ZFF-Info 16/2023

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AUS DEM ZFF

Am Dienstag, dem 28.11.2023, fand die öffentliche Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Bundestag zum Selbstbestimmungsgesetz statt. Das Zukunftsforum Familie hat dazu eine Stellungnahme eingereicht. In dieser wird das Vorhaben einen Selbstbestimmungsgesetzes grundsätzlich als Verbesserung zum jetzigen TSG begrüßt. Gleichzeitig wird dringender Nachbesserungsbedarf angemahnt, denn in einigen Paragrafen und Begründungen scheint ein nicht gerechtfertigtes Misstrauen durch. So müssen insbesondere Ausschlüsse für bestimmte Gruppen von Ausländer*innen, die Zustimmungspflicht der Erziehungsberechtigen bei 14-17-Jährigen und eine automatisierte Weitergabe von Informationen an Sicherheitsbehörden dringend überdacht werden. Außerdem erinnert die Stellungnahme an die dringend benötigte Reform des Abstammungsrechts und spricht sich dagegen aus, dieser im Selbstbestimmungsgesetz vorwegzugreifen und Verschlechterungen für trans*, nicht-binäre und intergeschlechtliche Eltern einzuführen.

Die Stellungnahme finden Sie hier.

Heute findet nach langen und mühsamen Verhandlungen endlich die Expert*innenanhörung zum Bundeskindergrundsicherungsgesetz im Deutschen Bundestag statt. Das ZFF äußert sich kritisch zum vorgelegten Gesetzentwurf, da er in seiner jetzigen Version nur bedingt das Versprechen halten kann, Kinder und Jugendliche aus der Armut zu holen.

Sophie Schwab, Geschäftsführerin des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), erklärt dazu: „Wir brauchen grundlegende Verbesserungen am Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren. Der Gesetzentwurf zeigt an einigen Stellen Wege zur Lichtung des Familienförderdschungels auf, aber insgesamt ist er ein unausgegorenes Ergebnis politischen Streits, der das Ziel aus dem Blick verloren hat. Wir erwarten eine #EchteKindergrundsicherung. Das ZFF fordert deshalb neben einer ausreichenden und armutsvermeidenden Höhe der neuen Leistung, die Vermeidung von Doppelstrukturen, mehrfacher Antragsstellung und auch ein Ende der Bevorteilung von vermögenden Eltern durch die Kinderfreibeträge. Zudem ist eine #EchteKindergrundsicherung eine Leistung für alle Kinder, weshalb der Ausschluss von Kindern im Asylbewerberleistungsbezug nicht akzeptabel ist.  

Gelingen diese Nachbesserungen nicht, wird diese neue Leistung keinen großen Beitrag beim Kampf gegen Kinderarmut und sozial gerechter Umverteilung leisten können. Nur eine #EchteKindergrundsicherung kann das Versprechen einhalten, Kinder und Jugendliche aus der Armut zu holen und ihre Teilhabe zu stärken!“ 

Schwab ergänzt: „Wir haben jetzt die Möglichkeit, den Grundstein für eine gute und nachhaltige Reform zu legen und das bisher ungerechte System der familienfördernden Leistungen vom Kopf auf die Füße zu stellen. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten und dieses Zeitfenster im Sinne der Kinder, Jugendlichen und ihrer Familien bestmöglich nutzen.“

Unsere überarbeitete Stellungnahme zum Gesetzentwurf können Sie hier herunterladen. 

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 13.11.2023

SCHWERPUNKT I: Selbstbestimmungsgesetz

Warnungen von Experten und besorgten Eltern werden ignoriert

Die heutige öffentliche Anhörung zum Selbstbestimmungsgesetz im Bundestag hat die Schwächen des Ampel-Vorhabens zu einem Selbstbestimmungsgesetz offengelegt. Dazu erklären die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär, und die zuständige Berichterstatterin Mareike Lotte Wulf:

Dorothee Bär: „Die Experten haben die Einwände bestätigt: Der Gesetzentwurf ist vor allem aus kinder- und jugendpolitischer Sicht gefährlich. Gerade die grüne Bundesfamilienministerin Lisa Paus handelt hier unverantwortlich. Statt ihrem Schutzauftrag für Kinder- und Jugendliche nachzukommen, ignoriert die Ampel beharrlich die Warnungen der Fachwelt wie auch die Stimmen von besorgten Eltern und peitscht ein weiteres Ideologieprojekt rücksichtslos durch. Die wenigsten Jugendlichen fühlen sich in ihrem Körper wohl während der Pubertät, söhnen sich mit ihrem Geburtsgeschlecht aber später wieder aus. Der Druck in den sozialen Medien und ein solches Gesetz wirken zusätzlich affirmativ.  Kinder und Jugendliche ohne Begutachtung in eine solch lebensverändernde Maßnahme wie einen Geschlechtswechsel hineinlaufen zu lassen, ist fahrlässig. Die Ampel gefährdet eine vulnerable Gruppe und richtet insgesamt mehr Schaden an als Nutzen.“

Mareike Lotte Wulf: „Die völlige Entkoppelung des rechtlichen vom biologischen Geschlecht sorgt nicht nur für Kopfschütteln bei vielen Menschen in unserem Land, sondern führt zu handfester Rechtsunsicherheit – gerade auch für Betroffene. Nachdem wir als Unionsfraktion bereits in den letzten Wochen immer wieder die rechtlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen kritisiert haben, die das Selbstbestimmungsgesetz der Ampel verursachen würde, hat nun auch die heutige Expertenanhörung im Deutschen Bundestag gezeigt: Die Ampel blendet die rechtlichen Folgen ihres Gesetzes weitestgehend aus – etwa, wenn es um den Zugang zu Frauenschutzräumen oder gleichstellungspolitische Maßnahmen wie Frauenquoten geht. Was es statt dem sturen ‚Kopf durch die Wand‘-Vorgehen der Ampel nach den heutigen Eindrücken bräuchte, ist eine objektive Rechtsfolgenabschätzung, eine Plausibilitätsprüfung für den Wechsel des rechtlichen Geschlechts sowie einen Übereilungsschutz für Kinderund Jugendliche.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 28.11.2023

Sachverständige haben den Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften (20/9049) teils begrüßt und zugleich Verbesserungen gefordert, teils aber auch kritisiert. In der öffentlichen Anhörung des Familienausschusses bezeichnete Nele Allenberg vom Deutschen Institut für Menschenrechte den Gesetzentwurf am Dienstag als „verfassungsrechtlich elementares Vorhaben“.

Kernstück des Gesetzentwurfs ist ein sogenanntes Selbstbestimmungsgesetz. Es sieht vor, dass eine Änderung drei Monate vorher beim zuständigen Standesamt angemeldet werden muss. Für unter 15-Jährige soll nur der gesetzliche Vertreter die Erklärung abgeben können, über 14-Jährige sollen sie mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters selbst abgeben können. Stimmt dieser nicht zu, soll das Familiengericht die Zustimmung ersetzen können, „wenn die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht“.

Allenberg wertete es positiv, dass Minderjährige ihren Geschlechtseintrag ändern lassen können, was der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen entspreche. Allerdings empfahl sie, die Altersgrenze und die Zustimmung der Sorgeberechtigten zu überdenken, weil dies die subjektiven Kinderrechte einschränke. Die Regelung, dass im Konfliktfall das Familiengericht die Zustimmung der Eltern ersetzt, birgt aus ihrer Sicht die Gefahr, dass auf ein Gutachten zurückgegriffen wird. Eine Fremdbegutachtung sei jedoch zu vermeiden. Darüber hinaus kritisierte Nellenberg die Weiterleitung von Daten an andere Behörden, was der Datenschutzgrundverordnung widerspreche.

Kalle Hümpfner vom Bundesverband Trans begrüßte den Gesetzentwurf, auch wenn er aus seiner Sicht hinter den Erwartungen zurückbleibt. Er regte an, auf Anmelde- und Sperrfristen für die Erklärung zu verzichten und die Änderung des Geschlechtseintrags für alle über 14-Jährigen zu ermöglichen, auch für solche, für die ein gesetzlicher Betreuer bestellt wurde. Hümpfner forderte ein klares Bekenntnis zum Schutz vor Diskriminierung.

Professorin Bettina Heiderhoff, Direktorin des Instituts für Deutsches und Internationales Familienrecht der Universität Münster, begrüßte die Möglichkeit, den eigenen Geschlechtseintrag privatautonom bestimmen zu können. Sie kritisierte, dass Transfrauen derzeit nicht die zweite Elternstelle eines Kindes einnehmen könnten, das sie als heterosexueller Mann selbst gezeugt hätten.

Richard Köhler von Transgender Europe nannte den Entwurf einen wichtigen Schritt zu Mündigkeit und Selbstbestimmung. Frauenrechte, Frauenschutzräume und das Kindeswohl würden nicht gefährdet. Debatten über möglichen Missbrauch seien Nebelkerzen, sagte Köhler.

Anna Katharina Mangold, Professorin für Europarecht an der Universität Flensburg, kritisierte, dass das Regelungsanliegen stark „verwässert“ worden sei. So fehle die Einsicht, dass das Recht auf Geschlechtsbestimmung ein Menschenrecht sei. Sie empfahl, die Regelung zu streichen, wonach nur solche Ausländer den Geschlechtseintrag und den Vornamen ändern lassen können, die ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder eine vergleichbare Aufenthaltserlaubnis haben, sich rechtmäßig im Inland aufhalten oder eine Blaue Karte EU besitzen.

Henrike Ostwald vom Deutschen Frauenrat sieht in dem Entwurf einen Schritt hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit. Sie wandte sich dagegen, dass „vermeintliche Frauenrechte“ gegen den Entwurf vorgebracht würden. Frauen-Schutzräume seien durch das Selbstbestimmungsgesetz nicht in Gefahr. Das Gesetz dürfe nicht zu mehr Diskriminierung führen.

Professorin Sibylle Winter von der Charité-Universitätsmedizin in Berlin begrüßte den Entwurf ebenfalls und nannte es positiv, dass keine Gutachten mehr verlangt würden. Bei Erklärungen durch Minderjährige sprach sie sich für ein „persönliches Erscheinen“ beim Standesamt aus. Bei Nichtzustimmung der Eltern könne ein vom Familiengericht angeregter Beratungsprozess dazu beitragen, den weiteren Weg als Familie zu gehen und das Kindeswohl nicht zu gefährden.

Judith Froese, Rechtsprofessorin an der Universität Konstanz, stellte fest, dass zwingender Reformbedarf nicht bestehe. Sie sprach ungelöste Folgeprobleme an, etwa unter welchen Voraussetzungen ein privater Saunabetreiber oder ein Frauenhaus einer Person den Zugang verwehren darf. Für trans- und intergeschlechtliche Personen verschlechtere sich die rechtliche Situation gegenüber der jetzigen Rechtslage teilweise. Nachbesserungsbedarf sah Froese auch beim Schutz Minderjähriger, für die stärkere Schutzvorkehrungen getroffen werden sollten als für volljährige Personen.

Fehlende Schutzvorkehrungen gegen Missbrauch monierte auch der Publizist Till Randolf Amelung. Wenn Geschlechtseintrag und Vornamen ohne Exploration der Handlungsgründe geändert werden könnten, könne Missbrauch nicht ausgeschlossen werden, vulnerable Gruppen hätten unter Umständen keinen Schutz. Er empfahl eine verpflichtende Beratung, die eine Schutzfunktion hätte und für vulnerable Personen eine Hilfe sein könnte.

Professorin Aglaja Stirn, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, bewertete das Risikopotenzial des Gesetzes höher als den Gewinn. Das Kindeswohl könne auf der Strecke bleiben. Minderjährige seien meist nicht in der Lage, Bedeutung, Tragweite und Folgen einer solchen Entscheidung einschätzen zu können. Der Gruppendruck mache auch den Rückweg schwierig.

Professor Bernd Ahrbeck von der Internationalen Psychoanalytischen Universität Berlin nannte 14-Jährige hoffnungslos überfordert, eine solche Entscheidung zu treffen. Kinder versöhnten sich wieder mit dem ursprünglichen Geschlecht, der Ausgang der Entwicklung sei ungewiss. Das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass Persönlichkeitsrechte einer fachlichen Begutachtung nicht entgegenstünden.

Quelle: Pressemitteilung  hib – heute im Bundestag Nr. 892 vom 28.11.2023

Im Bundestag fand gestern die erste Lesung zum Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) statt. Aus Sicht des Deutschen Frauenrats (DF) ist es ein längst überfälliger Schritt, das in Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz (TSG) abzuschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung bedient und schürt jedoch transfeindliche Narrative, die insbesondere transgeschlechtliche Frauen unter Generalverdacht stellen, sich sexuell grenzüberschreitend und gewaltvoll zu verhalten. Dieser Darstellung widerspricht der DF als größte Interessenvertretung für Frauen in Deutschland entschieden.

Dazu Dr. Beate von Miquel, Vorsitzende des Deutschen Frauenrats:

„Der Deutsche Frauenrat unterstützt das geplante Selbstbestimmungsgesetz. Dieses ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Akzeptanz von geschlechtlicher Vielfalt in einer freiheitlichen Demokratie. Wir kritisieren allerdings, dass transfeindlicher Narrative im Gesetzentwurf reproduziert werden, die besonders trans* Frauen unter Generalverdacht eines gewaltvollen Verhaltens stellen. Dabei sind diese Personengruppen in öffentlichen Räumen häufig selbst Gewalt ausgesetzt. Diese misstrauische Haltung ist in einem Gesetz, das eine menschenrechtsbasierte Regelung für trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen finden soll, nicht hinnehmbar. Vielmehr bietet das Selbstbestimmungsgesetz eine historische Chance, um die Benachteiligung dieser diskriminierten Gruppen abzubauen und transfeindlichen Verdächtigungen entgegenzuwirken. Hier muss im parlamentarischen Verfahren dringend nachgebessert werden.“

Hintergrund:

Mit dem Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) soll es trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen erleichtert werden, ihren Geschlechtseintrag und ihre/n Vornamen ändern zu lassen. Die Anerkennung von geschlechtlicher Selbstbestimmung bei der Änderung des Geschlechtseintrags und/oder Vornamen ist ein wichtiger Aspekt, um Personen, bei denen Geschlechtseintrag und Geschlechtsidentität nicht übereinstimmen, ein diskriminierungsarmes Leben und Teilhabe zu ermöglichen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenrat vom 16.11.2023

LSVD fordert diskriminierungsfreien Zugang zu geschlechtlicher Selbstbestimmung

Am morgigen Mittwoch wird sich der Bundestag in der ersten Lesung mit dem Entwurf „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“ (SBGG) befassen. Dazu erklärt Alva Träbert aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Wir begrüßen die erste Lesung im Bundestag als den nächsten wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem Selbstbestimmungsgesetz für trans*, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen. Das unwürdige und fremdbestimmende „Transsexuellengesetz“ (TSG) sowie der pathologisierende Paragraf 45b im Personenstandsgesetz für intergeschlechtliche Menschen müssen ersetzt werden. Wir fordern Selbstbestimmung ohne Einschränkung und eine einheitliche Regelung für alle trans*, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen (TIN*).  Alle demokratischen Parteien müssen jetzt dafür zu sorgen, dass nach Jahrzehnten der Diskriminierung endlich ein echtes und menschenrechtsorientiertes Gesetz zur geschlechtlichen Selbstbestimmung kommt; ein Gesetz ohne unwürdige Fremdbegutachtung, ohne staatlich verordnetes Misstrauen und ohne Stigmatisierung.

Wir kritisieren deutlich, dass der aktuelle Gesetzesentwurf, der Selbstbestimmung im Namen trägt, mehrere Menschengruppen von genau dieser geschlechtlichen Selbstbestimmung ausschließen möchte: So will der Entwurf der Bundesregierung Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus keinen Zugang zu einer Personenstandsänderung ermöglichen. Minderjährige und Menschen mit Betreuungsstatus unterliegen weiterhin einer fremdbestimmten Entscheidung, da ihre gesetzlichen Vertreter*innen bzw. ein Gericht in die Personenstandsänderung einwilligen müssen. Außerdem muss unbedingt verhindert werden, dass sich durch den aktuellen SBGG-Entwurf der Änderungsprozess des rechtlichen Geschlechtseintrags für intergeschlechtliche Personen u.a. durch neue Fristen und Regelungen zur Eltern-Kind-Zuordnung verschlechtern würde.

Eine Verschlechterung für alle Personengruppen sind insbesondere auch die unverhältnismäßigen Regelungen zur Übermittlung von Daten an zahlreiche Polizei- und Sicherheitsbehörden, die starke Verunsicherung unter den Betroffenen auslösen. Diese Regelungen widersprechen dem freiheitlichen Recht auf Datenschutz sowie informationelle Selbstbestimmung. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte stuft diese Regelungen als problematisch und unzulässig ein.

Wir fordern zudem die ersatzlose Streichung des lediglich klarstellend gemeinten § 6, der die Wirksamkeit der Personenstandsänderung u.a. im Hinblick auf Vertragsfreiheit, Haus- und Satzungsrecht betrifft. Sollte der Gesetzgeber an der Regelung festhalten wollen, muss jedenfalls ergänzt werden, dass diese nur diskriminierungsfrei und im Rahmen des geltenden Rechts ausgeübt werden dürfen.

15.11, 12.00 – 14 Uhr: Kundgebung am Tag der ersten Lesung des Selbstbestimmungsgesetzes vor dem Bundestag: Für ein diskriminierungsfreies Selbstbestimmungsgesetz findet eine Kundgebung auf der Wiese vor dem Bundestag statt. Denn Verbesserungen am Gesetzesentwurf fordern nicht nur queere Fachverbände, sondern u. a. auch der Deutsche Frauenrat, der Juristinnenbund, die Gesellschaft für Freiheitsrechte und viele mehr. Auch diese werden solidarisch bei der Kundgebung dabei sein. Das Ziel ist es, die breite gesellschaftliche Unterstützung für die Einführung eines Selbstbestimmungsgesetzes sichtbar zu machen. 

Weiterlesen

Du willst jetzt schon etwas tun? Dann unterzeichne die Petition “Diskriminierung & Misstrauen raus aus dem Selbstbestimmungsgesetz”: JaZuSelbstbestimmung
Broschüre „Soll Geschlecht jetzt abgeschafft werden?“ – 12 Antworten auf Fragen zum Thema Selbstbestimmungsgesetz und Trans*geschlechtlichkeit – lsvd.de/de/ct/6564
Stellungnahme des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) zum Referentenentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz – lsvd.de/de/ct/9421
Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften mit zahlreichen Stellungnahmen der Zivilgesellschaft

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 14.11.2023

SCHWERPUNKT II: Internationaler Tag zu Beseitigung von Gewalt gegen Frauen

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen (Samstag, 25. November) hat sich Bundesfrauenministerin Lisa Paus mit Vertreterinnen von Initiativen und Organisationen zum Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt ausgetauscht. Hierbei übergab Anna Sophie Herken, Initiatorin der Initiative #DieNächste im Namen von mehr als 75 unterzeichnenden Organisationen das gemeinsame Manifest „WirALLE“. Die Aktivistinnen von #DieNächste sind selbst ehemalige Betroffene und wollen das Thema häusliche Gewalt in die breite Öffentlichkeit tragen.

Die Ministerin sprach zudem über die zentralen Elemente für ein neues Bundesgesetz zum Recht auf Schutz und Beratung. Die Kernelemente ihres Gesetzesvorhabens stellte die Ministerin bereits am Vortag beim Runden Tisch „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ von Bund, Ländern und Kommunen vor. Mit dem Gewalthilfegesetz, das noch in dieser Legislatur umgesetzt werden soll, soll jede von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt betroffene Frau mit ihren Kindern einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung erhalten.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Wir müssen umfassend ansetzen, um Gewalt zu verhindern und ihre Ursachen zu bekämpfen. Mit dem neuen Gewalthilfegesetz will der Bund dazu beitragen, dass alle Frauen, die von Gewalt betroffen sind, die Unterstützung erhalten, die sie benötigen. Ich freue mich, dass dieses Ziel auch bei Ländern und Kommunen breite Unterstützung findet. Mein Konzept sieht vor, dass wir erstmals in Deutschland einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt einführen. Das wäre ein großer Schritt nach vorn.“

Anna Sophie Herken, Initiatorin von #DieNächste, einer Initiative von ehemals betroffenen Frauen häuslicher Gewalt, stellte die Perspektive betroffener Frauen vor und überreichte Ministerin Paus das Manifest „WirALLE“.

Lisa Paus: „Die Initiative #DieNächste zeigt uns, dass Gewalt gegen Frauen alltäglich ist und in allen gesellschaftlichen Schichten vorkommt. Ich habe größten Respekt vor dem Mut der Aktivistinnen. Sie zeigen sich selbst öffentlich als Betroffene und geben so den vielen Frauen eine Stimme, die stumm unter häuslicher Gewalt leiden.“

Anna Sophie Herken, Mitinitiatorin von #DieNächste: „Häusliche Gewalt wird als Privatsache angesehen, jedoch handelt es sich um ein strukturelles Problem, das sich durch alle gesellschaftlichen Gruppen zieht. Mindestens jede vierte Frau wird hierzulande im Laufe ihres Lebens Opfer ihres Lebenspartners. Bis zum heutigen Tag wurden dieses Jahr 98 Frauen von ihrem (Ex-)Partner umgebracht, täglich versucht ein Mann in Deutschland, seine (Ex-)Partnerin zu töten, stündlich werden mehrere Frauen lebensgefährlich verletzt. Der gefährlichste Ort für eine Frau ist das eigene Zuhause, unabhängig von Alter, Herkunft, Bildung, Beruf, Glauben. Und trotzdem spricht nahezu niemand darüber, es herrscht kollektives Schweigen. Schlimmer noch, den Opfern wird nicht geglaubt und sie werden stigmatisiert. Wir von #DieNächste brechen das Tabu und das Schweigen, denn nur so können wir für Sichtbarkeit sorgen für ein alltägliches Problem, das nahezu ausschließlich im Verborgenen stattfindet. Mit dem Manifest ‚WirALLE gegen Gewalt an Frauen‘ erheben mehr als 75 Organisationen nun gemeinsam ihre Stimmen. WirALLE stehen in der Pflicht, Gewalt nie gleichgültig gegenüberzustehen. Und ich lade jede und jeden dazu ein, sich an unsere Seite zu stellen und klar Position gegen Gewalt an Frauen zu beziehen.“

Lisa Paus tauschte sich auch mit Vertreterinnen vom Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) aus.

Petra Söchting, Leiterin des Hilfetelefons: „Aus meiner Erfahrung als Leiterin des Hilfetelefons ‚Gewalt gegen Frauen‘ weiß ich: Wenn sich betroffene Frauen an das Hilfetelefon wenden, sprechen sie oft zum ersten Mal über die erlebte Gewalt. Obwohl so viele Frauen von Gewalt betroffen sind, ist es immer noch ein Tabu, darüber zu reden. Deshalb begrüße ich die Initiative von #DieNächste, weil sich hier betroffene Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten öffentlich äußern und damit die Botschaft senden: Gewalt gegen Frauen geht uns alle an.“

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, dem 25. November, ruft auch das Hilfetelefon mit der Aktion ‚Wir brechen das Schweigen‘ zum Hinschauen und zu Solidarität mit den Betroffenen geschlechtsspezifischer Gewalt auf.

Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ berät von Gewalt betroffene Frauen unter der Rufnummer 116 016 und online auf www.hilfetelefon.de zu allen Formen von Gewalt – rund um die Uhr und kostenfrei. Die Beratung erfolgt anonym, vertraulich, barrierefrei und in 18 Fremdsprachen. Auf Wunsch vermitteln die Beraterinnen an eine Unterstützungseinrichtung vor Ort. Auch Menschen aus dem sozialem Umfeld Betroffener und Fachkräfte können das Beratungsangebot in Anspruch nehmen.

Über #DieNächste

Die Initiative #DieNächste (https://die-naechste.de/) will gängige Klischees und Stigmata zu häuslicher Gewalt abbauen, Mut machen und das Thema in die Mitte der Gesellschaft tragen, um langfristig gesellschaftliche sowie politische Veränderungen herbeizuführen. Die Initiatorinnen möchten ein breites öffentliches Bewusstsein dafür schaffen, dass Gewalt in der Partnerschaft inakzeptabel ist und jede:r in der Pflicht steht, sich für die Sicherheit seiner Mitmenschen stark zu machen.

Anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen hat #DieNächste gemeinsam mit den Organisationen UN Woman, Zonta, One Billion Rising und KIS, T.o.Be u.a. ein Manifest gegen Gewalt an Frauen verfasst und dieses heute an Bundesfrauenministerin Lisa Paus übergeben. Unter dem Namen „WirALLE gegen Gewalt an Frauen“ laden die Unterzeichnerinnen Politik, Gesellschaft und Medien ein, ihre Stimme gegen Gewalt zu erheben. Das Manifest ruft zu einem gleichberechtigen und partnerschaftlichen Miteinander und zu Solidarität auf und fordert verantwortliches politisches und gesellschaftliches Handeln. Erstmalig haben sich mit „WirALLE“ von häuslicher Gewalt Betroffene, Facheinrichtungen und Organisationen der Zivilgesellschaft zusammengeschlossen und stellen gemeinsame Forderungen an Politik, Gesellschaft und Medien. Mehr als 75 Erstunterzeichnende unterstützen bereits das Manifest.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 23.11.2023

Am 25. November ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Gewalt gegen Frauen ist menschenverachtend und darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Dafür macht sich die SPD-Bundestagsfraktion stark.

Leni Breymaier, frauenpolitische Sprecherin:

„Der Kampf gegen Gewalt an Frauen hat für die SPD-Bundestagsfraktion höchste Priorität. Gewalt gegen Frauen ist menschenverachtend und darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.

Mit dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ unterstützen wir den Um- und Ausbau von Frauenhäusern. Das Bundesbauministerium hat zusätzlich Unterstützungsmöglichkeiten für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder geschaffen. Durch Bundesförderprogramme im sozialen Wohnungsbau und in der Städtebauförderung werden der Bau und Umbau von Schutz- und Beratungseinrichtungen unterstützt.

Die Istanbul-Konvention des Europarats ist das wichtigste völkerrechtliche Instrument im Kampf gegen Gewalt an Frauen. Mit einer staatlichen Koordinierungsstelle werden wir die Konvention vollständig und effektiv umsetzen. Dazu gehört auch, frauenfeindliche Gewaltdelikte in familienrechtlichen Verfahren stärker zu berücksichtigen. Wenn häusliche Gewalt festgestellt wird, ist das in einem Umgangsrechtsverfahren zwingend zu berücksichtigen. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten steht fest: Das Sorge- und Umgangsrecht darf dem Schutz vor Gewalt nicht zuwiderlaufen.“

Ariane Fäscher, zuständige Berichterstatterin:

„Die Zahlen frauenfeindlicher Gewalttaten sind erschütternd. Gewalt gegen Frauen ist allgegenwärtig und muss mit aller Kraft und auf allen Ebenen beseitigt werden. Daher setzen wir uns für eine ressortübergreifende Schutzstrategie ein, die sich auf Gewaltprävention, Gewaltschutz und eine effektive Strafverfolgung konzentriert.

Wir stehen an der Seite der Frauen und machen uns dafür stark, dass Betroffene und ihre Kinder bestmöglich unterstützt und geschützt werden. Das Recht auf Schutz vor Gewalt für alle Frauen und ihre Kinder werden wir absichern und einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern schaffen. Das Gesetzgebungsverfahren hierzu wird derzeit durch das Bundesfrauenministerium vorbereitet. Wir halten den Druck hoch, damit das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 24.11.2023

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25.11. erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Gewalt gegen Frauen ist ein globales Problem – auch in Deutschland. Jede dritte Frau ist oder war hierzulande von sexueller oder häuslicher Gewalt betroffen. Beinahe jeden Tag versucht ein Partner oder Expartner, eine Frau zu töten – an jedem dritten Tag verliert eine Frau in Deutschland ihr Leben, weil ihr (Ex-)Partner sie umbringt. Sexistische Sprüche, Belästigungen oder Benachteiligungen am Arbeitsplatz gehören zum Alltag der meisten Frauen in Deutschland.

Gewalt gegen Frauen ist eine gravierende Menschenrechtsverletzung, die jede von uns treffen kann. Wir Grüne setzen uns immer schon und jetzt als Regierungsfraktion ganz besonders für den Schutz von Frauen vor Gewalt ein. Wir haben internationale Menschenrechtskonventionen wie die Istanbul-Konvention in den Koalitionsvertrag verhandelt und setzen diese jetzt vorbehaltlos um.

Daher ist es notwendig und wichtig, dass Frauenministerin Lisa Paus am Deutschen Institut für Menschenrechte (DIMR) eine unabhängige Berichterstattungsstelle zu geschlechtsspezifischer Gewalt eingerichtet hat. Beim Bundesfrauenministerium wird die Koordinierungsstelle angesiedelt, die aktuell eine ressortübergreifende Strategie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt erarbeitet.

Wir Grüne drängen seit Jahren darauf, dass der Bund mit in die Finanzierung der Gewalthilfe-Infrastruktur für Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen einsteigt. Mit einem bundeseinheitlichen Rechtsrahmen werden wir dafür sorgen, dass alle gewaltbetroffenen Frauen unabhängig vom Wohnort Schutz und Hilfe erhalten. 16 Jahre Stillstand durch die unionsgeführten Regierungen ohne Fortschritte für mehr Gewaltschutz von Frauen sind genug. Ebenso werden wir in Zukunft häusliche Gewalt und das Kindeswohl bei Entscheidungen zum Sorge- und Umgangsrecht besser berücksichtigen.

Der Schutz von Frauen vor Gewalt darf nicht an Grenzen halt machen. Wir begrüßen den Beitritt der Europäischen Union zur Istanbul-Konvention in diesem Sommer und den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die auch sexualisierte Gewalt umfasst. Damit zukünftig europaweit gilt: Jede Frau hat das Recht auf ein Leben frei von Gewalt!

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 24.11.2023

Zum internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen erklärt die Sprecherin für Frauenpolitik und Diversity der FDP-Fraktion Nicole Bauer:

„Gewalt in jeglicher Form darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Dazu zählt nicht nur körperliche, sondern auch psychische und digitale Gewalt. Frauen, die Opfer von Gewalt werden, brauchen Unterstützung und für uns in der Politik gilt es, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Das bedeutet, die Präventionsarbeit auszubauen, mehr Frauenhausplätze zu schaffen und die Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagnen auszubauen. Daneben brauchen wir eine vollumfängliche Umsetzung der Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Außerdem spielt es eine wichtige Rolle, dass Bund, Länder und Kommunen stärker zusammenarbeiten, um gemeinsam wirksam gegen Gewalt an Frauen vorzugehen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 24.11.2023

Am morgigen 25. November ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Dazu können Sie die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär, und die frauenpolitische Sprecherin Silvia Breher gerne so zitieren:

Dorothee Bär: „Der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen geht uns alle etwas an. Noch immer schweigen in Deutschland viel zu viele Frauen, die Gewalt in allen möglichen Facetten erfahren. Die Mutigen, die ihr Schweigen brechen, stehen vor überfüllten und unterfinanzierten Frauenhäusern, Gerichtsprozesse scheitern regelmäßig. Die grüne Bundesfrauenministerin Lisa Paus muss hier dringend aus dem Ankündigen ins Handeln kommen. Auf den Kriegsschauplätzen der Welt wird Gewalt gegen Frauen systematisch als Waffe eingesetzt. Und immer unterliegen Frauen, denen von Männern Gewalt angetan wird, in einem Machtgefälle. Aber Frauen sind gleichberechtigt, und ihre Rechte sind Menschenrechte. Gewalt ist kein Weg.“

Silvia Breher: „Jeden Tag werden Tausende Frauen weltweit Opfer verschiedenster Formen von Gewalt. Allein in Deutschland ist die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt im vergangenen Jahr um 8,5 Prozent gestiegen. Wir sind als Gesellschaft gemeinsam in der Verantwortung, daran etwas zu ändern. Gewalt gegen Frauen darf kein Tabuthema sein. Deshalb ist es wichtig, dass wir am Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen das Thema in Erinnerung rufen und darüber sprechen. Die Bundesregierung tut aktuell zu wenig, um Frauen in Deutschland besser vor Gewalt zu schützen. Wir hören immer nur Ankündigungen, es müssen endlich Taten folgen. Es gibt nicht nur beim Ausbau unseres Hilfesystems, sondern auch im Bereich des Sorge- und Umgangsrechts und des Opferschutzes akuten Handlungsbedarf.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 24.11.2023

Häusliche Gewalt wird im Umgangs- und Sorgerecht nicht ausreichend berücksichtigt. Zu diesem Schluss kommt die Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt des Deutschen Instituts für Menschenrechte, die heute in Berlin die Analyse „Häusliche Gewalt im Umgangs- und Sorgerecht“ veröffentlicht hat.

Die Istanbul-Konvention des Europarats, die in Deutschland seit 2018 im Rang eines Bundesgesetzes gilt, definiert häusliche Gewalt als Menschenrechtsverletzung. Die Konvention gibt in Artikel 31 vor, dass häusliche Gewalt in Verfahren und Entscheidungen zum Umgangs- und Sorgerecht zu berücksichtigen ist

„In der Praxis nehmen deutsche Gerichte viel zu selten Bezug auf die Vorgaben der Istanbul-Konvention. Um zentrale Schutzlücken für Betroffene – in der Regel Frauen und Kinder – zu schließen, braucht es eine Reform des Umgangs- und Sorgerechts, die eine Änderung der einzelnen materiell-rechtlichen Regelungen des Umgangs- und Sorgerechts ebenso wie Anpassungen im Verfahrensrecht umfasst. Unsere Analyse macht dazu konkrete Vorschläge“, erklärt Müşerref Tanrıverdi, Leiterin der Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt. Die Sicherheit des gewaltbetroffenen Elternteils und der Kinder müsse immer Vorrang haben vor dem Umgangs- und Sorgerecht des gewaltausübenden Elternteils.

Die Berichterstattungsstelle empfiehlt insbesondere eine Verankerung der Schutzinteressen des gewaltbetroffenen Elternteils in den speziellen Regelungen zum Umgangs- und Sorgerecht. Nötig sei auch eine Definition von häuslicher Gewalt im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) entsprechend der Istanbul-Konvention. Danach umfasst der Begriff alle Handlungen körperlicher, sexueller, psychischer und wirtschaftlicher Gewalt, die innerhalb der Familie oder des Haushalts oder zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partner*innen, unabhängig davon, ob der*die Täter*in denselben Wohnsitz wie das Opfer hat oder hatte. Zudem müsse die Berücksichtigung des Kindeswohls gemäß UN-Kinderrechtskonvention durch Gehör der Meinung des Kindes weiter gestärkt werden.

Weitere Reformvorschläge betreffen unter anderem Anpassungen zur sogenannten Regelvermutung und zur Wohlverhaltensklausel. Der Regelvermutung entsprechend wird bisher üblicherweise der Umgang des Kindes mit beiden Elternteilen angestrebt, weil das Kind ein Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen hat und dieser dem Kindeswohl entspricht. In Fällen von häuslicher Gewalt empfiehlt die Berichterstattungsstelle die Regelvermutung künftig umzukehren, so dass die Kindeswohldienlichkeit des Umgangs mit dem gewaltausübenden Elternteil stets positiv festgestellt werden muss. Ähnliches gilt für die Wohlverhaltensklausel, die getrennte Elternteile verpflichtet, alles zu unterlassen, was die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt. Hier wird empfohlen sicherzustellen, dass die Belange der von häuslicher Gewalt betroffenen Person stärker berücksichtigt werden.

Mit Blick auf Verfahren in Familiensachen empfiehlt die Berichterstattungsstelle etwa die Pflicht zur Amtsermittlung zu konkretisieren und getrennte Anhörungen zu ermöglichen. Grundsätzlich sollten alle Beteiligten an Umgangs- und Sorgerechteverfahren – seien es Richter*innen, Verfahrensbeiständ*innen, Sachverständige oder Jugendamtsmitarbeitende – zu allen Aspekten häuslicher Gewalt verbindlich und umfassend geschult werden.

„Wir hoffen sehr, dass unsere Vorschläge im Rahmen der aktuellen Überlegungen zur Reform des Sorge- und Umgangsrechts aufgegriffen und umgesetzt werden. Häusliche Gewalt ist grundsätzlich Ausdruck und Folge struktureller Probleme. Deswegen ist über die gesetzlichen Reformen hinaus ein ganzheitlicher Ansatz nötig, der eine Vielzahl von abgestimmten politischen und gesetzgeberischen Maßnahmen umfasst. Letztlich braucht Deutschland eine evidenzbasierte, umfassende und koordinierte Strategie – nur so lässt sich geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt im Sinne der Istanbul-Konvention bekämpfen“, betont Tanrıverdi. „Wir begrüßen, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend derzeit eine Koordinierungsstelle nach der Istanbul-Konvention einrichtet und eine Bundesstrategie zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt aufsetzt. „Wichtig ist, dass diese Strategie zügig erarbeitet und umgesetzt wird und alle relevanten Stellen einbezogen werden – so auch die Zivilgesellschaft.“

Die Istanbul-Konvention

Die Istanbul-Konvention (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt) ist der bisher umfassendste Menschenrechtsvertrag gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Die Istanbul-Konvention ist seit 1. Februar 2018 in Deutschland in Kraft.

Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt

Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist von der Bundesregierung damit betraut worden, eine unabhängige Berichterstattungsstelle zu geschlechtsspezifischer Gewalt einzurichten. Sie hat die Aufgabe, die Umsetzung der Istanbul-Konvention des Europarats unabhängig zu beobachten und zu begleiten. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziert die vierjährige Aufbauphase der Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 24.11.2023

Häusliche Gewalt in Deutschland nimmt zu. Im Jahr 2022 wurden nach Angaben des Bundeskriminalamts 240.547 Fälle häuslicher Gewalt registriert, davon 157.818 im Kontext von Partnerschaftsgewalt. Das entspricht einem Anstieg der Partnerschaftsgewalt um 9,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 80 Prozent der Betroffenen sind Frauen. Der Schutzbedarf der Betroffenen – etwa durch Frauenhäuser – ist hoch. Doch es fehlen tausende Plätze. Nach den Empfehlungen der Istanbul-Konvention, die Deutschland unterzeichnet hat, werden in Deutschland mindestens 21.000 Frauenhausplätze benötigt. Laut Frauenhausstatistik 2022 gibt es aber nur 6.800 Plätze.

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen erklärt Maria Loheide, Sozialvorständin der Diakonie Deutschland: „Die Zunahme von häuslicher Gewalt ist erschreckend! Die Zahlen liegen seit langem auf dem Tisch. Frauenhäuser müssen schutzsuchende Frauen und ihre Kinder abweisen, weil keine Plätze frei sind. Das ist ein Skandal. Gewalt gegen Frauen ist ein gesellschaftliches Problem und darf nicht länger ignoriert werden. Der Bund muss sein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zügig umsetzen und gemeinsam mit den Ländern eine einheitliche gesetzliche Regelung zur Finanzierung von Schutz und Hilfe bei Gewalt schaffen. Denn es darf nicht sein, dass Frauen in Not der Gewalt ihrer Partner schutzlos ausgeliefert sind.“

In der aktuellen Situation gibt es zusätzliche Hürden für schutzsuchende Frauen. Die unzureichende Finanzierung der Frauenhäuser führt dazu, dass die personelle Ausstattung mit Fachkräften nicht ausreicht, um betroffene Frauen zeitnah aufnehmen zu können. Frauenhäuser müssen für Frauen, die von ihren Partnern bedroht werden, rund um die Uhr erreichbar sein. Die Mitarbeiterinnen in den Frauenhäusern arbeiten daher häufig ehrenamtlich, um die ständige Erreichbarkeit zu gewährleisten. Frauen, die keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben, müssen zudem ihren Aufenthalt selbst bezahlen.

Mehr Informationen:

Ratgeber der Diakonie zu Gewalt gegen Frauen: https://hilfe.diakonie.de/gewalt-gegen-frauen

Frauenhausstatistik 2022: https://www.frauenhauskoordinierung.de/fileadmin/redakteure/Publikationen/Statistik/2023-11-06_Kurzfassung_Frauenhausstatistik2022_final_FHK.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 24.11.2023

Den Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November nimmt der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) zum Anlass, um neben den strafrechtlichen Aspekten des Gewaltschutzes auf die familienrechtlichen Konsequenzen von Partnergewalt aufmerksam zu machen. Häusliche Gewalt muss in sorge- und umgangsrechtlichen Verfahren zwingend berücksichtigt werden. „Die Istanbul-Konvention gibt uns in Art. 31 vor, was zu tun ist. Kinder und gewaltbetroffene Elternteile dürfen nicht länger durch familiengerichtliche Verfahren und Entscheidungen gefährdet werden“, sagt Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb.

Vorfälle von Gewalt in Beziehungen können nach einer Trennung auf eine latente oder ganz konkrete Gefahr für den gewaltbetroffenen Elternteil hindeuten, insbesondere dann, wenn Umgangskontakte strategisch zur weiteren Gewaltausübung genutzt werden. Ein weiteres Problem ist, dass die Auswirkungen des Miterlebens sog. häuslicher Gewalt auf Kinder den befassten Institutionen – also vor allem den Jugendämtern und Familiengerichten – oftmals nicht bekannt sind oder ausgeblendet werden. Auch Gewalt, die sich gegen die Mutter richtet, betrifft Kinder unmittelbar. Die Expert*innengruppe des Europarats (GREVIO), die die Einhaltung der Istanbul-Konvention in den Mitgliedsstaaten überwacht, hat Deutschland in dieser Hinsicht bereits zu Nachbesserungen aufgefordert.

Neben der effektiveren Unterstützung von gewaltbetroffenen Frauen sowie ihren Kindern braucht es einen Blick auf die gewaltausübenden (Ex-)Partner und Väter. „Täter müssen auch mit den Möglichkeiten des Familienrechts für ihr Verhalten zur Verantwortung gezogen werden, damit die Gewaltspirale endet“, so Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der djb-Kommission Familien-, Erb- und Zivilrecht. Eine solche Verantwortungsübernahme kann etwa durch die Teilnahme in einem Programm sog. Täterarbeit gelingen, wie sie in Art. 16 der Istanbul-Konvention vorgesehen ist.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 23.11.2023

Am 25. November ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) nimmt dies zum Anlass, um in einer Themenwoche auf das Ausmaß und die Formen geschlechtsspezifischer Gewalt aufmerksam zu machen. „Spätestens seitdem die Istanbul-Konvention in Kraft getreten ist, wissen wir, dass Gewalt gegen Frauen ein entscheidender sozialer Mechanismus ist, durch den Frauen in eine untergeordnete Position gegenüber Männern gezwungen werden. Sie ist geschlechtsspezifisch und hat strukturellen Charakter,“ stellt die Präsidentin des djb Ursula Matthiessen-Kreuder fest.

Zur Themenwoche „Gewalt gegen Frauen und Mädchen“ veröffentlicht die djb-Strafrechtskommission kommende Woche eine Online-Broschüre, in der neben den unterschiedlichen geschlechtsspezifischen Gewaltformen auch auf rechtliche Missstände hingewiesen wird. Auf den offiziellen Social-Media-Kanälen des djb wird in der Woche vom 20. bis zum 26. November 2023 jeden Tag ein Thema aus der Broschüre vorgestellt.

Gewalt gegen Frauen ist eine Menschenrechtsverletzung. Sie ist Ausdruck historisch gewachsener ungleicher Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern, die zur Beherrschung und Diskriminierung der Frau durch den Mann und zur Verhinderung der vollständigen Gleichstellung der Frau geführt haben. Die Vorsitzende der Strafrechtskommission, Dilken Çelebi, betont: „Ein wesentliches Hindernis für die Verhütung und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt ist die fehlende Anerkennung der Tatsache, dass sie zur erschreckenden Normalität unserer Gesellschaft gehört. Nur, wenn geschlechtsspezifische Gewalt als gesamtgesellschaftliches Problem anerkannt wird, können effektive Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung getroffen werden.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 17.11.2023

Gewaltfreies Leben: Kampagne dekonstruiert misogyne Narrative und fordert Einhaltung der Frauen- und Kinderrechte

Am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, fordert der bundesweite Verein MIA mit der 4. White Lily Revolution erneut die gesetzgeberische Umsetzung und konsequente Anwendung der Istanbul-Konvention (IK),
insbesondere des Artikels 31, in der Familienrechtspraxis ein.

2022 stellte die White Lily Revolution 2022 den Artikel 31 IK ins Zentrum. Dieses Jahr widmet sich die Kampagne typischen mütterfeindlichen Mythen in Familiengerichtssälen. Aus ihnen folgt regelmäßig, dass die Rechte gewaltbetroffener Mütter und Kinder verletzt werden. Gerichtsentscheidungen liefern sie in Folge erneuter Gewalt aus, weil Gerichte und Jugendämter vorgefallene Gewalt oft als nicht relevant für das Umgangs- und Sorgerecht betrachten. Das bezeichnet MIA seit der ersten #whitelilyrev 2020 als institutionelle Gewalt.

VORWÜRFE STATT GEWALTSCHUTZ

Statt Mütter und Kinder vor Gewalt zu schützen, werden Mütter mit einer Vielzahl frauenfeindlicher Mythen konfrontiert. Besonders häufig wird ihnen eine ‚Bindungsintoleranz‘ attestiert, wenn sie aus Schutzgründen für die Kinder und sich selbst den unbegleiteten, gar ausgedehnten Umgang mit dem gewalttätigen Elternteil ablehnen. Was wissenschaftlich klingt, ist jedoch ein Pseudokonzept ohne wissenschaftliche Evidenz. Sie hat aber eine alte, frauenfeindliche Wurzel, wie die UN-Sonderberichterstatterin zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Reem Alsalem, in ihrem Bericht von Juni 2023 aufzeigte. Diese Pseudokonzepte und ihre Folgen für Gewaltopfer kritisierte Alsalem als Menschenrechtsverletzung.

DEKONSTRUKTION EINER PSEUDOTHEORIE

Das Pseudokonzept ‚Bindungsintoleranz‘ dekonstruiert die Kampagne #whitelilyrev in mehreren Videos. Sie zeigen, welche Dynamik aus mütterfeindlichen Narrativen entsteht und wie sie wirken: Mütter verlieren dadurch ihren Platz an der Seite ihrer Kinder, wenn sie nicht bereit sind, weiterhin Gewalt zu erdulden. Hinter vorgeblicher Bindungsintoleranz steht eine nur von Müttern verlangte Anpassungstoleranz, die ihnen durch Gerichte und Jugendämter gewaltvoll
Zugeständnisse abnötigt und ihnen den Raum für ein selbstbestimmtes Leben verwehrt. Wollen Mütter sich gegen diese Mythen wehren, riskieren sie, vor Gericht ihre Kinder zu verlieren. Stefanie Ponikau, stellvertretende Vorsitzende von MIA, erklärt zur Kampagne: „Zuerst muss klar sein: Gewalt, egal welche Form, ist immer eine Gefährdung von Mutter und Kind. Auch wenn sich die Gewalt gegen die Mutter richtet, wird das Kind ebenfalls traumatisiert.“ Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse sind unstrittig und Grundlage der IK. „Gewalt nicht ernst zu nehmen, sondern mithilfe pseudowissenschaftlicher Konzepte wie Bindungsintoleranz und ähnlichem gegen die Opfer zu drehen, ist eine Missachtung ihrer Menschenrechte. Mehr noch:

Es ist ein Versagen des Rechtsstaates, wenn er Entscheidungen entgegen gesicherter Erkenntnisse zulässt und sie durch mangelnde Fehlerkultur nicht korrigiert“, ordnet Ponikau ein.
Dass die Schutzrechte von Frauen und Kindern im deutschen Familienrecht dank frauenfeindlicher Mythen regelmäßig missachtet werden, und das jüngst von der UN als Menschenrechtsverletzung eingeordnet wurde – „das sollte der finale Weckruf für die Bundesregierung sein, endlich zu liefern“, urteilt Ponikau.

Seit 2020 ruft die MIA – Mütterinitiative für Alleinerziehende jedes Jahr ab dem 25.11. gewaltbetroffene Mütter mit der White Lily Revolution auf, weiße Lilien vor Gerichten und Jugendämtern niederzulegen, die ihr Recht auf Gewaltschutz in Umgangs- und Sorgerechtsverfahren missachtet haben. Die niedergelegten Lilien werden ab dem 25.11. auf der
Aktions-Website in der Karte der Lilien (Link) dokumentiert. Das Motto: Tausche Lilie gegen Gewaltschutz

GLOSSAR:

UMGANGSRECHT BRICHT GEWALTSCHUTZ
Bis heute bricht das Umgangsrecht von gewalttätigen Vätern das Recht auf Gewaltschutz von Müttern und Kindern. Dieser Missstand wird seit vielen Jahren von zahlreichen Verbänden und Expert:innen kritisiert – passieren tut in der Gesetzgebung seit Jahren nichts. Rückenwind erhält die Forderung von MIA nach konsequenter Einhaltung von Art. 31 IK nicht nur durch den UN-Bericht vom Juni, sondern ebenso von GREVIO, dem Expert:innengremium des Europarats. Die Gewaltschutz-Expert:innen rügten Deutschland 2022 in ihrem Staatenbericht deutlich und mahnten Reformen im deutschen Familienrecht und der Rechtspraxis an.

IK: ANHALTENDE MENSCHENRECHTSVERLETZUNG
Laut Istanbul-Konvention ist Gewalt gegen Frauen Ausdruck gesellschaftlicher Strukturen, die Frauen bis heute diskriminieren. Die Konvention definiert Gewalt gegen Frauen als anhaltende Menschenrechtsverletzung. Ihre Nichtberücksichtigung in vielen deutschen Gerichtsverfahren zum Sorge- und Umgangsrecht führt in der Praxis dazu, dass Opfer weiterhin kontinuierlicher Gefährdung durch Nachtrennungsgewalt (engl: post separation abuse) ausgesetzt werden, anstatt sie vor Gewalt zu schützen, wie es die Konvention vorsieht. Statt Gewaltvorträge in Familiengerichten eingehend zu prüfen und diese als zentrales Kriterium in Entscheidungen einzubeziehen, werden Gewaltopfer – Mütter wie Kinder – in vielen Verfahren erneut viktimisiert und traumatisiert.
Die Istanbul-Konvention wurde von Deutschland 2017 ratifiziert und trat 2018 in Kraft. Seither ist sie geltendes Recht in Deutschland, das von der Rechtsprechung angewendet werden muss. In der Rechtspraxis ist das bisher jedoch nicht angekommen.

LINKS:

Aktions-Website: www.whitelilyrev.de
Istanbul-Konvention im Wortlaut: https://rm.coe.int/1680462535
UN-Bericht A/HRC/53/36 – Custody, violence against women and violence against children.
Report of the Special Rapporteur on violence against women and girls, its causes and consequences, Reem Alsalem (04/2023). Link: http://undocs.org/A/HRC/53/36
GREVIO-Bericht zur Umsetzung der IK in Deutschland (10/2022), insb. zu Art. 31 IK ab S. 71:
https://www.bmfsfj.de/resource/blob/202386/3699c9bad150e4c4ff78ef54665a85c2/grevioevaluierungsbericht-istanbul-konvention-2022-data.pd

Quelle: Pressemitteilung MIA – Mütterinitiative für Alleinerziehende e.V. i.G. vom 24.11.2023

SCHWERPUNKT III: Kindergrundsicherung

Die Fraktion Die Linke hat eine Kleine Anfrage (20/9434) zur Kindergrundsicherung gestellt. Die Bundesregierung soll unter anderem die Frage beantworten, ob sie die Ansicht teilt, wonach es sich bei einer Leistungsanpassung an das Inflationsgeschehen nicht um eine Verbesserung der Lebensumstände handelt, sondern lediglich um die Verhinderung einer Verschlechterung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 888 vom 27.11.2024

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Kindergrundsicherung (20/9092) stößt bei Experten auf deutliche Kritik. In einer Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montagmittag begrüßten die geladenen Sachverständigen zwar einhellig die Grundidee, familienpolitische Leistungen zusammenzuführen und dadurch leichter zugänglich zu machen. An der Art und Weise, wie dies geschehen soll, gab es jedoch durchweg erhebliche Zweifel. Die Vorlage der Regierung würde nicht dazu führen, Mehrfachzuständigkeiten zu beseitigen, Familien würden nicht Leistungen aus einer Hand bekommen, wie es eigentlich das Ziel des Gesetzes sei, lauteten die Einwände. Insofern drehte sich ein erheblicher Teil der Diskussion um die Ausgestaltung des neuen „Familienservice“, dessen Aufbau nach Ansicht der Experten die Verwaltungskosten in die Höhe treiben und das System unnötig verkomplizieren würde.

Ziel der Kindergrundsicherung ist es, Millionen Kinder aus der Armut zu holen, indem die bisherigen Leistungen Kindergeld, Bürgergeld, Sozialhilfe, Kinderzuschlag und die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes zusammengeführt und im Wesentlichen von einem neu zu schaffenden „Familienservice“ bei der Bundesagentur für Arbeit (in Anlehnung an die bisherigen Familienkassen) bearbeitet werden. Die Kindergrundsicherung soll aus drei Teilen bestehen: dem einkommensunabhängigen Kindergarantiebetrag für alle Kinder und Jugendlichen (entspricht dem Kindergeld), dem einkommensabhängigen und altersgestaffelten Kinderzusatzbetrag sowie den Leistungen für Bildung und Teilhabe. Dadurch, dass Unterhaltsleistungen und Unterhaltsvorschuss bei der Bemessung des Kinderzusatzbetrages grundsätzlich nur zu 45 Prozent berücksichtigt werden, soll sich die Situation von Alleinerziehenden, die Bürgergeld erhalten, und Alleinerziehenden mit noch nicht eingeschulten Kindern besonders verbessern.

Für die Bundesagentur für Arbeit (BA) betonte Vanessa Ahuja, dass die BA geübt darin sei, komplexe Gesetze umzusetzen. „Aber wir brauchen mehr Zeit“. Es müsse die IT angepasst, Personal akquiriert und qualifiziert und ein Schnittstellenmanagement aufgebaut werden, um Familien unnötige Weg zu ersparen. „Das ist für die BA zum 1. Januar 2025 nicht realisierbar“, sagte sie. Einige andere Sachverständige mahnten, die vorhandenen Unterstützungsstrukturen nicht zu zerschlagen, die sich in den rund 1.000 Jobcentern für Familien im Bürgergeld-Bezug etabliert haben. 100 Familienservice-Stellen könnten diese nicht ersetzen, sagte zum Beispiel Diana Stolz, Vorsitzende der Betriebskommission des Kommunalen Jobcenters Neue Wege Kreis Bergstraße. „Kinderarmut ergibt sich aus Elternarmut, deshalb muss man die ganze Familie in den Blick nehmen“ und könne nicht die Kinder vom Familienservice und die Eltern durch das Jobcenter betreuen. Marc Elxnat, Vertreter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, stellte fest, der anfänglichen Euphorie über das Projekt Kindergrundsicherung sei nun Ernüchterung gewichen. „Es werden unnötige Parallelstrukturen geschaffen“, so Elxnat. Ähnlich äußerten sich die anderen Vertreter der kommunalen Spitzenverbände.

Kritik gab es mehrfach auch daran, dass der Gesetzentwurf bisher keine Anhebung des soziokulturellen Existenzminimums für Kinder vorsieht. Dies bezeichneten vor allem die Vertreter von Wohlfahrtsverbänden als enttäuschend. Andreas Aust vom Paritätischen Gesamtverband betonte, eine Kindergrundsicherung müsse deutlich mehr sein als eine Verwaltungsreform. „Um Armut zu bekämpfen, brauchen Familien schlicht und einfach mehr Geld.“ Für einen Großteil der armen Kinder würden sich die Leistungen aber nicht ändern, sagte er. Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverband VdK Deutschland, bekräftigte, dass die Bündelung von Leistungen ein ganz wichtiges Ziel der Kindergrundsicherung sei, denn das jetzige System funktioniere nicht so, wie es Kinder und Jugendliche eigentlich bräuchten. Sie appellierte an die Abgeordneten, in den Beratungen dafür zu sorgen, dass die Ungleichbehandlung von Familien mit viel Geld und jenen mit wenig Geld abgeschafft wird. Bernd Siggelkow, Vorstand der Kinderstiftung „Arche“, verwies darauf, dass es armen Kindern nicht nur an Geld mangele, sondern auch an Ressourcen, auf die sie zurückgreifen können, unter anderem auf ein ganz anders aufgestelltes Bildungssystem. Auch müsse sichergestellt werden, dass die Leistungen bei den Kindern direkt ankommen, lautete sein Appell an die Abgeordneten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 848 vom 13.11.2024

Nach langem Ringen um eine Einigung bei der Kindergrundsicherung hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt, zu dem im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestags heute eine Anhörung von Expert*innen stattfindet. Alexander Nöhring, Leitung der Abteilung Kinder, Jugend, Frauen, Familie im AWO-Bundesverband, vertritt die Positionen der AWO dort als Sachverständiger.

Alexander Nöhring kommentiert den Entwurf der Bundesregierung wie folgt: „Wir begrüßen, dass die Bundesregierung erste Schritte geht, um eine Kindergrundsicherung einzuführen. Für eine armutsvermeidende und sozial gerechte Kindergrundsicherung setzen wir uns als AWO seit 2009 gemeinsam mit unseren Partner*innen im Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG ein und sehen in ihr einen wesentlichen Baustein, um allen Kindern und Jugendlichen in unserem Land ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen. Die Idee der eigenständigen Absicherung von Kindern und Jugendlichen werten wir als einen längst überfälligen Paradigmenwechsel im deutschen Sozialstaat.“

Aus Sicht der AWO enthält der Entwurf erste gute Ansätze, wie zum Beispiel die Bündelung zentraler Leistungen für Kinder und Jugendliche in einem Gesetz, Verbesserungen bei der Anrechnung von Einkommen der Kinder und Eltern für einzelne Gruppen und erste Schritte hin zu einem zugehenden Sozialstaat. 

Gleichzeitig enttäuscht der Entwurf jedoch in wesentlichen Punkten und bleibt weit hinter dem Konzept des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG zurück. Das betriff in erster Linie die Höhe der neuen Leistung, weiter bestehenden Nachweispflichten und Antragserfordernissen anstelle einer möglichst automatischen Auszahlung sowie gespaltenen Zuständigkeiten statt einer einheitlichen Anlaufstelle für alle kindbezogenen Leistungen. Inakzeptabel ist der Ausschluss der Kinder und Jugendlichen im Asylbewerberleistungsgesetz und die im Entwurf enthaltene Leistungskürzung durch den Wegfall des Sofortzuschlags.

Nöhring abschließend: „Wir müssen leider feststellen, dass der Bundesregierung im vorliegenden Entwurf der Mut gefehlt hat, einen umfassenden Systemwechsel hin zu einer echten Kindergrundsicherung zu vollziehen, der die monetäre Familienförderung wirklich vom Kopf auf die Füße stellt. Aber noch ist nicht aller Tage Abend: Wir setzen jetzt auf die Abgeordneten des Deutschen Bundestags, an den von uns kritisierten Stellen im Entwurf nachzubessern und damit die Weichen für eine echte Kindergrundsicherung doch noch zu stellen.“ 

Zur vollständigen Stellungnahme: https://awo.org/kindergrundsicherung-stellungnahme-zur-oeffentlichen-anhoerung-im-ausschuss-fuer-familie-senioren

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 13.11.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) sieht weiterhin erheblichen Änderungsbedarf bei der Kindergrundsicherung. Anlässlich der heutigen Anhörung zur Kindergrundsicherung im Rahmen der Sitzung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veröffentlicht der djb elf Anliegen, die mit dem aktuellen Gesetzentwurf nicht erreicht werden können. „Um gegen Kinderarmut vorzugehen und Kindern und Jugendlichen wirklich soziale, kulturelle und politische Teilhabe zu ermöglichen, brauchen wir höhere Leistungen und nicht die vorgesehenen bürokratischen Neujustierungen.“, sagt djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder.

In der aktuellen Stellungnahme erklärt der djb unter anderem, warum es die geplante Kindergrundsicherung in ihrer momentanen Form nicht einfacher machen wird, Leistungen zu beantragen, oder das Ziel der Entstigmatisierung verfehlt wird. Auch weist der djb darauf hin, dass die Leistungen allen Kindern, die in Deutschland leben, zu gewähren sind – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit oder Migrationsgeschichte. Die Kritik baut auf der Stellungnahme zum Referentenentwurf vom 6. September 2023 auf, in der der djb bereits darauf hingewiesen hat, dass mit der geplanten Kindergrundsicherung für Kinder nichts gewonnen ist.

Die Kindergrundsicherung ist auch aus gleichstellungsrechtlicher Sicht höchst relevant. Nach einer Trennung der Eltern leben Kinder weit überwiegend in den Haushalten ihrer alleinerziehenden Mütter. Alleinerziehende Frauen und ihre Kinder sind statistisch nachweisbar besonders von Armut bedroht, nicht zuletzt, weil Mütter infolge der nach wie vor defizitären Versorgung mit Kinderbetreuungsplätzen oftmals nicht in Vollzeit berufstätig sein können. Diese Perspektive strukturell benachteiligter Mütter ist auch beim Thema Kindergrundsicherung nicht aus dem Blick zu verlieren.

„Auch im Sinne der Gleichstellung von Männern und Frauen sollten wir Kinder gut absichern. Einschränkungen beim Unterhaltsvorschuss gehen meistens auf Kosten von Frauen, die nach einer Trennung die Care-Arbeit übernehmen.“, so die stellvertretende Vorsitzende der Kommission Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich im djb, Prof. Dr. Susanne Dern.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 13.11.2023

eaf fordert erhebliche Nachbesserungen im parlamentarischen Verfahren

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) kritisiert den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung als vertane Chance auf eine auskömmliche finanzielle Absicherung für soziale Teilhabe und ein gutes Aufwachsen aller Kinder. „Ein vorurteilsfreier Blick auf die Ursachen von Armut fehlt dieser Reform aus unserer Sicht ebenso wie der politische Wille, ausreichend Geld in die Hand zu nehmen, um Kinder und Jugendliche deutlich besser als bisher zu unterstützen“, so Martin Bujard, Präsident der eaf. „Wir haben uns eine weit umfassendere Reform gewünscht. Nun geht es darum, mit dem vorgelegten Entwurf konstruktiv umzugehen.“

Anlässlich der heute stattfindenden Anhörung im Familienausschuss des Bundestages fordert die eaf – mit Blick auf die sonst entstehenden Folgekosten unterlassener Armutsbekämpfung – erhebliche Nachbesserungen am Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren. Vordringlich sind aus ihrer Sicht dabei folgende Punkte:

1. Zusatzbetrag pauschal um 15 Euro Teilhabebetrag und 20 Euro Sofortzuschlag erhöhen

Solange die Neuberechnung eines ausreichenden Kindermindestbedarfs aussteht, sollte der pauschale Teilhabebetrag von 15 Euro zusätzlich zum Zusatzbetrag (und unabhängig von der Höhe des Anspruchs auf den Zusatzbetrag) ohne jede Nachweispflicht automatisch mit ausgezahlt werden. Das Gleiche gilt für den monatlichen Sofortzuschlag von 20 Euro nach § 72 SGB II, dessen Streichung im parlamentarischen Verfahren zurückgenommen werden sollte.

2.Kinder von Alleinerziehenden besser erreichen: Vorgesehene Änderungen im Unterhalts­vorschussgesetz streichen, Unterhaltsvorschuss neu berechnen

Alleinerziehende und überwiegend alleinerziehende Eltern brauchen keine „Erwerbsanreize“, denn es fehlt ihnen an vielem, aber nicht an der Motivation. Deshalb sollte die darauf abzielende Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes komplett entfallen. Änderungsbedarf sieht die eaf dagegen im Hinblick auf die Ermittlung der Höhe des Unterhaltsvorschusses. Dieser sollte künftig errechnet werden, indem vom Mindestunterhalt nur die Hälfte des Kindergeldes bzw. des Kinder­garantiebetrages abgezogen wird.

3. Vorläufigen Umgangsmehrbedarfszuschlag einführen

Der erhöhte Bedarf von Kindern in Trennungsfamilien wird in dem vorliegenden Entwurf nicht berücksichtigt. Solange ein ausreichender Umgangsmehrbedarf für Trennungskinder nicht ermittelt wird, sollte der daraus resultierenden Unterdeckung der Bedarfe des Kindes in beiden Haushalten im parlamentarischen Verfahren zumindest übergangsweise abgeholfen werden, indem diese Kinder bei Anspruch auf den Zusatzbetrag einen vorläufigen Umgangsmehr­bedarfszuschlag in Höhe von 25 Prozent der Kindergrundsicherung erhalten.

Eine ausführlichere Darstellung dieser Forderungen wurde den Mitgliedern des Bundestagsaus­schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in der Stellungnahme der eaf anlässlich der Öffentlichen Anhörung am 13. November 2023 zugeleitet.

Weitere Hintergrundinformationen finden Sie in der Stellungnahme der eaf vom 6. September 2023 zum Referentenentwurf des BMFSFJ „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Kindergrundsicherung und zur Änderung weiterer Bestimmungen“.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 13.11.2023

Anlässlich der heutigen Sachverständigenanhörung zur Kindergrundsicherung im Familienausschuss des Deutschen Bundestages ruft der Familienbund der Katholiken die Abgeordneten zu einer kritischen Überprüfung des bisherigen Konzepts auf. Aus seiner Sicht werden die mit dem Reformvorhaben verbundenen Ziele nicht erreicht. Weder kommt es zu einer deutlich besseren finanziellen Unterstützung einkommensschwächerer Familien, noch zu einer merklichen Vereinfachung.

„Kinder sind unsere Zukunft. Sie benötigen für ein gutes Aufwachsen soziale Teilhabe und gute Bildungschancen. Wenn jedes fünfte Kind in Armut aufwächst, bleiben zu viele Kinder zurück. Diesen dringlichen Missstand anzugehen, liegt also auf der Hand“, erklärt Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes der Katholiken. „Die Reform muss aber die für sie vorgesehenen Gelder bestmöglich für Familien einsetzen. Wenn ich Verkomplizierungen sehe, wo es eigentlich einfacher werden sollte, und hohe Anteile des Budgets dauerhaft für eine neue Verwaltungsstruktur verwendet werden sollen, scheinen mir die Grundgedanken der Kindergrundsicherung aus dem Blick zu geraten.“

Mit der Kindergrundsicherung hat sich die Regierung vorgenommen, die Kinderarmut in Deutschland zu reduzieren und für Kinder deutlich bessere Teilhabechancen zu schaffen. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht eine Zusammenlegung mehrerer Familienleistungen vor, für deren Verwaltung die Familienkassen bei der Bundesagentur für Arbeit zum Familienservice ausgebaut werden sollen.

Der Familienbund fordert, dass die Familien die Leistungen aus einer Hand erhalten. Jedoch wird es für Familien im Bürgergeldbezug komplizierter. „Bisher erhalten arme Familien die Grundsicherung für alle Familienmitglieder vom Jobcenter. Jetzt sollen sie für die Kinder zusätzlich zum Familienservice – und wenn die neue Kindergrundsicherung nicht ausreicht, dann doch wieder ergänzend zum Jobcenter. Das erscheint mir nicht durchdacht“, so Ulrich Hoffmann. „Das Vom-Kind-aus-Denken führt hier dazu, dass die Familie als Ganzes aus dem Blick gerät. Wer aber wirklich vom Kind aus denkt, denkt an die Familie.“

Auch zur Ersparung von Verwaltungskosten sind laut Hoffmann Doppelzuständigkeiten zu vermeiden, um den Familien die Leistungen aus einer Hand zu gewähren und mehr Geld für die Familien selbst zu verwenden. „Allein die geplante Verwaltungsumstellung wird jährlich Kosten in Höhe von 408 Millionen Euro verursachen, die an anderer Stelle des Haushaltes des Familienministeriums eingespart werden müssen. Das geht direkt zu Lasten anderer familienpolitischer Maßnahmen, ohne dass ein klarer Vorteil für die Familien erkennbar wäre.“

Ulrich Hoffmann hält auch eine bessere finanzielle Unterstützung einkommensschwächerer Familien für notwendig: „Ohne eine spürbare Leistungserhöhung, die die Grundbedarfe von Kindern tatsächlich sichert und Familien mit kleinen bis hin zu mittleren Einkommen stärker unterstützt, wird sich die Kinderarmut nicht reduzieren lassen. Bisher gibt es noch keine transparenten Darstellungen der Regierung, in welchen Einkommensbereichen durch die Neuregelung Besserstellungen generiert werden. Ich fürchte, dass es an einigen Stellen zu Schlechterstellungen kommen wird. Die Regierung sollte den intern sicherlich vorliegenden Vergleich des geltenden und des geplanten Rechts den Abgeordneten und der Öffentlichkeit vorlegen.“

Ein Großteil der vorgesehenen zahlreichen Umetikettierungen und Neuzuordnungen bringen kaum Gewinn für Familien, sondern stiften eher inhaltliche wie rechtliche Verwirrung. An vielen Stellen des Entwurfs werden Regelungen zum Kindergeld und dem Kinderzuschlag übernommen, jedoch mit neuen Begriffen versehen. Dort wo sich nichts ändert, sollten die bisherigen Begriffe erhalten bleiben. Die geplante Umbenennung des Kindergeldes in Kindergarantiebetrag sollte daher unterbleiben.

Die steuerrechtlichen Regelungen bewertet Ulrich Hoffmann positiv: „Ich begrüße die Beibehaltung der vollen steuerlichen Freibeträge für Kinder, denn alle Familien haben einen Anspruch auf faire Besteuerung. Kinder führen zu einer reduzierten steuerlichen Leistungsfähigkeit, die nach den allgemeinen Prinzipien der Besteuerung und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu berücksichtigen ist.“

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 13.11.2023

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Ziel der Kampagne: Erwachsene übernehmen Verantwortung – sie sehen hin, hören Kindern zu und fragen nach, wenn sie eine Vermutung oder ein komisches Bauchgefühl haben.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus und die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Kerstin Claus, haben heute in Berlin die zweite Phase der Kampagne für den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt mit dem Titel „Schieb deine Verantwortung nicht weg!“ vorgestellt. Zum Auftakt gibt es eine Aktionswoche vom 13. bis 18. November (9. Europäischer Tag gegen sexuelle Gewalt und sexuelle Ausbeutung von Kindern).

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Mit der Kampagne appellieren wir ganz klar an das Verantwortungsgefühl von Erwachsenen. Denn ein aufgeklärtes, wachsames Umfeld schützt Kinder und Jugendliche viel besser vor Gewalt. Ich fordere jede und jeden auf: Sehen Sie hin, hören Sie zu, fragen Sie beim Kind nach! Nur mit gemeinschaftlicher Verantwortung erzeugen wir einen Schutzschirm, damit Kinder keine Opfer sexueller Gewalt werden.

Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus: „Viel zu oft gibt es die Vorstellung, dass andere Menschen, Organisationen oder staatliche Stellen zuständig sind, wenn es um den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt geht. Das wollen wir ändern. Statt des spontanen Gedankens ‚vielleicht täusche ich mich ja, wird schon nichts sein‘ geht es in der Kampagne darum, Verantwortung nicht wegzuschieben und Menschen zu zeigen, was sie tun können. Dafür müssen sie keine Kinderschutzexpert:innen sein, aber sich verantwortlich fühlen – und dann auch konkret wissen, wie sie handeln können. ‚Ich weiß, was ich tun kann‘ – das ist der zentrale Schlüssel, um Kindern zu helfen. Kein Kind, kein Jugendlicher kann sich alleine schützen: ‚Wir Erwachsenen sind es, die hier in der Verantwortung stehen.‘

Schieb deine Verantwortung nicht weg!“ ist als mehrjährige Kampagne konzipiert. Neben der Verbreitung der Kampagnenbotschaften unter anderem über TV-Spots, Plakate, Social Media Angebote und einer Vielzahl von Informationsmaterialien liegt der Schwerpunkt der Kampagne in 2023/24 auf „Good Practice“-Projekten vor Ort und stärkt lokale Netzwerke und kommunale Initiativen. Durch die Zusammenarbeit von Fachpraxis, Politik und Zivilgesellschaft sollen nachhaltige regionale Bündnisse zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt erreicht werden. Die Kampagne und die bundesweiten und lokalen Aktivierungsmaßnahmen werden von zahlreichen Partnern unterstützt, wie zum Beispiel aus dem Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen oder dem Betroffenenrat beim Amt der Unabhängigen Beauftragten.

Angela Marquardt, Mitglied im Betroffenenrat: „Die Kampagne spricht zurecht die Verantwortung aller an, denn sexualisierte Gewalt ist kein individuelles Problem. Gewalterfahrungen müssen auch im Kontext gesellschaftlicher Verhältnisse gesehen werden. Selbst Verantwortung zu übernehmen, ist das Fundament einer gesellschaftlichen Selbstverständlichkeit, immer da informiert zu handeln, wo Kinder und Jugendliche sexualisierte Gewalt erleben. Das oft fehlende Unrechtsbewusstsein führt in großen Teilen der Gesellschaft zum Schweigen und wir Betroffene haben das Recht auf eine gesellschaftliche Verantwortungsübernahme. Nicht wir alleine sind in der individuellen Verantwortung, dass sexualisierte Gewalt verhindert oder aufgedeckt wird.“

Schieb deine Verantwortung nicht weg!“ ist die Fortführung der Kampagne „Schieb den Gedanken nicht weg!“, die im vergangenen Jahr von BMFSFJ und UBSKM gestartet wurde. In dieser ersten Phase wurde darüber aufgeklärt, dass von sexueller Gewalt vor allem Kinder und Jugendliche im eigenen persönlichen Umfeld, vor allem in der Familie, betroffen sind. Auslöser war eine Forsa-Umfrage, die gezeigt hatte: 85 Prozent der Befragten halten es für unwahrscheinlich oder ausgeschlossen, dass sexualisierte Gewalt in der eigenen Familie passiert oder passieren könnte. Nach diesem wichtigen ersten Schritt folgt jetzt konsequent die nächste Phase: „Schieb deine Verantwortung nicht weg!“ befähigt Menschen, zu handeln. Sie klärt darüber auf, auf welche Signale man achten sollte, wie man mit Kindern sprechen kann und wo es Hilfe- und Beratungsangebote gibt – damit alle Bescheid wissen und Verantwortung übernehmen.


Zur digitalen Pressemappe:
https://beauftragte-missbrauch.de/presse/pressemitteilungen 

Zu TV-Spot, Audiofile und Plakatmotiven (sendefähig bzw. Druckdateien):
https://wigwam.bg-edv.com/index.php/s/tso652K9bYMHTKD

Zur Landingpage der Kampagne mit umfassenden Informationen und Materialien zum Download und Bestellen:
https://nicht-wegschieben.de/home

Hilfe- und Beratungsangebote vor Ort:
https://www.hilfe-portal-missbrauch.de/startseite

Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch:
0800 – 22 55 530 (kostenfrei und anonym)

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 13.11.2023

Am Mittwoch berät der Deutsche Bundestag in erster Lesung das Selbstbestimmungsgesetz. Mit diesem Gesetz wird das Verfahren zur Änderung des amtlichen Geschlechtseintrags und Namens zu einem reinen Verwaltungsverfahren – vergleichbar mit der Eheschließung. 

Anke Hennig, zuständige Berichterstatterin und stellvertretende queerpolitische Sprecherin:

„In der Debatte um das Selbstbestimmungsgesetz existieren unzählige Vorurteile. Darüber gerät der eigentliche Kern des Gesetzes in den Hintergrund: Wir bauen aktive staatliche Diskriminierung ab und erleichtern gesellschaftliche Teilhabe für trans*, inter und nicht-binäre Menschen. Wir ermöglichen ein schlichtes Verfahren zur Änderung des amtlichen Geschlechtseintrags und Namens, vergleichbar mit der Eheschließung. Dadurch wird es in Zukunft endlich niedrigschwellig möglich sein, einen Ausweis mit einem zur Identität passenden Namen zu erhalten, um beispielsweise bei offizieller Post mit der korrekten Anrede angesprochen zu werden. Für die Menschen, die es betrifft, ist das ein gewaltiger Schritt nach vorn: Sie werden mit dem neuen Gesetz endlich nicht mehr dazu gezwungen, psychiatrische Gutachten bei Gericht einzureichen, in denen intimste Details vor dem Staat offengelegt werden müssen. Das ist menschenunwürdig und das schaffen wir ab.“

Jan Plobner, zuständiger Berichterstatter und stellvertretender queerpolitischer Sprecher:

„Das Bundesverfassungsgericht hat schon im Jahr 2017 geurteilt, dass mehr als zwei positive Geschlechtseinträge im Personenstandsrecht möglich sein müssen und dass für diese Einträge die individuelle Geschlechtsidentität maßgeblich sein muss – insofern der Gesetzgeber überhaupt weiter an der Erfassung eines Geschlechtseintrags festhält. Auch international hat sich die Bedeutung des Geschlechtseintrags weiterentwickelt: Die Weltgesundheitsorganisation hat sich endlich davon verabschiedet, Transgeschlechlichkeit als Krankheit zu definieren. Menschenrechtliche Standards zum staatlichen Umgang mit trans*, inter und nicht-binären Menschen wurden entwickelt. Und in zahlreichen anderen Ländern dieser Welt gibt es zum Teil schon seit zehn Jahren gesetzliche Regelungen zur niedrigschwelligen Änderung des Geschlechtseintrags. Insofern schließen wir mit der Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes nicht nur zu all den anderen Ländern auf, die bereits menschenrechtskonforme Regelungen haben. Wir erfüllen mit dem Gesetz auch endlich einen Verfassungsauftrag. Nicht mehr und nicht weniger.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 14.11.2023

Die Kinderkommission teilt mit:

Am 20. November 1989 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die UN-Konvention über die Rechte des Kindes. 196 Staaten haben in der Zwischenzeit diese Konvention, die allen Kindern auf der Welt in 54 Artikeln völkerrechtlich die gleichen verbindlichen Mindeststandards verbrieft, ratifiziert. In Deutschland und auf der ganzen Welt machen sich Kinder und Jugendliche seitdem an diesem Tag für die Umsetzung ihrer Rechte stark. 

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages als Interessenvertretung der Kinder und Jugendlichen im Parlament setzt sich mit ihrem Arbeitsprogramm aktiv für die Einhaltung und Stärkung der Rechte der Kinder ein.

Weltweit sind aktuell das Leben und die Zukunft von Millionen von Kindern durch viele Krisen, Kriege und Konflikte bedroht. Fast alle Kinder werden schon heute auf die eine oder andere Weise mit den Folgen dieser Krisen konfrontiert. Gerade deshalb ist es für die Kinderkommission noch einmal besonders wichtig, den mit der Kinderrechtskonvention verbundenen Auftrag ins Zentrum von Politik und Gesellschaft zu stellen und Verbesserungen bei der Umsetzung der Kinderrechte einzufordern.

Die Vorsitzende der Kinderkommission des Deutschen Bundestags, Emilia Fester, erklärt hierzu: 

„Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes ist eines der wichtigsten Mittel für den Schutz der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Deutschland und auf der ganzen Welt.  Seit dem Inkrafttreten der Konvention im Jahr 1992 hat sich die Situation von Kindern in Deutschland spürbar verbessert. Doch die Kriege, Krisen und Konflikte der vergangenen Jahre machen weltweit deutlich, warum die Kinderrechtskonvention und die mit ihr verbundenen Aufträge im Zentrum unseres Handelns stehen sollten. Die UN-Konvention hält die Politik in der Pflicht, Verantwortung zu übernehmen und die Lebensbedingungen der nächsten Generation zu erhalten.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 17.11.2023

Nach Angaben der Statistik der Bundesagentur für Arbeit hat es von Januar bis März 2023 durchschnittlich 10.000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit mindestens einer Leistungsminderung gegeben. Deren Anteil an allen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten hat demnach durchschnittlich 0,3 Prozent betragen. Darauf verweist die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/9334) auf eine Kleine Anfrage (20/8701) der Fraktion Die Linke. Die Kürzung des laufenden Leistungsanspruchs hat nach Angaben der Regierung durchschnittlich bei sieben Prozent beziehungsweise rund 50 Euro der Gesamtleistung gelesen. „Die Anzahl der Fälle mit einer Leistungsminderung von über zehn Prozent des Regelbedarfs kann nicht ermittelt werden“, schreibt die Regierung.

Quelle: Pressemitteilung  hib – heute im Bundestag Nr. 883 vom 22.11.2023

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat einen Antrag (20/1354) der Fraktion Die Linke abgelehnt, in dem diese vom Bundestag eine Entschuldigung für das Leid, das transgeschlechtlichen Menschen widerfahren ist, verlangt. Gegen den Antrag stimmten alle übrigen Fraktionen des Bundestages.

Das 1981 in Kraft getretene Transsexuellengesetz (TSG) habe Transgender zwar erstmalig im Recht anerkannt und ihnen ermöglicht, den Personenstand ihrem Geschlechtsempfinden anzupassen, heißt es im Antrag. Doch das TSG sei „in vielen Punkten verfassungswidrig“ gewesen, weshalb das Bundesverfassungsgericht einige Bestimmungen außer Kraft gesetzt habe. Dazu zählten unter anderem die Bedingungen der Sterilisation und Ehescheidung. Den betroffenen Personen und ihren Angehörigen sei dadurch jahrelang erhebliches Leid zugefügt und deren Menschenrechte eklatant verletzt worden, schreibt Die Linke.

Quelle: Pressemitteilung  hib – heute im Bundestag Nr. 861 vom 15.11.2023

Neuen Berechnungen zufolge fehlen in Deutschland, vor allem im Westen, rund 430.000 Kita-Plätze. Im Osten wiederum ist eine Fachkraft für zu viele Kinder zuständig. Zwar besteht die Chance auf spürbare Verbesserungen bis 2030 – doch dafür müssen jetzt die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen geschaffen werden. Um die aktuelle Notsituation abzufedern, sind weitere Maßnahmen nötig. 

In den westdeutschen Bundesländern fehlen rund 385.900 Kita-Plätze, um den Betreuungsbedarf der Eltern zu erfüllen. In Ostdeutschland gibt es rund 44.700 Plätze zu wenig. Das geht aus neuen Berechnungen aus unserem „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ hervor. Zwar gab es in den zurückliegenden Jahren erkennbare Fortschritte beim Ausbau von Kita-Angeboten. Doch zugleich ist der Bedarf kontinuierlich gestiegen, denn immer mehr Eltern wünschen sich – insbesondere für ihre jüngeren Kinder – eine Betreuung. Derzeit kann aber der Rechtsanspruch auf eine Kindertagesbetreuung, der seit 2013 auch für Kinder unter drei Jahren gilt, für hunderttausende Kinder nicht erfüllt werden.  

In Ostdeutschland ist der Anteil an Kindern, die eine Kita besuchen, wesentlich höher als im Westen. Allerdings sind die Personalschlüssel hier deutlich ungünstiger. Während eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft in Westdeutschland rechnerisch für 3,4 Kinder in Krippengruppen und für 7,7 Kinder in Kindergartengruppen verantwortlich ist, kommen im Osten 5,4 bzw. 10,5 Kinder auf eine Fachkraft. Unseren wissenschaftlichen Empfehlungen zufolge, müssten die Personalschlüssel bei 1 zu 3 sowie bei 1 zu 7,5 liegen. Gemessen daran, werden fast 90 Prozent der Kita-Kinder in Ostdeutschland in Gruppen betreut, deren Personalschlüssel nicht kindgerecht sind. Allerdings sind es auch im Westen noch rund 62 Prozent. 

„Der Fachkräftemangel erschwert es zunehmend, die Rechtsansprüche zu erfüllen und in den Kitas den Bildungsauftrag umzusetzen. Die Situation ist für Kinder und Eltern wie auch für das vorhandene Personal untragbar geworden“, sagt Anette Stein, unsere Expertin für frühkindliche Bildung.  

Fachkräfte-Radar zeigt mögliche Entwicklungen bis 2030 auf

Im aktuellen „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule“ haben wir untersucht, wie sich das Angebot und der Bedarf an Fachkräften in den Bundesländern in den kommenden Jahren entwickeln und wie sich das auf die Kita-Situation auswirken könnte. Bis 2030 besteht für die ostdeutschen Bundesländer aufgrund der zurückgehenden Kinderzahlen die Chance, die Personalschlüssel an das Westniveau anzugleichen und die Elternbedarfe zu erfüllen. Brandenburg und Sachsen sowie – mit etwas mehr Anstrengung – Sachsen-Anhalt und Thüringen können bis 2030 sogar kindgerechte Personalschlüssel erreichen. Für alle Ost-Bundesländer gilt, dass das aktuell beschäftigte Kita-Personal nicht entlassen werden darf und sogar zusätzlich neue Fachkräfte gewonnen werden müssen.

Für die westdeutschen Bundesländer ist insbesondere der hohe Bedarf an Kita-Plätzen eine enorme Herausforderung. Lediglich Hamburg kann laut Prognose bis 2030 sowohl die aktuellen Elternbedarfe als auch kindgerechte Personalschlüssel erfüllen. Auch für Niedersachsen wären beide Ziele realistisch, mit etwas mehr Anstrengungen ebenso für Schleswig-Holstein. Die meisten West-Bundesländer könnten bis 2030 die aktuellen Elternbedarfe decken und bei der Personalausstattung zumindest den West-Durchschnitt erreichen. Allerdings müssten dazu noch mehr Fachkräfte gewonnen werden, als der Prognose zufolge zur Verfügung stehen.

Auf keiner Ebene darf es Abstriche an der pädagogischen Qualifizierung geben. Sonst leidet die Bildungsqualität darunter.

Anette Stein, Expertin der Bertelsmann Stiftung für frühkindliche Bildung

Es braucht einen Mix aus langfristig und kurzfristig wirkenden Maßnahmen

Um die Ziele bis 2030 zu erreichen, müssen die Bundesländer jetzt die jeweils nötigen Schritte einleiten: Die ostdeutschen Länder müssen die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Kitas mehr Personal beschäftigen können. Solange die Personalausstattung ungünstiger ist als im Westen, gibt es keine bundesweite Chancengerechtigkeit in der frühkindlichen Bildung. Für die westdeutschen Länder gilt es, den Platzausbau voranzutreiben. Gleichzeitig braucht es in allen Bundesländern langfristige Strategien für die Gewinnung und Qualifizierung von neuen Fachkräften sowie attraktive Beschäftigungsbedingungen, damit das Personal im Berufsfeld bleibt. Dafür ist eine abgestimmte und verbindliche Kooperation von Bund, Ländern, Kommunen und Trägern nötig. Zudem sollte sich der Bund über die Leistungen des Kita-Qualitätsgesetzes hinaus an der Finanzierung der frühkindlichen Bildung verlässlich beteiligen. 

An der aktuellen Notsituation – den fehlenden Plätzen sowie den nicht kindgerechten Personalschlüsseln – werden diese langfristig angelegten Maßnahmen allerdings kaum etwas ändern. Das zeigen die Prognosen des Fachkräfte-Radars für das Jahr 2025. Daher sind Sofortmaßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen gefragt. So könnte das pädagogische Personal von Verwaltungs- und Hauswirtschaftsaufgaben entlastet werden. Auch Quereinsteiger:innen können die Lage entspannen. Aber: „Auf keiner Ebene darf es Abstriche an der pädagogischen Qualifizierung geben. Sonst leidet die Bildungsqualität darunter“, mahnt Anette Stein. Wie die Berechnungen ebenfalls zeigen, würde in einigen Bundesländern eine Reduzierung der Kita-Öffnungszeiten bis 2025 dazu beitragen, die Ziele schneller zu erreichen. „Das ist zweifellos eine einschneidende Maßnahme, die nur individuell und in enger Abstimmung zwischen Kommune, Träger und Eltern getroffen werden sollte“, betont Stein. „Aber die Kita-Krise ist so weit fortgeschritten, dass neue Antworten gefragt sind.“

Publikation

Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule 2023

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung vom 28.11.2023

Obwohl sich potenziell benachteiligte Familien für ihre Kinder einen Kita-Platz wünschen, haben sie zu einem hohen Anteil keinen Betreuungsplatz. An diesem „Kita-Gap“ hat sich auch zehn Jahre nach Einführung des erweiterten Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz wenig geändert. Eine neue Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), die von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegeben wurde, geht deshalb der Frage nach, wie sich diese ungedeckten Kita-Bedarfe über unterschiedliche Gruppen von Familien verteilen und was die Gründe dafür sind, dass trotz Bedarf kein Platz genutzt wird.

Wie aus der Studie hervorgeht, gibt es bei der Nutzung öffentlich finanzierter Bildungs- und Betreuungsangebote insbesondere für Kinder zwischen einem und unter drei Jahren stark ausgeprägte sozioökonomische Unterschiede. Demnach sind Kinder aus Familien deutlich unterrepräsentiert, die armutsgefährdet sind, in denen überwiegend kein Deutsch gesprochen wird oder deren Eltern keinen akademischen Hintergrund besitzen. Insgesamt hat in Deutschland die Hälfte der Kinder in dieser Altersklasse einen Kita-Platz – unter Kindern aus armutsgefährdeten Haushalten ist es nur ein Viertel. Bei Familien, die überwiegend kein Deutsch zuhause sprechen, gehen drei von zehn Kindern in eine Kita, bei Familien ohne akademischen Hintergrund vier von zehn.

Ungedeckte Kita-Bedarfe mit weitreichenden bildungs- und gleichstellungspolitischen Folgen

Nach Ansicht von Prof. Dr. C. Katharina Spieß, Direktorin des BiB und eine der Autorinnen der Studie, ist es falsch, die geringere Kita-Nutzung auf einen geringeren Bedarf der Familien zurückzuführen. Tatsache ist: „Die Kita-Bedarfe können für potenziell benachteiligte Familien seltener gedeckt werden. Dies betrifft vor allem das zweite und dritte Lebensjahr von Kindern, zeigt sich aber teilweise bis zum Schuleintritt.“ Insgesamt haben 21 Prozent aller Familien mit Kindern zwischen einem und unter drei Jahren trotz Betreuungswunsch keinen Kita-Platz. Bei armutsgefährdeten Familien sind es 33 Prozent, bei Familien ohne akademischen Hintergrund 25 Prozent und bei Familien, in denen überwiegend kein Deutsch gesprochen wird, 39 Prozent. „Die Befunde zeigen höhere ungedeckte Bedarfe vor allem bei denjenigen Gruppen, bei denen Kinder und Eltern besonders von einem Kita-Besuch profitieren könnten“, erklärt Dr. Mathias Huebener, Co-Autor der Studie. Demnach könnte ein früherer Besuch in einer qualitativ guten Kita Ungleichheiten in der Entwicklung von Kindern verringern, die sich bereits vor dem Schuleintritt teils deutlich ausprägen. Die Analysen der Studie zeigen weiterhin, dass in Familien, die ihren Kita-Bedarf nicht decken können, vielfach Mütter sind, die gern eine Erwerbstätigkeit aufnehmen würden. Eine Erfüllung der Betreuungswünsche kann die Erwerbsbeteiligung besonders für Mütter aus potenziell benachteiligten Familien deutlich steigern.

Vielfältige Gründe für mangelnde Bedarfsdeckung

Die Gründe für die fehlende Bedarfsdeckung sind vielfältig und liegen sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite. Potenziell benachteiligte Familien berichten deutlich häufiger von Schwierigkeiten bei der Kita-Suche und bemängeln öfter fehlende wohnortnahe Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten sowie unpassende Öffnungszeiten. „Dies lässt auf mangelnde Informationen und ein nicht bedarfsgerechtes Angebot in Wohnortnähe dieser Familien schließen“, sagt Mitautorin Dr. Sophia Schmitz. Potenziell benachteiligte Familien vermuten zudem häufiger eine mangelnde Förderung ihrer Kinder.

Verschiedene Ansätze könnten Kita-Gaps reduzieren

Die vielen Barrieren, die Familien je nach sozioökonomischen und -demografischen Merkmalen den Zugang zu Kitas erschweren, erfordern einen breiten Ansatz, um bestehende Bedarfe zu decken. So könnten ein weiterer Ausbau sowie qualitativ hochwertige und wohnortnahe Einrichtungen Kita-Gaps reduzieren. Auf der Kostenseite könnte eine bundesweit festgelegte Staffelung von Gebühren nach Haushaltseinkommen Kindern aus Familien mit geringeren Einkommen den Besuch einer Kita erleichtern. Außerdem könnten bessere Informationen über den bestehenden Rechtsanspruch, das Bewerbungsverfahren und die Vorteile frühkindlicher Bildung und Betreuung dazu beitragen, Kita-Gaps zu verringern. Das umfasst auch Initiativen wie ein erleichtertes Anmeldeverfahren, um die Suche nach einer Einrichtung möglichst einfach zu halten.

Die Untersuchung basiert auf Daten der Kinderbetreuungsstudie (KiBS) für die Jahre 2018 bis 2020 und wurde von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegeben. Sie kann hier heruntergeladen werden:

https://www.fes.de/cgi-bin/gbv.cgi?id=20728&ty=pdf

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 22.11.2023

Die Elternzeit ist für viele Paare der Einstieg in eine ungleiche Arbeitsteilung: Mütter unterbrechen ihre Erwerbsarbeit länger, um Zeit mit dem Kind zu verbringen – und erfahren dadurch langfristige Einkommensnachteile. Wesentliche Gründe für die meist ungleiche Aufteilung zwischen Mann und Frau sind bestehende traditionelle Geschlechternormen, Einkommensunterschiede innerhalb von Paaren sowie mangelnde Kenntnisse über die finanziellen Folgen. Welche Schlussfolgerungen würden Menschen über die Aufteilung der Elternzeit ziehen, wenn sie bessere Informationen über die wirtschaftlichen Konsequenzen hätten? Mit dieser Frage hat sich ein Team von Forschenden im internationalen Fachmagazin Gender & Society beschäftigt.

Das Ergebnis: Je umfassender Menschen zu den ökonomischen Auswirkungen der Elternzeit für Mütter und Väter informiert sind, umso eher unterstützen sie eine gleichberechtigte Aufteilung der Elternzeit. Für die Forschenden eine wichtige Erkenntnis, denn daraus lassen sich auch praktische Auswirkungen für politische Entscheidungsträger ableiten: „Die Befunde vertiefen unser Verständnis über normative Einflüsse familienpolitischer Maßnahmen“, bewertet Mitautorin Prof. Dr. C. Katharina Spieß, Direktorin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), die Ergebnisse der Studie, die mit Kolleginnen von der Universität Tübingen erstellt wurde.

Bessere Informationen führen zu stärkerer Unterstützung für eine egalitäre Aufteilung

Für die Untersuchung wurden auf Basis des deutschen GESIS-Panels Personen gebeten, die gesetzliche Elternzeit von maximal 14 Monaten für ein fiktives Paar aufzuteilen, das sein erstes Kind erwartet. Dabei wurden die Antworten der Befragten verglichen mit ihren Antworten, nachdem sie Informationen zu den wirtschaftlichen und beruflichen Konsequenzen der Elternzeit für Männer und Frauen erhalten hatten: Elternzeit führt bei Müttern oftmals zu finanziellen Nachteilen, Väter verzeichnen hingegen kaum Einbußen bei Löhnen oder Karriereschritten. Diejenigen, die über diese Informationen verfügten, akzeptierten eher eine längere Elternzeit des Vaters. Jüngere, noch Kinderlose, reagierten dabei stärker auf diese Informationen. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass sie mit Elternschaftsnormen generell noch wenig persönlich in Kontakt gekommen sind. „Unsere Ergebnisse deuten klar darauf hin, dass die Bereitstellung von Informationen über einkommensbezogene Folgen der Elternzeit in bestimmten Einkommenskonstellationen zu einer erhöhten Akzeptanz von weniger traditionellen Aufteilungen der Elternzeit führt“, erklärt Spieß.

Wirkung der Information hängt von der Glaubwürdigkeit der Aussage ab

In der Studie betonen die Forschenden zudem die hohe Bedeutung der Ergebnisse für die Politikberatung. Allerdings: „Die Wirkung der Informationen hängt wesentlich vom Vertrauen in die Institutionen ab, von denen sie bereitgestellt werden“, meint Spieß. Wenn evidenzbasierte Informationen durch die Politik oder in den Medien wiederholt verbreitet werden, dann könnten sie ihr aufklärerisches Potenzial entfalten. Dies trifft sogar auf Gruppen zu, die noch nicht im Fokus der Familienpolitik stehen.

Weitere Autorinnen der Studie sind Marie-Fleur Philipp, Silke Büchau und Pia S. Schober von der Universität Tübingen. Der Originalartikel kann hier heruntergeladen werden: https://doi.org/10.1177/08912432231176084

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 15.11.2023

Die neuesten Daten der DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS) zeigen, dass weiterhin eine Lücke zwischen Platzangebot und Bedarf besteht und Angebote nicht für alle Eltern gleich zugänglich sind

Ab 2026 gilt ein Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Erstklässler, der bis 2030 auf alle Grundschulkinder ausgedehnt wird. Mit den neuesten Daten aus 2022 kann gezeigt werden, dass der Bedarf der Eltern an außerunterrichtlicher Bildung und Betreuung für ihre Grundschulkinder weiterhin nicht durch die vorhandenen Angebote gedeckt werden kann, dass aber ein Bedarf der Eltern auch nicht immer gleich ein Ganztagsbedarf ist. 5 Prozent aller Grundschulkinder in Deutschland besuchten kein außerunterrichtliches Angebot, obwohl die Eltern einen Bedarf hatten. Eine solche Lücke zeigt sich in nahezu allen Bundesländern. Weitere 3 Prozent nutzten zwar ein Angebot, dessen Umfang war jedoch mindestens fünf Stunden pro Woche geringer als die Eltern benötigten. Um Familien ein bedarfsgerechtes Angebot unterbreiten zu können, sind weitere Ausbaubemühungen nötig.  

Der derzeitige Platzmangel macht es einigen Familien besonders schwer, ihren eigentlich vorhandenen Bedarf in die Nutzung eines Angebots zu verwandeln: Die Ungleichheiten im Zugang verstärkten sich sogar über die letzten Jahre hinweg. Bei vorhandenem Bedarf gelingt es Familien mit Migrationshintergrund sowie solchen mit niedrigerer Bildung immer weniger gut, einen Betreuungsplatz zu bekommen als Familien ohne Migrationshintergrund oder mit höherer Bildung. Das Ziel, die Teilhabe für alle Kinder zu verbessern und so zu gleichwertigen Lebensbedingungen beizutragen, wird aktuell nicht erfüllt. Dies sind zentrale Ergebnisse der jetzt vorliegenden Studie „Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder – entsprechen sie den Bedarfen der Eltern?“ des DJI-Kinderbetreuungsreports 2023. Die Datengrundlage dafür bildet die Elternbefragung 2022 der DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS).

Entwicklung des Betreuungsbedarfs stagniert

Bis zum Jahr 2018 stieg der Bedarf an außerunterrichtlichen Angeboten nahezu parallel zum Anteil der Kinder an, die ein solches Angebot nutzten. Seit 2019 stagniert dieser Anstieg jedoch sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland. Da im Zuge des Platzausbaus in Westdeutschland die Inanspruchnahme noch bis 2020 weiter gestiegen ist, hat sich die Lücke zwischen Bedarf und Inanspruchnahme in den letzten Jahren deutlich verringert. Trotzdem müssen weitere Betreuungsplätzen geschaffen werden.

Nur ein Teil der Eltern wünschte ganztägige Angebote

Der Ausbau der Betreuungsangebote in den vergangenen Jahren war sehr stark auf Ganztag fokussiert. Allerdings belegen die KiBS-Daten wiederholt, dass in einigen Bundesländern ein Teil der Eltern kürzere Betreuungsangebote, zum Beispiel über die Mittagszeit, nachfragt, nutzt und damit seine Bedarfe decken kann. Die Entscheidungsträger in den Ländern sollten daher auch Konzepte entwickeln, wie eine solche Übermittagsbetreuung von Grundschulkindern qualitätsvoll gestaltet werden kann.

DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS)

Seit sieben Jahren erarbeitet das KiBS-Team jährlich eine Reihe von vertieften Analysen, die im Format des DJI-Kinderbetreuungsreports als thematisch fokussierte Studien frei verfügbar sind. Zu den jährlich wiederkehrenden Themen gehören dabei die Fortschreibung der elterlichen Bedarfe an und die aktuelle Nutzung von Angeboten der frühen Bildung durch Kinder ab der Geburt bis zum Ende des Grundschulalters. Die Auswertungen beschäftigen sich aber beispielsweise auch mit den Elternbeiträgen für die Nutzung von Angeboten, den Gründen für eine Nichtinanspruchnahme von Kindertagesbetreuung oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

In Studie 5 des DJI-Kinderbetreuungsreports 2022 werden so Unterschiede im Eintrittsalter der Kinder in die frühe Bildung und in der Kontinuität der Angebotsnutzung bei Kindern bis zur Einschulung untersucht. Disparitäten finden sich beispielsweise in Bezug auf die Wohnregion der Familie oder das genutzte Betreuungsformat: Während Kinder in Ostdeutschland mit durchschnittlich 16 Monaten erstmalig ein Angebot der frühen Bildung außerhalb der Familie nutzten, waren die Kinder in Westdeutschland beim Eintritt durchschnittlich 23 Monate alt. Im Durchschnitt waren Kinder, die eine Kindertagespflege besuchten, beim Eintritt jünger als diejenigen, die ihre Bildungskarriere in einer Kindertageseinrichtung starteten. Darüber hinaus finden sich Zusammenhänge zwischen dem Eintrittsalter und dem Bildungsstand der Eltern sowie dem Migrationshintergrund des Kindes. Kinder mit Migrationshintergrund treten etwas später in die frühe Bildung ein, Kinder von Eltern mit höheren Bildungshintergründen deutlich früher.

In Studie 3 des DJI-Kinderbetreuungsreports 2022 wird die Situation rund um den Schuleintritt betrachtet. Vor dem Hintergrund des ab 2026 geltenden Rechtsanspruchs auf ganztägige Betreuung für Grundschulkinder werden Einblicke in den zukünftigen Betreuungsbedarf der Eltern von Vorschulkindern gegeben. Zudem kann aufgezeigt werden, inwiefern diese Bedarfe nach dem Schuleintritt umgesetzt werden. Die meisten Eltern, die vor Schuleintritt ein außerunterrichtliches Angebot wünschten, nutzten ein solches auch nach der Einschulung ihres Kindes. Jedoch zeigen die Daten der Befragungen 2020 und 2021 auch, dass jede zehnte Familie, die vorschulisch einen Bedarf nach einem Angebot der außerunterrichtlichen Bildung und Betreuung angab, dies im ersten Schuljahr nicht tat. Ungedeckte Bedarfe im ersten Schuljahr äußerte trotzdem nur ein kleiner Teil der Eltern, da die meisten Eltern, die ihren vorschulischen Betreuungswunsch nicht umsetzen konnten, in der Zwischenzeit eine andere Betreuungslösung für ihr Kind gefunden hatten.

KiBS wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Die Forschungsergebnisse werden unter anderem in der jährlich erscheinenden Broschüre „Kindertagesbetreuung Kompakt“ des BMFSFJ publiziert, dort vor allem zu den Themen des Betreuungsbedarfs sowie zu Häufigkeit und Umfang der tatsächlichen Nutzung der Kindertagesbetreuung.

Pressemitteilung
https://www.dji.de/veroeffentlichungen/pressemitteilungen/detailansicht/article/nicht-nur-in-der-kita-ungleichheiten-im-zugang-zu-ganztaegigen-angeboten-setzen-sich-in-der-grundschule-fort.html

Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder – entsprechen sie den Bedarfen der Eltern? DJI-Kinderbetreuungsreport 2023, Studie 2 von 7, Katrin Hüsken, Kerstin Lippert, Susanne Kuger, 52 Seiten, ISBN: 978-3-86379-501-6 
https://www.dji.de/veroeffentlichungen/literatursuche/detailansicht/literatur/34282-bildungs-und-betreuungsangebote-fuer-grundschulkinder-entsprechen-sie-den-bedarfen-der-eltern.html

Allgemeine Informationen zur DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS) und Publikationen
https://www.dji.de/KiBS

„Kindertagesbetreuung Kompakt – Ausbaustand und Bedarf 2022“ des BMFSFJ
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/kindertagesbetreuung-kompakt-228472

Themenseite Kinderbetreuung
https://www.dji.de/themen/kinderbetreuung.html

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut (DJI) vom 29.11.2023

Die Inflationsrate in Deutschland ist im Oktober auf 3,8 Prozent gesunken. Damit war die Teuerung einerseits fast doppelt so stark wie von der Europäischen Zentralbank (EZB) in ihrer Zielinflationsrate angestrebt, andererseits weniger als halb so hoch wie im Oktober 2022 (8,8) Prozent. Ebenfalls stark zurückgegangen ist die Spanne der Inflationsbelastung zwischen verschiedenen Haushaltstypen, die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden. Der Unterschied zwischen der höchsten und der niedrigsten haushaltsspezifischen Rate betrug im Oktober 2023 0,6 Prozentpunkte, während es 3,1 Prozentpunkte ein Jahr zuvor waren. Nach September 2023 zum zweiten Mal seit Beginn der drastischen Teuerungswelle waren dabei ärmere Haushalte, unabhängig von ihrer Größe, nicht mehr am oberen Rand der haushaltsspezifischen Inflationsraten zu verorten, sondern nun im unteren Bereich. Familien mit niedrigen Einkommen hatten im Oktober eine Inflationsrate von 3,0 Prozent zu tragen, bei Alleinlebenden mit niedrigen Einkommen waren es 3,2 Prozent. Da ärmere Singles und ärmere Familien über den größeren Teil des Jahres 2023 mit zum Teil deutlich überdurchschnittlichen Teuerungsraten konfrontiert waren, dürfte trotzdem auch ihre Jahresrate vergleichsweise hoch ausfallen. Und wenn, wie aktuell von der Bundesregierung geplant, die Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme schon ab Januar statt ab April 2024 wieder auf 19 Prozent steigt, würde das Haushalte mit niedrigen Einkommen überproportional betreffen. Da Haushaltsenergie bei ihren monatlichen Ausgaben eine relativ große Rolle spielt, „öffnet sich dann die soziale Schere wieder“, schreiben Dr. Silke Tober und Prof. Dr. Sebastian Dullien im neuen IMK Inflationsmonitor, den das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung vorlegt.*

Die Inflationsexpertin und der wissenschaftliche Direktor des IMK berechnen seit Anfang 2022 jeden Monat spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden (mehr zu den Typen und zur Methode unten und in der Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

Ärmere Haushalte waren während der aktuellen Teuerungswelle bis in den Herbst hinein besonders stark durch die Inflation belastet, weil sie einen großen Teil ihres schmalen Budgets für Güter des Grundbedarfs wie Nahrungsmittel und Haushaltsenergie ausgeben müssen. Diese waren die stärksten Preistreiber. Im Laufe der letzten Monate hat die Preisdynamik dort aber nachgelassen, so dass sich die einkommensspezifischen Differenzen seit dem Höhepunkt im Oktober 2022 stark verändert haben. Damals hatten Familien mit niedrigen Einkommen die höchste Inflationsrate im Haushaltsvergleich mit 11,0 Prozent. Dagegen waren es bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen 7,9 Prozent. Doch auch wenn die Inflationsraten seitdem stark gesunken sind und die Werte für die verschiedenen Haushalte sich angenähert haben, wird das Problem steigender Preise vor allem für Menschen mit niedrigen Einkommen dadurch verschärft, dass viele nur geringe finanzielle Rücklagen haben und die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, kaum zu ersetzen sind.

Dass die allgemeine Inflationsrate von September auf Oktober um 0,7 Prozentpunkte zurückgegangen ist, liegt unter anderem daran, dass die Energiepreise geringfügig niedriger lagen. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Preise für Haushaltsenergie kaum gestiegen sind und die Kraftstoffpreise deutlich geringer ausfielen. Zudem verteuerten sich Lebensmittel zwar noch einmal um gut sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr, das stellt aber eine deutliche Verlangsamung gegenüber den Monaten zuvor dar. Auch bei den übrigen untersuchten Haushaltstypen wirkte sich die nachlassende Preisdynamik im Grundbedarf aus, allerdings weniger stark als bei den ärmeren: So betrug die Preissteigerung bei Familien mit hohen Einkommen im Oktober 3,6 Prozent, bei Paaren ohne Kinder mit mittleren Einkommen 3,5 Prozent und bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen 3,4 Prozent. Familien mit mittleren Einkommen sowie Singles mit höheren Einkommen verzeichneten Teuerungsraten von jeweils 3,3 Prozent. Bei Alleinlebenden und bei Alleinerziehenden mit jeweils mittleren Einkommen schlug die Inflation mit je 3,2 Prozent zu Buche (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version). Dass aktuell die spezifischen Inflationsraten der einzelnen Haushaltstypen etwas unter der allgemeinen Rate liegen, beruht darauf, dass das IMK bei der Gewichtung der Warenkörbe die repräsentative Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) heranzieht, während das Statistische Bundesamt seit Jahresanfang auf die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zurückgreift. 

„Höchste Zeit, dass EZB Zinserhöhungszyklus beendet hat“

Für die kommenden Monate erwarten Tober und Dullien einen weiteren Rückgang der Inflationsrate, wobei der Dezember wegen der staatlichen Abschlagsübernahme für Erdgas- und Fernwärme-Haushalte im Vorjahr einen Ausreißer darstellen wird. Die Fachleute des IMK rechnen auch mit einer sinkenden Kerninflation, weil die niedrigeren Energie- und Rohstoffpreise mit einigem Zeitverzug über die Produktionsketten hinweg auch bei den Endkund*innen ankommen. Zudem wirke die Auflösung von Lieferengpässen dämpfend. Die sinkende Tendenz bei der Teuerung dürfte sich zunächst abschwächen, analysieren die Fachleute. Bremsend wirkten zum Jahresanfang die Normalisierung des Mehrwertsteuersatzes auf Speisen in Gaststätten sowie die Anhebung des CO2-Preises. Sollte die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer bei Gas und Fernwärme tatsächlich ebenfalls auf Januar vorgezogen werden, würde allein deswegen die Inflationsrate zwischen Januar und März um 0,2 Prozentpunkte höher ausfallen. All das dürfte den Trend zu niedrigeren Teuerungsraten aber nicht drehen, betonen Tober und Dullien, zumal die hohen Preissteigerungen der Vergangenheit sukzessive aus der Inflationsberechnung fallen. Unter dem Strich dürfte sich 2024 die Inflationsrate „dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent deutlich annähern“, schreiben sie. 

Vor diesem Hintergrund und angesichts der wirtschaftlichen Schwäche im Euroraum und insbesondere in Deutschland „war es höchste Zeit, dass die EZB ihren Zinserhöhungszyklus beendet hat“, so die IMK-Fachleute. Die „Normalisierung“ der Geldpolitik im vergangenen Jahr sei bei Aufwärtsrisiken für die Inflation und den damals noch recht positiven Wirtschaftsaussichten angebracht gewesen. Seitdem habe die EZB aber überzogen agiert: „Da die Zweitrundeneffekte durch erhöhte Lohnsteigerungen überschaubar bleiben, war die deutliche geldpolitische Restriktion zur Inflationsbekämpfung nicht nur unnötig, sondern riskiert eine Verzögerung der klimapolitisch erforderlichen Investitionen und ein erneutes Unterschreiten des Inflationsziels wie in den fünf Jahren vor der Pandemie.“

Informationen zum Inflationsmonitor

Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.

IMK Inflationsmonitor: Erdgas und Strom trotz Preisbremsen im Oktober 2023 immens teurer als 2019 – Inflation weiter im Sinkflug. IMK Policy Brief Nr. 160, November 2023

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 13.11.2023

Für viele Menschen in Deutschland ist ein warmes Zuhause nicht selbstverständlich. Im vergangenen Jahr lebten 5,5 Millionen Menschen in Deutschland in Haushalten, die nach eigener Einschätzung ihr Haus oder ihre Wohnung aus finanziellen Gründen nicht angemessen warmhalten konnten. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) mitteilt, betraf dies rund 6,6 % der Bevölkerung. Der Anteil hat sich gegenüber dem Jahr 2021 verdoppelt. Damals hatte er bei 3,3 % gelegen. Grund für den Anstieg dürften vor allem die höheren Energiepreise im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine gewesen sein.

Besonders häufig waren Menschen in Alleinerziehenden-Haushalten betroffen: Rund 14,1 % von ihnen gaben an, ihre Wohnung aus Geldmangel nicht angemessen heizen zu können. Auch Personen in Haushalten aus zwei Erwachsenen und mindestens drei Kindern (9,7 %) sowie Alleinlebende (7,3 %) waren überdurchschnittlich häufig betroffen.

EU-weit knapp jede zehnte Person betroffen

Mit einem Bevölkerungsanteil von 6,6 % liegt Deutschland unter dem EU-Durchschnitt: In der Europäischen Union (EU) waren im vergangenen Jahr rund 9,3 % der Bevölkerung nach eigener Einschätzung finanziell nicht in der Lage, ihre Wohnung angemessen warmzuhalten. Der Anteil stieg damit auch EU-weit gegenüber 2021 an, als er bei 6,9 % gelegen hatte. Am häufigsten gaben 2022 Menschen in Bulgarien an, ihren Wohnraum nicht angemessen heizen zu können: Dort war gut jede oder jeder Fünfte (22,5 %) betroffen. Es folgten Zypern (19,2 %) und Griechenland (18,7 %). Am niedrigsten war der Anteil in Finnland (1,4 %) sowie in Luxemburg (2,1 %) und Slowenien (2,6 %).

Methodische Hinweise:

Bei den Angaben handelt es sich um Ergebnisse der europäischen Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC). EU-SILC ist die amtliche Hauptdatenquelle für die Messung von Armutsgefährdung und Lebensbedingungen auf Bundesebene in Deutschland sowie in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Bei den hier erwähnten Ergebnissen für 2022 handelt es sich um Erstergebnisse. Ausführliche Informationen zur Methodik sind auf einer Sonderseite verfügbar.

Die Einschätzung der Angemessenheit des Heizens liegt im Ermessen der Befragten. Diese Selbsteinschätzung der Haushalte zum angemessenen Heizen der Wohnung ist eines der Kriterien zur Messung der materiellen und sozialen Entbehrung (Deprivation). Dazu zählt unter anderem auch das finanzielle Unvermögen, jährlich eine Woche Urlaub woanders als zu Hause zu verbringen, jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit einzunehmen oder unerwartete höhere Ausgaben aus eigenen finanziellen Mitteln bestreiten zu können. Erfüllt ein Haushalt aufgrund seiner Selbsteinschätzung mindestens sieben der dreizehn Kriterien, gilt der Haushalt als erheblich materiell und sozial depriviert.

Weitere Informationen:

Die Ergebnisse im EU-Vergleich stehen im Webangebot Europa in Zahlen und in der Eurostat Datenbank bereit.

Weitere Ergebnisse der Erhebung EU-SILC 2022 sind im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes auf der Themenseite Einkommen und Lebensbedingungen, Armutsgefährdung veröffentlicht. Darüber hinaus gibt es weitere Ergebnisse zum Thema „Wohnen“ auf der Themenseite Wohnen.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 28.11.2023

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Am Donnerstag (9.11.) haben die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ, die Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendarbeit (BAG OKJA), die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ), der Deutsche Bundesjugendring (DBJR), die Deutsche Sportjugend (dsj) und die Gemeinsame Initiative der Träger Politischer Jugendbildung (GEMINI) Bundesjugendministerin Lisa Paus in einem gemeinsamen Brief informiert, dass ihre Vertreter*innen aus dem „Bündnis für die junge Generation“ der Bundesjugendministerin austreten.

Dazu sagt Prof. Dr. Karin Böllert, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ: „Mit dem ‚Bündnis für die junge Generation‘ war die Hoffnung verbunden, die Anliegen der rund 22 Mio. jungen Menschen in unserem Land stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Es ging um einen Wandel hin zu einer Politik für und mit junge(n) Menschen. Anstatt des proklamierten Fortschritts betreibt die Bundesregierung nun aber einen eklatanten Rückschritt: Kürzungen bei bundeszentralen Trägern der Kinder-und Jugendhilfe und Freiwilligendiensten sind das Gegenteil einer guten Kinder- und Jugendpolitik. Mit meinem Austritt aus dem Bündnis mache ich deutlich, dass ich diesen Weg nicht mitbeschreiten werde.

Die am 9.11. ausgetretenen Vertreter*innen sind Prof. Dr. Karin Böllert (Vorsitzende AGJ), Prof. Dr. Susanne Keuchel (Vorsitzende BKJ), Volker Rohde (Geschäftsführer BAG OKJA), Daniela Broda (Vorsitzende DBJR), Stefan Raid (1. Vorsitzender dsj) und Hanna Lorenzen (Sprecherin GEMINI). Neben den Initiator*innen haben weitere Organisationen den Austritt ihrer Vertreter*innen aus dem Bündnis erklärt, darunter der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und mehrere Jugendverbände. Die weiteren Personen sind Susanne Aumann (dbb jugend nrw), Matthäus Fandrejewski (dbb jugend), Robert Jasko (Deutsche Gehörlosen Jugend), Daniel Poli (IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland), Prof. Dr. Günther Schneider (Deutsches Jugendherbergswerk) und Thomas Weikert (Deutscher Olympischer Sportbund).

Bundesjugendministerin Paus hatte das Bündnis im Dezember 2022 gegründet, um die Anliegen der jungen Generation stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Mit dem Beitritt war die Hoffnung verbunden, Kinder- und Jugendpolitik zu stärken und zu gestalten. Doch das Bündnis ist dem Ziel, jungen Menschen Gehör zu verschaffen, nicht nähergekommen. Hingegen soll die Unterstützung für junge Menschen gemäß der aktuellen Haushaltsplanung der Bundesregierung für das Jahr 2024 gekürzt werden.

Trotz prominenter Mitstreiter*innen aus Medien, Kultur, Wissenschaft und Politik hat das Bündnis keine Wirkung entfaltet. Es hat die Jugendpolitik nicht gestärkt und die grundsätzlichen Anliegen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht aufgegriffen. Die Pläne der Bundesregierung, an Strukturen und Angeboten für Kinder und Jugendliche zu kürzen, ist ein weiterer Ausdruck der fehlenden Priorisierung von Kinder- und Jugendpolitik.

Dabei ist es in der aktuellen Lage für den gesellschaftlichen Zusammenhalt umso wichtiger, dass

  • den Stimmen von Kindern und Jugendlichen Gehör verschafft wird,
  • junge Menschen in politische Entscheidungen einbezogen werden,
  • in politische und kulturelle Bildungsarbeit, sowie in (Sport-)Vereine investiert wird,
  • Angebote für junge Menschen und Projekte von jungen Menschen finanziert werden, 
  • die Förderung von sozialem Engagement und Freiwilligenarbeit von jungen Menschen unterstützt wird.

Die Träger der Kinder- und Jugendhilfe werden weiterhin konstruktiv mit dem Bundesjugendministerium im Interesse junger Menschen zusammenarbeiten. Statt eines losen und unverbindlichen Bündnisses hoffen sie auf eine echte Koalition für junge Menschen, die das Bundesjugendministerium und alle relevanten Akteur*innen der Kinder- und Jugendhilfe vereint.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ vom 10.11.2023

Eine vom Bundesforum Männer – Interessenverband für Jungen, Männer und Väter in Auftrag gegebene repräsentative Studie zeigt: Ein großer Teil der Männer schätzt Gleichstellung als wichtig für den Zusammenhalt der Gesellschaft ein. Zugleich nehmen die Zustimmungswerte für eine aktive, offensive Gleichstellungspolitik ab. Männer sind mehrheitlich der Auffassung, dass Gleichstellung noch (lange) nicht erreicht ist und Gleichstellungspolitik sich noch zu wenig mit den Anliegen von Männern befasst. Das Bundesforum Männer fordert, Männer stärker als Adressaten und Akteure in eine moderne Gleichstellungspolitik einzubinden. 

Wie denken Männer über die berufliche Eigenständigkeit ihrer Partnerin? Wie sind die Einstellungen zu Erwerbstätigkeit und Teilzeit? Wie sehen Männer ihre Rolle bei der Kindererziehung? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert die neue repräsentative Studie „Männerperspektiven. Einstellungen von Männern zu Gleichstellung und Gleichstellungspolitik“, die das Bundesforum Männer, der Interessenverband für Jungen, Männer und Väter in Deutschland, am 17. November 2023 im Vorfeld des Internationalen Männertags am 19. November vorgestellt hat.  

Rollenbilder im Wandel 

Die Studie zeigt, wie Männer heute auf Gleichstellung und Gleichstellungspolitik blicken und wie sich ihre Einstellungen und Sichtweisen in den letzten Jahren verändert haben. 84% der Männer teilen die Auffassung, dass Gleichstellung wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist.  

Mit Blick auf zentrale gleichstellungsrelevante Einstellungen von Männern zeigt die Studie im Vergleich zu 2015 positive Entwicklungen. Teilzeit wird für Männer normaler. Männer erwarten von Unternehmen, dass sie Vereinbarkeit von Familie und Beruf gleichermaßen für Männer wie für Frauen ermöglichen. Männer finden, dass mehr verbindliche Partnermonate beim Elterngeld die Gleichstellung voranbringen würden. Für mehr Männer wird es selbstverständlich, dass nicht nur Mütter, sondern auch Väter nach der Geburt die Erwerbstätigkeit unterbrechen und bei ihrem Kind zuhause bleiben. 

Thomas Altgeld, Vorstandsvorsitzender des Bundesforum Männer: „Durch die Studienergebnisse sehen wir uns in unserer Grundannahme bestätigt, dass eine große Mehrheit der Männer Gleichstellung richtig und wichtig findet – sowohl gesamtgesellschaftlich, mit Blick auf Unternehmen und ihre Vereinbarkeitskultur und in Bezug auf die eigene Partnerschaft.“

Studie offenbart gleichstellungspolitischen Handlungsbedarf 

Trotz dieser aus Sicht des Bundesforum Männer insgesamt erfreulichen Tendenzen belegen die Ergebnisse aber auch dringenden gleichstellungspolitischen Handlungsbedarf.  

2015 zählten noch 35 % zu den Befürwortern einer aktiven, offensiven Gleichstellungspolitik, heute sind es nur noch 23 %. Auf der anderen Seite wuchs im gleichen Zeitraum der Anteil der Gegner einer weiter gehenden Gleichstellungspolitik auf 22 %, gegenüber 13 % im Jahr 2015. Hinsichtlich des sprachlichen Genderns und seiner Nützlichkeit für die Gleichstellung ist die Gruppe der Männer gespalten. 

Dr. Dag Schölper, Geschäftsführer des Bundesforum Männer: „Wir sehen eine gegenläufige Entwicklung: Zunehmende Zustimmungswerte für Gleichstellung, aber abnehmende Zustimmungswerte für Gleichstellungspolitik. Eine effektive gleichstellungspolitische Strategie muss die unterschiedlichen Ausgangslagen berücksichtigen und mit differenzierten Maßnahmen darauf reagieren. Die Politik muss hier unbedingt aktiv werden.“ 

Zur Methodik der Studie 

Die Erhebung wurde vom DELTA-Institut und Prof. Dr. Carsten Wippermann durchgeführt und umfasst eine repräsentative Stichprobe von 1.556 befragten Männern im Alter ab 18 Jahren. Sie schließt an die Untersuchungen „Männer. Rolle vorwärts – Rolle rückwärts“ (2007) sowie „Männer-Perspektiven. Auf dem Weg zu mehr Gleichstellung?“ (2015) an und liefert somit im Zeitvergleich aktuelle Befunde für ausgewählte Fragestellungen.  

Quelle: Pressemitteilung Bundesforum Männer e.V. vom 17.11.2023

Mehr als die Hälfte der Hilfesuchenden in den Sozialberatungsstellen der Caritas mussten in diesem Jahr an der Ernährung (53,5%) sparen. 45,5 Prozent schränkten sich beim Energieverbrauch ein und 39,9 Prozent beim Wohnen.

Das ergab die jährlich wiederkehrende Stichtags-Erhebung in den 478 Caritas-Beratungsstellen der Allgemeinen Sozialberatung am 21. September. Die Beratungsstellen sind eine erste und oft einzige Anlaufstelle für Ratsuchende mit Anliegen aller Art und somit ein guter Sensor für die Nöte und Probleme, die die Menschen in Deutschland gerade haben. Finanzielle Sorgen sind Hauptgrund für das Aufsuchen einer Sozialberatung. Aus den Ergebnissen der diesjährigen Abfrage lässt sich dazu ablesen: Steigende Preise für Energie verschärfen die Probleme von armutsgefährdeten Haushalten spürbar.

Dabei verfügte rund ein Drittel der Ratsuchenden am Stichtag über ein eigenes Erwerbseinkommen. „Ein Arbeitsplatz schützt längst nicht immer und automatisch vor existentiellen finanziellen Sorgen. Wenn sich keine bezahlbare Wohnung finden lässt oder wenn die Preise Lebensmittel oder für den Schulbedarf der Kinder drastisch nach oben gehen, passen Einkommen und Ausgaben plötzlich nicht mehr zusammen. Breitere Bevölkerungsschichten sind auf Hilfe und Begleitung angewiesen – ein deutlicher Hinweis auf die Bedeutung eines stabil geknüpften sozialen Netzes“, sagt Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes.

Schulden für Heiz- und Stromkosten

Ergänzt wird das Stichtags-Ergebnis der Sozialberatung durch weitere Caritas-Umfragen.  „Aus den verschiedenen aktuellen Rückläufen ergibt sich ein genaues Bild, gerade unter Einbeziehung der Caritas-Schuldnerberatungsstellen. Energiepreise sind quer durch alle Haushaltstypen das Angst-Thema Nr. 1,“ so Welskop-Deffaa.  Von 99 Prozent der Hilfesuchenden, die Bürgergeld erhalten, wurden in der Schuldnerberatung Stromschulden thematisiert. Bei 88 Prozent der Bezieher von Bürgergeld bzw. Wohngeld/Kinderzuschlag ging es in der Beratung um Schulden bei Heizkosten. 2021 lagen die Vergleichswerte bei Strom noch bei 54 Prozent und 41 Prozent bei den Heizkosten.

„In Zeiten steigender Konsumgüterpreise ist die zeitnahe Anpassung der Transferzahlungen unabdingbar,“ so Welskop-Deffaa. Gleichzeitig müssten die Erfahrungen aus dem Stromspar-Check, einer Peer-to-Peer-Beratung von Deutschem Caritasverband und dem Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD), für einkommensarme Haushalte zur Grundlage gezielter Beratungsangebote gemacht werden. „Wenn die Energiepreise in der Folge von Krieg und Klimaschutzerwägungen steigen, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen von Vermietern und Mietern, damit Energiesparen für alle gelingt.“

Unkomplizierter Zugang – persönliche Beratung

Wie in den vergangenen Jahren sind mehr als die Hälfte der Ratsuchenden in der Allgemeinen Sozialberatung Frauen (62,3 Prozent). Auffällig ist auch der Anteil junger Männer. 33 Prozent der männlichen Ratsuchenden sind unter 30 Jahre alt. Auch hier bilden existenzielle Sorgen als Folge der Inflation das Hauptproblem. Mehr als die Hälfte der Ratsuchenden insgesamt (52,1%) hat einen Migrationshintergrund. Von den Ratsuchenden mit Migrationshintergrund verfügt mehr als ein Drittel (35,45%) über ein eigenes Erwerbseinkommen.

Die 478 Beratungsstellen der Allgemeinen Sozialberatung funktionieren wie eine Clearing-Stelle. Finanzielle Probleme sind für Menschen meist der erste Anlass, eine Beratungsstelle aufzusuchen. Nicht selten zeigt sich im Beratungsgespräch der Bedarf für weitergehende Hilfen – seien es Sucht- oder Schuldnerberatung, Erziehungshilfen, psychosoziale Dienste oder pflegerische Unterstützung.

„Diese wichtigen Anlaufstellen für hilfesuchende Menschen werden zu nahezu 100 Prozent von der Caritas aus eigenen Mitteln finanziert, d.h. aus Spenden oder kirchlichen Zuwendungen. Eine öffentliche Refinanzierung ist die Ausnahme. Die Stellen sind direkt, ohne Hürden und bürokratische Anforderungen zugänglich und bieten Erste Hilfe in allen Lebenslagen. Hier passt der Ausdruck von der „Feuerwehr des Sozialen“ besonders gut“, so Welskop-Deffaa.

Zur Info
Jedes Jahr am dritten Donnerstag im Monat September (2023: am 21. September) erheben die Caritas-Beratungsstellen der Allgemeinen Sozialberatung Daten zu den an diesem Tag geführten Beratungsgesprächen: Profil der Ratsuchenden (Alter, Geschlecht, Familiensituation, Einkommen…) und Grund oder Gründe für die Beratung. In diesem Jahr sind 2458 Vorgänge in die Erhebung eingeflossen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 22.11.2023

Die verbandliche Caritas fordert anlässlich des Welttages der Armen am kommenden Sonntag mehr Investitionen in den öffentlichen Raum und in öffentliche Infrastruktur. Denn zur Prävention und Bekämpfung von Armut gehört auch, dass sich Menschen im öffentlichen Raum willkommen fühlen, sich dort bewegen können und Angebote für sie bereit stehen, die nichts kosten.

Seit dem Internationalen Tag zur Beseitigung der Armut am 17. Oktober haben Caritas, SkF Gesamtverein und SKM Bundesverband unter dem Motto Mittendrin – außen vor. Wem gehört die Stadt? bundesweit auf die Ausgrenzung armutsbetroffener Menschen im öffentlichen Raum aufmerksam gemacht.

Gesellschaftliche Teilhabe entscheidet sich am Zugang zu öffentlichen Orten

„Wenn nicht in öffentliche Infrastruktur für alle investiert wird, werden Armut und Ausgrenzung in unserem reichen Land weiter zunehmen. Insbesondere für Familien und ältere Menschen mit mittlerem und kleinem Einkommen entscheidet sich gesellschaftliche Teilhabe auch daran, ob Aufenthalts-, Beratungs- und Begegnungsorte sowie Kulturveranstaltungen für alle zugänglich sind“, erläutert SkF-Vorstand Renate Jachmann-Willmer die von den drei Verbänden erhobene Forderung.

Der Erhalt und die Weiterentwicklung öffentlicher Räume und Angebote sind entscheidend auch für den Zusammenhalt der Gesellschaft. „Bürger_innen müssen stärker an Entscheidungen über die Nutzung und Umnutzung öffentlichen Raums beteiligt werden“, fordert SKM-Generalsekretär Stephan Buttgereit.

Anpassung an neue klimatische Bedingungen notwendig

“Sogenannte defensive Architektur, die Obdachlose von bestimmten Orten fernhalten soll; unwirtliche Plätze, auf denen in zunehmend heißen Sommern kein einziger Baum Schatten spendet; Wege, die mit Rollator oder Rollstuhl nicht passierbar sind… Es gibt viele Arten und Weisen, Menschen im öffentlichen Raum von Teilhabe auszuschließen“, erläutert Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. „Armutsprävention und Armutsbekämpfung fangen mit der Gestaltung des öffentlichen Raums an. Im Jahr unserer Klima-Kampagne fordern wir, dass dabei ein besonderes Augenmerk auf die Anpassung an die neuen klimatischen Bedingungen gelegt wird.“

Mehr Informationen
Die Armutswochen der Caritas werden jedes Jahr vom Deutschen Caritasverband und seinen Fachverbänden SkF Gesamtverein und SKM Bundesverband ausgerichtet. Sie beginnen am 17. Oktober, dem Internationalen Tag zur Beseitigung der Armut, und enden am 19. November, dem Welttag der Armen. Die drei Verbände legen dabei jedes Jahr einen Schwerpunkt auf einen bestimmten Aspekt von Armut und Ausgrenzung.

Mit Einladungen zu Kulturveranstaltungen, Angeboten in mobilen Beratungsstellen und Treffpunkten, Stadtspaziergängen, Bürgerbefragungen und im Gespräch mit Politiker_innen haben Ortsvereine von Caritas, SkF und SKM während der Armutswochen 2023 darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig sowohl attraktive und einladende öffentliche Plätze als auch Beratungs- und Begegnungsangebote für die Teilhabe von Menschen in prekären Lebenssituationen sind. Die entsprechenden Forderungen an die Politik von Deutschem Caritasverband, SkF Gesamtverein und SKM Bundesverband finden Sie hier.

Pünktlich zum Welttag der Armen veranstaltet zudem Caritas international, das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, am 18. November die Solidaritätsaktion #EineMillionSterne als Zeichen der Hoffnung und Solidarität für Menschen in Not in Deutschland und weltweit.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V., Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V. (SkF) und SKM Bundesverband e. V. vom 17.11.2023

Mit ihren aktuellen Sparbeschlüssen fährt die Bundesregierung die Pflege gegen die Wand und gefährdet die Versorgung von Millionen pflegebedürftiger Menschen in Deutschland.

Durch die Finanzierung von immer mehr gesamtgesellschaftlichen Aufgaben aus den Kassen der sozialen Sicherungssysteme ist die Pflegeversicherung praktisch in die Insolvenz manövriert worden. Genannt seien hier die Finanzierung der Kosten der Coronapandemie mit 5,5 Milliarden Euro sowie die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige mit 3,5 Milliarden Euro. Ohne diese Ausgaben wäre die Pflege-versicherung heute nicht defizitär.

Statt wie noch im Koalitionsvertrag vorgesehen, die Kassen durch entsprechende Bundeszuschüsse von diesen Kosten zu entlasten, wird nun auch noch der bisherige Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro für die nächsten vier Jahre gestrichen. Diese Politik nimmt den Kollaps der Pflege auf dem Rücken der Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen und der in der Pflege Beschäftigten billigend in Kauf. Pflegebedürftige Menschen sowie ihre Angehörigen werden dies durch höhere Eigenleistungen finanziell und durch die Übernahme von noch mehr Pflege- und Betreuungsleistungen ausbaden müssen. Auch die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Wenn An- und Zugehörige mehr pflegen müssen, können sie weniger arbeiten oder steigen ganz aus dem Berufsleben aus und verstärken den ohnehin bestehenden Arbeitskräftemangel.

Das Bündnis für Gute Pflege fordert die Bundesregierung auf, diese verheerende Politik zu beenden und in einem ersten Schritt die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Bundeszuschüsse zur Pflegeversicherung bereitzustellen, um die Zahlungsfähigkeit der Pflegeversicherung nachhaltig zu sichern. In einem zügigen zweiten Schritt muss die Pflegeversicherung strukturell reformiert werden, um ihre Einnahmebasis nachhaltig zu sichern. Die Vorschläge dazu liegen seit Jahren auf dem Tisch – sie müssen endlich von der Politik umgesetzt werden.

Zum Hintergrund:

Das Bündnis für Gute Pflege ist ein Zusammenschluss von 24 bundesweit aktiven Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften, Berufsverbänden sowie Selbsthilfeorganisationen mit über 13,6 Mio. Mitgliedern.

http://www.buendnis-fuer-gute-pflege.de/

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. und Bündnis für Gute Pflege vom 15.11.2023

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) pocht heute am Internationalen Tag der Kinderrechte auf Chancengerechtigkeit und grundlegende Änderungen bei der Kindergrundsicherung. „Wir können es uns nicht leisten, einen Teil der Kinder abzuhängen. Viele Kinder leben finanziell in prekären Verhältnissen. Das betrifft besonders Kinder in Ein-Eltern-Familien und damit besonders Kinder alleinerziehender Mütter.“, sagt Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb.

Wie auch die Bundesregierung im Gesetzentwurf zur Einführung der Kindergrundsicherung schreibt, leben Kinder nach einer Scheidung oder Trennung meistens bei der Mutter – mit erheblichen ökonomischen Folgen. Frauen leisten hier unbezahlte Care-Arbeit, sie verdienen bei Erwerbstätigkeit im Durchschnitt weniger als Männer und viele Alleinerziehende sind in Teilzeit tätig. Der djb hat in einer kürzlich veröffentlichten Stellungnahme die geplante Kindergrundsicherung scharf kritisiert und elf unerfüllte Anliegen zusammengetragen. „Die Kindergrundsicherung muss das Leistungsniveau systematisch verbessern und die Zugänge für die betroffenen Familien effektiv vereinfachen.“, so Prof. Dr. Susanne Dern, Stellvertretende Vorsitzende der Kommission Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich.

Die Koalition ist angetreten, für Fälle der partnerschaftlichen Betreuung nach Trennung bessere Regelungen im Sozial- und Steuerrecht sowie im Unterhaltsrecht zu finden, ohne das Existenzminimum des Kindes zu gefährden. Mehrbelastungen, so hieß es, sollen berücksichtigt werden. Dieses Vorhaben sieht der djb nicht als erfüllt an. „Die vorgeschlagenen Änderungen des Bundesjustizministeriums zum Kindesunterhaltsrecht und der Entwurf der Bundesregierung zur Kindergrundsicherung beherzigen nicht, dass zusätzliche Bedarfe entstehen, wenn das Kind nach Scheidung oder Trennung statt in einem in zwei Haushalten lebt. Solange den Mehrbelastungen im Sozial- und Steuerrecht nicht angemessen Rechnung getragen wird, gehen Änderungen im Unterhaltsrecht auf Kosten des Haushalts, in dem das Kind überwiegend betreut wird – und damit überwiegend auf Kosten alleinerziehender Mütter und der betroffenen Kinder“, betont Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der Kommission Familien-, Erb- und Zivilrecht des djb.

Zum Internationen Tag der Kinderrechte erinnert der djb außerdem daran, dass Kinder neben Geld und Zeit vor allem auch eine gute Infrastruktur brauchen. Hier sind Bund und Länder gefordert, Kürzungen im Sozial- und Bildungsetat mit aller Kraft zu verhindern. Allein für Kinder unter drei Jahren fehlen in Westdeutschland über 250.000, in Ostdeutschland über 20.000 Kita-Plätze.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) vom 20.11.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zur Halbzeit der Ampel-Koalition und zum heutigen Internationalen Tag der Kinderrechte bei der Bundesregierung einen stärkeren Fokus auf die Kinder- und Jugendpolitik an. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation bestehen nach wie vorher zu große Leerstellen bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland. Viel zu lange haben Kinder und ihre Familien nur eine nachrangige Rolle gespielt, obwohl sie der maßgebliche Grundstein für eine zukunftsfähige Gesellschaftspolitik sind. Deswegen müssen die Interessen von Kindern und Jugendlichen endlich konsequent berücksichtigt werden. Dazu gehört die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ebenso wie die gesellschaftliche Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen, eine wirksame Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland und die nachhaltige Absicherung von Qualität und Chancengleichheit im Bildungssystem.

 

 „Wir vermissen nicht nur am heutigen Internationalen Tag der Kinderrechte den unbedingten Willen der Bundesregierung, die Kinder- und Jugendpolitik in Deutschland grundlegend neu zu gestalten. Dabei wäre eine konsequente Ausrichtung der politischen Entscheidungen an den Interessen der Kinder und Jugendlichen der Weg in eine nachhaltig wirksame Politik für uns alle. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung sind eine Reihe von Maßnahmen festgelegt, die die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen verbessern könnten. Beispielsweise zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland, für die Verbesserung der Bildungschancen im frühkindlichen und schulischen Bereich, bei der Partizipation oder dem gesunden Aufwachsen von Kindern. Es reicht aber nicht aus, sich viel vorzunehmen, sondern es muss dann auch eine konsequente Politik für Kinder und Jugendliche folgen. Hier sehen wir noch viel Luft nach oben“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

„Bei der Bekämpfung der Kinderarmut braucht es eine Kindergrundsicherung, die das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern gewährleistet und sich an den tatsächlichen Bedarfen der Kinder und Jugendlichen orientiert. Um Armutskreisläufe zu durchbrechen und allen Kindern ein selbstbestimmtes Aufwachsen zu ermöglichen, sollte diese um armutspräventive Infrastrukturangebote im direkten Lebensumfeld der Kinder ergänzt werden. Der angestrebte Ausbau der Ganztagsbetreuung muss konsequent an den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention ausgerichtet werden. Die Ganztagsbetreuung muss Ganztagsbildung ermöglichen, ein rein quantitativer Ausbau von Betreuungsplätzen ohne ausreichende Qualitätssicherung widerspricht der in der UN-Kinderrechtskonvention normierten Vorrangstellung des Kindeswohls. Ohne Qualitätsstandards nützt die beste Infrastruktur nur wenig. Wenn es nur um Verwahren und Betreuen geht und die individuelle Entwicklung des einzelnen Kindes nicht adäquat berücksichtigt wird, läuft es falsch“, so Krüger weiter.

 

„Kinderrechte im Grundgesetz sind ein unverzichtbarer Baustein, um kindgerechtere Lebensverhältnisse und bessere Entwicklungschancen für alle Kinder zu schaffen, ihre Rechtsposition deutlich zu stärken, und Kinder an den sie betreffenden Entscheidungen zu beteiligen. Wir müssen zudem vorankommen hin zur rechtlichen Gleichstellung von geflüchteten Kindern in Deutschland. Hier mangelt es insbesondere an der Berücksichtigung des Kindeswohls in der Flüchtlingspolitik und einem gleichberechtigten Zugang zu grundlegenden Kinderrechten wie Bildung und Gesundheit für geflüchtete Kinder. Und schließlich sollten nach der Wahlaltersabsenkung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament Jugendliche ab 16 Jahren auch bei der nächsten Bundestagswahl wahlberechtigt sein“, sagt Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 20.11.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert die Abgeordneten des Haushaltsausschusses des Bundestages im Vorfeld der morgigen Bereinigungssitzung des Ausschusses dazu auf, die geplanten Kürzungen im Haushalt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zurückzunehmen. „Die geplanten Kürzungen werden zu harten Einschnitten vor allem in der Kinder- und Jugendhilfe führen, und sind aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes ein verheerendes kinder- und jugendpolitisches Zeichen. Die Kürzungen würden dazu führen, dass zahlreiche Programme und Maßnahmen zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen und Leistungen für die junge Generation abgebaut werden. Vor allem die geplante Kürzung um rund 19 Prozent im Kinder- und Jugendplan (KJP) des Bundes würde die bundesweite Infrastruktur der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland massiv gefährden. Deshalb darf hier nicht wie geplant gekürzt werden“, betont Anne, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Ein Zusammenstreichen des Kinder- und Jugendplans auf Bundesebene und Kürzungen in anderen Bereichen des Haushaltes würden für viele aus kinderrechtlicher Sicht wichtige Projekte das Aus bedeuten. Das Bundesprogramm ,Respekt Coaches‘, das vor dem Aus steht, ist hier ein Beispiel unter vielen. Gerade in der aktuellen Lage wäre die Fortführung dieses Programmes besonders wichtig, um antisemitischen und rassistischen Stimmungen bei Jugendlichen entgegenzutreten. Nach der Corona-Pandemie und angesichts erstarkender nationalistischer und rechtspopulistischer Bewegungen waren sich in Sonntagsreden alle einig, dass es eine nachhaltige Unterstützung für Kinder und Jugendliche und entsprechende Programme sowie Initiativen geben muss. Die Förderung von Maßnahmen zur Stärkung von Demokratie und Vielfalt im Wege von Modellprojekten mit bundesweiter Ausstrahlung, die Unterstützung von Projekten zur Förderung von Bewegung, Kultur und Gesundheit von Kindern, Maßnahmen der Integrations- und Migrationsdienste oder die Förderung von Familienferienstätten darf nicht zusammengestrichen werden“, so Lütkes weiter.

Nach den Bestimmungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes ist es die Aufgabe des Bundesfamilienministeriums, als fachlich zuständige oberste Bundesbehörde die Tätigkeit der Jugendhilfe anzuregen und zu fördern, soweit sie von überregionaler Bedeutung ist und ihrer Art nach nicht durch ein Land allein wirksam gefördert werden kann. Es steht zu befürchten, dass durch die geplanten Haushaltskürzungen das Familienministerium dieser gesetzlichen Aufgabe nicht mehr ausreichend gerecht werden kann.

„Die Unterstützung für die junge Generation muss sich auch spürbar im Haushaltsplan des Bundes widerspiegeln. Deshalb sollten die Finanzmittel des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf ein Finanzvolumen angehoben werden, mit dem eine ausreichende Förderung von Kinder- und Jugendprojekten insbesondere durch einen starken, bedarfsgerechten Kinder- und Jugendplan des Bundes möglich ist. Zugleich wird hier mal wieder deutlich, warum die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz so eminent wichtig ist. Nach einer verfassungsrechtlichen Absicherung der Vorrangstellung des Kindeswohls, wie in der UN-Kinderrechtskonvention bereits erfolgt, dürfte bei Kindern und Jugendlichen auch in der Haushaltspolitik nicht so einfach wie jetzt der Rotstift angesetzt werden“, sagt Anne Lütkes.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 15.11.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt die Initiative der Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina zur heutigen Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister, den Schutz der Persönlichkeitsrechte von Kindern in sozialen Medien zu verbessern. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation müssen Kinder auch hier stärker als bisher in Entscheidungen einbezogen werden, die sie selbst und ihre Daten oder ihre Rechte am eigenen Bild betreffen. Die Rechte von Kindern sind auch im digitalen Raum nicht verhandelbar. Dieser Grundsatz muss klarer als bisher rechtlich abgesichert und gesetzlich normiert werden, sodass auch Eltern ihre Verantwortung verdeutlicht wird. Das gilt aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sowohl für das sogenannte Sharenting als auch für den Bereich des Kinder-Influencing.

„Das Veröffentlichen und Teilen von Kinderfotos im Internet ist allgegenwärtig, die Entscheidungen dazu werden kaum noch hinterfragt. Wer online Kinderfotos veröffentlicht oder teilt, muss sich aber bewusst sein, dass diese Handlung auch Jahre später noch unangenehme und unerwünschte Konsequenzen für das Kind haben kann. Hier muss also sehr verantwortungsvoll entschieden werden, und zwar so früh wie möglich unter Einbezug des Kindes. Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention, der die Beteiligung von Kindern regelt, sollte hier die Richtschnur sein. Wichtig ist, sich bewusst zu sein, dass Fotos, die Erwachsene unbedenklich finden, aus Sicht eines Kindes durchaus peinlich oder unangenehm sein können. Und das muss in jedem Fall respektiert werden. Gleichwohl ist an dieser Stelle auch weitergehende Forschung vonnöten, wie sich solche Eingriffe in die Privatsphäre durch beispielsweise Sharenting ohne ausreichenden Einbezug der Kinder auf das Wohl von Kindern auswirken“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Bei Kinder-Influencern bewegen wir uns im Spannungsfeld zwischen digitaler Teilhabe und kreativer Freizeitbeschäftigung einerseits und Arbeit von Minderjährigen und Persönlichkeitsrechten von Kindern andererseits. Zum Schutz dieser Kinder ist eine konsequentere Anwendung des bestehenden Rechtsrahmens auf diese Medien- und Werbeformate und das Internet als Arbeitsort notwendig. Für einen effektiven Kinderschutz sollte eingehend geprüft werden, an welchen Stellen eine Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes notwendig ist, um Behörden, wie beispielsweise den Gewerbeaufsichtsämtern, eine bessere rechtliche Handhabe zu geben, damit hier das Kindeswohl stärker als bisher Richtschnur staatlichen Handelns wird“, so Krüger weiter.

Das Deutsche Kinderhilfswerk sieht aber auch die Anbieter sozialer Medien ebenso wie Agenturen und Werbetreibende in der Pflicht. Diese müssen sowohl beim Sharenting als auch beim Kinder-Influencing ihrer Verantwortung für den Kinderschutz nachkommen. Das gilt vor allem bei der wirksamen Durchsetzung von Löschpflichten von persönlichkeitsrechtsverletzenden Veröffentlichungen von Bildern oder Videos, auf denen Kinder zu sehen sind. Auch die problematische Rolle der Eltern beim Kinder-Influencing, in einer Doppelrolle gleichzeitig als Erziehungsberechtigte und „Arbeitgeber“, gilt es zu problematisieren. Wenn Eltern gleichzeitig Arbeitgeber der Kinder sind, wird es ungleich schwieriger, Entscheidungen im Sinne des Kindeswohls zu treffen. Zu beachten ist zudem, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch für Kinder und Jugendliche gilt. Beim Kinder-Influencing sind bereits jetzt Gewerbeaufsichtsämter und Jugendämter aufgefordert, die bestehenden Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes in diesem Bereich konsequent durchzusetzen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 10.11.2023

Die Mitgliederversammlung der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie e. V. hat am 20. November 2023 turnusgemäß ein neues Präsidium gewählt. Dabei wurden Prof. Dr. Martin Bujard als Präsident sowie Rosemarie Daumüller und Bernd Heimberg als Vizepräsident:innen mit klarer Mehrheit in ihrem Amt bestätigt.

Bujard, hauptberuflich Forschungsdirektor am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, zeigt sich über das Ergebnis der Wahl sehr erfreut: „In den vergangenen Jahren haben wir in der eaf unser Engagement für Familien – für mehr Zeit in der Rushhour des Lebens, ausreichend Geld und eine verlässlichere Infrastruktur – konsequent fortgesetzt und zu einer besseren Sichtbarkeit dieser Themen in Politik, Gesellschaft und Kirche beigetragen.“

Er unterstreicht, dass die enge Verknüpfung von familienpolitischer Arbeit mit der Arbeit im Forum Familienbildung weiterhin wertvolle inhaltliche Synergien geschaffen hat. „Dies ist mir persönlich sehr wichtig, denn die letzten Jahre haben gezeigt, wie wichtig es ist, dass Familien eine Lobby haben: Es sind die praktischen und alltagsnahen Angebote wie verlässliche Kinderbetreuung, Familienberatung und Familienbildung, die den Unterschied machen, ob Familienleben mit Erwerbsarbeit verbunden oder geflüchtete Mütter, Väter und Kinder gut in Deutschland ankommen und integriert werden können.“

Bujard dankte den Mitgliedern der eaf für das erneute Vertrauen: „Für uns im Präsidiums-Team heißt es nun: Mit voller Kraft voran, denn in Sachen Familienfreundlichkeit gibt es in Deutschland weiterhin viel zu tun!“

Als Beisitzerin neu gewählt wurde die Landtagsabgeordnete Sophia Schiebe. Gundula Bomm, Brigitte Meyer-Wehage und Prof. Dr. Johanna Possinger wurden in ihrem Amt als Beisitzerinnen bestätigt.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf) vom 24.11.2023

eaf wertet die Ergebnisse der aktuellen Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung als klares Signal dafür, kirchliche Angebote auf ihre Familienorientierung zu prüfen

Das Elternhaus ist für eine spätere Kirchenbindung nach wie vor entscheidend. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) bewertet dieses Ergebnis der gestern vorgestellten sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) als zentral für die Zukunftsfähigkeit der evangelischen Kirche. Denn Religiosität und Kirchenbindung gehen gesellschaftlich zurück. Wer bereits als Kind einer Religion angehört und religiöse Erfahrungen macht, bleibt mit höherer Wahrscheinlichkeit auch im Verlauf seines Lebens Teil (s)einer Religionsgemeinschaft, dies zeigen die Daten der KMU mit großer Deutlichkeit.

„Als Antwort auf diesen Befund nur die Arbeit mit Konfirmand:innen und den Religionsunterricht zu stärken, greift aus unserer Sicht viel zu kurz“, so Prof. Johanna Possinger, Mitglied des Präsidiums der eaf. „Religiöse Bildung findet zu allererst in den Familien statt. Gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern machen Kinder erste Glaubenserfahrungen und erleben die Gemeinschaft in ihren Kirchgemeinden. Dort müssen wir ansetzen. Familien suchen in ihren Gemeinden Anknüpfungspunkte, die mit ihrem Leben zu tun haben – niedrigschwellig und ganz praktisch als Unterstützung in ihrem durchgetakteten Familienalltag. Entscheidend sind inklusive und armutssensibel gestaltete Angebote, die den Familien einen Mehrwert bieten. Ihnen kommt es ganz besonders auf die gemeinsam verbrachte Zeit an. Neben Angeboten für Kinder und Jugendliche braucht es deshalb dringend mehr generationsübergreifende Formate für Familien.“

Die eaf als familienpolitischer Verband der EKD macht sich für die Anliegen von Familien in der Kirche stark. Im Verbund mit vielen anderen Akteuren aus Kirche und Diakonie erarbeitete sie die „Orientierungslinien für das evangelische Engagement mit und für Familien“, welche im Frühjahr 2022 vom Rat der EKD verabschiedet wurden.

„Familienorientierung ist das zentrale Zukunftsthema für Kirchenentwicklung. Sehr gute Ideen dafür gibt es. Nun kommt es darauf an, sie in den Gemeinden vor Ort und auf allen Organisations­ebenen der Kirche so umzusetzen, dass Familien tatsächlich erreicht werden. Dafür setzt sich eaf als Impulsgeberin und als starke Stimme für Familien ein“, versichert Possinger. „Gerade unsere Familienbildungsstätten haben bereits viel Erfahrung darin, Angebote gemeinsam mit Familien zu planen und zu gestalten – und nicht nur für sie. Diesen Perspektivwechsel sollten auch mehr Kirchgemeinden unbedingt vornehmen. Die von uns mit erarbeiteten „Orientierungslinien für das evangelische Engagement mit und für Familien“ können dabei eine Unterstützung sein.“

Prof. Dr. Johanna Possinger ist seit 2015 Mitglied des Präsidiums der eaf. Sie lehrt seit 2016 als Professorin für Frauen- und Geschlechterfragen in der Sozialen Arbeit an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg. 2023 erschien ihr Buch „Familien gefragt. Impulse für eine familienorientierte Kirche“.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf) vom 15.11.2023

Laut dem Wohlfahrtsverband ist das Bundes- und Teilhabepaket gescheitert.

Das Bildungs- und Teilhabepaket wurde vor 12 Jahren ins Leben gerufen, um benachteiligten Kindern und Jugendlichen mehr gesellschaftliche Teilhabe und die Beteiligung an Bildungs-, Kreativ- oder Sportangeboten zu ermöglichen. Trotz zahlreicher Reformversuche gelang es bisher nicht, dieses Ziel zu erreichen. Eine Expertise der Forschungsstelle des Paritätischen Gesamtverbands konnte nun darlegen, dass die Teilhabeleistung von bis zu 15 Euro, die Kindern in Bürgergeld-Familien monatlich zur Finanzierung etwa von Vereinsaktivitäten bekommen können, selten ankommt. Im Bundesdurchschnitt bekommen gerade einmal 18 Prozent dieser Kinder zwischen sechs und unter 15 Jahren diese Leistung.

“Das Bildungs- und Teilhabepaket ist offenbar so gut verpackt und verschnürt, dass kaum einer es öffnen kann. Sein Ziel, Kindern und Jugendlichen aus einkommensarmen Familien die Teilnahme an Sport, Bildung oder Kultur zu ermöglichen, verfehlt es seit über einem Jahrzehnt meilenweit. Nicht nur, weil man mit 15 Euro im Monat nicht weit kommt, sondern auch aufgrund bürokratischer Hürden und fehlender Angebote vor Ort”, erklärt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.

Die Paritätische Forschungsstelle erstellt bereits zum vierten Mal eine Expertise zur Inanspruchnahme des Bildungs- und Teilhabepakets. In empirischen Untersuchungen konnte jedes Mal nachgewiesen werden, dass die Leistungen einen Großteil der Berechtigten kaum erreicht haben. Auch der letzte Reformversuch in Form des Starken-Familien-Gesetzes von 2019 hat keine wesentlichen Verbesserungen bewirkt. Hinzu kommt, dass starke regionale Schwankungen zu verzeichnen sind. Die Art der Umsetzung vor Ort hat dabei erheblichen Einfluss auf die Inanspruchnahme, so der Befund der Forschungsstelle.

Der Paritätische sieht das Bildungs- und Teilhabepaket als grundsätzlich gescheitert an. Daher schlägt Ulrich Schneider umfassende Überarbeitungen vor: “Gegen Armut hilft immer noch Geld, ganz egal wie alt die Empfängerinnen und Empfänger sind.” Der Paritätische schlägt vor, diese Leistungen in den Regelsatz zu reintegrieren, anstatt dies über Bildungskarten zu organisieren. Darüber hinaus plädiert der Hauptgeschäftsführer des Wohlfahrtsverbandes für die im Koalitionsvertrag versprochene, vor Armut schützende Kindergrundsicherung und ihre zügige Einführung nebst ausreichender Finanzierung im Bundeshaushalt.

Die Expertise kann hier heruntergeladen werden

Dokumente zum Download

expertise_BuT-2023_web.pdf (443 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 09.11.2023

Väterreport 2023 Deutschland – für uns als Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) sind Gleichberechtigung und Gleichstellung ein Sehnsuchtsort – deshalb gehen wir zusätzliche politische Wege: Petition #Elternschutzgesetz

„Der Väterreport 2023 Deutschland macht deutlich, dass Wunsch und Wirklichkeit von Vätern, gleichwertig aktiv Familienfürsorgealltagsverantwortung zu teilen, weit auseinanderklaffen. Diesen Gap möchten wir VBM-Frauen endlich schließen. Wir geben nicht auf, Deutschland zu einen Sehnsuchtsort für Gleichberechtigung und Gleichstellung mit unserem Zielspektrum zu machen. Und da langjährige Forderungen von uns bisher nur teilweise in politischen Prozessen auf die Agenda kamen, punktuell Einzug in Gesetzgebung erhielten, aber vieles noch nicht parlamentarisch angegangen ist, gehen wir neue zusätzliche politische Wege: Wir haben unsere erste Petition auf den Weg gebracht, zu einer ca. 10-jährig bestehenden Forderung des VBM. Wir verstehen dies als ein Baustein um den Gender Care Gap, Gender Pay Gap und schließlich Gender Pension Gap zu überwinden: Petition Elternschutzgesetz auf Change.Org.“ fasst Cornelia Spachtholz, Vorstandsvorsitzende Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) und Initiatorin Equal Pension Day die Motivation des VBM, nun auch den Weg der Petition zu gehen, zusammen.

„Alle Menschen,

  • die sich für Gleichberechtigung und Gleichstellung einsetzen,
  • sich als Feminist:innen verstehen,
  • sich für Arbeitsrecht und Arbeitsschutz stark machen,
  • die vielleicht sogar in einer Gewerkschaft verortet sind,
  • die aktive Väter von Anfang an fordern,
  • die für Equal Care einstehen,
  • die fordern, Sorgearbeit fair zu teilen,
  • die wissen, was Wochenbett für Mutter und Kind bedeuten,
  • die den Bindungsaufbau zwischen Kind und Vater bzw. Co-Elternteil von Anfang an unterstützen möchten,
  • die Familien von Anfang an ein Stück mehr finanzielle Sicherheit bieten möchten,
  • die bei Familiengründung Sicherheit und Zeit geben möchten, damit sich die Familie finden und orientieren kann, jede:r in seine:r neuen Rolle einfühlen kann,
  • die sich dagegen verwehren, dass die konservativen Familienmodelle der 50-er Jahre wieder durch rechte Politik in Erwägung gezogen werden,

Alle diejenigen müssten unsere Petition zeichnen und uns darin unterstützen, sie für zukünftige Väter und Eltern mit ihren Kindern erfolgreich zu machen!“

appelliert Cornelia Spachtholz, VBM, die Petition #Elternschutzgesetz zu unterstützen und ergänzt:

„Aber selbst diejenigen, die behaupten, dass das Geschlecht keinerlei Rolle auf dem Arbeitsmarkt spielt, beziehungsweise eben solches einfordern als Begründung ihrer Haltung gegen eine Frauenquote, sollten die Petition als logische Konsequenz unterstützen!“

In der auf Change.Org formulierten und als E-Petition im Bundestag eingereichten Petition #Elternschutzgesetz wird gefordert,

  • die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie Art. 4 umzusetzen,
  • sowie darüber hinaus 28 Tage bezahlte Freistellung für Väter und Co-Elternteile ab Geburt zu etablieren
  • und diesem vorgelagert Kündigungsschutz für werdende Väter und Co-Elternteile spätestens ab der 12. Schwangerschaftswoche zu gewähren.

Diese in der Petition formulierten Forderungen, sollen in einem Elternschutzgesetz verankert werden – unabhängig davon, ob steuer- oder umlagefinanziert.

„Wir möchten Deutschland zu einem Sehnsuchtsort von Gleichberechtigung und Gleichstellung machen, wesentliche Merkmale einer Demokratie. Das spiegeln wir mit unserem Forderungsspektrum in Betreuung & Bildung, Arbeitswelt & Karriere, Recht & Steuern sowie Familien- & Rollenbilder – und ganz konkret nun auch mit unserer Petition #Elternschutzgesetz wider!“

Mehr erfahren

Quelle: Pressemitteilung Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) vom 27.11.2023

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 05. Dezember 2023

Veranstalter: Stiftung Alltagsheld:innen, Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. und Bundesverband SHIA e.V.

Ort: Online

Wie muss eine Kindergrundsicherung aussehen, von der alleinerziehende Familien profitieren?

Wir diskutieren 90 Minuten mit Gästen aus dem Bundestag, alle vier Berichterstatterinnen zur Kindergrundsicherung

  • Silvia Breher, CDU
  • Sarah Lahrkamp, SPD
  • Heidi Reichinnek, Linke
  • Nina Stahr, Grüne 

Die 4. Held:innen-Debatte ist nicht nur wegen unserer Gäste aus dem Bundestag besonders interessant, sondern auch weil wir angesichts der Aktualität und Wichtigkeit des Themas zusammen mit dem VAMV Bund und SHIA Bund zum Austausch einladen.

Die Kindergrundsicherung (KiGruSi) soll das große sozialpolitische Projekt der Bundesregierung in dieser Legislatur werden und knapp 3 Millionen Kinder aus der Kinderarmut zu holen. Die Debatte in der Koalition um die konkrete Ausgestaltung hat jedoch offengelegt, dass das Gesetz Gefahr läuft, dieses Ziel nicht zu erreichen.

Für alleinerziehende Familien, die eine der Hauptadressat:innen der Kindergrundsicherung sind, aber auch für Träger und Verbände in Deutschland, die mit und zu alleinerziehenden Familien arbeiten, ergeben sich viele Fragen. Diese möchten wir mit Ihnen und den vier Parlamentarierinnen, alle Berichterstatterinnen zur Kindergrundsicherung in ihren Parteien, diskutieren.

In drei Themen-Runden wollen wir Aspekte des Kabinettsentwurfs zur KiGruSi ausleuchten, die – neben einigen Verbesserungen – vor allem für alleinerziehende Familien, die bisher den Kinderzuschlag beziehen, zu einer Verschlechterung ihrer bisherigen Situation führen würden.

Runde I: Schnittstelle KiGruSi und Wohngeld
Zwar ist ausdrücklich positiv, dass das Kindeseinkommen nur zu 45 Prozent den Zusatzbetrag reduzieren soll. Aber die geplante höhere Anrechnungsrate für „höheren“ Unterhalt macht diese Verbesserung zunichte: Mehr Unterhalt wird zum Minusspiel in der Haushaltskasse.

Runde II: Umgangsmehrbedarfe berücksichtigen
Alleinerziehende Familien können bislang Kinderzuschlag beziehen, ohne dass dieser mit dem anderen Elternteil „geteilt“ werden muss. Der Kindergrundsicherungs-Zusatzbetrag soll zwischen getrennten Eltern nach Umgangstagen aufgeteilt werden – ohne zu berücksichtigen, dass zusätzliche Umgangsmehrkosten entstehen.

Runde III: Unterhaltsvorschuss, Erwerbsanreize und Rahmenbedingungen
Die Einkommens-Voraussetzungen Alleinerziehender für den Unterhaltsvorschuss sollen verschärft werden. Dies widerspricht dem Unterhaltsrecht und ignoriert, dass weiterhin strukturelle Rahmenbedingungen Erwerbswünsche von Alleinerziehende ausbremsen. 

Bitte melden Sie sich unter folgendem Link an: https://is.gd/HeldinnenDebatte

Termin: 05. Dezember 2023

Veranstalter: Deutsches Jugendinstitut e.V.

Ort: Webex

Twenty-five years ago, Pippa Norris (1997) aptly described that parliaments comprise middle-aged to senior men of the dominant ethnicity. Over the past two decades, this picture has somewhat changed. In particular, when it comes to gender and ethnicity, parliaments across the globe have become more diverse. Unfortunately, the same diversification has not taken place when it comes to young MPs. Why aren’t young people participating in legislative institutions? Brit Anlar (Rutgers University) and Dr. Kirstie Lynn Dobbs (Merrimack College) shed light on this question by presenting data on youth representation in the United States and globally. First, Dobbs uses a behavioral approach to understand the connection between young people’s digital activism and their propensity to self-identify as political party members. Then, Anlar discusses how institutional arrangements impact young people’s descriptive representation across U.S. state legislatures, including age requirements, legislative professionalism, term limits, and electoral system type. Together, these studies showcase that bringing youth into the “political fold” requires a schematic that incorporates various stages of the candidate recruitment process, starting with meeting engaged young people at their initial “choice” forms of participation, followed by arranging institutions that foster inclusivity and access to the policy-making table.
Speakers
Dr. Kirstie Lynn Dobbs is an Assistant Professor of Practice in the Department of Political Science & Public Policy at Merrimack College. She specializes in youth political participation and civic engagement with expertise in the Middle East and North Africa. Dr. Dobbs conducted field research in Tunisia and Morocco and has worked as a research consultant with the United States Agency for International Development, the Arab Reform Initiative, and the European Partnership for Democracy on youth political leadership and engagement. She currently conducts engaged research with numerous community organizations in Lawrence, Massachusetts. Her research focuses on understanding the praxis behind youth inclusion in politics and society, especially among underserved populations.
Brit Anlar will complete her doctorate in Political Science from Rutgers University in fall 2023. She specializes in Women and Politics and Comparative Politics, with a particular focus on the political representation of young adults, specifically young women from a global perspective. In her dissertation research, she focuses on how formal and informal institutions within Scandinavian political parties shape young women’s political ambitions and access to political office holding. In addition, Anlar is the lead graduate researcher on the Young Elected Leaders Project, as well as the founding member and secretary of the Youth Political Representation Research Network.

Vortrag mit anschließender Diskussion.

Treten Sie Ihrem Webex-Meeting zum gegebenen Zeitpunkt hier bei.

Meeting beitreten

Termin: 05. Dezember 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

„Kinderrechte ins GG“ waren bereits in der vergangenen Legislatur als Vorhaben der damaligen Bundesregierung im Koalitionsvertrag benannt. Nur leider klappte es nicht mit der Realisierung. Auch die Ampel verankerte das Ziel im Koalitionsvertrag. Zur Halbzeit der Legislatur wollen wir darauf hinweisen, warum das Anliegen bald realisiert werden muss. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie, die Inflation und die aktuellen Fluchtbewegungen führen uns alltäglich vor Augen, dass es Kinderrechte im GG braucht. Denn Kinder gilt es in Deutschland bestmöglich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen, alle Kinder haben ein chancengerechtes Leben verdient. Deshalb geht es jetzt auch darum, Kinderrechte nicht irgendwie ins GG zu schreiben, sondern so, dass alle Kinder im Alltag auch davon profitieren. Wir diskutieren hierzu mit Expert*innen.

An der Veranstaltung wirken mit:

  • Prof. Dr. Philipp B. Donath, University of Labour, Frankfurt am Main
  • Linda Zaiane-Kuhlmann, Leiterin Koordinierungsstelle Kinderrechte, Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
  • Daniel Grein, Bundesgeschäftsführer, Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V.

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.
Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:

Katrin Frank, Referentin Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-465, E-Mail: faf@paritaet.org.

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:

Stefanie Sachse, Sachbearbeitung Referat Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-323, E-Mail: stefanie.sachse@paritaet.org

Termin: 07. Dezember 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

In der laufenden Diskussion über die Neuordnung der finanziellen Leistungen für Kinder und Jugendliche (Kindergrundsicherung) sind auch die Leistungen des sog. Bildungs- und Teilhabepakets erneut in den Fokus der politischen Debatte gerückt. Mit diesem Paket sind verschiedene Leistungen zusammengefasst, die Kindern und Jugendlichen in einkommensarmen Familien zur Verfügung stehen – von der Förderung der sozialen Teilhabe über die Finanzierung von Schülerbeförderung und Mittagsverpflegung bis hin zu Lernförderung.

In der Veranstaltung werden grundlegende Informationen zu den Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaket präsentiert. Zudem werden einige Auswertungen über die (mangelnde) Inanspruchnahme der Teilhabeleistung vorgestellt. Schließlich werden aktuelle Reformabsichten im Rahmen der Einführung einer Kindergrundsicherung vor- und zur Diskussion gestellt.

Die Veranstaltung ist eine Kooperation der Inforeihe Kinder, Jugend und Familie mit der Paritätischen Forschungsstelle im Gesamtverband.

Mit:
Joachim Rock, Abteilungsleiter Sozial- und Europapolitik
Andreas Aust, Referent Sozialpolitik
Greta Schabram, Referentin Sozialforschung, Wohnen und Statistik

Die Paritätische Forschungsstelle hat am 10.11.2023 ihre Expertise zum Thema veröffentlich: „Empirische Befunde zum Bildungs- und Teilhabepaket: Teilhabequoten im Fokus“, Berlin 2023, hier geht es zum Download.

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Fragen
Katrin Frank, faf(at)paritaet.org, Tel 030 / 246 36 465

Verantwortlich für organisatorische Fragen
Mandy Gänsel, mandy.gaensel(at)paritaet.org, Tel 030 / 246 36 476

Termin: 08. Dezember 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Zahlreiche Einflussfaktoren wirken sich auf die Berufswünsche und die Berufswahl von Jugendlichen aus. In der Veranstaltung geht es um die Fragen, welche persönlichen, sozialen und institutionellen Faktoren eine Rolle bei der Ausbildungs- und Berufswahl spielen und welchen Einfluss verschiedene Akteure (Schule, Eltern, Peers u.a.) auf junge Menschen dabei haben. Es wird zudem der Frage nachgegangen, was Akteure (Schulen, Ausbildungsstätten, Praktikumsbetriebe, Berufsberater*innen u.a.) tun können, um junge Menschen in ihrer individuellen Entscheidungsfindung zu unterstützen. Außerdem stehen die Herausforderungen im Fokus, mit denen insbesondere sozial benachteiligte und individuell beeinträchtigte Jugendliche in diesem Prozess konfrontiert sind.

Mit:

Mareike Beer, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Universität Osnabrück, Institut für Erziehungswissenschaften, Fachgebiet Berufs- und Wirtschaftspädagogik

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Fragen
Jennifer Puls, jsa(at)paritaet.org, Tel 030 / 246 36 325

Verantwortlich für organisatorische Fragen
Mandy Gänsel, mandy.gaensel(at)paritaet.org, Tel 030 / 246 36 476

Termin: 20. Februar 2024

Veranstalter: Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Universität zu Köln (IDEAS)

Ort: Köln

Es wird ein attraktives Generalthema mit hochkarätigen Referentinnen und Referenten angekündigt.

Kindergrundsicherung und Familienleistungen

Lisa Paus
Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin
Kindergrundsicherung

Dr. Christine Fuchsloch
Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts, Schleswig
Sozialleistungen für Kinder und Familien

Dr. Anders Leopold
Richter am Landessozialgericht Hamburg
Familienleistungen im Europäischen Sozialrecht

Prof. Dr. Angie Schneider
Universität Bremen
Schnittstellen von Familien- und Sozialrecht

Alle weiteren Informationen entnehmen Sie bitte dem Einladungsflyer. Ihre Anmeldung wird erbeten über das Online-Formular (https://ideas.jura.uni-koeln.de/sozialrechtstag).

WEITERE INFORMATIONEN

Die Marginalisierten. (Über-)Leben zwischen Mangel und Notwendigkeit

Christopher Wimmer blickt nach »ganz unten«. Seine These trifft den Kern der deutschen Gegenwart: Ein – wenn nicht sogar das zentrale – Ergebnis kapitalistischer Vergesellschaftung besteht in der Marginalisierung von Menschen in sozialen, politischen und kulturellen Zusammenhängen. Wimmer zeigt, wie sich Marginalisierung konkret auswirkt. Er beschäftigt sich mit der Sozialisation der Marginalisierten und stellt daraufhin ihre Arbeitssituation, ihr Alltagsleben und ihre sozialen Beziehungen ins Zentrum. Überall dort zeigen sich Auswirkungen ihrer sozialen Position. Doch auch das Bewusstsein der Marginalisierten ist von ihrer Lage beeinflusst. All dies hat Folgen für eine Politik, die sich mit sozialer Marginalisierung auseinandersetzen will.

Der Autor freut sich über Kritik und Anmerkungen ebenso wie über Veranstaltungseinladungen, Rezensionen oder Bestellungen für Ihre Bibliotheken. Für all das gerne direkt an den Verlag Beltz Juventa wenden: a.schaden@beltz.de (Anna Schaden).

Wir sind die Arbeiterwohlfahrt (AWO), einer der sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland. Wir vertreten die fachpolitischen Interessen des Gesamtverbandes auf der bundespolitischen und europäischen Ebene, agieren als Zentralstelle für die Verwaltung von Zuwendungsmitteln und sind federführend in verschiedenen verbandsweiten Themenfeldern.

Unsere Verbandswerte Solidarität, Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Gerechtigkeit sind fester Bestandteil unserer Verbandskultur und Teil unseres alltäglichen Handelns. Teilen Sie mit uns diese Werte und wollen Sie in Ihrem beruflichen und gesellschaftsbezogenen Umfeld etwas bewegen, dann zögern Sie nicht, nutzen Ihre Chance und machen mit uns den nächsten Schritt:

Unser Arbeitsort ist die Geschäftsstelle in Berlin-Kreuzberg.

Für unsere Abteilung Kinder/Jugend/Frauen/Familie suchen wir zum 01.02.2024 eine*n

Referent*in für Frauen und Gleichstellung (befristet)

Ihr neues Aufgabenfeld – herausfordernd und vielseitig

  • Fachpolitische Grundsatzfragen und fachliche Weiterentwicklung der Positionen der AWO im Feld der Frauen- und Gleichstellungspolitik sowie der sexuellen und reproduktiven Rechte
  • Unterstützung des Arbeitsfeldes der Schwangerschaftsberatung der AWO bundesweit
  • Leitung von und Mitwirkung in einschlägigen internen und externen Arbeitskreisen und Gremien in den Arbeitsfeldern, Aufbau und Pflege von Kontakten zu relevanten Akteur*innen in den beschriebenen Bereichen
  • Kommunikation mit den AWO Gliederungen sowie mit anderen Organisationen; bundespolitische Lobbyarbeit
  • Begleitung von Gesetzgebungsverfahren, Erarbeitung fachlicher Stellungnahmen, Handreichungen und Publikationen
  • fachliche und verbandliche Begleitung der Erstellung der AWO Gleichstellungsberichte
  • Planung und Durchführung von Veranstaltungen, Mitwirkung bei der Öffentlichkeitsarbeit zu den Themen sowie Betreuung und konzeptionelle Weiterentwicklung der Website www.awo-schwanger.de

Ihre Qualifikationen – fundiert und pragmatisch

  • wissenschaftlicher Hochschulabschluss in Sozialwissenschaften, Rechtwissenschaften oder Vergleichbares
  • Fundierte Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich Frauen- und Gleichstellungspolitik, Antidiskriminierung und Diversity, sexuelle und reproduktive Rechte
  • Kenntnisse und Erfahrungen in der Arbeitsweise von Nichtregierungsorganisationen, idealerweise Kenntnisse der Strukturen der Arbeiterwohlfahrt
  • Teamfähigkeit, sicheres Auftreten, ausgesprochene Kommunikationsfähigkeit und ein hohes Maß an Koordinationsfähigkeit
  • Selbstständige und flexible Arbeitsorganisation
  • Bereitschaft zu einzelnen bundesweiten Dienstreisen, Verbundenheit mit dem gemeinnützigen Bereich und den Grundsätzen der AWO

Einen sehr sicheren Umgang mit digitalen Medien, Tools und gängiger Software (Office365, MS Teams) sowie die Bereitschaft zur Weiterentwicklung der eigenen Kompetenzen setzen wir voraus.

Unser Angebot – abwechslungsreich und attraktiv

  • befristete Vollzeitstelle, Teilzeit nach Vereinbarung möglich
  • befristet für die Dauer einer Elternzeitvertretung (voraussichtlich 28.02.2025)
  • attraktive Regelungen zur Gleitzeit und zum mobilen Arbeiten
  • Bezahlung nach dem Tarifvertrag TV AWO Bundesverband einschließlich Sozialleistungen (30 Urlaubstage in der 5-Tage-Woche, 24.12. und 31.12. sind zusätzlich frei, betriebliche Altersvorsorge) und Zuschuss zum Firmenticket
  • Regelmäßige Events für Mitarbeitende

Der AWO Bundesverband e.V. legt großen Wert auf Vielfalt. Wir freuen uns über jede Bewerbung, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer und sozialer Herkunft, Religion/Weltanschauung, Behinderung, Alter sowie sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität.

Wir unterstützen aktiv die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und fördern die Gleichstellung sowie die berufliche und persönliche Weiterentwicklung. Ausdrücklich erwünscht sind Bewerbungen von Menschen mit Migrationshintergrund. Bewerbungen schwerbehinderter Menschen und Gleichgestellter im Sinne des SGB IX werden bei gleicher Eignung bzw. Qualifikation bevorzugt berücksichtigt.

Haben wir Ihr Interesse geweckt?

Dann freuen wir uns auf Ihre Online-Bewerbung mit den üblichen Unterlagen (Motivationsschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse, als zusammengefasste PDF-Datei) unter Angabe Ihrer Gehaltsvorstellung oder TVöD-Eingruppierung sowie Ihres frühesten Eintrittstermins. Bitte senden Sie ihre Bewerbung unter Angabe der Kennziffer 2023-29 bis zum 05.12.2023 an personal@awo.org.

Bitte beachten Sie auch unsere Hinweise zum Umgang mit Ihren Daten auf unserer Homepage www.awo.org.

Bei Fragen steht Ihnen Jan Scharnitzki unter der Telefonnummer 030 26309-457 zur Verfügung.

AWO Bundesverband e.V. | Abteilung Justiziariat / Personal | Blücherstraße 62/63 | 10961 Berlin