ZFF-Info 15/2021

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AUS DEM ZFF

Anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte zur Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage nationaler Tragweite begrüßt das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), dass einige Unterstützungsmaßnahmen für Familien bestehen bleiben sollen, mahnt aber langfristige Rettungsschirme an.

Mit dem „Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ sollen ein bundeseinheitlicher Katalog möglicher Schutzvorkehrungen eingeführt sowie Grundrechtseinschränkungen aufgehoben werden. Gleichzeitig ist geplant, dass diverse Unterstützungsmaßnahmen in Kraft bleiben: Dazu gehören der vereinfachte Zugang zur Grundsicherung sowie zum Kinderzuschlag (Aussetzung bzw. Vereinfachung der Vermögensprüfung), der Fortbestand der Entschädigungszahlung bei Verdienstausfall für Eltern, deren Kinder bspw. bei Schulschließungen oder Quarantäneanordnungen zu Hause betreut werden müssen, die Verlängerung des ausgeweiteten Anspruchs auf Kinderkrankengeld auf 30 Tage sowie die vereinfachte Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Pflege- und dem Familienpflegezeitgesetz.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Wir alle sehnen uns nach einer Rückkehr zur Normalität und dem Ende der Pandemie. Für viele Familien ist die Corona-Krise jedoch noch lange nicht vorbei. Zum einen wirken die psychischen und finanziellen Belastungen, die durch Kinderbetreuung und Homeschooling, Verdienstausfall oder Jobverlust entstanden sind, noch immer nach. Hinzu kommt ein geschlechterpolitischer „Backlash“ in der Verteilung von Sorgearbeit. Zum anderen sind es gerade die jüngsten in unserer Gesellschaft, die noch nicht geimpft werden können. Sie sind – auch aufgrund fehlender Testkapazitäten in Kitas und mangelnder Ausstattung z.B. mit Luftfiltern – in besonderem Maße von Quarantäne, COVID-Erkrankungen und eventuellen Kita- bzw. Schulschließungen betroffen. Daher ist es wichtig und notwendig, dass einige der Unterstützungsmaßnahmen, die in den vergangenen Monaten Familien zur Verfügung standen, trotz Auslaufen der epidemischen Lage verlängert werden.“

Altenkamp fordert daher: „Die verhandelnden Koalitionsparteien haben nun die Chance, gute Rahmenbedingungen für Familien in der Pandemie und darüber hinaus zu schaffen. Dringend brauchen Kinder, Jugendliche und Familien auf lange Sicht gute kommunale Unterstützungsstrukturen, eine verstärkte pädagogische Begleitung in Kita und Schule sowie Erholungsmaßnahmen. Nur eine umfassende Kindergrundsicherung kann für den angekündigten Neustart in der Familienförderung sorgen, für pflegende Angehörige müssen gut abgesicherte Teilzeitoptionen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf geschaffen werden. Wir brauchen kinder-, jugend- und familienfreundliche Lösungen zur Bekämpfung der Krisenfolgen!“

Das Positionspapier “Familien auch in Krisenzeiten gut absichern!” des ZFF zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 11.11.2020

SCHWERPUNKT I: Koalitionsverhandlungen

Notwendigkeiten für eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Hilfen für Kinder psychisch kranker und suchtkranker Eltern in Anlehnung an die Empfehlungen der AG KipkE

Die unterzeichnenden Fachverbände und Personen weisen die zukünftige Bundesregierung auf einen weiterhin dringenden fachlichen und bundesrechtlichen Handlungsbedarf für Familien mit psychisch- und suchterkrankten Eltern hin und fordern die Koalitionspartner*innen auf, das Thema in die politischen Verhandlungen und eine zukünftige Koalitionsvereinbarung aufzunehmen.

Einige der Empfehlungen der von der Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode eingerichteten Arbeitsgruppe Kinder psychisch und suchtkranker Eltern1 wurden bei der Novellierung des SGB VIII und in Anpassungen des SGB V sowie untergeordneter Regelwerke berücksichtigt. Wichtige Grundlagen und nächste Umsetzungsschritte fehlen jedoch, so dass bis heute am individuellen Bedarf orientierte, sozialgesetzbuchübergreifende, familienorientierte Hilfen nicht strukturell verortet sind und somit bei den Betroffenen auch nicht ankommen.

Die durch die Pandemie bedingte Isolation vieler Familien, verbunden mit gesundheitlichen und finanziellen Bedrohungen und einer nach wie vor bestehenden Stigmatisierungsgefahr psychischer Erkrankungen und Suchterkrankungen, hat die Situation der betroffenen Kinder und Jugendlichen nochmals deutlich verschärft.

Wir unterstützen das Statement des Bundesverbands für Erziehungshilfe e. V. (AFET) und des Dachverbands Gemeindepsychiatrie e. V. vollumfänglich, die noch ausstehenden Forderungen der Arbeitsgruppe in der nächsten Legislaturperiode zeitnah umzusetzen.

Neben den von den beiden Fachverbänden formulierten Prioritäten zu SGB-übergreifenden, komplexen und mischfinanzierten Leistungen, klaren rechtlichen Regelungen zur strukturierten, verpflichtenden Kooperation der beteiligten Systeme, der Entwicklung von kommunalen Gesamtkonzepten qualitätsgesicherter, rechtskreisübergreifender Hilfesysteme und der Einführung eines qualitativen Monitorings erscheinen uns als zentral für eine gelingende Umsetzung der AG KipkE-Empfehlungen:

  • Blick auf die Familie als Gesamtsystem: Unabhängig davon, ob psychisch oder suchterkrankte Eltern oder Kinder im ambulanten oder stationären psychiatrischen oder psychotherapeutischen Kontext versorgt werden, sind die Wechselwirkungen auf Familienangehörige mit zu beachten und Hilfen aus dem Gesundheitswesen, der Kinder- und Jugendhilfe und Familienhilfe sowie ggf. weiteren Hilfesystemen (z. B. SGB IX, Frühe Hilfen etc.) zusammenzuführen. In erwachsenenpsychiatrischen und -psychotherapeutischen Kontexten sollten Kinder von Patient*innen systematisch mitgedacht und in den Blick genommen werden, ebenso müssen erkrankte Eltern in kinder- und jugendpsychiatrischen und -psychotherapeutischen Kontexten berücksichtigt werden.
  • Interdisziplinäre Lotsen- und Ankerteams – Koordination und Vernetzung als eigene Leistung: Die zentrale Bedeutung von Koordination und Vernetzung aller Leistungen für Personen mit schweren psychischen Erkrankungen und ihren Angehörigen ist über traditionelle SGB-Grenzen hinweg durch wissenschaftliche Evidenz gesichert (s. o.). Sie sollte daher als eigene Leistungsart für diese Personengruppe in allen Sozialgesetzbüchern verankert werden.
  • An den aktuellen Bedarfen der betroffenen Familien orientierte Bereitstellung und auskömmliche Finanzierung von integrierten Eltern-Kind-Diagnostik- und Therapieplätzen
  • Finanzierung der Mehrpersonensettings ambulant, teil- und vollstationär: Um eine integrierte Behandlung von Familienmitgliedern zu ermöglichen, ist es notwendig, deren Finanzierung über SGB V auch mit zwei oder mehr Indexpatient*innen sicherzustellen (für das (teil-)stationäre Setting bietet dazu die erfolgte Weiterentwicklung der OPS-Codes zum Eltern-Kind-Setting, auch mit der neuen Möglichkeit einer „bifokalen“ Behandlung von 2 Index-patient*innen, eine gute Grundlage). Im Bereich der Prävention, d. h. wenn noch keine entsprechenden Diagnosen bei den Familienmitgliedern vorliegen, sollten familienbezogene komplexe Hilfeleistungen „SGB-säulenübergreifend“ (SGB V, SGB VIII, SGB IX etc.) gesetzlich ermöglicht werden.
  • Prävention: Zentrales Ziel muss es sein, die Prävention manifester Erkrankungen von belasteten und gefährdeten Kindern psychisch erkrankter Eltern gezielt zu verbessern, indem geeignete komplexe Leistungen endlich etabliert und finanziert werden. Gleiches gilt umgekehrt für hochbelastete, aber ggf. noch nicht manifest erkrankte oder diagnostizierte Eltern psychisch erkrankter Kinder.
  • Fort- und Weiterbildung der beteiligten Berufsgruppen der unterschiedlichen SGB-Säulen mit Fokus auf einem gemeinsamen Fallverständnis: Gelingende Kooperation ist auf ein gemeinsames Grundverständnis der jeweiligen Kompetenzen und Perspektiven angewiesen und profitiert von einer gemeinsamen Sprache.
  • Wissenschaftliche Begleitung / Forschung: Auch wenn es bereits einige aussagekräftige deutsche Studien zur Situation von Kindern und Jugendlichen psychisch kranker Eltern, der Situation psychisch kranker Erwachsener als Eltern und auch als Paar sowie zu einzelnen Förderangeboten gibt, muss das sich verändernde rechtskreisübergreifende Handlungsfeld weiterhin beforscht werden.

Die Bedarfe der Kinder psychisch- und suchterkrankter Eltern und ihrer Familien dürfen in der nächsten Legislaturperiode nicht an den Rand der politischen Aufmerksamkeit gedrängt, sondern müssen zentral im Fokus gehalten werden. Erste Entwicklungen in eine positive Richtung der strukturellen, systemübergreifenden Regelversorgung der Zielgruppe sind erfolgt und müssen jetzt breiter etabliert und weiterverfolgt werden.

Die unterzeichnenden Institutionen stehen der Bundesregierung auch in der nächsten Legislaturperiode mit ihrer Expertise zur Umsetzung der Empfehlungen zur Verfügung.

Das vollständige Impulspapier mit Informationen aller unterzeichnenden Fachverbände finden Sie hier.

Quelle: Meldung Deutsche Liga für das Kind vom 02.11.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV) und der Familienbund der Katholiken (FDK) mahnen die seit Jahrzehnten ungelöste Benachteiligung von Familien in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung an.

„Die Koalitionsverhandlungen bieten die Möglichkeit, einen seit Jahrzehnten schwelenden Verfassungskonflikt in der gesetzlichen Sozialversicherung zu lösen. Es geht um eine gleichmäßige und faire Beitragserhebung. Familien unterstützen die umlagefinanzierten Sozialsysteme bis heute durch zwei Beiträge: Zum einen durch die kostenaufwendige Erziehung neuer Beitragszahler und zum anderen durch Geldbeiträge. Anstatt jedoch die Ungerechtigkeit der doppelten Beitragsbelastung gesetzlich zu beseitigen, zwingt die Bundespolitik die Familien trotz eines klaren Urteils des Bundesverfassungsgerichts auf den Klageweg“, sagt Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes der Katholiken.

2001 hat das Bundesverfassungsgericht im Pflegeversicherungsurteil entschieden, dass Eltern bei der Erhebung zu Sozialversicherungsbeiträgen verfassungswidrig belastet werden, weil der neben den Geldbeiträgen erbrachte und ebenso systemnotwendige Erziehungsbeitrag nicht berücksichtigt wird. Der Gesetzgeber verneinte in einer Kurzstellungnahme die Forderungen der Karlsruher Richter. Seitdem müssen sich Familien durch die Instanzen klagen. Inzwischen sind die Klagen im Rahmen von mehreren Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Das Ziel der klagenden Familienverbände: die Einführung eines Kinderfreibetrages in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. „Das Kinderexistenzminimum muss auch in der Sozialversicherung von Abgaben freigestellt sein. Im Steuerrecht ist das längst der Fall“, so Ulrich Hoffmann.

Die Zeit ist reif dafür, die Sozialversicherung wieder auf die Füße zu stellen“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes „Der Generationenvertrag des Sozialstaates ruht auf den Leistungen der Familien. Der fehlende Kinderfreibetrag und die hohen Beitragsbelastungen in der gesetzlichen Sozialversicherung entziehen Familien mit mehreren Kindern und Durchschnittseinkommen – das zeigt der jährliche Horizontale Vergleich – die wirtschaftliche Grundlage.“

Zudem müssen alle Familien hinnehmen, dass sie gegenüber Haushalten ohne Kinder ökonomisch benachteiligt werden und auf allen Märkten das Nachsehen haben – nicht zuletzt auf dem immer teurer werdenden Wohnungsmarkt. Das wird die demografische Krise verschärfen und die Umlagesysteme weiter destabilisieren. Wir brauchen eine familiengerechte Sozialversicherung, in der die Leistung Kindererziehung für den Generationenvertrag anerkannt wird.

Der Deutsche Familienverband und der Familienbund der Katholiken fordern die Koalitionäre dringend auf, einen Kinderfreibetrag in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung einzuführen.

Kampagne zur Beitragsgerechtigkeit in der Sozialversicherung www.elternklagen.de

Deutscher Familienverband
www.deutscher-familienverband.de

Familienbund der Katholiken
www.familienbund.org

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. und Familienbund der Katholiken vom 02.11.2021

Mit den laufenden Koalitionsverhandlungen wird entschieden, welche politischen Vorhaben in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt werden. Ganz oben auf die Agenda muss auch die Überwindung der Altersarmut. Seit Jahren steigt insbesondere die Altersarmut von Frauen deutlich. Vor diesem Hintergrund fordert die Diakonie Deutschland die verhandelnden Fraktionen auf, die Weiterentwicklung der Grundrente zu einem Kernthema der Koalitionsverhandlungen zu machen.

„Altersarmut betrifft Frauen, insbesondere alleinerziehende Mütter, überdurchschnittlich. Es ist unbedingt notwendig, wirksame Regelungen gegen Altersarmut im Koalitionsvertrag festzuschreiben. Frauen, aber auch Männer, die über lange Jahre Sorgearbeit übernommen haben und dadurch im Alter von Armut bedroht sind, dürfen nicht vergessen werden. Beim Renteneintritt wird für die Grundrente das Einkommen der letzten zwei Jahre zugrunde gelegt. Das ist unlogisch“, sagt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

Die 2020 eingeführte Grundrente ist ein erster Schritt. Doch die bestehenden Anspruchsvoraussetzungen einer Beitragszahlung von über 33 Jahren bei größerem Beschäftigungsumfang sind gerade für viele Frauen ein Hindernis – insbesondere für Frauen mit mehreren Kindern und für Alleinerziehende. Darum fordert die Diakonie wesentliche Erleichterungen bei der Einkommens- und Vermögensprüfung. Weiter sollten während der Erziehungszeiten die Rentenbeiträge für Teilzeitarbeit aus Steuermitteln so aufgestockt werden, dass eine Beitragszahlung wie in Vollzeitbeschäftigung erfolgt.

Die Diakonie schlägt zudem ein Modell vor, das das aktuelle Alterseinkommen zum Maßstab macht und die Vermögensprüfung abschafft. Diese sei überflüssig, da fast nie anrechenbares Vermögen ermittelt werde.

Loheide: „Jeder Euro Rentenbeitrag muss sich lohnen. Für die gesetzlichen Rentenansprüche müssen in der Grundrente und in der Grundsicherung immer Freibeträge gelten. Es ist nicht sinnvoll, mehr als 30 Jahre Beitragszahlung vorauszusetzen, um überhaupt einen Grundrentenanspruch zu erzielen. Diese Hürde können gerade Erziehende mit mehreren Kindern oft nicht nehmen.“

Weitere Informationen:

Erklärung zu den Koalitionsverhandlungen: „Grundrente vereinfachen – Altersarmut von Frauen wirksam bekämpfen“: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/21-11-09_Grundrente_und_Altersarmut_von_Frauen_F.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 09.11.2021

eaf befürchtet zu wenige Impulse der Zeit- und Familienpolitik bei den Koalitionsverhandlungen

Die „Rushhour des Lebens“ mit ihrer hohen Belastung durch Familien, Haus- und Erwerbsarbeit fordert Eltern in ganz erheblichem Maße und bringt insbesondere Mütter und Väter von jüngeren Kindern oft an ihre Belastungsgrenze. Im Sondierungspapier für die derzeit laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP sind zeitpolitische Maßnahmen zur Unterstützung von Familien außen vor geblieben. Diese sind für eine moderne Familienpolitik und für Gleichstellung aber essentiell. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) weist mit Nachdruck auf die Lücke hin und fordert die Koalitionäre auf, diesen wichtigen Aspekt in die Verhandlungen unbedingt mit einzubeziehen:

„Eltern benötigen wesentlich mehr zeitlichen Spielraum bei der Gestaltung von Erwerbstätig­keit und Familienleben. Nur so gewinnen sie Ressourcen, mit denen sie auf die wechselnden Anforderungen ihres Alltags in Familie und Beruf flexibel reagieren können. Mütter und Väter wollen heutzutage beides, beruflich erfolgreich und aktive, fürsorgende Eltern sein. Die neue Bundesregierung sollte mit zeitpolitischen Instrumenten unbedingt den gesetzlichen Rahmen weiterentwickeln, der solche zeitlichen Spielräume möglich macht“, so Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf.

Die eaf fordert:

  • Ausbau des Elterngeldes: Der nicht übertragbare Teil des Elterngeldes für den zweiten Elternteil sollte auf sechs Monate erhöht werden, wobei die Höchstbezugsdauer von einem Jahr für den ersten Elternteil beibehalten werden soll. Dies ergibt ein frei aufteilbares Modell von 6 + 6 + 6 Monaten.
  • Dynamische Elternarbeitszeit: Im Anschluss an die Elternzeit bis zur Einschulung des jüngsten Kindes muss eine flexible Arbeitszeitregelung für Eltern jüngerer Kinder entwickelt werden.

Vaterschaftsfreistellung: Einführung einer zehntägigen bezahlten Freistellung für den zweiten Elternteil um den Zeitpunkt der Geburt eines Kindes.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 03.11.2021

“Der Druck auf SPD und Grüne, bei den Regelsätzen eine deutliche Erhöhung im Koalitionsvertrag festzuschreiben, ist riesig”, so Ulrich Schneider.

Die ganz große Mehrheit (85%) der Bevölkerung glaubt nicht, dass die aktuellen Hartz IV-Leistungen ausreichen, um den alltäglichen Lebensunterhalt bestreiten zu können. 811 Euro im Monat werden im Durchschnitt als nötig erachtet, ein Betrag der 80 Prozent über dem liegt, was alleinlebenden Grundsicherungsbeziehenden derzeit tatsächlich zugestanden wird (446 Euro). Dies ergibt eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des Paritätischen Gesamtverbandes. Der Verband mahnt eine klare Festlegung der Ampel-Koalition auf eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze an. Es könne nicht sein, dass ausgerechnet die Ärmsten in dieser Gesellschaft von der neuen Bundesregierung in ihrer Not im Stich gelassen werden.

„Die Umfrage belegt, wie wenig die Regelsätze mit der praktischen Lebensrealität zu tun haben. Sie sind kleingetrickst, viel zu niedrig und manifestieren Armut statt sie zu beseitigen. Ein Blick auf die Preise im Supermarkt genügt, um zu sehen, dass diese Armutssätze nicht reichen, um über den Monat zu kommen”, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Der Paritätische fordert von der künftigen Bundesregierung entschlossenes Handeln zur Abschaffung von Armut. Die Anhebung der Grundsicherung auf ein armutsfestes Niveau sei mit Priorität anzupacken und im Koalitionsvertrag verbindlich zu verankern, appelliert der Verband an die Verhandler*innen einer Ampel-Koalition. “Wir reden hier vom Existenzminimum und der bitteren Alltagsnot von Millionen von Menschen. Keine Koalition kann es sich erlauben, hier untätig zu bleiben“, so Schneider. Die derzeit geplante Erhöhung der Regelsätze um 0,7 Prozent zum 1.1.2022 sei klar verfassungswidrig und werde vor dem Verfassungsgericht landen, warnt er unter Verweis auf ein entsprechendes Rechtsgutachten. Nach Berechnungen des Paritätischen müsste der Regelsatz deutlich über 600 Euro liegen.

Dies wird durch eine aktuelle Meinungsumfrage untermauert: 85 Prozent der Befragten gehen nicht davon aus, dass die in Hartz IV und Grundsicherung im Alter, bei Erwerbsminderung und im Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehen Regelsätze ausreichen, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. 67% geben an, zur Bestreitung des Lebensunterhaltes – ohne Wohnkosten – von  600 Euro und mehr zu benötigen Im Durchschnitt  gingen die Befragten  sogar von 811 Euro aus.

Mit Blick auf die aktuellen Koalitionsverhandlungen halten es sechs von  zehn  Befragten für  wichtig, dass  sich  SPD  und  Grüne  mit  der  Forderung nach einer bedarfsgerechten Anhebung der Regelsätze durchsetzen. Unter Anhänger*innen der beiden Parteien sind es sogar  75% (SPD) bzw. 77% (Grüne). “Der Druck auf SPD und Grüne, bei den Regelsätzen eine deutliche Erhöhung im Koalitionsvertrag festzuschreiben, ist riesig”, betont Schneider mit Blick auf die Daten.

Die repräsentative Umfrage wurde vom 28. Oktober bis 2. November 2021 vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Paritätischen Gesamtverbandes durchgeführt. Insgesamt wurden 1.027 Personen über 18 Jahre im Rahmen der Mehrthemenumfrage des repräsentativen Online-Befragungspanels forsa.Omninet befragt.

Dokumente zum Download

Umfrage zu Regelsätzen 816 KB

Weiterführende Links

Siehe auch: Umfrage zu Steuerpolitik

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 08.11.2021

SCHWERPUNKT II: Corona-Krise

Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP haben einen Gesetzentwurf (20/15) zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vorgelegt. Anlass ist die geplante Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite, die am 25. November ausläuft, sofern sie nicht verlängert wird.

Geplant ist die Einfügung eines bundeseinheitlich anwendbaren Katalogs möglicher Schutzvorkehrungen in Paragraf 28a IfSG. Damit soll es möglich sein, je nach Entwicklung der Lage erforderliche Schutzvorkehrungen zu ergreifen. Ferner würden gesetzliche oder untergesetzliche Regelungen zum Infektionsschutz im regulären parlamentarischen Verfahren jederzeit zeitnah ermöglicht, heißt es in dem Entwurf.

Zugleich werde dafür gesorgt, dass Kindern und anderen vulnerablen Gruppen, für die kein Impfangebot verfügbar sei, der notwendige Schutz rechtssicher gewährleistet werden könne.

Der neue Katalog sei auf Vorkehrungen beschränkt, die in der jetzigen Phase der Pandemie sinnvoll und angemessen sein könnten. Die je nach regionaler Lage differenzierte Anwendung bleibe gewährleistet.

In Paragraf 28a, Absatz 7 IfSG werden die Schutzvorkehrungen benannt, die bundesweit bis zum 19. März 2022 unabhängig von der festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite ergriffen werden können.

Genannt werden die Anordnung eines Abstandsgebots, die Maskenpflicht, die Vorlage von Impf-, Genesenen- oder Testnachweisen, verpflichtende Hygienekonzepte, Auflagen für den Betrieb von Gemeinschaftseinrichtungen wie Hochschulen oder Einrichtungen der Erwachsenenbildung sowie die Verarbeitung von Kontaktdaten von Kunden, Gästen oder Teilnehmern einer Veranstaltung.

Der Gesetzentwurf beinhaltet auch die Möglichkeit für Arbeitgeber, unabhängig von der epidemischen Lage in bestimmten Einrichtungen und Unternehmen zur Verhinderung von Infektionen Daten zum Impf- und Serostatus der Beschäftigten zu verarbeiten. Ferner sollen die Sonderregelungen zum Kinderkrankengeld auf das Jahr 2022 ausgedehnt werden.

Geplant sind auch die Verlängerung des vereinfachten Zugangs zu den sozialen Mindestsicherungssystemen sowie die erleichterte Vermögensprüfung im Kinderzuschlag bis Ende März 2022. Auch „bewährte Vorgaben“ zum betrieblichen Infektionsschutz sollen für drei Monate fortgeführt werden.

Die zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und für eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf nötigen Regelungen im Pflegezeitgesetz, Familienpflegezeitgesetz und im SGB XI sollen auch nach Ende der epidemischen Lage und über das Jahresende 2021 hinaus gelten. Der Entwurf sieht zudem die Fortführung von Sonderregelungen in der Pflege bis Ende März 2022 vor.

Schließlich soll die Eintragung falscher Impfdokumentationen in Blankett-Impfausweise unter Strafe gestellt werden. Auch der Gebrauch fremder Gesundheitszeugnisse soll ausdrücklich im Strafgesetzbuch erfasst werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1079 vom 09.11.2021

Einzelmaßnahmen wie zusätzliche Kinderkrankentage konnten während der Pandemie nicht verhindern, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt weiter ins Hintertreffen geraten sind. Hilfreich wäre unter anderem mehr Mitbestimmung.

Es ist hierzulande noch ein weiter Weg, bis Frauen und Männer im Job wirklich gleiche Chancen haben: „Schon vor der Pandemie zeigte sich auf vielen Ebenen, dass der Verfassungsauftrag der Gleichstellung von Männern und Frauen in Deutschland nicht umgesetzt ist“, stellt Bettina Kohlrausch in einer aktuellen Studie fest. Ein wichtiger Grund sei die doppelte Belastung von Frauen durch Beruf und Familie. Wie sich die Coronakrise in diesem Zusammenhang ausgewirkt hat, hat die WSI-Direktorin anhand von Daten der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung analysiert. Ausgewertet wurden Angaben von über 5000 Personen, die an fünf Befragungswellen zwischen April 2020 und Juni 2021 teilgenommen haben. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern zum Teil noch vertieft haben. Als Gegenmittel empfiehlt die Forscherin mehr Homeoffice, reduzierte Arbeitszeiten, mehr Zeitsouveränität für alle Beschäftigten und einen Kulturwandel auf betrieblicher Ebene, zu dem mehr Mitbestimmung beitragen könnte.

Bei der Sorgearbeit sei sowohl vor als auch während der Pandemie die Hauptlast auf die Frauen entfallen, schreibt Kohlrausch. Zuletzt haben 69 Prozent der befragten Frauen und 64 Prozent der Männer angegeben, dass sich in ihrer Familie hauptsächlich die Mutter um die Kinder kümmert. Weil die Belastung durch Schul- und Kitaschließungen insgesamt gestiegen ist, hat der „Gender Care Gap“ in absoluten Zahlen zugenommen. Der Anteil der Männer, die die Hauptlast der Sorgearbeit übernommen haben, war zwar zu Beginn der Krise von etwa 5 Prozent auf rund 11 Prozent gestiegen, hat sich später aber wieder auf dem Vorkrisenniveau eingependelt. Studien der WSI-Forscherinnen Yvonne Lott und Aline Zucco zeigen, dass eine gerechtere Arbeitsteilung innerhalb der Partnerschaft vor allem dann geglückt ist, wenn Väter im Homeoffice oder mit reduzierter Arbeitszeit tätig waren.

Die ungleiche Verteilung von Sorgearbeit dürfte der Untersuchung zufolge dazu beigetragen haben, dass die befragten Frauen sich sowohl familiär als auch finanziell und beruflich im Schnitt stärker belastet fühlten als die Männer. Sie mussten zudem häufiger im Job kürzertreten, um Kinder zu betreuen: Im April 2020 hatten 24 Prozent der Frauen im Vergleich zu 13 Prozent der Männer aus diesem Grund ihre Arbeitszeit reduziert, im Juni 2021 waren es 13 im Vergleich zu 5 Prozent. Der „Gender Time Gap“, also der Rückstand von Frauen gegenüber Männern bei der wöchentlichen Arbeitszeit, hat sich infolgedessen von 5,2 auf in der Spitze 6,3 Stunden vergrößert. Es fällt auf, dass diese Entwicklung sich im Verlauf der Pandemie verstetigt hat: Im Juni 2021 betrug der Rückstand immer noch 5,9 Stunden. Laut der Analyse ist ein Negativeffekt bei den Arbeitszeiten von Frauen auch dann feststellbar, wenn man familiäre Verpflichtungen als Grund ausklammert. „Das bedeutet, dass Frauen während der Pandemie stärker als Männer vom Arbeitsmarkt verdrängt wurden und dass dies nicht ausschließlich auf die größere Verantwortung von Frauen für die Kinderbetreuung zurückzuführen ist“, so die Soziologin. Der strukturelle Nachteil von Frauen scheine sich verstärkt zu haben.

Die Politik habe durchaus reagiert, erklärt Kohlrausch, beispielsweise durch besseren Zugang zu Notbetreuung während der Schul- und Kitaschließungen. Zudem seien der Anspruch auf Kinderkrankentage ausgeweitet und Arbeitgeber mit Blick auf den Infektionsschutz verpflichtet worden, ihren Beschäftigten Homeoffice anzubieten. Um sich um ihre Kinder kümmern zu können, haben 55 Prozent der befragten Eltern flexible Arbeitszeiten und 40 Prozent mobiles Arbeiten genutzt. Kinderkrankentage wurden dafür nur von 20 Prozent in Anspruch genommen und haben damit eine deutlich geringere Rolle gespielt – obwohl sie explizit zur Entlastung von Eltern eingeführt worden waren. Kohlrausch führt das darauf zurück, dass viele Beschäftigte angesichts hoher Arbeitsverdichtung keine Möglichkeit sehen, ihr Arbeitsvolumen zu reduzieren, ohne dass Aufgaben unerledigt bleiben. Dass Frauen mit 17,9 Prozent Kinderkrankentage seltener genutzt haben als Männer mit 21,9 Prozent, dürfte auch damit zusammenhängen, dass sie häufiger befristet oder in Teilzeit tätig sind. Denn wer sich in einer eher schwachen Arbeitsmarktposition befindet, nehme solche Rechte seltener in Anspruch. Bei der Zahl der genutzten Kinderkrankentage liegen die Frauen mit durchschnittlich fünf Tagen allerdings vor den Männern mit vier Tagen.

„In der Gesamtschau zeigt sich, dass sich die bereits vor der Krise existierenden Ungleichheitsstrukturen in der Krise verschärfen und damit auch langfristig zu einer wachsenden Ungleichheit zwischen den Geschlechtern führen könnten, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird“, resümiert die Wissenschaftlerin. Von den Erfahrungen mit der Pandemie lasse sich lernen, dass Homeoffice und ein geringeres Arbeitszeitvolumen hier helfen könnten. Dass nur ein Fünftel der Befragten Kinderkrankentage genutzt hat, zeige, dass flexible Arbeitszeit nicht funktioniert, wenn Beschäftigte ihre gesetzlich verbrieften Rechte nicht in Anspruch nehmen können. Gleichstellungspolitik dürfe sich nicht darauf beschränken, Kinderbetreuungsangebote auszubauen, sondern müsse die betriebliche Ebene stärker in den Blick nehmen. Um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu verbessern, sollten die betrieblichen Mitbestimmungsrechte gestärkt und ausgebaut werden, beispielsweise bei der Ausgestaltung des Homeoffice.

Bettina Kohlrausch: Gleichberechtigung während der Pandemie, Wirtschaftsdienst 10/2021

Impuls-Beitrag als PDF 

Quelle: Ausgabe 17/2021 Hans Böckler Stiftung vom 04.11.2021

  • Kinder- und Jugendhilfe meldet rund 53 600 erzieherische Hilfen weniger als 2019
  • Besonders stark sank die Zahl der Erziehungsberatungen vor Ort
  • Hohe Inanspruchnahme erzieherischer Hilfen durch Alleinerziehende

Im Corona-Jahr 2020 haben die Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland rund 963 000 erzieherische Hilfen für junge Menschen unter 27 Jahren gewährt. Dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge waren das rund 53 600 Fälle oder 5 % weniger als im Vorjahr. Damit ist die Zahl erzieherischer Hilfen nach einem kontinuierlichen Anstieg seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2008 und ihrem Höchststand im Jahr 2019 erstmals zurückgegangen. Gleichzeitig fiel sie auch wieder unter die Millionengrenze, die sie bereits 2018 überschritten hatte. Von 2008 bis 2019 hatten sich die Erziehungshilfen um insgesamt 218 900 Fälle erhöht (+27 %). Hintergrund der Entwicklung im Jahr 2020 sind vermutlich die allgemeinen Kontaktbeschränkungen infolge der Corona-Pandemie. Insbesondere der Rückgang der Erziehungsberatungen vor Ort kann dadurch erklärt werden. In den Beratungsstellen wurden aber teils verstärkt telefonische Beratungen angeboten, die nicht in die Statistik eingehen.

Erzieherische Hilfen sind Beratungs-, Betreuungs- oder Hilfeangebote der Kinder- und Jugendhilfe, auf die Eltern minderjähriger Kinder einen gesetzlichen Anspruch haben. Das Spektrum reicht von Erziehungsberatungen über sozialpädagogische Familienhilfen bis hin zu Heimerziehungen. Auch junge Volljährige bis zum 27. Lebensjahr haben unter gewissen Voraussetzungen Anspruch auf entsprechende Hilfen.

Im Jahr 2020 waren die erzieherischen Hilfen zu 71 % an Minderjährige, zu 11 % an junge Volljährige und zu 18 % an ganze Familien gerichtet, zum Beispiel als sozialpädagogische Familienhilfe. Dabei dauerte eine abgeschlossene Erziehungshilfe im Schnitt 11 Monate.

Erziehungsberatungen vor Ort fallen von ihrem Höchst- auf ihren Tiefststand

Am häufigsten wurden von ratsuchenden Eltern, Familien oder jungen Menschen Erziehungsberatungen vor Ort in Anspruch genommen – im Jahr 2020 allerdings deutlich seltener als in den Vorjahren: Insgesamt rund 438 500 solcher Beratungen haben Jugendämter, Caritas, Diakonie und andere Träger der Kinder- und Jugendhilfe 2020 bei persönlichen oder familiären Problemen und zur Lösung von Erziehungsfragen oder bei Trennung und Scheidung durchgeführt. In 59 % aller Fälle hatten vorrangig die Eltern, in 30 % die gesamte Familie und in weiteren 12 % der Fälle vorrangig die jungen Menschen Hilfe gesucht. Im Schnitt dauerte eine abgeschlossene Beratung 6 Monate.

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Erziehungsberatungen vor Ort um 38 400 Fälle (‑8 %) – und damit von ihrem Höchst- auf ihren Tiefststand – gesunken. Besonders auffällig war der Rückgang bei den Beratungen, die im Corona-Jahr 2020 neu begonnen hatten: Im Vergleich zum Vorjahr wurden 2020 rund 44 900 weniger Beratungen neu eingeleitet (-14 %). Hintergrund dieser Entwicklung dürften die im Jahresverlauf 2020 beschlossenen coronabedingten Einschränkungen sein, die persönliche Kontakte in den Beratungsstellen und an anderen Orten zeitweise erschwerten oder ganz verhinderten. Verschiedene Beratungsstellen weisen aber darauf hin, dass 2020 verstärkt Unterstützung per Telefon geleistet wurde. Rein telefonische Beratungen werden in der Statistik nicht erfasst.

Trends der Vorjahre setzen sich fort: Mehr Familienhilfen, weniger Heimerziehungen

Die Entwicklung der anderen Erziehungshilfen verlief dagegen unterschiedlich: Während die familienorientierten Hilfen 2020 das vierte Jahr in Folge zunahmen (+3 200 Fälle bzw. +2 %), gingen die anderen Einzelhilfen durchgängig zurück (-18 400 Fälle bzw. -5 %). Dies ist aber nur zum Teil durch die allgemeinen Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie zu erklären. Auch der Rückgang der unbegleitet eingereisten Minderjährigen spielt eine Rolle. Diese verlassen nun schrittweise wieder das System der Kinder- und Jugendhilfe, nachdem sie nach ihrer Einreise verstärkt dort betreut worden waren. So war zum Beispiel die Zahl der Heimerziehungen nach ihrem Höchststand von 148 100 Fällen im Jahr 2017 wie in den beiden Vorjahren auch 2020 weiterhin rückläufig (-9 200 Fälle bzw. -7%). Im Jahr 2020 wurden insgesamt noch rund 126 900 Heimerziehungen durchgeführt.

Hohe Inanspruchnahme durch Alleinerziehende, vor allem bei Transferleistungsbezug

427 900 oder 44 % aller erzieherischen Hilfen wurden 2020 von alleinerziehenden Müttern oder Vätern in Anspruch genommen. Damit erhielten Alleinerziehende deutlich häufiger erzieherische Hilfen als zusammenlebende Elternpaare (33 %) oder Elternteile in einer neuen Partnerschaft (16 %).

Noch weiter öffnet sich die Schere bei der Gruppe derer, die staatliche Transferleistungen bezogen. Bei 381 700 beziehungsweise 40 % aller gewährten Hilfen lebte die Herkunftsfamilie oder der junge Mensch ganz oder teilweise von Transferleistungen – also von Arbeitslosengeld II (SGB II), von Sozialhilfe, von bedarfsorientierter Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder einem Kinderzuschlag. In dieser Gruppe waren sogar 57 % alleinerziehend, 22 % lebten als Elternpaar zusammen und 16 % als Elternteil in einer neuen Partnerschaft.

Methodischer Hinweis:

Rein telefonische Beratungen werden in der Statistik nicht erfasst. Zum einen ist davon auszugehen, dass sie kein gleichwertiger Ersatz für eine persönliche Beratung vor Ort sein können. Zum anderen ist eine Änderung der Methodik in der laufenden Erhebung nicht sinnvoll, da ansonsten die Auswirkungen von Sonderereignissen, also auch der Effekt der Pandemie, nicht abgebildet werden könnten.

Weitere Informationen:

Detaillierte Ergebnisse der Statistik stehen in der Publikation „Erzieherische Hilfe“ und in der Datenbank GENESIS-Online unter „Erzieherische Hilfen/Beratungen (22517)“ zur Verfügung.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt (DESTATIS) vom 29.10.2021

Soziale Infrastruktur muss jetzt Übergang von Schule und Beruf absichern

Rund 217.700 junge Erwachsene unter 25 Jahren in Deutschland waren im September 2021 arbeitslos. Rund 50 Prozent aller an einer Ausbildung interessierten Jugendlichen gehen leer aus. Viele von ihnen haben die Hoffnung längst verloren, dass sich Ausbildung und Qualifizierung lohnen. Einige haben den Jobcentern und den Berufsbildungseinrichtungen den Rücken gekehrt. Ihnen kann ein Leben zwischen Aushilfsjobs und Wohnungslosigkeit drohen. Die Caritas fordert die neue Bundesregierung auf, Wort zu halten: jungen Menschen gute Startchancen zu eröffnen und den Übergang von der Schule in die berufliche Bildung für alle zu verbessern.

Jobcenter und Jugendhilfe haben Kontakt zu Jugendlichen verloren

An der Schwelle zwischen Schule und Beruf blieben in der Corona-Pandemie besonders viele junge Menschen hängen. „Viele Jugendliche sind während der Pandemie verloren gegangen. 84 000 Ratsuchende haben, laut Berufsbildungsbericht 2021, den Kontakt zur Berufsberatung der Arbeitsagenturen abgebrochen – das ist fatal für die jungen Menschen“, berichtet Eva Maria Welskop-Deffaa, gewählte Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes. „Junge Menschen brauchen bedarfsgerechte Unterstützungsangebote am Übergang von der Schule in den Beruf, die auch unter schwierigen Umständen tragen. Dafür ist ein Netz sozialer Infrastruktur unabdingbar – überall in Deutschland, unabhängig von der Postleitzahl. Nur so können Kinder und Jugendliche den nötigen Zukunftsmut behalten“, so Welskop-Deffaa.

Hilfe besser verzahnen – Sanktionen endlich abschaffen

Wichtig ist dabei die Hilfe besser zu verzahnen, beispielsweise in der systematischen Kooperation von Schule, Jugendhilfe, Jobcenter und Kommune. Dadurch können Jugendliche eine Perspektive erhalten, damit sie sich nicht aus den Angeboten verabschieden. „Es braucht einen chancengerechten Ausbildungsmarkt, der allen jungen Menschen, auch denen aus prekären Lebenssituationen, eine qualifizierte Ausbildung und damit Armutsprävention ermöglicht“, so Welskop-Deffaa. Seit Jahren fordert die Caritas, endlich die verschärften Hartz-IV-Sanktionen gegen junge Erwachsene unter 25 Jahren und die Kürzung der Leistung für Unterkunft abzuschaffen. Diese haben häufig kontraproduktive Wirkung und führen dazu, dass Jugendliche dort, wo ihnen eigentlich geholfen werden soll, verloren gehen.

Jugendliche fühlen sich oft ohnmächtig und wollen zurecht mehr Beteiligung

„Das System, so wie es gerade ist, erwartet von den jungen Menschen Anpassung. Es nimmt wenig Rücksicht auf Gefühle wie Würde oder Scham. Und es erlaubt den Faktor Zeit nicht. Das muss sich ändern“, sagt Rebecca Weber, Sozialarbeiterin bei MOMO – the voice of disconnected youth* in Essen. Hier geht es zum Interview

Steigende Inzidenzen – Konsequenzen für Kinder und Jugendliche

Gerade die wieder steigenden Corona-Inzidenzen belasten Kinder und Jugendliche schwerwiegend. Die Bedürfnisse und Interessen von jungen Menschen müssen deshalb besser in den Blick genommen werden. „Wer hört schon einem Kind zu? Ich habe selten die Unterstützung gefunden, die ich gebraucht hätte“, erzählt Tanja Fischer, ehemals obdachlos, im Interview. Wichtig ist, dass junge Menschen mit einer aktiven Jugendpolitik bei den sie betreffenden Entscheidungen von Bund, Ländern, Kommunen, in Diensten und Einrichtungen sowie im Sozialraum beteiligt werden.

Armutswochen
Vom 17.10.2021, dem Internationalen Tag zur Beseitigung der Armut bis zum 14.11.2021, dem Welttag der Armen, ruft der Deutsche Caritasverband gemeinsam mit seinen Fachverbänden Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und SKM Bundesverband auf, den Blick auf die belastete Situation von (benachteiligten) jungen Menschen in und nach der Pandemie zu richten.

Weiterführende Informationen
* MOMO – The Voice Of Diconnected Youth ist eine Gemeinschaft von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die aktuell oder in der Vergangenheit von Obdachlosigkeit betroffen sind oder waren. Hier mehr Informationen zu MOMO

Von Oktober 2020 bis September 2021 wurden den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern in gemeinsamen Einrichtungen insgesamt 511.300 Berufsausbildungsstellen gemeldet. Das waren 19.000 weniger als im Vorjahreszeitraum. Der überwiegende Teil sind betriebliche Ausbildungsstellen; sie verzeichnen ein Minus von 17.700 auf 496.800.
Insgesamt waren am 30. September 2021 noch 63.200 unbesetzte Ausbildungsstellen zu vermitteln. Gegenüber dem Vorjahr waren das 3.200 mehr. Besetzungsschwierigkeiten traten insbesondere in Hotel- und Gaststättenberufen, in Berufen in Lebensmittelherstellung und -verkauf, in der Gesundheitstechnik sowie in Bauberufen auf.
Zeitgleich waren 24.600 Bewerberinnen und Bewerber noch unversorgt. Damit blieben 6 Prozent der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber ohne Ausbildungsstelle oder alternatives Angebot. (Quelle Bundesagentur für Arbeit, 28.10.2021)

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 10.11.2021

Für verwundbare Personengruppe darf der Anspruch auf Testung nach dem Fristende im Dezember nicht enden.

Frauen, die sich in einer Kinderwunschbehandlung befinden, ein Kind erwarten oder gerade ein Kind geboren haben, sind besonders schutzbedürftig. Der Deutsche Familienverband (DFV) fordert die uneingeschränkte Weiterführung von kostenlosen Corona-Schnelltests für Schwangere, Stillende und Frauen in der Kinderwunschbehandlung über die derzeit gültige Frist hinaus.

„Kostenlose Tests sind für stillende Frauen und werdende Mütter besonders wichtig“, sagt Vizepräsidentin Franziska Schmidt. „Nicht alle Mütter dürfen sich impfen lassen. Das gleiche gilt für Frauen, die sich in der Kinderwunschbehandlung befinden. Es wäre unfair, Stillenden, Schwangeren oder Frauen in Kinderwunschbehandlung den gesellschaftlichen Schutz zu versagen und sie für Corona-Tests selbst zahlen zu lassen.“

Frauen sollten sich auf die Schwangerschaft, das Neugeborene oder die Erfüllung ihres Kinderwunsches konzentrieren können. Vom Impfstatus unabhängige, niedrigschwellige Testangebote unterstützen die Frauen dabei und erleichtern im Zweifelsfall auch die Entscheidung für eine Impfung, falls diese noch nicht erfolgt ist.

Trotz der großen Fortschritte in der Coronaforschung ist eine Impfung für Frauen in Kinderwunschbehandlung sowie werdende oder frischgebackene Mütter noch mit vielen Fragen und Unsicherheiten verbunden. Dem müsse einfühlsam begegnet werden. „Es gilt, die Frauen zu stärken und ihnen Vertrauen zu geben. Daher muss ergänzend zum bestehenden Corona-Impfangebot und Informationsangeboten der Anspruch auf Testung weiterhin gewährleistet sein“, sagt Schmidt.

Die Vizepräsidentin des DFV warnt vor weiterer Belastung der Mutterschaft: „In der Pandemie ist den Frauen und ihren Familien bereits sehr viel zugemutet worden, dabei ist eine Bewältigung der Krise ohne Familien nicht möglich. Es wäre daher unverständlich, wenn diese Personengruppe für Corona-Tests selbst zahlen müsste.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 09.11.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Verlängerung des Förderprogramms ist unumgänglich

Das Beschleunigungsprogramm zum Ausbau der Ganztagsbetreuung im Grundschulalter erweist sich als nicht erfüllbar. Dazu erklärt der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag Christian Haase:

„Selbst Kommunen, die bei der Beantragung der Beschleunigungsmittel auf fertige Planungen zurückgreifen und schnellstmöglich mit der Umsetzung beginnen konnten, stehen bei der baulichen Umsetzung mehr und mehr vor gravierenden Problemen: Neben ohnehin geringen Kapazitäten des Bauhandwerks verschärft die Materialknappheit auch im Baubereich die Situation zusätzlich – Baumaßnahmen liegen deutlich im Zeitplan zurück und die Kommunen haben keine Möglichkeit, hier steuernd einzugreifen, um den Rückstand wieder aufzuholen.

Nachdem uns Anfang Oktober erste Hilferufe betroffener Kommunen erreicht haben, haben wir direkt die federführenden Bundesministerien der Finanzen und für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in einem Schreiben eindringlich um Fristverlängerung gebeten. Außer einer Eingangsbestätigung ist bislang keine Reaktion festzustellen.

Hier drohen bei einem Prestigeprojekt auch des Bundes erhebliche Belastungen der Kommunalfinanzen, die nur durch ein beherztes Eingreifen der SPD-geführten Bundesministerien abgewendet werden können.

Wenn wir den Ausbau der Ganztagsbetreuung im Grundschulalter erfolgreich umsetzen wollen, dürfen wir bei den Beschleunigungsmitteln nicht auf halber Strecke stehen bleiben. Eine Verlängerung des Förderprogramms ist unumgänglich.“

Hintergrund:

Nachdem der Bund im vergangenen Jahr aus dem coronabedingten Konjunkturpaket (Finanzhilfen des Bundes für das Investitionsprogramm zum beschleunigten Infrastrukturausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder) 750 Millionen Euro Beschleunigungsmittel zur Förderung des Ganztagsausbaus im Grundschulalter bereitgestellt hatte, haben sich viele Kommunen auf den Weg gemacht, mit den Fördermitteln Betreuungskapazitäten auszubauen. Die Mittel müssen bis 31. Dezember 2021 verausgabt werden.

Viele Kommunen werden es aufgrund baulicher Probleme absehbar nicht schaffen, die bereitgestellten Fördermittel rechtzeitig zum 31. Dezember 2021 abzurufen. Sollte es bei der bislang festgelegten Frist zum Mittelabruf bis 31. Dezember 2021 bleiben, werden viele Kommunen die eingeplanten und benötigten Fördermittel zurückgeben und Maßnahmen nicht umsetzen können, oder sie müssen die durch die erforderliche Rückgabe der Fördermittel entstehende Deckungslücke aus eigenen Mitteln ausgleichen, was auch Ausbaumöglichkeiten in der Zukunft reduzieren wird.

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 01.11.2021

Zum beschleunigten Ausbau der Ganztagsinfrastruktur für Grundschulkinder hat der Bund den Ländern im Rahmen der Corona-Soforthilfen Ende 2020 750 Millionen Euro Investitionsmittel zur Verfügung gestellt. Mit diesen „Beschleunigungsmitteln“ und einem Eigenanteil können Träger Ausstattungsinvestitionen, bauvorbereitende Maßnahmen und Baumaßnahmen umsetzen. Aufgrund von Lieferengpässen in der Baubranche könnten viele Kommunen nun jedoch auf den Kosten für noch nicht fertiggestellte Bauvorhaben sitzen bleiben, weil der Förderzeitraum des „Investitionsprogramms zum beschleunigten Infrastrukturausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder“ am 31.12.2021 endet. Dazu erklärt die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön:

„Der Ganztagsbetreuungsanspruch für Grundschulkinder ist ein Meilenstein für bessere Bildungschancen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gemeinsam mit den Ländern konnten wir ihn im Sommer noch auf den Weg bringen. Zum beschleunigten Ausbau der Ganztagsinfrastruktur hatte der Bund den Ländern bereits Ende 2020 im Rahmen der Corona-Soforthilfen Investitionsmittel in Höhe von 750 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Zahlreiche Schulträger und Horte haben sich seitdem auf den Weg gemacht und für eine verbesserte Nachmittagsbetreuung unter anderem in Spielgeräte und Spielplätze sowie in An-, Aus- und Umbauten investiert. Doch auch sie sind nun betroffen vom Materialmangel in der Baubranche – die Fertigstellung vieler Vorhaben verzögert sich. Das Investitionsprogramm läuft jedoch bereits zum 31. Dezember 2021 aus, Länder und Kommunen drohen auf ihren Baukosten sitzen zu bleiben. Wir fordern die SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP auf, schnellstmöglich sicherzustellen, dass diese Mittel auch über den 31. Dezember hinaus weiter zur Verfügung stehen und begonnene Vorhaben fertiggestellt werden können. Schulträger und Horte brauchen Sicherheit für den Ganztagsausbau.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 30.10.2021

Der Ruf von Gewerkschaften und Sozialverbänden nach einem Bundesqualitätsgesetz für Kindertagesstätten muss endlich gehört werden. Denn noch immer sind die Betreuungs- und Arbeitsbedingungen sehr unterschiedlich. Viel zu oft fehlt es an ausreichend Plätzen oder ist das Personal überlastet. Die Meldungen von Einrichtungen, die sogar schließen müssen, häufen sich. Kitas dürfen nicht länger zum Durchlauferhitzer für Beschäftigte werden, sondern sollen hochqualitative Pädagogik und frühkindliche Bildung ermöglichen können.

Es braucht eine flächendeckende Verbesserung für die Kitas im Land. Dafür sind mehr Qualifikation, mehr Personal und mehr Zeitkapazitäten nötig. Anstelle unverbindlicher Gießkannenpolitik ist es höchste Zeit für einen klaren Fahrplan zur Stärkung der Kita-Infrastruktur. Bundesweit fehlen bald über 1 Million Betreuungsplätze und es herrscht eklatanter Personalmangel. Der Bund muss die Länder unterstützen und zugleich in die Pflicht nehmen, um bis 2030 die nötigen 230.000 zusätzlichen Erzieherinnen und Erzieher einzustellen. Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ist nur so viel wert, wie er in der Realität auch umgesetzt wird. Und gute Pädagogik gibt’s nur mit guten Arbeitsbedingungen. Dafür will die Linksfraktion in dieser Legislaturperiode im Bundestag ein Kita-Qualitätsgesetz durchsetzen, das Beschäftigte, Kinder und Eltern gleichermaßen unterstützt.

Quelle: Nachricht Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 25.10.2021

Die Justizminister:innen der Mitgliedstaaten konnten im Rat der EU keine Einigung für gemeinsame Schlussfolgerungen zur EU-Kinderrechtsstrategie erzielen. Polen und Ungarn sprach ein Veto gegen die Strategie aus, da sie aus Perspektive der polnischen Minister:innen der Förderung der LGBT-Gemeinschaft diene und eine Politik vorantreibe, die polnische Vertreter:innen als Gender-Ideologie bezeichneten. Sie verletze Kinderrechte, da Kinder das Recht hätten, in einer Familie mit Mutter und Vater aufzuwachsen.
Als Reaktion hat ein Bündnis von Familien-, Kinderrechts- und weiteren Organisationen ein Statement veröffentlicht, in dem die Annahme und Implementierung der EU-Kinderrechtsstrategie gefordert wird. Die Arbeitsgruppe des EU-Parlaments für Kinderrechte (Child Rights Intergroup) wertet das Veto als Verletzung der EU-Grundrechtecharta. Sie ruft die Kommission dazu auf, für die Achtung von Menschenrechten und EU-Recht durch alle Mitgliedstaaten einzustehen. Eurochild verweist zudem darauf, dass alle EU-Mitgliedstaaten die UN-Konvention über die Rechte des Kindes unterzeichnet und sich damit der Umsetzung aller Kinderrechte verpflichtet haben.

  • Gemeinsame Stellungnahme von Familien-, Kinderrechts- und weiteren Organisationen
  • Child Rights Intergroup: Aufruf an die Kommission zur Durchsetzung der EU-Grundrechtecharta
  • Eurochild: Stellungnahme zum Veto gegen die EU-Kinderrechtsstrategie

Quelle: Nachricht Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 29.10.2021

Höheres Pflegerisiko für Personen mit geringen Einkommen – Armutsgefährdete Männer knapp sechs Jahre früher pflegebedürftig als Besserverdienende, Frauen rund dreieinhalb Jahre – Unterschiede im Pflegebedarf auch nach Stellung und Belastung im Beruf

Ärmere Personen haben ein höheres Risiko, pflegebedürftig zu werden und sind früher auf Pflege angewiesen als Menschen mit hohen Einkommen. Gleiches gilt für Arbeiter und Arbeiterinnen im Vergleich zu Beamten und Beamtinnen sowie für Menschen mit hohen Arbeitsbelastungen im Vergleich zu Personen mit niedrigen beruflichen Belastungen. Das sind die Ergebnisse einer neuen Studie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Frühere Untersuchungen hatten gezeigt, dass Menschen mit niedrigen Einkommen zudem eine deutlich geringere Lebenserwartung als Besserverdienende haben. „Nicht nur Einkommen und Lebenserwartung sind in Deutschland sozial ungleich verteilt, sondern auch das Pflegerisiko“, stellt Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat am DIW Berlin, fest. Für die aktuelle Analyse hat er mit seinen DIW-Kollegen Johannes Geyer, Hannes Kröger und Maximilian Schaller Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ausgewertet.

Pflegebedürftigkeit hängt nicht nur vom Alter ab

Ende des Jahres 2020 wurden knapp 3,5 Millionen Menschen ambulant gepflegt. Dabei sind Männer, die direkt vor dem Renteneintritt weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient haben, etwa sechs Jahre früher auf die häusliche Pflege angewiesen als Männer mit mehr als 150 Prozent des mittleren Einkommens. Bei Frauen beträgt die Differenz rund dreieinhalb Jahre. Auch nach der beruflichen Stellung zeigen sich Unterschiede: Arbeiterinnen und Arbeiter werden durchschnittlich etwa vier Jahre früher pflegebedürftig als Beamtinnen und Beamte. Um den Einfluss von physischen und psychosozialen Arbeitsbelastungen zu untersuchen, wurde der zuletzt ausgeübten Tätigkeit ein Indexwert von eins (geringe Belastungen) bis zehn (hohe Belastungen) zugeordnet. Es zeigt sich: Männer und Frauen mit hohen beruflichen Belastungen haben durchschnittlich 4,7 beziehungsweise 2,7 weniger Lebensjahre, in denen sie nicht auf die Pflege durch andere angewiesen sind, als Personen mit niedrigen Belastungen.

„Pflegebedürftigkeit hängt also nicht nur vom Alter ab und tritt auch nicht zufällig auf. Im Gegenteil: Die Pflegebedürftigkeit wird durch Gesellschaft, Einkommen und Arbeitswelt beeinflusst“, erklärt Johannes Geyer. 

Sozialpolitische Reformen sind notwendig, um Ungleichheit im Pflegerisiko auszugleichen

Die Kosten für die Pflege werden in Deutschland nur teilweise durch die gesetzliche Pflegeversicherung abgedeckt – der Rest muss privat getragen werden. Zudem werden bei der informellen Pflege Angehörige häufig zeitlich, physisch und psychisch belastet. Da Menschen mit geringen Einkommen oder einer hohen beruflichen Belastung ein höheres Pflegerisiko haben, treten die Kosten für sie häufiger auf und reduzieren die ohnehin geringeren verfügbaren Einkommen. „Um diese Ungleichheit zu bekämpfen, brauchen wir sozialpolitische Maßnahmen, die das ausgleichen. Wir brauchen dabei sowohl Konzepte, die sofort greifen, als auch solche, die langfristig angelegt sind“, fordert Peter Haan.

Eine nachhaltige Politik sollte bereits in der Erwerbsphase ansetzen und dort beispielsweise die Arbeitsbelastungen verringern, um das Pflegerisiko präventiv zu reduzieren. Kurzfristig sollten die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung ausgebaut und die Qualität und das Angebot in der Pflege erhöht werden. Alternativ können auch private Zuzahlungen stärker vom Einkommen abhängig gemacht werden. Auch eine Bürgerversicherung, in der private und gesetzliche Pflegeversicherung zusammengebracht werden, könnte die Ungleichheit reduzieren, da das Pflegerisiko von Menschen mit privater Pflegeversicherung deutlich geringer ist als bei Menschen mit gesetzlicher Versicherung.

Links:

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 03.11.2021

771 700 Kinder erstmals eingeschult

In diesem Jahr wurden in Deutschland so viele Kinder eingeschult wie seit 14 Jahren nicht mehr: 771 700 Kinder haben zu Beginn des laufenden Schuljahres 2021/2022 nach vorläufigen Ergebnissen mit der Schule begonnen. Das waren 21 900 oder 2,9 % mehr Schulanfängerinnen und -anfänger als im Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Zuletzt wurden im Schuljahr 2007/2008 mehr Kinder eingeschult (772 700).

Der starke Anstieg der Einschulungen lässt sich auf demografische Entwicklungen wie etwa die höheren Geburtenzahlen in den jeweiligen Jahren zurückführen: So wurden 2014 rund 33 000 mehr Kinder geboren als noch im Vorjahr (+4,8 %), im Jahr 2015 waren es 23 000 mehr (+2,3 %). Dementsprechend gab es zum Jahresende 2020 bundesweit rund 3,0 % mehr Kinder im einschulungsrelevanten Alter von 5 bis unter 7 Jahren als im Jahr zuvor. Die Zahl ausländischer Kinder in dieser Altersgruppe lag Ende 2020 dabei um 9,7 % höher als im Vorjahr, jener mit deutscher Staatsangehörigkeit um 1,9 %.

Grundschulen weiterhin häufigste Schulart bei Einschulungen

Der überwiegende Teil der Kinder (93,6 %) startete seine Schullaufbahn an einer Grundschule. 3,0 % wurden an Förderschulen eingeschult, 2,4 % an Integrierten Gesamtschulen sowie 1,0 % an Freien Waldorfschulen. Im Vergleich zum vergangenen Schuljahr gab es zudem 3,4 % mehr Einschulungen an Freien Waldorfschulen sowie 3,1 % mehr Einschulungen an Grundschulen. An Förderschulen blieb der Anteil nahezu unverändert (-0,9 %).

Methodische Hinweise: 
Bei den Ergebnissen zu den Einschulungen handelt es sich um erste vorläufige Daten.

Weitere Informationen:

Detaillierte Informationen finden Sie in der Publikation „Schnellmeldungsergebnisse der Schulstatistik„.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt (DESTATIS) vom 11.11.2021

  • 10,3 % der Bevölkerung in Deutschland lebten 2020 in überbelegten Wohnungen
  • 16,4 % der Minderjährigen, aber nur 3,0 % der ab 65-Jährigen betroffen
  • Menschen in Städten, Alleinlebende sowie Alleinerziehende und deren Kinder hatten überdurchschnittlich häufig zu wenige Wohnräume zur Verfügung

Aktivitäten außerhalb der eigenen vier Wände waren im Jahr 2020 wegen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zeitweise nur stark eingeschränkt möglich. Besonders belastend konnte das für Menschen sein, die in Wohnungen lebten, die nach europäischer Definition als überbelegt gelten. In Deutschland waren davon im Jahr 2020 knapp 8,5 Millionen Personen betroffen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach Ergebnissen der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen in Europa (EU-SILC) mitteilt, lag die Überbelegungsquote damit bei 10,3 %. Als überbelegt gilt eine Wohnung, wenn sie über zu wenige Zimmer im Verhältnis zur Personenzahl verfügt. Vergleiche mit Vorjahresergebnissen sind aufgrund der Neugestaltung der EU-SILC-Erhebung im Jahr 2020 nicht möglich.

Menschen in Städten stärker von Überbelegung betroffen als auf dem Land

Die Überbelegungsquote war 2020 in den deutschen Städten besonders hoch. Gut jede siebte Person (15,0 %) wohnte hier in einer überbelegten Wohnung. In Kleinstädten und Vororten waren dagegen nur etwa halb so viele Menschen betroffen, hier wohnten 7,9 % in solchen Wohnverhältnissen. Auf dem Land standen dagegen meist mehr Wohnräume zur Verfügung, lediglich 5,8 % der Bevölkerung lebten dort in überbelegten Wohnungen.

Alleinlebende, Alleinerziehende und deren Kinder besonders betroffen

Auch Alleinlebende können zu wenige Wohnräume zur Verfügung haben und damit in einer überbelegten Wohnung leben. Gemäß europäischer Definition muss ein Ein-Personen-Haushalt mindestens zwei Zimmer haben (etwa ein Wohn- und ein Schlafzimmer), damit die Wohnung nicht als überbelegt gilt. Demnach wohnten 13,0 % der Alleinlebenden in Deutschland 2020 in überbelegten Wohnungen, also beispielsweise in Ein-Zimmer-Appartements. Unter den Haushalten ohne Kinder waren Alleinlebende damit am häufigsten betroffen. Demgegenüber lebten nur 2,4 % der Menschen in Haushalten mit zwei Erwachsenen in überbelegten Wohnungen.

Unter den Haushalten mit Kindern war die Überbelegungsquote bei Alleinerziehenden-Haushalten am höchsten: 29,9 % der Alleinerziehenden und deren Kinder lebten 2020 in Deutschland in überbelegten Wohnungen. Demgegenüber wohnten nur 7,3 % der Haushalte mit zwei Erwachsenen und einem Kind sowie 8,0 % der Haushalte mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern in solchen Verhältnissen.

Jede sechste minderjährige Person in Deutschland in beengten Wohnverhältnissen

Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre stellten mit 16,4 % die Altersgruppe, die am häufigsten zu beengt wohnt. Damit lebte 2020 knapp jede sechste minderjährige Person in Deutschland in einer überbelegten Wohnung. Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren lagen mit einem Anteil von 11,0 % leicht über dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung (10,3 %). Dagegen lebten nur 3,0 % der ab 65-Jährigen in überbelegten Wohnungen.

EU-Vergleich: Überbelegungsquoten in Rumänien und Lettland am höchsten

In wirtschaftlich schwachen Staaten der Europäischen Union (EU-27) lebten die Menschen im Jahr 2020 am häufigsten in überbelegten Wohnungen: Rumänien (45,1 %) und Lettland (42,5 %) waren die EU-Staaten mit den höchsten Überbelegungsquoten. Die Inselstaaten Zypern (2,5 %) und Malta (4,2 %) hatten dagegen EU-weit am wenigsten mit Überbelegung zu kämpfen.

Methodische Hinweise:

Als überbelegt gilt eine Wohnung nach europäischer Definition, wenn darin mindestens einer der folgenden Räume nicht vorhanden ist:

  • ein Gemeinschaftsraum,
  • ein Raum pro Paar, das in dem Haushalt lebt,
  • ein Raum für jede weitere Person ab 18 Jahren,
  • ein Raum für zwei Kinder unter 12 Jahren,
  • ein Raum für zwei Kinder desselben Geschlechts zwischen 12 und 17 Jahren,
  • ein Raum je Kind zwischen 12 und 17 Jahren, wenn sie unterschiedlichen Geschlechts sind.

Für Irland und Italien liegen für das Jahr 2020 bislang keine Überbelegungsquoten vor.

Hinweise zur EU-SILC-Erhebung 2020:

Bei den Angaben handelt es sich um erste Ergebnisse der europäischen Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) 2020. Diese Erhebung ist die EU-weit vergleichbare Datenquelle über Einkommen, Armut und Lebensbedingungen in Europa. Für die Statistik gelten in allen EU-Mitgliedstaaten einheitliche Definitionen sowie methodische Mindeststandards. Die amtliche Erhebung, deren Durchführung und Aufbereitung den Mitgliedstaaten obliegt, ist in Deutschland seit dem Erhebungsjahr 2020 als Unterstichprobe in den Mikrozensus integriert. Die Integration von EU-SILC in den Mikrozensus ermöglicht eine deutlich größere Stichprobe als bisher. Sie bildet zudem die Bevölkerung in Deutschland durch die generelle Teilnahmepflicht repräsentativer ab als die zuvor separat durchgeführte Erhebung „Leben in Europa“. Zudem wechselte EU-SILC von einer freiwilligen zu einer in Teilen auskunftspflichtigen Befragung. Allerdings wird einerseits aufgrund der fortgesetzten Freiwilligkeit von Fragen zu Lebensbedingungen ein hoher Anteil an fehlenden Werten (Missings) erzeugt. Andererseits werden Fragen zum Einkommen nun in großen Teilen auskunftspflichtig erhoben. Der Einfluss dieser methodischen Änderungen verbunden mit den allgemeinen Besonderheiten des Mikrozensus 2020 auf die Ergebnisse zu Einkommen und Lebensbedingungen ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzbar. Ebenso kann der Einfluss der Corona-Krise auf die subjektiven Wahrnehmungen und Erwartungen der Haushalte zur individuellen finanziellen und sozialen Situation während der Befragungszeit und daraus resultierende eventuelle Auswirkungen auf die Ergebnisse zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschätzt werden. Ein inhaltlicher Vergleich der Ergebnisse des Jahres 2020 mit den Vorjahren ist daher nicht möglich.

Hinweise zur Mikrozensus-Erhebung 2020:

Der Mikrozensus wurde 2020 methodisch neugestaltet. Für den neu gestalteten Mikrozensus wurde ein komplett neues IT-System aufgebaut, dessen Einführung die Erhebungsdurchführung einschränkte. Verschärft wurde diese Situation durch die Corona-Pandemie, die die bisher überwiegend persönlich vor Ort durchgeführten Befragungen nahezu unmöglich machte. Die Qualität der Jahresergebnisse aus dem Mikrozensus 2020 ist auf Bundesebene im Allgemeinen trotz der genannten Schwierigkeiten gewährleistet. Allerdings ist die gewohnte fachliche und regionale Auswertungstiefe nicht erreichbar.

Ausführliche Informationen zu den Änderungen beim Mikrozensus ab dem Jahr 2020 sowie den Auswirkungen der Neugestaltung und der Corona-Krise auf den Mikrozensus 2020 sind auf einer eigens eingerichteten Themenseite verfügbar.

Weitere Informationen:

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt (DESTATIS) vom 04.11.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Wirtschaftliche Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Sozial- und Gesundheitswesen.

Die Bank für Sozialwirtschaft (BFS), die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge, der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) und die Universität zu Köln haben am 3. November 2021 die Ergebnisse ihrer vierten Umfrage zu den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für das Sozial- und Gesundheitswesen veröffentlicht. Die bundesweit größte Längsschnittstudie zeigt, wie sehr die Rettungsschirme und Schutzpakete des Bundes und der Länder, insbesondere auch die Leistungen aus dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz dazu beigetragen haben, dass die Träger der sozialen Infrastruktur in der Krise sicher weiterarbeiten konnten. Finanzierungslücken wurden geschlossen, Liquiditätsengpässe behoben, so das Fazit der Studie.

Dabei wurden die Leistungen durchgängig nur dort und insoweit in Anspruch genommen, wo die Leistungserbringung tatsächlich nicht möglich war. „Die Studie bestätigt in ihrer vierten Auflage noch einmal die außerordentlichen Belastungen, aber auch die Flexibilität der Leistungserbringer“, so Prof. Dr. Harald Schmitz, Vorstandsvorsitzender der Bank für Sozialwirtschaft, zu den Ergebnissen. Der Digitalisierungsschub für die Sozialwirtschaft ist unübersehbar und bringt erhebliche Transformationserfordernisse mit sich. Im Gegensatz zu den bisherigen Erhebungen betrachtet die vierte Studie nicht nur die wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Sozial- und Gesundheitswesen insgesamt, sondern verdeutlicht, in welchen Bereichen weiterhin Förderung benötigt wird. Die zentralen Ergebnisse:

  • Weiterhin müssen alle Einrichtungen mit  Auslastungsrückgängen umgehen. Stark betroffen sind u. a. Tagespflegen (76 Prozent) und stationäre Pflegeeinrichtungen (53 Prozent).
  • Der Pflegerettungsschirm nach § 150 SGB XI und das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) sind mit Abstand die wichtigsten Instrumente zur Absicherung der wirtschaftlichen Lage, gefolgt von den Programmen der Landesregierungen.
  • Bei Auslaufen der relevanten Schutzmaßnahmen und Hilfspakete rechnet ein erheblicher Anteil der Befragten mit einem Liquiditätsrückgang von zumeist zwischen fünf bis 20 Prozent. Zudem werden von einer Mehrheit Refinanzierungslücken zwischen fünf und 30 Prozent erwartet.

„Die Daten zeigen erneut sehr deutlich, wie wichtig angesichts der weiterhin andauernden Pandemie mit jetzt wieder steigenden Inzidenzzahlen die Fortführung der Rettungsschirme für die Planungssicherheit in den einzelnen Branchen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft ist“, so Schmitz.

Selvi Naidu, Finanzvorständin des AWO Bundesverbands: „Vor dem Hintergrund der aktuell steigenden Corona-Zahlen und Impfdurchbrüche insbesondere bei älteren Menschen und Bewohnern von Pflegeheimen ist es dringend geboten, den Pflegeschutzschirm über den 31.12.2021 hinaus zu verlängern. Insbesondere die Tagespflegen unterliegen immer noch pandemiebedingten Beschränkungen, die einer vollständigen Belegung im Wege stehen. Ähnliches gilt auch für die Reha-Einrichtungen sowie die Vorsorgeeinrichtungen der Müttergenesung. Dies zeigen die Ergebnisse der BFS-Befragungen sehr deutlich.“

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: „Die Pandemie trifft die gemeinnützige Sozialwirtschaft schwer, weil sie nicht auf umfangreiche Rücklagen zurückgreifen kann, um finanzielle Engpässe zu kompensieren. Die Leistungen aus den Schutzschirmen stellen sicher, dass Menschen in unterschiedlichen Notlagen auch morgen noch die Hilfsangebote finden, die sie jeweils brauchen. Um auch zukünftig in vergleichbaren Situationen die benötigten Hilfen sicherzustellen, müssen wir jetzt für solche Fälle auskömmliche Schutzschirme entwickeln.“

Neu gewählte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa: „Der SodEG-Schutzschirm ist in dieser Phase der Pandemie für die Einrichtungen, die für Kinder, Jugendliche und Familien da sind, nach wie vor überlebenswichtig. Wir hören beispielsweise aus den Reha-Einrichtungen, dass ungeimpfte Kinder Reha-Leistungen kurzfristig nicht in Anspruch nehmen können oder in den Kuren erkranken – typische Probleme, für die die Schutzschirme gemacht wurden.“

Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa): „Die Pflegeeinrichtungen sind weit von einem Normalbetrieb entfernt und leiden noch immer unter hohen Belastungen für zusätzliche Schutzmaßnahmen – gerade angesichts einzelner Berichte über Impfdurchbrüche. Die bewährte Absicherung durch den Pflegerettungsschirm muss deshalb bis zum tatsächlichen Ende der Pandemie aufrechterhalten werden.“

Aron Schuster, Direktor der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland: „Die Pandemie war ein nie dagewesener Härtetest für die gesamte soziale Infrastruktur und hat dennoch bewiesen, dass unsere Gesellschaft sich auch in Krisenzeiten auf diese verlassen kann. Die zurückliegenden anderthalb Jahre haben jedoch auch deutlich gemacht, dass soziale Dienste und Einrichtungen dringend bessere Rahmenbedingungen benötigen, um in digitale Infrastruktur und Kompetenzen zu investieren.“

DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt: „Der Pflegeschutzschirm – das hat die Studie gezeigt – sichert die dringend gebotene wirtschaftliche Sicherheit der Pflegeeinrichtungen. Die Einrichtungen und Dienste waren und sind eine verlässliche Stütze in der Pandemie. Alle dort tätigen Kräfte leisten Unvorstellbares und arbeiten am Limit. Angesichts der weiter steigenden Infektionszahlen und der neuen Ausbrüche in den Einrichtungen vor Ort wäre es ein fatales Signal, den Schutzschirm nicht über den 31.12.21 hinaus zu verlängern.“

Die bundesweite Umfrage wurde im Zeitraum vom 20. September bis 18. Oktober 2021 durchgeführt und verzeichnete 1.400 Teilnehmer*innen.

Die Ergebnisse der Umfrage stehen auf der Website der Bank für Sozialwirtschaft zum Download bereit: www.sozialbank.de/covid-19/umfrage

Bei Fragen zur Studie wenden Sie sich bitte an Britta Klemm, Leiterin Kompetenzzentrum Sozialwirtschaft & Research, BFS Service GmbH, Telefon 0221 97356-474, E-Mail: b.klemm@sozialbank.de.

Quelle: gemeinsame Presseinformation Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V., Bank für Sozialwirtschaft AG, Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa), Deutscher Caritasverband e.V., Deutsches Rotes Kreuz e.V., Diakonie Deutschland e.V. und Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V. vom 03.11.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 06. Dezember 2021

Veranstalter: Kooperation des AWO Bundesverbands, des Bundesverbands für Kindertagespflege und der Zentralen Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland

Die Veranstaltung ist dem Phänomen der Diskriminierung aufgrund der sozialen Schicht gewidmet. Insbesondere das letzte Jahr unter den Pandemiebedingungen hat die soziale Kluft verschärft. An diesem Tag nehmen wir die Auswirkungen der klassistischen Machtverhältnisse auf die Identitätsentwicklung der Kinder unter die Lupe. Gemeinsam mit Experten suchen wir Wege, um Barrieren für Bildungsprozesse der Kinder abzubauen.
Die Veranstaltung ist an pädagogische Fachkräfte und Multiplikator*innen gerichtet.

Workshops
1. Klassismus: Eine oft vergessene Diskriminierungsform – Ideen für eine klassismuskritische Begegnung mit Kindern und deren Familiensystemen – Goska Soluch
2. Rahmenlinien zwischen Rassismen und Klassismen – Melanelle B. C. Hémêfa
3. Klassismus und Antisemitismus – Vera Katona
4. Workshop zu Klassismus in der Kindertagespflege – Frauke Rohlfs
5. Mit Kindern in die Welt der Vielfalt hinaus: Klassenverhältnisse in Kitas sensibel wahrnehmen und professionell damit umgehen – Romy Schulze

In Kooperation mit dem Projekt DEVI der Arbeiterwohlfahrt und des Bvktp organisiert ATID eine trägerübergreifende Fachveranstaltung im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“.

Weitere Informationen zum Programm und zu Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 01. Dezember 2021

Veranstalter: evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V., eaf

Hiermit werden Sie recht herzlich zu der nächsten und für dieses Jahr letzten Online-Veranstaltung in unserer Reihe Familienbildung im Gespräch mit Wissenschaft und Forschung eingeladen.

Die Veranstaltung findet am 1. Dezember von 10.00 – 12.00 Uhr unter dem Titel „Armutssensible Arbeit mit Familien“ statt und richtet sich an Mitarbeitende in Familienbildungseinrichtungen, an Kursleitungen und ehrenamtlich Tätige sowie an Leitungskräfte und Trägervertreter:innen.

Die Referentin wird Gerda Holz aus Frankfurt a.M. sein. Sie ist eine ausgewiesene Expertin für Armutsfragen und ehemalige Mitarbeiterin des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS).

Zum Inhalt:

Der professionelle Umgang mit ungleichen Lebensbedingungen und Lebenswelten ist für Mitarbeitende und Kursleitungen in Familienbildungsstätten eine große Herausforderung. Der Vortrag von Gerda Holz wird Basiswissen zu Kinderarmut in Deutschland zu vermitteln. Zu klären ist, wann man überhaupt von Kinderarmut spricht und woran Fachkräfte „arme“ Familien erkennen können. Dabei geht es auch darum, eigene Deutungs- und Bewertungsmuster von Armut zu reflektieren und zu verändern. Darüber hinaus werden Hinweise gegeben, wie sich das pädagogische Handeln und die Angebote armutssensibel gestalten lassen, damit Familienbildungsstätten für Familien ein guter Ort auch in schwierigen und belastenden Lebenssituationen sein können.

Mehr Informationen und das Anmeldeformular finden Sie unter https://www.eaf-bund.de/service/veranstaltungen

Bitte melden Sie sich bis zum 26.11.2021 mit dem zur Verfügung stehenden Formular an. 

WEITERE INFORMATIONEN

Gleichstellung ist möglich – wenn die unbezahlte Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern gerecht verteilt ist.

Wenn es um Sorgearbeit geht, also Kinderbetreuung, Pflege, Kochen und Putzen, dann scheinen immer noch zuerst die Frauen „zuständig“ zu sein. Zumindest verwenden sie täglich deutlich mehr Zeit für unbezahlte Tätigkeiten im Haushalt und in der Familie. Wer hängt die Wäsche auf? Diese Frage wird selten überhaupt gestellt, und wenn doch, dann lautet die Antwort meistens: die Frau!
Das gilt auch für das Kochen, das Abholen der Kinder von der Kita oder die Unterstützung älterer Angehöriger.

Die Menschen entscheiden selbst, wie sie ihren Alltag organisieren. Diese Entscheidungen werden aber durch ihr Umfeld beeinflusst. Im Ergebnis dieses Wechselspiels aus privater Entscheidung und gesellschaftlichem Umfeld beobachten wir,
wie unterschiedlich sich Lebensläufe von Frauen und Männern entwickeln: Männer sind häufiger, länger und durchgängiger erwerbstätig. Frauen hingegen wenden im Durchschnitt täglich 52,4 Prozent – umgerechnet 87 Minuten – mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit auf als Männer. Das ist der sogenannte Gender Care Gap.

Diese Ungleichverteilung ist auch ein gesellschaftliches Problem. Frauen gehen aufgrund der Übernahmen von Sorgearbeit seltener einer Erwerbsarbeit nach, die sie bis ins Alter finanziell absichern wird. Männer sind weniger an der Sorgearbeit beteiligt, ohne die gesellschaftliches Leben und wirtschaftliches Wachstum gar nicht möglich wären.

Warum entwickeln sich die Lebensläufe auseinander? Warum werden Menschen zu „Sorgepersonen“ oder zu  Erwerbspersonen“? Welche Faktoren beeinflussen die Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit? Und wie lässt sich die Sorge- und Erwerbsarbeit gerechter aufteilen? Dieses Dossier findet Antworten auf diese Fragen. Es fasst die Ergebnisse eines Forschungsberichtes zusammen (Gärtner et al., 2020).

Erwerbs- und Sorgearbeit gleich zu verteilen ist Voraussetzung dafür, Ungleichheiten in der Gesellschaft abzubauen, um allen Menschen – unabhängig vom Geschlecht – ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Den vollständigen Dossier finden sie hier.