, nur schwer wieder zu löschen sind. Darüber hinaus kann das Verschicken und Erhalten von sexuellen Bildern oder Videos strafrechtlich relevant werden. Wer derartiges Material von Minderjährigen besitzt, zeigt, zugänglich macht oder öffentlich anbietet, macht sich möglicherweise strafbar.   

Kinder und Jugendliche müssen diese Risiken kennen.Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Johannes-Wilhelm Rörig, bekräftigt die Bedeutung einer präventiven Erziehung: „Wir brauchen für Kinder und Jugendliche eine vernünftige und zeitgemäße Unterstützungbeim Umgang mit digitalen Medien, eine Aufklärung, die jenseits von Katastrophenszenarios aber Gefahren dennoch deutlich macht."   

Aktuelle Studien belegen, dass Kinder und Jugendliche in großer Zahl unverlangt sexuelle Fotos oder Videos zugeschickt bekommen – und diese Form der sexuellen Gewalt mittlerweile als Normalität empfinden. Die britische Kinderschutzorganisation NSPCC berichtet, dass eins von 20 Schulkindern beim Livestreamen aufgefordert wird, sich zu entkleiden.     

Der Unabhängige Beauftragte stellt erneut klar, dass er nicht nur Eltern sowie Kinder und Jugendliche selbst, sondern insbesondere die Betreiber in der Verantwortung dafür sieht, dass ihre Dienste, in denen sich Kinder und Jugendliche bewegen, sichersind: „Nochimmer lassen es IT-Unternehmen zu, dass ihre Angebote wie WhatsApp, TikTok oder Fortnite von Millionen Kindern genutzt werden, ohne genügend Schutzmaßnahmen zu treffen – zum Beispiel indem die App-Voreinstellungen die höchstmögliche Sicherheit bieten, niedrigschwellige und altersangemessene Beschwerdemöglichkeiten eingerichtet werden oder Chat-Moderator*innen Online-Übergriffe vermeiden beziehungsweise melden. Ich erwarte, dass die IT-Unternehmen ihrer Verantwortung nachkommen und nicht nur auf die Konsumenten verweisen. Dass sexuelle Gewalt in digitalen Medien ein enormes Ausmaß und eine unerträgliche Normalität angenommen hat und dass bei Kindern und Jugendlichen bereits ein Gewöhnungsprozess einsetzt, können und dürfen Gesellschaft, Politik und Wirtschaft nicht hinnehmen. Der von Bundesjugendministerin Franziska Giffey vorgelegte und vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf eines neuen Jugendschutzgesetzes geht hier wichtige Schritte."

Auch der Betroffenenrat beim UBSKM betont die Notwendigkeit, Kindern Risiken und Gefahren von digitalen Welten zu vermitteln: „Auch Kinder und Jugendliche nutzen intensiv die vielfältigen Möglichkeiten der sozialen Netzwerke. Es ist unsere Verantwortung, ihnen von Anfang an Kompetenz im Umgang mit dem Netz zu vermitteln. Der Betroffenenrat fordert daher Schulungs- und Präventionsprojekte in allen Altersstufen vor allem an Schulen und in Freizeiteinrichtungen. Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt auch im Netz zu schützen, ist eine dauerhafte gesamtgesellschaftliche Verantwortung."   

Der Wunsch Jugendlicher, sich sexuell auszuprobieren, dabei bisherige Grenzen zu überschreiten und zu erleben, wie es ist, wenn andere ihnen begegnen, sollte bei der Vermittlung von Medienkompetenz durch Eltern und Fachkräfte mitgedacht werden. Wichtig ist aber auch, passgenaue Konzepte der Intervention, Beratung und Hilfe für Kinder und Jugendliche zu entwickeln beziehungsweise bestehende Angebote zu erweitern, um Kindermit dem, was sie in digitalen Räumen erleben, nicht alleine zu lassen.

Quelle: Pressemitteilung Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 18.11.2020

DIW-Studie zu Auswirkungen rentenpolitischer Entscheidungen auf Pflege – Es sind vor allem Frauen im Übergang in den Ruhestand, die Angehörige pflegen – Erhöhung des Renteneintrittsalters und Abschaffung der sogenannten Altersrente für Frauen lässt Pflegetätigkeit insgesamt zurückgehen – Höheres Pflegegeld und Lohnersatzleistungen sowie bessere Bedingungen für flexible Arbeitszeitgestaltung könnten Zielkonflikt zwischen Renten- und Pflegepolitik lösen.

In Deutschland werden Pflegebedürftige zumeist von Angehörigen oder anderen nahestehenden Menschen zuhause gepflegt, die Hauptlast der Pflege tragen die Frauen. Mit steigendem Renteneintrittsalter drohen Engpässe bei der privaten Pflege, da vor allem Menschen im Übergang in den Ruhestand Angehörige pflegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die die Folgen rentenpolitischer Maßnahmen auf das Pflegeangebot beleuchtet.

Die DIW-Ökonomen Björn Fischer und Kai-Uwe Müller aus der Abteilung Staat haben mithilfe von aktuellen Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) untersucht, ob und in welchem Umfang die Frühverrentung einen Einfluss auf die Bereitstellung der sogenannten informellen Pflege hat. Dazu nahmen sie die Altersgrenzen im Rentensystem und die Erhöhung des Renteneintrittsalters durch die Abschaffung der „Altersrente für Frauen“ im Jahr 1999 in den Blick. Diese Reform ließ das effektive Renteneintrittsalter für Frauen ab dem Geburtsjahrgang 1952 von 60 auf 63 Jahre steigen.

Lücke zwischen Angebot und Nachfrage informeller Pflege droht auseinanderzuklaffen

Derzeit pflegen in Deutschland rund 4,3 Millionen Menschen kranke und ältere Angehörige und Bekannte. „Informelle Pflege ist und bleibt eine entscheidende Säule im Pflegemix in Deutschland“, erklärt Studienautor Fischer. „Rund 80 Prozent der Pflegebedürftigen werden unter starker Mithilfe von Angehörigen versorgt.“ Auch das Gesetz räumt der informellen Pflege Vorrang gegenüber einer Versorgung durch professionelle Pflegekräfte oder einer stationären Unterbringung ein.

Die Pflegenden sind zu zwei Drittel Frauen und vorrangig unter den 50- bis 70-Jährigen zu finden. Da Pflege in der Regel zeitaufwändig und nicht mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar ist, reduzieren insbesondere Frauen oft ihre Arbeitszeit oder nutzen Frühverrentungsmöglichkeiten. Damit nehmen sie Einschnitte bei Einkommen und späteren Rentenbezügen in Kauf. Männer engagieren sich der DIW-Studie zufolge deutlich weniger in der Pflege – mit Ausnahme der über 70-jährigen.

Projektionen der Branche deuten darauf hin, dass die Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2030 auf 3,5 Millionen von 2,6 Millionen im Jahr 2013 ansteigt. Damit dürfte auch die Nachfrage nach informeller Pflege deutlich wachsen. Die DIW-Untersuchung zeigt aber, dass die mit der Rentenreform einhergehende Anhebung des Rentenalters bei Frauen die Pflegetätigkeit reduziert. So ist in der Gruppe der 60- bis 62-jährigen Frauen ein Rückgang um 30 Prozent zu beobachten. Damit dürfte die Schere zwischen Pflegeangebot und -nachfrage weiter auseinandergehen.

Vereinbarkeit von Beruf und Pflege muss verbessert werden

Ursache des Problems ist den DIW-Forschern zufolge die unzureichende Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Damit bei weiter steigendem Renteneintrittsalter und wachsender Nachfrage nach informeller Pflege die Lücke in Zukunft nicht noch größer wird, müssen bestehende Instrumente zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege deutlich verbessert werden. Ein Verzicht auf eine Erhöhung des Renteneintrittsalters wäre hingegen nicht der richtige Weg.

„Mittel- und längerfristige Pflege- und Familienzeiten mit Lohnersatzleistungen würden einen wichtigen Beitrag leisten“, empfiehlt Studienautor Müller. „Zudem könnte das Pflegegeld ausgeweitet werden, was pflegende Angehörige zusätzlich entschädigen würde.“ Derzeit liegt es deutlich unter den Sachleistungen, die ambulanten Pflegediensten gezahlt werden. Auch eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung wie etwa erleichtertes Home-Office könnten sich als sinnvoll erweisen. „Eine bessere Vereinbarkeit könnte auch mehr Männer zur Pflege Angehöriger animieren“, fügt Ökonom Müller hinzu. „Das wäre nicht nur für die geschlechtergerechte Verteilung von Sorgearbeit nötig, sondern auch, um die Nachfrage überhaupt decken zu können.“

· Studie im DIW Wochenbericht 46/2020

· Infografik 1 in hoher Auflösung (JPG, 1.6 MB)

· Interview mit Björn FischerAudio (MP3, 4.62 MB)

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 11.11.2020

  • Bundesweite Studie JuCo geht in die zweite Runde!
  • Erfahrungen und Perspektiven von jungen Menschen mit den Corona-Maßnahmen
  • Aufruf zur Beteiligung und zur Verbreitung unter jungen Menschen ab 15 Jahre
  • Alle werden gefragt: Fragebogen jetzt auch in einfacher Sprache

Über 8.000 Menschen hatten sich während des Corona-bedingten Lockdowns im Frühjahr 2020 an der bundesweiten Studie JuCo der Universitäten Frankfurt und Hildesheim beteiligt, um von ihren Erfahrungen und Perspektiven während der Corona-Krise zu berichten. Nun startet der Forschungsverbund eine zweite Erhebung. Im Fokus stehen die Veränderungen des Lebens junger Menschen durch sich ebenfalls verändernde Corona-Maßnahmen.

Die Online-Befragung richtet sich an junge Menschen ab 15 Jahren. Es geht darum, mehr über den Lebensalltag, die Herausforderungen und Perspektiven der jungen Menschen zu erfahren. „Jugendliche wollen gehört werden und sind mehr als Homeschooler:innen. Das hatte die erste Befragung deutlich gezeigt.“, so Anna Lips aus dem Forschungsteam. Johanna Wilmes aus dem Forschungsverbund ergänzt: „Die erste Befragung hat gezeigt, dass die Beteiligungsformate von jungen Menschen nicht krisenfest zu sein scheinen. Von einer großen Teilnahme an der Studie erhoffen wir uns deshalb Erkenntnisse darüber, wie sich junge Menschen ihre Mitsprache in der Corona-Krise vorstellen und was ihre Bedarfe sind.“ Die Studie bietet Jugendlichen eine Möglichkeit, ihre Anliegen zum Ausdruck zu bringen.

Deutschlandweit sind junge Menschen ab 15 Jahren eingeladen, an der Umfrage teilzunehmen. Dazu Tanja Rusack: „Wir wollen möglichst viele junge Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen erreichen. Der Fragebogen ist dieses Mal deshalb auch in einfacher Sprache formuliert“.

Der Fragebogen ist unter https://www.soscisurvey.de/JuCo_II/ erreichbar und die Teilnahme dauert ca. 20 Minuten. Unter den Teilnehmer:innen werden 20 Gutscheine im Wert von je 20 Euro verlost.

Quelle: Pressemitteilung Forschungsverbund „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“ vom 13.11.2020

Knapp 2,1Millionen Erwerbstätige im Alter von 15bis 74 Jahren wünschten sich im Jahr 2019 eine längere Arbeitszeit (Unterbeschäftigte), während fast 1,5 Millionen kürzer arbeiten wollten (Überbeschäftigte). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, hatten unterbeschäftigte Personen im Durchschnitt eine gewöhnlich geleistete Wochenarbeitszeit von 29,3Stunden in der Woche und würden im Durchschnitt gerne 10,3Stunden mehr arbeiten. Überbeschäftigte arbeiteten dagegen durchschnittlich 41,5 Stunden pro Woche und wünschten sich eine Verkürzung um 10,7Stunden.

Anstieg der Wochenarbeitszeit von Teilzeittätigen senkt die Unterbeschäftigung

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die durchschnittliche Wochenarbeitszeit aller Teilzeit­be­schäf­tigten im Jahr 2019 um 0,2 Stunden (beziehungsweise 12 Minuten) erhöht. Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten, die sich mehr Arbeit wünschten, ist um 102000 Personen gesunken. Insgesamt stieg die Zahl der Teilzeitbeschäftigten im Vorjahresvergleich um 300000.

Deutliche geschlechtsspezifische und regionale Unterschiede

Vollzeitbeschäftigte hatten insgesamt eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 41,3Stunden, während Teilzeitbeschäftigte durchschnittlich 20,2Stunden pro Woche arbeiteten. Zwischen den Geschlechtern sowie regional gab es jedoch deutliche Unter­schiede: So war die durchschnittliche gewöhnliche Wochenarbeitszeit bei den vollzeit­be­schäftigten Männern in Westdeutschland mit 42,0Stunden höher als in Ostdeutschland mit 41,4Stunden. Auch bei den vollzeitbeschäftigten Frauen lag die Wochenarbeitszeit mit 40,2Stunden im Westen höher als im Osten mit 40,0Stunden.

Teilzeitbeschäftigte Frauen wiesen dagegen in Westdeutschland mit 20,2 Stunden eine niedrigere gewöhnliche Wochenarbeitszeit auf als die teilzeitbeschäftigten Frauen in Ostdeutschland, deren Wochenarbeitszeit bei 24,6Stunden lag. Westdeutsche Männer in Teilzeitbeschäftigung hatten ebenfalls eine niedrigere Wochenarbeitszeit von 17,2Stunden im Vergleich zu 20,4Stunden bei den ostdeutschen Männern in Teilzeit.

Vollzeittätige mit Wunsch nach einer Verringerung der Arbeitszeit wollten entsprechend ihre Wochenstunden im Westen stärker reduzieren als im Osten (Männer West/Ost:-11,3Stunden/-10,3Stunden; Frauen West/Ost: -11,1Stunden/-9,8Stunden).

Bei den Teilzeittätigen, die sich mehr Arbeitszeit wünschten, sind die Tendenzen in den West-Ost-Unterschieden zusätzlich vom Geschlecht abhängig: Das Ausmaß der gewünschten Erhöhung der Arbeitsstunden war hier im Westen bei den Männern höher als im Osten, bei den Frauen niedriger (Männer West/Ost: jeweils +17,1Stunden/+16,2Stunden; Frauen West/Ost: +11,5Stunden/+12,1Stunden). Im Westen äußerten teilzeitbeschäftigte Frauen insgesamt seltener und in geringerem Ausmaß den Wunsch nach einer Erhöhung der Arbeitszeit, auch wenn ihre gewöhnliche Wochenarbeitszeit niedriger als die der teilzeitbeschäftigten Frauen im Osten war.

Methodische Hinweise:

Diese Ergebnisse gehen aus dem Mikrozensus beziehungsweise der Arbeitskräfteerhebung hervor. Bei der Frage nach den Arbeitszeitwünschen sollten die Befragten berücksichtigen, dass Mehrarbeit mit einem entsprechend höheren Verdienst und Minderarbeit mit einem entsprechend geringeren Verdienst einherginge.

Definitionen von Arbeitszeit, Unterbeschäftigung und Überbeschäftigung:

Gewöhnlich geleistete Wochenarbeitsstunden beziehen sich auf eine typische, eher längere Referenzperiode. Im Mikrozensus beziehungsweise in der Arbeitskräfteerhebung 2018 erfolgt die Erfassung über folgende Frage:

  • „Wie viele Stunden arbeiten Sie normalerweise pro Woche, einschließlich regelmäßiger Mehrstunden und Bereitschaftszeiten?“

Unterbeschäftigte sind Erwerbstätige, die den Wunsch nach zusätzlichen Arbeitsstunden haben und für diese auch zur Verfügung stehen. Dieser Wunsch wird im Mikrozensus beziehungsweise in der Arbeitskräfteerhebung 2018 über die folgenden zwei Fragen ermittelt:

  • „Würden Sie gerne mit entsprechend höherem Verdienst Ihre normale Wochenarbeitszeit erhöhen?“
    Info: Zur wöchentlichen Arbeitszeit zählen sowohl Haupt- als auch Nebentätigkeiten.
  • „Könnten Sie innerhalb der nächsten 2 Wochen beginnen, mehr Stunden als bisher zu arbeiten?“

Überbeschäftigte sind Erwerbstätige, die den Wunsch haben, ihre Arbeitsstunden zu reduzieren, und dafür ein verringertes Einkommen hinnehmen. Im Mikrozensus beziehungsweise in der Arbeitskräfteerhebung 2018 lautet die zugehörige Frage:

  • „Würden Sie gerne mit entsprechend niedrigerem Verdienst Ihre normale Wochenarbeitszeit verringern?“

Die Erfassung von Arbeitszeiten und Arbeitszeitwünschen mithilfe von Personen- oder Haushaltsbefragungen kann – trotz ähnlicher Frageformulierungen – zu ganz unterschiedlichen Resultaten führen. Dies zeigt beispielsweise der Vergleich von Mikrozensus und Sozio-oekonomischem Panel (SOEP). Ergebnisse einer Studie hierzu enthält der Artikel „Arbeitszeiten und Arbeitszeitwünsche: Unterschiede zwischen Mikrozensus und SOEP“, der in „WISTA – Wirtschaft und Statistik“, Heft 4/2017 veröffentlicht ist.

Ausführliche Untersuchungen in ausgewählten vergangenen Berichtsjahren zu Unter- und Überbeschäftigten sind im WISTA Themen-Archiv: Arbeitsmarkt zu finden.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 25.11.2020

Ob Mehrlingskinder einander gleichen wie ein Ei dem anderen oder sich lediglich wie Geschwister ähneln, wird statistisch nicht erfasst. Deren Anzahl jedoch schon: Unter den 781 000 Neugeborenen, die im Jahr 2019 hierzulande auf die Welt kamen, waren rund 29 000 Mehrlingskinder. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, war damit jedes 27. Neugeborene ein Mehrlingskind. Damit lag der Anteil von Mehrlingskindern an allen Neugeborenen bei 3,7%.

Den Großteil (98%) der Mehrlingsgeburten machen Zwillinge aus: 14 088 Zwillingspaare kamen im Jahr 2019 zur Welt, 265-mal gab es Drillinge und 5-mal Vierlinge oder sonstige Mehrlingsgeburten. Während es im Jahr 1977 den geringsten Anteil an Mehrlingskindern gegeben hatte – 1,8% oder jedes 56. Neugeborene – steigt deren Anteil seit den 1980er Jahren an.

Anteil der Mehrlingskinder seit den 1980er Jahren mehr als verdoppelt

Die gestiegene Zahl der Mehrlingsgeburten kann zum einen auf die moderne Reproduktionsmedizin zurückgeführt werden, die vielen Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch zu Nachwuchs verhilft. Im Rahmen einer künstlichen Befruchtung können werdenden Müttern hierbei mehrere Embryonen eingepflanzt werden. Erstmals wurde in Deutschland im Jahr 1982 ein mittels künstlicher Befruchtung gezeugtes Kind geboren. In jenem Jahr lag der Anteil der Mehrlingskinder an allen Neugeborenen noch bei 1,9%.

Zum anderen steigt nach dem Stand der Wissenschaft die Wahrscheinlichkeit einer Mehrlingsgeburt generell mit dem Alter der Frau. Im Jahr 2019 waren 26% der Mütter von Mehrlingen zwischen 35 und 39 Jahre alt. Damit ist ihr Anteil in dieser Altersgruppe höher als im Durchschnitt der Mütter aller Lebendgeborenen (21%).

Während zuletzt 7% der Mehrlingsmütter 40 und älter waren, lag ihr Anteil bei den Müttern aller Lebendgeborenen bei 4,5%.

Methodischer Hinweis:
Informationen und Daten zur künstlichen Befruchtung liegen in der Statistik der Geburten nicht vor. Bei der Anzahl der Neugeborenen sowie der Mehrlinge sind lebend- und totgeborene Kinder berücksichtigt.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 17.11.2020

Im Jahr 2019 haben die Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland 1,017 Millionen erzieherische Hilfen für junge Menschen unter 27 Jahren gewährt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren dies 13500 Fälle mehr (+1,3%) als im Jahr 2018. Damit haben die erzieherischen Hilfen nicht nur das zweite Jahr in Folge die Millionengrenze überschritten, sondern auch einen neuen Höchststand erreicht: Zwischen 2009 und 2019 sind die Fallzahlen der in Anspruch genommenen erzieherischen Hilfen kontinuierlich gestiegen, und zwar um 182000 Fälle (+22%).

Erzieherische Hilfen sind professionelle Beratungs-, Betreuungs- oder Hilfeangebote, auf die Eltern minderjähriger Kinder einen Anspruch nach dem Kinder- und Jugendhilferecht haben. Voraussetzung ist, dass eine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung nicht gewährleistet werden kann, die Hilfe für die kindliche Entwicklung aber geeignet und notwendig ist. Die Inanspruchnahme ist grundsätzlich freiwillig, sie kann aber bei drohenden Kindeswohlgefährdungen auch vom Familiengericht angeordnet werden. Unter bestimmten Voraussetzungen haben auch junge Volljährige bis zum 27.Lebensjahr Anspruch auf vergleichbare Hilfen.

Knapp jede zweite erzieherische Hilfe ist eine Erziehungsberatung

Das Kinder- und Jugendhilferecht (SGB VIII) unterscheidet bei den erzieherischen Hilfen zehn verschiedene Hilfearten: Davon wurden 2019 am häufigsten Erziehungsberatungen in Anspruch genommen (47%). An zweiter und dritter Stelle standen Heimerziehungen (13%) und sozialpädagogische Familienhilfen (13%). Dahinter folgten Vollzeitpflege in Pflegefamilien (9%) und Hilfen durch Erziehungsbeistände oder Betreuungshelfer (7%). Gut ein Drittel (35%) aller erzieherischen Hilfen wurden von den Jugendämtern und knapp zwei Drittel (65%) von Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und anderen Träger der freien Jugendhilfe durchgeführt. In 72% der Fälle richtete sich die Hilfe an Minderjährige, in 16% an gesamte Familien und in weiteren 12% an junge Erwachsene.

Hohe Inanspruchnahme durch Alleinerziehende und bei Transferleistungsbezug

435000 (43%) aller erzieherischen Hilfen wurden 2019 von Alleinerziehenden in Anspruch genommen. Damit nahmen Alleinerziehende deutlich häufiger erzieherische Hilfen in Anspruch als zusammenlebende Elternpaare (346000 beziehungsweise 34%) oder Elternteile in einer neuen Partnerschaft (164000 beziehungsweise 16%).

Erzieherische Hilfen wurden auch häufig bei Bezug von staatlichen Transferleistungen in Anspruch genommen: Bei 39% aller gewährten Hilfen lebte die Herkunftsfamilie oder der junge Mensch ganz oder teilweise von Transferleistungen– also von Arbeitslosengeld II (SGB II), bedarfsorientierter Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder Sozialhilfe (SGB XII) oder bei Bezug eines Kinderzuschlages. Während der Anteil mit Transferleistungsbezug bei Elternpaaren (25%) weit unter dem Durchschnitt (39%) lag, war er bei Alleinerziehenden mit 51% nicht nur weit überdurchschnittlich, sondern auch mehr als doppelt so hoch wie bei den Elternpaaren.

Detaillierte Ergebnisse der Statistik stehen in der Publikation „Erzieherische Hilfen“, in der Datenbank GENESIS-Online unter "Erzieherische Hilfen/Beratungen (22517)" zur Verfügung. Weiterführende Ergebnisse der Kinder- und Jugendhilfestatistiken befinden sich auf der Themenseite.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 16.11.2020

Zu Beginn des laufenden Schuljahres 2020/2021 wurden in Deutschland 752700Kinder eingeschult. Das waren 19300 oder 2,6% mehr als im Vorjahr. Damit setzt sich der seit dem Schuljahr 2016/2017 zu beobachtende Anstieg der Zahl der Einschulungen fort. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen weiter mitteilt, ist die Zahl der Einschulungen in allen Bundesländen gestiegen. Die größten prozentualen Zuwächse verzeichneten die Bundesländer Bremen und Niedersachsen mit jeweils 8,2 % sowie Schleswig-Holstein mit 7,1%.

Der starke Anstieg der Einschulungen ist auf demografische Entwicklungen zurückzuführen: Zum Jahresende 2019 gab es bundesweit insgesamt 2,6% mehr Kinder im einschulungsrelevanten Alter (5- bis 7-Jährige) als im Vorjahr. Eine Ursache für den Gesamtanstieg der Einschulungszahlen dürfte die verstärkte Zuwanderung in den vergangenen Jahren sein. So stieg die Zahl der Kinder im einschulungsrelevanten Alter mit ausländischer Staatsangehörigkeit um 10,0 %, während die Zahl der 5- bis 7-jährigen Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit 1,6 % höher lag als Ende 2018.

Während der überwiegende Teil der Schulanfängerinnen und Schulanfänger die Schulausbildung an Grundschulen (93,4%) begann, wurden 3,2% an Förderschulen, 2,5% an Integrierten Gesamtschulen und 0,9% an Freien Waldorfschulen eingeschult. Dies entspricht nahezu der Verteilung des Vorjahres.

Bundesweit stiegen im Vergleich zum Vorjahr die Einschulungen an Förderschulen (+3,2%), Grundschulen (+2,7%) und Integrierten Gesamtschulen (+1,5%), während die Anzahl der Einschulungen an Freien Waldorfschulen (-1,4%) zurückging.

Methodische Hinweise:

Bei den Ergebnissen zu den Einschulungen handelt es sich um erste vorläufige Daten. Zu den vorzeitigen und fristgemäßen Einschulungen kommen die Kinder hinzu, deren Einschulungen im Vorjahr zurückgestellt oder auf Elternwunsch hinausgeschoben wurden. Einfluss auf die Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern haben zudem unterschiedliche Einschulungsstichtage.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 11.11.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Die Bundesregierung hat eine Frauenquote für Vorstände beschlossen, der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt spricht von einem wichtigen Meilenstein. Um Gleichstellung zu erreichen, müssten aber weit mehr Stellschrauben gedreht werden, so der Verband. Die derzeitige Pandemie mache dies überdeutlich. Dazu erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Mit Blick auf die derzeitige Postenbesetzung in Vorständen und Aufsichtsräten ist die Quote ein großer Schritt und wichtiger Etappensieg auf dem Weg in Richtung Gleichstellung. Die Quote für hochdotierte Posten wird hoffentlich dazu beitragen, wichtige Führungs- und Entscheidungspositionen paritätischer zu besetzen.“

Neben der gesetzlichen Vorgabe brauche es nun aber veränderte Rahmenbedingungen, wenn die Quote Erfolg haben solle, so Stadler: „Eine Quote ist schön und gut, wird aber ins Leere laufen, wenn die Unternehmenskulturen unangetastet bleiben. Es gilt, strukturelle Barrieren zu identifizieren und zu beseitigen: Wie ist eigentlich die Arbeit organisiert und welche impliziten Werte gibt es? Wird z.B. schief geguckt, wenn Führungskräfte ein Meeting wegen der Kinder früher verlassen? Ist die Personalabteilung in vielfaltssensibler Personalauswahl geschult?“

Zudem gelte es, sich nicht auf dem Teilerfolg auszuruhen. „Wenn wir das formulierte Ziel Gleichstellung ernst nehmen, müssen wir gesamtgesellschaftlich die Strukturen angehen, die sie behindern: zum Beispiel die schlechte Bezahlung in den vor allem von Frauen ausgeübten sozialen Berufsfeldern und die ungerechte Verteilung von unbezahlter Sorgearbeit in der Familie“, erklärt Stadler, „Auch beim Thema Gleichstellung müssen wir die Frage nach Verteilungsgerechtigkeit stellen, wenn unsere Bemühungen Erfolg haben sollen: Die Situation einer Pflegehelferin mit Familienverantwortung wird ja nicht besser, wenn bei einem börsennotierten Unternehmen mehr Frauen im Vorstand sind. Geschlechtergerechtigkeit muss in allen gesellschaftlichen Schichten ankommen.“

Die Arbeiterwohlfahrt fördert Vielfalt in Führungspositionen in ihren Unternehmen und Einrichtungen. Sie hat 2018 den ersten verbandsinternen Gleichstellungsbericht veröffentlicht. Ab dem Sommer 2021 wird das Präsidium des Verbandes eine Doppelspitze haben. Der Verband strebt nachdrücklich an, mindestens 50% der haupt- und ehrenamtlichen Führungspositionen mit Frauen zu besetzen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 23.11.2020

Die Bundesminister*innen Franziska Giffey, Hubertus Heil und Jens Spahn stellen heute den ersten Zwischenbericht zur Konzertierten Aktion Pflege (KAP) vor. Nach Brigitte Döcker, Vorstandsmitglied des AWO Bundesverbandes, zeigt die aktuelle Corona-Pandemie eindringlich den Handlungsbedarf in der Pflege: „Was wir in der Pflege vor allem brauchen ist Personal, Personal, Personal! Die Verabredungen der KAP sollten zügig umgesetzt werden. Und das vor allem hinsichtlich des entwickelten Personalbemessungsverfahrens: Der mit dem neuen Verfahren ermittelte Personalbedarf sollte nicht aus Sorge vor möglichen Kosten jetzt künstlich heruntergerechnet werden. Gute Pflege kostet zwar Geld; das Wohlergehen älterer Menschen sollte unserer Gesellschaft diese Kosten es jedoch Wert sein.“

Weiter führt Brigitte Döcker aus: „Wir müssen die Finanzierung nachhaltig auf solide Füße stellen, ohne das Risiko der Pflegebedürftigkeit den Betroffenen überwiegend allein aufzubürden. Eine solidarische Gesellschaft braucht eine solidarische Absicherung des Pflegerisikos. Die jüngst von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorgelegten Eckpunkte für eine Pflegereform sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber greifen zu kurz: Sie setzen auf den Ausbau privater Eigenvorsorge und des Pflegevorsorgefonds bis 2050. Diese haben die bestehenden Probleme in der Vergangenheit nicht gelöst und werden dies auch in der Zukunft nicht lösen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 13.11.2020

BAGSO fordert Konsequenzen aus Rechtsgutachten

Die Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen in Pflegeheimen im Rahmen der Corona-Pandemie verstoßen in weiten Teilen gegen das Grundgesetz. Das ist das Ergebnis eines Rechtsgutachtens, das der Mainzer Verfassungsrechtler Prof. Dr. Friedhelm Hufen im Auftrag der BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen erstellt hat. Die BAGSO fordert Politik, Behörden sowie die Verantwortlichen in der stationären Pflege nachdrücklich auf, die Grundrechte der Betroffenen zu wahren. Sie tut dies mit besonderer Dringlichkeit, weil vielerorts Pflegeeinrichtungen Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen angesichts gestiegener Infektionszahlen wieder verschärfen.

Der Gutachter hat begründete Zweifel daran, dass das Infektionsschutzgesetz in seiner geltenden Fassung eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die gravierenden Eingriffe in die Grundrechte von Menschen in Pflegeeinrichtungen darstellt. Auch die Rechtsverordnungen der Länder, die sogenannten „Corona-Verordnungen“, müssten konkretere Vorgaben machen. Sofern die Verordnungen tägliche Besuchsmöglichkeiten vorsehen, ist dies für die Heimleitungen verbindlich. Die zuständigen Behörden haben eine Schutzpflicht, die sich nicht nur auf das Vermeiden einer Ansteckung mit COVID-19, sondern auch auf die Wahrung der Grund- und Freiheitsrechte der Bewohnerinnen und Bewohner und ihrer Angehörigen bezieht.

Dem Gutachten zufolge müssen die negativen Auswirkungen der Maßnahmen auf die Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung viel stärker in den Blick genommen werden. Das Leiden von Demenzkranken unter einer für sie nicht begreifbaren Isolation sei dabei besonders zu berücksichtigen. Eine niemals zu rechtfertigende Verletzung der Menschenwürde liege in jedem Fall vor, wo Menschen aufgrund von Besuchsverboten einsam sterben müssen.

Die BAGSO appelliert an die Politik in Bund und Ländern, die Ermessens- und Beurteilungsspielräume für Behörden, Heimträger und Heimleitungen deutlich stärker zu beschränken, als dies bislang der Fall ist. Dabei müssen die Unverletzlichkeit der Menschenwürde und die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sichergestellt werden. Das bedeutet, dass ein Zugang zu sterbenden Menschen immer möglich sein muss. Andere Heimbewohner müssen regelmäßig und in angemessener Form Besuch erhalten können – in jedem Fall über eine kurze Begegnung hinter Plexiglas hinaus. Insbesondere auf demenziell erkrankte Menschen wirkt ein solches Ambiente verstörend.

Die BAGSO ruft Gesundheitsministerien, Heimaufsichten, Gesundheits- und Ordnungsämter auf, die betroffenen Menschen auch vor unverhältnismäßigen oder sonst unzulässigen Eingriffen in ihre Grundrechte zu schützen. Von Heimträgern und Heimleitungen verlangt die BAGSO, dass sie nur solche Einschränkungen anordnen, für die es eine eindeutige Rechtsgrundlage gibt. Außerdem müssen sie die Spielräume, die die jeweils aktuelle Verordnung lässt, im Sinne der Betroffenen ausschöpfen. Bei der konkreten Ausgestaltung müssen sie die Bewohnervertretungen einbeziehen.

Die BAGSO ruft Politik und Verwaltung dazu auf, die Verantwortlichen in den Heimen bei ihren Anstrengungen zu unterstützen. Hygienepläne müssen darauf ausgerichtet sein, Besuche in Sicherheit zu ermöglichen, nicht sie zu verhindern. Die zwischenzeitlich verfügbaren Antigen-Schnelltests müssen wie versprochen prioritär in Pflegeheimen eingesetzt werden. Um sicherzustellen, dass ausreichend qualifiziertes Personal die Tests durchführen kann, können beispielsweise Studierende mit medizinischen Grundkenntnissen und entsprechender fachlicher Einweisung eingesetzt werden.

Im Rechtsgutachten wurde die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen in Alten- und Pflegeheimen aus Anlass der COVID-19-Pandemie untersucht. Prof. Dr. Friedhelm Hufen ist Professor für Öffentliches Recht an der Universität Mainz sowie Mitglied des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz a.D. Das Gutachten kann auf www.bagso.de heruntergeladen oder kostenlos bestellt werden.

Zum Rechtsgutachten

Wichtige Ergebnisse des Rechtsgutachtens

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.Vn vom 11.11.2020

Anlässlich der Verlängerung des Lock-Downs fordern der Paritätische Gesamtverband, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und der Deutsche Mieterbund (DMB) eine sofortige Erneuerung des Kündigungs- und Kreditmoratoriums für mindestens sechs Monate.

Die Krise ist nicht vorbei. Die Menschen kämpfen bereits seit neun Monaten mit den Folgen der Corona-Pandemie, weitere Wochen oder Monate werden folgen. Die andauernden Corona-Maßnahmen bedeuten Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit für Millionen. Ende August hatten rund 15,5 Millionen Haushalte wegen der Krise weniger Einkommen zur Verfügung. Rund drei Viertel der betroffenen Haushalte mussten auf bis zu 30 Prozent ihres regulären Einkommens verzichten. Die Reallöhne sanken im Vergleich zum Vorjahr um 4,7 Prozent, bei den unteren Leistungsgruppen sogar um bis zu 8,9 Prozent.

Werner Hesse, Geschäftsführer Paritätischer Gesamtverband: „Der Verlust ihrer Arbeit oder geringere Einkünfte dürfen nicht dazu führen, dass Menschen Mietschulden anhäufen und schlimmstenfalls ihre Wohnung verlieren. Die Energie- und Wasserversorgung sind ebenfalls elementare Leistungen der Grundversorgung, die nicht zur weiteren Belastung führen dürfen und jedem zu garantieren sind."

Stefan Körzell, DGB-Bundesvorstandsmitglied: „Millionen Menschen sind wegen Corona in Kurzarbeit, Solo-Selbstständige haben enorme Einkommenseinbußen, viele haben Probleme, ihre Miete zu zahlen. Die Politik muss dafür sorgen, dass niemand wegen der Krise sein Dach über dem Kopf verliert. Es ist unverantwortlich, dass die Union bei dem Thema blockiert. Das Zuhause muss sicher sein. Auf dieses Signal warten die Menschen.“

Klaus Müller, Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband: „Verbraucher dürfen in der Weihnachtszeit nicht in materielle Existenznöte geraten. Wessen Einkommen infolge der Corona-Krise und des anhaltenden Lock-Downs ganz oder teilweise wegbricht, sollte durch ein erneutes Kreditmoratorium Luft zum Atmen bekommen. Auch die Finanzwirtschaft muss hier ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten. Gleichzeitig muss die Politik diesmal unmissverständlich regeln, dass Banken während der Stundung keine Zinsen verlangen dürfen und Verbraucher durch individuelle Vereinbarungen über den bisherigen Kredit nicht schlechter gestellt werden können.“

Lukas Siebenkotten, Präsident Deutscher Mieterbund: „Die aktuelle Situation und der andauernde Lock-Down lassen nur den Schluss zu, dass das Ende Juni 2020 ausgelaufene Kündigungsmoratorium für Mieterinnen und Mieter wieder für mindestens sechs Monate in Kraft gesetzt werden muss. Gerade in Krisenzeiten ist die eigene Wohnung der wichtigste Ort, der auch ein sicherer Ort sein muss. Im Gewerbemietrecht muss dringend die Möglichkeit zur Vertragsanpassung geschaffen werden, wenn der Mieter corona-bedingt seine Ladenmiete nicht mehr oder nur teilweise bezahlen kann. Gewerbetreibende dürfen mit den Auswirkungen der staatlich verordneten Geschäftsschließungen nicht alleine gelassen werden.“

Hintergrund:
Anlässlich des ersten Corona-Lockdowns beschloss der Bundestag einKündigungs- undKreditmoratorium.

Durch letzteres mussten Banken Raten von Verbraucherdarlehensverträgen für drei Monate stunden, wenn Verbraucher pandemiebedingt in Zahlungsschwierigkeiten geraten waren. Das half besonders Verbrauchern, die ihr Haus oder ihre Wohnung abbezahlen und infolge der Krise temporäre Einkommenseinbußen zu verkraften hatten. Die Maßnahme lief bereits im Juni aus, die Möglichkeit einer Verlängerung nutzte die Bundesregierung nicht.

Trotz sinkender Einnahmen besteht die Pflicht der Mieterinnen und Mieter zur vollständigen Mietzahlung. Bis Ende Juni schützte das Kündigungsmoratorium Mieterinnen und Mieter vor dem Verlust ihrer Wohnung und Geschäftsräume, wenn sie corona-bedingt nicht in der Lage waren, ihre Mieten zu zahlen. Entgegen der dringenden Empfehlung aus Teilen der Politik und von Verbraucher- und Sozialverbänden, es zu verlängern, lief das Moratorium aufgrund der Blockadehaltung der CDU/CSU im Sommer aus. Seit Juli gilt wieder das normale Kündigungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Das heißt im Klartext: Jeder und jedem, die oder der seine Miete nicht zahlen kann, droht schon nach einer Monatsmiete und einem Cent Mietrückstand die fristlose Kündigung und damit in aller Regel der Wohnungsverlust. Und zwar unabhängig davon, ob die Mieterin oder der Mieter die eigene Zahlungsunfähigkeit selbst verschuldet hat oder ob staatlich verordnete Geschäftsschließungen und Einkommenseinbußen die Gründe für die ausstehenden Mietzahlungen sind. Mieterinnen und Mietern bleibt in diesem Fall letztlich nur, auf die Solidarität ihrer Vermieterin oder ihres Vermieters zu hoffen.

Ein erneuter Kündigungsschutz böte all denen Sicherheit, die nicht mit dem Verständnis ihrer Vermieterinnen und Vermieter rechnen können. Diese Sicherheit ist in der momentanen Krisenzeit essentiell und mit einem erneuten Kündigungsmoratorium schnell und sogar ohne Kosten für die öffentliche Hand zu realisieren.

Damit Mieterinnen und Mieter keine Schuldenberge anhäufen, müssen anfallende Mietschulden zinsfrei bleiben.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 26.11.2020

In Deutschland werden fast die Hälfte aller pflegebedürftigen Menschen von Angehörigen zuhause gepflegt – überwiegend von Frauen. Mit steigendem Renteneintrittsalter drohen Engpässe bei der privaten Pflege, da vor allem Menschen im Übergang in den Ruhestand Angehörige pflegen.

Ein Höheres Pflegegeld und Lohnersatzleistungen sowie bessere Bedingungen für flexible Arbeitszeitgestaltung könnten den Zielkonflikt zwischen Renten- und Pflegepolitik lösen. Das ist das Ergebnis einer heute veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Diese repräsentative Studie ist eine gute Grundlage, um die Lücken in der Absicherung pflegender Angehöriger zu schließen und die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Pflege zu verbessern. Dreiviertel der pflegenden Angehörigen sind demnach unter 65 Jahre alt. Sie müssen Pflege und Erwerbstätigkeit vereinbaren, wenn sie nicht sogar für die Pflege eines Angehörigen ganz aus dem Beruf ausscheiden. Betroffen sind in der Mehrzahl Frauen. Sie verzichten dabei nicht nur auf Einkommen, sondern auch auf einen Teil ihrer künftigen Rente. Wer in seinem Job bleibt, Arbeitszeit reduziert, um zuhause ein Familienmitglied zu pflegen, braucht eine Perspektive für die eigene Altersversorgung. Die Diakonie Deutschland hält es für notwendig, dass pflegende Angehörige für die Pflege von Angehörigen höhere Rentenansprüche erwerben und zwar auch dann, wenn sie ihre Arbeitszeit nur wenig reduzieren.

Zudem muss die Pflege Angehöriger durch den Ausbau professioneller Pflege weiter gestärkt werden. Darüber hinaus sieht das umfassende Reformkonzept der Diakonie Deutschland vor, dass Angehörige, die zeitweise ihren Beruf für die Pflege Angehöriger ganz aufgeben, Lohnersatzleistungen erhalten und rentenversichert sind. Wer pflegt, darf nicht in Altersarmut geraten. Wer im Job bleibt, sollte Gewissheit haben, dass Angehörige die nötige und gute Pflege bekommen. Die Lücke, die mit der teilweise oder ganzen Aufgabe des eigenen Berufes entsteht, muss geschlossen werden."

Zum Thema veröffentlicht die Diakonie Deutschland in Kürze eine Positionierung für eine verbesserte Alterssicherung pflegender Angehöriger. Bei Interesse wenden Sie sich an pressestelle@diakonie.de

Weitere Informationen:

DIW-Studie "Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Pflege kann Zielkonflikt zwischen Renten- und Pflegepolitik lösen:

https://www.diw.de/de/diw_01.c.803087.de/publikationen/wochenberichte/2020_46_1/bessere_vereinbarkeit_von_beruf_und_pflege_kann_zielkonflikt_zwischen_renten-_und_pflegepolitik_loesen.html

https://www.diakonie.de/pflegeversicherung

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 11.11.2020

Das Aktionsbündnis Kinderrechte kritisiert, dass noch immer kein gemeinsamer Formulierungsvorschlag der Bundesregierung zur Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz vorliegt. Vor genau einem Jahr hat Bundesjustizministerin Christine Lambrecht einen Vorschlag vorgelegt, dessen Diskussion hinter verschlossenen Türen ins Stocken geraten ist. Die Tatenlosigkeit der Regierungsverantwortlichen führt dazu, dass ein parlamentarisches Verfahren schon aus zeitlichen Gründen kaum noch in dieser Legislaturperiode zu einem Abschluss gebracht werden kann.

„Den Kindern in Deutschland hilft es nicht weiter, wenn das Thema in immer neuen Arbeitskreisen diskutiert und vertagt wird. Gerade in Zeiten der COVID-19-Pandemie brauchen Kinder jetzt ein klares Signal, dass ihre Interessen und Bedürfnisse ernst genommen werden und über Parteigrenzen hinweg die Verwirklichung ihrer Rechte vorangebracht wird. Deshalb appellieren wir an die Bundesregierung, das im Koalitionsvertrag festgehaltene Vorhaben, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, zügig voranzutreiben“, so die Organisationen heute in Berlin.

Das Aktionsbündnis (Deutsches Kinderhilfswerk, Der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind) betont noch einmal nachdrücklich, dass die UN-Kinderrechtskonvention zwingend Maßstab für die Aufnahme der Kinderrechte im Grundgesetz sein muss. Gleichzeitig weist das Aktionsbündnis darauf hin, dass die von Bundesjustizministerin Lambrecht am 26. November 2019 vorgeschlagene Formulierung den Kindeswohlvorrang und das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Beteiligung noch nicht deutlich genug zum Ausdruck bringt. Insbesondere bei der Formulierung zur Beteiligung von Kindern, fällt der Vorschlag sogar hinter die geltende Rechtslage zurück. Aber gerade vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Situation der Corona-Krise wird deutlich, dass neben den Schutzrechten der Kinder auch ihre Beteiligungsrechte und das Recht auf Förderung ihrer Entwicklung im Grundgesetz verankert werden müssen. Nur so kann sowohl die Gesetzgebung und Rechtsprechung des Bundes und der Länder als auch die Verwaltungspraxis im Sinne der „besten Kinderinteressen“ nachhaltig beeinflusst und damit die Lebenssituation der Kinder konkret verbessert werden. Die Regelung zu Kinderrechten im Grundgesetz darf im Ergebnis nicht hinter dem zurückbleiben, was in der UN-Kinderrechtskonvention, der Charta der Grundrechte der EU und in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes enthalten ist.

Deshalb gilt es, wie im Koalitionsvertrag festlegt, echte Kindergrundrechte zu schaffen. Nur so kann dem Anspruch einer ernsthaften Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention entsprochen und dem aktuellen Umsetzungs- und Anwendungsdefizit der Kinderrechtskonvention in Deutschland entgegengewirkt werden. Für das Aktionsbündnis Kinderrechte ist zudem unabdingbar, dass in einem Gesetzgebungsverfahren eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft stattfindet, damit neben politischen Erwägungen auch die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards angemessen Berücksichtigung finden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V., Der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland und Deutsche Liga für das Kind vom 26.11.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt die beabsichtigte Verabschiedung eines "General Comment" zu Kinderrechten in der digitalen Welt durch den Kinderrechteausschuss der Vereinten Nationen. Denn Kinderrechte müssen auch im digitalen Raum durchgesetzt werden. Mit dem "General Comment" wird die UN-Kinderrechtskonvention für den digitalen Raum aktualisiert, um Schutz, Förderung und Beteiligung von Kindern auch im Internet zu gewährleisten.

In einer gemeinsamen Stellungnahme von 32 Einrichtungen, Organisationen und Institutionen, die im Konsultationsverfahren zum UN-Entwurf für einen "General Comment" unter Federführung des Deutschen Kinderhilfswerkes erarbeitet wurde, wird die Wichtigkeit einer solchen völkerrechtlichen Verpflichtung betont. "Der ,General Comment‘ wird den Vertragsstaaten der UN-Kinderrechtskonvention Orientierung und Handlungssicherheit dabei geben, ihrer Verpflichtung zur Umsetzung der Kinderrechte auch im digitalen Raum nachzukommen", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes. "Kinder bewegen sich bereits in jungen Jahren ganz selbstverständlich im Internet. Virtueller und realer Raum verschränken sich immer weiter. Digitale Identitäten beeinflussen verstärkt die reale Wahrnehmung junger Menschen und soziale Interaktionen werden vermehrt in das Internet übertragen oder sogar durch dieses verstärkt. Umso wichtiger ist es, dass Kinderrechte auch im Internet respektiert, geschützt und umgesetzt werden. Nur so können die Chancen der Technologie die Überhand gegenüber den Risiken behalten", so Krüger weiter.

In Zeiten der Corona-Pandemie wird immer deutlicher, dass das Internet nicht nur zum Spielen, Kontakthalten und zur Unterhaltung, sondern auch für die Bildung junger Menschen eine größer werdende Bedeutung erlangt. Zurecht setzt sich der UN-Kinderrechteausschuss daher dafür ein, dass Staaten in die technologische Infrastruktur der Schulen investieren und ausreichend Computer sowie eine schnelle Verbindung zum Internet vorhalten. Auch sollen diese mit dem "General Comment" aufgefordert werden Lehrkräfte für die Bildung mit digitalen Technologien auszubilden sowie die Erstellung und Verbreitung von vielfältigen digitalen Bildungsmaterialien zu befördern.

"Durch das Engagement des UN-Kinderrechteausschusses werden die Herausforderungen deutlich, die sich bei der Umsetzung von Kinderrechten auch im Zeitalter der Digitalisierung ergeben. Klar muss dabei sein, dass sich verändernde Medienwelten und damit verbundene Jugendschutzsysteme letztlich nicht alleinige Aufgabe einzelner Nationalstaaten sind, sondern internationale Zusammenarbeit erfordern", sagt Kai Hanke, stellvertretender Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. Mit Blick auf die Novellierung des Jugendschutzgesetzes durch die Bundesregierung begrüßt er, dass "mit der geplanten Aktualisierung des Kinder- und Jugendmedienschutzes in höchstem Maße kinderrechtsrelevante Herausforderungen angegangen werden. Die Novellierung des Jugendschutzgesetzes bietet die Chance, die im ,General Comment‘ angeregten, internationalen Maßstäbe für eine kinderrechtlich ausgewogene Gestaltung des Jugendmedienschutzes bereits jetzt in nationaler Gesetzgebung zu berücksichtigen. Damit kann der Grundstein gelegt werden für einen nachhaltigen, kinderrechtlich ausgewogenen Kinder- und Jugendmedienschutz im digitalen Zeitalter."

Der vom UN-Kinderrechteausschuss im Entwurf vorgelegte "General Comment" ist eine richtungsweisende Interpretationshilfe, um die vollständige Einhaltung der Verpflichtungen aus der Kinderrechtskonvention und ihren Fakultativprotokollen im Hinblick auf die Chancen, Risiken und Herausforderungen für die Rechte des Kindes im digitalen Umfeld zu gewährleisten. Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes beobachtet die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention sowie ihrer Zusatzprotokolle durch die Nationalstaaten. Um einzelne Artikel und Bestimmungen der Konvention näher zu erläutern hat der UN-Ausschuss die Möglichkeit "General Comments" zu veröffentlichen. Diese sind nicht Teil der völkerrechtlichen Verträge und daher nicht rechtlich bindend. Gleichwohl helfen sie den Staaten beim Verständnis sowie bei der Verwirklichung der Kinderrechte, da sie wichtige Hinweise und Auslegungen bieten.

Weitere Infos und die Stellungnahme zum "General Comment finden sich unter www.dkhw.de/kinderrechte-digitale-welt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 17.11.2020

Morgen, am Freitag, 27. November 2020, berät der Bundestag über Änderungen des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes. Mit flexibleren Angeboten zur Nutzung des Elterngeldes will man den Wünschen und Bedarfen der Eltern entgegenkommen. Dazu soll der Stundenkorridor für mögliche Teilzeittätigkeit beim Partnerschaftsbonus auf 24 bis 32 Wochen­stunden ausgeweitet werden (bislang 25 bis 30 Stunden). „Vom Ansatz her richtig, aber ohne eine Absenkung der Untergrenze auf 20 Wochenstunden ist nicht zu erwarten, dass die Inanspruchnahme nennenswert steigt“, kommentiert Martin Bujard, Präsident der eaf. Als Familienforscher weiß er, dass rund die Hälfte der Mütter von Zweijährigen eine Arbeitszeit von 16 bis 25 Wochenstunden für sich als ideal ansehen. „Will man die Auszeiten von Müttern geringhalten, muss man ihnen die Möglichkeit geben, ihre Berufstätigkeit nach ihren Wünschen zu gestalten. Sonst wird man diese Gruppe nicht erreichen“, so Bujard.

Entscheidend wird jedoch sein, die Flexibilität der Arbeitszeitgestaltung grundsätzlich zu erhöhen. Familien in der besonders stressbelasteten „Rushhour des Lebens“ benötigen aus Sicht der eaf ein umfassendes zeitpolitisches Angebot für den Zeitraum zwischen elterngeld­finanzierter Elternzeit und der Einschulung des jüngsten Kindes. „Hier wäre die Einführung einer dynamischen Familienarbeitszeit denkbar, mit der Angebote qualifizierter vollzeitnaher Teilzeit­arbeit für Väter und Mütter geschaffen werden“, führt Bujard aus. „Dynamisch, damit die Arbeitszeit mit zunehmendem Alter der Kinder wieder sukzessive ansteigen kann. Hierzu bedarf es einer umfassenden Gesetzesreform über das BEEG hinaus.“

Leider wird auch der Mindestsatz des Elterngeldes nicht erhöht. Rund ein Drittel aller Mütter erhält nur 300 Euro monatlich Elterngeld. Der Mindestsatz wurde seit der Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 nicht erhöht, nicht einmal an den Verbraucherpreisindex angepasst.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 26.11.2020

Der Familienbund der Katholiken begrüßt die in der vergangenen Woche (19.11.2020) vom Deutschen Bundestag beschlossenen zusätzlichen Milliarden-Investitionen für die Betreuung von Grundschulkindern. Der Verband fordert, die Finanzmittel an verbindlichen Qualitätskriterien orientiert einzusetzen. „Qualifiziertes Personal ist hier-bei ebenso wichtig wie ein altersgerechter Betreuungsschlüssel, wenn die Investitionen einen spürbaren bildungspolitischen und pädagogischen Mehrwert haben sollen“, sagte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin und warnte: „Eine mit politischer Anspruchslosigkeit ins Werk gesetzte Betreuung hilft weder den Grundschulkindern noch deren Eltern. Und der Gesellschaft ebenso wenig.“ Angesichts des eklatanten Mangels an Erziehern hält Hoffmann den von der Bundesregierung ab 2025 geplanten Rechtsanspruch für Grundschulkinder für kaum realisierbar.

Hoffmann hält auch unabhängig vom Ziel eines Rechtsanspruchs die Betreuungssituation an Grundschulen für dringend ausbaubedürftig. „Zahlreiche unbesetzte Stellen, berufliche Überlastungen von Erziehern und hohe Krankenstände des Betreuungspersonals machen Betreuung außerhalb des Unterrichts für Kinder heute vielerorts zum traurigen Glücksspiel. Nötig ist aber überall eine verlässliche Qualitätsbetreuung. Eltern, die ihre Kinder nach Unterrichtsschluss im Hort betreuen lassen wollen, müssen diese Option auch haben. Gebrauch werden Eltern aber nur dann davon machen, wenn sie ihre Kinder in guten Händen wissen“, sagte Hoffmann.

„Statt die Lebensform Familie nach den ökonomischen Verwertungsinteressen der Wirtschaft weiter zuzuschneiden, müssen es die Familien sein, die souverän über ihr Leben und ihre Zeit entscheiden.“

„Das politisch ausgelobte Ziel eines Rechtsanspruchs auf Betreuung für Grundschulkinder darf aber nicht die einzige politische Antwort auf die drängende Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sein“, stellte Hoffmann klar. „Der Ausbau staatlicher Betreuungsinstitutionen als Lösungslieferant ist eindimensional und unterkomplex, weil es den Bedürfnissen von Familien nach mehr Zeit für- und miteinander keinerlei Rechnung trägt. Nötig sind flexible und lebensphasenbezogene Arbeitszeitreduzierungen für erwerbstätige Eltern. Statt die Lebensform Familie nach den ökonomischen Verwertungsinteressen der Wirtschaft weiter zuzuschneiden, müssen es die Familien sein, die souverän über ihr Leben und ihre Zeit entscheiden. Dafür muss die Politik endlich zukunftsweisende Konzepte für eine familien- und lebensgerechte Zeitpolitik aufgreifen, die wissenschaftlich seit langem entwickelt und diskutiert werden, zum Beispiel ‚Atmende Lebensläufe‘, die Optionszeiten über die gesamte Erwerbsbiografie von Menschen für Erziehungs- und Pflegeaufgaben vorsehen. Die Wirtschaft ist nachdrücklich aufgerufen, einen nennenswerten Beitrag zu einer familiengerechten Zeitpolitik zu leisten. Unternehmen sitzen schließlich mit im Boot. Es sind aber heute die Eltern, die rudern!“

„Ein Rechtsanspruch auf Betreuung von Grundschulkindern, der nicht in einen zeitpolitischen Rahmen eingebettet ist, unterläuft die Autonomie von Familie, indem er deren Wahlfreiheit durch die politische Schaffung gesellschaftlicher Konventionen einschränkt.“

Hoffmann wandte sich dagegen, die Betreuung in Grundschulen zu einer gesellschaftlichen Norm werden zu lassen, die für Eltern wie Kinder alternativlos sei. „Der Freiheitsgedanke von Familie zeigt sich in der elterlichen Souveränität, die eigene Lebensform von Familie selbst wählen und leben zu können. Ein Rechtsanspruch auf Betreuung von Grundschulkindern, der nicht in einen zeitpolitischen Rahmen eingebettet ist, unterläuft die Autonomie von Familie, indem er deren Wahlfreiheit durch die politische Schaffung gesellschaftlicher Konventionen einschränkt. Das kann nicht im Sinne von Familien sein.“

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 23.11.2020

Jedes Jahr erleben über 130.000 minderjährige Kinder in Deutschland die Scheidung oder Trennung ihrer Eltern. Oft leben die Kinder danach weit entfernt von ihrem Papa oder ihrer Mama. Viele getrennt lebende Väter und Mütter reisen am Wochenende quer durch Deutschland, um ihr Kind zu besuchen. Leider reicht dabei das Geld nicht immer für eine Übernachtung vor Ort.

Diesen Eltern hilft das Münchner gemeinnützige Unternehmen Flechtwerk 2+1 mit seiner InitiativeMein Papa kommt / Meine Mama kommt. Sie vermittelt dem anreisenden Elternteil bundesweit Übernachtungen bei ehrenamtlichen Gastgeber*innen. Denn auch diejenigen, die sich nicht regelmäßig ein Hotel oder eine Pension leisten können, sollen ein warmes Bett haben, wenn sie ihre Söhne und Töchter besuchen.

Nun hat die InitiativeMein Papa kommt / Meine Mama kommtdenPublikumspreis des Social-Design-Award 2020mit dem diesjährigen Motto„Gemeinsam sind wir stark“gewonnen. Zum siebten Mal vergeben SPIEGEL WISSEN und Bauhaus den Social Design Award. Rund 150 Projekte und Initiativen haben sich beworben – vom Start-up bis zum Ein-Mann-Kunstprojekt. Allen gemein ist, dass sie gegen soziale Ungleichheit kämpfen und sich für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt einsetzen.

Annette Habert, Initiatorin und geschäftsführende Gesellschafterin der Flechtwerk 2+1 gGmbH: „Gemeinsam sind wir stark – das erfahren Eltern und Kinder seit Jahren durch das ehrenamtliche Engagement unserer Gastgeber*innen. Sie sind Vertrauensgeber und echte Helden einer Solidargemeinschaft!“

Quelle: Pressemitteilung Mein Papa kommt® / Meine Mama kommt – für Kinder mit zwei Elternhäusern – Eine Initiative der Flechtwerk 2+1 gGmbH vom 10.11.2020

Die Leistungen für benachteiligte Kinder und Jugendliche seien in der bestehenden Form nicht geeignet, Kinderarmut zu bekämpfen, Teilhabe zu ermöglichen und Bildungsgerechtigkeit sicherzustellen, kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband. Wie eine aktuelle Expertise der Paritätischen Forschungsstelle belegt, haben sich die mit dem so genannten „Starke-Familien-Gesetz“ 2019 in Kraft getretenen Reformen des Bildungs- und Teilhabepaketes nach den vorliegenden Statistiken nicht positiv auf die Inanspruchnahme der Teilhabeleistungen durch benachteiligte Schüler*innen ausgewirkt, vielmehr sei sogar ein leichter Rückgang der Quoten zu verzeichnen. Der Paritätische bekräftigt seine Forderung nach der Einführung eines Rechtsanspruchs auf Angebote der Jugendarbeit im Kinder- und Jugendhilfegesetz und die Einführung einer bedarfsgerechten, einkommensabhängigen Kindergrundsicherung.

„Das Bildungs- und Teilhabepaket ist und bleibt Murks und geht weiter komplett an der Lebensrealität Heranwachsender und den Strukturen vor Ort vorbei. Was es jetzt braucht, ist den politischen Mut, sich von dem verkorksten Bildungs- und Teilhabepaket endlich zu verabschieden, und den politischen Willen, Kinderarmut wirklich zu stoppen“, fordert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Mit dem Bildungs- und Teilhabepaket wird seit 2011 benachteiligten Kindern und Jugendlichen ein monatlicher Zuschuss in Höhe von 10 Euro (seit dem 1. August 2019: 15 Euro) für Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, für Musikunterricht und die Teilhabe an Freizeiten in Aussicht gestellt. Obwohl die Leistungen praktisch nur einem Teil der Jugendlichen zu Gute kommen, wurden Regelsatz-Bestandteile im Gegenzug für alle Kinder und Jugendlichen pauschal gestrichen. Auch knapp zehn Jahre nach Einführung profitieren laut der vorliegenden Studie des Paritätischen nur bis zu 15 Prozent der Schülerinnen und Schüler unter 15 Jahren im Hartz-IV-Bezug von den sogenannten „soziokulturellen Teilhabeleistungen“, 85 Prozent der Leistungsberechtigten wurden in der Praxis dagegen nicht erreicht. „Es ist geradezu zynisch, dass Kürzungen im Regelsatz damit begründet werden, dass theoretisch der Anspruch auf eine Leistung besteht, die in der Praxis aber kaum ein Kind erreicht“, kritisiert Schneider.

Die Studie, die zum dritten Mal in Folge erscheint, belegt dabei auch in diesem Jahr drastische regionale Unterschiede in der Umsetzung des bundesgesetzlich normierten und kommunal administrierten Rechtsanspruchs. Erstmals berücksichtigt wurden qualitative Erkenntnisse auf Basis einer Abfrage bei den Jobcentern mit besonders hohen bzw. niedrigen Quoten im Bundesländervergleich. Als Grund für hohe Bewilligungsquoten werden primär niedrigschwellige Antragsverfahren genannt, aber auch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit sowie Beratung zur Information und Aufklärung der Betroffenen. Schlechte Quoten werden teilweise auf Probleme bei der Datenerfassung zurückgeführt, aber gelegentlich auch auf bestehende kostenfreie Angebote, die sich als geringerer Bedarf an Teilhabeleistungen in den Daten widerspiegeln.

Ein Grundproblem bleibt vielerorts der Mangel an geeigneten Angeboten, weshalb der Paritätische sich für die Einführung eines einklagbaren Rechtsanspruchs einsetzt: „Die bisherigen Teilhabeleistungen sind davon abhängig, dass es vor Ort überhaupt passende Angebote gibt. Nur ein Rechtsanspruch sorgt dafür, dass auch wirklich entsprechende Angebote vorgehalten werden und jedes Kind, unabhängig von seinem Wohnort, bestmöglich in seiner Entwicklung gefördert wird.“

Die Expertise „Empirische Befunde zum Bildungs- und Teilhabepaket 2020: Teilhabequoten im Fokus“ steht zum Download bereit unter: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/expertise-empirische-befunde-zum-bildungs-und-teilhabepaket-teilhabequoten-im-fokus-1/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 12.11.2020

Seit 2004 ruft die Stiftung Lesen und DIE ZEIT gemeinsam mit der Deutschen Bahn zum bundesweiten Vorlesetag auf.

Er findet in diesem Jahr am 20. November statt.

Das „Bündnis für Familie Königs Wusterhausen“ ist auch in diesem Jahr bei diesem Vorlesetag der etwas anderen Art dabei.

Aufgrund der gegenwärtigen Situation verschenkt das Bündnis mit seinen Bündnismitgliedern Kinderbücher zum Vorlesen an Familien.

In folgenden Einrichtungen werden die Bücher verschenkt:

  • Stadtbuchhandlung Radwer, Bahnhofstr. 11, von 9 bis 18 Uhr
  • SHIA-Landesgeschäftsstelle, Bahnhofstr. 4, von 8 bis 18 Uhr
  • Bürger*innentreff, Fontaneplatz 2, von 10 bis 18 Uhr und
  • Büro des Netzwerkes Gesunde Kinder, Märkische Zeile 16.

Familien erhalten vor Ort – mit Abstand natürlich – ein Buch für ein Kind im Kita- oder Grundschulalter, natürlich leider nur, solange der Vorrat reicht.

Das „Bündnis für Familie Königs Wusterhausen“ dankt der Stadtbuchhandlung Radwer, der Stadbibliothek, dem Netzwerk Gesunde Kinder, den Mitarbeiterinnen des Bürger*innentreffs sowie der Stiftung Lesen und dem Ehepaar Kühn für die Unterstützung.

Weitere Informationen auch unter www.vorlesetag.de.

Quelle: Pressemitteilung SHIA-Landesverband Brandenburg e. V. vom 18.11.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 02./03. Dezember 2020

Veranstalter: Hirschfeld-Eddy-Stiftung

Jetzt anmelden zur internationalen Online-Konferenz der Hirschfeld-Eddy-Stiftung

Unter dem Titel „Aufklären, sensibilisieren, vernetzen. LSBTI*-Rechte sind Menschenrechte!“ veranstaltet die Hirschfeld-Eddy-Stiftungam Mittwoch, den 02. Dezember (14:00-16:30 Uhr) und am Donnerstag, den 03. Dezember (16:00-19:00 Uhr) eine internationale Online-Konferenzmit LSBTI*-Aktivist*innen aus Südafrika, Uganda, Russland und Honduras, NGO-Vertreter*innen, Parlamentarier*innen und Vertreter*innen der Bundesregierung.

Das Themenspektrum der Konferenz reicht von Entkriminalisierung, Shrinking Spaces und religiös motivierter LSBTI*-Feindlichkeit über LSBTI*-Projekte und Berichterstattung und Stärkung der Menschenrechte auf UN-Ebene bis hin zum LSBTI-Inklusionskonzept für die deutsche Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit.

Jetzt hier anmelden

Aus dem Konferenzprogramm

„LSBTI*-Rechte sind Menschenrechte“ – Rolle, Möglichkeiten und Herausforderungen für die deutsche Menschenrechtspolitik. Keynote von Dr. Silke Voß-Kyeck, UN-Expertin und Berichterstatterin für das Forum Menschenrechte

Die Rolle von Geber*innen in Deutschland für internationale Menschenrechtsarbeit. Keynote von Ise Bosch, Geschäftsführerin Dreilinden gGmbH

Strategie-Podium: „Aufklären, sensibilisieren, vernetzen. LSBTI*-Rechte sind Menschenrechte!“ mitMichael Roth (Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt,),Gyde Jensen (MdB und Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe), Iris Dill (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) undElke Schäfter(Elisabeth-Selbert-Initiative)

Fachforen:

  • Gewalt und Kriminalisierung von LSBTI* am Beispiel von Honduras, Russland, Uganda
  • Religiös motivierte LSBTI*-Feindlichkeit
  • Shrinking Spaces – Internationale der Homophobie und Trans*feindlichkeit
  • LSBTI*-Inklusionskonzept für die auswärtige Politik und Entwicklungszusammenarbeit
  • Multilateralismus unter Beschuss
  • Best practice & Medien

Die Konferenz findet per Zoom statt, eine Teilnahme ist auch in Teilen gut möglich. Der Link wird an angemeldete Teilnehmende einige Tage vorher verschickt. Bitte bis 25. November anmelden. Konferenzsprache ist Deutsch. Einige Vorträge sind in englischer Sprache und werden simultan ins Deutsche übersetzt.

Hier geht zur Anmeldung: https://www.eventbrite.de/e/lsbti-rechte-sind-menschenrechte-lgbti-rights-are-human-rights-registration-128393587677

Termin: 08. Dezember 2020

Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung

Antifeminismus ist in Deutschland weit verbreitet. Über ein Drittel der Bevölkerung (47,3% der Männer und 28,7% der Frauen) stimmt zumindest einer antifeministischen Aussage zu. Ein geschlossen antifeministisches Weltbild haben knapp mehr als 20% der Bevölkerung, insbesondere Männer. Dieses und weitere interessante Ergebnisse zeigt die neue Autoritarismus-Studie 2020 der Universität Leipzig.

So sind antifeministische Einstellungen ein grundlegendes Element rechtsradikalen und rechtsextremistischen Denkens. Sie haben sich als ein Identifikations- und Identitätsmerkmal stabilisiert. Wer rechtsextrem ist, neigt zum Antifeminismus, und wer antifeministisch ist, neigt zum Rechtsextremismus.

Antifeministische Einstellungen und Ressentiments ziehen sich durch alle Bereiche des Alltagslebens: Sie sind zu finden in Internet-Memes, Foren, Chats, Kunst und Musik, aber auch im Schul- und Berufsleben, in Partnerschaften, Familien und Freundschaftsbeziehungen. Öffentliche wie private Diskurse bringen immer wieder antifeministische Haltungen zutage. Hinter diesen Einstellungen vermuten die Autor*innen der Leipziger Studie tieferliegende Ressentiments, welche eng mit anderen Ideologien und Rassismen verbunden sind und die unter bestimmten Bedingungen an die Oberfläche kommen.

In der Rechtsextremismus- und Autoritarismusforschung wurden Geschlechterverhältnisse und Antifeminismus bislang wenig beachtet. Die Leipziger Autoritarismus-Studie 2020 hellt mit ihren Ergebnissen dieses Forschungsfeld auf. Die Mitautorin der Leipziger Studie, Charlotte Höcker, stellt im Fachgespräch ihre Forschungsergebnisse vor. Juliane Lang, seit Jahren wissenschaftlich und journalistisch mit dem Thema befasst, kommentiert. Anschließend sind alle Teilnehmenden zur Diskussion eingeladen.

Mit:

  • Charlotte Höcker (Universität Leipzig)
  • Juliane Lang (Universität Gießen)

Die Veranstaltung wird in Deutsche Gebärdensprache simultan übersetzt. Für weitere Fragen wenden Sie sich gern an Christiane Bornstedt unter Bornstedt@boell.de.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 28. Januar 2021

Veranstalter: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend plant im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die Verabschiedung von Ratsschlussfolgerungen (RSF) zur Bekämpfung des Gender Pay Gaps auf dem Rat der Europäischen Union für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz (EPSCO) Anfang Dezember 2020.

In den RSF werden zwei Lösungswege für eine gleichberechtigte Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit thematisiert:

(1) Die Schaffung bedarfsgerechter und finanziell erschwinglicher Angebote der Infrastruktur für Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und Haushaltsarbeiten.

(2) Die Gestaltung der institutionellen, politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, um eine gleichberechtigte Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zu fördern.

Die Lösungswege sollen im Rahmen der digitalen Fachveranstaltung „Wechselwirkungen von Gender Pay Gap und Gender Care Gap: Welche Erkenntnisse gibt es und wie können wir die Geschlechtergleichstellung im Erwerbsleben fördern?“ für Deutschland konkretisiert und diskutiert werden. Dazu haben wir ein spannendes Programm aus Vorträgen und Podiumsdiskussionen vorgesehen, die sich schwerpunktmäßig mit den Themen „Anspruch auf Mobile Arbeit“ und „Professionalisierung von Haushaltsnahen Dienstleistungen“ in Umsetzung der zwei genannten Lösungswegen befassen werden. Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, wird begrüßen.

Wir freuen uns darauf, mit Ihnen und weiteren Expertinnen und Experten aus den Verbänden, der Wissenschaft und der Wirtschaft am 28. Januar 2021 Lösungsansätze für Deutschland zur Umsetzung der Handlungsempfehlungen aus den RSF zu diskutieren. Leiten Sie diese Save-The-Date E-Mail gern an weitere interessierte Personen aus der Fachöffentlichkeit weiter.

Eine Einladung mit detailliertem Programm, dem Link zur Anmeldung und weiteren technischen und organisatorischen Abläufen folgt in Kürze.

AUS DEM ZFF

Der familienpolitische Fachverband Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) freut sich ab dem 01.02.2021 um Unterstützung durch eine*n

Referent*in für die Verbandskommunikation

Neben einem abgeschlossenen Studium einer Sozial- oder Geisteswissenschaft bzw. der Journalistik verfügen Sie über Erfahrungen in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Verbänden und der politischen Kommunikation. In den Themenbereichen der Familien-, Sozial- und Gleichstellungspolitik kennen Sie sich aus.

Die vollständige Stellenausschreibung finden Sie hier.

AKTUELLES

Es kann unromantisch werden nicht über Geld zu reden!

Frisch verliebt und kurz vor der Hochzeit? Da denken Paare an alles, außer an so unromantische Themen wie finanzielle Absicherung, Arbeitsteilung und Altersversorgung.

Nur ein Viertel aller jungen Paare, die heiraten und/oder eine Familie gründen wollen, ist ausreichend informiert über die finanziellen und rechtlichen Folgen, die eine Eheschließung oder Elternschaft für sie hat.

Und wenn Kinder kommen, bleibt in einer heterosexuellen Beziehung immer noch die Frau zuhause und der Mann geht arbeiten, obwohl diese traditionelle Rollenverteilung gar nicht gewünscht war.

Auch wenn kein verliebtes Paar an Scheidung denken mag, es ist wichtig, die gegenseitige finanzielle Absicherung beider Partner*innen im Krisenfall zu besprechen und zu regeln. Was vorher geklärt ist, macht später keinen Ärger.

Mit der Herausgabe der Broschüre "Verliebt, Verlobt, Versorgt" haben das Gleichstellungsbüro und das Familienmanagement der Stadt Hannover die bedeutsame Erkenntnis des 6. Forums Familie 2019 „Über Geld reden wir doch!“ aufgegriffen: Über Geld wird in Paarbeziehungen zu wenig oder zu spät gesprochen. Während die Kurzfassung einen Überblick vermittelt, widmet sich die Langfassung den Inhalten intensiver.

Sie ist erhältlich unter: familienmanagement@hannover-stadt.de oder frauen-und-gleichstellung@hannover-stadt.de

Und steht hier zum Download zur Verfügung.

Die Debatte um den Wert und die Inwertsetzung von hauptsächlich durch Frauen geleistete "Care-Arbeit" ist nicht neu. Früher ein Thema vor allem der Frauenbewegungen, wird es heute in einem gesellschaftlich breiteren Kontext und unter veränderten (gleichstellungs)politischen Vorzeichen diskutiert. Neben unbezahlter Arbeit im eigenen Haushalt werden auch die Arbeitsbedingungen ausgelagerter und (unter)bezahlter Tätigkeiten im Pflegesektor, in der Kinderbetreuung oder im Reinigungsgewerbe in den Blick genommen.

Wie lässt sich diese für Gesellschaft und Wirtschaft unverzichtbare Arbeit aufwerten? Erwogen werden beispielsweise Arbeitszeit- und Sozialversicherungsmodelle, die die Aufwendung für diese Arbeit durchgehend berücksichtigen. Gleichzeitig sollen auch die professionellen Kräfte in diesen Feldern durch mehr Geld und mehr Zeit pro Person bessergestellt werden.

Hier geht es zur Bestellung: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/317863/care-arbeit

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ZFF-Info

ZFF-Info 19/2019

SCHWERPUNKT I: Ausbau Ganztagsbetreuung Grundschule

Bundeskabinett beschließt Errichtung eines Sondervermögens zum Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder

Das Bundeskabinett hat heute das Gesetz zur Errichtung des Sondervermögens zum „Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter“ (Ganztagsfinanzierungsgesetz) auf den Weg gebracht. Damit unterstützt der Bund in dieser Legislaturperiode die Länder mit 2 Milliarden Euro beim Ausbau der kommunalen Bildungsinfrastruktur für die Ganztagsbetreuung.

Die Investitionen dienen der Vorbereitung eines bundesweiten Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter, der ab 2025 in Kraft treten soll. Gefördert werden soll der quantitative und qualitative Ausbau von Ganztagsangeboten über Finanzhilfen für Investitionen an die Länder.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey betont: „Heute sind wir auf dem Weg zum Rechtsanspruch einen großen Schritt weitergekommen – wir wollen mehr Chancengerechtigkeit für alle Kinder und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Eltern. Das wird gerade bei den Frauen zu einer höheren Erwerbsquote und damit auch zu besseren Einkommen und später höheren Renten beitragen. Und es wird dafür sorgen, die Voraussetzungen zu schaffen, dass jedes Kind bestmöglich gefördert wird. Das Sondervermögen ist das Instrument dafür. Die nächsten Schritte hin zur Umsetzung bereiten wir jetzt vor. Und wir fangen ja nicht bei null an – über 50 Prozent der Grundschulkinder in Deutschland sind bereits in einer Ganztagsbetreuung.

Dass es geht, haben wir schon beim Kitaausbau bewiesen: Bund, Länder, Kommunen, Träger und Fachkräfte haben gemeinsam einen Rechtsanspruch möglich gemacht und Hunderttausende zusätzliche Plätze geschaffen. Das muss in der Grundschule weitergehen. Denn da stehen die Erstklässler oft schon um 12 Uhr wieder vor der Haustür, mit leerem Magen, aber mit einem Ranzen voller unerledigter Hausaufgaben. Dass Eltern dann einer geregelten Arbeit nachgehen, ist schlicht nicht möglich. Deshalb brauchen wir den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Mehr Ganztagsbetreuung bedeutet aber natürlich auch mehr Bedarf an Fachkräften. Hier sind jetzt vor allem die Länder gefordert, die Kapazitäten weiter zu erhöhen und gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Der Bund verpflichtet sich mit dem heute beschlossenen Gesetzentwurf, zwei Milliarden Euro an Investitionsmitteln beizusteuern. Das ist ein großer Beitrag des Bundes zu den Gesamtkosten – ich gehe davon aus, dass es nach 2021 weitergehen muss. Wir haben jetzt fünf Jahre Zeit, die Bund, Länder und Gemeinden nutzen müssen, um dieses Vorhaben gemeinsam anzugehen.“

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek erklärt: „Ich freue mich sehr, dass wir heute im Kabinett das Sondervermögen zur Finanzierung des Ganztagsausbaus auf den Weg gebracht haben. Der Bund setzt damit ein klares Signal für den Ganztagsausbau. Die Länder werden in den nächsten Jahren mit 2 Milliarden Euro beim quantitativen und qualitativen Ausbau von Ganztagsangeboten unterstützt. Das neue Gesetz ist ein wichtiger Baustein zur Umsetzung des entsprechenden Auftrages des Koalitionsvertrages von CDU/CSU und SPD.

Der Ganztagsausbau wird vielen Familien weiterhelfen – insbesondere den Kindern und Müttern. Eines ist mir als Bundesbildungsministerin besonders wichtig: Die Qualität der Ganztagsangebote in den Schulen und Horten muss stimmen! Die Talente und Leidenschaften jedes Kindes sollen gefördert werden. Konkret bedeutet das: qualitativ hochwertige Bildungs- und Betreuungsangebote müssen die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler ermöglichen: Die einen brauchen besondere Unterstützung beim Lernen, die anderen sollten durch zusätzliche Angebote gefördert werden. Der Ganztag muss für die Kinder einen echten Mehrwert bringen. Nur dann werden Kinder und Eltern die Ganztagsangebote nutzen.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung engagiert sich seit vielen Jahren für Qualität im Ganztag und bei der Qualifizierung und Professionalisierung des pädagogischen Personals. Denn Fachkräftesicherung und Qualitätssicherung sind aufs Engste verknüpft. Nun müssen Bund und Länder an einem Strang ziehen, um den Rechtsanspruch zu schaffen und den Ganztagsausbau zu ermöglichen.“.

Hintergrund: Ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter erhöhen die Teilhabechancen und individuelle Förderung der Kinder und unterstützen die Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Trotz des Ausbaus der Betreuungsinfrastruktur in den Ländern wird der Bedarf an Ganztagsangeboten für Kinder im Grundschulalter noch nicht gedeckt. Während in manchen Bundesländern die Betreuungsquote bei über 80 Prozent liegt, liegt sie in vielen Regionen deutlich darunter. Der Ausbau der Ganztagsbetreuung im Grundschulalter ist daher auch ein Beitrag zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse.

Im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode ist vereinbart, dass bis 2025 ein bundesweiter Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter eingeführt werden soll. Um dies vorzubereiten, unterstützt der Bund die Länder mit Finanzhilfen in Höhe von zwei Milliarden Euro für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden in den quantitativen und qualitativen Ausbau von Ganztagsangeboten.

Der heute vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf dient dazu, die Finanzmittel für den Ganztagsausbau längerfristig zu sichern. In den Jahren 2020 und 2021 sind dafür jeweils 1 Milliarde Euro für das Sondervermögen vorgesehen, die jeweils zur Hälfte im Haushalt des BMFSFJ und des BMBF etatisiert werden. Die Mittel können bis Ende 2028 für Investitionen verausgabt werden.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 13.11.2019

Zum heutigen Beschluss des Bundeskabinetts zur Errichtung eines Sondervermögens zum Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder erklären Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Ekin Deligöz, Mitglied im Haushaltsausschuss:

Wir unterstützen das Vorhaben der Bundesregierung, einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder zu schaffen. Ein solcher Rechtsanspruch würde Kindern wie Eltern helfen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist gerade für Frauen und insbesondere für Alleinerziehende die zentrale Voraussetzung, um nicht in Armut zu rutschen. Mit Blick auf die Kinder kann der Ganztag dabei helfen, bessere Startchancen zu ermöglichen. Dafür braucht der Ganztag aber eine hohe pädagogische Qualität, die über Mindeststandards verbindlich zu gewährleisten wäre, am besten über das Kinder- und Jugendhilferecht. Bund und Länder müssen die Verhandlungen zum Rechtsanspruch forcieren und möglichst bald zum Abschluss bring en. Um den Rechtsanspruch 2025 zu ermöglichen, müssen erhebliche bauliche Maßnahmen unmittelbar in Angriff genommen werden. Angesichts prognostizierter Investitionsbedarfe von über 7,5 Milliarden Euro kann die von der Bundesregierung jetzt bereitgestellte eine Milliarde Euro für 2020 in einem Sondervermögen nur ein Anfang sein. Wir fordern deshalb im Haushaltsverfahren des Bundes als nächsten Schritt für das kommende Jahr die Verdopplung der Mittel, die dann ab Jahresbeginn beantragt werden können. Das ermöglicht es, frühzeitig in die Vorhaben einzusteigen und schafft Planungssicherheit.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 13.11.2019

„Das Bundeskabinett hat heute erste Regelungen zur Ganztagsbetreuung beschlossen. Das wird auch höchste Zeit, denn angesichts der immer größer werdenden Nachfrage nach Ganztagsplätzen besteht dringender Handlungsbedarf“, erklärt Birke Bull-Bischoff anlässlich der aktuellen Beschlüsse der Bundesregierung. Die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE weiter:

„Das gemeinsame Lernen in der Ganztagsschule ist ein wesentlicher Schritt in Richtung mehr Bildungsgerechtigkeit, nicht nur für Schüler aus problembelasteten Familien mit wenig Geld und wenig Schulerfolg. Es ist also zu begrüßen, dass die Bundesregierung endlich erkannt hat, dass der Ausbau der Ganztagsbetreuung mehr als überfällig ist.

Das Ganze bleibt jedoch nur ein Pappkamerad, wenn nicht neben den Investitionen in die Gebäude für die Ganztagsbetreuung auch eine Beseitigung des dramatischen Fachkräftemangels stattfindet. Nach Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung fehlen im Jahr 2025 über 26.000 Absolventen für das Grundschullehramt, die Zahl der in den nächsten Jahren zusätzlich benötigten Erzieherinnen und Erzieher in der Kita und im Hort gibt das Institut der deutschen Wirtschaft Köln mit 215.000 an. Diese Zahlen zeigen, wie dramatisch die Situation in diesem Bereich ist.

Deshalb brauchen wir eine Gemeinschaftsaufgabe Bildung. Die Grundgesetzänderung muss genutzt werden, um eine Fachkräfteoffensive auf den Weg zu bringen, die ihren Namen auch verdient.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 13.11.2019

Bund beteiligt sich am Ausbau der Betreuungsplätze

Heute hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Errichtung des Sondervermögens „Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter“ beschlossen. Dazu erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Nadine Schön:

„Ob Rechtsanspruch auf Kita-Platz oder Elterngeld – Große familienpolitische Meilensteine kommen meistens von der Union. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist aber nicht nur im Kleinkindalter ein Problem, sondern auch in der Schulzeit. Eltern wünschen sich eine verlässliche Betreuung von Schulkindern. Das zu realisieren muss ein gemeinsames Anliegen von Bund, Ländern und Kommunen sein. Genau das gehen wir nun an: Ab 2025 soll es einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz am Nachmittag geben. Dafür wird der Bund die Länder beim Ausbau finanziell unterstützen. Heute haben wir dafür einen wichtigen ersten Schritt getan: Der Bund stellt seinen finanziellen Beitrag für den Ausbau bereit: 1 Mrd. EUR für 2020, eine weitere Mrd. EUR für 2021.

Das ist ein wichtiger Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und ein weiteres Beispiel dafür, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hält, was sie verspricht.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 13.11.2019

Das Bundeskabinett hat gestern der Errichtung eines Sondervermögens über 2 Milliarden Euro zum Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter zugestimmt. Aus Sicht der AWO ist das nur ein kleiner Fortschritt. Der Verband fordert die schnelle Einführung des Rechtsanspruchs. Hierzu erklärt Wolfgang Stadler, Bundesvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt:

„Die Entscheidung des Bundeskabinetts hat eine rein haushaltsrechtliche Relevanz und ist daher eher technischer Natur. Die bereits für diese Legislaturperiode im Bundeshaushalt eingeplanten 2 Milliarden Euro an Investitionshilfen für die Länder würden ansonsten am Ende der Legislaturperiode verfallen, wenn sie nicht bis dahin verausgabt sind. Um diese Unsicherheit zu beseitigen und die bereits vorhandenen Bundesmittel für spätere Zeiträume zu sichern, war die Errichtung eines Sondervermögens erforderlich. So sind die Mittel bis Ende 2028 dem Zugriff des Bundesfinanzministers entzogen. Damit ist leider in der Sache selbst kein qualitativ neuer Fortschritt erreicht! Dies sieht offensichtlich auch die Bundesregierung so, wenn sie darauf hinweist, dass jetzt weitere gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht werden müssen, die den eigentlichen Rechtsanspruch festschreiben. Und dies ist noch ein sehr schwieriger Weg.

Denn eines ist klar: Der Rechtsanspruch weckt bei allen Beteiligten hohe Erwartungen, denn die Qualität der Ganztagsangebote in den Schulen und Horten muss stimmen! Seriöse Berechnungen des Deutschen Jugendinstituts gehen von einer Bedarfsquote von bis zu 79 % der anspruchsberechtigten Kinder ab 2025 aus. Um diesen Bedarf zu decken, müssen bis zu 1.130.000 neue Ganztagsplätze geschaffen werden, mit einem voraussichtlichen Investitionsbedarf bis 2025 von bis zu 7,5 Milliarden Euro und laufenden Betriebskosten pro Jahr ab 2025 von bis zu 4,5 Milliarden Euro. Diese Berechnungsgrundlage ist inzwischen auch von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für weitere Verhandlungen akzeptiert.

Wir ahnen: Hier sind noch dicke Bretter zu bohren! Fehlende Grundstücke für Schulerweiterungen, fehlende Baufirmen, schleppende Baugenehmigungsverfahren, fehlendes qualifiziertes Personal sind einige der Hürden, die bis 2025 genommen werden müssen. Nur wenn Bund, Länder und Kommunen diese Mammutaufgabe gemeinsam angehen und solidarisch die hohen Kosten teilen, ist der Weg für die Umsetzung eines gut gemachten Rechtsanspruchs auf Ganztagsangebote vorbereitet. Die AWO ist überzeugt davon, dass diese große bildungs- und sozialpolitische Herausforderung in die Zukunft unserer Kinder, in eine gerechtere Gesellschaft, den Mut aller zu guten Lösungen erfordert. Wir sagen hierzu unsere Unterstützung zu. Die AWO wird sich weiterhin für eine richtungsweisende gesetzliche Regelung im Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie in den flankierenden Regelungen für Ganztagsangebote im schulischen Kontext einsetzen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 14.11.2019

SCHWERPUNKT II: Internationaler Tag der Kinderrechte / Kinderrechte ins Grundgesetz

Vor 30 Jahren, am 20.11.1989, wurde die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet, mit der zum ersten Mal überhaupt die Rechte von Kindern festgelegt wurden: darunter das Recht auf Schutz vor Gewalt, auf Bildung und auf Beteiligung. Anlässlich des 30. Jahrestags der Verabschiedung der Konvention hat Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey heute den „Zweiten Kinderrechtereport“ von Kindern und Jugendlichen entgegengenommen. In dem Bericht bewerten Kinder und Jugendliche die Umsetzung der Kinderrechte und stellen ihre Forderungen vor. Unter anderem werden Beteiligungsprojekte zu Kinderrechten aufgeführt, die Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis 17 Jahren umgesetzt haben. Außerdem enthält der Kinderrechtereport Ergebnisse einer deutschlandweiten Online-Umfrage unter Kindern und Jugendlichen. Schwerpunkte des Berichts sind die Rechte von Kindern auf Nicht-Diskriminierung, Beteiligung, Schutz vor Gewalt und angemessene Lebensbedingungen.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Die Zeit ist reif dafür, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Deshalb wollen wir noch in diesem Jahr ein Gesetzgebungsverfahren anstoßen. Denn Kinder haben eigene Bedürfnisse und brauchen deshalb besondere Rechte. Uns geht es darum, dass die Interessen von Kindern und Jugendlichen bei allen Entscheidungen des Staates berücksichtigt werden, die sie betreffen. Und auch die Beteiligung soll verbessert werden: Junge Menschen sollen künftig ganz selbstverständlich in Entscheidungen von Politik, Verwaltung und Justiz einbezogen werden. Auch die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre halte ich für sinnvoll. Das Ziel: Deutschland zu einem noch kinderfreundlicheren Land zu machen, in dem alle Kinder gut aufwachsen und ihren Weg gehen können.“

Kinder und Jugendliche fordern Recht auf Beteiligung

Zu den Kernforderungen der Kinder und Jugendlichen in dem Bericht gehört die Stärkung ihres Rechts auf Mitbestimmung, etwa durch die Herabsenkung des Wahlalters und die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz. Wichtig ist den Kindern und Jugendlichen auch mehr Aufklärung über das Recht auf gewaltfreie Erziehung und klare Anlaufstellen, an die sie sich bei Gewalterfahrungen wenden können. Sie wünschen sich außerdem, dass alle Kinder gleiche Chancen haben und niemand aufgrund der Herkunft schlechter behandelt wird.

Mehr Informationen über die Forderungen und Inhalte des „Zweiten Kinderrechtereports“ finden Sie hier: www.kinderrechtereport.de

Der Kinderrechtereport dokumentiert zum zweiten Mal nach 2010 den Stand der Kinderrechte in Deutschland. Erarbeitet wurde er von Kindern und Jugendlichen gemeinsam mit der vom BMFSFJ geförderten „National Coalition – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention“. Der Bericht gibt Kindern und Jugendlichen eine Stimme im Berichtsverfahren der Vereinten Nationen zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention in Deutschland.

Bereits am 4. April hat die Bundesregierung den Fünften und Sechsten Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland zur Kinderrechtskonvention eingereicht. Dieser informiert über die wichtigsten Schritte zur Stärkung der Rechte von Kindern in Deutschland seit 2014.

Damit Kinderrechte bekannter werden, hat das Bundesfamilienministerium außerdem einen Kinderrechte-Bus auf Deutschland-Tour geschickt. Mehr Informationen dazu finden Sie hier: www.kinder-ministerium.de

Hintergrund zur Kinderrechtskonvention:

Am 20. November 2019 wird die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen 30 Jahre alt. Das Menschenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen gilt für alle Kinder unter 18 Jahren und besteht aus insgesamt 54 Artikeln. Basis der Konvention sind vier Grundprinzipien: das Diskriminierungsverbot, das Recht auf Leben und persönliche Entwicklung, das Beteiligungsrecht und der Vorrang des Kindeswohls.

In Deutschland gilt die Kinderrechtskonvention seit dem 5. April 1992. Deutschland hat sich damit verpflichtet, dem Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes gemäß Artikel 44 der Kinderrechtskonvention regelmäßig Berichte über die Umsetzung der Kinderrechte und die dabei erzielten Fortschritte vorzulegen. Auf Grundlage des Staatenberichts sowie ergänzender Berichte der Zivilgesellschaft wird der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes der Bundesrepublik Deutschland Empfehlungen zur weiteren Umsetzung der Kinderrechte aussprechen.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 15.11.2019

Heute werden die Kinderrechte der Vereinten Nationen 30 Jahre alt. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist das ein guter Anlass, für starke Rechte für starke Kinder und Jugendliche zu werben. Wir begrüßen, dass Justizministerin Christine Lambrecht noch in diesem Jahr einen Gesetzesentwurf für Kinderechte im Grundgesetz vorlegen wird.

„Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen die Kernelemente der VN-Kinderechtskonvention im Grundgesetz festschreiben. Nur in unserer wichtigsten Wertesammlung, dem Grundgesetz, können sie die erforderliche Strahlkraft in unsere gesamte Gesellschaft entfalten.

Alle Kinder und Jugendlichen sollen einen grundgesetzlich verbrieften Anspruch darauf haben, gefördert, beteiligt und geschützt zu werden. Wir unterstützen Familienministerin Franziska Giffey in dem Ziel, Deutschland noch kinderfreundlicher zu machen.

Viele starke Kinder und Jugendliche sind heute sehr aktiv. Sie setzen sich für wichtige Zukunftsfragen, wie Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit ein. Sehr viele sind zuversichtlich und fordern, unsere gemeinsame Zukunft bestmöglich zu gestalten. Das geht auch aus der aktuellen Shell-Jugendstudie 2019 mit dem Untertitel ‚Eine Generation meldet sich zu Wort‘ hervor.

Kinder und Jugendliche sind Expertinnen und Experten in eigner Sache. Deshalb wollen wir, dass sie gehört werden. Damit sie früher unsere gemeinsame Zukunft mitgestalten können, fordern wir darüber hinaus eine Absenkung des Wahlalters.

Mit unseren Forderungen für starke Kinderrechte stärken wir auch die Rechte und die Verantwortung der Eltern. Denn gerade auch die Eltern profitieren von kinderfreundlichen Bedingungen im Alltag.

Mit ausdrücklich im Grundgesetz niedergeschriebenen Kinderrechten würde Deutschland zu einem besseren Ort für Kinder und Jugendliche.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 20.11.2019

Zum morgigen 30. Jahrestag der UN-Kinderrechtskonvention erklären Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Kai Gehring, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe:

Vor genau dreißig Jahren hat die Weltgemeinschaft ein Übereinkommen vorgelegt, das in 54 Artikeln die Menschenrechte für die spezielle Situation von Kindern definiert. Ein zivilisatorischer Meilenstein, der aber in der Umsetzung noch längst nicht Realität geworden ist.

Auch in Deutschland werden die Rechte von Kindern nicht umfassend beachtet. Kinderrechte gehören ins Grundgesetz, damit der Staat endlich dazu verpflichtet wird, die Interessen und Bedürfnisse von Kindern zur Chefsache zu machen. Parlamente, Verwaltung und Gerichte müssen dann bei all ihren Entscheidungen das Kindeswohl maßgeblich berücksichtigen. Der Kampf gegen das beschämende Ausmaß an Kinderarmut, die ungleichen Startchancen im Bildungssystem und die Ungleichbehandlung in der Gesundheitsversorgung müsste dann endlich nach oben auf die Agenda der politischen Entscheider.

Eines ist klar: Starke Kinder brauchen starke Kinderrechte. Und starke Kinderrechte gibt es nur mit einer starken Formulierung in der Verfassung. Die Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention, das Recht auf Schutz, Förderung und Beteiligung sowie die Orientierung des Staates am Kindeswohl müssen explizit aufgenommen werden. Das fordern wir von einem Gesetzentwurf der Bundesregierung ein. Denn eine schwache Formulierung hilft niemandem und findet auch nicht unsere Unterstützung.

Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz hätte auch international eine positive Signalwirkung.

Deutschland hat eine globale Verantwortung, die zu beherztem Handeln führen muss. Trotz einzelner Fortschritte ist die dreißigjährige Zwischenbilanz und Lage der Kinderrechte weltweit alles andere als zufriedenstellend, denn noch immer sind viel zu viele Kinder arm, unterernährt oder werden versklavt. 385 Millionen Kinder leben in extremer Armut, 150 Millionen Kinder sind chronisch unterernährt, 420 Millionen Kinder sind von Kriegen und Konflikten betroffen, jeder vierte Todesfall in einem Alter von unter fünf Jahren ist laut WHO auf Umweltverschmutzung zurückzuführen.

2020 wird Deutschland eine besonders exponierte Rolle haben: Wir werden weiterhin dem UN-Sicherheitsrat und ab nächstem Jahr wieder dem UN-Menschenrechtsrat angehören sowie die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. Diesen Dreiklang muss die Regierung nutzen, um Kinderrechte weltweit zu verbessern. Deutschland braucht eine menschenrechtsbasierte und endlich auch kindgerechte Außenpolitik.

Kinder sind in besonderem Maße von Krisen und Konflikten betroffen. Sie müssen hierzulande und weltweit breiter über ihre Rechte informiert, in Problemlösungen einbezogen und bei der Ausübung ihrer Rechte unterstützt werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 19.11.2019

„Die Kinderrechtskonvention ist ein Meilenstein in der Verankerung von Schutz, Förderung und Beteiligung von Kindern und Jugendlichen weltweit. Die UN hat es in einer mehr als außergewöhnlichen Weltlage 1989 geschafft, diese Prinzipien zu verabschieden und mahnt seitdem zu ihrer Erfüllung. Umso erschreckender ist, dass die Bundesrepublik ihrer Verantwortung immer noch nicht nachgekommen ist: Sie hat weder die Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen, noch ist sie dem Massenphänomen Kinderarmut wirksam begegnet“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den 30. Jahrestag der UN-Kinderrechtskonvention am 20. November. Müller weiter:

„Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz könnte der nächste Meilenstein sein, der mit einer Debatte um die Belange junger und künftiger Generationen unweigerlich einherginge. Stattdessen duckt die Bundesregierung sich weg und hat offensichtlich den Geist der Kinderrechtskonvention auch nach 30 Jahren nicht verstanden. Die Bundesregierung muss endlich mit dem Herumlavieren aufhören und einen Gesetzentwurf zur Aufnahme umfassender Kinderrechte in das Grundgesetz vorlegen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 19.11.2019

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages teilt mit:

„Am 20. November 1989 wurden die Kinderrechte von der Vollversammlung der Vereinten Nationen in der Konvention über die Rechte des Kindes festgeschrieben. In 54 Artikeln werden allen Kindern auf der Welt völkerrechtlich die gleichen verbindlichen Mindeststandards verbrieft. Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages als Interessenvertretung der Kinder und Jugendlichen in Deutschland setzt sich mit ihrem Arbeitsprogramm aktiv für die Einhaltung und Stärkung der Rechte der Kinder ein.

Gerade zum 30. Jahrestag der Konvention ist es für die Kinderkommission noch einmal besonders wichtig, den mit dem Übereinkommen verbundenen Auftrag ins Zentrum von Politik und Gesellschaft zu stellen und Verbesserungen bei der Umsetzung der Kinderrechte einzufordern.

Der Vorsitzende der Kinderkommission des Deutschen Bundestags, Johannes Huber, erklärt hierzu im Namen des Gremiums: ‚Kinder haben das Recht auf ein gewaltfreies Aufwachsen. Hier haben wir auch in Deutschland noch erheblichen Nachholbedarf. Wie die jüngsten Vorfälle in Lügde zeigen, sind die Strukturen für das Erkennen von Missbrauch und für die Durchführung ordnungsgemäßer Ermittlungen mangelhaft.

Es ist unser gemeinsames Anliegen, dieses Thema zu beleuchten und das Recht auf ein gewaltfreies Aufwachsen für jedes Kind zu stärken.

Darüber hinaus wollen wir uns aber auch dafür einsetzen, dass die Prävention verbessert und Kinder in ihren Rechten gestärkt werden. Die Bemühungen mehrerer Fraktionen des Deutschen Bundestages, die Kinderrechte gemäß den Empfehlungen der UN-Kinderrechtskonvention stärker im Grundgesetz zu verankern, begrüßt die Kinderkommission daher grundsätzlich‘.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 18.11.2019

Im Jahr 2018 waren 2,4 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Im Vergleich zum Vorjahr waren das 6% weniger. Gleichzeitig haben die Jugendämter bei rund 50400 Kindern und Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung aufgrund von Gewalt oder Vernachlässigung festgestellt, 10% mehr als 2017. Anlässlich des Internationalen Tages der Kinderrechte am 20. November 2019 trägt das Statistische Bundesamt (Destatis) exemplarisch Fakten zur Situation der rund 13,6 Millionen minderjährigen Kinder und Jugendlichen in Deutschland für das Jahr 2018 zusammen.

30 Jahre UN-Kinderrechtskonvention

Am 20. November 1989 – also vor 30 Jahren – hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Übereinkommen über die Rechte des Kindes angenommen: die UN-Kinderrechtskonvention. Sie besteht aus insgesamt 54 Artikeln, die minderjährigen Kindern und Jugendlichen grundlegende Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte zusichern. Unter anderem ist dort das Recht auf Familie, Fürsorge und ein sicheres Zuhause festgehalten. Auch wenn der Großteil der Kinder und Jugendlichen in Deutschland mit mindestens einem Elternteil in einer der rund 8,0 Millionen Familien zusammenwohnt, ist dies nicht für alle Kinder selbstverständlich.

Das Recht auf eine Familie, Fürsorge und ein sicheres Zuhause

Wird ein Kind vorübergehend oder dauerhaft von seiner Familie getrennt, sichert die Kinderrechtskonvention den Betroffenen verschiedene alternative Formen von Betreuung zu. So waren 95000 Kinder oder Jugendliche im Jahr 2018 in einem Heim untergebracht. Weitere 81400 Kinder oder Jugendliche lebten in einer Pflegefamilie, darunter 28 % in Verwandten- und 72% in Fremdpflege.

Können, dürfen oder wollen die Eltern das Kind nicht selbst groß ziehen, besteht – sofern dies dem Kindeswohl dient – die Möglichkeit einer Adoption: Von den rund 3700 Adoptionen im Jahr 2018 wurde der Großteil, (61%) von Stiefeltern vorgenommen. In 171 Fällen (5%) handelte es sich um eine internationale Adoption.

Recht auf Leistungen der sozialen Sicherheit und angemessene Lebensbedingungen

In Artikel 26 und 27 der UN-Kinderrechtskonvention ist zudem das Recht jeden Kindes auf einen Lebensstandard festgehalten, der ihn in seiner körperlichen und sozialen Entwicklung fördert. Nach der EU-weiten Haushaltserhebung EU-SILC (European Survey on Income and Living Conditions) waren in Deutschland im Jahr 2018 mit 17,3% etwas weniger Kinder und Jugendliche von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht als im Vorjahr (18,0%) – es konnten sich auch wieder mehr Haushalte mit Kindern eine einwöchige Urlaubsreise leisten: Während 2017 noch 15,5% der in Haushalten mit Kindern lebenden Personen angaben, dass dies für sie finanziell nicht möglich sei, waren es zuletzt 13,4% dieser Personen.

Schutz vor Gewalt, Misshandlung, Missbrauch und Verwahrlosung

Nach der UN-Kinderrechtskonvention stehen Kinder unter dem besonderen Schutz des Staates. Im Jahr 2018 haben die Jugendämter in Deutschland im Rahmen ihres Schutzauftrages bei rund 50 400 Kindern und Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung aufgrund von Vernachlässigung, psychischer, körperlicher oder sexueller Gewalt festgestellt – das waren 10% mehr als im Vorjahr.

2018 wurden in diesem Zusammenhang auch mehr Minderjährige in Deutschland zu ihrem Schutz in Obhut genommen: In rund 6200 Fällen haben die Jugendämter Kinder oder Jugendliche aufgrund von Misshandlungen, in 6000 wegen Vernachlässigungen und in 840 Fällen aufgrund von sexueller Gewalt zu ihrem Schutz vorübergehend in Obhut genommen. Weil eine Gefährdung des Kindeswohls anders nicht abzuwenden war, haben die Familiengerichte 2018 zudem in rund 7500 Fällen einen vollständigen und in weiteren 8500 Fällen einen teilweisen Entzug der elterlichen Sorge angeordnet.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 19.11.2019

Anlässlich des heutigen Weltkindertages der Vereinten Nationen erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Heute vor 30 Jahren wurde die Kinderrechtskonvention durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Das war ein Meilenstein, denn Kinderrechte sind Menschenrechte! Entsprechend sollten Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden.

Die Anerkennung kindlicher Rechte und Bedarfe ist auch die Grundlage unseres Handelns unddie tragende Idee der Kindergrundsicherung. Dafür setzen wir uns gemeinsam im Bündnis Kindergrundsicherung ein. Die Kindergrundsicherung soll als eigenständiger Leistungsanspruch bei den Kindern liegen und das soziokulturelle Existenzminimum verlässlich bereitstellen.

Die Kindergrundsicherung ist ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Kinderarmut. Sie ist notwendig, denn Kinderarmut ist weiterhin bittere und konstante Realität in Deutschland. Jedes 5. Kind wächst in finanziell unsicheren Umständen auf. Das wirkt sich langfristig nachteilig auf die Lebenschancen der Betroffenen aus. Diesen Befund hat die kürzlich veröffentlichte AWO-ISS-Langzeitstudie aufgezeigt: Ein Drittel der in der Kindheit armutsbetroffenen Menschen ist heute im jungen Erwachsenenalter weiterhin arm. Wir fordern daher eine präventiv ausgerichtete Politik gegen Armut! Das heißt für uns: Umverteilung zu Gunsten der Kinder und Investitionen in die Unterstützungsstrukturen, die sie tragen: die Familien, die Schulen und die soziale Infrastruktur!“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 20.11.2019

Zum 30. Jahrestag der UN-Kinderrechtskonvention fordert Verbandspräsident Klaus Zeh eine familiengerechte Gesamtpolitik für die Umsetzung von Kinderrechten in Deutschland.

(Berlin). Kinder haben ein Recht auf Wohlergehen sowie auf angemessene Lebensverhältnisse und Unterhalt. Damit es ihnen gut geht, muss es auch ihren Familien gut gehen. „Familien, insbesondere solche mit mehreren Kindern, sind jedoch armutsgefährdet“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV. Im Horizontalen Vergleich zeigt der Familienverband seit Jahren, dass schon eine Familie mit zwei Kindern und einem durchschnittlichen Einkommen von 35.000 Euro – nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben – unter die Armutsgrenze rutscht. „Armut trifft heute nicht nur einkommensschwache Familien, sondern ragt bis in die Mittelschicht hinein. Ein Gehalt genügt nicht mehr, um die Familie zu versorgen“, so Zeh.

Zur finanziellen Belastung kommt die Benachteiligung von Eltern und Kindern am Wohnungsmarkt. Immer mehr Familien können sich keine familiengerechten Wohnungen leisten oder Wohneigentum bilden – mit negativen Auswirkungen auf das Wohl und die Entwicklung der Kinder. „Familien werden immer mehr in zu enge Wohnungen oder benachteiligte Wohnanlagen gedrängt“, sagt der DFV-Präsident.

Für Kinder und Jugendliche in Deutschland besteht ein weiterer, wesentlicher Mangel beim Wahlrecht. „Wer unter 18 Jahren alt ist, darf nicht an den Bundestagswahlen teilnehmen. Ohne das Wahlrecht fehlt Kindern aber ein wesentliches Mittel politischer Teilhabe. Denn die Entscheidungen, die heute gefällt werden, betreffen sie in der Zukunft“, so Zeh. Aus diesem Grund fordere der DFV ein Wahlrecht für alle Staatsbürger von Geburt an. Dies werde so lange von den Eltern stellvertretend ausgeübt, bis die Kinder wahlmündig seien.

Kinderrecht auf elterliche Zeit

In der Diskussion über Kinderrechte bleibt bisher gänzlich unberücksichtigt, dass Kinder unter den beruflichen Anforderungen ihrer Eltern zu leiden haben. „Eltern stehen immer stärker unter dem Druck, sich an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes anzupassen. Selbst gesetzlich garantierte Schutzzeiten wie die dreijährige Elternzeit sind nicht mehr selbstverständlich“, sagt Zeh. Der DFV-Präsident bemängelt, dass Eltern mit beruflichen und finanziellen Nachteilen rechnen müssen, wenn sie sich für die Erziehung von Kindern entscheiden.

„Kinder haben ein Recht auf die Zeit ihrer Eltern. Die Bedeutung elterlicher Zeit für ihre Entwicklung muss stärker in den Vordergrund rücken“, so Zeh. Zum 30. Jahrestag der Übereinkunft der Vereinten Nationen über die Rechte von Kindern bekräftigt der DFV-Präsident die Verbandsforderung nach einer familiengerechten Gesamtpolitik: „Kinderrechte lassen sich nur durch Familiengerechtigkeit in unterschiedlichen Bereichen der Politik verwirklichen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 19.11.2019

Anlässlich des Internationalen Tags der Kinderrechte am 20. November hält Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, es für unerlässlich, Kinderrechte auch in der Rückkehrpolitik zu beachten:

„Geflüchtete Kinder haben die gleichen Rechte wie alle Kinder – auch in Ankereinrichtungen. Im Rahmen des Ankerkonzepts werden Aufnahmezentren für Flüchtlinge zunehmend zu Ausreisezentren für abgelehnte Asylsuchende.

Ankerzentren sind keine angemessenen und sicheren Orte für Kinder! Kinder brauchen Schutz vor Gewalt und eine gute medizinische Versorgung. Häufig sind geflüchtete Kinder traumatisiert, sodass sie psychotherapeutische Unterstützung benötigen. Ein regelmäßiger Schulbesuch ist ebenso notwendig wie ausreichend Spiel- und Entfaltungsmöglichkeiten. Ankerzentren werden diesen Maßstäben in keinster Weise gerecht. Die Bedürfnisse und Rechte von Kindern werden wissentlich missachtet. Das darf so nicht weitergehen! Bei allen staatlichen Maßnahmen muss das Kindeswohl an erster Stelle stehen. Das gilt für die Aufnahme- wie auch für die Rückkehrpolitik.

Zum Hintergrund:

Es ist das Recht des Staates, die Ausreisepflicht von Menschen durchzusetzen, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben. Dies muss jedoch im Rahmen des geltenden Rechtes geschehen. Entsprechend der UN-Kinderrechtskonvention ist bei allen staatlichen Maßnahmen das Kindeswohl als vorrangiger Gesichtspunkt zu berücksichtigen. Dem werden die Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge oft nicht gerecht. Zudem bleiben geflüchtete Kinder oft über Jahre hinweg ausgeschlossen von sozialer Teilhabe im prekären Duldungszustand hängen, wenn der Asylantrag der Eltern abgelehnt wurde. So können sie keine Perspektive für sich entwickeln.

Sie werden nicht abgeschoben, aber ein Aufenthaltsrecht bleibt ihnen gleichfalls verwehrt.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 19.11.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk beklagt die äußerst unterschiedliche und teils mangelhafte Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland. „30 Jahre nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention stehen wir in Deutschland im Hinblick auf Kinderrechte vor einem föderalen Flickenteppich. So sind beispielsweise die Kinderarmutsquoten sehr unterschiedlich, oder die Beteiligungsrechte von Kindern nur teilweise gesetzlich abgesichert. Deshalb sollten die Kinderrechte systematisch ausgebaut und strukturell verankert werden, zuvorderst im Grundgesetz. Das ist zum einen rechtlich geboten, und wird zum anderen auch unsere Demokratie langfristig stärken“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Anfang Dezember veröffentlicht das Deutsche Kinderhilfswerk die Pilotstudie „Kinderrechte-Index“. Darin wird zum ersten Mal der Stand der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in den deutschen Bundesländern gemessen und ausgewertet. Der „Kinderrechte-Index“ beleuchtet verschiedene Lebensbereiche von Kindern und die damit verbundenen Politikfelder. Er soll damit ein Instrument für die Landesregierungen sein, um die Stärken und Schwächen ihrer Kinder- und Jugendpolitik zu überprüfen und diese dann gezielt zu verbessern. So wird etwa das Kinderrecht auf Bildung mit 24 Indikatoren überprüft. Dazu gehören beispielsweise die Verankerung von Kinderrechten in Bildungs- und Rahmenplänen für Schulen und Kitas, der Anteil des Bildungsbudgets am Landeshaushalt, die Einschätzung von Kindern hinsichtlich der Medienbildung oder Schulabbruchsquoten.

„Mit der Entwicklung eines systematischen Kinderrechte-Monitorings in Deutschland leisten wir Pionierarbeit. Noch immer steht Deutschland bekanntermaßen vor großen ungelösten Herausforderungen bei der Umsetzung von Kinderrechten. Beispielsweise bei der Bekämpfung der Kinderarmut, der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an sie betreffenden Entscheidungen, im Hinblick auf die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz oder bei der Durchsetzung von gleichen Rechten für alle Kinder ohne Diskriminierung hat die Bundesrepublik auch im Jahr 2019 weiterhin großen Nachholbedarf. Dabei zeigt der Kinderrechte-Index ganz deutlich, dass die Umsetzung der Kinderrechte an vielen Stellen keine Frage der Kassenlage, sondern des politischen Willens ist“, so Krüger weiter.

Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes feiert heute ihren 30. Geburtstag. „Seit ihrer Verabschiedung im Jahr 1989 hat dieses wichtige Abkommen weltweit und in Deutschland geholfen, das Leben von Kindern zu verbessern. Ihrer Perspektive wird heute mehr Aufmerksamkeit geschenkt, Kinder mehr als eigenständige Persönlichkeiten angesehen. Trotzdem werden nach wie vor die Interessen von Kindern im täglichen Leben und im Handeln von Behörden und Verwaltungen vielfach übergangen. Hier müssen Bund, Länder und Kommunen mehr Anstrengungen als bisher unternehmen. Kinderpolitik auf Augenhöhe, mit einer stärkeren Berücksichtigung von Kinderinteressen und mehr Beteiligung von Kindern muss das Gebot der Stunde sein“, so Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 20.11.2019

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt den Vorschlag von Justizministerin Christine Lambrecht für die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz. Damit hat sie den Startschuss für die im Koalitionsvertrag vereinbarte Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz gegeben.

„Der Startschuss für die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz ist gefallen. Die Justizministerin hatte angekündigt, zeitnah einen Formulierungsvorschlag für Kinderrechte im Grundgesetz vorzulegen und hat Wort gehalten. Wenige Tage nach dem 30. Geburtstag der Kinderrechte der Vereinten Nationen hat sie jetzt geliefert. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist die Regelung der Kinderrechte im Grundgesetz besonders wichtig, weil dadurch in den verschiedensten Bereichen gesichert wird, dass die Belange von Kindern stärker berücksichtigt werden. Für Grundgesetzänderungen sind Zwei-Drittel-Mehrheiten erforderlich. Deshalb sind jetzt auch die anderen kinder- und familienfreundlichen Fraktionen im Deutschen Bundestag aufgefordert, sich konstruktiv einzubringen. Wir wollen die Kinderrechte im Grundgesetz noch in dieser Wahlperiode verankern und erwarten einen zügigen Start der Debatte im Deutschen Bundestag.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 26.11.2019

„Die vorgeschlagene Formulierung ändert nichts an der bereits geltenden Rechtslage, dem können wir so nicht zustimmen“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den heute bekannt gewordenen Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums zur Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz. Norbert Müller weiter:

„Es fehlt unter anderem ein Bekenntnis dazu, dass die staatliche Gemeinschaft Sorge für die altersgerechten Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen zu tragen hat. Es fehlt, dass die Ansichten von Kindern angemessen berücksichtigt werden müssen. Damit bleibt der Gesetzentwurf hinter der UN-Kinderrechtskonvention zurück.

Den Status Quo brauchen wir jedoch nicht in das Grundgesetz aufnehmen – Kinderrechte müssen gestärkt werden, und dies muss sich im Grundgesetz wiederfinden. Die Bundesregierung muss jetzt nacharbeiten, denn ohne LINKE und Grüne fehlt es an der notwendigen Zweidrittelmehrheit. Wir sind zu Gesprächen bereit.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 26.11.2019

Das Bundesjustizministerium hat einen Gesetzentwurf erarbeitet, wonach die Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen werden sollen. Demnach sollen sie in Artikel 6 eingefügt werden.

Hierzu erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt sehr, dass das Bundesjustizministerium einen konkreten Entwurf vorlegt, um die Kinderrechte in unserer Verfassung zu verankern. Damit käme die Bundesregierung endlich einem weiteren Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag nach. Viel wichtiger ist jedoch, dass damit die Verwirklichung der Kinderrechte in Deutschland einen wichtigen Schritt voran gebracht werden würde. Die AWO appelliert daher an die Bundesregierung und den Gesetzgeber, nicht nur diesen Schritt zu gehen, sondern auch dafür Sorge zu tragen, dass Kinder über ihre Rechte informiert, weitere Maßnahmen zu deren Verwirklichung unterstützt und Eltern in ihrem Erziehungsauftrag besser unterstützt werden.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 26.11.2019

Das Aktionsbündnis Kinderrechte begrüßt, dass mit dem heute vorgelegten Gesetzentwurf der Bundesjustizministerin die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz ein großes Stück näher rückt. Allerdings weist das Aktionsbündnis darauf hin, dass die nun vorgebrachte Formulierung den Kindeswohlvorrang und das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Beteiligung noch nicht deutlich genug zum Ausdruck bringt. Es muss schlussendlich eine Formulierung gefunden werden, die sowohl die Gesetzgebung und Rechtsprechung des Bundes und der Länder, als auch die Verwaltungspraxis im Sinne der „besten Kinderinteressen“ nachhaltig beeinflusst, und damit die Lebenssituation der Kinder vor Ort konkret positiv verändert.

Das Aktionsbündnis (Deutsches Kinderhilfswerk, Der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind) tritt dafür ein, dass die UN-Kinderrechtskonvention zwingend Maßstab für die Aufnahme der Kinderrechte im Grundgesetz wird. Die Regelung zu Kinderrechten im Grundgesetz darf im Ergebnis nicht hinter dem zurückbleiben, was in der UN-Kinderrechtskonvention, der Charta der Grundrechte der EU und in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes enthalten ist.

Das Aktionsbündnis Kinderrechte geht davon aus, dass sich der Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren weiterentwickeln wird, um insbesondere den Kindeswohlvorrang und das Beteiligungsrecht von Kindern grundgesetzlich ausreichend im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention abzusichern. Mit der Verankerung dieser beiden sich ergänzenden Prinzipien kann dem Anspruch einer ernsthaften Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention entsprochen und dem aktuellen Umsetzungs- und Anwendungsdefizit der Kinderrechtskonvention in Deutschland entgegengewirkt werden. Für das Aktionsbündnis Kinderrechte ist zudem unabdingbar, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft stattfindet, damit neben politischen Erwägungen auch die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards angemessen Berücksichtigung finden.

Bisher gilt die UN-Kinderrechtskonvention nur als einfaches Bundesrecht in Deutschland, sodass Rechtsanwendende die für alle geltenden Grundrechte nur über eine komplizierte Herleitung des Völkerrechts mit einem besonderen kinderrechtlichen Gehalt auslegen können. Mehr Rechtssicherheit kann nur durch eine klare Regelung von Kinderrechten im Grundgesetz erreicht werden. Denn Grundrechte binden Parlamente, Ministerien, Behörden und Gerichte als unmittelbar geltendes Recht, sodass sie bereits frühzeitig in ihren Entscheidungen eine kinderrechtliche Perspektive einnehmen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk, Der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland und Deutsche Liga für das Kind vom 26.11.2019

SCHWERPUNKT III: Gute-Kita-Gesetz

Gute-KiTa-Verträge mit allen 16 Bundesländern unterzeichnet und veröffentlicht – Auszahlung der 5,5 Mrd. Euro des Bundes an die Länder startet

Auf der Fachkonferenz „Gemeinsam für gute KiTa – Das Gute-KiTa-Gesetz in der Praxis“, hat Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey heute den Startschuss für die Umsetzung des Gute-KiTa-Gesetzes in den Ländern gegeben. Am 20. November wurde der letzte Bund-Länder-Vertrag zum Gute-KiTa-Gesetz geschlossen. Damit kann die Auszahlung der 5,5 Milliarden Euro aus dem Gesetz an die Länder beginnen. In den Ländern wird mit dem Geld in mehr Qualität und weniger Gebühren in der Kindertagesbetreuung investiert.

Ministerin Giffey: „Frühkindliche Bildung ist eine nationale Zukunftsaufgabe. Darum sind wir alle in der Pflicht, die Kommunen, die Länder und der Bund. Es ist nun Aufgabe der Länder die 5,5 Milliarden Euro bis 2022 gut umzusetzen. Das ist das beste Argument dafür, dass das Geld gut investiert ist. Wir haben im Kabinett am 10. Juli 2019 beschlossen, dass der Bund für die Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung auch über 2022 hinaus seine Verantwortung wahrnehmen wird. Ich bin mir mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz einig, dass sich dies auch in der Finanzplanung 2020 bis 2024 abbilden wird, die die Bundesregierung im Sommer 2020 vorlegen wird. Ich habe in den letzten Monaten alle 16 Bundesländer besucht und konnte mich davon überzeugen, dass wir mit dem Gute-KiTa-Gesetz den richtigen Weg eingeschlagen haben. Die Länder haben Maßnahmen ausgewählt, die zur Situation vor Ort passen – zwei Drittel der Mittel gehen in die Verbesserung der Qualität, ein Drittel geht in die Senkung von Gebühren. Jetzt wird das Gesetz in der Praxis mit Leben erfüllt.“

Der Vorsitzende der Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder, Thüringens Minister für Bildung, Jugend und Sport, Helmut Holter sagte: „Das Gute-KiTa-Gesetz ist ein wichtiger Baustein zur Verbesserung der frühkindlichen Bildung in Deutschland. Es ist gut und wichtig, dass mit jedem Land einzelne Vereinbarungen geschlossen wurden. Nur so können wir auf dem Erreichten aufbauen. Eine nachhaltige Umsetzung des Gute-KiTa-Gesetzes kann allerdings nur gelingen, wenn der Bund die notwendigen Gelder über das Jahr 2022 hinaus dauerhaft für die begonnenen Maßnahmen zur Verfügung stellt.“

Mit dem Gute-KiTa-Gesetz unterstützt der Bund die Länder bis 2022 mit rund 5,5 Milliarden Euro bei Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren. Dabei fließen etwa zwei Drittel der durch die Länder verplanten Gelder in Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität und ein Drittel in die Verbesserung der Teilhabe durch Gebührenentlastung. Im Bereich Qualität setzen die Länder Schwerpunkte bei der Verbesserung des Personalschlüssels, bei der Gewinnung und Sicherung von Fachkräften sowie bei der Entlastung von Leitungskräften. Einzelheiten zur Bilanz der Gute-KiTa-Verträge finden Sie im Fakten-Papier anbei.

Die Kindertagesbetreuung soll überall in Deutschland weiterentwickelt werden. Aber jedes Bundesland hat seine eigenen Stärken und Entwicklungsbedarfe. Darum ist das Gute-KiTa-Gesetz wie ein Instrumentenkasten aufgebaut: Die Länder entscheiden selbst, in welche der zehn Handlungsfelder mit welchen Maßnahmen investiert wird. In einem Vertrag halten der Bund und das jeweilige Bundesland fest, wie das Gute-KiTa-Gesetz vor Ort umgesetzt werden soll. Einige Länder haben mit der Umsetzung der Maßnahmen nach dem Gute-KiTa-Gesetz bereits begonnen. Aber auch Länder, die erst jetzt mit der Umsetzung starten, bekommen den vollen Betrag für 2019 und können ihn in den Folgejahren nutzen. Es ist also gesichert, dass kein Euro der Gute-KiTa-Mittel verloren geht.

www.bmfsfj.de/gute-kita-gesetz

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 22.11.2019

Die Verträge zwischen Bund und den 16 Bundesländern zum Gute-Kita-Gesetz sind unter Dach und Fach. Jetzt kann das Geld fließen und je nach Bedarf in den Ländern für mehr Qualität und weniger Gebühren verwendet werden.

„Das Gute-Kita-Gesetz hält, was der Name verspricht. Das zeigen die Verträge zwischen den Bundesländern und dem Bund. Denn entgegen jeder Skepsis werden die Mittel überwiegend für einen Qualitätssprung in den Kitas und der Kindertagespflege sorgen. Konkret wollen die Länder etwa zwei Drittel der Mittel für die Qualitätsverbesserung verwenden – und nur ein Drittel für die Senkung von Gebühren.

Der Bund stellt den Ländern einen Instrumentenkasten aus zehn Handlungsfeldern bereit. Wo auch immer die Länder Bedarf sehen, können sie für mehr Qualität sorgen – etwa für erweiterte Öffnungszeiten, einen guten Betreuungsschlüssel, qualifizierte Fachkräfte, sprachliche Bildung oder kindgerechte Räume. Besonders erfreulich ist: Elf der 16 Länder möchten die Betreuungsschlüssel verbessern, zehn Länder wollen die Bundesmittel nutzen, um Fachkräfte zu gewinnen und zu binden.

Doch die beste Kita und Kindertagespflege nutzt vielen nicht, wenn die Hürden für Kinder zu hoch sind, überhaupt eine Kita zu besuchen. Deshalb werden insbesondere Familien mit geringem Einkommen von den Beiträgen für die Kinderbetreuung befreit.

Mit seiner Finanzspritze von insgesamt 5,5 Milliarden Euro bis 2022 bekennt sich der Bund zu seinem Teil der Verantwortung für die Qualitätsentwicklung in Kitas und in der Kindertagespflege: Indem er dabei hilft, die teilweise enormen Qualitätsunterschiede zwischen den Ländern anzugleichen. Dass das nötig ist, hat auch die Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse erkannt und sich für eine Weiterfinanzierung der Mittel über 2022 hinaus ausgesprochen. Dem hat sich das Bundeskabinett angeschlossen und am 10. Juli 2019 vereinbart, seine Verantwortung auch über 2022 hinaus wahrzunehmen. Abbilden wird sich das in der Finanzplanung 2020 bis 2024, welche die Bundesregierung im Sommer vorlegen wird.

Nur in gemeinsamer Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen werden wir ein Niveau in den Kitas und der Kindertagespflege erreichen, das jedem Kind und jeder Familie mit kleinen Kindern unabhängig vom Einkommen gerecht wird.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 22.11.2019

Zum Start der Umsetzung des sogenannten „Gute-Kita“-Gesetzes erklären KatjaDörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Ekin Deligöz, Mitglied im Haushaltsausschuss:

Das sogenannte „Gute-Kita“-Gesetz ist eine verschenkte Chance. Es wäre zentral wichtig gewesen, einheitliche Mindeststandards für die Qualität der Betreuung in allen Bundesländern zu schaffen. Genau das ist nicht passiert.

Die Vertragsfeierlichkeiten können über die Hauptschwäche des Gesetzes nicht hinwegtäuschen: Die Bundesgelder können viel zu beliebig eingesetzt werden. Nur ein Teil des Geldes fließt in Qualitätsmaßnahmen. Und dort landet es oft in zeitlich befristeten, eher punktuell ausgerichteten Programmen. Eine flächendeckend hochwertige und dauerhafte Qualität der Betreuung wird, anders als Name und Marketing es vermitteln sollen, durch das Gesetz nicht gewährleistet.

Es war gut, dass sich die Bundesregierung zu einer finanzkräftigen Qualitätsinitiative entschieden hatte. Leider setzt Giffey jedoch auf ein Wünsch-dir-was-Gesetz statt auf verbindliche Qualitätsstandards. Die ursprüngliche Intention für die Initiative wird spätestens durch die Tatsache konterkariert, dass nun gut ein Drittel des Geldes gar nicht für die Qualität, sondern für Beitragsbefreiungen eingesetzt wird. Von den 5,5 Milliarden Euro des Bundes sind das sage und schreibe 1,75 Milliarden Euro. Das ist die falsche Priorität zum jetzigen Zeitpunkt.

Die Qualitätsentwicklung wird durch die zeitliche Befristung der Bundeszahlungen zusätzlich erschwert. Alles, was bisher vorliegt ist, eine vage Absichtserklärung, die unter einem Finanzierungsvorbehalt steht. Die Bundesregierung kann das aber ändern, indem sie schnellstmöglich die Finanzplanung ändert oder, besser noch, eine gesetzliche Grundlage schafft. Wenn der Bund Kitas dauerhaft besser machen will, muss er auch für Planungssicherheit sorgen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 22.11.2019

„Das sogenannte Gute-Kita-Gesetz ist viel Schall und Rauch mit geringer und lediglich befristeter Wirkung. So werden die Defizite in der Kitalandschaft nicht behoben“, kommentiert Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, die Zwischenbilanz von Familienministerin Franziska Giffey anlässlich der Unterzeichnung der letzten Länderverträge zum Gute-Kita-Gesetz. Mit der Unterzeichnung der letzten Verträge kann das Gute-Kita-Gesetz nun vollständig in Kraft treten. Norbert Müller weiter:

„Das Gute-Kita-Gesetz benennt mit den definierten Handlungsfeldern die Defizite in der frühkindlichen Bildung und Förderung. Das ist seine Stärke. Die bereitgestellten fünf Milliarden Euro reichen aber bei weitem nicht aus, um die Mängel systematisch zu beseitigen. Im Gegenteil: Die Förderung ist befristet, obwohl seit Jahren die Kosten für die Kinderbetreuung jährlich um zwei Milliarden Euro steigen. Die Beschäftigten in den Kitas, die Kinder und ihre Familien haben mehr verdient als dieses Blendwerk aus dem Hause Giffey. Daher fordert DIE LINKE ein Kita-Qualitäts-Gesetz und einen dauerhaften finanziellen Einstieg des Bundes in die jährlich steigenden Kitakosten. Nur mit einem echten Kita-Qualitätsgesetz können Ausbau, Qualitätssteigerung und Beitragsfreiheit unter einen Hut gebracht werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 22.11.2019

Zur Umsetzung des Gute-Kita-Gesetzes erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding:

„Mit dem sogenannten Gute-Kita-Gesetz verbrennt die Bundesregierung Milliarden. Denn das Gesetz sorgt nicht für mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung, sondern subventioniert die Beitragsfreiheit für alle. Die ohnehin knappen Mittel dürfen nicht zu so großen Teilen zur Entlastung von gutverdienenden Familien genutzt werden, die darauf nicht angewiesen sind. Denn so sind die Kinder mit besonderem Förderbedarf die Leidtragenden. Vielmehr sollten Investitionen beispielsweise zur Sicherstellung eines guten Fachkraft-Kind-Schlüssels genutzt werden. Das Gute-Kita-Gesetz von Bundesfamilienministerin Giffey wird dafür sorgen, dass der Einfluss des Elternhauses auf die Bildungschancen noch größer wird. Das ist schlichtweg verantwortungslos.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 22.11.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt deutliche Verbesserungen bei der Qualität in der Kindertagesbetreuung an. Die jetzt mit allen 16 Bundesländern abgeschlossenen „Gute-Kita-Verträge“ zeigen aus Sicht der Kinderrechtsorganisation, dass in einigen Bundesländern falsche Prioritäten bei der Ausgestaltung der Verträge gesetzt wurden. Zugleich hofft das Deutsche Kinderhilfswerk, dass sich der Bund dauerhaft an den Kosten der Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung beteiligen wird. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass die teils guten Maßnahmen in den Ländern langfristig und nachhaltig wirken. Zudem spricht sich das Deutsche Kinderhilfswerk dafür aus, zukünftig die Mitbestimmung von Kindern in Kindertageseinrichtungen stärker in den Fokus der Qualitätsentwicklung zu nehmen.

„Nicht in allen Bundesländern werden die finanziellen Mittel aus dem ‚Gute-Kita-Gesetz‘ zur dringend erforderlichen Qualitätssteigerung in der Kindertagesbetreuung führen. Zusätzliche Mittel für die Beitragsfreiheit verbessern zwar den Zugang zu Kindertageseinrichtungen, gleichzeitig fehlen diese Mittel aber für notwendige Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung wie der Aufstockung des Personalschlüssels. Aber natürlich war der Schritt der Bundesregierung, hier Geld in die Hand zu nehmen, richtig und wichtig. Dem finanziellen Engagement müssen jetzt konkret vor Ort weitere Schritte folgen. Hier sollten die Länder auch gesetzliche Vorgaben prüfen, insbesondere wenn es um die Mitbestimmung von Kindern in den Kitas geht. Denn damit könnten an vielen Stellen die Potentiale der Kinder noch besser gefördert und wichtige Akzente in der dringend notwendigen Weiterentwicklung der Demokratieförderung gesetzt werden. Wer die Vorteile von Beteiligung und Mitbestimmung früh kennen lernt, beteiligt sich mit höherer Wahrscheinlichkeit auch im späteren Lebensverlauf an demokratischen Prozessen. Frühe Beteiligung von Kindern durchbricht zudem den Kreislauf der Vererbung von Armut“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das Deutsche Kinderhilfswerk spricht sich dafür aus, dass die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention und damit auch die Beteiligung von Kindern in Kindertageseinrichtungen als eigenständige Qualitätsfaktoren für frühkindliche Tagesbetreuung stärker in den Mittelpunkt rücken. Grundsätzlich wäre es im Sinne einer effektiven Qualitätssteigerung in der frühkindlichen Bildung wünschenswert, die bereits von zahlreichen Verbänden lange geforderte Einführung verbindlicher, bundesweit einheitlicher und wissenschaftlich fundierter Mindeststandards in der Qualität der frühkindlichen Bildung und Erziehung gesetzlich abzusichern, um überall in Deutschland eine entsprechende Betreuungssituation zu gewährleisten.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 22.11.2019

Studie untersucht auf Basis des Mikrozensus, wie frühere Kita-Gebührenabschaffungen das Erwerbsverhalten beeinflusst haben – Kein Effekt auf Erwerbstätigenquote der Mütter, Wochenarbeitszeit steigt nur kurzfristig – Maßnahmen wie gezieltere steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten könnten effizienter sein

Die meisten Bundesländer wollen die im Rahmen des „Gute-KiTa-Gesetz“ verfügbaren Gelder des Bundes auch dafür nutzen, alle Eltern in größerem Umfang als bisher bei den Kita-Gebühren zu entlasten. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) deutet jedoch darauf hin, dass dies nicht viel bringen wird – jedenfalls dann nicht, wenn das Ziel lautet, mehr Müttern die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder eine höhere Wochenarbeitszeit zu ermöglichen. Unter anderem auf Basis von Daten des Mikrozensus haben die DIW-FamilienökonomInnen Mathias Huebener, Astrid Pape und C. Katharina Spieß anhand früherer Gebührenbefreiungen der Jahre 2006 bis 2011 untersucht, wie sich diese auf das Erwerbsverhalten der Eltern ausgewirkt haben. Das Kernergebnis: Wird das letzte Kita-Jahr des Kindes vor der Einschulung gebührenfrei, sind nicht mehr Mütter erwerbstätig als vor der Gebührenreform. Allerdings weiten die bereits erwerbstätigen Mütter kurzfristig ihre wöchentliche Arbeitszeit aus – um vier Prozent oder umgerechnet rund 0,8 Stunden.

„Wenn es darum geht, unter Kosten-Nutzen-Abwägungen ein geeignetes Instrument zu finden, um die Erwerbstätigkeit von Müttern zu fördern, sind Kita-Gebührenbefreiungen auch aufgrund der hohen Mitnahmeeffekte insgesamt als ineffizient zu bewerten“, sagt Mathias Huebener, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Bildung und Familie des DIW Berlin.

Denn hinzu kommt, dass von Gebührenbefreiungen längst nicht alle Haushalte gleichermaßen profitieren: Primär sind es höher gebildete Mütter, Mütter in städtischen Regionen, solche ohne Kinder unter drei Jahren und Alleinerziehende, die ihre Arbeitszeit am deutlichsten erhöht haben, wenn für das letzte Kita-Jahr vor der Einschulung keine Kita-Gebühren mehr anfielen. Zudem verschwinden die beobachteten Effekte mittelfristig wieder: Wenn das Kind zehn Jahre alt ist, also etwa zum Ende der Grundschulzeit, macht es für die Erwerbstätigkeit der Mutter keinen Unterschied mehr, ob sie von einem gebührenfreien Kita-Jahr ihrer Kinder profitiert hat oder nicht.

Kita-Nutzungsquote steigt durch Gebührenabschaffung nicht, aber der Betreuungsumfang

Den Berechnungen zufolge, die auf repräsentativen Daten zu fast 330 000 Müttern und gut 250 000 Vätern in Deutschland basieren, gehen durch ein gebührenfreies letztes Kita-Jahr nicht mehr Kinder in eine Kita. Das liegt jedoch auch daran, dass kurz vor der Einschulung ohnehin bereits fast alle Kinder in einer Kita betreut werden – im Jahr 2013 waren es rund 98 Prozent aller fünfjährigen Kinder. Allerdings stieg der wöchentliche Betreuungsumfang in den sechs betrachteten Bundesländern, die das letzte Kita-Jahr gebührenfrei gemacht haben, um rund 0,7 Stunden. Dieses Muster überträgt sich fast eins zu eins auf das Erwerbsverhalten der Mütter: Die Erwerbstätigenquote steigt nicht, aber die wöchentliche Arbeitszeit. Die Ergebnisse berücksichtigen dabei bereits andere Faktoren, die das Erwerbsverhalten der Eltern ebenfalls beeinflussen können. Dazu zählen der generelle Kita-Ausbau für Kinder unter drei Jahren oder der Ausbau ganztägiger Angebote für ältere Kinder.

Mit Blick auf das „Gute-KiTa-Gesetz“ lassen die Analysen darauf schließen, dass durch generelle Gebührenbefreiungen kaum oder gar keine weiteren Mütter eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Zu erwarten wäre, dass bereits erwerbstätige Mütter ihre Arbeitszeit leicht ausweiten. „Auch wenn die Bedeutung einer höheren Arbeitszeit der Mütter nicht zu unterschätzen ist, beispielsweise auch was spätere Rentenansprüche betrifft, ist das für eine solch kostspielige Maßnahme ein maues Ergebnis“, sagt C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin. Geeigneter wären nach Ansicht der AutorInnen etwa zielgenauere steuerliche Absetzungsmöglichkeiten von Kinderbetreuungskosten, die an eine Erwerbstätigkeit gebunden sind. Zusätzliche Mittel sollten in weitere Kita-Qualitätsverbesserungen investiert werden statt in Gebührenbefreiungen.

Studie im DIW Wochenbericht 48/2019

Infografik in hoher Auflösung

Interview mit Studienautor Mathias Huebener

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)vom 27.11.2019

SCHWERPUNKT IV: Internationaler Tag zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen

Am heutigen „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ hat Bundesfrauenministerin Dr.Franziska Giffey die neuen Zahlen der Kriminalstatistischen Auswertung zu Partnerschaftsgewalt 2018 des Bundeskriminalamtes vorgestellt. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Zahlen weiterhin hoch und sogar in einigen Bereichen noch leicht gestiegen.

81,3 Prozent der Betroffenen sind Frauen

2018 wurden laut der BKA-Statistik insgesamt 140.755 Personen (Vorjahr: 138.893) Opfer versuchter und vollendeter Gewalt (Mord und Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexuelle Übergriffe, Bedrohung, Stalking, Nötigung, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution) – 81,3% davon sind Frauen, 18,7% Männer. Somit waren insgesamt 114.393 (2017: 113.965) Frauen und 26.362 Männer (2017: 24.928) von Partnerschaftsgewalt betroffen.

Bei Vergewaltigung, sexuellen Übergriffen und sexueller Nötigung in Partnerschaften sind die Opfer zu 98,4% weiblich, bei Bedrohung, Stalking, Nötigung in der Partnerschaft sind es 88,5%. Bei vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung sind es 79,9%, bei Mord und Totschlag in Paarbeziehungen sind 77% der Opfer Frauen.

Die Statistik beinhaltet noch weitere alarmierende Zahlen: 122 Frauen wurden 2018 durch Partnerschaftsgewalt getötet (durch Mord, Totschlag und Körperverletzung mit Todesfolge; 2017: 147). Das bedeutet: an jedem dritten Tag. Mehr als ein Mal pro Stunde wird statistisch gesehen eine Frau durch ihren Partner gefährlich körperlich verletzt.

Dunkelziffer: Jede 3. Frau einmal im Leben von Gewalt betroffen

Die aufgeführten Zahlen bilden nur jene Straftaten ab, die überhaupt zur Anzeige gebracht wurden. Die Dunkelziffer ist weitaus höher: Nach sogenannten Dunkelfeldstudien ist jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben von Gewalt betroffen (also nicht nur von Partnerschaftsgewalt). Statistisch gesehen sind das mehr als 12 Millionen Frauen.

Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey:

„Gewalt gegen Frauen geht uns alle an, sie kommt in allen sozialen Schichten und Altersgruppen vor. Die neuen Zahlen des BKA sind nach wie vor schockierend. Sie zeigen, dass wir alle in unserem direkten Umfeld Frauen kennen, die betroffen sind: Es kann die Freundin sein, die Kollegin, die Nachbarin oder die eigene Schwester. Wir alle können etwas dagegen unternehmen. Als Frauenministerin arbeite ich mit aller Kraft daran, dass Betroffene die Hilfe bekommen, die sie benötigen, um sich von Gewalt zu befreien. Und deshalb starten wir heute auch die bundesweite Initiative „Stärker als Gewalt“. Ziel der Initiative ist es, von Gewalt betroffene Frauen und Männer zu ermutigen, sich Unterstützung zu holen und die Hilfsangebote besser bekannt machen. Gemeinsam mit zahlreichen Partnerinnen und Partnern der Initiative wollen wir zugleich darüber informieren, was jede und jeder einzelne tun kann, um Gewalt zu verhindern oder beenden. Denn gemeinsam sind wir stärker als Gewalt.“

Start der Initiative „Stärker als Gewalt“

Bei der Pressekonferenz hat Bundesfamilienministerin Giffey die bundesweite Initiative „Stärker als Gewalt“ gestartet, in der sich bislang 13 Organisationen zusammengeschlossen haben, die im Bereich Hilfe und Unterstützung aktiv sind. Die Initiative wendet sich ausdrücklich an betroffene Frauen und Männer, aber auch an ihr Umfeld. Die neue Internetseite der Initiative bündelt eine Vielzahl an Hilfs- und Beratungsangeboten: www.stärker-als-gewalt.de. Wie können wir Frauen helfen, die Gewalt erleben? Wo bekommen wir Unterstützung? Darauf gibt die Website Antworten.

Die wichtigen Partnerorganisationen der Initiative sind: Das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen, die Frauenhauskoordinierung e.V., der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe e.V., die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser, Weibernetz e.V., das Bundesforum Männer e.V., die Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen, der Sozialdienst Katholischer Männer e.V., die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V., der Dachverband der Migrantinnenorganisationen, die Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V. und die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen.

Die Initiative ist eingebettet in ein Gesamtprogramm der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegenüber Frauen und ihren Kindern im Rahmen der Umsetzung der Istanbul-Konvention und des Koalitionsvertrags. Seit 2018 arbeitet der von Ministerin Giffey eingerichtete Runde Tisch von Bund, Ländern und Gemeinden, mit dem das Hilfenetz deutlich verstärkt und verbessert werden soll. Mit dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ will das Bundesfrauenministerium in den nächsten vier Jahren ab 2020 insgesamt 120 Millionen Euro zusätzlich für den Ausbau von Beratungsstellen und Frauenhäusern bereitstellen.

Hilfetelefon berät rund um die Uhr in 17 Sprachen

Hilfe und Rat gibt es auch beim bundesweiten Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“. Unter der Nummer 08000 116 016 bekommen Betroffene und ihr Umfeld Unterstützung und Informationen, zum Beispiel über Beratungsstellen in ihrer Nähe.

Die Leiterin des Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“, Petra Söchting, hat auf der Pressekonferenz aus der Praxis berichtet. Sie betont:

„Gewalt gegen Frauen ist und bleibt ein Thema, bei dem wir alle hinschauen und aktiv werden müssen. Wir müssen uns einmischen, wenn uns Klischees und Vorurteile begegnen, die Gewalt verharmlosen oder rechtfertigen. Und wir müssen uns dafür einsetzen, dass Betroffene Hilfe und Unterstützung bekommen. Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ bietet rund um die Uhr anonym, kostenlos und in 17 Fremdsprachen eine Erstberatung für von Gewalt betroffene Frauen an. Wir unterstützen, bestärken und ermutigen sie, die nächsten Schritte zu gehen und sich aus Gewaltsituationen zu lösen. Auch Menschen aus dem persönlichen Umfeld der Frauen sowie Fachkräfte können sich an das Hilfetelefon wenden. Die 08000 116 016 sollte daher jede und jeder kennen.“

Weitere BKA-Zahlen im Einzelnen:

2018 wurden in Deutschland Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt (versuchte und vollendete Delikte)von vorsätzlicher einfacher Körperverletzung: 68.482von Bedrohung, Stalking, Nötigung: 28.657von gefährlicher Körperverletzung: 12.093von sexuellen Übergriffen, sexueller Nötigung, Vergewaltigung: 3.086von Freiheitsberaubung: 1.612von Mord und Totschlag: 324 insgesamt starben 122 Frauen

Von den insgesamt 117.473 erfassten Tatverdächtigen waren 78.759 (67,0%) deutsche Staatsangehörige. Nach Deutschen wurden als Tatverdächtige am häufigsten türkische Staatsangehörige (6.694 Personen; 5,7% aller Tatverdächtigen) erfasst, gefolgt von polnischen (3.042; 2,6%), syrischen (2.759; 2,3%) und rumänischen (1.909; 1,6%) Staatsangehörigen.

Von den insgesamt 140.755 erfassten Opfern waren 99.304 (70,6%) deutsche Staatsangehörige. Nach Deutschen wurden als Opfer am häufigsten türkische Staatsangehörige (5.580 Personen; 4,0%) erfasst, gefolgt von polnischen (4.492; 3,2%) Staatsangehörigen.

Die gesamte Auswertung finden Sie hier: https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/Partnerschaftsgewalt/partnerschaftsgewalt_node.html

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 25.11.2019

Gewalt gegen Frauen ist jeden Tag in Deutschland traurige Wahrheit. Wir müssen bei der Wurzel ansetzen und dafür sorgen, dass Frauen und ihre Kinder wirksam vor Gewalt geschützt werden – und das nicht erst, wenn es schon zu spät ist. Deshalb haben wir der Prävention und Bekämpfung von häuslicher Gewalt oberste Priorität im Koalitionsvertrag eingeräumt. Mit dem Runden Tisch „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“, einem Bundesförderprogramm sowie der neu einzurichtenden Koordinierungs- und Monitoringstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention lösen wir diese Zusage ein.

„Am 12. Oktober 2017 hat die Bundesregierung die Istanbul-Konvention ratifiziert. Sie verpflichtet Deutschland, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen bzw. sie zu verhindern. Um den Umsetzungsprozess auf einer stichhaltigen Grundlage zu begleiten, sieht die Istanbul-Konvention in Artikel 10 die Einrichtung einer zentralen Koordinierungs- und unabhängigen Monitoringstelle vor. Für beides haben wir in den Haushaltsverhandlungen 800.000 Euro durchgesetzt. Dass diese beiden Stellen institutionell voneinander getrennt sind, ist folgerichtig: Der Staat ist verantwortlich für die Koordinierung von Maßnahmen, damit sie effektiv sind. Objektiv bewerten kann die Maßnahmen aber nur eine unabhängige Stelle.

Daneben ist es uns mit dem Runden Tisch ‚Gemeinsam gegen Gewalt gegen Frauen‘ gelungen, den Bund, alle 16 Bundesländer und Verbände zusammenzubringen, um die bestehenden Probleme gemeinsam anzugehen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich dafür eingesetzt, dass die Zivilgesellschaft in den Beratungsprozess des Runden Tisches eingebunden wird. Die zivilgesellschaftlichen Akteure wissen, woran es in den Hilfestrukturen mangelt und wo Versorgungslücken bestehen. Denn sie arbeiten tagtäglich gemeinsam mit den Frauen daran, den Weg aus der Gewaltspirale zu finden. Der Runde Tisch ist das erste Gremium seiner Art. Bis 2020 wird der Runde Tisch Vorschläge entwickeln, wie Gewalt an Frauen wirksam eingedämmt werden und wie Frauen und ihren Kindern ein gesicherter Zugang zu Schutz und Hilfe gewährt werden kann.

Wer Gewalt an Frauen angehen will, muss dafür Geld in die Hand nehmen. Darum werden wir mit dem Bundesprogramm ‚Gemeinsam gegen Gewalt gegen Frauen‘ ab 2020 jedes Jahr 30 Millionen Euro zum Ausbau und zur Sanierung von Frauenhäusern bereitstellen. So bauen wir Frauenhäuser und Fachberatungsstellen barrierefrei aus und schaffen neue räumliche Kapazitäten. Weitere fünf Millionen Euro fließen direkt in Projekte, die sich das Ziel setzen, neue Ansätze zu erproben, um den Weg ins Hilfesystem zu erleichtern, bestehende Hilfsangebote zu verbessern beziehungsweise Gewalt von vornherein zu verhindern.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 24.11.2019

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Jede Frau, die von häuslicher oder partnerschaftlicher Gewalt betroffen ist, muss in einer akuten Situation Hilfe und Zugang zu einer Schutzeinrichtung im Bundesgebiet erhalten. Und das unabhängig von Einkommen, Wohnort oder Aufenthaltsstatus. Bis heute ist es den Bundesländern nicht gelungen, ausreichend Frauenhausplätze und bundesweit gleichwertige Standards zu etablieren.

Seit Jahren ist die Konsequenz, dass Frauenhäuser gravierend unterfinanziert sind und viele Frauen abgewiesen werden müssen. Dieser Zustand ist nicht länger tragbar. Der Bund steht in der Verantwortung, gemeinsam mit den Bundesländern und den Kommunen Schutz vor Gewalt für Betroffene zu gewährleisten.

Wir Grünen im Bundestag fordern daher, ausnahmslos jeder von Gewalt betroffenen Frau einen Rechtsanspruch auf Geldleistung für den Zweck des Aufenthalts in einem Frauenhaus oder einer vergleichbaren Schutzeinrichtung einzuräumen. Durch diese Verbindlichkeit des Bundes könnten Frauenhäuser und ähnliche Einrichtungen deutlich besser abgesichert werden. Länder und Kommunen bleiben in der hohen Verantwortung, den Schutz für Frauen, die Finanzierung der Häuser und der Frauenhausmitarbeiterinnen ebenso zu verbessern wie die Absicherung der Frauenberatungsstellen und -notrufe. Sie würden durch die Beteiligung des Bundes finanziell entlastet, wobei unabdingbar bleibt, dass sie den Ausbau der Kapazitäten in Frauenhäusern massiv vorantreiben.

Gewalt gegen Frauen ist ein gesellschaftliches Problem, kein individuelles. Hilfe und Schutz bei Gewaltbetroffenheit ist eine staatliche Verpflichtung. Ein Rechtsanspruch ist ein klares Signal, Frauen in ihrem Recht auf Schutz und Hilfe zu stärken. Mit Inkrafttreten des „Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt“ (Istanbul-Konvention) ist Deutschland völkerrechtlich gebunden, diese umzusetzen. Bundes- und Landesregierungen und -behörden müssen zur Umsetzung der Konvention die erforderliche Infrastruktur sicherstellen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 25.11.2019

„Mit dem zunehmenden Rechtsruck in unserer Gesellschaft erleben wir leider auch eine Zunahme von Hass gegenüber Frauen“, erklärt Cornelia Möhring, stellvertretende Vorsitzende und frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am Montag. Möhring weiter:

„Die Zunahme von Hass gegenüber Frauen zeigt sich seit einigen Jahren auch im Internet und in den sozialen Medien. Dort erleben Frauen, insbesondere Feministinnen, queere und lesbische Frauen oder Frauen mit vermutetem Migrationshintergrund, zunehmend verbale Gewalt und Hass wie Beschimpfungen, Drohungen und Cyber-Stalking. Die geschilderten Erlebnisse sind erschreckend, doch leider fehlen uns immer noch offizielle Zahlen über die Ausmaße von digitaler Gewalt.

Die Bundesregierung muss dringend handeln und Studien und Zahlen zum gesamten Ausmaß von Gewalt an Frauen erheben. Es reicht nicht, einmal im Jahr die polizeibekannten Zahlen zu häuslicher Gewalt zu präsentieren. Das Problem ist viel größer: Die meisten Vorfälle von häuslicher und sexualisierter Gewalt werden nicht angezeigt und sind in den Zahlen nicht enthalten. Zudem findet häusliche Gewalt zunehmend auch im Internet beziehungsweise den sozialen Medien statt. Auch hierfür gibt es keine Zahlen. Es fehlt an einem Gesamtüberblick, der alle Formen von Gewalt an Frauen berücksichtigt und regelmäßig erstellt wird.

Dringend geboten ist daher die vollständige Umsetzung der Istanbul-Konvention, eine Menschenrechtskonvention gegen Gewalt an Frauen und Mädchen, wie in unserem Antrag gefordert. Wir brauchen staatliche Koordinierungsstellen, ein unabhängiges Monitoring, regelmäßige Datenerhebung und den umfassenden Ausbau sowie die bedarfsgerechte Finanzierung des Hilfesystems. Alle Frauen, die Gewalt erleben, müssen Schutz und Hilfe erhalten. Daher fordern wir auch die Rücknahme des Vorbehalts von Artikel 59 der Istanbul-Konvention, damit Migrantinnen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erhalten können.“

Antrag der Fraktion DIE LINKE „Gewalt an Frauen und Mädchen systematisch bekämpfen – Grundlagen zur erfolgreichen Umsetzung der Istanbul-Konvention schaffen“: dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/143/1914380.pdf

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 22.11.2019

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25.11. fordert die AWO, die Istanbul-Konvention in Deutschland endlich vorbehaltlos umzusetzen. Fachorganisationen und Verbände müssen mit ihrer Expertise dabei durch Bund und Länder aktiv beteiligt werden. Das Hilfesystem für den Gewaltschutz für Frauen muss ausgebaut, gestärkt und abgesichert werden.

„Deutschland hat das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt 2017 ratifiziert. Bundesweit mangelt es jedoch sowohl an einer ausreichenden Zahl von Plätzen in Frauenhäusern als auch an notwendigen Fachberatungsstellen. Zudem fehlen Angebote für Frauen mit speziellen Hilfebedarfen aufgrund chronischer Erkrankung, Suchterkrankung, Behinderung oder besonderen Pflegebedarfen. Grundsätzlich müssen Beratungs- und Schutzangebote für alle von Gewalt betroffene Frauen zugänglich sein. Hilfe und Schutz dürfen nicht von Status und Herkunft abhängig gemacht werden. Entsprechend muss die Bundesregierung den Vorbehalt zu Artikel 59 der Istanbul Konvention zurücknehmen. Dieser verhindert Gewaltschutz für geflüchtete Frauen und Frauen ohne eigenständigen Aufenthaltstitel“, erklärt dazu Wolfgang Stadler, Bundesvorstandsvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt.

Häusliche Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem: Allein in Frauenhäusern der AWO haben 2018 mehr als 1.500 Frauen und mehr als 1.600 Kinder Schutz und Hilfe erhalten. Eine aktuelle Abfrage der Frauenhauskoordinierung e. V. bei ihren Mitgliedern hat ergeben, dass im vergangenen Jahr bundesweit mehr als 7.500 Frauen und weit über 10.600 Kinder, die direkte Mitbetroffene Häuslicher Gewalt sind, in Frauenhäusern Schutz und Hilfe erhalten haben. Das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen ist bei diesen erschreckenden Zahlen sogar um ein Vielfaches höher. Mindestens jede dritte Frau hierzulande erlebt ab dem 16. Lebensjahr im Laufe ihres Lebens körperliche Gewalt und Übergriffe, fast jede siebte Frau Formen von sexualisierter Gewalt. Meistens findet die Gewalt im sozialen Nahraum statt, also durch Partner*innen oder Familienangehörige, aber auch durch andere Bezugspersonen wie z.B. Arbeitskolleg*innen, Betreuer*innen oder Pflegepersonal.

Die AWO macht Gewalt gegen Frauen sichtbar und setzt sich entschieden für den Ausbau und die Absicherung des Gewaltschutzes für alle Frauen ein. Mit Beratungs- und Kriseninterventionsstellen sowie Schutzeinrichtungen unterstützt die AWO von Gewalt betroffenen Frauen auf dem Weg zu einem selbstbestimmten und gewaltfreien Leben.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 22.11.2019

„Jeden dritten Tag tötet in Deutschland ein Mann seine Frau oder Ex-Partnerin. Die Zahl der Mordversuche ist dreifach so hoch. Frauenmord ist die extreme Form des Frauenhasses, der sich in vielen Abstufungen Bahn bricht: 40 Prozent aller Frauen und Mädchen über 16 Jahren erfahren körperliche und/oder sexualisierte Gewalt im Lauf ihres Lebens, 42 Prozent erleben psychische Gewalt. Die geschlechtsspezifische Gewalt im digitalen Bereich steigt sprunghaft an.

Am heutigen Internationalen Tag zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen weist der Deutsche Frauenrat auf den wachsenden Frauenhass in der realen und virtuellen Welt hin. Dazu sagt Dr. Anja Nordmann, Geschäftsführerin des Deutschen Frauenrats: „Frauenhass ist kein ‚Kollateralschaden‘ einer noch nicht ganz umgesetzten Gleichstellung und schon gar kein ‚privates‘ Problem. Er ist das patriarchale Fundament unserer Gesellschaft. Er ist der Nährboden für die autoritäre, antidemokratische Selbstermächtigung von Männern, die wir aktuell weltweit erleben. Er ist eine Gefahr für unser aller Frieden und für unsere Sicherheit. Der Staat ist in der Pflicht, uns vor dieser Gefahr zu schützen.“

Der Deutsche Frauenrat fordert u. a. einen Nationalen Aktionsplan, der in systematischer Abstimmung, die Anforderungen der Istanbul-Konvention umsetzt. Dieses Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt wurde 2011 als völkerrechtlicher Vertrag ausgearbeitet. Es schafft verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt. In Deutschland trat diese Konvention am 1. Februar 2018 in Kraft. Sie muss zur Grundlage nicht nur für die juristische Praxis zum Sexualstrafrecht werden, sondern für das gesamte politische Handeln. Dazu gehört aus Sicht des DF z. B. ein Arbeitsgremium der Bundesregierung mit Expert*innen aus Beratungsstellen und Zivilgesellschaft zur Entwicklung von wirksamen Maßnahmen gegen digitale Gewalt sowie eine Koordinierungsstelle für Maßnahmen und Projekte. Dazu gehört die Aufnahme der Kategorie „Geschlecht“ in die Polizeikriminalstatistik zu „Hasskriminalität“ für politisch motivierte Straftaten. Denn ähnlich wie bei rassistisch motivierten Straftaten, werden verlässliche Daten über Straftaten gegen Frauen aufgrund ihres Geschlechts benötigt. Mit der Lücke in der Kriminalstatistik geht auch der Forschungsstand einher. Verlässliche und aktuelle Forschung zum Thema Frauenhass ist nötig, um deren Ursachen zu verstehen und zu bekämpfen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenrat e.V.(DF) vom 25.11.2019

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen am 25.11.2019 haben Fachverbände und Beratungsstellen heute ein Positionspapier zur beginnenden Diskussion über ein so genanntes Sexkaufverbot vorgestellt. Sie zeigen darin anhand internationaler Studien: Jede Form der Kriminalisierung der Prostitution schadet den Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind. Die Organisationen reagieren mit dieser Expertise auf die Absicht einiger Bundestagsabgeordneter aus verschiedenen Parteien, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen unter Strafe zu stellen. Ein entsprechender Antrag wird auch auf dem kommenden SPD-Bundesparteitag erwartet.

Prostituierten drohen neue Gefahren

Die Behauptung, Prostituierte könnten so vor Zwang und Menschenhandel geschützt werden, weisen die Fachleute zurück. Ganz im Gegenteil: Gerade Prostituierte in prekären und gefährlichen Lagen würden besonders geschädigt, weil sie weiter marginalisiert und sichere Arbeitsbedingungen verhindert würden. Der Zugang zu Hilfe und Beratung würde enorm erschwert.

Wissenschaftliche Evidenz

Die Studien sind eindeutig: Eine Kriminalisierung erhöht das Risiko der Betroffenen, Opfer von Gewalt und anderen Straftaten zu werden oder sich sexuell übertragbare Infektionen wie HIV zuzuziehen. Wer wirklich etwas für Menschen in der Sexarbeit tun will, muss ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessern.

Das gilt ganz besonders für Frauen mit aufenthaltsrechtlichen Problemen und ohne Krankenversicherung.

Sichere Arbeitsbedingungen erhalten

Das Sexkaufverbot hingegen würde außerdem auch Verbote des Betriebs von Bordellen und Zimmervermietungen nach sich ziehen – und damit den Aufbau sicherer Arbeitsbedingungen illegalisieren.

Stimmen aus der Fachwelt

Dazu sagt Johanna Thie, Fachreferentin „Hilfen für Frauen“ der Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V.: „Die aufflammende Diskussion erfüllt uns mit tiefer Sorge. Sie geht in die völlig falsche Richtung und verkennt die Realität in Prävention und Sozialarbeit.

Gerade bereits marginalisierte Gruppen wie Migrantinnen, Trans* oder Drogen konsumierende Menschen würden geschädigt. Was die Menschen in der Prostitution schützen soll, könnte ihnen am Ende zum Verhängnis werden.“

Claudia Zimmermann-Schwartz, Vizepräsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V., erläutert: „Ein Sexkaufverbot würde auch die Rechte derjenigen berühren, die diese Tätigkeit ausüben. Laut Bundesverfassungsgericht fällt Prostitution unter die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit. Der Anspruch, Menschen schützen zu wollen, rechtfertig nicht die Verletzung von Grundrechten. Dies gilt umso mehr, als ein Sexkaufverbot nicht geeignet ist, Menschenhandel zu verhindern.“

Susanne Kahl-Passoth, Stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, erklärt: „Prostitution und Menschenhandel oder Zwangsprostitution müssen getrennt betrachtet werden. Es gibt Frauen, die selbstbestimmt mit Prostitution ihr Einkommen verdienen. Menschenhandel hingegen ist eine Verletzung der Menschenrechte. Heute können Polizei und Sozialarbeit in gewerblichen Räumen zeigen, dass sie ansprechbar sind. Mit einem Sexkaufverbot würde Prostitution in nicht kontrollierbare Räume verlagert, wo die betroffenen Frauen noch weniger als heute erreicht werden könnten.“

Sven Warminsky, Vorstand der Deutschen Aidshilfe, berichtet: „Alle Erfahrungen in der HIV-Prävention zeigen: Grundlage, um Menschen zu erreichen, sind Akzeptanz und Respekt. Wer Menschen ins Verborgene drängt, sorgt dafür, dass sie keine sicheren Arbeitsbedingungen aufbauen können und dass sie für Prävention und Hilfsangebote nicht mehr erreichbar sind. Die Vorstellung, das älteste Gewerbe der Welt durch Verbote beenden zu können, ist dabei gleichermaßen naiv wie bevormundend.“

Andrea Hitzke, Leiterin der Dortmunder Mitternachtsmission e.V. – Beratungsstelle für Prostituierte, Ehemalige und Opfer von Menschenhandel:

„Eine repressive Gesetzgebung würde das Vertrauensverhältnis der Prostituierten zu den Anlaufstellen zerstören und so den Zugang zum Hilfesystem drastisch erschweren. Statt einer Zerschlagung brauchen wir den Ausbau des etablierten Hilfesystems. Ziel der sozialen Arbeit muss stets sein, Selbstbestimmung und Selbstbehauptung zu stärken.“

Claudia Rabe, Koordinatorin von contra – Fachstelle gegen Frauenhandel in Schleswig-Holstein im Frauenwerk der Nordkirche betont: „Zweifelsohne müssen Betroffene von Menschenhandel, Ausbeutung und Gewalt besser geschützt werden.

Nötig sind zum Beispiel umfassende Schutzrechte unabhängig von Aufenthaltsfragen, ein Zeugnisverweigerungsrecht für Beratende und flächendeckende Verfügbarkeit von Fachberatungsstellen.“

Differenzierte Angebote absichern

Das Positionspapier nennt viele weitere sinnvolle Ansatzpunkte und macht deutlich: Prostitution mit Gewalt gleichzusetzen, verhindert letztlich wirksame Maßnahmen.

Die Lebenssituation und die Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter*innen in Deutschland sind sehr vielfältig. Allen gemein ist eines: So lange sie ihrer Tätigkeit nachgehen, brauchen sie gesetzliche Rahmenbedingungen, um dies möglichst sicher tun zu können. Sie brauchen Zugang zu medizinischer Versorgung und differenzierten Präventions-, Beratungs- und Hilfsangeboten, die in der individuellen Situation passende Hilfe anbieten, die natürlich auch Unterstützung zum Ausstieg beinhalten kann.

Link zum POSITIONSPAPIER: https://www.djb.de/static/common/download.php/save/2751/pm19-40_ggSexkaufverbot_Positionspapier.pdf

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 14.11.2019

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundesfamilienministerin Giffey: Wir werden unser Land damit spürbar stärker und lebenswerter machen

Der Deutsche Bundestag hat heute den Haushalt für 2020 beschlossen: Rekord- Niveau erreicht der Einzeletat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Rund 12,055 Milliarden Euro und damit so viel wie noch nie stehen dem BMFSFJ für die wichtigen gesellschaftspolitischen Themen zur Verfügung: das sind rund 251 Millionen mehr als im Regierungsentwurf vorgesehen waren. Die insgesamt 12 Milliarden Euro bedeuten im Vergleich mit dem aktuellen Etat einen Anstieg um mehr als 1,6 Milliarden und damit ein Plus von 15 Prozent.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey dankte dem Bundestag und betonte: „Diese 12 Milliarden Euro sind sehr gut angelegt. Wir investieren das Geld vor allem in die Menschen, in die Familien und in den sozialen Zusammenhalt. Für starke Familien und Menschen, die sich einbringen, und für ein friedliches Miteinander. Wir wollen unser Land damit spürbar stärker und lebenswerter machen – aber auch moderner: Wir werden im nächsten Jahr zentrale Familienleistungen digitalisieren und es Familien einfacher machen, Kindergeld, Kinderzuschlag und Elterngeld zu beantragen. Unser Ziel: ein Antrag, digital, von zu Hause oder mobil verschickt. Die zusätzlichen Gelder kommen so zum Beispiel unserem Innovationsbüro ‚Digitales Leben‘ zu Gute. Ein ganz erheblicher Teil des Etats, nämlich 9 Milliarden Euro, kommt direkt in den Portemonnaies der Familien in Deutschland an. Größter Einzelposten ist auch in diesem Jahr wieder das Elterngeld.“

Elterngeld

Der Ansatz für die bekannteste und beliebteste Familienleistung steigt gegenüber 2019 um 395 Millionen Euro auf insgesamt 7,255 Milliarden Euro.

Kinderzuschlag

Im Rahmen des Starke-Familien-Gesetzes wird der Zuschlag zum Kindergeld weiter reformiert. Nach der Erhöhung des Maximalbetrages von 170 auf 185 Euro steht die weitere Ausweitung der Anspruchsberechtigten an. Der Mittelansatz steigt um 294 Millionen Euro auf 869 Millionen Euro.

Gute-KiTa-Gesetz

Nachdem die Verträge mit allen 16 Bundesländern unterzeichnet sind, wird der Bund den Ländern bis 2022 über den Finanzausgleich für das Gute-KiTa-Gesetz insgesamt 5,5 Milliarden Euro für mehr Qualität in den Kitas und die Entlastung der Eltern bei den Gebühren zur Verfügung stellen. Im nächsten Jahr sind dafür 1 Milliarde Euro eingeplant. Flankiert wird das Gute-KiTa-Gesetz durch die Fachkräfteoffensive, für die 2020 insgesamt 60 Millionen Euro eingestellt sind.

Unterhaltsvorschuss

Aufgrund der deutlich gestiegenen Mittelabrufe im Zuge der UVG-Reform werden die Gelder für 2020 um 148 Millionen auf 943 Millionen Euro aufgestockt.

Bundesfreiwilligendienst

Die Mittel für den Bundesfreiwilligendienst werden um 40 Millionen Euro aufgestockt. Mit insgesamt rund 207 Millionen Euro ist gesichert, dass auch 2020 so vielen Interessenten wie bisher ein Platz angeboten werden kann.

Freiwilligendienste

Auch die Jugendfreiwilligendienste FSJ, FÖJ und IJFD werden im nächsten Jahr kräftig unterstützt. Sie erhalten 10 Millionen Euro mehr als ursprünglich im Haushaltsentwurf vorgesehen. Für 2020 stehen damit insgesamt mehr als 120 Millionen Euro zur Verfügung.

Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie

Für das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ als wichtigstem Instrument zur Demokratieförderung und Extremismusprävention werden auch im nächsten Jahr wieder 115,5 Millionen Euro bereitgestellt. Mit dem Bundesfinanzminister ist beschlossen, diesen Ansatz bis 2023 in der Finanzplanung des Bundes zu verstetigen.

Patenschaftsprogramm „Menschen stärken Menschen“

Weiterhin unterstützt wird auch das bürgerschaftliche Engagement im Rahmen des Programms „Menschen stärken Menschen“ – mit 18 Millionen Euro bleiben die Mittel auf gleichem Niveau.

Stärkung von Frauen

Die Mittel für das Aktionsprogramm gegen Gewalt an Frauen werden 2020 um rund 29 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro aufgestockt. Der Großteil des Geldes wird im Rahmen eines Bundesinvestitionsprogramms, das im Januar startet, in den Aus-, Um- und Neubau von Frauenhäusern und Beratungsstellen gesteckt. Zusätzlich wird die Entwicklung innovativer Praxismodelle gefördert.

Kinder- und Jugendplan

Mit rund 218 Millionen Euro werden zahlreiche Maßnahmen der Kinder- und Jugendpolitik finanziert. Zu Gute kommt das Geld unter anderem denJugendmigrationsdiensten und der Präventionsarbeit an Schulen gegen Diskriminierung, Mobbing, Gewalt, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus.

Mehrgenerationenhäuser

2020 werden die Mittel für die Mehrgenerationenhäuser auf knapp 23 Millionen Euro erhöht. Damit sollen alle bundesweit 540 MGH zusätzlich mit je 10.000 Euro gefördert werden.

Ungewollte Kinderlosigkeit

Mittelanstieg auch bei der Förderung der Kinderwunschbehandlung bei ungewollter Kinderlosigkeit: Hierfür stehen im nächsten Jahr 13,4 Millionen Euro bereit.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 29.11.2019

Bundesfrauenministerin würdigt 40 Jahre Frauenrechtskonvention als internationalen Meilenstein der Gleichberechtigung

„Mit Recht zur Gleichstellung“ – unter diesem Motto lädt das Bundesfrauenministerium heute zu einer großen Fachkonferenz und Dialogveranstaltung ein. Erwartet werden dazu am Nachmittag in der Niedersächsischen Landesvertretung bis zu 250 Gäste aus Politik, Zivilgesellschaft, Verwaltung und Wissenschaft. Anlass sind zwei Jubiläen: 40 Jahre Frauenrechtskonvention (CEDAW) und 25 Jahre Vierte Weltfrauenkonferenz von Peking mit der Verabschiedung der Aktionsplattform und den darin formulierten strategischen Zielen und Maßnahmen.

Trotz dieser beiden gleichstellungspolitischen Meilensteine ist noch nirgendwo auf der Welt echte Gleichstellung zwischen Männern und Frauen erreicht. Das Weltwirtschaftsforum, das jährlich die geschlechtsspezifische Lücke hinsichtlich politischer Teilhabe, Gleichstellung am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft sowie bei Bildung und Gesundheit errechnet, taxiert den globalen „Gender Gap“ bei 32 Prozent. Demnach würde es bei gleichem Reformtempo noch weitere 108 Jahre bis zur vollen Gleichstellung dauern. Auch hierzulande muss sich gleichstellungspolitisch noch einiges bewegen. Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey betont:

„Wir sind vorangekommen in den letzten 40 Jahren, aber am Ziel sind wir noch lange nicht. Denn noch immer müssen Frauen jeden Tag gegen Hindernisse ankämpfen. Es heißt immer: Wer für die Gleichstellung von Frauen und Männern eintritt, braucht einen langen Atem. Ich bin da ungeduldig und will sehen, dass sich schnell was verändert. Solange Frauen in Deutschland viel schlechter bezahlt werden als Männer, solange sie nicht ansatzweise die gleiche Repräsentanz in Führungspositionen haben, solange Frauen über 80 Prozent der Opfer von häuslicher Gewalt sind und solange sie nicht in gleicher Weise Familie und Beruf vereinbaren können – solange dürfen wir nicht nachgeben und müssen Druck machen. Abkommen wie die Frauenrechtskonvention bekannter zu machen, ist dabei enorm wichtig. Denn nur wer seine Rechte kennt, kann sie auch einfordern.“

Die heutige Veranstaltung „Mit Recht zur Gleichstellung“ ist der Auftakt in ein großes Gleichstellungsjahr: Im März 2020 steht die Frauenrechtskommission der Vereinten Nationen in New York an, die ganz im Zeichen von Peking+25 stehen wird. Im Juli 2020 findet in Paris die wahrscheinlich seit 1995 größte Weltfrauenkonferenz mit bis zu 6.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt. Ziel ist es, eine neue internationale gleichstellungspolitische Roadmap zu beschließen. Die Bundesregierung wird sich an der Seite von UN Women und Gastgeber Frankreich als engem Partner in der europäischen und internationalen Gleichstellungspolitik aktiv in diese internationalen Prozesse einbringen.

Das BMFSFJ unterstützt die Gleichstellung von Frauen und Männern auf vielen Ebenen und mit unterschiedlichsten Maßnahmen – einige Beispiele: Führungspositionen-Gesetz EntgelttransparenzgesetzBundesförderprogramm gegen Gewalt an Frauen (120 Millionen € Investitionsprogramm zur Bauförderung über 4 Jahre bis 2023 plus Innovations- bzw. Aktionsprogramm)Gute-KiTa-GesetzStarke-Familien-GesetzBundesinitiative Klischeefrei zur Förderung einer klischeefreien Berufs- und StudienwahlGesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt Förderung der Kinderwunschbehandlung bei ungewollter Kinderlosigkeit

Die Frauenrechtskonvention (CEDAW) als weltweit erster Völkerrechtsvertrag speziell zu den Menschenrechten von Frauen wurde am 18. Dezember 1979 von den Vereinten Nationen verabschiedet. Inzwischen haben 189 Staaten das Abkommen ratifiziert, Deutschland als eines der ersten Länder bereits 1985. Die Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten, jede Form der Diskriminierung von Frauen zu beseitigen und Benachteiligungen von Frauen auf allen Ebenen abzubauen. 1995 folgte im Rahmen der vierten Weltfrauenkonferenz die Pekinger Erklärung und Aktionsplattform – es ist der bis heute umfassendste Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 27.11.2019

Mit 412,6 Millionen Euro bis zum Jahr 2022 unterstützt der Bund das Land Hessen darin, die Qualität der Kindertagesbetreuung zu sichern und weiterzuentwickeln. In der Hessischen Staatskanzlei haben heute Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey und der Hessische Minister für Soziales und Integration, Kai Klose, den Bund-Länder-Vertrag zur Umsetzung des Gute-KiTa-Gesetzes für das Land Hessen unterzeichnet. Es ist der 16. Vertrag zwischen dem Bund und einem Bundesland zur Umsetzung des Gute-KiTa-Gesetzes. Damit sind die Verträge zwischen dem Bund und allen Bundesländern geschlossen und der Überweisung der Mittel aus dem Gute-KiTa-Gesetz an die Länder steht nichts mehr im Wege. Aus dem Programm „Starke Heimat“ gibt Hessen bis 2024 zusätzlich insgesamt 720 Millionen Euro zusätzlich in die Kitas.

Bei der Unterzeichnung der Vereinbarung sagte Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Gute Kinderbetreuung bedeutet, sich für jedes einzelne Kind Zeit zu nehmen. Darum freue ich mich, dass Hessen sich entschieden hat, in das Personal zu investieren. Mit den rund 412,6 Millionen Euro werden mehr Fachkräfte eingestellt. So können die Erzieherinnen und Erzieher sich noch intensiver den Bedürfnissen der einzelnen Kinder widmen und die Kita-Leitungen bekommen Zeit, um neue Konzepte zu entwickeln und die pädagogische Arbeit voranzubringen. Das sind wichtige Schritte, um die Qualität in den hessischen Kitas weiter zu verbessern. Dazu passt auch, dass Hessen zusätzlich aus Landesmitteln in die Fachkräftesicherung- und Gewinnung investiert und damit an die Fachkräfteoffensive des Bundes anknüpft.“

Sozial- und Integrationsminister Kai Klose freute sich über diesen Vertragsabschluss: „Die Kinderbetreuung in Hessen auszubauen und weiter zu verbessern ist uns besonders wichtig. Ein ausreichendes und qualitativ hochwertiges Betreuungsangebot trägt dazu bei, dass alle Kinder faire Chancen beim Start ins Leben haben – unabhängig von ihrer sozialen Herkunft. Deshalb eröffnen wir nicht nur den Kindern bestmögliche Startchancen von Anfang an, sondern ermöglichen auch den Eltern, Familie und Beruf gut miteinander zu verbinden. Die Unterzeichnung dieses Vertrags zum ‚Gute-KiTa Gesetz‘ zwischen der Bundesregierung und der Hessischen Landesregierung unterstreicht diese hohe Bedeutung der frühkindlichen Bildung“, so Klose weiter.

Konkret werden die Bundesmittel im Rahmen des Gute-KiTa-Gesetzes in Hessen eingesetzt, um die Personalausstattung und damit die Qualität der Kindertagesbetreuung vor Ort zu stärken. Der Fachkraft-Kind-Schlüssel wird verbessert und die Kita-Leitungen werden gestärkt. „Das trägt auch dazu bei, Fachkräfte in den Kitas zu halten und Menschen neu für dieses Berufsfeld zu gewinnen,“ so Klose.

Das Gute-KiTa-Gesetz in Hessen:

Die Mittel des „Gute-KiTa-Gesetzes“ – 412,6 Millionen Euro bis zum Jahr 2022 – investiert Hessen vor allem in folgende Handlungsfelder:

1. Fachkraft-Kind-Schlüssel

Um die Fachkräftesituation in Kitas zu verbessern, wird die gesetzlich vorgeschriebene Berechnung des Mindestpersonalbedarfs so verändert, dass mehr Fachkraftkapazitäten zur Verfügung stehen. Dabei werden die im Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch geregelten Ausfallzeiten für Urlaub, Krankheit und Fortbildungen vom 1. August 2020 an von derzeit 15 auf 22 Prozent erhöht. Mit dieser Erhöhung steigt im Ergebnis der Mindestpersonalbedarf der Kita und es steht mehr Zeit für das einzelne Kind zur Verfügung.

2. Stärkung der Kita-Leitungen

Um die Kita-Leitungen zu stärken, wird erstmals in Hessen ein fester Zeitanteil für die Leitung einer Kita in Höhe von 20% festgeschrieben. Durch diese zusätzlichen Leitungskapazitäten erhöhen sich die Kapazitäten für alle in der Einrichtung beschäftigten Fachkräfte. Die Arbeitszeit für Leitungsaufgaben wird künftig immer separat vom Mindestpersonalbedarf der Erzieherinnen und Erzieher berechnet und gesetzlich verankert. So bekommen die Leitungen der hessischen Kindertageseinrichtungen die notwendige Zeit, um ihren vielfältigen Aufgaben nachzukommen, denn ihnen kommt für die Entwicklung und Sicherung der Einrichtungsqualität eine Schlüsselfunktion zu.

Weitere Maßnahmen, die das Land Hessen aus eigenen Mitteln ergreift:

• Stärkung der Träger und Investition in Fachkräfte Aus dem Programm „Starke Heimat“ fließen bis 2024 insgesamt 720 Millionen Euro an die Träger der Kitas. So unterstützt das Land durch eine höhere Betriebskostenförderung die pädagogische Arbeit vor Ort. Auch Investitionen in zusätzliche Fachkräfte werden aus diesen Mitteln finanziert. Dazu kommen nochmals 40 Millionen Euro für ein Landesinvestitionsprogramm für Kita-Bauten, damit weiter massiv in die Kinderbetreuung investiert wird.

• Fachkräftesicherung und -gewinnung

Ergänzend zur „Fachkräfteoffensive“ des Bundes legt das Land Hessen eine eigene Fachkräfteoffensive auf und investiert zusätzlich in Fachpersonal für die Kindertagesbetreuung. Die Mittel dafür kommen aus dem genannten Programm „Starke Heimat“: Hessen wird die Zahl der praxisintegrierten, vergüteten Ausbildungsplätze erheblich ausweiten. Das Land wird im Ausbildungsdurchgang 2020/21-2022/2023 mindestens 200 Plätze und im Ausbildungsdurchgang 2021/22-2023/2024 (im Rahmen eines eigenen Landesprogramms) erneut mindestens 200 Plätze fördern – zusätzlich zu den knapp 220 Ausbildungsplätzen, die im Rahmen der „Fachkräfteoffensive des Bundes“ finanziert werden.

Außerdem werden auch die Anleitungsfreistellungen gefördert, wodurch der Anreiz für Einrichtungen steigt, sich als „Lernort Praxis“ zur Verfügung zu stellen. Unterstützt werden sollen alle ausbildenden Träger, unabhängig von der Art der Ausbildung. Und schließlich wird das Berufsbild der Erzieherin bzw. des Erziehers durch eine Werbe- und Imagekampagne des Landes für den Beruf gestärkt. Ziel der Maßnahmen ist es, Kommunen und freie Träger bei der Fachkräftegewinnung und -sicherung wirksam zu unterstützen.

Das Gute-KiTa-Gesetz

Mit dem Gute-KiTa-Gesetz unterstützt der Bund die Länder bis 2022 mit rund 5,5 Milliarden Euro bei Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren. Jedes Bundesland hat seine eigenen Stärken und Entwicklungsbedarfe. Darum ist das Gesetz wie ein Instrumentenkasten aufgebaut: Die Länder entscheiden selbst, in welche der insgesamt 10 Handlungsfelder und Maßnahmen investiert werden soll. In einem Vertrag halten der Bund und das jeweilige Bundesland fest, wie das Gute-KiTa-Gesetz vor Ort umgesetzt werden soll und wie es die jeweils eingesetzten Landesmittel ergänzt.

Die Bundesregierung hat, im Ergebnis der „Kommission gleichwertige Lebensverhältnisse“, den Beschluss gefasst, die finanzielle Beteiligung des Bundes auch über 2022 hinaus fortzusetzen.

Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.bmfsfj.de/gute-kita-gesetz

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.11.2019

Das Land Nordrhein-Westfalen wird gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen massiv in die frühkindliche Bildung investieren. Ab dem kommenden Kindergartenjahr werden jährlich zusätzlich fast eine Milliarde Euro allein in die Qualität der Kitas fließen. Für einen Zeitraum von vier Jahren unterstützt der Bund mit dem Gute-KiTa-Gesetz dabei das Land mit rund 1,2 Milliarden Euro. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey und der stellvertretende Ministerpräsident Dr. Joachim Stamp unterzeichneten heute in Düsseldorf den entsprechenden Vertrag. Neben erheblichen Qualitätsverbesserungen wird die Landesregierung mit den Mitteln auch ein zweites beitragsfreies Jahr ermöglichen.

Bundesfamilienministerin Giffey betonte: „Gute frühkindliche Bildung ist eine nationale Zukunftsaufgabe, an der alle die im Land Verantwortung tragen gemeinsam arbeiten müssen. Nordrhein-Westfalen hat sich für ein starkes Maßnahmenpaket entschieden, das die Qualität der Betreuung verbessert und zugleich die Beitragsfreiheit ausweitet. Das bedeutet eine enorme Entlastung für Familien und garantiert mehr als einer halben Million Kindern beste Bildung von Anfang an. Nordrhein-Westfalen investiert die rund 1,2 Milliarden Euro des Bundes in kind- und bedarfsgerechte Angebote in der Kindertagesbetreuung wie z. B. flexiblere Öffnungs- und Betreuungszeiten oder ergänzende Kindertagespflege. Die Ausweitung der Beitragsfreiheit für das vorletzte Kindergartenjahr ist ein großer Schritt, frühkindliche Bildung für alle zugänglich zu machen. Der Bund hat sich in einem Kabinettsbeschluss vom Juli dazu verpflichtet, auch über 2022 hinaus seine Verantwortung für eine gute Kinderbetreuung in Deutschland wahrzunehmen. Jetzt kommt es darauf an, dass das Land Nordrhein-Westfalen die fast 1.200 Millionen Euro in den nächsten Jahren gut umsetzt.“

Dr. Joachim Stamp: „Wir freuen uns, gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen massiv in die frühkindliche Bildung zu investieren. Wir fördern vor allem Qualität, ermöglichen mit Unterstützung der Gute-KiTa-Mittel aber auch Entlastung für Familien mit Kindern. Auch mit unserer Reform des Kinderbildungsgesetzes sorgen wir für mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung. Denn genau hier wird der Grundstein für die spätere Bildungsbiographie gelegt. Für uns in Nordrhein-Westfalen ist es wichtig, dass alle Beteiligten Planungssicherheit bekommen. Dafür sorgen wir mit unserer Reform. Frühkindliche Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und daher eine gemeinsame Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen. Vom Bund erwarten wir deshalb, dass auch er sich zu seiner Verantwortung bekennt und die Mittel über 2022 hinaus entfristet.“

Zusätzliche Mittel des Landes NRW

Eins der zentralen Ziele der Landesregierung ist es, allen Kindern – unabhängig von ihrer Herkunft – bessere Chancen auf gute Bildung zu ermöglichen. Neben den Mitteln des Bundes investieren Land und Kommunen daher ab dem Kindergartenjahr 2020/2021 rund 750 Millionen Euro jährlich zusätzlich für mehr Finanzierungssicherheit und Verbesserungen der Qualität. Zudem gibt das Land den Kommunen eine Platzausbaugarantie und stellt hierfür mindestens 115 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Damit alle Beteiligten Planungssicherheit bekommen, wird das komplette Kita-Finanzierungssystem nach einem Index dynamisiert. Das bedeutet: Steigen die Personal- und Sachkosten, steigen auch die finanziellen Mittel. Von diesem Paket profitieren alle Kinder, Kindertageseinrichtungen und die Kindertagepflegepersonen, Erzieherinnen und Erzieher sowie die Eltern in Nordrhein-Westfalen.

Überblick zu den Maßnahmen in Nordrhein-Westfalen:

Die Mittel des „Gute-KiTa-Gesetzes“ – insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro bis zum Jahr 2022 – investiert Nordrhein-Westfalen – vorbehaltlich der Zustimmung des Landesgesetzgebers – vor allem in folgende Handlungsfelder:Qualifizierte Fachkräfte. Träger, die in ihren Kindertageseinrichtungen Erzieherinnen und Erzieher praxisintegriert ausbilden, bekommen einen Zuschuss von 8.000 Euro im ersten Ausbildungsjahr und 4.000 Euro im zweiten und dritten Ausbildungsjahr. Der jährliche Zuschuss für die Fortbildung von Fachkräften wird in Nordrhein-Westfalen von 5 Millionen Euro auf 10 Millionen Euro verdoppelt. Starke Kitaleitung. Im Kindergartenjahr 2019/20 wird die Finanzierung von Leitungsstunden in einem Umfang von insgesamt rund 107 Mio. Euro ermöglicht.Sprachliche Bildung. Die Zuschüsse zur Sprachförderung und für die Förderung von plusKITAs werden zusammengefasst von 70 Mio. Euro auf 100 Mio. Euro erhöht. Starke Kindertagespflege. Die Pauschalen des Landes Nordrhein-Westfalen für jedes in der Kindertagespflege betreute Kind werden zu Beginn des Kindergartenjahres 2020/21 um rund 30 Prozent erhöht. Außerdem soll die Qualifizierung der Kindertagespflegepersonen verbessert werden. Vielfältige pädagogische Arbeit. Um die Familienzentren qualitativ weiterzuentwickeln, wird für jedes Familienzentrum der jährliche Zuschuss an das Jugendamt auf 20.000 Euro erhöht.Weniger Gebühren. Zusätzlich zum beitragsfreien letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung wird ab dem Kindergartenjahr 2020/21 auch das vorletzte Jahr beitragsfrei sein.Bedarfsgerechte Angebote. Das Land Nordrhein-Westfalen stellt zusätzliche Mittel für mehr Flexibilität und für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur Verfügung, beispielsweise für Randzeitenbetreuung oder ergänzende Kindertagespflege. Daran beteiligen sich auch die Kommunen. Sie kennen die Bedarfe vor Ort und entscheiden über den Einsatz der Mittel. (Die Mittel kommen zunächst aufwachsend bis 2022 aus dem Gute-KiTa-Gesetz und von den Kommunen.)

Das Gute-KiTa-Gesetz

Mit dem Gute-KiTa-Gesetz unterstützt der Bund die Länder bis 2022 mit rund 5,5 Milliarden Euro bei Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren.

Die Kindertagesbetreuung soll überall in Deutschland weiterentwickelt werden. Aber jedes Bundesland hat seine eigenen Stärken und Entwicklungsbedarfe. Darum ist das Gesetz wie ein Instrumentenkasten aufgebaut: Die Länder entscheiden selbst, in welche zehn Handlungsfelder und Maßnahmen investiert werden soll. In einem Vertrag halten der Bund und das jeweilige Bundesland fest, wie das Gute-KiTa-Gesetz vor Ort umgesetzt werden soll und wie es die jeweils eingesetzten Landesmittel ergänzt.

Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.bmfsfj.de/gute-kita-gesetz

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 19.11.2019

Ausgrenzung, Gewalt, religiöses Mobbing und Rassismus – an vielen Schulen in Deutschland ist das ein großes Problem. Seit genau einem Jahr geht das Bundesfamilienministerium mit dem Programm „Respekt Coaches“ dagegen vor – und zwar dort, wo die Probleme anfangen: im alltäglichen Miteinander auf dem Schulhof und in der Klasse. Die „Respekt Coaches“ stärken als Anti-Mobbing-Profis die Persönlichkeit und die sozialen Kompetenzen junger Menschen. Sie tragen mit ihrem Angebot dazu bei, dass es erst gar nicht zu Gewalt und Radikalisierung auf dem Schulhof kommt. Die Schülerinnen und Schüler lernen ein respekt- und vorurteilsfreies Miteinander.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey zieht zum einjährigen Jubiläum eine positive Zwischenbilanz: „Fast 40.000 Schülerinnen und Schüler haben seit dem Start des Bundesprogramms mit einem Respekt Coach gearbeitet. An rund 300 Schulen wurden mehr als 1000 Workshops, AGs und andere Angebote durchgeführt. Das zeigt wie groß der Bedarf ist und dass wir hier nicht nachlassen dürfen. Als Jugendministerin ist es mir wichtig, die Schulen darin zu unterstützen, tolerante und weltoffene Schülerinnen und Schüler hervorzubringen, die wissen, wie man ohne Gewalt und Hass zusammenlebt. Denn das gehört zu unserer demokratischen Gesellschaft dazu: Man muss nicht einer Meinung sein, aber man muss anders Denkenden mit Respekt begegnen. Das Programm „Respekt Coaches“ wird 2020 weitergeführt, die Mittel sind – vorbehaltlich der Zustimmung durch das Parlament – in gleichbleibender Höhe von 21 Millionen Euro im Haushalt für das kommende Jahr vorgesehen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass das Bundesprogramm auch in den kommenden Jahren weitergeht.“

Ministerin feiert Jubiläum mit Berliner Schülerinnen und Schülern

Das einjährige Jubiläum des Programms „Respekt Coaches“ feiert Bundesfamilienministerin Giffey gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Fritz-Karsen-Schule in Berlin-Neukölln. Mit dabei sind Respekt Coaches aus Berlin und Brandenburg; Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler, die im Programm an einer AG zum Thema „Respekt und Vielfalt“ teilnehmen und in einer Podiumsrunde über ihre Erfahrungen berichten. Die Fritz-Karsen-Schule ist die erste Berliner „Schule der Vielfalt“, sie ist außerdem „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.

Jugendmigrationsdienste als wichtiger Partner

Die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Jugendmigrationsdienste setzen das Programm „Respekt Coaches“ vor Ort gemeinsam mit Expertinnen und Experten der Extremismusprävention und der politischen Bildung an Schulen um. Sie legen mit den Schulen den konkreten Unterstützungsbedarf fest und erstellen ein Präventionskonzept. Die Respekt Coaches des Bundes sind eine Ergänzung zu landes- und kommunalpolitischen Maßnahmen für Jugend- und Schulsozialarbeit. Das Projekt ist Teil des Nationalen Präventionsprogramms gegen islamistischen Extremismus und wird wissenschaftlich begleitet.

Weitere Informationen und die Liste der teilnehmenden Schulen in allen Bundesländern finden Sie unter https://www.lass-uns-reden.com.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 15.11.2019

Zu der von der Bundesjustizministerin angekündigten Reform des Unterhaltsrechts erklären Katja Keul, Sprecherin für Rechtspolitik, und Katja Dörner, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Um getrennt erziehende und alleinerziehende Eltern bei der Ausübung ihrer Elternverantwortung zu unterstützen und Kinderarmut entgegenzuwirken, brauchen wir ein ganzheitliches Reformpaket. Bereits heute ist das Armutsrisiko von Alleinerziehenden – und das sind zu rund 90 Prozent Frauen – und ihrer Kinder sehr hoch. Änderungen im Unterhaltsrecht dürfen nicht zu finanziellen Verschlechterungen für diese Familien führen. Die Stärkung der Elternverantwortung ist ebenso wie der Kampf gegen Kinderarmut eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Gewisse Entlastungen können bereits durch Veränderungen im Sozial- und Steuerrecht bewirkt werden, etwa durch die Anerkennung von Umgangsmehrbedarfen. Ob und welche Änderungen im Unterhaltsrecht sinnvoll erscheinen, muss jedoch sorgsam geprüft werden. Denn diese müssen ausgleichend und keinesfalls konfliktverschärfend wirken. Wichtig ist, dass Entlastungen des einen Elternteils nicht zu Belastungen für den anderen Elternteil führen.

Es ist nicht hinnehmbar, dass die Behörden teilweise die Zahlung von Unterhaltsvorschuss mit Verweis auf einen erweiterten Umgang des Unterhaltspflichtigen einstellen, selbst wenn ein rechtskräftiges Gerichtsurteil über den Kindesunterhalt vorliegt. Zu prüfen wäre des Weiteren, inwiefern die hälftige Auszahlung des Kindergeldes an beide Elternteile zu einer Entlastung bei der komplizierten Unterhaltsberechnung führen würde. Wir hoffen, dass die Ministerin ihre Ankündigung diesmal auch in Taten umsetzt. Die Verunsicherung auf Seiten der Betroffenen, aber auch in der Rechtsberatung und bei Richterinnen und Richtern ist groß. Deswegen braucht es dringend gesetzliche Leitplanken für mehr Rechtsklarheit.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 18.11.2019

„Die Konjunktur schwächelt, und dies hat Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Und was tut die Bundesregierung? Sie dreht der Bundesagentur für Arbeit den Geldhahn zu. Das ist das Gegenteil vorausschauender Arbeitsmarktpolitik. Statt den Arbeitslosenversicherungsbeitrag zu senken, sollte die Bundesregierung die Arbeitslosenversicherung für die Krise fit machen“, erklärt Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zum aktuellen Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit. Zimmermann weiter:

„Dazu gehören eine ausreichende Rücklage und stärkere Leistungen. Es braucht einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung für alle Erwerbslosen und Beschäftigten und ein verbessertes Arbeitslosengeld. Das linke Konzept zur Arbeitslosenversicherung liegt auf dem Tisch: Ein höheres Arbeitslosengeld, das man leichter und länger beziehen kann. Im Anschluss das Arbeitslosengeld Plus, eine vollwertige Versicherungsleistung ohne Einkommens- und Vermögensprüfung. Unser Konzept schafft Sicherheit in der Krise. Es sorgt für Qualifizierung statt Qualifikationsverlust, denn statt kurzfristiger Arbeit um jeden Preis wollen wir eine nachhaltige Vermittlung in gute Arbeit. Außerdem wollen wir mit einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor echte Perspektiven für diejenigen schaffen, die über längere Zeit erwerbslos sind.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 29.11.2019

„Schutzgesetze wie das Arbeitszeitgesetz müssen verteidigt und weiter ausgebaut werden. Gestresste Beschäftigte brauchen längere Ruhezeiten und keine kürzeren. Auch an den Höchstgrenzen für die tägliche Arbeitszeit darf nicht gerüttelt werden“, erklärt Jutta Krellmann, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit der Fraktion DIE LINKE, zur aktuellen Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) „Verkürzte Ruhezeiten: Auswirkungen auf die Gesundheit und die Work-Life-Balance“. Krellmann weiter:

„Verkürzte Ruhezeiten machen krank. Das bestätigt die BAuA, das Forschungsinstitut der Bundesregierung, in ihrer aktuellen Studie. Die Digitalisierung macht unser Arbeitsleben immer stressiger. Krankschreibungen wegen psychischer Leiden nehmen immer weiter zu. Das kann so nicht weitergehen. Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Schutz für Beschäftigte. Eine Anti-Stress-Verordnung ist längst überfällig. Das bedeutet verbindliche Richtlinien, um psychische Belastungen bei der Arbeit zu minimieren. Dazu gehören ein Recht auf Abschalten und eine Mindestpersonalbesetzung.

Um die geltenden Arbeitsschutzgesetze drücken sich Arbeitgeber schon heute, weil zu wenig kontrolliert wird. Deshalb muss die Bundesregierung endlich die Rahmenbedingungen für flächendeckende Arbeitsschutzkontrollen schaffen. Der beste Arbeits- und Gesundheitsschutz sind dabei starke Betriebsräte. Ihre Wahl muss erleichtert und sie müssen besser geschützt werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 25.11.2019

Mit Urteil vom 5. November 2019 hat das Bundesverfassungsgerichtentschieden, dass Sanktionenfür Empfänger von Arbeitslosengeld II bei Verletzung bestimmter Mitwirkungspflichten grundsätz-lich verfassungsgemäßsein können. Allerdings ist es nach derzeitiger Ausgestaltung und Datenlage mit dem Grundgesetz unvereinbar, wenn diese Sanktionen zu Minderungen des Regelbedarfs von mehr als 30 Prozent bis hin zu einem vollständigen Wegfall der Leistungen führen.Zudem sind Sanktionenverfassungswidrig, die den Regelbedarf bei einer Pflichtverletzung zwingend kürzen,auch wenn dies zu einer außergewöhnlichen Härte führt. Dies gilt zudemfür die starre Dauer der Sanktionen von drei Monaten, wenn der Leistungsempfänger die Pflichterfüllung nachholt odersich ernsthaft dazu bereiterklärt.Nicht direkt erfasst von der Entscheidung sind Sanktionen wegen Meldeverstößen bzw. Sanktionen zur Durchsetzung von Mitwirkungspflichten fürPersonen unter 25 Jahren.

Die der Entscheidung zugrundeliegenden Normen für die Sanktionen (§ 31 Abs. 1, §31a Abs. 1 S.1, 2, 3 und §31b Abs. 1 S. 3 SGB II)wurden an dem Maßstabder sich ausArt. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG ergebenden grundrechtlichen Gewährleistung eines menschenwürdigenExistenzminimumsüberprüft. Nach diesem muss einheitlich die physische und soziokulturelle Existenz gesichert werden. Insofern kann nicht zwischen Bedarfen beispielsweise für Nahrung und solchen für die sozialeTeilhabe differenziert werden. Die diesem Anspruch zugrundeliegendeMenschenwürde ist unabdingbar und steht allen Menschen gleichermaßen zu. Sie kann daher auch nicht durch unkooperatives bzw. vermeintlich „unwürdiges“ Verhalten gegenüber staatlichenStellenverwirkt werden. Dies verwehrt es dem Gesetzgeber jedoch nicht, im Rahmen der näheren AusgestaltungdesSozialstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 1 GG, existenzsicherndeLeistungen nur dann zu gewähren, wenn wirklicheBedürftigkeit besteht. Dieser sog. Nachranggrundsatzund der Vorrang der selbstständigen Existenzsicherung sind mit dem Grundgesetz vereinbar. Daraus folgt auch dieRechtfertigung für MitwirkungspflichtenderLeistungsempfänger. Es ist insoweit zulässig,von Erwerbsfähigen im SGB II-Leistungsbezugdie aktive Mitwirkung an der Vermei-dung oder Überwindung der eigenen Bedürftigkeit zu verlangen. Dies dient zudem der Schonungbegrenzter finanzieller Mittel des Sozialstaats. Kein legitimes Ziel wäre die Bevormundung, Erzie-hungoder Besserung der Leistungsempfänger. Mitwirkungspflichten können zum Beispiel die Aufnahmeeiner Arbeit bzw. Ausbildung oder Maßnahmenaus der Eingliederungsvereinbarung umfassen. Sie sind gesetzlich auf ein zumutbares(§ 10 SGB II)und verhältnismäßiges Maß be-schränkt. Dassim Rahmen dieser Arbeit auch geringerwertigeTätigkeitenoder solche,die nicht dem Berufswunsch entsprechen,erfasst sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondereliegt darin kein Verstoß gegen das Verbot der Zwangsarbeit nach Art. 12 Abs. 2 GG. Diese Mitwirkungspflichten darf der Gesetzgeber auch mittels Sanktionen durchsetzen, solange diese selbst verhältnismäßig sind.

Die Sanktionenmüssen, weil sie zu einem vorübergehenden Entzug existenzsichernder Leistungen führen, strenge Anforderungen der Verhältnismäßigkeiterfüllen. Diese schränken den sonst wei-tenEinschätzungsspielraumdes Gesetzgebers bei Regelungen zur Ausgestaltung des Sozialstaates ein. Die Sanktionen müssen darauf ausgerichtet sein, dass die Mitwirkungspflichten erfüllt werden, um so die existenzielle Bedürftigkeit zu überwinden.

Eine Leistungsminderung um 30 Prozentist grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar. Sie dient dem legitimen Ziel, die Mitwirkungspflichten durchzusetzen und so den Leistungsberechtigtenwieder in Arbeit zu bringen. Der Gesetzgeber kann seine Entscheidung auf plausible Annahmen stützen, dass bereits die abschreckende Wirkung der Sanktionen zu der angestrebten Mitwirkungbeiträgt. Die konkrete Ausgestaltung der Sanktionen ist jedoch unverhältnismäßig.

Nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist eine Sanktion, wenn sie zu einer außergewöhnlichen Härteführt. Die bislang als zwingende Rechtsfolgedes Mitwirkungsverstoßes ausgestaltete Sanktion gab der Behörde keine Möglichkeit, in Fällen,in denen die damit verbundene außerordentliche Belastung nicht mehr zumutbar war, von dieser abzusehen. Es muss im Einzelfall möglich sein, besonderenUmständen Rechnung zu tragen. Dies erfordert zur Ermittlung auch die der Sanktion vorgelagerte Möglichkeit einer mündlichen Anhörungdes Betroffenen. Ebenso ist es unverhältnismäßig, dass die Sanktionsdauer von drei Monaten nicht verkürzt werden kann, wenn der Leistungsberechtigte die Mitwirkung nachholt oder die ernsthafte Bereitschaft dazu erklärt. Die Mitwirkung ist Ziel der Sanktion, so dass die Nachholung auch entsprechend gewürdigt werden muss.

Die nach wiederholter Pflichtverletzung verhängten Sanktionen von 60 Prozent bzw. des vollständigen Leistungswegfalls können nicht durch genügend plausible Erkenntnisse der Geeignetheit zur Förderung des legitimen Ziels der Integration in den Arbeitsmarkt belegt werden. Solche Prognosen müssten insbesondere aufgrund der Geltungsdauer der gesetzlichen Regelungen hinreichend fundiert sein, lagen jedoch zum Entscheidungszeitpunkt nicht vor. Zudem ist die mit diesen Sanktionen verbundene Belastung für das grundrechtlich gewährleistete Existenzminimum unzumutbar. Die bei der vollständigen Leistungskürzung ebenfalls eingestellten Zahlungen der Kosten für Unterkunft und Heizung sowie der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung können zu Verschuldung und Obdachlosigkeit führen. Es bestehen ernsthafte Zweifel seitens des Gerichts, dass so die Mitwirkungsbereitschaft erhalten bleiben kann.

Die genannten Regelungen sind verfassungswidrig, aber nicht nichtig und können unter Beachtung der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts bis zu einer Neuregelung weiter angewandt werden. Für eine Neuregelung hat das Bundesverfassungsgericht keine Frist benannt. Es besteht keine Verpflichtung, rückwirkend Leistungen nach SGB II ohne Minderungen festzusetzen. Bescheide mit Leistungsminderungen von mehr als 30 Prozent des Regelbedarfes sind aufzuheben, soweit sie nicht bestandskräftig sind.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 5. November 2019, Az. 1 BvL 7/16.

Nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen soll von Gewalt betroffenen Frauen ein Rechtsanspruch auf Geldleistung für den Aufenthalt in einem Frauenhaus oder einer vergleichbaren Einrichtung eingeräumt werden. In einem entsprechenden Antrag (19/15380) fordert sie die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem dieser Rechtsanspruch festgeschrieben wird. Zudem sollen gemeinsam mit den Trägern bundesweit einheitliche Arbeits- und Qualitätsstandards für Frauenhäuser und ähnliche Einrichtungen festgelegt werden. Der neue Rechtsanspruch auf Geldleistung soll den Zugang zu den Schutzeinrichtungen sowie die Inanspruchnahme der dortigen Dienstleistungen in Form von psychologischer Betreuung und Beratung verbessern. Dadurch werde ein erheblicher Beitrag geleistet, Frauenhäuser und ähnliche Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet abzusichern, heißt es im Antrag der Grünen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1335 vom 26.11.2019

Im Dezember 2018 bezogen eine Million Erwerbstätige aufstockend zu ihrem Lohn Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Das geht aus der Antwort (19/14185) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/13682) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Demnach waren 997.000 Menschen in einer abhängigen und 78.000 in einer selbständigen Erwerbstätigkeit. Von den abhängig Beschäftigten erzielten 542.000 oder 54 Prozent ein Bruttoeinkommen von 450 Euro und mehr.

In der Antwort heißt es weiter, dass im Dezember 2018 im Rechtskreis SGB II rund 755.000 oder 53 Prozent der Arbeitslosen weniger als ein Jahr arbeitslos waren. Von den Langzeitarbeitslosen waren, bezogen auf alle Arbeitslosen im Rechtskreis SGB II, rund 19 Prozent ein bis unter zwei Jahre arbeitslos, 15 Prozent zwei bis unter vier Jahre, sieben Prozent vier bis unter sechs Jahre, 3,5 Prozent sechs bis unter acht Jahre, 24.000 oder 1,7 Prozent acht bis unter zehn Jahre und 22.000 oder 1,5 Prozent zehn Jahre und länger arbeitslos.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1330 vom 25.11.2019

Die Fraktion Die Linke verlangt Auskunft über die Kosten der frühkindlichen Bildung und Betreuung. In einer Kleinen Anfrage (19/15018) will sie unter anderem wissen, wie sich die Ausgaben und Einnahmen durch Elternbeiträge seit 2008 entwickelt haben und wie sie sich nach Einschätzung der Bundesregierung in den kommenden Jahren entwickeln werden. Zudem möchte sie erfahren, wie sich die finanzielle Unterstützung des Bundes an den laufenden Ausgaben durch das Finanzausgleichsgesetz für die Kinderbetreuung seit 2008 entwickelt hat und wie sie sich bis 2025 entwickeln wird.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1322 vom 25.11.2019

Im Jahr 2018 wurden von den Jobcentern 91.000 Sanktionen gegenüber alleinerziehenden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ausgesprochen. Das schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (19/14586) auf eine Kleine Anfrage (19/13892) der FDP-Fraktion. Darin betont sie weiter, dass sie derzeit keine Anhaltspunkte für einen Aufklärungsbedarf bei Jobcentern in Bezug auf Einkommensarmut und Kindeswohlgefährdung sehe. Eine verantwortungsvolle und einzelfallbezogene Herangehensweise der Jobcenter sei angemessen, heißt es in der Antwort.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1301 vom 20.11.2019

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/15047) die Einführung eines Arbeitslosengeldes Plus (ALG Plus). Die Abgeordneten kritisieren, dass die Hartz-Reformen dazu geführt hätten, dass zwei Drittel der Arbeitslosen von Armut bedroht seien. Die Bezugsdauer des ALG Plus soll der Dauer des vorherigen Bezugs von Arbeitslosengeld I entsprechen. Arbeitslose, die mindestens 30 Jahre in der Arbeitslosenversicherung versichert waren, sollen einen unbefristeten Anspruch auf ALG Plus haben. Dessen Höhe soll 58 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts betragen. Um eine Absenkung des Lebensstandards durch allgemeine Preissteigerungen zu vermeiden, soll es einen jährlichen Inflationsausgleich geben. Finanziert werden soll das ALG Plus aus den Beitragszahlungen der Arbeitslosenversicherung, fordert Die Linke.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1293 vom 19.11.2019

Die von der Bundesärztekammer (BÄK) zentral geführte Liste mit Medizinern, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wird offenbar vermehrt für Eintragungen genutzt. Die nach dem Start Ende Juli zunächst 87 Einträge hätten sich mit der Aktualisierung im September 2019 auf 215 Einträge mehr als verdoppelt, heißt es in der Antwort (19/13851) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/13391) der FDP-Fraktion.

Aktuell befänden sich auf der Liste Einträge aus allen Bundesländern. Die Liste befinde sich aber noch im Aufbau. Die BÄK habe zugesagt, die Liste zeitnah zu ergänzen. Weitere Ärzte hätten bereits ihre Aufnahme in die Liste beantragt. Die BÄK und der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) hätten sich in einem Schreiben direkt an mehr als 12.500 Frauenärzte gewandt und über die Liste informiert.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1291 vom 18.11.2019

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat seinen aktuellen Bericht (19/15000) über den Stand und die Entwicklungen bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) vorgelegt. Mittlerweile sei die PID im Rahmen der vorgesehenen Grenzen Teil der fortpflanzungsmedizinischen Praxis in Deutschland geworden.

Zugleich habe sich die Reproduktionsmedizin weiterentwickelt, heißt es. Neue Biopsieverfahren und Möglichkeiten der genetischen Diagnostik hätten sich etabliert beziehungsweise würden für die PID nutzbar gemacht.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1288 vom 15.11.2019

Im Jahr 2018 konnten 64 Prozent der abhängig Beschäftigten häufig ihre Arbeit selbst planen und einteilen. Im Vergleich zu 2006 (68 Prozent) ist dieser Anteil damit leicht gesunken. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/13675) auf eine Kleine Anfrage (19/12847) der Fraktion Die Linke. Daraus geht weiter hervor, dass vor allem Arbeitnehmer ab 35 Jahren diese Flexibilität genießen und jene mit einem Abitur-Schulabschluss (76 Prozent). Bei Arbeitnehmern mit Hauptschulabschluss sind es dagegen nur 51 Prozent. Die Bundesregierung bezieht sich bei den Angaben auf Statistiken der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und des Bundesinstituts für Berufsbildung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1265 vom 13.11.2019

Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen fordern in einem gemeinsamen Antrag (19/15078) die Abschaffung der Sanktionen beim Arbeitslosengeld II. Sie beziehen sich zur Begründung auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Sanktionspraxis eingeschränkt hatte. Linke und Grüne gehen in dem Antrag allerdings darüber hinaus und fordern eine generelle Abschaffung von Sanktionen. Ferner sollen die Jobcenter bedarfsdeckend mit Personal und Mitteln zur Eingliederung und für die Verwaltung ausgestattet werden. Auch soll das Fallmanagement verbessert werden, damit Arbeitssuchende passgenaue Hilfen und garantierte Angebote zur Weiterbildung erhalten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1277 vom 14.11.2019

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/15046) einen Umbau der Arbeitslosenversicherung. Unter anderem sollen die Zugangsvoraussetzungen durch eine verlängerte Rahmenfrist (Zeit, innerhalb derer Ansprüche erworben werden müssen) von zwei auf drei Jahre erleichtert werden. Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I (ALG I) soll sich ebenfalls verlängern. So soll bereits ab einer Beschäftigungsdauer von vier Monaten ein zweimonatiger Arbeitslosengeld-Anspruch bestehen. Weiterbildungen bis zu einer Dauer von 24 Monaten sollen die Anspruchsdauer auf ALG I nicht mindern und für über 50-Jährige soll sich der Anspruch generell erhöhen, von 18 Monaten für 50-jährige Erwerbslose bis auf 36 Monate für über 60-jährige Erwerbslose.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1272 vom 13.11.2019

Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD dringen darauf, ausbeuterische Kinderarbeit zu verhindern. „385 Millionen Kinder und Jugendliche leben weltweit in extremer Armut, das sind zwanzig Prozent aller Menschen bis zum 18. Lebensjahr“, schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (19/15062), der morgen erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Laut einer Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) aus dem Jahr 2017 müssten weltweit 152 Millionen Kinder und Jugendliche arbeiten. „Über 36 Millionen dieser Kinder zwischen fünf und 14 Jahren können keine Schule besuchen. Um das Überleben ihrer Familien zu sichern, sind sie gezwungen zu arbeiten und werden hierdurch ein leichtes Opfer für ausbeuterische Strukturen.“

Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung unter anderem auf, das Bewusstsein für ausbeuterische Kinderarbeit in Lieferketten sowohl bei Verbraucherinnen und Verbrauchern als auch bei Unternehmen mittels einer breit angelegten Aufklärungskampagne zu schärfen. Per Kennzeichnung sollen vorbildliche Initiativen hervorgehoben und analog zum Textilbündnis oder Forum Nachhaltiger Kakao e.V. weitere Dialogplattformen eingerichtet werden, um die Unternehmen bei ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung zu unterstützen. Geprüft werden soll ferner, „ob die Einfuhr von Produkten nach Europa und nach Deutschland, die nachweislich aus ausbeuterischer Kinderarbeit kommen, gesetzlich unterbunden werden kann“, schreiben die Abgeordneten. Sollte die umfassende Überprüfung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) zu dem Ergebnis kommen, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen nicht ausreiche, sei die Bundesregierung aufgefordert, national gesetzlich tätig zu werden und sich für eine EU-weite Regelung einzusetzen. Außerdem soll sie im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft 2020 auf europäischer Ebene für eine „einheitliche, branchenübergreifende und verbindliche Regelung zur Ausgestaltung unternehmerischer Sorgfaltspflichten“ werben.

Hervorgehoben wird, dass die Regierung bereits heute „ihrer globalen Verantwortung gerecht wird und sich auf geeignete Weise engagiert, Menschenrechten, Arbeits-, Sozial-, Umwelt- und Anti-Korruptionsstandards weltweit Geltung zu verschaffen“. So unterstütze Deutschland etwa ILO und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) zuverlässig beim weltweiten Kampf gegen ausbeuterische Kinderarbeit.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1275 vom 13.11.2019

Immer mehr Frauen sind erwerbstätig, oft aber nur in Teilzeit – Stundenlohnlücke zwischen Teilzeit- und Vollzeitjobs deutlich gestiegen – Gesetz zu Rückkehrrecht auf Vollzeitstelle sollte durch weitere Maßnahmen flankiert werden, um Teilzeitfalle zu begegnen

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegen – immer mehr von ihnen arbeiten jedoch in Teilzeit: Im Jahr 2017 waren es 36 Prozent, über zehn Prozentpunkte mehr als Mitte der 1990er Jahre. Gleichzeitig ist der sogenannte Part-time Wage Gap, also die Stundenlohnlücke zwischen einem Vollzeit- und einem Teilzeitjob, deutlich gewachsen, von fünf Prozent Mitte der 1990er Jahre auf mittlerweile rund 17 Prozent. Das sind zentrale Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Einerseits ist es eine gute Nachricht, dass immer mehr Frauen erwerbstätig sind, wenn auch viele nur in Teilzeit – sie haben ein eigenes Erwerbseinkommen und somit auch eigene Ansprüche an die sozialen Sicherungssysteme“, sagt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am DIW Berlin. „Andererseits haben Teilzeitjobs Nachteile: Der Stundenlohn ist oft geringer, auch weil die Tätigkeiten öfter einfache und manuelle sind – diese Unterschiede sind zuletzt noch deutlich größer geworden“, so Wrohlich.

Unterschiedliche Aufteilung von Sorgearbeit spiegelt sich in Teilzeitquoten wider

Gemeinsam mit Patricia Gallego Granados und Rebecca Olthaus aus der Abteilung Staat des DIW Berlin hat Wrohlich Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ausgewertet. Dabei zeigten sich eindeutige Muster: Teilzeiterwerbstätigkeit von Frauen ist beispielsweise in Westdeutschland (knapp 40 Prozent im Jahr 2017) deutlich stärker ausgeprägt als in Ostdeutschland (etwa 27 Prozent). Frauen mit niedrigen und mittleren Bildungsabschlüssen arbeiten häufiger in Teilzeit als Frauen mit einem Hochschul- oder Fachhochschulabschluss. Und Teilzeitarbeit ist eher mit manuellen Tätigkeiten, die beispielsweise Reinigungskräfte ausüben, verbunden als mit nicht routinemäßigen kognitiven Tätigkeiten, beispielsweise im Bereich der Forschung und Entwicklung.

Betrachtet man, zu welchen Zeitpunkten ihres Lebens und in welchem Ausmaß Frauen und Männer in Teilzeit erwerbstätig sind, spiegelt sich darin die nach wie vor sehr unterschiedliche Aufteilung der Sorgearbeit wider. Frauen treten in der Phase der Familiengründung beruflich deutlich kürzer und sind meist nur noch in Teilzeit erwerbstätig. Bei mehr als 40 Prozent der erwerbsfähigen Frauen ist das im Alter ab 35 Jahren der Fall, in Westdeutschland sogar bei mehr als jeder zweiten. Männer hingegen weiten ihre Arbeitszeit in dieser Lebensphase sogar oft noch aus. Diese Unterschiede verschwinden im weiteren Lebensverlauf meist nicht mehr: Männer haben bis zum Renteneintritt konstant niedrige Teilzeitquoten, während Frauen oft selbst dann nicht mehr auf eine Vollzeitstelle zurückkehren, wenn die Kinder älter oder sogar schon aus dem Haus sind.

„Die Tatsache, dass Frauen ihre Erwerbstätigkeit für familiäre Verpflichtungen einschränken, wirkt sich sehr stark auf ihr Lebenseinkommen aus – nicht nur wegen der geringeren Wochenarbeitszeit, sondern auch, weil die Stundenlohnlücke zwischen Vollzeit- und Teilzeitjobs immer weiter steigt“, erklärt Studienautorin Patricia Gallego Granados. Zwar hängt das Phänomen des steigenden Part-time Wage Gaps bei Frauen auch damit zusammen, dass mit steigender Frauenerwerbstätigkeit mehr Frauen mit niedrigen Bildungsabschlüssen und wenig Berufserfahrung erwerbstätig sind, was sich im Durchschnitt negativ auf die Bezahlung auswirkt. Dennoch sei die Entwicklung – obwohl es grundsätzlich begrüßenswert ist, dass immer mehr Frauen auf dem Arbeitsmarkt aktiv sind – problematisch, so die Studienautorinnen, zumal auch ganz andere Aspekte, deren Einfluss bisher nicht untersucht ist, eine Rolle spielen könnten.

Ausbau von Ganztagsschulplätzen und Reform des Ehegattensplittings wären hilfreich

Das zum Jahresbeginn eingeführte Rückkehrrecht auf eine Vollzeitstelle ist ein erster Schritt, um Frauen, die ihre Arbeitszeit erhöhen möchten, diese Möglichkeit zu geben. Das Gesetz müsste nach Ansicht der Studienautorinnen aber durch weitere Maßnahmen flankiert werden. „Auch die Familienpolitik muss ihren Beitrag leisten und noch stärker zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen – dazu gehört ein weiterer Ausbau der Kindertagesbetreuung, vor allem auch im Grundschulbereich“, so Wrohlich. „Außerdem könnte eine Reform des Ehegattensplittings dazu führen, dass eine Ausweitung der Arbeitszeit für Frauen attraktiver wird, wenn sich ihr Nettolohn dann stärker erhöht.“

Studie im DIW Wochenbericht 46/2019

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 13.11.2019

Frauen sind nach wie vor als Führungskräfte in den Betrieben unterrepräsentiert. Im Jahr 2018 waren 26 Prozent der Führungskräfte der obersten Leitungsebene in der Privatwirtschaft Frauen. Auf der zweiten Führungsebene lag ihr Anteil bei 40 Prozent. Beide Werte haben sich verglichen mit 2016 nicht verändert. Das zeigen Daten des IAB-Betriebspanels, einer repräsentativen Befragung von rund 16.000 Betrieben in Deutschland durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

In Ostdeutschland ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft höher als in Westdeutschland. Auf der ersten Führungsebene liegt er im Osten bei 31 Prozent, im Westen bei 25 Prozent. Auf der zweiten Führungsebene beträgt der Frauenanteil in Ostdeutschland 45 Prozent, in Westdeutschland 39 Prozent. Der Beschäftigtenanteil von Frauen liegt in Ostdeutschland wie in Westdeutschland bei 44 Prozent. „Frauen sind demnach in Ostdeutschland besser repräsentiert“, erklären die IAB-Forscherinnen Susanne Kohaut und Iris Möller.

Kleine Betriebe werden häufiger von Frauen geführt als große: In Großbetrieben der Privatwirtschaft mit mindestens 500 Beschäftigten sind 14 Prozent der Führungspositionen auf der ersten Ebene mit Frauen besetzt. In Betrieben mit zehn bis 49 Beschäftigten sind es 25 Prozent, in Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten 27 Prozent.

Verglichen mit der Privatwirtschaft liegt der Frauenanteil im öffentlichen Sektor auf der ersten und zweiten Leitungsebene mit 36 bzw. 43 Prozent um zehn bzw. drei Prozentpunkte höher. Gemessen an ihrem Beschäftigtenanteil von 60 Prozent sind Frauen jedoch im öffentlichen Sektor in Führungspositionen der zweiten Ebene noch stärker unterrepräsentiert als in der Privatwirtschaft.

„Seit Januar 2016 ist das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in Kraft. Mit der Verpflichtung zur Festlegung und Veröffentlichung verbindlicher Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Vorständen und obersten Managementebenen soll diese gesetzliche Regelung in das Personalmanagement von Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten hineinwirken“, so die IAB-Forscherinnen Kohaut und Möller. Gleichzeitig stellen sie allerdings fest: „Die Einführung des neuen Gesetzes hat – zumindest auf Betriebsebene – keinen weiteren Zuwachs gebracht“.

Die IAB-Studie ist online abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2019/kb2319.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 21.11.2019

Im 3.Quartal 2019 wurden in Deutschland 3,9% mehr Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt als im 3.Quartal 2018. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, wurden im 3.Quartal 2019 rund 25 200 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet. Knapp drei Viertel (71%) der Frauen, die im 3.Quartal 2019 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, waren zwischen 18 und 34 Jahren alt, 18% zwischen 35 und 39 Jahren. Gut 8% der Frauen waren 40Jahre und älter, 3% waren jünger als 18 Jahre. Rund 40% der Frauen hatten vor dem Schwangerschaftsabbruch noch kein Kind zur Welt gebracht.

96% der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Eine medizinische Indikation war in den übrigen 4% der Fälle die Begründung für den Abbruch. Die meisten Schwangerschaftsabbrüche (58%) wurden mit der Absaugmethode (Vakuumaspiration) durchgeführt, bei 25% wurde das Mittel Mifegyne® verwendet. Die Eingriffe erfolgten überwiegend ambulant, und zwar 79% in gynäkologischen Praxen und 19% ambulant im Krankenhaus.

Detaillierte Informationen zu den Schwangerschaftsabbrüchen, auch zu den Quartalsergebnissen, sind in den Tabellen Schwangerschaftsabbrüche (23311) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden. Weitere gesundheitsbezogene Daten und Tabellen zu Schwangerschaftsabbrüchen mit weiteren Gliederungen finden sich auch im Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 02.12.2019

Fakten zum Internationalen Männertag am 19. November 2019 – KORREKTUR: Die am 18.11.2019 verbreitete Meldung muss aufgrund eines Fehlers im 5. Absatz korrigiert werden. Die Korrektur ist fett hervorgehoben.

Männer dominieren in Deutschland nach wie vor viele technisch geprägte Berufe. 2018 arbeiteten fast 2Millionen Männer in der Berufsgruppe Maschinen- und Fahrzeugtechnik. Mit 89% lag der Männeranteil hier noch 4Prozentpunkte höher als in Informatik- und anderen Informations- und Kommunikationstechnikberufen (IKT), in denen rund 900000 Männer (85%) beschäftigt waren. Das teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Internationalen Männertags am 19. November 2019 auf Basis des Mikrozensus mit.

Der Frauenanteil verändert sich in diesen männlichen Domänen kaum. Während sich im Vergleich zu 2012 der Anteil von Informatikerinnen (einschließlich IKT-Berufen) um gerade 2Prozentpunkte erhöhte (15%), sank er bei Maschinen- und Fahrzeugtechnikerinnen im gleichen Zeitraum sogar geringfügig um 1 Prozentpunkt (11%).

Etwas mehr Bewegung herrscht in der Berufsgruppe „Polizei, Kriminaldienste, Gerichts- und Justizvollzug“. Dort erhöhte sich der Frauenanteil von 20% (59000 Frauen) im selben Zeitraum auf 24% (72000 Frauen).

Nur 1 von 10 Lehrenden an Grundschulen sind Männer

Wie unterschiedlich die Geschlechter sich in einem Berufszweig verteilen können, zeigt das vielfältige Berufsfeld der Lehrenden. An allgemeinbildenden Schulen waren 2018 nur etwas über ein Viertel (27%) der insgesamt etwa 830000 Lehrenden männlich. Im Vergleich zum Jahr 2012 sank ihr Anteil damit um rund 2 Prozentpunkte.

Besonders selten sind Männer als Grundschullehrer tätig. 2018 waren es 19 000 von insgesamt rund 200 000 Lehrenden an Grundschulen. Der Männeranteil von 9 % sank damit im Vergleich zu 2012 (10 %) geringfügig.

Ein ganz anderes Bild ergibt sich beim Blick auf die deutsche Hochschullandschaft: Hier waren 2018 die Männer in der Überzahl. Mit 193000 Lehrenden und Forschenden stellten sie 58% von insgesamt 331000 ausgeübten Lehr- und Forschungstätigkeiten. Sechs Jahre vorher lag ihr Anteil sogar noch bei 61%.

Mehr Altenpfleger und Kinderbetreuer

In eher als „Frauenberufen“ geltenden Bereichen wie der Altenpflege legen die Männer dagegen leicht zu. Im Jahr 2018 stieg der Anteil von Pflegern im Vergleich zu 2012 um 2 Prozentpunkte auf 16%. 110000 Pfleger standen hier 583000 Pflegerinnen gegenüber.

Eine aktuelle Auswertung der Statistiken der Kindertagesbetreuung zeigt, dass der Anteil der in der Kindertagesbetreuung tätigen Männer nach wie vor relativ gering ist. Allerdings zog es in den vergangenen Jahren mehr Männer in diesen Beruf. Am 1.März 2019 waren in Deutschland 6,4% der Beschäftigten in der Kindertagesbetreuung männlich. Damit waren rund 42200 Männer unmittelbar mit der pädagogischen Betreuung von Kindern in einer Kindertageseinrichtung befasst oder als Tagesvater aktiv. Vor zehn Jahren waren es noch 13500 Männer (3,2%).

Methodik:
Die Aussagen zu Berufen stützen sich auf eine Klassifikation der Berufe 2010, deren Einführung in den Mikrozensus 2012 durchgängige Zeitvergleiche ermöglicht.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 18.11.2019

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Anlässlich der Beratungen des Bundesrats am 29. November zum Angehörigen-Entlastungsgesetz erklärt AWO Bundesvorstandsmitglied Brigitte Döcker: „Wir fordern die Länderkammer auf, dem Gesetzesvorhaben zuzustimmen, weil es unterhaltspflichtige Angehörige von pflegebedürftigen Menschen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege beziehen, spürbar entlastet.“ Der Bundestag hatte das Gesetz bereits am 7. November 2019 beschlossen. Damit es in Kraft tritt, muss aber der Bundesrat noch zustimmen.

Können pflegebedürftige Menschen den Eigenanteil an den Kosten der Pflege nicht selbst aufbringen, so Döcker, sind deren erwachsene Kinder verpflichtet, ihre Eltern finanziell zu unterstützen. Ob sie tatsächlich zahlen müssen, hängt dabei von deren Einkommen und Vermögen ab. „Die Einkommensgrenze hierfür soll nun auf 100.000 Euro im Jahr angehoben werden, analog der heute geltenden Grenze bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Damit schafft das Gesetzesvorhaben den unterhaltpflichtigen Angehörigen Luft, die sie dringend brauchen“, erläutert Döcker.

Nicht von der Hand zu weisen ist, dass das Gesetz zwar Angehörige entlastet, aber gleichzeitig eine deutliche Mehrbelastung der ohnehin klammen Kommunen zu befürchten ist. „Wir brauchen mittel- und langfristig neue Wege bei der Finanzierung der Preissteigerungen in der Pflege“, unterstreicht Döcker deshalb. Außerdem bringe das Gesetz keine Entlastung für Eheleute, wenn es um die Zuzahlung zu einem Heimplatz für einen pflegebedürftigen Ehepartner geht. „Auch hier benötigen wir zeitnah eine gesetzliche Regelung“, bekräftigt Bundesvorstandsmitglied Döcker.

Aber das ist noch nicht alles. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen benötigten dringend eine Deckelung der Eigenanteile an den Kosten der Pflege. So führt Brigitte Döcker weiter aus: „Hierzu hatte die AWO erfolgreich eine Petition gestartet und dafür über 70 Tsd. Unterschriften gesammelt.“ Daraufhin hatte sich der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags bereits im Juni mit dem Thema befasst. „Nun muss eine gesetzliche Regelung zur spürbaren Beschränkung der Eigenanteile an den Kosten der Pflege zügig folgen“, bekräftigt Döcker abschließen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 28.11.2019

Mit einer Erklärung und einem konkreten Anforderungskatalog melden sich erstmals Mieterbund, Sozial- und Wohlfahrtsverbände mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) in der Klimaschutz-Debatte gemeinsam zu Wort. Das vom Paritätischen Wohlfahrtsverband mit ver.di initiierte und vom AWO Bundesverband mitgetragene Bündnis spricht sich offensiv für eine sozial-ökologische Wende aus und warnt davor, Soziales und Klima gegeneinander auszuspielen. Weitere Mitzeichner sind der AWO Bundesverband, der Deutsche Caritasverband, der Sozialverband Deutschland (SoVD), der Sozialverband VdK Deutschland, der Volkssolidarität Bundesverband sowie der Deutsche Mieterbund.

Zur gemeinsamen Erklärung (PDF).

„Wir teilen gemeinsam die feste Überzeugung, dass die ökologische Wende nur als sozial-ökologische Wende gestaltet werden kann. Mehr noch: Die klimapolitischen Herausforderungen eröffnen die Chance, Soziales neu zu denken und mehr Lebensqualität für alle zu schaffen“, heißt es in der „Sozialplattform Klimaschutz“. Das Bündnis fordert eine „ambitionierte und verbindliche Klimaschutzpolitik“. Klimaschutz dürfe jedoch „kein Elitenprojekt“ und ein umweltbewusstes Leben „kein Luxus“ sein. In der Erklärung formulieren die Organisationen ganz konkrete Forderungen und Lösungsvorschläge zur Gestaltung einer echten sozial-ökologischen Wende, u.a. in den Bereichen Wohnen, Energie und Mobilität. Darüber hinaus ist aus Sicht des Bündnisses ein funktionierender Sozialstaat Voraussetzung für eine ambitionierte Klimaschutzpolitik und auch die Frage der Finanzierung der sozial-ökologischen Wende dürfe nicht ausgeklammert werden. Die Investitionsbedarfe seien erheblich. „Entsprechende Maßnahmen auf der Einnahmenseite der öffentlichen Haushalte sind Voraussetzung für das Gelingen einer sozial-ökologischen Transformation“, heißt es im Text.

Anlässlich der Veröffentlichung kritisiert AWO-Vorstand Brigitte Döcker die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung: „Die bisherigen Bemühungen sind eindeutig zu zaghaft! Was wir brauchen, ist eine mutige Politik, die Umwelt- und Sozialpolitik zusammen denkt und notwendige Maßnahmen aufeinander abstimmt.“ Dabei müssen die Grundsätze der Gerechtigkeit und der Solidarität im Mittelpunkt stehen: „Wer viel hat, muss auch einen entsprechenden Beitrag leisten und so die Entlastung von einkommensschwachen Haushalten mit ermöglichen. Nur so wird es uns gelingen, die Klimakrise zu bewältigen.“

Die AWO hat sich auf ihrer Bundeskonferenz 2016 zum Pariser Klimaschutzziel und einer Begrenzung der Erderwärmung um maximal 1,5°C bekannt.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 26.11.2019

Spitzenvertreterinnen und Spitzenvertreter der Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Diakonie Deutschland, der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und einer Angehörigeninitiative haben am heutigen Montag (25. November 2019) in der Bundespressekonferenz in Berlin eine Weiterentwicklung der Pflegeversicherung angemahnt. Diese müsse dringend auf die politische Tagesordnung.

Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand:

„Arbeiten in der Altenpflege muss attraktiver werden. Die Beschäftigten brauchen gute Arbeitsbedingungen, vor allem mehr Personal und eine angemessene Vergütung für diese verantwortungsvolle und oft auch körperlich und emotional anstrengende Arbeit. Die meisten kommerziellen Anbieter verweigern Tarifverträge. Wir wollen wieder Gemeinwohl statt Hedgefonds, die auf Kosten der zu pflegenden Menschen und der Beschäftigten hohe Profite machen. Die Politik hat die Altenpflege dem wirtschaftlichen Wettbewerb ausgesetzt; deshalb ist die Politik auch in der Verantwortung, die unsägliche Entwicklung zu stoppen und die Beschäftigten vor Ausbeutung zu schützen.“

Wolfgang Stadler, Vorsitzender des Vorstandes des AWO-Bundesverbandes:

„Schon heute leidet die Pflegebranche unter einem akuten Fachkräftemangel. Viele junge Menschen sehen ihre Zukunft nicht in der Pflege, weil soziale Berufe in Wertschätzung und Bezahlung weit abgehängt sind. Es darf nicht sein, dass eine Arbeit an Maschinen bei gleicher Qualifikation höher angesehen ist und deutlich besser bezahlt wird als die Arbeit mit Menschen. Wir können den Fachkräftemangel nur bekämpfen, wenn wir die Pflegeberufe aufwerten und besser bezahlen. Das Pflegelöhneverbesserungsgesetz, das kürzlich erst verabschiedet wurde, ebnet den Weg für einen bundesweiten, allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die Pflegebranche.“

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Die Pflegeversicherung muss reformiert werden. Das bekannteste Problem sind die immer weiter steigenden Eigenanteile, die im Pflegeheim bezahlt werden müssen. Insgesamt steigen die Kosten für die Pflege, aber die Leistungen der Pflegeversicherung sind gedeckelt. Lohnerhöhungen und Qualitätsverbesserungen in der Pflege müssen heute vollständig von den pflegebedürftigen Menschen finanziert werden oder vom Sozialamt, wenn die Eigenmittel aufgebraucht sind. Die Pflegeversicherung muss deshalb zu einer bedarfsdeckenden Sozialversicherung ausgebaut werden. Die begründeten Kostensteigerungen für die Pflege müssen von der Pflegeversicherung finanziert werden. Die pflegebedürftigen Menschen übernehmen einen begrenzten und kalkulierbaren Eigenanteil.“

Klaus Hommel, Angehörigeninitiative „Eigenanteile der Pflegekosten in Seniorenheimen senken“:

„Pflegebedürftige müssen jede kleine Verbesserung finanzieren: durch höhere Versicherungsbeiträge und durch höhere Eigenanteile, die immer weiter steigen. Diese Situation ist für uns untragbar, denn Pflegebedürftigkeit darf nicht ins Sozialamt führen. Wir wollen gute Löhne für die Pflegekräfte und eine gute Pflege; das muss von allen mitfinanziert werden. Wir wollen, dass die Eigenanteile der Pflegebedürftigen sofort gesenkt und mittelfristig durch eine Pflegebürgervollversicherung abgeschafft werden. Die Bundesregierung muss umgehend einen Zeitplan für die Einführung einer zukunftsorientierten Pflegeversicherung vorlegen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 25.11.2019

Deutscher Familienverband (DFV), Verbraucherverbände und Gewerkschaften veröffentlichen gemeinsames Positionspapier.

Bezahlbarer Wohnraum ist in Ballungsräumen zur umkämpften Mangelware geworden. „Überhöhte Mietpreise drängen Menschen zunehmend an den Rand der Existenz. Insbesondere Familien haben unter explodierenden Mieten zu leiden. Es findet sich kaum noch bezahlbarer Wohnraum für eine Familien mit zwei, drei oder vier Kindern“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes.

Der DFV fordert mit mehreren Verbraucherverbänden und Gewerkschaften Reformen, damit Wohnen wieder bezahlbar wird. Das heute veröffentlichte Positionspapier der insgesamt 13 Organisationen nennt hierzu konkrete Vorschläge.

In Zeiten einer aufgeheizten Wohnraumdebatte haben Mieter- und Vermieterverbände, Verbraucherorganisationen und Gewerkschaften eine gemeinsame und zugleich differenzierte Position in zentralen Fragen des bezahlbaren Wohnraums gefunden.

„Der sich selbst regulierende Wohnmarkt hat versagt“, so Heimann. „Wir brauchen Mechanismen, die Mietpreisspekulationen verhindern, das Wohnen im ländlichen Land fördern, die Bau- und Nebenkosten senken und Haus- und Wohneigentum effektiv unterstützen.“

Im Positionspapier (Download) finden sich konkrete Forderungen des Deutschen Familienverbandes, der Verbraucherverbände und Gewerkschaften.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 14.11.2019

Am 3. Dezember ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung. Anlässlich dessen sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Kinder mit Behinderung und ihre Eltern brauchen eine gute Unterstützung von Anfang an – und das möglichst unkompliziert. Behinderte Kinder und ihre Eltern haben Anspruch auf unterschiedliche Hilfen wie Frühförderung, Reha oder auch Umbaumaßnahmen in der Wohnung. Sie brauchen auch Begleitung und Unterstützung in Fragen des Aufwachsens von Kindern und der Erziehung. Der Weg dahin ist aber oft weit und mit großen Hürden verbunden. Wenn Kinder mit einer Behinderung zur Welt kommen oder durch Unfall oder Krankheit behindert werden, gerät das Leben der ganzen Familie aus dem Lot. Die Eltern sind besonders gefordert. Was sie in dieser Situation am wenigsten brauchen, sind unnötige Bürokratie und wechselnde Ansprechpartner und Zuständigkeiten in einem undurchsichtigen Dschungel an Hilfen. Für sie darf nicht das dringlichste Problem sein, ob eine Leistung von der Krankenkasse, dem Jugendamt oder dem Sozialamt übernommen wird. Wir brauchen eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe, mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit und Hilfen für die Familien aus einer Hand. Für behinderte Kinder und ihre Familien darf der Weg hin zu einem selbstbestimmten Leben nicht zu einem Irrweg werden, auf dem die wichtige Förderung der Kinder und die Begleitung der Eltern auf der Strecke bleiben.“

Hintergründe zu Frühförderung bietet ein Wissen kompakt der Diakonie unter https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/fruehfoerderung/

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 02.12.2019

Auf Grund der heute bekanntgewordenen Bestrebungen im Bundesarbeitsministerium, die vom Bundesverfassungsgericht festgelegte Sanktionsgrenze zu unterlaufen, erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik:

„Bei der Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils muss es darum gehen, die Einhaltung der sozialen Menschenrechte besser zu gewährleisten, nicht darum, Schlupflöcher für möglichst drastische Sanktionen zu suchen.

Das Bundesverfassungsgericht hat klipp und klar festgestellt, dass Sanktionen von mehr als 30 Prozent die Existenz gefährden, nur unter sehr engen Auflagen möglich sind und rückholbar sein müssen.

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat öffentlich versprochen, die Sanktionen zu begrenzen und sich an diese Vorgaben zu halten. Er hat versprochen, auch die Sanktionen für unter 25-Jährige zu begrenzen. Bei der Formulierung der fachlichen Weisungen durch das BMAS und die Bundesagentur für Arbeit muss diese Position ohne Abstriche deutlich werden. Dabei muss auch klar werden, dass Kürzungen an den Kosten der Unterkunft ausgeschlossen sind.“

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 27.11.2019

– Zivilgesellschaftliche Organisationen aus Frankreich, Italien, Polen und Deutschland präsentieren Forderungskatalog für neue EU-Kommission

– EU-Kommission muss Menschenrechtsverletzungen von EU-Staaten abstellen

– Unterzeichner fordern EU-weiten Flüchtlingsstatus

– Bündnis verlangt von EU-Institutionen und Regierungen Eintritt in „postpopulistisches Zeitalter und Rückkehr zu vernünftiger Sachpolitik“

Europa braucht einen Neustart seiner Asyl- und Migrationspolitik auf der klaren Grundlage geltender Konventionen und Grundrechte. Dies fordert ein breites Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Kommunen aus Frankreich, Italien, Polen und Deutschland in einem Aktionsplan, der Montag in Berlin vorgestellt wurde. Das bedingungslose Recht auf faire Asylverfahren, die uneingeschränkte Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und weiterer Menschenrechtsinstrumente sowie eine gerechte Aufteilung der Verantwortung zwischen den Mitgliedsstaaten müssten in aller Entschiedenheit durchgesetzt werden. Vor genau 20 Jahren sei auf dem Rat im finnischen Tampere eine gemeinsame EU-Politik nach diesen Kriterien feierlich eingeläutet worden – die neue EU-Kommission müsse ihr nun neues Leben einhauchen. Das Bündnis fordert die europäischen Institutionen und Regierungen wörtlich dazu auf, „in ein postpopulistisches Zeitalter einzutreten und mit Gelassenheit und Augenmaß zu einer vernünftigen Sachpolitik zurückzukehren.“

Der 5-Punkte Plan sieht die EU-Kommission in der Pflicht, die Einhaltung der EU- Asylgesetze sicherzustellen und Menschenrechtsverletzungen durch EU-Staaten abzustellen. Außerdem müsse ein neues Zuständigkeitssystem entwickelt werden, das berechtigte Interessen von Asylsuchenden berücksichtigt. Nur so könne Sekundärmigration verhindert werden. Zudem fordern die Organisationen ein vorläufiges, freiwilliges Umverteilungs-Programm und einen EU-weiten Flüchtlingsstatus, der eine frühe Freizügigkeit ermögliche.

Dazu erklärt Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland: „Wir müssen an die Aufbruchstimmung im finnischen Tampere anknüpfen: Wir brauchen eine auf Menschenrechten und Flüchtlingsschutz basierte Asyl- und Migrationspolitik, die von allen Mitgliedstaaten getragen wird. Wir erwarten von der Kommission, dass sie als Hüterin der EU-Verträge die verheerende Situation für Asylsuchende an den Außengrenzen abstellt. Außerdem sollte die Kommission bei Überlegungen für eine Reform von Asylzuständigkeiten von einer verpflichtenden Prüfung von sicheren Drittstaaten für Asylsuchende Abstand nehmen, wie es derzeit für syrische Antragsteller in Griechenland der Fall ist. Dies sendet ein falsches Signal an diejenigen Länder, die viel größere Zahlen von Flüchtlingen aufnehmen als die EU.“

Ellen Ueberschär, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, unterstreicht: „Dieser Berliner Aktionsplan ist ein deutlicher Appell an die neue Kommission. Die Blockaden in der Europäischen Asyl- und Migrationspolitik müssen jetzt überwunden werden, ein Weiter-So darf es hier nicht geben.

Zivilgesellschaftliche Akteurinnen und Akteure sowie Kommunen, die vorangehen und sich in diesem Bereich engagieren wollen, müssen jetzt europäisch gestärkt statt behindert oder sogar kriminalisiert werden. Es braucht dringend eine menschenwürdige und auf den Rechtsgrundsätzen und -prinzipien der Europäischen Union basierende gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik.“

Für Thierry Le Roy, Präsident der französischen Organisation France Terre d’Asile, kommt es dabei insbesondere auf das deutsch-französische Tandem an:

„Frankreich und Deutschland müssen nun in einem ersten Schritt gemeinsam vorangehen und eine Koalition der Gleichgesinnten bilden, um das elendige Sterben im Mittelmeer und die menschenunwürdigen Irrfahrten der sogenannten Dubliners zu beenden. Der Malta-Mechanismus ist dafür ein erster notwendiger Schritt, reicht dafür aber noch nicht aus. Dem deutsch-französischen Tandem kommt eine besondere Bedeutung dabei zu, die neue Kommission darin zu unterstützen, eine gemeinsame Europäische Asyl- und Migrationspolitik im Sinne unseres Berliner Aktionsplanes voranzubringen. Diese richtet sich in besonderer Weise auch an die Regierungen in Paris und Berlin.“

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. und Heinrich-Böll-Stiftung vom 25.11.2019

Der Bundesvorstand der SPD hat heute einen Vorschlag zur Einführung einer Kindergrundsicherung beschlossen. Dazu sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Wir begrüßen den Vorstoß der SPD für eine einheitliche Kindergrundsicherung. Wenn die SPD das bisherige Nebeneinander von Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag und Kinderregelsatz beenden und eine einheitliche, existenzsichernde Leistung für alle Kinder schaffen will, sollte sie allerdings den ganzen Weg gehen – und nicht auf halber Strecke stehen bleiben.

Denn das bisherige Nebeneinander verschiedener Unterstützungswege darf nicht durch neue bürokratische Hürden abgelöst werden. Das Misstrauen gegenüber den Eltern muss beendet werden.

Deshalb wäre die Zusammenfassung der kindbezogenen Leistungen in eine Pauschale der richtige Schritt.“

Hintergrund: Der Bundesvorstand der SPD hat heute sein Konzept für eine sozialdemokratische Kindergrundsicherung beschlossen. Die Diakonie Deutschland setzt sich seit längerem für diesen Schritt ein und begrüßt daher das Vorhaben.

Sie erhofft sich davon ein Ende des Wirrwarrs von Hin- und Rückrechnungen zu Lasten der Familien durch die verschiedenen Leistungsträger. Sie erwartet eine größere Klarheit über Leistungsansprüche, die die Familien haben.

Zugleich weist sie daraufhin, dass bei der Finanzierung der Leistung die Kinder im Fokus stehen müssen und es nicht nur um einen Ausgleich zwischen armen und reichen Familien, sondern auch zwischen Haushalten mit und ohne Kindern gehen muss.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 25.11.2019

Die Diakonie will Geschlechtergerechtigkeit und Vielfalt in ihren Einrichtungen und Diensten stärken. Dazu hat sie eine repräsentative Erhebung unter den diakonischen Einrichtungen und Angeboten sowie Landes- und Fachverbänden durchgeführt. Mit dem Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Diakonie gibt es erstmalig verlässliche Zahlen darüber, wie Frauen und Männer in Führungspositionen, Aufsichts- und Entscheidungsgremien vertreten sind. Zudem zeigt die Erhebung die Zusammensetzung der Mitarbeitenden in der Diakonie – sowohl hinsichtlich des Geschlechts als auch weiterer Vielfaltskriterien.

„Geschlechtergerechtigkeit darf in unseren diakonischen Einrichtungen und Diensten kein Lippenbekenntnis bleiben“, sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie.

„Zwar sind von unseren rund 600.000 fest angestellten Mitarbeitenden mehr als drei Viertel weiblich. Auf der Führungsebene und in Gremien haben aber auch wir deutlichen Nachholbedarf.“

Bereits 2016 hatte sich die Diakonie durch ihren Corporate Governance Kodex das Ziel gesetzt, eine geschlechtergerechte Zusammensetzung von Gremien, Organen und Leitungsstellen zu erreichen. Dazu soll bis 2026 ein Mindestanteil von jeweils 40 Prozent Frauen und Männern umgesetzt sein. „Durch den Gleichstellungsatlas haben wir erstmals ein genaues Bild davon, wie Gleichstellung und Diversität innerhalb der Diakonie bereits umgesetzt sind“, sagt Lilie. Der Atlas zeige auch, wo erheblicher Nachholbedarf bestehe und Bemühungen gezielt verstärkt werden müssen. „Die Ergebnisse sind eine gute Grundlage dafür, die Chancengerechtigkeit in unseren Einrichtungen und Diensten zu verbessern. Wir werden dieses Ziel nun in einer konsequenten und effektiven Strategie verankern und entsprechende Vorschläge entwickeln, welche Maßnahmen von der Diakonie Deutschland sowie den Landes- und Fachverbänden zu ergreifen sind“, betont der Diakonie-Präsident.

Der Atlas zeigt, dass institutionalisierte Gleichstellungsarbeit und Maßnahmen zur Verankerung strukturierter familienorientierter Personalpolitik ersten Eingang in die Tätigkeit der diakonischen Organisationen gefunden haben.

Deutlich werden jedoch auch geschlechtsspezifische Ungleichheiten: Frauen sind in diakonischen Aufsichts- und Entscheidungs-Gremien sowie Leitungspositionen noch unterrepräsentiert, obwohl 77 Prozent der Mitarbeitenden weiblich sind. Der durchschnittliche Frauenanteil in der obersten Leitungsebene (Vorstände, Geschäftsführungen) von Einrichtungen der Diakonie lag 2018 bei 31 Prozent, unter den Vorsitzenden dieser obersten Leitungsebene beträgt er 25 Prozent. Der durchschnittliche Frauenanteil in Aufsichtsräten von Einrichtungen der Diakonie lag 2018 bei durchschnittlich 29 Prozent.

Auch Voll- und Teilzeitbeschäftigung sowie Einkommen sind geschlechtsspezifisch ungleich verteilt: So sind 55 Prozent aller Mitarbeitenden der Diakonie Frauen, die in Teilzeit arbeiten. Männer sind in der obersten Gehaltsklasse am stärksten vertreten im Vergleich zu den anderen Gehaltsklassen. Insgesamt 75 Prozent der Mitarbeiterinnen der Diakonie üben Tätigkeiten aus mit den zwei niedrigsten Anforderungsniveaus – also Hilfs- und Anlerntätigkeiten sowie fachlich ausgerichtete Tätigkeiten. Bei den männlichen Mitarbeitenden sind es 63 Prozent.

Die repräsentative Erhebung unter diakonischen Einrichtungen und Diensten sowie Landes- und Fachverbänden wurde 2018 vom Berliner Forschungsinstitut House of Research im Auftrag der Diakonie Deutschland durchgeführt. Erhoben wurden erstmals geschlechtsdifferenzierte Daten zur Repräsentanz von Frauen und Männern in Führungspositionen, Entscheidungs- und Aufsichtsgremien und in Mitarbeitendenvertretungen in der Diakonie, zum Stand institutionalisierter Gleichstellungsarbeit und zu Maßnahmen familienorientierter Personalpolitik.

Gleichzeitig enthält der Atlas auch eine Bestandsaufnahme der Beschäftigtenstruktur nach Geschlecht und anderen Diversitätskriterien.

Den Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Diakonie 2019 finden Sie unter www.diakonie.de/gleichstellungsatlas/

Den Diakonischen Corporate Governance Codex finden Sie unter www.diakonie.de/diakonie-corporate-governance-kodex/

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 12.11.2019

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) ernennt Prof. Dr. Ursula Nelles, 1. Vorsitzende des Verbands von 1997 bis 2001 zur Ehrenpräsidentin. Die Urkunde wird im Rahmen eines strafrechtlichen Symposiums anlässlich ihres 70.

Geburtstags mit anschließendem Empfang zu ihren Ehren an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster überreicht. Die Laudatio hält Elisabeth Kotthaus.

Dazu erklärt die Präsidentin des djb Prof. Dr. Maria Wersig: „Das Wirken von Ursula Nelles hat viele Frauen inspiriert. Sie hat es ermöglicht, dass heute in Strafrechtswissenschaft und -praxis nicht nur viele Frauen erfolgreich tätig sind, sondern dass Genderperspektiven im Strafrecht, zum Beispiel die Probleme beim Schutz vor sexualisierter Gewalt, ein selbstver-ständlicher Bestandteil des Fachs und auch der Rechtspolitik sind. Es gibt noch viel zu tun auf dem Gebiet der Gleichstellung von Frauen – die Hartnäckigkeit von Ursula Nelles, verbunden mit Sachlichkeit und höchster Kompetenz ist vielen Weggefährtinnen und den nachfolgenden Juristinnengenerationen ein Vorbild.«

Im djb wirkte Ursula Nelles von 1995 bis 1997 und von 2002 bis 2005 als Vorsitzende der Strafrechtskommission. In ihre Amtszeit fiel unter anderem die Einführung der Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe. Als 1. Vorsitzende des djb setzte sie sich unter anderem für eine europaweite Vernetzung von Juristinnenvereinigungen ein und initiierte die Gründung der Europäischen Juristinnenvereinigung (European Women Lawyers Association, EWLA), deren Gründungsvorsitzende sie war.

Anlässlich des Symposiums finden sich viele wissenschaftliche und rechtspolitische Wegbegleiterinnen von Professorin Nelles in Münster ein.

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Prof. Dr. Ursula Nelles, geboren 1949 in Münster, studierte Rechtswissenschaften in Münster. Nach Promotion 1980, Habilitation 1990 und Lehrstuhlvertretungen in Münster und Hamburg sowie einer Gastdozentur an der niederländischen Universität Nijmegen wurde sie 1991 als Professorin für Strafrecht und Strafprozessrecht an die Universität Bremen berufen. 1994 erfolgte der Ruf an die Westfälische Wilhelms-Universität in Münster. Dort war sie Direktorin des Instituts für Kriminalwissenschaften, von 2004 bis 2006 Dekanin der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und von 2006 bis zu ihrem Ruhestand 2016 Rektorin.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 29.11.2019

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt die Abwahl des AfD-Abgeordneten Brander vom Amt des Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Bundestags durch die Mitglieder des Rechtsausschusses. Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb, betont: „Worte haben Macht, Hass und Hetze sind keine Meinung. Demokratie muss wehrhaft sein! Mit der Abwahl Brandners hat der Rechtsausschuss gezeigt, dass sie es ist.“

Die Abwahl entspricht der gemeinsamen Forderung des djb und des Deutschen Anwaltvereins (DAV) vom 15. Oktober 2019. Damals war Brander als Rechtsausschussvorsitzender untragbar geworden, weil er in mehreren beim Kurznachrichtendienst Twitter gesendeten Botschaften den rechtsextremen Anschlag am 9. Oktober 2019 in Halle / Saale verharmloste und antisemitische Äußerungen reproduzierte. Bereits im Frühjahr 2018 hatten der djb und der DAV dazu aufgerufen, Brandner nicht zum Vorsitzenden des Rechtsausschusses zu bestimmen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 13.11.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk startet heute eine Social-Media-Kampagne zu Persönlichkeitsrechten von Kindern in Sozialen Medien. Die Kampagne hat das Ziel, Erziehende für das Mitbestimmungsrecht von Kindern zu sensibilisieren, wenn sie Fotos ihrer Kinder online teilen. Die Kampagne unter dem Motto #DenkenFragenPosten arbeitet mit sechs prägnanten, animierten Motivserien und entsprechenden Claims. Diese Motive werden über einen Zeitraum von ca. drei Wochen vor allem auf Facebook und Instagram geschaltet und führen die Nutzerinnen und Nutzer auf eine Landing-Page (www.dkhw.de/DenkenFragenPosten) mit Informationen rund um den verantwortungsbewussten Umgang mit Kinderfotos in Sozialen Medien. Dabei wird insbesondere darauf hingewiesen, dass die Kinder altersgerecht in die Entscheidung, ob ein Bild oder Video online gepostet wird, eingebunden werden müssen. Wie das aussehen kann, zeigen Tipps mit konkreten Hilfestellungen für Eltern von Kindern verschiedener Altersgruppen.

„Kinder gehören in die Mitte unserer Gesellschaft, und müssen auch im Internet und den Sozialen Medien sichtbar sein. Es geht uns also nicht darum, Kinderfotos im Internet zu verbieten, sondern wir möchten Eltern und andere Erwachsene dafür sensibilisieren, dass sie Fotos und Videos von Kindern nicht ungefragt veröffentlichen oder verbreiten – Kinder haben schließlich auch Persönlichkeitsrechte! Und auch das Recht auf Mitbestimmung ist hier ganz wesentlich. Wir dürfen dabei die Eltern nicht im Regen stehen lassen. Oft brauchen Erwachsene Unterstützung beim verantwortungsvollen Umgang mit Kinderfotos im Internet. Wer Kinderfotos und Videos online veröffentlicht oder teilt, muss sich bewusst sein, dass das keine leichtfertige Entscheidung sein darf. Denn es kann eine Entscheidung sein, die auch Jahre später noch unangenehme und unerwünschte Folgen für das Kind haben kann. Welche Fotos und Videos im Internet landen, muss also sehr verantwortungsvoll entschieden werden. Und genau dabei muss das Kind mit einbezogen werden. Denn es hat das Recht, aktiv mitzubestimmen, ob, wie und mit wem ein Foto oder Video von ihm geteilt wird – es geht schließlich um das Kind“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Wir sehen aber auch die Anbieter von Social-Media- und Messengerdiensten in der Verantwortung. Diese müssen dafür sorgen, dass es für Nutzerinnen und Nutzer einfach auffindbare und verständliche Hinweise zu Fragen des Rechts am eigenen Bild und des Schutzes personenbezogener Daten von Kindern gibt. Zudem sollten Social-Media- und Messengerdienste ihre Strategien, Produkte und Voreinstellungen auch an kinderrechtlichen bzw. kinder- und jugendmedienschutzrechtlichen Maximen ausrichten und ,Safety by Design‘ zum Standard machen. Bei der anstehenden Novellierung des Jugendschutzgesetzes müssen auch diese Aspekte in den Fokus gerückt werden“, so Krüger.

Die Social-Media-Kampagne erfolgt im Rahmen eines Projektes der Koordinierungsstelle Kinderrechte des Deutschen Kinderhilfswerkes. Die Koordinierungsstelle Kinderrechte begleitet die Umsetzung der aktuellen Strategie des Europarates für die Rechte des Kindes (Sofia-Strategie 2016-2021) und wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 25.11.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte zur Modernisierung des Strafverfahrens das Vorhaben der Bundesregierung, die Rechte von Kindern und Jugendlichen in Justizverfahren zu stärken. Zugleich plädiert die Kinderrechtsorganisation für weitergehende Änderungen, um eine kindgerechte Justiz nach den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention zu garantieren. Dafür sollte ein eigenständiges Vorrang- und Beschleunigungsgebot in Strafverfahren mit minderjährigen Opferzeuginnen und -zeugen in der Strafprozessordnung festgeschrieben werden, um dem Kindeswohlvorrang gemäß der UN-Kinderrechtskonvention in Strafverfahren Rechnung zu tragen.

Außerdem fordert das Deutsche Kinderhilfswerk eine bundesweite Verpflichtung zur Fortbildung für alle Richterinnen und Richter, die in ihren Verfahren mit Kindern zu tun haben. Dabei sollen die für den kindgerechten Umgang mit minderjährigen Opferzeuginnen und -zeugen erforderlichen Kompetenzen vermittelt werden, denn vom Verhalten der vernehmenden Richterinnen und Richter hängt entscheidend ab, wie Kinder das Verfahren erleben. Bisher gibt es eine Fortbildungspflicht lediglich in drei Bundesländern (Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt). Zudem sollten richterliche Videovernehmungen bei minderjährigen Opfern von Sexualdelikten und anderen schweren Gewalttatbeständen zum bundesdeutschen Standard werden.

„Minderjährige Opferzeuginnen und -zeugen sind besonders schutzbedürftig. Der Staat hat deshalb in besonderem Maße darauf zu achten, dass durch das Strafverfahren Kinder und Jugendliche nicht erneut zum Opfer gemacht werden. Deshalb brauchen wir ein Vorrang- und Beschleunigungsgebot, durch das die Belastungen eines Strafverfahrens so weit wie möglich minimiert werden, natürlich unter Wahrung des Rechts des oder der Angeklagten auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren. Tatsächlich dauern viele Verfahren derzeit zu lang, nicht selten mehrere Jahre. Das muss sich ändern, auch um zu garantieren, dass kindliche Opferzeuginnen und -zeugen so früh wie nötig mit einer Therapie beginnen können. Denn davon wird während eines andauernden Strafverfahrens häufig abgeraten, um die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeuginnen und Zeugen nicht zu gefährden. Das aber ist ein Verstoß gegen die Kinderrechte“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Wir sehen in der Praxis, dass nur an wenigen Gerichten von der Möglichkeit der richterlichen Videovernehmung von kindlichen Opferzeuginnen und -zeugen im Ermittlungsverfahren Gebrauch gemacht wird. Es besteht mithin ein gravierendes Umsetzungsdefizit der bisher als Soll-Vorschrift ausgestalteten Regelung. Zumeist sind noch nicht einmal die technischen und räumlichen Voraussetzungen geschaffen, um eine solche Vernehmung durchzuführen. Deshalb ist es richtig und wichtig, hier eine Muss-Vorschrift zu verankern und diese auch mit entsprechenden Mitteln zu hinterlegen. Diese Muss-Vorschrift sollte sich nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes nicht auf Sexualdelikte beschränken, sondern auch weitere schwere Gewalttatbestände umfassen“, so Lütkes weiter.

Neben der bundesweiten Verpflichtung zur Fortbildung für alle Richterinnen und Richter, die in ihren Verfahren mit Kindern zu tun haben, tritt das Deutsche Kinderhilfswerk dafür ein, Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Schwerpunktgerichte für Jugendschutzverfahren bei der Strafjustiz zu schaffen. Denn bei mehr als 750 Amts- und Landgerichten kann nicht jede Richterin oder jeder Richter in allen Spezialgebieten zu Hause sein. Durch die Spezialisierung bestimmter Gerichte muss nicht jedes einzelne Amts- und Landgericht die Ressourcen für die Videovernehmung und die Schulungen der Richterinnen und Richter aufbringen. Daher wäre es ratsam, diese Verfahren über Gerichtsbezirksgrenzen hinweg zu konzentrieren – wie man es aus dem Wirtschaftsstrafrecht oder bei Staatsschutzsachen kennt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 15.11.2019

In Stuttgart versammelten sich am 20. November, dem Tag der Kinderrechte, 150 Menschen – zwei Drittel davon Kinder –, um für die Umsetzung der UN-Kinderrechte zu demonstrieren. Drei Organisationen – der Kinderschutzbund Stuttgart, die element-i Bildungsstiftung sowie MACH DICH STARK – Die Initiative für Kinder im Südwesten – riefen im Vorfeld zum Protestmarsch auf und stellten zum Abschluss auf dem Kronprinzplatz gemeinsam mit dem Jugendamt, der World Childhood Foundation und dem Mobifant die Rechte der Kinder vor.

„Das Übereinkommen der Vereinten Nationen (UN) über die Rechte der Kinder ist genau 30 Jahre alt. Gemeinsam haben wir in dieser Zeit viel für Kinder erreicht, es liegt aber noch ebenso viel Arbeit vor uns“, betonte Waltraud Weegmann, Geschäftsführerin der element-i Bildungsstiftung, die die Demonstrationsteilnehmerinnen und -teilnehmer in der Stuttgarter Innenstadt begrüßte und die wichtigsten Kinderrechte in Erinnerung rief. „Mit unserem Demonstrationszug möchten wir die Öffentlichkeit auf die Kinderrechte aufmerksam machen, denn wer diese Rechte nicht kennt, kann sie im Alltag auch nicht bewusst beachten“, ergänzte sie.

Demonstrationszug für Kinderrechte

„Kein Kind soll Angst haben müssen!“, „Ich beschütze meine Freunde“, „Kinder sollen Essen und Trinken haben“, „Erziehung ohne Gewalt“, „Kein Kind soll allein sein müssen“, „Hört hin: Kinderstimmen ernst nehmen!“ oder „Jedes Kind soll spielen dürfen!“. Diese und weitere Aufforderungen zierten die selbst gemalten Transparente, welche von den Kindern und Erwachsenen erstellt und mitgebracht wurden. Unter lautem Trillerpfeifenkonzert und mit Sprechchören wie „Kinder haben Rechte“ zogen die Protestierenden damit zum Kronprinzplatz.

„Kinderrechte ins Grundgesetz“

Die Stuttgarter Kinderbeauftragte Maria Haller-Kindler bedankte sich für die Mitwirkung von Kindern und Erzieherinnen und Erziehern aus Stuttgarter Kitas. „30 Jahre Kinderrechte: Das ist ein Grund zu feiern und auf die Straße zu gehen“, sagte sie. „Doch nicht alle halten sich an die Kinderrechte. Das muss sich ändern. Kinderrechte gehören ins Grundgesetz. Dafür müssen wir hier so viel Lärm machen, dass wir bis nach Berlin zu hören sind.“

Recht auf elterliche Fürsorge

Drei Institutionen und Organisationen hatten zur Kinderrechte-Demonstration aufgerufen. Zusammen mit drei Weiteren bauten sie Stände auf, informierten über ihr Engagement und luden die Kinder zum Spielen und Mitmachen ein. Der Deutsche Kinderschutzbund stellte das Recht der Kinder auf Fürsorge in den Fokus. „In vielen Lebenssituationen, zum Beispiel bei Trennung oder Scheidung, sind Eltern überfordert und können sich nicht angemessen um ihre Kinder kümmern. Wir machen uns für bessere Hilfesysteme stark, die Mütter und Väter so unterstützen, dass Kinder gut aufwachsen können“, erklärte Annika Matthias vom Ortsverband Stuttgart des Deutschen Kinderschutzbundes.

Recht auf Bildung

Nebenan am Stand der element-i Bildungsstiftung drückten Kinder ihre Daumen auf farbige Stempelkissen und gestalteten damit ein weißes Stofflaken. Wer des Schreibens mächtig war, konnte das Kinderrecht, das ihm besonders wichtig ist, an einer Wand notieren. „Uns liegt das Recht auf eine gute Bildung besonders am Herzen“, sagte Waltraud Weegmann. „Wir fordern, dass Kinder in unserem Bildungssystem besser als bisher allen Kindern gleichermaßen gute Chancen eröffnet und Kitas und Schulen Orte sind, an denen sie ihre Potenziale voll entfalten können.“

Recht auf Schutz vor sexueller Ausbeutung und Missbrauch

Alexander Ruf von Childhood, einer von Königin Silvia von Schweden vor 20 Jahren gegründeten Stiftung, sagte: „Unser Thema ist der Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch und die Hilfe für betroffene Kinder. Aktuell fördern wir in Deutschland die Entstehung sogenannter Childhood-Häuser. Das sind kindgerechte Einrichtungen in denen Experten aus Justiz, Polizei, Medizin und Jugendamt unter einem Dach zusammenarbeiten und den betroffenen Kindern helfen. Es schützt die betroffenen Kinder davor, immer wieder mit neuen Menschen und in unterschiedlichen Umgebungen über die sexuelle Gewalt, die sie erleben mussten, sprechen zu müssen.“

Recht auf einen angemessenen Lebensstandard

Das Netzwerk „MACH DICH STARK. Die Initiative für Kinder im Südwesten“ bündelt die Kraft von derzeit 23 Partnerinnen und Partnern, Verbänden, Stiftung und Organisationen, um gemeinsam die strukturellen Ursachen von Kinderarmut zu bekämpfen. „In Baden-Württemberg ist derzeit jedes fünfte Kinder von Armut betroffen oder armutsgefährdet. Das beeinträchtigt ihre Chancen. Talente verkümmern, Selbstvertrauen schwindet. Armut setzt sich fort. Diesen Kreislauf müssen wir durchbrechen“, sagte Julia Zeilinger von der Caritas, die das Netzwerk ins Leben rief. „Dafür machen wir uns als Lobby für Kinder gemeinsam stark!“

Recht auf Meinungsäußerung, Information und Gehör

Am Stand des Jugendsamt der Stadt Stuttgart präsentierte Ulrike Tamme die Kinderrechtezeitung. „Viele Jungen und Mädchen haben ein Bild gemalt zu dem Kinderrecht, das für sie am wichtigsten ist. Das Recht auf Spielen, Freizeit und Ruhe bearbeiteten die Kinder am häufigsten, dicht gefolgt von dem Recht auf Bildung und dem auf Familie und elterliche Fürsorge“, erläuterte Ulrike Tamme, die gleich darauf wieder ihr Kinderrechte-Quizrad bediente und einem achtjährigen Mädchen die Frage stellte: „Dürfen Kinder ihre Meinung sagen?“ Folgende Antwortmöglichkeiten standen zur Wahl: 1. Ja, wenn es ihre Eltern erlauben., 2. Nein, denn die Meinung von Kindern ist nicht wichtig. und 3. Ja, denn die Meinung von Kindern ist genauso wichtig wie die von allen anderen. „Drei“, rief das Mädchen, ohne lange überlegen zu müssen. Für die richtige Antwort durfte sie sich einen Luftballon oder einen Bleistift mitnehmen. Zwei andere Kinder saßen unterdessen konzentriert an einem Tischchen und schrieben Kinderrechte-Postkarten, die Ulrike Kieninger direkt mit einer Briefmarke versehen und in einen kleinen Pappbriefkasten geworfen hat.

Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung

Den größten Platz beanspruchte das Spielmobil Mobifant für sich. Das Team hatte allerhand Spielgeräte ausgepackt: Hütchen, Seile und Ringe, Kullerkreisel, Fahrgeräte, Balancierspiele und große hölzerne Brettspiele. „Wir stehen hier für das Recht der Kinder auf Spiel und Freizeit“, sagte Saskia Gompf von Mobifant, einer Dienstleistung der Stuttgarter Jugendhaus Gesellschaft. „Wir fahren sonst Spielplätze und Schulhöfe an und sind auch auf Stadtteilfesten präsent.“ Die Pädagogin kritisierte, dass die Freiräume für Kinder in unserer Gesellschaft immer kleiner würden. „‘Freilaufende Kinder‘ gibt es quasi kaum noch“, weiß sie. Zunehmende Ganztagsschulen und durchorganisierte kindliche Tagesabläufe mache sie dafür verantwortlich. Das Recht der Kinder auf Freizeit, die sie spontan und selbstbestimmt nach den eigenen Bedürfnissen gestalten könnten, komme dabei oft zu kurz.

Mit der Aktion rückten die Veranstalter die wichtigsten Kinderrechte – Rechte der Kinder auf elterliche Fürsorge, auf gerechte Bildungschancen, auf Schutz vor sexualisierter Gewalt, auf einen angemessenen Lebensstandard, auf Meinungsäußerung sowie auf Freizeit, Spiel und Erholung – in den Mittelpunkt.

Wer sich noch einmal genauer mit den UN-Kinderrechten befassen möchte, findet unter www.element-i-bildungsstiftung.de/kinderrechte eine Linkliste mit Kinderrechte-Informationen für Erwachsene und Kinder.

Linkliste der beteiligten Organisationen:

Quelle: Pressemitteilung element-i Bildungsstiftung vom 25.11.2019

Jedes Jahr am dritten Freitag im November rufen DIE ZEIT, Stiftung Lesen und Deutsche Bahn Stiftung dazu auf, ein Zeichen für das Vorlesen zu setzen. Am 15. November 2019 ist es wieder so weit. Zahlreiche Initiativen, Einzelpersonen, Firmen, Verbände, Vereine, Bibliotheken und viele andere beteiligen sich an der Aktion.

Erfreulicherweise mehren sich die Einrichtungen und Initiativen, die an diesem Tag mehrsprachig Begeisterung für Lesen und Vorlesen wecken wollen.

„Deutschland versteht sich noch immer mehrheitlich als einsprachig. Das macht es zwei- und mehrsprachigen Kindern schwer, bildungssprachliche Kompetenzen zu entwickeln. Mehrsprachige Vorleseangebote und Geschichten erzählen unterstützen die Kompetenzen der Kinder“, betont Maria Ringler, Bildungsreferentin beim Verband binationaler Familien und Partnerschaften. Sie verweist auf die Arbeitshilfe des Verbandes, die dabei unterstützt, Vorleseangebote mehrsprachig zu gestalten. „Gerade beim Vorlesen wecken wir Begeisterung, bringen Kinder früh mit Büchern in Kontakt und vermitteln damit einen Zugang zu Wissen und Kultur. Davon profitieren alle Kinder – auch die Einsprachigen,“ so Ringler.

Seit einigen Jahren veröffentlicht der Verband auch Elternbroschüren zu mehrsprachiger Erziehung, die zweisprachig in das Thema einführen. Mittlerweile gibt es die Broschüren in 12 Sprachen.

Mehr Informationen zu Mehrsprachigkeit auf der Seite des Verbandes unter http://www.mehrsprachigvorlesen.verband-binationaler.de/

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V. vom 14.11.2019

Menschen mit Armutserfahrung sind politisch schlechter repräsentiert, Politik wird größtenteils ohne sie gemacht. Die Betroffenen wollen das ändern. Beim „Treffen der Menschen mit Armutserfahrung“ fordern sie: Die politische Teilhabe von Menschen, die in Armut leben, muss gestärkt werden.

Zum mittlerweile 14.-mal richtet am 18. und 19. November 2019 die Nationale Armutskonferenz (nak) in Berlin das Treffen der Menschen mit Armutserfahrung aus.

Das diesjährige Treffen stellt die Frage nach „Anspruch und Wirklichkeit – Wie gelingt Teilhabe für alle?“ Im Rahmen des zweitägigen Programms mit Workshops, Podiumsdiskussionen, Vorträgen und in Gesprächen mit Politiker*innen stehen die Perspektiven von Menschen mit Armutserfahrung im Mittelpunkt (hier der Link zum Programm).

Der Diskurs um Armut in Deutschland wird um die Expert*innenperspektive der Betroffenen bereichert. Hierzu erklärt der Sprecher der nak Gerwin Stöcken:

„Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet kommen einmal im Jahr in Berlin zusammen. Die Treffen der Menschen mit Armutserfahrung bilden das Herzstück der Tätigkeiten der nak. Durch die Treffen werden politische Partizipation, Information, Austausch und Vernetzung von Menschen ermöglicht, deren demokratische Teilhabe durch Armutslagen erschwert ist. Das Treffen ist Impulsgeber, um für die Problemlagen der Menschen zu sensibilisieren und daraus resultierend politische Handlungsbedarfe sichtbar zu machen. Mit diesem Auftrag bringt sich die Nationale Armutskonferenz in den politischen Prozess ein. Es muss ein Umdenken in der Armutspolitik geben. Menschen in Armut dürfen nicht länger ohne politisches Gewicht bleiben.“

Gerwin Stöcken: „Armut ist ein Symptom gesamtgesellschaftlicher Probleme und nicht in erster Linie individuelles Verschulden“, betont Stöcken, „deshalb streitet die Nationale Armutskonferenz für ein menschenwürdiges Miteinander. Sie verleiht Menschen mit Armutserfahrung eine Stimme und ermöglicht es ihnen, ihre Perspektive als Expert*innen in eigener Sache in den armutspolitischen Diskurs einzubringen. Dabei ist die Nationale Armutskonferenz stets am Puls der Zeit, ist mutig und oft auch unbequem“, so Stöcken weiter.

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 18.11.2019

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 05. Dezember 2019

Veranstalter: Deutsches Kinderhilfswerk e.V

Ort: Berlin

Das Deutsche Kinderhilfswerk veranstaltet am 05. Dezember 2019 in Berlin den Fachtag „Kinderrechte, Vielfalt und Mitbestimmung in der Kita“. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen die Fragen, wie sich kinderrechtsbasierte Demokratiebildung erfolgreich in der Praxis von Kindertageseinrichtungen verankern lassen, und wie es gelingt, die Eltern und Familien der Kinder dabei gut einzubinden. Der Fachtag, den das Deutsche Kinderhilfswerk in Kooperation mit dem Institut für Partizipation und Bildung (Kiel) und dem Institut für den Situationsansatz (Berlin) veranstaltet, richtet sich vor allem an Mitarbeitende von Institutionen, Organisationen, Verbänden, Fach- und Hochschulen und Einrichtungen, die im Arbeitsfeld der frühen Bildung, Betreuung und Erziehung in Kindertageseinrichtungen tätig sind.

„Kinderrechte müssen in den Kindertageseinrichtungen zu einer Selbstverständlichkeit werden. Zudem muss es im Kita-Alltag auch darum gehen, ein demokratisches Miteinander von Anfang an zu fördern, in dem Vielfalt wertgeschätzt wird und das alle Kinder aktiv mitgestalten können. Denn ein solches Bildungsumfeld wirkt sich positiv auf die Identitätsentwicklung von Heranwachsenden aus. In einer Kita, in der die pädagogische Arbeit konsequent an den Rechten der Kinder orientiert ist, erleben Kinder, dass sie selbstwirksam sind, in ihrer Individualität wertgeschätzt werden und dass Diskriminierungen jeglicher Art keinesfalls in Ordnung sind. Wir müssen die Entwicklung der demokratischen Kompetenzen von Kindern von klein auf fördern und sie in ihrem Aufwachsen als offene, selbstwirksame und einander wertschätzende Individuen begleiten“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Seit 2017 hat das Deutsche Kinderhilfswerk im Rahmen des Projekts „bestimmt bunt – Vielfalt und Mitbestimmung in der Kita“ deutschlandweit zehn Kindertageseinrichtungen zu den Themen Kinderrechte, Vielfalt und Mitbestimmung fortgebildet und in ihrer Umsetzungsarbeit begleitet. Die Kita-Qualifizierungen wurden im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert. Der Fachtag stellt den fachlichen Abschluss des Projekts dar und bietet die Gelegenheit, die Projektergebnisse und vielfältigen Erfahrungen, die in Zusammenarbeit mit den Modelleinrichtungen in den vergangenen Jahren gesammelt wurden, darzustellen und mit einem breiten Fachpublikum zu diskutieren.

Nähere Informationen zum Fachtag und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es unter https://doo.net/veranstaltung/40807/buchung. Der Fachtag wird im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

AUS DEM ZFF

Anlässlich der veröffentlichten Eckpunkte des SPD-Konzeptes für eine sozialdemokratische Kindergrundsicherung begrüßen die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) die Reformideen als richtungsweisend.

Das durch den SPD Parteivorstand vorgestellte Konzept einer „sozialdemokratischen Kindergrundsicherung“ baut auf zwei Säulen auf: Auf der einen Seite steht der Ausbau sozialer Infrastruktur für die bessere Teilhabe von Kindern und Jugendlichen vor Ort, auf der anderen Seite soll eine existenzsichernde Leistung für Kinder, die bisherige Familienleistungen zusammenführt, einfacher und sozial gerechter ausbezahlt werden. Perspektivisch wird eine Neuberechnung des Existenzminimums von Kindern angestrebt.

Hierzu erklärt der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler: Das vorgelegte Konzept einer sozialdemokratischen Kindergrundsicherung weist den richtigen Weg und zeigt, wie die Bekämpfung der Kinderarmut in unserem Land gelingen kann: Nur in der Verbindung von guter und armutssensibler Infrastruktur für Kinder und Jugendliche vor Ort mit einer Geldleistung, die den Mindestbedarf für alle sicherstellt, haben die Familien die Chance, ihren Kindern ein gutes Aufwachsen in Wohlergehen zu ermöglichen. Und das ist dringend nötig: Jedes fünfte Kind wächst in Deutschland armutsgefährdet auf und ist damit einem größeren Risiko ausgesetzt, weniger an unserer Gesellschaft teilhaben zu können und schlechtere Zukunftschancen zu haben – materiell, gesundheitlich, sozial und in der Bildung. Dies bestätigt auch die kürzlich veröffentlichte AWO-ISS Langzeitstudie. Wir müssen den Zusammenhang von Armut und mangelnder Teilhabe für Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft endlich durchbrechen! Ernsthaftes Handeln ist von Seiten der Bundesregierung hier längst überfällig.“

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, fährt fort: „In jedem fünften Kinderzimmer unseres Landes spielt die Armut mit und dies trotz wirtschaftlich guter Rahmenbedingungen. Gleichzeitig leisten wir es uns, Familien mit höheren Einkommen für ihre Kinder über die Steuer deutlich stärker zu entlasten, als wir am unteren Einkommensrand über das Kindergeld fördern. Mit dieser Ungerechtigkeit muss endlich Schluss sein und das System der Familienförderung gehört „vom Kopf auf die Füße“ gestellt. Das Konzept einer sozialdemokratischen Kindergrundsicherung schlägt hier wichtige und richte Schritte vor. Gleichzeitig nimmt die SPD mit dem Einbezug des Kinderfreibetrages aus dem Steuerrecht und der Forderung nach einer Neubemessung des Existenzminimums unsere Forderung, dass jedes Kind gleich viel wert sein soll, endlich ernst. Auch wenn das SPD Konzept wesentliche Bausteine einer Kindergrundsicherung enthält, wie sie von einem breiten Bündnis seit 2009 gefordert wird, muss dringend darauf geachtet werden, dass die neue Geldleistung nicht hinter dem Status quo zurückfällt. Schon heute bekommen Familien, die vom Kinderzuschlag und Kindergeld profitieren, 408 Euro und damit das sächliche Existenzminimum ausbezahlt. Hinter dieser Höhe dürfen wir keinesfalls zurückbleiben!“

Als AWO und ZFF fordern wir gemeinsam mit vielen weiteren Verbänden seit nunmehr 10 Jahren eine Kindergrundsicherung, die das System der Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ stellt, alle Kinder als gleichwertig anerkennt und ihnen das gleiche Existenzminimum zugesteht, welches neben dem Grundbedarf auch gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. und AWO Bundesverband e. V. vom 21.11.2019

AKTUELLES

„Entlastung gesucht – Gute Politik für Frauen mit geringem Einkommen“ heißt die veröffentlichte FES-Studie, die Sie hier kostenlos downloaden und/oder als Druckexemplar bestellen können: https://www.fes.de/gute-politik-fuer-frauen-mit-geringem-einkommen

Frauen mit geringem Einkommen sind in der Regel in Erwerbsverhältnissen, die von „guter Arbeit“ weit entfernt sind. Das bedeutet zum einen, dass jeder Cent zählt, besonders für die Mütter unter ihnen. Zum anderen ist die Vereinbarkeit des Jobs mit der Fürsorge für Kinder oder für ältere Angehörige noch schwieriger. Die notwendige Zeit(souveränität) fehlt, und das Einkommen reicht oft nicht aus für private Betreuungsangebote. Für alleinerziehende Frauen kommt erschwerend hinzu, dass finanzielle Engpässe oder Fürsorgebedarfe nicht partnerschaftlich aufgefangen werden können. Was kann Politik tun, um Frauen mit geringem Einkommen zu entlasten? Die Autor_innen der Studie formulieren – basierend auf einer qualitativen und quantitativen Befragung von über 2.000 Frauen mit Kindern und ohne Kinder mit geringem Einkommen – konkrete Handlungsempfehlungen.

Hier auch die Berichterstattung im Tagesspiegel: https://www.tagesspiegel.de/politik/studie-ueber-frauen-mit-prekaeren-einkommen-lebensentwuerfe-weichen-stark-von-der-realitaet-ab/25266842.html

Auf der Seite der Familienforschung BW finden Sie die Vorträge und Impulse der beiden Veranstaltungstage sowie einige Bilder der Veranstaltung:

https://www.statistik-bw.de/FaFo/Analysen/Hohenheimer_Tage_DOK_2019-10-22.jsp

Auf der Seite der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart ist ein Tagungsbericht hinterlegt: https://www.akademie-rs.de/vrueck_22434

Partizipation ist ein wesentlicher Bestandteil im Integrationsprozess. Partizipation bedeutet Teilhabe und Inklusion in die verschiedenen gesellschaftlichen Lebensbereiche. Partizipation stärkt die Selbstwirksamkeit der Individuen und fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Doch was verstehen wir eigentlich unter Partizipation? Welche Form der Partizipation ist überhaupt möglich, wenn nicht alle die gleichen Rechte bzw. Zugänge zu Rechten und Möglichkeiten der Teilhabe haben? Wie kann Partizipation dennoch gestärkt werden?

Diese Fragen und Erkenntnisse aus der Projektarbeit im Bereich des Empowerments mit geflüchteten Frauen und anderen schutzbedürftigen Personen standen im Fokus eines Fachtags am 18. Oktober 2018 in Berlin. Auf Einladung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege kamen rund 100 Fachkräfte, Aktivist*innen und Geflüchtete zusammen und tauschten sich über gelungene Ansätze und Rahmenbedingungen der Empowermentarbeit mit geflüchteten Frauen aus.

Die Erkenntnisse und Anregungen aus den Workshops und Vorträgen sind in der vorliegenden Publikation zusammengefasst. Deutlich werden dabei die große Bedeutung von Partizipation und Teilhabe, aber auch bestehende Hürden und Herausforderungen. Zusätzlich werden viele Handlungsempfehlungen für eine Stärkung partizipativer Ansätze in der Arbeit mit geflüchteten Frauen beschrieben. Das Impulspapier möchte damit Anregungen für die Projektpraxis geben und zu weiterer Reflexion und Diskussion anregen.

Seit 2016 fördert die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Projekte im Bereich der Empowermentarbeit mit geflüchteten Frauen und anderen schutzbedürftigen Personen, darunter auch ein Projekt der Arbeiterwohlfahrt mit aktuell 11 bundesweiten Standorten.Ziel der Projekte ist die Förderung von Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Teilhabe von geflüchteten Frauen und anderen schutzbedürftigen Personen.

Das Impulspapier „Partizipation in der Arbeit mit geflüchteten Frauen“ kann auf der Homepage der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege heruntergeladen werden (PDF): BAGFW Impulspapier Partizipation in der Arbeit mit geflüchteten Frauen