ZFF-Info 10/2024

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AUS DEM ZFF

Bündnis aus 20 Verbänden und 13 Wissenschaftler*innen ist erschüttert, dass die Bundesregierung sich zu keiner echten Kindergrundsicherung für arme Kinder durchringen kann.  

Seit Monaten hängt der Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung im Bundestag fest. Dabei wurde die ursprüngliche Reformidee in der Koalition sowieso schon gemeinsam auf eine Schmalspurversion heruntergeköchelt. An ausreichenden Leistungshöhen für Kinder fehlt es im aktuellen Gesetzentwurf hingegen weiterhin gänzlich. Die Neuberechnung des sogenannten „kindlichen Existenzminimums“ geht man weiterhin nicht an.

Verena Bentele, Präsidentin des VdK und Sprecherin des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG mahnt:

„Während in der Politik die Sommerpause eingeläutet wird und die Mitglieder der Regierung und des Parlaments in den Urlaub gehen, fällt der Urlaub für arme Kinder dieses Jahr mal wieder ins Wasser. Armen Familien fehlt es an Geld für Urlaubsreisen, für Besuche im Freibad oder für eine Kugel Eis. Wir setzen uns dafür ein, dass jedes Kind gut aufwachsen und an der Gemeinschaft teilhaben kann. Die Regierung muss jetzt handeln und endlich eine gute Kindergrundsicherung verabschieden.“

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, ergänzt: „Mit dem Verbleib der sozialrechtlichen Geldleistungen auf dem minimalsten Niveau verabschieden sich die Bundesregierung und die Ampelfraktionen von dem Ziel, armen Kindern und Jugendlichen den Anschluss an die Mehrheitsgesellschaft zu ermöglichen. Dafür verdienen die politisch Verantwortlichen zum Ende des Schuljahres im Zeugnis eine glatte sechs! Es wäre in dieser Legislatur dringend notwendig gewesen, zumindest eine umfassende Neuberechnung des Existenzminimums ins Rollen zu bringen. Stattdessen legen die politisch Verantwortlichen die Hände in den Schoß und schieben ihren Koalitionspartner*innen wechselseitig die Schuld für das Nichtgelingen einer #EchtenKindergrundsicherung zu!“

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG macht sich seit 2009 mit inzwischen 20 Mitgliedsverbänden und 13 wissenschaftlichen Unterstützer*innen für eine echte Kindergrundsicherung stark. Weitere Infos zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG und das eigene Kindergrundsicherungskonzept finden Sie hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 03.07.2024

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des Factsheets „Alleinerziehende in Deutschland“ der Bertelsmann Stiftung appelliert das ZFF eindringlich an die Politik, endlich die Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und Alleinerziehende zu stärken.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Die veröffentlichten Daten und Fakten der Bertelsmann Stiftung zeigen zum wiederholten Male ganz deutlich: Allleinerziehende in Deutschland brauchen dringend mehr Unterstützung. Über 70 Prozent der alleinerziehenden Mütter sind erwerbstätig und sie arbeiten häufiger in Vollzeit als Mütter in Paarfamilien. Dennoch reicht das Einkommen hinten und vorne nicht, um die Familie zu ernähren. Hinzu kommen fehlende Unterhaltszahlungen und häufig nicht ausreichende Kinderbetreuungsangebote. Der Teufelskreis nimmt damit seinen Lauf: Viel zu viele Alleinerziehende und ihre Kinder sind armutsbetroffen und beziehen SGB II-Leistungen.“

Altenkamp ergänzt: „Um Alleinerziehende zu stärken und ihnen und ihren Kindern mehr Zeit, Chancen und gute Lebensbedingungen zu schaffen, sind die nächsten Wochen rund um die Haushaltsverhandlungen entscheidend: Denn neben einer Kindergrundsicherung, die im aktuellen Gesetzentwurf zumindest für Alleinerziehende im SGB II Verbesserungen bereithalten würde, hat der Koalitionsvertrag auch noch eine Steuergutschrift für Alleinerziehende sowie Verbesserungen der Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur versprochen! Wir appellieren daher an die politisch Verantwortlichen: Kinder sind unsere Zukunft. Einsparungen dürfen nicht auf dem Rücken von Alleinerziehenden vorgenommen werden, die jeden Tag vor besonderen Herausforderungen stehen, um ihre Existenz eigenständig zu sichern. Gleichzeitig müssen angedachte Reformen im Umgangs-, Sorge und Unterhaltsrecht noch einmal dringend überdacht werden, damit hier keine Verschlechterungen für Alleinerziehende entstehen. Darüber hinaus fordern wir eine #EchteKindergrundsicherung, bei der u. a. die Höhe des Existenzminimums neu bestimmt wird. Nur so können wir zukünftig sicherstellen, dass alle Familien und ihre Kinder dem Armutskreislauf entkommen.“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 25.06.2024

SCHWERPUNKT I: SPD-Positionspapier zum Schwangerschaftsabbruch

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich heute mit einem Positionspapier klar für eine Stärkung des Selbstbestimmungsrechts, eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und eine bessere medizinische Versorgung von betroffenen Frauen ausgesprochen.

Sonja Eichwede, rechtspolitische Sprecherin:
„Die aktuelle Regelung berücksichtigt das Selbstbestimmungsrecht von Frauen nicht ausreichend. Die Regelung im Strafrecht bringt zum Ausdruck, dass ein selbstbestimmter Schwangerschaftsabbruch Unrecht ist. Das halten wir – wie die unabhängige Expert:innenkommission – für nicht vereinbar mit den Grundrechten der Schwangeren. Deshalb wollen wir den § 218 StGB in seiner jetzigen Form streichen und klare Voraussetzungen für einen selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch jenseits des Strafrechts regeln.

Zur Unterstützung der selbstbestimmten Entscheidung der Frau als auch für den Schutz des ungeborenen Lebens gibt es bessere und wirksamere Maßnahmen als das Strafrecht. Mit unserem Vorstoß wollen wir das Selbstbestimmungsrecht der Frau und den Schutz des ungeborenen Lebens besser in Einklang bringen.

Leni Breymaier, frauenpolitische Sprecherin:
„Wir wollen die Versorgungslage von ungewollt schwangeren Frauen in Deutschland verbessern. Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte, die bereit sind, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen, hat sich – auch aufgrund der Stigmatisierung – innerhalb der letzten 20 Jahre fast halbiert. In Regionen wir Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ist eine wohnortnahe medizinische Versorgung nicht mehr gewährleistet. Das wollen wir durch die Entkriminalisierung und mittels verschiedener konkreter Regelungen ändern.

Um das ungeborene Leben wirksam zu schützen, müssen wir zudem ungewollt schwangere Frauen gut unterstützen. Das ist durch Strafandrohung nicht zu erreichen. In den vergangenen Jahrzehnten haben wir bereits Verbesserungen erreicht: unter anderem den Rechtsanspruch auf einen KiTa-Platz, die Einführung des Mindestlohns und des Bürgergelds, des Elterngeldes und der Elternzeit sowie die Ausweitung des Wohngelds. Durch weitere Maßnahmen wie den Einsatz für bezahlbares Wohnen, die Abschaffung des Ehegattensplittings sowie verlässliche Kinderbetreuung auch in der Grundschule können wir den Frauen die Entscheidung für die Schwangerschaft weiter erleichtern. Wir brauchen eine kinderfreundliche Gesellschaft und keine Strafandrohungen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 25.06.2024

In ihrer Fraktionssitzung am 25. Juni hat sich die SPD für eine Stärkung des Selbstbestimmungsrechts, eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und eine bessere medizinische Versorgung ausgesprochen. Die AWO begrüßt diesen Vorstoß ausdrücklich und fordert die Ampelparteien auf, den Koalitionsvertrag umzusetzen und unverzüglich einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung stärkt.  

 

Dazu AWO-Präsident*in Kathrin Sonnenholzner: „Gerade jetzt, da antifeministische und rechtsautoritäre Kräfte erstarken, stehen die demokratischen Parteien in der Verantwortung, diesen historischen Moment zu nutzen, um die Rechte von ungewollt Schwangeren zu stärken. Wir brauchen endlich einen sicheren und legalen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen. In unseren Beratungsstellen erleben wir täglich, welche weitreichenden Auswirkungen die strafrechtliche Verortung von Schwangerschaftsabbrüchen hat. Nicht nur werden ungewollt Schwangere diskriminiert und stigmatisiert, sie sind außerdem von medizinischen Versorgungslücken, fehlender Kostenübernahme und einer grundsätzlich unsicheren Rechtslage betroffen.“ 

 

Zuletzt kam auch die von der Bundesregierung eingesetzten Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin in ihrem Abschlussbericht zu dem Schluss, dass eine außerstrafrechtliche Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland verfassungs-, völker- und strafrechtlich nicht nur möglich, sondern auch geboten wäre. Seit über 150 Jahren wird der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch in §218 unter Strafe gestellt. Die AWO fordert die Bundesregierung daher auf, nicht länger zu zögern und den Schwangerschaftsabbruch endlich außerhalb des Strafgesetzbuches zu regeln. 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 27.06.2024

Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, äußert sich zum Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion zum §218:

Die SPD-Bundestagsfraktion hat Vorschläge vorgelegt, wie die Empfehlungen der Regierungskommission für reproduktive Gesundheit umgesetzt werden könnten. Der Deutsche Caritasverband misst dieser Debatte über eine Neugestaltung des Schwangerschaftskonfliktrechts große Bedeutung zu. Denn Schwangerschaft und Geburt sind nicht immer ein „freudiges Ereignis“. Wenn zum Beispiel Arbeitslosigkeit oder Ehekrisen Frauen und Paare belasten, ist Unterstützung dringend notwendig.

Beratungspflicht und Beratungsschein sind Indiz für Entschluss aus freiem Willen

„Die SPD plant ernsthaft ein Aussetzen der Beratungspflicht für ungewollt schwangere Frauen. Das enttäuscht uns sehr“, kommentiert Caritaspräsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. „Die Beratungspflicht hat sich für alle Beteiligten bewährt: Sie verschafft den ungewollt schwangeren Frauen in einer belastenden Stresssituation verlässlich Zugang zu allen wichtigen Informationen. Und für Ärztinnen und Ärzte ist der Beratungsschein ein wichtiges Indiz, dass die Frau sich aus freiem Willen für eine Abtreibung entschieden hat und damit also die Vornahme der Abtreibung legal ist.“ 

Das Positionspapier der SPD sieht ausdrücklich vor, Ärzte weiter mit strafrechtlichen Sanktionen zu belegen, wenn sie einen rechtswidrigen Abbruch vornehmen. Das sei gut, betont Welskop-Deffaa.

„Wenig nachvollziehbar ist allerdings die geplante Fristenverschiebung: Ein Abbruch soll nach den Vorstellungen der SPD strafbar sein, wenn er gegen den Willen der Frau vorgenommen wird oder sobald eine Überlebenschance des Fötus außerhalb des Uterus in Einzelfällen besteht. Die Orientierung an der Überlebensfähigkeit eines Kindes außerhalb des Uterus ist lebensfremd in einer Zeit, in der ein Ultraschall längst vorher zeigt, dass das Kind im Bauch der Mutter lebt, und in der wir wissen, wie viel Zeit, Aufmerksamkeit und Sorge ein Neugeborenes noch lange nach der Geburt braucht, um zu überleben.“

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erhalten

Die SPD betone zu Recht den Wert von Verhütung und Unterstützung. Warum allerdings in dem Papier kein Wort zur Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu lesen sei, irritiere. Denn Bundesgesundheitsminister Lauterbach sei zur gleichen Stunde dabei, die BZgA in seinem Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit bis zur Unkenntlichkeit zu schwächen. „Die BZgA war über Jahre – auf der Grundlage des Schwangerschaftskonfliktgesetzes – die Garantin der reproduktiven Selbstbestimmung von Frauen und sollte das auch weiter bleiben“, so Welskop-Deffaa.

Selbstbestimmung der Frau und Schutz von Kindern

Es sei dringend notwendig, sowohl das für das Schwangerschaftskonfliktgesetz zuständige Ressort von Bundesministerin Paus als auch das Bundesjustizministerium in die Debatten um die Stärkung der reproduktiven Selbstbestimmung und die Hilfen für schwangere Frauen einzubeziehen. „Eine besserer Zugang zu Verhütungsmitteln oder eine Erleichterung der Kostenerstattung bei Abtreibungen könnten und sollten ohne Abschaffung der Strafrechtsnormen im Schwangerschaftskonfliktgesetz gesetzlich geregelt werden“, betont die Caritaspräsidentin.

„Wir brauchen eine Kultur der Kinder- und Familienfreundlichkeit in unserer Gesellschaft, in der die Selbstbestimmung der Frau und der Schutz von Kindern keine Gegensätze sind.“ 

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 25.06.2024

SCHWERPUNKT II: Factsheet Alleinerziehend Bertelsmann Stiftung

Alleinerziehende Familien sind nach wie vor die am stärksten von Armut betroffene Familienform in Deutschland. Fast 700.000 von ihnen oder 41 Prozent gelten als einkommensarm, und damit deutlich mehr als bei Paarfamilien. Das geht aus dem heute veröffentlichten Faktenblatt „Alleinerziehende in Deutschland“ der Bertelsmann Stiftung hervor.

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Die Daten der Bertelsmann Stiftung zeigen einmal mehr: Alleinerziehende Frauen haben nach wie vor das höchste Armutsrisiko. Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung die Armut von Familien und deren Kindern nicht endlich beendet. Alleinerziehende, die den Großteil der Kinderbetreuung und -erziehung schultern, sind ganz besonders auf ausreichende und bedarfsgerechte Betreuungsangebote in Kitas und Schulen angewiesen. Daran mangelt es und auch an auskömmlich bezahlten Arbeitsangeboten. Alleinerziehende arbeiten häufig in frauentypischen Berufen mit untypischen Arbeitszeiten, im Schichtdienst und an Wochenenden.“

Wichtig seien familienfreundliche Arbeitszeiten, endlich eine finanzielle Entlastung für berufstätige Alleinerziehende und ein Umgangsmehrbedarf für getrenntlebende alleinerziehende Eltern, wie ihn die Diakonie Deutschland seit langem fordert. „Das alles wäre eine echte Unterstützung für Alleinerziehende“, so Loheide.

Factsheet „Alleinerziehende in Deutschland“: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2024/juni/trotz-arbeit-haben-alleinerziehende-noch-immer-das-hoechste-armutsrisiko

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 25.06.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk plädiert für eine verstärkte Förderung von Alleinerziehenden und ihren Kindern, um die Kinderarmut in Deutschland zu bekämpfen. „Die heute von der Bertelsmann Stiftung vorgelegten Daten zeigen, dass Alleinerziehende und ihre Kinder weiterhin äußerst stark von Armut betroffen sind. Die Leidtragenden sind vor allem die Kinder. Um hier Abhilfe zu schaffen, muss in erster Linie gewährleistet sein, dass Alleinerziehende ihren Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder durch eigene Erwerbstätigkeit sicherstellen können. Hierzu braucht es armutsfeste Löhne und bezahlbaren Wohnraum ebenso wie ausreichende und flexible Kinderbetreuungsmöglichkeiten sowie eine stärkere Unterstützung von Alleinerziehenden bei Weiterbildungen oder dem Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. Und da, wo der Staat finanziell einspringen muss, um den Lebensunterhalt zu gewährleisten, braucht es armutsfeste Leistungen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, anlässlich der Veröffentlichung des Factsheets „Alleinerziehende in Deutschland“ der Bertelsmann Stiftung.

„Knapp die Hälfte aller Kinder, die in einer Familie mit Bürgergeldbezug aufwachsen, leben mit nur einem Elternteil zusammen. Sie brauchen dringend mehr Unterstützung, denn Kinderarmut darf keine Frage der Familienform sein. Um Kindern eine gerechtere Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen, muss das Recht auf ihr soziokulturelles Existenzminimum gesichert sein. So gibt es auch die UN-Kinderrechtskonvention in den Artikeln 26 und 27 vor. Dafür braucht es eine Neubemessung des kindlichen Existenzminimums, das nicht mit willkürlichen Abschlägen künstlich kleingerechnet werden darf“, so Hofmann weiter. Um den Armutskreislauf zu durchbrechen, braucht es neben der materiellen Absicherung, aber auch die entsprechende Infrastruktur für Alleinerziehende und ihre Kinder. Hier ist Bildung ein wesentlicher Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe und für den chancengerechten Zugang zu einer angemessenen beruflichen Entwicklung.

In Deutschland hängt der Bildungserfolg von Kindern jedoch nach wie vor sehr stark von den Eltern und ihren Möglichkeiten ab. Das hat der in der letzten Woche veröffentlichte Nationale Bildungsbericht zum wiederholten Male klar aufgezeigt. Bildung beginnt dabei nicht erst in der Schule. Nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes muss bereits im Bereich der frühkindlichen Bildung ein wesentlicher Fokus liegen. Neben einem Ganztagsangebot und flexiblen Öffnungszeiten, die insbesondere für Alleinerziehende von zentraler Bedeutung sind, brauchen wir für die Sicherung der Rechte von allen Kindern, gleich welcher Herkunft, eine qualitativ hochwertige Bildung, Erziehung und Betreuung sowie ein Qualitätsmanagement in der Kindertagesbetreuung, das auch den gestiegenen Anforderungen und Erwartungen an das Fachpersonal Rechnung trägt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 25.06.2024

Das aktuelle Factsheet der Bertelsmann Stiftung zur Situation von Alleinerziehenden unterstreicht erneut einen dringenden Handlungsbedarf: Trotz einer guten Integration in den Arbeitsmarkt sind Alleinerziehende weiter mit über 40 Prozent besonders häufig von Armut betroffen. An dieser oftmals prekären Situation hat sich trotz einzelner Reformen in vergangenen Jahren wenig geändert. Familienverbände wie der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e. V. (VAMV) und die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) fordern deshalb, die Steuergutschrift für Alleinerziehende umzusetzen.

„Die Steuergutschrift wäre besonders für Alleinerziehende mit kleinen oder mittleren Einkommen ein Gewinn. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es wichtig, diese als Negativsteuer auszugestalten: Ist die Steuerschuld niedriger als die maximale Steuergutschrift, wird die Differenz als Gutschrift ausgezahlt, betont Miriam Hoheisel, Bundesgeschäftsführerin des VAMV. „Die Umsetzung ist bürokratiearm, da im Gegensatz zu Sozialleistungen keine weitere aufwändige Einkommensprüfung notwendig ist.“

„Im Vergleich zu Ehepaaren mit Splittingvorteil zahlen Alleinerziehende bei vergleichbaren Einkommen deutlich mehr Steuern. Das ist ungerecht: Höhere Steuern trotz Mehrbelastung. Deshalb muss die steuerliche Entlastung von Alleinerziehenden verbessert werden: Eine Steuergutschrift kann besser als der jetzige steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende typische Mehrbelastungen ausgleichen, da sie für eine größere Gruppe von Alleinerziehenden eine spürbare Wirkung hat“, erläutert  Svenja Kraus, Bundesgeschäftsführerin der eaf.

Aktuell steht Alleinerziehenden ein steuerlicher Entlastungsbetrag in Höhe von 4.260 Euro zu (§ 24b EStG). Dieser verringert das zu versteuernde Einkommen. Wie bei jeder Steuerentlastung gilt: Je höher das Einkommen, umso höher ist der finanzielle Vorteil. Die Steuergutschrift wird dagegen von der individuellen Steuerschuld abzogen. Dabei darf es selbstverständlich zu keiner Verschlechterung kommen, auch nicht im Zusammenspiel mit anderen Leistungen. Somit muss die Steuergutschrift aktuell mindestens bei der maximalen Wirkung des heutigen Entlastungsbetrags von 1.920 Euro im Jahr liegen und sollte dynamisiert sein.

Beide Verbände betonen, dass bessere Politik für Alleinerziehende Entlastung an vielen Stellen bedeutet, z. B. durch Investitionen in Infrastruktur, verlässliche und flexible Kinderbetreuung oder flexible Arbeitszeiten. Auch bei der geplanten Kindergrundsicherung sehen eaf und VAMV noch viel Luft nach oben für Alleinerziehende, z. B. durch das Anerkennen von Mehrbedarfen aufgrund erweiterten Umgangs, statt tageweise zu kürzen, was gar nicht eingespart wird.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.  V. (eaf) und Verband Alleinerziehender Mütter und Väter e.V. vom 25.06.2024

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Anlässlich eines Gesellschaftstages hat Bundesfrauenministerin Lisa Paus die schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel besucht. Gemeinsam mit der Landesministerin für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung, Aminata Touré besuchte Paus ein baulich erweitertes Frauenhaus für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder in Kiel. Bei einem Rundgang mit der Leitung der Einrichtung erhielten die Ministerinnen Einblick in die Arbeit des Hauses. Sie informierten sich über den Umbau und tauschten sich mit Bewohnerinnen aus.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Gewalt gegen Frauen ist ein leider alltägliches Phänomen in unserer Gesellschaft: In jeder Stunde werden 15 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt. Jeden 2. Tag stirbt eine Frau durch Partnerschaftsgewalt. Diesen Zustand dürfen wir nicht länger hinnehmen. Mein Ziel ist es, dass jede Frau frei von Gewalt leben kann. Und wenn Frauen Gewalt erfahren, brauchen sie schnellen Schutz und Hilfe. Mit vereinten Kräften arbeiten wir daran, die Versorgungslücken im Bereich der Frauenhäuser und Beratungsstellen zu schließen. Mit dem Gewalthilfegesetz wollen wir das Recht jedes Gewaltopfers auf Schutz und Beratung bei Gewalt gesetzlich festschreiben und einen verlässlichen Rahmen zur Finanzierung des Hilfesystem schaffen. Ich freue mich, dass wir mit Mitteln aus unserem Bundesförderprogramm ‚Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen‘ bundesweit bereits Baumaßnahmen an rund 70 Frauenhäuser und Beratungsstellen für gewaltbetroffene Frauen finanziell fördern konnten. Das Frauenhaus in Kiel ist ein gutes Beispiel für ein solches Projekt, bei dem durch den Neubau entscheidende Verbesserungen für die Bewohnerinnen sowie Raum für 26 neue Plätze geschaffen wurde. Ich danke dem Team des Frauenhauses in Kiel stellvertretend für die unschätzbar wichtige Arbeit, die die Frauenhäuser im ganzen Land zum Schutz von Frauen und ihren Kindern leisten.“

Ministerin Aminata Touré: „Wir wollen die Frauenhäuser bei ihrer wichtigen Aufgabe bestmöglich unterstützen und stellen deshalb ihre Finanzierung unabhängig von individuellen und sozialrechtlichen Leistungsansprüchen sowie der Belegungssituation über das Finanzausgleichsgesetz sicher. In diesem Jahr stehen so rund 6,1 Mio. Euro für die Einrichtungen zur Verfügung.
Doch Gewalt gegen Frauen hört nicht an der Landesgrenze auf. Deshalb ist es wichtig, dass die Bundesregierung einen Rahmen finden will, um allen Frauen zu helfen. Wichtig ist uns als Schleswig-Holstein, dass unser funktionierendes Finanzierungssystem, das Frauen und Kindern einen Platz ermöglicht, dabei bestehen bleibt. Mit unserem guten System in Schleswig-Holstein setzten wir hohe Standards, die hier sicherlich als Vorbild dienen können.
Gleichzeitig müssen wir die Täter stärker in den Blick nehmen und dafür sorgen, dass Gewalt gegen Frauen gar nicht erst entsteht. Deshalb wollen wir in unserem Kompetenzzentrum gegen geschlechtsspezifische Gewalt unter anderem die gewaltpräventive Jungen- und Männerarbeit stärker in den Fokus rücken.“

Die Erweiterung des Frauenhauses in Kiel war möglich durch das Bundesinvestitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt“. Mit dem Programm fördert der Bund von 2020 bis Ende 2024 mit 30 Mio. Euro jährlich innovative Modellvorhaben wie den Bau und Umbau sowie den Erwerb von Frauenhäusern und Schutzeinrichtungen. Durch die investive Förderung setzt sich die Bundesregierung im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Zuständigkeiten für den Ausbau des Hilfesystems für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder ein und arbeitet aktiv an der Umsetzung der Istanbul-Konvention. Ziel ist es, bekannte Lücken im Hilfesystem zu schließen. Das Programm ist von Beginn an auf große Resonanz gestoßen. Es wurden 70 Projekte mit guter regionaler Verteilung auf das gesamte Bundesgebiet bewilligt. Davon konnten 33 Projekte bereits abgeschlossen werden.

Über das Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“

Mit dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ fördert das Bundesfrauenministerium mit Mitteln des Bundes den Ausbau von Hilfseinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen und den Erwerb geeigneter Immobilien für innovative Wohnprojekte. Außerdem können Modellprojekte gefördert werden, um Fachkräfte zu qualifizieren oder Beratungsangebote weiterzuentwickeln.

Das Bundesförderprogramm des Bundesfrauenministeriums ist Teil des Gesamtprogramms der Bundesregierung, um das „Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention)“ umzusetzen. Es gliedert sich in ein Bundesinvestitionsprogramm und in ein Bundesinnovationsprogramm.

Auch nach Abschluss des Programms „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ können der Bau- und Umbau von Schutz- und Beratungseinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) über Finanzhilfen des Bundes investiv gefördert werden. Dies ist möglich in den bestehenden Förderprogrammen der Länder im sozialen Wohnungsbau und der Städtebauförderung. Die Umsetzung erfolgt durch die Länder, die bei der Städtebauförderung auch über Art und Umfang der Maßnahmen in den Kommunen entscheiden.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 02.07.2024

Zum heutigen Tag gegen antimuslimischen Rassismus traf Bundesfamilienministerin Lisa Paus Vertreterinnen und Vertreter des Kompetenznetzwerks Islam- und Muslimfeindlichkeit sowie von muslimischen Modellprojekten, die vom BMFSFJ gefördert werden, um sich über aktuelle Fragen auszutauschen.

Bundesministerin Lisa Paus: „Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel haben neben vielfachen antisemitischen auch antimuslimische Vorfälle in Deutschland deutlich zugenommen. Zum heutigen Tag gegen Antimuslimischen Rassismus sage ich deshalb deutlich: Musliminnen und Muslime sind Teil unserer Gesellschaft – Vorverurteilungen müssen wir entgegentreten. Mit dem Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘ und zahlreichen Modellprojekten tragen wir als Bundesfamilienministerium dazu bei, antimuslimischen Rassismus zu bekämpfen. Für ihre Arbeit möchte ich den zivilgesellschaftlichen Organisationen danken. Tagtäglich engagieren sie sich überall in Deutschland, oft unter schwierigen Bedingungen, für eine friedliche, vielfältige, demokratische Gesellschaft und gegen jede Form von Menschenfeindlichkeit. Wir setzen uns mit aller Kraft dafür ein, dass sie für ihre wichtige Arbeit auch künftig die nötige Unterstützung erhalten.“

Musliminnen und Muslime sowie als muslimisch gelesene Menschen werden in Deutschland täglich beleidigt, bedroht und angegriffen. Durchschnittlich fünf antimuslimische Vorfälle pro Tag dokumentiert das zivilgesellschaftliche Lagebild der Organisationen CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit und ZEOK e.V. für das Jahr 2023. Das Lagebild wird innerhalb des vom BMFSFJ geförderten Kompetenznetzwerks Islam- und Muslimfeindlichkeit erarbeitet.

Weitere Informationen zum Kompetenznetzwerk unter: https://www.demokratie-leben.de/projekte-expertise/kompetenzzentren-und-netzwerke/kompetenznetzwerk-im-themenfeld-islam-und-muslimfeindlichkeit

Hintergrund: Ausgangspunkt für den Tag gegen antimuslimischen Rassismus am 1. Juli ist der Mord an Marwa El-Sherbini, die am 1. Juli 2009 im Landgericht Dresden aus antimuslimischen Motiven getötet wurde.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 01.07.2024

Bundesfamilienministerin Paus und Unabhängige Beauftragte Claus eröffnen Sommertagung des Nationalen Rats

Auf der Sommertagung des Nationalen Rates gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen kommen vom 27. bis 28. Juni 2024 erstmals mehr als 200 Mitglieder persönlich in Berlin zusammen. Die Mitglieder tauschen sich interdisziplinär und ressortübergreifend in verschiedenen Gesprächsformaten und Fachforen aus, bilanzieren bisherige Entwicklungen und beraten neue Positionen und Empfehlungen.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus und die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) Kerstin Claus würdigen die Arbeit des 2019 eingesetzten Nationalen Rats. Das Gremium bringt im Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen und deren Folgen staatliche und nichtstaatliche Akteurinnen und Akteure zusammen.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Mit dem Kabinettbeschluss für ein „Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ hat die Bundesregierung gesetzliche Klarheit geschaffen und damit zum besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen beigetragen. Ich freue mich daher sehr, dass die Mitglieder des Nationalen Rates hier so zahlreich zusammenkommen. Denn echte Fortschritte im Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen lassen sich nur gemeinsam erarbeiten. Alle Akteure, ob staatlich oder nichtstaatlich, müssen in ihrem Verantwortungsbereich alles dafür tun, Kinder und Jugendliche besser zu schützen. Dafür müssen wir interdisziplinär denken, Systemgrenzen überwinden und auch unabhängig von direkten Zuständigkeiten Zusammenhänge verstehen. Der Nationale Rat schafft dafür seit 2019 einen geeigneten Rahmen.“

Die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) Kerstin Claus: „Bei Prävention und Hilfen haben wir in den letzten Jahren in Bund und Ländern einiges erreicht. Damit die Umsetzung vor Ort aber wirklich flächendeckend gelingen kann, ist es wichtig, konsequent ressortübergreifend zusammenzuarbeiten. Nur so können wir Rahmenbedingungen schaffen, in denen sich zum Beispiel Fachkräfte besser qualifizieren und inklusive Angebote weiter ausgebaut werden. Daher freue ich mich, dass auf der heutigen Sommertagung so viele Mitglieder des Nationalen Rats dabei sind und ihre vielfältigen Perspektiven einbringen. Die Empfehlungen und Positionen des Nationales Rates werden auch zukünftig dazu beitragen, den Kampf gegen sexuelle Gewalt und deren Folgen weiter und auf allen Ebenen – in Bund, Ländern und Kommunen – voranzubringen.“

Hintergrund:

Der Nationale Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen wurde 2019 gemeinsam vom Bundesfamilienministerium und UBSKM eingesetzt. Er bietet ein Forum für den Dialog und die Zusammenarbeit von Vertreterinnen und Vertretern aller staatlichen Ebenen sowie von Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Fachpraxis, darunter auch Mitglieder des Betroffenenrates bei der UBSKM sowie der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs. Den Vorsitz haben die Bundesfamilienministerin und die Unabhängige Beauftragte.

Eine Woche zuvor hat die Bundesregierung den Gesetzesentwurf zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen beschlossen. Durch das Gesetz sollen mit einem oder einer vom Parlament gewählten Unabhängigen Bundesbeauftragten sowie dem 2015 eingerichteten Betroffenenrat und der 2016 eingerichteten Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs wichtige Strukturen gesetzlich verankert und verstetigt werden. Das Gesetz soll insgesamt den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung verbessern und betroffene Menschen bei ihrer individuellen Aufarbeitung des erlittenen Unrechts unterstützen. Zudem sollen die Prävention sexueller Gewalt sowie die Qualitätsentwicklung im Kinderschutz gestärkt werden.

Weitere Informationen finden Sie hier:

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 27.06.2024

Schätzungen zufolge gibt es zwei bis drei Millionen Kinder in Deutschland mit einem psychisch kranken oder suchtkranken Elternteil. Diese Kinder leiden oft sehr. Außerdem sind sie stark gefährdet, selbst zu erkranken. Die Ampelfraktionen haben darum gemeinsam mit der CDU/CSU in einem Antrag (Donnerstag im Plenum) Maßnahmen formuliert, die das Hilfesystem für die betroffenen Familien stärken und die Lebenssituation der Kinder verbessern sollen.

Leni Breymaier, familienpolitische Sprecherin:

„Alle Kinder haben ein Recht, gut aufzuwachsen. Wir brauchen darum mehr Prävention für Kinder mit psychisch kranken oder suchtkranken Eltern. Dazu gehört auch eine bessere Ausstattung psychiatrischer Kliniken mit Eltern-Kind-Settings, mehr Investitionen in das Bundesprogramm ‚Frühe Hilfen‘ und ein aufsuchendes Angebot für Familien mit Kindern, die älter als drei Jahre und damit den ‚Frühen Hilfen‘ entwachsen sind.“

Ulrike Bahr, zuständige Berichterstatterin:

„Weil in unserem Hilfesystem für problembelastete Familien sowohl der Bund, die Länder als auch die Kommunen verantwortlich sind, wollen wir den Austausch zwischen diesen Ebenen verbessern. Das ist wichtig, damit Angebote gezielt dort aufgebaut werden, wo sie noch fehlen. Hilfreich wären hier Gesamtkonzepte, eine Wissensplattform und ein bundesweites Monitoring der Beratungs- und Hilfsangebote. So können sich diejenigen, die die Hilfen anbieten, besser vernetzen, Erfahrungen austauschen und ihre Angebote zielgerichteter gestalten. Kinder psychisch und suchterkrankter Eltern brauchen diese Angebote dringend, damit auch sie gesund groß werden können.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion  vom 03.07.2024

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat am Mittwoch einer Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes zugestimmt. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie der Gruppe Die Linke stimmte der Ausschuss einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/10681) in geänderter Fassung zu. Dagegen stimmten die CDU/CSU-Fraktion und die AfD-Fraktion.

Die Bundesregierung will Schwangere vor Schwangerschaftsberatungsstellen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wirksamer vor sogenannten Gehsteigbelästigungen durch Abtreibungsgegner schützen. Die Rechte der Schwangeren sowie das Beratungs- und Schutzkonzept soll in seiner Gesamtheit gestärkt werden, in dem auch sichergestellt werden soll, dass das Fachpersonal der Beratungsstellen seine Arbeit ungestört ausüben kann. Durch die geplanten Änderungen sollen bestimmte, nicht hinnehmbare Verhaltensweisen untersagt werden, wenn diese geeignet sind, die Inanspruchnahme der Beratung oder den Zugang zu Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, zu beeinträchtigen. Das geplante Gesetz enthält außerdem Änderungen zur Bundesstatistik zu Schwangerschaftsabbrüchen. Sie dienen einem genaueren Überblick über die Versorgungssituation in den Ländern. Durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen wurde klargestellt, dass der Beratungsprozess in seiner Gesamtheit abgesichert werden muss und es keines aktiven Gegenwirkens der Schwangeren bedarf, um von belästigendem Verhalten anderer auszugehen.

Die Koalitionsfraktionen betonten in der Beratung, dass man durch die nachträglichen Änderungen ein gutes Gesetz noch besser gemacht habe. Man nehme so die Last von den Schultern der Schwangeren und sichere das Recht der reproduktiven Selbstbestimmung ab. Es sei gut, nun eine bundesweite Regelung zu schaffen, damit der Gang zur Beratungsstelle kein Spießrutenlauf werde. Denn Belästigungen verletzten die Grundrecht der Frauen.

Deutliche Kritik kam von Union und AfD. Die Unionsfraktion hatte zwar gegen das Ziel des Entwurfs an sich nichts einzuwenden, bezweifelte aber die Notwendigkeit. Es gebe keine statistisch relevanten Zahlen für die von der Koalition angeführten Gehsteigbelästigungen. Grundsätzlich sei es auch nicht möglich, Menschen vor jeder Meinungsäußerung zu schützen. Die AfD-Fraktion warf der Koalition vor, sich mit diesem Gesetz auf eine gänzliche Legalisierung von Abtreibungen vorzubereiten. Es gebe kein Recht darauf, vor der Konfrontation mit anderen Meinungen geschützt zu werden, betonte die Fraktion. Die Gruppe Die Linke sagte, die größte Einschränkung der Schwangeren bestehe immer noch in der Existenz des Paragrafen 218 an sich. Es ändere sich erst etwas, wenn Beratungszwang und Kriminalisierung aufhörten, so Die Linke.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 481 vom 03.07.2024

Die Gruppe Die Linke interessiert sich für den Umgang mit Stellungnahmen von Verbänden und Ländern bei Gesetzgebungsverfahren im Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Sie hat deshalb eine Kleine Anfrage (20/11927) gestellt, in der sie die Bundesregierung unter anderem fragt, wie viele Arbeitstage die drei kürzesten und die vier längsten Fristen für die Stellungnahme durch Verbände und Länder im BMFSFJ in der 20. Wahlperiode waren.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 471 vom 01.07.2024

Die geplante Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit ist in einer Sitzung des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen am Mittwoch von den Koalitionsfraktionen begrüßt worden, in der Opposition aber auf Kritik gestoßen. In der von der Vorsitzenden Sandra Weeser (FDP) geleiteten Sitzung erinnerte die SPD-Fraktion an die große Bedeutung des sozialen Wohnungsbaus noch vor einigen Jahrzehnten. Die Koalition schaffe jetzt die Möglichkeit, wieder eine neue Wohngemeinnützigkeit zu begründen. Die vorgesehenen Maßnahmen seien ein wichtiger und großer Schritt.

Nach Angaben der Bundesregierung ist im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 vorgesehen, für sozial orientierte Unternehmungen künftig einen praktikablen Rahmen zu schaffen, um vergünstigen Wohnraum bereitzustellen und dabei von den umfassenden Steuererleichterungen der Gemeinnützigkeit profitieren zu können. Hierdurch könne neben der sozialen Wohnraumförderung ein weiteres Segment bezahlbaren Wohnens etabliert werden, in dem die Mietpreis- und Belegungsbindungen dauerhaft Bestand hätten. Das Einkommen der Mieter dürfe das Fünf- bzw. (bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden) das Sechsfache des Regelsatzes der Sozialhilfe im Sinne des Paragraf 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch nicht überschreiten.

Damit kann nach Angeben der Regierung die Vermietung an rund 60 Prozent der Haushalte in Deutschland unter den Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit steuerbefreit erfolgen. Die vergünstigte Miete müsse dauerhaft unter der marktüblichen Miete angesetzt werden. Die Prüfung der Einhaltung der Einkommensgrenze soll nur noch am Anfang des Mietverhältnisses erfolgen. Ein „Herauswachsen“ der Mietenden durch Einkommenszuwächse sei damit für den Erhalt der Gemeinnützigkeit unschädlich. Mit dem Jahressteuergesetz erfolge der erste Schritt zur Wohngemeinnützigkeit, weitere Schritte sollten folgen.

Die CDU/CSU-Fraktion wies darauf hin, dass selbst eine Vertreterin von Bündnis 90/Die Grünen davon gesprochen habe, dass von der Maßnahme kein neuer Schwung im Wohnungsmarkt zu erwarten sei. Das liege auch daran, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarten Investitionszulagen nicht eingeführt würden. Die Unionsfraktion kritisierte zudem, dass nur zu Beginn des Mietverhältnisses eine Prüfung der Einhaltung der Einkommensgrenzen stattfinden solle. Damit würden Zweifel an der Zielgenauigkeit der Maßnahme bestehen. Diesen Punkt griff auch die AfD-Fraktion auf. Die zu erwartenden Fehlbelegungen der Wohnungen seien eine soziale Ungerechtigkeit und keine soziale Mischung, wie von der Koalitionsseite behauptet werde.

Von der Fraktion Bündnis/90 Die Grünen wurde die Kritik der Unionsfraktion zurückgewiesen. Es sei doch die CDU gewesen, die eine neue Wohngemeinnützigkeit mit Steuervorteilen gefordert habe. Es werde jetzt ein neuer Sektor auf dem Wohnungsmarkt geschaffen, der nicht profitorientiert sei, sondern dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stelle. Die Maßnahmen im Jahressteuergesetz seien ein erster wichtiger Schritt.

Von der Gruppe Die Linke wurde kritisiert, dass die neue Regelung viel zu eng gesteckt sei. Es würden bestenfalls 0,24 Prozent aller Mieter davon profitieren. Damit komme man nicht weit. Die frühere Wohngemeinnützigkeit habe 30 Prozent des Wohnungsmarktes abgedeckt. Da müsse man wieder hinkommen.

Die FDP-Fraktion erklärte, mit der neuen Wohngemeinnützigkeit werde die etablierte Wohnungswirtschaft ergänzt, aber auf keinen Fall benachteiligt. Dieses Ziel werde mit der jetzt geplanten Regelungen erreicht.

Zu Beginn der Sitzung hatte die AfD-Fraktion beantragt, die Abgeordnete Carolin Bachmann (AfD) zur stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses zu bestimmen. Dies wurde in einer Abstimmung von allen anderen Fraktionen abgelehnt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 453 vom 26.06.2024

In der Sitzung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Mittwoch haben die geladenen Sachverständigen eindringlich an die Abgeordneten appelliert, die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen stärker in den Blick zu nehmen. So erläuterte Silvia Schneider, Professorin für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie und Direktorin des Forschungs- und Behandlungszentrums für psychische Gesundheit (FBZ) an der Ruhr-Universität Bochum: „Neue Studien belegen, dass zwei Drittel aller psychischen Erkrankungen bis zum Alter von 24 Jahren auftreten. Danach ist das Risiko deutlich geringer.“ Dies allein zeige, wie groß der Handlungsdruck in dieser Altersgruppe sei.

Die psychische Gesundheit habe eine große gesellschaftliche Relevanz, da mittlerweile die größte Krankheitslast durch psychische Störungen entstehe. „Sie bedeuten nicht nur individuelles Leid, sondern auch große volkswirtschaftliche Kosten. Es ist klar, dass viel mehr getan werden muss“, so Schneider weiter. Denn psychische Störungen setzten eine negative Entwicklungskaskade in Gang, die bei schlechten schulischen Leistungen anfange und bei geringer Arbeitsqualifikation und Frühverrentung ende. Bisher werde zwar viel in stationäre Behandlung investiert, aber kaum in Prävention, dabei gebe es genug Interventionen, „von denen wir wissen, dass sie funktionieren. Wir müssen ins Handeln kommen, wir brauchen ein kontinuierliches Monitoring und eine Entstigmatisierung“, ergänzte die Wissenschaftlerin.

Thomas Dirscherl, Geschäftsführer der Triple P Deutschland GmbH („Positive Parenting Program“: Programm zur Stärkung elterlicher Erziehungs- und Beziehungskompetenz), erklärte: „Wir leben in Zeiten multipler Krisen. Die Covid-19-Pandemie war eine solche Krise, die einen besonders spürbaren Einfluss auf unseren Alltag und unser Zusammenleben hatte und in ihren Folgen auch jetzt noch hat.“ Sie habe Schwächen in verschiedenen Unterstützungssystemen offengelegt und bereits bestehende Probleme verschärft. „Wir sehen belastete Kinder und Jugendliche, sowohl körperlich wie psychisch. Wir sehen verstärkt ungünstige Mediennutzung und einen Anstieg von Kindeswohlgefährdungen“, so Dirscherl.

Er verwies weiter darauf, dass auch Eltern stark belastet seien, aufgrund von Mehrfachbelastungen durch Arbeit, Kinderbetreuung und Familienleben, aber auch durch Spannungen innerhalb der Familie. „Dieser Stress der Eltern ist ein wesentlicher Risikofaktor für das Wohlbefinden von Kindern, während der Pandemie und auch heute.“ Dirscherl appellierte daran, aus den Folgen der Pandemie zu lernen: Teil der Lösung könne, neben der notwendigen Stärkung von Kitas und Schulen, eine Public Health Strategie sein, „bei der evidenzbasierte Ansätze zur Stärkung der elterlichen Beziehungs- und Erziehungskompetenz inklusiver digitaler Komponenten in der Fläche umgesetzt werden.“

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 450 vom 26.06.2024

Die Gruppe Die Linke interessiert sich für die Umsetzung von Gesetzesvorhaben im Bereich Arbeit und Soziales. Sie hat deshalb eine Kleine Anfrage (20/11901) gestellt, in der sie die Bundesregierung unter anderem fragt, welche Gesetzesprojekte in dieser Legislaturperiode vom Kabinett gebilligt und in den Bundestag eingebracht worden sind und welche Projekte bis zur nächsten Bundestagswahl noch abgeschlossen werden sollen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 445 vom 26.06.2024

Vielfach bekannt ist, dass Kita-Plätze fehlen – allerdings gibt es nicht nur einen Mangel dabei, sondern auch für diejenigen, die einen Platz haben, fehlt es an Betreuungszeiten am Nachmittag und in den längeren Schließzeiten über den Sommer. Zwar ist der Anteil ganztägig betreuter Kita-Kinder in Deutschland während der vergangenen Jahre stark angestiegen, dennoch bestehen weiterhin erhebliche Unterschiede zwischen gewünschtem und tatsächlich genutztem Betreuungsumfang. Wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) berechnet hat, besteht bei 29 Prozent aller Familien mit Kindern unter drei Jahren ein zusätzlicher Betreuungsbedarf von mindestens fünf Wochenstunden. Bei Familien mit Kindern über drei Jahren wünschen sich sogar 37 Prozent eine längere Betreuung. Diese fehlende Passung hat nach Ansicht der Studie gesellschaftliche Folgen – für Kinder, für Eltern und letztlich für den Arbeitsmarkt. Die Autorinnen empfehlen deshalb, die Öffnungszeiten stärker an den Bedarfen der Familien zu orientieren, gerade auch wegen des Fachkräftemangels in Deutschland.

Die Untersuchung, die kürzlich veröffentlicht wurde, zeigt auf Datenbasis der DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS), dass es bei ganztägigen Betreuungsangeboten einen beträchtlichen Mismatch zwischen Angebot und Nachfrage gibt. „Unter den derzeitigen Bedingungen finden viele Eltern keinen Bildungs- und Betreuungsplatz für ihr Kind, der ihren gewünschten Anforderungen entspricht“, fasst Prof. C. Katharina Spieß, Direktorin am BiB und Mitautorin der Studie, die Ergebnisse zusammen. So gaben im Jahr 2019 knapp 50 Prozent der Eltern von betreuten Kindern unter drei an, dass die Öffnungszeiten ein wesentlicher Grund für die Wahl der aufgesuchten KiTa waren. Bei den über Dreijährigen lagen sie mit 43 Prozent ebenfalls weit vor vielen anderen Kriterien. „Eine bessere Passung der Angebote an die Bedarfe der Eltern ist notwendig“, resümiert Spieß. „Dies betrifft die Schließung von Betreuungslücken beispielsweise über die Mittagszeit oder bei langen Schließzeiten der Einrichtungen im Sommer.“

Ganztagsbetreuung fördert Teilhabe der Eltern am Arbeitsmarkt

Ungedeckte Betreuungsbedarfe der Eltern können sich zudem unmittelbar auf den Arbeitsmarkt auswirken. „Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass die Bereitstellung ganztägiger Betreuungsangebote die Erwerbstätigkeit und den Erwerbsumfang von Müttern positiv beeinflussen kann“, weiß Spieß. Die Folge: Eine steigende Teilhabe von Müttern auf dem Arbeitsmarkt trägt zu einem steigenden Einkommen und einem erhöhten Rentenniveau bei, gleichzeitig reduziert sich die Gefahr, auf Sozialtransfers angewiesen zu sein. „Eltern benötigen flexiblere und längere Öffnungszeiten, um insbesondere Müttern den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Auch Fachkräfte aus dem Ausland legen Wert auf eine gute Kita-Infrastruktur vor Ort.“

Bundesweite Standards wären hilfreich

Wie aus der Studie weiter hervorgeht, gehen die in den Bundesländern geltenden Regelungen für ein bedarfsorientiertes Angebot stark auseinander. Dementsprechend gibt es regional erhebliche Unterschiede zwischen tatsächlichen, gewünschten und vertraglich vereinbarten Betreuungszeiten. Auch abweichende gesetzliche Regelungen, was den Betreuungsumfang angeht für unter bzw. über dreijährige, Kinder sind kontraproduktiv. Die Untersuchung empfiehlt deshalb, die für den U3-Bereich geltende „Bedarfsorientierung“ auf Kinder bis zum Schuleintritt auszudehnen und gesetzlich zu verankern. „Um allen Kindern in Deutschland vom ersten Lebensjahr bis zur Einschulung und allen Eltern ein bedarfsorientiertes Angebot in der Kindertagesbetreuung bereitzustellen, bedarf es bundesweiter Standards“, meint Spieß. Dies könne dazu beitragen, die Teilhabemöglichkeiten von allen Kindern zu sichern – und Eltern die Vereinbarkeit zwischen Familie mit dem Job zu erleichtern.

Die gesamte Studie finden Sie unter diesem Link:

https://www.fruehe-chancen.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/AG_Fr%C3%BChe_Bildung_Bericht/Expertise_Bedarfsgerechte_Ganztagsangebote_Schmitz_et_al._2023.pdf

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 03.07.2024

Der Anteil von Frauen unter den nach Deutschland Schutzsuchenden hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Waren 2016 etwa 36 Prozent der Schutzsuchenden in Deutschland weiblich, so stieg nach Angaben des Ausländerzentralregisters ihr Anteil bis Jahresende 2023 auf rund 45 Prozent an. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) geht davon aus, dass rund die Hälfte aller Schutzsuchenden weltweit weiblich ist. Anlässlich dieser Entwicklung wirft das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni einen Blick auf die Familien- und Beziehungskonstellationen von schutzsuchenden Frauen zum einen aus der Ukraine und zum anderen aus Syrien und aus Eritrea bei ihrer Ankunft in Deutschland – und zeigt, wie sehr sich die Situation der Frauen aus den verschiedenen Herkunftsländern unterscheidet. Zu diesen Flüchtlingsgruppen erhebt das BiB repräsentative Daten.

 

Höchster Frauenanteil bei Geflüchteten aus der Ukraine

 

Mit rund 977.000 Menschen stellen ukrainische Staatsangehörige Ende 2023 die zahlenmäßig größte Herkunftsgruppe unter den Schutzsuchenden in Deutschland. Gleichzeitig weisen sie den höchsten Frauenanteil auf: 61 Prozent der vor dem russischen Angriffskrieg in Deutschland Schutzsuchenden sind Frauen oder Mädchen. „Im Gegensatz zu anderen Herkunftsländern ist die Einreise aus der Ukraine in die EU ohne Visum möglich. Die Entfernung nach Deutschland ist vergleichsweise gering und der Weg für Frauen mit Kindern einfacher und sicherer, während Männer im wehrfähigen Alter mehrheitlich an der Verteidigung ihres Landes beteiligt sind“, erklärt die Migrationsforscherin Dr. Lenore Sauer vom BiB. Die Flucht der Frauen aus der Ukraine erfolgte meistens nicht alleine – 69 Prozent der vom BiB im Jahr 2022 befragten Ukrainerinnen, die nicht alleine ankamen, sind mit einem oder mehreren Kindern, 29 Prozent mit mindestens einem Elternteil und 20 Prozent mit dem Partner nach Deutschland gekommen. „Kinder und Jugendliche, die zumeist mit ihren Müttern nach Deutschland geflüchtet sind, brauchen Kita- und Schulplätze, damit sie auch mit Gleichaltrigen zusammenkommen und damit ihre Mütter Integrationskurse besuchen können und in den Arbeitsmarkt einsteigen können“, sagt Direktorin Prof. Dr. C. Katharina Spieß.

 

Syrerinnen sind häufig mit ihrer Familie geflohen, Frauen aus Eritrea häufiger alleine

 

Die zweitgrößte Gruppe unter den Schutzsuchenden in Deutschland bilden Menschen aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Ähnlich wie bei den Ukrainerinnen ist nur ein kleiner Teil der syrischen Frauen alleine in Deutschland angekommen, die meisten der syrischen Frauen, die nicht alleine angekommen sind, kamen laut einer repräsentativen Befragung des BiB aus dem Jahr 2020 mit ihren Kindern (71 %) oder mit dem Partner (40 %) in Deutschland an. Die Flucht von Frauen aus Syrien nach Europa findet somit häufig im Familienverbund statt, auch Eltern oder Geschwister leben oftmals in Deutschland oder in anderen europäischen Ländern.

Ganz anders ist die Situation von Frauen aus Eritrea, dem zahlenmäßig wichtigsten afrikanischen Herkunftsland von Schutzsuchenden in Deutschland. „Fast die Hälfte der von uns befragten eritreischen Frauen ist alleine in Deutschland angekommen“, weiß die Migrationsforscherin Dr. Elisabeth Kraus vom BiB zu berichten. „Im Gegensatz zu Frauen aus der Ukraine oder aus Syrien flohen Eritreerinnen auch oft zusammen mit außerfamiliären Personen, zum Beispiel mit Bekannten oder Leuten aus der Nachbarschaft.“ Und auch in Hinblick auf die Dauer der Flucht unterscheiden sich Frauen aus Eritrea von den anderen beiden Gruppen: Bei rund der Hälfte der befragten Frauen aus Eritrea lagen eineinhalb Jahre zwischen dem Verlassen Eritreas und der Ankunft in Deutschland, wohingegen die Hälfte der befragten Syrerinnen nur rund drei Monate unterwegs war und Ukrainerinnen nur wenige Tage.

 

Unterschiedliche Lebenssituationen führen zu besonderen Bedarfen

 

Die Befunde des BiB verdeutlichen, wie unterschiedlich die Situation weiblicher Schutzsuchender in Deutschland ist. Sie bilden keine homogene Gruppe, sondern zeigen eine Vielfalt an unterschiedlichen Lebenssituationen und familiären Kontexten. Unterschiede bestehen dabei nicht nur bei den Herkunftsländern, selbst Menschen aus demselben Herkunftsland weisen unterschiedliche familiäre Hintergründe auf. „Das bedeutet auch, dass geflüchtete Frauen – und insbesondere Mütter – vor unterschiedlichen Herausforderungen stehen und entsprechend sehr verschiedene Bedürfnisse und Unterstützungsbedarfe haben, gerade zu Beginn ihres Lebens in Deutschland“, fasst Dr. Elisabeth Kraus die Ergebnisse zusammen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 20.06.2024

Zwei DIW-Studien beschäftigen sich mit Treibhausgasemissionen der Haushalte in Deutschland und nachhaltigem Konsum ­– Insbesondere Flugreisen vergrößern CO2-Fußabdruck der Haushalte mit hohem Einkommen beträchtlich ­– Bei Ernährung und Wohnen machen Einkommen kaum einen Unterschied – Soll Konsum nachhaltiger Produkte zunehmen, müssen einkommensschwache Haushalte berücksichtigt werden

Jeder in Deutschland lebende Mensch verursacht mit 6,5 Tonnen im Schnitt jährlich mehr als doppelt so viel Treibhausgasemissionen, wie nach Berechnungen von Klimaexperten mit bis zu drei Tonnen als klimaverträglich eingestuft wird. Menschen aus den einkommensstärksten Haushalten haben dabei mit mehr als zehn Tonnen durchschnittlich einen doppelt so großen CO2-Fußabdruck wie Menschen aus Niedrigeinkommenshaushalten (5,6 Tonnen pro Kopf). Der größte Treiber des Unterschieds sind Flugreisen. Das sind die Hauptergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Die DIW- Forscherinnen Sandra Bohmann und Merve Kücük haben dafür auf Basis von Vorabdaten aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) aus dem Jahr 2023 nicht nur den CO2-Fußabdruck pro Kopf in Deutschland in den Bereichen Wohnen, Ernährung und Mobilität berechnet, sondern auch die Verteilung der Emissionen nach dem Einkommen der Haushalte betrachtet.

„Ob arm oder reich: Unser CO2-Fußabdruck ist auf jeden Fall zu groß. Die Höhe des Haushaltseinkommens spielt für die Emissionen im Bereich Ernährung oder Wohnen kaum eine Rolle – beim Mobilitätsverhalten dagegen schon“, fasst Studienautorin Merve Kücük aus der Abteilung Klimapolitik des DIW Berlin die Ergebnisse zusammen. In der Regel verursachen Menschen mit hohen Haushaltseinkommen beim Wohnen sogar etwas weniger Emissionen als Menschen mit niedrigen Einkommen, weil sie beispielsweise häufiger in energieeffizienteren Gebäuden leben.

Heizen und Mobilität sind die größten CO2-Treiber

Während das Mobilitätsverhalten mit durchschnittlich zwei Tonnen Kohlendioxid (CO2) pro Kopf zu Buche schlägt, fallen für das Wohnen, also Strom, Heizen und Warmwasser, rund 2,9 Tonnen CO2 jährlich an. Die Anzahl der Personen im Haushalt macht dabei einen großen Unterschied: Während ein Vierpersonenhaushalt pro Kopf nur 1,7 Tonnen CO2 verursacht, sind es in einem Einpersonenhaushalt mehr als vier Tonnen. Auch die Wohnfläche macht einen Unterschied. Jeder Quadratmeter Wohnfläche, der pro Person mehr zur Verfügung steht, bedeutet 22 Kilogramm mehr Emissionen pro Kopf.

Bei der Ernährung ist vor allem der Fleischkonsum entscheidend. Wer kein Fleisch isst, verursacht in diesem Bereich nur 1,2 Tonnen pro Kopf und Jahr an Treibhausgasemissionen, während es bei mäßigem bis hohem Fleischkonsum zwischen 1,6 und 2,1 Tonnen sind.

Flugreisen verursachen am meisten Emissionen

Weder beim Wohnen noch bei der Ernährung lassen sich Unterschiede bei den durchschnittlichen Emissionen nach dem Einkommen beobachten. Anders sieht es bei der Mobilität aus. „Insbesondere das Fliegen vergrößert den CO2-Fußabdruck und ist einer der Hauptgründe, warum Menschen aus Haushalten mit höheren Einkommen einen doppelt so großen Fußabdruck haben wie diejenigen mit niedrigem Einkommen“, fasst SOEP-Studienautorin Sandra Bohmann zusammen. „Eine einzige Langstreckenflugreise führt zu mehr Emissionen pro Kopf als Wohnen und Ernährung in einem ganzen Jahr zusammen.“ 

„Eine einzige Langstreckenflugreise führt zu mehr Emissionen pro Kopf als Wohnen und Ernährung in einem ganzen Jahr zusammen.“ Merve Kücük

Mehr Umverteilung nötig, wenn Wunsch nach nachhaltigem Konsum steigt 

Das Bestreben, nachhaltiger zu konsumieren, birgt aber auch Fallstricke, so das Ergebnis der zweiten Studie. Einkommensschwache Haushalte können sich umweltfreundlichen Konsum oft nicht leisten. Das Gefühl von Einkommensungleichheit wird durch das Bedürfnis nach nachhaltigen, aber teureren Produkten verstärkt. Der Staat steht also vor einem Dilemma: Er will einerseits klimagerechtes Verhalten fördern, andererseits damit verbundene größere Unterschiede zwischen armen und reichen Haushalten aber abmildern.

Studienautorin Sonja Dobkowitz kommt anhand von Modellberechnungen zu dem Ergebnis, dass die richtige Balance zwischen Umverteilung – etwa indem die Einkommensteuer erhöht wird – und Umweltsteuern beziehungsweise -abgaben wie einem CO2-Preis gefunden werden muss, um die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt nicht zu schmälern. Was die richtige Balance ist, hängt dabei sowohl von der Einkommensungleichheit in einem Land als auch vom Preisunterschied zwischen nachhaltigen und nichtnachhaltigen Produkten ab. „In jedem Fall muss die finanzielle Situation einkommensschwacher Haushalte bedacht werden, wenn der Konsum nachhaltiger Produkte zunehmen soll“, sagt DIW-Ökonomin Dobkowitz.

LINKS

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 03.07.2024

Fast 26 Millionen Beschäftigte haben mehr als 52 Milliarden Euro als Inflationsausgleichsprämien erhalten. Das hat die Wirtschaft stabilisiert und die Sorgen der Menschen verringert, zeigt eine neue Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung: Rund zwei Drittel der Arbeitnehmer*innen, die eine Prämie zum Inflationsausgleich erhalten, empfinden die Einmalzahlung als mittlere bis große Entlastung in Zeiten hoher Preise. Beschäftigte mit Prämie wollen spürbar seltener ihren Konsum einschränken als solche ohne. In Betrieben mit Tarifvertrag und mit Betriebs- oder Personalrat werden deutlich häufiger und höhere Inflationsausgleichsprämien gezahlt, so die Untersuchung, die auf einer repräsentativen Befragung basiert.*

Um die wirtschaftlichen Folgen des Ukrainekriegs abzufedern, hatte die Bundesregierung im Herbst 2022 Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt, ihren Beschäftigten bis Ende 2024 bis zu 3000 Euro steuer- und abgabenfrei zusätzlich zum Lohn auszuzahlen. Ziel war es, angesichts der Rekordinflation die Kaufkraft zu stabilisieren, ohne eine Preis-Lohn-Spirale in Gang zu setzen. Laut der IMK-Studie ist das tatsächlich gelungen: „Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Inflationsausgleichsprämie einen relevanten Beitrag zur finanziellen Entlastung vieler Beschäftigter, zur Stabilisierung der Kaufkraft in Deutschland, zur Begrenzung des Kostendrucks durch Zweitrundeneffekte bei den Löhnen und zur Verbesserung des Vertrauens in politische Institutionen in der Hochinflationsphase 2022 bis 2023 geleistet hat“, schreiben der IMK-Forscher Dr. Jan Behringer und Prof. Dr. Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK. Gesamtwirtschaftlich entspreche die fiskalische Entlastung durch die Prämie etwa einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die Lohnstückkosten seien um rund 1,5 Prozent gesenkt worden.

Für ihre Untersuchung haben die Ökonomen Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von rund 9600 Personen ausgewertet, die im Januar und Februar dieses Jahres im Auftrag des IMK durchgeführt worden ist. 69 Prozent der befragten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten geben an, dass sie seit Herbst 2022 mindestens einmal eine Inflationsausgleichsprämie bekommen haben, im Schnitt wurden ihnen insgesamt 1953 Euro gezahlt. Hochgerechnet auf alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland ergäbe das unter Einbeziehung von Beamt*innen 25,8 Millionen Begünstigte, die insgesamt 52,5 Milliarden Euro erhalten haben.

77 Prozent der Beschäftigten mit Tarifvertrag bekommen Inflationsausgleichsprämie, ohne sind es 61 Prozent

Erheblichen Einfluss auf die Zusatzzahlung hat der Analyse zufolge unter anderem die Tarifbindung: Von den Beschäftigten mit Tarifvertrag bekamen 77 Prozent mindestens eine Inflationsausgleichsprämie, wobei die Auszahlungssumme bei Vollzeit durchschnittlich 2272 Euro betrug. Ohne Tarif beträgt die Quote 61 Prozent und die Summe im Schnitt 1838 Euro. Auch Mitbestimmung spielt eine Rolle: Während 77 Prozent der Beschäftigten mit Betriebs- oder Personalrat eine Prämie ausgezahlt wurde, sind es bei denjenigen ohne eine solche Vertretung 59 Prozent. Erstere haben im Schnitt 2225 Euro bekommen, Letztere 1822 Euro.

In der Einkommenspyramide haben die oberen Etagen häufiger profitiert: In der Gruppe ab 4500 Euro Haushaltsnettoeinkommen beträgt der Anteil 77 Prozent, in der Gruppe bis unter 2000 Euro hingegen 50 Prozent. Auch bei der absoluten Höhe liegen die Einkommensstarken mit 2356 Euro vor den Geringverdienenden mit 1398 Euro.

Geschlechterunterschiede gibt es bei der Verbreitung nicht, allerdings rund 10 Prozent Vorsprung der Männer bei der Höhe – was unter anderem daran liegen dürfte, dass Frauen häufiger in Betrieben ohne Mitbestimmung und Tarif oder in Branchen arbeiten, in denen die Prämien generell niedriger ausfielen.

Bei denjenigen, denen eine Sonderzahlung zuteil wurde, lässt sich ein klarer Effekt feststellen: „Unsere Umfrage liefert Hinweise, dass die Inflationsausgleichsprämie die finanziellen Auswirkungen der hohen Inflation bei vielen Haushalten abmildern konnte“, so Behringer und Dullien. Rund zwei Drittel der Begünstigten gaben an, dass die Prämie für ihren Haushalt eine mittlere oder große finanzielle Entlastung darstellt.

Das wirkt sich offenbar auch auf die Zuversicht aus: Befragte ohne Inflationsausgleichsprämie machen sich zu 45 Prozent große Sorgen um die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und zu 40 Prozent um die eigene Situation, diejenigen mit Prämie zu 41 beziehungsweise 30 Prozent. Die Entwicklung der Lebenshaltungskosten betrachten mehr als die Hälfte derjenigen, die leer ausgegangen sind, mit großer Sorge, bei den Begünstigten nur 42 Prozent. Eine Folge: 42 Prozent der Befragten ohne Prämie haben überhaupt kein Vertrauen in die Regierung, bei den Befragten mit Prämie rund ein Drittel.

Spürbar weniger Sorgen um die finanzielle Zukunft, niedrigere Inflationserwartung und geringerer Spardruck beim Konsum

„Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die finanzielle Entlastung durch die Inflationsausgleichsprämie dazu beigetragen hat, die Sorgen der Beschäftigten hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Situation sowie der Entwicklung der Lebenshaltungskosten zu mindern. Zudem scheint die Maßnahme das Vertrauen der Menschen in die Handlungsfähigkeit des Staates und der Regierung etwas verbessert zu haben, was sich auch in geringeren Inflationserwartungen widerspiegelt. Dabei dürfte auch eine Rolle spielen, dass Beschäftigte mit geringen Einkommen von dieser pauschalen Sonderzahlung prozentual (wenn auch nicht absolut) stärker profitieren als Beschäftigte mit hohen Einkommen und gerade untere und mittlere Einkommensgruppen durch die gestiegenen Kosten für Energie und Lebensmittel finanziell besonders stark belastet waren“, erklären die IMK-Forscher.

Die Kauflaune hat sich dadurch stabilisiert: Bei allen abgefragten Konsumkategorien hatten die Befragten mit Prämie seltener vor, sich künftig einzuschränken. Besonders stark war der positive Effekt bei Reisen und Urlaub, Freizeit, Unterhaltung und Kultur, Gaststätten- und Restaurantbesuchen sowie bei Wohnungsinstandhaltung. In diesen Kategorien ist der Anteil der Befragten, die sich einschränken wollen, zwischen elf und sieben Prozentpunkte niedriger, wenn sie eine Entlastung erhielten. „Die Inflationsausgleichsprämie dürfte die Konsumnachfrage dabei einerseits direkt über die Erweiterung der finanziellen Spielräume der Privathaushalte und andererseits indirekt über ihre dämpfende Wirkung auf die Inflationserwartungen und die Reduktion der Unsicherheit beeinflusst haben“, erklären die Autoren.

Die gezahlten Summen seien tatsächlich „gesamtwirtschaftlich relevant“ gewesen, heißt es in der Studie. In den Jahren 2022 und 2023 entsprachen sie jeweils 1,8 und 1,5 Prozent der Nettolöhne. Auch die Auswirkung auf den Fiskus – und spiegelbildlich die Entlastung von Unternehmen und Beschäftigten – war erheblich: Den Schätzungen des IMK zufolge hätte der Staat 33 Milliarden Euro mehr eingenommen, wenn die Beschäftigten statt der Inflationsausgleichsprämie steuer- und abgabenpflichtige Zahlungen in gleicher Höhe bekommen hätten. Wenn die Löhne so weit erhöht worden wären, dass die Beschäftigten netto dasselbe wie mit den Prämien erhalten hätten, wären es 58,1 Milliarden mehr gewesen. Zum Vergleich: Die Energiepreisbremsen dürften den Staat etwa 40 Milliarden Euro gekostet haben. Um den gleichen Nettoeinkommenseffekt ohne Steuer- und Abgabenfreiheit zu erreichen, wären die Arbeitskosten um rund 68 Milliarden Euro zusätzlich gestiegen. Das heißt: Die Lohnstückkosten waren dank der Inflationsausgleichsprämie in den Jahren seit 2022 rund 1,5 Prozent niedriger.

Die Ergebnisse zeigten, dass eine konzertierte Aktion von Staat, Gewerkschaften und Arbeitgebern externe Schocks abfedern und die Wirtschaft stabilisieren könne, so die IMK-Forscher. Einziges Manko der Inflationsausgleichsprämien: Als Einmalzahlung läuft ihr Effekt zum Jahresende aus. „Die Tarifparteien sind jetzt gefragt, für Lohnerhöhungen zu sorgen, die die Kaufkraft auch ohne weitere Inflationsausgleichsprämien stärken“, sagt IMK-Direktor Dullien. „Denn ohne ein spürbares Wachstum des privaten Konsums wird die deutsche Wirtschaft sich nicht aus der aktuellen Stagnation befreien können.“

IMK Policy Brief Nr. 171, Juli 2024

Inflationsausgleichsprämie erhöht Einkommen von 26 Millionen Beschäftigten um 52 Milliarden Euro.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 03.07.2024

Anteil im Jahr 2023 deutlich über EU-Durchschnitt von 16,1 %

In Deutschland leben anteilig deutlich mehr Menschen allein als in den meisten anderen Staaten der Europäischen Union. Im Jahr 2023 betrug der Anteil Alleinlebender an der Bevölkerung hierzulande 20,3 % – und lag damit deutlich über dem EU-Durchschnitt von 16,1 %, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis von Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat mitteilt. Nur in den fünf nord- beziehungsweise nordosteuropäischen Staaten Finnland (25,8 %), Litauen (24,6 %), Schweden (24,1 %), Dänemark (23,5 %) und Estland (21,5 %) wohnten im EU-Vergleich anteilig noch mehr Menschen allein. In der Slowakei (3,8 %), Zypern (8,0 %) und Irland (8,3 %) lebten im EU-Vergleich anteilig die wenigsten Menschen allein.

Anteil Alleinlebender in fast allen EU-Staaten gestiegen

Der Anteil der alleinlebenden Personen stieg zwischen 2013 und 2023 in fast allen Staaten der EU an. Lebten 2013 im EU-Durchschnitt 14,2 % der Bevölkerung allein, waren es 2023 bereits 16,1 %. Den größten Anstieg in diesem Zeitraum verzeichneten Bulgarien (+9,3 Prozentpunkte von 8,5 % auf 17,8 %), gefolgt von Litauen (+8,5 Prozentpunkte von 16,1 % auf 24,6 %) und Finnland (+6,2 Prozentpunkte von 19,6 % auf 25,8 %). In Deutschland blieb der Anteil der Alleinlebenden in diesem Zeitraum nahezu konstant bei rund 20 %. Lediglich in der Slowakei lebten 2023 anteilig weniger Menschen allein als 2013 (-4,3 Prozentpunkte von 8,1 % auf 3,8 %).

Ältere Menschen leben fast doppelt so häufig allein wie die Gesamtbevölkerung

Ältere Menschen leben fast doppelt so häufig allein wie der Durchschnitt der Bevölkerung. Im Jahr 2023 lebten in der EU 31,6 % der Menschen ab 65 Jahren allein in einem Haushalt. In Deutschland lag der Anteil in dieser Altersgruppe mit 34,6 % etwas über dem EU-Durchschnitt. In Litauen lebte gut die Hälfte aller mindestens 65-Jährigen allein – mit 51,0 % war der Anteil im EU-Vergleich hier am höchsten. Am niedrigsten war er in der Slowakei. 2023 lebten dort lediglich 11,6 % aller Menschen ab 65 Jahren allein.

Methodische Hinweise:

In der Erhebung werden Menschen in privaten Hauptwohnsitzhaushalten berücksichtigt. Menschen in Gemeinschaftsunterkünften oder in Einrichtungen wie beispielsweise Alten- oder Pflegeheimen sind nicht erfasst.

Alleinlebende sind Personen, die in einem Einpersonenhaushalt leben. Nicht berücksichtigt wird hierbei der Familienstand der alleinlebenden Person. Zusätzliche Informationen zum Mikrozensus und zur Bewertung der Ergebnisse sind unter „Die Neuregelung des Mikrozensus ab 2020“ zu finden.

Bei den Angaben handelt es sich um Ergebnisse der europäischen Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC). Die Erhebung ist in Deutschland seit dem Erhebungsjahr 2020 als Unterstichprobe in den Mikrozensus integriert. Aufgrund der mit dieser Integration verbundenen umfangreichen methodischen Änderungen ist ein Vergleich der Ergebnisse ab Erhebungsjahr 2020 mit den Vorjahren nicht möglich. Ausführliche Informationen zu den methodischen Änderungen sowie deren Auswirkungen auf EU-SILC sind auf einer Sonderseite verfügbar.

Damit zwischen dem Ende des Erhebungsjahres und der Ergebnisbereitstellung möglichst wenig Zeit vergeht, werden in Deutschland seit dem Erhebungsjahr 2020 zunächst Erstergebnisse und mit einigem zeitlichen Abstand Endergebnisse veröffentlicht. Bei den hier angegebenen Ergebnissen für 2023 handelt es sich um Endergebnisse.

Weitere Informationen: 

Weitere Ergebnisse zu Alleinlebenden in der EU finden Sie in unserem Webartikel zum Thema. 

Daten zur Betroffenheit von Einsamkeit in Deutschland liefert die Zeitverwendungserhebung (ZVE) 2022. Die Ergebnisse finden Sie in unserem ausführlichen ZVE-Webartikel mit vielen Grafiken und Erläuterungen.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 02.07.2024

  • 2022 wendeten Kitas in freier Trägerschaft durchschnittlich 12 300 Euro je Kind auf
  • Personalausgaben machten mit knapp 80 % den Großteil der Gesamtausgaben aus
  • Finanzierung erfolgt mehrheitlich durch die öffentliche Hand

In Deutschland gaben Kitas in freier Trägerschaft im Jahr 2022 für die Betreuung eines Kindes durchschnittlich rund 12 300 Euro aus. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren das nominal (nicht preisbereinigt) etwa 59 % beziehungsweise 4 600 Euro mehr als im Jahr 2010, dem letztmaligen Berichtsjahr einer vergleichbaren Erhebung.

Mit 18 600 Euro wurde für Kinder in der Altersgruppe der unter Dreijährigen (Krippenkinder) am meisten ausgegeben. Das entspricht einem Anstieg der Ausgaben gegenüber 2010 von etwa 70 % beziehungsweise 7 700 Euro. Für Kindergartenkinder im Alter von 3 Jahren bis zum Schuleintritt haben die privaten Kindertageseinrichtungen insgesamt 10 900 Euro ausgegeben und damit knapp 50 % mehr als 2010 (7 300 Euro). Am niedrigsten waren die Kosten für Schulkinder unter 14 Jahren in der Hortbetreuung. Hier stiegen die Ausgaben im Jahr 2022 gegenüber 2010 um 32 % auf 8 100 Euro.

Insgesamt gaben Kindertageseinrichtungen in freier Trägerschaft 2022 in Deutschland 27,7 Milliarden Euro aus und nahmen mit 27,7 Milliarden Euro ungefähr gleich viel ein.

Großteil der Ausgaben entfällt auf Personalkosten

Von den Gesamtausgaben entfiel der größte Anteil mit knapp 80 % beziehungsweise 21,9 Milliarden Euro auf das Personal. Für den Sachaufwand, wozu zum Beispiel Spielmaterial und Verbrauchsgüter, aber auch Energiekosten zählen, wurden weitere 5,2 Milliarden Euro (einschließlich Verpflegungskosten von 970 Millionen Euro) ausgegeben, dies entspricht 18 % der Gesamtausgaben. Nur 2 % beziehungsweise 650 Millionen Euro entfielen auf Investitionen.

Die öffentliche Finanzierung steigt auf knapp 80 %

Auf der Einnahmenseite stieg der Anteil öffentlicher Mittel insgesamt von 74 % im Jahr 2010 auf knapp 80 % beziehungsweise 21,8 Milliarden Euro im Jahr 2022 an. Der Finanzierungsanteil der Länder erhöhte sich dabei von 21 % auf 31 % und lag 2022 bei 8,6 Milliarden Euro. Die Kommunen steuerten mit 46 % beziehungsweise 12,7 Milliarden Euro am meisten bei. Weitere 2 % der Einnahmen beziehungsweise 490 Millionen Euro entfielen auf den Bund. Der Anteil privater Mittel, also Elternbeiträge (einschließlich Verpflegungsgeld) und Eigenmittel der Träger, ging hingegen von 26 % auf 20 % zurück und lag 2022 insgesamt bei 5,6 Milliarden Euro.

Methodische Hinweise:

Die dargestellte Finanzierung basiert auf den gemeldeten Einnahmen der Träger. Eine trennscharfe Zuordnung zu den Mittelgebern ist hier nicht immer möglich. So können beispielweise Landesmittel den Kommunen zugeordnet und Bundesmittel bei den Landesmitteln verbucht worden sein.

Die Ergebnisse basieren auf einer Erhebung, die auf freiwilliger Basis bei allen freien Trägern von Kindertageseinrichtungen von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder im Zeitraum von September bis Dezember 2023 für das Berichtsjahr 2022 durchgeführt wurde. Beauftragt wurde die Erhebung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung nach § 7 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz. An der Erhebung haben sich 3 600 freie Träger mit insgesamt 9 300 Kindertageseinrichtungen beteiligt.

Der Projektbericht „Finanzen der Kindertageseinrichtungen in freier Trägerschaft 2022“ mit detaillierten Ergebnissen sowie der Beschreibung des Erhebungskonzeptes und der Hochrechnung ist auf der Themenseite „Bildungsfinanzen- und Ausbildungsförderung“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes verfügbar.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 27.06.2024

  • Knapp die Hälfte der Homeoffice-Nutzenden arbeitete genauso oft oder häufiger am Arbeitsplatz als von zu Hause aus
  • Vereinbarkeit von Familie und Beruf: 25- bis 34-Jährige am häufigsten im Homeoffice
  • Homeoffice-Anteil in Deutschland mit 23,5 % leicht über dem EU-Durchschnitt

Homeoffice hat sich in Deutschland auch nach der Covid-19-Pandemie etabliert, wird jedoch an weniger Arbeitstagen genutzt. 23,5 % aller Erwerbstätigen waren im Jahr 2023 zumindest gelegentlich im Homeoffice, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Damit war der Anteil nur geringfügig niedriger als im Jahr 2022 mit 24,0 % und im Jahr 2021 mit 24,9 %. Im März 2022 war die aufgrund der Corona-Pandemie eingeführte Homeoffice-Pflicht ausgelaufen. Wie stark sich das Arbeiten von zuhause aus inzwischen etabliert hat, zeigt der Vergleich mit dem Vor-Corona-Niveau: 2019 hatten lediglich 12,8 % der Erwerbstätigen im Homeoffice gearbeitet.

Homeoffice wird inzwischen jedoch weniger umfänglich genutzt als zu Pandemiezeiten. Im Jahr 2023 arbeitete knapp die Hälfte (44 %) der Erwerbstätigen, die Homeoffice nutzten, genauso oft oder häufiger am Arbeitsplatz als von zu Hause aus. Gut ein Viertel (26 %) war vollständig im Homeoffice. 2022 waren 39 % der Erwerbstätigen genauso oft oder häufiger am Arbeitsplatz als im Homeoffice und 31 % arbeiteten ausschließlich von zu Hause aus. Im von der Pandemie stark geprägten Jahr 2021 waren die Anteile noch deutlicher in Richtung Homeoffice-Nutzung verschoben: Damals arbeiteten lediglich 31 % genauso oft oder weniger im Homeoffice als am Arbeitsplatz, 40 % waren dagegen vollständig im Homeoffice.

Beschäftigte in größeren Unternehmen arbeiten häufiger von zu Hause aus

Betrachtet man nur die abhängig Beschäftigten, so war der Homeoffice-Anteil 2023 mit 22,0 % etwas niedriger als bei den Erwerbstätigen insgesamt. Wie häufig Angestellte Homeoffice nutzen, wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, etwa von der Größe des Unternehmens oder dem Alter der Beschäftigten. So steigt der Homeoffice-Anteil mit der Größe des Unternehmens: Arbeiteten in kleinen Unternehmen (bis 49 Beschäftigte) 13,1 % der Angestellten von zu Hause aus, so waren es in mittleren Unternehmen (50 bis 249 Beschäftigte) 22,9 %. In großen Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten war der Homeoffice-Anteil mit 33,8 % am höchsten.

25- bis 34-Jährige am häufigsten im Homeoffice

Dass Homeoffice auch genutzt werden dürfte, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten, zeigt ein Blick auf die Verteilung nach Altersgruppen. Den höchsten Homeoffice-Anteil unter den abhängig Beschäftigten hatten 2023 die 25- bis 34-Jährigen mit 26,4 %, gefolgt von den 35- bis 44-Jährigen mit 26,2 %. Die Notwendigkeit einer Kinderbetreuung könnte ein Grund für den vergleichsweise hohen Anteil in dieser Altersgruppe sein. Am seltensten nutzten Homeoffice die 15- bis 24-jährigen Angestellten (12,3 %) sowie die mindestens 65-jährigen (13,1 %).

In Gesundheitswesen (6,4 %) und Einzelhandel (8,3 %) wird besonders selten Homeoffice genutzt
Wie häufig Homeoffice genutzt wird, hängt auch stark von der jeweiligen Branche ab. Am höchsten war der Anteil 2023 im Bereich IT-Dienstleistungen: Hier arbeiteten knapp drei Viertel (74,7 %) der abhängig Beschäftigten zumindest gelegentlich von zu Hause aus. In der Verwaltung und Führung von Unternehmen sowie in der Unternehmensberatung nahmen 72,5 % Homeoffice in Anspruch, bei Versicherungen, Rückversicherungen und Pensionskassen waren es gut zwei Drittel der Beschäftigten (68,6 %). Im Gesundheitswesen konnten mit 6,4 % anteilig die wenigsten Beschäftigten ihre Arbeit auch zu Hause ausüben. Auch eine Tätigkeit im Einzelhandel (8,3 %) oder etwa im Bau- und Ausbaugewerbe (8,4 %) war nur selten im Homeoffice möglich.

Homeoffice-Anteil in Deutschland leicht über EU-Durchschnitt

Im europäischen Vergleich lag Deutschland im Jahr 2023 über dem EU-weiten Durchschnitt. In den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) arbeiteten durchschnittlich 22,4 % aller Erwerbstätigen ab 15 Jahren zumindest gelegentlich von zu Hause aus. In den Niederlanden (52,0 %), in Schweden (45,8 %) und in Finnland (42,0 %) war der Homeoffice-Anteil im vergangenen Jahr EU-weit am höchsten. In Bulgarien (2,9 %), Rumänien (3,3 %) und Griechenland (7,4 %) arbeiteten anteilig die wenigsten Berufstätigen von zu Hause aus.

Methodische Hinweise:

Die Daten zum Anteil der Erwerbstätigen in Deutschland, die 2023 von zu Hause aus arbeiteten, basieren auf den Erstergebnissen des Mikrozensus. Der Anteil umfasst jeweils die Erwerbstätigen, die angaben, zum Zeitpunkt der Befragung in den vergangenen 4 Wochen mindestens einmal oder häufiger von zu Hause aus gearbeitet zu haben. Hierzu gehören beispielsweise auch Lehrerinnen und Lehrer, die zu Hause Unterrichtsstunden vorbereiten oder Klassenarbeiten korrigieren. Beim Homeoffice-Anteil der abhängig Erwerbstätigen in Deutschland sowie bei der Betrachtung nach unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen (WZ 2008) sind die Auszubildenden nicht eingeflossen.

Für den EU-Vergleich wurden alle Erwerbstätigen ab 15 Jahren zusammengefasst, die manchmal oder gewöhnlich von zu Hause aus arbeiteten. Daher kann es vereinzelt zu geringfügigen Abweichungen der aufsummierten Anteile durch Rundungen kommen.

Weitere Informationen:

Daten und Fakten rund um das Thema Fachkräfte bündelt das Statistische Bundesamt auf einer eigenen Sonderseite (www.destatis.de/fachkraefte). Das Datenangebot umfasst die Bereiche Demografie, Erwerbstätigkeit, Bildung und Zuwanderung. Es reicht von Vorausberechnungen zur künftigen Zahl von Erwerbspersonen über Analysen zum Arbeitskräfteangebot bis hin zu Daten zu Arbeitsmigration und Ausbildungsmarkt.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 26.06.2024

WZB-Studie zeigt Zusammenhang zwischen AfD-Unterstützung und Wohlbefinden

Menschen, die sich der AfD zuwenden, erleben laut einer neuen WZB-Studie eine Verschlechterung ihres Wohlbefindens. Erstmals weisen die WZB-Ökonomin Maja Adena und ihr Kollege Steffen Huck nach, dass die negative Rhetorik rechtspopulistischer Parteien wie der AfD die persönliche Lebenszufriedenheit verringern kann. Vor allem neue Anhänger der AfD sind unzufriedener.

In einer großen Umfrage-Studie mit über 5.000 Teilnehmenden in vier Wellen über die Jahre 2019 bis 2021 wollten die Forschenden herausfinden, ob es einen Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und den Präferenzen für politische Parteien gibt. Dabei zeigt sich ein klares Muster: Menschen, die die AfD unterstützen, sind unzufriedener mit ihrem persönlichen Leben und ihrer finanziellen Situation als die Unterstützer anderer Parteien. Dieser Zusammenhang ist besonders stark ausgeprägt für neue Anhängerinnen und Anhänger der AfD. Wer sich von der Partei wieder abwendet, empfindet dagegen eine Verbesserung im Wohlbefinden.

Der Zusammenhang zwischen Wohlbefinden und Unterstützung der AfD ist eindeutig und lässt sich nicht durch sozioökonomische Variablen wie Einkommen oder Bildung erklären. Er ist darüber hinaus ökonomisch bedeutsam und lässt sich beziffern. Schätzungen der Autoren legen nahe, dass ein neuer Unterstützer der AfD ein zusätzliches Monatseinkommen von rund 2.500 Euro bräuchte, um wieder das gleiche Wohlbefinden zu erreichen, das er vor seiner Entscheidung, die AfD zu unterstützen, empfand.

Ob die Entscheidung, die AfD zu unterstützen, ursächlich dazu führt, dass sich Menschen unzufriedener fühlen, untersuchten Adena und Huck mit Hilfe von zwei Experimenten. Im ersten Experiment befragten sie Wählerinnen und Wähler vor, während und nach dem AfD-Bundesparteitag im November 2020. Insbesondere neue Unterstützer der AfD, die während des Bundesparteitags an der Umfrage teilnahmen, berichten von schlechterem Wohlbefinden als neue AfD-Unterstützer, die vor oder nach dem Parteitag an der Umfrage teilnahmen, oder auch als Anhänger anderer Parteien.

Auch im zweiten Experiment, das 2021 stattfand, wurden die Teilnehmenden gebeten, Fragen zu ihrem Wohlbefinden zu beantworten. Zusätzlich erhielten sie Fragen zur Partei, die sie unterstützen. Die Forschenden teilten die Teilnehmenden in zwei Gruppen. Eine Gruppe musste vor den Fragen zum Wohlbefinden Fragen zur Partei beantworten. Für die andere Gruppe wurde die Reihenfolge der Fragenblöcke umgekehrt.

Es ergibt sich das gleiche Muster wie für das erste Experiment. Neue Unterstützer der AfD, die sich gerade intensiv mit AfD-Themen befasst haben, sind weniger zufrieden als die Kontrollgruppe, die Fragen zum persönlichen Wohlbefinden vor den Fragen zu AfD-Themen beantworten musste. Für Unterstützer anderer Parteien ergibt sich kein vergleichbares Muster. Wer sich seine neue Unterstützung der AfD stärker bewusst macht, nimmt sowohl seine persönlichen als auch seine finanziellen Umstände als schlechter wahr.

Die Gründe für diesen Kausalzusammenhang vermuten die Forscher in der negativen Rhetorik der AfD. Wer sich der Partei zuwendet, setzt sich dieser Negativität stärker aus, und das schadet dem Wohlbefinden.

Die Forscher empfehlen daher anderen Parteien, positive Themen zu betonen, anstatt sich auf die negativen Themen der AfD zu konzentrieren. „Die erfolgreiche Rückgewinnung von Wählern braucht andere, idealerweise positive Themen“, sagt Maja Adena.

Die Studie ist in der Zeitschrift PLOS ONE erschienen.
Maja Adena, Steffen Huck: Support for a right-wing populist party and subjective well-being: Experimental and survey evidence from Germany

Dr. Maja Adena ist stellvertretende Direktorin der Abteilung Ökonomik des Wandels am WZB.

Prof. Dr. Steffen Huck ist Forschungsprofessor Behavioral Economics and Human Agency am WZB.

Quelle: Pressemitteilung Wissenschaftszentrum Berlin
für Sozialforschung vom 27.06.2024

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Die Arbeiterwohlfahrt kritisiert den heutigen Kabinettsbeschluss über den Bericht der Bundesregierung für eine zukunftssichere Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung. AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner erklärt dazu:

„Uns droht offenbar, dass die wirklich längst überfällige Finanzreform der Pflegeversicherung erneut in die nächste Legislaturperiode verschoben wird, während die Lage sich rapide zuspitzt. Die Pflegekassen stehen kurz vor dem finanziellen Kollaps, pflegebedürftige Menschen wissen angesichts der rasant steigenden Eigenanteile nicht mehr, wie sie sich ihre Pflege leisten sollen, pflegende An- und Zugehörige werden in der Folge noch stärker belastet.

Was muss denn noch passieren, damit eine Bundesregierung endlich handelt? Das Mindeste wäre es gewesen, die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen zur kurzfristigen Stabilisierung der Finanzsituation der Pflegeversicherung durch Steuerzuschüsse für versicherungsfremde Leistungen umzusetzen. Aber nicht einmal das gelingt.

Es bedarf nun dringend eines breiten gesellschaftlichen Konsenses zum Wert der Pflege als Zeichen des Zusammenhalts und der Wertschätzung. Wir brauchen Sofortmaßnahmen, um die Pflege zu sichern. Klatschen war gestern, heute muss gehandelt werden! Die AWO ist bereit, ihren Beitrag zu leisten.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 03.07.2024

Gemeinsam mit Sozial- und Umweltverbänden, Kirchen und Gewerkschaften fordert die Arbeiterwohlfahrt (AWO) die Bundesregierung zu einem Kurswechsel bei der Haushaltsaufstellung auf. Der nächste Bundeshaushalt müsse Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz und soziale Sicherheit ermöglichen. Dazu erklärt AWO-Präsident Michael Groß:

“Die Krisen unserer Zeit sind zu groß für falsche Dogmen wie die Schuldenbremse. Statt so lange zu sparen, bis auch die letzte soziale Einrichtung vor dem finanziellen Aus steht, muss die Bundesregierung endlich in mehr Zusammenhalt investieren. 75 Prozent der Organisationen in der sozialen Arbeit rechnen damit, aufgrund finanzieller Not im nächsten Jahr Angebote einschränken zu müssen – das ist ein Armutszeugnis für die politisch Verantwortlichen. Dabei darf nicht aus dem Blick geraten, dass auch die Klimakrise eine soziale Krise ist, denn benachteiligte und arme Menschen leiden unter ihren Folgen am schwersten. Es braucht daher schnell ein sozial gestaffeltes Klimageld, um das Vertrauen der Menschen in die Bewältigung der Klimakrise wieder herzustellen. Die “Priorisierung” von Investitionen, von der der Finanzminister gerne spricht, ist jedenfalls ein Luftschloss: Man kann Bürgergeld und Windkraft, gute Pflege und mehr ÖPNV nicht gegeneinander ausspielen. Wir brauchen beides – starke soziale Infrastrukturen und eine lebenswerte Zukunft für nachfolgende Generationen! Wer sich Fortschritt auf die Fahnen schreibt, kann diese Wahrheit nicht leugnen.”

Zum Offenen Brief: https://awo.org/sozial-oekologisches-buendnis-fordert-zukunftsinvestitionen-statt-schuldenbremse

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 30.06.2024

Anlässlich des 55. Jahrestages der Stonewall Riots ruft die Arbeiterwohlfahrt (AWO) zu Solidarität und Wachsamkeit auf. Dazu erklärt Claudia Mandrysch, Vorständin des AWO-Bundesverbandes:

„Die Stonewall Riots waren ein Wendepunkt im Kampf für die Rechte von LSBTIQ*. Seit mehr als einem halben Jahrhundert kämpfen queere Menschen weltweit erfolgreich für ihre Rechte. Auch in Deutschland hat sich die rechtliche Situation inzwischen deutlich verbessert, und doch sind homo- und bi*-sexuelle Menschen sowie Inter*- und trans* Personen auch hierzulande immer noch Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt. 55 Jahre nach den Stonewall Riots, sehen wir uns erneut mit gezielten Angriffen auf die hart erkämpften Rechte von queeren Menschen konfrontiert. Deshalb müssen wir wachsam bleiben und uns an die Seite derer stellen, denen Rechte entzogen werden sollen. Queere Menschen sind bei uns nicht nur willkommen, sondern eine Selbstverständlichkeit. Wir schützen sie vor Diskriminierung – ob als Mitarbeitende oder in den Einrichtungen und Diensten der AWO.“

Die Arbeiterwohlfahrt zeigt das auch gesellschaftspolitisch in ihrem Engagement in diversen Bündnissen und Aktionen. Damit sich z. B. ältere LSBTIQ* in AWO-Pflegeeinrichtungen und -diensten sicher und willkommen fühlen können, gibt es das Vorreiterprojekt „Queer im Alter“ für queer-inklusive Pflege und Dienste. “Ältere queere Personen sind bewusst unsichtbar in unserer Gesellschaft. Aus Angst und Scham vor Diskriminierung, oftmals kinder- und angehörigenlos ziehen sie sich zurück. Doch natürlich haben sie Anspruch auf eine Pflege, die ihnen gerecht wird und sich für sie öffnet“, so Mandrysch, „Mit ‚Queer im Alter‘ möchten wir sicherstellen, dass ältere LGBTIQ+-Menschen die Unterstützung und Anerkennung erhalten, die sie verdienen. Wir wollen Barrieren und Vorurteile abbauen und ein Umfeld schaffen, in dem sie sich sicher und respektiert fühlen. Deshalb ist das Projekt “Queer im Alter” eine wichtige Innovation für unsere Arbeit.” Die Koordinierungsstelle www.queer-im-alter.de stellt ihre Expertise allen Trägern und Einrichtungen zur Verfügung, vermittelt Informationen sowie Kontakte zu queer-sensiblen Einrichtungen, Selbsthilfe- und anderen Organisationen.

Die Erfahrungen aus dem Projekt zeigen immer wieder, dass es eine bewusste Auseinandersetzung für mehr Akzeptanz und einen bedürfnisgerechten Umgang mit queeren Menschen in der sozialen Arbeit und Gesundheitspflege braucht. So Mandrysch: “Vorurteile queeren Menschen gegenüber sind in unserer Gesellschaft und damit auch im Gesundheitssystem immer noch weit verbreitet. Gerade im Alter ist man auf Hilfe angewiesen, fühlt sich schwach und verletzlich, sucht nach Räumen, in denen man sich sicher und vollständig angenommen fühlt. So werbe ich im Bereich der Sterbebegleitung für mehr AWO-Angebote wie zum Beispiel Hospize, die sich kultur- und diversitätssensibel für Menschen unterschiedlicher Lebensentwürfe ausgestalten und den Menschen eine Alternative anbieten, die sich ganz bewusst von religiös, ideologisch oder normiert geprägten Angeboten distanzieren wollen. Hier haben wir innerhalb der AWO noch Potential und sehr viele Regionen, die leider keine Angebote besitzen.”

Die AWO verfolgt mit ihren Grundwerten Toleranz und Solidarität das Ziel, alle Menschen willkommen zu heißen und ihre Rechte zu erstreiten. „Eine weltoffene Zivilgesellschaft ist keine Selbstverständlichkeit, das sehen wir gerade in diesen Zeiten. Wir alle sind täglich gefordert, an unserem persönlichen Weltbild zu arbeiten und andere Lebensentwürfe zu akzeptieren. Gemeinsam können wir eine Welt gestalten, in der Vielfalt und Respekt die Grundlage unseres Zusammenlebens bilden.“, so Mandrysch abschließend.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 27.06.2024

Anlässlich des heutigen Kabinettsbeschlusses über den Bericht der Bundesregierung für eine zukunftssichere Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung fordern die im Bündnis zusammengeschlossenen Organisationen Sofortmaßnahmen zur Sicherung der Pflege an. Die Bundesregierung muss handeln.

Der vorgelegte Bericht zeigt, dass es keinen Mangel an Ideen zur Finanzierung der Pflege gibt. Es mangelt an politischer Umsetzung. Genau wie schon ihre Vorgängerregierungen droht auch diese Bundesregierung die Entscheidung um die Pflegefinanzierung auf die nächste Legislatur zu verschieben. Das schafft kein Vertrauen in die Lösungsfähigkeit der Politik. Die Lage ist ernst. Das zeigt die aktuelle Finanzsituation der Pflegekassen, die rasant steigenden finanziellen Eigenanteile für pflegebedürftige Menschen und die wachsende Pflegetätigkeit von An- und Zugehörigen.

Die Regierung muss jetzt ins Handeln kommen. Um die Finanzsituation der Pflegeversicherung kurzfristig zu stabilisieren, muss die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag ausgehandelten Maßnahmen zügig umsetzen. Besonders wichtig sind die angekündigten Bundeszuschüsse zu versicherungsfremden Leistungen und gesamtgesellschaftlichen Aufgaben.

Darüber hinaus sind weitere grundlegende Schritte für eine Finanzreform zwingend notwendig. Die Entscheidung darf dabei nicht nach aktueller Kassenlage getroffen werden. Gute Ansätze finden sich dazu im Bericht der Bundesregierung zu den Erwartungen der Bevölkerung und begleitenden Maßnahmen, wie der Stärkung der Prävention zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit.

Zum Hintergrund:

Das Bündnis für Gute Pflege ist ein Zusammenschluss von 25 bundesweit aktiven Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften, Berufsverbänden sowie Selbsthilfeorganisationen mit über 14 Mio. Mitgliedern.

www.buendnis-fuer-gute-pflege.de

Quelle: Pressemitteilung Bündnis für Gute Pflege vom 03.07.2024

Stellungnahme des Deutschen Familienverbandes (DFV) zum Regierungsentwurf für das Gesetz zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zum Aufbau eines Generationenkapitals für die gesetzliche Rentenversicherung

Aus Sicht des DFV enthält der Gesetzesentwurf gravierende Mängel, die eine grundlegende Überarbeitung notwendig machen. Dies betrifft insbesondere die fehlenden Verbesserungen bei der Berücksichtigung der Erziehungsleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung. „Angesichts des angekündigten verkürzten Verfahrens fürchtet der DFV, dass die Belange der Familien nicht mehr vor der Verabschiedung des Gesetzes ernsthaft beraten und in das Gesetzgebungsverfahren einbezogen werden“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes.

Die Kritik des DFV bezieht sich sowohl auf die Leistungs- als auch auf die Beitragsseite der Rentenversicherung. Auf der Leistungsseite ist zwar eine Festschreibung des Rentenniveaus für den Standardrentner vorgesehen. Von diesem Niveau sind Versicherte, die mehrere Kinder erzogen haben, aber meist weit entfernt. Hier fehlt eine Ausweitung der rentenrechtlichen Kindererziehungszeiten, auf die weitere Reformschritte aufbauen können.

Auf der Beitragsseite ist ein deutlicher Anstieg der Beitragssätze zu erwarten, der auch im Entwurf dargestellt wird. Auch hier sind Familien in besonderer Weise belastet, denn weil der Rentenversicherung ein Kinderfreibetrag fehlt, zahlt ein Versicherter mit vier Kindern den gleichen Rentenbeitrag wie der kinderlose Kollege – auch auf das Existenzminimum seiner Kinder.

Insgesamt wird im Entwurf die auch vom Bundesverfassungsgericht mehrfach hervorgehobene Bedeutung des generativen Beitrags Kindererziehung für die Bestandssicherung der gesetzlichen Rentenversicherung völlig ausgeblendet, obwohl die Bundesregierung mit dem Rentenpaket II ausdrücklich das Ziel verbindet, die demografische Entwicklung zu berücksichtigen und Menschen Vertrauen in die gesetzliche Rente zu geben.

„Stattdessen baut die Bundesregierung auf ein schuldenfinanziertes ‚Generationenkapital‘ und hofft, man könne mit Aktien für die Zukunft der Rentenversicherung vorsorgen. Zukunft gibt es aber nur mit Kindern – und ausgerechnet die Kinder und damit das eigentliche Generationenkapital der gesetzlichen Rentenversicherung kommen im Regierungsentwurf gar nicht vor“, so Heimann. „Anstatt mit einer Politik, die mehr Mut zu mehr Kindern macht, wird versucht, mit Aktienpaketen die gesetzliche Rentenversicherung zu retten.“

In der Stellungnahme will der DFV Perspektiven aufzeigen, wie eine nachhaltige und familienorientierte Rentenreform gelingen kann und dass sie finanzierbar ist, wenn der Gesetzgeber den Mut aufbringt, die vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Spielräume zu nutzen. Das gilt sowohl für eine Neuordnung der Hinterbliebenenversorgung als auch für die maßvolle Umverteilung von Rentenansprüchen hin zu Familien mit mehreren Kindern.

„Im Sinne einer grundsätzlichen Aufforderung zum Neudenken weisen wir außerdem darauf hin, dass eine familienpolitische Strukturreform der Rente erleichtert wird, wenn sie mit der Einbeziehung weiterer Bevölkerungsgruppen und Einkunftsarten in die gesetzliche Rentenversicherung einhergeht. Auch hierfür finden Sie in der DFV-Stellungnahme detailliertere Vorschläge“, sagt Heimann.

Stellungnahme zum Gesetz zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zum Aufbau eines Generationenkapitals für die gesetzliche Rentenversicherung

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 02.07.2024

Zu den Arbeitsmarktzahlen sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied:

„Hetzkampagnen ändern nichts an der Tatsache: Es ist die gebremste wirtschaftliche Entwicklung, die mehr Menschen arbeitslos werden lässt und nicht das Bürgergeld. Im Vergleich zum Vormonat Mai nimmt die Zahl der Arbeitslosen, die Bürgergeld beziehen, übrigens ab.

Im Vergleich zu den Vorjahreszahlen ist die Zahl der Arbeitslosengeldempfänger deutlich mehr angestiegen als die Zahl der Bürgergeldbeziehenden.

Der DGB fordert, die menschenverachtenden Hetzkampagnen gegen das Bürgergeld einzustellen. Menschen im Bürgergeld generell zu unterstellen, dass sie nicht arbeiten wollen, verdreht Ursache und Wirkung.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 28.06.2024

Auch 7 Jahre nach Öffnung der Ehe sind Kinder queerer Eltern noch immer unzureichend rechtlich abgesichert. Bereits im Januar wurden Eckpunkte für die Reform des Abstammungsrechts vorgestellt, der Referent*innenentwurf war für diesen Sommer angekündigt. Doch bald beginnt die parlamentarische Sommerpause und noch immer liegt kein Entwurf vor. Dabei liegen die Vorschläge für die Reform längst auf dem Tisch. Ein Bündnis aus der Initiative Nodoption, dem Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD), dem Deutschen Juristinnenbund (djb) und dem Bundesarbeitskreis Schwuler Jurist*innen (BASJ) hat bereits im Mai 2023 unterstützt von mehr als 30 weiteren Organisationen und Einzelpersonen Leitplanken für die Reform des Abstammungsrechts vorgelegt. Das Leitplankenbündnis erklärt:

In unseren Leitplanken haben wir unter anderem die automatische rechtliche Zuordnung des zweiten Elternteils unabhängig vom Geschlecht sowie die Einführung vorgeburtlicher Elternvereinbarungen gefordert. Zudem hat das Bundesjustiz-ministerium im Januar 2024 Eckpunkte für die Reform vorgestellt, die wesentliche Verbesserungen für queere Eltern und ihre Kinder vorsehen. Es ist deshalb umso unverständlicher, dass sich die Reform nun weiter verzögert.

Dazu erklärt Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand des LSVD: „Kinder wachsen selbstverständlich in vielfältigen Familienkonstellationen auf. Das Recht bildet diese gesellschaftliche Realität insbesondere von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, inter und weiteren queeren (LSBTIQ*) Eltern nicht ab. Angesichts des deutlichen Rechtsrucks muss die Bundesregierung jetzt Verantwortung übernehmen und die Rechte queerer Familien und insbesondere ihrer Kinder noch in dieser Legislaturperiode sichern. Unter keinen Umständen darf die Legislatur verstreichen, ohne dass dieses zentrale queer- und gleichstellungspolitische Vorhaben ausbleibt.“

Christina Klitzsch-Eulenburg, Gründerin der Initiative Nodoption, ergänzt: „Queere Familien werden nach wie vor wie Familien zweiter Klasse behandelt. Die Kinder vieler LSBTIQ* haben, selbst wenn sie in eine bestehende Ehe geboren werden, keinen zweiten Elternteil. Auch eine Anerkennung der Elternschaft bei Nicht-Bestehen einer Ehe ist ­­­­­­­­­– anders als bei allen anderen Elternpaaren – nicht möglich. Die Adoptionsverfahren sind intransparent und gespickt mit Diskriminierungen.“

Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb, betont die Gefahren der bestehenden Rechtslage für die Kinder: „Die Kinder werden aufgrund des Geschlechts ihrer Eltern massiv benachteiligt, ihnen wird der zweite Elternteil mit Sorge- und Unterhaltspflichten verwehrt. Das ist aus gleichheitsrechtlicher, vor allem aber aus Perspektive des Kindes nicht zu rechtfertigen. Das Recht von Kindern auf zwei Eltern muss gewahrt werden.“

Dirk Siegfried von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwuler Jurist*innen ergänzt: „Vorschläge für die Reform des Abstammungsrechts liegen seit Jahren auf dem Tisch: Die Zuordnung unabhängig vom Geschlecht der Eltern, die Ermöglichung der verbindlichen Übernahme von Verantwortung schon vor der Zeugung, die Absicherung gelebter Elternschaft. Die Reform darf jetzt nicht weiter verzögert werden!“

 

Weiterlesen:

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 03.07.2024

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 16. Juli 2024

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.

Ort: Webex

Thema: Jenseits der Kernfamilie: Neue Daten zu Verwandtschaftsnetzwerken zeigen matrilineare Neigungen, Auswirkungen von Scheidungen und die Bedeutung erweiterter Verwandtschaftsbeziehungen

Referent:  Prof. Dr. Thomas Leopold, Universität Köln 

Alle Informationen zum Vortrag finden Sie hier.

Termin: 30. Juli 2024

Veranstalter: Evangelische Konferenz für Familien- und Lebensberatung e.V. Fachverband für psychologische Beratung und Supervision (EKFuL)

Ort: Frankfurt am Main

Welche Familienformen gibt es? Welche Entwicklungsprozesse durchlaufen Familien und wie wirkt sich dies auf jedes Familienmitglied aus? Welche gesellschaftlichen Einflüsse gibt es? Wie wirkt sich all das auf den Beratungsprozess aus?

Freuen Sie sich auf spannende Vorträge, die den Wandel von Familienbeziehungen aufzeigen und diskussionsreiche Workshops mit vielen Expert*innen.

Unter folgendem Link finden Sie die Veranstaltung und den Anmeldebogen.

Termin: 27. – 28. September 2024

Veranstalter: Pestalozzi-Fröbel-Verband e. V. in Kooperation Thüringer Institut für Kindheitspädagogik der FH Erfurt 

Ort: Erfurt

Heute wachsen Kinder in materielle wie digitale Welten hinein, die einander zunehmend durchdringen.

Wir beleuchten dieses Spannungsfeld aus theoretischer wie praktischer Perspektive und fragen nach den Auswirkungen auf die Beziehung zwischen Kind und Fachkraft.

Sollen pädagogische Fachkräfte Kinder bei ihren frühen digitalen Medienerfahrungen unterstützen und ihnen im pädagogischen Alltag einen Raum geben?

Welche Fragestellungen ergeben sich daraus für pädagogische Konzeptionen und für die pädagogische Interaktion im Alltag? Individuelle Medienkompetenz wie auch die Einbindung in das pädagogische Konzept des Teams sind wichtige Voraussetzungen. Wir werfen in diesem Zusammenhang einen kritischen Blick auf die Vielzahl der digitalen Projekte, Angebote und Einsatzmöglichkeiten.

In Vorträgen, Workshops und persönlichen Gesprächen entsteht Raum für einen kritischen Diskurs.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

WEITERE INFORMATIONEN

Mehrfachbelastungen von Kitas mit Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien

Die frühkindliche Bildung legt den Grundstein für die gesamte weitere Bildungsbiografie. Die Kindertagesbetreuung als erster gemeinsamer Bildungsort ist zentral dafür, allen Kindern unabhängig von ihrem familiären Hintergrund gleiche Chancen auf eine gute Entwicklung zu ermöglichen. Der Zugang zu früher Bildung gilt deshalb als wesentlicher Faktor für die Vermittlung von Bildungschancen und die Ermöglichung von Teilhabe.

Doch die Bedingungen, unter denen Kindertageseinrichtungen dieser wichtigen Aufgabe nachkommen, unterscheiden sich teilweise stark. Die im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung erstellte Studie „Kitas 2. Klasse? – Mehrfachbelastungen von Kitas mit Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien“ des Instituts für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit | Rheinland-Pfalz (IBEB) kommt zu dem Ergebnis, dass systematische Mehrfachbelastungen und Ressourcennachteile die Situation gerade in den Kitas prägen, die einen höheren Anteil von Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien betreuen. Gerade dort also, wo sich Herausforderungen mit Blick auf Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit ballen, stehen hierfür vergleichsweise schlechtere Rahmenbedingungen zur Verfügung.

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