ZFF-Info 10/2022

Unser zweiwöchentlich erscheinender Newsletter bietet Ihnen aktuelle familienpolitische Informationen aus Politik, Gesellschaft, Wissenschaft und Verbänden. Ebenfalls erhalten Sie tagesaktuelle Informationen aus dem ZFF, Veranstaltungshinweise und politische Stellungnahmen. Zudem setzen wir immer wieder Schwerpunkte zu einzelnen Themenfeldern. Gerne können Sie das ZFF-Info auch zur Verbreitung Ihrer Termine und Aktivitäten nutzen.  

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AUS DEM ZFF

Anlässlich der Konferenz der Gleichstellungsminister*innen 2022 fordert das Bündnis „Sorgearbeit fair teilen“ die Landesminister*innen und Senator*innen auf, die Folgen, die sich für viele Frauen aus der Corona-Pandemie ergeben, ernst zu nehmen und sich für die faire Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern stark zu machen.

Das ZFF ist einer von 13 Mitgliedsverbänden des im Sommer 2020 gegründeten zivilgesellschaftlichen Bündnisses Sorgearbeit fair teilen. Das Bündnis setzt sich für die geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit im Lebensverlauf ein. Seine Mitgliedsverbände haben sich zum Ziel gesetzt, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft für den Gender Care Gap und seine Auswirkungen zu sensibilisieren und sich für die Schließung der Sorgelücke einzusetzen.

Die Pressemitteilung des Bündnisses finden Sie hier.

Weitere Informationen zum Bündnis „Sorgearbeit fair teilen“ unter: www.sorgearbeit-fair-teilen.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 29.06.2022

In Nordrhein Westfalen, als erstes Bundesland in diesem Jahr, haben die Sommerferien begonnen. Dies ist für viele Familien und ihre Kinder aber nicht gleichbedeutend mit einer unbeschwerten Zeit, sondern vielfach wird soziale Ausgrenzung umso deutlicher: Während die einen die nächste Flugreise planen, können sich andere Familien nicht mal einen Wochenendausflug mit Übernachtung leisten. In der Reisezeit werden soziale und Umweltfragen gleichermaßen deutlich.

Das ZFF möchte auf diese Zusammenhänge hinweisen und sie auf die politische Tagesordnung setzen. Gemeinsam mit einem breiten Bündnis aus sozial- und umweltpolitischen Verbänden und Organisationen haben wir zehn Thesen für einen sozialen und ökologischen Neustart formuliert, um auf die Problematik aufmerksam zu machen und zum Handeln aufzufordern!

Die „Zehn Thesen für einen sozial und ökologischen Neustart“ mit einer Liste aller unterzeichnenden Organisationen und Verbände finden Sie hier.  

Quelle: Pressehinweis Zukunftsforum Familie e. V. vom 23.06.2022

In der heutigen Anhörung des Familienausschusses im Deutschen Bundestag begrüßt das Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF) die darin geforderten Sofortmaßnahmen für Alleinerziehende. Allerdings gehen uns die geforderten Maßnahmen zur Unterstützung Alleinerziehender nicht weit genug.  

Alexander Nöhring, Geschäftsführer des ZFF, erklärt dazu: „Die Corona-Krise, aber auch die anhaltend hohe Inflation stellen Familien und insbesondere Alleinerziehende vor besondere Herausforderungen. Fehlende Kinderbetreuung, Homeoffice, steigende Lebensmittelpreise und kaum oder keine Unterstützung durch einen zweiten Elternteil bringen Alleinerziehende vielfach an ihre Belastungsgrenze. Um diesen Belastungen entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung in der letzten, aber auch in der aktuellen Legislaturperiode einige Maßnahmen zur Unterstützung von Familien auf den Weg gebracht. Diese gehen aber teilweise an Alleinerziehenden vorbei oder erreichen sie nur unzureichend, weil z.B. durch Verrechnungen mit dem Kindesunterhalt Leistungen nur zur Hälfte beim alleinerziehenden Elternteil ankommen (Kinderbonus) oder das Einkommen so gering ist, dass Steuerentlastungen gar nicht spürbar sind.“

Nöhring ergänzt: „Um Alleinerziehende zu stärken und ihnen und ihren Kindern mehr Zeit, Chancen und gute Lebensbedingungen zu schaffen, muss die Politik endlich gute und existenzsichernde Erwerbsarbeit, mehr Unterstützung bei der Rückkehr ins Berufsleben und eine armutsfeste Kinder- und Familienförderung bereitstellen. Wir brauchen daher dringend eine geschlechtergerechte Verteilung und Gestaltung von Erwerbs- und Sorgearbeit vom Beginn des Familienlebens an. Damit könnte die eigene Existenzsicherung für Alleinerziehende – weit überwiegend Frauen – nach einer Trennung wahrscheinlicher werden. Darüber hinaus brauchen Alleinerziehende dringend eine Kindergrundsicherung in ausreichender Höhe. Auch der geplante einfache Zugang zu der Leistung kann dafür Sorge tragen, dass alle Kinder und Jugendlichen die Leistungen auch wirklich erhalten, die ihnen zustehen.“  

Alexander Nöhring nimmt heute als Sachverständiger an der öffentlichen Anhörung teil. Diese wird live im Parlamentsfernsehen und im Internet unter www.bundestag.de übertragen.

Die Stellungnahme des Zukunftsforum Familie e.V. anlässlich der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages zum Antrag der CDU/CSU-Bundestagfraktion “Alleinerziehende in der aktuellen hohen Inflation nicht allein lassen” finden Sie hier

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 20.06.2022

SCHWERPUNKT I: Streichung §219a StGB

Morgen wird der Deutsche Bundestag die Streichung von § 219a aus dem Strafgesetzbuch in 2./3. Lesung voraussichtlich beschließen. Das ist ein wichtiger Schritt für die Selbstbestimmung von Frauen und ein wichtiger Schritt in Richtung eines modernen Strafrechts.

Sonja Eichwede, rechtspolitische Sprecherin:

„Die Streichung von § 219a Strafgesetzbuch stärkt die sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung von Frauen und verbessert die Rechtssicherheit für Ärztinnen und Ärzte. Denn § 219a schränkt den Zugang zu medizinisch sachlichen Informationen ein und ist mit unserem heutigen Verständnis von Selbstbestimmung nicht vereinbar. Ärztinnen und Ärzte müssen befürchten, für die öffentliche Verbreitung sachlicher Informationen über rechtmäßige Schwangerschaftsabbrüche verfolgt zu werden.

Die selbstbestimmte Entscheidung einer Frau über Fortführung oder Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft ist auch eine ihre Gesundheit betreffende Entscheidung. Zu einer guten und zeitgemäßen medizinischen Versorgung gehört der öffentliche Zugang zu verlässlichen sachlichen Informationen. Es ist überfällig, dass sich ungewollt schwangere Frauen gerade bei Ärztinnen und Ärzte informieren können, die selbst Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Dies setzt auch unlauteren Informationsquellen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegner etwas entgegen.“

Leni Breymaier, frauenpolitische Sprecherin:

„Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen in einer Gesellschaft leben, in der Frauen nicht mehr für ihre Selbstbestimmung kämpfen müssen. Die Streichung des § 219a ist hierfür ein wichtiger und längst überfälliger Schritt.

Um das reproduktive Selbstbestimmungsrecht von Frauen weiter zu stärken, werden wir noch weiter gehen. Sogenannte Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Arztpraxen setzen schwangere Frauen psychisch unter Druck. Sie erschweren zudem die Arbeit der Beratungsstellen und Arztpraxen. Höchste Zeit, dass wir sogenannten Gehsteigbelästigungen einen gesetzlichen Riegel vorschieben.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion  vom 23.06.2022

Zur Streichung von § 219a StGB erklärt die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion Katrin Helling-Plahr:

„Mit der Streichung von § 219a STGB ermöglichen wir Frauen endlich den umfassenden Zugang zu sachlichen Informationen über Schwangerschaftsabbrüche und schaffen Rechtssicherheit für Ärztinnen und Ärzte. Frauen in der Notsituation einer ungewollten Schwangerschaft brauchen umfassende Informationen, um die für sich richtige Entscheidung treffen zu können. Ärztinnen und Ärzte, die selbst Abtreibungen vornehmen, müssen ihrerseits über Abtreibungen informieren dürfen – auch öffentlich im Internet. Jenen, die sich wie Kristina Hähnel in der Vergangenheit entschlossen haben, trotz drohender strafrechtlicher Sanktionen Frauen zu informieren, gebührt unser Dank und unsere Anerkennung. Die Fortschrittskoalition hat diesen Missstand nun beendet. Der haltlose Anwurf aus dem konservativen Lager, durch die Abschaffung würde der Lebensschutz aufgeweicht, zeigt, wer sich ernsthaft mit dem Thema auseinandergesetzt hat und wer eben nicht. Das ungeborene Leben ist in Deutschland unverändert stark geschützt. Anpreisende Werbung bleibt selbstverständlich verboten.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 24.06.2022

Der Rechtsausschuss hat am Mittwochmorgen die Streichung des sogenannten Werbeverbotes für Schwangerschaftsabbrüche im Strafgesetzbuch beschlossen. Zudem soll das Recht von Ärztinnen und Ärzten und anderer Einrichtungen, sachlich über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren, nunmehr auch im Schwangerschaftskonfliktgesetz festgeschrieben werden. Für den Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/1635) in geänderter Fassung stimmten die Vertreter der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bei Gegenstimmen von CDU/CSU und AfD. Anträge von Union (20/1017) und AfD (20/1505, 20/1866), die sich jeweils gegen das Vorhaben gerichtet hatten, sowie der Linken (20/1736), die weitergehende Forderungen gestellt hatte, fanden keine Mehrheit. Die Vorlagen will der Bundestag am Freitag abschließend beraten.

Der Regierungsentwurf sieht vor, den Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches („ Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“) zu streichen. Urteile, die aufgrund dieser Norm erlassen worden sind, sollen aufgehoben werden. Zudem sollen Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes so angepasst werden, dass sowohl medizinisch indizierte als auch medizinisch nicht indizierte Schwangerschaftsabbrüche erfasst werden.

Der Ausschuss beschloss auf Antrag der Koalition Änderungen an dem Gesetzentwurf. Vorgesehen ist neben einer redaktionellen Änderung nunmehr auch eine Ergänzung im Schwangerschaftskonfliktgesetz. In Paragraf 13a soll ein neuer Absatz 3 ergänzt werden. Nach diesem soll es „Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen, Krankenhäusern sowie Ärztinnen und Ärzten“ gestattet sein, „sachlich und berufsbezogen über die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs, der unter den Voraussetzungen des § 218a Absatz 1 bis 3 des Strafgesetzbuches vorgenommen werden soll, zu informieren“.

Zudem soll durch eine weitere Änderung – ohne direkten Bezug zum Werbeverbot – das „Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen“ angepasst werden. Die Frist zur Anmeldung von Ansprüchen auf Entschädigung soll um fünf Jahre bis zum 21. Juli 2027 verlängert werden. Dieser Änderung stimmte in getrennter Abstimmung bei Enthaltung der AfD auch die Union zu.

Die hib-Meldung zum Regierungsentwurf: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-892626

Die hib-Meldung zum Unionsantrag: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-885932

Die hib-Meldung zum ersten AfD-Antrag: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-896194

Die hib-Meldung zum zweiten AfD-Antrag: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-891538

Die hib-Meldung zum Linken-Antrag: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-894188

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 314 vom 22.06.2022

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt uneingeschränkt die heute im Deutschen Bundestag beschlossene Abschaffung des § 219a StGB, der Informationen zum Thema Schwangerschaftsabbruch unter Strafe stellte.

Der Verband setzte sich seit 2017 für die ersatzlose Streichung der Norm ein. In insgesamt sieben Stellungnahmen hat der djb die Abschaffung gefordert und Reformvorschläge im Bereich der reproduktiven Rechte angemahnt. Der Bundeskongress des djb im September 2017, wenige Wochen vor der ersten Gerichtsverhandlung im Verfahren gegen die Ärztin Kristina Hänel, fand zu diesem Thema statt und diskutierte die Notwendigkeit einer Abschaffung der Norm.

Die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Maria Wersig, die auf der Tribüne des Bundestages die historische Debatte gemeinsam mit vielen Vertreter*innen der Zivilgesellschaft und betroffenen Ärztinnen und Ärzten verfolgt hat, kommentiert: „Die Streichung des § 219a StGB war lange überfällig. Ein breites Bündnis hat diese gesellschaftspolitische Diskussion vorangebracht und auch der djb hat mit seiner Expertise einen Beitrag zum heutigen Ergebnis geleistet. Dank gilt den betroffenen Ärztinnen und Ärzten, die sich gegen die Kriminalisierung gewehrt haben. Der Deutsche Juristinnenbund wird sich weiterhin engagiert in die rechtspolitische Diskussion über reproduktive Rechte einbringen, denn es gibt weiterhin viel zu tun. Ein Beispiel ist der in Deutschland noch nicht umgesetzte und im Koalitionsvertrag verankerte kostenlose Zugang zu Verhütungsmitteln, der zeitnah umgesetzt werden sollte und aktuellen Sparzwängen schon aus menschenrechtlichen Gründen nicht geopfert werden darf.“

Die Vorsitzende der Strafrechtskommission Dr. Leonie Steinl ergänzt: „Für eine vollständige Gewährleistung reproduktiver Selbstbestimmung und reproduktiver Gesundheit sind weitere Maßnahmen erforderlich. Insbesondere muss der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen verbessert werden. Bestehende Barrieren müssen durch eine verbesserte Informations- und Versorgungslage abgebaut werden.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 24.06.2022

SCHWERPUNKT II: Bundestagsanhörung zur Entlastung Alleinerziehender

Alleinerziehende müssen angesichts der aktuellen Preissteigerungen stärker entlastet werden. Darin waren sich die geladenen Sachverständigen in einer Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montag einig. Anlass der Anhörung war ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/1334), in dem unter anderem gefordert wird, den 2020 auf 4.008 Euro angehobenen steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende auf 5.000 Euro aufzustocken und zu prüfen, ob der Entlastungsbetrag in einen Abzug von der Steuerschuld umgewandelt werden könnte. Romy Ahner vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge wies im Zusammenhang mit steuerlichen Entlastungen darauf hin, dass dabei auf etwaige unerwünschte Wechselwirkungen mit anderen Geldleistungen geachtet werden müsse. Mit Blick auf die von der Ampelkoalition geplante Einführung einer Kindergrundsicherung komme es darauf an, wie die Schnittstelle zum Steuerrecht und zum Unterhaltsrecht ausgestaltet wird.

Die Schnittstellenproblematik sah auch Alexander Nöhring vom Zukunftsforum Familie. Zwar würde ein steuerlicher Abzugsbetrag steuerzahlende Alleinerziehende deutlich besser entlasten. Viele Alleinerziehende seien aufgrund ihrer Armutsbetroffenheit aber überhaupt nicht oder nur in geringem Umfang steuerpflichtig. Nöhring plädierte für die im Koalitionsvertrag vorgeschlagene Einführung einer Steuergutschrift, um geringverdienende Alleinerziehende in Form einer „negativen Einkommensteuer“ zu unterstützen. Anne Lenze von der Hochschule Darmstadt befürwortete einen höheren Entlastungsbetrag, wobei man diskutieren müsse, ob die im Unionsantrag vorgeschlagenen 5.000 Euro ausreichen.

Für Matthias Dantlgraber vom Familienbund der Katholiken muss die Umwandlung des Entlastungsbetrags in eine Steuergutschrift gut überlegt werden. Ob sie befürwortet werden könnte, hänge von ihrer Höhe ab. Laut Uwe Rauhöft vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine gibt es keine Definition, welche Belastungen der Entlastungsbetrag abgelten soll. Der Entlastungsbetrag sei ein Nachteilsausgleich für Alleinerziehende, die das steuerliche Ehegattensplitting nicht nutzen können. Er könne den Splittingvorteil der Ehepaare aber nicht kompensieren. Rauhöft machte zudem auf das Problem aufmerksam, dass der Entlastungsbetrag für ein jüngeres Kind entfällt, wenn bei einem älteren Alleinerziehenden-Kind altersbedingt das Kindergeld gestrichen wird, obwohl das ältere Kind weiterhin im Haushalt verbleibt.

Einhellig begrüßten die Sachverständigen den Vorschlag im Unionsantrag, das Kindergeld nur noch hälftig auf den Unterhaltsvorschuss anzurechnen.

Bis Ende 2007 war das Kindergeld nur zur Hälfte von der Höhe der Unterhaltsvorschussleistung abgezogen worden, seit 2008 gilt die volle Anrechnung des Kindergeldes – eine damalige „Sparmaßnahme“, die rückgängig gemacht werden sollte, so der Tenor. Regina Offer von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände unterstützte die Forderung ebenfalls, erinnerte aber zugleich an den Finanzierungskonflikt zwischen Bund und Ländern im Zusammenhang mit der Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes 2017.

Auch weitere Forderungen der Unionsfraktion, den Freibetrag für den Wohngeldbezug von Alleinerziehenden von derzeit 1.320 Euro jährlich um 20 Prozent zu erhöhen und kurzfristig den im Juni beschlossenen Kinderbonus für Alleinerziehende von 100 auf 150 Euro anzuheben, stießen auf Zustimmung. Für Daniela Jaspers vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter wäre die Anhebung des Freibetrags beim Wohngeld ein richtiger und zielgenauer Ansatz, weil sie dazu beitragen könnte, Nachteile von Alleinerziehenden auf dem Wohnungsmarkt abzumildern.

Ein höherer Kinderbonus lässt sich für Ulrike Spangenberg vom Deutschen Juristinnenbund gleichheitsrechtlich mit den besonderen inflationsbedingten Belastungen von Alleinerziehenden begründen, die im Verhältnis zum Haushaltseinkommen etwas höher seien als die von Paarfamilien. Anne Lenze von der Hochschule Darmstadt meinte, der Kinderbonus sei im Antrag etwas „nebulös“ gehalten, aber: „Geld hilft immer.“

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 310 vom 21.06.2022

Heute wird im Familienausschuss des Bundestages über einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion debattiert, der das Ziel verfolgt angesichts der aktuellen Inflation Alleinerziehende stärker zu entlasten. Die Position des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (djb) wird vertreten von Dr. Ulrike Spangenberg, Mitglied der Kommission Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich.

Der djb unterstützt in seiner Stellungnahme ausdrücklich das Ziel des Antrags. Denn Alleinerziehende sind besonders häufig von Armut und somit auch von den Auswirkungen der Inflation betroffen. Einige der vorgeschlagenen Maßnahmen entsprechen langjährigen djb-Forderungen. Sie könnten nicht nur dazu dienen, die aktuellen inflationsbedingten Belastungen zu verringern, sondern darüber hinaus die finanziellen Rahmenbedingungen für Alleinerziehende grundsätzlich verbessern. Dazu gehört insbesondere der Vorschlag, das Kindergeld nur noch hälftig auf den Unterhaltsvorschuss anzurechnen.

Die von der CDU/CSU-Fraktion vorgeschlagene Erhöhung des Steuerentlastungsbetrags von derzeit 4.008 auf 5.000 Euro ist angesichts der Einkommensrealitäten von Alleinerziehenden jedoch wenig zielführend beziehungsweise nicht ausreichend. „Mit dieser Maßnahme würden Alleinerziehende mit hohem Einkommen ohne erkennbaren sachlichen Grund stärker entlastet als Alleinerziehende mit geringem Einkommen. Dies ist mit Blick auf das Gleichheitsgebot aus dem Grundgesetz nicht zu rechtfertigen und widerspricht darüber hinaus dem Ziel des Antrags, inflationsbedingte Belastungen auszugleichen. Der richtige Weg wäre hier die Einführung einer Steuergutschrift, wie sie bereits im Koalitionsvertrag vorgesehen ist.“, fordert die Präsidentin des djb Professorin Dr. Maria Wersig. „Damit würden Alleinerziehende in allen Einkommensgruppen unterstützt. Derzeit fallen Alleinerziehende, die kaum oder keine Steuern zahlen und nicht im SGB II-Bezug sind, aus dem Raster.“

Zudem ist darauf zu achten, dass unerwünschte Neben- oder Wechselwirkungen zu bewährten Sozialleistungen wie Wohngeld, zum Bildungs- und Teilhabepaket oder zum Kinderzuschlag vermieden werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 20.06.2022

Die heute im Familienausschuss diskutierte Änderung in der Berechnung des Unterhaltsvorschusses ist für die  Kinderarmutsprävention dringend notwendig und  ein wichtiger Baustein im Rahmen einer  notwendigen Reform der kinderbezogenen  Sozialleistungen.

In der heutigen öffentlichen Anhörung im Familienausschuss des Bundestages diskutieren der Familienbund der Katholiken und andere Sachverständige unter anderem über Änderungen  beim Unterhaltsvorschuss, über die Anhebung des  Entlastungsbetrages für Alleinerziehende und einen  Kinderbonus.
„Diese Punkte versprechen Alleinerziehenden mehr  Geld, gerade in Zeiten von 7 % dauerhafter Inflation sind sie dringend notwendig, denn steigende Preise  für Nahrungsmittel, Strom und Mieten bedeuten  besonders für Ein-Eltern-Familien erhebliche  Belastungen und ein großes Armutsrisiko“ sagte  Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes  der Katholiken heute vor der Anhörung.

Der Familienbund der Katholiken hält die im  Antrag der Unionsfraktion vorgesehenen  Maßnahmen grundsätzlich für gut und sachgerecht. Es gilt jedoch Alleinerziehende insbesondere auch  im Rahmen einer allgemeinen Reform der  Familienförderung zu unterstützen, die einerseits  alle Familien im Blick hat und andererseits einen  besonderen Schwerpunkt auf den unteren und  mittleren Einkommensbereich legt, in dem auch die Einkommen der meisten Alleinerziehenden liegen.

Zum Unterhaltsvorschuss erklärt Hoffmann: „Bei der Berechnung wird derzeit das volle Kindergeld gegengerechnet. Hier ist die Idee, das Kindergeld nur hälftig anzurechnen, ein echter Leistungsgewinn und ein Schritt zu mehr Gerechtigkeit zwischen Alleinerziehenden mit und ohne Unterhaltsvorschuss.“
Der Familienbund unterstützt diesen Punkt. Die derzeitige Praxis der Berechnung von Kindergeld und Unterhaltsvorschuss widerspricht der beim Unterhalt bereits vorgenommenen hälftigen Anrechnung und ist systematisch nicht begründbar. Durch eine nur hälftige Anrechnung des  Kindergeldes hätten Alleinerziehende im Unterhaltsvorschussbezug monatlich 109,50 € mehr zur Verfügung. Diese finanziell deutliche Verbesserung würde vielen helfen, unabhängig von der Grundsicherung zu werden.

Hoffmann äußerte sich auch zum steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: „Sie tragen die Hauptverantwortung für die Erziehung ihrer Kinder und finanzielle Mehrbelastungen. Das sollte dementsprechend auch berücksichtigt werden“. Die Erhöhung des Entlastungsbetrages auf 5.000 Euro ist grundsätzlich ein positiver Ansatz, wird jedoch nur bei wenigen Haushalten aufgrund ihrer zu geringen Einkommen ankommen. Grundsätzlich würde es der Familienbund für richtig halten, den Entlastungsbetrag exakt zu berechnen. Denn er ist vor allem als steuerliche Berücksichtigung einer tatsächlichen Mehrbelastung von Alleinerziehenden überzeugend. Soweit es um eine Förderung von Alleinerziehenden gehen soll, wären die familienpolitischen Leistungen der richtige  Ansatzpunkt.

„Der angedachte Kinderbonus in Höhe von 150 Euro ist ein weiterer wichtiger Punkt, jedoch sollte er allen Familien zur Verfügung stehen, um niemanden zu benachteiligen“ fügte Hoffmann hinzu.
Obwohl die Berücksichtigung besonderer  Belastungen von Alleinerziehenden richtig ist, bleibt folgender Grundsatz wichtig: Die  Familienförderung sollte nicht in erster Linie nach  Familienform differenzieren, sondern vor allem  nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und  Kinderzahl. Gerade davon würden viele  Alleinerziehende besonders profitieren. 

Weiterführende Informationen
Stellungnahme des Familienbundes der Katholiken zum Antrag der Fraktion CDU/CSU:
Alleinerziehende in der aktuellen hohen Inflation nicht allein lassen.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 20.06.2022

Die aktuelle Inflation trifft viele Alleinerziehende so hart, da sie vielfach aufgrund ihres überproportional hohen Armutsrisikos keine finanziellen Puffer haben, um Preissteigerungen aufzufangen. Heute befasst sich der Familienausschuss des Bundestages in einer Anhörung mit der Frage, wie Alleinerziehende besser unterstützt werden können. Grundlage ist ein Antrag der Union.

„Wo das Geld kaum die laufenden Ausgaben deckt, wird jede Extraausgabe zu einer Herausforderung: das Taschengeld für den anstehenden Wandertag, die Brille, die kaputte Schultasche. Das bedeutet für noch mehr Kinder, oft nicht dabei sein zu können – nicht mit zur Eisdiele, ins Kino gehen zu können“, unterstreicht Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV), die den VAMV als Sachverständige bei der Anhörung vertritt.

„Der Antrag gibt insbesondere mit der Forderung nach einer nur noch hälftigen Anrechnung des Kindesgeldes auf den Unterhaltsvorschuss, einer Erhöhung des Alleinerziehenden-Freibetrags beim Wohngeld sowie der Weiterentwicklung des steuerlichen Entlastungsbetrags für Alleinerziehende zu einem Steuerabzugsbetrag gute Ansätze, akut Alleinerziehende zu unterstützen, auch wenn hier jeweils noch weitergehende Reformbedarfe bestehen“, erklärt Jaspers.

„Gleichzeitig ist jedoch ein umfassender Politikansatz notwendig, um von vornherein das Armutsrisiko von Alleinerziehenden zu senken, so dass diese besser gegen Krisen gewappnet sind“, dringt Jaspers. „Gute Politik für Alleinerziehende muss hierfür Rahmenbedingungen schaffen: durch tatsächlich bedarfsdeckende Kinderbetreuung, eine familienfreundliche und geschlechtergerechte Arbeitswelt, bezahlbaren Wohnraum, Steuergerechtigkeit und eine Kindergrundsicherung. Eine gute Ausgestaltung der Kindergrundsicherung für Ein-Elternfamilien ist Voraussetzung, um Kinderarmut zu bekämpfen. Denn jedes zweite Kind in Armut wächst bei einem alleinerziehenden Elternteil auf.“

Die ausführliche Stellungnahme zur Anhörung finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 20.06.2022

SCHWERPUNKT III: Weltflüchtlingstag

„Die unbürokratische Aufnahme von Millionen Geflüchteten aus der Ukraine in der EU hat gezeigt, dass eine solidarische Asylpolitik, die die Rechte und Würde von Schutzsuchenden wahrt, grundsätzlich möglich ist. Dennoch setzt die EU bei anderen, vor allem nicht-europäischen Geflüchteten, auf Abschreckung, Entrechtung und Abschottung: Rechtswidrige Zurückweisungen durch Pushbacks und Misshandlungen von Schutzsuchenden an den Außengrenzen, Internierungslager für Geflüchtete in Polen, menschenunwürdige Hot-Spot-Lager auf den griechischen Inseln und fast 50.000 Tote infolge der EU-Abschottungspolitik. Die unerträgliche Liste der zum Teil schon seit Jahren hingenommenen Menschenrechtsverletzungen im Namen der EU ließe sich noch lange fortsetzen. Hier braucht es ein radikales Umdenken, ein klares Bekenntnis zu Humanität und Menschenrechten, wenn die EU nicht jegliche Glaubwürdigkeit beim Thema Flüchtlingsschutz verlieren will“, erklärt Clara Bünger, fluchtpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20. Juni. Laut aktuellen Zahlen des UNHCR befinden sich im Jahr 2022 weltweit über 100 Millionen Menschen auf der Flucht. Das entspricht mehr als einem Prozent der Weltbevölkerung. Bünger weiter:

„Die Grundhaltung bei der Aufnahme der Geflüchteten aus der Ukraine stimmt: Die Menschen werden solidarisch aufgenommen. Sie können zunächst selbst entscheiden, in welchem Land sie um Schutz nachsuchen wollen, vor allem bei der Unterbringung können zivilgesellschaftliche Ressourcen und die Aufnahmebereitschaft in der Bevölkerung so genutzt werden. Ukrainerinnen und Ukrainer erhalten einen sicheren Status und können von Beginn an arbeiten und Sprachkurse besuchen. Sozialrechtlich und bei der Gesundheitsversorgung werden sie der übrigen Bevölkerung weitgehend gleichgestellt. Das müsste Vorbild für die Aufnahme bei Schutzsuchenden aus anderen Ländern wie Syrien, Afghanistan, Eritrea, dem Jemen sein, die ebenso vor Krieg, Gewalt, Unfreiheit, Terror und Folter fliehen müssen. Sie gelangen zumeist nur auf äußerst gefährlichen Fluchtrouten in die EU, häufig über das Mittelmeer. Darauf folgt für viele ein Leben unter menschenunwürdigen Bedingungen in Lagern auf den griechischen Inseln oder gar eine Inhaftierung.

Auch in Deutschland sind viele Schutzsuchende gezwungen, sich in Massenunterkünften aufzuhalten. Dort leben sie ohne jegliche Privatsphäre in engen Räumen, stigmatisiert und ausgegrenzt. Das ist sogar der Fall, wenn sie bei Verwandten unterkommen könnten. Es gibt Bewegungseinschränkungen und Arbeitsverbote, eine gesundheitliche Versorgung erfolgt nur eingeschränkt, etwa bei akuten Schmerzzuständen. Das alles dient der gezielten Abschreckung. Sozialleistungen für Asylsuchende sind deutlich gekürzt, oft gibt es nur unzureichende Sachleistungen, die ein Leben in Menschenwürde nicht ermöglichen. Die EU-Innenministerinnen und -minister haben sich auf ihrem vergangenen Gipfel mehrheitlich darauf verständigt, dass es künftig sogenannte Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen geben soll. Das bedeutet für viele Schutzsuchende unzumutbare und unfaire Schnellverfahren an den Grenzen, oft verbunden mit monatelanger Haft. Ein weiterer Rückschritt mit Blick auf die ohnehin schon prekären Zustände an den Außengrenzen. Das steht in eklatantem Widerspruch zu einer menschenrechtsbasierten Asylpolitik.

Wir müssen eine Antwort auf die damit zusammenhängenden Aufgaben und Probleme finden, die nicht auf Abschottung und Abschreckung setzt und die stattdessen die Rechte der Menschen und ihre Würde in den Mittelpunkt stellt.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 17.06.2022

  • 2,3 Millionen Menschen sind aus Gründen von Flucht und Vertreibung seit 1950 nach Deutschland zugewandert
  • Knapp eine Million noch lebende Vertriebene des Zweiten Weltkrieges

Der Krieg in der Ukraine hat auch die Erfahrungen von Geflüchteten während und nach früheren Fluchtbewegungen in den Fokus gerückt. Bereits vor Ausbruch des Krieges haben in Deutschland im Jahr 2021 mindestens 3,3 Millionen Menschen gelebt, die aus Gründen von Flucht, Vertreibung oder auf der Suche nach internationalem Schutz auf das heutige Gebiet Deutschlands zugewandert sind. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Weltflüchtlingstages sowie des Gedenktages für die Opfer von Flucht und Vertreibung am 20. Juni auf Basis von Daten des Mikrozensus 2021 mitteilt, sind seit 1950 2,3 Millionen Menschen aus Gründen von Flucht und Vertreibung zugewandert. Bei weiteren 962 000 Menschen handelt es sich um Vertriebene des Zweiten Weltkrieges. Für 2022 liegen noch keine Daten vor, die Zahl dürfte aufgrund des Krieges in Ukraine und der damit einhergehenden Fluchtzuwanderung deutlich höher liegen.

1,2 Millionen Personen zwischen 2014 und 2021 nach Deutschland geflohen

Von den 2,3 Millionen Menschen, die nach 1950 aus Gründen von Flucht und Vertreibung nach Deutschland kamen, ist allein gut die Hälfte (1,2 Millionen Menschen) in den Jahren 2014 bis 2021 nach Deutschland zugewandert. Weitere 487 000 Personen sind zwischen 1990 und 2000 nach Deutschland geflohen, unter anderem aufgrund der Kriege auf dem Gebiet des früheren Jugoslawiens. Die geflüchteten Zugewanderten sind durchschnittlich 40 Jahre alt, 41 % sind Frauen und 59 % Männer.

Von den 2,3 Millionen Zugewanderten mit Migrationshintergrund, die hauptsächlich aus Gründen von Flucht und Vertreibung nach Deutschland gekommen sind, wurde knapp jede dritte Person (29 % beziehungsweise 670 000 Menschen) in Syrien geboren. Weitere 221 000 Menschen stammen aus Afghanistan und 191 000 aus dem Irak. Danach folgen Polen (141 000), der Iran (115 000) und die Türkei (102 000) als wichtigste Herkunftsstaaten. 38 000 aus der Ukraine stammende Personen gaben 2021 an, aus Gründen von Flucht und Asylsuche nach Deutschland zugewandert zu sein.

Vertriebene des Zweiten Weltkrieges heute durchschnittlich 82 Jahre alt

Vertriebene des Zweiten Weltkrieges sind Personen, die in ehemaligen deutschen Gebieten als deutsche Staatsangehörige geboren und vor 1950 auf das heutige Staatsgebiet Deutschlands zugewandert sind. Sie haben ihre Heimat im Zusammenhang mit den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung, Flucht und Ausweisung verlassen müssen. Die in Deutschland lebenden 962 000 Vertriebenen des Zweiten Weltkrieges sind durchschnittlich 82 Jahre alt, 58 % sind Frauen und 42 % Männer.

Mehr als die Hälfte aller Vertriebenen des Zweiten Weltkrieges leben in den vier Bundesländern Nordrhein-Westfalen (17 %), Bayern (14 %), Niedersachsen (13 %) und Baden-Württemberg (12 %).

Methodische Hinweise:

Der Mikrozensus ist eine Stichprobenerhebung, bei der jährlich rund 1 % der Bevölkerung in Deutschland befragt wird. Alle Angaben beruhen auf Selbstauskünften der Befragten. Um aus den erhobenen Daten Aussagen über die Gesamtbevölkerung treffen zu können, werden die Daten an den Eckwerten der Bevölkerungsfortschreibung hochgerechnet.

Die Frage nach dem Hauptgrund der Zuwanderung wird subjektiv von den Befragten beantwortet und hängt nicht zwingend mit einem offiziellen Aufenthaltstitel zusammen. Dadurch können sich Abweichungen zur Statistik der Schutzsuchenden auf Basis des Ausländerzentralregisters ergeben. Da nur das Hauptmotiv der Zuwanderung im Mikrozensus erfragt wird, können manche Geflüchteten ggf. auch andere Motive (z.B. Familienzusammenführung) als Grund ihrer Zuwanderung angeben.

Die aktuelle Fluchtbewegung aus der Ukraine kann mit den Mikrozensusdaten des Berichtsjahres 2021 nicht abgebildet werden.

Dargestellt ist die Bevölkerung in Privathaushalten am Hauptwohnsitz.

Der Mikrozensus ist die einzige derzeit verfügbare amtliche Datenquelle zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Die Basis der hier gemachten Angaben bildet der vom Statistischen Bundesamt entwickelte Begriff des Migrationshintergrunds „im weiteren Sinn“, der alle verfügbaren Informationen zur Bestimmung des Migrationshintergrundes einer Person berücksichtigt. Demnach hat eine Person einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde. Weitere Definitionen zu den hier verwendeten Begriffen bietet ein Glossar im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes.

Hinweise zur Mikrozensus-Erhebung ab Berichtsjahr 2020:

Der Mikrozensus wurde 2020 methodisch neugestaltet. Die Ergebnisse ab dem Berichtsjahr 2020 sind deshalb nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar. Damit zwischen dem Ende des Erhebungsjahres und der Ergebnisbereitstellung möglichst wenig Zeit vergeht, werden ab dem Jahr 2020 zunächst Erstergebnisse und mit einigem zeitlichen Abstand Endergebnisse veröffentlicht. Bei den in dieser Pressemitteilung veröffentlichten Zahlen handelt es sich um Erstergebnisse des Berichtsjahres 2021.

Ausführliche Informationen zu den Änderungen sowie den Auswirkungen der Neugestaltung und der Corona-Krise auf den Mikrozensus sind auf einer eigens eingerichteten Sonderseite verfügbar.

Weitere Informationen:

Der Angriff Russlands auf die Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen wirken sich auf viele Bereiche in Gesellschaft und Wirtschaft aus. Auf einer Sonderseite haben wir Daten und Informationen dazu für Sie zusammengestellt.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 20.06.2022

Mehr als 100 Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Flucht. Nie zuvor hat das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) eine größere Zahl an Vertriebenen registriert. Angesichts dessen ruft die AWO zu mehr Solidarität mit allen geflüchteten Menschen auf.

„Die Willkommenskultur nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine hat gezeigt, was möglich ist, wenn wir uns als Gesellschaft für Geflüchtete einsetzen“, so Brigitte Döcker, Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbands. „Leider erleben wir jedoch auch eine enorme Ungleichbehandlung von geflüchteten Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihrer Identität. Das dürfen wir nicht hinnehmen. Anlässlich des Weltflüchtlingstags appellieren wir daher wiederholt an die AWO-Werte Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit und fordern dazu auf, für alle geflüchteten und schutzsuchenden Menschen gleichermaßen einzustehen.“

Jeder Mensch hat das Recht, Schutz und Sicherheit zu suchen – egal wer, woher und wann. Daran soll der Weltflüchtlingstag erinnern, ein von den Vereinten Nationen eingerichteter Aktionstag, der erstmals weltweit am 20. Juni 2001 begangen wurde. Die Zahl der Menschen, die vor Krieg, Konflikten und Verfolgung fliehen müssen, war noch nie so hoch wie heute.

„Wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass hinter diesen unfassbaren Zahlen Millionen von individuellen Schicksalen und tragischen Geschichten stehen“, so Döcker weiter. „Geflüchteten Menschen mit Würde und Respekt zu begegnen – dafür setzt sich die AWO tagtäglich ein.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V.  vom 20.06.2022

LSVD kritisiert menschenverachtende Praxis des BAMF

Zum heutigen Weltflüchtlingstag mahnt der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), endlich seine diskriminierende und menschenverachtende Bescheidungspraxis zu beenden. Die Bundesregierung muss ihr Versprechen, besonders vulnerable Flüchtlinge zu schützen und für faire und rechtssichere Asylverfahren sorgen zu wollen, endlich umsetzen. Dazu erklärt Patrick Dörr aus dem LSVD-Bundesvorstand:

Wenn Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans* und intergeschlechtliche Menschen in Deutschland Asyl beantragen, müssen sie in den Anhörungen dem BAMF glaubhaft machen, dass ihnen in ihrem Herkunftsland Verfolgung droht, um einen Schutzstatus zu erhalten. Dabei dreht sich zum einen meist alles um die Frage, ob das BAMF ihre sexuelle Orientierung und/oder die geschlechtliche Identität für glaubhaft befindet, aber auch wie es die konkrete Gefährdungslage bei Rückkehr beurteilt. Dabei stellt das BAMF allerdings auch windige Prognosen an, ob die Person bei Rückkehr ein Doppelleben führen würde und sich so vor Verfolgung schützen könnte. Diese europarechtswidrigen Verhaltensprognosen führten in der Vergangenheit immer wieder dazu, dass besonders schwule, lesbische und bisexuelle Asylsuchende in die schlimmsten Verfolgerstaaten, wie den Iran und Pakistan, abgeschoben werden konnten.

Der LSVD hat hierzu dem BAMF über 70 Fälle zur Überprüfung vorgelegt. In einem halben Dutzend Fällen aus Algerien, Iran, Jamaika, Pakistan und Tunesien hat das BAMF diese rechtswidrige Praxis sogar angewandt, obwohl die schwulen und lesbischen Asylsuchenden heiraten wollten und dazu offizielle Dokumente vorlagen oder sie sogar schon verheiratet waren. Darüber hinaus hat das BAMF in zwei Fällen verheirateten gleichgeschlechtlichen Paaren das Familienasyl verweigert und darauf verwiesen, dass die Ehe z. B. im Verfolgerstaat Iran hätte gelebt werden müssen. Diese Beispiele zeigen auf, wie dringend die internen Maßstäbe des BAMF angepasst werden müssen.

Prognoseentscheidungen über das Verhalten queerer Schutzsuchender im Heimatland oder die Aufforderung, sich dort „diskret“ zu verhalten, sind unzulässig und verstoßen gegen die bereits seit 2013 bestehende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Trotzdem findet das sogenannte „Diskretionsgebot“ weiterhin Anwendung in der Bescheidungspraxis des BAMF. Die Richtlinien des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) müssen entsprechend und zügig angepasst werden, damit die offensichtlich rechtswidrigen Verhaltensprognosen bei queeren Geflüchteten endlich ein Ende haben.

Auch das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, eine „besondere Rechtsberatung“ für „queere Verfolgte“ einzurichten, muss zügig umgesetzt werden. Zwischen der Ankunft in Deutschland und der Asylanhörung vergehen oft nur wenige Tage. Damit queere Geflüchtete die oft lebenslang erlernte Scham und Angst überwinden, brauchen sie Beratung durch queere Organisationen, wo sie sich sicher fühlen können. Die Bundesregierung muss hier Wort halten und eine flächendeckende Rechtsberatung in queerer Trägerschaft fördern.

Die Aufnahme queerer Menschen aus Afghanistan muss energisch vorangetrieben werden. Die Zusagen der Bundesregierung bezüglich der Aufnahme gefährdeter Afghan*innen dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Außenministerin Baerbock und Innenministerin Faeser müssen endlich ihre Blockadehaltung aufgeben und eine klare Zusage zur Aufnahme gefährdeter LSBTI aus Afghanistan geben. Jeder Tag des Wartens bringt die betroffenen Personen weiter in Gefahr.

Hintergrund

Asylrecht: Bei homo- und bisexuellen Geflüchteten darf nicht von diskretem Leben ausgegangen werden – Für Einschätzung der Verfolgungsgefahr im Herkunftsland ist ein geoutetes Leben der Maßstab

Nach hanebüchener Verhaltensprognose droht schwulem Pakistaner die Abschiebung – Fall zeigt beispielhaft auf, wie das BAMF weiterhin gegen höchstrichterliche Asylrechtsprechung zum „Diskretionsgebot“ verstößt

Welche queerpolitischen Vorhaben stehen im Koalitionsvertrag der Ampel? Mehr Fortschritt wagen: Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit

Humanitäres Aufnahmeprogramm: LSBTI aus Afghanistan berücksichtigen – Aufruf von 41 Organisationen an Ministerinnen Baerbock und Faeser

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 20.06.2022

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Staats- und Regierungschefs einigen sich auf jährliches Monitoring um Gleichstellung voranzutreiben

Der G7-Gipfel in Elmau stellt den Höhepunkt der deutschen Präsidentschaft dar. Beim Treffen der Staats- und Regierungschefs spielt auch die Geschlechtergleichstellung eine wichtige Rolle. Mit dem heutigen Beschluss verpflichtet sich die Gruppe erstmals, Fortschritte bei der Gleichstellung in den G7-Staaten und der Europäischen Union jährlich durch ein „G7 Dashboard on Gender Gaps“ zu überprüfen. So werden Handlungsbedarfe und Erfolge der G7-Gleichstellungspolitik künftig transparent dargestellt.

Bundesgleichstellungsministerin Lisa Paus: „Gleichberechtigung ist ein Menschenrecht. Doch Frauen und Mädchen erfahren aufgrund ihres Geschlechts Diskriminierung. Frauen sind öfter als Männer von Armut betroffen und müssen vielfach körperliche oder sexuelle Gewalt ertragen. Um Geschlechtergerechtigkeit effektiv voranzutreiben, brauchen wir strukturelle Änderungen und gemeinsames Handeln. Es ist ein großer Erfolg, dass wir im Kreis der G7 das „Dashboard on Gender Gaps“ beschlossen haben. So wird der dringende Handlungsbedarf für mehr Gleichstellung schwarz auf weiß transparent. Nun kommt es darauf an, dass wir als G7 unsere Gleichstellungspolitik daran ausrichten und unsere Erfolge daran messen lassen. Das Monitoring macht deutlich, dass wir nicht nachlassen dürfen Frauen in Führungspositionen zu stärken, die Entgeltgleichheit voranzutreiben und den Schutz von Frauen vor Gewalt zu verbessern.“

Umfassendes Monitoring vielfältiger Gleichstellungsbereiche

Das „G7 Dashboard on Gender Gaps“ misst anhand von 12 Indikatoren die Fortschritte in verschiedenen gleichstellungspolitischen Bereichen: unter anderem in Bildung, Beschäftigung, unternehmerischer Tätigkeit, Frauen in Führungspositionen, politischer Teilhabe, Partnerschaftsgewalt und Entwicklungszusammenarbeit. Das Dashboard wird jährlich in Zusammenarbeit mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aktualisiert.

Ergebnisse des ersten Monitorings

Der Bericht 2022 des „G7 Dashboards on Gender Gaps“ zeigt beispielsweise, dass der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern in Deutschland (13,9%) höher ist als in der Europäischen Union (EU) (10,8%). Dies trägt dazu bei, dass der Gender Pension Gap in Deutschland deutlich höher ist als in der EU. So erhalten Frauen in Deutschland 39,2 Prozent weniger Rente als Männer, während der Rentenunterschied zwischen den Geschlechtern in der EU bei 24,3 Prozent liegt.

Gleichzeitig zeigt sich einmal mehr, dass feste Geschlechterquoten bei der Besetzung von Entscheidungspositionen wirken: Der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten liegt 2021 laut Monitoring in Deutschland bei 36,0 Prozent, während es in den OECD-Mitgliedstaaten 28,4 Prozent und auf Ebene der G7-Gemeinschaft 33,3 Prozent sind. 

Meilenstein der G7-Gleichstellungspolitik

Aufbauend auf den Ergebnissen des „G7 Dashboards on Gender Gaps“ werden die G7 gezieltere Vereinbarungen, aber auch Maßnahmen in den jeweiligen Staaten umsetzen können. Die Verabschiedung des Monitorings ist ein politisches Signal dafür, dass die Wertegemeinschaft Geschlechtergerechtigkeit voranbringen will. Die G7-Gemeinschaft verdeutlicht damit, Gleichstellung als Grundwert demokratischer Gesellschaften zu verteidigen und als wichtigen Fortschrittsfaktor voranzutreiben.

Details online abrufbar

Das G7 Dashboard on Gender Gaps finden Sie online unter: https://www.bmfsfj.de/g7-dashboard

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 27.06.2022

BZgA überreicht Lizenz zur eigenständigen Weiterführung der Initiative an den Senat für Bildung, Jugend und Familie des Landes Berlin

Kinderrechte, körperliche Selbstbestimmung und sexueller Kindesmissbrauch sind die Themen des Theaterstücks „Trau dich! Ein starkes Stück über Gefühle, Grenzen und Vertrauen“. Das Stück ist das zentrale Element der bundesweiten Initiative „Trau dich!“ zur Prävention des sexuellen Kindesmissbrauchs des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Im November 2017 startete die Kooperation zwischen „Trau dich!“ und dem Land Berlin. Als sechstes Bundesland erhält Berlin heute die Lizenz zur eigenständigen Weiterführung der Initiative von BMFSFJ und BZgA. Dies ist der Startschuss für die dauerhafte Etablierung der Initiative in Berlin. Die Schirmherrschaft hat Astrid-Sabine Busse, Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie übernommen.

Vom Start der Initiative im November 2017 bis zur Lizenzübergabe an das Land Berlin werden im Rahmen der bundesweiten Initiative über 7.100 Kinder von mehr als 85 Schulen das Theaterstück in Berlin gesehen haben.

Ziel von „Trau dich!“ ist es, Mädchen und Jungen zwischen acht und zwölf Jahren ihre Rechte zu erklären, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und sie zu informieren, wo sie im Falle eines Übergriffs Hilfe finden. Zusätzlich werden Lehrkräfte und Eltern zu Unterstützungsangeboten in der Region informiert und dazu ermutigt, sich mit dem Thema sexualisierter Gewalt auseinanderzusetzen und es zum Inhalt in ihrem Unterricht zu machen.

Ekin Deligöz, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, betont: „Starke Kinderrechte sind das Fundament für einen wirksamen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt und Ausbeutung. Die Initiative ‚Trau dich!‘ zeigt, wie gute Prävention gelingen kann: Kinder stärken, Fachkräfte weiterbilden, Eltern informieren und vor allem Schulen und Fachberatungsstellen besser vernetzen. Seit 2017 kooperiert Berlin mit ‚Trau dich!‘. Viele Kinder haben das Theaterstück gesehen. Aber noch viel wichtiger ist, dass die Erwachsenen, als Eltern und Fachkräfte, sensibilisiert

und fortgebildet wurden. Denn eines ist klar: die Erwachsenen – nicht die Kinder selbst – sind für Schutz und Hilfen verantwortlich. Es ist gut, dass das Land Berlin Verantwortung für den Kinderschutz übernimmt und die Initiative des Bundes weiterführt. Nur gemeinsam können wir ein Klima schaffen, in dem Kinder vor sexualisierter Gewalt geschützt werden.“

Astrid-Sabine Busse, Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, erklärt: „Mit ‚Trau dich!‘ richten wir uns in Berlin vornehmlich an Mädchen und Jungen der fünften und sechsten Klasse, klären sie über ihre Rechte auf und informieren sie über sexuellen Missbrauch. Darüber hinaus werden auch die Bezugspersonen wie Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeitende der Schule und deren Eltern im Vorfeld über das Thema sexueller Missbrauch informiert und sensibilisiert. Als Bildungssenatorin des Landes Berlin freue ich mich, dass wir mit der Übernahme der Initiative ‚Trau dich!‘ die bestehenden Präventionsangebote zum sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen im Land Berlin um einen weiteren Baustein erweitern. Mit der Schulgesetzänderung im September 2021 wurde das Thema Schutz von Kindern und Jugendlichen im Schulgesetz fest verankert. Das heißt: Schulen erarbeiten im Rahmen des Schulprogramms ein Kinder- und Jugendschutzkonzept, welches der Vermeidung von Kindeswohlgefährdungen, insbesondere durch sexuellen Missbrauch, Gewalt und Mobbing dient.“

Prof. Dr. Martin Dietrich, Kommissarischer Direktor der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, erläutert anlässlich der Lizenzübergabe: „Im vergangenen Jahr mussten wir erneut eine Zunahme der gemeldeten Vorfälle von sexuellem Kindesmissbrauch verzeichnen. 17.498 Kinder wurden 2021 in Deutschland Opfer sexualisierter Gewalt. Das bedeutet, dass jeden Tag durchschnittlich 48 minderjährige Mädchen und Jungen Übergriffe durch Erwachsene erleiden mussten. Die Dunkelziffer liegt weitaus höher. Deshalb ist es unser Ziel, mit ‚Trau dich!‘ Eltern und Lehrkräfte für dieses Thema zu sensibilisieren und vor allem die Kinder zu stärken. Ich freue mich sehr, dass es im Rahmen der Kooperation zu der Verstetigung unserer Präventionsinitiative in Berlin kommt.“

Bis heute kooperieren elf Bundesländer mit der Bundesinitiative „Trau dich!“: Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen, Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg, Berlin und Sachsen-Anhalt. Nach Hessen, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ist Berlin das sechste Bundesland, das die Umsetzung der Initiative verstetigt hat.

Mit der Verstetigung der Initiative in Berlin wird die Strategie von „Trau dich!“ weiterverfolgt, Eltern und pädagogische Fachkräfte sprach- und handlungsfähig zu machen, um sich aktiv gegen sexualisierte Gewalt einzubringen. Im direkten Zusammenhang mit den Aufführungen werden dafür Lehrkräfteworkshops und Elternabende angeboten sowie das Hilfesystem vor Ort eingebunden.

Alle Eltern erhalten vor den Aufführungen Informationen über das Theaterstück und Hinweise für das Gespräch mit ihren Kindern. Für sie bietet die Initiative „Trau dich!“ einen Elternratgeber an.

Die Lehrkräfte und pädagogischen Fachkräfte der Schulen nehmen an begleitenden Fortbildungen teil. Ein Methodenheft bietet Anregungen zur Vor- und Nachbereitung des Theaterstücks im Unterricht.

Eltern und pädagogische Fachkräfte finden auch online Informationen unter www.trau-dich.de/multiplikatoren Kinder spricht das Online-Portal www.trau-dich.de mit altersgerechten Informationen direkt an.

Für die niedrigschwellige Beratung und Hilfe kooperiert die BZgA mit der kostenfreien, bundesweiten „Nummer gegen Kummer“ unter 116 111, einem Beratungstelefon für Kinder und Jugendliche.

Hintergrundinformation:

Im Jahr 2021 verzeichnet die polizeiliche Kriminalstatistik für Berlin 917 aktenkundig gewordene Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern.

Weitere Informationen zur Initiative „Trau dich!“ unter:

www.trau-dich.de 

www.trau-dich.de/multiplikatoren

www.bzga.de/presse/daten-und-fakten/praevention-des-sexuellen-kindesmissbrauchs/

Pressemotive stehen zur Verfügung unter: www.bzga.de/presse/pressemotive/praevention-des-sexuellen-kindesmissbrauchs

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 27.06.2022

Bundesfamilienministerium eröffnet Verstetigungskonferenz „Kita-Einstieg“ am 24.06.2022 in Berlin.

Gute Kindertagesbetreuung ermöglicht gleiche Chancen für alle Kinder. Bisher profitieren jedoch nicht alle Familien gleichermaßen von Kindertagesbetreuung als Form der frühen Bildung. 2017 hat das Bundesfamilienministerium deshalb das Programm „Kita-Einstieg: Brücken bauen in frühe Bildung“ ins Leben gerufen. Es fördert niedrigschwellige Angebote, die den Zugang zur Kindertagesbetreuung vorbereiten und unterstützend begleiten. Das Programm ist so erfolgreich, dass nun über eine langfristige Verstetigung vor Ort diskutiert wird. Dazu lädt das Bundesministerium heute alle beteiligen Kommunen zu einer Verstetigungskonferenz nach Berlin ein.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Es liegt mir am Herzen, dass alle Kinder gute Startchancen erhalten. Dazu gehört gute Kindertagesbetreuung. Gute Kinderbetreuung bedeutet frühe Bildung. Und frühe Bildung ist ein Schlüssel zur Chancengerechtigkeit – gerade auch für Kinder, die in Armut aufwachsen. Deshalb fördert mein Ministerium das Programm „Kita-Einstieg“. Es ist ein großer Erfolg: Mehr als 13.000 Kinder haben, Dank der engagierten Arbeit der Fachkräfte und der vielfältigen Angebote, den Weg in die Kindertagesbetreuung gefunden. Wir haben mit unserem Programm den Anschub geleistet. Die einzelnen Standorte sind mit ihrem Erfahrungsschatz und ihrer Vernetzung vor Ort für die Fortführung und Verstetigung der Angebote gut aufgestellt.“

Zu Beginn des Jahres 2022 startete „Kita-Einstieg“ in die letzte Programmphase. Seit 2017 wurden rund 83.000 Menschen – Kinder, Eltern, weitere Familienangehörige – durch Angebote aus dem Bundesprogramm erreicht. Gegenwärtig bieten 125 Vorhaben ihr umfangreiches und vielseitiges Programmangebot für die Kinder und Familien an.

In Zeiten der Covid-19-Pandemie und aktuell während des Ukrainekrieges entwickelten die Programmbeteiligten kreative Ideen und Angebote, um Familien zu erreichen. Dabei sammelten sie wichtige Erfahrungen, wie der Zugang zu Bildungsangeboten für Familien erleichtert werden kann und was Fachkräfte für eine erfolgreiche Integration von schutzsuchenden Familien tun können.

In den nächsten Monaten richtet sich der Fokus darauf, die entwickelten Angebote und die aufgebauten Strukturen in den Kommunen nachhaltig zu verstetigen, damit sie auch über die Programmlaufzeit hinaus erhalten bleiben.

Weitere Informationen zur Veranstaltung, zum Programm, zu Fragen der Verstetigung sowie gute Beispiele aus der Praxis finden sich unter:

https://kita-einstieg.fruehe-chancen.de/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 24.06.2022

Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ verzeichnet erneut Anstieg des Beratungsaufkommens

Auch im zweiten Jahr der Corona-Pandemie ist das Beratungsaufkommen beim Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ angestiegen. Im Jahr 2021 verzeichnete das Hilfetelefon mit mehr als 54.000 Beratungen ein Plus von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bereits 2020 hatte es einen Anstieg um 15 Prozent gegeben. Die Mehrzahl der Beratungen (60 Prozent) betraf häusliche Gewalt.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Alle 20 Minuten eine Anfrage, bei der es um Gewalt durch den Partner oder Ex-Partner geht – das ist eine erschreckende Dimension, die unterstreicht, wie wichtig Hilfe für die betroffenen Frauen ist. Das Hilfetelefon steht dafür, dass sie nicht allein sind und dass es Wege aus der Gewalt gibt. Die Zahlen zeigen auch, welche Bedeutung das Hilfetelefon gerade in Krisenzeiten hat. Das gilt für die Pandemie genauso wie für die vielen tausend geflüchteten Frauen aus der Ukraine, die bei uns Schutz suchen. Das Hilfetelefon hat sich mit seinem mehrsprachigen Beratungsangebot zu einem wichtigen Baustein im Hilfesystem entwickelt. Wesentlich dabei ist, dass die betroffenen Frauen das Hilfetelefon rund um die Uhr verlässlich erreichen können. Die Beraterinnen sind 365 Tage im Jahr 24 Stunden im Einsatz. Für dieses enorme Engagement sage ich herzlich Danke.“

Martina Hannak, Vizepräsidentin des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, bei dem das Hilfetelefon angesiedelt ist: „Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, trotz der Pandemie-Einschränkungen die Beratung für die betroffenen Frauen, ihr soziales Umfeld und die Fachkräfte uneingeschränkt aufrecht zu erhalten. Gerade weil es Frauen oftmals so schwerfällt, sich nach außen zu wenden, um Hilfe und Unterstützung zu bekommen, wenn sie Gewalt erlebt haben. Im aktuellen Jahresbericht ist hinterlegt, welche besonderen fachlichen und organisatorischen Strukturen erforderlich sind, damit unsere Beraterinnen den verschiedenen Anforderungen auf den unterschiedlichen Ebenen nachkommen können.“

Petra Söchting, Leiterin des Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“: „Der anhaltend hohe Anteil von Beratungen zu häuslicher Gewalt unterstreicht die Bedeutung dieses Themenfeldes in unserer täglichen Arbeit. In den Gesprächen zeigt sich, dass Corona-bedingte Beschränkungen und Belastungen nicht die Ursache für häusliche Gewalt sind. Aber sie erhöhen das Risiko, dass konflikthafte Situationen eskalieren, Gewalt zunimmt und Übergriffe häufiger und massiver werden Unser Ziel ist es, dass gewaltbetroffene Frauen unser Beratungsangebot kennen und wissen, dass sie sich jederzeit anonym, vertraulich und kostenfrei an uns wenden können.“

Mehr als 1.000 Beratungen pro Woche

Die Beraterinnen am Hilfetelefon führten im Jahr 2021 pro Woche mehr als 1.000 Beratungen durch. Laut dem Jahresbericht war dabei häusliche Gewalt wie bereits in den Vorjahren das Hauptthema mit rund 60 Prozent der Beratungen. Im Schnitt alle 20 Minuten erreichte das Hilfetelefon eine Anfrage, bei der Gewalt durch den (Ex-)Partner eine Rolle spielte.

Ratsuchende nehmen meist telefonisch und abends Kontakt auf

Wie in den Vorjahren, wandten sich rund neun von zehn Ratsuchenden (89%) telefonisch an das Hilfetelefon. Elf Prozent nutzten die Online-Beratung, die meisten davon per Sofort-Chat. Etwa zwei Drittel der Kontakte wurden abends und nachts (zwischen 18 und 8 Uhr) sowie an Wochenenden und Feiertagen aufgenommen.

Über das Hilfetelefon

Das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ richtet sich an gewaltbetroffene Frauen, an Menschen aus ihrem Umfeld sowie an Fachkräfte. Es berät kostenfrei, anonym und vertraulich zu allen Formen der Gewalt, darunter Partnerschaftsgewalt, Mobbing, Stalking, Zwangsverheiratung, Vergewaltigung und Menschenhandel. Mehr als 80 qualifizierte Beraterinnen sind unter der Telefonnummer 08000/116 016 sowie per E-Mail, Sofort- oder Terminchat auf www.hilfetelefon.de an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr erreichbar. Die Beratungen finden in 18 Fremdsprachen statt, darunter Englisch, Polnisch und Russisch. Seit Mai 2022 können Beratungen auch auf Ukrainisch angeboten werden.

Den vollständigen Jahresbericht 2021 des Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“ sowie die Infografik „Neun Jahre Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ finden Sie hier: www.hilfetelefon.de/presse.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.06.2022

Lisa Paus bei Konferenz der Seniorenminister*innen in Rom

Bundesministerin Lisa Paus nimmt heute an der Konferenz der Seniorenminister*innen in Rom teil und unterstreicht das Engagement Deutschlands für die Belange älterer Menschen. Die Konferenz der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) mit 56 teilnehmenden Staaten findet unter dem Motto „Kräfte für Solidarität und Chancengleichheit für den gesamten Lebensverlauf bündeln“ statt. Der Fokus der Konferenz liegt auf dem Weltaltenplan der Vereinten Nationen.

Bundesseniorenministerin Lisa Paus: „Weltweit gibt es immer mehr ältere Menschen mit immer besserer Gesundheit. Viele sind auch im höheren Alter aktiv und engagieren sich für andere und unsere Gesellschaft. Aber auch wenn die Kräfte nachlassen, möchten Ältere selbst entscheiden, wie sie leben. Wir wollen dem Recht auf Selbstbestimmung älterer Menschen gerecht werden und pflegende Angehörige entlasten. In Deutschland wollen wir die Pflege- und Familienpflegezeit weiterentwickeln und um eine Lohnersatzleistung ergänzen.

Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass die Rechte und Wünsche Älterer nicht immer so respektiert werden, wie geboten. Es geht jetzt darum, die internationalen Bemühungen zur Stärkung der Rechte älterer Menschen zu bündeln und international wirksamen Maßnahmen anzustoßen. Daher setze ich mich im internationalen Rahmen für eine menschenrechtsbasierte Politik für ältere Menschen ein.“ 

20 Jahre Weltaltenplan: Bilanz und Ausblick
2002 wurde der Zweite Weltaltenplan der Vereinten Nationen in Madrid verabschiedet, im gleichen Jahr in Berlin die Umsetzungsstrategie für die UNECE Region. Auf der Konferenz in Rom ziehen die Seniorenminister*innen nach 20 Jahren Bilanz und blicken nach vorne. So soll durch die gemeinsame Erklärung ein Fahrplan mit Maßnahmen für die nächsten fünf Jahre verabschiedet werden.

Folgende Schwerpunkte stehen bei der Konferenz im Fokus:

  • Förderung des aktiven und gesunden Alterns im Lebensverlauf
  • Sicherung der Langzeitpflege und Entlastung pflegender
    Angehöriger
  • Mainstreaming Ageing für eine Gesellschaft aller Lebensalter

Weiter Informationen unter:

Offizielle Website zur Konferenz: https://mipaa20rome.it/

Über die Standing Working Group on Ageing (SWGA): https://unece.org/population/standing-working-group-ageing/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 17.06.2022

„Die Inflation belastet besonders Familien mit niedrigem Einkommen – deshalb fordert DIE LINKE eine gezielte finanzielle Unterstützung für Alleinerziehende und eine Kindergrundsicherung. Der von der Bundesregierung eingebrachte Kindersofortzuschlag von 20 Euro reicht nicht, um Kinder vor Armut zu schützen. Ein Sofortzuschlag in Höhe von 78 Euro wäre das Mindeste gewesen“, kommentiert Gökay Akbulut, Sprecherin für Familienpolitik der Fraktion DIE LINKE, die neueste Studie des Inflationsmonitors des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Akbulut weiter:

„Es ist Zeit zu handeln: Vor allem Alleinerziehende müssen vor der Armut geschützt werden. Alleinerziehende sind nicht nur wegen der aktuell steigenden Inflation massiv von Armut bedroht. Das Armutsrisiko bei Alleinerziehenden lag schon vor der hohen Inflation bei über 40 Prozent. Die Bundesregierung muss jetzt handeln und verhindern, dass noch mehr Familien in die Armut abrutschen. Es wäre schon hilfreich, wenn das Kindergeld nur zu Hälfte auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet wird. Ebenso darf der Unterhaltsvorschuss und das Kindergeld nicht mehr voll auf Transferleistungen angerechnet werden, denn sonst bringen Erhöhungen von beispielsweise dem Kindergeld die Familien nicht weiter.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 27.06.2022

„Statt sich dreist in freie Tarifverhandlungen einzumischen, sollte sich Olaf Scholz lieber darum kümmern, dass die Bundesregierung ihre bisher offenkundig unzureichenden Entlastungspakete kräftig nachbessert“, kommentiert Pascal Meiser, gewerkschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, den Vorschlag von Bundeskanzler Scholz im Rahmen einer von ihm vorgeschlagenen konzertierten Aktion bei Tarifabschlüssen auf Einmalzahlungen zu setzen. Meiser weiter:

„Wir haben es in vielen Bereichen mit anhaltenden Preissteigerungen zu tun, die einen nachhaltigen Ausgleich brauchen, der nicht wie Einmalzahlungen übermorgen schon wieder verpufft ist. Die Gewerkschaften haben deshalb völlig Recht, wenn sie sagen, dass es jetzt dringend kräftige und tabellenwirksame Lohnerhöhungen geben muss.

Der Bundeskanzler und seine Bundesregierung sollten sich darauf konzentrieren, ihre eigenen Hausaufgaben zu machen und die kurzfristigen kriegsbedingten Preisspitzen insbesondere für kleinere und mittlere Einkommen schnell aus Steuermitteln abzufedern. Dabei dürfen auch Rentner, Hartz-IV-Beziehende und Studierende nicht länger durchs Raster fallen. Zur Gegenfinanzierung müssen endlich auch in Deutschland die Extragewinne derjenigen Unternehmen abgeschöpft werden, die in der aktuellen Krise massive Extraprofite einfahren.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 27.06.2022

Die Bundesregierung will in einem ersten Gesetzgebungsvorhaben noch in diesem Jahr ein sogenanntes Paket für mehr Partnerschaftlichkeit auf den Weg bringen. Damit soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessert werden, kündigt die Regierung in einer Antwort (20/2302) auf eine Kleine Anfrage (20/2093) der Fraktion Die Linke an.

Das Paket soll demnach die Einführung einer zweiwöchigen vergüteten Freistellung für den Partner oder die Partnerin direkt nach der Geburt des Kindes im Mutterschutzgesetz enthalten, die Erweiterung der Partnermonate im Elterngeld und die Verlängerung des elternzeitbedingten Kündigungsschutzes nach einer längeren Elternzeit, um die Rückkehr in den Beruf abzusichern. Details zu allen weiteren Inhalten bleiben den Gesetzesentwürfen vorbehalten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 331 vom 28.06.2022

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) fördert die neu eingerichtete Melde- und Koordinierungsstelle zur Aufnahme ukrainischer Waisen- und Heimkinder mit 445.000 Euro zur Unterstützung der Telefonhotline und mit 460.000 Euro für die Austauschplattform. Das erläutert die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/2318) auf eine Kleine Anfrage (20/2069) der CDU/CSU-Fraktion. Die Förderung habe im April 2022 begonnen und laufe bis Dezember 2023.

Um jungen Geflüchteten aus der Ukraine Sprachförderung Richtung Hochschule zu ermöglichen, seien die Garantiefonds Richtlinien (RL-GF-H) im April 2022 für Personen mit einem Aufenthaltstitel gemäß Paragraf 24 des Aufenthaltsgesetzes geöffnet worden, schreibt die Regierung.

„Das BMFSFJ fördert eine Vielzahl von Maßnahmen, die auch der Unterstützung von Personen dienen, die seit dem 24. Februar 2022 aus der Ukraine geflüchtete sind. Dazu gehören insbesondere die Jugendmigrationsdienste, das Patenschaftsprogramm “Menschen helfen Menschen„, die Hilfetelefone “Gewalt gegen Frauen„ und “Schwangere in Not„, deren Angebote jetzt auch in ukrainischer Sprache zur Verfügung stehen“, heißt es in der Antwort weiter.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 331 vom 28.06.2022

Die Bundesregierung plant eine ressortübergreifende politische Strategie zur Prävention und Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die Gewaltprävention und die Rechte der Betroffenen in den Mittelpunkt stellt. Die Details der Umsetzung und die zeitliche Planung werden derzeit noch abgestimmt, schreibt die Regierung in einer Antwort (20/2306) auf eine Kleine Anfrage (20/1955) der Fraktion Die Linke.

Auch zur Einrichtung einer staatlichen Koordinierungsstelle sind die Überlegungen demnach noch nicht abgeschlossen. Erste Aufgabe der Koordinierungsstelle soll die Entwicklung der ressortübergreifenden Gesamtstrategie sein.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 330 vom 28.06.2022

An der Vorhabenplanung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für den Bereich „Alle Generationen im Blick – Eigenständige Jugendpolitik“ hat sich durch den personellen Wechsel an der Spitze des Ministeriums nichts geändert. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/2310) auf eine Kleine Anfrage (20/2092) der Fraktion Die Linke.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 330 vom 28.06.2022

Zusammen mit der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) startet das Familienministerium noch in diesem Jahr eine bundesweite Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagne zum Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt und Ausbeutung. Das kündigt die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/2270) auf eine Kleine Anfrage (20/1618) der Fraktion Die Linke an.

Ziel der Kampagne ist demnach die Sensibilisierung von Erwachsenen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Sie sollen dazu aktiviert werden, sich mit dem Schutz von Kindern gegen sexualisierte Gewalt und mit Hilfeangeboten auseinanderzusetzen und bei Verdachtsfällen zu reagieren. Die Kampagne soll von einem Bündnis aus Partnerinnen und Partnern aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen mitgetragen werden. Der Nationale Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen wird wichtiger Partner einer Mobilisierungswelle, die aus bundesweiten und lokalen Aktivierungsmaßnahmen besteht. „Gemeinsam zeigen wir, dass Jede und Jeder in der Gesellschaft etwas zum Schutz vor sexualisierter Gewalt und Ausbeutung tun kann“, betont die Regierung.

Ein zentrales Vorhaben ist laut Aussagen der Regierung ferner die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für das Amt der UBSKM, um damit deren Arbeit verbindlicher zu gestalten. Eine entsprechende gesetzliche Regelung soll ebenfalls 2022 erarbeitet werden. Diese soll auch eine regelmäßige Berichterstattung gegenüber Bundestag und Bundesrat enthalten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 325 vom 24.06.2022

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (20/2335), mehr Ausbildungsplätze zur schaffen und die Qualität der Berufsausbildung zu verbessern. Die duale Ausbildung stehe nicht erst seit der Coronakrise unter Druck. Schon lange vor der Coronapandemie hätten weniger als 20 Prozent der Betriebe ausgebildet. 2020 sei die Zahl nochmals um 1,4 Prozent auf 419.700 gesunken, erläutern die Abgeordneten in dem Antrag. Es sei zu befürchten, dass dieser Trend dauerhaft dramatische Auswirkungen auf die Fachkräftesicherung haben werde, heißt es darin weiter,

Die Linke fordert von der Bundesregierung unter anderem einen Gesetzentwurf, der einen Rechtsanspruch auf Ausbildung verankert und allen Menschen die Aufnahme einer vollqualifizierenden, mindestens dreijährigen Ausbildung garantiert. Mit einem weiteren Gesetzentwurf soll eine solidarische Umlagefinanzierung eingeführt werden, die alle Betriebe für die Finanzierung der Ausbildung junger Menschen in die Pflicht nimmt und die Ausbildungskapazitäten krisensicher macht. Gemeinsam mit den Ländern, Kammern, der Bundesagentur für Arbeit und den Gewerkschaften soll die Bundesregierung dafür sorgen, dass die überbetriebliche Ausbildung verstärkt gemäß Paragraf 10 Berufsbildungsgesetz genutzt wird, um die Ausbildungsbeteiligung kleinerer Unternehmen zu erhöhen. Ferner verlangt die Fraktion, die Berufseinstiegsbegleitung stärker flächendeckend zu etablieren und finanziell abzusichern sowie die Assistierte Ausbildung insbesondere für KMU (kleine und mittlere Unternehmen) und auch schulische Ausbildungen als Regelangebot umzusetzen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 324 vom 23.06.2022

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat am Mittwochmittag in seiner Sitzung die Novelle des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) beschlossen. Mit der Zustimmung der Fraktionen der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke wurde der Gesetzentwurf zum 27. BAföG-Änderungsgesetz (20/1631) in geänderter Fassung angenommen. Die Fraktionen von CDU/CSU und AfD lehnten den Gesetzentwurf ab.

Unter anderem sieht der Gesetzentwurf in geänderter Fassung vor, dass die Bedarfssätze aufgrund der steigenden Lebenshaltungskosten um 5,75 Prozent steigen sollen – ursprünglich war eine Steigerung um fünf Prozent vorgesehen. Auch die Freibeträge von BAföG-Empfängern sollen nun um 20,75 Prozent statt um 20 Prozent steigen. Geplant ist, dass die neuen Regelungen mit Beginn des Wintersemesters beziehungsweise zum neuen Schuljahr in Kraft treten.

Außerdem soll die Altersgrenze für BAföG-Empfänger in Zukunft auf 45 Jahre angehoben werden. Die Erlassmöglichkeit der Darlehensrestschulden nach 20 Jahren solle mit dem 27. BAföG auch für die Rückzahlungsverpflichteten gelten, die es versäumt hatten, innerhalb der gesetzten Frist des 26. BAföGs den Erlass der Darlehensrestschulden zu beantragen.

Das Gesetz sieht außerdem vor, dass die Beantragung zukünftig nicht mehr zwingend die Schriftform bedarf, sondern auch digital erfolgen kann.

Die Opposition kritisierte den Gesetzentwurf. Mehrere Änderungsanträge der AfD-Fraktion sowie ein Änderungs- und Entschließungsantrag der Union wurden von den restlichen Fraktionen abgelehnt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 318 vom 22.06.2022

Die Bundesregierung verteidigt ihre inhaltliche Schwerpunktsetzung für den Arbeitsbereich des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Unter anderem verweist sie auf das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und erläutert in einer Antwort (20/2177) auf eine Kleine Anfrage (20/1877) der Fraktion Die Linke auch das weitere Vorgehen für die „Gesamtstrategie zur Bekämpfung von Extremismus und zur Stärkung der Demokratie“. Auf diese Weise sollten die im Koalitionsvertrag vereinbarten Strategien gegen Extremismus auf nationaler und europäischer Ebene sowie für gesellschaftlichen Zusammenhalt, Demokratieförderung und Extremismusprävention zusammengeführt und ressortübergreifend gebündelt werden. In diesem Rahmen würden auch die Maßnahmen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus angepasst und weiterentwickelt, schreibt die Regierung. Den Angaben zufolge soll dafür ein Ausschuss auf Staatssekretärinnen- und Staatssekretärsebene eingerichtet werden, um die Ansätze strategisch zu bündeln. Die Federführung für diesen Prozess liegt beim Bundesinnenministerium. Eine ressortübergreifende Strategie soll Ende 2023 vorgelegt werden.

Zu den Planungen des Ministeriums gehört auch, in den Freiwilligendiensten die Teilzeitmöglichkeiten weiter zu verbessern. Bisher ist dafür ein Nachweis eines berechtigten Interesses nötig. Details zum Inhalt des Gesetzes liegen demnach noch nicht vor, es soll aber im Laufe des Jahres 2023 in Kraft treten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 304 vom 17.06.2022

52 Prozent der Erwerbspersonen in Deutschland mit einem relativ niedrigen Haushaltseinkommen bis 2000 Euro netto monatlich sehen sich genötigt, weniger Lebensmittel zu kaufen, weil die Preise so stark gestiegen sind, insbesondere für Energie. Darunter wollen rund 18 Prozent den Konsum von Nahrungsmitteln, Getränken, Tabakwaren und Ähnlichem sogar „bedeutend“ zurückfahren. 63 Prozent geben zudem an, beim Kauf von Kleidung und Schuhen inflationsbedingt kürzer treten zu wollen, darunter 28 Prozent „bedeutend“ (siehe auch Abbildung 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Das ergibt eine neue Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung auf Basis einer repräsentativen Befragung von Erwerbstätigen und Arbeitsuchenden.*

Der akute Druck, den Konsum solcher Alltagsgüter zu reduzieren, nimmt zwar mit wachsendem Einkommen ab. Gleichwohl wirkt er weit in die Gesellschaft hinein: Über alle Einkommensgruppen hinweg wollen 39 Prozent der Erwerbspersonen künftig weniger Nahrungs- und Genussmittel kaufen, darunter zehn Prozent „bedeutend weniger“. Bei Bekleidung und Schuhen wollen sich 53 Prozent einschränken, davon 18 Prozent „bedeutend“ (siehe auch Abbildung 2 in der pdf-Version). Je nach Energieart geben überdies 62 (Warmwasser) bis 73 Prozent (Strom) aller Befragten an, ihren Verbrauch reduzieren zu wollen. Haushalte mit niedrigen Einkommen liegen bei der Haushaltsenergie wiederum deutlich höher (Abbildungen 3 und 4).

Die Befragungsdaten zeigen auch, wie groß die Lücken sind, die vor allem die Explosion der Energiepreise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine in viele Haushaltsbudgets reißt: Knapp 36 Prozent der befragten Erwerbspersonen geben an, sie bräuchten aktuell monatlich 100 bis 250 Euro zusätzlich, um ihren bisherigen Lebensstandard halten zu können, weitere 25 Prozent beziffern den Bedarf auf 50 bis 100 Euro. 16 Prozent nennen sogar 250 bis 500 Euro (Abbildung 5).

Die Studie beruht auf der neuesten Panel-Welle der repräsentativen Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung. Dafür wurden Ende April und Anfang Mai 2022 gut 6.200 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online zu ihrer Lebenssituation befragt. Die Befragten bilden die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

Die Ergebnisse zeigten erstens, wie die hohe Inflation soziale Ungleichheiten verschärft, analysieren die Studienautoren Prof. Dr. Sebastian Dullien und Dr. Jan Behringer. Den hohen Spardruck bei Erwerbspersonen mit niedrigeren Einkommen – und deren Familien –
nennen der wissenschaftliche Direktor und der Verteilungsexperte des IMK „umso bedenklicher, als dass diese Haushalte in besonderem Maße Einsparungen bei Grundbedürfnissen wie Lebensmittel, Kleidung und Schuhe planen, für die nach den Daten der amtlichen Statistik in dieser Gruppe ohnehin nur begrenzte Mittel aufgewendet werden“ Zweitens drohe die sich abzeichnende Konsumzurückhaltung „die Erholung des privaten Verbrauchs nach der Corona-Pandemie zu verzögern“. Das könne die Konjunktur deutlich schwächen.         

Die Forscher konstatieren, dass die Hilfspakete der Bundesregierung zwar viele Erwerbstätige spürbar vom ersten akuten Preisschock entlasteten und bei ihnen – anders als bei Rentnern und Studierenden – auch eine gewisse soziale Balance aufwiesen. Allerdings trage die Aufsplitterung auf eine „Vielzahl von Einzelmaßnahmen“ wahrscheinlich dazu bei, dass die Entlastungspolitik, für die die Regierung bislang rund 30 Milliarden Euro aufwenden will, im Alltag weniger wahrgenommen werde, so Dullien. Zudem unterstreichen die aktuellen Umfrageergebnisse für die Wissenschaftler, dass die Entlastungen für viele Haushalte mit geringeren und mittleren Einkommen nicht ausreichend seien und noch stärker sozial fokussiert werden müssten.

„Die Politik sollte dies beim Design weiterer Entlastungspakete berücksichtigen und weitere Maßnahmen so konzipieren, dass Haushalte mit geringen Einkommen spürbar stärker entlastet werden als jene mit höheren Einkommen“, schreiben Dullien und Behringer. Entsprechende Maßnahmen hätten, ähnlich wie Kinderbonus oder Energiepreispauschale, dann auch das Potenzial, die Wirtschaftsentwicklung zu stabilisieren, argumentieren die Ökonomen auf Basis weiterer Ergebnisse aus der aktuellen Umfrage: So gaben die befragten Erwerbstätigen an, im Schnitt 48 Prozent der für den September zur Auszahlung vorgesehenen Energiepauschale unmittelbar innerhalb der kommenden 12 Monate ausgeben zu wollen. „Dies deutet darauf hin, dass die Zahlungen einen spürbaren Beitrag zur Stützung der Konsumnachfrage geben könnten“, so die IMK-Experten, „zumal frühere Befragungen nahelegen, dass bei vergleichbaren Einmalzahlungen am Ende weniger der zusätzlich erhaltenen Mittel gespart werden als ursprünglich geplant“.

Energiepreisschock: Besonders Geringverdiener wollen Konsum deutlich einschränken. Ergebnisse aus der HBS-Erwerbspersonenbefragung. IMK Policy Brief Nr. 125, Juni 2022

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 29.06.2022

Familien mit niedrigem Einkommen tragen aktuell die höchste Inflationsbelastung, Alleinlebende mit hohem Einkommen die geringste – und die Schere bei den Belastungen hat sich noch einmal deutlich geöffnet: Gemessen an den für diese Haushaltstypen repräsentativen Warenkörben sind die Preise im Mai 2022 um 8,9 Prozent bzw. um 6,5 Prozent gestiegen, während der Wert über alle Haushalte hinweg bei 7,9 Prozent lag. Auch für Alleinlebende mit höheren und mit mittleren Einkommen lagen die Raten mit 7,6 und 7,7 Prozent im Mai leicht unterhalb der allgemeinen Preissteigerung. Die Preissteigerung bei Alleinlebenden mit niedrigem Einkommen lag mit 7,8 Prozent nahe am Durchschnitt. Dagegen sind auch Alleinerziehende und Familien mit zwei Kindern und jeweils mittleren Einkommen etwas überdurchschnittlich von der Teuerung belastet: Für diese Haushalte betrug die Inflationsrate im Mai 8,2 Prozent. Bei Familien mit höherem Einkommen verteuerte sich der haushaltsspezifische Warenkorb weniger stark – um 7,6 Prozent. Die haushaltsspezifische Inflationsrate für kinderlose Paare mit mittlerem Einkommen liegt aktuell bei 7,9 Prozent (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version dieser PM und die Informationen zur Methode unten). Das ergibt der IMK Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, der monatlich die spezifischen Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen liefert.*

In Folge des Ukrainekriegs und von weiterhin durch die Corona-Pandemie angespannten Lieferketten stiegen die Verbraucherpreise für alle Haushalte im Mai so stark wie seit der Ölkrise der 1970er Jahre nicht mehr. Dabei sind die Unterschiede je nach Haushaltskonstellation und Einkommen erheblich und sozial hoch problematisch, zeigt der IMK Inflationsmonitor: Mit 2,4 Prozentpunkten zwischen ärmeren Familien und wohlhabenden Alleinlebenden war die Differenz im Mai deutlich größer als in den Vormonaten und dreimal so hoch wie im Februar. Das liegt daran, dass die stärksten Preistreiber – Haushaltsenergie, Kraftstoffe und zunehmend Lebensmittel – unterschiedlich stark durchschlagen: Bei Familien mit zwei Kindern und niedrigem Einkommen machen diese drei Komponenten 6,6 Prozentpunkte der haushaltsspezifischen Inflationsrate von 8,9 Prozent aus. Bei Alleinstehenden mit hohem Einkommen entfallen darauf hingegen 3,5 Prozentpunkte von insgesamt 6,5 Prozent haushaltsspezifischer Teuerung.

„Der Preisanstieg bei Wohnenergie belastet Haushalte mit geringeren Einkommen überproportional und auch die Verteuerung der Nahrungsmittel schlägt sich stärker nieder“, schreiben IMK-Direktor Prof. Dr. Sebastian Dullien und Inflationsexpertin Dr. Silke Tober. Dieser Trend könnte sich nach Analyse des IMK in den kommenden Monaten weiter verschärfen, da bisher noch nicht alle Preissteigerungen von Haushaltsenergie im Großhandel an die Privathaushalte weitergegeben wurden. Bei Nahrungsmitteln kletterte der Preisanstieg im Mai auf den höchsten Wert seit 1991, als das Statistische Bundesamt die aktuelle Datenreihe begann. Und der rasant gestiegene Börsenpreis für Erdgas dürfte sich in den kommenden Monaten noch einmal deutlich stärker auf die Verbraucherpreise auswirken, so Dullien und Tober.

Besonders stark dürfte dieser Anstieg ausfallen, falls die Bundesnetzagentur im Rahmen des „Notfallplans Gas“ tatsächlich eine Knappheit bei den Gasimporten feststellen muss und den Versorgern erlaubt, die gestiegenen Bezugspreise unmittelbar an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterzugeben. „In diesem Fall könnten kurzfristig sogar Inflationsraten im zweistelligen Bereich erreicht werden“, schreiben Dullien und Tober.

Besonders drastisch würde das wiederum Haushalte mit niedrigeren Einkommen treffen, weil Gas, Strom, Heizöl und Nahrungsmittel als Waren des Grundbedarfs bei ihren Ausgaben sehr stark ins Gewicht fallen, während sie bei Haushalten mit hohem Einkommen und insbesondere bei wohlhabenden Alleinlebenden einen deutlich kleineren Anteil des Warenkorbs ausmachen. Das ist auch der Grund dafür, dass die Inflationsrate für Alleinlebende mit niedrigen Einkommen in den vergangenen zwei Monaten recht schnell gestiegen ist und nun mit 7,8 Prozent nahe am Durchschnitt aller Haushalte liegt. Am Jahresanfang war sie noch spürbar niedriger, weil ärmere Haushalte kaum Geld für Güterarten wie Kraftstoffe, Fahrzeugkauf oder Reisen ausgeben können, die sich im ersten Teil der Inflationswelle stark verteuert hatten. Bei Familien mit Kindern und niedrigem bis mittlerem Einkommen schlagen aktuell zusätzlich zum hohen Stellenwert von Nahrungsmitteln und Haushaltsenergie auch die hohen Preise für Kraftstoffe relativ stark zu Buche.

Grundsätzlich haben Haushalte mit niedrigem Einkommen ein besonderes Problem mit starker Teuerung, betonen Dullien und Tober. Denn die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, sind kaum zu ersetzen. Schon gar nicht, wenn, wie aktuell, beispielsweise für fast alle Grundnahrungsmittel die Preise kräftig steigen. Zudem besitzen diese Haushalte kaum Spielräume, ihr Konsumniveau durch Rückgriff auf Erspartes aufrecht zu erhalten.
       
– Informationen zum Inflationsmonitor –

Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich.
         
Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.

IMK Inflationsmonitor – Belastungsschere geht im Mai 2022 weiter auf. IMK Policy Brief Nr. 124, Juni 2022

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 27.06.2022

  • Zwei Drittel aller Adoptivkinder werden von einem Stiefelternteil angenommen
  • Anteil unter 3-jähriger Stiefkinder an allen Adoptivkindern steigt auf 27 %
  • Stiefkindadoptionen sind im Westen deutlich häufiger als im Osten
  • Fremdadoptionen sinken im Zehnjahresvergleich um 30 % 

Im Jahr 2021 wurden in Deutschland 3 843 Kinder adoptiert. Das waren 2 % mehr als im Vorjahr (+69 Fälle). Zwei Drittel davon wurden von ihren Stiefvätern oder Stiefmüttern angenommen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, wurden die Stiefkinder dabei immer häufiger im Säuglings- oder Kleinkindalter von unter 3 Jahren adoptiert: So stieg der Anteil unter 3-jähriger Stiefkinder an allen Adoptivkindern in den letzten zehn Jahren von 6 % auf 27 %. Damit hat er sich binnen zehn Jahren mehr als vervierfacht. Im Vergleich zu 2020 lag das Plus bei zwei Prozentpunkten. Die Zahl aller Adoptionen ging dagegen im Zehnjahresvergleich um 5 % zurück (-217 Fälle).

Als Folge dieser Entwicklungen erhöhte sich altersunabhängig auch der gesamte Anteil der Stiefkindadoptionen an allen Adoptionen:  Von 2011 bis 2021 hatte er um zehn Prozentpunkte auf 66 % zugenommen, gegenüber 2020 betrug das Plus einen Prozentpunkt. Im April 2020 hat der Gesetzgeber unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zur Stiefkindadoption auf feste Lebensgemeinschaften ausgeweitet. Zuvor konnten Stiefkinder in Deutschland nur im Rahmen einer Ehe adoptiert werden. 

Anteil der Stiefkindadoptionen: Zunahme bei starkem Ost-West-Gefälle 

Die Bedeutung von Stiefkindadoptionen nimmt sowohl in den westlichen als auch in den östlichen Bundesländern zu, im Niveau besteht dabei jedoch noch immer ein starkes Ost-West-Gefälle: Im Westen werden Stiefkinder weitaus häufiger adoptiert als im Osten. So stieg der Anteil der westdeutschen Stiefkindadoptionen in den letzten zehn Jahren von 60 % auf 69 % und überschritt dabei durchgängig den bundesweiten Durchschnittswert. Anders verlief die Entwicklung des Anteils der Stiefkindadoptionen im Osten: Hier lag er im Jahr 2011 mit 39 % weit unter dem Anteil im Westen, nahm in der Folge jedoch stärker zu und erreichte 2021 – nach gewissen Schwankungen – einen Wert von 57 %. Der Anteil der Stiefkindadoption ist im Osten somit stärker gewachsen als im Westen. Dennoch ist das Niveau dort aber weiterhin deutlich niedriger als im Westen.

30 % weniger Fremdadoptionen innerhalb von zehn Jahren 

Trotz der Entwicklungen rund um die Stiefkindadoptionen verbleiben die Adoptionszahlen seit Jahren relativ stabil auf niedrigem Niveau beziehungsweise sind leicht rückläufig. Ein Grund dafür ist der Rückgang der „klassischen“ Fremdadoptionen, also der Adoptionen durch Nichtverwandte: Im Vergleich zum Jahr 2011 sind die Fremdadoptionen um 30 % auf 1 176 Fälle zurückgegangen (-514 Fälle). Auch die Kennzahlen rund um die Adoptionsvermittlung sind im Zehnjahresvergleich rückläufig und verweisen auf die sinkende Bedeutung der Fremdadoptionen: So nahm etwa die Zahl der Adoptionsbewerbungen um 31 % auf 4 140 (-1 817 Fälle) und die der für eine Adoption vorgemerkten Kinder um 2 % auf 839 ab (-20 Fälle). Rechnerisch standen damit 2021 jedem vorgemerkten Adoptivkind fünf potenzielle Adoptivfamilien gegenüber. Zehn Jahre zuvor hatte das Verhältnis noch bei eins zu sieben gelegen.

Methodische Hinweise: 

Die Statistik erfasst die Zahl der im Berichtsjahr neu hinzugekommenen Adoptionen von unter 18-jährigen Kindern oder Jugendlichen.

Die Angaben zu West- und zu Ostdeutschland schließen Berlin jeweils nicht ein, in den Ergebnissen für Gesamtdeutschland ist Berlin enthalten.  

Weitere Informationen:

Weitere Ergebnisse der Adoptionsstatistik 2021 sind der Publikation „Adoptionen“ zu entnehmen und erscheinen in Kürze in der Datenbank GENESIS-Online unter „Adoptierte Kinder und Jugendliche“ (22521)

Weiterführende Angaben zu den Themen „Adoptionen und Sorgerecht“ befinden sich auf der gleichnamigen Themenseite.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 23.06.2022

  • Nach Rückgang 2020 erreicht Nettozuwanderung wieder annähernd das Niveau vor der Corona-Pandemie
  • Weiterer steigender Überschuss der Sterbefälle über die Zahl der Geburten
  • Ausländeranteil und Durchschnittsalter gestiegen

Nachdem die Bevölkerungszahl in Deutschland im Vorjahr nahezu unverändert blieb (-12 000 Personen), ist sie im Jahr 2021 um 0,1 % beziehungsweise 82 000 Personen gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Grundlage der Bevölkerungsfortschreibung mitteilt, lebten zum Jahresende 2021 gut 83,2 Millionen Personen in Deutschland und damit mehr als vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2019. Diese Entwicklung ist vor allem auf einen Anstieg der Nettozuwanderung zurückzuführen. Diese ist im Jahr 2021 nach vorläufigen Ergebnissen auf 317 000 gewachsen (2020: 220 000) und hat sich dem Niveau vor Ausbruch der Corona-Pandemie angenähert (2019: 327 000). Gleichzeitig stieg der Überschuss der Sterbefälle über die Zahl der Geburten weiter auf 228 000 (2020: 212 000).

Ausländeranteil und Durchschnittsalter der Bevölkerung nehmen zu

Ende 2021 lebten 72,3 Millionen Menschen mit deutscher und 10,9 Millionen mit ausländischer Staatsbürgerschaft in Deutschland. Demnach stieg die Anzahl von Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft im Vergleich zu 2020 um 308 000 Personen. Die Anzahl der Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft sank um 226 000 Personen. Der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung nahm gegenüber dem Vorjahr von 12,7 % auf 13,1 % zu.

Wie im Vorjahr stieg die Zahl der älteren Menschen im Jahr 2021 weiter an. So verzeichnete die Gruppe der Personen ab 60 Jahren einen Anstieg um 341 000 Personen auf 24,4 Millionen (+1,4 %). Dabei ist vor allem die Gruppe der Hochbetagten ab 80 Jahren auf 6,1 Millionen stark gestiegen (+175 000 bzw. +3,0 %).

Die Zahl der Seniorinnen und Senioren zwischen 60 und 79 Jahren betrug Ende 2021 18,3 Millionen (+166 000 Personen bzw. +0,9 %). Gleichzeitig sank die Zahl der Personen im Alter von 20 bis 59 Jahren auf 43,4 Millionen (-358 000 Personen bzw. -0,8 %). Die Zahl der Kinder und Jugendlichen unter 20 Jahren ist hingegen um 99 000 Personen oder 0,6 % auf 15,4 Millionen gestiegen.

Das Durchschnittsalter der Bevölkerung erhöhte sich geringfügig um 0,1 Jahre auf 44,7 Jahre.

Bevölkerungszahl Westdeutschlands gewachsen, im Osten weiter rückläufig

Die Bevölkerungsentwicklung verlief 2021 regional unterschiedlich: Absolut stieg die Bevölkerungszahl in Bayern mit +37 000 Personen am stärksten, gefolgt von Niedersachsen (+24 000) und Baden-Württemberg (+22 000). Prozentual hatten Schleswig-Holstein und Berlin (jeweils +0,4 %) die höchsten Zuwächse. Bevölkerungsverluste gab es zudem in Bremen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, dem Saarland und Nordrhein-Westfalen.

Insgesamt verzeichneten die westdeutschen Bundesländer (ohne Berlin) einen Bevölkerungszuwachs um 98 000 Personen auf 67,1 Millionen. Dieser Zuwachs fiel zwar deutlich höher aus als im Jahr 2020 (+ 24 000), lag jedoch weiterhin unter dem Niveau vor Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2019 (+ 144 000).

In Ostdeutschland (ohne Berlin) nahm die Bevölkerungszahl weiter um 30 000 ab und betrug am Jahresende 12,5 Millionen.

Methodische Hinweise:

Die Entwicklung der Bevölkerungszahlen in einem Jahr ergibt sich zum einen aus den Geburten und Sterbefällen, zum anderen aus den Zu- und Fortzügen, die die Standesämter beziehungsweise Meldebehörden den Statistischen Ämtern mitteilen. Zudem fließen Korrekturen in die Berechnung ein. Korrekturen entstehen, wenn Meldebehörden oder Standesämter zuvor mitgeteilte Datensätze vervollständigen oder berichtigen.

Die Bevölkerungsfortschreibung basiert auf den Ergebnissen des Zensus 2011, aktuell finden die Erhebungen für den Zensus 2022 statt. Nach der Veröffentlichung der neuen Zensusergebnisse ab November 2023 wird die Grundlage der Bevölkerungsberechnung aktualisiert.

Die Bevölkerungszahlen auf Basis des Zensus 2011 sind endgültig. Der angegebene Wanderungsüberschuss und das Geburtendefizit für 2021 stellen aber vorläufige Ergebnisse dar. In den endgültigen Ergebnissen kann es noch zu leichten Verschiebungen kommen, die jedoch keinen Einfluss auf die Bevölkerungszahlen haben. Die endgültige Wanderungsstatistik wird Ende Juni veröffentlicht, die Geburten- und Sterbefallstatistik Mitte Juli.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 20.06.2022

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Der AKF hat im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen, und Jugend (BMFSFJ) einen Bericht mit dem Titel „Gewalt unter der Geburt – wie werden Betroffene und die Öffentlichkeit dazu sinnvoll informiert?“ erstellt. Der Bericht basiert auf den Gutachten von Professor:innen der Gesundheits- und Hebammenwissenschaften, einer Expertin für  Migrationsgesundheit, einer Medizinjournalistin und last but not least den Vertreterinnen von Betroffeneninitiativen. Sie erörtern ausführlich die Möglichkeiten und Wege einer sinnvollen Information zu Gewalt unter der Geburt, mit Schwerpunkten im Bereich der Information für besondere Zielgruppen wie Migrantinnen und Flüchtlinge, Bildungsferne, Väter sowie zu Best Practice-Beispielen aus dem Ausland.

Der Bericht kann auf der Website des AKF eingesehen werden.
Die Veröffentlichung der Gutachten wird folgen.

Die unterschiedlichen und weit gefächerten Empfehlungen der Gutachterinnen zeigen, dass wir in Deutschland strukturierte und planvolle Maßnahmen zur Aufklärung über respektlose und traumatisierende Geburten ergreifen sollten. Möglichst im Rahmen von größeren Aktionen sollten sensible und zielgruppengerechte Informationen breit zugänglich gemacht werden. 

Diese Gutachten samt den Empfehlungen des AKF können als ein erster hoffnungsvoller Schritt gesehen werden, das Thema gesundheitspolitisch in den Fokus zu rücken und endlich konkrete Maßnahmen zur Sensibilisierung und Beseitigung von Respektlosigkeit und Gewalt unter der Geburt zu ergreifen.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF) vom 24.06.2022

Das Bündnis Bundesqualitätsgesetz aus Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und dem Bundesverband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) mahnt an, das Gute-Kita-Gesetz weiterhin durch Bundesgelder finanziell abzusichern und dringend weiterzuentwickeln. Es begründet seine Forderung damit, dass die Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung verbessert werden müssten.

Mit dem Gute-Kita-Gesetz (KiQuTG) unterstützt der Bund die Länder seit 2019 mit 5,5 Milliarden Euro bei der Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung. Obwohl im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien das Ziel verankert ist, die Länder in der frühkindlichen Bildung zu unterstützen, sei eine Verstetigung der Bundesmittel noch nicht gesichert, stellt das Bündnis fest.

„Am 1. Juli soll der neue Haushalt durch das Bundeskabinett beschlossen werden. Ein Auslaufen des Gesetzes hätte folgenschwere Konsequenzen für das gesamte Arbeitsfeld, gerade in einer für viele Einrichtungen ohnehin schon angespannten Situation“, so Brigitte Döcker, Vorstandsvorsitzende des AWO-Bundesverbands. „Im Mittelpunkt stehen die Schaffung von mehr Chancengerechtigkeit durch gute Bildung und gleichwertige Lebensverhältnisse. Hier steht der Bund in einer Verantwortung.“

Clemens Bieber, Vorsitzender des KTK-Bundesverbandes ergänzt: „Die Koalition hatte sich darauf geeinigt, das Gute-Kita-Gesetz fortzusetzen und bis Ende der Legislaturperiode in ein Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards zu überführen. Nun räumt die Familienministerin ein, dass die Finanzierung nicht geklärt sei. Würden tatsächlich keine Mittel in den Haushalt 2023 eingeplant, wäre das ein fatales Zeichen für Familien und Fachkräfte gleichermaßen und gefährde das Vorhaben, ein dauerhaftes Gesetz mit einheitlichen Standards auf den Weg zu bringen.“

Doreen Siebernik, GEW-Vorstandsmitglied für Jugendhilfe und Sozialarbeit, fügt hinzu: „Der Personalmangel hat sich weiter verschärft, viele Fachkräfte verlassen das Berufsfeld. Nur durch echte Qualitätsverbesserungen werden auch die Arbeitsbedingungen attraktiver. Die Finanzierung und Unterstützung durch den Bund muss dauerhaft gesichert werden, damit die Länder die Rahmenbedingungen langfristig verbessern können. Im ersten Schritt aber muss das Gute-Kita-Gesetz in die Verlängerung gehen.“

Das Bündnis Bundesqualitätsgesetz fordert die Bundesregierung auf, dem Koalitionsvertrag zu entsprechen und die Mittel für eine Fortführung und Weiterentwicklung des Gute-KiTa-Gesetzes im Bundeshaushalt ab 2023 zu berücksichtigen.

Info: Das Bündnis Bundesqualitätsgesetz setzt sich aus dem Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und dem Bundesverband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) zusammen. Gemeinsam engagiert sich es sich für verbindliche Qualitätsverbesserungen in der frühkindlichen Bildung.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 29.06.2022

Der Rat der europäischen Union hat in den letzten Wochen mehrere Gesetzesvorhaben im Bereich Asyl und Migration angenommen. Der AWO Bundesverband hatte diesen Prozess kritisch begleitet. Am 22.06.2022 einigten sich die Mitgliedstaaten nun zuletzt zur sog. Screening-Verordnung.

Der gestrige Beschluss bezieht sich auf Vorschläge der Kommission im Rahmen des Migrations- und Asylpakets vom 23.09.20 und sieht vor, dass Personen, die in der Europäischen Union Schutz suchen, zunächst in Transiteinrichtungen in Grenznähe das Screening-Verfahren durchlaufen müssen. Während dieses Screening-Verfahrens, welches bis zu zehn Tagen dauern kann, gilt die Person als nicht eingereist. Die Fiktion der Nicht-Einreise bedeutet, dass ein Schutzsuchende*r noch nicht als eingereist gilt, obwohl er tatsächlich bereits die physische Grenze eines Staates passiert hat. Dies ist besonders für die Frage entscheidend, ob ein Schutzsuchende*r an der Grenze zurückgewiesen werden kann, oder eine Rückführung erforderlich ist. Damit wird den Mitgliedstaaten ermöglicht, Schutzsuchende auch weit hinter der Grenze zurückzuweisen.

„Es ist zu befürchten, dass die Fiktion der Nicht-Einreise nur mittels einer Aufnahme in Grenzlagern stattfinden kann“, kommentiert AWO Bundesvorsitzende Brigitte Döcker das Vorhaben. „Ohne die Möglichkeit, die Lager zu verlassen käme dies einer Inhaftnahme von schutzsuchenden Menschen gleich.“ Nur Schutzsuchende aus einem Herkunftsland mit einer europaweiten Schutzquote von über 20 Prozent, welche sich zuvor nicht in einem sicheren Drittstaat aufgehalten haben, können offiziell in die EU einreisen, um hier das reguläre Asylverfahren zu durchlaufen. Ein Großteil der Schutzsuchenden wird in Grenznähe verbleiben müssen. Damit werden Lager an den EU-Außengrenzen verstetigt und weiterhin tragen Mitgliedstaaten mit einer Außengrenze die Hauptlast im gemeinsamen europäischen Asylsystem.

„Mit diesen Beschlüssen sind bestehende europäische Werte und Menschenrechte, wie der Zugang zu einem fairen Asylverfahren und das Prinzip der Nicht-Zurückweisung in Gefahr“, so Döcker weiter. Die AWO fordert, dass es an den europäischen Außengrenzen nicht zur gewaltsamen Zurückdrängung von Schutzsuchenden, sogenannten Push-Backs, oder anderen Menschenrechtsverletzungen kommen darf. „Der Zugang zum Asyl ist ein Grundpfeiler der Genfer Flüchtlingskonvention und muss jederzeit gewährleistet sein. Dabei muss die eigenständige Einreise gewahrt bleiben und auch tatsächlich ermöglicht werden“, so Döcker abschließend. „Wir lehnen die Fiktion der Nicht Einreise ab, engagieren uns für einen tragfähigen, solidarischen Verteilmechanismus und fordern die Verantwortlichen dazu auf, Grenzverfahren nicht verpflichtend einzuführen. Lager und Inhaftierungen an Europas Grenzen für schutzsuchende Menschen dürfen wir niemals akzeptieren.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 24.06.2022

BAGSO fordert Ausweitung der Nationalen Bildungsberichterstattung auf Bildung im Alter

In einer Gesellschaft des langen Lebens kommt Bildung im Alter eine zentrale Bedeutung zu. Sie ist ein Schlüssel zu gleichberechtigter Teilhabe und ermöglicht es, gesellschaftliche und individuelle Herausforderungen zu meistern. Der Nationale Bildungsbericht 2022, der heute in Berlin vorgestellt wurde, befasst sich im Wesentlichen nur mit der Bildung von Menschen im erwerbfähigen Alter. Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen kritisiert diese Nichtbeachtung der älteren Generationen – zumal der Bericht für sich in Anspruch nimmt, eine systematische Bestandsaufnahme des gesamten Bildungssystems in Deutschland zu sein. „Diese kolossale Fehleinschätzung ist Ausdruck dafür, dass Bildung im Alter bisher nicht als bildungs- und gesellschaftspolitisch relevante Aufgabe erkannt und ernst genommen wird“, so die BAGSO-Vorsitzende Dr. Regina Görner.

Weil der Bericht die Bildung im Alter nicht thematisiert, bietet er auch keine Grundlage für politisches Handeln. Dieses ist nach Ansicht der BAGSO allerdings dringend erforderlich. Ziel müsse es sein, in allen Kommunen Bildungsangebote zu schaffen, die die vielfältigen Lebenslagen und Interessen älterer Menschen berücksichtigen. In ihrem aktuellen Positionspapier „Bildung im Alter – für alle ermöglichen“ ruft die BAGSO Bund, Länder und Kommunen dazu auf, eine Nationale Strategie für Bildung im Alter zu entwickeln und umzusetzen.

„Wer möchte, dass ältere Menschen sich gesundheitsbewusst verhalten, die digitale Transformation mitgehen, sich gesellschaftlich engagieren und als Bürgerinnen und Bürger gut informiert an der Gesellschaft und Politik partizipieren, muss dafür nachhaltige, gut finanzierte und qualifizierte Bildungsstrukturen schaffen“, so Regina Görner.

Damit der Nationale Bildungsbericht zukünftig auch Bildung im Alter angemessen darstellen kann, fordert die BAGSO, dass die Bundesregierung in einem ersten Schritt einen eigenen regelmäßigen bundesweiten Survey zu Bildung im Alter auflegt. Betrachtet werden müssen dabei nicht nur formale, sondern auch non-formale und informelle Bildungsaktivitäten bis ins höchste Alter. Um in Zukunft möglichst vielen älteren Menschen Bildungschancen zu eröffnen, sollte ein besonderer Schwerpunkt eines Surveys auf den Bildungsungleichheiten im Alter liegen.

Zum BAGSO-Positionspapier „Bildung im Alter – für alle ermöglichen“

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. vom 23.06.2022

Der Deutsche Familienverband (DFV) begrüßt die Reform des Bundesausbildungs­förderungs­gesetzes (BAföG). Gleichzeitig mahnt der DFV an, die Altersgrenze beim Kindergeld anzuheben.

„Das BAföG ist ein bewährtes Instrument der Chancengleichheit im Bildungssektor – jetzt gab es eine ‚Rundumerneuerung‘. Für Familien ist es eine wichtige finanzielle Unterstützung ihrer Kinder in der schulischen und akademischen Ausbildung“, sagt Eileen Salzmann, Vizepräsidentin des DFV. „Besonders in kinderreichen Familien wird das Familienbudget durch die Ausbildungshilfe für ihre Kinder entlastet. Es war längst an der Zeit, die Fördersätze und Förderbedingungen anzupassen – wie auch die Antragswege weiter zu entstauben.“

Das BAföG ermöglicht seit über 50 Jahren einen unterstützenden Zugang zur qualifizierten Ausbildung und stärkt die beruflichen Chancen junger Menschen. Die Änderungen, die der Bundestag beim BAföG beschlossen hat, umfassen u.a.:

  • Der Förderhöchstbetrag steigt von 861 auf 934 Euro
  • Der Grundbedarfssatz wird zum kommenden Wintersemester auf 452 Euro pro Monat erhöht
  • Die Einkommensfreibeträge von verheirateten Eltern der BAföG-Empfänger werden um 20 Prozent von 2.000 auf 2.400 Euro angehoben
  • Der Grundfreibetrag für alleinstehende Elternteile und den Ehegatten des Auszubildenden steigt von 1.330 auf 1.600 Euro
  • Der Freibetrag für Kinder und weitere Unterhaltsberechtigte wird auf 730 Euro erhöht (Zunahme von 20,7 %)
  • Der Betreuungszuschlag für Studenten mit Kindern steigt auf 160 Euro
  • Der BAföG-Antrag wird digital
  • Der Wohnkostenzuschlag für außerhalb des Elternhauses lebende Studenten steigt um 11 Prozent von 325 auf 360 Euro
  • Der Krankenversicherungszuschlag erhöht sich um 13 Euro auf 168 Euro

„Erfreulich ist, dass die Änderungen direkt an der Lebensrealität von Studierenden ansetzen – von Krankenkassenbeiträgen bis steigenden Wohnkosten, die die größte Belastung in der Ausbildung sind“, beurteilt Eileen Salzmann.

Des Weiteren unterstützt der DFV das Vorhaben der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, eine Studienstarthilfe für junge Menschen aus Familien einzuführen, die beispielsweise den finanziellen Aufwand für einen Umzug, die Immatrikulation und IT-Ausstattung zum Beginn eines Studiums nicht stemmen können.

Kritik: BAföG-Reform ohne Kindergeld gedacht

Allerdings: Für den Deutschen Familienverband muss die zukünftige BAföG-Reform endlich im Kontext einer Verlängerung des Kindergeldes gedacht werden. Das Kindergeld wird für Kinder, die sich in Ausbildung befinden, nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gezahlt.

„Durch die Pandemie ist es zu Verzögerungen bei der Berufsausbildung und im Studium gekommen. Ohne die finanzielle Unterstützung durch die Eltern würden viele berufliche Ausbildungen auf der Kippe stehen. Die finanziellen Belastungen sind für Familien schmerzhaft, wenn das Kindergeld und davon abhängige Erleichterungen, wie automatische Freibeträge im Steuerrecht, plötzlich wegfallen“, sagt Salzmann. „Der Deutsche Familienverband fordert die Wiedereinführung eines verlängerten Kindergeldes bis 27, um die kostenintensive Ausbildung von Kindern auch wirklich bis zum Ende der Erstausbildung unterstützen zu können. Die Ausbildung der nächsten Generation muss konsequent als eine Aufgabe der Gesellschaft und nicht am Ende doch der Eltern gesehen werden.“

Weitere Informationen

Kindergeld: DFV fordert dauerhafte Ausweitung bis zum 27. Lebensjahr

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 27.06.2022

Der Deutsche Familienverband wurde am 25. Juni 1922 in Weimar gegründet. Zum 100. Jubiläum dankt der Verband dem Engagement seiner Mitglieder und Förderer.

Vor 100 Jahren schlossen sich mehrere Ortsverbände der Kinderreichen aus dem gesamten Gebiet der Weimarer Republik zusammen und gründeten einen Gesamtverband. Mit dem Reichsbund der Kinderreichen Deutschlands zum Schutze der Familie – der Vorgängerorganisation des heutigen Deutschen Familienverbandes (DFV) – entstand die erste deutschlandweite Lobbyorganisation von Familien.

Ziel war, die Interessen von Familien mit mehr als vier Kindern gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten und Einfluss auf eine familiengerechte Gesetzgebung zu nehmen. „Nach dem Ersten Weltkrieg litten kinderreiche Familien unter akuter Not. Die Situation der Familien war unter heutigen Maßstäben unerträglich: Armut, katastrophale hygienische Zustände und Wohnungsnot bedrohten sie. Die Kinderreichen-Ortsverbände schlossen sich zur Selbsthilfe zusammen, sorgten sich aber gleichzeitig um den Schutz der Familien im gesamten Land“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV.

Nach dem Zweiten Weltkrieg organisierten sich kinderreiche Familien unter dem Namen Bund kinderreicher und junger Familien Deutschlands (BKD) neu und erweiterten den Mitgliederkreis. Die Anzahl der Kinder war nicht mehr ausschlaggebend. Alle Familien waren im Verband willkommen. Seinen heutigen Namen verdankt der Verband schließlich der Fusion mit dem Deutschen Familienverband im Jahr 1969.

Vielfalt als Alleinstellungsmerkmal

Zuletzt erweiterte die Deutsche Wiedervereinigung den Kreis der DFV-Familien. Schnell entstanden in den ostdeutschen Bundesländern Landesvertretungen des Deutschen Familienverbandes.

„Wir sind stolz auf unseren über Jahre gewachsenen, vielfältigen Verband und das tatkräftige Engagement unserer Mitglieder. Es ist ein Alleinstellungsmerkmal des DFV, dass seine Mitglieder über konfessionelle und politische Grenzen hinweg miteinander diskutieren, Hilfe zur Selbsthilfe leisten und gemeinsame familienpolitische Forderungen aufstellen. Im Mittelpunkt unserer gemeinnützigen Arbeit stehen die Bedürfnisse von Familien und das Streben nach Anerkennung ihrer Leistungen“, sagt Zeh.

Heute ist der DFV so bunt wie die Familien selbst. Neben kinderreichen Familien gehören Alleinerziehende, Patchworkfamilien, binationale Familien sowie Eltern und Kinder verschiedenster kultureller Prägungen dem Deutschen Familienverband an. Der DFV ist die größte bundesweite, politisch und konfessionell unabhängige, Vertretung von Familien. Ihr Engagement gilt vor allem den Bereichen, die den Alltag von Familien und die Entscheidung für ein Leben mit Kindern am meisten beeinflussen: die wirtschaftliche Situation, das Wohnen, die Altersabsicherung, die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsleben u.a.m.

Für viele familienpolitische Leistungen wie beispielsweise das Erziehungsgeld, den Erziehungsurlaub mit Beschäftigungsgarantie (Vorläufer der Elternzeit), die Anrechnung von Erziehungsjahren in der Rente, die Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung sowie das Baukindergeld hat sich der DFV erfolgreich eingesetzt. Zuletzt erzielte der Verband einen Teilerfolg für die familiengerechte Gestaltung der Sozialversicherungsbeiträge vor dem Bundesverfassungsgericht.

„Familien sind die Basis unserer Gemeinschaft. Durch die Erziehung der nächsten Generation sorgen sie für Stabilität und Erneuerung zugleich. In Krisenzeiten sind besonders Familien wesentliche Stützen der Gesellschaft. Das hat die Pandemie sehr gut gezeigt“, sagt Verbandspräsident Zeh. „Familienpolitik ist Zukunftspolitik. Nur mit Familien ist ein Staat zu machen. Wer die Zukunft des Gemeinwesens im Blick hat, muss familienpolitisch dafür Sorge tragen, dass Familien wieder mehr Mut zu Kindern haben und in der Lage sind, nach ihren eigenen Vorstellungen zu leben. Das ist die Kernaufgabe jeder guten Familienpolitik.“

Weitere Informationen

Website des Deutschen Familienverbandes:
www.deutscher-familienverband.de

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 24.06.2022

40 Organisationen aus dem Sozial- und Umweltbereich fordern in einer gemeinsamen Erklärung einen sozialen und ökologischen Neustart. In einem Zehn-Thesen-Papier sprechen sich die Diakonie Deutschland, der NABU, die Nationale Armutskonferenz gemeinsam in einem breiten Bündnis unter anderem für eine naturverträgliche und sozial gerechte Energiewende, Maßnahmen gegen Naturzerstörung und für den Erhalt der Biodiversität, eine Teilhabe aller an umweltschonender Mobilität, eine klimaschonende Landwirtschaft und nachhaltige Arbeitsformen aus.

 

„Klima- und Sozialpolitik müssen endlich sinnvoll miteinander verzahnt ineinandergreifen. Die Menschen werden von den steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen überrannt. Gleichzeitig zeigen die extremen Hitzetage, wie sich unsere Umwelt mit der Klimakrise verändern wird. Beide Probleme sind existenziell und treffen Menschen mit geringem Einkommen besonders hart. Deshalb freue ich mich, dass wir uns erstmalig mit einem Bündnis aus 40 Organisationen aus dem Umwelt- und Sozialbereich zusammengetan haben, um einen sozialen und ökologischen Neustart von der Politik zu fordern. Wir wollen und werden als Diakonie unseren Teil dazu beitragen, dass die Idee von einer sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Gesellschaft mit Leben gefüllt wird“, sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie.

 

In Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, beginnen die Ferien. Die Sommerzeit ist klima-und sozialpolitisch von großer Bedeutung. Familien mit geringem Einkommen bleiben mit Sorgen um Strom- und Gasnachzahlungen zuhause. Sie sind in schlecht isolierten Wohnungen der Sommerhitze ausgesetzt. Jürgen Schneider, mit eigener Armutserfahrung im Koordinierungskreis der Nationalen Armutskonferenz engagiert, weist auf die großen sozialen Auswirkungen des Klimawandels hin: „Schon längst stellt sich in Deutschland für in Armut Lebende und Wohnungslose nicht nur im Sommer die Existenzfrage. Sommer im Klimawandel heißt: Es fehlt an Wasser, gekühlten Aufenthaltsmöglichkeiten und Geld fürs Schwimmbad.“ Nicht einmal öffentliche Toiletten seien für in Armut Lebende kostenfrei, die es in ihren überhitzten Wohnungen nicht aushalten oder sowieso auf der Straße leben.

 

Aus Sicht des NABU, mit dem die Diakonie Deutschland kooperiert, können Menschen mit geringem Einkommen von klug umgesetzten umweltpolitischen Maßnahmen profitieren. „Wir können mehrere Ziele gemeinsam erreichen, einerseits Einkommensschwachen Haushalten unmittelbar Entlastung anbieten und gleichzeitig den klimatechnischen Nutzen erhöhen. Dazu braucht es gut ausgebauten Nahverkehr, attraktive Radwegenetze, schattenspendendes Stadtgrün, gezielte sozialpolitisch ausgerichtete Unterstützung bei der energetischen Sanierung von Wohnraum im Bestand und gezielte Förderung bei der Anschaffung von Energiespargeräten“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. „Auch die Lieferketten können soziale und ökologische Kriterien besser erfüllen, wenn die Marktmacht von acht Millionen Sozialleistungsbeziehenden sich nicht nur an Billigprodukten mit schlechter sozial- und Ökobilanz orientieren muss. Gesunde Ernährung und verantwortungsvoller Konsum sollen allen Bürgerinnen und Bürgern möglich sein.“

 

Soziale und ökologische Fragen seien nicht zu trennen, betonen Diakonie, NABU und Armutskonferenz: „Wir wollen mit insgesamt 40 Unterzeichnenden der ‚Zehn Thesen für einen sozialen und ökologischen Neustart‘ als breites Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen deutlich machen: soziale und ökologische Fragen gehören zusammen und brauchen gemeinsame Antworten. Auch Menschen mit geringem Einkommen müssen die Möglichkeit bekommen, ökologisch verantwortungsvoll zu konsumieren und sich gesund zu ernähren“. Darum seien Steuerungs- und Fördermechanismen nötig, die arme Haushalte entlasten und das Klima schützen. „Die ökologische Transformation kann nur gelingen, wenn sie den sozialen Frieden wahrt“, so Diakonie, NABU und nak. 

 

Zehn Thesen für einen sozialen und ökologischen Neustart:

https://www.diakonie.de/journal/zehn-thesen-fuer-einen-sozialen-und-oekologischen-neustart

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und  Entwicklung e.V., Nationale Armutskonferenz und NABU (Naturschutzbund Deutschland) e. V. vom 23.06.2022

Für den Bericht „Bildung in Deutschland 2022“ analysiert das DJI die Situation von Früher Bildung, Ganztagsbetreuung und non-formalen Lernwelten neben der Schule

Obwohl in den vergangenen 15 Jahren über 800.000 neue Betreuungsplätze in Kindertageseinrichtungen in Deutschland geschaffen wurden, kann der vorhandene Bedarf aktuell immer noch nicht gedeckt werden. Das größte Hemmnis beim Ausbau ist neben den Plätzen das fehlende Fachpersonal, vor allem in Westdeutschland. Dies ist eines der Ergebnisse der Auswertungen des Deutschen Jugendinstituts (DJI) im Rahmen des Berichts „Bildung in Deutschland 2022“.

Dieser Bericht, der zum neunten Mal erscheint, bietet alle zwei Jahre eine systematische Bestandsaufnahme des gesamten deutschen Bildungswesens. Darin fließen Daten der amtlichen Statistik sowie groß angelegter, repräsentativer sozialwissenschaftlicher Surveys ein. Das DJI ist seit Beginn der nationalen Bildungsberichterstattung im Jahr 2006 mit umfangreichen Analysen beteiligt. Der aktuelle Bericht widmet sich im diesjährigen Schwerpunkt der Entwicklung des Bildungspersonals und damit zusammenhängenden aktuellen Herausforderungen. Das DJI verantwortet seit jeher die Themen Frühe Bildung, Ganztagsbildung und -betreuung im Schulalter und non-formale Lernwelten neben der Schule.

Personallücke Mitte des Jahrzehnts am größten

„Der Personalnotstand wird in den kommenden Jahren zu einer Schlüsselfrage der Zukunftsfähigkeit der Frühen Bildung“, betont Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, Leiter der Nationalen Bildungsberichterstattung am DJI. „Die größte Lücke zwischen Angebot und Bedarf werden wir voraussichtlich Mitte des Jahrzehnts erreichen“, erläutert der ehemaliger DJI-Direktor. Aktuellen Berechnungen zufolge werden in den Kitas im Jahr 2025 bis zu 73.000 Fachkräfte insbesondere in Westdeutschland fehlen, auch wenn weiterhin eine große Zahl an neuen Fachkräften jährlich auf den Arbeitsmarkt strömt. Aber dennoch wird sich die Kindertagesbetreuung in diesem Jahrzehnt vermutlich einem Ende ihres lang anhaltenden Wachstums nähern. Dies eröffnet die Chance einer neuen Qualitätsoffensive.

Corona-Pandemie hat Bildungsungleichheit in der frühen Kindheit verstärkt

„Ich denke, wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Corona-Pandemie Bildungsunterschiede noch verstärkt hat“, erläutert Rauschenbach einen weiteren Befund des aktuellen Berichts. Corona hat dazu geführt, dass für viele Kinder in dieser Zeit Bildungsimpulse und spezifische Förderungen in der Kita sowie die Anregungsqualität durch Gleichaltrige entfallen sind. Zusätzlich haben sich zwischen 2019 und 2021 die Unterschiede in der Unterstützung der Kinder in den Familien vergrößert. Zwar kam es bei vielen Aktivitäten, die Mütter mit ihren Kindern ausübten, in diesem Zeitraum zu einer durchschnittlichen Zunahme, jedoch war die Ausübung von expliziten Bildungsaktivitäten wie Vorlesen noch stärker als bislang vom elterlichen Bildungsstand abhängig. So wurde Kindern von Eltern mit niedrigem Bildungsabschluss im Jahr 2021 mit 19 Tagen im Monat deutlich seltener vorgelesen als bei höheren Abschlüssen; hier lag dieser Wert bei 26 Tagen pro Monat.

Pandemiebedingte Kita-Schließungen treffen besonders Kinder mit nichtdeutscher Familiensprache

Zusätzliche Nachteile brachten pandemiebedingte Kita-Schließungen für Kinder mit vorwiegend nichtdeutscher Familiensprache mit sich. Etwa jedes fünfte Kita-Kind, im Westen fast jedes vierte, zwischen drei Jahren und dem Schuleintritt spricht zu Hause überwiegend eine nichtdeutsche Familiensprache. Für diese Kinder sind Kitas der Schlüssel, um die deutsche Sprache im Spiel mit Gleichaltrigen fast nebenher zu erlernen. Aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen der Angebote in den Kitas wurden Bildungsaktivitäten und Möglichkeiten des Spracherwerbs erschwert.

Betreuungs- und Datenlücke im Ganztag

Im Bereich der ganztägigen Bildung und Betreuung von Grundschulkindern zeigen die aktuellsten Daten der DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS) derzeit eine Lücke zwischen der Beteiligung der Kinder (54 Prozent) und dem Bedarf der Eltern (63 Prozent) von etwa 10 Prozentpunkten. „Unverständlich ist, warum für ganztägige Angebote bislang keinerlei belastbare Daten zum Personal erfasst werden“, bekräftigt Rauschenbach. Aufgrund dessen ist die Anzahl und die Art der Qualifikation der dort Tätigen sowie der Personalschlüssel unbekannt. Nicht systematisch verankert ist zudem das Thema der ganztägigen Bildung und Betreuung im Grundschulalter in den pädagogischen Ausbildungen und Studiengängen. Der Bedarf an Fachkräften für zusätzliche Ganztagsangebote im Grundschulalter kann sich durch den Rechtsanspruch bis zum Schuljahr 2029/30 auf 65.600 Personen belaufen.

Förderung und beteiligte wissenschaftliche Einrichtungen

Der Bildungsbericht wird von der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die Autorinnen und Autoren des Bildungsberichts gehören an verantwortlicher Stelle neben dem DJI den folgenden wissenschaftlichen Einrichtungen und Statistischen Ämtern an: dem Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF), dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für lebenslanges Lernen e. V. (DIE), dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), dem Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi), dem Soziologischen Forschungsinstitut an der Universität Göttingen (SOFI) sowie den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder (Destatis und StLÄ).

Pressemitteilung mit weiteren Links zum Bildungsbericht 2022, Interview mit Prof. Thomas Rauschenbach sowie Grafiken und weiteren Informationen

https://www.dji.de/veroeffentlichungen/aktuelles/news/article/1149-bildungsbericht-2022-fachkraeftemangel-draengendstes-problem-der-fruehen-bildung.html

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut e.V. vom 23.06.2022

Die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur e.V. (GMK), das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. (DKHW), die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) und die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V. (FSF) haben heute in Berlin den medius 2022 verliehen. Der Preis ist mit insgesamt 2.500 Euro dotiert und würdigt wissenschaftliche und praxisorientierte Abschlussarbeiten aus dem deutschsprachigen Raum, die sich mit aktuellen, innovativen Aspekten aus dem Medienbereich, der Medienpädagogik und Pädagogik oder Themen des Jugendmedienschutzes auseinandersetzen. In diesem Jahr wurden vier Arbeiten ausgezeichnet, wobei zweimal der 3. Platz vergeben wurde.

 

Den 1. Preis (dotiert mit 1.000 Euro) verlieh die Jury Ronja Bachofer für ihre Masterarbeit „Gendergerechte Sprache im Kinderfernsehen – Verwendung in nonfiktionalen Formaten und Wirkung auf die Zielgruppe“, eingereicht an der Universität Erfurt. Im Fokus steht dabei die empirische Untersuchung der Wirkung gendergerechter Sprache in audiovisuellen Medien auf Kinder und Jugendliche, speziell in nonfiktionalen Fernsehformaten des öffentlich-rechtlichen Kinderkanals von ARD und ZDF (KiKA). Darauf aufbauend werden wissenschaftlich fundierte Empfehlungen für die Arbeit von Kinderfernsehredaktionen erarbeitet.

 

Der 2. Preis (dotiert mit 700 Euro) ging an Elena Theresia Pohl für ihre Masterarbeit „Es ist leichter, sich nicht damit zu befassen“ Extremismusbezogene Medienkompetenzen Jugendlicher angesichts islamistischer Propaganda auf Instagram“. Die Absolventin der Ludwig-Maximilians-Universität München widmet sich mit einem qualitativen Forschungsdesign explorativ der Frage, welchen Einfluss kommunikative Strategien von Islamisten auf Jugendliche auf Instagram haben und auf welcher Basis Jugendliche diese erkennen und bewerten. Auf dieser Grundlage werden Handlungsempfehlungen für die Praxis entwickelt.

 

Einen von zwei 3. Preisen (dotiert mit 400 Euro) verlieh die Jury Jana Dieckmann und Lara Große-Hellmann für ihre Masterarbeit „Die Praxis medienerzieherischen Handelns in Bezug auf die Nutzung sozialer Medien über mobile Endgeräte bei Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen der körperlichen und motorischen Entwicklung – eine Interviewstudie zur Perspektive von Erziehungsberechtigten“. Die an der Universität zu Köln eingereichte Arbeit liefert qualitativ-empirisch fundierte, grundlegende Erkenntnisse zur elterlichen Medienerziehung beeinträchtigter Kinder in Bezug auf soziale Medien. Gleichzeitig zeigt sie auf, welche Rolle die Medienerziehung für die Teilhabe der Kinder spielt.

 

Auch die Masterarbeit „Familienalltag in der Krise: Herausforderungen des DistancE-Learnings während der COVID-19 Pandemie“ von Maren Reitler wurde mit dem 3. Platz und einem Preisgeld von 400 Euro ausgezeichnet. Eingereicht an der Universität Leipzig, untersucht die Arbeit anhand qualitativer Familieninterviews, wie sich der Alltag von Familien mit Grundschulkindern durch medienvermitteltes Distanzlernen verändert. Dabei nimmt sie besonders Faktoren gesellschaftlicher Ungleichheit in den Blick und liefert auf dieser Basis medienpädagogische, gesellschaftliche und familienpolitische Impulse.

 

„Die Auswahl der vier mit dem medius 2022 ausgezeichneten Arbeiten spiegelt die Breite der Handlungs- und Forschungsfelder der Medienpädagogik wider und zeigt deutlich: Um gesellschaftlichen Auswirkungen von Medienentwicklungen und den Rechten und Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen in allen ihren Lebensräumen gerecht zu werden, muss Medienpädagogik interdisziplinär verstanden werden“, betont Kai Hanke, stellvertretender Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, anlässlich der Preisverleihung in Berlin.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 27.06.2022

Laut Paritätischem Armutsbericht 2022 hat die Armut in Deutschland mit einer Armutsquote von 16,6 Prozent im zweiten Pandemie-Jahr (2021) einen traurigen neuen Höchststand erreicht.

13,8 Millionen Menschen müssen demnach hierzulande derzeit zu den Armen gerechnet werden, 600.000 mehr als vor der Pandemie. Der Paritätische Wohlfahrtsverband rechnet angesichts der aktuellen Inflation mit einer weiteren Verschärfung der Lage und appelliert an die Bundesregierung, umgehend ein weiteres Entlastungspaket auf den Weg zu bringen, das bei den fürsorgerischen Maßnahmen ansetzt: Grundsicherung, Wohngeld und BAföG seien bedarfsgerecht anzuheben und deutlich auszuweiten, um zielgerichtet und wirksam Hilfe für einkommensarme Haushalte zu gewährleisten.

“Die Befunde sind erschütternd, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie schlagen inzwischen voll durch. Noch nie wurde auf der Basis des amtlichen Mikrozensus ein höherer Wert gemessen und noch nie hat sich die Armut in jüngerer Zeit so rasant ausgebreitet wie während der Pandemie”, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Während 2020 noch die verschiedenen Schutzschilde und Sofortmaßnahmen der Bundesregierung und der Länder dafür sorgten, dass die Armut trotz des wirtschaftlichen Einbruchs und des rapiden Anstiegs der Arbeitslosigkeit nur relativ moderat anstieg, seien die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie 2021 offenbar voll auf die Armutsentwicklung durchgeschlagen, so die Ergebnisse der Studie.

Auffallend sei ein ungewöhnlicher Zuwachs der Armut unter Erwerbstätigen, insbesondere Selbständiger (von 9 auf 13,1 Prozent), die während der Pandemie in großer Zahl finanzielle Einbußen zu erleiden hatten. Armutshöchststände verzeichnen auch Rentner*innen (17,9 Prozent) sowie Kinder und Jugendliche (20,8 Prozent).

Bezüglich der regionalen Armutsentwicklung zeigt sich Deutschland nach dem aktuellen Armutsbericht tief gespalten: Während sich Schleswig-Holstein, Brandenburg, Baden-Württemberg und vor allem Bayern positiv absetzen, weisen fünf Bundesländer überdurchschnittlich hohe Armutsquoten auf: Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Berlin und das Schlusslicht Bremen, weit abgeschlagen mit einer Armutsquote von 28 Prozent. Armutspolitische Problemregion Nr. 1 bleibt dabei das Ruhrgebiet, mit 5,8 Millionen Einwohner*innen der größte Ballungsraum Deutschlands. Mehr als jede*r Fünfte dort lebt in Armut. In einem Länderranking würde das Ruhrgebiet mit einer Armutsquote von 21,1 Prozent gerade noch vor Bremen auf dem vorletzten Platz liegen.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisiert insbesondere das jüngste Entlastungspaket als ungerecht und unzureichend. Die seit Herbst 2021 steigenden Lebenshaltungskosten führten zu einer dramatischen Vertiefung der Armut und verlangten entschlossene Hilfsmaßnahmen. “Pandemie und Inflation treffen eben nicht alle gleich. Wir haben keinerlei Verständnis dafür, wenn die Bundesregierung wie mit der Gießkanne übers Land zieht, Unterstützung dort leistet, wo sie überhaupt nicht gebraucht wird und Hilfe dort nur völlig unzulänglich gestaltet, wo sie dringend erforderlich wäre”, so Schneider. Nur zwei Milliarden Euro des insgesamt 29 Milliarden-Euro-schweren Entlastungspaket seien als gezielte Hilfen ausschließlich einkommensarmen Menschen zugekommen, kritisiert der Verband. Dazu würden die Einmalzahlungen durch die Inflation “aufgefressen”, noch bevor sie überhaupt ausgezahlt sind.

Der Paritätische fordert umgehend ein neues Maßnahmenpaket, das bei den fürsorgerischen Leistungen ansetzen müsse, konkret den Regelsätzen in der Grundsicherung, bei Wohngeld und BAföG. “Wir brauchen dringend ein weiteres Entlastungspaket, eines das zielgerichtet ist, wirksam und nachhaltig”, fordert Ulrich Schneider. “Grundsicherung, Wohngeld und BAföG sind nach unserer Auffassung die wirksamsten Hebel um schnell zu einer Entlastung unterer Einkommen zu gelangen, die nachhaltig wirkt und nicht nach kurzer Zeit wieder verpufft. Es geht darum unsere letzten Netze sozialer Sicherung wieder höher zu hängen.”

 Paritätischer Armutsbericht 2022

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 28.06.2022

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag eine Ernährungsstrategie bis 2023 angekündigt. Das Bündnis #ErnährungswendeAnpacken aus 22 Verbänden hat jetzt ein Positionspapier für eine zukunftsweisende Ernährungsstrategie erarbeitet, die es im Vorfeld der Auftaktveranstaltung des Bundesernährungsministeriums zur Erarbeitung der Ernährungsstrategie am 29. Juni vorlegt. Darin werden konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, um allen Menschen eine gesundheitsförderliche und nachhaltige Ernährung zu ermöglichen.

Die Initiative #ErnährungswendeAnpacken begrüßt, dass die Ampelkoalition bis 2023 eine Ernährungsstrategie für Deutschland erarbeiten will, um eine „gesunde Umgebung für Ernährung und Bewegung zu schaffen”. Jetzt muss die Bundesregierung zügig ambitionierte Ziele und einen klaren Zeitplan für die Umsetzung der wichtigsten Maßnahmen vorlegen.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes: “Eine gesunde und nachhaltige Ernährung darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Zu einer erfolgreichen Ernährungsstrategie gehören daher auch die Erhöhung der Hartz IV Regelsätze und die Ermöglichung von gutem Essen in Gemeinschaftseinrichtungen – von der Kita bis zum Krankenhaus.”

Grundlage, Leitbild und Vision bei der Entwicklung der Ernährungsstrategie sollte eine sozial gerechte, gesundheitsfördernde, umweltverträgliche und dem Tierschutz zuträgliche Ernährungspolitik für Deutschland sein. Die Ernährungsstrategie und die darin definierten Maßnahmen sollten mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattet sein. Ohne Investitionen wird eine Ernährungswende nicht zu erreichen sein. Um eine verbindliche Umsetzung der Maßnahmen sicherzustellen, sollten konkrete Erfolgsindikatoren entwickelt werden.

Transparenz und Beteiligung

Eine Ernährungswende kann nur gelingen, wenn sie breiten Rückhalt in der Bevölkerung hat. Vor diesem Hintergrund fordert das Bündnis eine transparente Planung und Beteiligung der relevanten Wissenschaftler*innen und Berufsgruppen sowie der zivilgesellschaftlichen Verbände bei der Erstellung der Ernährungsstrategie bis 2023 sowie bei deren Umsetzung.

Eine Strategie für alle

Ziele und Maßnahmen der Ernährungsstrategie müssen mit Blick auf soziale Gerechtigkeit gestaltet werden. Dies gilt insbesondere für einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen. Eine Ernährungswende muss dazu führen, dass allen Menschen eine gesundheitsfördernde und nachhaltige Ernährung ermöglicht wird. Gesundes, nachhaltiges Essen darf kein Privileg für einkommensstarke Haushalte sein, sondern ist ein Grundrecht für alle.

Folgende konkrete Maßnahmen hält das Bündnis für essenziell:

  • Finanzierung einer flächendeckenden, gesundheitsförderlichen und nachhaltigen Gemeinschaftsverpflegung und eine Weiterentwicklung der Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.
  • Überprüfung der Lebensmittelbesteuerung mit dem Ziel einer sozial gerechten, gesundheitsfördernden, umweltverträglichen und dem Tierschutz zuträglichen Ausrichtung.
  • Förderung einer pflanzenbasierten Ernährung mit dem Ziel, den Konsum tierischer Produkte zu reduzieren.
  • Stärkung einer sozial gerechten, gesundheitsförderlichen und umweltfreundlichen Ernährungskompetenz in Schule und Beruf.
  • Verbesserung der Qualifizierung und Verankerung von Ernährungsbildung und Ernährungstherapie im Gesundheitswesen.
  • Verbindliche Regulierung von an Kinder gerichteter Lebensmittelwerbung.
  • Erhöhung der Leistungen in der sozialen Mindestsicherung im Kampf gegen Ernährungsarmut.  

Um die Ziele der Vereinten Nationen für eine Nachhaltige Entwicklung sowie die im Pariser Klimaabkommen verankerten Ziele zu erreichen, ist ein „Weiter so“ keine Option. Darüber besteht ein breiter Konsens. Nun hat der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine nicht nur zu einer leidvollen humanitären Krise geführt, sondern er bedroht auch die globale Ernährungssicherung und erschwert das Erreichen von Klima-, Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitszielen in der Weltgemeinschaft.

Gerade jetzt ist es deshalb wichtiger denn je, dass wir für eine nachhaltige und gesunde Ernährung ein langfristig resilientes Ernährungssystem schaffen. Aktuellen und künftigen Herausforderungen und Krisen werden wir nur standhalten, wenn wir Gesundheit, soziale Gerechtigkeit und Umweltverträglichkeit zusammendenken.

Das Positionspapier wird getragen von: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. (BVKJ), BerufsVerband Oecotrophologie e. V. (VDOE), Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern (BÄK), Bundesvertretung der Medizinstudierenden, Deutschland e. V. (bvmd), Bundeszahnärztekammer, Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern e.V. (BZÄK), Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e. V. (BÖLW), Der Paritätische Gesamtverband, Deutsche Adipositas Gesellschaft e. V. (DAG) Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) der DAG, Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V. (DGEM), Deutsches Netzwerk Schulverpflegung (DNSV), Ecologic Institute, Netzwerk der Ernährungsräte, Institut für Welternährung, iSuN – Institut für Nachhaltige Ernährung, Fachhochschule Münster, Physicians Association for Nutrition (PAN), ProVeg, RAL Gütegemeinschaft Ernährungs-Kompetenz e.V., Slow Food Deutschland e. V., Verband der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband e. V. (VDD), Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv), WWF Deutschland.

Dokumente zum Download

Empfehlungen Ernährungsstrategie (367 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 24.06.2022

Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisiert die von der Bundesregierung geplante BAföG-Reform als viel zu niedrig angesetzt.

Zum kommenden Wintersemester soll der BAföG-Satz um 5,75 Prozent angehoben werden. Darüber hinaus sollen Zuschläge etwa für Miete und Versicherungen sowie Freibeträge etwas erhöht werden. Der Paritätische verweist auf seine im Mai veröffentlichte Studie, nach welcher jede*r dritte Student*in arm ist und fordert weiterhin grundlegende Reformen.

„Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein“, kommentiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes die geplante Erhöhung der BAföG-Sätze. Angesichts der Inflationsentwicklung würde die sowieso schon bestehende Armutsspirale bei Studierenden sich noch schneller drehen. “Die Armutsquote bei Studierenden ist schon jetzt doppelt so hoch wie im Bevölkerungsdurchschnitt. Das ist dramatisch. Junge Menschen an der Uni müssen sich auf ihr Studium konzentrieren können. Ständige Existenzängste machen keine guten Akademiker*innen”, so Schneider weiter.

Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle liegt fast jeder zweite Studierende mit BAföG-Bezug unter der allgemeinen Armutsschwelle. Demnach sind deutlich höhere als die jetzt geplanten Steigerungen nötig, um Studierendenarmut zu vermeiden. Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle bräuchte es deutlich über 600 Euro, um das Existenzminimum zu sichern.

Dokumente zum Download

Expertise „Armut von Studierenden in Deutschland.“ (365 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 23.06.2022

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 30. Juni 2022

Veranstalter: Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs

Ort: Berlin

Zeugnisse der Vergangenheit sind elementar für die individuelle und gesellschaftliche Aufarbeitung sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend. In einer demokratischen Gesellschaft spielen Archive bei der Sicherung und Überlieferung von Quellen und Dokumenten eine wichtige Rolle.

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs möchte mit der Tagung ein Bewusstsein für den Umgang mit sensiblen Dokumenten zu sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche schaffen. Gleichzeitig wollen wir Perspektiven zur Sicherung von Quellen diskutieren. Welche Strukturen und Prozesse in Archiven können Aufarbeitung unterstützen? Welche Herausforderungen gibt es bei der Übernahme von Akten in die Archive? Welche Rolle spielen Machtverhältnisse beim Zugang zum Archivgut? Wie könnten konkrete Lösungen aussehen?

Über diese Fragen wollen wir gemeinsam mit Betroffenen sowie weiteren Expertinnen und Experten aus den Bereichen Archivwissenschaft, Forschung und Politik sprechen. Eine Teilnahme ist sowohl vor Ort wie auch online möglich.

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Termin: 21. und 22. September 2022

Veranstalter: evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V., eaf

Ort: Ludwigshafen

Auf der Tagung sollen die Eckpunkte für eine dynamische Familienarbeitszeit vorgestellt werden. Denn auch nach der Elternzeit stellt sich ganz konkret und alltäglich die Frage, wie Familien jenseits von beruflichem Druck und privaten Organisationsaufgaben genügend Ruhe und Muße für ihr gemeinsames Leben finden. Es soll mit Ihnen und Expert:innen aus Forschung, Politik und Wirtschaft diskutiert werden, ob und unter welchen Bedingungen das Instrument einer dynamischen Familienarbeitszeit Eltern tatsächlich entlasten kann. Das Programm der Fachtagung finden Sie hier.

Am Rande der Tagung findet am Mittwochabend ein Empfang der Evangelischen Kirche der Pfalz statt, zu dem Sie ebenfalls herzlich eingeladen sind.

Die Anmeldung ist nur digital möglich. Das Anmeldeformular finden Sie auf unserer Website unter diesem Link: https://www.eaf-bund.de/service/veranstaltungen/2022-09-21-jahrestagung-und-mitgliederversammlung

Termin: 13. und 14. Oktober 2022

Veranstalter: Paritätisches Bildungswerk Bundesverband e.V.

Ort: Frankfurt am Main

Studien verdeutlichen, die negativen Auswirkungen der langanhaltenden Belastungssituation für Kinder und Familien im Zusammenhang mit der Coronapandemie. Gleichzeitig bieten Krisen auch immer Chancen zur Weiterentwicklung und Neuausrichtung. Bei der diesjährigen Tagung zur Eltern- und Familienbildung laden wir Sie dazu ein, gemeinsam mit Expert_innen und Kolleg_innen Ihre Erfahrungen in der Pandemie zu reflektieren. Gemeinsam tauschen wir uns zu den Bedarfen von Familien, den sich aus der Pandemie ergebenden Chancen sowie zur optimalen Nutzung von Ressourcen aus. Die Veranstaltung setzt sich aus Fachvorträgen ausgewählter Referent_innen, Workshops und kollegialem Austausch zusammen. Innerhalb der zwei Tage erhalten Sie die Möglichkeit, aktuelle Forschungsergebnisse und themenspezifische Theorien sowie gelungene Beispiele aus der fachlichen Praxis kennenzulernen und sich in Arbeitsgruppen damit auseinanderzusetzen.
Es besteht die Möglichkeit, sich alternativ online für die Fachvorträge und das Podiumsgespräch einzuwählen. Die Online-Teilnahme beinhaltet zusätzlich die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Online-Workshop am Freitag.

Teilnahmebeitrag:
EUR 90,- bei Teilnahme vor Ort inkl. Pausengetränke, Mittagsimbiss und Abendessen
EUR 59,- bei Teilnahme am Online-Programm

Wir bitten Sie, Übernachtungen selbst zu buchen. Dies ist auch in den hoffmanns höfen möglich.

Teilnahmebedingungen:
Sollten Sie an der gebuchten Veranstaltung nicht teilnehmen können, muss eine schriftliche Absage erfolgen. Bei einem Rücktritt bis 2 Wochen vor Beginn entstehen keine Kosten. Bei später eingehenden Absagen oder bei Nichtteilnahme am Veranstaltungstag, bzw. nicht stornierter Buchung, wird der volle Teilnahmebeitrag fällig. Sie haben jedoch die Möglichkeit, eine Ersatzperson zu stellen.

Das Programm und weitere Informationenn finden Sie hier.

Termin: 17. Oktober 2022

Veranstalter: Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen

Wer gleichwertige Lebensverhältnisse will, muss Gleichstellung stärken – erfolgreiche Gleichstellungarbeit erhöht die Lebensqualität und die Wettbewerbsfähigkeit ländlicher Räume. Das ist das Ergebnis der BAG Studie „Gleichstellung als Regionalentwicklung – zur Situation der kommunalen Gleichstellungsarbeit in ländlichen Räumen Deutschlands“. Im Anschluss an die Studie hat die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen (BAG) in Zusammenarbeit mit kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Politikempfehlungen für „gleichwertige und geschlechtergerechte Lebensverhältnisse“ entwickelt. Diese werden wir im Oktober 2022 veröffentlichen.

Zur Veröffentlichung richten wir am 17. Oktober 2022 eine digitale Veranstaltung zur Vorstellung unserer Politikempfehlungen aus, zu der wir Sie herzlich einladen. Wir stellen unsere Politikempfehlungen vor und diskutieren mit den frauenpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen SPD, FDP, GRÜNE, CDU und Linke über die Verbesserung der Situation von Gleichstellungsarbeit in ländlichen Räumen.

Die Veranstaltung mit dem Titel „Gleichwertige und geschlechtergerechte Lebensverhältnisse“ findet am 17. Oktober 2022 von 10:00 Uhr – 12:00 Uhr, via Zoom, statt.

Die Studie sowie die Veranstaltung wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Die offizielle Einladung mit Anmeldelink erhalten Sie Anfang September. Wir freuen uns sehr, wenn Sie sich den Termin bereits vormerken.

WEITERE INFORMATIONEN

Die Familien im geeinten Deutschland haben seit 1989 Erhebliches geleistet und die gesellschaftlichen Veränderungen und Entwicklungen maßgeblich mitgeprägt. Dabei konnten das Familienleben und auch die Bedingungen für Familien in Ost und West zum Zeitpunkt der deutschen Wiedervereinigung kaum unterschiedlicher sein, wie ein Blick auf große politische Wegmarken der Familienpolitik und die unterschiedlichen Aspekte der Vereinbarkeit von Familie und Beruf wie Erwerbstätigkeit, Kinderbetreuung, Aufgabenteilung zwischen den Eltern zeigt.

Seitdem sind nicht nur Ost und West stärker zusammengewachsen, sondern auch die Vorstellungen und Wünsche zum Familienleben. Das zeigt diese Publikation, die sich auf historische Quellen aus Ost und West stützt und für die Väter und Mütter aus beiden Landesteilen und aus unterschiedlichen Generationen zu ihren Familienstrukturen befragt wurden. Indem globale Prozesse der Modernisierung auf unterschiedliche kulturelle, strukturelle und ökonomische Bedingungen in Ost und West treffen und die beiden Landesteile sich zudem wechselseitig beeinflussen, wächst die Vielfalt des Familienlebens.

Familienpolitik muss diesem stetigen Wandel gerecht werden. Gegenseitige Akzeptanz für gesellschaftlich unterschiedlich geprägte Lebensbedingungen und Wertvorstellungen von Familien sind Voraussetzung dafür, dass Menschen ihr Familienleben nach den eigenen Vorstellungen gestalten können, und dass Verständnis füreinander das gesellschaftliche Miteinader ermöglicht. Vor diesem Hintergrund liefert diese Publikation einen differenzierten Überblick über das Familienleben in der ehemaligen DDR, der früheren BRD und im wiedervereinten Deutschland. Dieser Ost-West-Vergleich, begleitet durch Zitate dreier Generationen von Eltern, soll verständlich machen, woher wir familienpolitisch kommen und was wir brauchen, damit unsere Familienpolitik heute und in Zukunft auf das Leben und die Wünsche von Familien passt. Sie soll einen Rahmen schaffen, damit sich Familien in ganz Deutschland – in aller Gemeinsamkeit und Unterschiedlichkeit – bestmöglich entwickeln können.

Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Familienleben und Familienpolitik in Ost- und Westdeutschland

Die aktuelle Podcast-Folge 20 zum Thema „Erziehungshilfe“ ist online: https://awo.org/awo-podcast

Kurz zum Folgeninhalt:

Laut Gesetz haben Eltern oder Vormund „bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung, wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.“ (§ 27 Sozialgesetzbuch VIII). Zu den Erziehungshilfen gehören stationäre (Wohngruppen/Heimunterbringung), teilstationäre (Tagesgruppen) und ambulante (etwa Sozialpädagogische Familienhilfe) Leistungen aber auch die Erziehungsberatung.

In den vergangenen Jahren ist der Bedarf an Hilfen zur Erziehung erheblich gestiegen, die Anforderungen an die Arbeit in der Erziehungshilfe ebenfalls. Besonders während der Pandemie hat sich gezeigt, dass die öffentliche Wahrnehmung der Leistungen in der Erziehungshilfe kaum vorhanden ist. „Das Thema Hilfen zur Erziehung wird in einem Land wie Deutschland gerne auch ausgeblendet“, so Ina Reitzner-Ruppert vom AWO Jugendhilfeverbund Westthüringen. Warum das so ist, wie die tägliche Arbeit mit den Eltern, Kinder und Jugendlichen aussieht und weshalb die Jugendhilfe an sich größere Anerkennung erfahren sollte, darüber spricht Reitzner-Ruppert mit dem Moderator Holger Klein in der aktuellen Podcast-Folge „Erziehungshilfe“ im „#DuKannstDas!“-Podcast des AWO Bundesverbandes.

Viele Spaß beim Hören.