ZFF-Info 19/2019

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SCHWERPUNKT I: Ausbau Ganztagsbetreuung Grundschule

Bundeskabinett beschließt Errichtung eines Sondervermögens zum Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder

Das Bundeskabinett hat heute das Gesetz zur Errichtung des Sondervermögens zum „Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter" (Ganztagsfinanzierungsgesetz) auf den Weg gebracht. Damit unterstützt der Bund in dieser Legislaturperiode die Länder mit 2 Milliarden Euro beim Ausbau der kommunalen Bildungsinfrastruktur für die Ganztagsbetreuung.

Die Investitionen dienen der Vorbereitung eines bundesweiten Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter, der ab 2025 in Kraft treten soll. Gefördert werden soll der quantitative und qualitative Ausbau von Ganztagsangeboten über Finanzhilfen für Investitionen an die Länder.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey betont: „Heute sind wir auf dem Weg zum Rechtsanspruch einen großen Schritt weitergekommen – wir wollen mehr Chancengerechtigkeit für alle Kinder und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Eltern. Das wird gerade bei den Frauen zu einer höheren Erwerbsquote und damit auch zu besseren Einkommen und später höheren Renten beitragen. Und es wird dafür sorgen, die Voraussetzungen zu schaffen, dass jedes Kind bestmöglich gefördert wird. Das Sondervermögen ist das Instrument dafür. Die nächsten Schritte hin zur Umsetzung bereiten wir jetzt vor. Und wir fangen ja nicht bei null an – über 50 Prozent der Grundschulkinder in Deutschland sind bereits in einer Ganztagsbetreuung.

Dass es geht, haben wir schon beim Kitaausbau bewiesen: Bund, Länder, Kommunen, Träger und Fachkräfte haben gemeinsam einen Rechtsanspruch möglich gemacht und Hunderttausende zusätzliche Plätze geschaffen. Das muss in der Grundschule weitergehen. Denn da stehen die Erstklässler oft schon um 12 Uhr wieder vor der Haustür, mit leerem Magen, aber mit einem Ranzen voller unerledigter Hausaufgaben. Dass Eltern dann einer geregelten Arbeit nachgehen, ist schlicht nicht möglich. Deshalb brauchen wir den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Mehr Ganztagsbetreuung bedeutet aber natürlich auch mehr Bedarf an Fachkräften. Hier sind jetzt vor allem die Länder gefordert, die Kapazitäten weiter zu erhöhen und gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Der Bund verpflichtet sich mit dem heute beschlossenen Gesetzentwurf, zwei Milliarden Euro an Investitionsmitteln beizusteuern. Das ist ein großer Beitrag des Bundes zu den Gesamtkosten – ich gehe davon aus, dass es nach 2021 weitergehen muss. Wir haben jetzt fünf Jahre Zeit, die Bund, Länder und Gemeinden nutzen müssen, um dieses Vorhaben gemeinsam anzugehen.“

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek erklärt: „Ich freue mich sehr, dass wir heute im Kabinett das Sondervermögen zur Finanzierung des Ganztagsausbaus auf den Weg gebracht haben. Der Bund setzt damit ein klares Signal für den Ganztagsausbau. Die Länder werden in den nächsten Jahren mit 2 Milliarden Euro beim quantitativen und qualitativen Ausbau von Ganztagsangeboten unterstützt. Das neue Gesetz ist ein wichtiger Baustein zur Umsetzung des entsprechenden Auftrages des Koalitionsvertrages von CDU/CSU und SPD.

Der Ganztagsausbau wird vielen Familien weiterhelfen – insbesondere den Kindern und Müttern. Eines ist mir als Bundesbildungsministerin besonders wichtig: Die Qualität der Ganztagsangebote in den Schulen und Horten muss stimmen! Die Talente und Leidenschaften jedes Kindes sollen gefördert werden. Konkret bedeutet das: qualitativ hochwertige Bildungs- und Betreuungsangebote müssen die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler ermöglichen: Die einen brauchen besondere Unterstützung beim Lernen, die anderen sollten durch zusätzliche Angebote gefördert werden. Der Ganztag muss für die Kinder einen echten Mehrwert bringen. Nur dann werden Kinder und Eltern die Ganztagsangebote nutzen.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung engagiert sich seit vielen Jahren für Qualität im Ganztag und bei der Qualifizierung und Professionalisierung des pädagogischen Personals. Denn Fachkräftesicherung und Qualitätssicherung sind aufs Engste verknüpft. Nun müssen Bund und Länder an einem Strang ziehen, um den Rechtsanspruch zu schaffen und den Ganztagsausbau zu ermöglichen.“.

Hintergrund: Ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter erhöhen die Teilhabechancen und individuelle Förderung der Kinder und unterstützen die Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Trotz des Ausbaus der Betreuungsinfrastruktur in den Ländern wird der Bedarf an Ganztagsangeboten für Kinder im Grundschulalter noch nicht gedeckt. Während in manchen Bundesländern die Betreuungsquote bei über 80 Prozent liegt, liegt sie in vielen Regionen deutlich darunter. Der Ausbau der Ganztagsbetreuung im Grundschulalter ist daher auch ein Beitrag zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse.

Im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode ist vereinbart, dass bis 2025 ein bundesweiter Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter eingeführt werden soll. Um dies vorzubereiten, unterstützt der Bund die Länder mit Finanzhilfen in Höhe von zwei Milliarden Euro für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden in den quantitativen und qualitativen Ausbau von Ganztagsangeboten.

Der heute vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf dient dazu, die Finanzmittel für den Ganztagsausbau längerfristig zu sichern. In den Jahren 2020 und 2021 sind dafür jeweils 1 Milliarde Euro für das Sondervermögen vorgesehen, die jeweils zur Hälfte im Haushalt des BMFSFJ und des BMBF etatisiert werden. Die Mittel können bis Ende 2028 für Investitionen verausgabt werden.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 13.11.2019

Zum heutigen Beschluss des Bundeskabinetts zur Errichtung eines Sondervermögens zum Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder erklären Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Ekin Deligöz, Mitglied im Haushaltsausschuss:

Wir unterstützen das Vorhaben der Bundesregierung, einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder zu schaffen. Ein solcher Rechtsanspruch würde Kindern wie Eltern helfen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist gerade für Frauen und insbesondere für Alleinerziehende die zentrale Voraussetzung, um nicht in Armut zu rutschen. Mit Blick auf die Kinder kann der Ganztag dabei helfen, bessere Startchancen zu ermöglichen. Dafür braucht der Ganztag aber eine hohe pädagogische Qualität, die über Mindeststandards verbindlich zu gewährleisten wäre, am besten über das Kinder- und Jugendhilferecht. Bund und Länder müssen die Verhandlungen zum Rechtsanspruch forcieren und möglichst bald zum Abschluss bring en. Um den Rechtsanspruch 2025 zu ermöglichen, müssen erhebliche bauliche Maßnahmen unmittelbar in Angriff genommen werden. Angesichts prognostizierter Investitionsbedarfe von über 7,5 Milliarden Euro kann die von der Bundesregierung jetzt bereitgestellte eine Milliarde Euro für 2020 in einem Sondervermögen nur ein Anfang sein. Wir fordern deshalb im Haushaltsverfahren des Bundes als nächsten Schritt für das kommende Jahr die Verdopplung der Mittel, die dann ab Jahresbeginn beantragt werden können. Das ermöglicht es, frühzeitig in die Vorhaben einzusteigen und schafft Planungssicherheit.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 13.11.2019

„Das Bundeskabinett hat heute erste Regelungen zur Ganztagsbetreuung beschlossen. Das wird auch höchste Zeit, denn angesichts der immer größer werdenden Nachfrage nach Ganztagsplätzen besteht dringender Handlungsbedarf“, erklärt Birke Bull-Bischoff anlässlich der aktuellen Beschlüsse der Bundesregierung. Die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE weiter:

„Das gemeinsame Lernen in der Ganztagsschule ist ein wesentlicher Schritt in Richtung mehr Bildungsgerechtigkeit, nicht nur für Schüler aus problembelasteten Familien mit wenig Geld und wenig Schulerfolg. Es ist also zu begrüßen, dass die Bundesregierung endlich erkannt hat, dass der Ausbau der Ganztagsbetreuung mehr als überfällig ist.

Das Ganze bleibt jedoch nur ein Pappkamerad, wenn nicht neben den Investitionen in die Gebäude für die Ganztagsbetreuung auch eine Beseitigung des dramatischen Fachkräftemangels stattfindet. Nach Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung fehlen im Jahr 2025 über 26.000 Absolventen für das Grundschullehramt, die Zahl der in den nächsten Jahren zusätzlich benötigten Erzieherinnen und Erzieher in der Kita und im Hort gibt das Institut der deutschen Wirtschaft Köln mit 215.000 an. Diese Zahlen zeigen, wie dramatisch die Situation in diesem Bereich ist.

Deshalb brauchen wir eine Gemeinschaftsaufgabe Bildung. Die Grundgesetzänderung muss genutzt werden, um eine Fachkräfteoffensive auf den Weg zu bringen, die ihren Namen auch verdient.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 13.11.2019

Bund beteiligt sich am Ausbau der Betreuungsplätze

Heute hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Errichtung des Sondervermögens "Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter" beschlossen. Dazu erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Nadine Schön:

"Ob Rechtsanspruch auf Kita-Platz oder Elterngeld – Große familienpolitische Meilensteine kommen meistens von der Union. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist aber nicht nur im Kleinkindalter ein Problem, sondern auch in der Schulzeit. Eltern wünschen sich eine verlässliche Betreuung von Schulkindern. Das zu realisieren muss ein gemeinsames Anliegen von Bund, Ländern und Kommunen sein. Genau das gehen wir nun an: Ab 2025 soll es einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz am Nachmittag geben. Dafür wird der Bund die Länder beim Ausbau finanziell unterstützen. Heute haben wir dafür einen wichtigen ersten Schritt getan: Der Bund stellt seinen finanziellen Beitrag für den Ausbau bereit: 1 Mrd. EUR für 2020, eine weitere Mrd. EUR für 2021.

Das ist ein wichtiger Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und ein weiteres Beispiel dafür, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hält, was sie verspricht."

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 13.11.2019

Das Bundeskabinett hat gestern der Errichtung eines Sondervermögens über 2 Milliarden Euro zum Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter zugestimmt. Aus Sicht der AWO ist das nur ein kleiner Fortschritt. Der Verband fordert die schnelle Einführung des Rechtsanspruchs. Hierzu erklärt Wolfgang Stadler, Bundesvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt:

„Die Entscheidung des Bundeskabinetts hat eine rein haushaltsrechtliche Relevanz und ist daher eher technischer Natur. Die bereits für diese Legislaturperiode im Bundeshaushalt eingeplanten 2 Milliarden Euro an Investitionshilfen für die Länder würden ansonsten am Ende der Legislaturperiode verfallen, wenn sie nicht bis dahin verausgabt sind. Um diese Unsicherheit zu beseitigen und die bereits vorhandenen Bundesmittel für spätere Zeiträume zu sichern, war die Errichtung eines Sondervermögens erforderlich. So sind die Mittel bis Ende 2028 dem Zugriff des Bundesfinanzministers entzogen. Damit ist leider in der Sache selbst kein qualitativ neuer Fortschritt erreicht! Dies sieht offensichtlich auch die Bundesregierung so, wenn sie darauf hinweist, dass jetzt weitere gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht werden müssen, die den eigentlichen Rechtsanspruch festschreiben. Und dies ist noch ein sehr schwieriger Weg.

Denn eines ist klar: Der Rechtsanspruch weckt bei allen Beteiligten hohe Erwartungen, denn die Qualität der Ganztagsangebote in den Schulen und Horten muss stimmen! Seriöse Berechnungen des Deutschen Jugendinstituts gehen von einer Bedarfsquote von bis zu 79 % der anspruchsberechtigten Kinder ab 2025 aus. Um diesen Bedarf zu decken, müssen bis zu 1.130.000 neue Ganztagsplätze geschaffen werden, mit einem voraussichtlichen Investitionsbedarf bis 2025 von bis zu 7,5 Milliarden Euro und laufenden Betriebskosten pro Jahr ab 2025 von bis zu 4,5 Milliarden Euro. Diese Berechnungsgrundlage ist inzwischen auch von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für weitere Verhandlungen akzeptiert.

Wir ahnen: Hier sind noch dicke Bretter zu bohren! Fehlende Grundstücke für Schulerweiterungen, fehlende Baufirmen, schleppende Baugenehmigungsverfahren, fehlendes qualifiziertes Personal sind einige der Hürden, die bis 2025 genommen werden müssen. Nur wenn Bund, Länder und Kommunen diese Mammutaufgabe gemeinsam angehen und solidarisch die hohen Kosten teilen, ist der Weg für die Umsetzung eines gut gemachten Rechtsanspruchs auf Ganztagsangebote vorbereitet. Die AWO ist überzeugt davon, dass diese große bildungs- und sozialpolitische Herausforderung in die Zukunft unserer Kinder, in eine gerechtere Gesellschaft, den Mut aller zu guten Lösungen erfordert. Wir sagen hierzu unsere Unterstützung zu. Die AWO wird sich weiterhin für eine richtungsweisende gesetzliche Regelung im Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie in den flankierenden Regelungen für Ganztagsangebote im schulischen Kontext einsetzen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 14.11.2019

SCHWERPUNKT II: Internationaler Tag der Kinderrechte / Kinderrechte ins Grundgesetz

Vor 30 Jahren, am 20.11.1989, wurde die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet, mit der zum ersten Mal überhaupt die Rechte von Kindern festgelegt wurden: darunter das Recht auf Schutz vor Gewalt, auf Bildung und auf Beteiligung. Anlässlich des 30. Jahrestags der Verabschiedung der Konvention hat Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey heute den „Zweiten Kinderrechtereport“ von Kindern und Jugendlichen entgegengenommen. In dem Bericht bewerten Kinder und Jugendliche die Umsetzung der Kinderrechte und stellen ihre Forderungen vor. Unter anderem werden Beteiligungsprojekte zu Kinderrechten aufgeführt, die Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis 17 Jahren umgesetzt haben. Außerdem enthält der Kinderrechtereport Ergebnisse einer deutschlandweiten Online-Umfrage unter Kindern und Jugendlichen. Schwerpunkte des Berichts sind die Rechte von Kindern auf Nicht-Diskriminierung, Beteiligung, Schutz vor Gewalt und angemessene Lebensbedingungen.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Die Zeit ist reif dafür, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Deshalb wollen wir noch in diesem Jahr ein Gesetzgebungsverfahren anstoßen. Denn Kinder haben eigene Bedürfnisse und brauchen deshalb besondere Rechte. Uns geht es darum, dass die Interessen von Kindern und Jugendlichen bei allen Entscheidungen des Staates berücksichtigt werden, die sie betreffen. Und auch die Beteiligung soll verbessert werden: Junge Menschen sollen künftig ganz selbstverständlich in Entscheidungen von Politik, Verwaltung und Justiz einbezogen werden. Auch die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre halte ich für sinnvoll. Das Ziel: Deutschland zu einem noch kinderfreundlicheren Land zu machen, in dem alle Kinder gut aufwachsen und ihren Weg gehen können.“

Kinder und Jugendliche fordern Recht auf Beteiligung

Zu den Kernforderungen der Kinder und Jugendlichen in dem Bericht gehört die Stärkung ihres Rechts auf Mitbestimmung, etwa durch die Herabsenkung des Wahlalters und die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz. Wichtig ist den Kindern und Jugendlichen auch mehr Aufklärung über das Recht auf gewaltfreie Erziehung und klare Anlaufstellen, an die sie sich bei Gewalterfahrungen wenden können. Sie wünschen sich außerdem, dass alle Kinder gleiche Chancen haben und niemand aufgrund der Herkunft schlechter behandelt wird.

Mehr Informationen über die Forderungen und Inhalte des „Zweiten Kinderrechtereports“ finden Sie hier: www.kinderrechtereport.de

Der Kinderrechtereport dokumentiert zum zweiten Mal nach 2010 den Stand der Kinderrechte in Deutschland. Erarbeitet wurde er von Kindern und Jugendlichen gemeinsam mit der vom BMFSFJ geförderten „National Coalition – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention“. Der Bericht gibt Kindern und Jugendlichen eine Stimme im Berichtsverfahren der Vereinten Nationen zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention in Deutschland.

Bereits am 4. April hat die Bundesregierung den Fünften und Sechsten Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland zur Kinderrechtskonvention eingereicht. Dieser informiert über die wichtigsten Schritte zur Stärkung der Rechte von Kindern in Deutschland seit 2014.

Damit Kinderrechte bekannter werden, hat das Bundesfamilienministerium außerdem einen Kinderrechte-Bus auf Deutschland-Tour geschickt. Mehr Informationen dazu finden Sie hier: www.kinder-ministerium.de

Hintergrund zur Kinderrechtskonvention:

Am 20. November 2019 wird die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen 30 Jahre alt. Das Menschenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen gilt für alle Kinder unter 18 Jahren und besteht aus insgesamt 54 Artikeln. Basis der Konvention sind vier Grundprinzipien: das Diskriminierungsverbot, das Recht auf Leben und persönliche Entwicklung, das Beteiligungsrecht und der Vorrang des Kindeswohls.

In Deutschland gilt die Kinderrechtskonvention seit dem 5. April 1992. Deutschland hat sich damit verpflichtet, dem Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes gemäß Artikel 44 der Kinderrechtskonvention regelmäßig Berichte über die Umsetzung der Kinderrechte und die dabei erzielten Fortschritte vorzulegen. Auf Grundlage des Staatenberichts sowie ergänzender Berichte der Zivilgesellschaft wird der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes der Bundesrepublik Deutschland Empfehlungen zur weiteren Umsetzung der Kinderrechte aussprechen.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 15.11.2019

Heute werden die Kinderrechte der Vereinten Nationen 30 Jahre alt. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist das ein guter Anlass, für starke Rechte für starke Kinder und Jugendliche zu werben. Wir begrüßen, dass Justizministerin Christine Lambrecht noch in diesem Jahr einen Gesetzesentwurf für Kinderechte im Grundgesetz vorlegen wird.

„Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen die Kernelemente der VN-Kinderechtskonvention im Grundgesetz festschreiben. Nur in unserer wichtigsten Wertesammlung, dem Grundgesetz, können sie die erforderliche Strahlkraft in unsere gesamte Gesellschaft entfalten.

Alle Kinder und Jugendlichen sollen einen grundgesetzlich verbrieften Anspruch darauf haben, gefördert, beteiligt und geschützt zu werden. Wir unterstützen Familienministerin Franziska Giffey in dem Ziel, Deutschland noch kinderfreundlicher zu machen.

Viele starke Kinder und Jugendliche sind heute sehr aktiv. Sie setzen sich für wichtige Zukunftsfragen, wie Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit ein. Sehr viele sind zuversichtlich und fordern, unsere gemeinsame Zukunft bestmöglich zu gestalten. Das geht auch aus der aktuellen Shell-Jugendstudie 2019 mit dem Untertitel ‚Eine Generation meldet sich zu Wort‘ hervor.

Kinder und Jugendliche sind Expertinnen und Experten in eigner Sache. Deshalb wollen wir, dass sie gehört werden. Damit sie früher unsere gemeinsame Zukunft mitgestalten können, fordern wir darüber hinaus eine Absenkung des Wahlalters.

Mit unseren Forderungen für starke Kinderrechte stärken wir auch die Rechte und die Verantwortung der Eltern. Denn gerade auch die Eltern profitieren von kinderfreundlichen Bedingungen im Alltag.

Mit ausdrücklich im Grundgesetz niedergeschriebenen Kinderrechten würde Deutschland zu einem besseren Ort für Kinder und Jugendliche.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 20.11.2019

Zum morgigen 30. Jahrestag der UN-Kinderrechtskonvention erklären Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Kai Gehring, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe:

Vor genau dreißig Jahren hat die Weltgemeinschaft ein Übereinkommen vorgelegt, das in 54 Artikeln die Menschenrechte für die spezielle Situation von Kindern definiert. Ein zivilisatorischer Meilenstein, der aber in der Umsetzung noch längst nicht Realität geworden ist.

Auch in Deutschland werden die Rechte von Kindern nicht umfassend beachtet. Kinderrechte gehören ins Grundgesetz, damit der Staat endlich dazu verpflichtet wird, die Interessen und Bedürfnisse von Kindern zur Chefsache zu machen. Parlamente, Verwaltung und Gerichte müssen dann bei all ihren Entscheidungen das Kindeswohl maßgeblich berücksichtigen. Der Kampf gegen das beschämende Ausmaß an Kinderarmut, die ungleichen Startchancen im Bildungssystem und die Ungleichbehandlung in der Gesundheitsversorgung müsste dann endlich nach oben auf die Agenda der politischen Entscheider.

Eines ist klar: Starke Kinder brauchen starke Kinderrechte. Und starke Kinderrechte gibt es nur mit einer starken Formulierung in der Verfassung. Die Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention, das Recht auf Schutz, Förderung und Beteiligung sowie die Orientierung des Staates am Kindeswohl müssen explizit aufgenommen werden. Das fordern wir von einem Gesetzentwurf der Bundesregierung ein. Denn eine schwache Formulierung hilft niemandem und findet auch nicht unsere Unterstützung.

Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz hätte auch international eine positive Signalwirkung.

Deutschland hat eine globale Verantwortung, die zu beherztem Handeln führen muss. Trotz einzelner Fortschritte ist die dreißigjährige Zwischenbilanz und Lage der Kinderrechte weltweit alles andere als zufriedenstellend, denn noch immer sind viel zu viele Kinder arm, unterernährt oder werden versklavt. 385 Millionen Kinder leben in extremer Armut, 150 Millionen Kinder sind chronisch unterernährt, 420 Millionen Kinder sind von Kriegen und Konflikten betroffen, jeder vierte Todesfall in einem Alter von unter fünf Jahren ist laut WHO auf Umweltverschmutzung zurückzuführen.

2020 wird Deutschland eine besonders exponierte Rolle haben: Wir werden weiterhin dem UN-Sicherheitsrat und ab nächstem Jahr wieder dem UN-Menschenrechtsrat angehören sowie die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. Diesen Dreiklang muss die Regierung nutzen, um Kinderrechte weltweit zu verbessern. Deutschland braucht eine menschenrechtsbasierte und endlich auch kindgerechte Außenpolitik.

Kinder sind in besonderem Maße von Krisen und Konflikten betroffen. Sie müssen hierzulande und weltweit breiter über ihre Rechte informiert, in Problemlösungen einbezogen und bei der Ausübung ihrer Rechte unterstützt werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 19.11.2019

„Die Kinderrechtskonvention ist ein Meilenstein in der Verankerung von Schutz, Förderung und Beteiligung von Kindern und Jugendlichen weltweit. Die UN hat es in einer mehr als außergewöhnlichen Weltlage 1989 geschafft, diese Prinzipien zu verabschieden und mahnt seitdem zu ihrer Erfüllung. Umso erschreckender ist, dass die Bundesrepublik ihrer Verantwortung immer noch nicht nachgekommen ist: Sie hat weder die Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen, noch ist sie dem Massenphänomen Kinderarmut wirksam begegnet“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den 30. Jahrestag der UN-Kinderrechtskonvention am 20. November. Müller weiter:

„Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz könnte der nächste Meilenstein sein, der mit einer Debatte um die Belange junger und künftiger Generationen unweigerlich einherginge. Stattdessen duckt die Bundesregierung sich weg und hat offensichtlich den Geist der Kinderrechtskonvention auch nach 30 Jahren nicht verstanden. Die Bundesregierung muss endlich mit dem Herumlavieren aufhören und einen Gesetzentwurf zur Aufnahme umfassender Kinderrechte in das Grundgesetz vorlegen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 19.11.2019

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages teilt mit:

„Am 20. November 1989 wurden die Kinderrechte von der Vollversammlung der Vereinten Nationen in der Konvention über die Rechte des Kindes festgeschrieben. In 54 Artikeln werden allen Kindern auf der Welt völkerrechtlich die gleichen verbindlichen Mindeststandards verbrieft. Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages als Interessenvertretung der Kinder und Jugendlichen in Deutschland setzt sich mit ihrem Arbeitsprogramm aktiv für die Einhaltung und Stärkung der Rechte der Kinder ein.

Gerade zum 30. Jahrestag der Konvention ist es für die Kinderkommission noch einmal besonders wichtig, den mit dem Übereinkommen verbundenen Auftrag ins Zentrum von Politik und Gesellschaft zu stellen und Verbesserungen bei der Umsetzung der Kinderrechte einzufordern.

Der Vorsitzende der Kinderkommission des Deutschen Bundestags, Johannes Huber, erklärt hierzu im Namen des Gremiums: ‚Kinder haben das Recht auf ein gewaltfreies Aufwachsen. Hier haben wir auch in Deutschland noch erheblichen Nachholbedarf. Wie die jüngsten Vorfälle in Lügde zeigen, sind die Strukturen für das Erkennen von Missbrauch und für die Durchführung ordnungsgemäßer Ermittlungen mangelhaft.

Es ist unser gemeinsames Anliegen, dieses Thema zu beleuchten und das Recht auf ein gewaltfreies Aufwachsen für jedes Kind zu stärken.

Darüber hinaus wollen wir uns aber auch dafür einsetzen, dass die Prävention verbessert und Kinder in ihren Rechten gestärkt werden. Die Bemühungen mehrerer Fraktionen des Deutschen Bundestages, die Kinderrechte gemäß den Empfehlungen der UN-Kinderrechtskonvention stärker im Grundgesetz zu verankern, begrüßt die Kinderkommission daher grundsätzlich‘.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 18.11.2019

Im Jahr 2018 waren 2,4 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Im Vergleich zum Vorjahr waren das 6% weniger. Gleichzeitig haben die Jugendämter bei rund 50400 Kindern und Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung aufgrund von Gewalt oder Vernachlässigung festgestellt, 10% mehr als 2017. Anlässlich des Internationalen Tages der Kinderrechte am 20. November 2019 trägt das Statistische Bundesamt (Destatis) exemplarisch Fakten zur Situation der rund 13,6 Millionen minderjährigen Kinder und Jugendlichen in Deutschland für das Jahr 2018 zusammen.

30 Jahre UN-Kinderrechtskonvention

Am 20. November 1989 – also vor 30 Jahren – hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Übereinkommen über die Rechte des Kindes angenommen: die UN-Kinderrechtskonvention. Sie besteht aus insgesamt 54 Artikeln, die minderjährigen Kindern und Jugendlichen grundlegende Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte zusichern. Unter anderem ist dort das Recht auf Familie, Fürsorge und ein sicheres Zuhause festgehalten. Auch wenn der Großteil der Kinder und Jugendlichen in Deutschland mit mindestens einem Elternteil in einer der rund 8,0 Millionen Familien zusammenwohnt, ist dies nicht für alle Kinder selbstverständlich.

Das Recht auf eine Familie, Fürsorge und ein sicheres Zuhause

Wird ein Kind vorübergehend oder dauerhaft von seiner Familie getrennt, sichert die Kinderrechtskonvention den Betroffenen verschiedene alternative Formen von Betreuung zu. So waren 95000 Kinder oder Jugendliche im Jahr 2018 in einem Heim untergebracht. Weitere 81400 Kinder oder Jugendliche lebten in einer Pflegefamilie, darunter 28 % in Verwandten- und 72% in Fremdpflege.

Können, dürfen oder wollen die Eltern das Kind nicht selbst groß ziehen, besteht – sofern dies dem Kindeswohl dient – die Möglichkeit einer Adoption: Von den rund 3700 Adoptionen im Jahr 2018 wurde der Großteil, (61%) von Stiefeltern vorgenommen. In 171 Fällen (5%) handelte es sich um eine internationale Adoption.

Recht auf Leistungen der sozialen Sicherheit und angemessene Lebensbedingungen

In Artikel 26 und 27 der UN-Kinderrechtskonvention ist zudem das Recht jeden Kindes auf einen Lebensstandard festgehalten, der ihn in seiner körperlichen und sozialen Entwicklung fördert. Nach der EU-weiten Haushaltserhebung EU-SILC (European Survey on Income and Living Conditions) waren in Deutschland im Jahr 2018 mit 17,3% etwas weniger Kinder und Jugendliche von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht als im Vorjahr (18,0%) – es konnten sich auch wieder mehr Haushalte mit Kindern eine einwöchige Urlaubsreise leisten: Während 2017 noch 15,5% der in Haushalten mit Kindern lebenden Personen angaben, dass dies für sie finanziell nicht möglich sei, waren es zuletzt 13,4% dieser Personen.

Schutz vor Gewalt, Misshandlung, Missbrauch und Verwahrlosung

Nach der UN-Kinderrechtskonvention stehen Kinder unter dem besonderen Schutz des Staates. Im Jahr 2018 haben die Jugendämter in Deutschland im Rahmen ihres Schutzauftrages bei rund 50 400 Kindern und Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung aufgrund von Vernachlässigung, psychischer, körperlicher oder sexueller Gewalt festgestellt – das waren 10% mehr als im Vorjahr.

2018 wurden in diesem Zusammenhang auch mehr Minderjährige in Deutschland zu ihrem Schutz in Obhut genommen: In rund 6200 Fällen haben die Jugendämter Kinder oder Jugendliche aufgrund von Misshandlungen, in 6000 wegen Vernachlässigungen und in 840 Fällen aufgrund von sexueller Gewalt zu ihrem Schutz vorübergehend in Obhut genommen. Weil eine Gefährdung des Kindeswohls anders nicht abzuwenden war, haben die Familiengerichte 2018 zudem in rund 7500 Fällen einen vollständigen und in weiteren 8500 Fällen einen teilweisen Entzug der elterlichen Sorge angeordnet.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 19.11.2019

Anlässlich des heutigen Weltkindertages der Vereinten Nationen erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

"Heute vor 30 Jahren wurde die Kinderrechtskonvention durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Das war ein Meilenstein, denn Kinderrechte sind Menschenrechte! Entsprechend sollten Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden.

Die Anerkennung kindlicher Rechte und Bedarfe ist auch die Grundlage unseres Handelns unddie tragende Idee der Kindergrundsicherung. Dafür setzen wir uns gemeinsam im Bündnis Kindergrundsicherung ein. Die Kindergrundsicherung soll als eigenständiger Leistungsanspruch bei den Kindern liegen und das soziokulturelle Existenzminimum verlässlich bereitstellen.

Die Kindergrundsicherung ist ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Kinderarmut. Sie ist notwendig, denn Kinderarmut ist weiterhin bittere und konstante Realität in Deutschland. Jedes 5. Kind wächst in finanziell unsicheren Umständen auf. Das wirkt sich langfristig nachteilig auf die Lebenschancen der Betroffenen aus. Diesen Befund hat die kürzlich veröffentlichte AWO-ISS-Langzeitstudie aufgezeigt: Ein Drittel der in der Kindheit armutsbetroffenen Menschen ist heute im jungen Erwachsenenalter weiterhin arm. Wir fordern daher eine präventiv ausgerichtete Politik gegen Armut! Das heißt für uns: Umverteilung zu Gunsten der Kinder und Investitionen in die Unterstützungsstrukturen, die sie tragen: die Familien, die Schulen und die soziale Infrastruktur!"

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 20.11.2019

Zum 30. Jahrestag der UN-Kinderrechtskonvention fordert Verbandspräsident Klaus Zeh eine familiengerechte Gesamtpolitik für die Umsetzung von Kinderrechten in Deutschland.

(Berlin). Kinder haben ein Recht auf Wohlergehen sowie auf angemessene Lebensverhältnisse und Unterhalt. Damit es ihnen gut geht, muss es auch ihren Familien gut gehen. „Familien, insbesondere solche mit mehreren Kindern, sind jedoch armutsgefährdet“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV. Im Horizontalen Vergleich zeigt der Familienverband seit Jahren, dass schon eine Familie mit zwei Kindern und einem durchschnittlichen Einkommen von 35.000 Euro – nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben – unter die Armutsgrenze rutscht. „Armut trifft heute nicht nur einkommensschwache Familien, sondern ragt bis in die Mittelschicht hinein. Ein Gehalt genügt nicht mehr, um die Familie zu versorgen“, so Zeh.

Zur finanziellen Belastung kommt die Benachteiligung von Eltern und Kindern am Wohnungsmarkt. Immer mehr Familien können sich keine familiengerechten Wohnungen leisten oder Wohneigentum bilden – mit negativen Auswirkungen auf das Wohl und die Entwicklung der Kinder. „Familien werden immer mehr in zu enge Wohnungen oder benachteiligte Wohnanlagen gedrängt“, sagt der DFV-Präsident.

Für Kinder und Jugendliche in Deutschland besteht ein weiterer, wesentlicher Mangel beim Wahlrecht. „Wer unter 18 Jahren alt ist, darf nicht an den Bundestagswahlen teilnehmen. Ohne das Wahlrecht fehlt Kindern aber ein wesentliches Mittel politischer Teilhabe. Denn die Entscheidungen, die heute gefällt werden, betreffen sie in der Zukunft“, so Zeh. Aus diesem Grund fordere der DFV ein Wahlrecht für alle Staatsbürger von Geburt an. Dies werde so lange von den Eltern stellvertretend ausgeübt, bis die Kinder wahlmündig seien.

Kinderrecht auf elterliche Zeit

In der Diskussion über Kinderrechte bleibt bisher gänzlich unberücksichtigt, dass Kinder unter den beruflichen Anforderungen ihrer Eltern zu leiden haben. „Eltern stehen immer stärker unter dem Druck, sich an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes anzupassen. Selbst gesetzlich garantierte Schutzzeiten wie die dreijährige Elternzeit sind nicht mehr selbstverständlich“, sagt Zeh. Der DFV-Präsident bemängelt, dass Eltern mit beruflichen und finanziellen Nachteilen rechnen müssen, wenn sie sich für die Erziehung von Kindern entscheiden.

„Kinder haben ein Recht auf die Zeit ihrer Eltern. Die Bedeutung elterlicher Zeit für ihre Entwicklung muss stärker in den Vordergrund rücken“, so Zeh. Zum 30. Jahrestag der Übereinkunft der Vereinten Nationen über die Rechte von Kindern bekräftigt der DFV-Präsident die Verbandsforderung nach einer familiengerechten Gesamtpolitik: „Kinderrechte lassen sich nur durch Familiengerechtigkeit in unterschiedlichen Bereichen der Politik verwirklichen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 19.11.2019

Anlässlich des Internationalen Tags der Kinderrechte am 20. November hält Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, es für unerlässlich, Kinderrechte auch in der Rückkehrpolitik zu beachten:

"Geflüchtete Kinder haben die gleichen Rechte wie alle Kinder – auch in Ankereinrichtungen. Im Rahmen des Ankerkonzepts werden Aufnahmezentren für Flüchtlinge zunehmend zu Ausreisezentren für abgelehnte Asylsuchende.

Ankerzentren sind keine angemessenen und sicheren Orte für Kinder! Kinder brauchen Schutz vor Gewalt und eine gute medizinische Versorgung. Häufig sind geflüchtete Kinder traumatisiert, sodass sie psychotherapeutische Unterstützung benötigen. Ein regelmäßiger Schulbesuch ist ebenso notwendig wie ausreichend Spiel- und Entfaltungsmöglichkeiten. Ankerzentren werden diesen Maßstäben in keinster Weise gerecht. Die Bedürfnisse und Rechte von Kindern werden wissentlich missachtet. Das darf so nicht weitergehen! Bei allen staatlichen Maßnahmen muss das Kindeswohl an erster Stelle stehen. Das gilt für die Aufnahme- wie auch für die Rückkehrpolitik.

Zum Hintergrund:

Es ist das Recht des Staates, die Ausreisepflicht von Menschen durchzusetzen, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben. Dies muss jedoch im Rahmen des geltenden Rechtes geschehen. Entsprechend der UN-Kinderrechtskonvention ist bei allen staatlichen Maßnahmen das Kindeswohl als vorrangiger Gesichtspunkt zu berücksichtigen. Dem werden die Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge oft nicht gerecht. Zudem bleiben geflüchtete Kinder oft über Jahre hinweg ausgeschlossen von sozialer Teilhabe im prekären Duldungszustand hängen, wenn der Asylantrag der Eltern abgelehnt wurde. So können sie keine Perspektive für sich entwickeln.

Sie werden nicht abgeschoben, aber ein Aufenthaltsrecht bleibt ihnen gleichfalls verwehrt.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 19.11.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk beklagt die äußerst unterschiedliche und teils mangelhafte Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland. „30 Jahre nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention stehen wir in Deutschland im Hinblick auf Kinderrechte vor einem föderalen Flickenteppich. So sind beispielsweise die Kinderarmutsquoten sehr unterschiedlich, oder die Beteiligungsrechte von Kindern nur teilweise gesetzlich abgesichert. Deshalb sollten die Kinderrechte systematisch ausgebaut und strukturell verankert werden, zuvorderst im Grundgesetz. Das ist zum einen rechtlich geboten, und wird zum anderen auch unsere Demokratie langfristig stärken“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Anfang Dezember veröffentlicht das Deutsche Kinderhilfswerk die Pilotstudie „Kinderrechte-Index“. Darin wird zum ersten Mal der Stand der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in den deutschen Bundesländern gemessen und ausgewertet. Der „Kinderrechte-Index“ beleuchtet verschiedene Lebensbereiche von Kindern und die damit verbundenen Politikfelder. Er soll damit ein Instrument für die Landesregierungen sein, um die Stärken und Schwächen ihrer Kinder- und Jugendpolitik zu überprüfen und diese dann gezielt zu verbessern. So wird etwa das Kinderrecht auf Bildung mit 24 Indikatoren überprüft. Dazu gehören beispielsweise die Verankerung von Kinderrechten in Bildungs- und Rahmenplänen für Schulen und Kitas, der Anteil des Bildungsbudgets am Landeshaushalt, die Einschätzung von Kindern hinsichtlich der Medienbildung oder Schulabbruchsquoten.

„Mit der Entwicklung eines systematischen Kinderrechte-Monitorings in Deutschland leisten wir Pionierarbeit. Noch immer steht Deutschland bekanntermaßen vor großen ungelösten Herausforderungen bei der Umsetzung von Kinderrechten. Beispielsweise bei der Bekämpfung der Kinderarmut, der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an sie betreffenden Entscheidungen, im Hinblick auf die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz oder bei der Durchsetzung von gleichen Rechten für alle Kinder ohne Diskriminierung hat die Bundesrepublik auch im Jahr 2019 weiterhin großen Nachholbedarf. Dabei zeigt der Kinderrechte-Index ganz deutlich, dass die Umsetzung der Kinderrechte an vielen Stellen keine Frage der Kassenlage, sondern des politischen Willens ist“, so Krüger weiter.

Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes feiert heute ihren 30. Geburtstag. „Seit ihrer Verabschiedung im Jahr 1989 hat dieses wichtige Abkommen weltweit und in Deutschland geholfen, das Leben von Kindern zu verbessern. Ihrer Perspektive wird heute mehr Aufmerksamkeit geschenkt, Kinder mehr als eigenständige Persönlichkeiten angesehen. Trotzdem werden nach wie vor die Interessen von Kindern im täglichen Leben und im Handeln von Behörden und Verwaltungen vielfach übergangen. Hier müssen Bund, Länder und Kommunen mehr Anstrengungen als bisher unternehmen. Kinderpolitik auf Augenhöhe, mit einer stärkeren Berücksichtigung von Kinderinteressen und mehr Beteiligung von Kindern muss das Gebot der Stunde sein“, so Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 20.11.2019

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt den Vorschlag von Justizministerin Christine Lambrecht für die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz. Damit hat sie den Startschuss für die im Koalitionsvertrag vereinbarte Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz gegeben.

„Der Startschuss für die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz ist gefallen. Die Justizministerin hatte angekündigt, zeitnah einen Formulierungsvorschlag für Kinderrechte im Grundgesetz vorzulegen und hat Wort gehalten. Wenige Tage nach dem 30. Geburtstag der Kinderrechte der Vereinten Nationen hat sie jetzt geliefert. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist die Regelung der Kinderrechte im Grundgesetz besonders wichtig, weil dadurch in den verschiedensten Bereichen gesichert wird, dass die Belange von Kindern stärker berücksichtigt werden. Für Grundgesetzänderungen sind Zwei-Drittel-Mehrheiten erforderlich. Deshalb sind jetzt auch die anderen kinder- und familienfreundlichen Fraktionen im Deutschen Bundestag aufgefordert, sich konstruktiv einzubringen. Wir wollen die Kinderrechte im Grundgesetz noch in dieser Wahlperiode verankern und erwarten einen zügigen Start der Debatte im Deutschen Bundestag.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 26.11.2019

„Die vorgeschlagene Formulierung ändert nichts an der bereits geltenden Rechtslage, dem können wir so nicht zustimmen“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den heute bekannt gewordenen Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums zur Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz. Norbert Müller weiter:

„Es fehlt unter anderem ein Bekenntnis dazu, dass die staatliche Gemeinschaft Sorge für die altersgerechten Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen zu tragen hat. Es fehlt, dass die Ansichten von Kindern angemessen berücksichtigt werden müssen. Damit bleibt der Gesetzentwurf hinter der UN-Kinderrechtskonvention zurück.

Den Status Quo brauchen wir jedoch nicht in das Grundgesetz aufnehmen – Kinderrechte müssen gestärkt werden, und dies muss sich im Grundgesetz wiederfinden. Die Bundesregierung muss jetzt nacharbeiten, denn ohne LINKE und Grüne fehlt es an der notwendigen Zweidrittelmehrheit. Wir sind zu Gesprächen bereit.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 26.11.2019

Das Bundesjustizministerium hat einen Gesetzentwurf erarbeitet, wonach die Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen werden sollen. Demnach sollen sie in Artikel 6 eingefügt werden.

Hierzu erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt sehr, dass das Bundesjustizministerium einen konkreten Entwurf vorlegt, um die Kinderrechte in unserer Verfassung zu verankern. Damit käme die Bundesregierung endlich einem weiteren Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag nach. Viel wichtiger ist jedoch, dass damit die Verwirklichung der Kinderrechte in Deutschland einen wichtigen Schritt voran gebracht werden würde. Die AWO appelliert daher an die Bundesregierung und den Gesetzgeber, nicht nur diesen Schritt zu gehen, sondern auch dafür Sorge zu tragen, dass Kinder über ihre Rechte informiert, weitere Maßnahmen zu deren Verwirklichung unterstützt und Eltern in ihrem Erziehungsauftrag besser unterstützt werden.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 26.11.2019

Das Aktionsbündnis Kinderrechte begrüßt, dass mit dem heute vorgelegten Gesetzentwurf der Bundesjustizministerin die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz ein großes Stück näher rückt. Allerdings weist das Aktionsbündnis darauf hin, dass die nun vorgebrachte Formulierung den Kindeswohlvorrang und das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Beteiligung noch nicht deutlich genug zum Ausdruck bringt. Es muss schlussendlich eine Formulierung gefunden werden, die sowohl die Gesetzgebung und Rechtsprechung des Bundes und der Länder, als auch die Verwaltungspraxis im Sinne der "besten Kinderinteressen" nachhaltig beeinflusst, und damit die Lebenssituation der Kinder vor Ort konkret positiv verändert.

Das Aktionsbündnis (Deutsches Kinderhilfswerk, Der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind) tritt dafür ein, dass die UN-Kinderrechtskonvention zwingend Maßstab für die Aufnahme der Kinderrechte im Grundgesetz wird. Die Regelung zu Kinderrechten im Grundgesetz darf im Ergebnis nicht hinter dem zurückbleiben, was in der UN-Kinderrechtskonvention, der Charta der Grundrechte der EU und in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes enthalten ist.

Das Aktionsbündnis Kinderrechte geht davon aus, dass sich der Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren weiterentwickeln wird, um insbesondere den Kindeswohlvorrang und das Beteiligungsrecht von Kindern grundgesetzlich ausreichend im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention abzusichern. Mit der Verankerung dieser beiden sich ergänzenden Prinzipien kann dem Anspruch einer ernsthaften Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention entsprochen und dem aktuellen Umsetzungs- und Anwendungsdefizit der Kinderrechtskonvention in Deutschland entgegengewirkt werden. Für das Aktionsbündnis Kinderrechte ist zudem unabdingbar, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft stattfindet, damit neben politischen Erwägungen auch die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards angemessen Berücksichtigung finden.

Bisher gilt die UN-Kinderrechtskonvention nur als einfaches Bundesrecht in Deutschland, sodass Rechtsanwendende die für alle geltenden Grundrechte nur über eine komplizierte Herleitung des Völkerrechts mit einem besonderen kinderrechtlichen Gehalt auslegen können. Mehr Rechtssicherheit kann nur durch eine klare Regelung von Kinderrechten im Grundgesetz erreicht werden. Denn Grundrechte binden Parlamente, Ministerien, Behörden und Gerichte als unmittelbar geltendes Recht, sodass sie bereits frühzeitig in ihren Entscheidungen eine kinderrechtliche Perspektive einnehmen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk, Der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland und Deutsche Liga für das Kind vom 26.11.2019

SCHWERPUNKT III: Gute-Kita-Gesetz

Gute-KiTa-Verträge mit allen 16 Bundesländern unterzeichnet und veröffentlicht – Auszahlung der 5,5 Mrd. Euro des Bundes an die Länder startet

Auf der Fachkonferenz „Gemeinsam für gute KiTa – Das Gute-KiTa-Gesetz in der Praxis“, hat Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey heute den Startschuss für die Umsetzung des Gute-KiTa-Gesetzes in den Ländern gegeben. Am 20. November wurde der letzte Bund-Länder-Vertrag zum Gute-KiTa-Gesetz geschlossen. Damit kann die Auszahlung der 5,5 Milliarden Euro aus dem Gesetz an die Länder beginnen. In den Ländern wird mit dem Geld in mehr Qualität und weniger Gebühren in der Kindertagesbetreuung investiert.

Ministerin Giffey: „Frühkindliche Bildung ist eine nationale Zukunftsaufgabe. Darum sind wir alle in der Pflicht, die Kommunen, die Länder und der Bund. Es ist nun Aufgabe der Länder die 5,5 Milliarden Euro bis 2022 gut umzusetzen. Das ist das beste Argument dafür, dass das Geld gut investiert ist. Wir haben im Kabinett am 10. Juli 2019 beschlossen, dass der Bund für die Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung auch über 2022 hinaus seine Verantwortung wahrnehmen wird. Ich bin mir mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz einig, dass sich dies auch in der Finanzplanung 2020 bis 2024 abbilden wird, die die Bundesregierung im Sommer 2020 vorlegen wird. Ich habe in den letzten Monaten alle 16 Bundesländer besucht und konnte mich davon überzeugen, dass wir mit dem Gute-KiTa-Gesetz den richtigen Weg eingeschlagen haben. Die Länder haben Maßnahmen ausgewählt, die zur Situation vor Ort passen – zwei Drittel der Mittel gehen in die Verbesserung der Qualität, ein Drittel geht in die Senkung von Gebühren. Jetzt wird das Gesetz in der Praxis mit Leben erfüllt.“

Der Vorsitzende der Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder, Thüringens Minister für Bildung, Jugend und Sport, Helmut Holter sagte: „Das Gute-KiTa-Gesetz ist ein wichtiger Baustein zur Verbesserung der frühkindlichen Bildung in Deutschland. Es ist gut und wichtig, dass mit jedem Land einzelne Vereinbarungen geschlossen wurden. Nur so können wir auf dem Erreichten aufbauen. Eine nachhaltige Umsetzung des Gute-KiTa-Gesetzes kann allerdings nur gelingen, wenn der Bund die notwendigen Gelder über das Jahr 2022 hinaus dauerhaft für die begonnenen Maßnahmen zur Verfügung stellt.“

Mit dem Gute-KiTa-Gesetz unterstützt der Bund die Länder bis 2022 mit rund 5,5 Milliarden Euro bei Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren. Dabei fließen etwa zwei Drittel der durch die Länder verplanten Gelder in Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität und ein Drittel in die Verbesserung der Teilhabe durch Gebührenentlastung. Im Bereich Qualität setzen die Länder Schwerpunkte bei der Verbesserung des Personalschlüssels, bei der Gewinnung und Sicherung von Fachkräften sowie bei der Entlastung von Leitungskräften. Einzelheiten zur Bilanz der Gute-KiTa-Verträge finden Sie im Fakten-Papier anbei.

Die Kindertagesbetreuung soll überall in Deutschland weiterentwickelt werden. Aber jedes Bundesland hat seine eigenen Stärken und Entwicklungsbedarfe. Darum ist das Gute-KiTa-Gesetz wie ein Instrumentenkasten aufgebaut: Die Länder entscheiden selbst, in welche der zehn Handlungsfelder mit welchen Maßnahmen investiert wird. In einem Vertrag halten der Bund und das jeweilige Bundesland fest, wie das Gute-KiTa-Gesetz vor Ort umgesetzt werden soll. Einige Länder haben mit der Umsetzung der Maßnahmen nach dem Gute-KiTa-Gesetz bereits begonnen. Aber auch Länder, die erst jetzt mit der Umsetzung starten, bekommen den vollen Betrag für 2019 und können ihn in den Folgejahren nutzen. Es ist also gesichert, dass kein Euro der Gute-KiTa-Mittel verloren geht.

www.bmfsfj.de/gute-kita-gesetz

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 22.11.2019

Die Verträge zwischen Bund und den 16 Bundesländern zum Gute-Kita-Gesetz sind unter Dach und Fach. Jetzt kann das Geld fließen und je nach Bedarf in den Ländern für mehr Qualität und weniger Gebühren verwendet werden.

„Das Gute-Kita-Gesetz hält, was der Name verspricht. Das zeigen die Verträge zwischen den Bundesländern und dem Bund. Denn entgegen jeder Skepsis werden die Mittel überwiegend für einen Qualitätssprung in den Kitas und der Kindertagespflege sorgen. Konkret wollen die Länder etwa zwei Drittel der Mittel für die Qualitätsverbesserung verwenden – und nur ein Drittel für die Senkung von Gebühren.

Der Bund stellt den Ländern einen Instrumentenkasten aus zehn Handlungsfeldern bereit. Wo auch immer die Länder Bedarf sehen, können sie für mehr Qualität sorgen – etwa für erweiterte Öffnungszeiten, einen guten Betreuungsschlüssel, qualifizierte Fachkräfte, sprachliche Bildung oder kindgerechte Räume. Besonders erfreulich ist: Elf der 16 Länder möchten die Betreuungsschlüssel verbessern, zehn Länder wollen die Bundesmittel nutzen, um Fachkräfte zu gewinnen und zu binden.

Doch die beste Kita und Kindertagespflege nutzt vielen nicht, wenn die Hürden für Kinder zu hoch sind, überhaupt eine Kita zu besuchen. Deshalb werden insbesondere Familien mit geringem Einkommen von den Beiträgen für die Kinderbetreuung befreit.

Mit seiner Finanzspritze von insgesamt 5,5 Milliarden Euro bis 2022 bekennt sich der Bund zu seinem Teil der Verantwortung für die Qualitätsentwicklung in Kitas und in der Kindertagespflege: Indem er dabei hilft, die teilweise enormen Qualitätsunterschiede zwischen den Ländern anzugleichen. Dass das nötig ist, hat auch die Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse erkannt und sich für eine Weiterfinanzierung der Mittel über 2022 hinaus ausgesprochen. Dem hat sich das Bundeskabinett angeschlossen und am 10. Juli 2019 vereinbart, seine Verantwortung auch über 2022 hinaus wahrzunehmen. Abbilden wird sich das in der Finanzplanung 2020 bis 2024, welche die Bundesregierung im Sommer vorlegen wird.

Nur in gemeinsamer Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen werden wir ein Niveau in den Kitas und der Kindertagespflege erreichen, das jedem Kind und jeder Familie mit kleinen Kindern unabhängig vom Einkommen gerecht wird.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 22.11.2019

Zum Start der Umsetzung des sogenannten "Gute-Kita"-Gesetzes erklären KatjaDörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Ekin Deligöz, Mitglied im Haushaltsausschuss:

Das sogenannte "Gute-Kita"-Gesetz ist eine verschenkte Chance. Es wäre zentral wichtig gewesen, einheitliche Mindeststandards für die Qualität der Betreuung in allen Bundesländern zu schaffen. Genau das ist nicht passiert.

Die Vertragsfeierlichkeiten können über die Hauptschwäche des Gesetzes nicht hinwegtäuschen: Die Bundesgelder können viel zu beliebig eingesetzt werden. Nur ein Teil des Geldes fließt in Qualitätsmaßnahmen. Und dort landet es oft in zeitlich befristeten, eher punktuell ausgerichteten Programmen. Eine flächendeckend hochwertige und dauerhafte Qualität der Betreuung wird, anders als Name und Marketing es vermitteln sollen, durch das Gesetz nicht gewährleistet.

Es war gut, dass sich die Bundesregierung zu einer finanzkräftigen Qualitätsinitiative entschieden hatte. Leider setzt Giffey jedoch auf ein Wünsch-dir-was-Gesetz statt auf verbindliche Qualitätsstandards. Die ursprüngliche Intention für die Initiative wird spätestens durch die Tatsache konterkariert, dass nun gut ein Drittel des Geldes gar nicht für die Qualität, sondern für Beitragsbefreiungen eingesetzt wird. Von den 5,5 Milliarden Euro des Bundes sind das sage und schreibe 1,75 Milliarden Euro. Das ist die falsche Priorität zum jetzigen Zeitpunkt.

Die Qualitätsentwicklung wird durch die zeitliche Befristung der Bundeszahlungen zusätzlich erschwert. Alles, was bisher vorliegt ist, eine vage Absichtserklärung, die unter einem Finanzierungsvorbehalt steht. Die Bundesregierung kann das aber ändern, indem sie schnellstmöglich die Finanzplanung ändert oder, besser noch, eine gesetzliche Grundlage schafft. Wenn der Bund Kitas dauerhaft besser machen will, muss er auch für Planungssicherheit sorgen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 22.11.2019

„Das sogenannte Gute-Kita-Gesetz ist viel Schall und Rauch mit geringer und lediglich befristeter Wirkung. So werden die Defizite in der Kitalandschaft nicht behoben“, kommentiert Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, die Zwischenbilanz von Familienministerin Franziska Giffey anlässlich der Unterzeichnung der letzten Länderverträge zum Gute-Kita-Gesetz. Mit der Unterzeichnung der letzten Verträge kann das Gute-Kita-Gesetz nun vollständig in Kraft treten. Norbert Müller weiter:

„Das Gute-Kita-Gesetz benennt mit den definierten Handlungsfeldern die Defizite in der frühkindlichen Bildung und Förderung. Das ist seine Stärke. Die bereitgestellten fünf Milliarden Euro reichen aber bei weitem nicht aus, um die Mängel systematisch zu beseitigen. Im Gegenteil: Die Förderung ist befristet, obwohl seit Jahren die Kosten für die Kinderbetreuung jährlich um zwei Milliarden Euro steigen. Die Beschäftigten in den Kitas, die Kinder und ihre Familien haben mehr verdient als dieses Blendwerk aus dem Hause Giffey. Daher fordert DIE LINKE ein Kita-Qualitäts-Gesetz und einen dauerhaften finanziellen Einstieg des Bundes in die jährlich steigenden Kitakosten. Nur mit einem echten Kita-Qualitätsgesetz können Ausbau, Qualitätssteigerung und Beitragsfreiheit unter einen Hut gebracht werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 22.11.2019

Zur Umsetzung des Gute-Kita-Gesetzes erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding:

„Mit dem sogenannten Gute-Kita-Gesetz verbrennt die Bundesregierung Milliarden. Denn das Gesetz sorgt nicht für mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung, sondern subventioniert die Beitragsfreiheit für alle. Die ohnehin knappen Mittel dürfen nicht zu so großen Teilen zur Entlastung von gutverdienenden Familien genutzt werden, die darauf nicht angewiesen sind. Denn so sind die Kinder mit besonderem Förderbedarf die Leidtragenden. Vielmehr sollten Investitionen beispielsweise zur Sicherstellung eines guten Fachkraft-Kind-Schlüssels genutzt werden. Das Gute-Kita-Gesetz von Bundesfamilienministerin Giffey wird dafür sorgen, dass der Einfluss des Elternhauses auf die Bildungschancen noch größer wird. Das ist schlichtweg verantwortungslos.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 22.11.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt deutliche Verbesserungen bei der Qualität in der Kindertagesbetreuung an. Die jetzt mit allen 16 Bundesländern abgeschlossenen „Gute-Kita-Verträge“ zeigen aus Sicht der Kinderrechtsorganisation, dass in einigen Bundesländern falsche Prioritäten bei der Ausgestaltung der Verträge gesetzt wurden. Zugleich hofft das Deutsche Kinderhilfswerk, dass sich der Bund dauerhaft an den Kosten der Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung beteiligen wird. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass die teils guten Maßnahmen in den Ländern langfristig und nachhaltig wirken. Zudem spricht sich das Deutsche Kinderhilfswerk dafür aus, zukünftig die Mitbestimmung von Kindern in Kindertageseinrichtungen stärker in den Fokus der Qualitätsentwicklung zu nehmen.

„Nicht in allen Bundesländern werden die finanziellen Mittel aus dem ‚Gute-Kita-Gesetz‘ zur dringend erforderlichen Qualitätssteigerung in der Kindertagesbetreuung führen. Zusätzliche Mittel für die Beitragsfreiheit verbessern zwar den Zugang zu Kindertageseinrichtungen, gleichzeitig fehlen diese Mittel aber für notwendige Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung wie der Aufstockung des Personalschlüssels. Aber natürlich war der Schritt der Bundesregierung, hier Geld in die Hand zu nehmen, richtig und wichtig. Dem finanziellen Engagement müssen jetzt konkret vor Ort weitere Schritte folgen. Hier sollten die Länder auch gesetzliche Vorgaben prüfen, insbesondere wenn es um die Mitbestimmung von Kindern in den Kitas geht. Denn damit könnten an vielen Stellen die Potentiale der Kinder noch besser gefördert und wichtige Akzente in der dringend notwendigen Weiterentwicklung der Demokratieförderung gesetzt werden. Wer die Vorteile von Beteiligung und Mitbestimmung früh kennen lernt, beteiligt sich mit höherer Wahrscheinlichkeit auch im späteren Lebensverlauf an demokratischen Prozessen. Frühe Beteiligung von Kindern durchbricht zudem den Kreislauf der Vererbung von Armut“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das Deutsche Kinderhilfswerk spricht sich dafür aus, dass die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention und damit auch die Beteiligung von Kindern in Kindertageseinrichtungen als eigenständige Qualitätsfaktoren für frühkindliche Tagesbetreuung stärker in den Mittelpunkt rücken. Grundsätzlich wäre es im Sinne einer effektiven Qualitätssteigerung in der frühkindlichen Bildung wünschenswert, die bereits von zahlreichen Verbänden lange geforderte Einführung verbindlicher, bundesweit einheitlicher und wissenschaftlich fundierter Mindeststandards in der Qualität der frühkindlichen Bildung und Erziehung gesetzlich abzusichern, um überall in Deutschland eine entsprechende Betreuungssituation zu gewährleisten.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 22.11.2019

Studie untersucht auf Basis des Mikrozensus, wie frühere Kita-Gebührenabschaffungen das Erwerbsverhalten beeinflusst haben – Kein Effekt auf Erwerbstätigenquote der Mütter, Wochenarbeitszeit steigt nur kurzfristig – Maßnahmen wie gezieltere steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten könnten effizienter sein

Die meisten Bundesländer wollen die im Rahmen des „Gute-KiTa-Gesetz“ verfügbaren Gelder des Bundes auch dafür nutzen, alle Eltern in größerem Umfang als bisher bei den Kita-Gebühren zu entlasten. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) deutet jedoch darauf hin, dass dies nicht viel bringen wird – jedenfalls dann nicht, wenn das Ziel lautet, mehr Müttern die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder eine höhere Wochenarbeitszeit zu ermöglichen. Unter anderem auf Basis von Daten des Mikrozensus haben die DIW-FamilienökonomInnen Mathias Huebener, Astrid Pape und C. Katharina Spieß anhand früherer Gebührenbefreiungen der Jahre 2006 bis 2011 untersucht, wie sich diese auf das Erwerbsverhalten der Eltern ausgewirkt haben. Das Kernergebnis: Wird das letzte Kita-Jahr des Kindes vor der Einschulung gebührenfrei, sind nicht mehr Mütter erwerbstätig als vor der Gebührenreform. Allerdings weiten die bereits erwerbstätigen Mütter kurzfristig ihre wöchentliche Arbeitszeit aus – um vier Prozent oder umgerechnet rund 0,8 Stunden.

„Wenn es darum geht, unter Kosten-Nutzen-Abwägungen ein geeignetes Instrument zu finden, um die Erwerbstätigkeit von Müttern zu fördern, sind Kita-Gebührenbefreiungen auch aufgrund der hohen Mitnahmeeffekte insgesamt als ineffizient zu bewerten“, sagt Mathias Huebener, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Bildung und Familie des DIW Berlin.

Denn hinzu kommt, dass von Gebührenbefreiungen längst nicht alle Haushalte gleichermaßen profitieren: Primär sind es höher gebildete Mütter, Mütter in städtischen Regionen, solche ohne Kinder unter drei Jahren und Alleinerziehende, die ihre Arbeitszeit am deutlichsten erhöht haben, wenn für das letzte Kita-Jahr vor der Einschulung keine Kita-Gebühren mehr anfielen. Zudem verschwinden die beobachteten Effekte mittelfristig wieder: Wenn das Kind zehn Jahre alt ist, also etwa zum Ende der Grundschulzeit, macht es für die Erwerbstätigkeit der Mutter keinen Unterschied mehr, ob sie von einem gebührenfreien Kita-Jahr ihrer Kinder profitiert hat oder nicht.

Kita-Nutzungsquote steigt durch Gebührenabschaffung nicht, aber der Betreuungsumfang

Den Berechnungen zufolge, die auf repräsentativen Daten zu fast 330 000 Müttern und gut 250 000 Vätern in Deutschland basieren, gehen durch ein gebührenfreies letztes Kita-Jahr nicht mehr Kinder in eine Kita. Das liegt jedoch auch daran, dass kurz vor der Einschulung ohnehin bereits fast alle Kinder in einer Kita betreut werden – im Jahr 2013 waren es rund 98 Prozent aller fünfjährigen Kinder. Allerdings stieg der wöchentliche Betreuungsumfang in den sechs betrachteten Bundesländern, die das letzte Kita-Jahr gebührenfrei gemacht haben, um rund 0,7 Stunden. Dieses Muster überträgt sich fast eins zu eins auf das Erwerbsverhalten der Mütter: Die Erwerbstätigenquote steigt nicht, aber die wöchentliche Arbeitszeit. Die Ergebnisse berücksichtigen dabei bereits andere Faktoren, die das Erwerbsverhalten der Eltern ebenfalls beeinflussen können. Dazu zählen der generelle Kita-Ausbau für Kinder unter drei Jahren oder der Ausbau ganztägiger Angebote für ältere Kinder.

Mit Blick auf das „Gute-KiTa-Gesetz“ lassen die Analysen darauf schließen, dass durch generelle Gebührenbefreiungen kaum oder gar keine weiteren Mütter eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Zu erwarten wäre, dass bereits erwerbstätige Mütter ihre Arbeitszeit leicht ausweiten. „Auch wenn die Bedeutung einer höheren Arbeitszeit der Mütter nicht zu unterschätzen ist, beispielsweise auch was spätere Rentenansprüche betrifft, ist das für eine solch kostspielige Maßnahme ein maues Ergebnis“, sagt C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin. Geeigneter wären nach Ansicht der AutorInnen etwa zielgenauere steuerliche Absetzungsmöglichkeiten von Kinderbetreuungskosten, die an eine Erwerbstätigkeit gebunden sind. Zusätzliche Mittel sollten in weitere Kita-Qualitätsverbesserungen investiert werden statt in Gebührenbefreiungen.

Studie im DIW Wochenbericht 48/2019

Infografik in hoher Auflösung

Interview mit Studienautor Mathias Huebener

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)vom 27.11.2019

SCHWERPUNKT IV: Internationaler Tag zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen

Am heutigen „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ hat Bundesfrauenministerin Dr.Franziska Giffey die neuen Zahlen der Kriminalstatistischen Auswertung zu Partnerschaftsgewalt 2018 des Bundeskriminalamtes vorgestellt. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Zahlen weiterhin hoch und sogar in einigen Bereichen noch leicht gestiegen.

81,3 Prozent der Betroffenen sind Frauen

2018 wurden laut der BKA-Statistik insgesamt 140.755 Personen (Vorjahr: 138.893) Opfer versuchter und vollendeter Gewalt (Mord und Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexuelle Übergriffe, Bedrohung, Stalking, Nötigung, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution) – 81,3% davon sind Frauen, 18,7% Männer. Somit waren insgesamt 114.393 (2017: 113.965) Frauen und 26.362 Männer (2017: 24.928) von Partnerschaftsgewalt betroffen.

Bei Vergewaltigung, sexuellen Übergriffen und sexueller Nötigung in Partnerschaften sind die Opfer zu 98,4% weiblich, bei Bedrohung, Stalking, Nötigung in der Partnerschaft sind es 88,5%. Bei vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung sind es 79,9%, bei Mord und Totschlag in Paarbeziehungen sind 77% der Opfer Frauen.

Die Statistik beinhaltet noch weitere alarmierende Zahlen: 122 Frauen wurden 2018 durch Partnerschaftsgewalt getötet (durch Mord, Totschlag und Körperverletzung mit Todesfolge; 2017: 147). Das bedeutet: an jedem dritten Tag. Mehr als ein Mal pro Stunde wird statistisch gesehen eine Frau durch ihren Partner gefährlich körperlich verletzt.

Dunkelziffer: Jede 3. Frau einmal im Leben von Gewalt betroffen

Die aufgeführten Zahlen bilden nur jene Straftaten ab, die überhaupt zur Anzeige gebracht wurden. Die Dunkelziffer ist weitaus höher: Nach sogenannten Dunkelfeldstudien ist jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben von Gewalt betroffen (also nicht nur von Partnerschaftsgewalt). Statistisch gesehen sind das mehr als 12 Millionen Frauen.

Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey:

„Gewalt gegen Frauen geht uns alle an, sie kommt in allen sozialen Schichten und Altersgruppen vor. Die neuen Zahlen des BKA sind nach wie vor schockierend. Sie zeigen, dass wir alle in unserem direkten Umfeld Frauen kennen, die betroffen sind: Es kann die Freundin sein, die Kollegin, die Nachbarin oder die eigene Schwester. Wir alle können etwas dagegen unternehmen. Als Frauenministerin arbeite ich mit aller Kraft daran, dass Betroffene die Hilfe bekommen, die sie benötigen, um sich von Gewalt zu befreien. Und deshalb starten wir heute auch die bundesweite Initiative „Stärker als Gewalt“. Ziel der Initiative ist es, von Gewalt betroffene Frauen und Männer zu ermutigen, sich Unterstützung zu holen und die Hilfsangebote besser bekannt machen. Gemeinsam mit zahlreichen Partnerinnen und Partnern der Initiative wollen wir zugleich darüber informieren, was jede und jeder einzelne tun kann, um Gewalt zu verhindern oder beenden. Denn gemeinsam sind wir stärker als Gewalt.“

Start der Initiative „Stärker als Gewalt“

Bei der Pressekonferenz hat Bundesfamilienministerin Giffey die bundesweite Initiative „Stärker als Gewalt“ gestartet, in der sich bislang 13 Organisationen zusammengeschlossen haben, die im Bereich Hilfe und Unterstützung aktiv sind. Die Initiative wendet sich ausdrücklich an betroffene Frauen und Männer, aber auch an ihr Umfeld. Die neue Internetseite der Initiative bündelt eine Vielzahl an Hilfs- und Beratungsangeboten: www.stärker-als-gewalt.de. Wie können wir Frauen helfen, die Gewalt erleben? Wo bekommen wir Unterstützung? Darauf gibt die Website Antworten.

Die wichtigen Partnerorganisationen der Initiative sind: Das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen, die Frauenhauskoordinierung e.V., der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe e.V., die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser, Weibernetz e.V., das Bundesforum Männer e.V., die Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen, der Sozialdienst Katholischer Männer e.V., die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V., der Dachverband der Migrantinnenorganisationen, die Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V. und die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen.

Die Initiative ist eingebettet in ein Gesamtprogramm der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegenüber Frauen und ihren Kindern im Rahmen der Umsetzung der Istanbul-Konvention und des Koalitionsvertrags. Seit 2018 arbeitet der von Ministerin Giffey eingerichtete Runde Tisch von Bund, Ländern und Gemeinden, mit dem das Hilfenetz deutlich verstärkt und verbessert werden soll. Mit dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ will das Bundesfrauenministerium in den nächsten vier Jahren ab 2020 insgesamt 120 Millionen Euro zusätzlich für den Ausbau von Beratungsstellen und Frauenhäusern bereitstellen.

Hilfetelefon berät rund um die Uhr in 17 Sprachen

Hilfe und Rat gibt es auch beim bundesweiten Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“. Unter der Nummer 08000 116 016 bekommen Betroffene und ihr Umfeld Unterstützung und Informationen, zum Beispiel über Beratungsstellen in ihrer Nähe.

Die Leiterin des Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“, Petra Söchting, hat auf der Pressekonferenz aus der Praxis berichtet. Sie betont:

„Gewalt gegen Frauen ist und bleibt ein Thema, bei dem wir alle hinschauen und aktiv werden müssen. Wir müssen uns einmischen, wenn uns Klischees und Vorurteile begegnen, die Gewalt verharmlosen oder rechtfertigen. Und wir müssen uns dafür einsetzen, dass Betroffene Hilfe und Unterstützung bekommen. Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ bietet rund um die Uhr anonym, kostenlos und in 17 Fremdsprachen eine Erstberatung für von Gewalt betroffene Frauen an. Wir unterstützen, bestärken und ermutigen sie, die nächsten Schritte zu gehen und sich aus Gewaltsituationen zu lösen. Auch Menschen aus dem persönlichen Umfeld der Frauen sowie Fachkräfte können sich an das Hilfetelefon wenden. Die 08000 116 016 sollte daher jede und jeder kennen.“

Weitere BKA-Zahlen im Einzelnen:

2018 wurden in Deutschland Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt (versuchte und vollendete Delikte)von vorsätzlicher einfacher Körperverletzung: 68.482von Bedrohung, Stalking, Nötigung: 28.657von gefährlicher Körperverletzung: 12.093von sexuellen Übergriffen, sexueller Nötigung, Vergewaltigung: 3.086von Freiheitsberaubung: 1.612von Mord und Totschlag: 324 insgesamt starben 122 Frauen

Von den insgesamt 117.473 erfassten Tatverdächtigen waren 78.759 (67,0%) deutsche Staatsangehörige. Nach Deutschen wurden als Tatverdächtige am häufigsten türkische Staatsangehörige (6.694 Personen; 5,7% aller Tatverdächtigen) erfasst, gefolgt von polnischen (3.042; 2,6%), syrischen (2.759; 2,3%) und rumänischen (1.909; 1,6%) Staatsangehörigen.

Von den insgesamt 140.755 erfassten Opfern waren 99.304 (70,6%) deutsche Staatsangehörige. Nach Deutschen wurden als Opfer am häufigsten türkische Staatsangehörige (5.580 Personen; 4,0%) erfasst, gefolgt von polnischen (4.492; 3,2%) Staatsangehörigen.

Die gesamte Auswertung finden Sie hier: https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/Partnerschaftsgewalt/partnerschaftsgewalt_node.html

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 25.11.2019

Gewalt gegen Frauen ist jeden Tag in Deutschland traurige Wahrheit. Wir müssen bei der Wurzel ansetzen und dafür sorgen, dass Frauen und ihre Kinder wirksam vor Gewalt geschützt werden – und das nicht erst, wenn es schon zu spät ist. Deshalb haben wir der Prävention und Bekämpfung von häuslicher Gewalt oberste Priorität im Koalitionsvertrag eingeräumt. Mit dem Runden Tisch „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“, einem Bundesförderprogramm sowie der neu einzurichtenden Koordinierungs- und Monitoringstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention lösen wir diese Zusage ein.

„Am 12. Oktober 2017 hat die Bundesregierung die Istanbul-Konvention ratifiziert. Sie verpflichtet Deutschland, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen bzw. sie zu verhindern. Um den Umsetzungsprozess auf einer stichhaltigen Grundlage zu begleiten, sieht die Istanbul-Konvention in Artikel 10 die Einrichtung einer zentralen Koordinierungs- und unabhängigen Monitoringstelle vor. Für beides haben wir in den Haushaltsverhandlungen 800.000 Euro durchgesetzt. Dass diese beiden Stellen institutionell voneinander getrennt sind, ist folgerichtig: Der Staat ist verantwortlich für die Koordinierung von Maßnahmen, damit sie effektiv sind. Objektiv bewerten kann die Maßnahmen aber nur eine unabhängige Stelle.

Daneben ist es uns mit dem Runden Tisch ‚Gemeinsam gegen Gewalt gegen Frauen‘ gelungen, den Bund, alle 16 Bundesländer und Verbände zusammenzubringen, um die bestehenden Probleme gemeinsam anzugehen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich dafür eingesetzt, dass die Zivilgesellschaft in den Beratungsprozess des Runden Tisches eingebunden wird. Die zivilgesellschaftlichen Akteure wissen, woran es in den Hilfestrukturen mangelt und wo Versorgungslücken bestehen. Denn sie arbeiten tagtäglich gemeinsam mit den Frauen daran, den Weg aus der Gewaltspirale zu finden. Der Runde Tisch ist das erste Gremium seiner Art. Bis 2020 wird der Runde Tisch Vorschläge entwickeln, wie Gewalt an Frauen wirksam eingedämmt werden und wie Frauen und ihren Kindern ein gesicherter Zugang zu Schutz und Hilfe gewährt werden kann.

Wer Gewalt an Frauen angehen will, muss dafür Geld in die Hand nehmen. Darum werden wir mit dem Bundesprogramm ‚Gemeinsam gegen Gewalt gegen Frauen‘ ab 2020 jedes Jahr 30 Millionen Euro zum Ausbau und zur Sanierung von Frauenhäusern bereitstellen. So bauen wir Frauenhäuser und Fachberatungsstellen barrierefrei aus und schaffen neue räumliche Kapazitäten. Weitere fünf Millionen Euro fließen direkt in Projekte, die sich das Ziel setzen, neue Ansätze zu erproben, um den Weg ins Hilfesystem zu erleichtern, bestehende Hilfsangebote zu verbessern beziehungsweise Gewalt von vornherein zu verhindern.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 24.11.2019

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Jede Frau, die von häuslicher oder partnerschaftlicher Gewalt betroffen ist, muss in einer akuten Situation Hilfe und Zugang zu einer Schutzeinrichtung im Bundesgebiet erhalten. Und das unabhängig von Einkommen, Wohnort oder Aufenthaltsstatus. Bis heute ist es den Bundesländern nicht gelungen, ausreichend Frauenhausplätze und bundesweit gleichwertige Standards zu etablieren.

Seit Jahren ist die Konsequenz, dass Frauenhäuser gravierend unterfinanziert sind und viele Frauen abgewiesen werden müssen. Dieser Zustand ist nicht länger tragbar. Der Bund steht in der Verantwortung, gemeinsam mit den Bundesländern und den Kommunen Schutz vor Gewalt für Betroffene zu gewährleisten.

Wir Grünen im Bundestag fordern daher, ausnahmslos jeder von Gewalt betroffenen Frau einen Rechtsanspruch auf Geldleistung für den Zweck des Aufenthalts in einem Frauenhaus oder einer vergleichbaren Schutzeinrichtung einzuräumen. Durch diese Verbindlichkeit des Bundes könnten Frauenhäuser und ähnliche Einrichtungen deutlich besser abgesichert werden. Länder und Kommunen bleiben in der hohen Verantwortung, den Schutz für Frauen, die Finanzierung der Häuser und der Frauenhausmitarbeiterinnen ebenso zu verbessern wie die Absicherung der Frauenberatungsstellen und -notrufe. Sie würden durch die Beteiligung des Bundes finanziell entlastet, wobei unabdingbar bleibt, dass sie den Ausbau der Kapazitäten in Frauenhäusern massiv vorantreiben.

Gewalt gegen Frauen ist ein gesellschaftliches Problem, kein individuelles. Hilfe und Schutz bei Gewaltbetroffenheit ist eine staatliche Verpflichtung. Ein Rechtsanspruch ist ein klares Signal, Frauen in ihrem Recht auf Schutz und Hilfe zu stärken. Mit Inkrafttreten des „Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt“ (Istanbul-Konvention) ist Deutschland völkerrechtlich gebunden, diese umzusetzen. Bundes- und Landesregierungen und -behörden müssen zur Umsetzung der Konvention die erforderliche Infrastruktur sicherstellen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 25.11.2019

„Mit dem zunehmenden Rechtsruck in unserer Gesellschaft erleben wir leider auch eine Zunahme von Hass gegenüber Frauen“, erklärt Cornelia Möhring, stellvertretende Vorsitzende und frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am Montag. Möhring weiter:

„Die Zunahme von Hass gegenüber Frauen zeigt sich seit einigen Jahren auch im Internet und in den sozialen Medien. Dort erleben Frauen, insbesondere Feministinnen, queere und lesbische Frauen oder Frauen mit vermutetem Migrationshintergrund, zunehmend verbale Gewalt und Hass wie Beschimpfungen, Drohungen und Cyber-Stalking. Die geschilderten Erlebnisse sind erschreckend, doch leider fehlen uns immer noch offizielle Zahlen über die Ausmaße von digitaler Gewalt.

Die Bundesregierung muss dringend handeln und Studien und Zahlen zum gesamten Ausmaß von Gewalt an Frauen erheben. Es reicht nicht, einmal im Jahr die polizeibekannten Zahlen zu häuslicher Gewalt zu präsentieren. Das Problem ist viel größer: Die meisten Vorfälle von häuslicher und sexualisierter Gewalt werden nicht angezeigt und sind in den Zahlen nicht enthalten. Zudem findet häusliche Gewalt zunehmend auch im Internet beziehungsweise den sozialen Medien statt. Auch hierfür gibt es keine Zahlen. Es fehlt an einem Gesamtüberblick, der alle Formen von Gewalt an Frauen berücksichtigt und regelmäßig erstellt wird.

Dringend geboten ist daher die vollständige Umsetzung der Istanbul-Konvention, eine Menschenrechtskonvention gegen Gewalt an Frauen und Mädchen, wie in unserem Antrag gefordert. Wir brauchen staatliche Koordinierungsstellen, ein unabhängiges Monitoring, regelmäßige Datenerhebung und den umfassenden Ausbau sowie die bedarfsgerechte Finanzierung des Hilfesystems. Alle Frauen, die Gewalt erleben, müssen Schutz und Hilfe erhalten. Daher fordern wir auch die Rücknahme des Vorbehalts von Artikel 59 der Istanbul-Konvention, damit Migrantinnen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erhalten können.“

Antrag der Fraktion DIE LINKE „Gewalt an Frauen und Mädchen systematisch bekämpfen – Grundlagen zur erfolgreichen Umsetzung der Istanbul-Konvention schaffen“: dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/143/1914380.pdf

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 22.11.2019

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25.11. fordert die AWO, die Istanbul-Konvention in Deutschland endlich vorbehaltlos umzusetzen. Fachorganisationen und Verbände müssen mit ihrer Expertise dabei durch Bund und Länder aktiv beteiligt werden. Das Hilfesystem für den Gewaltschutz für Frauen muss ausgebaut, gestärkt und abgesichert werden.

„Deutschland hat das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt 2017 ratifiziert. Bundesweit mangelt es jedoch sowohl an einer ausreichenden Zahl von Plätzen in Frauenhäusern als auch an notwendigen Fachberatungsstellen. Zudem fehlen Angebote für Frauen mit speziellen Hilfebedarfen aufgrund chronischer Erkrankung, Suchterkrankung, Behinderung oder besonderen Pflegebedarfen. Grundsätzlich müssen Beratungs- und Schutzangebote für alle von Gewalt betroffene Frauen zugänglich sein. Hilfe und Schutz dürfen nicht von Status und Herkunft abhängig gemacht werden. Entsprechend muss die Bundesregierung den Vorbehalt zu Artikel 59 der Istanbul Konvention zurücknehmen. Dieser verhindert Gewaltschutz für geflüchtete Frauen und Frauen ohne eigenständigen Aufenthaltstitel“, erklärt dazu Wolfgang Stadler, Bundesvorstandsvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt.

Häusliche Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem: Allein in Frauenhäusern der AWO haben 2018 mehr als 1.500 Frauen und mehr als 1.600 Kinder Schutz und Hilfe erhalten. Eine aktuelle Abfrage der Frauenhauskoordinierung e. V. bei ihren Mitgliedern hat ergeben, dass im vergangenen Jahr bundesweit mehr als 7.500 Frauen und weit über 10.600 Kinder, die direkte Mitbetroffene Häuslicher Gewalt sind, in Frauenhäusern Schutz und Hilfe erhalten haben. Das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen ist bei diesen erschreckenden Zahlen sogar um ein Vielfaches höher. Mindestens jede dritte Frau hierzulande erlebt ab dem 16. Lebensjahr im Laufe ihres Lebens körperliche Gewalt und Übergriffe, fast jede siebte Frau Formen von sexualisierter Gewalt. Meistens findet die Gewalt im sozialen Nahraum statt, also durch Partner*innen oder Familienangehörige, aber auch durch andere Bezugspersonen wie z.B. Arbeitskolleg*innen, Betreuer*innen oder Pflegepersonal.

Die AWO macht Gewalt gegen Frauen sichtbar und setzt sich entschieden für den Ausbau und die Absicherung des Gewaltschutzes für alle Frauen ein. Mit Beratungs- und Kriseninterventionsstellen sowie Schutzeinrichtungen unterstützt die AWO von Gewalt betroffenen Frauen auf dem Weg zu einem selbstbestimmten und gewaltfreien Leben.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 22.11.2019

„Jeden dritten Tag tötet in Deutschland ein Mann seine Frau oder Ex-Partnerin. Die Zahl der Mordversuche ist dreifach so hoch. Frauenmord ist die extreme Form des Frauenhasses, der sich in vielen Abstufungen Bahn bricht: 40 Prozent aller Frauen und Mädchen über 16 Jahren erfahren körperliche und/oder sexualisierte Gewalt im Lauf ihres Lebens, 42 Prozent erleben psychische Gewalt. Die geschlechtsspezifische Gewalt im digitalen Bereich steigt sprunghaft an.

Am heutigen Internationalen Tag zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen weist der Deutsche Frauenrat auf den wachsenden Frauenhass in der realen und virtuellen Welt hin. Dazu sagt Dr. Anja Nordmann, Geschäftsführerin des Deutschen Frauenrats: „Frauenhass ist kein ‚Kollateralschaden‘ einer noch nicht ganz umgesetzten Gleichstellung und schon gar kein ‚privates‘ Problem. Er ist das patriarchale Fundament unserer Gesellschaft. Er ist der Nährboden für die autoritäre, antidemokratische Selbstermächtigung von Männern, die wir aktuell weltweit erleben. Er ist eine Gefahr für unser aller Frieden und für unsere Sicherheit. Der Staat ist in der Pflicht, uns vor dieser Gefahr zu schützen.“

Der Deutsche Frauenrat fordert u. a. einen Nationalen Aktionsplan, der in systematischer Abstimmung, die Anforderungen der Istanbul-Konvention umsetzt. Dieses Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt wurde 2011 als völkerrechtlicher Vertrag ausgearbeitet. Es schafft verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt. In Deutschland trat diese Konvention am 1. Februar 2018 in Kraft. Sie muss zur Grundlage nicht nur für die juristische Praxis zum Sexualstrafrecht werden, sondern für das gesamte politische Handeln. Dazu gehört aus Sicht des DF z. B. ein Arbeitsgremium der Bundesregierung mit Expert*innen aus Beratungsstellen und Zivilgesellschaft zur Entwicklung von wirksamen Maßnahmen gegen digitale Gewalt sowie eine Koordinierungsstelle für Maßnahmen und Projekte. Dazu gehört die Aufnahme der Kategorie „Geschlecht“ in die Polizeikriminalstatistik zu „Hasskriminalität“ für politisch motivierte Straftaten. Denn ähnlich wie bei rassistisch motivierten Straftaten, werden verlässliche Daten über Straftaten gegen Frauen aufgrund ihres Geschlechts benötigt. Mit der Lücke in der Kriminalstatistik geht auch der Forschungsstand einher. Verlässliche und aktuelle Forschung zum Thema Frauenhass ist nötig, um deren Ursachen zu verstehen und zu bekämpfen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenrat e.V.(DF) vom 25.11.2019

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen am 25.11.2019 haben Fachverbände und Beratungsstellen heute ein Positionspapier zur beginnenden Diskussion über ein so genanntes Sexkaufverbot vorgestellt. Sie zeigen darin anhand internationaler Studien: Jede Form der Kriminalisierung der Prostitution schadet den Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind. Die Organisationen reagieren mit dieser Expertise auf die Absicht einiger Bundestagsabgeordneter aus verschiedenen Parteien, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen unter Strafe zu stellen. Ein entsprechender Antrag wird auch auf dem kommenden SPD-Bundesparteitag erwartet.

Prostituierten drohen neue Gefahren

Die Behauptung, Prostituierte könnten so vor Zwang und Menschenhandel geschützt werden, weisen die Fachleute zurück. Ganz im Gegenteil: Gerade Prostituierte in prekären und gefährlichen Lagen würden besonders geschädigt, weil sie weiter marginalisiert und sichere Arbeitsbedingungen verhindert würden. Der Zugang zu Hilfe und Beratung würde enorm erschwert.

Wissenschaftliche Evidenz

Die Studien sind eindeutig: Eine Kriminalisierung erhöht das Risiko der Betroffenen, Opfer von Gewalt und anderen Straftaten zu werden oder sich sexuell übertragbare Infektionen wie HIV zuzuziehen. Wer wirklich etwas für Menschen in der Sexarbeit tun will, muss ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessern.

Das gilt ganz besonders für Frauen mit aufenthaltsrechtlichen Problemen und ohne Krankenversicherung.

Sichere Arbeitsbedingungen erhalten

Das Sexkaufverbot hingegen würde außerdem auch Verbote des Betriebs von Bordellen und Zimmervermietungen nach sich ziehen – und damit den Aufbau sicherer Arbeitsbedingungen illegalisieren.

Stimmen aus der Fachwelt

Dazu sagt Johanna Thie, Fachreferentin "Hilfen für Frauen" der Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V.: "Die aufflammende Diskussion erfüllt uns mit tiefer Sorge. Sie geht in die völlig falsche Richtung und verkennt die Realität in Prävention und Sozialarbeit.

Gerade bereits marginalisierte Gruppen wie Migrantinnen, Trans* oder Drogen konsumierende Menschen würden geschädigt. Was die Menschen in der Prostitution schützen soll, könnte ihnen am Ende zum Verhängnis werden."

Claudia Zimmermann-Schwartz, Vizepräsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V., erläutert: "Ein Sexkaufverbot würde auch die Rechte derjenigen berühren, die diese Tätigkeit ausüben. Laut Bundesverfassungsgericht fällt Prostitution unter die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit. Der Anspruch, Menschen schützen zu wollen, rechtfertig nicht die Verletzung von Grundrechten. Dies gilt umso mehr, als ein Sexkaufverbot nicht geeignet ist, Menschenhandel zu verhindern."

Susanne Kahl-Passoth, Stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, erklärt: "Prostitution und Menschenhandel oder Zwangsprostitution müssen getrennt betrachtet werden. Es gibt Frauen, die selbstbestimmt mit Prostitution ihr Einkommen verdienen. Menschenhandel hingegen ist eine Verletzung der Menschenrechte. Heute können Polizei und Sozialarbeit in gewerblichen Räumen zeigen, dass sie ansprechbar sind. Mit einem Sexkaufverbot würde Prostitution in nicht kontrollierbare Räume verlagert, wo die betroffenen Frauen noch weniger als heute erreicht werden könnten."

Sven Warminsky, Vorstand der Deutschen Aidshilfe, berichtet: "Alle Erfahrungen in der HIV-Prävention zeigen: Grundlage, um Menschen zu erreichen, sind Akzeptanz und Respekt. Wer Menschen ins Verborgene drängt, sorgt dafür, dass sie keine sicheren Arbeitsbedingungen aufbauen können und dass sie für Prävention und Hilfsangebote nicht mehr erreichbar sind. Die Vorstellung, das älteste Gewerbe der Welt durch Verbote beenden zu können, ist dabei gleichermaßen naiv wie bevormundend."

Andrea Hitzke, Leiterin der Dortmunder Mitternachtsmission e.V. – Beratungsstelle für Prostituierte, Ehemalige und Opfer von Menschenhandel:

"Eine repressive Gesetzgebung würde das Vertrauensverhältnis der Prostituierten zu den Anlaufstellen zerstören und so den Zugang zum Hilfesystem drastisch erschweren. Statt einer Zerschlagung brauchen wir den Ausbau des etablierten Hilfesystems. Ziel der sozialen Arbeit muss stets sein, Selbstbestimmung und Selbstbehauptung zu stärken."

Claudia Rabe, Koordinatorin von contra – Fachstelle gegen Frauenhandel in Schleswig-Holstein im Frauenwerk der Nordkirche betont: "Zweifelsohne müssen Betroffene von Menschenhandel, Ausbeutung und Gewalt besser geschützt werden.

Nötig sind zum Beispiel umfassende Schutzrechte unabhängig von Aufenthaltsfragen, ein Zeugnisverweigerungsrecht für Beratende und flächendeckende Verfügbarkeit von Fachberatungsstellen."

Differenzierte Angebote absichern

Das Positionspapier nennt viele weitere sinnvolle Ansatzpunkte und macht deutlich: Prostitution mit Gewalt gleichzusetzen, verhindert letztlich wirksame Maßnahmen.

Die Lebenssituation und die Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter*innen in Deutschland sind sehr vielfältig. Allen gemein ist eines: So lange sie ihrer Tätigkeit nachgehen, brauchen sie gesetzliche Rahmenbedingungen, um dies möglichst sicher tun zu können. Sie brauchen Zugang zu medizinischer Versorgung und differenzierten Präventions-, Beratungs- und Hilfsangeboten, die in der individuellen Situation passende Hilfe anbieten, die natürlich auch Unterstützung zum Ausstieg beinhalten kann.

Link zum POSITIONSPAPIER: https://www.djb.de/static/common/download.php/save/2751/pm19-40_ggSexkaufverbot_Positionspapier.pdf

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 14.11.2019

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundesfamilienministerin Giffey: Wir werden unser Land damit spürbar stärker und lebenswerter machen

Der Deutsche Bundestag hat heute den Haushalt für 2020 beschlossen: Rekord- Niveau erreicht der Einzeletat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Rund 12,055 Milliarden Euro und damit so viel wie noch nie stehen dem BMFSFJ für die wichtigen gesellschaftspolitischen Themen zur Verfügung: das sind rund 251 Millionen mehr als im Regierungsentwurf vorgesehen waren. Die insgesamt 12 Milliarden Euro bedeuten im Vergleich mit dem aktuellen Etat einen Anstieg um mehr als 1,6 Milliarden und damit ein Plus von 15 Prozent.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey dankte dem Bundestag und betonte: „Diese 12 Milliarden Euro sind sehr gut angelegt. Wir investieren das Geld vor allem in die Menschen, in die Familien und in den sozialen Zusammenhalt. Für starke Familien und Menschen, die sich einbringen, und für ein friedliches Miteinander. Wir wollen unser Land damit spürbar stärker und lebenswerter machen – aber auch moderner: Wir werden im nächsten Jahr zentrale Familienleistungen digitalisieren und es Familien einfacher machen, Kindergeld, Kinderzuschlag und Elterngeld zu beantragen. Unser Ziel: ein Antrag, digital, von zu Hause oder mobil verschickt. Die zusätzlichen Gelder kommen so zum Beispiel unserem Innovationsbüro ‚Digitales Leben‘ zu Gute. Ein ganz erheblicher Teil des Etats, nämlich 9 Milliarden Euro, kommt direkt in den Portemonnaies der Familien in Deutschland an. Größter Einzelposten ist auch in diesem Jahr wieder das Elterngeld.“

Elterngeld

Der Ansatz für die bekannteste und beliebteste Familienleistung steigt gegenüber 2019 um 395 Millionen Euro auf insgesamt 7,255 Milliarden Euro.

Kinderzuschlag

Im Rahmen des Starke-Familien-Gesetzes wird der Zuschlag zum Kindergeld weiter reformiert. Nach der Erhöhung des Maximalbetrages von 170 auf 185 Euro steht die weitere Ausweitung der Anspruchsberechtigten an. Der Mittelansatz steigt um 294 Millionen Euro auf 869 Millionen Euro.

Gute-KiTa-Gesetz

Nachdem die Verträge mit allen 16 Bundesländern unterzeichnet sind, wird der Bund den Ländern bis 2022 über den Finanzausgleich für das Gute-KiTa-Gesetz insgesamt 5,5 Milliarden Euro für mehr Qualität in den Kitas und die Entlastung der Eltern bei den Gebühren zur Verfügung stellen. Im nächsten Jahr sind dafür 1 Milliarde Euro eingeplant. Flankiert wird das Gute-KiTa-Gesetz durch die Fachkräfteoffensive, für die 2020 insgesamt 60 Millionen Euro eingestellt sind.

Unterhaltsvorschuss

Aufgrund der deutlich gestiegenen Mittelabrufe im Zuge der UVG-Reform werden die Gelder für 2020 um 148 Millionen auf 943 Millionen Euro aufgestockt.

Bundesfreiwilligendienst

Die Mittel für den Bundesfreiwilligendienst werden um 40 Millionen Euro aufgestockt. Mit insgesamt rund 207 Millionen Euro ist gesichert, dass auch 2020 so vielen Interessenten wie bisher ein Platz angeboten werden kann.

Freiwilligendienste

Auch die Jugendfreiwilligendienste FSJ, FÖJ und IJFD werden im nächsten Jahr kräftig unterstützt. Sie erhalten 10 Millionen Euro mehr als ursprünglich im Haushaltsentwurf vorgesehen. Für 2020 stehen damit insgesamt mehr als 120 Millionen Euro zur Verfügung.

Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie

Für das Bundesprogramm „Demokratie leben!" als wichtigstem Instrument zur Demokratieförderung und Extremismusprävention werden auch im nächsten Jahr wieder 115,5 Millionen Euro bereitgestellt. Mit dem Bundesfinanzminister ist beschlossen, diesen Ansatz bis 2023 in der Finanzplanung des Bundes zu verstetigen.

Patenschaftsprogramm „Menschen stärken Menschen“

Weiterhin unterstützt wird auch das bürgerschaftliche Engagement im Rahmen des Programms „Menschen stärken Menschen“ – mit 18 Millionen Euro bleiben die Mittel auf gleichem Niveau.

Stärkung von Frauen

Die Mittel für das Aktionsprogramm gegen Gewalt an Frauen werden 2020 um rund 29 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro aufgestockt. Der Großteil des Geldes wird im Rahmen eines Bundesinvestitionsprogramms, das im Januar startet, in den Aus-, Um- und Neubau von Frauenhäusern und Beratungsstellen gesteckt. Zusätzlich wird die Entwicklung innovativer Praxismodelle gefördert.

Kinder- und Jugendplan

Mit rund 218 Millionen Euro werden zahlreiche Maßnahmen der Kinder- und Jugendpolitik finanziert. Zu Gute kommt das Geld unter anderem denJugendmigrationsdiensten und der Präventionsarbeit an Schulen gegen Diskriminierung, Mobbing, Gewalt, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus.

Mehrgenerationenhäuser

2020 werden die Mittel für die Mehrgenerationenhäuser auf knapp 23 Millionen Euro erhöht. Damit sollen alle bundesweit 540 MGH zusätzlich mit je 10.000 Euro gefördert werden.

Ungewollte Kinderlosigkeit

Mittelanstieg auch bei der Förderung der Kinderwunschbehandlung bei ungewollter Kinderlosigkeit: Hierfür stehen im nächsten Jahr 13,4 Millionen Euro bereit.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 29.11.2019

Bundesfrauenministerin würdigt 40 Jahre Frauenrechtskonvention als internationalen Meilenstein der Gleichberechtigung

„Mit Recht zur Gleichstellung“ – unter diesem Motto lädt das Bundesfrauenministerium heute zu einer großen Fachkonferenz und Dialogveranstaltung ein. Erwartet werden dazu am Nachmittag in der Niedersächsischen Landesvertretung bis zu 250 Gäste aus Politik, Zivilgesellschaft, Verwaltung und Wissenschaft. Anlass sind zwei Jubiläen: 40 Jahre Frauenrechtskonvention (CEDAW) und 25 Jahre Vierte Weltfrauenkonferenz von Peking mit der Verabschiedung der Aktionsplattform und den darin formulierten strategischen Zielen und Maßnahmen.

Trotz dieser beiden gleichstellungspolitischen Meilensteine ist noch nirgendwo auf der Welt echte Gleichstellung zwischen Männern und Frauen erreicht. Das Weltwirtschaftsforum, das jährlich die geschlechtsspezifische Lücke hinsichtlich politischer Teilhabe, Gleichstellung am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft sowie bei Bildung und Gesundheit errechnet, taxiert den globalen „Gender Gap“ bei 32 Prozent. Demnach würde es bei gleichem Reformtempo noch weitere 108 Jahre bis zur vollen Gleichstellung dauern. Auch hierzulande muss sich gleichstellungspolitisch noch einiges bewegen. Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey betont:

„Wir sind vorangekommen in den letzten 40 Jahren, aber am Ziel sind wir noch lange nicht. Denn noch immer müssen Frauen jeden Tag gegen Hindernisse ankämpfen. Es heißt immer: Wer für die Gleichstellung von Frauen und Männern eintritt, braucht einen langen Atem. Ich bin da ungeduldig und will sehen, dass sich schnell was verändert. Solange Frauen in Deutschland viel schlechter bezahlt werden als Männer, solange sie nicht ansatzweise die gleiche Repräsentanz in Führungspositionen haben, solange Frauen über 80 Prozent der Opfer von häuslicher Gewalt sind und solange sie nicht in gleicher Weise Familie und Beruf vereinbaren können – solange dürfen wir nicht nachgeben und müssen Druck machen. Abkommen wie die Frauenrechtskonvention bekannter zu machen, ist dabei enorm wichtig. Denn nur wer seine Rechte kennt, kann sie auch einfordern.“

Die heutige Veranstaltung „Mit Recht zur Gleichstellung“ ist der Auftakt in ein großes Gleichstellungsjahr: Im März 2020 steht die Frauenrechtskommission der Vereinten Nationen in New York an, die ganz im Zeichen von Peking+25 stehen wird. Im Juli 2020 findet in Paris die wahrscheinlich seit 1995 größte Weltfrauenkonferenz mit bis zu 6.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt. Ziel ist es, eine neue internationale gleichstellungspolitische Roadmap zu beschließen. Die Bundesregierung wird sich an der Seite von UN Women und Gastgeber Frankreich als engem Partner in der europäischen und internationalen Gleichstellungspolitik aktiv in diese internationalen Prozesse einbringen.

Das BMFSFJ unterstützt die Gleichstellung von Frauen und Männern auf vielen Ebenen und mit unterschiedlichsten Maßnahmen – einige Beispiele: Führungspositionen-Gesetz EntgelttransparenzgesetzBundesförderprogramm gegen Gewalt an Frauen (120 Millionen € Investitionsprogramm zur Bauförderung über 4 Jahre bis 2023 plus Innovations- bzw. Aktionsprogramm)Gute-KiTa-GesetzStarke-Familien-GesetzBundesinitiative Klischeefrei zur Förderung einer klischeefreien Berufs- und StudienwahlGesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt Förderung der Kinderwunschbehandlung bei ungewollter Kinderlosigkeit

Die Frauenrechtskonvention (CEDAW) als weltweit erster Völkerrechtsvertrag speziell zu den Menschenrechten von Frauen wurde am 18. Dezember 1979 von den Vereinten Nationen verabschiedet. Inzwischen haben 189 Staaten das Abkommen ratifiziert, Deutschland als eines der ersten Länder bereits 1985. Die Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten, jede Form der Diskriminierung von Frauen zu beseitigen und Benachteiligungen von Frauen auf allen Ebenen abzubauen. 1995 folgte im Rahmen der vierten Weltfrauenkonferenz die Pekinger Erklärung und Aktionsplattform – es ist der bis heute umfassendste Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 27.11.2019

Mit 412,6 Millionen Euro bis zum Jahr 2022 unterstützt der Bund das Land Hessen darin, die Qualität der Kindertagesbetreuung zu sichern und weiterzuentwickeln. In der Hessischen Staatskanzlei haben heute Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey und der Hessische Minister für Soziales und Integration, Kai Klose, den Bund-Länder-Vertrag zur Umsetzung des Gute-KiTa-Gesetzes für das Land Hessen unterzeichnet. Es ist der 16. Vertrag zwischen dem Bund und einem Bundesland zur Umsetzung des Gute-KiTa-Gesetzes. Damit sind die Verträge zwischen dem Bund und allen Bundesländern geschlossen und der Überweisung der Mittel aus dem Gute-KiTa-Gesetz an die Länder steht nichts mehr im Wege. Aus dem Programm „Starke Heimat“ gibt Hessen bis 2024 zusätzlich insgesamt 720 Millionen Euro zusätzlich in die Kitas.

Bei der Unterzeichnung der Vereinbarung sagte Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Gute Kinderbetreuung bedeutet, sich für jedes einzelne Kind Zeit zu nehmen. Darum freue ich mich, dass Hessen sich entschieden hat, in das Personal zu investieren. Mit den rund 412,6 Millionen Euro werden mehr Fachkräfte eingestellt. So können die Erzieherinnen und Erzieher sich noch intensiver den Bedürfnissen der einzelnen Kinder widmen und die Kita-Leitungen bekommen Zeit, um neue Konzepte zu entwickeln und die pädagogische Arbeit voranzubringen. Das sind wichtige Schritte, um die Qualität in den hessischen Kitas weiter zu verbessern. Dazu passt auch, dass Hessen zusätzlich aus Landesmitteln in die Fachkräftesicherung- und Gewinnung investiert und damit an die Fachkräfteoffensive des Bundes anknüpft.“

Sozial- und Integrationsminister Kai Klose freute sich über diesen Vertragsabschluss: „Die Kinderbetreuung in Hessen auszubauen und weiter zu verbessern ist uns besonders wichtig. Ein ausreichendes und qualitativ hochwertiges Betreuungsangebot trägt dazu bei, dass alle Kinder faire Chancen beim Start ins Leben haben – unabhängig von ihrer sozialen Herkunft. Deshalb eröffnen wir nicht nur den Kindern bestmögliche Startchancen von Anfang an, sondern ermöglichen auch den Eltern, Familie und Beruf gut miteinander zu verbinden. Die Unterzeichnung dieses Vertrags zum ‚Gute-KiTa Gesetz‘ zwischen der Bundesregierung und der Hessischen Landesregierung unterstreicht diese hohe Bedeutung der frühkindlichen Bildung“, so Klose weiter.

Konkret werden die Bundesmittel im Rahmen des Gute-KiTa-Gesetzes in Hessen eingesetzt, um die Personalausstattung und damit die Qualität der Kindertagesbetreuung vor Ort zu stärken. Der Fachkraft-Kind-Schlüssel wird verbessert und die Kita-Leitungen werden gestärkt. „Das trägt auch dazu bei, Fachkräfte in den Kitas zu halten und Menschen neu für dieses Berufsfeld zu gewinnen,“ so Klose.

Das Gute-KiTa-Gesetz in Hessen:

Die Mittel des „Gute-KiTa-Gesetzes“ – 412,6 Millionen Euro bis zum Jahr 2022 – investiert Hessen vor allem in folgende Handlungsfelder:

1. Fachkraft-Kind-Schlüssel

Um die Fachkräftesituation in Kitas zu verbessern, wird die gesetzlich vorgeschriebene Berechnung des Mindestpersonalbedarfs so verändert, dass mehr Fachkraftkapazitäten zur Verfügung stehen. Dabei werden die im Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch geregelten Ausfallzeiten für Urlaub, Krankheit und Fortbildungen vom 1. August 2020 an von derzeit 15 auf 22 Prozent erhöht. Mit dieser Erhöhung steigt im Ergebnis der Mindestpersonalbedarf der Kita und es steht mehr Zeit für das einzelne Kind zur Verfügung.

2. Stärkung der Kita-Leitungen

Um die Kita-Leitungen zu stärken, wird erstmals in Hessen ein fester Zeitanteil für die Leitung einer Kita in Höhe von 20% festgeschrieben. Durch diese zusätzlichen Leitungskapazitäten erhöhen sich die Kapazitäten für alle in der Einrichtung beschäftigten Fachkräfte. Die Arbeitszeit für Leitungsaufgaben wird künftig immer separat vom Mindestpersonalbedarf der Erzieherinnen und Erzieher berechnet und gesetzlich verankert. So bekommen die Leitungen der hessischen Kindertageseinrichtungen die notwendige Zeit, um ihren vielfältigen Aufgaben nachzukommen, denn ihnen kommt für die Entwicklung und Sicherung der Einrichtungsqualität eine Schlüsselfunktion zu.

Weitere Maßnahmen, die das Land Hessen aus eigenen Mitteln ergreift:

• Stärkung der Träger und Investition in Fachkräfte Aus dem Programm „Starke Heimat“ fließen bis 2024 insgesamt 720 Millionen Euro an die Träger der Kitas. So unterstützt das Land durch eine höhere Betriebskostenförderung die pädagogische Arbeit vor Ort. Auch Investitionen in zusätzliche Fachkräfte werden aus diesen Mitteln finanziert. Dazu kommen nochmals 40 Millionen Euro für ein Landesinvestitionsprogramm für Kita-Bauten, damit weiter massiv in die Kinderbetreuung investiert wird.

• Fachkräftesicherung und -gewinnung

Ergänzend zur „Fachkräfteoffensive“ des Bundes legt das Land Hessen eine eigene Fachkräfteoffensive auf und investiert zusätzlich in Fachpersonal für die Kindertagesbetreuung. Die Mittel dafür kommen aus dem genannten Programm „Starke Heimat“: Hessen wird die Zahl der praxisintegrierten, vergüteten Ausbildungsplätze erheblich ausweiten. Das Land wird im Ausbildungsdurchgang 2020/21-2022/2023 mindestens 200 Plätze und im Ausbildungsdurchgang 2021/22-2023/2024 (im Rahmen eines eigenen Landesprogramms) erneut mindestens 200 Plätze fördern – zusätzlich zu den knapp 220 Ausbildungsplätzen, die im Rahmen der „Fachkräfteoffensive des Bundes“ finanziert werden.

Außerdem werden auch die Anleitungsfreistellungen gefördert, wodurch der Anreiz für Einrichtungen steigt, sich als „Lernort Praxis“ zur Verfügung zu stellen. Unterstützt werden sollen alle ausbildenden Träger, unabhängig von der Art der Ausbildung. Und schließlich wird das Berufsbild der Erzieherin bzw. des Erziehers durch eine Werbe- und Imagekampagne des Landes für den Beruf gestärkt. Ziel der Maßnahmen ist es, Kommunen und freie Träger bei der Fachkräftegewinnung und -sicherung wirksam zu unterstützen.

Das Gute-KiTa-Gesetz

Mit dem Gute-KiTa-Gesetz unterstützt der Bund die Länder bis 2022 mit rund 5,5 Milliarden Euro bei Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren. Jedes Bundesland hat seine eigenen Stärken und Entwicklungsbedarfe. Darum ist das Gesetz wie ein Instrumentenkasten aufgebaut: Die Länder entscheiden selbst, in welche der insgesamt 10 Handlungsfelder und Maßnahmen investiert werden soll. In einem Vertrag halten der Bund und das jeweilige Bundesland fest, wie das Gute-KiTa-Gesetz vor Ort umgesetzt werden soll und wie es die jeweils eingesetzten Landesmittel ergänzt.

Die Bundesregierung hat, im Ergebnis der „Kommission gleichwertige Lebensverhältnisse“, den Beschluss gefasst, die finanzielle Beteiligung des Bundes auch über 2022 hinaus fortzusetzen.

Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.bmfsfj.de/gute-kita-gesetz

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.11.2019

Das Land Nordrhein-Westfalen wird gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen massiv in die frühkindliche Bildung investieren. Ab dem kommenden Kindergartenjahr werden jährlich zusätzlich fast eine Milliarde Euro allein in die Qualität der Kitas fließen. Für einen Zeitraum von vier Jahren unterstützt der Bund mit dem Gute-KiTa-Gesetz dabei das Land mit rund 1,2 Milliarden Euro. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey und der stellvertretende Ministerpräsident Dr. Joachim Stamp unterzeichneten heute in Düsseldorf den entsprechenden Vertrag. Neben erheblichen Qualitätsverbesserungen wird die Landesregierung mit den Mitteln auch ein zweites beitragsfreies Jahr ermöglichen.

Bundesfamilienministerin Giffey betonte: „Gute frühkindliche Bildung ist eine nationale Zukunftsaufgabe, an der alle die im Land Verantwortung tragen gemeinsam arbeiten müssen. Nordrhein-Westfalen hat sich für ein starkes Maßnahmenpaket entschieden, das die Qualität der Betreuung verbessert und zugleich die Beitragsfreiheit ausweitet. Das bedeutet eine enorme Entlastung für Familien und garantiert mehr als einer halben Million Kindern beste Bildung von Anfang an. Nordrhein-Westfalen investiert die rund 1,2 Milliarden Euro des Bundes in kind- und bedarfsgerechte Angebote in der Kindertagesbetreuung wie z. B. flexiblere Öffnungs- und Betreuungszeiten oder ergänzende Kindertagespflege. Die Ausweitung der Beitragsfreiheit für das vorletzte Kindergartenjahr ist ein großer Schritt, frühkindliche Bildung für alle zugänglich zu machen. Der Bund hat sich in einem Kabinettsbeschluss vom Juli dazu verpflichtet, auch über 2022 hinaus seine Verantwortung für eine gute Kinderbetreuung in Deutschland wahrzunehmen. Jetzt kommt es darauf an, dass das Land Nordrhein-Westfalen die fast 1.200 Millionen Euro in den nächsten Jahren gut umsetzt.“

Dr. Joachim Stamp: „Wir freuen uns, gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen massiv in die frühkindliche Bildung zu investieren. Wir fördern vor allem Qualität, ermöglichen mit Unterstützung der Gute-KiTa-Mittel aber auch Entlastung für Familien mit Kindern. Auch mit unserer Reform des Kinderbildungsgesetzes sorgen wir für mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung. Denn genau hier wird der Grundstein für die spätere Bildungsbiographie gelegt. Für uns in Nordrhein-Westfalen ist es wichtig, dass alle Beteiligten Planungssicherheit bekommen. Dafür sorgen wir mit unserer Reform. Frühkindliche Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und daher eine gemeinsame Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen. Vom Bund erwarten wir deshalb, dass auch er sich zu seiner Verantwortung bekennt und die Mittel über 2022 hinaus entfristet.“

Zusätzliche Mittel des Landes NRW

Eins der zentralen Ziele der Landesregierung ist es, allen Kindern – unabhängig von ihrer Herkunft – bessere Chancen auf gute Bildung zu ermöglichen. Neben den Mitteln des Bundes investieren Land und Kommunen daher ab dem Kindergartenjahr 2020/2021 rund 750 Millionen Euro jährlich zusätzlich für mehr Finanzierungssicherheit und Verbesserungen der Qualität. Zudem gibt das Land den Kommunen eine Platzausbaugarantie und stellt hierfür mindestens 115 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Damit alle Beteiligten Planungssicherheit bekommen, wird das komplette Kita-Finanzierungssystem nach einem Index dynamisiert. Das bedeutet: Steigen die Personal- und Sachkosten, steigen auch die finanziellen Mittel. Von diesem Paket profitieren alle Kinder, Kindertageseinrichtungen und die Kindertagepflegepersonen, Erzieherinnen und Erzieher sowie die Eltern in Nordrhein-Westfalen.

Überblick zu den Maßnahmen in Nordrhein-Westfalen:

Die Mittel des „Gute-KiTa-Gesetzes“ – insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro bis zum Jahr 2022 – investiert Nordrhein-Westfalen – vorbehaltlich der Zustimmung des Landesgesetzgebers – vor allem in folgende Handlungsfelder:Qualifizierte Fachkräfte. Träger, die in ihren Kindertageseinrichtungen Erzieherinnen und Erzieher praxisintegriert ausbilden, bekommen einen Zuschuss von 8.000 Euro im ersten Ausbildungsjahr und 4.000 Euro im zweiten und dritten Ausbildungsjahr. Der jährliche Zuschuss für die Fortbildung von Fachkräften wird in Nordrhein-Westfalen von 5 Millionen Euro auf 10 Millionen Euro verdoppelt. Starke Kitaleitung. Im Kindergartenjahr 2019/20 wird die Finanzierung von Leitungsstunden in einem Umfang von insgesamt rund 107 Mio. Euro ermöglicht.Sprachliche Bildung. Die Zuschüsse zur Sprachförderung und für die Förderung von plusKITAs werden zusammengefasst von 70 Mio. Euro auf 100 Mio. Euro erhöht. Starke Kindertagespflege. Die Pauschalen des Landes Nordrhein-Westfalen für jedes in der Kindertagespflege betreute Kind werden zu Beginn des Kindergartenjahres 2020/21 um rund 30 Prozent erhöht. Außerdem soll die Qualifizierung der Kindertagespflegepersonen verbessert werden. Vielfältige pädagogische Arbeit. Um die Familienzentren qualitativ weiterzuentwickeln, wird für jedes Familienzentrum der jährliche Zuschuss an das Jugendamt auf 20.000 Euro erhöht.Weniger Gebühren. Zusätzlich zum beitragsfreien letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung wird ab dem Kindergartenjahr 2020/21 auch das vorletzte Jahr beitragsfrei sein.Bedarfsgerechte Angebote. Das Land Nordrhein-Westfalen stellt zusätzliche Mittel für mehr Flexibilität und für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur Verfügung, beispielsweise für Randzeitenbetreuung oder ergänzende Kindertagespflege. Daran beteiligen sich auch die Kommunen. Sie kennen die Bedarfe vor Ort und entscheiden über den Einsatz der Mittel. (Die Mittel kommen zunächst aufwachsend bis 2022 aus dem Gute-KiTa-Gesetz und von den Kommunen.)

Das Gute-KiTa-Gesetz

Mit dem Gute-KiTa-Gesetz unterstützt der Bund die Länder bis 2022 mit rund 5,5 Milliarden Euro bei Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren.

Die Kindertagesbetreuung soll überall in Deutschland weiterentwickelt werden. Aber jedes Bundesland hat seine eigenen Stärken und Entwicklungsbedarfe. Darum ist das Gesetz wie ein Instrumentenkasten aufgebaut: Die Länder entscheiden selbst, in welche zehn Handlungsfelder und Maßnahmen investiert werden soll. In einem Vertrag halten der Bund und das jeweilige Bundesland fest, wie das Gute-KiTa-Gesetz vor Ort umgesetzt werden soll und wie es die jeweils eingesetzten Landesmittel ergänzt.

Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.bmfsfj.de/gute-kita-gesetz

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 19.11.2019

Ausgrenzung, Gewalt, religiöses Mobbing und Rassismus – an vielen Schulen in Deutschland ist das ein großes Problem. Seit genau einem Jahr geht das Bundesfamilienministerium mit dem Programm „Respekt Coaches“ dagegen vor – und zwar dort, wo die Probleme anfangen: im alltäglichen Miteinander auf dem Schulhof und in der Klasse. Die „Respekt Coaches“ stärken als Anti-Mobbing-Profis die Persönlichkeit und die sozialen Kompetenzen junger Menschen. Sie tragen mit ihrem Angebot dazu bei, dass es erst gar nicht zu Gewalt und Radikalisierung auf dem Schulhof kommt. Die Schülerinnen und Schüler lernen ein respekt- und vorurteilsfreies Miteinander.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey zieht zum einjährigen Jubiläum eine positive Zwischenbilanz: „Fast 40.000 Schülerinnen und Schüler haben seit dem Start des Bundesprogramms mit einem Respekt Coach gearbeitet. An rund 300 Schulen wurden mehr als 1000 Workshops, AGs und andere Angebote durchgeführt. Das zeigt wie groß der Bedarf ist und dass wir hier nicht nachlassen dürfen. Als Jugendministerin ist es mir wichtig, die Schulen darin zu unterstützen, tolerante und weltoffene Schülerinnen und Schüler hervorzubringen, die wissen, wie man ohne Gewalt und Hass zusammenlebt. Denn das gehört zu unserer demokratischen Gesellschaft dazu: Man muss nicht einer Meinung sein, aber man muss anders Denkenden mit Respekt begegnen. Das Programm „Respekt Coaches“ wird 2020 weitergeführt, die Mittel sind – vorbehaltlich der Zustimmung durch das Parlament – in gleichbleibender Höhe von 21 Millionen Euro im Haushalt für das kommende Jahr vorgesehen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass das Bundesprogramm auch in den kommenden Jahren weitergeht.“

Ministerin feiert Jubiläum mit Berliner Schülerinnen und Schülern

Das einjährige Jubiläum des Programms „Respekt Coaches“ feiert Bundesfamilienministerin Giffey gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Fritz-Karsen-Schule in Berlin-Neukölln. Mit dabei sind Respekt Coaches aus Berlin und Brandenburg; Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler, die im Programm an einer AG zum Thema „Respekt und Vielfalt“ teilnehmen und in einer Podiumsrunde über ihre Erfahrungen berichten. Die Fritz-Karsen-Schule ist die erste Berliner „Schule der Vielfalt“, sie ist außerdem „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.

Jugendmigrationsdienste als wichtiger Partner

Die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Jugendmigrationsdienste setzen das Programm „Respekt Coaches“ vor Ort gemeinsam mit Expertinnen und Experten der Extremismusprävention und der politischen Bildung an Schulen um. Sie legen mit den Schulen den konkreten Unterstützungsbedarf fest und erstellen ein Präventionskonzept. Die Respekt Coaches des Bundes sind eine Ergänzung zu landes- und kommunalpolitischen Maßnahmen für Jugend- und Schulsozialarbeit. Das Projekt ist Teil des Nationalen Präventionsprogramms gegen islamistischen Extremismus und wird wissenschaftlich begleitet.

Weitere Informationen und die Liste der teilnehmenden Schulen in allen Bundesländern finden Sie unter https://www.lass-uns-reden.com.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 15.11.2019

Zu der von der Bundesjustizministerin angekündigten Reform des Unterhaltsrechts erklären Katja Keul, Sprecherin für Rechtspolitik, und Katja Dörner, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Um getrennt erziehende und alleinerziehende Eltern bei der Ausübung ihrer Elternverantwortung zu unterstützen und Kinderarmut entgegenzuwirken, brauchen wir ein ganzheitliches Reformpaket. Bereits heute ist das Armutsrisiko von Alleinerziehenden – und das sind zu rund 90 Prozent Frauen – und ihrer Kinder sehr hoch. Änderungen im Unterhaltsrecht dürfen nicht zu finanziellen Verschlechterungen für diese Familien führen. Die Stärkung der Elternverantwortung ist ebenso wie der Kampf gegen Kinderarmut eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Gewisse Entlastungen können bereits durch Veränderungen im Sozial- und Steuerrecht bewirkt werden, etwa durch die Anerkennung von Umgangsmehrbedarfen. Ob und welche Änderungen im Unterhaltsrecht sinnvoll erscheinen, muss jedoch sorgsam geprüft werden. Denn diese müssen ausgleichend und keinesfalls konfliktverschärfend wirken. Wichtig ist, dass Entlastungen des einen Elternteils nicht zu Belastungen für den anderen Elternteil führen.

Es ist nicht hinnehmbar, dass die Behörden teilweise die Zahlung von Unterhaltsvorschuss mit Verweis auf einen erweiterten Umgang des Unterhaltspflichtigen einstellen, selbst wenn ein rechtskräftiges Gerichtsurteil über den Kindesunterhalt vorliegt. Zu prüfen wäre des Weiteren, inwiefern die hälftige Auszahlung des Kindergeldes an beide Elternteile zu einer Entlastung bei der komplizierten Unterhaltsberechnung führen würde. Wir hoffen, dass die Ministerin ihre Ankündigung diesmal auch in Taten umsetzt. Die Verunsicherung auf Seiten der Betroffenen, aber auch in der Rechtsberatung und bei Richterinnen und Richtern ist groß. Deswegen braucht es dringend gesetzliche Leitplanken für mehr Rechtsklarheit.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 18.11.2019

„Die Konjunktur schwächelt, und dies hat Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Und was tut die Bundesregierung? Sie dreht der Bundesagentur für Arbeit den Geldhahn zu. Das ist das Gegenteil vorausschauender Arbeitsmarktpolitik. Statt den Arbeitslosenversicherungsbeitrag zu senken, sollte die Bundesregierung die Arbeitslosenversicherung für die Krise fit machen“, erklärt Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zum aktuellen Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit. Zimmermann weiter:

„Dazu gehören eine ausreichende Rücklage und stärkere Leistungen. Es braucht einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung für alle Erwerbslosen und Beschäftigten und ein verbessertes Arbeitslosengeld. Das linke Konzept zur Arbeitslosenversicherung liegt auf dem Tisch: Ein höheres Arbeitslosengeld, das man leichter und länger beziehen kann. Im Anschluss das Arbeitslosengeld Plus, eine vollwertige Versicherungsleistung ohne Einkommens- und Vermögensprüfung. Unser Konzept schafft Sicherheit in der Krise. Es sorgt für Qualifizierung statt Qualifikationsverlust, denn statt kurzfristiger Arbeit um jeden Preis wollen wir eine nachhaltige Vermittlung in gute Arbeit. Außerdem wollen wir mit einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor echte Perspektiven für diejenigen schaffen, die über längere Zeit erwerbslos sind.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 29.11.2019

„Schutzgesetze wie das Arbeitszeitgesetz müssen verteidigt und weiter ausgebaut werden. Gestresste Beschäftigte brauchen längere Ruhezeiten und keine kürzeren. Auch an den Höchstgrenzen für die tägliche Arbeitszeit darf nicht gerüttelt werden“, erklärt Jutta Krellmann, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit der Fraktion DIE LINKE, zur aktuellen Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) „Verkürzte Ruhezeiten: Auswirkungen auf die Gesundheit und die Work-Life-Balance“. Krellmann weiter:

„Verkürzte Ruhezeiten machen krank. Das bestätigt die BAuA, das Forschungsinstitut der Bundesregierung, in ihrer aktuellen Studie. Die Digitalisierung macht unser Arbeitsleben immer stressiger. Krankschreibungen wegen psychischer Leiden nehmen immer weiter zu. Das kann so nicht weitergehen. Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Schutz für Beschäftigte. Eine Anti-Stress-Verordnung ist längst überfällig. Das bedeutet verbindliche Richtlinien, um psychische Belastungen bei der Arbeit zu minimieren. Dazu gehören ein Recht auf Abschalten und eine Mindestpersonalbesetzung.

Um die geltenden Arbeitsschutzgesetze drücken sich Arbeitgeber schon heute, weil zu wenig kontrolliert wird. Deshalb muss die Bundesregierung endlich die Rahmenbedingungen für flächendeckende Arbeitsschutzkontrollen schaffen. Der beste Arbeits- und Gesundheitsschutz sind dabei starke Betriebsräte. Ihre Wahl muss erleichtert und sie müssen besser geschützt werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 25.11.2019

Mit Urteil vom 5. November 2019 hat das Bundesverfassungsgerichtentschieden, dass Sanktionenfür Empfänger von Arbeitslosengeld II bei Verletzung bestimmter Mitwirkungspflichten grundsätz-lich verfassungsgemäßsein können. Allerdings ist es nach derzeitiger Ausgestaltung und Datenlage mit dem Grundgesetz unvereinbar, wenn diese Sanktionen zu Minderungen des Regelbedarfs von mehr als 30 Prozent bis hin zu einem vollständigen Wegfall der Leistungen führen.Zudem sind Sanktionenverfassungswidrig, die den Regelbedarf bei einer Pflichtverletzung zwingend kürzen,auch wenn dies zu einer außergewöhnlichen Härte führt. Dies gilt zudemfür die starre Dauer der Sanktionen von drei Monaten, wenn der Leistungsempfänger die Pflichterfüllung nachholt odersich ernsthaft dazu bereiterklärt.Nicht direkt erfasst von der Entscheidung sind Sanktionen wegen Meldeverstößen bzw. Sanktionen zur Durchsetzung von Mitwirkungspflichten fürPersonen unter 25 Jahren.

Die der Entscheidung zugrundeliegenden Normen für die Sanktionen (§ 31 Abs. 1, §31a Abs. 1 S.1, 2, 3 und §31b Abs. 1 S. 3 SGB II)wurden an dem Maßstabder sich ausArt. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG ergebenden grundrechtlichen Gewährleistung eines menschenwürdigenExistenzminimumsüberprüft. Nach diesem muss einheitlich die physische und soziokulturelle Existenz gesichert werden. Insofern kann nicht zwischen Bedarfen beispielsweise für Nahrung und solchen für die sozialeTeilhabe differenziert werden. Die diesem Anspruch zugrundeliegendeMenschenwürde ist unabdingbar und steht allen Menschen gleichermaßen zu. Sie kann daher auch nicht durch unkooperatives bzw. vermeintlich „unwürdiges“ Verhalten gegenüber staatlichenStellenverwirkt werden. Dies verwehrt es dem Gesetzgeber jedoch nicht, im Rahmen der näheren AusgestaltungdesSozialstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 1 GG, existenzsicherndeLeistungen nur dann zu gewähren, wenn wirklicheBedürftigkeit besteht. Dieser sog. Nachranggrundsatzund der Vorrang der selbstständigen Existenzsicherung sind mit dem Grundgesetz vereinbar. Daraus folgt auch dieRechtfertigung für MitwirkungspflichtenderLeistungsempfänger. Es ist insoweit zulässig,von Erwerbsfähigen im SGB II-Leistungsbezugdie aktive Mitwirkung an der Vermei-dung oder Überwindung der eigenen Bedürftigkeit zu verlangen. Dies dient zudem der Schonungbegrenzter finanzieller Mittel des Sozialstaats. Kein legitimes Ziel wäre die Bevormundung, Erzie-hungoder Besserung der Leistungsempfänger. Mitwirkungspflichten können zum Beispiel die Aufnahmeeiner Arbeit bzw. Ausbildung oder Maßnahmenaus der Eingliederungsvereinbarung umfassen. Sie sind gesetzlich auf ein zumutbares(§ 10 SGB II)und verhältnismäßiges Maß be-schränkt. Dassim Rahmen dieser Arbeit auch geringerwertigeTätigkeitenoder solche,die nicht dem Berufswunsch entsprechen,erfasst sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondereliegt darin kein Verstoß gegen das Verbot der Zwangsarbeit nach Art. 12 Abs. 2 GG. Diese Mitwirkungspflichten darf der Gesetzgeber auch mittels Sanktionen durchsetzen, solange diese selbst verhältnismäßig sind.

Die Sanktionenmüssen, weil sie zu einem vorübergehenden Entzug existenzsichernder Leistungen führen, strenge Anforderungen der Verhältnismäßigkeiterfüllen. Diese schränken den sonst wei-tenEinschätzungsspielraumdes Gesetzgebers bei Regelungen zur Ausgestaltung des Sozialstaates ein. Die Sanktionen müssen darauf ausgerichtet sein, dass die Mitwirkungspflichten erfüllt werden, um so die existenzielle Bedürftigkeit zu überwinden.

Eine Leistungsminderung um 30 Prozentist grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar. Sie dient dem legitimen Ziel, die Mitwirkungspflichten durchzusetzen und so den Leistungsberechtigtenwieder in Arbeit zu bringen. Der Gesetzgeber kann seine Entscheidung auf plausible Annahmen stützen, dass bereits die abschreckende Wirkung der Sanktionen zu der angestrebten Mitwirkungbeiträgt. Die konkrete Ausgestaltung der Sanktionen ist jedoch unverhältnismäßig.

Nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist eine Sanktion, wenn sie zu einer außergewöhnlichen Härteführt. Die bislang als zwingende Rechtsfolgedes Mitwirkungsverstoßes ausgestaltete Sanktion gab der Behörde keine Möglichkeit, in Fällen,in denen die damit verbundene außerordentliche Belastung nicht mehr zumutbar war, von dieser abzusehen. Es muss im Einzelfall möglich sein, besonderenUmständen Rechnung zu tragen. Dies erfordert zur Ermittlung auch die der Sanktion vorgelagerte Möglichkeit einer mündlichen Anhörungdes Betroffenen. Ebenso ist es unverhältnismäßig, dass die Sanktionsdauer von drei Monaten nicht verkürzt werden kann, wenn der Leistungsberechtigte die Mitwirkung nachholt oder die ernsthafte Bereitschaft dazu erklärt. Die Mitwirkung ist Ziel der Sanktion, so dass die Nachholung auch entsprechend gewürdigt werden muss.

Die nach wiederholter Pflichtverletzung verhängten Sanktionen von 60 Prozent bzw. des vollständigen Leistungswegfalls können nicht durch genügend plausible Erkenntnisse der Geeignetheit zur Förderung des legitimen Ziels der Integration in den Arbeitsmarkt belegt werden. Solche Prognosen müssten insbesondere aufgrund der Geltungsdauer der gesetzlichen Regelungen hinreichend fundiert sein, lagen jedoch zum Entscheidungszeitpunkt nicht vor. Zudem ist die mit diesen Sanktionen verbundene Belastung für das grundrechtlich gewährleistete Existenzminimum unzumutbar. Die bei der vollständigen Leistungskürzung ebenfalls eingestellten Zahlungen der Kosten für Unterkunft und Heizung sowie der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung können zu Verschuldung und Obdachlosigkeit führen. Es bestehen ernsthafte Zweifel seitens des Gerichts, dass so die Mitwirkungsbereitschaft erhalten bleiben kann.

Die genannten Regelungen sind verfassungswidrig, aber nicht nichtig und können unter Beachtung der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts bis zu einer Neuregelung weiter angewandt werden. Für eine Neuregelung hat das Bundesverfassungsgericht keine Frist benannt. Es besteht keine Verpflichtung, rückwirkend Leistungen nach SGB II ohne Minderungen festzusetzen. Bescheide mit Leistungsminderungen von mehr als 30 Prozent des Regelbedarfes sind aufzuheben, soweit sie nicht bestandskräftig sind.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 5. November 2019, Az. 1 BvL 7/16.

Nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen soll von Gewalt betroffenen Frauen ein Rechtsanspruch auf Geldleistung für den Aufenthalt in einem Frauenhaus oder einer vergleichbaren Einrichtung eingeräumt werden. In einem entsprechenden Antrag (19/15380) fordert sie die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem dieser Rechtsanspruch festgeschrieben wird. Zudem sollen gemeinsam mit den Trägern bundesweit einheitliche Arbeits- und Qualitätsstandards für Frauenhäuser und ähnliche Einrichtungen festgelegt werden. Der neue Rechtsanspruch auf Geldleistung soll den Zugang zu den Schutzeinrichtungen sowie die Inanspruchnahme der dortigen Dienstleistungen in Form von psychologischer Betreuung und Beratung verbessern. Dadurch werde ein erheblicher Beitrag geleistet, Frauenhäuser und ähnliche Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet abzusichern, heißt es im Antrag der Grünen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1335 vom 26.11.2019

Im Dezember 2018 bezogen eine Million Erwerbstätige aufstockend zu ihrem Lohn Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Das geht aus der Antwort (19/14185) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/13682) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Demnach waren 997.000 Menschen in einer abhängigen und 78.000 in einer selbständigen Erwerbstätigkeit. Von den abhängig Beschäftigten erzielten 542.000 oder 54 Prozent ein Bruttoeinkommen von 450 Euro und mehr.

In der Antwort heißt es weiter, dass im Dezember 2018 im Rechtskreis SGB II rund 755.000 oder 53 Prozent der Arbeitslosen weniger als ein Jahr arbeitslos waren. Von den Langzeitarbeitslosen waren, bezogen auf alle Arbeitslosen im Rechtskreis SGB II, rund 19 Prozent ein bis unter zwei Jahre arbeitslos, 15 Prozent zwei bis unter vier Jahre, sieben Prozent vier bis unter sechs Jahre, 3,5 Prozent sechs bis unter acht Jahre, 24.000 oder 1,7 Prozent acht bis unter zehn Jahre und 22.000 oder 1,5 Prozent zehn Jahre und länger arbeitslos.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1330 vom 25.11.2019

Die Fraktion Die Linke verlangt Auskunft über die Kosten der frühkindlichen Bildung und Betreuung. In einer Kleinen Anfrage (19/15018) will sie unter anderem wissen, wie sich die Ausgaben und Einnahmen durch Elternbeiträge seit 2008 entwickelt haben und wie sie sich nach Einschätzung der Bundesregierung in den kommenden Jahren entwickeln werden. Zudem möchte sie erfahren, wie sich die finanzielle Unterstützung des Bundes an den laufenden Ausgaben durch das Finanzausgleichsgesetz für die Kinderbetreuung seit 2008 entwickelt hat und wie sie sich bis 2025 entwickeln wird.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1322 vom 25.11.2019

Im Jahr 2018 wurden von den Jobcentern 91.000 Sanktionen gegenüber alleinerziehenden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ausgesprochen. Das schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (19/14586) auf eine Kleine Anfrage (19/13892) der FDP-Fraktion. Darin betont sie weiter, dass sie derzeit keine Anhaltspunkte für einen Aufklärungsbedarf bei Jobcentern in Bezug auf Einkommensarmut und Kindeswohlgefährdung sehe. Eine verantwortungsvolle und einzelfallbezogene Herangehensweise der Jobcenter sei angemessen, heißt es in der Antwort.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1301 vom 20.11.2019

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/15047) die Einführung eines Arbeitslosengeldes Plus (ALG Plus). Die Abgeordneten kritisieren, dass die Hartz-Reformen dazu geführt hätten, dass zwei Drittel der Arbeitslosen von Armut bedroht seien. Die Bezugsdauer des ALG Plus soll der Dauer des vorherigen Bezugs von Arbeitslosengeld I entsprechen. Arbeitslose, die mindestens 30 Jahre in der Arbeitslosenversicherung versichert waren, sollen einen unbefristeten Anspruch auf ALG Plus haben. Dessen Höhe soll 58 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts betragen. Um eine Absenkung des Lebensstandards durch allgemeine Preissteigerungen zu vermeiden, soll es einen jährlichen Inflationsausgleich geben. Finanziert werden soll das ALG Plus aus den Beitragszahlungen der Arbeitslosenversicherung, fordert Die Linke.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1293 vom 19.11.2019

Die von der Bundesärztekammer (BÄK) zentral geführte Liste mit Medizinern, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wird offenbar vermehrt für Eintragungen genutzt. Die nach dem Start Ende Juli zunächst 87 Einträge hätten sich mit der Aktualisierung im September 2019 auf 215 Einträge mehr als verdoppelt, heißt es in der Antwort (19/13851) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/13391) der FDP-Fraktion.

Aktuell befänden sich auf der Liste Einträge aus allen Bundesländern. Die Liste befinde sich aber noch im Aufbau. Die BÄK habe zugesagt, die Liste zeitnah zu ergänzen. Weitere Ärzte hätten bereits ihre Aufnahme in die Liste beantragt. Die BÄK und der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) hätten sich in einem Schreiben direkt an mehr als 12.500 Frauenärzte gewandt und über die Liste informiert.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1291 vom 18.11.2019

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat seinen aktuellen Bericht (19/15000) über den Stand und die Entwicklungen bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) vorgelegt. Mittlerweile sei die PID im Rahmen der vorgesehenen Grenzen Teil der fortpflanzungsmedizinischen Praxis in Deutschland geworden.

Zugleich habe sich die Reproduktionsmedizin weiterentwickelt, heißt es. Neue Biopsieverfahren und Möglichkeiten der genetischen Diagnostik hätten sich etabliert beziehungsweise würden für die PID nutzbar gemacht.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1288 vom 15.11.2019

Im Jahr 2018 konnten 64 Prozent der abhängig Beschäftigten häufig ihre Arbeit selbst planen und einteilen. Im Vergleich zu 2006 (68 Prozent) ist dieser Anteil damit leicht gesunken. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/13675) auf eine Kleine Anfrage (19/12847) der Fraktion Die Linke. Daraus geht weiter hervor, dass vor allem Arbeitnehmer ab 35 Jahren diese Flexibilität genießen und jene mit einem Abitur-Schulabschluss (76 Prozent). Bei Arbeitnehmern mit Hauptschulabschluss sind es dagegen nur 51 Prozent. Die Bundesregierung bezieht sich bei den Angaben auf Statistiken der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und des Bundesinstituts für Berufsbildung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1265 vom 13.11.2019

Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen fordern in einem gemeinsamen Antrag (19/15078) die Abschaffung der Sanktionen beim Arbeitslosengeld II. Sie beziehen sich zur Begründung auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Sanktionspraxis eingeschränkt hatte. Linke und Grüne gehen in dem Antrag allerdings darüber hinaus und fordern eine generelle Abschaffung von Sanktionen. Ferner sollen die Jobcenter bedarfsdeckend mit Personal und Mitteln zur Eingliederung und für die Verwaltung ausgestattet werden. Auch soll das Fallmanagement verbessert werden, damit Arbeitssuchende passgenaue Hilfen und garantierte Angebote zur Weiterbildung erhalten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1277 vom 14.11.2019

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/15046) einen Umbau der Arbeitslosenversicherung. Unter anderem sollen die Zugangsvoraussetzungen durch eine verlängerte Rahmenfrist (Zeit, innerhalb derer Ansprüche erworben werden müssen) von zwei auf drei Jahre erleichtert werden. Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I (ALG I) soll sich ebenfalls verlängern. So soll bereits ab einer Beschäftigungsdauer von vier Monaten ein zweimonatiger Arbeitslosengeld-Anspruch bestehen. Weiterbildungen bis zu einer Dauer von 24 Monaten sollen die Anspruchsdauer auf ALG I nicht mindern und für über 50-Jährige soll sich der Anspruch generell erhöhen, von 18 Monaten für 50-jährige Erwerbslose bis auf 36 Monate für über 60-jährige Erwerbslose.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1272 vom 13.11.2019

Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD dringen darauf, ausbeuterische Kinderarbeit zu verhindern. "385 Millionen Kinder und Jugendliche leben weltweit in extremer Armut, das sind zwanzig Prozent aller Menschen bis zum 18. Lebensjahr", schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (19/15062), der morgen erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Laut einer Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) aus dem Jahr 2017 müssten weltweit 152 Millionen Kinder und Jugendliche arbeiten. "Über 36 Millionen dieser Kinder zwischen fünf und 14 Jahren können keine Schule besuchen. Um das Überleben ihrer Familien zu sichern, sind sie gezwungen zu arbeiten und werden hierdurch ein leichtes Opfer für ausbeuterische Strukturen."

Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung unter anderem auf, das Bewusstsein für ausbeuterische Kinderarbeit in Lieferketten sowohl bei Verbraucherinnen und Verbrauchern als auch bei Unternehmen mittels einer breit angelegten Aufklärungskampagne zu schärfen. Per Kennzeichnung sollen vorbildliche Initiativen hervorgehoben und analog zum Textilbündnis oder Forum Nachhaltiger Kakao e.V. weitere Dialogplattformen eingerichtet werden, um die Unternehmen bei ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung zu unterstützen. Geprüft werden soll ferner, "ob die Einfuhr von Produkten nach Europa und nach Deutschland, die nachweislich aus ausbeuterischer Kinderarbeit kommen, gesetzlich unterbunden werden kann", schreiben die Abgeordneten. Sollte die umfassende Überprüfung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) zu dem Ergebnis kommen, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen nicht ausreiche, sei die Bundesregierung aufgefordert, national gesetzlich tätig zu werden und sich für eine EU-weite Regelung einzusetzen. Außerdem soll sie im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft 2020 auf europäischer Ebene für eine "einheitliche, branchenübergreifende und verbindliche Regelung zur Ausgestaltung unternehmerischer Sorgfaltspflichten" werben.

Hervorgehoben wird, dass die Regierung bereits heute "ihrer globalen Verantwortung gerecht wird und sich auf geeignete Weise engagiert, Menschenrechten, Arbeits-, Sozial-, Umwelt- und Anti-Korruptionsstandards weltweit Geltung zu verschaffen". So unterstütze Deutschland etwa ILO und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) zuverlässig beim weltweiten Kampf gegen ausbeuterische Kinderarbeit.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1275 vom 13.11.2019

Immer mehr Frauen sind erwerbstätig, oft aber nur in Teilzeit – Stundenlohnlücke zwischen Teilzeit- und Vollzeitjobs deutlich gestiegen – Gesetz zu Rückkehrrecht auf Vollzeitstelle sollte durch weitere Maßnahmen flankiert werden, um Teilzeitfalle zu begegnen

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegen – immer mehr von ihnen arbeiten jedoch in Teilzeit: Im Jahr 2017 waren es 36 Prozent, über zehn Prozentpunkte mehr als Mitte der 1990er Jahre. Gleichzeitig ist der sogenannte Part-time Wage Gap, also die Stundenlohnlücke zwischen einem Vollzeit- und einem Teilzeitjob, deutlich gewachsen, von fünf Prozent Mitte der 1990er Jahre auf mittlerweile rund 17 Prozent. Das sind zentrale Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Einerseits ist es eine gute Nachricht, dass immer mehr Frauen erwerbstätig sind, wenn auch viele nur in Teilzeit – sie haben ein eigenes Erwerbseinkommen und somit auch eigene Ansprüche an die sozialen Sicherungssysteme“, sagt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am DIW Berlin. „Andererseits haben Teilzeitjobs Nachteile: Der Stundenlohn ist oft geringer, auch weil die Tätigkeiten öfter einfache und manuelle sind – diese Unterschiede sind zuletzt noch deutlich größer geworden“, so Wrohlich.

Unterschiedliche Aufteilung von Sorgearbeit spiegelt sich in Teilzeitquoten wider

Gemeinsam mit Patricia Gallego Granados und Rebecca Olthaus aus der Abteilung Staat des DIW Berlin hat Wrohlich Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ausgewertet. Dabei zeigten sich eindeutige Muster: Teilzeiterwerbstätigkeit von Frauen ist beispielsweise in Westdeutschland (knapp 40 Prozent im Jahr 2017) deutlich stärker ausgeprägt als in Ostdeutschland (etwa 27 Prozent). Frauen mit niedrigen und mittleren Bildungsabschlüssen arbeiten häufiger in Teilzeit als Frauen mit einem Hochschul- oder Fachhochschulabschluss. Und Teilzeitarbeit ist eher mit manuellen Tätigkeiten, die beispielsweise Reinigungskräfte ausüben, verbunden als mit nicht routinemäßigen kognitiven Tätigkeiten, beispielsweise im Bereich der Forschung und Entwicklung.

Betrachtet man, zu welchen Zeitpunkten ihres Lebens und in welchem Ausmaß Frauen und Männer in Teilzeit erwerbstätig sind, spiegelt sich darin die nach wie vor sehr unterschiedliche Aufteilung der Sorgearbeit wider. Frauen treten in der Phase der Familiengründung beruflich deutlich kürzer und sind meist nur noch in Teilzeit erwerbstätig. Bei mehr als 40 Prozent der erwerbsfähigen Frauen ist das im Alter ab 35 Jahren der Fall, in Westdeutschland sogar bei mehr als jeder zweiten. Männer hingegen weiten ihre Arbeitszeit in dieser Lebensphase sogar oft noch aus. Diese Unterschiede verschwinden im weiteren Lebensverlauf meist nicht mehr: Männer haben bis zum Renteneintritt konstant niedrige Teilzeitquoten, während Frauen oft selbst dann nicht mehr auf eine Vollzeitstelle zurückkehren, wenn die Kinder älter oder sogar schon aus dem Haus sind.

„Die Tatsache, dass Frauen ihre Erwerbstätigkeit für familiäre Verpflichtungen einschränken, wirkt sich sehr stark auf ihr Lebenseinkommen aus – nicht nur wegen der geringeren Wochenarbeitszeit, sondern auch, weil die Stundenlohnlücke zwischen Vollzeit- und Teilzeitjobs immer weiter steigt“, erklärt Studienautorin Patricia Gallego Granados. Zwar hängt das Phänomen des steigenden Part-time Wage Gaps bei Frauen auch damit zusammen, dass mit steigender Frauenerwerbstätigkeit mehr Frauen mit niedrigen Bildungsabschlüssen und wenig Berufserfahrung erwerbstätig sind, was sich im Durchschnitt negativ auf die Bezahlung auswirkt. Dennoch sei die Entwicklung – obwohl es grundsätzlich begrüßenswert ist, dass immer mehr Frauen auf dem Arbeitsmarkt aktiv sind – problematisch, so die Studienautorinnen, zumal auch ganz andere Aspekte, deren Einfluss bisher nicht untersucht ist, eine Rolle spielen könnten.

Ausbau von Ganztagsschulplätzen und Reform des Ehegattensplittings wären hilfreich

Das zum Jahresbeginn eingeführte Rückkehrrecht auf eine Vollzeitstelle ist ein erster Schritt, um Frauen, die ihre Arbeitszeit erhöhen möchten, diese Möglichkeit zu geben. Das Gesetz müsste nach Ansicht der Studienautorinnen aber durch weitere Maßnahmen flankiert werden. „Auch die Familienpolitik muss ihren Beitrag leisten und noch stärker zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen – dazu gehört ein weiterer Ausbau der Kindertagesbetreuung, vor allem auch im Grundschulbereich“, so Wrohlich. „Außerdem könnte eine Reform des Ehegattensplittings dazu führen, dass eine Ausweitung der Arbeitszeit für Frauen attraktiver wird, wenn sich ihr Nettolohn dann stärker erhöht.“

Studie im DIW Wochenbericht 46/2019

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 13.11.2019

Frauen sind nach wie vor als Führungskräfte in den Betrieben unterrepräsentiert. Im Jahr 2018 waren 26 Prozent der Führungskräfte der obersten Leitungsebene in der Privatwirtschaft Frauen. Auf der zweiten Führungsebene lag ihr Anteil bei 40 Prozent. Beide Werte haben sich verglichen mit 2016 nicht verändert. Das zeigen Daten des IAB-Betriebspanels, einer repräsentativen Befragung von rund 16.000 Betrieben in Deutschland durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

In Ostdeutschland ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft höher als in Westdeutschland. Auf der ersten Führungsebene liegt er im Osten bei 31 Prozent, im Westen bei 25 Prozent. Auf der zweiten Führungsebene beträgt der Frauenanteil in Ostdeutschland 45 Prozent, in Westdeutschland 39 Prozent. Der Beschäftigtenanteil von Frauen liegt in Ostdeutschland wie in Westdeutschland bei 44 Prozent. „Frauen sind demnach in Ostdeutschland besser repräsentiert“, erklären die IAB-Forscherinnen Susanne Kohaut und Iris Möller.

Kleine Betriebe werden häufiger von Frauen geführt als große: In Großbetrieben der Privatwirtschaft mit mindestens 500 Beschäftigten sind 14 Prozent der Führungspositionen auf der ersten Ebene mit Frauen besetzt. In Betrieben mit zehn bis 49 Beschäftigten sind es 25 Prozent, in Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten 27 Prozent.

Verglichen mit der Privatwirtschaft liegt der Frauenanteil im öffentlichen Sektor auf der ersten und zweiten Leitungsebene mit 36 bzw. 43 Prozent um zehn bzw. drei Prozentpunkte höher. Gemessen an ihrem Beschäftigtenanteil von 60 Prozent sind Frauen jedoch im öffentlichen Sektor in Führungspositionen der zweiten Ebene noch stärker unterrepräsentiert als in der Privatwirtschaft.

„Seit Januar 2016 ist das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in Kraft. Mit der Verpflichtung zur Festlegung und Veröffentlichung verbindlicher Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Vorständen und obersten Managementebenen soll diese gesetzliche Regelung in das Personalmanagement von Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten hineinwirken“, so die IAB-Forscherinnen Kohaut und Möller. Gleichzeitig stellen sie allerdings fest: „Die Einführung des neuen Gesetzes hat – zumindest auf Betriebsebene – keinen weiteren Zuwachs gebracht“.

Die IAB-Studie ist online abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2019/kb2319.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 21.11.2019

Im 3.Quartal 2019 wurden in Deutschland 3,9% mehr Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt als im 3.Quartal 2018. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, wurden im 3.Quartal 2019 rund 25 200 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet. Knapp drei Viertel (71%) der Frauen, die im 3.Quartal 2019 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, waren zwischen 18 und 34 Jahren alt, 18% zwischen 35 und 39 Jahren. Gut 8% der Frauen waren 40Jahre und älter, 3% waren jünger als 18 Jahre. Rund 40% der Frauen hatten vor dem Schwangerschaftsabbruch noch kein Kind zur Welt gebracht.

96% der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Eine medizinische Indikation war in den übrigen 4% der Fälle die Begründung für den Abbruch. Die meisten Schwangerschaftsabbrüche (58%) wurden mit der Absaugmethode (Vakuumaspiration) durchgeführt, bei 25% wurde das Mittel Mifegyne® verwendet. Die Eingriffe erfolgten überwiegend ambulant, und zwar 79% in gynäkologischen Praxen und 19% ambulant im Krankenhaus.

Detaillierte Informationen zu den Schwangerschaftsabbrüchen, auch zu den Quartalsergebnissen, sind in den Tabellen Schwangerschaftsabbrüche (23311) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden. Weitere gesundheitsbezogene Daten und Tabellen zu Schwangerschaftsabbrüchen mit weiteren Gliederungen finden sich auch im Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 02.12.2019

Fakten zum Internationalen Männertag am 19. November 2019 – KORREKTUR: Die am 18.11.2019 verbreitete Meldung muss aufgrund eines Fehlers im 5. Absatz korrigiert werden. Die Korrektur ist fett hervorgehoben.

Männer dominieren in Deutschland nach wie vor viele technisch geprägte Berufe. 2018 arbeiteten fast 2Millionen Männer in der Berufsgruppe Maschinen- und Fahrzeugtechnik. Mit 89% lag der Männeranteil hier noch 4Prozentpunkte höher als in Informatik- und anderen Informations- und Kommunikationstechnikberufen (IKT), in denen rund 900000 Männer (85%) beschäftigt waren. Das teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Internationalen Männertags am 19. November 2019 auf Basis des Mikrozensus mit.

Der Frauenanteil verändert sich in diesen männlichen Domänen kaum. Während sich im Vergleich zu 2012 der Anteil von Informatikerinnen (einschließlich IKT-Berufen) um gerade 2Prozentpunkte erhöhte (15%), sank er bei Maschinen- und Fahrzeugtechnikerinnen im gleichen Zeitraum sogar geringfügig um 1 Prozentpunkt (11%).

Etwas mehr Bewegung herrscht in der Berufsgruppe "Polizei, Kriminaldienste, Gerichts- und Justizvollzug". Dort erhöhte sich der Frauenanteil von 20% (59000 Frauen) im selben Zeitraum auf 24% (72000 Frauen).

Nur 1 von 10 Lehrenden an Grundschulen sind Männer

Wie unterschiedlich die Geschlechter sich in einem Berufszweig verteilen können, zeigt das vielfältige Berufsfeld der Lehrenden. An allgemeinbildenden Schulen waren 2018 nur etwas über ein Viertel (27%) der insgesamt etwa 830000 Lehrenden männlich. Im Vergleich zum Jahr 2012 sank ihr Anteil damit um rund 2 Prozentpunkte.

Besonders selten sind Männer als Grundschullehrer tätig. 2018 waren es 19 000 von insgesamt rund 200 000 Lehrenden an Grundschulen. Der Männeranteil von 9 % sank damit im Vergleich zu 2012 (10 %) geringfügig.

Ein ganz anderes Bild ergibt sich beim Blick auf die deutsche Hochschullandschaft: Hier waren 2018 die Männer in der Überzahl. Mit 193000 Lehrenden und Forschenden stellten sie 58% von insgesamt 331000 ausgeübten Lehr- und Forschungstätigkeiten. Sechs Jahre vorher lag ihr Anteil sogar noch bei 61%.

Mehr Altenpfleger und Kinderbetreuer

In eher als "Frauenberufen" geltenden Bereichen wie der Altenpflege legen die Männer dagegen leicht zu. Im Jahr 2018 stieg der Anteil von Pflegern im Vergleich zu 2012 um 2 Prozentpunkte auf 16%. 110000 Pfleger standen hier 583000 Pflegerinnen gegenüber.

Eine aktuelle Auswertung der Statistiken der Kindertagesbetreuung zeigt, dass der Anteil der in der Kindertagesbetreuung tätigen Männer nach wie vor relativ gering ist. Allerdings zog es in den vergangenen Jahren mehr Männer in diesen Beruf. Am 1.März 2019 waren in Deutschland 6,4% der Beschäftigten in der Kindertagesbetreuung männlich. Damit waren rund 42200 Männer unmittelbar mit der pädagogischen Betreuung von Kindern in einer Kindertageseinrichtung befasst oder als Tagesvater aktiv. Vor zehn Jahren waren es noch 13500 Männer (3,2%).

Methodik:
Die Aussagen zu Berufen stützen sich auf eine Klassifikation der Berufe 2010, deren Einführung in den Mikrozensus 2012 durchgängige Zeitvergleiche ermöglicht.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 18.11.2019

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Anlässlich der Beratungen des Bundesrats am 29. November zum Angehörigen-Entlastungsgesetz erklärt AWO Bundesvorstandsmitglied Brigitte Döcker: „Wir fordern die Länderkammer auf, dem Gesetzesvorhaben zuzustimmen, weil es unterhaltspflichtige Angehörige von pflegebedürftigen Menschen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege beziehen, spürbar entlastet.“ Der Bundestag hatte das Gesetz bereits am 7. November 2019 beschlossen. Damit es in Kraft tritt, muss aber der Bundesrat noch zustimmen.

Können pflegebedürftige Menschen den Eigenanteil an den Kosten der Pflege nicht selbst aufbringen, so Döcker, sind deren erwachsene Kinder verpflichtet, ihre Eltern finanziell zu unterstützen. Ob sie tatsächlich zahlen müssen, hängt dabei von deren Einkommen und Vermögen ab. „Die Einkommensgrenze hierfür soll nun auf 100.000 Euro im Jahr angehoben werden, analog der heute geltenden Grenze bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Damit schafft das Gesetzesvorhaben den unterhaltpflichtigen Angehörigen Luft, die sie dringend brauchen“, erläutert Döcker.

Nicht von der Hand zu weisen ist, dass das Gesetz zwar Angehörige entlastet, aber gleichzeitig eine deutliche Mehrbelastung der ohnehin klammen Kommunen zu befürchten ist. „Wir brauchen mittel- und langfristig neue Wege bei der Finanzierung der Preissteigerungen in der Pflege“, unterstreicht Döcker deshalb. Außerdem bringe das Gesetz keine Entlastung für Eheleute, wenn es um die Zuzahlung zu einem Heimplatz für einen pflegebedürftigen Ehepartner geht. „Auch hier benötigen wir zeitnah eine gesetzliche Regelung“, bekräftigt Bundesvorstandsmitglied Döcker.

Aber das ist noch nicht alles. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen benötigten dringend eine Deckelung der Eigenanteile an den Kosten der Pflege. So führt Brigitte Döcker weiter aus: „Hierzu hatte die AWO erfolgreich eine Petition gestartet und dafür über 70 Tsd. Unterschriften gesammelt.“ Daraufhin hatte sich der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags bereits im Juni mit dem Thema befasst. „Nun muss eine gesetzliche Regelung zur spürbaren Beschränkung der Eigenanteile an den Kosten der Pflege zügig folgen“, bekräftigt Döcker abschließen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 28.11.2019

Mit einer Erklärung und einem konkreten Anforderungskatalog melden sich erstmals Mieterbund, Sozial- und Wohlfahrtsverbände mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) in der Klimaschutz-Debatte gemeinsam zu Wort. Das vom Paritätischen Wohlfahrtsverband mit ver.di initiierte und vom AWO Bundesverband mitgetragene Bündnis spricht sich offensiv für eine sozial-ökologische Wende aus und warnt davor, Soziales und Klima gegeneinander auszuspielen. Weitere Mitzeichner sind der AWO Bundesverband, der Deutsche Caritasverband, der Sozialverband Deutschland (SoVD), der Sozialverband VdK Deutschland, der Volkssolidarität Bundesverband sowie der Deutsche Mieterbund.

Zur gemeinsamen Erklärung (PDF).

„Wir teilen gemeinsam die feste Überzeugung, dass die ökologische Wende nur als sozial-ökologische Wende gestaltet werden kann. Mehr noch: Die klimapolitischen Herausforderungen eröffnen die Chance, Soziales neu zu denken und mehr Lebensqualität für alle zu schaffen“, heißt es in der „Sozialplattform Klimaschutz“. Das Bündnis fordert eine „ambitionierte und verbindliche Klimaschutzpolitik“. Klimaschutz dürfe jedoch „kein Elitenprojekt“ und ein umweltbewusstes Leben „kein Luxus“ sein. In der Erklärung formulieren die Organisationen ganz konkrete Forderungen und Lösungsvorschläge zur Gestaltung einer echten sozial-ökologischen Wende, u.a. in den Bereichen Wohnen, Energie und Mobilität. Darüber hinaus ist aus Sicht des Bündnisses ein funktionierender Sozialstaat Voraussetzung für eine ambitionierte Klimaschutzpolitik und auch die Frage der Finanzierung der sozial-ökologischen Wende dürfe nicht ausgeklammert werden. Die Investitionsbedarfe seien erheblich. „Entsprechende Maßnahmen auf der Einnahmenseite der öffentlichen Haushalte sind Voraussetzung für das Gelingen einer sozial-ökologischen Transformation“, heißt es im Text.

Anlässlich der Veröffentlichung kritisiert AWO-Vorstand Brigitte Döcker die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung: „Die bisherigen Bemühungen sind eindeutig zu zaghaft! Was wir brauchen, ist eine mutige Politik, die Umwelt- und Sozialpolitik zusammen denkt und notwendige Maßnahmen aufeinander abstimmt.“ Dabei müssen die Grundsätze der Gerechtigkeit und der Solidarität im Mittelpunkt stehen: „Wer viel hat, muss auch einen entsprechenden Beitrag leisten und so die Entlastung von einkommensschwachen Haushalten mit ermöglichen. Nur so wird es uns gelingen, die Klimakrise zu bewältigen.“

Die AWO hat sich auf ihrer Bundeskonferenz 2016 zum Pariser Klimaschutzziel und einer Begrenzung der Erderwärmung um maximal 1,5°C bekannt.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 26.11.2019

Spitzenvertreterinnen und Spitzenvertreter der Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Diakonie Deutschland, der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und einer Angehörigeninitiative haben am heutigen Montag (25. November 2019) in der Bundespressekonferenz in Berlin eine Weiterentwicklung der Pflegeversicherung angemahnt. Diese müsse dringend auf die politische Tagesordnung.

Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand:

„Arbeiten in der Altenpflege muss attraktiver werden. Die Beschäftigten brauchen gute Arbeitsbedingungen, vor allem mehr Personal und eine angemessene Vergütung für diese verantwortungsvolle und oft auch körperlich und emotional anstrengende Arbeit. Die meisten kommerziellen Anbieter verweigern Tarifverträge. Wir wollen wieder Gemeinwohl statt Hedgefonds, die auf Kosten der zu pflegenden Menschen und der Beschäftigten hohe Profite machen. Die Politik hat die Altenpflege dem wirtschaftlichen Wettbewerb ausgesetzt; deshalb ist die Politik auch in der Verantwortung, die unsägliche Entwicklung zu stoppen und die Beschäftigten vor Ausbeutung zu schützen.“

Wolfgang Stadler, Vorsitzender des Vorstandes des AWO-Bundesverbandes:

„Schon heute leidet die Pflegebranche unter einem akuten Fachkräftemangel. Viele junge Menschen sehen ihre Zukunft nicht in der Pflege, weil soziale Berufe in Wertschätzung und Bezahlung weit abgehängt sind. Es darf nicht sein, dass eine Arbeit an Maschinen bei gleicher Qualifikation höher angesehen ist und deutlich besser bezahlt wird als die Arbeit mit Menschen. Wir können den Fachkräftemangel nur bekämpfen, wenn wir die Pflegeberufe aufwerten und besser bezahlen. Das Pflegelöhneverbesserungsgesetz, das kürzlich erst verabschiedet wurde, ebnet den Weg für einen bundesweiten, allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die Pflegebranche.“

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Die Pflegeversicherung muss reformiert werden. Das bekannteste Problem sind die immer weiter steigenden Eigenanteile, die im Pflegeheim bezahlt werden müssen. Insgesamt steigen die Kosten für die Pflege, aber die Leistungen der Pflegeversicherung sind gedeckelt. Lohnerhöhungen und Qualitätsverbesserungen in der Pflege müssen heute vollständig von den pflegebedürftigen Menschen finanziert werden oder vom Sozialamt, wenn die Eigenmittel aufgebraucht sind. Die Pflegeversicherung muss deshalb zu einer bedarfsdeckenden Sozialversicherung ausgebaut werden. Die begründeten Kostensteigerungen für die Pflege müssen von der Pflegeversicherung finanziert werden. Die pflegebedürftigen Menschen übernehmen einen begrenzten und kalkulierbaren Eigenanteil.“

Klaus Hommel, Angehörigeninitiative „Eigenanteile der Pflegekosten in Seniorenheimen senken“:

„Pflegebedürftige müssen jede kleine Verbesserung finanzieren: durch höhere Versicherungsbeiträge und durch höhere Eigenanteile, die immer weiter steigen. Diese Situation ist für uns untragbar, denn Pflegebedürftigkeit darf nicht ins Sozialamt führen. Wir wollen gute Löhne für die Pflegekräfte und eine gute Pflege; das muss von allen mitfinanziert werden. Wir wollen, dass die Eigenanteile der Pflegebedürftigen sofort gesenkt und mittelfristig durch eine Pflegebürgervollversicherung abgeschafft werden. Die Bundesregierung muss umgehend einen Zeitplan für die Einführung einer zukunftsorientierten Pflegeversicherung vorlegen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 25.11.2019

Deutscher Familienverband (DFV), Verbraucherverbände und Gewerkschaften veröffentlichen gemeinsames Positionspapier.

Bezahlbarer Wohnraum ist in Ballungsräumen zur umkämpften Mangelware geworden. „Überhöhte Mietpreise drängen Menschen zunehmend an den Rand der Existenz. Insbesondere Familien haben unter explodierenden Mieten zu leiden. Es findet sich kaum noch bezahlbarer Wohnraum für eine Familien mit zwei, drei oder vier Kindern“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes.

Der DFV fordert mit mehreren Verbraucherverbänden und Gewerkschaften Reformen, damit Wohnen wieder bezahlbar wird. Das heute veröffentlichte Positionspapier der insgesamt 13 Organisationen nennt hierzu konkrete Vorschläge.

In Zeiten einer aufgeheizten Wohnraumdebatte haben Mieter- und Vermieterverbände, Verbraucherorganisationen und Gewerkschaften eine gemeinsame und zugleich differenzierte Position in zentralen Fragen des bezahlbaren Wohnraums gefunden.

„Der sich selbst regulierende Wohnmarkt hat versagt“, so Heimann. „Wir brauchen Mechanismen, die Mietpreisspekulationen verhindern, das Wohnen im ländlichen Land fördern, die Bau- und Nebenkosten senken und Haus- und Wohneigentum effektiv unterstützen.“

Im Positionspapier (Download) finden sich konkrete Forderungen des Deutschen Familienverbandes, der Verbraucherverbände und Gewerkschaften.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 14.11.2019

Am 3. Dezember ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung. Anlässlich dessen sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Kinder mit Behinderung und ihre Eltern brauchen eine gute Unterstützung von Anfang an – und das möglichst unkompliziert. Behinderte Kinder und ihre Eltern haben Anspruch auf unterschiedliche Hilfen wie Frühförderung, Reha oder auch Umbaumaßnahmen in der Wohnung. Sie brauchen auch Begleitung und Unterstützung in Fragen des Aufwachsens von Kindern und der Erziehung. Der Weg dahin ist aber oft weit und mit großen Hürden verbunden. Wenn Kinder mit einer Behinderung zur Welt kommen oder durch Unfall oder Krankheit behindert werden, gerät das Leben der ganzen Familie aus dem Lot. Die Eltern sind besonders gefordert. Was sie in dieser Situation am wenigsten brauchen, sind unnötige Bürokratie und wechselnde Ansprechpartner und Zuständigkeiten in einem undurchsichtigen Dschungel an Hilfen. Für sie darf nicht das dringlichste Problem sein, ob eine Leistung von der Krankenkasse, dem Jugendamt oder dem Sozialamt übernommen wird. Wir brauchen eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe, mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit und Hilfen für die Familien aus einer Hand. Für behinderte Kinder und ihre Familien darf der Weg hin zu einem selbstbestimmten Leben nicht zu einem Irrweg werden, auf dem die wichtige Förderung der Kinder und die Begleitung der Eltern auf der Strecke bleiben."

Hintergründe zu Frühförderung bietet ein Wissen kompakt der Diakonie unter https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/fruehfoerderung/

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 02.12.2019

Auf Grund der heute bekanntgewordenen Bestrebungen im Bundesarbeitsministerium, die vom Bundesverfassungsgericht festgelegte Sanktionsgrenze zu unterlaufen, erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik:

"Bei der Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils muss es darum gehen, die Einhaltung der sozialen Menschenrechte besser zu gewährleisten, nicht darum, Schlupflöcher für möglichst drastische Sanktionen zu suchen.

Das Bundesverfassungsgericht hat klipp und klar festgestellt, dass Sanktionen von mehr als 30 Prozent die Existenz gefährden, nur unter sehr engen Auflagen möglich sind und rückholbar sein müssen.

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat öffentlich versprochen, die Sanktionen zu begrenzen und sich an diese Vorgaben zu halten. Er hat versprochen, auch die Sanktionen für unter 25-Jährige zu begrenzen. Bei der Formulierung der fachlichen Weisungen durch das BMAS und die Bundesagentur für Arbeit muss diese Position ohne Abstriche deutlich werden. Dabei muss auch klar werden, dass Kürzungen an den Kosten der Unterkunft ausgeschlossen sind."

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 27.11.2019

– Zivilgesellschaftliche Organisationen aus Frankreich, Italien, Polen und Deutschland präsentieren Forderungskatalog für neue EU-Kommission

– EU-Kommission muss Menschenrechtsverletzungen von EU-Staaten abstellen

– Unterzeichner fordern EU-weiten Flüchtlingsstatus

– Bündnis verlangt von EU-Institutionen und Regierungen Eintritt in "postpopulistisches Zeitalter und Rückkehr zu vernünftiger Sachpolitik"

Europa braucht einen Neustart seiner Asyl- und Migrationspolitik auf der klaren Grundlage geltender Konventionen und Grundrechte. Dies fordert ein breites Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Kommunen aus Frankreich, Italien, Polen und Deutschland in einem Aktionsplan, der Montag in Berlin vorgestellt wurde. Das bedingungslose Recht auf faire Asylverfahren, die uneingeschränkte Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und weiterer Menschenrechtsinstrumente sowie eine gerechte Aufteilung der Verantwortung zwischen den Mitgliedsstaaten müssten in aller Entschiedenheit durchgesetzt werden. Vor genau 20 Jahren sei auf dem Rat im finnischen Tampere eine gemeinsame EU-Politik nach diesen Kriterien feierlich eingeläutet worden – die neue EU-Kommission müsse ihr nun neues Leben einhauchen. Das Bündnis fordert die europäischen Institutionen und Regierungen wörtlich dazu auf, "in ein postpopulistisches Zeitalter einzutreten und mit Gelassenheit und Augenmaß zu einer vernünftigen Sachpolitik zurückzukehren."

Der 5-Punkte Plan sieht die EU-Kommission in der Pflicht, die Einhaltung der EU- Asylgesetze sicherzustellen und Menschenrechtsverletzungen durch EU-Staaten abzustellen. Außerdem müsse ein neues Zuständigkeitssystem entwickelt werden, das berechtigte Interessen von Asylsuchenden berücksichtigt. Nur so könne Sekundärmigration verhindert werden. Zudem fordern die Organisationen ein vorläufiges, freiwilliges Umverteilungs-Programm und einen EU-weiten Flüchtlingsstatus, der eine frühe Freizügigkeit ermögliche.

Dazu erklärt Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland: "Wir müssen an die Aufbruchstimmung im finnischen Tampere anknüpfen: Wir brauchen eine auf Menschenrechten und Flüchtlingsschutz basierte Asyl- und Migrationspolitik, die von allen Mitgliedstaaten getragen wird. Wir erwarten von der Kommission, dass sie als Hüterin der EU-Verträge die verheerende Situation für Asylsuchende an den Außengrenzen abstellt. Außerdem sollte die Kommission bei Überlegungen für eine Reform von Asylzuständigkeiten von einer verpflichtenden Prüfung von sicheren Drittstaaten für Asylsuchende Abstand nehmen, wie es derzeit für syrische Antragsteller in Griechenland der Fall ist. Dies sendet ein falsches Signal an diejenigen Länder, die viel größere Zahlen von Flüchtlingen aufnehmen als die EU."

Ellen Ueberschär, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, unterstreicht: "Dieser Berliner Aktionsplan ist ein deutlicher Appell an die neue Kommission. Die Blockaden in der Europäischen Asyl- und Migrationspolitik müssen jetzt überwunden werden, ein Weiter-So darf es hier nicht geben.

Zivilgesellschaftliche Akteurinnen und Akteure sowie Kommunen, die vorangehen und sich in diesem Bereich engagieren wollen, müssen jetzt europäisch gestärkt statt behindert oder sogar kriminalisiert werden. Es braucht dringend eine menschenwürdige und auf den Rechtsgrundsätzen und -prinzipien der Europäischen Union basierende gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik."

Für Thierry Le Roy, Präsident der französischen Organisation France Terre d’Asile, kommt es dabei insbesondere auf das deutsch-französische Tandem an:

"Frankreich und Deutschland müssen nun in einem ersten Schritt gemeinsam vorangehen und eine Koalition der Gleichgesinnten bilden, um das elendige Sterben im Mittelmeer und die menschenunwürdigen Irrfahrten der sogenannten Dubliners zu beenden. Der Malta-Mechanismus ist dafür ein erster notwendiger Schritt, reicht dafür aber noch nicht aus. Dem deutsch-französischen Tandem kommt eine besondere Bedeutung dabei zu, die neue Kommission darin zu unterstützen, eine gemeinsame Europäische Asyl- und Migrationspolitik im Sinne unseres Berliner Aktionsplanes voranzubringen. Diese richtet sich in besonderer Weise auch an die Regierungen in Paris und Berlin."

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. und Heinrich-Böll-Stiftung vom 25.11.2019

Der Bundesvorstand der SPD hat heute einen Vorschlag zur Einführung einer Kindergrundsicherung beschlossen. Dazu sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Wir begrüßen den Vorstoß der SPD für eine einheitliche Kindergrundsicherung. Wenn die SPD das bisherige Nebeneinander von Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag und Kinderregelsatz beenden und eine einheitliche, existenzsichernde Leistung für alle Kinder schaffen will, sollte sie allerdings den ganzen Weg gehen – und nicht auf halber Strecke stehen bleiben.

Denn das bisherige Nebeneinander verschiedener Unterstützungswege darf nicht durch neue bürokratische Hürden abgelöst werden. Das Misstrauen gegenüber den Eltern muss beendet werden.

Deshalb wäre die Zusammenfassung der kindbezogenen Leistungen in eine Pauschale der richtige Schritt."

Hintergrund: Der Bundesvorstand der SPD hat heute sein Konzept für eine sozialdemokratische Kindergrundsicherung beschlossen. Die Diakonie Deutschland setzt sich seit längerem für diesen Schritt ein und begrüßt daher das Vorhaben.

Sie erhofft sich davon ein Ende des Wirrwarrs von Hin- und Rückrechnungen zu Lasten der Familien durch die verschiedenen Leistungsträger. Sie erwartet eine größere Klarheit über Leistungsansprüche, die die Familien haben.

Zugleich weist sie daraufhin, dass bei der Finanzierung der Leistung die Kinder im Fokus stehen müssen und es nicht nur um einen Ausgleich zwischen armen und reichen Familien, sondern auch zwischen Haushalten mit und ohne Kindern gehen muss.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 25.11.2019

Die Diakonie will Geschlechtergerechtigkeit und Vielfalt in ihren Einrichtungen und Diensten stärken. Dazu hat sie eine repräsentative Erhebung unter den diakonischen Einrichtungen und Angeboten sowie Landes- und Fachverbänden durchgeführt. Mit dem Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Diakonie gibt es erstmalig verlässliche Zahlen darüber, wie Frauen und Männer in Führungspositionen, Aufsichts- und Entscheidungsgremien vertreten sind. Zudem zeigt die Erhebung die Zusammensetzung der Mitarbeitenden in der Diakonie – sowohl hinsichtlich des Geschlechts als auch weiterer Vielfaltskriterien.

"Geschlechtergerechtigkeit darf in unseren diakonischen Einrichtungen und Diensten kein Lippenbekenntnis bleiben", sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie.

"Zwar sind von unseren rund 600.000 fest angestellten Mitarbeitenden mehr als drei Viertel weiblich. Auf der Führungsebene und in Gremien haben aber auch wir deutlichen Nachholbedarf."

Bereits 2016 hatte sich die Diakonie durch ihren Corporate Governance Kodex das Ziel gesetzt, eine geschlechtergerechte Zusammensetzung von Gremien, Organen und Leitungsstellen zu erreichen. Dazu soll bis 2026 ein Mindestanteil von jeweils 40 Prozent Frauen und Männern umgesetzt sein. "Durch den Gleichstellungsatlas haben wir erstmals ein genaues Bild davon, wie Gleichstellung und Diversität innerhalb der Diakonie bereits umgesetzt sind", sagt Lilie. Der Atlas zeige auch, wo erheblicher Nachholbedarf bestehe und Bemühungen gezielt verstärkt werden müssen. "Die Ergebnisse sind eine gute Grundlage dafür, die Chancengerechtigkeit in unseren Einrichtungen und Diensten zu verbessern. Wir werden dieses Ziel nun in einer konsequenten und effektiven Strategie verankern und entsprechende Vorschläge entwickeln, welche Maßnahmen von der Diakonie Deutschland sowie den Landes- und Fachverbänden zu ergreifen sind", betont der Diakonie-Präsident.

Der Atlas zeigt, dass institutionalisierte Gleichstellungsarbeit und Maßnahmen zur Verankerung strukturierter familienorientierter Personalpolitik ersten Eingang in die Tätigkeit der diakonischen Organisationen gefunden haben.

Deutlich werden jedoch auch geschlechtsspezifische Ungleichheiten: Frauen sind in diakonischen Aufsichts- und Entscheidungs-Gremien sowie Leitungspositionen noch unterrepräsentiert, obwohl 77 Prozent der Mitarbeitenden weiblich sind. Der durchschnittliche Frauenanteil in der obersten Leitungsebene (Vorstände, Geschäftsführungen) von Einrichtungen der Diakonie lag 2018 bei 31 Prozent, unter den Vorsitzenden dieser obersten Leitungsebene beträgt er 25 Prozent. Der durchschnittliche Frauenanteil in Aufsichtsräten von Einrichtungen der Diakonie lag 2018 bei durchschnittlich 29 Prozent.

Auch Voll- und Teilzeitbeschäftigung sowie Einkommen sind geschlechtsspezifisch ungleich verteilt: So sind 55 Prozent aller Mitarbeitenden der Diakonie Frauen, die in Teilzeit arbeiten. Männer sind in der obersten Gehaltsklasse am stärksten vertreten im Vergleich zu den anderen Gehaltsklassen. Insgesamt 75 Prozent der Mitarbeiterinnen der Diakonie üben Tätigkeiten aus mit den zwei niedrigsten Anforderungsniveaus – also Hilfs- und Anlerntätigkeiten sowie fachlich ausgerichtete Tätigkeiten. Bei den männlichen Mitarbeitenden sind es 63 Prozent.

Die repräsentative Erhebung unter diakonischen Einrichtungen und Diensten sowie Landes- und Fachverbänden wurde 2018 vom Berliner Forschungsinstitut House of Research im Auftrag der Diakonie Deutschland durchgeführt. Erhoben wurden erstmals geschlechtsdifferenzierte Daten zur Repräsentanz von Frauen und Männern in Führungspositionen, Entscheidungs- und Aufsichtsgremien und in Mitarbeitendenvertretungen in der Diakonie, zum Stand institutionalisierter Gleichstellungsarbeit und zu Maßnahmen familienorientierter Personalpolitik.

Gleichzeitig enthält der Atlas auch eine Bestandsaufnahme der Beschäftigtenstruktur nach Geschlecht und anderen Diversitätskriterien.

Den Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Diakonie 2019 finden Sie unter www.diakonie.de/gleichstellungsatlas/

Den Diakonischen Corporate Governance Codex finden Sie unter www.diakonie.de/diakonie-corporate-governance-kodex/

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 12.11.2019

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) ernennt Prof. Dr. Ursula Nelles, 1. Vorsitzende des Verbands von 1997 bis 2001 zur Ehrenpräsidentin. Die Urkunde wird im Rahmen eines strafrechtlichen Symposiums anlässlich ihres 70.

Geburtstags mit anschließendem Empfang zu ihren Ehren an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster überreicht. Die Laudatio hält Elisabeth Kotthaus.

Dazu erklärt die Präsidentin des djb Prof. Dr. Maria Wersig: "Das Wirken von Ursula Nelles hat viele Frauen inspiriert. Sie hat es ermöglicht, dass heute in Strafrechtswissenschaft und -praxis nicht nur viele Frauen erfolgreich tätig sind, sondern dass Genderperspektiven im Strafrecht, zum Beispiel die Probleme beim Schutz vor sexualisierter Gewalt, ein selbstver-ständlicher Bestandteil des Fachs und auch der Rechtspolitik sind. Es gibt noch viel zu tun auf dem Gebiet der Gleichstellung von Frauen – die Hartnäckigkeit von Ursula Nelles, verbunden mit Sachlichkeit und höchster Kompetenz ist vielen Weggefährtinnen und den nachfolgenden Juristinnengenerationen ein Vorbild.«

Im djb wirkte Ursula Nelles von 1995 bis 1997 und von 2002 bis 2005 als Vorsitzende der Strafrechtskommission. In ihre Amtszeit fiel unter anderem die Einführung der Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe. Als 1. Vorsitzende des djb setzte sie sich unter anderem für eine europaweite Vernetzung von Juristinnenvereinigungen ein und initiierte die Gründung der Europäischen Juristinnenvereinigung (European Women Lawyers Association, EWLA), deren Gründungsvorsitzende sie war.

Anlässlich des Symposiums finden sich viele wissenschaftliche und rechtspolitische Wegbegleiterinnen von Professorin Nelles in Münster ein.

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Prof. Dr. Ursula Nelles, geboren 1949 in Münster, studierte Rechtswissenschaften in Münster. Nach Promotion 1980, Habilitation 1990 und Lehrstuhlvertretungen in Münster und Hamburg sowie einer Gastdozentur an der niederländischen Universität Nijmegen wurde sie 1991 als Professorin für Strafrecht und Strafprozessrecht an die Universität Bremen berufen. 1994 erfolgte der Ruf an die Westfälische Wilhelms-Universität in Münster. Dort war sie Direktorin des Instituts für Kriminalwissenschaften, von 2004 bis 2006 Dekanin der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und von 2006 bis zu ihrem Ruhestand 2016 Rektorin.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 29.11.2019

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt die Abwahl des AfD-Abgeordneten Brander vom Amt des Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Bundestags durch die Mitglieder des Rechtsausschusses. Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb, betont: "Worte haben Macht, Hass und Hetze sind keine Meinung. Demokratie muss wehrhaft sein! Mit der Abwahl Brandners hat der Rechtsausschuss gezeigt, dass sie es ist."

Die Abwahl entspricht der gemeinsamen Forderung des djb und des Deutschen Anwaltvereins (DAV) vom 15. Oktober 2019. Damals war Brander als Rechtsausschussvorsitzender untragbar geworden, weil er in mehreren beim Kurznachrichtendienst Twitter gesendeten Botschaften den rechtsextremen Anschlag am 9. Oktober 2019 in Halle / Saale verharmloste und antisemitische Äußerungen reproduzierte. Bereits im Frühjahr 2018 hatten der djb und der DAV dazu aufgerufen, Brandner nicht zum Vorsitzenden des Rechtsausschusses zu bestimmen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 13.11.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk startet heute eine Social-Media-Kampagne zu Persönlichkeitsrechten von Kindern in Sozialen Medien. Die Kampagne hat das Ziel, Erziehende für das Mitbestimmungsrecht von Kindern zu sensibilisieren, wenn sie Fotos ihrer Kinder online teilen. Die Kampagne unter dem Motto #DenkenFragenPosten arbeitet mit sechs prägnanten, animierten Motivserien und entsprechenden Claims. Diese Motive werden über einen Zeitraum von ca. drei Wochen vor allem auf Facebook und Instagram geschaltet und führen die Nutzerinnen und Nutzer auf eine Landing-Page (www.dkhw.de/DenkenFragenPosten) mit Informationen rund um den verantwortungsbewussten Umgang mit Kinderfotos in Sozialen Medien. Dabei wird insbesondere darauf hingewiesen, dass die Kinder altersgerecht in die Entscheidung, ob ein Bild oder Video online gepostet wird, eingebunden werden müssen. Wie das aussehen kann, zeigen Tipps mit konkreten Hilfestellungen für Eltern von Kindern verschiedener Altersgruppen.

"Kinder gehören in die Mitte unserer Gesellschaft, und müssen auch im Internet und den Sozialen Medien sichtbar sein. Es geht uns also nicht darum, Kinderfotos im Internet zu verbieten, sondern wir möchten Eltern und andere Erwachsene dafür sensibilisieren, dass sie Fotos und Videos von Kindern nicht ungefragt veröffentlichen oder verbreiten – Kinder haben schließlich auch Persönlichkeitsrechte! Und auch das Recht auf Mitbestimmung ist hier ganz wesentlich. Wir dürfen dabei die Eltern nicht im Regen stehen lassen. Oft brauchen Erwachsene Unterstützung beim verantwortungsvollen Umgang mit Kinderfotos im Internet. Wer Kinderfotos und Videos online veröffentlicht oder teilt, muss sich bewusst sein, dass das keine leichtfertige Entscheidung sein darf. Denn es kann eine Entscheidung sein, die auch Jahre später noch unangenehme und unerwünschte Folgen für das Kind haben kann. Welche Fotos und Videos im Internet landen, muss also sehr verantwortungsvoll entschieden werden. Und genau dabei muss das Kind mit einbezogen werden. Denn es hat das Recht, aktiv mitzubestimmen, ob, wie und mit wem ein Foto oder Video von ihm geteilt wird – es geht schließlich um das Kind", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Wir sehen aber auch die Anbieter von Social-Media- und Messengerdiensten in der Verantwortung. Diese müssen dafür sorgen, dass es für Nutzerinnen und Nutzer einfach auffindbare und verständliche Hinweise zu Fragen des Rechts am eigenen Bild und des Schutzes personenbezogener Daten von Kindern gibt. Zudem sollten Social-Media- und Messengerdienste ihre Strategien, Produkte und Voreinstellungen auch an kinderrechtlichen bzw. kinder- und jugendmedienschutzrechtlichen Maximen ausrichten und ,Safety by Design‘ zum Standard machen. Bei der anstehenden Novellierung des Jugendschutzgesetzes müssen auch diese Aspekte in den Fokus gerückt werden", so Krüger.

Die Social-Media-Kampagne erfolgt im Rahmen eines Projektes der Koordinierungsstelle Kinderrechte des Deutschen Kinderhilfswerkes. Die Koordinierungsstelle Kinderrechte begleitet die Umsetzung der aktuellen Strategie des Europarates für die Rechte des Kindes (Sofia-Strategie 2016-2021) und wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 25.11.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte zur Modernisierung des Strafverfahrens das Vorhaben der Bundesregierung, die Rechte von Kindern und Jugendlichen in Justizverfahren zu stärken. Zugleich plädiert die Kinderrechtsorganisation für weitergehende Änderungen, um eine kindgerechte Justiz nach den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention zu garantieren. Dafür sollte ein eigenständiges Vorrang- und Beschleunigungsgebot in Strafverfahren mit minderjährigen Opferzeuginnen und -zeugen in der Strafprozessordnung festgeschrieben werden, um dem Kindeswohlvorrang gemäß der UN-Kinderrechtskonvention in Strafverfahren Rechnung zu tragen.

Außerdem fordert das Deutsche Kinderhilfswerk eine bundesweite Verpflichtung zur Fortbildung für alle Richterinnen und Richter, die in ihren Verfahren mit Kindern zu tun haben. Dabei sollen die für den kindgerechten Umgang mit minderjährigen Opferzeuginnen und -zeugen erforderlichen Kompetenzen vermittelt werden, denn vom Verhalten der vernehmenden Richterinnen und Richter hängt entscheidend ab, wie Kinder das Verfahren erleben. Bisher gibt es eine Fortbildungspflicht lediglich in drei Bundesländern (Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt). Zudem sollten richterliche Videovernehmungen bei minderjährigen Opfern von Sexualdelikten und anderen schweren Gewalttatbeständen zum bundesdeutschen Standard werden.

"Minderjährige Opferzeuginnen und -zeugen sind besonders schutzbedürftig. Der Staat hat deshalb in besonderem Maße darauf zu achten, dass durch das Strafverfahren Kinder und Jugendliche nicht erneut zum Opfer gemacht werden. Deshalb brauchen wir ein Vorrang- und Beschleunigungsgebot, durch das die Belastungen eines Strafverfahrens so weit wie möglich minimiert werden, natürlich unter Wahrung des Rechts des oder der Angeklagten auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren. Tatsächlich dauern viele Verfahren derzeit zu lang, nicht selten mehrere Jahre. Das muss sich ändern, auch um zu garantieren, dass kindliche Opferzeuginnen und -zeugen so früh wie nötig mit einer Therapie beginnen können. Denn davon wird während eines andauernden Strafverfahrens häufig abgeraten, um die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeuginnen und Zeugen nicht zu gefährden. Das aber ist ein Verstoß gegen die Kinderrechte", betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Wir sehen in der Praxis, dass nur an wenigen Gerichten von der Möglichkeit der richterlichen Videovernehmung von kindlichen Opferzeuginnen und -zeugen im Ermittlungsverfahren Gebrauch gemacht wird. Es besteht mithin ein gravierendes Umsetzungsdefizit der bisher als Soll-Vorschrift ausgestalteten Regelung. Zumeist sind noch nicht einmal die technischen und räumlichen Voraussetzungen geschaffen, um eine solche Vernehmung durchzuführen. Deshalb ist es richtig und wichtig, hier eine Muss-Vorschrift zu verankern und diese auch mit entsprechenden Mitteln zu hinterlegen. Diese Muss-Vorschrift sollte sich nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes nicht auf Sexualdelikte beschränken, sondern auch weitere schwere Gewalttatbestände umfassen", so Lütkes weiter.

Neben der bundesweiten Verpflichtung zur Fortbildung für alle Richterinnen und Richter, die in ihren Verfahren mit Kindern zu tun haben, tritt das Deutsche Kinderhilfswerk dafür ein, Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Schwerpunktgerichte für Jugendschutzverfahren bei der Strafjustiz zu schaffen. Denn bei mehr als 750 Amts- und Landgerichten kann nicht jede Richterin oder jeder Richter in allen Spezialgebieten zu Hause sein. Durch die Spezialisierung bestimmter Gerichte muss nicht jedes einzelne Amts- und Landgericht die Ressourcen für die Videovernehmung und die Schulungen der Richterinnen und Richter aufbringen. Daher wäre es ratsam, diese Verfahren über Gerichtsbezirksgrenzen hinweg zu konzentrieren – wie man es aus dem Wirtschaftsstrafrecht oder bei Staatsschutzsachen kennt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 15.11.2019

In Stuttgart versammelten sich am 20. November, dem Tag der Kinderrechte, 150 Menschen – zwei Drittel davon Kinder –, um für die Umsetzung der UN-Kinderrechte zu demonstrieren. Drei Organisationen – der Kinderschutzbund Stuttgart, die element-i Bildungsstiftung sowie MACH DICH STARK – Die Initiative für Kinder im Südwesten – riefen im Vorfeld zum Protestmarsch auf und stellten zum Abschluss auf dem Kronprinzplatz gemeinsam mit dem Jugendamt, der World Childhood Foundation und dem Mobifant die Rechte der Kinder vor.

„Das Übereinkommen der Vereinten Nationen (UN) über die Rechte der Kinder ist genau 30 Jahre alt. Gemeinsam haben wir in dieser Zeit viel für Kinder erreicht, es liegt aber noch ebenso viel Arbeit vor uns“, betonte Waltraud Weegmann, Geschäftsführerin der element-i Bildungsstiftung, die die Demonstrationsteilnehmerinnen und -teilnehmer in der Stuttgarter Innenstadt begrüßte und die wichtigsten Kinderrechte in Erinnerung rief. „Mit unserem Demonstrationszug möchten wir die Öffentlichkeit auf die Kinderrechte aufmerksam machen, denn wer diese Rechte nicht kennt, kann sie im Alltag auch nicht bewusst beachten“, ergänzte sie.

Demonstrationszug für Kinderrechte

„Kein Kind soll Angst haben müssen!“, „Ich beschütze meine Freunde“, „Kinder sollen Essen und Trinken haben“, „Erziehung ohne Gewalt“, „Kein Kind soll allein sein müssen“, „Hört hin: Kinderstimmen ernst nehmen!“ oder „Jedes Kind soll spielen dürfen!“. Diese und weitere Aufforderungen zierten die selbst gemalten Transparente, welche von den Kindern und Erwachsenen erstellt und mitgebracht wurden. Unter lautem Trillerpfeifenkonzert und mit Sprechchören wie „Kinder haben Rechte“ zogen die Protestierenden damit zum Kronprinzplatz.

„Kinderrechte ins Grundgesetz“

Die Stuttgarter Kinderbeauftragte Maria Haller-Kindler bedankte sich für die Mitwirkung von Kindern und Erzieherinnen und Erziehern aus Stuttgarter Kitas. „30 Jahre Kinderrechte: Das ist ein Grund zu feiern und auf die Straße zu gehen“, sagte sie. „Doch nicht alle halten sich an die Kinderrechte. Das muss sich ändern. Kinderrechte gehören ins Grundgesetz. Dafür müssen wir hier so viel Lärm machen, dass wir bis nach Berlin zu hören sind.“

Recht auf elterliche Fürsorge

Drei Institutionen und Organisationen hatten zur Kinderrechte-Demonstration aufgerufen. Zusammen mit drei Weiteren bauten sie Stände auf, informierten über ihr Engagement und luden die Kinder zum Spielen und Mitmachen ein. Der Deutsche Kinderschutzbund stellte das Recht der Kinder auf Fürsorge in den Fokus. „In vielen Lebenssituationen, zum Beispiel bei Trennung oder Scheidung, sind Eltern überfordert und können sich nicht angemessen um ihre Kinder kümmern. Wir machen uns für bessere Hilfesysteme stark, die Mütter und Väter so unterstützen, dass Kinder gut aufwachsen können“, erklärte Annika Matthias vom Ortsverband Stuttgart des Deutschen Kinderschutzbundes.

Recht auf Bildung

Nebenan am Stand der element-i Bildungsstiftung drückten Kinder ihre Daumen auf farbige Stempelkissen und gestalteten damit ein weißes Stofflaken. Wer des Schreibens mächtig war, konnte das Kinderrecht, das ihm besonders wichtig ist, an einer Wand notieren. „Uns liegt das Recht auf eine gute Bildung besonders am Herzen“, sagte Waltraud Weegmann. „Wir fordern, dass Kinder in unserem Bildungssystem besser als bisher allen Kindern gleichermaßen gute Chancen eröffnet und Kitas und Schulen Orte sind, an denen sie ihre Potenziale voll entfalten können.“

Recht auf Schutz vor sexueller Ausbeutung und Missbrauch

Alexander Ruf von Childhood, einer von Königin Silvia von Schweden vor 20 Jahren gegründeten Stiftung, sagte: „Unser Thema ist der Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch und die Hilfe für betroffene Kinder. Aktuell fördern wir in Deutschland die Entstehung sogenannter Childhood-Häuser. Das sind kindgerechte Einrichtungen in denen Experten aus Justiz, Polizei, Medizin und Jugendamt unter einem Dach zusammenarbeiten und den betroffenen Kindern helfen. Es schützt die betroffenen Kinder davor, immer wieder mit neuen Menschen und in unterschiedlichen Umgebungen über die sexuelle Gewalt, die sie erleben mussten, sprechen zu müssen.“

Recht auf einen angemessenen Lebensstandard

Das Netzwerk „MACH DICH STARK. Die Initiative für Kinder im Südwesten“ bündelt die Kraft von derzeit 23 Partnerinnen und Partnern, Verbänden, Stiftung und Organisationen, um gemeinsam die strukturellen Ursachen von Kinderarmut zu bekämpfen. „In Baden-Württemberg ist derzeit jedes fünfte Kinder von Armut betroffen oder armutsgefährdet. Das beeinträchtigt ihre Chancen. Talente verkümmern, Selbstvertrauen schwindet. Armut setzt sich fort. Diesen Kreislauf müssen wir durchbrechen“, sagte Julia Zeilinger von der Caritas, die das Netzwerk ins Leben rief. „Dafür machen wir uns als Lobby für Kinder gemeinsam stark!“

Recht auf Meinungsäußerung, Information und Gehör

Am Stand des Jugendsamt der Stadt Stuttgart präsentierte Ulrike Tamme die Kinderrechtezeitung. „Viele Jungen und Mädchen haben ein Bild gemalt zu dem Kinderrecht, das für sie am wichtigsten ist. Das Recht auf Spielen, Freizeit und Ruhe bearbeiteten die Kinder am häufigsten, dicht gefolgt von dem Recht auf Bildung und dem auf Familie und elterliche Fürsorge“, erläuterte Ulrike Tamme, die gleich darauf wieder ihr Kinderrechte-Quizrad bediente und einem achtjährigen Mädchen die Frage stellte: „Dürfen Kinder ihre Meinung sagen?“ Folgende Antwortmöglichkeiten standen zur Wahl: 1. Ja, wenn es ihre Eltern erlauben., 2. Nein, denn die Meinung von Kindern ist nicht wichtig. und 3. Ja, denn die Meinung von Kindern ist genauso wichtig wie die von allen anderen. „Drei“, rief das Mädchen, ohne lange überlegen zu müssen. Für die richtige Antwort durfte sie sich einen Luftballon oder einen Bleistift mitnehmen. Zwei andere Kinder saßen unterdessen konzentriert an einem Tischchen und schrieben Kinderrechte-Postkarten, die Ulrike Kieninger direkt mit einer Briefmarke versehen und in einen kleinen Pappbriefkasten geworfen hat.

Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung

Den größten Platz beanspruchte das Spielmobil Mobifant für sich. Das Team hatte allerhand Spielgeräte ausgepackt: Hütchen, Seile und Ringe, Kullerkreisel, Fahrgeräte, Balancierspiele und große hölzerne Brettspiele. „Wir stehen hier für das Recht der Kinder auf Spiel und Freizeit“, sagte Saskia Gompf von Mobifant, einer Dienstleistung der Stuttgarter Jugendhaus Gesellschaft. „Wir fahren sonst Spielplätze und Schulhöfe an und sind auch auf Stadtteilfesten präsent.“ Die Pädagogin kritisierte, dass die Freiräume für Kinder in unserer Gesellschaft immer kleiner würden. „‘Freilaufende Kinder‘ gibt es quasi kaum noch“, weiß sie. Zunehmende Ganztagsschulen und durchorganisierte kindliche Tagesabläufe mache sie dafür verantwortlich. Das Recht der Kinder auf Freizeit, die sie spontan und selbstbestimmt nach den eigenen Bedürfnissen gestalten könnten, komme dabei oft zu kurz.

Mit der Aktion rückten die Veranstalter die wichtigsten Kinderrechte – Rechte der Kinder auf elterliche Fürsorge, auf gerechte Bildungschancen, auf Schutz vor sexualisierter Gewalt, auf einen angemessenen Lebensstandard, auf Meinungsäußerung sowie auf Freizeit, Spiel und Erholung – in den Mittelpunkt.

Wer sich noch einmal genauer mit den UN-Kinderrechten befassen möchte, findet unter www.element-i-bildungsstiftung.de/kinderrechte eine Linkliste mit Kinderrechte-Informationen für Erwachsene und Kinder.

Linkliste der beteiligten Organisationen:

Quelle: Pressemitteilung element-i Bildungsstiftung vom 25.11.2019

Jedes Jahr am dritten Freitag im November rufen DIE ZEIT, Stiftung Lesen und Deutsche Bahn Stiftung dazu auf, ein Zeichen für das Vorlesen zu setzen. Am 15. November 2019 ist es wieder so weit. Zahlreiche Initiativen, Einzelpersonen, Firmen, Verbände, Vereine, Bibliotheken und viele andere beteiligen sich an der Aktion.

Erfreulicherweise mehren sich die Einrichtungen und Initiativen, die an diesem Tag mehrsprachig Begeisterung für Lesen und Vorlesen wecken wollen.

„Deutschland versteht sich noch immer mehrheitlich als einsprachig. Das macht es zwei- und mehrsprachigen Kindern schwer, bildungssprachliche Kompetenzen zu entwickeln. Mehrsprachige Vorleseangebote und Geschichten erzählen unterstützen die Kompetenzen der Kinder“, betont Maria Ringler, Bildungsreferentin beim Verband binationaler Familien und Partnerschaften. Sie verweist auf die Arbeitshilfe des Verbandes, die dabei unterstützt, Vorleseangebote mehrsprachig zu gestalten. „Gerade beim Vorlesen wecken wir Begeisterung, bringen Kinder früh mit Büchern in Kontakt und vermitteln damit einen Zugang zu Wissen und Kultur. Davon profitieren alle Kinder – auch die Einsprachigen,“ so Ringler.

Seit einigen Jahren veröffentlicht der Verband auch Elternbroschüren zu mehrsprachiger Erziehung, die zweisprachig in das Thema einführen. Mittlerweile gibt es die Broschüren in 12 Sprachen.

Mehr Informationen zu Mehrsprachigkeit auf der Seite des Verbandes unter http://www.mehrsprachigvorlesen.verband-binationaler.de/

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V. vom 14.11.2019

Menschen mit Armutserfahrung sind politisch schlechter repräsentiert, Politik wird größtenteils ohne sie gemacht. Die Betroffenen wollen das ändern. Beim „Treffen der Menschen mit Armutserfahrung“ fordern sie: Die politische Teilhabe von Menschen, die in Armut leben, muss gestärkt werden.

Zum mittlerweile 14.-mal richtet am 18. und 19. November 2019 die Nationale Armutskonferenz (nak) in Berlin das Treffen der Menschen mit Armutserfahrung aus.

Das diesjährige Treffen stellt die Frage nach „Anspruch und Wirklichkeit – Wie gelingt Teilhabe für alle?“ Im Rahmen des zweitägigen Programms mit Workshops, Podiumsdiskussionen, Vorträgen und in Gesprächen mit Politiker*innen stehen die Perspektiven von Menschen mit Armutserfahrung im Mittelpunkt (hier der Link zum Programm).

Der Diskurs um Armut in Deutschland wird um die Expert*innenperspektive der Betroffenen bereichert. Hierzu erklärt der Sprecher der nak Gerwin Stöcken:

„Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet kommen einmal im Jahr in Berlin zusammen. Die Treffen der Menschen mit Armutserfahrung bilden das Herzstück der Tätigkeiten der nak. Durch die Treffen werden politische Partizipation, Information, Austausch und Vernetzung von Menschen ermöglicht, deren demokratische Teilhabe durch Armutslagen erschwert ist. Das Treffen ist Impulsgeber, um für die Problemlagen der Menschen zu sensibilisieren und daraus resultierend politische Handlungsbedarfe sichtbar zu machen. Mit diesem Auftrag bringt sich die Nationale Armutskonferenz in den politischen Prozess ein. Es muss ein Umdenken in der Armutspolitik geben. Menschen in Armut dürfen nicht länger ohne politisches Gewicht bleiben.“

Gerwin Stöcken: „Armut ist ein Symptom gesamtgesellschaftlicher Probleme und nicht in erster Linie individuelles Verschulden“, betont Stöcken, „deshalb streitet die Nationale Armutskonferenz für ein menschenwürdiges Miteinander. Sie verleiht Menschen mit Armutserfahrung eine Stimme und ermöglicht es ihnen, ihre Perspektive als Expert*innen in eigener Sache in den armutspolitischen Diskurs einzubringen. Dabei ist die Nationale Armutskonferenz stets am Puls der Zeit, ist mutig und oft auch unbequem“, so Stöcken weiter.

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 18.11.2019

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 05. Dezember 2019

Veranstalter: Deutsches Kinderhilfswerk e.V

Ort: Berlin

Das Deutsche Kinderhilfswerk veranstaltet am 05. Dezember 2019 in Berlin den Fachtag „Kinderrechte, Vielfalt und Mitbestimmung in der Kita“. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen die Fragen, wie sich kinderrechtsbasierte Demokratiebildung erfolgreich in der Praxis von Kindertageseinrichtungen verankern lassen, und wie es gelingt, die Eltern und Familien der Kinder dabei gut einzubinden. Der Fachtag, den das Deutsche Kinderhilfswerk in Kooperation mit dem Institut für Partizipation und Bildung (Kiel) und dem Institut für den Situationsansatz (Berlin) veranstaltet, richtet sich vor allem an Mitarbeitende von Institutionen, Organisationen, Verbänden, Fach- und Hochschulen und Einrichtungen, die im Arbeitsfeld der frühen Bildung, Betreuung und Erziehung in Kindertageseinrichtungen tätig sind.

„Kinderrechte müssen in den Kindertageseinrichtungen zu einer Selbstverständlichkeit werden. Zudem muss es im Kita-Alltag auch darum gehen, ein demokratisches Miteinander von Anfang an zu fördern, in dem Vielfalt wertgeschätzt wird und das alle Kinder aktiv mitgestalten können. Denn ein solches Bildungsumfeld wirkt sich positiv auf die Identitätsentwicklung von Heranwachsenden aus. In einer Kita, in der die pädagogische Arbeit konsequent an den Rechten der Kinder orientiert ist, erleben Kinder, dass sie selbstwirksam sind, in ihrer Individualität wertgeschätzt werden und dass Diskriminierungen jeglicher Art keinesfalls in Ordnung sind. Wir müssen die Entwicklung der demokratischen Kompetenzen von Kindern von klein auf fördern und sie in ihrem Aufwachsen als offene, selbstwirksame und einander wertschätzende Individuen begleiten“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Seit 2017 hat das Deutsche Kinderhilfswerk im Rahmen des Projekts „bestimmt bunt – Vielfalt und Mitbestimmung in der Kita“ deutschlandweit zehn Kindertageseinrichtungen zu den Themen Kinderrechte, Vielfalt und Mitbestimmung fortgebildet und in ihrer Umsetzungsarbeit begleitet. Die Kita-Qualifizierungen wurden im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert. Der Fachtag stellt den fachlichen Abschluss des Projekts dar und bietet die Gelegenheit, die Projektergebnisse und vielfältigen Erfahrungen, die in Zusammenarbeit mit den Modelleinrichtungen in den vergangenen Jahren gesammelt wurden, darzustellen und mit einem breiten Fachpublikum zu diskutieren.

Nähere Informationen zum Fachtag und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es unter https://doo.net/veranstaltung/40807/buchung. Der Fachtag wird im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

AUS DEM ZFF

Anlässlich der veröffentlichten Eckpunkte des SPD-Konzeptes für eine sozialdemokratische Kindergrundsicherung begrüßen die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) die Reformideen als richtungsweisend.

Das durch den SPD Parteivorstand vorgestellte Konzept einer „sozialdemokratischen Kindergrundsicherung“ baut auf zwei Säulen auf: Auf der einen Seite steht der Ausbau sozialer Infrastruktur für die bessere Teilhabe von Kindern und Jugendlichen vor Ort, auf der anderen Seite soll eine existenzsichernde Leistung für Kinder, die bisherige Familienleistungen zusammenführt, einfacher und sozial gerechter ausbezahlt werden. Perspektivisch wird eine Neuberechnung des Existenzminimums von Kindern angestrebt.

Hierzu erklärt der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler: Das vorgelegte Konzept einer sozialdemokratischen Kindergrundsicherung weist den richtigen Weg und zeigt, wie die Bekämpfung der Kinderarmut in unserem Land gelingen kann: Nur in der Verbindung von guter und armutssensibler Infrastruktur für Kinder und Jugendliche vor Ort mit einer Geldleistung, die den Mindestbedarf für alle sicherstellt, haben die Familien die Chance, ihren Kindern ein gutes Aufwachsen in Wohlergehen zu ermöglichen. Und das ist dringend nötig: Jedes fünfte Kind wächst in Deutschland armutsgefährdet auf und ist damit einem größeren Risiko ausgesetzt, weniger an unserer Gesellschaft teilhaben zu können und schlechtere Zukunftschancen zu haben – materiell, gesundheitlich, sozial und in der Bildung. Dies bestätigt auch die kürzlich veröffentlichte AWO-ISS Langzeitstudie. Wir müssen den Zusammenhang von Armut und mangelnder Teilhabe für Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft endlich durchbrechen! Ernsthaftes Handeln ist von Seiten der Bundesregierung hier längst überfällig.“

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, fährt fort: „In jedem fünften Kinderzimmer unseres Landes spielt die Armut mit und dies trotz wirtschaftlich guter Rahmenbedingungen. Gleichzeitig leisten wir es uns, Familien mit höheren Einkommen für ihre Kinder über die Steuer deutlich stärker zu entlasten, als wir am unteren Einkommensrand über das Kindergeld fördern. Mit dieser Ungerechtigkeit muss endlich Schluss sein und das System der Familienförderung gehört „vom Kopf auf die Füße“ gestellt. Das Konzept einer sozialdemokratischen Kindergrundsicherung schlägt hier wichtige und richte Schritte vor. Gleichzeitig nimmt die SPD mit dem Einbezug des Kinderfreibetrages aus dem Steuerrecht und der Forderung nach einer Neubemessung des Existenzminimums unsere Forderung, dass jedes Kind gleich viel wert sein soll, endlich ernst. Auch wenn das SPD Konzept wesentliche Bausteine einer Kindergrundsicherung enthält, wie sie von einem breiten Bündnis seit 2009 gefordert wird, muss dringend darauf geachtet werden, dass die neue Geldleistung nicht hinter dem Status quo zurückfällt. Schon heute bekommen Familien, die vom Kinderzuschlag und Kindergeld profitieren, 408 Euro und damit das sächliche Existenzminimum ausbezahlt. Hinter dieser Höhe dürfen wir keinesfalls zurückbleiben!“

Als AWO und ZFF fordern wir gemeinsam mit vielen weiteren Verbänden seit nunmehr 10 Jahren eine Kindergrundsicherung, die das System der Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ stellt, alle Kinder als gleichwertig anerkennt und ihnen das gleiche Existenzminimum zugesteht, welches neben dem Grundbedarf auch gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. und AWO Bundesverband e. V. vom 21.11.2019

AKTUELLES

"Entlastung gesucht – Gute Politik für Frauen mit geringem Einkommen" heißt die veröffentlichte FES-Studie, die Sie hier kostenlos downloaden und/oder als Druckexemplar bestellen können: https://www.fes.de/gute-politik-fuer-frauen-mit-geringem-einkommen

Frauen mit geringem Einkommen sind in der Regel in Erwerbsverhältnissen, die von „guter Arbeit“ weit entfernt sind. Das bedeutet zum einen, dass jeder Cent zählt, besonders für die Mütter unter ihnen. Zum anderen ist die Vereinbarkeit des Jobs mit der Fürsorge für Kinder oder für ältere Angehörige noch schwieriger. Die notwendige Zeit(souveränität) fehlt, und das Einkommen reicht oft nicht aus für private Betreuungsangebote. Für alleinerziehende Frauen kommt erschwerend hinzu, dass finanzielle Engpässe oder Fürsorgebedarfe nicht partnerschaftlich aufgefangen werden können. Was kann Politik tun, um Frauen mit geringem Einkommen zu entlasten? Die Autor_innen der Studie formulieren – basierend auf einer qualitativen und quantitativen Befragung von über 2.000 Frauen mit Kindern und ohne Kinder mit geringem Einkommen – konkrete Handlungsempfehlungen.

Hier auch die Berichterstattung im Tagesspiegel: https://www.tagesspiegel.de/politik/studie-ueber-frauen-mit-prekaeren-einkommen-lebensentwuerfe-weichen-stark-von-der-realitaet-ab/25266842.html

Auf der Seite der Familienforschung BW finden Sie die Vorträge und Impulse der beiden Veranstaltungstage sowie einige Bilder der Veranstaltung:

https://www.statistik-bw.de/FaFo/Analysen/Hohenheimer_Tage_DOK_2019-10-22.jsp

Auf der Seite der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart ist ein Tagungsbericht hinterlegt: https://www.akademie-rs.de/vrueck_22434

Partizipation ist ein wesentlicher Bestandteil im Integrationsprozess. Partizipation bedeutet Teilhabe und Inklusion in die verschiedenen gesellschaftlichen Lebensbereiche. Partizipation stärkt die Selbstwirksamkeit der Individuen und fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Doch was verstehen wir eigentlich unter Partizipation? Welche Form der Partizipation ist überhaupt möglich, wenn nicht alle die gleichen Rechte bzw. Zugänge zu Rechten und Möglichkeiten der Teilhabe haben? Wie kann Partizipation dennoch gestärkt werden?

Diese Fragen und Erkenntnisse aus der Projektarbeit im Bereich des Empowerments mit geflüchteten Frauen und anderen schutzbedürftigen Personen standen im Fokus eines Fachtags am 18. Oktober 2018 in Berlin. Auf Einladung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege kamen rund 100 Fachkräfte, Aktivist*innen und Geflüchtete zusammen und tauschten sich über gelungene Ansätze und Rahmenbedingungen der Empowermentarbeit mit geflüchteten Frauen aus.

Die Erkenntnisse und Anregungen aus den Workshops und Vorträgen sind in der vorliegenden Publikation zusammengefasst. Deutlich werden dabei die große Bedeutung von Partizipation und Teilhabe, aber auch bestehende Hürden und Herausforderungen. Zusätzlich werden viele Handlungsempfehlungen für eine Stärkung partizipativer Ansätze in der Arbeit mit geflüchteten Frauen beschrieben. Das Impulspapier möchte damit Anregungen für die Projektpraxis geben und zu weiterer Reflexion und Diskussion anregen.

Seit 2016 fördert die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Projekte im Bereich der Empowermentarbeit mit geflüchteten Frauen und anderen schutzbedürftigen Personen, darunter auch ein Projekt der Arbeiterwohlfahrt mit aktuell 11 bundesweiten Standorten.Ziel der Projekte ist die Förderung von Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Teilhabe von geflüchteten Frauen und anderen schutzbedürftigen Personen.

Das Impulspapier "Partizipation in der Arbeit mit geflüchteten Frauen" kann auf der Homepage der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege heruntergeladen werden (PDF): BAGFW Impulspapier Partizipation in der Arbeit mit geflüchteten Frauen