ZFF-Info 13/2022

Unser zweiwöchentlich erscheinender Newsletter bietet Ihnen aktuelle familienpolitische Informationen aus Politik, Gesellschaft, Wissenschaft und Verbänden. Ebenfalls erhalten Sie tagesaktuelle Informationen aus dem ZFF, Veranstaltungshinweise und politische Stellungnahmen. Zudem setzen wir immer wieder Schwerpunkte zu einzelnen Themenfeldern. Gerne können Sie das ZFF-Info auch zur Verbreitung Ihrer Termine und Aktivitäten nutzen.  

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AUS DEM ZFF

Der familienpolitische Fachverband Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF) sucht ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt

eine*n neue*n Geschäftsführer*in.

Wir freuen uns auf spannende und aussagekräftige Bewerbungen.

Die Stellenausschreibung finden Sie hier, Bewerbungsschluss ist der 31.10.2022.

Das Zukunftsforum wird 20 Jahr alt. Grund genug, um auf 20 Jahre Einsatz für solidarische, geschlechtergerechte, vielfalts- und armutssensible Rahmenbedingungen für Familien zurückzuschauen.

Unsere Chronik können Sie hier herunterladen oder als Druckexemplar bei uns bestellen.

Heute findet die ZFF-Fachtagung „Arbeitsmarkt und Familie: Wie können wir die Arbeitswelt familienfreundlich gestalten?“ statt. Rund 80 Interessierte und Expert*innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis nehmen teil.

Es entspricht dem Wunsch vieler junger Eltern, Beruf und Familienarbeit partnerschaftlich vereinbaren zu wollen. Die Realität zeigt allerdings, wo das Modell an Grenzen stößt. Frauen übernehmen weiter den Großteil der Sorgearbeit und gehen vielfach einer nicht existenzsichernden Beschäftigung nach. Männer kehren nach einer kurzen Elternzeit häufig in eine überlange Vollzeittätigkeit zurück. Trends und Strukturen auf dem Arbeitsmarkt, wie zunehmend flexible und verdichtete Arbeitsverhältnisse, verstärken Herausforderungen für Familien. Ziel der heutigen Veranstaltung ist es zu diskutieren, wie eine Arbeitswelt aussehen kann, die eine gute Vereinbarkeit ermöglicht, familienfreundlich ausgestaltet ist und die Übernahme von Sorgearbeit selbstverständlich in Erwerbsverläufe integriert.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), erklärt: „Erwerbsarbeit ist für Familien enorm wichtig. Sie ist zentral für die familiäre ökonomische Absicherung und sie ist wichtiger Taktgeber für die zeitliche Gestaltung des Alltags. Dabei verbringen Eltern heute mehr Zeit bei der Erwerbsarbeit als noch vor wenigen Jahrzehnten, denn v.a. westdeutsche Mütter arbeiten heute häufiger und in einem größeren Umfang. Die Organisation und die Bedingungen der Arbeitswelt üben damit entscheidenden Einfluss für Menschen mit Sorgeverantwortung aus.“

Altenkamp ergänzt: „Die Corona-Pandemie hat uns deutlich vor Augen geführt, dass Politik und Gesellschaft seit Jahren davon ausgehen, dass Sorgearbeit nebenbei erledigt werden kann – zu Lasten von Frauen, die den Bildungs- und Betreuungsbedarf mehrheitlich aufgefangen haben. Aus Sicht des ZFF müssen wir die Arbeitswelt so gestalten, dass sie zum Leben passt: Sorgearbeit muss selbstverständlicher Teil der Erwerbsbiografie sein – auch in Krisenzeiten!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 11.10.2022

Das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) feiert heute sein 20-jähriges Bestehen. Zudem hat die Mitgliederversammlung den achtköpfigen Vorstand in großen Teilen im Amt bestätigt.  

Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums verabschiedete die Mitgliederversammlung des Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF) heute die gemeinsame Erklärung „20 Jahre Zukunftsforum Familie e. V.: 20 Jahre Einsatz für eine solidarische, geschlechtergerechte und vielfaltsorientierte Familienpolitik!“ Im Jahr 2002 wurde das ZFF von der Arbeiterwohlfahrt als eigenständiger familienpolitischer Fachverband gegründet und hat sich mittlerweile zu einer starken Organisation mit zahlreichen Mitgliedern innerhalb und außerhalb der AWO entwickelt.

Bei einem Festakt wird heute Abend auf „20 Jahre ZFF“ mit zahlreichen Gästen aus Politik und Verbänden angestoßen. Unter den Gästen ist auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus MdB.

Die Versammlung hat darüber hinaus den Vorstand in großen Teilen im Amt bestätigt. Sie wählte heute in Berlin Britta Altenkamp aus dem Bundespräsidium der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO) im Bezirk Niederrhein erneut für weitere zwei Jahre zur Vorsitzenden.

Stellvertretende Vorsitzende sind die Kita-Fachberaterin Birgit Merkel, stellvertretende Präsidentin der AWO Region Hannover e.V. und unser neues Vorstandsmitglied Meike Schuster, Leiter:in der Familienbildungsstätte des Progressiven Eltern- und Erzieher*innen-Verband NRW e. V. (PEV).

In ihrem Amt als Beisitzer*innen wurden Ines Albrecht-Engel, Mitglied im Präsidium des AWO-Bezirk Hannover e. V, Wolfgang Jörg MdL und Vorsitzender des AWO Unterbezirks Hagen-Märkischer Kreis e. V., Anita Leese-Hehmke, Mitglied im Vorstand des AWO Landesverbandes Berlin e. V., Selvi Naidu, Vorstandsmitglied des AWO Bundesverbandes e. V. und Jürgen Tautz, AWO Landesverband Sachsen e. V., bestätigt.

Wir gratulieren den Gewählten und freuen uns auf eine weiterhin hervorragende Zusammenarbeit!

Verabschieden müssen wir uns leider von unserem langjährigen stellvertretenden Vorsitzenden Dieter Heinrich. Der Geschäftsführer des Progressiven Eltern- und Erzieher*innen-Verband NRW e.V. (PEV) hat den Verband mit seinen Ideen und seiner Leidenschaft seit seiner Gründung im Jahr 2002 geprägt. Wir sagen Danke für die intensive und tolle Zeit!

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 10.10.2022

Das Bündnis Sorgearbeit fair teilen begrüßt 13 neue Mitglieder im Bündnis. 

Das Bündnis Sorgearbeit fair teilen wächst: Anfang Oktober hat sich die Mitgliederzahl von 13 auf 26 verdoppelt. Weitere Anträge auf Mitgliedschaft sind willkommen.

Die Pressemitteilung des Bündnisses finden Sie hier.

Weitere Informationen zum Bündnis Sorgearbeit fair teilen unter: www.sorgearbeit-fair-teilen.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 06.10.2022

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Konferenz in Berlin verabschiedet gemeinsame Erklärung

Mit der Selbstverpflichtung, Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern weltweit voranzutreiben und einem Appell an die iranische Regierung, Verfolgung und Gewalt insbesondere gegen Frauen und Mädchen zu beenden, ist heute das Treffen der G7-Gleichstellungsminister*innen in Berlin zu Ende gegangen. Auf Einladung von Bundesfrauenministerin Lisa Paus trafen sich die Minister*innen, um gemeinsam mit der Vorsitzenden des G7-Beirats für Gleichstellungsfragen, Prof. Dr. Jutta Allmendinger, und der Vorsitzenden des Deutschen Frauenrats, Dr. Beate von Miquel, Herausforderungen und Fragen der Gleichstellungspolitik zu diskutieren.

Im Mittelpunkt der Konferenz standen die Strukturen der G7-Gleichstellungspolitik und die Situation von Gründerinnen und selbstständigen Frauen. Auch die geschlechtergerechte Verteilung von Care-Arbeit und die Folgen der COVID-19 Pandemie auf Frauen und Mädchen sowie die Stärkung der Rechte von LGBTIQ*-Personen wurden diskutiert. Aktuell wichtigstes politisches Thema war die Situation von Frauen und Mädchen in der Ukraine und im Iran. Mit der Verabschiedung einer gemeinsamen Erklärung zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter endet die Konferenz heute.

Bundesgleichstellungsministerin Lisa Paus: Unter der deutschen Präsidentschaft haben sich die G7 zu einer ehrgeizigen gleichstellungspolitischen Agenda verpflichtet. In der Gruppe der Sieben bildet die Gleichstellung der Geschlechter nun ein Leitprinzip über alle politischen Bereiche und Ziele hinweg. Gleichstellung ist ein universelles Menschenrecht und ein Grundwert demokratischer Gesellschaften. Rund um den Globus müssen Frauen aber noch immer für dieses Recht kämpfen. Bis heute ist Gleichstellung in keinem Land der Welt vollständig erreicht. Seit Tagen bewegen uns besonders die Bilder aus dem Iran. Auch deshalb sendet unsere gemeinsame Erklärung eine klare Botschaft: Wir müssen mehr tun. Wir müssen schneller sein. Wir werden zusammenstehen.

G7-Gleichstellungsminister*innen verabschieden Gemeinsame Erklärung

In einem sechsseitigen Joint Statement bekräftigen die G7-Gleichstellungsminister*innen ihr anhaltendes gemeinsames Engagement für eine geschlechtergerechte Welt. Sie verpflichten sich darin selbst, weiterhin mit aller Kraft für die Gleichstellung der Geschlechter und die Rechte von LGBTIQ*-Personen einzutreten. Konkret bekräftigen die G7-Gleichstellungsminister*innen ihre Solidarität mit den protestierenden Menschen im Iran und rufen die iranische Regierung auf, die Menschenrechte zu achten und die Unterdrückung der eigenen Bevölkerung zu beenden.

Die Gemeinsame Erklärung greift aber auch weitere wichtige gleichstellungspolitische Themen auf, darunter die Förderung von selbständigen Frauen und Gründerinnen, Bildungsgerechtigkeit, geschlechtergerechte Verteilung von unbezahlter Sorgearbeit und die Prävention von und den Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt. Die Minister*innen verstehen die Förderung von Geschlechtergerechtigkeit als politische Querschnittsaufgabe und begrüßen die Berücksichtigung gleichstellungspolitischer Fragestellungen in allen G7-Fachsträngen.

Konkrete Ziele in der G7-Gleichstellungspolitik – „Dashboard on Gender Gaps“

Die G7-Gleichstellungsminister*innen haben die Strukturen und Mechanismen der G7-Gleichstellungspolitik weiter vorangebracht. Die Einführung des „G7 Dashboards on Gender Gaps“ auf dem G7-Gipfel in Elmau war dazu ein wesentlicher Meilenstein. Für das Dashboard wurden gemeinsam mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zwölf Indikatoren zur Messung der Fortschritte u.a. in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, unternehmerische Tätigkeit, Frauen in Führungspositionen, politische Teilhabe, Partnerschaftsgewalt und Entwicklungszusammenarbeit. Der jährliche Bericht soll Handlungsbedarfe und Erfolge der G7-Gleichstellungspolitik transparent machen und als verbindliche Arbeitsgrundlage innerhalb der G7 etabliert werden.

Förderung von selbständigen Frauen und Gründerinnen

Die G7-Gleichstellungsminister*innen beschäftigten sich auf ihren Treffen auch mit der beruflichen Selbständigkeit und eigenständigen Gewerbetätigkeit von Frauen. Im Durchschnitt der G7-Länder sind nur neun Prozent aller arbeitenden Frauen selbstständig und nur knapp zwei Prozent haben eigene Angestellte. Als bestehende Hindernisse wurden insbesondere eingeschränkte Finanzierungsmöglichkeiten, bestehende Geschlechterklischees und fehlende Vorbilder identifiziert. Verschiedene Maßnahmen, dem entgegenzuwirken, wurden diskutiert.

Gleichstellung unter der deutschen G7-Präsidentschaft

Die Gleichstellung der Geschlechter spielt eine zentrale Rolle während der deutschen Präsidentschaft. Deutschland verfolgt im „G7 Gender Equality Track“ mehrere Arbeitsschwerpunkte. Dazu gehören die Strukturen der G7-Gleichstellungspolitik, die gerechte Verteilung von Care-Arbeit, die Förderung von Gründerinnen und selbstständigen Frauen sowie der Einsatz von LGBTIQ*-Personen sowie Themen der bisherigen G7-Agenda. Dazu gehören unter anderem die wirtschaftliche Stärkung von Frauen, Bildungsgerechtigkeit sowie Prävention und Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt.
Bis Ende des Jahres wird Bundesgleichstellungsministerin Lisa Paus den Arbeitsprozess der G7-Gleichstellungsminister*innen ausrichten und leiten. Begleitet wird der Prozess durch die zivilgesellschaftliche Dialoggruppe Women7, die im Mai ihre Forderungen an die G7-Präsidentschaft übergeben hat. Im Herbst folgen die Empfehlungen des G7-Beirats für Gleichstellungsfragen. Der G7-Vorsitz wechselt jährlich zwischen den Mitgliedern. Am 1. Januar 2023 wird Japan den Vorsitz übernehmen.

Aktuelle Situation im Iran

Die Konferenz hat eine gemeinsame Erklärung zur Situation im Iran beschlossen:

“Wir, die G7-Ministerinnen und Minister für die Gleichstellung der Geschlechter, stehen solidarisch an der Seite derjenigen, die nach dem Tod in Gewahrsam von Jina Mahsa Amini gegen die Verletzung und Missachtung ihrer Menschenrechte und Grundfreiheiten, einschließlich des Rechts auf Meinungs- und Redefreiheit, im Iran auf die Straße gehen. Wir rufen die iranische Regierung dazu auf, den Sorgen ihres eigenen Volkes Gehör zu schenken, dessen Rechte zu achten und der andauernden brutalen Unterdrückung friedlicher Proteste, welche in Widerspruch zu den Verpflichtungen des Irans gemäß dem ICCPR steht, sofort ein Ende zu setzen. Frauenrechte sind Menschenrechte und die iranischen Behörden sind völkerrechtlich verpflichtet zu gewährleisten, dass alle Frauen und Mädchen all ihre Menschenrechte gleichberechtigt und in vollem Umfang ausüben können. Unsere Hochachtung gilt dem Mut der iranischen Frauen und Mädchen, die gemeinsam mit ihren Mitbürgern friedlich demonstrieren. Wir, die G7-Ministerinnen und Minister für die Gleichstellung der Geschlechter, schließen uns ihnen an, indem wir der iranischen Regierung eine eindeutige Botschaft senden: Sie muss jeder Form der Verfolgung und der Gewalt gegen alle Iranerinnen und Iraner, insbesondere aber iranische Frauen und Mädchen, ein Ende setzen.”

Die vollständige Gemeinsame Erklärung der G7-Gleichstellungsministerinnen und -minister ist auf der Website der G7-Präsidentschaft (https://www.g7germany.de/g7-de) und auf der Homepage des Bundesgleichstellungsministeriums www.bmfsfj.de/g7-joint-statement  abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 14.10.2022

Europarat veröffentlicht Bericht zum Stand der Umsetzung des Übereinkommens zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Deutschland

Heute legt der Europarat den sogenannten GREVIO-Bericht vor. Er evaluiert, in wieweit Deutschland die Vorgaben der Istanbul-Konvention bereits umgesetzt hat und wo noch Handlungsbedarf besteht. In Istanbul entstand 2011 das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt. Die Evaluierung wurde von einem Expertengremium (engl. Abkürzung: GREVIO) im Auftrag des Europarats verfasst.

Die GREVIO-Expertinnen loben Deutschland für zahlreiche Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene, die das Ziel haben, den Schutz von Frauen vor Gewalt effektiv voran zu bringen.

Zugleich betonen sie allerdings, dass trotz der Fortschritte weiter Handlungsbedarf besteht. Sie fordern die zuständigen staatlichen Ebenen in Deutschland auf, mehr Frauenhausplätze zu schaffen und das Beratungsangebot für von Gewalt betroffene Frauen weiter auszubauen. Dabei soll auf eine ausgeglichene geographische Verteilung geachtet werden. Außerdem sollen die Bedürfnisse besonders verletzlicher Gruppen, wie Frauen mit Behinderungen, geflüchteter Frauen oder queeren Menschen, berücksichtigt werden. Jede Frau und ihre Kinder müsse einen gesicherten Zugang zum Hilfesystem haben.

Weiter mahnt der GREVIO-Bericht an, dass Deutschland die Verpflichtung noch nicht ausreichend umsetzt, koordinierte politische Maßnahmen gegen Gewalt zu beschließen. Deutschland brauche daher eine Koordinierungsstelle auf Bundesebene und die Entwicklung einer langfristigen Gesamtstrategie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Auch solle es künftig verpflichtende Trainings für alle Berufsgruppen geben, die in Kontakt mit Opfern oder Tätern von Gewalt kommen. Zudem solle das Umgangsrecht mit Rücksicht auf die Interessen von Gewaltopfern reformiert werden.

Dazu erklärt Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Ich stehe zur vorbehaltlosen Umsetzung der Istanbul-Konvention. Wir haben sie im Koalitionsvertrag vereinbart, und sie ist für mich als Frauenministerin und Feministin eine wichtige Richtschnur. Wir werden daher das Recht auf Schutz vor Gewalt für jede Frau und ihre Kinder absichern. Wir haben vereinbart, auf Bundesebene einen Rechtsrahmen für die verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern zu schaffen. Wir wollen in der Bundesregierung eine Koordinierungsstelle einrichten, die eine ressortübergreifende Strategie zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen erarbeitet. Außerdem wird mein Ministerium noch in diesem Jahr eine unabhängige Beobachtungsstelle schaffen. Dort werden Daten und Erkenntnisse zur Gewalt gegen Frauen zusammengeführt. Ich danke dem Europarat für die gründliche Analyse des Umsetzungsstands in Deutschland. Sie zeigt uns, wo wir noch besser werden müssen.“

Hintergrund:

Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die sogenannte Istanbul-Konvention, schützt Frauen und Mädchen vor jeglicher Form von Gewalt. Sie ist als völkerrechtlicher Vertrag rechtlich bindend für diejenigen Staaten, die sie ratifiziert haben. In Deutschland trat die Konvention am 1. Februar 2018 in Kraft. Die Konvention sieht die Überwachung der staatlichen Umsetzung durch eine unabhängige Expertengruppe „GREVIO“ vor.

GREVIO hat das erste Monitoringverfahren für Deutschland im Februar 2020 eröffnet. Im Rahmen dieses Verfahrens hat die Bundesregierung im September 2020 einen Staatenbericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland beim Europarat eingereicht. Im September 2021 folgte ein Länderbesuch von GREVIO-Expertinnen, und nun hat GREVIO den angehängten Bericht basierend auf den Informationen aus dem Staatenbericht, Berichten aus der Zivilgesellschaft und dem Länderbesuch vorgelegt.

Den Staatenbericht finden Sie hier: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/160138/6ba3694cae22e5c9af6645f7d743d585/grevio-staatenbericht-2020-data.pdf

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 07.10.2022

Bundesfamilienministerin Paus und DIHK-Präsident Adrian vergeben „Innovationspreis Vereinbarkeit“ an familienfreundliche Unternehmen

Unter dem Titel „Vereinbarkeit schafft Innovation“ haben Bundesfamilienministerin Lisa Paus und DIHK-Präsident Peter Adrian beim Unternehmenstag „Erfolgsfaktor Familie“ 2022 mit Unternehmensvertreter*innen diskutiert, wie es Betrieben gelingen kann, mit Vereinbarkeitsangeboten Strukturen flexibler und damit die Arbeitsorganisation innovativer zu gestalten.

Im Rahmen der Veranstaltung wurden auch die Gewinner des „Innovationspreises Vereinbarkeit“ durch die Bundesfamilienministerin und den DIHK-Präsidenten ausgezeichnet. Bewerben konnten sich Unternehmen, die während der Corona-Pandemie innovative Lösungen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf (weiter) entwickelt haben. Ausgewählt wurden die vier Gewinner von einer unabhängigen Jury aus Auditorinnen und Auditoren für das audit berufundfamilie.

Die Gewinner des „Innovationspreis Vereinbarkeit 2022“ sind:

  • Kategorie „Kleine Unternehmen“: e-koris GmbH, ein Betrieb für Arbeiten der klassischen Elektrotechnikinstallation in Bayern. Ein neuartiges Arbeitszeit-Modell, bei dem die 13 Beschäftigten ihre Arbeitstage immer zum Monatsanfang frei wählen können, überzeugte hier die Jury.
  • Kategorie „Mittlere Unternehmen“: Wismut GmbH, ein Betrieb für Bergbau-Sanierung mit Sitz in Sachsen und Thüringen: Hier wurde die neue Mitarbeitenden-App wi2go als fester Bestandteil der standortübergreifenden internen Kommunikation etabliert. So können alle Beschäftigten, von denen aufgrund ihrer gewerblichen Tätigkeit rund 50 Prozent nicht über Intranet oder E-Mail erreichbar sind, in die Informations- und Kommunikationsprozesse eingebunden werden.
  • Kategorie „Große Unternehmen“: Roche Diagnostics GmbH, ein in Baden-Württemberg ansässiges Pharma-Unternehmen, das als deutschlandweit erster Arbeitgeber eine finanzielles Förderungsmodell für Eltern bietet, die beide zwischen 28 und 32 Stunden pro Woche arbeiten – auch wenn ein Elternteil in einem anderen Unternehmen beschäftigt ist.
  • Sonderpreis: DZ Bank AG aus Hessen. Hier können Mitarbeitende ihre Überstunden über einen Stundenpool spenden, sodass Kolleg*innen mit außergewöhnlichen familiären Belastungen freigestellt werden können. Zudem erhöhte die Bank bis Mai 2022 jede gespendete Stunde um eine zusätzliche Stunde.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Die Gewinner unseres Innovationspreises sind Vorbilder für betriebliche Vereinbarkeitslösungen und damit für alle anderen Unternehmen in Deutschland. Mit kreativen Ideen haben sie während der Pandemie ad hoc neue Konzepte auf die Beine gestellt und ihre Beschäftigten effektiv bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt. Arbeitgeber*innen sind gut beraten, solche Konzepte für die Fachkräftesicherung zu nutzen. Als Bundesfamilienministerin werde ich mich dafür einsetzen, die Rahmenbedingungen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu verbessern.“

Mit einem passgenauen Angebot zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie binden Unternehmen ihre Fachkräfte und versichern sich ihrer Loyalität“, betont Peter Adrian, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags. „Gerade in diesen für viele Unternehmen wirklich schwierigen Zeiten ist eine loyale Belegschaft unbezahlbar. Die Erfahrung in der Corona-Krise hat gezeigt: Betrieben mit flexiblen Strukturen gelingt es besser als anderen, ihren Mitarbeitenden unterstützende Vereinbarkeitsangebote zu machen und davon wirtschaftlich zu profitieren. Familienbewusste Angebote wie Arbeitszeit- und Arbeitsortflexibilität machen Unternehmen resilienter und stärken sie für Herausforderungen in Krisenzeiten oder bei der Suche nach Fachkräften.“

Das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“

Das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ ist mit rund 8.300 Mitgliedern bundesweit die größte Plattform für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die sich für eine familienbewusste Personalpolitik engagieren oder interessieren. Das Netzwerk wurde 2007 vom Bundesfamilienministerium und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag gegründet. Mitglied können alle Unternehmen und Institutionen werden, die sich zu einer familienbewussten Personalpolitik bekennen und sich engagieren wollen. Die Mitgliedschaft ist kostenfrei.

Mehr Informationen zum Unternehmensnetzwerk und zum „Innovationspreis Vereinbarkeit“ finden Sie unter: www.erfolgsfaktor-familie.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.09.2022

Sarah Lahrkamp, Kinderbeauftragte:

Der 17. Oktober 2022 ist der Welttag zur Beseitigung von Armut. Auch in einem reichen Land wie Deutschland sind viele Kinder und Jugendliche von sozialer Ausgrenzung bedroht. Dem treten wir von der SPD-Bundestagsfraktion mit guten Kitas und Schulen, passgenauen Familienleistungen und einem tragfähigen sozialen Auffangnetz entgegen.

„Alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland sollen die Chance haben, ihre individuellen Lebensträume zu verwirklichen. Deshalb werden wir das Gute-Kita-Gesetz mit einem Kita-Qualitätsgesetz fortsetzen. Deshalb setzen wir auf Kindergeld, Kinderzuschlag, Wohngeld, Kindersofortzuschlag, Kinderboni und auf ein neues Bürgergeld. Und deshalb werden wir die zentralen Familienleistungen für die Existenzsicherung von Kindern und Jugendlichen langfristig in eine Kindergrundsicherung zusammenführen. Damit werden sozial benachteiligte Familien endlich einen einfachen Zugang zu einer angemessenen finanziellen Grundausstattung bekommen – für mehr Chancen und Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 16.10.2022

Wir stärken das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung von Frauen. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist klar: Frauen müssen sich selbstbestimmt für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden können.

Leni Breymaier, frauenpolitische Sprecherin:

„Wir sind im 21. Jahrhundert – es wird Zeit, dass ein unumstrittenes Recht auf reproduktive Selbstbestimmung für Frauen fester Bestandteil in unserer Gesellschaft wird.

Es braucht eine neue Diskussion über den § 218 StGB, der Schwangerschaftsabbrüche seit über 150 Jahren im Strafrecht regelt. Deswegen schaffen wir eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung. Ziel der Kommission ist auch, die Regulierung von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafgesetzbuches zu prüfen. Für uns ist klar: Der Abbruch einer Schwangerschaft gehört nicht ins Strafrecht.“

Sonja Eichwede, rechtspolitische Sprecherin:

„Den § 219a StGB haben wir bereits gestrichen. Endlich machen sich Ärztinnen und Ärzte nicht mehr strafbar, wenn sie öffentlich Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen. In der wohl schwerwiegendsten Konfliktsituation können Frauen so schnell die sachlichen Informationen erhalten, die sie brauchen. Ein wichtiger Schritt für mehr reproduktive Selbstbestimmung und Gleichberechtigung.“

Josephine Ortleb, zuständige Berichterstatterin:

„Wir werden sogenannten Gehsteigbelästigungen einen gesetzlichen Riegel vorschieben. Es darf nicht sein, dass Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegner vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Arztpraxen schwangere Frauen psychisch unter Druck setzen. Sie nehmen Frauen in Konfliktsituationen ihr Recht auf Informationen und Beratung. Und wir brauchen eine flächendeckende Versorgung mit Beratungseinrichtungen. Das werden wir sicherstellen.

Die SPD-Bundestagsfraktion steht fest an der Seite der Frauen. Wir wollen in einer freien Gesellschaft leben, in der Frauen frei und selbstbestimmt über ihre Mutterschaft entscheiden können.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 27.09.2022

Zum Beschluss der Führungspositionen-Richtlinie an diesem Montag im Rat der Europäischen Union in Brüssel erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

 

Die EU-Richtlinie für mehr Frauen in Führungspositionen kommt. Mit der Annahme im Rat der Europäischen Union am heutigen Montag gelten zukünftig in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union verbindliche Standards, um den Frauenanteil in den Führungsetagen börsennotierter Unternehmen zu erhöhen. Das ist ein echter Erfolg der Ampelregierung, denn zehn Jahre lang war die Umsetzung der Richtlinie von der Vorgängerregierung blockiert worden.

 

Der Weg zur paritätischen Machtverteilung in Führungsgremien ist noch weit: In keinem der europäischen Mitgliedsländer sind Frauen und Männer gleichermaßen in Führungspositionen repräsentiert. Das zeigt, dass die Richtlinie nichts an ihrer Gültigkeit verloren hat und der Handlungsbedarf immer noch hoch ist. Als Ampelregierung denken wir Geschlechtergerechtigkeit europäisch. Mit der für die Mehrheit entscheidenden Zustimmung Deutschlands im Rat zur Führungspositionen-Richtlinie bekennen wir uns zu Chancengleichheit als gemeinsamem europäischen Wert.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 17.10.2022

Zum Bericht der Bundesregierung zum Startchancenprogramm zur Stärkung von allgemein- und berufsbildenden Schulen erklärt Nina Stahr, Sprecherin für Bildung, Forschung und Technologiefolgenabschätzung:

Mit dem Startchancenprogramm investieren wir weiter in Bildungsgerechtigkeit und unterstützen gezielt Schulen in benachteiligten Quartieren und Regionen. Der Bericht der Bundesregierung ist der Auftakt für das Leuchtturmvorhaben der Bildungspolitik der Ampel. Trotz schwieriger politischer Lage gehen wir die ersten Schritte bei der Umsetzung eines zentralen grünen Bildungsprojektes.

Das Startchancenprogramm ist ein Meilenstein, mit dem wir uns vom Gießkannenprinzip in der Bildungsfinanzierung verabschieden und dort ansetzen, wo auch wirklich Bedarf besteht. Deswegen werden wir bezüglich des Verteilungsschlüssels zwischen den Bundesländern ergebnisoffen über Alternativen zum „Königsteiner Schlüssel“ diskutieren. Innerhalb eines Landes sollte anhand sozialer Indikatoren über die Mittelverteilung und Schulauswahl entschieden werden. 

Das Startchancenprogramm wird aus mehreren Säulen bestehen.

Den Sanierungsstau der teils maroden Schulinfrastruktur gehen wir mit einem Investitionsprogramm an und achten dabei besonders auf Klimagerechtigkeit und Barrierefreiheit. 

Mit einem Chancenbudget geben wir Schulen die Freiheit, in innovative Lernkonzepte und neue Ideen in der Bildung zu investieren. Besonders am Herzen liegt uns zum Beispiel die Zusammenarbeit mit außerschulischen Bildungsträgern – von Umweltbildung  über politische Bildung hin zur Kooperation mit Sportvereinen. Denn Bildung ist mehr als nur Pauken.

Wir werden massiv in neue Stellen für Schulsozialarbeit investieren. Bildung ist die größte Ressource für Chancengerechtigkeit. Deswegen brauchen wir mehr Fachpersonal in multiprofessionellen Teams neben den Lehrkräften, die wir somit auch entlasten, um den Kindern und Jugendlichen eine bessere individuelle Betreuung anzubieten.

Angesicht des Fachkräftemangels und zehntausender offener Ausbildungsstellen müssen wir jetzt dringend handeln. Wir investieren über das Startchancenprogramm daher gezielt in eine frühe Berufsorientierung und die Modernisierung von Berufsschulen.

Als Bundestagsfraktion legen wir besonderen Wert auf eine gute Zusammenarbeit mit den Ländern, eine starke Beteiligung des Bundestags und eine enge wissenschaftliche Begleitung des weiteren Prozesses.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 01.10.2022

Zur Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro ab 1. Oktober 2022 erklärt die Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge:

Die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro ist ein wichtiger Schritt zu mehr Gerechtigkeit in Deutschland. Für über sechs Millionen hart arbeitende Menschen bedeutet das eine Gehaltserhöhung zum 1. Oktober und spürbar mehr Geld auf dem Konto. Gerade jetzt, wo die Preise fürs Heizen und für Lebensmittel so dramatisch gestiegen sind, ist dieser Schritt wichtiger denn je. Zusammen mit den umfassenden Entlastungspaketen der Ampel und den Preisbremsen für Strom und Gas wird die Mindestlohnerhöhung vielen Menschen helfen, sicherer durch den Winter zu kommen.

Wer Vollzeit arbeitet, muss gut davon leben können. Die Mindestlohnerhöhung führt aber nicht nur jetzt zu besserer Bezahlung, sondern sorgt auch für eine bessere soziale Absicherung und höhere Rentenansprüche. Damit verringern wir Armut und soziale Ungleichheit.

Die Mindestlohnerhöhung sorgt für mehr Lohngerechtigkeit und Gleichberechtigung. Die Anhebung auf 12 Euro kommt insbesondere Frauen, Beschäftigten in Ostdeutschland und Menschen mit Migrationsgeschichte zu Gute. Für Arbeitnehmer*innen in Branchen wie Handel, Gastgewerbe, Logistik, Gesundheits- und Sozialwesen wird das zu spürbaren Verbesserungen führen.

Der Mindestlohn ist allerdings nur ein Baustein für faire Bezahlung. Darüber hinaus haben wir uns als Ampel-Koalition vorgenommen, das Tarifsystem zu stärken. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass öffentliche Aufträge zukünftig nur noch an Unternehmen gehen, die mindestens in Tarifhöhe entlohnen. Das wird bessere Löhne und regelmäßige Tariferhöhungen für viele Beschäftigte zur Folge haben.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 30.09.2022

Anschlussfinanzierung für Sprach-Kitas sicherstellen und Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch stärken

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages berät in der heutigen Sitzung zum Bundeshaushalt 2022 den Etat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Hierzu erklären Christian Haase, haushaltspolitischer Sprecher, und Paul Lehrieder, zuständiger Berichterstatter für den Einzelplan 17: 

Christian Haase: „Familienpolitik ist mehr als die Auszahlung von Kindergeld. Entscheidend ist, wie der Bund die Gelder zur Stärkung der Familien, insbesondere junger Eltern und Kinder, einsetzt. Hier verspricht die Ampel viel, hält mit dem Familienetat jedoch wenig. Wir als Union wollen die Chancen für die Kinder in unserem Land verbessern, denn sie sind unsere Zukunft. Gleichzeitig wollen wir die Eltern entlasten. Wir fordern daher eine Anschlussfinanzierung des Bundesprogramms Sprach-Kitas. Kindliche Sprachentwicklung ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Bildungslaufbahn. Die aktuelle Grundschulstudie ist besorgniserregend.“

Paul Lehrieder: „Entgegen gegensätzlich lautender Aussagen der Ampel wurde im Sommer das Ende des Erfolgsprogramms „Sprach-Kitas. Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ verkündet. Dies führte zu großer Unsicherheit und Unverständnis bei Trägern, Fachkräften, Ländern und Kommunen. Den durch das Programm zusätzlichen 7.500 Fachkräften in rund 6.900 Einrichtungen drohen Planungsunsicherheit oder Jobverlust. Ausgetragen wird dies auf dem Rücken unserer Kinder. Neben der Anschlussfinanzierung für die Sprach-Kitas setzt sich die Union weiterhin für eine Mittelerhöhung für die Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagne der Unabhängigen Beauftragten für sexuellen Kindesmissbrauch ein. Frühkindliche Bildung und Kindesschutz haben für uns Priorität.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 19.10.2022

Zum morgigen Aktionstag Mietenstopp erklärt Caren Lay, mieten-, bau- und wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag:

„Am morgigen Samstag werden Aktionen und Proteste für einen bundesweiten Mietenstopp in über 50 Städten erwartet. Aufgerufen hat das Bündnis Mietenstopp. Es gibt viele gute Gründe am Aktionstag Mietenstopp teilzunehmen. Schon vor der Pandemie und den steigenden Energiepreisen war die Hälfte der Miethaushalte in den Städten durch die Wohnkosten überlastet. Allein in den vergangenen zwölf Monaten sind die Wohnkosten nochmal um elf Prozent gestiegen. Viele Mieterinnen und Mieter wissen nicht mehr, wie sie die gestiegenen Kosten bezahlen sollen und erleben eine akute Notsituation. Es braucht sofort einen bundesweiten Mietenstopp. Als LINKE fordern wir darüber hinaus ein ‚Krisenpaket Miete‘: Schutz vor Kündigungen, keine Zwangsräumungen, ein Verbot von Indexmieten, einen Energiepreis- und Mietendeckel.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 07.10.2022

„Abtreibungen haben immer stattgefunden und sie werden auch immer stattfinden. Die Frage ist nur, wie sicher sie sind. Es ist die Aufgabe der Bundesregierung, diese endlich im Rahmen der Gesundheitsversorgung so sicher wie möglich zu machen. Paragraf 218 muss gestrichen werden“, erklärt Heidi Reichinnek, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, anlässlich des Safe Abortion Day am 28. September. Reichinnek weiter:

„Zehn Monate ist die Regierung nun im Amt. Paragraf 219a ist in dieser Zeit endlich abgeschafft worden – dafür hat DIE LINKE lange gekämpft. Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland aber nach wie vor grundsätzlich strafbar. Das ist und bleibt ein Skandal. Die Koalition hat zwar eine Legalisierung in Aussicht gestellt, die Umsetzung aber in eine Kommission verlagert, die immer noch nicht ihre Arbeit aufgenommen hat. Es ist noch nicht einmal geklärt, wer in der Kommission sitzen wird.

Frauen in Deutschland brauchen endlich legalen und kostenlosen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen. Das bedeutet auch eine flächendeckende Verfügbarkeit im ganzen Land. 100 km Anfahrt und wochenlange Wartezeit für einen Beratungstermin oder den Abbruch selbst sind nicht zumutbar. Außerdem müssen Schwangerschaftsabbrüche oft genug von den Betroffenen selbst bezahlt werden. Wäre das nicht alles schon schlimm genug, stehen vor den Praxen auch noch Abtreibungsgegnerinnen und -gegner und belästigen die Frauen. Und obwohl die Bundesregierung auch dagegen vorgehen will, ist auch hier immer noch nichts passiert.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 27.09.2022

Die Regelsätze sollen spürbar um 200 Euro erhöht werden, um ihre Wirkung gegen Inflation und Armut zu entfalten. Das fordert Die Linke in einem Antrag (20/4053). Das Bürgergeld werde seinem Namen nicht gerecht, sondern bleibe buchstäblich ein Armutszeugnis. Die Verbesserungen beim Bürgergeld gingen an den meisten langjährigen Betroffenen vorbei, denn sie hätten weder große Wohnungen noch Vermögen, kritisieren die Abgeordneten.

Sie fordern deshalb von der Bundesregierung, Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Regelbedarfe nach den Sozialgesetzbüchern II und XII (Zweites und Zwölftes Sozialgesetzbuch) sowie dem Regelbedarfsermittlungsgesetz vorzulegen. In diesen sollen die Regelbedarfe für alle Altersstufen auf Grundlage einer neuen Ermittlungs- und jährlichen Fortschreibungsmethodik zum 1. Januar 2024 neu berechnet werden. Dabei sollen Leistungsberechtigte und ihre Interessenvertretungen sowie Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wohlfahrts- und Sozialverbänden sowie von Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen beteiligt werden. Es muss nach Ansicht der Linken sichergestellt werden, dass der Ernährungsanteil eine gesunderhaltende Ernährung für alle möglich macht. Für die Zwischenzeit sollen die Regelbedarfe durch Zuschläge (bis zu 200 Euro) ergänzt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 581 vom 19.10.2022

Sachverständige haben am Montag begrüßt, dass die Bundesregierung die Qualität der Kindertagesbetreuung weiter verbessern will. In der Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung (20/3880) setzten sie aber auch Akzente für die künftige Entwicklung von Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege. Der Regierung geht es in dem Entwurf darum, das „Gute-KiTa-Gesetz“ auf Grundlage des Evaluationsberichts von 2021 zu reformieren. Demnach sollen bereits begonnene Maßnahmen der Länder zur Qualitätsentwicklung und zur Entlastung der Eltern bei den Beiträgen fortgesetzt werden können. Neue Maßnahmen ab dem 1. Januar 2023 sollen aber ausschließlich dazu dienen, qualitative Handlungsfelder „von vorrangiger Bedeutung“ weiterzuentwickeln. Es sollen also keine länderspezifischen Maßnahmen zur Beitragsentlastung mehr umgesetzt werden können. Zusätzlich sollen die bisher vier vorrangigen Handlungsfelder um drei weitere ergänzt werden: die Förderung der kindlichen Entwicklung, Gesundheit, Ernährung und Bewegung, die Förderung der sprachlichen Bildung und die Stärkung der Kindertagespflege.

Susanne Viernickel, Professorin an der erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig, riet dazu, die personalbezogenen Handlungsfelder hervorzuheben. Es herrsche eklatanter Personalmangel in den Kitas. Für einen bundesweit gleichwertigen Zugang zur Kindertagesbetreuung müssten die personellen Rahmenbedingungen verbessert und mittelfristig angeglichen werden. Sie empfahl, die Regelungen zur Entlastung von Elternbeiträgen aus dem Gesetz herauszuhalten. Jeder in die Beitragsentlastung investierte Euro gehe dem Ziel der Qualitätsverbesserung verloren. Es gehe aber nicht darum, beides gegeneinander auszuspielen, betonte Viernickel. Im Kita-Qualitätsgesetz sei die Entlastung jedoch „fehlplatziert“. Das Gesetz müsse sich auf Strukturen konzentrieren, auf den Fachkraft-Kind-Personalschlüssel, die Qualität des Personals, die Gruppengrößen. Auch das Handlungsfeld der guten Kita-Leitung sei zu beachten. Bei den personellen Ressourcen sei in allen Ländern noch „Luft nach oben“, sagte Viernickel.

Elke Alsago von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi wies ebenfalls auf die Personalsituation in den Kitas hin. Es gebe unbesetzte Stellen, hohe Krankenstände, permanente Überforderung und Frustration, die Erzieherinnen fühlten sich von der Politik alleingelassen. Sie appellierte, die nächste Förderphase 2022/2023, in denen der Bund vier Milliarden Euro bereitstellen will, zu nutzen und die Förderung in eine Strategie einzubauen, die es den Fachkräften ermöglicht, die Entwicklung der Kinder gut zu begleiten. Durch den Fachkräftemangel stehe das System vor dem Kollaps, warnte Alsago. Bund und Länder müssten gemeinsam einen Stufenplan vorlegen, wie das System, auch das Ausbildungssystem, quantitativ und qualitativ ausgebaut werden kann. Der Bund müsse mehr zusteuern als bisher.

Matthias Dantlgraber vom Familienbund der Katholiken monierte, dass nun sieben von zehn Handlungsfelder priorisiert werden sollen. Zentral für ihn seien die Handlungsfelder des guten Betreuungsschlüssels und qualifizierter Fachkräfte. Kritisch sah er, dass Länder unter Umständen auch weiterhin Fördermittel für Beitragsentlastungen einsetzen können. Beitragsentlastungen und Qualitätsverbesserungen sah er in einem Konkurrenzverhältnis. Er sprach sich für eine einkommensabhängige Beitragsstaffelung aus. Wenn einige Länder bei den Beiträgen entlasten und andere in die Qualität investieren, dann drohe wieder ein Auseinanderdriften bei der Qualität, sagte Dantlgruber. Ausdrücklich befürwortete er bundeseinheitliche Qualitätsmaßstäbe.

Arne Koopmann von der Evangelisch-lutherische Kirche Ahlhorn/Oldenburg, der nach eigenen Angaben drei Kitas in Niedersachsen im 194 Plätzen leitet, plädierte für die Fortsetzung des Bundesprogramms „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“, das die Bundesregierung zum Jahresende einstellen will. 80 Prozent der bei ihm betreuten Kinder hätten eine Sprachbenachteiligung. Wenn die geförderte Sprachentwicklung wegfallen würde, so Koopmann, wäre dies ein „bildungspolitischer Kahlschlag“. Dass die Beitragsfreiheit dazu führt, dass mehr Eltern ihre Kinder in Kitas schicken, könne er nicht bestätigen.

Heiko Krause vom Bundesverband für Kindertagespflege hob hervor, dass die Kindertagespflege eine gleichrangige Betreuungsform sei, die von 23 Prozent der Eltern bevorzugt werde. Heute gebe es kein Kindertagespflegepersonal mehr, das nicht qualifiziert sei. Krause setzte sich für eine auskömmliche Vergütung der Fachkräfte in der Kindertagespflege ein. Auch Maria-Theresia Münch vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge begrüßte die Priorisierung der Kindertagespflege in dem Gesetzentwurf. Notwendig wäre aus ihrer Sicht, die Fördermittel insgesamt zu erhöhen. Sie plädierte dafür, sich auf Personalentwicklung und den Ausgleich sozialer Ungleichheit zu konzentrieren.

Katharina Queisser von der Bundeselternvertretung der Kinder in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege sagte mit Blick auf Gebührenfreiheit, es müssten Wege gefunden werden, um den Zugang zur frühkindlichen Bildung so niederschwellig wie möglich zu halten. Sie empfahl zudem, die Förderung der Sprach-Kitas zusätzlich zum Budget des Gesetzentwurfs zu verstetigen. Doreen Siebernik von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte Perspektiven für Fachkräfte und Familien. Aus keinem anderen Berufsfeld verschwänden Fachkräfte so schnell wie aus dem Berufsfeld der Erzieherinnen. Den Gesetzentwurf sah sie nur als Zwischenschritt. Mittelfristig müssten die Ressourcen für das System der frühkindlichen Bildung erhöht werden.

Stefan Spieker von der gemeinnützigen GmbH Fröbel Bildung und Erziehung, die nach seinen Angaben 20.000 Kinder in zwölf Bundesländern betreut, erklärte, er unterstütze den Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/3277), der ebenfalls Gegenstand der Anhörung war und eine Fortsetzung des Sprach-Kita-Bundesprogramms über das Jahresende hinaus fordert. Die Verträge der betroffenen Fachkräfte liefen aus und man wisse nicht, wie viele wann wieder eingesetzt werden können.

Jörg Freese vom Deutschen Landkreistag befürwortete ebenfalls die Forderung des Unionsantrags. Die Sprachförderung müsse fortgesetzt werden. Die vom Gesetzentwurf verlangte Staffelung der Elternbeiträge nannte Freese „anmaßend und übergriffig“. Es gebe Länder, die mit ihren Staffelungen bereits gute Erfahrungen gemacht hätten. Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund appellierte an den Bund, einen Weg für die dauerhafte Finanzierung der Kitas zu finden. Regina Offer vom Deutschen Landkreistag sagte, es gebe keinen sachlichen Grund, das Sprachförderprogramm auslaufen zu lassen. Die Sorge sei, dass jahrelang aufgebaute Strukturen wegfallen: „Es entsteht Unruhe in den Kitas.“

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 567 vom 18.10.2022

Die Bundesregierung hält am Auslaufen des Bundesprogramms „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ zum Ende des Jahres fest. Das machte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen), am Montag während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses deutlich. An der Wichtigkeit der sprachlichen Förderung von Kindern in den Kitas gebe es bei der Bundesregierung keinen Zweifel, sagte sie. Daher sei es das Ziel, die Förderung über das Kita-Qualitätsgesetz zu verstetigen. Den Ländern würden dafür in den kommenden zwei Jahren zusätzliche zwei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. „Für die sechsmonatige Übergangszeit, bis diese Mittel auch in Anspruch genommen werden können, versuchen wir eine zusätzliche Finanzierung zu verhandeln“, sagte die Staatssekretärin.

Für eine weitere Bundesförderung des Programms für zwei Jahre, ehe dann die Länder die Zuständigkeit übernehmen, plädiert Wenke Stadach, Leiterin einer Sprach-Kita in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern). Ihre öffentliche Petition wurde von 277.882 Personen mitgezeichnet. Durch das Programm seien in vielen Kitas Strukturen und Kompetenzen geschaffen worden, damit Kinder bei ihrem Spracherwerb unterstützt und praktische Inklusionsarbeit ermöglicht wird. Konkret bedeute dies, „dass wir für Kinder und Familien, die es nicht so einfach haben, ein Angebot schaffen, das nicht nur zur Chancengleichheit beiträgt, sondern gerade denjenigen hilft, die diese Hilfe besonders benötigen“, schreibt die Petentin in der Eingabe.

Vor den Abgeordneten erläuterte sie, als Kita-Leiterin erst Mitte des Jahres vom Auslaufen des Programms informiert worden zu sein. Diese Entscheidung habe für Wut und Frust sowie Verunsicherung bei vielen Kollegen gesorgt. „Einige von ihnen haben sich aufgrund der Unsicherheit neue Jobs gesucht“, sagte Wenke Stadach. Der Schaden sei also jetzt schon entstanden und werde mit jedem weiteren Tag, der ohne klare Zukunft für die Sprach-Kitas vergehe, größer. Für eine weitere Bundesförderung plädiere sie auch im Interesse einer bundesweiten Chancengleichheit, sagte Stadach. Künftig sei zu befürchten, dass einzelne Bundesländer die Sprachförderung unterstützen, andere aber nicht.

Die Projektleiterin der Evaluation des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“, Professor Yvonne Anders von der Universität Bamberg, verwies auf Studien, wonach ein großer Anteil der Kinder in den Grundschulen nicht die für eine weitere Bildungskarriere erforderlichen sprachlichen Kompetenzen erwirbt. 50 bis 80 Prozent der in der Grundschule zu beobachtenden sprachlichen Unterschiede seien auf den vorschulischen Bereich zurückzuführen, sagte Anders, die die Petentin begleitete. „Wir konnten in der Evaluation mehrfach zeigen, dass das, was in den Sprach-Kitas seit Jahren tagtäglich passiert, nachweislich die sprachpädagogische Prozessqualität steigert“, betonte sie. Jedes vierte Kind, so die Erziehungswissenschaftlerin, habe derzeit einen Sprachförderbedarf. „Aus wissenschaftlicher Sicht wäre es geboten, eine Lösung zu finden, die die über viele Jahre evidenzbasiert geschaffenen Strukturen nicht zerstört.“

Die Familien-Staatssekretärin sicherte zu, dass es von Seiten des Ministeriums eine ganz große Bereitschaft dazu gebe, die geschaffenen Servicestellen zu erhalten und den nötigen Übergang des Programms gemeinsam mit den Bundesländern zu gestalten. Bereits im April sei das Ministerium dazu mit den Ländern in die Gespräche gegangen und habe mehrere Möglichkeiten aufgezeigt, wie ein solcher Übergang gestaltet werden könne. „Wir machen Druck auf alle Seiten, damit wir zu einem Konsens kommen“, betonte sie. Noch sei dieser aber nicht erreicht.

Die Petentin forderte eine schnelle Lösung. Am besten sei ein zweijähriger Übergang, so dass alles „ohne Wenn und Aber“ geklärt werden könne. Auf keinen Fall dürften die Sprach-Kitas aber bei dem politischen Hin- und Her-Geschiebe am Ende ganz hinten runterfallen, so Stadach. „Bis Ende Oktober sollten wir wissen, wie es weitergeht, um für das kommende Jahr planen zu können“, sagte die Kita-Leiterin.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 564 vom 17.10.2022

Angesichts der drastisch steigenden Preise haben mehrere Sachverständige in einer Anhörung des Finanzausschusses am Montag die bisher von der Koalition geplanten Maßnahmen im Inflationsausgleichsgesetz als unzureichend bezeichnet und deutlich höhere Entlastungen vor allem der Familien angemahnt. Als Hauptgrund wurden die in dem Gesetzentwurf zugrunde gelegten Inflationsprognosen bezeichnet, die von der Realität längst bei weitem überholt worden seien.

Grundlage der vom Ausschussvorsitzenden Alois Rainer (CSU) geleiteten Anhörung war der von den Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zum Ausgleich der Inflation durch einen fairen Einkommensteuertarif sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (20/3496). Der Entwurf sieht verschiedene steuerliche Maßnahmen wie die Anhebung des Grundfreibetrages und des Kinderfreibetrages sowie ein höheres Kindergeld vor. Das Kindergeld soll im nächsten Jahr für das erste, zweite und dritte Kind auf einheitlich 237 Euro pro Monat erhöht werden. Diese Erhöhung in einem Schritt soll für die Jahre 2023 und 2024 gelten. Somit steigt das Kindergeld für das erste und zweite Kind um 18 Euro und für das dritte Kind um zwölf Euro monatlich.

Der Bund der Steuerzahler erklärte, im Sinne eines schnellen Inflationsausgleichs für die Steuerzahler wäre es geboten, schon den Steuertarif 2022 mit einer höheren Inflationsrate zu indexieren. Auch die Annahme der Bundesregierung einer Inflationsrate von rund 5,76 Prozent für den Steuertarif 2023 sei kein echter Inflationsausgleich. Der Gesetzgeber müsse den Einkommensteuertarif 2023 um die zu erwartende Inflation 2023 bereinigen, die nach der derzeitigen Prognose der Gemeinschaftsdiagnose 8,8 Prozent betragen werde.

Professor Johanna Hey (Universität zu Köln) erklärte, wenn sich die Entwicklung der Inflation so fortsetze wie in den letzten Monaten, sei bei Grund- und Kinderfreibeträgen eine weitere Anhebung erforderlich. Sie kritisierte, dass sich der Entwurf des Inflationsausgleichsgesetzes auf die mittlerweile überholte Frühjahrsprojektion der Bundesregierung zur Inflation für 2022 von 5,76 Prozent stütze. Das sei die „Crux“ des Gesetzentwurfs.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung bezeichnete eine Inflationsbereinigung des Einkommensteuertarifs als grundsätzlich sinnvoll. Angesichts der hohen fiskalischen Kosten sollte diese auf Steuerpflichtige mit niedrigen und mittleren Einkommen konzentriert werden. Diese seien von der Inflation besonders stark betroffen. Die Kindergelderhöhung wurde als sinnvoll bezeichnet. Auf eine Erhöhung des Kinderfreibetrags könne jedoch verzichtet werden, da Familien mit hohem Einkommen bisher zu stark zusätzlich steuerlich entlastet würden. Ein vollständiger Ausgleich der kalten Progression sei „nicht das richtige Signal“. Die Kosten würden sich auf bis zu 13 Milliarden Euro belaufen.

Der Deutsche Familienverband begrüßte die Maßnahmen zum Abbau der kalten Progression, erklärte aber andererseits, dass die geplanten Erhöhungen bei Kinderfreibetrag und Kindergeld leider deutlich hinter dem Notwendigen zurückbleiben würden. Kindergeld, Kinderfreibetrag und weitere kinderbezogene Freibeträge müssten kurzfristig an die Inflationsrate angepasst werden. Nach Ansicht der Organisation werden große Familien zu wenig entlastet. Das vierte Kind und weitere Kinder würden bei der vorgesehenen Kindergelderhöhung leer ausgehen. Als problematisch wurde der im Gesetzestitel gewählte Begriff eines „fairen Einkommensteuertarifs“ bezeichnet. Es gehe bei der Besteuerung weniger um Fairness, sondern um Gerechtigkeit. Alleinerziehende und Kinderreiche würden leer ausgehen. Das sei ein „fatales Zeichen“.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisierte, dass Bezieher höherer Einkommen durch den Kinderfreibetrag stärker entlastet würden als Normalverdiener. Beim heutigen System gelte: Je höher das Einkommen, desto größer sei der sich daraus ergebende finanzielle Vorteil durch den Kinderfreibetrag. Gleichzeitig reiche das geringere Kindergeld für viele Kinder nicht aus, um gesellschaftliche Teilhabe zu gewährleisten. In Deutschland lebten 20 Prozent aller Kinder in Armut. Eine gerechte Förderung von Kindern müsse das Ziel sein. Daher müsse der Kinderfreibetrag zugunsten eines für alle erhöhten Kindergeldes im Rahmen einer Kindergrundsicherung abgeschafft werden.

Katja Rietzler vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung bezeichnete die Änderungen am Einkommensteuertarif für das Jahr 2023 als nicht dringend. Sie wies darauf hin, dass die Einkommensteuerbelastung in Deutschland nach wie vor deutlich unter dem Niveau der 1990er Jahre liege. In der aktuellen Situation sollte zielgerecht mit Unterstützungsmaßnahmen am unteren Ende der Einkommensskala gearbeitet werden.

Auch die Arbeiterkammer Bremen bezeichnete den Abbau der kalten Progression als wenig zielgenau. Es böten sich alternative Maßnahmen an. Die Arbeiterkammer schlug vor, den Grundfreibetrag deutlich über den durch das Existenzminimum gebotenen Rahmen hinaus anzuheben, beispielsweise auf 12.000 Euro.

Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter bedauerte, dass das Ziel des Gesetzentwurfs, die Inflation auszugleichen, für Alleinerziehende nicht erreicht werde. Wegen der Anrechnung auf Unterhaltsleistungen werde die Anhebung des Kindergelds zum Nullsummenspiel. Viele Alleinerziehende fühlten sich von der Politik allein gelassen.

Professor Frank Hechtner (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) kritisierte, dass der Progressionsbericht von der Bundesregierung noch nicht vorgelegt worden sei. Es müsste wohl ein höherer Wert zum Ausgleich der kalten Progression eingesetzt werden, als im Gesetzentwurf vorgesehen. Professor Rudolf Mellinghoff (Ludwig-Maximilians-Universität München) sagte, angesichts der aktuellen Inflationsverhältnisse sollte der Progressionsbericht in jedem Jahr und nicht nur alle zwei Jahre vorgelegt werden. Dass Bezieher höherer Einkommen stärker von den Maßnahmen profitieren würden, sei eine natürliche Folge des progressiv verlaufenen Steuertarifs. Nur bei einer „Flat Tax“ (einheitlicher Steuersatz) würden alle gleich profitieren.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 561 vom 17.10.2022

Die von der Bundesregierung geplante Abschaffung der Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe (20/3439) wird von Sachverständigen unterschiedlich beurteilt. Bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montagnachmittag wurde das Vorhaben mehrheitlich als richtiger Schritt bezeichnet, von dem aber jene junge Menschen nicht profitierten, die eine Berufsausbildung für Menschen mit Behinderung oder eine geförderte Ausbildung über das Arbeitsamt beziehungsweise das Jobcenter absolvieren oder in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme sind. Die Kritik anderer Sachverständiger an dem Entwurf zielte darauf ab, dass damit eine Verselbständigung der Jugendlichen erschwert werde und sie teils bessergestellt würden als Jugendliche, die eine Ausbildung machen und im Elternhaus leben.

Der Gesetzentwurf sieht vor, die Kostenheranziehung bei jungen Menschen und Leistungsberechtigten nach Paragraf 19 SGB VIII sowie für ihre Ehegatten und Lebenspartner aufzuheben. Bislang werden junge Menschen, die in einer Pflegefamilie oder einer Einrichtung oder sonstigen Wohnform der Kinder- und Jugendhilfe leben und die ein eigenes Einkommen haben, mit bis zu 25 Prozent davon zu den Kosten der Leistung der Kinder- und Jugendhilfe herangezogen.

Maike Brummelman vom Christlichen Jugenddorfwerk Deutschlands (CJD) sprach von einem wichtigen Schritt auf dem Weg zur gleichberechtigten Teilhabe „des betroffenen Personenkreises“. Um dem Gedanken der Inklusion gerecht zu werden, sei es aber geboten. „für alle jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe Benachteiligungen abzuschaffen“.

Ähnlich argumentierte Juliane Meinhold vom Paritätischen Gesamtverband. Für alle jungen Menschen, die eine Ausbildung auf dem ersten Arbeitsmarkt machen, verbessere sich die Situation deutlich, „weil keine Kostenheranziehung in Bezug auf die Ausbildungsvergütung erfolgt“. Wer aber eine Berufsausbildung für Menschen mit Behinderung oder eine geförderte Ausbildung über das Arbeitsamt oder Jobcenter absolviert oder in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme sei, erhalte keine sozialversicherungspflichtige Ausbildungsvergütung, sondern eine Netto-Unterhaltszahlung. Diese werde als Ausbildungsgeld bezeichnet und zur Finanzierung der Kinder- und Jugendhilfeleistung herangezogen.

Die Möglichkeit, finanzielle Rücklagen für den Übergang in ein eigenständiges Leben und eine sichere Existenz zu bilden, müsse für alle jungen Menschen und für jede Form von Einkommen gelten, forderte Sebastian Hainski vom Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit. Es brauche eine Entbürokratisierung der Kinder- und Jugendhilfe, „sodass benötigte Hilfe auch wirklich bedingungslos und bedürfnisorientiert bei allen jungen Menschen in unserer Gesellschaft ankommt“.

Aus Sicht von Marie Hesse vom Bayerischen Landesjugendamt kann die Abschaffung der Kostenheranziehung durchaus eine Motivation der jungen Menschen zur Aufnahme von Erwerbstätigkeiten darstellen. Für die Jugendämter sei damit auch eine Verwaltungsvereinfachung verbunden. Allerdings, so Hesse weiter, sei die Kostenheranziehung geeignet, um junge Menschen darauf vorzubereiten, ihr Einkommen im Hinblick auf Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung einzuteilen. Falle dies künftig weg, müsse von einem zusätzlichen pädagogischen Bedarf ausgegangen werden. Darüber hinaus sehe sie eine Besserstellung junger Menschen in stationären Einrichtungen beziehungsweise Pflegefamilien im Vergleich zu jungen Menschen, die im Haushalt ihrer Eltern leben und einen Beitrag zur Lebenshaltung abführen müssten.

Josef Koch von der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen stimmte dem Gesetzentwurf und seinen Zielsetzungen voll umfänglich zu. Die Heranziehung bestrafe Jugendliche und junge Erwachsene dafür, in der Jugendhilfe zu sein, befand er. Koch verwies zugleich darauf, dass die Hauptgründe für eine Unterbringung Jugendlicher und junger Erwachsener in einem Heim oder bei einer Pflegefamilie eine Gefährdung des Kindeswohls sowie eine Unterversorgtheit der jungen Menschen sei. Davon zu reden, dass die Unterbringung wie in einem Ferienhaus bei freier Kost und Logis erfolge, sei angesichts der massiven Belastungen und Benachteiligungen dieser jungen Menschen falsch.

Vor dem Hintergrund der besonderen Biografien und der Lebensbedingungen, die ursächlich für das Aufwachsen in stationärer Jugendhilfe waren, sei die Kostenheranziehung eine weitere Hürde und keine Unterstützung zur selbständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung, befand Laurette Rasch vom Verein Careleaver. Kostenheranziehung in jeder Form widerspräche auch dem im Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) verankerten Inklusionsgedanken, demzufolge die Regelungen der Kinder- und Jugendhilfe gleichermaßen für junge Menschen mit und ohne Behinderungen gelten und diese unterstützen sollen.

Lob für den Gesetzentwurf gab es von der Fachanwältin für Sozialrecht Gila Schindler, die zugleich Regelungslücken ansprach. So bleibe die Situation der besonders belasteten jungen Menschen, die von einer Behinderung betroffen sind, in einem wesentlichen Aspekt ungeregelt. Diese Personen könnten gegenüber der Bundesagentur für Arbeit Teilhabeleistungen zur beruflichen Eingliederung beanspruchen, so Schindler. Ob und in welcher Höhe das gewährte „Ausbildungsgeld“ angerechnet wird, werde von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe unterschiedlich bewertet. Die Betroffenen seien so einem Gefühl der behördlichen Willkür ausgesetzt, dass für junge Menschen regelmäßig noch viel schwerer zu ertragen sei, als für lebenserfahrenere Personen.

Michael Wagner, Jugendamtsleiter in Memmingen (Baden-Württemberg), steht der Abschaffung der Kostenheranziehung kritisch gegenüber, „weil es die Verselbständigung der jungen Menschen erschwert“. Erst wenn sie aus der stationären Jugendhilfe hinaus und in die erste eigene Wohnung ziehen, würden sie lernen müssen, dass das verdiente Geld zur Sicherstellung des eigenen Lebensunterhaltes verwendet werden müsse. Auch könne der Anreiz, den Schritt in ein selbstständiges Leben zu wagen, damit reduziert werden, gab er zu bedenken.

Jörg Freese vom Deutschen Landkreistag bezeichnete den erst 2021 im KJSG aufgenommenen Kompromiss, die Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe mit eigenem Einkommen von 75 Prozent auf 25 Prozent zu senken, als „gut und sinnvoll“. Als Vertreter der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände räumte Freese ein, dass die Haltung in den Kommunen zu dieser Fragestellung nicht einheitlich sei. „Weit überwiegend“ werde aber die Komplettabschaffung abgelehnt. Der nicht zu leugnenden insgesamt schwierigen Lebenssituation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der stationären Jugendhilfe oder in Pflegefamilien werde bereits durch die Absenkung der Kostenheranziehung auf 25 Prozent ausreichend Rechnung getragen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 528 vom 10.10.2022

Mit dem Wohngeld-Plus-Gesetz will die Bundesregierung ab dem 1. Januar 2023 Haushalte mit niedrigeren Einkommen stärker bei steigenden Wohnkosten unterstützen. Über einen dazu von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegten Gesetzentwurf (20/3936) debattiert der Bundestag erstmals am Donnerstag, dem 13. Oktober 2022.

Um die durch steigende Energiekosten und energieeffiziente Sanierungen entstehenden höheren Wohnkosten besser abzufedern, soll die bisher umfangreichste Reform des Wohngeldes drei Komponenten enthalten: erstens die Einführung einer dauerhaften Heizkostenkomponente, die als Zuschlag auf die zu berücksichtigende Miete oder Belastung in die Wohngeldberechnung eingehen soll, zweitens die Einführung einer Klimakomponente und drittens eine Anpassung der Wohngeldformel. Danach sollen rund 1,4 Millionen Haushalte erstmalig oder erneut einen Wohngeldanspruch erhalten, bisher sind es rund 600.000 Haushalte. Zudem soll sich der Wohngeldbetrag von durchschnittlich rund 180 Euro pro Monat auf rund 370 Euro pro Monat erhöhen.

Im Verlauf der knapp 70-minütigen ersten Lesung wird der Bundestag auch über den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf „zur Änderung des Heizkostenzuschussgesetzes und des Elften Buches Sozialgesetzbuch“ (20/3884) beraten. Beide Vorlagen sollen im Anschluss an den federführenden Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen überwiesen werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 535 vom 12.10.2022

Das Arbeitslosengeld II im Besonderen und die staatliche Grundsicherung im Allgemeinen sollen reformiert und durch ein neues „Bürgergeld“ abgelöst werden. Das sieht ein Gesetzentwurf (20/3873) der Bundesregierung vor, der am Donnerstag in erster Lesung vom Bundestag beraten wird.

Darin verweist die Bundesregierung zwar auf die Leistungsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme, die gerade in den vergangenen Pandemie-Jahren vielen Menschen ein soziales Netz geboten hätten. „Zugleich haben die außergewöhnlichen Herausforderungen, mit denen sich Staat und Gesellschaft in Folge des Kriegs in der Ukraine konfrontiert sehen, es vielen Menschen in den sozialen Mindestsicherungssystemen erschwert, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Gerade die dynamischen Preisentwicklungen bei Energie und Lebensmitteln sorgen hier für erhebliche Probleme.“ Deshalb sei eine Erhöhung der monatlichen Regelbedarfe (unter anderem auf 502 Euro für eine alleinlebende Person) dringend geboten, schreibt die Regierung.

Darüber hinaus begründet sie die Initiative mit der Situation auf dem Arbeitsmarkt, die sich seit der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Jahr 2005 grundlegend geändert habe: Arbeitskräfte, insbesondere qualifizierte Arbeitskräfte, würden vielerorts gesucht, gleichzeitig würden Langzeitarbeitslose zu oft von dieser Entwicklung nicht profitieren. Daher solle das Bürgergeld sich stärker als das bisherige System auf Qualifizierung und Weiterbildung der Arbeitssuchenden konzentrieren.

Konkret sieht der Entwurf unter anderem vor, in den ersten zwei Jahren des Bürgergeldbezugs eine sogenannte Karenzzeit gelten zu lassen, damit sich die Leistungsberechtigten stärker auf Arbeitssuche und Weiterbildung konzentrieren können. Die Kosten für Unterkunft und Heizung sollen in dieser Zeit in tatsächlicher Höhe anerkannt und übernommen werden. Auf eine Prüfung des Vermögens soll verzichtet werden, „sofern es nicht erheblich ist“, also 60.000 Euro für eine Person beziehungsweise 30.000 für jede weitere im Haushalt lebende Person nicht übersteigt. Nach Ablauf der Karenzzeit soll es eine entbürokratisierte Vermögensprüfung mit höheren Freibeträge geben.

Vorgesehen ist auch, die bisherige Eingliederungsvereinbarung durch einen Kooperationsplan abzulösen, der von den Leistungsberechtigten und den Integrationsfachkräften gemeinsam erarbeitet wird. Dieser Plan dient dann als „roter Faden“ im Eingliederungsprozess und wird als Kernelement des Bürgergeld-Gesetzes bezeichnet. Mit Abschluss des Kooperationsplans soll dann eine sechsmonatige Vertrauenszeit gelten. In diesem Zeitraum werde ganz besonders auf Vertrauen und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe gesetzt. Lediglich wiederholte Meldeversäumnisse würden sanktioniert – mit maximal zehn Prozent Leistungsminderung, schreibt die Regierung.

Abgeschafft werden soll der „Vermittlungsvorrang in Arbeit“. Stattdessen sollen Geringqualifizierte auf dem Weg zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung unterstützt werden, um ihnen den Zugang zum Fachkräftearbeitsmarkt zu öffnen. Eine umfassende Betreuung soll jenen Leistungsberechtigten helfen, „die aufgrund vielfältiger individueller Probleme besondere Schwierigkeiten haben, Arbeit aufzunehmen“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 527 vom 10.10.2022

Die Bundesregierung will die Qualität der Kindertagesbetreuung weiter verbessern und hat dazu den Entwurf eines Gesetzes (20/3880) zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung (KiTa-Qualitätsgesetz) vorgelegt.

Die Regierung verweist darin auf den Evaluationsbericht zum 2018 beschlossenen KiTa-Qualitäts- und -Teilhabeverbesserungsgesetz („Gute-KiTa-Gesetz“). Dieser habe im Herbst 2021 gezeigt, dass an unterschiedlichen Stellen des Gesetzes sowie in Bezug auf die Pflicht zur Staffelung der Kostenbeiträge nach dem SGB VIII (Achtes Sozialgesetzbuch) Reformbedarf bestehe, um die Ziele dieses Gesetzes zu erreichen.

Mit dem vorliegenden Entwurf soll das „Gute-KiTa-Gesetz“ auf Grundlage der Empfehlungen der Evaluation weiterentwickelt werden. Demnach sollen bereits begonnene Maßnahmen der Länder zur Qualitätsentwicklung und zur Entlastung der Eltern bei den Beiträgen zwar fortgeführt werden können. Neue Maßnahmen ab dem 1. Januar 2023 sollen aber ausschließlich zur Weiterentwicklung der qualitativen „Handlungsfelder von vorrangiger Bedeutung“ dienen. Künftig sollen also keine neuen länderspezifischen Maßnahmen zur Beitragsentlastung mehr umgesetzt werden können. Zusätzlich sollen die „Handlungsfelder von vorrangiger Bedeutung“ um das Handlungsfeld 6 (Förderung der kindlichen Entwicklung, Gesundheit, Ernährung und Bewegung), das Handlungsfeld 7 (Förderung der sprachlichen Bildung) und das Handlungsfeld 8 (Stärkung der Kindertagespflege) ergänzt und stärker priorisiert werden. Durch die Änderung werden die Länder verpflichtet, Maßnahmen überwiegend in den Handlungsfeldern von vorrangiger Bedeutung zu ergreifen. Um die beabsichtigte Wirkung der im SGB VIII geregelten Pflicht zur Staffelung der Kostenbeiträge für die Kindertagesbetreuung zu stärken, soll es eine verbindliche Vorgabe sozialer Staffelungskriterien geben, die eine stärkere Ausrichtung der Beiträge an der finanziellen Situation der Familien bewirken sollen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 526 vom 10.10.2022

Bislang sind die jährlich zur Verfügung stehenden Mittel des Bundesförderprogramms „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ nicht ausgeschöpft worden. Das teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/3749) auf eine Kleine Anfrage (20/3404) der CDU/CSU-Fraktion zur Situation der Frauenhäuser in Deutschland mit.

In erster Linie sei dies darauf zurückzuführen, dass Bauvorhaben in Planung und Umsetzung komplex sind, die antragstellenden Träger vielfach nicht über Erfahrungen mit Bauvorhaben verfügen und aktuell äußere Faktoren massive Auswirkungen auf die Planungen hätten. Die Förderanfragen und -anträge zeigten aber, dass der Bedarf an investiven Maßnahmen zur Stärkung des Hilfesystems im Feld hoch sei, schreibt die Regierung. „Die Förderanfragen, die die für die Administration zuständige Bundesservicestelle im Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) erreichen, sind von ganz unterschiedlicher Qualität. Dies macht teilweise einen hohen Beratungs- und Nachbesserungsaufwand notwendig, bis hin zu grundlegenden Veränderungen des Vorhabenzuschnitts. Dies führt im Ergebnis zu Verzögerungen in der Antragstellung und Projektumsetzung sowie Verlagerungen des Mittelabrufs und des Mittelabflusses.“ Die Bundesregierung habe die administrativen Kapazitäten für die Beratung und Antragsbearbeitung deshalb erweitert und das Finanz-Monitoring der Mittelbedarfsplanungen verstärkt, heißt es weiter in der Antwort.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 525 vom 10.10.2022

Frauen sind deutlich häufiger aufgrund einer psychischen Belastungsstörung arbeitsunfähig geschrieben als Männer. Das geht aus einer Antwort (20/3671) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/3374) der Fraktion Die Linke hervor, in der sich die Regierung auf Zahlen für das Jahr 2020 – die aktuellsten Daten – bezieht. Aus den Statistiken geht ferner hervor, dass vor allem die Bereiche Öffentliche Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung/Gesundheits- und Sozialwesen und Erziehung und Unterricht unter derartigen Arbeitsausfällen zu leiden hatten. Auch bei Rentenzugängen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach psychischen und Verhaltensstörungen waren Frauen 2020 deutlich stärker repräsentiert als Männer.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 519 vom 06.10.2022

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (20/3791), 32 Jahre nach der Wiedervereinigung einen Schutzschirm gegen Inflation und Armut zu spannen und die Lohn- und Renteneinheit herzustellen.

Darin wirft die Fraktion der Bundesregierung vor, das Land auf eine soziale Katastrophe hinzusteuern, von der die ostdeutschen Bundesländer aufgrund des Lohn- und Rentengefälles besonders hart betroffen seien. „Die Verteuerungen können den Angleichungsprozess zwischen Ost und West um Jahre zurückwerfen“, mahnen die Abgeordneten.

Sie fordern von der Bundesregierung deshalb unter anderem, einen Schutzschirm gegen Inflation und Armut zu spannen, der ein Sofortprogramm beinhaltet, aus dem alle Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen ein Jahr lang monatlich 125 Euro plus 50 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied erhalten. Ein Preisdeckel für ein Grundkontingent an Gas und Strom für Privathaushalte soll eingeführt und Strom- und Gassperren verboten werden. Außerdem soll eine Übergewinnsteuer auf Milliardengewinne der Energiekonzerne eingeführt und ein Rettungsfonds für Unternehmen eingerichtet werden, der – ähnlich wie in der Corona-Krise – Insolvenzen aufgrund der hohen Energiepreise verhindert.

Die Regierung soll außerdem die Voraussetzungen für gleiche Löhne und Gehälter in Ost und West – und damit die Lohneinheit – schaffen, indem der gesetzliche Mindestlohn zügig über 12 Euro hinaus angehoben wird, Leiharbeit und sachgrundlose Befristungen verboten werden, eine erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen gesetzlich geregelt wird sowie die Gewerkschaften – unter Beachtung der Tarifautonomie – dabei unterstützt werden, Tarifverträge abzuschließen, mit denen immer noch bestehende pauschale Differenzierungen nach Ost und West aufgehoben werden. Die gesetzliche Rente soll in die Lage versetzt werden, den Lebensstandard zu sichern und vor Armut im Alter zu schützen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 511 vom 05.10.2022

Die Bundesregierung plant im Zuge der Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes auch Folgeänderungen in anderen Gesetzen. Der Meinungsbildungsprozess dazu, welche Gesetze und welche Anpassungen dies betreffen wird, ist noch nicht abgeschlossen. Das schreibt die Regierung in ihrer Antwort (20/3559) auf eine Kleine Anfrage (20/3264) der AfD-Fraktion. In Regelungsbereiche, bei denen die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern liege, greife die Bundesregierung grundsätzlich nicht ein, heißt es in der Antwort weiter.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 509 vom 04.10.2022

Die Bundesregierung beabsichtigt, im Hinblick auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte Weiterentwicklung des Pflegezeitgesetzes und des Familienpflegezeitgesetzes die Zusammenführung beider Gesetze konkret in den Blick zu nehmen. Das schreibt die Regierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/3447) zur Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige. Diese Gegenäußerung liegt nun als Unterrichtung (20/3710) vor.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 508 vom 04.10.2022

Die Bundesregierung arbeitet intensiv an einer Lösung für das Problem des fehlenden Mutterschutzes bei Selbstständigen. Das machten die Parlamentarischen Staatssekretärinnen Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) und Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen; Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) am Montagnachmittag während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses deutlich. Grundlage der Sitzung war die Petition der selbstständigen Tischlermeisterin Johanna Röh, die 111.794 Unterstützerinnen und Unterstützer gefunden hatte.

Selbstständige Schwangere müssten den gleichen gesetzlichen Mutterschutz genießen wie Angestellte, heißt es in der Eingabe. Eine Schwangerschaft dürfe keine Existenzbedrohung darstellen oder zu einer Chancenungleichheit auf dem Arbeitsmarkt führen. „Vor allem für Gründerinnen, Chefinnen in investitionsintensiven Branchen und Selbstständige in körperlich arbeitenden Berufszweigen müssen Instrumente geschaffen werden, die schwangerschaftsbedingte Betriebsschließungen verhindern“, schreibt die Petentin.

Während eine angestellte Tischlerin mit Bekanntwerden der Schwangerschaft sofort ein betriebliches Beschäftigungsverbot bei voller Lohnfortzahlung bekommen hätte, sei sie weiter auf der Baustelle aktiv gewesen, um den Fortbestand ihres Betriebes zu sichern, sagte Röh vor den Abgeordneten. Wäre sie insolvent gegangen, hätte sie das in den letzten Jahren in den Betrieb geflossene Kapital verloren, ihre Auszubildende hätte sich einen neuen Ausbildungsplatz suchen müssen und sie den Betrieb später wieder neu aufbauen oder sich eine Anstellung suchen müssen. „Womöglich noch bei einem Tischlermeister, der Familie und Betrieb problemlos vereinbaren kann, weil er nicht derjenige ist, der selbst das Kind bekommt.“ Das sei keine Chancengleichheit, sagte sie.

In der Coronapandemie, so Röh, sei es auch gelungen, Unternehmen aufzufangen. „Das erwarten wir bei uns auch“, machte sie deutlich. Aktuell sei es aber so, dass sie zwar Haushaltshilfe hätte beantragen können, aber keine Betriebshilfe.

Wirtschafts-Staatssekretärin Brantner machte deutlich, dass das Thema in ihrem Ministerium angekommen sei. Es sei eine Arbeitsgruppe gegründet worden, die mit Verbänden und Betroffenen nach Lösungen suche. Brantner lud die Petentin ein, sich daran zu beteiligen. „Wir müssen Lösungen finden, auch wenn diese nicht trivial sind“, sagte die Staatssekretärin.

Das Mutterschutzgesetz erfasse die Selbstständigen nicht, da es von Arbeitgebern fordere, Schutzzonen für Arbeitnehmerinnen zu schaffen, erläuterte Familien-Staatssekretärin Deligöz. Schutzmöglichkeiten könnte es über die privaten und gesetzlichen Krankenkassen geben, die aber auch begrenzt wären, sagte sie. Interessant sei das Vorbild aus der Landwirtschaft, so Deligöz. Hier gebe es schon die Möglichkeit, landwirtschaftliche Betriebshilfe zu beantragen. Um auf dieser Basis eine Betriebshilfe auch für Handwerksbetriebe zu schaffen, sei sie in Gesprächen mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Es könne über den berufsständischen Weg laufen, sagte sie. Österreich, so die Staatssekretärin, mache das beispielsweise über Beiträge der Selbstständigen.

Die die Petentin begleitende Anwältin Angela Heinssen warb vor dem Ausschuss für eine schnelle Lösung. Das koste vielleicht etwas, sagte sie. Die Rendite, die es auch kurzfristig gebe, indem Firmen gegründet, Handwerksbetriebe übernommen und Arztpraxen im ländlichen Raum gesichert würden, sei aber unschätzbar.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 483 vom 26.09.2022

Kinder und Jugendliche sind nach Einschätzung von Gesundheitsexperten während der Corona-Pandemie besonders belastet worden. Bei einem Fachgespräch am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages wiesen Ärzte und Psychologen auf die teils gravierenden Folgen des Lockdowns und der Schulschließungen hin. Nach übereinstimmender Ansicht der Fachleute hätten die Belange von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie politisch stärker berücksichtigt werden müssen.

Der Kinder- und Jugendarzt Burkhard Rodeck, zugleich Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), bezweifelte, dass mit den politischen Entscheidungen in der Pandemie die Belange und Bedarfe von Kindern und Jugendlichen immer adäquat berücksichtigt worden sind. Er betonte, im Gegensatz zu Erwachsenen sei die Krankheitslast bei Kindern in der Coronakrise extrem gering ausgefallen. Sehr wenige Kinder seien nach einer Infektion gestorben, vor allem vorerkrankte Kinder. Zwar gebe es auch bei Kindern Corona-Langzeitfolgen, in der Regel aber mit guter Prognose.

Ähnlich argumentierte Lutz Hempel, Vorstandsmitglied der Gesellschaft der Kinderkrankenhäuser und Kinderabteilungen in Deutschland (GKinD). Die Covid-Erkrankung sei bei Kindern und Jugendlichen in der Regel gut behandelbar gewesen. Es habe allerdings viele Fälle von RSV-Erkrankungen (Respiratorisches Synzytial-Virus) gegeben, eine Folge der Isolation von Kleinkindern, deren kindliches Immunsystem nicht ausreichend gestärkt worden sei. Dies könne noch Auswirkungen haben auf künftige Grippeerkrankungen. Nach Hempels Einschätzung war die Covid-Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen weniger dramatisch als der Lockdown. Er mahnte, es dürfe nie wieder zu einer so drastischen Einschränkung des Lebens von Kindern und Jugendlichen kommen.

Auf die psychische Belastung der Kinder und Jugendlichen in der Pandemie ging der Forscher und Psychotherapeut Julian Schmitz ein, der von einer starken Zunahme an psychischen Erkrankungen in der Altersgruppe sprach. Zu den Gründen gehörten Alltagseinschränkungen und Schulschließungen. Die psychische Belastung dauere an, hinzu kämen als Gründe aktuell wirtschaftliche Probleme, Kriegsangst und Sorge wegen des Klimawandels.

Schmitz nannte die Versorgungslage für Patienten mit psychischen Störungen katastrophal. In der Pandemie hätten sich die Wartezeiten auf einen ambulanten Psychotherapieplatz in ländlichen Gebieten verdoppelt. Betroffene warteten teilweise ein Jahr und länger. Er forderte eine kurzfristige Verbesserung der therapeutischen Lage mit Sonderzulassungen und einer angepassten Bedarfsplanung sowie eine frühzeitige Intervention bei auffälligen Kindern.

Ursula Marschall vom Barmer Institut für Gesundheitsforschung sieht Kinder und Jugendliche in der Corona-Pandemie ebenfalls als besonders belastet an. Sie wandte sich aber gegen die Darstellung, wonach es sich um eine verlorene Generation handele. Sie forderte mehr zielgruppengerechte Angebote für die psychische Versorgung, die Sicherstellung in der ambulanten Psychotherapie und mehr Gruppentherapieangebote.

Nach Aussage von Ulrike Ravens-Sieberer, Forschungsdirektorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, zeigen Studien, dass die psychische Belastung von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie höher war als vorher. Der Lockdown habe einen deutlichen Anstieg der Belastung gebracht. Betroffen seien vor allem Kinder aus sozial benachteiligten Familien. Beobachtet worden seien vermehrt Stresssymptome und Ängstlichkeit. Helfen könnten ein gutes Familienklima und Strukturen im Alltag.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 464 vom 21.09.2022

Bundesweit stehen im kommenden Jahr deutlich weniger Kita-Plätze zur Verfügung, als benötigt werden. Insbesondere die westdeutschen  Länder können den Betreuungsbedarf von Eltern für ihre Kinder noch  nicht decken. Doch es fehlt nicht nur an Plätzen, sondern häufig auch  an einer kindgerechten Personalausstattung, gerade in Ostdeutschland. Um das zu ändern, braucht es viel mehr Fachkräfte, doch genau die fehlen. Das Problem verlangt dringend nach politischen Antworten.

In Deutschland gibt es noch immer zu wenig Kita-Plätze, um die  Nachfrage zu decken. Gemessen an den Betreuungswünschen fehlen im kommenden Jahr voraussichtlich bis zu 383.600 Plätze bundesweit: 362.400 im Westen und 21.200 im Osten. Das geht aus neuen  Berechnungen der Bertelsmann Stiftung für das aktuelle  Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme hervor. Um den  Betreuungsbedarf der Eltern zu erfüllen, müssten zusätzlich zum  vorhandenen Personal weitere 93.700 Fachkräfte im Westen und 4.900 im Osten eingestellt werden. Für diese insgesamt 98.600 Personen  würden zusätzliche Personalkosten von 4,3 Milliarden Euro pro Jahr  entstehen, von denen der Großteil (4,1 Milliarden Euro) auf die  westdeutschen Bundesländer entfiele. Hinzu kämen Betriebs- und  mögliche Baukosten für Kitas. Noch herausfordernder als die  Finanzierung wird es jedoch sein, die benötigten Fachkräfte für die  Kitas zu gewinnen. 

Um die Zahl der fehlenden Kita-Plätze in allen Bundesländern zu  ermitteln, hat die Bertelsmann Stiftung die Betreuungsquoten der Kita-Kinder im Jahr 2021 mit dem Anteil der Eltern abgeglichen, die im  gleichen Jahr in der Kinderbetreuungsstudie des Deutschen  Jugendinstituts (DJI) einen Betreuungsbedarf äußerten. Ein genauerer  Blick zeigt, dass in fast allen Bundesländern, vor allem in den  westdeutschen, die Nachfrage der Eltern nach Kita-Plätzen höher ist als der Anteil an Kindern, die 2021 betreut wurden. Der größte Mangel  besteht im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen  mit 101.600 fehlenden Kita-Plätzen, während in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen kein Platzausbau erforderlich ist. Auch in  den Stadtstaaten ist der Platzmangel unterschiedlich ausgeprägt. In  Berlin gibt es 17.000 Kita-Plätze zu wenig, was einer Unterversorgung  von rund sieben Prozent entspricht. In Bremen fehlen 5.400 (rund  dreizehn Prozent) und in Hamburg 3.700 Plätze (drei Prozent). Der Ausbaubedarf unterscheidet sich darüber hinaus nach Altersgruppe.  Den Berechnungen zufolge fehlen für unter dreijährige Kinder in  Westdeutschland rund 250.300 Kita-Plätze, in Ostdeutschland (inklusive Berlin) sind es rund 20.700. Für die Kinder ab drei Jahren  gibt es in den westdeutschen Bundesländern 112.100 Plätze zu wenig,  gegenüber 500 im Osten.

„Rechtsanspruch auf Betreuungsplatz endlich erfüllen“

„Trotz des massiven Kita-Ausbaus in den vergangenen Jahren finden noch immer zu viele Eltern keinen Platz für ihre Kinder. Das ist in  doppelter Hinsicht untragbar: Die Eltern müssen die Betreuung selbst  organisieren, während den Kindern ihr Recht auf professionelle  Begleitung in der frühen Bildung vorenthalten wird. Schon jetzt ist  abzusehen, dass sich der gesetzlich verankerte Rechtsanspruch auf  einen Platz in der Kindertagesbetreuung auch 2023 vielerorts nicht  einlösen lässt“, sagt Anette Stein, Expertin für frühkindliche Bildung  der Bertelsmann Stiftung. Seit 2013 gilt der Rechtsanspruch auf einen  Betreuungsplatz für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr, für  Kinder ab drei Jahren besteht er schon seit 1996.

Die Problemlage tritt noch deutlicher zutage, wenn auch die Qualität  der frühkindlichen Bildung verbessert werden soll. Denn noch immer  werden bundesweit 68 Prozent aller Kita-Kinder in Gruppen betreut,  deren Personalschlüssel nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen entsprechen. In Ostdeutschland trifft dies auf rund 90 Prozent der Kita-Kinder zu, doch auch im Westen ist der Anteil mit 63 Prozent zu hoch.  Damit 2023 nicht nur ausreichend Kita-Plätze zur Deckung der  Betreuungsbedarfe bereitstehen, sondern auch alle Plätze kindgerechte  Personalschlüssel aufweisen, müssten 308.800 Fachkräfte zusätzlich beschäftigt werden. Das entspräche Personalkosten von rund 13,8  Milliarden Euro jährlich.

„Die Länder und Kommunen müssen den Platzausbau jetzt mit  Nachdruck vorantreiben“, sagt Anette Stein. Zwar sieht das neue Kita-Qualitätsgesetz vor, dass der Bund 2023 und 2024 jeweils bis zu zwei  Milliarden Euro für die frühkindliche Bildung bereitstellt. Doch weil diese Mittel nicht reichen werden, sei es laut Stein unausweichlich, dass der Bund in größerem Umfang in die dauerhafte Finanzierung des Kita-Systems einsteigt. Die Bundesmittel sollten dazu eingesetzt werden, den Qualitätsausbau in Form kindgerechter Personalschlüssel voranzutreiben. Dieses Vorhaben hat die Ampelregierung im  Koalitionsvertrag vereinbart.

Arbeitsbedingungen spürbar verbessern – auch durch bessere Personalausstattung

Allerdings sind die Kosten nicht das Kernproblem. „Die größte Hürde  auf dem Weg zu genügend Plätzen und mehr Qualität in der  frühkindlichen Bildung ist und bleibt der enorme Fachkräftemangel. Es muss jetzt sehr schnell gelingen, viel mehr Personen für das Berufsfeld  zu gewinnen“, betont Stein, und verweist auf die Wechselwirkung: „Mit  mehr Personal verbessern sich die Arbeitsbedingungen für alle. Damit  steigen die Chancen, dass sich mehr Menschen für die Arbeit in einer  Kita entscheiden, und zugleich die vorhandenen Fachkräfte im Beruf  verbleiben.“ Damit mittelfristig eine bessere Personalausstattung  möglich ist, braucht es eine verbindliche Strategie, wie zukünftig mehr  und qualifiziertes Personal hinzukommen wird. Hierfür können  gesetzlich verankerte Stufenpläne hilfreich sein. Ansonsten verlieren  die Kitas ihre Attraktivität als Arbeitsplatz und können ihren  Bildungsauftrag nicht mehr erfüllen.

Es wird Zeit beanspruchen, die benötigten Fachkräfte zu gewinnen und  vor allem zu qualifizieren. Dennoch muss es bereits jetzt gelingen, das  vorhandene Kita-Personal zu entlasten. Dazu kann die zusätzliche  Beschäftigung von Hauswirtschaftskräften gehören. Vor allem aber  sollte das jetzige Aufgabenspektrum von Kitas konsequent überprüft  und priorisiert werden. Denn die Anforderungen an das Kita-Personal  sind sehr vielfältig und lassen sich mit der aktuellen  Personalbemessung nicht mehr umsetzen. „Die Politik muss  gemeinsam mit der Praxis und mit Beteiligung der Eltern die Frage  beantworten: Worauf kann verzichtet werden, ohne das Recht der  Kinder auf Bildung und gutes Aufwachsen zu verletzen?“, so Stein.

Zusatzinformationen

Für das Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme wurden  Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der  Kinder- und Jugendhilfestatistik (Stichtag 1. März 2021), des BMFSFJ  („Kindertagesbetreuung Kompakt“, 2021) und weiteren amtlichen  Statistiken ausgewertet. Die Berechnungen haben das LG Empirische  Bildungsforschung der FernUniversität in Hagen, Economix Research  & Consulting und die Bertelsmann Stiftung durchgeführt. Die Daten  und Quellen sind auf der Seite www.laendermonitor.de sowie in den
Länderprofilen unter www.laendermonitor.de/laenderprofile zu finden. Eine kompakte Darstellung der Ergebnisse bietet dazu die Online-Broschüre www.bertelsmann-stiftung.de/kitapersonal-braucht-prioritaet.

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung  vom 20.10.2022

Studie untersucht Gender Gap bei Einkommenserwartungen – Abiturientinnen gehen davon aus, dass sie mit 35 Jahren in Vollzeitjob mit Hochschulstudium fast 16 Prozent weniger Gehalt haben werden als Männer – Politik sollte unter anderem Anreize für gleichmäßigere Aufteilung von Sorgearbeit stärken, um Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit weiter zu verbessern

Bereits kurz nach dem Abitur erwarten Frauen, dass sie im Alter von 35 Jahren in einem Vollzeitjob mit Hochschulabschluss ein um 15,7 Prozent niedrigeres monatliches Nettoeinkommen haben werden als Männer. Das ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Studie, die auf Daten des Berliner-Studienberechtigten-Panels (Best Up) basiert und an der auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) beteiligt ist. Für Tätigkeiten, die eine Berufsausbildung voraussetzen, ist der Gender Gap in den Einkommenserwartungen mit 13 Prozent demnach etwas geringer. Fast die Hälfte der Unterschiede bei den Einkommenserwartungen von Frauen und Männern geht darauf zurück, dass Frauen aufgrund erwarteter familiärer Verpflichtungen mit weniger Einkommen rechnen. Obwohl sich Männer gleichermaßen ausreichend Zeit für die Familie wünschen, gehen sie im Gegensatz zu Frauen nicht davon aus, dass sie deshalb später Abstriche bei ihrem Erwerbseinkommen machen müssen.

„Dass Frauen und Männer unterschiedliche Vorstellungen von ihrem späteren Einkommen haben, mag auf den ersten Blick nicht problematisch erscheinen – doch das Gegenteil ist der Fall: Wenn Frauen beispielsweise mit geringen Erwartungen in Gehaltsverhandlungen gehen, bekommen sie womöglich tatsächlich ein niedrigeres Gehalt. Zudem können Einkommenserwartungen mit darüber entscheiden, ob sich junge Menschen nach dem Abitur überhaupt für ein Studium einschreiben. Über solche Kanäle trägt der Gender Gap bei den Einkommenserwartungen zum tatsächlichen Gender Pay Gap bei“, erklärt DIW-Ökonom Andreas Leibing aus der Abteilung Bildung und Familie im DIW Berlin.

Gemeinsam mit C. Katharina Spieß, Direktorin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), und Frauke Peter vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) hat Leibing die Angaben von 308 Frauen und 205 Männern aus dem Jahr 2014 ausgewertet. Im Rahmen von Best Up wurden Schülerinnen und Schüler an insgesamt 27 Berliner Schulen befragt.

Ausbau der Kindertagesbetreuung und mehr Frauen in Führungspositionen als Ansatzpunkte

Für das Szenario eines Vollzeitjobs mit Hochschulabschluss erwarten Frauen den Berechnungen zufolge im Durchschnitt ein monatliches Nettogehalt von 3 153 Euro. Männer hingegen rechnen mit durchschnittlich 3 740 Euro. Die Einkommensabschläge, die Frauen aufgrund ihrer Präferenz für Zeit mit der Familie erwarten, sind bei Karrieren mit einem vorausgesetzten Masterabschluss größer als mit einem Bachelorabschluss. „Dies deutet darauf hin, dass Frauen bereits nach dem Abitur davon ausgehen, eine Vollzeitarbeit eher mit einem geringen Stundenumfang ausüben zu können, und damit bestimmte Karrieren für sich von vornherein ausschließen“, vermutet Peter. Männer hingegen erwarten nicht, dass sie solche Kompromisse werden eingehen müssen.

„Wenn Frauen beispielsweise mit geringen Erwartungen in Gehaltsverhandlungen gehen, bekommen sie womöglich tatsächlich ein niedrigeres Gehalt. Zudem können Einkommenserwartungen mit darüber entscheiden, ob sich junge Menschen nach dem Abitur überhaupt für ein Studium einschreiben. “ Andreas Leibing

Wenn die Politik den Gender Pay Gap nachhaltig reduzieren wolle, müsse sie also auch die Einkommenserwartungen junger Menschen in den Fokus nehmen, schlussfolgern Leibing, Peter und Spieß. Zum einen sollte in den Schulen rechtzeitig vor dem Abitur darüber informiert werden, wie sich im späteren Arbeitsleben Familien- und Erwerbsarbeit ohne große Einkommensabschläge vereinbaren lassen. Zum anderen müsste diese Vereinbarkeit aber auch noch deutlich verbessert werden. „So sollten Anreize gesetzt werden, damit sich Frauen und Männer die Familienarbeit gleichmäßiger aufteilen“, empfiehlt Spieß. „Auch der weitere Ausbau der Kindertagesbetreuung, insbesondere im Bereich ganztägiger Angebote, muss mit Nachdruck verfolgt werden.“ Zudem seien mehr Frauen in Führungspositionen wichtig – sie könnten ein Vorbild für junge Frauen sein und zeigen, dass Karriere und Familie zusammengehen, ohne Abstriche beim Einkommen machen zu müssen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 19.10.2022

DIW-Studie liefert erstmals repräsentative Daten zu NutzerInnen von Tafeln – Rund 1,1 Millionen Menschen besuchten Tafeln im ersten Halbjahr 2020 – Drei Viertel der Befragten sind erwerbslos – Ein Viertel sind Kinder – BesucherInnen überdurchschnittlich häufig gesundheitlich beeinträchtigt – Krieg in der Ukraine und Inflation könnten Situation verschärfen

Alleinerziehende und Schwerbehinderte nutzen Tafeln besonders häufig – jeweils rund ein Drittel der TafelbesucherInnen gibt an, zu diesen Gruppen zu gehören. Das zeigt eine Studie von DIW-Wissenschaftlern, für die Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ausgewertet wurden. Der Datensatz erlaubt erstmals eine belastbare Schätzung der Zahl von TafelbesucherInnen und deren demografischer Eigenschaften, zuvor lagen keine verallgemeinerbaren Daten vor. Demnach nutzten im ersten Halbjahr 2020 knapp 1,1 Millionen Menschen in Deutschland die Tafeln, das sind etwa 1,3 Prozent der Bevölkerung. „Offenbar gibt es eine relevante Gruppe von Menschen, die mithilfe der Tafeln ihre Nahrungsmittelversorgung sicherstellen müssen“, sagt Markus M. Grabka, Studienautor und Mitglied im Direktorium des SOEP im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

Mehr als zwei Drittel der TafelbesucherInnen sind von Armut betroffen

Die größte Gruppe unter den TafelbesucherInnen sind Erwerbslose. Drei Viertel der Befragten gaben an, keiner Arbeit nachzugehen. Zu den TafelbesucherInnen gehört aber auch eine Gruppe von zwölf Prozent, die Vollzeit arbeiten. Zwei Drittel der TafelbesucherInnen beziehen ein Einkommen unterhalb der Armutsrisikoschwelle. Im Schnitt geben die TafelnutzerInnen an, über etwa die Hälfte des Durchschnittseinkommens der restlichen Bevölkerung zu verfügen. Die Lebensmittelausgaben belasten diese Gruppe – trotz Tafelbesuchs – besonders: Etwa ein Fünftel ihres Einkommens geben sie im Schnitt für Lebensmittel aus. „Die Tafeln stellen ein zunehmend wichtiges Angebot zur Bewältigung von Armut dar, sie können aber keine Dauerlösung für die Betroffenen sein“, so Jürgen Schupp, Studienautor und Senior Research Fellow im DIW Berlin.

„Die Tafeln stellen ein zunehmend wichtiges Angebot zur Bewältigung von Armut dar, sie können aber keine Dauerlösung für die Betroffenen sein.“ Jürgen Schupp

Ein Viertel der TafelbesucherInnen sind Minderjährige. Gemessen am Bevölkerungsschnitt sind SeniorInnen über 65 Jahren hingegen eher unterdurchschnittlich vertreten. Scheidung und Trennung sind häufig Auslöser finanzieller Notsituationen, dementsprechend besuchen Menschen, die solche Ereignisse erlebt haben, Tafeln überdurchschnittlich häufig. Am auffälligsten ist jedoch die Gruppe der Alleinerziehenden: Mit einer Inanspruchnahmequote von vier Prozent nimmt fast jede 20. alleinerziehende Person Tafeln in Anspruch. „Dass vor allem Familien Tafeln nutzen müssen, wirft kein gutes Licht auf die soziale Absicherung von Kindern“, so Schupp. „Die Ampelkoalition muss jetzt zügig die Kindergrundsicherung auf den Weg bringen.“

Tafeln können staatliche Armutsbekämpfung nur ergänzen, nicht ersetzen

Wer eine Tafel besucht, ist häufig von gesundheitlichen Problemen betroffen. Mehr als ein Drittel der TafelbesucherInnen gibt an, in einem „weniger guten“ oder „schlechten“ Gesundheitszustand zu sein. Zudem geben die Befragten deutlich öfter als der gesellschaftliche Durchschnitt an, sich häufig traurig zu fühlen, was auf Einschränkungen der mentalen Gesundheit hinweist.

Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine und im Zuge der Preissteigerungen werden Tafeln noch stärker beansprucht. „Die Tafeln können kein Ersatz der staatlichen Verantwortung für die Gewährung staatlicher Sozialleistungen sein; für langfristige Armutsbekämpfung müssen zudem staatliche Maßnahmen dafür sorgen, die Ursachen von Armut zu bekämpfen“, sagt Grabka. „Es wird nicht ausreichen, mit dem Grundbetrag des Bürgergeldes nur die Inflation beim Hartz-IV-Satz auszugleichen“, gibt Schupp zu bedenken. Zudem gelte es, bestehende staatliche Förderungen von Initiativen der Tafelbewegung zur Weiterentwicklung als Lotsenzentren fortzuführen und bei Bedarf auszubauen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 28.09.2022

Durch neue Preisschübe bei Haushaltsenergie und Nahrungsmitteln sowie den Wegfall von Tankrabatt und 9-Euro-Ticket hat die Inflation im September für alle Haushalte in Deutschland noch einmal deutlich angezogen, auf durchschnittlich 10,0 Prozent. Weit überdurchschnittlich belastet sind einkommensschwache Familien und, in etwas abgeschwächter Form, Alleinlebende mit niedrigem Einkommen. Gemessen an den für diese Haushaltstypen repräsentativen Warenkörben trugen Familien mit niedrigem Einkommen im September eine Inflationsbelastung von 11,4 Prozent, bei ärmeren Singles waren es 10,8 Prozent. Dagegen weisen Alleinlebende mit hohem Einkommen wie in den Vormonaten die im Vergleich geringste haushaltsspezifische Teuerungsrate auf: 8,0 Prozent. Damit hat sich die soziale Schere bei den Inflationsraten gegenüber August noch einmal deutlich geöffnet, von 2,1 auf 3,4 Prozentpunkte. Das ist der höchste in diesem Jahr gemessene Wert und liegt daran, dass die größten Preistreiber – Haushaltsenergie und Lebensmittel – bei den Einkäufen von Haushalten mit niedrigen bis mittleren Einkommen einen größeren Anteil ausmachen als bei wohlhabenden. Auch Alleinerziehende und Familien mit jeweils mittleren Einkommen hatten mit 10,4 Prozent bzw. 10,2 Prozent etwas überdurchschnittliche Teuerungsraten zu tragen, während kinderlose Paare und Alleinlebende mit jeweils mittleren Einkommen mit 9,9 Prozent sehr nahe am allgemeinen Durchschnitt lagen. Familien und Alleinlebende mit jeweils höheren Einkommen wiesen unterdurchschnittliche Raten von 9,3 bzw. 9,5 Prozent auf (siehe auch die Abbildung der pdf-Version dieser PM, Link unten, und die Informationen zur Methode unten). Das ergibt der IMK Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, der monatlich die spezifischen Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen liefert.*

„Die spezifischen Inflationsraten zeigen, dass Haushalte mit geringeren Einkommen durch den Preisanstieg bei Haushaltsenergie überproportional belastet sind und sich hier auch die Verteuerung der Nahrungsmittel stärker niederschlägt“, erklären Dr. Silke Tober und Prof. Dr. Sebastian, die den Monitor erstellen. So schlugen bei Familien mit zwei Kindern und niedrigem Einkommen diese beiden Gütergruppen des täglichen Grundbedarfs mit 7,2 Prozentpunkten auf die haushaltsspezifische Inflationsrate von 11,4 Prozent durch, bei einkommensschwachen Alleinlebenden machten sie sogar 7,9 Prozentpunkte der 10,8 Prozent spezifische Teuerung aus. Bei einkommensstarken Alleinlebenden entfielen darauf hingegen lediglich 3,3 Prozentpunkte von insgesamt 8,0 Prozent. Bei diesen Haushalten sorgten dagegen die im Vorjahresvergleich ebenfalls erheblichen Preisanstiege bei Pauschalreisen, Gaststättendienstleistungen oder Wohnungsinstandhaltung für höhere Ausgaben. Erheblich von den Preissprüngen bei Lebensmitteln und Haushaltsenergie betroffen waren auch Familien mit mittleren Einkommen, bei denen diese Komponenten 5,3 Prozentpunkte von 10,2 Prozent Teuerungsrate ausmachten. Zusätzlich schlugen bei Familien mit mittleren und niedrigen Einkommen auch die Kostensteigerungen für Kraftstoffe und öffentlichen Verkehr nach Auslaufen von Tankrabatt und 9-Euro-Ticket spürbar zu Buche.

Das Problem, dass Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen aktuell auch noch besonders hohe Inflationsbelastungen tragen, wird dadurch verschärft, dass vor allem Ärmere grundsätzlich besonders unter starker Teuerung leiden, unterstreichen Tober und Dullien: Die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, sind kaum zu ersetzen. Zudem besitzen diese Haushalte kaum Spielräume, ihr Konsumniveau durch Rückgriff auf Erspartes aufrecht zu erhalten.

Gaspreisbremse: Politik muss Prüfauftrag für Obergrenze bei Entlastung ernst nehmen

Umso wichtiger sind nach Analyse der Inflationsexpertin und des wissenschaftlichen Direktors des IMK die Stabilisierung von Einkommen und die staatliche Entlastungspolitik. Die von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen gingen, insbesondere nach den durch das 3. Entlastungspaket vorgenommenen Ergänzungen, „weitgehend in die richtige Richtung“, konstatieren Tober und Dullien. So komme die Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro, die Erwerbstätige im September erhalten haben, und die im Dezember an Menschen im Ruhestand und andere zuvor ausgelassene Gruppen gezahlt wird, insbesondere Haushalten mit niedrigerem Einkommen zugute, da sie versteuert werden muss. Dasselbe gilt für die Pauschalen, die für Kinder gezahlt wurden.

Die Vorschläge der Gaskommission für eine Gaspreisbremse sind für die Forschenden ein wichtiger Baustein, um weitere deutliche Preisschübe in den kommenden Monaten zumindest in wichtigen Teilen abzufangen. Auch die Senkung der Mehrwertsteuer auf Erdgas und der Verzicht auf die Gasumlage lassen Tober und Dullien – bei allen Unwägbarkeiten durch weitere Eskalationen im Ukraine-Krieg – etwas optimistischer auf den weiteren Inflationsverlauf schauen als noch vor einem Monat.

Dabei ist die Gaspreisbremse in der derzeit diskutierten Form nach Analyse von IMK-Direktor Dullien insgesamt „ein großer Beitrag, um über den Winter Zahlungsausfälle und finanzielle Not bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein zu verhindern“. Der Staat würde im Schnitt etwas mehr als 40 Prozent der Heizrechnung übernehmen, wenn Haushalte weiter so Gas verbrauchen wie im Vorjahr. Diese prozentuale Entlastung ist unabhängig vom Gasverbrauch und Einkommen, und gilt damit für Menschen in einer 60-Quadratmeter-Wohnung genauso wie für jene mit einem alten, schlecht isolierten Haus auf dem Land.

Die vorgeschlagene prozentuale Übernahme der Heizkosten basierend auf dem üblichen Verbrauch durch den Staat bedeute allerdings auch, dass Haushalte mit hohem Verbrauch und hoher Heizrechnung in Euro gerechnet stärker entlastet werden als Haushalte mit niedrigem Verbrauch. Und während es auch bei Geringverdienenden Haushalte mit hohem Gasverbrauch gibt, kommt das in den oberen Einkommensdezilen mit durchschnittlich größeren Wohnflächen häufiger vor. Wenn die Entlastung ohne Obergrenze geschehe, erhielten Besitzer von großen Luxusimmobilien Entlastungsbeträge, die im Extremfall den Durchschnitt um ein Mehrfaches übersteigen könnten.

Da Energieversorger aktuell gar nicht wissen, ob hinter einem Anschluss beispielsweise eine Villa mit Privatschwimmbad oder ein Mehrfamilienhaus mit 10 Mietparteien steckt, sei dieses Problem administrativ nicht einfach zu lösen, betont Dullien. Schon gar nicht bei dem enormen Zeitdruck, unter dem die Gaskommission arbeiten musste. Die Kommission habe die Problematik aber erkannt und deshalb einen deutlichen Prüfauftrag an die Bundesregierung gegeben, wie man die Entlastung zumindest bei Haushalten mit extremem Energieverbrauch begrenzen kann. Eine im Kommissionsbericht genannte Möglichkeit wäre eine Höchstzahl an Kilowattstunden, die als subventioniertes Grundkontingent gutgeschrieben werden. Das empfehlen auch Tober und Dullien: Eine mögliche Schieflage sollte „unbedingt dadurch korrigiert werden, dass Obergrenzen eingezogen werden, die nur dann durchlässig sind, wenn nachgewiesen wird, dass es sich bei dem Anschluss um einen Anschluss mehrerer Wohnungsparteien handelt.“

Informationen zum Inflationsmonitor

Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich.

Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung  vom 18.10.2022

  • Hoher Anteil von Personen aus Alleinerziehenden-Haushalten und Alleinlebenden in den unteren Einkommensgruppen
  • Rund die Hälfte aller Personen im Ruhestand mit Nettoäquivalenzeinkommen unter 22 000 Euro im Jahr
  • Fast ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland konnte 2021 größere, unerwartet anfallende Ausgaben nicht bestreiten

Die Einführung einer Strompreisbremse, die Erhöhung des Kindergeldes, Einmalzahlungen für Studierende sowie Rentnerinnen und Rentner und ein höheres Wohngeld für mehr Berechtigte – die Bundesregierung hat im Rahmen des dritten Entlastungspaketes eine Vielzahl von Maßnahmen beschlossen. Profitieren sollen davon insbesondere Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, stand nach Ergebnissen der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) 2021 einem Fünftel der Bevölkerung in Deutschland ein jährliches Nettoäquivalenzeinkommen von unter 16 300 Euro zur Verfügung. Beim Äquivalenzeinkommen handelt es sich um ein um Einspareffekte in Mehrpersonenhaushalten bereinigtes Pro-Kopf-Einkommen. Einkommensreferenzjahr ist das Vorjahr der Erhebung. So hatten zwei Fünftel (40 %) der Bevölkerung ein Nettoäquivalenzeinkommen von unter 22 000 Euro im Jahr. Auf der anderen Seite hatten zwei Fünftel (40 %) der Bevölkerung ein Einkommen von 28 400 Euro und mehr.

Alleinerziehenden-Haushalte überdurchschnittlich oft in unteren Einkommensgruppen

Zu den 40 % der Bevölkerung mit den geringsten Einkommen zählen überdurchschnittlich oft Personen aus Alleinerziehenden-Haushalten. Fast zwei Drittel (64,6 %) von ihnen verfügten 2021 über ein Nettoäquivalenzeinkommen von weniger als 22 000 Euro im Jahr, bei gut einem Drittel (33,2 %) betrug es weniger als 16 300 Euro. Ähnliches gilt für Personen in Haushalten mit zwei Erwachsenen und drei oder mehr Kindern: 57,7 % der Personen dieser Haushalte hatten ein Nettoeinkommen von weniger als 22 000 Euro im Jahr. Für Personen in Haushalten mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern bzw. einem Kind traf das auf 36,0 % bzw. 29,7 % zu.

Jede zweite alleinlebende Person mit Einkommen unter 22 000 Euro

Auch bei Personen, die ohne Kinder lebten, zeigen sich hinsichtlich der Einkommensverteilung deutliche Unterschiede zwischen den Haushaltstypen: So zählte 2021 mehr als die Hälfte (53,2 %) der alleinlebenden Erwachsenen zur Bevölkerung mit einem Einkommen von unter 22 000 Euro im Jahr. Knapp ein Drittel (32,2 %) der Alleinlebenden verfügte über ein Einkommen von weniger als 16 300 Euro und war demnach der untersten Einkommensgruppe zuzurechnen. Personen in Haushalten, in denen zwei bzw. drei oder mehr Erwachsene zusammenlebten, ließen sich hingegen häufiger den zwei oberen der fünf Einkommensgruppen zuordnen (49,0 % bzw. 55,7 %). Zu den obersten 40 % der Einkommensverteilung gehören Personen mit mindestens 28 400 Euro Nettoeinkommen im Jahr und zu den obersten 20 % diejenigen mit mindestens 38 100 Euro.

Rund die Hälfte aller Personen im Ruhestand mit Einkommen unter 22 000 Euro

Bei der Betrachtung der Einkommensverteilung nach der sozialen Stellung zeigt sich, dass die Hälfte (50,1 %) der Personen im Ruhestand im Jahr 2021 ein Nettoeinkommen von unter 22 000 Euro hatte, fast ein Viertel (24,6 %) verfügte über weniger als 16 300 Euro. Bei Studierenden, Schülerinnen und Schüler ab 16 Jahren lag der Anteil bei 55,4 % bzw. 35,6 %.

Bei Arbeitslosen und anderen nichterwerbstätigen Personen ab 16 Jahren gab es mit 77,1 % bzw. 58,3 % einen noch höheren Anteil in den zwei untersten Einkommensgruppen. Mehr als jede zweite arbeitslose Person (54,7 %) zählte zudem zu den 20 % der Bevölkerung mit den geringsten Einkommen. Bei den abhängig Erwerbstätigen sowie Selbstständigen gehörte hingegen gut die Hälfte (52,8 % bzw. 52,1 %) zu den zwei einkommensstärksten Gruppen der Bevölkerung.

3,7 % der Bevölkerung in Deutschland im Zahlungsverzug bei Versorgungsbetrieben

Insbesondere der Belastung durch stark steigende Energiepreise sollen die Maßnahmen des dritten Entlastungspaketes der Bundesregierung entgegenwirken. Im Jahr 2021 lebten 3,7 % der Bevölkerung in Deutschland in Haushalten, die bei Rechnungen von Versorgungsbetrieben wie etwa Strom- oder Gasanbietern im Zahlungsverzug waren. Der Anteil in Deutschland war geringer als beispielsweise im Nachbarstaat Frankreich, wo er 7,1 % betrug. Das geht aus Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat hervor. In den Niederlanden waren mit 1,2 % dagegen vergleichsweise wenige Personen bei der Begleichung von Rechnungen für Versorgungsleistungen im Rückstand.

Fast ein Drittel der Bevölkerung hierzulande kann ungeplante Ausgaben nicht bestreiten

Deutlich höher fiel 2021 der Anteil der Personen aus, die in Haushalten lebten, welche aufgrund der finanziellen Situation nicht dazu in der Lage waren, größere, unerwartet anfallende Ausgaben aus eigenen Finanzmitteln zu bestreiten. In Deutschland traf dies im Jahr 2021 auf fast ein Drittel (31,9 %) der Bevölkerung zu. Niedriger fiel der Anteil etwa in Frankreich aus: Hier konnten 27,6 % der Bevölkerung für ungeplante Ausgaben nicht eigenständig aufkommen. In den Niederlanden lag der Anteil mit 15,1 % hingegen wesentlich niedriger. In Rumänien, Kroatien, Griechenland, Zypern und Lettland verfügten jeweils mehr als 40 % der Bevölkerung nicht über ausreichende finanzielle Rücklagen für ungeplante größere Ausgaben. Als unerwartet anfallende Ausgabe galt in jedem Staat in Abhängigkeit vom Einkommensniveau eine andere Summe. In Deutschland ging es um unerwartete Ausgaben in Höhe von 1 150 Euro oder mehr.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 05.10.2022

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Der Bundestag befasst sich in seiner heutigen Sitzung mit dem Wohngeld-Plus-Gesetz. Dazu erklärt Michael Groß, Präsident der AWO:

„Die Wohngeldreform ist eine wichtige Maßnahme zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts in unserer Gesellschaft. Dadurch werden gezielt Menschen mit niedrigen Einkommen oberhalb der Grundsicherungssysteme unterstützt, die sich angesichts der massiv steigenden Preise bisher von der Politik vergessen gefühlt haben. Was wir jetzt nicht brauchen, sind Sozialneid und ein Gegeneinander-Ausspielen von Leistungsberechtigten in der Grundsicherung und Menschen mit niedrigen Einkommen. Stattdessen müssen wir solidarisch durch diese Krise und dürfen niemanden zurücklassen. Die Ausweitung des Berechtigtenkreises im Wohngeld und die Einführung einer dauerhaften Heiz- und Klimakostenkomponente sind prinzipiell geeignete Mittel hierfür.“

Mit Sorge betrachtet die AWO jedoch die langen Wartezeiten bis zur Bewilligung der Leistung. Das Gesetz sieht zwar die Möglichkeit zur vorläufigen Zahlung des Wohngeldes vor, im Falle der späteren Nicht-Bewilligung droht jedoch die Rückforderung der geleisteten Zahlungen. Dies schreckt Menschen mit geringen Einkommen von einer Beantragung der Leistung ab und verschärft das Problem der sowieso geringen Nicht-Inanspruchnahme im Bereich des Wohngeldes weiter. Stattdessen müssten aus Sicht der AWO dringend Mittel für Personalaufstockungen in den gewährenden Stellen bereitgestellt werden und mehrsprachige und für jeden verständliche Informationskampagnen zur intensiven Bewerbung des Wohngeldes folgen.

Unabhängig von den zu begrüßenden Entlastungen durch das neue Wohngeld verweist die AWO auf den weiter bestehenden enormen Handlungsbedarf in der Wohnungspolitik: „Das Wohngeld entlastet zwar viele Haushalte, die schon vor der Inflation mit den steigenden Mieten zu kämpfen hatten“, so Michael Groß weiter, „doch löst das Wohngeld-Plus Gesetz nicht das Problem der seit Jahren horrend steigenden Mieten. Die Bundesregierung muss daher unverzüglich dafür sorgen, dass Mieten durch eine starke Mietpreisbremse begrenzt werden. Und: Das Angebot im sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau muss massiv vergrößert werden. Wohnen ist ein Menschenrecht und Wohnraum kein Renditeobjekt!“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 13.10.2022

Am Mittwoch, den 19.10.2022, laden die AWO-Präsident*innen Kathrin Sonnenholzner und Michael Groß zum Pressegespräch, um die Ergebnisse ihrer Deutschlandreise zu sozialen Einrichtungen und Diensten vorzustellen und Forderungen an die Politik darzulegen.

Die AWO-Präsident*innen waren angesichts von Inflation und Energiekrise seit August auf Reisen zu Einrichtungen und Beratungsstellen in ganz Deutschland, um sich vor Ort ein Bild von der Lage der Menschen und der Situation der sozialen Infrastruktur zu machen. Ihr Resümee ist ernüchternd:

Armut in Deutschland ist in der Infrastruktur, im öffentlichen Raum, in Einrichtungen und in den Quartieren erlebbar und sichtbar. Besonders im Zuhause vieler Millionen Menschen in einem der reichsten Länder der Erde ist Armut mit ihren Konsequenzen für den Alltag allgegenwärtig.

Bei immer mehr Menschen reicht das Geld nicht bis zum Ende des Monats, viele unverzichtbare Anlaufstellen stehen unter steigendem Druck – weil die Fachkräfte seit Jahren am Limit arbeiten, weil immer neue Herausforderungen dazu kommen, und weil die Teuerungen auch die Träger an die Grenze des finanziell Machbaren bringen.

Ohne das schnelle und entschlossene Handeln der Politik sind sozialer Zusammenhalt und Frieden ernstlich in Gefahr. Welche Schritte aus Sicht der AWO nun zwingend notwendig sind, dazu sprechen Kathrin Sonnenholzner und Michael Groß zur Abschlusskonferenz.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 12.10.2022

Die Frauenhauskoordinierung e. V. (FHK) feiert am morgigen 5. Oktober mit einem Festakt ihr 20-jähriges Bestehen und damit ihren engagierten und beharrlichen Einsatz gegen geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen. Dazu erklärt Selvi Naidu, Mitglied des AWO Bundesvorstandes:

„Der Einsatz für den Abbau von Gewalt gegen Frauen und für die Verbesserung der Hilfen für misshandelte Frauen und deren Kinder wird leider auch weiterhin notwendig sein. Seit Jahren wird ein Anstieg geschlechtsspezifischer Gewalt in sozialen Nahbeziehungen verzeichnet, der sich in den allermeisten Fällen gegen Partnerinnen, Ehefrauen und Ex-Partnerinnen richtet. Mit im Haushalt lebende Kinder sind dabei immer Mitbetroffene der Gewalt.“

Es fehlt nach wie vor für viele gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder der Zugang zu Schutz und Hilfe ohne Hürden. Sei es räumlich, finanziell oder weil spezifische Problemlagen vorliegen: Gewaltbetroffene Frauen können sich oftmals nach wie vor nicht aus der gefährlichen Gewaltsituationen in der Partnerschaft und/oder Familie retten. Um hier Verbesserungen für das Hilfe- und Unterstützungssystem zum Schutz vor häuslicher Gewalt  zu erzielen, braucht es endlich einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen zur Finanzierung des Hilfesystems und die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Schutz und Hilfe bei geschlechtsspezifischer Gewalt.

„Es dürfen nicht wieder ungenutzte Jahre vergehen, bis es hier zur nachweislichen Absicherung der Gewaltschutzinfrastruktur und somit zur Verbesserung des notwendige Schutzes und Hilfe für gewaltbetroffene Frauen kommt“, so Selvi Naidu, „Wir erwarten, dass in dieser Legislaturperiode endlich entscheidende bundesgesetzliche Verbesserungen auf den Weg gebracht und verabschiedet werden, die für eine nachhaltige Verbesserung in Frauenhäusern und Fachberatungsstellen sorgen und somit für gewaltbetroffene Frauen“.

Der Frauengewaltschutz wurde in vielen Jahrzehnten mit hohem persönlichem Engagement insbesondere von Frauen für Frauen aufgebaut. Neue Herausforderungen im Kontext von Partnerschaftsgewalt wie Digitale Gewalt und die zunehmende Sichtbarkeit der vielfältigen Bedarfe von Frauen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen, wohnungslosen Frauen oder Frauen mit Flucht- und Migrationserfahrungen brauchen umgehend passende Lösungen und professionelle Hilfeangebote.

Die AWO als Teil des bundesweiten Gewaltschutznetzes bietet in mehr als 40 Frauenhäusern und  Schutzwohnungen sowie in mehr als 35 Frauenberatungsstellen Unterkunft, Notfallhilfe, telefonische und digitale Beratung sowie Begleitung an.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 04.10.2022

Anlässlich des Internationalen Tags für einen sicheren Schwangerschaftsabbruch fordert der AWO Bundesverband die Bundesregierung auf, die in diesem Jahr mit der Streichung des §219a StGB begonnenen Reformen fortzusetzen und die stetige Verschlechterung der medizinischen Versorgungslage für ungewollt schwangere Personen in Deutschland zu stoppen.

Aus Sicht der AWO geht das nur über die Abschaffung des §218 StGB und eine gesetzliche Neuregelung, die einen wohnortnahen und qualitativ hochwertigen Zugang zu sicheren und legalen Schwangerschaftsabbrüchen sichert. Dazu erklärt Selvi Naidu, Vorstandsmitglied des AWO Bundesverbandes:

„Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat in diesem Jahr erneut festgestellt, dass Abtreibungsverbote oder Einschränkungen wie eine Pflichtberatung oder Wartezeiten nicht dazu führen, dass weniger Abbrüche durchgeführt werden. Sie erhöhen stattdessen die medizinischen Risiken für die Betroffenen. Jährlich sterben immer noch rund 39.000 Frauen weltweit an den Folgen von unsachgemäß durchgeführten Abtreibungen.“

Auch in Deutschland ist der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen durch die seit 1871 bestehende Gesetzeslage eingeschränkt. Seit 2003 hat sich die Zahl der Kliniken und Praxen, die Abbrüche vornehmen, im bundesweiten Durchschnitt fast halbiert. Eine bundesweit einheitliche, niedrigschwellig zugängliche und qualitativ hochwertige Versorgung nach neuesten medizinischen Standards ist so nicht gewährleistet, wie auch eine umfangreiche Recherche des Magazins correctiv im Frühjahr zeigte.

„Das Recht, im Laufe des Lebens selbst darüber zu entscheiden, ob und wie viele Kinder ein Mensch bekommen möchte, ist aus unser Sicht zentral für eine freie und geschlechtergerechte Gesellschaft. Selbstbestimmte Familienplanung schließt daher auch sexuelle und reproduktive Rechte wie das Recht auf einen legalen und sicheren Schwangerschaftsabbruch ein. Das Totalverbot in Polen und die dramatische Lage in den USA sollten dazu führen, dass wir in Deutschland in die andere Richtung gehen und eine menschenrechtskonforme und evidenzbasierte Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen einführen“, führt Selvi Naidu weiter aus.

Die AWO setzt sich gemeinsam mit ihren bundesweit vorhandenen Schwangerschaftsberatungsstellen für die Verwirklichung der sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen ein. Sie kämpft für umfassende sexuelle Bildung und Aufklärung und gute Beratung, eine bundesgesetzliche Regelung für die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln für alle Geschlechter sowie eine gesetzliche Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafgesetzbuches.

Weitere Informationen zur Schwangerschaftsberatung der AWO: www.awo-schwanger.de

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 28.09.2022

Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt fordert zum heutigen Europäischen Tag der pflegenden Angehörigen, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben zur Entlastung pflegender Angehöriger unmittelbar umzusetzen.

Von derzeit 4,1 Mio. pflegebedürftigen Menschen werden 3,3 Millionen zu Hause versorgt, davon wird bei 2,1 Millionen Pflegebedürftigen die Pflege allein durch Angehörige übernommen. Damit sind pflegende Angehörige – zumeist Frauen – eine tragende Säule der pflegerischen Versorgung in Deutschland: Ohne sie würde das Pflegesystem unmittelbar zusammenbrechen. Auch europaweit werden viele Menschen zu Hause von ihren meist weiblichen Angehörigen gepflegt. Die Europäische Kommission schätzt, dass fast 8 Millionen Frauen in der EU aufgrund unbezahlter Pflege- und Betreuungstätigkeit nicht berufstätig sein können. Pflegende Angehörige sind auch in Deutschland häufig armutsbedroht.

Dazu erklärt Kathrin Sonnenholzner, Vorsitzende des Präsidiums der Arbeiterwohlfahrt: „Der Koalitionsvertrag hatte gute Ansätze zur Unterstützung und Entlastung pflegender Angehöriger vorgesehen. Einer davon betrifft die regelhafte Dynamisierung des Pflegegeldes ab 2022. Passiert ist aktuell im vierten Quartal des Jahres nichts. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Bundesregierung mit Verweis auf die aktuelle Krisenlage die wichtigen Vorhaben des Koalitionsvertrages in der Pflege einfach fallen lässt. Gerade in dieser unsicheren und finanziell stark belastenden Krisensituation brauchen pflegende Angehörige die zugesagte finanzielle Unterstützung und den Ausbau von Entlastungsangeboten.“

Das sogenannte Pflegegeld, ein gesetzlich festgeschriebener Betrag, der pflegenden Angehörigen zusteht, wurde seit 2017 nicht mehr angehoben – gerade angesichts der derzeitigen Preissteigerungen reicht es nun bei Weitem nicht mehr aus. „Pflege darf pflegende Angehörige, die ihre Erwerbstätigkeit zugunsten der Pflege An- und Zugehöriger aufgeben, nicht in Armut bringen. Sie darf die Pflegenden auch nicht überfordern und letztlich selbst krank und pflegebedürftig machen. Pflege ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die AWO setzt sich daher für eine Reform der Pflegeversicherung hin zu einer solidarischen Bürgerversicherung ein, die die Finanzierung von Pflege zukunftsfest und solidarisch auf eine breite Basis stellt. Nur so können die Vorhaben und Projekte des Koalitionsvertrages überhaupt durch die Soziale Pflegeversicherung finanziert werden. Das Argument leerer Pflegekassen lassen wir insofern nicht gelten“, so Brigitte Döcker, Vorstandsvorsitzende  des AWO Bundesverbands.

Die jüngst veröffentlichte Europäische Pflegestrategie stellt fest, dass pflegende Angehörige nicht nur finanziell, sondern auch durch Schulungen, Beratung und psychologische und finanzielle Hilfen besser unterstützt werden sollten (https://awo.org/eu-pflegestrategie).

Der Ausbau von Entlastungsangeboten wie der Tages- und Kurzzeitpflege sowie flexiblere Arbeitszeitmodelle und eine Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige analog des Elterngeldes stehen jedoch weiterhin aus. Zudem sollten bürokratische Zugangswege für Leistungsbeanspruchungen wie für Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen, aber auch regelmäßige gesundheitsfördernde Aktivitäten erleichtert und unterstützt werden. Um kontinuierliche und frühzeitige Hilfen zu bekommen, wäre darüber hinaus ein einheitliches und unabhängiges Beratungsangebot als Bürgerservice in kommunaler Trägerschaft nötig.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 26.09.2022

Der Bundesausschuss der Arbeiterwohlfahrt hat am Wochenende in Magdeburg die Bundesregierung dazu aufgefordert, den sozialen Zusammenhalt im Land stärker in den Blick zu nehmen.

„Es fehlen aktuell wichtige Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Landes – Das setzt den Zusammenhalt unserer Gesellschaft aufs Spiel“, erklärt Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt. „Wir können nicht akzeptieren, dass vor dem Hintergrund der Schuldenbremse der soziale Bereich kaputt gespart wird. Die Schuldenbremse ist ökonomischer Unfug und muss abgeschafft, mindestens aber ausgesetzt werden. Der Staat muss antizyklisch handeln können“, so Groß.

Zusätzlich hält die AWO vor dem Hintergrund der wachsenden sozialen Aufgaben ein festes, prozentuales Ziel vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) für Verteidigungsausgaben für falsch und befürchtet, dass so weitere Kürzungen begründet werden sollen. Während die Bundesregierung sich für Verteidigungsausgaben das Ziel von 2% am BIP gesetzt hat, befürchtet die AWO massive Kürzungen in sozialen Bereichen – von der Arbeitsmarktförderung bis zur Migrationsberatung.

Viele Menschen erleben täglich stark steigende Preise für Lebensmittel und Energie, sie haben Angst vor einem weiteren Auseinanderdriften unserer Gesellschaft. Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung besitzen in Deutschland die reichsten 10% der Gesellschaft über 62%, die untersten 60% aber insgesamt nur etwas über 3% des Vermögens. „Jetzt Einsparungen vorzunehmen, anstatt Krisengewinner zur Kasse zu bitten, ist absurd. Die Bundesregierung muss zeigen, dass sie handlungsfähig ist, und in die soziale Infrastruktur investieren! Soziale Sicherheit und Verteidigungspolitik dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Das muss auch der Bundesfinanzminister einsehen“, erklärt Groß abschließend.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 26.09.2022

Die Gleichstellungsbeauftragte des Präsidiums der Arbeiterwohlfahrt, Helga Kühn-Mengel, hat heute den zweiten verbandlichen Gleichstellungsbericht vorgestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass bereits innerhalb von vier Jahren konkrete Fortschritte hin zu mehr Vielfalt erzielt werden konnten. Dazu erklärt Kühn-Mengel:

„Der Bericht bestätigt, dass ernst gemeinte gleichstellungspolitische Vorhaben erfolgreich sind: In nur wenigen Jahren ist es gelungen, mehr Geschlechtergerechtigkeit und Vielfalt in der AWO in ganz Deutschland zu schaffen. So ist der Frauenanteil bei den Einrichtungsleitungen deutlich gestiegen und Gleichstellungsinstrumente werden in den Landes- und Bezirksverbänden der AWO verstärkt eingesetzt. Das macht uns stolz. Gleichzeitig sehen wir auch: Es gibt noch viel zu tun. Beispielsweise sind Frauen in Führungspositionen ab dem mittleren Management noch deutlich unterrepräsentiert – ein Hinweis darauf, dass die „Gläserne Decke“ auch hier wirkt. Das wollen und werden wir jetzt angehen.“

Selvi Naidu, Mitglied des AWO Bundesvorstandes, ergänzt: „Der Bericht ist auch ein wichtiges Signal dafür, dass wir innerverbandliche Gleichstellung mit verstärkten Kräften fortsetzen werden. Schließlich sind die Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit und Vielfalt in den eigenen Strukturen eine wichtige Voraussetzung, um den Verband mit seinen gesellschaftlich unverzichtbaren Angeboten und sozialen Dienstleistungen zukunftsfähig aufzustellen. Grundlegende Voraussetzung dafür sind die Anerkennung und Berücksichtigung der unterschiedlichen Ausgangslagen und Bedürfnisse der Beschäftigten und der Schutz vor Diskriminierung.“

Dafür wurden aus dem Bericht Handlungsempfehlungen abgeleitet. Dazu gehören z. B. die Stärkung der Gender- und Vielfaltskompetenz von Beschäftigten und insbesondere Führungskräften, die geschlechtergerechte und vielfaltssensible Gestaltung von Stellenausschreibungen und Auswahlverfahren sowie die Etablierung neuer Führungsmodelle wie Führen in Teilzeit und Top-Sharing.

Ein Meilenstein für die innerverbandliche Gleichstellung war der erste Gleichstellungsbericht der Arbeiterwohlfahrt. Er lieferte 2018 kurz vor dem 100-jährigen Verbandsjubiläum erstmals eine solide Datengrundlage zum Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern in der AWO und erste Zahlen zur Vielfalt in der Belegschaft. Der Bericht bildete den Auftakt für eine intensive Auseinandersetzung im gesamten Verband. Mit dem 2. Gleichstellungsbericht für das Hauptamt der Arbeiterwohlfahrt setzt der Verband die Berichtserstattung fort.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 24.09.2022

Ob bei den Lebensmitteln, den Energiekosten, der Miete oder anderen Ausgabeposten: Die Preise steigen in hohem Tempo. Besonders für diejenigen, die schon vor der Krise finanziell nicht über die Runden gekommen sind, prekär Beschäftigte, arme Rentner*innen und Bezieher*innen von Grundsicherungsleistungen, ist die Aussicht auf Herbst und Winter äußerst düster. Viele Menschen  fürchten, bald ganz ohne Heizung und Strom dazustehen oder am Ende des Monats hungern zu müssen. Die bisher von der Bundesregierung geplanten Entlastungen ändern daran wenig, sie sind völlig unzureichend. Den größten Anteil beim jüngsten Entlastungspaket hat zudem die geplante Steuerentlastung, von der der Chefarzt achtmal so stark profitiert wie die Kassiererin.

Wir fordern eine armutsfeste und repressionsfreie Grundsicherung

Das geplante „Bürgergeld“ setzt trotz kleiner Verbesserungen Hartz IV als System der Verarmung und der Angst weiter fort. Daran ändert auch die zum 1.1.2023 angekündigte Anpassung der Regelsätze an die Inflation der letzten Monate wenig. 502 statt 449 Euro für eine alleinstehende Person sollen die Menschen in der Grundsicherung über den Monat bringen. Doch das ist bei weitem nicht genug. Die Anpassung kommt viel zu spät und geht von einem kleingerechneten Ausgangswert aus, der schon jetzt nicht zum Leben reicht. Auf den Tag gerechnet steht Betroffenen so sehr wenig Geld zu,  von dem sie dann Lebensmittel, Strom, Kleidung, Schuhe, Anschaffung von Möbeln, und vieles andere bezahlen sollen – sofern das Jobcenter nicht schon etwas davon für ein vorheriges Darlehen o. ä. aufrechnet. Für Lebensmittel bleiben so rechnerisch knapp 6 Euro pro Tag übrig.   Dass das reicht, glauben offenbar nicht einmal die Leitungen der Jobcenter mehr, die von NRW haben schon Anfang 2022 in einem offenen Brief eine sofortige Erhöhung der Regelsätze um 100 Euro verlangt!

Wir fordern konkret:

  • Die Regelsätze müssen auf mindestens 678 Euro ab 2023 erhöht werden. Bis dahin ist ein sofortiger monatlicher Zuschlag von mindestens 150 Euro notwendig.
  • Der Strom muss zusätzlich zum Regelsatz übernommen werden.
  • Bei massiven Preissteigerungen muss der Regelsatz zügig angeglichen werden.
  • Die Wohnkosten einschließlich Heizkosten müssen für alle Grundsicherungsempfänger*innen vollständig in tatsächlicher Höhe übernommen werden.
  • Der Regelsatz soll das Existenzminimum sichern und Teilhabe ermöglichen. Leistungskürzungen wie zum Beispiel Sanktionen müssen deshalb ausgeschlossen werden.

Es reicht!

 Das „Bündnis AufRecht bestehen“ will die Unzufriedenheit und die Wut vieler Menschen bei einem dezentralen Aktionstag unter dem Motto „Bürgergeld: Für eine armutsfeste und repressionsfreie Grundsicherung“ klar zum Ausdruck bringen. Bisher haben bereits Gruppen in Berlin, Bonn, Dortmund, Herne, Koblenz, Kaiserslautern, Münster, Oldenburg und Wolfsburg verschiedene Aktivitäten angekündigt, die vor allem am 14.Oktober stattfinden sollen. Wir sind sicher, dass noch mehr dazu kommen. Eine Übersicht, wo etwas stattfindet, gibt es hier: https://www.erwerbslos.de/aktivitaeten/792-uebersicht-ueber-bisher-geplante-aktionen-rund-um-den-aktionstag-14-10-2022

Quelle: Pressemitteilung Das Bündnis ‚AufRecht bestehen‘ vom 10.10.2022

„Bundesratsempfehlungen weichen Regierungsentwurf entscheidend auf“ 

Das Bündnis für ein „Kita-Qualitätsgesetz”, das der AWO-Bundesverband, der KTK-Bundesverband und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) tragen, stellt fest, dass die Empfehlungen zum Entwurf des Zweiten Kita-Qualitätsgesetzes (Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung) „weit hinter den Qualitätsanforderungen zurückbleiben“. Die Empfehlungen sollen am Freitag im Bundesrat beraten werden. Der Ende August veröffentlichte Entwurf der Bundesregierung beinhalte hilfreiche Ansätze, um die Qualität in der Kindertagesbetreuung bundesweit zu verbessern. Er könne aber nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einem echten Qualitätsgesetz sein. Die nun diskutierten Änderungsempfehlungen aus der Länderkammer „weichen das Regierungspapier entscheidend auf“.

„Die Haltung einzelner Länder und Kommunen ist ein Rückschritt im Qualitätsdialog für eine zukunftsfähige frühkindliche Bildung”, sagt Doreen Siebernik, GEW-Vorstandsmitglied für Jugendhilfe und Sozialarbeit, am Donnerstag in Frankfurt a.M. „Seit Jahren hat das Qualitätsbündnis darauf gedrängt, den Fokus auf bildungspolitische Qualitätsaspekte zu legen. Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Bund in der kommenden Periode genau das in den Blick nehmen will”, so Siebernik weiter „Die Forderung der Länder, weiter auch in Beitragsfreiheit der Eltern statt in Maßnahmen in Handlungsfeldern von vorrangiger Bedeutung investieren zu dürfen, geht in die völlig falsche Richtung. Damit verabschieden sich einzelne Länder von der Qualitätsverbesserung.”

Auch Domkapitular Clemens Bieber, Vorsitzender des KTK-Bundesverbandes, äußert Unverständnis über die Stoßrichtung der Bundesrats-Empfehlungen. „Jetzt ist es dringend notwendig, an einem Strang zu ziehen und das System mit Investitionen in Struktur und Personal zu stabilisieren“, betont Bieber. „Und es kommt jetzt auf Hilfe an, die bei den Familien ankommt. Gerade eine bundesweit verpflichtende Staffelung der Kostenbeiträge für die Kindertagesbetreuung, wie im Entwurf der Bundesregierung vorgesehen, würde viele Familien entlasten, die es in diesen Zeiten besonders nötig haben.“

„Wir fordern, dass der Bundesrat dem Gesetzesentwurf der Regierung zustimmt, ohne die Empfehlungen zu berücksichtigen”, unterstreicht Selvi Naidu, Mitglied des AWO Bundesvorstandes. „Der Entwurf ist bei weitem nicht perfekt. Es ist klar, dass wir in der frühen Bildung in einer außerordentlich kritischen Situation sind. Bis 2030 fehlen mehr als 100 000 Fachkräfte in den Kitas, der Rechtsanspruch auf den schulischen Ganztag zeichnet sich am Horizont ab und wir stellen ein enormes regionales Auseinanderklaffen in der quantitativen sowie qualitativen Weiterentwicklung der frühkindlichen Bildung fest. Genau deshalb müssen jetzt die Weichen für ein echtes Qualitätsentwicklungsgesetz gestellt werden”, sagt Naidu abschließend. 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 06.10.2022

„Wir müssen Menschen davor schützen, dass sie wegen Schulden ihre Wohnung verlieren und auf der Straße landen. Und wir brauchen bezahlbare Wohnungen für Menschen, die in Wohnungslosigkeit geraten“, fordert Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa bei der Auftaktveranstaltung zu den heute startenden Armutswochen.

Vom 17.10.2022, dem Internationalen Tag zur Beseitigung der Armut bis zum 14.11.2022, dem Welttag der Armen, ruft der Deutsche Caritasverband (DCV) gemeinsam mit seinen Fachverbänden Sozialdienst katholischer Frauen (SkF Gesamtverein) und Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) Bundesverband auf, den Blick auf die Wohn-Situation von Menschen in schwierigen Lebenslagen zu richten.

Wohnkosten bergen gesellschaftliches Konfliktpotenzial

Wie hart steigende Kosten für Wohnen und Heizen in Deutschland arme Menschen treffen und wie sehr gerade sie von Wohnungsverlust bedroht sind, zeige sich aktuell besonders drastisch angesichts dramatisch steigender Energiepreise. „Die Kosten des Wohnens bergen gesellschaftspolitisches Konfliktpotenzial, gerade weil sie von allgemeiner Geldentwertung und Inflationsängsten begleitet werden. Deshalb sind schnell wirksame Maßnahmen notwendig. Wohnungswirtschaft und Gesetzgeber, Kommunen und Wohlfahrtsverbände, Kirchen und Nachbarschaft können und müssen ihren Teil zur Lösung der Probleme beitragen“, unterstreicht Welskop-Deffaa. Es sei zu beobachten, dass der Kreis derer, die sich von Wohnungsverlust bedroht fühlen, größer werde: Familien und Alleinstehende mit wenig Einkommen, Rentner_innen oder gesundheitlich beeinträchtigte Personen gerieten in existenzbedrohliche Situationen.

Mehr Frauen und Kinder von Wohnungslosigkeit betroffen

„Leider steigt die Zahl der von Wohnungslosigkeit betroffenen Frauen und damit auch die Zahl der Kinder, die kein Zuhause mehr haben. Wir brauchen dringend ausreichend Mitarbeiter_innen, die präventiv beraten können, um so zu verhindern, dass Zwangsräumungen und Verschuldung zum Verlust der Wohnung führen. Hilfreich und zwingend erforderlich sind mehr Wohnprojekte und Wohnungen, die bedarfsgerechte Hilfen und Betreuungsleistungen bereits mit integrieren“, unterstreicht Renate Jachmann-Willmer, Bundesvorstand SkF Gesamtverein.

Neue Wohngemeinnützigkeit notwendig

„Neue Wohnformen und Wohnprojekte müssen verstärkt gefördert werden. Wir brauchen eine neue Wohngemeinnützigkeit, mehr genossenschaftliche Wohnformen und Bauweisen, die den sozialen Zusammenhalt stärken“, fordert Stephan Buttgereit, Generalsekretär SKM Bundesverband.

Knapper Wohnraum und steigende Mieten haben tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben von Menschen mit niedrigen Einkommen. Sie erleben sich nahezu chancenlos auf dem Wohnungsmarkt. Und sie müssen täglich überlegen, ob sie etwas zu Essen einkaufen können oder es für die Miete aufsparen. Denn meist geben sie ein Drittel ihres Einkommens für die Wohnkosten aus. Bund, Länder und Kommunen müssen daher entschlossen handeln, um die Förderung des sozialen Wohnungsbaus, die Bereitstellung preiswerter Wohnungen für benachteiligte Menschen und die Förderung von Wohnungsgenossenschaften voranzubringen. Akteure wie die Wohnungs- und Bauwirtschaft und die Wohlfahrtsverbände müssen einen Beitrag zur Lösung des Problems leisten.

Projekte und Lösungen gegen Wohnraummangel

Deshalb stellen DCV, SkF und SKM Praxis-Projekte vor, die zeigen, wie es gelingen kann, den Wohnraummangel zu minimieren und präsentieren Lösungen für Armutsbetroffene, die den Zusammenhalt fördern.

Hier geht es zu den Lösungen und zu den politischen Forderungen und Fakten

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 17.10.2022

Nicht nur für Menschen zuhause, sondern auch für Menschen im Pflegeheim werden die steigenden Preise für Energie und Grundbedarfe des täglichen Lebens in diesen Wochen zum Problem. Die Steigerungen der Personalkosten kommen als weitere Herausforderung hinzu. Der Deutsche Caritasverband sieht daher dringenden Handlungsbedarf in der Pflegepolitik. „Der Sozialstaat muss dafür Sorge tragen, dass Pflegebedürftigkeit nicht automatisch in den Sozialhilfebezug führt. Der Pflegeversicherung kommt dabei eine zentrale Aufgabe zu, für die sie dringend gestärkt werden muss,“ so Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes.

Der Caritasverband begrüßt, dass mit der von der Bundesregierung jetzt in Angriff genommenen Ausweitung der Wohngeldansprüche auch für Menschen, die in Altenheimen leben, die Wohnkosten sozialstaatlich besser abgefedert werden sollen. „Die Wohngeldreform muss so gestaltet werden, dass das Wohngeld für die Menschen in Einrichtungen der Altenhilfe einfach zu beantragen und praxisgerecht bemessen ist,“, betont die Caritas-Präsidentin. Der politische Handlungsbedarf in der Pflege sei damit aber nicht erledigt, es müssten dringend weitere Schritte folgen.

„Eine gute Lösung für die Pflege muss an mehreren Hebeln ansetzen. Wichtig wäre, dass der Bund die Kosten der medizinischen Behandlung von Pflegebedürftigen sowie die Ausbildungskosten, die derzeit über die Eigenanteile zu finanzieren sind, übernimmt.“

Rentenbeiträge von pflegenden Angehörigen

Die Caritas unterstützt die Idee eines Zuschusses des Bundes an die Pflegeversicherung, um die Pflegeversicherung zu entlasten: Der Bund sollte die Rentenbeiträge pflegender Angehöriger in den Bundeshaushalt übernehmen, so dass der Pflegeversicherung dieser Betrag zur Entlastung zur Verfügung steht.

Vorkehrungen für den Coronawinter

Jenseits der strukturellen Reformen in der Pflege müssen pflegepolitische Vorkehrungen getroffen werden für die nächsten Phasen der Pandemie, die längst nicht vorbei ist. Kommen im nächsten Jahr eine oder mehrere neue Infektionswellen auf uns zu, müssen Pflege-Einrichtungen, insbesondere in der Tagespflege, erneut mit Einnahmeneinbußen rechnen. Voraussichtlich werden auch zusätzliche Kosten anfallen, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfallen und sie zum Beispiel durch Leiharbeiterinnen oder Leiharbeiter ersetzt werden müssen.

„Auch im Coronawinter 2022/23 muss alles getan werden, um die Orte aufrecht zu erhalten, an denen die Menschen gepflegt und betreut werden. Der Schutz eines sozialen Netzes, das auch in Krisenzeiten verlässlich trägt, geht nicht zum Nulltarif,“ so der Deutsche Caritasverband.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 27.09.2022

Zum heute vorgelegten Expertenbericht des Europarats, der Deutschland gravierende Defizite beim Schutz von Frauen und Mädchen vor geschlechtsspezifischer Gewalt attestiert, sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack am Freitag in Berlin:

„Wir fordern einen Rechtsanspruch auf sofortigen Schutz und Hilfe für alle Opfer von häuslicher Gewalt, von der vor allem Frauen betroffen sind. Das Hilfesystem muss für alle greifen, unabhängig von Geschlecht, von sexueller Orientierung, Aufenthaltsstatus, Herkunftsort oder gesundheitlicher Einschränkung.

Dafür müssen endlich bundesweit verbindliche Regelungen her, die ein breitgefächertes und bedarfsgerechtes Unterstützungsangebot sicherstellen. Dafür braucht es flächendeckend mehr Schutzräume für Betroffene und mehr Beratungsangebote. Dafür müssen aber auch zuständige Behörden wie Justiz- und Jugendämter rund um die Uhr telefonisch erreichbar sein.

Seit Jahren überfällig sind eigenständige bundesgesetzliche Regelungen für die Einrichtung von Gewaltschutzambulanzen und für bindende Mindeststandards für Länder und Kommunen. Ebenso braucht es Regelungen, um den Lebensunterhalt für von Gewalt betroffene Menschen für die Zeit ihrer Unterbringung in einer Schutzeinrichtung sicherzustellen, und zwar unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 07.10.2022

Vor den abschließenden Bundestags-Beratungen am Freitag über das Stabilisierungsfondsgesetz appelliert die Diakonie, Krankenhäuser, Pflegeheime und andere systemrelevante Einrichtungen der sozialen Infrastruktur zügig von den rasant steigenden Energiekosten zu entlasten. Nach einer neuen Umfrage der Bank für Sozialwirtschaft (BfS) bringt die Kostenexplosion bereits viele Einrichtungen in Existenznöte. So rechnen fast 40 Prozent der Befragten 2022 mit einem Jahresdefizit. Mehr als 70 Prozent berichten von einer Verschlechterung ihrer Liquiditätssituation.

Dazu erklärt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie:

„Der sozialen Infrastruktur droht wegen der rasanten Inflation der teilweise Zusammenbruch. Gemeinnützige Einrichtungen können die enormen Kostensteigerungen vor allem für Energie nicht auffangen, weil sie aus rechtlichen Gründen keine Rücklagen bilden dürfen. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, damit es nicht zu irreparablen Schäden an der sozialen Infrastruktur kommt, unter denen vor allem die Schwächsten leiden würden: Alte, Kranke und Menschen mit Behinderungen.“ „Wie dramatisch die finanzielle Lage der Einrichtungen vielerorts ist, zeigt das neue Trendbarometer zur Lage in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft der BfS“, erklärt Lilie: „Die Inflation treibt die Einrichtungen in dramatische Liquiditätsengpässe. Ohne die zügige Unterstützung der öffentlichen Hand droht eine Pleitewelle, die die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung bedrohen würde. Bereits jetzt müssen dringend notwendige Investitionen in den Bereichen Nachhaltigkeit und Immobilien auf Eis gelegt werden. Wenn die Politik jetzt nicht zielgerichtet und schnell handelt, wird die Rechnung für die Steuerzahlerinnen und -zahler am Ende noch sehr viel teurer werden.“

Hintergrund

Für das „Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft“ hat die BFS Service GmbH ausgewählte Vertreter*innen von insgesamt mehr als 1.000 Einrichtungen in den Branchen und Leistungsfeldern des Sozial- und Gesundheitswesens sowie der Freien Wohlfahrtspflege befragt. Die Umfrage wurde vom 16. September bis zum 6. Oktober 2022 durchgeführt.

Das „Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft“ ist kostenlos abrufbar unter: https://www.sozialbank.de/news-events/publikationen/bfs-trendbarometer

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 20.10.2022

Heute debattiert der Bundestag in erster Lesung sowohl über das Bürgergeldgesetz als auch über die Reform des Wohngeldes. Dazu äußert sich Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Die beiden Gesetzentwürfe bringen wichtige Verbesserungen mit sich für die leistungsberechtigten Menschen. Sie reichen aber nicht aus, um ihr Existenzminimum in diesem Winter abzusichern. Schon vor der Inflation war der Regelsatz nach wissenschaftlichen Berechnungen um 180 Euro zu niedrig, nun soll ab Januar eine inflationsbedingte Erhöhung um monatlich nur 52 Euro kommen. Einen konsequenten Bruch mit der Hartz-IV-Systematik bedeutet der vorliegende Gesetzentwurf zum Bürgergeld nicht.

Die Wohngeldreform erreicht nicht alle Haushalte, die Unterstützung brauchen. Um noch mehr Wohnungslosigkeit zu verhindern, brauchen wir schnell ergänzend ein Kündigungs- und Zwangsräumungsmoratorium für Mietwohnungen. Mittel- und langfristig führt an einer neuen, sozial ausgestalteten Wohnungspolitik kein Weg vorbei.“

Bewertung und Stellungnahme der Diakonie Deutschland zum Bürgergeld: https://www.diakonie.de/stellungnahmen/bewertung-und-stellungnahme-der-diakonie-zum-buergergeld

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 13.10.2022

Kommunen und Länder sind angesichts der Zahl ankommender Flüchtlinge in diesem Jahr stark herausgefordert. Geflüchtete Menschen müssen oftmals in Behelfsunterkünften leben. Dort haben sie weder Privatsphäre, noch können sie zur Ruhe kommen. Anlässlich des Treffens von Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit Vertreterinnen und Vertretern von Kommunen und Ländern über die derzeitige Flüchtlingslage äußert sich Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Menschen, die in Deutschland ankommen, entfliehen furchtbaren Gefahren für Leib und Leben. Nur in Solidarität von Bund, Ländern und Kommunen mit den Menschen, die Schutz bei uns suchen, sind diese Herausforderungen zu meistern. Geflüchtete Menschen aus der Ukraine bei uns aufzunehmen ist zudem ein deutliches Signal der Geschlossenheit an Kreml-Machthaber Putin. Eine restriktive Abschottungspolitik, in der Hoffnung, dass weniger Menschen zu uns kommen, wird nicht weiterhelfen.“

Der Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik bei der Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine, die Integration von Anfang an, habe zum bisherigen Erfolg geführt. Dieser Weg müsse nun konsequent weiterbeschritten und für alle anderen Menschen geöffnet werden, die in Deutschland Schutz suchen.

„Es wäre ein verpasste  Chance, jetzt nicht die  Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass alle Menschen, die kommen, schnell auf dem Arbeitsmarkt entsprechend ihrer Qualifikation Fuß fassen können“, so Loheide weiter. „So wird die Aufnahme geflüchteter Menschen auch zu einem Gewinn für unsere Gesellschaft. Arbeitsverbote müssen dringend abgeschafft und das Chancen-Aufenthaltsrecht schnell umgesetzt werden, damit geduldete Menschen eine klare Perspektive bekommen.“

Die schnelle Aufnahme der Geflüchteten aus der Ukraine in das SGB II war richtig. Aus Sicht der Diakonie muss die Sicherung des  Existenzminimums für alle Menschen in Deutschland gelten und das Asylbewerberleistungsgesetz gehört abgeschafft.

„Menschen, die zu uns kommen, müssen schnell in den Kommunen ankommen, statt über Monate untätig in Großeinrichtungen der Länder zu verharren“, so Loheide.

Hintergrund:

Nicht nur Länder und Kommunen, auch die Zivilgesellschaft ist herausgefordert. Die Diakonie unterstützt den Prozess des Ankommens von Geflüchteten und Migrantinnen und Migranten mit über tausend Migrationsfachdiensten. Das sind bedarfsgerechte Angebote wie Psychosoziale Zentren für psychisch belastete und traumatisierte Menschen, die zunächst ihre Erfahrungen verarbeiten und gesundwerden müssen. Das ist Asylverfahrensberatung, um Schutzsuchende im Verfahren zu unterstützen, damit durch ihre gezielte Mitwirkung schnell gute Entscheidungen über ihren Schutzstatus erzielt werden können. Das sind Migrationsberatung und Jugendmigrationsdienste, die bei der Integration begleiten. Da sind Angebote der Jugendhilfe für unbegleitete Minderjährige. Dass die Bundesregierung, Länder und Kommunen diese Dienste unterstützen, ist ein wichtiges Zeichen. 

Die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer beriet 2021 in 280.000 Fällen und erreichte fast 500.000 Menschen und ihre Familien, hauptsächlich aus Syrien, Afghanistan, Irak, Bulgarien und der Türkei. Am 1.1.2022 gab es in Deutschland insgesamt 1.369 gemeinnützige Beratungsstellen für erwachsene Zugewanderte. 

Weitere Informationen:

https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/migrationsfachdienste/

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 11.10.2022

Am Tag des Flüchtlings im Rahmen der Interkulturellen Woche fordert die Diakonie Deutschland von Bund und Ländern deutlich größere Anstrengungen zur sicheren und altersgerechten Unterbringung und Versorgung von jungen Geflüchteten. Vor allem in Berlin, Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg seien die Zahlen zuletzt spürbar gestiegen, wie eine Stichprobe der Diakonie Deutschland unter Einrichtungen der Diakonie im Bundesgebiet ergab. Mittlerweile kämen täglich so viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wie seit langem nicht mehr.

„Um die jungen Menschen unterbringen zu können, werden vielfach die dafür gesetzlich vorgesehenen Standards von Politik und Verwaltung nicht umgesetzt“, bemängelt Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide. „Hier darf keine Sparpolitik auf Kosten von Kindern und Jugendlichen betrieben werden, von denen viele traumatische Erlebnisse auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung erlebt haben. Wir müssen ihnen eine sichere Zukunft und schnelle Integration ermöglichen.“

Zusätzlich erschwert wird die Versorgung der vielen jungen Geflüchteten der Stichprobe zufolge durch den Personalmangel bei öffentlichen Stellen und Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege wie der Diakonie. „Auch hier ist die Politik gefordert, gemeinsam mit den Trägern Abhilfe zu schaffen und für eine gesicherte Finanzierung von Personalkapazitäten zu sorgen“, sagt Loheide.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 30.09.2022

Diakonie setzt auf mehr Frauen in ihren Führungsetagen. Angestrebt wird eine verbindliche Quote von mindestens 50 Prozent in Leitungspositionen und Entscheidungsgremien. In diesem Jahr präsentiert sich die Diakonie erstmals mit einem eigenen Stand beim Karriere- und Netzwerkevent herCAREER. Die Leitmesse für Karriereplanung von Frauen findet vom 6. bis 7. Oktober 2022 in München statt.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland und Schirmfrau des Netzwerkes Frauen in Führung in Kirche und Diakonie (FiF): „Frauen sind in den obersten Führungsetagen der Wohlfahrtspflege mit knapp einem Drittel nach wie vor unterrepräsentiert, obwohl sie rund 75 Prozent der Mitarbeitenden ausmachen. Das darf so nicht bleiben. Es wird höchste Zeit, dass Frauen als Chefinnen zum Zuge kommen und die soziale Zukunft gestalten. Wir brauchen mehr Tempo und Ernsthaftigkeit bei diesem Thema. Deshalb machen wir uns für eine verbindliche Quote von mindestens 50 Prozent von Frauen in Gremien und Führungspositionen der Diakonie stark.“

Andrea Betz, Vorständin der Diakonie München und Oberbayern: „Bei der herCAREER gibt es unzählige Gelegenheiten, sich mit Frauen zu vernetzen, gegenseitig zu stärken und auszutauschen. Welche Karrierechancen sich für Frauen in Führungspositionen bei der Diakonie heute bieten, wird an unserem Stand sichtbar. Für eine Generation von Führungskräften, der es wichtig ist, die Zukunft positiv mitzugestalten und in einem werteorientierten Job zu arbeiten, ist die Sozialwirtschaft besonders attraktiv.“

Infos zur Messe

Die Messe herCAREER findet vom 6. bis 7. Oktober im MOC Event Center Messe München statt. Der Stand der Diakonie ist in Halle 2. Am 7. Oktober 2022 um 12.00 Uhr sprechen Maria Loheide und Andrea Betz im Auditorium.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 07.10.2022

Am Freitag, den 7. Oktober 2022 erschien der GREVIO-Bericht für Deutschland. Bei GREVIO (Group of experts on action against violence) handelt es sich um eine Expert*innengremium des Europarats, welches die Umsetzung der Istanbul-Konvention überprüft. Ihr Ergebnis: der Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt gelingt in Deutschland nicht ausreichend. „Der GREVIO-Bericht zeigt einmal mehr, dass im Bereich der Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt noch viel zu tun ist und nun der Gesetzgeber in der Pflicht ist, weitergehende Maßnahmen zu treffen, um die Vorgaben des Europarates umzusetzen,“ so die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (djb) Prof. Dr. Maria Wersig.

Bereits im November 2020 hatte der djb einen Bericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland vorgelegt. Auf Einladung des Expert*innengremiums folgte sodann ein Fachgespräch mit der Vorsitzenden der Strafrechtskommission Dr. Leonie Steinl und der stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Anne-Katrin Wolf während des Staatenbesuchs der Delegation.

Viele der zentralen Forderungen des djb haben daher auch Eingang in den GREVIO-Bericht gefunden. So sollten nach Empfehlung der Expert*innen unter anderem Schulungen für die Justiz erfolgen, die das Bewusstsein für die Dynamik von Gewalt in Paarbeziehungen schärfen. Zudem muss geschlechtsspezifische Gewalt in den Statistiken berücksichtigt und so die Datenlage verbessert werden und der Zugang zu Frauenhäusern muss auch in ländlichen Gebieten erweitert werden. Darüber hinaus fehlt es weiterhin an einem Straftatbestand, der alle Formen der psychischen Gewalt unter Strafe stellt. Auch der Aufforderung, eine staatliche Koordinierungsstelle einzurichten, ist die Bundesregierung bis jetzt nicht nachgekommen.

Die Bundesregierung sollte den Bericht zum Anlass nehmen, die Lage von Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt in Deutschland endlich zu verbessern. Dr. Leonie Steinl, Vorsitzende der Strafrechtskommission des djb fordert daher: „Es wird Zeit, dass die im Koalitionsvertrag angekündigte vorbehaltslose Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland endlich Realität wird.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 10.10.2022

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat im Rahmen der arbeits- und sozialrechtlichen Abteilung des 73. Deutschen Juristentages 2022 eine Stellungnahme abgegeben. „Die Lücke zwischen der durchschnittlichen Rente von Männern (1179 Euro) und von Frauen (801 Euro) ist nach wie vor erheblich. Deswegen greifen Maßnahmen zu kurz, die allein die Finanzierbarkeit der Rente in den Blick nehmen. In der Diskussion um die Zukunft der Alterssicherung bedarf es einer Gleichstellungsperspektive.“, betont die Präsidentin des djb Prof. Dr. Maria Wersig.

Aus Sicht des djb muss Alterssicherung zuvörderst eine öffentliche Aufgabe bleiben. „Mit der Verlagerung der Alterssicherung auf betriebliche und private Vorsorgearten besteht das Risiko, dass sich der sogenannte Gender Pension Gap weiter verschärft. Denn sie berücksichtigen Sorgearbeit weniger und enthalten keine flächendeckenden, solidarischen Elemente. Die Alterssicherung hängt dadurch noch stärker von der Wahl des Berufs, von Tarifbindung und von der Größe des Unternehmens ab.“, führt Wersig aus.

Der djb fordert weiter, die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Selbstständige, Beschäftigte in Minijobs sowie versicherungsfreie Personen wie Beamt*innen, Soldat*innen und Richter*innen auszuweiten. Außerdem bedarf es Reformmaßnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung, beispielsweise eine gleichberechtigte Aufteilung von Anwartschaften während der Ehe und nicht nur im Fall der Scheidung. Soziale Elemente – insbesondere die Berücksichtigung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten – sind flächendeckend auszubauen.

Um eine geschlechtergerechte Alterssicherung zu erreichen, muss auch der Gender Pay Gap angegangen werden. Der djb plädiert seit Jahren dafür, Anreize im Sozial- und Steuerrecht für Erwerbstätigkeit von Frauen zu setzen und die entgegenstehenden Anreize, wie Minijobs und Ehegattensplitting abzubauen. Auch die paritätische Verteilung von Sorgearbeit sollte gesetzlich gefördert werden, z.B. indem die sogenannten Partnermonate beim Elterngeld ausgeweitet werden und der Kündigungsschutz nach der Eltern- oder Pflegezeit gestärkt wird. Zudem fehlt es noch immer an der notwendigen Infrastruktur für die Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen.

In Konzeptionen für ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft sowie für ein Wahlarbeitszeitgesetz hat der djb weitere Maßnahmenpakete zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit in der Erwerbsarbeit entwickelt.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 22.09.2022

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert von Bund, Ländern und Kommunen einen stärkeren Fokus und größere Kraftanstrengungen zur Verbesserung der Situation in den Kindertageseinrichtungen in Deutschland. Dazu braucht es aus Sicht der Kinderrechtsorganisation sowohl mehr finanzielle Mittel und bundeseinheitliche Mindeststandards in der Qualität als auch eine groß angelegte Fachkräfteoffensive. Dies muss mit einer weitreichenden Verbesserung der häufig prekären Arbeitsbedingungen und dem vermehrten Bau von Kindertageseinrichtungen ebenso einhergehen wie mit einer zukunftsfähigen Weiterentwicklung der Ausbildungen pädagogischer Fachkräfte, um künftigen Herausforderungen gewachsen zu sein und das Berufsfeld nachhaltig attraktiver zu gestalten. Gute Kitaangebote für alle zu schaffen und zu erhalten ist eine Daueraufgabe, die Länder und Kommunen nicht allein stemmen können. Deshalb muss das finanzielle Engagement des Bundes nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes verstetigt werden. Die im Kita-Qualitätsgesetz vorgesehenen zwei Milliarden Euro für die nächsten beiden Jahre sind hier ein guter Anfang.

 

„Die heute von der Bertelsmann Stiftung vorgelegten Zahlen zu fehlenden Kita-Plätzen und der an vielen Stellen mangelhaften Personalausstattung in deutschen Kitas sind keine Überraschung, sondern vielmehr ein weiteres Alarmsignal. Wenn mehr als zwei Drittel aller Kita-Kinder in Gruppen betreut werden, deren Personalschlüssel nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen entsprechen, ist das schlichtweg ein bildungspolitischer Skandal. Deutschland steuert damit sehenden Auges auf eine bildungspolitische Katastrophe zu. Schon mehrfach haben auch Kita-Fachkräfte Alarm geschlagen, da sie das Kindeswohl kaum gewährleisten können. Das darf nicht weiter mehr oder weniger achselzuckend hingenommen werden. Besonders besorgniserregend ist, dass bundesweit hunderttausende Fachkräfte fehlen, die auch nicht so einfach hervorgezaubert werden können. Hier fallen uns die Versäumnisse der Vergangenheit schmerzhaft auf die Füße und müssen schnellstmöglich durch politische Offensiven aufgefangen werden, um das Wohl unserer Kinder zu sichern“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, anlässlich der Veröffentlichung des „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme 2022“ der Bertelsmann Stiftung.

 

„Bereits im letzten Jahr hatte die Bertelsmann Stiftung festgestellt, dass eine kindgerechte Personalausstattung und zugleich ausreichend Plätze in allen Kitas in diesem Jahrzehnt nicht mehr zu realisieren sind. Dieser Personalmangel wird sich durch den Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung für Grundschulkinder weiter verschärfen. Es muss also eine massive Erhöhung derjenigen Mittel erfolgen, die zielgerichtet in die Ausbildung von Erzieherinnen und Erzieher, aber auch in die Gewinnung und Qualifizierung neuer Fachkräfte investiert werden müssen“, so Hofmann weiter.

 

„Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, wenn elementare Rechte wie das Recht auf Partizipation im Kitaalltag kaum Berücksichtigung finden. Von einer flächendeckenden Mitbestimmung von Kindern in Kindertageseinrichtungen als wesentlichem Qualitätsfaktor sind wir noch weit entfernt. Deshalb sollte auch hier ein Schwerpunkt der weiteren Arbeit in den Kitas gesetzt werden, denn so können die Potentiale der Kinder besser gefördert und wichtige Akzente in der dringend notwendigen Weiterentwicklung der Demokratieförderung gesetzt werden. Kitas sind prädestiniert dafür, zu Lern- und Erfahrungsorten für Kinderrechte zu werden“, so Holger Hofmann.

 

Zur Unterstützung der Demokratiebildung in Kita, Hort und Ganztag betreibt das Deutsche Kinderhilfswerk die Website www.kompetenznetzwerk-deki.de. Auf dieser Seite präsentiert das im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ geförderte Kompetenznetzwerk „Demokratiebildung im Kindesalter“ sich und seine Arbeit und bietet vielfältige Informationsangebote für Fachkräfte der frühkindlichen Bildung und Erziehung. Auf der Website finden die Besucherinnen und Besucher umfangreiche Informationen, Empfehlungen und praxisbezogene Tipps rund um das Thema Demokratiebildung im frühkindlichen und Primarbildungsbereich. Verantwortlich für die Website sind das Deutsche Kinderhilfswerk und das Institut für den Situationsansatz (ISTA) als Träger des Kompetenznetzwerkes. Dieses wird unter dem offiziellen Fördertitel „Kompetenznetzwerk Frühkindliche Bildung und Bildung in der Primarstufe“ durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 20.10.2022

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt anlässlich der Herausgabe einer Festschrift zum 50. Geburtstag der Kinderrechtsorganisation nachdrücklich eine kindgerechtere Gesellschaft an. Auch wenn es in letzten Jahren und Jahrzehnten einige Fortschritte in diese Richtung gegeben hat, ist es weiterhin notwendig, Kinderinteressen in Deutschland mehr Geltung zu verschaffen. „Das Übergehen von Kinderinteressen, die Schließung von Spielstraßen, die Verwahrlosung oder der Rückbau von Kinderspielplätzen, Klagen gegen Kinderlärm oder Restaurants und Hotels, in denen Kinder keinen Zutritt haben, sind Anzeichen einer kinderentwöhnten und an manchen Stellen sogar kinderfeindlichen Gesellschaft“, betonen Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes und Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Die Festschrift versammelt Akteurinnen und Akteure, die mit ihrer Arbeit dazu beitragen, Deutschland kindgerechter zu gestalten und den Rechten und Interessen von Kindern langfristig zu der ihnen zustehenden vorrangigen Berücksichtigung zu verhelfen. Dabei geht es in den Beiträgen u.a. von Klaus Hurrelmann, Christoph und Carolin Butterwegge, Thomas Rauschenbach, Lothar Krappmann, Ingrid Paus-Hasebrink und Aladin El-Mafaalani beispielsweise um die wirtschaftliche und soziale Teilhabe aller Kinder, ihre stärkere politische Beteiligung auf allen föderalen Ebenen, um kulturelle Bildung, die Entwicklung kinderfreundlicher Spiel- und Entwicklungsräume sowie Demokratieförderung und Medienbildung.

„Die Zukunft hält Herausforderungen bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland bereit, für die es noch mehr Kraft, noch mehr Ausdauer, neue Ideen, vor allem ganz offensichtlich einen konsequenteren und breiteren gesellschaftlichen Rückhalt braucht. Nach wie vor lebt beispielsweise eine Vielzahl von Kindern in unserem Land alltäglich mit armutsbedingten Belastungen und Einschränkungen – mit weitreichenden Auswirkungen für ihre Zukunft! Noch immer warten wir auf eine verfassungsrechtliche Absicherung von Kinderrechten in unserem Land – 30 Jahre, nachdem die Bundesrepublik sich dazu verpflichtet hat, alles Notwendige zu tun, um Kinderrechten zur Umsetzung zu verhelfen! Bei allem für Kinder Erreichten bleibt doch noch sehr viel zu tun, um die Umsetzung von Kinderrechten in Deutschland so konsequent zu gewährleisten, wie es uns die UN-Kinderrechtskonvention vorgibt“, so Thomas Krüger und Anne Lütkes weiter.

Die Festschrift „Kinderrechte in Deutschland – Interdisziplinäre Perspektiven auf Errungenschaften und Herausforderungen kinderrechtlicher Arbeit in Deutschland“ erscheint unter der ISBN 978-3-96848-065-7 im Kopaed Verlag und kostet 18 Euro.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 28.09.2022

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte nachdrücklich die geplante Absenkung der Altersgrenze bei Europawahlen auf 16 Jahre. Mit der Absenkung nimmt der Bundestag eine wichtige Chance zum Ausbau der Partizipationsrechte von Jugendlichen wahr. Gerade angesichts des aktuellen demografischen Wandels ist eine Stärkung der Beteiligungsrechte für junge Menschen ein entscheidender Faktor für eine zukunftssichere Gesellschaftspolitik, die mittelfristig auch eine Absenkung des Wahlalters für weitere Volksvertretungen nach sich ziehen sollte.

 

„Die Absenkung der Altersgrenze bei Europawahlen auf 16 Jahre ist mehr als überfällig. Damit werden die Partizipationsrechte von voraussichtlich 1,4 Millionen Jugendlichen gestärkt. Kinder und Jugendliche verfolgen gesellschaftliche Prozesse sehr aufmerksam, fühlen sich jedoch mit ihren Interessen und Bedürfnissen nicht berücksichtigt und zu einem großen Teil von den politischen Parteien nicht vertreten. Dabei sind gerade sie diejenigen, die am längsten von heute getroffenen politischen Entscheidungen betroffen sein werden. Die Absenkung des Wahlalters bei Landtags- und Kommunalwahlen in zahlreichen Bundesländern hat gezeigt, dass unsere Demokratie von der politischen Partizipation von Jugendlichen durch das Wahlrecht profitiert. Um die Interessen von Kindern und Jugendlichen stärker in politische Entscheidungsprozesse einzubinden, tritt das Deutsche Kinderhilfswerk dafür ein, die Wahlaltersgrenze auf allen Ebenen, also von der Europa- bis zu den Kommunalwahlen, zunächst auf 16 Jahre und in einem zweiten Schritt auf 14 Jahre abzusenken“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

Neben einer Absenkung des Wahlalters braucht es nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes zudem eine Stärkung der Beteiligungsstrukturen in Kita, Schule und Jugendhilfe, sowie einen Ausbau kommunalpolitischer Beteiligungslandschaften, etwa durch Kinder- und Jugendparlamente mit verbindlichen Beteiligungskonzepten und Mitwirkungsrechten. So wie Mitwirkungsinitiativen vor allem dort funktionieren, wo es eine Begleitung durch Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe gibt, sollte ein Wahlrecht für Jugendliche zu einer Kultur der Demokratiebildung führen, die eine Legitimation unseres demokratischen Systems nachhaltig stärkt.

 

Zum Thema Wahlalter hat das Deutsche Kinderhilfswerk die Broschüre „Absenkung des Wahlalters – Eine Auseinandersetzung mit Argumenten gegen eine Absenkung der Altersgrenzen bei politischen Wahlen“ veröffentlicht. Die Publikation fasst die gängigen Argumente gegen eine Absenkung des Wahlalters aus den zahlreichen Debatten zusammen und stellt entsprechende Fachbeiträge zur Seite, welche die Gegenargumente insbesondere aus kinderrechtlicher Perspektive entkräften. Dabei wird beispielsweise dem Argument begegnet, dass die Absenkung des Wahlalters negative Folgen für die Demokratie habe und zu einer Stärkung der Parteien an den extremen politischen Rändern führe. Ein weiterer Beitrag tritt der Behauptung entgegen, dass Jugendliche aufgrund von noch nicht voll entwickelten kognitiven Fähigkeiten, die Verantwortung, die mit einer Teilnahme an Wahlen einhergeht, nur unzureichend wahrnehmen könnten. Die Broschüre kann beim Deutschen Kinderhilfswerk im Online-Shop bestellt werden oder steht unter www.dkhw.de/Argumentationshilfe-Wahlalterabsenkung zum kostenlosen Download bereit.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 22.09.2022

Vielseitige Ferienangebote im Berliner Familienportal

Bunt wie ein Herbstwald werden auch die Ferien in Berlin! Kids & Co. erwartet ein großes Programm mit kreativen Workshops, coolen  Museumsbesuchen und spannenden Ausflügen in die Natur.

„Süßes, sonst gibt´s Saures!“ heißt es am 31. Oktober, wenn zu  Halloween Hexen und Vampire durch die Straßen geistern. Zahlreiche Kultur- und Freizeiteinrichtungen bieten Gruselspaß für die ganze Familie. So können Kids im Museum für Kommunikation schaurige
Masken basteln oder im FEZ mit dem Halloween-Express durch den Geisterwald fahren und danach mit Stockbrot am Lagerfeuer sitzen.

Noch mehr Event-Tipps gibt es in den Herbstferien-News und im Veranstaltungskalender des Berliner Familienportals. Ganz einfach nach Bezirk, Tag oder Zeit filtern und aus zahlreichen Events das passende heraussuchen.

Umsonst ins Schwimmbad, in den Zoo oder Tierpark gehen und viele Preisvorteile bei einer großen Auswahl an Herbstferienangeboten genießen: So richtig günstig wird es für Familien mit dem Super-Ferien-Pass 2022/23! Erworben werden kann er direkt beim JugendKulturService oder in vielen anderen Verkaufsstellen.

Quelle: Pressemitteilung Berliner Beirat für Familienfragen vom 18.10.2022

Anlässlich der heutigen öffentlichen Anhörung im Familienausschuss fordert der Familienbund eine stärkere Konzentration des KiTa-Qualitätsgesetzes auf zentrale Qualitätsaspekte der frühkindlichen Bildung. Es muss vor allem in qualifiziertes Personal investiert werden, um Familien in ihrem Alltag chancengerecht zu unterstützen.

„Die Betreuung unserer Kinder muss besser werden. Das neue Kita-Qualitätsgesetz bietet den Bundesländern dafür mit Mitteln des Bundes neue Möglichkeiten. Der Familienbund unterstützt das, fordert aber eine stärkere Priorisierung der wichtigsten qualitativen Handlungsfelder“, erklärte Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes der Katholiken.

Das Bestreben der Regierung, mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Kitaqualität bundesweit einheitliche Standards zu erreichen und auf diese Weise zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Bereich der frühkindlichen Bildung und Betreuung sowie bei der Vereinbarkeit beizutragen, ist ein wichtiges Zeichen für Familien und deren Lebensrealitäten. In vielen Einrichtungen gibt es laut aktuellen Studien und wissenschaftlichen Empfehlungen Verbesserungsbedarf. Aus Sicht des Familienbundes sollten vorrangig die personalorientierten Maßnahmen im Zentrum der Qualitätsentwicklung stehen, mit einem besonderen Schwerpunkt auf dem Fachkraft-Kind-Schlüssel sowie der Gewinnung und Sicherung von Fachkräften. Hier handelt es sich um Bereiche, in denen gegenwärtig die größten Herausforderungen mit Blick auf die Qualität der Kita-Angebote liegen.

Mit dem geplanten Auslaufen des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“ zum Ende des Jahres ist die Aufwertung der Maßnahmen zur Sprachförderung dringend erforderlich. „Das erfolgreiche Bundesprogramm hätte weitergeführt werden müssen. Jetzt muss es wenigstens um eine praktikable Übergangslösung gehen, um die mit dem Programm gewonnen Fachkräfte zu halten. Alle Kinder profitieren von einer Sprachförderung. Dies erleichtert den Schulstart, die Integration und fördert das Lernen“, führt Hoffmann aus. Die Überführung der finanziellen Förderung des Schwerpunkts Sprache und Teilhabe in das Kita-Qualitätsgesetz und damit vom Bund auf die Länder soll nach Auffassung der Bundesregierung verstetigen, was bisher in einem Sonderprogramm aufgebaut wurde. Der Familienbund fürchtet jedoch, dass die Sprachförderung im Ergebnis geschwächt wird.

Als weitere große Veränderung zum Gute-Kita-Gesetz sollen neue Beitragsreduzierungen zukünftig nicht mehr über Bundesmittel finanziert werden können. Hier sieht der Familienbund Chancen, die zusätzlichen Mittel für wirklichen Qualitätsgewinn einzusetzen. Bestehende Beitragsreduzierungen können jedoch in erheblichem Umfang weiterhin über Mittel aus dem Kitaqualitätsgesetz finanziert werden. Das kritisiert Hoffmann: „Angesichts begrenzter Mittel gibt es eine Konkurrenz zwischen Beitragsreduzierungen und Qualitätsverbesserungen. Solange Mindestqualitätsstandards nicht erreicht werden, spricht sich der Familienbund nicht für eine generelle Beitragsfreiheit, sondern für eine einkommensabhängige, Familien mit unteren und mittleren Einkommen deutlich entlastende Staffelung der Elternbeiträge aus. Eines ist dabei klar: Beiträge dürfen niemals und nirgends eine Zugangshürde zu frühkindlicher Bildung und Betreuung darstellen, Teilhabe darf gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten nicht infrage stehen.“

Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation fordert der Familienbund, die Beiträge so zu gestalten, dass Familien und Alleinerziehende diese möglichst kleinschrittig gestaffelt nach Einkommen sowie der Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder entrichten können. Der Gesetzentwurf kann trotz einiger Schwächen einen wichtigen Beitrag für eine ganzheitliche, qualitativ hochwertige Ausgestaltung des Kita-Alltags leisten. Für Ulrich Hoffmann ist das ein zentrales Anliegen: „Denn eine hohe Qualität der frühkindlichen Bildung und Betreuung kommt grundsätzlich allen Kindern zugute und führt zu Chancengleichheit und Gerechtigkeit zwischen den Kindern.“

Als nächsten Schritt sieht der Familienbund die Dringlichkeit, ein echtes Qualitätsgesetz mit bundesweit verbindlichen Mindeststandards in zentralen Qualitätsbereichen zu initiieren.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken –  Bundesverband vom 17.10.2022

Menschen mit Armutserfahrungen diskutieren auf dem 15. Treffen der Menschen mit Armutserfahrung mit Politiker:innen

„Es ist gut, wenn Politiker:innen nicht nur mit Politiker:innen oder Privilegierten reden. Menschen mit Armutserfahrung brauchen mehr Gehör. Das, und eine selbstverständliche politische und gesellschaftliche Beteiligung muss Normalität sein.“ So fasst es die Teilnehmende Erika Biehn aus Sicht von 70 Menschen zwischen 12 und 77 Jahren zusammen, die sich zum jährlichen „Treffen der Menschen mit Armutserfahrung“ in Berlin getroffen haben.

Materielle Existenzsicherung, der Klimawandel und gesellschaftliche Teilhabe standen im Mittelpunkt der Gespräche, die die Teilnehmenden mit den Bundestagsbgeordneten Kai Whittacker (CDU/CSU), Stephanie Aeffner und Wolfgang Strengmann-Kuhn (Bündis90/Die Grünen,) Jessica Tatti, (Die Linke) und Jens Teutrine (FDP)sowie mit Svenja Appuhn von der Grünen Jugend führten. Im Vorfeld hatte bereits ein Gespräch mit Annika Klose (SPD) stattgefunden.

„Es ist wichtig, dass Menschen mit Armutserfahrungen mitreden, wenn es um die Berechnung der Regelsatzhöhe, die Reform des Bürgergeldes oder Lösungen für die Preissteigerungen oder Mobilität geht“, so Heike Wagner und Heide Mertens vom Vorbereitungsteam. So seien die Regelsätze deutlich zu niedrig und deckten existentielle Bedürfnisse nicht ab. Die Entlastungspakete zur Energiekrise wirkten nicht zielgenau, um Menschen, die in Armut leben, ausreichend zu helfen.

„Es zeigt sich einmal mehr: Armutsbetroffene sind Expert:innen in eigener Sache. So war manchem Politiker:in nicht klar, dass es Unterschiede im SGB XII und SGB II z.B. in Bezug auf anrechnungsfreies Einkommen oder Wohnkosten gibt, die Erwerbsunfähige deutlich benachteiligen“, berichtet der Teilnehmende Kay Raasch. Auch der Vorschlag für Mitbestimmungsgremien in den Jobcentern sei interessiert aufgegriffen worden.

Die Wahl einer Vorbereitungsgruppe für das nächstjährige Treffen und anschließende gemeinsame Aktionen mit dem „Bündnis AufREcht bestehen“ zum Bürgergeld rundeten die Tagung ab.

Hintergrundinformation:

Das Treffen der Menschen mit Armutserfahrungen ist das Herzstück der Nationalen Armutskonferenz (NAK), einem Zusammenschluss von Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften, Fachverbänden und der Selbstorganisation von Menschen mit Armutserfahrung (https://www.nationale-armutskonferenz.de/) Die Tagung findet jährlich statt. In diesem Jahr trafen sich über 70 Personen in Berlin, um gemeinsam Probleme und Lösungen im Kampf gegen Armut zu diskutieren. Die Teilnehmenden führten am Mittwoch, 13. Oktober Gespräche mit Fachabgeordneten aus dem Bereich Arbeitsmarkt und Soziales im Bundestag.

Im Gespräch schilderte Kai Whittacker (Union) die aktuellen Diskussionen über das SGB II und verwies auf seine umfangreiche und persönliche Expertise zu Armutserfahrungen. Die unterschiedlichen Freibetragsregelungen in den SGB II und XII wurden gemeinsam kritisch bewertet. Zentrales Anliegen der Union bleibt die Vermittlung in Arbeit. Den Teilnehmenden war wichtig, darüber zu informieren, dass Armut viele Dimensionen hat. Ebenso stellten sie die Problematik Wohnungsloser und von zugewanderten EU-Bürger:innen zur Diskussion, die nach ihrer Ansicht politisch nicht ernst genug genommen werde.

Stephanie Aeffner von Bündnis 90 / Die Grünen wies auf ihre eigene Erfahrung in der Selbstorganisation hin. Höhere Regelsätze und ein grundlegendes Umsteuern in der Existenzsicherung wurden als wichtige Themen der Grünen deutlich, zugleich aber auch die Grenzen der Durchsetzbarkeit in der jetzigen Regierungskoalition. Die Forderung der Armutskonferenz, in den Jobcentern Menschen mit Armutserfahrung an Entscheidungs- und Mitbestimmungsstrukturen zu beteiligen, wurden von ihr und MdB Wolfgang Strengmann-Kuhn positiv aufge-nommen. Weitere Gesprächsthemen waren nicht ausreichend gedeckte Stromkosten und komplizierte und zu umfassende Anrechnungsregelungen von Einkommen.

Jessica Tatti von den Linken machte deutlich, dass die Beteiligung von Menschen mit Armutserfahrung bei der Regelsatzentwicklung und Reformen am Existenzminimum ihrer Fraktion ein wichtiges Anliegen sei. Die am Gespräch Beteiligten waren sich einig, dass Leistungsberechtigte auch ein aktive Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht in den Jobcenterbeiräten erhalten sollten.

Im Gespräch mit dem FDP-Abgeordneten Jens Teutrine war Kinderarmut ein wichtiges Thema. Die Teilnehmenden verwiesen auf hohe Hürden und deutliche Abbruchkanten bei nur wenig steigenden Einkommen beim bisherigen Kinderzuschlag. Interessiert nahm der Abgeordnete die Schilderungen zu Trennungssituation war, die zu Mangellagen in beiden Haushalten führen. Unterschiedlich wurden Sanktionsregelungen bewertet, Gemeinsamkeiten fanden sich beim Thema Entbürokratisierung, Beschleunigung der Antragsbearbeitung und der Beteiligung von Betroffenen in Schiedsstellen.

Svenja Appuhn von der Grünen Jugend nahm im Gespräch Anregungen von teilnehmenden Kindern und Jugendlichen auf, wie sich stärker gegen Klimawandel, Unterrichtsausfall an den Schulen und mangelnde Ausstattung mit Geräten an den Schulen engagiert werden kann. Die Kinder und Jugendlichen wiesen darauf hin, dass oft schon die Frage, wer sich welchen Computer leisten kann, über eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht entscheidet.

Aufgrund der Berichterstattergespräche zum Bürgergeld konnte Annika Klose (SPD) nicht am Tagungstermin selbst Gespräche führen. Hier soll es alternative Gesprächsmöglichkeiten geben; bereits im Vorfeld hatte ein intensiverer mehrständiger Austausch mit der Armutskonferenz stattgefunden, in dem die Bürgergeldreform breit diskutiert wurde.

Quelle: Pressemitteilung Nationalen Armutskonferenz vom 14.10.2022

Ein breites Bündnis ruft am 22. Oktober in sechs Städten zu Demos für eine solidarische Krisenpolitik auf. Hilf mit, dass viele auf die Straße gehen und teile die Sharepics zur Demonstration!

Am 22. Oktober wird es in ganz Deutschland laut für eine solidarische Krisenpolitik: ver.di, GEW, Greenpeace, BUND, Attac, Campact, Paritätischer Gesamtverband, Finanzwende und Volkssolidarität unterstützt u.a. von Fridays for Future, WWF und Sanktionsfrei rufen zu Demos unter dem Motto #SolidarischerHerbst auf. In Zeiten von Inflation und Energiepreiskrise fordert das Bündnis: Soziale Sicherheit schaffen und fossile Abhängigkeiten beenden!

Die Demos starten am 22.10. um 12 Uhr in Berlin, Dresden, Düsseldorf, Hannover, Frankfurt am Main und Stuttgart.

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Weiterführende Links

Website und ausführlicher Aufruf #SolidarischerHerbst

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 06.10.2022

Der Finanzausschuss des Bundestages berät heute in einer Anhörung über das Inflationsausgleichsgesetz. „Der Gesetzesentwurf verfehlt das Ziel, Alleinerziehende in der Infla-tion wirksam zu entlasten. Die Kindergelderhöhung wird für viele Kin-der von Alleinerziehenden erneut zum Nullsummenspiel. Wir fordern, das Zusammenspiel von Unterhaltsvorschuss und Kindergeld zu ver-bessern und zügig die geplante Steuergutschrift für Alleinerziehende umzusetzen. Denn sie brauchen eine tatsächliche Verbesserung dringend“, kritisiert Miriam Hoheisel, Bundesgeschäftsführerin des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV).
Das Kindergeld wird sowohl mit den Leistungen des SGB II als auch mit dem Unterhaltsvorschuss voll verrechnet und erreicht somit viele armutsgefährdete Kinder nicht. Jedes zweite Kind in Armut wächst im Haushalt einer Alleinerziehenden auf. Bei Kindern, die Unterhalt er-halten, wird das halbe Kindergeld verrechnet. In Alleinerziehenden-Haushalten stehen somit nicht 18 Euro mehr Kindergeld zur Verfü-gung, sondern 9 oder nur 0 Euro. Um vom höheren Kinderfreibetrag zu profitieren, haben Alleinerziehende oftmals ein zu kleines Ein-kommen. Auch durch den Ausgleich der kalten Progression haben vor allem Menschen mit hohen Einkommen ein deutliches Plus. „Da-bei treffen Familien mit kleinem Einkommen und somit viele Alleiner-ziehende und ihre Kinder die steigenden Lebenshaltungspreise und Energiekosten besonders hart“, bemängelt Hoheisel.
„Der VAMV fordert, das Kindergeld nur zur Hälfte auf den Unterhalts-vorschuss anzurechnen, wie beim Unterhalt. Das wäre für Alleiner-ziehende eine wirkungsvolle, dringend notwendige Entlastung. Leider hat der Bundestag gerade einen entsprechenden Antrag der Opposi-tion abgelehnt“, bemängelt Hoheisel. „Dabei hatten in der Anhörung des Familienausschusses hierzu die Sachverständigen einhellig die-se Erhöhung des Unterhaltsvorschuss befürwortet.“
„Umso wichtiger ist es, die angekündigte Steuergutschrift für Allein-erziehende zügig umzusetzen. Denn diese würde auch Alleinerzie-hende mit kleinen und mittleren Einkommen gezielt unterstützen, wenn sie gut ausgestaltet wird. Die Steuergutschrift ist im Koalitions-vertrag in einem Atemzug mit dem Sofortzuschlag genannt – das hat die Erwartung geweckt, dass auch diese schnell kommt“, betont Hoheisel.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 17.10.2022

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 08./09. November 2022

Veranstalter: Deutsches Jugendinstituts

Mit der diesjährigen Jahrestagung in hybridem Format setzt das Deutsche Jugendinstitut die Tradition der jährlichen wissenschaftlichen Veranstaltungen fort und schafft wiederum die Gelegenheit, neue Forschungsergebnisse zu aktuellen Fragen vorzustellen und gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Fachpraxis sowie Politik und Administration zu diskutieren.

Das Programm mit allen Informationen finden Sie hier.

Sie können sich unter folgendem Link für die Jahrestagung anmelden:

https://event.goes-virtual.de/v/wissenschaftliche-jahresta-gung-dji-2022

Termine: 21. November, 29. November, 6. Dezember 2022, jeweils von 9.00-13.00 Uhr

Veranstalter: evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V.

Während der Pandemie wurden alte und neue Konzepte für digitale Lehre in der Weiterbildung erprobt, verfeinert, verworfen… Wir wollen gemeinsam bilanzieren und uns auf den Weg machen:
Was bedeutet das für die Zukunft der Familienbildung? Für unsere Angebote? Für unsere Fachkräfte? Für unsere Zielgruppen? Was wünschen sich Teilnehmende? Was kam gut an und soll bleiben? Wie kann die neue Präsenz in der Einrichtung gestaltet werden? Welche neuen Ideen für Digitales gibt es? Eine Frage ist hierbei: Welche Angebote entfalten sich am besten gemeinsam vor Ort, welche passen besser digital?
In diesem dreiteiligen Workshop wollen wir begleitet von Impulsen durch die Workshopleitung gemeinsam und in Kleingruppen konkret an Ihrer Angebotsplanung arbeiten. Bringen Sie Ihre Erfahrungen, Fragen und Ideen mit. Sollten Sie an einem der Termine verhindert sein, verabreden Sie gerne eine Vertretung aus Ihrer Einrichtung, denn wir wollen über die drei Termine hinweg miteinander im Prozess bleiben.

Workshopleiterin: Prof. Dr. Christina Müller-Naevecke, Erwachsenenbildnerin und Hochschuldidaktikerin, Beauftragte für Didaktik und Digitalisierung in der Lehre, Professur für Angewandte Pädagogik

Zielgruppe: Leitungskräfte und Hauptamtliche, sowie Fachbereichsleitungen und Multiplikator:innen in der Erwachsenen- und Familienbildungsarbeit

Weitere Informationen zur Veranstaltung und zur Anmeldung finden Sie hier.

Termine: 28.11.2022 von 16:00-17:30 Uhr (Durchlauf A) oder 18:00-19:30 Uhr (Durchlauf B)

Veranstalter: Progressiver Eltern- und Erzieher*innen-Verband (PEV) NRW e.V.

Natürlich ist alles in der Realität etwas komplexer und startet erst 2026 mit den Kindern des ersten Schuljahrgangs. Ein Ausführungsgesetz soll bis dahin in NRW die Standards und Beteiligungsmöglichkeiten bei Bildung, Betreuung und Erziehung festlegen– so steht es im aktuellen Koalitionsvertrag.
Gute Absichten sind wichtig – wir wollen auch gute Ergebnisse erreichen!

Deshalb müssen bei allen Überlegungen die Interessen und Bedarfe von Kindern und ihren Familien im Vordergrund stehen. Wenn Politik und Fachverbände über Rahmenbedingungen „streiten“, müssen die Absicht und Ziele der Ganztagsbetreuung für die „Betroffenen“ benannt und zum Maßstab gemacht werden.

Weitere Informationen zur Veranstaltung und zur Anmeldung finden Sie hier.

Termine: 05. und 06. Dezember 2022

Veranstalter: Bundesstiftung Gleichstellung

Ort: Berlin

Mit einer festlichen Abendveranstaltung am 5. Dezember werden wir das Vernetzungstreffen aller Aktiven in der gleichstellungspolitischen Szene eröffnen. Am 6. Dezember lädt ein Fachtag mit inhaltsreichen Workshops und Paneldiskussionen zum Austausch ein.
Pandemiebedingt planen wir ein hybrides Format in Berlin mit Livestreams für wesentliche Teile der Veranstaltung.

Weitere Informationen zum Programm, zu den Speaker*innen und zur Anmeldung finden Sie in Kürze auf

www.bundesstiftung-gleichstellung.de.

WEITERE INFORMATIONEN

Im Abstand von fünf Jahren erhebt das Statistische Bundesamt Einkommen und Ausgaben der Bevölkerung in Deutschland über die repräsentative Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Diese Daten dienen unter anderem zur Ermittlung des Existenzminimums von Kindern. Davon hängt gerade in diesen Zeiten viel ab: die Höhe des Bürgergelds und Kinderzuschlags, die Höhe des steuerlichen Kinderfreibetrags und Kindergelds sowie die Höhe des Mindestunterhalts und Unterhaltsvorschusses.

Schreiben von der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend an Vereine, Verbände, Träger, Projekte und Beratungsstellen für Familien

Schreiben von der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend an Familien in Deutschland

Weitere Informationen zur EVS finden Sie im Flugblatt.

 

Eine Reform des Sorge-, Umgangs- und Unterhaltsrechts wird seit einigen Jahren intensiv diskutiert. Nunmehr ist eine Modernisierung des Familienrechts auch im aktuellen Koalitionsvertrag festgehalten. Der Deutsche Verein weist ausdrücklich darauf hin, dass bei den anstehenden Diskussionen um eine umfassende Reform des Familienrechts und Familienverfahrensrechts insbesondere auch auf die Fälle zu schauen ist, in denen aus unterschiedlichen Gründen die gemeinsame Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung nicht im Sinne des Kindeswohls ist oder nicht verwirklicht werden kann.

Die Empfehlung können Sie hier herunterladen: Empfehlungen des Deutschen Vereins für eine Reform des Familien- und Familienverfahrensrechts unter Berücksichtigung von häuslicher Gewalt (deutscher-verein.de)

Angesichts der Gewaltbetroffenheit von Frauen als Menschenrechtsverletzung, der Handlungsaufträge der Istanbul-Konvention sowie der noch immer überwiegend ungesicherten Situation von Fachberatungsstellen und Frauenhäusern und der Zugangsschwierigkeiten für viele gewaltbetroffene Frauen zu Schutz und Beratung spricht sich der Deutsche Verein dafür aus, eine neue eigenständige Regelung auf Bundesebene zur Absicherung des Hilfesystems für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder außerhalb der bestehenden Sozialgesetzbücher zu schaffen.

Die Empfehlungen formulieren konkrete Anforderungen an ein solches Bundesgesetz. So ist dieses so auszugestalten, dass ein flächendeckendes und bedarfsgerechtes Schutz- und Beratungsangebot zu vergleichbarer Qualität in Deutschland umgesetzt und gesichert wird. Voraussetzung für den Zugang zu Schutz und Beratung soll allein die Betroffenheit der Frauen und ihrer Kinder von Gewalt oder drohender Gewalt sein. Das neue Bundesgesetz soll die Regelungen für die erforderliche Beratung und Unterstützung der gewaltbetroffenen Frauen und ihrer Kinder, für die gebotene Prävention und Öffentlichkeitsarbeit sowie für die Sicherung der Unterkunft im Frauenhaus einschließlich ihrer Finanzierung umfassen. Leistungen zur materiellen Existenzsicherung für die gewaltbetroffenen Frauen sollen nicht Bestandteil des neuen Bundesgesetzes sein, sondern in den bestehenden Gesetzbüchern verbleiben.

Die Empfehlung können Sie hier herunterladen: Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Absicherung des Hilfesystems für von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffene Mädchen, Frauen und ihre Kinder (deutscher-verein.de)

In Deutschland gelten rund 2,2 Millionen Schülerinnen und Schüler als „bildungsarm“, denn sie verfügen zum Beispiel nicht über die Mindestkompetenzen in Deutsch und Mathematik. Die Gründe dafür sind vielfältig, und ebenso vielfältig ist diese Zielgruppe, die seit PISA vereinfachend „Risikogruppe“ genannt wird. Meist handelt es sich um Kinder und Jugendliche, die in ökonomisch prekären Verhältnissen aufwachsen, sowie Schülerinnen und Schüler aus Förderschulen.

Wer für die „Risikogruppe“ neue Zugänge im Bildungssystem öffnen und ihre Bildungschancen verbessern will, muss die realen Lebenswelten dieser Kinder, Jugendlichen und Familien genau in den Blick nehmen. Denn um wirksam zu werden, müssen sich die Interventionsstrategien auf die jeweiligen Problemlagen beziehen.

Die Autorinnen und Autoren der Publikation „Bildung im Sozialraum“ haben das mittels Interviews getan. Und sie geben dezidierte Empfehlungen, wie aus Risiken Chancen erwachsen können.

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