ZFF-Info 08/2023

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AUS DEM ZFF

Angesichts des Stillstands bei der Ausarbeitung einer armutsfesten Kindergrundsicherung fordert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus Sozial-, Wohlfahrts-, Verbraucher- und Kinderschutzverbänden sowie Jugendorganisationen und Gewerkschaften Bundesarbeitsminister Hubertus Heil auf, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Neudefinition des kindlichen Existenzminimums endlich anzugehen und so den Weg freizumachen für eine Kindergrundsicherung, die vor Armut schützt.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Einer der wichtigsten Erfolgskriterien für die Kindergrundsicherung wird ihre Höhe sein, mit der sie auch eine deutliche Verbesserung der Situation von Kindern im SGB II-Bezug erzielen muss. Deshalb haben wir ausdrücklich befürwortet, dass im Koalitionsvertrag mit der Kindergrundsicherung auch die Neuberechnung des kindlichen Existenzminimums versprochen wurde. Aber Details zu konkreten Schritten der Neuberechnung, lassen auf sich warten. Es ist enttäuschend, mit wie wenig Entschlossenheit dieses existenzielle Vorhaben angepackt wird. Wir appellieren an Bundesminister Heil, sich beherzt der Sache anzunehmen und sich für die Kinder in Armut einzusetzen.“

Im gemeinsamen Aufruf heißt es: „Die Kindergrundsicherung wird sich schlussendlich daran messen lassen müssen, ob sie in der Leistungshöhe das soziokulturelle Existenzminimum der Kinder tatsächlich abdeckt und sie damit vor Armut schützt. […] Mit Ausnahme einiger deskriptiv-unverbindlicher Papiere seien jedoch keinerlei Bemühungen des Arbeitsministeriums erkennbar, seiner Verpflichtung nachzukommen, das kindliche Existenzminimum neu zu definieren.“ Weiter mahnen die Verbände in dem Appell: „Es wäre nicht hinnehmbar, wenn die für die Kindergrundsicherung entscheidende Frage des ‚Was und wieviel braucht ein Kind‘ auf die lange Bank geschoben und das Projekt damit zum Scheitern gebracht würde.”

Kinderarmut ist in Deutschland weit verbreitet und hat zuletzt ein neues Rekordhoch erreicht: Mehr als jedes fünfte Kind wächst hierzulande in Armut auf. Das Bündnis drängt vor diesem Hintergrund auf ein Ende des Stillstands bei den notwendigen Arbeiten für eine armutsfeste Kindergrundsicherung. In dem gemeinsamen Aufruf heißt es dazu: „Wir fordern Bundesarbeitsminister Heil auf, unverzüglich die notwendigen Arbeiten an einer sach- und bedarfsgerechte Definition des kindlichen Existenzminimums und zur Berechnung des existenzsichernden Zusatzbetrages in der Kindergrundsicherung aufzunehmen und hierbei die Expertise von Wohlfahrts-, Sozial- und Fachverbänden einzubeziehen.“

Der Aufruf wird unterstützt von: Arbeiter-Samariter-Bund, Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe, Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze, Bundesforum Männer, Bundesverband für Kindertagespflege, Der Paritätische Gesamtverband, Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie, Deutscher Bundesjugendring, Deutscher Kinderschutzbund, Deutsches Jugendherbergswerk, Deutsches Kinderhilfswerk, Diakonie Deutschland, foodwatch Deutschland, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Grüne Jugend, Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen, pro familia, Sanktionsfrei, Save the Children, SOS Kinderdorf, SOVD Sozialverband Deutschland, Tafel Deutschland, Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Verband berufstätiger Mütter, Verband bi-nationaler Familien und Partnerschaften, Volkssolidarität Bundesverband, Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, Zukunftsforum Familie.

Zum gemeinsamen Aufruf an Bundesminister Heil

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 31.05.2023

SCHWERPUNKT I: Reform des europäischen Asylsystems

Zum heutigen Jahrestag des Asylkompromisses kritisiert die AWO die geplante Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems (GEAS). Diese dürfe nicht umgesetzt werden, so der Verband. Dazu erklärt AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner: „Der faule „Kompromiss“, der mit der GEAS-Reform geschlossen wird, untergräbt die Glaubwürdigkeit der EU im Bereich der Menschenrechte weiter.“ 

„Die geplante Reform ist genauso fehlgeleitet wie der Asylkompromiss vor 30 Jahren.“ so Sonnenholzner. „Dieser erfolgte ausschließlich auf Kosten der Schutzsuchenden. Heute, 30 Jahre später, ist die Asylpolitik leider kein bisschen humaner geworden. Obwohl ein Paradigmenwechsel im Koalitionsvertrag angekündigt wurde, bleibt der Schutzauftrag gegenüber Asylsuchenden aufgrund historischer Verantwortung weiterhin eine Illusion.“ 

Vor 30 Jahren ereignete sich das Unvorstellbare. Angesichts von Hass, Hetze und gewalttätigen Übergriffen auf Geflüchtete, darunter Brandanschläge auf Unterkünfte mit tödlichen Folgen, wurden nicht etwa die Schutzmaßnahmen für Asylsuchende in Deutschland ausgeweitet. Stattdessen wurde das Grundgesetz geändert und der Zugang zum Asyl massiv eingeschränkt. Die damalige Regierung rechtfertigte diesen Eingriff in die Menschenrechte mit der Einführung eines gemeinsamen europäischen Asylrechts. 

Mit der anstehenden GEAS-Reform droht nun ein Alptraum Realität zu werden. Der neue Kompromiss der Bundesregierung legalisiert bereits bestehende Verstöße gegen Menschenrechte und steht im eklatanten Widerspruch zu verbrieften Menschenrechten wie dem Übereinkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, dem Grundgesetz, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Menschenrechtscharta. Nun sollen Schutzsuchende offiziell und „im Namen der EU“ inhaftiert werden – allein deshalb, weil sie Schutz suchen. In rechtsstaatswidrigen Schnellverfahren soll über Leben und Tod entschieden werden, um dann in sogenannte „sichere Drittstaaten“ oder „sichere Herkunftsländer“ abzuschieben. Und zwar ungeachtet der möglichen Kettenabschiebungen von Personen aus Kriegsgebieten. 

Sonnenholzner dazu abschließend: „Durch die neue Reform werden nicht nur zahlreiche Menschenrechte ignoriert oder gebrochen. Es wird auch ein klares Signal gesetzt, dass Deutschland nach 30 Jahren immer noch nicht gewillt ist, seiner humanitären Verantwortung gegenüber Schutzsuchenden nachzukommen. Wer die Reform der GEAS unterstützt, nimmt Folter, grundlose Inhaftierung, Entwürdigung und Mord in Kauf, um Menschen fernzuhalten, die vor Krieg, Folter und Verfolgung fliehen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 26.05.2023

Kein Kompromiss um jeden Preis: Recht auf ein Asylverfahren in der EU muss erhalten bleiben

Die Diakonie Deutschland und Brot für die Welt zeigen sich besorgt über die Diskussion über die Reform zum europäischen Flüchtlingsrecht. Das Asylrecht in der Europäischen Union darf nicht mit dem Ziel ausgehöhlt werden, faire Asylverfahren unmöglich zu machen, appellieren die beiden Organisationen gemeinsam an die Bundesregierung anlässlich des Treffens der EU-Innenminister:innen am 8. Juni in Luxemburg. Die aktuellen Verhandlungen sehen Verschärfungen besonders bei den Verfahren an den EU-Außengrenzen vor. Es drohen massive Zurückweisungen von Schutzsuchenden in Drittstaaten und die Ausweitung von Grenzverfahren mit eingeschränkten Rechten und Inhaftierung selbst von Minderjährigen.

Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt, fordert ein deutliches Signal für den Schutz Asylsuchender, statt sie künftig wie Kriminelle zu behandeln. „Es sind nicht die Staaten der EU, die die meisten Schutzsuchenden weltweit aufnehmen, sondern Länder des globalen Südens. Die Reform ist nicht nur ein menschenrechtlicher Skandal, sondern auch gegenüber diesen Ländern ein fatales Signal: Warum sollten diese noch Schutz gewähren, wenn die Europäische Union, die ihnen gegenüber immer wieder auf die Einhaltung der Menschenrechte pocht, die Rechte von Geflüchteten selbst immer weiter einschränkt?“

Die Reform sieht unter anderem vor, die sogenannte „Sichere-Drittstaaten-Regelung“ auszuweiten. „Das führt dazu, dass kaum noch jemand innerhalb der Europäischen Union Asyl beantragen kann, da auf möglichen Schutz in Ländern wie Tunesien, Niger oder die Türkei verwiesen wird. Die aktuell im Rat diskutierten Pläne sehen vor, dass Schutzbedürftige den ’sicheren Drittstaat‘, in den sie abgeschoben werden sollen, nie betreten haben müssen. Damit könnten EU-Staaten dem Beispiel Großbritanniens folgen, das Asylsuchende jeglicher Nationalität nach Ruanda ausfliegen will. Diesem Modell muss in der Europäischen Union eine klare Absage erteilt werden!“, sagt Dagmar Pruin.

Diakonie Präsident Ulrich Lilie fordert entsprechend faire Verfahren und eine gerechte Verteilung von Schutzsuchenden in der Europäischen Union: „Einen europäischen Kompromiss um jeden Preis und eine Abkehr von den menschenrechtlichen Grundpositionen, auf die die europäische Gemeinschaft gegründet ist, darf es nicht geben. Leidtragende einer restriktiven Reform des Europäischen Asylsystems wären die Menschen, die auf unseren Schutz und unsere Hilfe dringend angewiesen sind. Wir brauchen faire und sorgfältige Asylverfahren, ein gerechtes Verteilungssystem und eine Entlastung der Staaten mit EU-Außengrenzen.“

Die Diakonie stehe seit langem für den Flüchtlingsschutz und für eine menschenwürdige Aufnahme in der EU ein. Es gebe keinen sachlichen Grund, sich von dieser werteorientierten Politik zu verabschieden. „Damit die Aufnahme von Geflüchteten gelingt, engagieren wir uns dafür, dass die schutzsuchenden Menschen bei der Integration in unsere Gesellschaft unterstützt und gefördert werden und erfolgreich Perspektiven für ihr Leben entwickeln können“, so der Diakonie-Präsident.

Eine grundlegende Reform des Dublin-Systems, wie sie Verbände und Flüchtlingshilfsorganisationen seit Langem fordern, sei im Reformprozess aktuell nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Das Prinzip der Ersteinreise wird noch verschärft, Staaten sollen sich zukünftig vom Flüchtlingsschutz freikaufen können.

Die beiden Vorstände appellieren daher an die Bundesregierung, ihr Gewicht im Europäischen Rat zu nutzen und sich bei einer Reform zu enthalten, die auf Jahre hin verheerende Folgen für den Europäischen Flüchtlingsschutz hätte. Mit der geplanten Reform schaffe die EU keine Ordnung, sondern setze die Rechtlosigkeit und Verelendung von Schutzsuchenden in der EU fort. Solange das gemeinsame Bekenntnis zum Flüchtlingsschutz und zur menschenwürdigen Aufnahme in der EU nicht vorhanden sei, sollte keine Reform verabschiedet werden, die die gegenwärtigen Zustände legalisiert. Es müsse auf die Einhaltung der bestehenden Asylgesetze gedrungen werden, so Pruin und Lilie.

Weitere Informationen:

Gemeinsamer Appell: Keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Gemeinsames-Statement_GEAS_16.05.2023-2.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. und Brot für die Welt vom 06.06.2023

LSVD gegen Grenzverfahren und Abschiebungen in für LSBTIQ* unsichere Drittstaaten

Am 8./9. Juni wollen die EU-Mitgliedstaaten auf dem EU-Rat für Inneres eine Reform des Asyl-Systems beschließen. Unter anderem sollen Geflüchtete in vermeintlich sichere Drittstaaten abgeschoben werden können, es sollen systematisch Asylgrenzverfahren unter Haftbedingungen durchgeführt werden und das Dublin-System soll verschärft werden. Innenministerin Faeser (SPD), Außenministerin Baerbock (Grüne), Vizekanzler Habeck (Grüne) und Familienministerin Paus (Grüne) haben signalisiert, den Plänen zustimmen zu wollen, und fordern lediglich, dass insbesondere Familien und Kinder aus den Grenzverfahren ausgenommen werden sollen. Das Vorhaben soll dann im nächsten Schritt im EU-Gesetzgebungstrilog bis Anfang 2024 verhandelt werden. Gelingt dies, würden auch lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche und queere (LSBTIQ*) Asylsuchende, die über eine EU-Außengrenze einreisen, zu Asylverfahren an den EU-Außengrenzen unter Haftbedingungen gezwungen. Auch sie laufen dann Gefahr, in zukünftig als „sichere Drittstaaten“ deklarierte Länder abgeschoben zu werden. Patrick Dörr kommentiert dies für den Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD):

Für Geflüchtete ganz allgemein, ganz besonders aber auch für LSBTIQ* Schutzsuchende, ist die geplante Reform ein Horrorszenario. Die Unterbringung in Haftlagern wird den Zugang zu medizinischer und psychosozialer Versorgung unmöglich machen und die Gewaltgefahr für ohnehin besonders schutzbedürftige LSBTIQ* potenzieren. Die jahrelange Erfahrung zeigt zudem: LSBTIQ* outen sich oft erst sehr spät im Asylverfahren, oft erst im Rahmen eines Klageverfahrens oder noch später. Grund hierfür sind die oft ein Leben lang gelernte Angst und Scham, das fehlende Wissen um die Schutzrechte für verfolgte LSBTIQ*, aber auch die auch in Deutschland noch mangelhafte Schutzbedarfserkennung. Wenn entsprechend den Vorschlägen dann Asylsuchende aus Ländern mit relativ niedrigen Schutzquoten in Grenzverfahren kommen, wird dies ganz besonders auch LSBTIQ* Geflüchtete treffen, da unter diesen Staaten auch viele LSBTIQ*-Verfolgerstaaten sind. Outet sich zum Beispiel ein schwuler Iraker oder eine lesbische Senegalesin in der Grenzhaft nicht direkt, wird der Asylantrag direkt als unzulässig abgewiesen und die Person soll in für sie vermeintlich sichere Drittstaaten abgeschoben werden, also im Zweifelsfall ein Land, in dem die Person noch nie war. Es ist davon auszugehen, dass die Standards für die Einstufung solcher „sicherer Drittstaaten“ soweit abgesenkt werden, dass auch regelmäßig LSBTIQ*-Verfolgerstaaten als „sicher“ eingestuft werden.

Die Bundesregierung hat sich zum Inklusionskonzept für die Außen- und Entwicklungspolitik bekannt, Außenministerin Baerbock hat selbst die feministische Außenpolitik proklamiert. Die Bundesregierung hat überdies in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, die Bedingungen für LSBTIQ* Geflüchtete zu verbessern. Innenministerin Faeser hat selbst betont, wie wichtig ihr ein besserer Schutz für LSBTIQ* Geflüchtete ist. All die Erfolge, die in dieser Legislatur für LSBTIQ* Schutzsuchende errungen wurden, würden durch die geplante Reform faktisch zunichte gemacht. Die geplante EU-Asylreform bedeutet eine schärfere Asylpolitik gegen LSBTIQ* Geflüchtete, als wir sie jemals unter dem CSU-Innenminister Seehofer gesehen haben. Dass dabei diese Verschärfung auch für LSBTIQ* Schutzsuchende nicht auf Druck anderer EU-Staaten passiert, sondern ein ureigenes Anliegen auch der Bundesregierung selbst ist, zeigt sich darin, dass sie parallel zu diesem Horrorszenario auch noch die Einstufung weiterer LSBTIQ*-feindlicher Länder als sogenannte „sichere Herkunftsstaaten“ betreibt.

Der LSVD fordert die Bundesregierung auf, sich an ihre Wahlkampfversprechen zu erinnern und sich gegen die faktische Aushebelung des Asylrechts zu stellen. In Grenzverfahren ist ein ordentliches, faires Asylverfahren nicht möglich, weder für LSBTIQ* Geflüchtete noch für andere Schutzsuchende. Das geplante Reformvorhaben ist daher grundsätzlich abzulehnen. Sollte die Bundesregierung tatsächlich zustimmen, muss die Bundesregierung mindestens folgende Punkte zur Bedingung für ihre Zustimmung machen, um zumindest einen minimalen Standard beim Schutz von LSBTIQ* Asylsuchenden sicherzustellen:

  1. Erstens müssen LSBTIQ* Geflüchtete regelmäßig aus den Grenzverfahren herausgenommen werden, da für ihr Schutzrecht die Schutzquoten der Länder überhaupt keine Aussagekraft haben. Um sich im Asylverfahren zu outen, brauchen sie Kontakt zur LSBTIQ* Zivilgesellschaft, zu spezialisierten Beratungsstellen.
  2. Zweitens muss im Rahmen der Reform klargestellt werden, dass LSBTIQ* im Rahmen der Grenzverfahren überhaupt als „besonders schutzbedürftige“  Gruppe anerkannt werden. Dies ist derzeit EU-weit nicht geregelt. 
  3. Drittens müssen in den geplanten Haftlagern an der EU-Außengrenze auch LSBTIQ*-Organisationen geförderte Stellen erhalten, um die Schutzbedarfserkennung vor Ort sicherzustellen und spezialisierte Beratung anzubieten. Hierbei muss vor allem auch klar geregelt sein, dass alle Asylsuchenden systematisch informiert werden, dass Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität ein anerkannter Asylgrund ist.
  4. Viertens muss sichergestellt werden, dass die Haftlager für ein regelmäßiges unabhängiges Monitoring (speziell mit Blick auf besonders vulnerable Gruppen) durch Menschenrechtsorganisationen zugänglich sind.
  5. Fünftens muss die Bundesregierung durchsetzen, dass EU-weit nur solche Staaten, in denen LSBTIQ* in allen Landesteilen sicher vor Verfolgung sind, als „sichere Drittstaaten“ deklariert werden.

Weiterlesen:

Gesetz zur Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren (lsvd.de)

APPELL: Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen! (lsvd.de)

Queere Geflüchtete anerkennen (lsvd.de)

Detaillierte Analyse: Wie wirkt sich die neue Dienstanweisung des BAMF auf die Verfahren queerer Geflüchteter aus? (lsvd.de)

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 06.06.2023

46 Kinder- und Menschenrechtsorganisationen warnen anlässlich des Treffens der EU-Innenminister*innen vor Entrechtung geflüchteter Kinder und Jugendlicher.

Der Paritätische Gesamtverband und andere Kinder- und Menschenrechtsorganisationen rufen die Bundesregierung dazu auf, beim bevorstehenden Treffen der EU-Innenminister*innen am 8. Juni keine Vereinbarungen einzugehen, die die Rechte und das Wohl geflüchteter Kinder und Jugendlicher gefährden. Deutschland muss konsequent gegen die Einführung von Grenzverfahren in Haftlagern, die Ausweitung sicherer Drittstaaten und die Absenkung von Verfahrensgarantien für geflüchtete Kinder und Jugendliche stimmen, so die gemeinsame Forderung.

“In der Debatte um eine Reform der europäischen Asylpolitik drohen Menschenrechte auf der Strecke zu bleiben“, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.“ Die Möglichkeit der Inhaftierung Schutzsuchender während des Asylverfahrens ist grundsätzlich inhuman und wird das Leid an den europäischen Außengrenzen verschärfen. Wir erwarten, dass die Bundesregierung sich in aller Konsequenz gegen diese Pläne stellt.“

Die Organisationen warnen vor einer massiven Entrechtung geflüchteter Kinder und Jugendlicher in der EU, sollten die vorgeschlagenen Reformen beschlossen werden. Bereits jetzt kommt es entlang der Fluchtrouten und an den Außengrenzen der EU jeden Tag zu Gewaltanwendung gegenüber Kindern. Die Reformpläne verstoßen nach Ansicht des Bündnisses gegen die UN-Kinderrechtskonvention und begünstigen weitere Kinderrechtsverletzungen. Die Bundesregierung darf diesen Weg nicht unterstützen. Die Wahrung der Menschenrechte und des Kindeswohls muss  die Leitlinie der europäischen Politik sein, so der Appell.

Nach den bisher bekannten Plänen sind auch geflüchtete Kinder und Jugendliche von Inhaftierung oder haftähnlicher Unterbringung an den europäischen Außengrenzen betroffen. Dies verstößt gegen das in der UN-Kinderrechtskonvention verankerte Recht auf Schutz vor Folter und Freiheitsentzug. Die Organisationen ermahnen die Bundesregierung, der eigenen Ankündigung im Prioritätenpapier zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vom 26. April treu zu bleiben und sicherzustellen, dass Minderjährige vom Grenzverfahren ausgenommen werden. Zudem sollen Kinder und Jugendliche die Möglichkeit haben, sich wirksam gegen Entscheidungen von Behörden zu wehren. Unbegleitete Minderjährige sollen kindgerechte Unterstützung, Vormundschaft und Rechtsbeistand erhalten. Ohne effektiven Rechtsschutz und kindgerechte Verfahrensbegleitung können die Rechte und das Wohl von flüchtenden Kindern in der EU nicht gewahrt werden.

Auch durch die geplante Erweiterung des Konzepts der sicheren Drittstaaten drohen massive Auswirkungen auf den Schutz von Asylsuchenden in der EU: Wenn Kinder und Jugendliche in der EU ankommen, können ihre Asylanträge – gemäß den aktuellen Beschlüssen des Rates der EU-Innenminister*innen – als unzulässig abgelehnt werden, selbst wenn in einigen Regionen eines außereuropäischen Landes nur ein unzureichendes Mindestmaß an Schutz gewährleistet ist.

Dokumente zum Download

46 Kinder- und Menschenrechtsorganisationen appellieren an die Bundesregierung (586 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 06.06.2023

SCHWERPUNKT II: Kindergrundsicherung

Zum heutigen Beschluss der Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder erklärt Nina Stahr, Mitglied im Ausschuss für Familien, Senior*innen, Frauen und Jugend:

Der heutige Beschluss der Jugend- und Familienministerkonferenz signalisiert: Die Kindergrundsicherung muss kommen. Die Unterstützung der Bundesländer reiht sich ein in die breite Unterstützung aus der Zivilgesellschaft. Denn Kinderarmut raubt Kindern Lebenschancen und dem Land Zukunftschancen.

Wir brauchen eine gut ausgestattete Kindergrundsicherung. Sie ist der zentrale Baustein, um endlich wirksam gegen Kinderarmut vorzugehen und gesellschaftlichen Zusammenhalt nachhaltig abzusichern. Durch die Zusammenfassung vieler verschiedener Leistungen und deren Digitalisierung bauen wir Bürokratie ab. Damit erleichtern wir den Zugang und sorgen dafür, dass bei mehr Kindern und ihren Eltern das ihnen zustehende Geld ankommt. Der Weg aus der Armut darf nicht am Behördendschungel scheitern. Gleichzeitig müssen wir das kindliche Existenzminimum so ausgestalten, dass alle Kinder gleiche Teilhabechancen bekommen.

Dafür erwarten wir eine schnellstmögliche Einigung zu den Eckpunkten, die Bundesfamilienministerin Paus unermüdlich vorantreibt.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 26.05.2023

Zu den Ergebnissen der Familienministerkonferenz erklärt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gyde Jensen:

„Das Herzstück der Kindergrundsicherung ist das Zusammenführen, Vereinfachen und Digitalisieren der familienpolitischen Leistungen. Insbesondere für Länder und Kommunen wird das eine riesige Aufgabe sein. Deshalb ist es wichtig, in weiteren Gesprächen explizit auch die Kommunen als wesentliche Akteure einzubinden. Ich gehe davon aus, dass die zwischen den Familienministern besprochenen verwaltungstechnischen Umsetzungsfragen nun möglichst zeitnah Eingang in ein konkretes Konzept zur Kindergrundsicherung von Bundesfamilienministerin Lisa Paus finden. Dabei ist klar, dass der Austausch zwischen Bund und Ländern notwendige Absprachen innerhalb der Koalition zu wesentlichen Punkten der Kindergrundsicherung nicht vorwegnehmen kann. Dazu gehört notwendigerweise die Einbindung der elementaren Säule des digitalen Kinderchancenportals, das Kindern und Jugendlichen echte, selbstbestimmte Teilhabe ermöglicht und ein wesentliches Instrument zur Bekämpfung immaterieller Kinderarmut ist. Fest steht auch: Der Bund zahlt und deshalb werden auch die wesentlichen Fragen zur Finanzierung am Ende vom Deutschen Bundestag beschlossen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 26.05.2023

Anlässlich des Bund-Länder-Treffens der Familienminister*innen am 26. Mai hat die Arbeiterwohlfahrt die Beteiligten zur Eile bei der Umsetzung der Kindergrundsicherung angemahnt. „Familien können nicht länger warten: Nicht nur aufgrund der anhaltenden Inflation sind immer mehr Kinder von Armut betroffen. Mit der Kindergrundsicherung müssen wir Ihnen jetzt helfen!“ so Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt.  

Vom Bund-Länder-Treffen erhofft sich die AWO ein starkes Bekenntnis sowie einen konkreten Zeitplan zur Reform: „Wir diskutieren schon viel zu lange über die Einführung der Kindergrundsicherung, dabei liegen handfeste Konzepte und Finanzierungspläne seit Jahren auf dem Tisch,“ so Groß. „Die politischen Machtspiele auf dem Rücken von Kindern und ihrer Zukunft müssen endlich aufhören!“ Die Blockadehaltung des Finanzministeriums kritisiert die AWO scharf. 

Die Arbeiterwohlfahrt engagiert sich seit ihrer Gründung gegen Kinderarmut und drängt seit Jahren auf die Einführung einer Kindergrundsicherung. Dafür ist sie unter anderem im Bündnis Kindergrundsicherung aktiv. Laut einer aktuellen Erhebung des statistischen Bundesamtes waren 24 Prozent aller Unter-18-Jährigen in Deutschland im Jahr 2022 armutsgefährdet.1 “Diese Entwicklung dürfen wir nicht weiter hinnehmen, mit der Kindergrundsicherung müssen wir diesen Kindern und Jugendlichen jetzt wieder eine Zukunftsperspektive geben,” so Michael Groß abschließend.  

 1 DeStatis, Gefährdung durch Armut oder soziale Ausgrenzung: AROPE-Indikator und seine drei Teilindikatoren nach Geschlecht und Alter. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Einkommen-Konsum-Lebensbedingungen/Lebensbedingungen-Armutsgefaehrdung/Tabellen/eurostat-armut-soziale-ausgrenzung-arope-teilindikatoren-mz-silc.html 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 26.05.2023

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundeskabinett beschließt Bericht zur Situation unbegleiteter ausländischer Minderjähriger

Sie sind vor Krieg, Verfolgung oder wirtschaftlicher Not geflüchtet und leben ohne Eltern in Deutschland: Unbegleitete ausländische Minderjährige sind besonderen Gefahren ausgesetzt und brauchen deshalb besonderen staatlichen Schutz. 

Das Bundeskabinett hat heute den vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vorgelegten Bericht über die Situation von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen beschlossen. Der Bericht basiert auf amtlichen Statistiken und Ergebnissen aus Befragungen von Jugendämtern, Fachverbänden und Einrichtungen, in denen unbegleitete Kinder und Jugendliche leben. Der Bericht befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Jahr 2021 und greift punktuell neuere Entwicklungen auf. 

Im Ergebnis kommt der Bericht zu dem Schluss, dass unbegleitete Minderjährige in Deutschland weitgehend rechtssicher und kindeswohlgerecht aufgenommen, untergebracht und versorgt wurden. Zugleich wird deutlich, dass die seit 2022 wieder steigende Zahl unbegleiteter Minderjähriger die zuständigen Kommunen vielerorts vor wachsende Herausforderungen stellt.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Unbegleitete Minderjährige haben meistens eine lange Odyssee durch mehrere Länder hinter sich und oft Schlimmes erlebt. Es ist beruhigend zu wissen, dass sie bei uns in Deutschland gute Aufnahme finden und durch die Kinder- und Jugendhilfe intensiv begleitet und unterstützt werden. Dass sich inzwischen immer mehr Minderjährige ohne Eltern auf den Weg machen, ist ein alarmierendes Zeichen. Zudem ist es eine große Herausforderung für Kommunen, Jugendämter und Träger. Zur Betreuung werden auch viele Ehrenamtliche eingesetzt. All denjenigen, die vor Ort mit anpacken und sich mit großem Engagement um die unbegleiteten Kinder und Jugendlichen kümmern, gilt mein großer Respekt und Dank.“

Die zentralen Aussagen des Berichts:

  • Nach jahrelangem Rückgang nimmt die Zahl der UMA seit 2021 wieder zu: Zum Stichtag 31.10.2022 lebten 25.084 unbegleitete Minderjährige und junge Volljährige in der Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe. 
  • Zwischen September 2021 und Oktober 2022 stiegen die Fallzahlen um 40 Prozent. 
  • 2021 waren 91 Prozent der vorläufig in Obhut genommenen unbegleiteten Minderjährigen männlich, neun Prozent waren weiblich.
  • Hauptherkunftsländer 2021 waren Afghanistan, Syrien und Somalia.
  • Bis Oktober 2022 wurden als Folge des Ukraine-Krieges insgesamt 3.891 Einreisen von unbegleiteten Minderjährigen aus der Ukraine registriert.
  • Unbegleitete Minderjährige haben nach wie vor einen erhöhten Begleitungs-, Hilfe- und Unterstützungsbedarf, der allerdings sehr heterogen ausfällt. 
  • Die unbegleiteten Kinder und Jugendlichen erhielten im Berichtszeitraum weitgehend rechtssichere und kindeswohlgerechte Aufnahme, Unterbringung und Versorgung.
  • Das Verteilverfahren wurde funktional und weitgehend rechtssicher umgesetzt. 
  • Bei allen wichtigen Verfahrensschritten beteiligten die Jugendämter die unbegleiteten Minderjährigen mehrheitlich selbst oder ihren Vormund. 
  • Die sozialen Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie haben sich auch auf das Alltagsleben unbegleiteter Minderjähriger ausgewirkt und ihre Integration erschwert. 
  • Unbegleitete Minderjährige zeigten sich nach wie vor sehr motiviert, Deutsch zu lernen, die Schule zu besuchen und erfolgreich abzuschließen und sich in die Gesellschaft zu integrieren. 
  • Mit Blick auf 2022 und die erhöhten Zuzugszahlen bezeichneten Länder und Verbände fehlende Unterbringungsmöglichkeiten und den Mangel an Fachkräften als größte Herausforderungen.  

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung unbegleiteter ausländischer Kinder und Jugendlicher am 01. November 2015 berichtet die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag jährlich über deren Situation.

Den aktuellen Bericht finden Sie hier: bmfsfj.de/uma-bericht

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 31.05.2023

Bericht bezieht Perspektiven von Menschen mit Armutserfahrung stärker ein

Mit einer Veranstaltung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) wurden gestern offiziell die Arbeiten am Siebten Armuts- und Reichtumsbericht (ARB) der Bundesregierung aufgenommen.

Dabei diskutierte Bundesarbeits- und Sozialminister Hubertus Heil mit etwa 100 Vertreterinnen und Vertretern aus sozial- und verteilungspolitisch tätigen Verbänden und Organisationen, der Wissenschaft und von Bundesrat und Bundestag über die sozialpolitischen Herausforderungen, denen sich der ARB widmen wird. Zu den Themen gehörten unter anderem die Preisentwicklung der letzten Monate und ihre Auswirkungen auf einkommensschwache Haushalte, die Arbeit der Tafeln sowie die Lebenslagen von Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung.

„Der Armuts- und Reichtumsbericht ist ein sozialer Seismograph, der auf Verschiebungen, manchmal auch Risse und mitunter sogar tiefe Gräben in unserer Gesellschaft hinweist. Er soll außerdem realitätsnahe Antworten geben, wo der Sozialstaat noch besser werden kann. Deshalb ist ein wichtiger Teil des Berichts, dass wir die Perspektiven der Menschen mit Armutserfahrung und von all jenen, die sie vor Ort unterstützen, aufgreifen. Denn die Menschen mit geringem oder gar keinem Einkommen spüren die aktuellen Krisen am stärksten. Doch ihre tagtäglichen Belastungen lassen sich nicht einfach in Zahlen und Statistiken abbilden.“

BUNDESMINISTER FÜR ARBEIT UND SOZIALES, HUBERTUS HEIL.

Der Beteiligungsprozess von Menschen mit Armutserfahrung trägt das Motto „Armut?! Das geht uns alle an!“ und wird vom Organisationsberatungsinstitut Thüringen – ORBIT e. V. durchgeführt. Damit wird eine Verabredung aus dem Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode umgesetzt, Menschen mit Armutserfahrung stärker an der Erstellung des ARB zu beteiligen.

Seit 2001 legt die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einmal in jeder Legislaturperiode einen ARB vor. Der Siebte Armuts- und Reichtumsbericht soll im Herbst 2024 vom Bundeskabinett beschlossen werden.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 23.05.2023

„Hunderttausende Erzieherinnen und Erzieher fehlen, 130.000 Lehrkräfte allein bis 2030. Der dramatische Fachkräftemangel in der Bildung und der damit verbundene Verlust von Qualität schreien nach einem kompletten Neustart des Bildungssystems und nach einer bundesweiten Fachkräfteoffensive. Doch die Bundesregierung duckt sich weiterhin schamlos weg und betreibt kosmetische Symbolpolitik, anstatt sich den Problemen zu stellen. Wir erleben hier ein Versagen auf ganzer Linie der Ampel-Koalition“, sagt Nicole Gohlke, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE und Sprecherin für Bildung und Wissenschaft, zur Vorstellung des Forderungskatalogs des Bündnisses „Bildungswende jetzt!“. Gohlke weiter:

„100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr gab es vom Bundeskanzler mal eben par ordre du mufti. Doch für die Bildung gibt’s nur warme Worte und Gefeilsche innerhalb der Ampel-Koalition und mit den Ländern. Jede Forderung nach einer besseren Finanzierung des Bildungssystems wird abgeblockt. Man darf ernsthaft zweifeln, ob die Bundesregierung verstanden hat, worum es geht.

DIE LINKE unterstützt die Forderungen des Bündnisses für eine Bildungswende. Es braucht jetzt dringend ein Sondervermögen von 100 Milliarden für die Bildung und eine echte Ausbildungsoffensive für Lehrkräfte.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 01.06.2023

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages teilt mit:

Die Vorsitzende der Kinderkommission, Emilia Fester, erklärt anlässlich des Internationalen Kindertags:

„Der Internationale Kindertag ist ein Anlass zum Feiern und ein Tag der Freude für alle Kinder. Uns Erwachsene soll er aber auch an unsere Aufgabe erinnern, Kindern zuzuhören und ihren Rechte und Bedürfnisse den Raum zu geben, den sie brauchen. Kinder sind keine unvollständigen Erwachsenen, sondern Expert*innen ihrer Lebenswelten. Sie haben das Recht, als solche wahr- und ernstgenommen zu werden. Kinderrechte müssen ganz besonders von uns in der Politik immer an jeder Stelle mitgedacht werden, nicht nur an einem Tag im Jahr.“

Deutschland ist weltweit wahrscheinlich das einzige Land das zwei Kindertage im Jahr begeht. Der „Internationale Kindertag“ am 1. Juni wurde in der ehemaligen DDR gefeiert, während seit 1954 in der Bundesrepublik der 20. September als von der UN ins Leben gerufene „Weltkindertag“ begangen wird. Seit der Wiedervereinigung werden in Deutschland deshalb zweimal im Jahr die Anliegen der Kinder besonders in den Blick genommen. Beide Tage sollen die Rechte und Bedürfnisse von Kindern ins öffentliche Bewusstsein und Handeln rücken.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 01.06.2023

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages übernimmt auch in diesem Jahr wieder die Schirmherrschaft für die Weltspieltagsaktion des Deutschen Kinderhilfswerks, die unter dem Motto „Schluss mit der Einfalt – es lebe die Vielfalt!“ stattfindet. 

Damit will das Deutsche Kinderhilfswerk gemeinsam mit seinen Partnern im „Bündnis Recht auf Spiel“ auf die besondere Bedeutung des Themas „Spiel und Inklusion“ aufmerksam machen. Dabei wird Inklusion als das Recht auf Teilhabe aller Menschen und insbesondere aller Kinder unabhängig von körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie kulturellen oder sozioökonomischen Hintergründen angesehen.

Der Vorsitzende der Kinderkommission, Paul Lehrieder, erklärt hierzu:
„Jedes Kind will spielen, und jedes Kind soll mitspielen können. Dafür steht das Thema Spiel und Inklusion. Um allen Kindern die Chance zum Mitspielen zu geben, müssen dafür Räume und Gelegenheiten geschaffen werden. Kinder spielen ohne Vorurteile. Sie begegnen dabei anderen Menschen, machen wichtige Erfahrungen im sozialen Miteinander, entdecken ihre Kreativität und lernen Vielfalt spielerisch kennen. Von klein auf schaffen sie so – beinahe nebenbei – die Grundlage für einen achtsamen und respektvollen Umgang miteinander, trotz oder wegen aller Unterschiedlichkeiten, denen sie dabei begegnen. Das ist ein unschätzbarer Wert für alle Kinder und für unsere ganze Gesellschaft.“

Der 28. Mai gilt seit mehr als 10 Jahren als „Weltspieltag“. Kommunen, Vereine, Initiativen und Bildungseinrichtungen sind aufgerufen, mit einer Aktion am Weltspieltag 2023 teilzunehmen und darüber hinaus für eine grundsätzliche Verbesserung der Rahmenbedingungen insbesondere für die gesellschaftliche Inklusion von Kindern einzutreten.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 26.05.2023

Rund 1,3 Milliarden Überstunden sind im Jahr 2022 nach Auswertungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) geleistet worden – etwa 702 Millionen davon unbezahlt. Dies antwortet die Bundesregierung (20/6928) auf eine Kleine Anfrage (20/6511) der Fraktion Die Linke. Die Zahl der geleisteten Überstunden entspricht laut IAB-Auswertung rund 809.000 Vollzeitäquivalenten.

Im Jahr 2008 betrug die Zahl der Überstunden laut IAB zirka 2,1 Milliarden – etwa 1,2 Millionen davon unbezahlt. Auswertungen des Statistischen Bundesamtes zu geleisteten Arbeits- und Überstunden von Normalarbeitnehmern, Leiharbeitskräften sowie befristet Beschäftigten sind den Tabellen im Anhang der Antwort zu entnehmen.

Quelle: Pressemitteilung  hib – heute im Bundestag Nr. 413 vom 05.06.2023

Als Unterrichtung (20/7076) liegt die Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Modernisierung des Pass-, des Ausweis- und des ausländerrechtlichen Dokumentenwesens“ (20/6519) vor. Darin plädiert der Bundesrat unter anderem dafür, dass der Kinderreisepass nicht wie in dem Gesetzentwurf vorgesehen zum 1. Januar 2024, sondern erst zum 1. November 2025 abgeschafft werden soll.

Zur Begründung heißt es in der Stellungnahme, dass Eltern für die Ausstellung regulärer Personalausweise und Reisepässe für Kinder von null bis sechs Jahren aufgrund der „raschen äußerlichen Veränderung der Kinder“ höhere Kosten aufbringen müssten, da die Dokumente aus diesem Grund bereits vor Ablauf der Gültigkeitsdauer ungültig würden und somit die Ausstellung eines neuen gebührenpflichtigen Dokuments erforderlich werde. Zudem könnten Kinderreisepässe unmittelbar vor Ort sofort ausgestellt werden. Um die Bürger und die Verwaltungen auf die Abschaffung des Kinderreisepasses und den damit erforderlichen zeitlichen Vorlauf vorzubereiten, der bei der künftigen Beantragung von regulären Dokumenten anfalle, sei ein späteres Inkrafttreten der Abschaffung des Kinderreisepasses geboten.

Die Bundesregierung lehnt diesen Vorschlag des Bundesrates ab. Ziel der Abschaffung des Dokumententyps Kinderreisepass bereits zum 1. Januar 2024 und des damit verbundenen Wegfalls des Verwaltungsaufwands für eine jährliche Verlängerung oder Ausstellung eines Kinderreisepasses solle sein, dass diese Aufwandsreduzierung für die Passbehörden so schnell wie möglich umgesetzt wird, schreibt die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung. Zudem bestehe bereits derzeit die Möglichkeit, für unter Zwölfjährige einen regulären Reisepass zu beantragen, „sodass eine technische Umstellung der Passbehörden nicht erforderlich sein dürfte“. Auch beschränke sich ihr Beratungsaufwand künftig auf den regulären Pass und mithin auf lediglich ein Dokument.

Quelle: Pressemitteilung  hib – heute im Bundestag Nr. 410 vom 05.06.2023

Um die Situation von Gründerinnen und Selbstständigen beim Mutterschaftsschutz zu verbessern, fordert die Unionsfraktion unter anderem, Höhe und Umfang des Mutterschaftsgeldes anzupassen. Zudem sollte eine Anlaufstelle eingerichtet werden, bei der sich Selbstständige über Möglichkeiten und Ansprüche informieren könnten, heißt es in einem Antrag (20/6911) der Abgeordneten.

Auch solle das Elterngeld an die Lebensrealität von Selbstständigen angeglichen werden und Zahlungseingänge während des Elterngeldbezuges „auf den Zeitpunkt der erbrachten Leistungen“ abgestellt werden.

In dem Antrag kritisiert die Union, dass viele Arbeitsschutzvorschriften, insbesondere des Mutterschutzgesetzes, nicht für Selbstständige gälten.

Quelle: Pressemitteilung  hib – heute im Bundestag Nr. 404 vom 30.05.2023

Anteil an der Bevölkerung seit 2015 leicht gestiegen auf 13 % zum Jahresanfang 2022

Der Anteil der Kinder an der Bevölkerung in Deutschland nimmt wieder leicht zu. Von den 83,2 Millionen Menschen, die Anfang 2022 in Deutschland lebten, waren 10,9 Millionen Kinder im Alter bis einschließlich 13 Jahre. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) aus Anlass des Internationalen Kindertages am 1. Juni mitteilt, machten Kinder einen Anteil von 13,0 % der Bevölkerung Deutschlands aus. Damit ist der Anteil seit dem Tiefststand Anfang 2015 (12,2 %) in den vergangenen Jahren wieder leicht gestiegen.

Ein Grund für diese Entwicklung sind höhere Geburtenzahlen. Von 2010 bis 2014 wurden durchschnittlich rund 682 200 Kinder pro Jahr geboren. Von 2015 bis 2020 waren es im Durchschnitt gut 775 600 jährlich. Die Geburtenzahl erreichte im Jahr 2021 mit rund 795 500 Kinder sogar den höchsten Stand seit 1997, ging allerdings im Jahr 2022 nach vorläufigen Angaben auf 738 900 Kinder zurück.

In den Staaten der Europäischen Union (EU) war der durchschnittliche Anteil von Kindern an der Bevölkerung etwas höher als hierzulande: Zum Jahresbeginn 2022 betrug dieser laut EU-Statistikbehörde Eurostat 13,9 %. Niedriger als in Deutschland war der Kinderanteil in Italien (11,7 %), Portugal (11,8 %), Malta und Griechenland (je 12,6 %) sowie Spanien (12,9 %). Den höchsten Anteil von Kindern wiesen hingegen Irland (18,3 %), Schweden (16,4 %) und Frankreich (16,2 %) auf.

Methodische Hinweise:

Die genannten Bevölkerungszahlen zum Anfang des jeweiligen Jahres beruhen auf dem Stichtag 31.12. des Vorjahres. Der im Laufe des Jahres 2022 erfolgte Zuzug von Geflüchteten aus der Ukraine ist in diesen Daten nicht enthalten. Für das Gesamtjahr 2022 liegen aktuell lediglich Schätzungen zu den Bevölkerungszahlen vor. Die endgültigen Ergebnisse werden im Juni veröffentlicht.

Weitere Informationen:

Detaillierte Daten und lange Zeitreihen zur Zahl der Kinder und Zahl der gesamten Bevölkerung in Deutschland sind auch über die Tabelle 12411-0005 in der Datenbank GENESIS-Online abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 30.05.2023

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Die Diakonie Deutschland kritisiert das im Bundestag verabschiedete „Pflegeunterstützungs- und entlastungsgesetz“ (PUEG). Statt Flickschusterei fordert die Diakonie Deutschland einen Masterplan für eine grundlegende Reform der Pflege. Dazu erklärt Vorständin Sozialpolitik, Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Dieses Gesetz ist eine Enttäuschung für alle Pflegebedürftigen, Pflegenden und Angehörigen. Es lässt vor allem pflegende Angehörige im Regen stehen, die nach wie vor die größten Pflegeleistungen schultern. Die Kostensteigerungen der letzten Jahre werden bei weitem nicht von der Pflegeversicherung ausgeglichen. Zwar soll es nun ein Budget zur Entlastung pflegender Angehöriger geben, allerdings erst zum Juli 2025. Dafür wird beim Pflegegeld gespart. Die Leistungen reichen nicht aus und kommen viel zu spät.“

Sozialvorständin Loheide fordert eine solide Finanzierung der Pflegeversicherung: „Die Pflegekassen mussten in der Pandemie hohe zusätzliche Kosten übernehmen. Jetzt fehlen ihnen die Mittel um ein tragfähiges Pflegesystem für die Zukunft auf den Weg zu bringen. Wir brauchen eine grundlegende Pflegereform – und zwar bald. Sonst riskieren wir, dass Pflegebedürftige nicht mehr professionell versorgt werden können und pflegende Angehörige erschöpft aufgeben müssen. Das wäre eine Katastrophe!“ 

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 26.05.20203

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) unterstützt in einer ausführlichen Stellungnahme das Ziel des Referentenentwurfs zum Selbstbestimmungsgesetz, das grund- und menschenrechtswidrige Verfahren nach dem Transsexuellengesetz (TSG) abzuschaffen. Stattdessen soll eine Korrektur des personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrags durch eine Erklärung vor dem Standesamt möglich werden. Zugleich weist der djb auf die zu beobachtende Diskursverschiebung hin: Sinn und Zweck des Selbstbestimmungsgesetzes ist eigentlich die Verbesserung der rechtlichen Situation einer Personengruppe, die von geschlechtsbezogener Diskriminierung betroffen ist. Anstatt dieses Anliegen in der öffentlichen Diskussion umfassend darzustellen, werden Drohszenarien und Missbrauchsmöglichkeiten vertieft erörtert, die nicht auf empirischen Anhaltspunkten beruhen. Bedauerlicherweise setzt sich diese Verschiebung in einzelnen Regelungen und in der Begründung des Referentenentwurfs fort.

„Trans, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen unkompliziert zu ermöglichen, den Geschlechtseintrag im Geburtenregister und ihre Vornamen zu korrigieren, ist aus grund- und menschenrechtlicher Sicht dringend geboten“, betont djb-Präsidentin Prof. Dr. Maria Wersig. „Insbesondere die Abschaffung des gerichtlichen TSG-Verfahrens und der Gutachtenpraxis sind überfällig. Der djb unterstützt daher die im Entwurf vorgesehene Einführung eines neuen niedrigschwelligen Verfahrens, in dem die personenstandsrechtlichen Angaben durch eine Erklärung vor dem Standesamt korrigiert werden können.“

Die konkrete Umsetzung dieses Vorhabens im Referentenentwurf sieht der djb allerdings an einigen Stellen kritisch. So ist die im Entwurf vorgesehene dreimonatige Wartefrist bis zur Wirksamkeit der Korrektur nach Ansicht des djb nicht verhältnismäßig und daher zu streichen. Die Verweise auf das Hausrecht, die Bewertung sportlicher Leistungen und medizinischer Maßnahmen sind rechtlich überflüssig. Überarbeitungsbedarf besteht auch zur Gewährleistung geschlechtlicher Selbstbestimmung von Minderjährigen. Zudem greifen die im Entwurf vorgesehenen abstammungsrechtlichen Regelungen der angekündigten Reform des Abstammungsrechts zum Nachteil der betroffenen queeren Familien, insbesondere der schutzbedürftigen Kinder, vor. Der djb schlägt bis zu einer umfassenden Reform des Abstammungsrechts eine andere Interimslösung vor. Schließlich bietet auch das im Entwurf vorgesehene Offenbarungsverbot nach Ansicht des djb einen unzureichenden Schutz. Darüber hinaus besteht weiterhin Regelungsbedarf im Hinblick auf den Entschädigungsfonds sowie die Finanzierung von Beratungsangeboten und die Kostenübernahme geschlechtsangleichender Behandlungen.

Nach der langen Ausarbeitungs- und Verhandlungszeit drängt der djb nun auf die zügige Nachbesserung und Einführung des vereinfachten personenstandsrechtlichen Verfahrens. 

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 31.05.20203

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) konstatiert in einer ausführlichen Stellungnahme zum Eckpunktepapier für ein Gesetz gegen digitale Gewalt des Bundesministeriums der Justiz: Das Papier stellt lediglich einen ersten (zögerlichen) Schritt zu einem „echten Gewaltschutzgesetz“ dar.

„Wenn es um digitale Gewalt geht, darf das Netz kein rechtsfreier Raum sein. Frauen sind besonders von Hatespeech, Beleidigungen, aber auch Verletzungen des Rechts am eigenen Bild und/oder der sexuellen Selbstbestimmung betroffen, digitale Gewalt hat eine Geschlechterdimension“, betont djb-Präsidentin Prof. Dr. Maria Wersig. „Die im Eckpunktepapier jetzt vorgesehenen drei Einzelmaßnahmen bleiben weit hinter dem zurück, was im Kampf gegen digitale Gewalt erforderlich, von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag angekündigt und von dieser zu erwarten gewesen wäre.“

Der djb begrüßt die Stärkung des privaten Auskunftsverfahrens. Je niedrigschwelliger Personen, deren Rechte nachweislich verletzt wurden, auf richterliche Anordnung hin Kenntnis von der Identität der Verletzer*innen erlangen können, desto erfolgsversprechender ist die sich anschließende Rechtsdurchsetzung. Unterstützenswert ist auch die Neueinführung richterlich angeordneter Accountsperren und eine Ausweitung der Zuständigkeit des „inländischen Zustellungsbevollmächtigten“. Es fehlen aber zentrale Maßnahmen, wie Verbandsklagerechte und Opferschutzmaßnahmen.

Dringender Handlungsbedarf besteht bei Nachschärfungen im Zivil- und Strafrecht und beim Ausbau von Beratungsstrukturen. Zwingend notwendig sind verpflichtende Fortbildungen für Justiz, Staatsanwaltschaft und Polizei, in deren Rahmen für die geschlechtsspezifische Dimension digitaler Gewalt sensibilisiert wird. Bei der Bekämpfung digitaler Gewalt geht es nicht nur um den Schutz Einzelner, sondern vor allem um den Erhalt einer wehrhaften Demokratie und die Sicherung der Teilhabe am öffentlichen Diskurs. Antifeminismus, Hass gegen Frauen und Menschen der LGBTQ*-Community finden im Netz Bedingungen, die sich verstärkend auswirken und das Entstehen extremistischer Strömungen begünstigen. Diese Dimension verkennt das Eckpunktepapier und wird damit dem wesentlichen Aspekt des Phänomens digitaler Gewalt nicht gerecht.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 26.05.20203

Wie können Kinderrechte nach der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) in familiengerichtlichen Verfahren garantiert werden? Was ist eine kindgerechte Anhörung? Warum sollten die am Verfahren beteiligten Akteur*innen kooperieren und wie kann ein Kind über seine Rechte bedarfsgerecht informiert werden? Welche Vorgaben gibt es in Bezug auf die Qualifikation und Fortbildung von Richter*innen? Wie weit sind wir in Deutschland bei der Umsetzung einer kindgerechten Justiz gekommen?

Diese und andere Fragen werden in der neuen Podcast-Reihe “Familienrecht-Kindgerecht!” des Deutschen Kinderhilfswerkes (DKHW) und des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR) besprochen.

In sieben Folgen stellt die Podcasterin Ella Daum kinderrechtsbasierte Kriterien für das familiengerichtliche Verfahren vor. Dazu lässt sie in jeder Folge verschiedene Expert*innen zu Wort kommen, die einen Einblick in ihren Berufsalltag geben und erläutern, wie die Umsetzung einer kindgerechten Justiz hierzulande gut funktionieren kann. Die kinderrechtsbasierten Kriterien haben DKHW und DIMR auf Grundlage der UN-KRK und der Leitlinien des Europarates für eine kindgerechte Justiz erarbeitet.

Das DKHW und das DIMR setzen sich für ein Justizsystem ein, das die wirksame Umsetzung aller Kinderrechte gewährt und das Kindeswohl (Artikel 3 Absatz 1 UN-KRK) und die Beteiligung von Kindern (Artikel 12 UN-KRK) bei der Ausgestaltung von Verfahren in den Mittelpunkt stellt.

Das Pilotprojekt “Kinderrechtsbasierte Kriterien im familiengerichtlichen Verfahren” hat gezeigt, dass die Anwendung von Kriterien als unverbindliche Handlungsempfehlungen Verfahrensbeteiligte dabei unterstützen können, Verfahren kindgerechter auszugestalten. Ziel des Podcast ist es die Ergebnisse aus dem Pilotprojekt sowie die Kriterien selbst flächendeckend bekannt zu machen und für ihre Anwendung zu werben. Er soll dazu beitragen, dass Verfahrensbeteiligte die „Kinderrechte im Ohr“ haben.

Der Podcast „Familienrecht – Kindgerecht!“ ist auf Spotify Familienrecht – Kindgerecht! | Podcast on Spotify und der DKHW-Webseite www.dkhw.de/podcast-familienrecht-kindgerecht kostenlos zu hören. 

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und Deutsches Institut für Menschenrechte vom 01.06.2023

eaf mit vielfältigen Angeboten beim Deutschen Evangelischen Kirchentag

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) macht sich als familienpolitischer Dach­verband in der EKD für die Anliegen von Familien in Politik, Gesellschaft und Kirche stark. Dies möchte sie für die Besucher:innen des Evangelischen Kirchentags in Nürnberg durch vielfältige Angebote im „Zentrum Kinder und Familie“ (Kulturwerkstatt auf AEG, Fürther Str. 244 d, 90429 Nürnberg) erlebbar machen.

Vom 8. bis 10. Juni 2023 können Familien sich im Foyer des Zentrums über die eaf, ihre Mitglieds­verbände und Projekte informieren sowie bei einem Mitmachspiel die „Zeitfresser“ ihres Familienalltags abwerfen. Die Ausstellung „FamilienBande“ der eaf-nrw bietet einen Raum, das eigene Verständnis von Familie zu klären und sich über Wünsche und Bedürfnisse im Blick auf familiäre Lebensformen auszutauschen.

In kurzen Talkrunden spricht die eaf mit Menschen aus Politik, Gesellschaft, Kirche und Forschung darüber, was Familien brauchen. Zu Gast sind unter anderem Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, Oberkirchenrätin Dr. Birgit Sendler-Koschel (Leiterin Bildungsabteilung EKD), Prof. Dr. Nina Weimann-Sandig (Ev. Hochschule Dresden) und Eva-Maria Zabbée (Vorsitzende des Ev. Bundesverbandes Adoption e. V.). In der ersten Etage des „Zentrums Kinder und Familie“ zeigen die Evangelische Familienbildung und die Evangelische Familienerholung, was sie können: Von Donnerstag bis Samstag haben Familien hier die Gelegenheit, in Angebote wie Babymassage, musikalische Früherziehung oder Eltern-Kind-Kurse hineinzuschnuppern.

Svenja Kraus, Bundesgeschäftsführern der eaf, betont: „Als evangelischer Familienverband ist der Kirchentag für uns die beste Gelegenheit, um mit Familien aus ganz Deutschland ins Gespräch zu kommen. Wir freuen uns sehr auf die vielen Begegnungen, einen spannenden Austausch und neue Ideen!“

Am Donnerstag, dem 8. Juni, diskutiert sie zudem u. a. gemeinsam mit Bundes­familienministerin Lisa Paus auf dem Podium „Zeit für Care in Familien – wer soll das noch wuppen?“. Im Anschluss daran stehen Bundesgeschäftsführerin Svenja Kraus und Präsidiumsmitglied OKR Dr. Steffen Merle (Referent für Sozial- und Gesellschaftspolitik, EKD) ab 13:15 Uhr im Pressezentrum des Kirchentags für Nachfragen gern zur Verfügung.

Weitere Informationen zum Programm finden Sie unter
https://www.eaf-bund.de/service/veranstaltungen/2023-06-07-deutscher-evangelischer-kirchentag

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 02.06.2023

LSVD fordert konsequente Nachbesserung im Referent*innenentwurf

Gestern endete die Verbändebeteiligung für das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften“ (SBGG). Das bisherige Verfahren greift massiv in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ein und soll deshalb durch ein Selbstbestimmungsgesetz neu geregelt werden – wie im Koalitionsvertrag vereinbart. Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) hat eine rechtliche Analyse des Entwurfs vorgenommen. Die Ergebnisse liegen nun in einer ausführlichen Stellungnahme vor. Dazu erklärt Alva Träbert aus dem Bundesvorstand des LSVD

Der LSVD begrüßt ausdrücklich die Absicht, das in großen Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz (TSG) aufzuheben und die personenstandsrechtliche Anerkennung der geschlechtlichen Identität für trans* und intergeschlechtliche sowie nichtbinäre Menschen (TIN*) einheitlich und ohne Begutachtung und ärztliche Atteste in einem Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) zu regeln. Wir können nicht genug betonen, wie wichtig die Abschaffung dieser entwürdigenden Verfahren für die Achtung der Menschenwürde der Betroffenen ist.  Leider wird im Referent*innenentwurf gezielt TIN*-feindlich mobilisierten Ängsten unverhältnismäßig viel Raum gegeben – ihnen wird dadurch eine scheinbare Legitimität verliehen. Der Referent*innenentwurf stellt TIN* Personen unter Generalverdacht, indem er die Glaubwürdigkeit ihrer Identität in Frage stellt. Die Bundesregierung muss die konstruktive Kritik der Zivilgesellschaft ernst nehmen und ein wirksames SBGG erarbeiten, das Stigmatisierung und Ausgrenzung entgegenwirkt, anstatt sie noch zu befeuern. Im Gesetzestext muss sich klar widerspiegeln, worum es geht: um den Schutz, die Würde und die Rechte von TIN* Personen.

Der Gesetzesentwurf fällt inhaltlich deutlich hinter die im Juni 2022 vorgestellten Eckpunkte zurück und würde teilweise sogar eine rechtliche Verschlechterung mit sich bringen. Wir rufen alle demokratischen Parteien auf, ihrer Verantwortung für den Schutz aller Menschen im parlamentarischen Prozess gerecht zu werden und den Entwurf entsprechend nachzubessern.  Die selbstbestimmte Personenstandsänderung darf nicht ausgehöhlt werden! Der LSVD fordert eine ersatzlose Streichung der dreimonatigen Wirksamkeitsfrist (§4) und der einjährigen Sperrfrist (§5). Auch Paragraf 6 des Entwurfs sollte ersatzlos gestrichen werden, ebenso wie die vorgeschlagene Regelung im Verteidigungs- und Spannungsfall (§9) und die Eltern-Kind-Zuordnung (§11). Der LSVD fordert zudem, dass Jugendliche ab 14 Jahren uneingeschränkt selbstbestimmt über ihre Vornamen und ihren Geschlechtseintrag entscheiden dürfen.

In der Zivilgesellschaft wird das Recht auf einen selbstbestimmten Geschlechtseintrag für TIN* mehrheitlich und eindeutig befürwortet. Eine große Bandbreite verschiedener Verbände und zentraler Akteur*innen haben sich in den letzten Wochen und Monaten deutlich dafür ausgesprochen, darunter die Bundespsychotherapeutenkammer, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, der Paritätische Gesamtverband, der Deutsche Gewerkschaftsbund und große Arbeitgeber*innen. Außerdem befürworten auch der Deutsche Frauenrat, der Kinderschutzbund und der Deutsche Bundesjugendring die rechtliche Selbstbestimmung von TIN*. Die Frauenhauskoordinierung hat wiederholt klargestellt, dass die in öffentlichen Debatten heraufbeschworenen Bedrohungsszenarien für feministische bzw. Frauenschutzräume durch den selbstbestimmten Geschlechtseintrag unbegründet sind. Die Zahl der erfassten Vorfälle TIN*-feindlicher Hasskriminalität steigt seit Jahren an – umso wichtiger ist es, in diesem Gesetzgebungsverfahren der Einschätzung dieser Expert*innen der Antigewaltarbeit zu folgen. Geschlechtliche Selbstbestimmung ist ein feministisches Anliegen. Diese klare und unmissverständliche Haltung für Menschenrechte und den Schutz von TIN* Personen muss im Gesetz und seiner Begründung unmissverständlich deutlich gemacht und konsequent umgesetzt werden.

Weiterlesen:

Ausführliche Stellungnahme: Referentenentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz
Bundesregierung veröffentlicht Referent*innenentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz
Entwurf eines Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften
Das Selbstbestimmungsgesetz: Antworten zur Abschaffung des Transsexuellengesetz (TSG) – Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum geplanten Selbstbestimmungs-Gesetz
„Soll Geschlecht jetzt abgeschafft werden?“ – 12 Antworten auf Fragen zum Thema Selbstbestimmungsgesetz und Trans*geschlechtlichkeit
Selbstbestimmungsgesetz jetzt! – Beschluss des LSVD-Verbandstages 2023

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 31.05.20203

Aktuelle Expertise zu Armut in Deutschland.

Nach vorläufigen Zwischenergebnissen zur Armutsentwicklung in Deutschland des Statistischen Bundesamts, über die das Redaktionsnetzwerk Deutschland heute berichtet, ist die Armut 2022 deutschlandweit leicht gesunken, insbesondere in Ostdeutschland. Die Kinderarmut erreicht mit 21,3 Prozent ein neues Rekordhoch. Der Paritätische Wohlfahrtsverband betrachtet die Ergebnisse mit großer Sorge. Umfassende Anstrengungen, um Armut wirksam zu bekämpfen, seien angesichts von Inflation und realem Kaufkraftverlust dringlicher als je zuvor. Der Verband appelliert an die Bundesregierung, endlich gezielte Maßnahmen zur Armutsbekämpfung zu ergreifen und den Weg für eine armutsfeste Kindergrundsicherung frei zu machen.

“Die vorläufigen Daten deuten darauf hin, dass einige pandemiebedingte Verwerfungen u.a. durch eine Erhöhung des Mindestlohns ausgeglichen werden konnten. Gleichzeitig hat sich aber für eine große Mehrheit Armutsbetroffener die Lage durch die Inflation weiter verschärft”, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. “Zwar handelt es sich nur um Zwischenergebnisse, die mit großer Vorsicht zu betrachten sind. Der sich abzeichnende Anstieg der Kinderarmut aber sollte alle politisch Verantwortlichen alarmieren. SPD und FDP müssen endlich den Weg frei machen für eine armutsfeste Kindergrundsicherung, die den Namen wirklich verdient”, fordert Schneider.

In einer aktuellen Expertise ordnet der Paritätische Gesamtverband die vorliegenden Daten ein. Endgültige Schlüsse zur Armutsentwicklung im Inflationsjahr 2022 könnten aus ihnen noch nicht gezogen werden. In der Vergangenheit stellten sich erhebliche Unterschiede zwischen den Erst- und Endergebnissen heraus. So lag die Armutsquote für Deutschland nach Erstergebnissen im Jahr 2021 bei 16,6 Prozent. Nach den Endergebnissen musste dann eine Quote von 16,9 Prozent festgestellt werden.

Dokumente zum Download

Armut im Blick: Expertise zu den Erstergebnissen der amtlichen Armutsberichterstattung für 2022 (2 MB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 26.05.20203

Mehr als 200 Organisationen unterstützen den Appell: „Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!“

Anlässlich des 30. Jahrestages des sogenannten “Asylkompromisses” bekräftigt der Paritätische Gesamtverband die Forderung nach einer Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), das der Verband als diskriminierendes Sondergesetz scharf kritisiert. Es sei menschenverachtend und nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren, dass Schutzsuchenden zur „Abschreckung” existenzsichernde Leistungen vorenthalten werden. Zusammen mit mehr als 200 Organisationen fordert der Verband die Gleichbehandlung aller Menschen in Deutschland nach den Regeln des Sozialgesetzbuchs und unterstützt den Appell: „Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!“

“Das Asylbewerberleistungsgesetz ist ein Schandfleck deutscher Asylpolitik und gehört endlich abgeschafft. So fragwürdig die politische Zielsetzung der Abschreckung von Anfang an war, so inhuman sind die praktischen Auswirkungen für Menschen, die in ihrer Not Schutz und Zuflucht in Deutschland suchen”, kritisiert Harald Löhlein, seit Anfang der 1990er im Paritätischen Gesamtverband zuständig für Flüchtlingspolitik. Das AsylbLG ist nach Ansicht des Verbandes mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. “Faktisch existiert mit dem Asylbewerberleistungsgesetz ein Sondersozialhilfesystem, das hilfebedürftigen Menschen in Deutschland die zur Existenzsicherung nötigen Leistungen vorenthält. Die Würde des Menschen aber ist unteilbar, genauso wie das Existenzminimum”, betont Löhlein. Daher gehöre das Gesetz abgeschafft. Stattdessen sollten die Leistungsberechtigten in die regulären Sozialsysteme einbezogen werden.

Zum Hintergrund:

Am 26.5.1993 beschloss der Bundestag im sogenannten „Asylkompromiss“, das in der Verfassung garantierte Grundrecht auf Asyl stark zu beschneiden, um Flüchtlinge möglichst fernzuhalten. Gleichzeitig wurde mit dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ein neues Gesetz geschaffen, das die Lebensverhältnisse von Asylsuchenden in Deutschland gezielt verschlechtern und die soziale Versorgung auf ein Niveau deutlich unterhalb der regulären Sozialleistungen absenken sollte. Ziel des Gesetzes war es, Schutzsuchende durch das Wohnen in Sammelunterkünften, durch niedrigere Leistungen und durch Sachleistungen statt Geld abzuschrecken oder zur Ausreise zu bewegen. Auch heute liegen die Regelsätze des AsylbLG deutlich unter denen des Bürgergelds beziehungsweise der Sozialhilfe. Sachleistungen statt Geld bedeuten für die Betroffenen zusätzliche Einbußen. Zudem führt eine nach dem Gesetzeswortlaut stark beschränkte Gesundheitsversorgung in der Praxis zu verspäteter und unzureichender Behandlung, und behördliche Sanktionen führen zu weiteren Kürzungen.

Unter den 200 Unterzeichner*innen des Appells „Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!“ finden sich u.a. Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Organisationen von Migrant*innen, Vereinigungen von Anwält*innen, Jurist*innen, Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen, Frauenverbände und Kinderrechtsorganisationen.

Der vollständige Text des Appells und die aktuelle Unterzeichnerliste finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 25.05.20203

Der Pestalozzi-Fröbel-Verband (pfv) fordert anlässlich der Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) am 25. und 26. Mai 2023 die Verantwortungsgemeinschaft von Bund und Ländern zu stärken und den Bildungsbegriff der frühkindlichen Bildung bundesrechtlich zu verankern.
Zur dauerhaften Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung von Kindern und zur Sicherstellung einer hochwertigen Kindergarteninfrastruktur sieht der pfv grundsätzlich folgende
Handlungsschwerpunkte auf politischer Ebene:

  • Erforderlich ist die Schaffung einer verfassungskonformen Lösung, damit sich der Bund angemessen und dauerhaft an den Kosten der Kindertagesbetreuung zur Unterstützung der Verantwortungsträger von Ländern und Kommunen beteiligen kann. Die punktuellen und befristeten  Finanzierungsbeteiligungen des Bundes (z.B. Sprachförderung oder Gutes KiTa Gesetz) tragen der Notwendigkeit einer stabilen Kindertagesstätten-Infrastruktur und deren langfristig gesicherter Finanzierung nicht ausreichend Rechnung.
  • Es bedarf einer gemeinsamen Finanzierungsverantwortung des Bundes und der Länder ähnlich der Regelungen für die Gemeinschaftsaufgabe regionale Wirtschaftsstruktur. Die Aufnahme der Kindertagesbetreuung als Gemeinschaftsaufgabe würde sehr gut zu der Einführung der Kinderrechte in das Grundgesetz passen.
  • Es soll eine bundesrechtliche Präzisierung erfolgen, was genau mit Förderung der Kinder als zentrales Ziel der Kindertagesbetreuung bestimmt ist. Unter Beibehaltung und Beachtung der im SGB VIII als Auftrag beschriebenen Trias der Erziehung, Bildung und Betreuung für die Arbeit in Kindertagesstätten sind in den letzten Jahren die fachlichen Grundlagen des Bildungsverständnisses präzisiert worden. Aktuelle Analysen dazu weisen auf die Verschmelzung der Begriffe hin und die damit verbundenen Schwachstellen – die sich in dem Begriff der „Notbetreuung“ in Zeiten der Pandemie eindrücklich gezeigt haben (Kaul/Cloos/Simon/Thole, 2023).

„Die Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen muss durch eine tragfähige und dauerhafte Grundlage für die  Infrastruktur und qualitative Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung gestärkt werden, daher sollte eine Lösung für die regelhafte Beteiligung des Bundes zur Sicherung des Modells des „kompetenten Systems“ an der Finanzierung der Kindertagesbetreuung erzielt werden“, so Bettina Stobbe, Vorstandsvorsitze des pfv.

Um einen fachlichen Impuls zu setzen und frühkindliche Bildung durch Schärfung des Bildungsbegriffs neu zu denken, hat der pfv eine Expertise in Auftrag gegeben und in diesen Tagen veröffentlicht. Die Expertise Rethinking frühkindliche „Erziehung, Bildung und Betreuung“. Fachwissenschaftliche und rechtliche Vermessungen zum Bildungsanspruch in der Kindertagesbetreuung ist hier abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung Pestalozzi-Fröbel-Verband e.V. vom 26.05.20203

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 28. Juni 2023

Veranstalter: BUNDESFORUM MÄNNER Interessenverband für Jungen, Männer & Väter e.V.

In unregelmäßigem Abstand kommen im Rahmen unseres digitalen Veranstaltungsformats „BFM Impulse“ Menschen zu Wort, die sich mit unterschiedlichen Aspekten einer gleichstellungsorientierten Männerpolitik beschäftigen – sei es als Autor:in, Journalist:in, Künstler:in oder Wissenschaftler:in.

Am 28. Juni 2023 stellt der Schweizer Psychologe und Männlichkeits-Experte Markus Theunert sein neues Buch „Jungs, wir schaffen das – Ein Kompass für Männer von heute“ vor. Darin rückt er die vernachlässigte Frage in den Mittelpunkt, welche Kompetenzen Männer brauchen, um fair und gern Mann zu sein. Dafür skizziert er Umrisse einer «nachhaltigen Männlichkeit». Im Anschluss gibt es Zeit für Fragen und Diskussionen.

Link zur Zoom-Anmeldung

Markus Theunert ist Psychologe sowie Gesamtleiter und Gründungspräsident von männer.ch, dem Dachverband progressiver Schweizer Männer- und Väterorganisationen. In dieser Funktion ist er auch Leiter des nationalen Programms MenCare Schweiz.

Eine Leseprobe und Bestellmöglichkeiten gibt es auf der Verlagsseite

Termin: 30. Juni 2023

Veranstalter: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Ort: Berlin

Noch nie waren so viele queere Menschen in einer Bundestagsfraktion vertreten wie in der jetzigen grünen Fraktion. Im Koalitionsvertrag haben wir wichtige Schritte zur Gleichstellung und Akzeptanz von LSBTIQ* vereinbart und vor allem im von der Bundesregierung beschlossenen Aktionsplan „Queer leben“ Ende letzten Jahres verankert. Jetzt sind wir an der Umsetzung. Diese möchten wir Euch/Ihnen bei unserem diesjährigen Regenbogenabend vorstellen.

Wir freuen uns sehr, Prof. Dr. Susanne Baer, Richterin des Bundesverfassungsgerichts a.D. als Gastrednerin dabei zu haben. Sie wird den Fokus auf die Grundrechte von LSBTIQ* legen, die im politischen Diskurs seitens reaktionärer Kräfte auf besorgniserregende Weise unter Druck geraten.

Außerdem wollen wir unsere Solidarität mit den Menschen in der Ukraine sowie den Geflüchteten zum Ausdruck bringen und mit der Einladung von Zi Fáamelu, einer ukrainischen trans* Künstlerin, besonders auf die Situation queerer Geflüchteter hinweisen.

Die Anmeldung zu der Veranstaltung ist bis zum 23.06.2023 möglich.

Mit dabei:

Britta Haßelmann MdB, Fraktionsvorsitzende | Lisa Paus MdB, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend | Ulle Schauws MdB, Sprecherin für Familie, Senior*innen, Frauen, Jugend und Queer | Prof. Dr. Susanne Baer, Richterin am Bundesverfassungsgericht a.D., | Tessa Ganserer MdB | Sven Lehmann MdB | Nyke Slawik MdB

Programm und Anmeldung finden Sie hier.

WEITERE INFORMATIONEN

Die Lebensentwürfe der Menschen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten vervielfältigt. Die Ampelkoalition hat sich vorgenommen, darauf zu reagieren und eine rechtliche Absicherung von Familien, die jenseits der bisherigen rechtlichen Norm leben, zu realisieren.

Dieses Policy Paper des Gunda-Werner-Instituts untersucht die angekündigten Neuerungen der sogenannten Mitmutterschaft, der Verantwortungsgemeinschaft und des Kleinen Sorgerechts. Es zeigt den rechtlichen Status quo und die geplanten rechtlichen Neuerungen auf und nimmt letztere aus geschlechtertheoretischer Perspektive kritisch in den Blick. Aus der Kritik werden einige konkrete politische Empfehlungen abgeleitet.

Das Papier kann hier kostenfrei heruntergeladen werden.