ZFF-Info 12/2020

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SCHWERPUNKT I: Regelsätze

Anlässlich der heutigen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Deutschen Bundestag zum Gesetzentwurf zur Neuermittlung der Regelbedarfe mahnt das ZFF an, dass sich der Gesetzgeber bei der Existenzsicherung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen endlich ein auskömmliches soziokulturelles Existenzminimum zum Maßstab nehmen sollte.

Alle fünf Jahre wird der Regelbedarf auf Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) neu ermittelt. Die EVS wird vom Statistischen Bundesamt durchgeführt und liefert Angaben zu den Lebensverhältnissen der privaten Haushalte in Deutschland. Im Rahmen der Ermittlung des Regelbedarfs werden Sonderauswertungen der EVS vorgenommen und die durchschnittlichen Verbrauchsausgaben einkommensschwacher Haushalte ermittelt. Der Gesetzgeber trifft dann eine Auswahl der Ausgabenpositionen, die er als regelbedarfsrelevant erachtet. Die ausgewählten Positionen werden anschließend addiert und ergeben den Regelbedarf im SGB II und XII.

Alexander Nöhring (Geschäftsführer des ZFF) erklärt dazu: „Die ermittelten Regelsätze erfassen gerade einmal den allernötigsten Bedarf. Armen Kindern und Jugendlichen ist ein Aufwachsen in Wohlergehen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben so nicht möglich. In der aktuellen Krisensituation zeigt sich erneut, wie stark die Bildungs- und Teilhabechancen vom Geldbeutel der Eltern abhängen: Nicht alle Kinder und Jugendlichen können am digitalen Unterrichtsgeschehen adäquat teilnehmen, da zu Hause das Geld nicht ausreicht, um einen Computer oder einen Drucker zu kaufen. Oft fehlt ein Tisch oder auch ein eigenes Zimmer in einer beengten Wohnung, um in Ruhe Schularbeiten zu machen. Darüber hinaus ist weder ein Eis, noch ein Campingurlaub im Sommer dem Gesetzgeber für ein Kinderleben relevant. Bildungsungleichheiten und Leistungsunterschiede und das Gefühl, nicht dazuzugehören verstärken sich so immer mehr.

Was Kinder und Jugendliche für ihre Existenzsicherung brauchen, ist nicht losgelöst vom Haushaltskontext und der Bemessung des elterlichen Existenzminimums. Der elterliche Bedarf wird aber aus den ärmsten 15 Prozent der Alleinlebenden ermittelt und enthält weder Begleitkosten für einen Ausflug ins Schwimmbad oder den Zoo, noch ist der Betreuungs- und Erziehungsaufwand angemessen berücksichtigt.“

Alexander Nöhring fährt fort: „Das ZFF fordert eine bedarfsgerechte, transparente und methodisch stimmige Ermittlung der Regelsätze und damit des soziokulturellen Existenzminimums. Ausgangspunkt der Ermittlung muss das sein, was Kinder und Jugendliche für ein Aufwachsen in Wohlergehen brauchen und nicht das Minimalniveau. Ebenfalls muss der Bedarf, der in einer Familie im Vergleich zu einem Alleinlebenden zusätzlich anfällt, berücksichtigt werden. Auf Grundlage dieser Neuberechnung und um langfristig, effizient und zielgerichtet gegen Kinderarmut vorzugehen, wollen wir Kinder und Jugendlichen mit einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung raus aus der Grundsicherung holen.“

Alexander Nöhring und Nikola Schopp werden heute als Sachverständige bei der Ausschusssitzung dabei sein. Die Sitzung wird live am 2. November um 13 Uhr im Parlamentsfernsehen und im Internet auf www.bundestag.de übertragen.

Die Stellungnahme des ZFF zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am 2. November 2020 zum Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales „Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes“ und weiterer Anträge finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 02.11.2020

Die Bundesregierung verteidigt das derzeit angewandte Verfahren zur Ermittlung der Regelsätze in der Grundsicherung. In einer Antwort (19/23636) auf eine Kleine Anfrage (19/23258) der Fraktion Die Linke schreibt sie, beim Statistikmodell werde der regelbedarfsrelevante Verbrauch auf Basis empirischer Daten für die Verbrauchsausgaben im unteren Einkommensbereich der Bevölkerung in einem transparenten Verfahren ermittelt. Damit werde gewährleistet, dass hilfebedürftigen und damit leistungsberechtigten Personen ein vergleichbares Konsumniveau ermöglicht wird wie anderen Bürgerinnen und Bürgern mit niedrigem Einkommen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1197 vom 04.11.2020

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am Mittwochvormittag den Weg frei gemacht für die Erhöhung der Regelbedarfe in der Grundsicherung ab Januar 2021. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie der FDP-Fraktion stimmte der Ausschuss für den entsprechenden Gesetzentwurf (19/22750) der Bundesregierung zur Ermittlung von Regelbedarfen in geänderter Fassung.

Der Gesetzentwurf sieht vor, den Regelsatz für eine alleinstehende Person auf 446 Euro pro Monat anzuheben. Wer mit einer anderen Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, erhält künftig 401 Euro. Kinder bis fünf Jahre sollen ab Januar 283 Euro erhalten, Kinder von sechs bis 13 Jahre erhalten 309 Euro und für Jugendliche bis einschließlich 17 Jahre steigt der Regelsatz auf 373 Euro. Angehoben werden die monatlichen Leistungen aber nicht nur in der Grundsicherung für Arbeitssuchende, sondern unter anderem auch in der Sozialhilfe und im Asylbewerberleistungsgesetz.

Abgelehnt wurden verschiedene Anträge der Opposition zum Thema: Ein Antrag (19/23128) der AfD-Fraktion zum Taschengeld für in Heimen lebende Menschen; ein Antrag (19/23113) der Linken und ein Antrag (19/23124) von Bündnis 90/Die Grünen, in denen die Fraktionen jeweils eine andere Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung fordern.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1189 vom 04.11.2020

Die EVS (Einkommens- und Verbraucherstichprobe) hält eine Mehrheit von Sachverständigen als Basis für die Berechnung von Regelsätzen als für grundsätzlich geeignet. Das wurde während einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag deutlich. Vereinzelt wurde jedoch Kritik an der Anwendung der Daten deutlich, auch wurden Änderungen bei bestimmten Pauschalierungen und den Bedarfen für Kinder und Jugendliche angemahnt.

Der Ausschuss hatte die Sachverständigen zum einen um Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf (19/22750) der Bundesregierung zur Ermittlung der Regelbedarfe und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes geladen. Zum anderen standen mehrere Anträge der Oppositionsfraktionen zur Diskussion: Ein Antrag (19/23128) der AfD-Fraktion zum Taschengeld für in Heimen lebende Menschen; ein Antrag (19/15040) der FDP-Fraktion für ein Liberales Bürgergeld; ein Antrag (19/23113) der Linken und ein Antrag (19/23124) von Bündnis 90/Die Grünen, in denen die Fraktionen jeweils eine andere Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung fordern.

"Die EVS ist alternativlos, weil sie die einzige Quelle für valide Daten ist", stellte Anna Robra für die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände fest. Auch habe das Bundesverfassungsgericht die EVS wie auch das Statistikmodell als verfassungskonform eingestuft. Das Statistikmodell sei zielführender als das Warenkorbmodell, betonte Markus Mempel für den Deutschen Landkreis- und den Deutschen Städtetag. Verbesserungen seien aber unter anderem bei den Warmwasserbedarfen und bei den Schulbedarfen dringend nötig, so Mempel. Alexander Nöhring vom Zukunftsforum Familie e.V. bezeichnete die EVS zwar ebenfalls als grundsätzlich geeignet, sein Verein kritisiere jedoch die sachgerechte Anwendung des Statistikmodells. So müsse unter anderem über die Nicht-Ausklammerung verdeckter Armut als auch über die Streichung von Konsumausgaben, die bisher als nicht regelbedarfsrelevant eingestuft werden, dringend gesprochen werden. Andreas Kuhn vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge betonte, man könne die EVS als Datenbasis benutzen, allerdings seien die Fallzahlen, die zur Heranziehung der Bedarfsermittlung benutzt würden, teilweise viel zu niedrig. Zum anderen gebe es bei den Energie- und Mobilitätskosten bundesweit erhebliche Preisunterschiede, weshalb eine einheitliche Pauschalierung hier nicht angebracht sei, sagte Kuhn. Für den Deutschen Gewerkschaftsbund begrüßte Martin Künkler zwar die Einbeziehung von Handykosten, fragte aber, warum das Argument, dies bilde die gesellschaftliche Realität ab, nicht auch auf andere Ausgaben angewendet werde. So sei zum Beispiel ein Pkw im ländlichen Raum existenziell, um zum Beispiel die Kinder an Freizeitangeboten teilhaben zu lassen.

Deutliche Kritik äußerten Petra Zwickert von der Diakonie Deutschland und die Einzelsachverständige Inge Hannemann sowohl an der Höhe als auch an der Berechnung der Regelsätze. So seien Kosten für ein Kinderfahrrad derzeit nicht in den Ausgabepositionen enthalten, diese müssten sich die Familien vom normalen Regelsatz absparen, was für die meisten unmöglich sei, kritisierte Hannemann. Auch sei es wichtig, die tatsächlichen Stromkosten anstatt einer Pauschale zu zahlen. Es gebe durchaus verschiedene Möglichkeiten, die verdeckt Armen aus der Berechnung der Referenzgruppen herauszunehmen, sagte Zwickert. So müssten die Vergleichsgruppen nach unten stärker abgegrenzt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1181 vom 02.11.2020

Die Bundesregierung lehnt die Forderung des Bundesrates ab, bei der Ermittlung der Regelbedarfe Haushalte mit "Aufstockern" und verdeckt Armen von den zu berücksichtigenden Haushalten auszuschließen. Das geht aus einer Unterrichtung (19/23549) der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf (19/22750) der Bundesregierung für ein Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfsstufen hervor. Die Bundesregierung lehnt ferner auch die Kritik des Bundesrates an der Heranziehung der EVS (Einkommens- und Verbraucherstichprobe) als Datengrundlage für eine verfassungsgemäße Ermittlung der Regelsätze für Familien und Kinder ab.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1162 vom 28.10.2020

Heute wird im Bundestag der Gesetzesentwurf für die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze beschlossen, die ab 1. Januar 2021 angehoben werden sollen. Der AWO Bundesverband kritisiert, dass die Neuberechnung der Lebenswirklichkeit der betroffenen Menschen nicht gerecht wird. Aus Sicht der Arbeiterwohlfahrt habe der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum zugunsten der betroffenen Menschen nicht voll ausgeschöpft.

Dazu erklärt AWO Bundesgeschäftsführer Jens M. Schubert: „Unterm Strich kann die vorgesehene Regelbedarfsberechnung weder überzeugen noch zufriedenstellen. Die Bundesregierung hat es leider versäumt, der Lebenswirklichkeit der Menschen bei der Regelsatzbemessung ausreichend Rechnung zu tragen. Damit wird es für die sieben Millionen Grundsicherungsbeziehenden abermals keine durchgreifenden Verbesserungen geben.“

Die Berechnung orientiere sich methodisch an dem Verfahren von vor vier Jahren, aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse seien nur halbherzig berücksichtigt worden. Die Corona-bedingten Mehrkosten, die den Menschen seit März dieses Jahres entstünden, blieben trotz des neuerlichen Lockdowns unberücksichtigt. Zudem würde der Regelsatz durch zahlreiche Streichungen systematisch heruntergerechnet. So werdeder finanzielle Handlungsspielraum der Betroffenen übermäßig eingeschränkt.

„Die Teilhabebedarfe werden größtenteils mit dem lapidaren Hinweis auf einen angeblich größeren Gestaltungsspielraum gestrichen und kommen damit im Ergebnis auch dieses Mal zu kurz“, resümiert Schubert, „Alle diese Defizite überschatten die positiven Neuerungen, wie zum Beispiel den von der AWO lange geforderten Anspruch auf Übernahme der Kosten für Schulbücher oder die erstmalige Berücksichtigung von Mobilfunkkosten. Es braucht rückwirkende Leistungen für die Corona-Mehrkosten und eine angemessene Berechnung des tatsächlichen Regelbedarfs. Hier hätte der Gesetzgeber deutlich mehr soziales Augenmaß zeigen müssen.“

Hintergrund:
Der Gesetzgeber ist zur Neuberechnung der Regelbedarfe verpflichtet, wenn die Ergebnisse der zu Grunde liegenden Statistik, der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) vorliegen. Mit dem heute verabschiedeten Regelbedarfsermittlungsgesetz wird dies für die Regelbedarfe ab 2021 umgesetzt. Die Regelsätze sollen gemeinsam mit den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie den Mehrbedarfen den existenziellen Bedarf für Leistungsberechtigte des SGB II, des SGB XII und des Asylbewerberleistungsgesetz abbilden. Die Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung steht seit Jahren in der Kritik.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 05.11.2020

Der Bundestag will heute den Gesetzentwurf für die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze beschließen. Zum 1. Januar 2021 sollen die Hartz-IV-Sätze erhöht werden.

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Die Bundesregierung hat die Chance verpasst, die Regelsätze in Hartz IV für das nächste Jahr sach- und realitätsgerecht festzulegen. Sie sind schlichtweg an der Lebenswirklichkeit vorbei berechnet. Es werden willkürlich Ausgaben, zum Beispiel für ein Kinderfahrrad, Weihnachtsbaum oder auch für Mobilität auf dem Land, aus dem in der statistischen Vergleichsgruppe ermittelten Regelbedarf gestrichen. Zudem umfasst die Vergleichsgruppe der Haushalte mit den unteren 15 Prozent der Einkommen auch Personen, die einen Anspruch auf Sozialleistungen hätten, diesen aber nicht geltend machen Für Erwachsene fehlt ein Betrag von 160 Euro im Monat. Diese Streichungen sind in der Corona-Krise umso problematischer, wenn günstige Waren knapp sind und gleichzeitig wieder viele Tafeln schließen. Deswegen fordert die Diakonie einen Corona-Zuschlag von 150 Euro für Hartz-IV-Empfänger. Auch fehlt für Armutsbetroffene in der Grundsicherung eine digitale Grundausstattung. Die Benachteiligung Einkommensarmer darf in der Corona-Pandemie nicht durch fehlende Computer verschärft werden, gerade Schulkinder müssen digital lernen können."

Etwa alle fünf Jahre werden die Hart-IV-Regelsätze neu berechnet. Dazu wird eine Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) durchgeführt, die wiederum als Grundlage für die Anpassung dient. Die mit dem vorliegenden Entwurf erfolgten Berechnungen sind aus Sicht der Diakonie Deutschland nicht transparent, in vielen Fällen nicht sachgerecht, oft unrealistisch und insgesamt methodisch falsch. Die umfassenden Mängel der im Gesetzentwurf vorgenommenen Regelbedarfsermittlung nimmt die Diakonie zum Anlass, in diesem Jahr eine grundlegende alternative Bedarfsermittlung vorzunehmen.

Weitere Informationen: https://www.diakonie.de/stellungnahmen/stellungnahme-zur-oeffentlichen-anhoerung-zum-regelbedarfs-ermittlungsgesetz

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 05.11.2020

Anlässlich der heutigen Beratung zur Anpassung der Regelsätze in der Grundsicherung im Deutschen Bundestag appelliert der Paritätische Wohlfahrtsverband an die Abgeordneten, dem vorliegenden Gesetzesentwurf nicht zu folgen und stattdessen endlich eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze zu beschließen. Die geplante Anhebung der Regelbedarfe zum 1.1.2021 um 14 Euro für (alleinstehende) Erwachsene und noch deutlich geringere Beträge für Kinder und Jugendliche sei realitätsfern, nicht bedarfsgerecht und viel zu niedrig. Der Verband wirft der Bundesregierung „statistische Trickserei und unverschämtes Kleinrechnen“ vor, Fehler und Schwächen der umstrittenen Methodik zur Regelbedarfsermittlung würden einfach fort- und festgeschrieben. Das Parlament sei nun gefordert, diesen armutspolitischem Totalausfall der Bundesregierung zu korrigieren.

Die derzeit gewährten Leistungen in Hartz IV schützen nicht vor Armut, wie der Paritätische in mehreren Expertisen nachgewiesen hat. Den Betroffenen fehle es insbesondere an Geld für eine ausgewogene, gesunde Ernährung und auch ein Mindestmaß an sozialer, politischer und kultureller Teilhabe sei entgegen der verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gewährleistet. “Alle Expert*innen sind sich einig, unter 600 Euro reicht es auf keinen Fall, um über den Monat zu kommen. Hartz IV schützt nicht vor Armut, es manifestiert sie”, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. “Es fehlt nicht an belastbaren Zahlen und Modellen. Was es braucht, ist den politischen Willen, Armut in diesem reichen Land wirklich zu verhindern“, so Schneider.

Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle müsste ein armutsfester Regelsatz 644 Euro (für alleinlebende Erwachsene) betragen. Bei den Berechnungen sind die umstrittenen und auch bereits von anderen kritisierten statistischen Manipulationen im Regelsatz herausgerechnet. Die direkten Mehrkosten zur Umsetzung des Vorschlags werden auf 14,5 Milliarden Euro geschätzt. Die nun vorgesehene Anhebung um 14 Euro für einen erwachsenen Alleinlebenden auf dann 446 Euro sei dagegen bei weitem nicht ausreichend, um das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern, wie auch andere Sozialverbände und unter anderem die Fraktionen von DIE LINKE und Bündnis 90/ Die Grünen wiederholt kritisiert haben.

Der Paritätische kritisiert, dass die Bundesregierung bisher keinerlei Bereitschaft erkennen lässt, die finanzielle und soziale Lage von Hartz IV-Beziehenden zu verbessern. Gerade in der aktuellen Krisensituation bedeute der Alltag mit Hartz IV existenzielle Not. Neben einer grundsätzlich endlich bedarfsgerechten Anhebung der Regelsätze seien daher auch sofortige finanzielle Hilfsmaßnahmen erforderlich, fordert der Verband. “Man kann es drehen wie man will, gegen Armut hilft Geld. Doch die Bundesregierung hat für die Ärmsten in diesem Land ganz offensichtlich wenig übrig. Da, wo die Bundesregierung bisher versagt, ist jetzt das Parlament gefragt”, so Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 05.11.2020

SCHWERPUNKT II: Corona-Krise

Anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte zur Familienpolitik während der Corona Pandemie fordert das ZFF krisenfeste Instrumente zur umfassenden Unterstützung zur Vereinbarkeit von Beruf und Sorgearbeit.

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Familienleben in Deutschland diskutiert der Bundestag heute Anträge der Oppositionsparteien zur Familienpolitik in Zeiten der Krise und darüber hinaus. Zur Debatte stehen Instrumente für eine bessere Vereinbarkeit, wie die Ausweitung des Anspruchs auf Kinderkrankengeld oder verlässliche Lohnentschädigungen für Eltern, deren Kinder von coronabedingten Schließungen der Betreuungseinrichtungen betroffen sind.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „In Zeiten der Corona-Pandemie zeigen sich die enormen Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit noch deutlicher. Viele Eltern sind jetzt schon vollkommen ausgebrannt. Angesichts dramatisch steigender Neuinfektionen stehen Eltern bundesweit vor der Aufgabe, die Quarantäne zu meistern, etwa wenn das Kind selbst erkrankt ist oder Kita und Schule wegen Corona-Fällen geschlossen sind. Nach wie vor übernehmen dabei Frauen den Löwenanteil der anfallenden Sorgearbeit und sind von den wirtschaftlichen Krisenauswirkungen in deutlich größerem Umfang betroffen.“

Altenkamp weiter: „Es ist an der Zeit, die Familienpolitik stärker in das Zentrum der Krisenpolitik zu rücken und die Vereinbarkeit von Sorge- und Erwerbsarbeit besser zu unterstützen. Neben den bereits beschlossenen Maßnahmen, wie der Erhöhung des Kurzarbeitergeldes oder dem Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz, wäre die von Grünen und Linken geforderte Ausweitung des Kinderkrankengeldes sehr zu begrüßen. Allerdings muss diese geschlechtergerecht ausgestaltet werden, etwa durch Anreize zur partnerschaftlichen Aufteilung der Betreuung erkrankter Kinder. Um Eltern über die Krise hinaus zu unterstützen, ist es aber dringend geboten, endlich längerfristige Maßnahmen für eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit auszubauen.“

Das Positionspapier "Fifty-Fifty?! Wie kann die partnerschaftliche Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit gelingen?" finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 28.10.2020

Der Deutsche Familienverband (DFV) fordert angesichts der heutigen Plenardebatte familienpolitische Reformen, um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Familien abzumildern.

Im Frühjahr 2020 hatte der Lockdown viele Familien hart getroffen. Zukunftsängste, erhebliche Geldsorgen sowie seelische und körperliche Erschöpfung haben den familiären Alltag über Monate geprägt.

„In der Corona-Krise haben sich Familien von der Politik enttäuscht und allein gelassen gefühlt“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes und fordert Reformen. „Familien sind das Rückgrat unseres Staates. Wer ihre Wünsche und Forderungen in der größten Krise nach Kriegsende vernachlässigt, stärkt nur die extremen Ränder unserer politischen Landschaft.“

Der DFV fordert zur Milderung der Auswirkungen der Corona-Krise auf Familien u.a. folgende Maßnahmen im Rahmen eines Solidarpaktes für Familien:

  • Regelmäßige und öffentliche Einschätzungen der aktuellen Pandemie-Auswirkungen auf Familien durch das Bundesfamilienministerium
  • Einbindung des Bundesfamilienministeriums in das „kleine Corona-Kabinett“ der Bundesregierung. Familienverbände sollten durch das Ministerium für die Lagebeurteilung einbezogen werden
  • Digitalisierung der Beantragung von Familienleistungen
  • Lohnentschädigungen für Eltern bei Ausfall des Regelbetriebs von Schulen, Kitas und Kindergärten
  • Deutliche Ausweitung der maximalen Anzahl der Krankentage pro Kind für Eltern von bisher 10 auf mindestens 30 Tage. Übersendung eines ärztlichen Attest an den Arbeitgeber erst ab dem vierten anstatt ersten Tag sowie Anhebung der Krankengeld-Altersgrenze von Kindern vom zwölften auf das vierzehnte Lebensjahr (§ 45 SGB V)
  • Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch flexible Arbeitszeitmodelle und geförderte Familienarbeitszeitkonten
  • Einführung eines Kinderfreibetrages in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung zur Entlastung von Eltern während der Zeit der Kindererziehung
  • Reform des Kindergeldes und Anpassung auf 330 Euro je Kind und Monat
  • Investitionen in den Gesundheitsschutz in Schulen, Kitas und Kindergärten zur Verminderung/Ausschluss einer Virus-Verbreitung
  • Implementierung digitaler Bildung bei der Ausbildung zukünftiger Lehrer, Unterstützung der Schulen mit finanziellen und technischen Mitteln, strukturierte Fortbildungsangebote für Schüler, ihre Eltern und Lehrer, pädagogische Lernsoftware, moderne und datenschutzsichere Lernplattformen sowie digitale Zugangsgerechtigkeit, die alle Familien bei der digitalen Bildung gleichermaßen in den Blick nimmt
  • Entlastung von Familien durch Senkung der Mehrwertsteuer auf 7 % für Kinderprodukte
  • Mutter-/Vater-Kind-Kuren sind, bevor Eltern und Kinder durch Belastung und Überforderung krank werden, die beste präventive Familien- und Gesundheitspolitik. Es muss sichergestellt werden, dass kurbedürftige Eltern die ihnen zustehenden Leistungen in der Verwaltungspraxis umfassend, zügig und in geeigneter Form erhalten
  • Notwendigkeit einer Familienverträglichkeitsprüfung von Gesetzen: Auf allen politischen Ebenen fallen regelmäßig Entscheidungen an, die den Alltag der Familien betreffen. Auf allen politischen Ebenen muss deshalb eine Familienverträglichkeitsprüfung eingeführt werden, die Vorhaben und Vorschriften darauf prüft, ob sie der Familie nutzen, ihr schaden oder sie nicht tangieren

„Ohne Familien ist kein Staat zu machen. Ohne starke Familien ist keine Krise zu überwinden“, sagt Verbandspräsident Zeh. „Familien brauchen gerade jetzt Unterstützung in der Bewältigung der Corona-Krise.“

Weitere Informationen

„Solidarpakt für Familien“: Grundsatzprogramm und Forderungen des Deutschen Familienverbandes (PDF)

Erklärfilm zur Reform des Kindergeldes

Erklärfilm zur Einführung eines Kinderfreibetrages in der Sozialversicherung

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 28.10.2020

Der Familienbund der Katholiken fordert angesichts drastisch steigender Infektionszahlen und der dazu beschlossenen Maßnahmen von Bund und Ländern die rasche Einberufung eines Nationalen Familiengipfels. „In Anbetracht eines anstehenden Teil-Lockdowns ist es dringend notwendig, die Lage von Familien und der mit ihnen eng verbundenen Institutionen wie Schulen und Kitas in einer Gesamtstrategie in dempolitischen Handeln zur Pandemiebekämpfung zu berücksichtigen“, erklärte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin. Die Forderung ist eine von insgesamt zehn, die der Verband heute erstmals vorstellte. In dem Zehn-Punkte-Plan für Familien in der Corona-Krise fordert der Verband die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern auf, Leitlinien für mehr Geld und Personal an Schulen und Kitas zu formulieren. „Sie sind seit Monaten ebenso überfällig wie eine grundlegende und einheitliche Digitalisierung von Schulen, um den Schulbetrieb auch in Phasen von möglichen Schulschließungen aufrecht erhalten zu können. Dafür braucht es auch kreative und lebensnahe Konzepte“, heißt es in dem Papier des Familienbundes der Katholiken. Hoffmann betonte: „Bei allem, was jetzt in den nächsten Wochen und Monaten auf uns zukommt, muss Familie menschlich lebbar bleiben. Dazu gehört vor allem auch, dass das Homeoffice im Fall von Schul- und Kitaschließungen durch eine finanziell unterstützte Corona-Elternzeit ersetzt wird.“

Hoffmann begrüßte, dass die Politik aus den Erfahrungen des Lockdowns im Frühjahr gelernt habe, und Schulen wie auch Kitas so lange wie möglich offenhalten wolle. „Verlässlichkeit für Familien bei der Kinderbetreuung, der frühkindlichen und schulischen Bildung ist auch in Zeiten einer Pandemie unerlässlich“, sagte er. „Eine flächendeckende Schließung der Kitas und Schulen darf sich deshalb nicht wiederholen. Bildung und Betreuung müssen krisenfest aufgestellt werden und Vorrang haben. Familien brauchen deutschlandweit ein verlässliches Schul- und Kitaangebot.“

Corona-Elternzeit und -Elterngeld statt Homeoffice

Sollten Schul-und Kitaschließungen dennoch unumgänglich werden, fordert der Familienbund der Katholiken ein grundsätzlich anderes Vorgehen als im Frühjahr: „Statt der Parallelisierung von Homeoffice, Homeschooling und Homework auf dem Rücken der Familien muss eine Corona-Elternzeit und ein daran gekoppeltes Corona-Elterngeld eingeführt werden“, sagte Hoffman. „Mütter und Väter mit Kindern bis zu 14 Jahren müssen gegenüber ihren Arbeitgebern das Recht haben, ihre Arbeitszeit so weit zu reduzieren, wie es für die Bewältigung der stark gestiegenen familiären Anforderungen nötig ist. Dazu gehört auch ein angemessenes Rückkehrrecht in den alten Arbeitsumfang und ein fortbestehender Kündigungsschutz.“ Die immensen Mehrfachbelastungen,die Familien im ersten Lockdown zu bewältigen hatten, dürften sich nicht wiederholen. „Homeoffice ist kein Betreuungsmodell und kein Ersatz für geschlossene Schulen und Kitas.“

Nach den Plänen des Familienbundes der Katholiken sollten alle Familien, die in der Corona-Krise von der Elternzeit Gebrauch machen, automatisch den Anspruch auf das Corona-Elterngeld haben. „Eltern, die sich wegen geschlossener Schulen und Kitas um ihre Kinder kümmern und dadurch Gehaltseinbußen erleiden, müssen finanziell unterstützt werden“, so Hoffmann weiter. Das Corona-Elterngeld berechnet sich als Lohnersatzleistung prozentual aus dem bisherigen Einkommen der Eltern, sollte aber mindestens 300 Euro betragen. Anders als der von der Koalition beschlossene „Kinderbonus“ wird das Corona-Elterngeld nicht mit dem Kinderfreibetrag verrechnet. „Eine solche Leistung trägt dazu bei“, so Hoffmann, „die besonderen familialen Belastungen aller Familien während der pandemiebedingten Schul- und Kitaschließungen zu kompensieren – kontinuierlich, familiengerecht und angemessen. Das würde Familien helfen und die Eltern als große unsichtbare Leistungsträger in der Corona-Krise honorieren.“

Grundlegende Korrekturen fordert der Familienbund auch beim Kurzarbeitergeld, um es an die „Lebenswirklichkeit von Familien anzupassen“: „Die Höhe des Kurzarbeitergeldes bei Arbeitnehmern muss sich an der Zahl der Kinder orientieren“, sagte Hoffmann. „Eltern mit mehreren Kindern sind auch mit höheren Ausgaben aufgrund der Lebensmittelversorgung oder auch der Größe des benötigten Wohnraumes konfrontiert. Das Kurzarbeitergeld muss der ökonomischen Lebenswirklichkeit von Familien gerecht werden und muss deshalb dringend angepasst werden. Das Kurzarbeitergeld für Eltern muss mindestens eine Höhe von 80 Prozent des Gehalts haben, nach der Kinderzahl gestaffelt sein und ab dem dritten Kind das bisherige Einkommen komplett ersetzen.“

Die bestehende Obergrenze von höchstens 35 Kinderkrankentagen pro Elternteil benachteiligt bereits heute kinderreiche Familien

Für unzureichend hält der Familienbund der Katholiken auch die jüngsten Änderungen zur Bewilligung von Kinderkrankentage für Eltern. Derzeit sind für Elternpaare jeweils fünf zusätzliche Tage vorgesehen, für Alleinerziehende zehn. „Das ist sinnvoll. Die Pandemie wird aber auch im Jahr 2021 noch nicht überwunden sein. Weil absehbar ist, dass in dieser an-gespannten Zeit viel mehr Kinder aufgrund von Erkrankungen die Schule oder die Kita nicht besuchen können, ist eine Aufstockung der Kinderkrankentage für das nächste Jahr auf 20 Kinderkrankentage für Mütter und Väter nötig. Erkrankte Kinder nicht in Kita und Schule zu schicken, trägt wesentlich zum Infektionsschutz bei. Die heute bestehende Obergrenze von höchstens 35 Kinderkrankentagen pro Elternteil benachteiligt bereits heute kinderreiche Familien ab dem dritten Kind. Das ist nicht zu rechtfertigen. Diese Regelung muss deshalb gestrichen werden.“

Den Zehn-Punkte-Plan des Familienbundes der Katholiken finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken –Bundesverband vom 29.10.2020

Heute äußern sich Bundesministerin Dr. Franziska Giffey und Bundesminister Jens Spahn in einer Pressekonferenz zur Situation von Kitas in der Corona-Pandemie. Die Arbeiterwohlfahrt fordert zu diesem Anlass bundeseinheitliche Regelungen und Schutzmaßnahmen sowie Entlastung und Unterstützung für die Kindertagesbetreuung, um Schließungen zu verhindern.

Wolfgang Stadler, Bundesvorstandsvorsitzende der AWO, erklärt dazu: „Die flächendeckenden Schließungen während des ersten Lockdowns haben viele Familien an ihre Grenzen gebracht. Wir müssen unter allen Umständen verhindern, dass sich diese Situation angesichts der verschärfenden Pandemieentwicklung wiederholt. Die Kitas müssen geöffnet bleiben.“

Zu Beginn der Pandemie waren deutschlandweit Kitas geschlossen worden, während es kaum Unterstützungsangebote für die betroffenen Familien und keine Alternativen gegeben hatte, um die verpassten Angebote frühkindlicher Bildung auszugleichen. Gleichzeitig mussten Sicherheits- und Hygienekonzepte für Kitas erst entwickelt werden, um den Betrieb wieder sicher aufnehmen zu können.

Stadler: „Seit dem ersten Lockdown haben wir viel dazu gelernt. Es gab wichtige Diskussionen und zum Beispiel mit dem Corona-Kita-Rat kommen wertvolle Impulse für die Aufrechterhaltung der Kindertagesbetreuung während der Pandemie. Jetzt ist die Zeit gekommen, dem Taten folgen zu lassen. Weder die Eltern und Kinder noch die Mitarbeitenden dürfen sich selbst überlassen werden.“

Dafür seien es bundeseinheitliche verbindliche Regelungen und umsetzbare Schutzmaßnahmen nötig. Dazu zählten laut Arbeiterwohlfahrt eine sinnvolle Teststrategie, klare Vorgaben zum Umgang mit Krankheitssymptomen und Unterstützung durch die Gesundheitsbehörden.

„Die letzten Monate haben unseren Mitarbeiter*innen sehr viel abverlangt. Wir erleben sie in ihrer Arbeit als hochengagiert und haben ihnen viel zu verdanken“, so Stadler, „Aber ihre Situation ist angespannt, Corona lässt uns den Fachkräftemangel deutlich spüren und bereits jetzt lassen sich teilweise massive Personalausfälle in den Einrichtungen verzeichnen. Wir brauchen schlicht mehr Personal, wenn wir eine pandemiekonforme Kinderbetreuung gewährleisten wollen. Für den kommenden Winter braucht es daher schnelle Lösungen, klare Regeln und Unterstützung in der Umsetzung von weiteren Maßnahmen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 16.10.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk verurteilt die geplanten deutschlandweiten Aktionen der Initiative „Querdenken 711“ vor Schulen gegen das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung auf das Schärfste. „Nach unseren Informationen sollen Kinder nächsten Montag auf dem Schulweg angesprochen, und ihnen eine unwirksame Maske mit einem Logo der Initiative und eine CO2-Messung unter dieser Maske angeboten werden, um auf die angebliche Gefährlichkeit und Unwirksamkeit der Masken hinzuweisen. Das ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes eine perfide Instrumentalisierung von Kindern zur Durchsetzung politischer Interessen. Dem muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln ein Riegel vorgeschoben werden“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Das Deutsche Kinderhilfswerk ruft alle Eltern in Deutschland dazu auf, ihre Kinder auf die geplante Aktion hinzuweisen und ihnen den Rücken zu stärken, damit sie sich nicht verunsichern lassen. Auch wenn das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung nicht immer angenehm ist, lässt uns der Infektionsschutz leider derzeit keine andere Wahl. Wir fordern die Verantwortlichen der Initiative ‚Querdenken 711‘ unmissverständlich auf: Finger weg von unseren Kindern!“, so Krüger weiter.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes muss alles dafür getan werden, damit das Recht auf Bildung in Schulen und Kitas während der Corona-Pandemie gewährleistet bleibt. Dazu gehört auch das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum, um die steigende Zahl von Infektionen zu reduzieren und somit vor allem Risikogruppen zu schützen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 05.11.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert im Vorfeld der heutigen Bund-Länder-Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder, den Interessen und Bedarfen der rund 11 Millionen Schülerinnen und Schüler in Deutschland Vorrang einzuräumen. Neben dem Gesundheitsschutz und den Interessen von Landesregierungen und Kultusbehörden müssen dabei auch soziale und kindheitspädagogische Aspekte berücksichtigt werden. Das Recht auf Bildung muss während der Corona-Pandemie gewährleistet bleiben, hier ist der Bund gefordert, die Länder und Schulträger bei der Offenhaltung der Schulen auch finanziell zu unterstützen. Die Schulträger sollten gemeinsam mit den Schulkonferenzen situationsangemessene Entscheidungen treffen können, wie sie diese finanzielle Unterstützung des Bundes einsetzen, um das Lernen in Zeiten der Pandemie weiterhin zu ermöglichen. Auch die Kitas in Deutschland brauchen Unterstützung, um ihrem Bildungsauftrag weiter nachkommen zu können.

"Mit den Geldern könnten beispielsweise alternative Räumlichkeiten für den Schulunterricht angemietet werden, um eine Entzerrung der räumlichen Enge in vielen Schulen zu ermöglichen. Und auch die Anschaffung von Luftfilteranlagen kann ein wichtiger Baustein für die Offenhaltung der Schulen sein. Das darf nicht an den Kosten scheitern", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Neben finanziellen Zusagen zur Unterstützung der Bildungseinrichtungen muss die Handlungsfähigkeit von Schulen und Kitas auch über bürokratiearme und praxisnahe Formen der Lehr- und Lerndigitalisierung und vor allem durch personelle Aufstockungen unterstützt werden. Zusätzlich muss dauerhaft gewährleistet werden, dass sich alle Beschäftigten in Schule und Kita regelmäßig und kostenfrei auf das Corona-Virus testen lassen können, auch wenn sie symptomfrei sind. Informationen über die jeweiligen Verfahrensweisen und ausgewählte Standorte für eine Testung müssen für Beschäftigte transparent und zugänglich sein. Daneben müssen alternative Modelle wie "Grüne Klassenzimmer", pädagogische Konzepte wie "Waldschulen" und "Waldkitas" oder Kooperationen mit außerschulischen Bildungseinrichtungen wie Jugendfarmen in die Überlegungen einbezogen werden.

"Wir brauchen endlich umfassende Konzepte, um bei den derzeit stark steigenden Infektionszahlen in der Fläche komplette Schließungen der Bildungseinrichtungen zu verhindern. Notwendig ist dafür ein Expertenrat mit Verantwortlichen aus Gesundheits- und Bildungsbehörden unter Einbezug von Schülerinnen und Schülern sowie von Fachkräften und Elternverbänden, um in regelmäßigen Abstimmungen und einem Erfahrungsaustausch das Ineinandergreifen von Maßnahmen sowie den gemeinsamen Umgang mit bildungspolitischen Folgen der Corona-Krise zu gewährleisten", so Hofmann.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 28.10.2020

Zum Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder ruft der Kinderschutzbund dazu auf, Kitas und Schulen offen zu halten.

Angesichts der steigenden Infektionszahlen ist der Kinderschutzbund besorgt über die Lage von Kindern und Jugendlichen. Bundeskanzlerin Merkel hat verlauten lassen, dass in den morgigen Beratungen härtere Maßnahmen zu Gunsten der Offenhaltung von Schulen und Kitas vereinbart werden müssten. Hierzu erklärt Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers:

„Die Bundeskanzlerin setzt die richtigen Prioritäten. Die Schließung von Kitas und Schulen muss – anders als im ersten Lockdown – die ultima ratio sein. Ich rufe die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten daher auf, die morgigen Beratungen in diesem Sinne zu führen und konsequent gegen die Verbreitung des Coronavirus vorzugehen. “

Der Kinderschutzbund hat Verständnis für die Herausforderungen der Güterabwägung.

„Mir ist sehr bewusst, wie existentiell Einschränkungen etwa im Bereich der Gastronomie sind. Wirtschaftliche Ausfälle können aber mit staatlichen Hilfen abgefedert werden. Eine erneute Schließung von Kitas und Schulen hingegen wird Eltern, insbesondere Mütter, erheblich belasten. Die Rechte der Kinder auf Bildung und Förderung sind dann nicht mehr garantiert. In familiären Krisensituationen kann außerdem nur ein funktionierendes soziales Netz aus Kinderärztinnen und- ärzten, Lehrerinnen und Lehrern sowie Erzieherinnen und Erziehern den Schutz von Kindern gewährleisten. “, fügt Hilgers hinzu.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V. vom 27.10.2020

Die eaf begrüßt, dass Kinderkrankentage und der Unterstützungsbedarf von Familien mit Kindern heute im Plenum des Deutschen Bundestages Thema sind. Mit einem Gesetzentwurf und zwei Anträgen sucht die Opposition nach Lösungen für Familien, die mit den derzeitigen Ansprüchen auf Kinderkrankengeld und Entschädigungen voraussichtlich nicht gut durch die Pandemie kommen werden. In den kommenden Herbst- und Wintermonaten ist mit einer weiterhin deutlich erhöhten Belastung der Eltern zu rechnen, die kranke Kinder betreuen oder Schul- und Kitaschließungen auffangen müssen.

Die Ausweitung der Kinderkrankentage ist derzeit bis Ende 2020 befristet. „Die zusätzlichen Belastungen für Familien werden nicht pünktlich zum Jahresende vorbei sein, Familien benötigen deshalb eine sichere Perspektive. Noch in diesem Jahr sollte daher beschlossen werden, dass auch in 2021 dreißig Kinderkrankentage genommen werden können“, so Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf. „Zusätzlich sollte die Attestpflicht ausgesetzt werden, um Eltern und Kinderarztpraxen gleichermaßen zu entlasten.“

Vor dem Hintergrund der wieder ansteigenden Infektionszahlen muss die Lage der Familien
stärker als zu Beginn der Pandemie in den Mittelpunkt gerückt werden. Die eaf kritisiert, dass
bei den Lockerungen des Lockdowns im Frühjahr Fitnessstudios, Friseure, Baumärkte und Anderes
Vorrang vor der Wiedereröffnung von Schulen, Kitas und Spielplätzen hatten. Kinder und
Jugendliche gehörten zu den letzten Gruppen, für die schrittweise Lockerungen beschlossen
wurden. Ihre Bedürfnisse wurden dadurch vernachlässigt, die psychosozialen Folgen fehlender
Kontakte unterschätzt und die Verschärfung von Bildungsungleichheit in Kauf genommen.
Rettungsschirme für die soziale Infrastruktur kamen zuletzt oder gar nicht. „Eine solche niedrige
Priorisierung von Familien darf sich nicht nochmal wiederholen“, so Bujard. Die eaf macht sich
deshalb dafür stark, im aktuellen Pandemiegeschehen die Aufrechterhaltung der Infrastrukturen
für Kinder und Jugendliche mit politischem Nachdruck zu unterstützen und für funktionierende
Hygienekonzepte zu sorgen.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 28.10.2020

Minijobsektor in Deutschland ist seit Arbeitsmarktreform 2003 stark gewachsen – Immer mehr Menschen üben Minijob als Zweitjob aus – Geringe Absicherung sorgt in Krisen wie der Corona-Pandemie für schnelle Jobverluste – Reform der Minijobs ist überfällig

Die Corona-Krise hat für viele geringfügig Beschäftigte, die sogenannten MinijobberInnen, gravierende Folgen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Um 850000 oder zwölf Prozent lag die Zahl der MinijoberInnen im Juni 2020 demnach niedriger als ein Jahr zuvor. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist im selben Zeitraum um lediglich 0,2 Prozent gesunken. Der entscheidende Unterschied: Beschäftige in Minijobs haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Zudem erhalten viele nur einen befristeten oder gar keinen Arbeitsvertrag. Und schließlich sind von den Einschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie vor allem Branchen mit einem hohen Anteil an Minijobs betroffen, beispielsweise das Gastgewerbe oder die Veranstaltungsorganisation. Von denjenigen, die im Jahr 2019 ausschließlich einen Minijob hatten, ist im Frühjahr 2020 fast die Hälfte keiner bezahlten Tätigkeit mehr nachgegangen.

„MinijobberInnen verlieren in einer Wirtschaftskrise vergleichsweise schnell ihre Beschäftigung, deshalb trifft sie die derzeitige Situation besonders hart – sie gehören auf jeden Fall zu den VerliererInnen der coronabedingten Rezession“, sagt Markus Grabka, Mitglied im Direktorium des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) am DIW Berlin. „Doch auch unabhängig davon ist eine Reform der Minijobs überfällig. Der Bereich der geringfügigen Beschäftigung ist in den vergangenen Jahren sehr groß geworden, und gleichzeitig hat sich oftmals die Hoffnung, Minijobs könnten eine Brücke in normale sozialversicherungspflichtige Jobs sein, nicht erfüllt“, so Grabka.

Minijobs werden häufig von Frauen ausgeübt

Insgesamt ist die Zahl der MinijobberInnen seit den Arbeitsmarktreformen Anfang des Jahrtausends enorm gestiegen: In den Jahren 2003 bis 2019 um 43 Prozent auf 7,6 Millionen, wie Grabka und seine Co-Autoren Konstantin Göbler und Carsten Braband anhand von Daten des SOEP, der Minijobzentrale und der Bundesagentur für Arbeit zeigen. Knapp 19 Prozent aller ArbeitnehmerInnen in Deutschland waren damit zum Stichtag im Juni des vergangenen Jahres geringfügig beschäftigt. Zählt man sämtliche in einem Kalenderjahr ausgeübten Minijobs, die nicht selten nur auf wenige Wochen oder Monate angelegt sind, liegt die Zahl sogar noch höher – im Jahr 2018 beispielsweise bei etwa 13 Millionen.

Besonders auffällig ist, dass immer mehr Menschen einen Minijob als Nebentätigkeit ausüben. Im Jahr 2019 traf dies auf rund drei Millionen zu, ein Anteil von 39 Prozent an allen Minijobs. Im Jahr 2003 waren es nur 17 Prozent. Offenbar sind immer mehr ArbeitnehmerInnen auf einen Hinzuverdienst in Form eines Minijobs angewiesen. Dafür spricht auch der vergleichsweise geringe Bruttolohn von rund 1700 Euro, den solche MinijobberInnen in ihrer Haupttätigkeit erhalten. Die Zahl der Personen, die einem Minijob als Haupttätigkeit nachgehen, ist hingegen zwischen 2003 und 2019 fast unverändert geblieben. Darunter befinden sich vor allem Frauen – ihr Anteil beträgt zwei Drittel. MinijobberInnen leben insgesamt häufiger in den westdeutschen Ländern und sind überdurchschnittlich oft jünger als 25 Jahre oder älter als 65 Jahre.

Absenkung der Minijobschwelle ist ein möglicher Reformschritt

Nach Ansicht der Studienautoren stellt sich angesichts des enorm gewachsenen Minijobsektors die Frage, ob diese Jobs durch die Befreiung von Steuern und Sozialabgaben überhaupt privilegiert sein sollten. Das Sprungbrett in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist ein Minijob oftmals nicht, das Problem der drohenden Altersarmut bleibt bei vielen MinijobberInnen ungelöst. Hinzu kommt, dass die Minijob-Regelungen in Kombination mit dem Ehegattensplitting und der beitragsfreien Mitversicherung für EhepartnerInnen sehr starke Anreize für verheiratete Frauen setzen, keine Beschäftigung oberhalb der Minijobgrenze aufzunehmen.

„Nötig sind Anreize, mehr Minijobs in sozialversicherungspflichtige und somit besser abgesicherte Jobs umzuwandeln“, sagt Grabka. Denkbar sei beispielsweise, die Minijobschwelle von derzeit 450 auf 300 Euro pro Monat abzusenken. Damit würde den Unternehmen immer noch ein gewisses Maß an Flexibilität zum Abarbeiten von Auftragsspitzen oder für klassische Nebentätigkeiten wie die Zeitungszustellung geboten. Außerdem sollte den Studienautoren zufolge die Sozialabgabenpflicht für Minijobs, die als Nebentätigkeit ausgeübt werden, wieder eingeführt werden – von diesem Privileg profitieren nämlich auch höhere Einkommensgruppen, die darauf gar nicht angewiesen sind.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 04.11.2020

Die Corona-Pandemie vergrößert die soziale Ungleichheit in Deutschland. Denn von Einkommensverlusten sind überdurchschnittlich oft Menschen betroffen, die schon zuvor eine schwächere Position auf dem Arbeitsmarkt hatten. So haben Personen mit Migrationshintergrund bislang häufiger an Einkommen eingebüßt als Personen ohne familiäre Zuwanderungsgeschichte. Erwerbstätige mit ohnehin niedrigen Einkommen sind stärker betroffen als solche, die bereits vor der Pandemie mehr Geld zur Verfügung hatten. Auch wer in einem atypischen oder prekären Job arbeitet, etwa als Leiharbeiter oder Minijobberin, hat im Zuge der Krise häufiger Einkommen verloren als stabil Beschäftigte. Ebenso sind Eltern öfter mit Einkommensverlusten konfrontiert als Kinderlose. Das ergibt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung auf Basis einer Panel-Befragung von mehr als 6000 Erwerbspersonen, also Erwerbstätigen sowie Arbeitslosen.*

Es zeige sich, „wie die Krise bereits bestehende soziale Ungleichheiten verschärft, da sie vor allem jene trifft, die auch vor der Krise über eher geringe Ressourcen verfügten“, schreiben Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, und ihr Ko-Autor Dr. Andreas Hövermann. Gleichzeitig machten die Befragungsdaten deutlich, dass bewährte Schutzmechanismen auch in der Ausnahmesituation der Covid-Krise funktionieren, betonen sie. So mussten Beschäftigte, die in Betrieben mit Tarifvertrag und Betriebsrat arbeiten, im Vergleich seltener auf Einkommen verzichten. Es komme auf den Zugang zu solchen Absicherungen an. Wenn der bei vielen Menschen eingeschränkt sei, könne das negative Folgen für die Demokratie haben, warnen die Wissenschaftler. Ein Indiz dafür: Befragte, die durch Einkommensverluste belastet sind, beurteilen die politische und soziale Situation in Deutschland insgesamt deutlich kritischer. Und sie zeigen sich im Durchschnitt empfänglicher für Verschwörungsmythen zur Pandemie.

Für ihre Untersuchung haben Kohlrausch und Hövermann die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung ausgewertet. Dafür wurden in zwei Wellen im April und Ende Juni jeweils mehr als 6.000 Menschen wiederholt interviewt. Die Online-Umfrage bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. Das erlaubt es, die Betroffenheit von Einkommensverlusten und die Wahrnehmung von (mangelnder) sozialer Gerechtigkeit bei der Pandemie-Abwehr detailliert auszuleuchten:

Knapp ein Drittel berichtet von Einkommensverlusten

Rund 32 Prozent der mehr als 6000 zweimal Befragten gaben an, im April und/oder im Juni durch die Pandemie Einkommenseinbußen erlitten zu haben. Im Zeitverlauf stieg der Wert von 18,5 Prozent im April auf 26 Prozent im Juni. Parallel zur Lockerung der Kontaktbeschränkungen in diesem Zeitraum sank aber gleichzeitig der Anteil der Personen, die befürchteten, in naher Zukunft Einkommen zu verlieren. Unter dem Strich sagten im April knapp 49 Prozent, sie hätten entweder bereits Einkommen eingebüßt, oder sie rechneten damit. Im Juni waren es gut 44 Prozent, was die leichte Entspannung der Situation widerspiegelt. Männer berichteten im April etwas häufiger als Frauen von Einkommenseinbußen, dieser Unterschied verliert sich aber im Zeitverlauf weitgehend.

Mit Migrationshintergrund häufiger Einbußen, Tarif und Mitbestimmung schützen

In einem zweiten Analyseschritt haben die Forscherin und der Forscher über Regressionsrechnungen für verschiedene Personengruppen untersucht, ob sie über- oder unterdurchschnittlich oft von Einkommensverlusten betroffen sind. Dabei rechneten sie Hintergrundfaktoren wie beispielsweise unterschiedliche Bildungsniveaus oder die Beschäftigung in verschiedenen Branchen heraus, so dass auch vermeintlich kleine Differenzen beim jeweiligen Merkmal eine erhebliche Bedeutung haben können.

Das gilt beispielsweise für den Migrationshintergrund: Befragte mit einer familiären Zuwanderungsgeschichte haben um knapp sechs Prozent häufiger Einkommen eingebüßt als Befragte ohne diesen Hintergrund. Ein besonders auffälliger Befund, betont WSI-Direktorin Kohlrausch: „Menschen mit Migrationshintergrund leiden spürbar häufiger finanziell unter der Pandemie, unabhängig etwa von ihrem Schulabschluss oder Qualifikationsniveau. Möglicherweise ist das ein Indiz für Diskriminierungsprozesse.“ Ebenfalls signifikant und problematisch ist nach Analyse von Kohlrausch und Hövermann, dass Eltern um sieben Prozent häufiger auf Einkommen verzichten mussten als Kinderlose.

Auch wer schon vor der Corona-Krise ein niedriges Einkommen hatte, musste dazu noch überdurchschnittlich oft Verluste verschmerzen. Wie ausgeprägt diese Belastung ist, zeigt sich, wenn man die Befragten je nach ihrem individuellen Nettoeinkommen in mehrere Gruppen einteilt. Mit absteigendem Einkommen nimmt die Quote der von Einkommensverlusten Betroffenen zu, und zwar, mit einigen Sprüngen, um durchschnittlich zwei Prozentpunkte je Gruppe. In einem leicht vereinfachten Analysemodell mit insgesamt neun Einkommensgruppen können Kohlrausch und Hövermann den Effekt noch detaillierter zeigen: So haben in der „unteren“ Einkommensgruppe mit maximal 900 Euro netto monatlich fast 48 der Befragten Einkommenseinbußen erlitten, während es in der „obersten“ Gruppe mit mehr als 4500 Euro netto knapp 27 Prozent waren (siehe Grafik in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

Über die Regressionsrechnungen lassen sich auch die Hintergründe von Einkommensverlusten analysieren: Wenig überraschend, waren Selbständige stark überdurchschnittlich betroffen, vor allem während der Geschäftsschließungen im April. Auch Arbeiterinnen und Arbeiter berichteten etwas häufiger von Einkommenseinbußen. Bei ihnen wie bei anderen abhängig Beschäftigten war Kurzarbeit ein häufiger Grund für reduzierte Einkommen – deutlich vor einem Jobverlust in der Pandemie. „Kurzarbeit ist ein sehr wertvolles Instrument, um in der Krise Beschäftigung zu sichern. Aber die Daten zeigen auch, dass die Beschäftigten dafür einen Preis zahlen“, sagt Forscher Hövermann dazu. Die Datenanalyse macht zudem deutlich, dass Erwerbstätige am deregulierten Rand des Arbeitsmarktes besonders von der Krise getroffen sind, während andererseits tarifliche Schutzmechanismen und Mitbestimmung greifen. So berichteten Befragte in Leiharbeit oder Minijobs jeweils um rund elf Prozent häufiger von Einkommensverlusten als Befragte, die nicht in Leiharbeit beschäftigt sind. Hingegen fiel das Risiko bei unbefristeter Beschäftigung oder in Unternehmen mit Tarifvertrag und Betriebsrat signifikant niedriger aus.

Menschen mit Einkommensverlust sorgen sich öfter um Demokratie – und glauben eher an Instrumentalisierung von Corona

Fragen zu Belastungen, Sorgen und individuellen Deutungen in der Corona-Krise sind ebenfalls Teil der Erwerbspersonenbefragung. Führt man die Antworten mit den Daten zu Einkommensverlusten zusammen, zeigt sich nach Analyse von Kohlrausch und Hövermann ein deutlicher Trend: Befragte, die Einkommensverluste erlitten haben, machen sich nicht nur weitaus häufiger Sorgen um ihre eigene wirtschaftliche Situation (rund 31 Prozent vs. acht Prozent bei Befragten ohne Einbußen), sie sehen auch größere Gefahren für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie in Deutschland. So sorgten sich im Juni 38 Prozent der Befragten mit und 31 Prozent ohne Einbußen um die Entwicklung der sozialen Ungleichheit im Land. 40 Prozent mit vs. 32 Prozent ohne Einkommensverluste äußerten Bedenken „dass die Einschränkungen der Grundrechte“ nach der Krise nicht vollständig zurückgenommen würden.

„Offensichtlich wird, dass sich diejenigen, die individuell negative ökonomische Krisenfolgen erlitten haben, auch in ihrem Blick auf die Gesellschaft als Ganzes von denjenigen ohne Einbußen unterscheiden – und zwar, indem sie sich deutlich sorgenvoller bis demokratiekritischer äußern“, konstatieren Kohlrausch und Hövermann. Das gehe bei manchen soweit, dass die Empfänglichkeit für Verschwörungsmythen spürbar erhöht ist. So stimmten im Juni von den Befragten mit Verlusten knapp 45 Prozent der Aussage zu: „Ich kann mir vorstellen, dass die Pandemie von Eliten benutzt wird, um die Interessen von Reichen und Mächtigen durchzusetzen.“ Unter denen, die keine Einbußen erlitten hatten, waren es 36 Prozent. Solche Werte sollten unbedingt ernst genommen werden, mahnen Kohlrausch und Hövermann: „Vor dem Hintergrund des Befundes, dass Gehaltseinbußen sowie die Wahrnehmung einer ungleichen Verteilung der Krisenlasten auch gesamtgesellschaftlich destabilisierend wirken können, ist es zentral, bei weiteren Maßnahmen zur Krisenbewältigung nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die Entwicklung der sozialen Gerechtigkeit im Blick zu haben.“

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 29.10.2020

Alle Zahlen zeigen: Partnerschaftsgewalt findet verstärkt in der Coronakrise statt. Die Beratungsanfragen beim bundesweiten Hilfetelefon liegen 20 Prozent über den Zahlen des Vorjahres. Die Berliner Gewaltschutzambulanz der Charité behandelte bereits im Juni 2020 30 Prozent mehr und schwerere Fälle als im Jahr zuvor. Für Frauen und ihre mitbetroffenen Kinder ist es umso wichtiger zu wissen, dass Beratung, Schutz und Hilfe jederzeit garantiert werden.

Die AWO hat ein Forderungspapier für die Sicherstellung der Hilfeangebote gegen Gewalt an Frauen erarbeitet. Sie fordert darin den überregionalen und schnellen Zugang zu Schutz, Hilfe und Beratung, sofortige Corona-Testmöglichkeit für Frauenhäuser und eine finanzielle Absicherung der Mehrbedarfe an Räumlichkeiten und Fachpersonal.

Wolfgang Stadler, AWO-Bundesvorsitzender, erklärt hierzu: „Gewaltbetroffene Frauen sollen die Gewissheit haben, dass sie die Gewaltsituation jederzeit verlassen können und Schutz, Hilfe und Beratung erhalten. Gewaltschutz muss durch die Gesellschaft grundsätzlich gesichert sein. Frauengewaltschutz ist systemrelevant. Dafür brauchen wir eine entsprechende Ausstattung und Unterstützung während der Pandemie.“

Steigende Infektionszahlen erschweren es vielen Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, sich über Hilfen zu informieren. Fehlende soziale Außenkontakte, die Angst vor Ansteckung und die Nähe zum gewalttätigen Partner hemmen die Entscheidung, Hilfe in Anspruch zu nehmen oder Zuflucht in einer Schutzeinrichtung zu suchen.

Die AWO als Teil des bundesweiten Gewaltschutznetzes bietet in vielen Frauenhäusern und weiteren Schutzwohnungen sowie in zahlreichen Fachberatungsstellen Unterkunft, Notfallhilfe, telefonische und digitale Beratung und Begleitung an. Allein in den Frauenhäusern der AWO finden jedes Jahr mehr als 1.500 Frauen und 1.600 Kinder Zuflucht vor häuslicher Gewalt.

Das Forderungspapier können Sie unter folgendem Link herunterladen: https://www.awo.org/frauen-muessen-vor-gewalt-geschuetzt-werden-auch-waehrend-der-corona-pandemie

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 23.10.2020

Vertreter der Bundesregierung und zivilgesellschaftlicher Organisationen kommen heute zum zwölften Integrationsgipfel zusammen. Im Zentrum der Beratungen steht die Corona- Pandemie. Dazu erklärt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie:

"Die vergangenen Monate haben gezeigt: Corona trifft die am härtesten, die ohnehin mit den größten Problemen zu kämpfen haben. Dazu zählen die Geflüchteten in den Lagern an den EU-Außengrenzen, aber auch in Deutschland, die teils noch immer in beschämenden Zuständen leben müssen. Wo Menschen auf engstem Raum leben müssen, hat das Virus leichtes Spiel. Auch deshalb müssen wir von der menschenverachtenden Politik wegkommen, eine Flucht nach Europa so beschwerlich wie möglich zu machen."

Lilie zufolge trägt die Bundesregierung mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine besondere Verantwortung, für pandemiefeste Lebensbedingungen in den Lagern zu sorgen. Das Gleiche gelte auch für die oft viel zu vollen Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland. Es ist notwendig, die Belegung in den Unterkünften so zu organisieren, dass im Infektionsfall nicht wie im Frühjahr mehrere hundert Flüchtlinge zusammen unter Quarantäne gestellt werden müssen.

Zudem sind unbedingt Kettenquarantänen zu vermeiden, wobei Flüchtlinge die Unterkünfte über Wochen nicht verlassen können.

"Wir dürfen außerdem nicht zulassen, dass Corona die bisherigen Integrationserfolge zurückwirft", betont Lilie. So würden etwa die Beschäftigungsmöglichkeiten wegen der Pandemie immer weiter eingeschränkt: "Hier braucht es dringend gemeinsame Anstrengungen von Politik und Arbeitgebern, um die Wege in den Arbeitsmarkt offen zu halten." Außerdem müssten die Menschen in den Lagern besser über die Gefahren einer Ansteckung aufgeklärt werden, ergänzt

Lilie: "Nur wer verlässliche Informationen über die Pandemie und Schutzmöglichkeiten bekommt, kann sich und andere schützen. Dazu brauchen wir eine direktere Ansprache der Menschen in ihrer jeweiligen Landessprache."

"Flüchtlingslager dürfen keine Hotspots für Corona werden", unterstreicht Lilie.

"Das Virus macht keinen Unterschied zwischen Geflüchteten und den bereits hier lebenden Menschen – wir sollten dies auch nicht tun und sie genauso gut vor der Pandemie schützen."

Hintergrund:

Deutschland ist Einwanderungsland. 21 Millionen Einwohnende sind im Laufe ihres Lebens in die Bundesrepublik eingewandert, oder ihre Eltern sind es.

Koordiniert durch die Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration erarbeitet die Bundesregierung einen neuen Nationalen Aktionsplan Integration.

Er soll bestehende Integrationsangebote bündeln, ergänzen, weiterentwickeln und steuern. Bis zum Ende der Legislaturperiode will die Bundesregierung dabei den Integrationsprozess in sogenannten Phasen Eins bis Fünf abbilden – von "Vor- Zuwanderung" im Herkunftsland über Erstintegration und Arbeitsmarkteingliederung bis zum "Zusammenwachsen" und "gesellschaftlichen Zusammenhalt".

Die Diakonie Deutschland beteiligt sich mit einem Kernvorhaben zur Internationalen Migrationssozialarbeit am NAP Integration.

Diakonietext Einwanderung und Einwanderungspolitik https://www.nationaler-aktionsplan-integration.de/napi-de

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 19.10.2020

Angesichts eines erneut drohenden Lockdowns mahnt der Paritätische Wohlfahrtsverband, hilfebedürftige Menschen in besonderen Krisensituationen nicht aus den Augen zu verlieren. Auch während eines Lockdowns müsse gewährleistet sein, dass Menschen in Not umfassende Hilfe, Beratung und Schutz erhalten. Der Verband fordert die Politik auf, alles dafür zu tun, dass entsprechende Angebote unter Wahrung des Infektionsschutzes weitgehend offen gehalten werden können und wo nötig Ausweichmöglichkeiten geschaffen werden. Auch Soforthilfen für Betroffene dürften kein Tabu mehr sein.

Der Paritätische warnt, dass in den vergangenen Monaten zwar vielfach digitale Notlösungen in der sozialen Arbeit geschaffen wurde, diese aber nicht alle Menschen erreichen und in vielen Fällen den persönlichen, “analogen” Kontakt auch nicht ersetzen können. “Viele Angebote, beispielsweise in der Gesundheitsselbsthilfe, der Schwangerschaftskonfliktberatung oder der Suchtberatung, sind inzwischen digital erreichbar und nach den letzten Monaten auch erprobt. Was für den Friseur gelten mag, ist bei der sozialen Arbeit umso offensichtlicher: Persönliche Gespräche und Präsenzkontakte sind nie vollständig durch digitale Angebote zu ersetzen. Nicht jede*r Betroffene hat den nötigen digitalen Zugang, nicht jede persönliche Krise lässt sich virtuell lösen”, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Gerade in Krisenzeiten seien einsame, kranke und psychisch belastete Menschen auf ergänzende Hilfesysteme und persönliche Kontakte angewiesen.

In vielen Fällen gehe es zudem um praktische Unterstützung und Leistungen, die nicht virtuell zu ersetzen sind, mahnt der Verband und verweist exemplarisch auf Notunterkünfte für Obdachlose, Essensausgaben der Tafeln, Rehakurse für chronisch Kranke oder auch psychiatrische Tageskliniken oder Tagespflegeeinrichtungen, die alle im Rahmen des ersten Lockdowns im Frühjahr von Schließungen bzw. massiven Einschränkungen betroffen waren. Die Folgen für die Betroffenen waren dramatisch. “Es muss sichergestellt sein, dass jeder Mensch, der Hilfe braucht, diese auch während der Corona-Pandemie erhält. Keinesfalls dürfen wir in Kauf nehmen, dass Menschen in existenzieller Not, Pflegebedürftige oder Menschen mit chronischen Erkrankungen während eines erneuten Lockdowns auf der Strecke bleiben”, so Schneider.

Der Verband appelliert an die Politik, alles dafür zu tun, dass entsprechende Hilfsangebote unter Wahrung des Infektionsschutzes weitgehend offen gehalten werden können, sei es durch Zugang zu Schnelltests und Schutzausstattung, Förderung des Ausbaus krisentauglicher, auch digitaler Angebote, finanzieller Absicherung über das Jahresende hinaus und wo nötig der Schaffung von Ausweichmöglichkeiten im Falle von temporär angeordneten Schließungen (Beispiel: Obdachlosenunterkünfte). Darüber hinaus dürften auch Soforthilfen für Betroffene kein Tabu mehr sein. “Arme Menschen müssen durch finanzielle Hilfe in die Lage versetzt werden, existenzielle Grundbedürfnisse auch während dieser Krise zu decken”, so Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 28.10.2020

SCHWERPUNKT III: Internationaler Tag zur Beseitigung von Armut

Anlässlich des morgigen Internationalen Tages zur Beseitigung von Armut fordert das ZFF verbesserte Leistungen für Familien und Kinder in prekären Lebenslagen.

Hierzu erklärt Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF: „Gerade vor dem Hintergrund steigender Infektionszahlen, neuer Kontaktbeschränkungen und der Gefahr zunehmender wirtschaftlicher und sozialer Krisenfolgen ist es unerlässlich, endlich schnelle Hilfen für arme Familien bereit zu stellen. Denn die Schwächeren in der Gesellschaft tragen derzeit eine Last, die sie kaum noch schultern können.

Viele arme Eltern sind ohnehin erschöpft, denn sie versuchen mit aller Kraft, dass ihre Kinder möglichst wenig unter ihrer Geldnot leiden. In Zeiten der Corona-Pandemie wird dies fast unmöglich. Es fehlt an Geld für neue technische Endgeräte und es fehlt an Raum für die Kinder und Jugendlichen, um in Ruhe Schularbeiten zu machen oder ungestört zu lesen. Viele Eltern fühlen sich darüber hinaus überfordert, die Aufgaben von Schule und Hort zu Hause mit ihren Kindern alleine zu bewältigen und ihre Kinder entsprechend zu fördern.“

Altenkamp fährt fort: „Angesichts der aktuellen Krisensituation muss daher sichergestellt werden, dass die Regelsätze krisenbedingt aufgestockt und alle Kinder und Jugendlichen über technische Endgeräte verfügen, die für ein reibungsloses Lernen zu Hause geeignet sind. Auch braucht es verstärkt Infrastrukturangebote, wie etwa die Familienbildung, die Familien bei der Bewältigung ihrer täglichen Aufgaben in dieser Ausnahmesituation unterstützen können.

Darüber hinaus appelliert das ZFF an die Politik, endlich konkret über eine Reform der Familienförderung nachzudenken. Seit 2009 setzt sich das ZFF gemeinsam mit einem breiten Bündnis für eine Kindergrundsicherung ein, die viele Familienleistungen bündelt, das derzeitige System vom Kopf auf die Füße stellt und alle Kinder besser fördert!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 16.10.2020

„In Deutschland hat Armut ein gravierendes Ausmaß angenommen: jedes fünfte Kind ist von Armut betroffen. Der Anteil der über 64-Jährigen, die armutsgefährdet sind, stieg in den vergangenen 15 Jahren von 11 auf 15,7 Prozent. Zugleich wächst der Besitz der Superreichen: auf der Welt gibt es nun 2.153 Milliardäre, während rund 690 Millionen Menschen hungern und ganze zwei Milliarden an Mangelernährung leiden. Bei der Armutsbekämpfung wurden keine Fortschritte gemacht, im Gegenteil – in den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der hungernden Menschen weltweit um 60 Millionen erhöht. Auch die aktuelle Corona-Krise trifft die Ärmsten am härtesten. Statt Rüstungswettlauf und Geschenke an Großkonzerne brauchen wir eine seriöse und effiziente Strategie zur Armutsbekämpfung“, erklärt Zaklin Nastic, menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des Internationalen Tages für die Beseitigung der Armut am 17. Oktober. Nastic weiter:

„Für Deutschland fordert DIE LINKE eine Erhöhung des Mindestlohns, eine sanktionsfreie Mindestsicherung und eine Mindestrente von 1050 Euro. Um dies zu finanzieren, muss abgerüstet werden, und die Superreichen müssen endlich ihren Anteil daran tragen. Aber auch weltweit brauchen wir eine Entwicklungspolitik, die soziale, wirtschaftliche und kulturelle Menschenrechte wie das Menschenrecht auf Wohnen, auf Teilhabe und auf ein würdiges Leben in den Vordergrund stellt. Die erschreckende Armutsentwicklung weltweit hat die internationale Gemeinschaft zu verantworten. Länder wie Deutschland und die USA geben Unmengen an Geld für Aufrüstung aus, während die Armutsbekämpfung auf der Strecke bleibt. In Deutschland werden für die Rettung der Lufthansa neun Milliarden Euro Steuergeld ausgegeben – ohne eine Garantie für den Erhalt von Arbeitsplätzen zu bekommen. Zugleich lässt man die Armen die Kosten der Corona-Krise tragen und die Mittelschicht verarmen. Das ist absurd, unverantwortlich und muss ein Ende haben.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 16.10.2020

Die Arbeiterwohlfahrt warnt vor einer sich verschärfenden sozialen Spaltung in Folge der Corona-Pandemie. Zum morgigen Internationalen Tag für die Beseitigung von Armut fordert sie entschlossenes Handeln der Politik. Anderenfalls drohe eine erheblich steigende Ungleichheit, so Jens M. Schubert, Bundesgeschäftsführer des Verbandes.

Bereits vor der Pandemie war jeder sechste Mensch in Deutschland von Armut bedroht oder betroffen, darunter vor allem junge Menschen, Alleinerziehende, Menschen ohne Bildungsabschluss und Erwerbslose. Zudem arbeitet etwa ein Viertel der Beschäftigten im Niedriglohnsektor und mehr als eine Million Menschen verdient sogar so wenig, dass das Gehalt mit Hartz-IV aufgestockt werden muss. Die Arbeiterwohlfahrt geht davon aus, dass das Armutsrisiko in den kommenden Monaten steigen und auf weitere Bevölkerungsgruppen übergreifen wird.

„Im Moment agieren Politik und Gesellschaft im Krisenmodus mit einem Fokus auf den akuten Problemen. Das ist auch richtig, um die alarmierende Entwicklung unter Kontrolle zu bringen. Wir beobachten aber mit Besorgnis, dass sich unter dem Radar soziale Schieflagen verschärfen, deren Folgen uns spätestens im kommenden Jahr vor große Herausforderungen stellen werden“, erklärt Schubert dazu, „Schon jetzt brechen vielerorts die Strukturen weg, um die Schutzlosesten in unserer Gesellschaft aufzufangen: Beratungsstellen, Sozialstationen oder Obdachlosenunterkünfte können nicht mehr oder nur eingeschränkt Angebote machen. Und angesichts drohender Entlassungen und ausstehender Insolvenzen wird sich die Armutslage in den nächsten Monaten dramatisch zuspitzen. Wir glauben, dass wir bald sehr viel mehr Menschen in unseren Beratungsstellen sehen werden, die bisher niemand auf dem Schirm hat.“

Die Arbeiterwohlfahrt fordert daher, die soziale Infrastruktur auf diese Entwicklung auszurichten und sich bereits jetzt mit den nötigen arbeits- und sozialpolitischen Maßnahmen zu befassen. Schubert: „Rettungsschirme bringen den Sozialstaat vielleicht durch die Krise. Wir müssen aber die sozialen Sicherungssysteme und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen viel grundlegender weiterentwickeln, wenn wir wirkungsvolle Instrumente gegen die zunehmende Armut haben wollen. Anderenfalls wird die Schere zwischen Arm und Reich noch massiver als bisher auseinanderklaffen. Das ist ein Nährboden für die Populisten am rechten Rand. Wir sind deshalb verpflichtet, uns der drohenden Entwicklung anzunehmen. Nicht nur, um individuelles Leid zu verhindern, sondern auch, um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft nicht zu gefährden.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 16.10.2020

Anlässlich des Internationalen Tages für die Beseitigung der Armut am 17.10. fordert nak-Sprecher Gerwin Stöcken, die Lebenslagen armer Menschen stärker sichtbar zu machen und ihre Perspektiven politisch besser zu berücksichtigen. Weitgehend unbemerkt habe die Coronakrise die Lebenslagen vieler Menschen zugespitzt.

Gerwin Stöcken: „Armut und soziale Ausgrenzung ist für viele Menschen in Deutschland bittere Realität. Armut bedeutet, sich ständig Sorgen um das Nötigste zu machen und irgendwie über die Runden zu kommen. Echte soziale Teilhabe ist mit Armut nicht möglich. Während die Menschen um Würde und ein Stück Normalität kämpfen, begegnet ihnen Unverständnis, Abgrenzung und Vorurteile. Allzu oft bleibt die Not der Menschen daher unsichtbar und ihre Forderungen ungehört. Die Sozialpolitik muss daher hinschauen, zuhören und handeln. Es ist auch eine Haltungsfrage, wie Politik und Gesellschaft mit ihren ärmsten Gesellschaftsmitgliedern umgeht.“

In Deutschland gilt als arm gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltseinkommens zur Verfügung hat. Aktuell ist fast jeder sechste Menschbzw. rund 13 Millionen Menschen betroffen. Während die Ungleichheit von Einkommen und Vermögen weiter steigt, hat sich die Armutslücke, also der Betrag, der armen Haushalte bis zur Armutsrisikoschwelle fehlt, in den letzten Jahren deutlich vergrößert. Auch der aktuelle Gesetzentwurf zur Regelbedarfsermittlung zementiert Armut und vergrößert die Armutslücke weiter. Hinzukommt verdeckte Armut, bei der die betroffenen Menschen von wohlfahrtsstaatlicher Unterstützung nicht erreicht werden. Die Coronakrise hat diese Situation verschärft.

„Weitgehend unbemerkt hat die Coronakrise die Lebenslagen vieler Menschen zugespitzt. Auch wenn die Bundesregierung richtige und wichtige Maßnahmen zur Abfederung der gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie beschlossen hat, wurden die Bedarfe und Lebenssituationen armer Menschen häufig zu wenig berücksichtigt. Das muss sich ändern! Daher ist es so wichtig, auch die politische Teilhabe von Menschen mit Armutserfahrung zu stärken und ihre Erfahrungen und Perspektiven bei politischen Vorhaben, während der Coronakrise aber auch darüber hinaus, systematisch einzubeziehen.“

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 16.10.2020

Im Interview gibt SOS-Schulsozialarbeiterin Anne Luther einen Einblick, wie Armut den Alltag von Kindern und Jugendlichen in Berlin-Moabit prägt.

Armut hat viele Gesichter und trifft Kinder und Jugendliche als schwächste Mitglieder der Gesellschaft besonders hart – darauf möchte SOS-Kinderdorf e.V. zum Welttag zur Beseitigung der Armut am 17. Oktober aufmerksam machen. Die aktuellen Zahlen geben Grund zur Beunruhigung: Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung prägt Armut den Alltag von mehr als einem Fünftel aller Kinder in Deutschland, das sind 21,3 Prozent bzw. 2,8 Mio. Kinder und Jugendliche unter 18. Die Corona-Pandemie verschärft die Lage zusätzlich: Geldnöte entstehen durch den plötzlichen Verlust von Arbeitsplätzen und Konflikte in Familien eskalieren auf engem Wohnraum schneller. An der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule in Berlin-Moabit erlebt Anne Luther, Schulsozialarbeiterin beim SOS-Kinderdorfverein, täglich unmittelbar die Auswirkungen von stark ausgeprägter sozialer Ungleichheit. Im Interview gibt sie einen Einblick in ihren Alltag vor Ort.

Frau Luther, welche Ausprägungen von Armut begegnen Ihnen bei Ihrer Arbeit?

Was Armut bedeutet, ist ja nicht einheitlich definiert. Wenn damit relative Einkommensarmut gemeint ist, so haben wir es als Team des sozialpädagogischen Bereichs vom SOS-Kinderdorf an der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule in Berlin-Moabit viel mit Familien zu tun, die arm sind – deren Einkommen also weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens beträgt. Kinder und Jugendliche sind nach wie vor die am häufigsten von Armut betroffene Altersgruppe. In der aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung gilt als arm, wer in einer Familie aufwächst, die Leistungen nach dem SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende – erhält. Demnach ist ein Viertel aller Berliner Kinder arm. In Berlin-Mitte, wo ich arbeite, sind es sogar 40 Prozent. Ich bevorzuge einen umfassenderen Armutsbegriff, der Lebensbereiche wie Wohnen, Ernährung, Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe einbezieht. Allen voran auch den Bereich Bildung; der Zusammenhang zwischen Bildung und Armut ist hinreichend belegt. Aus dieser Sicht ist Armut eher eine extreme Ausprägung sozialer Ungleichheit und kann sich in vielfältiger Weise zeigen: Eine Schülerin lebt mit acht Menschen auf knapp 60 Quadratmetern, ein Schüler bekommt nur in der Mensa der Schule ein warmes Mittagessen und eine weitere Schülerin schwänzt regelmäßig den Sportunterricht, weil sie sich für ihre alten Turnschuhe schämt. Hier wird deutlich: Armut beschränkt die Gestaltung des Alltags in vielen Bereichen. Armut kann beschämen, ausgrenzen und belasten. Deswegen frage ich nach den Sommerferien nicht: Wo warst du im Urlaub? Sondern: Was war gut an den Ferien? Was hat dir gefallen?

Hat Corona die Lage verschärft und wenn ja, wie genau ist das spürbar?

Viele der Jugendlichen, mit denen ich arbeite, leben in prekären sozio-ökonomischen Verhältnissen. Ihre Eltern arbeiten häufiger im Niedriglohnsektor und sind auf zusätzliche Unterstützungsangebote angewiesen. Von Hilfen wie dem Kurzarbeitergeld profitierten die meisten in der Pandemie nicht, und viele Einrichtungen wie Tafeln oder Kleiderkammern blieben geschlossen. Berlin bietet in „normalen Zeiten“ unzählige Möglichkeiten, Freizeitangebote für sehr wenig Geld oder vollkommen kostenlos zu nutzen: Bogenschießen im Jugendklub statt Tennis im Verein oder Beatboxing-Workshop in der Schule statt Geigenunterricht beim Privatlehrer. Der Zugang ist allerdings schon ohne Corona-Krise nicht ganz leicht: Anträge stellen, Nachweise erbringen, das sind durchaus Hindernisse. In der Pandemie fallen viele dieser Angebote nun gänzlich weg und somit ein Großteil der außerhäuslichen Unterstützung. Während der Schulschließungen waren viele der Jugendlichen erneut stärker benachteiligt: Zu Hause fehlt die notwendige technische Ausstattung und Unterstützung durch Lernförderung gibt es nicht. Viele Eltern sind überfordert, wenn sie plötzlich für fünf Kinder unterschiedlichen Alters die Lehrkraft sein sollen – in einer Sprache, die oft nicht ihre Muttersprache ist. Und in teils beengten Wohnverhältnissen finden diese Kinder und Jugendlichen keinen ruhigen Ort, um konzentriert zu lernen. Auch die Konflikte nehmen häufig zu, wenn Familien über viele Wochen hinweg auf engstem Raum zusammen sind. So kam es während des Lockdowns vermehrt zu Vernachlässigung und Gewalt.

Wie genau können Sie die betroffenen Kinder und deren Familien in der Schulsozialarbeit unterstützen?

Schulsozialarbeit löst nicht alle Probleme – das kann sie nicht. Sie ist jedoch auch weit mehr als die Betreuung von Jugendlichen außerhalb des Unterrichts. Häufig begegnet uns das vorurteilsbehaftete Bild der teekochenden und spielenden Schulsozialarbeiterin. Das Programm von „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“, in dem ich arbeite, ist aber viel mehr als das. Es ist zuallererst ein wirklich niedrigschwelliges Angebot der Jugendhilfe: Ich bin kontinuierlich vor Ort und kann mit den Jugendlichen in Kontakt kommen und Beziehungen aufbauen, kann auf einfachen Wegen Unterstützung anbieten oder veranlassen. Ich habe in meiner Arbeit den Anspruch, jede und jeden mit seinen Bedürfnissen ernst zu nehmen und bestmöglich zu unterstützen. Bei der Vielfalt der Beratungsanliegen ist ein gutes Netzwerk unerlässlich. Ein Träger wie SOS-Kinderdorf versammelt da schon viel Expertise unter einem Dach: Innerhalb der Schule arbeite ich im Team mit vier Erzieher*innen, darüber hinaus zum Beispiel mit den Kolleg*innen der Familien- und Erziehungsberatung oder aus unserem Jugendberatungshaus. Als die Schulen schlossen, war es nicht einfach, weiter mit den Jugendlichen und ihren Familien in Kontakt zu bleiben. Ich konnte nicht mehr im Treppenhaus fragen: Wie geht es dir? Einige meiner Jugendlichen waren zunächst vollständig von der Bildfläche verschwunden: Handynummer nicht erreichbar, E-Mailadresse nicht vorhanden – Schuldistanz total, trotz

vielfältiger digitaler Angebote. Also bin ich ganz analog auf mein Fahrrad gestiegen und habe an Haustüren geklingelt. Bei gemeinsamen Spaziergängen konnte ich mir ein Bild davon machen, wie es den Jugendlichen geht und ob es einen Hilfebedarf gibt. Ich habe Postkarten geschrieben und eine Beratungsbank im Kiez ins Leben gerufen und auf diese Weise den Kontakt aufrechterhalten.

Welche Lösungen würden Sie sich von politischen Entscheider*innen zur Bekämpfung von Kinderarmut wünschen?

Verantwortung hört nicht da auf, wo formal-rechtlich Chancengleichheit hergestellt ist. Vielmehr sollte sie da erst wirklich beginnen: bei der kontinuierlichen Überprüfung in der Praxis, ob Maßnahmen greifen und nachhaltig verändern, ob die Zielgruppen auch wirklich erreicht werden. Benachteiligte Kinder und Jugendliche haben nach der UN-Kinderrechtskonvention ein Recht auf Förderung und Teilhabe an der Gesellschaft. Zukunftsperspektiven sind für junge Menschen, die in prekären Bedingungen aufwachsen, von besonderer Bedeutung. Wir sollten uns alle die Frage stellen, ob unsere Gesellschaft es sich leisten kann, so viele junge Menschen zu verlieren – nicht nur moralisch, sondern auch wirtschaftlich. Damit das nicht passiert, brauchen wir auch in der Jugendhilfe viel mehr Ressourcen, mehr finanzielle Mittel und Personal. Nur so können wir die Angebote zur Unterstützung so vielfältig und individuell gestalten, wie die Zielgruppe es erfordert – und verdient. Das Gleiche ist nicht für jeden gleich gut. Meine Kolleg*innen und ich stellen häufig fest, dass unserer Zielgruppe vor allem die Lobby fehlt: Menschen, die sich für sie und mit ihnen stark machen, auf Missstände hinweisen. Die nicht müde werden, Armut und soziale Ungerechtigkeit zum Thema zu machen – laut und mit Nachdruck. Was nicht deutlich ausgesprochen wird, ist kein Thema – dann passiert auch nichts. Diese Lobbyarbeit können wir nicht allein leisten, hier sind wir auf Unterstützer*innen aus der Politik angewiesen.

Quelle: Pressemitteilung SOS-Kinderdorf e.V. vom 14.10.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Ministerin Giffey stellt über „Hilfesystem 2.0“ rund 3 Millionen Euro zur Verfügung

In der Sondersituation der Corona-Pandemie ist es besonders wichtig, dass gewaltbetroffene Frauen mit ihren Kindern schnell, unbürokratisch und zuverlässig Schutz und Beratung bekommen. Frauen, die zu Hause Gewalt erfahren, brauchen Rettungsanker wie das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen oder einen sicheren Zufluchtsort. Die rund 350 Frauenhäuser und über 600 Frauenberatungsstellen stehen durch die Corona-Auswirkungen wie viele andere soziale Dienste vor besonderen Herausforderungen und Belastungen. Ein besonderer Fokus der Maßnahmen des Bundesfrauenministeriums liegt deshalb darauf, die Erreichbarkeit der bestehenden Hilfsangebote auch unter den Bedingungen der COVID-19-Situation zu erhalten und zu verbessern.

Damit die Unterstützungseinrichtungen in der Coronazeit verstärkt Telefon-, Online- und Videoberatung anbieten können, hat Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey sich bereits zu Beginn der Pandemie mit Vertreterinnen des Hilfesystems für gewaltbetroffene Frauen ausgetauscht und Unterstützung zugesagt. Entstanden ist daraus das Projekt „Nachhaltiges technisches Empowerment von Fachberatungsstellen und Frauenhäusern in der Corona-Pandemie – Hilfesystem 2.0“, das von der Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK) umgesetzt wird. Das Bundesfrauenministerium fördert dabei eine bessere technische Ausstattung in Frauenhäusern und Fachberatungsstellen sowie Qualifizierungs- und Dolmetschleistungen. Dafür stehen mehr als drei Millionen Euro bereit. Die Förderung erfolgt im Bundesprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“.

Bundesfrauenministerin Giffey: „Die letzten Wochen und Monate haben deutlich gemacht, dass Frauenhäuser und Fachberatungsstellen neue und moderne Mittel brauchen, um gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder auch in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie Schutz und Hilfe zukommen zu lassen. Gemeinsam mit der Frauenhauskoordinierung e.V. knüpfen wir mit dem Projekt ‚Hilfesystem 2.0‘ an diese Anforderungen an. Wir bringen damit den Gewaltschutz ins digitale Zeitalter und machen ihn krisenfest. Die mehr als drei Millionen Euro, die im Rahmen des Bundesförderprogramms ‚Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen‘ zum Beispiel für eine bessere technische Ausstattung zur Verfügung stehen, sind ein echter Innovationsschub für die Beratungsstellen und Frauenhäuser, die nun verstärkt auf digitalen Kontakt setzen können. Damit leisten wir als Bund einen wesentlichen Beitrag dazu, dass das Hilfesystem auch in Krisenzeiten funktioniert. Ich möchte die Mitarbeitenden in den Frauenhäusern und Fachberatungsstellen ausdrücklich ermuntern, die entsprechenden Anträge einzureichen.“

Heike Herold, Geschäftsführerin der Frauenhauskoordinierung: „Trotz Corona-Lockdown haben die Frauenhäuser und Fachberatungsstellen seit Beginn der Pandemie verlässlich ihre Schutz- und Unterstützungsmöglichkeiten für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder aufrechterhalten. Sie haben Lösungen für umfangreiche Auflagen zum Infektionsschutz und teils vermehrte Hilfegesuche gefunden. Dafür gebührt ihnen hohe Anerkennung und eine Verbesserung ihrer oft desolaten Arbeitsbedingungen. Wir begrüßen sehr, dass diese systemrelevanten Einrichtungen mit dem Projekt ‚Hilfesystem 2.0‘ nun aus Bundesmittelen Unterstützung in dieser schwierigen Pandemie-Situation erhalten. Und zwar an einer Stelle, wo es angesichts der aktuellen Lage besonders wichtig ist: bei Ausstattung und Know-how für digitale Unterstützungsangebote.“

Anträge können ab sofort gestellt werden

Seit dem 15. Oktober können Frauenhäuser und Fachberatungsstellen über das Web-Portal ‚ProDaBa2020‘ nach einer Registrierung Förderanträge einreichen. Zuwendungsfähig sind Anschaffungen zur Verbesserung der technischen Ausstattung in Frauenhäusern, Frauenschutzwohnungen und Fachberatungsstellen, die aufgrund der Corona-Pandemie notwendig sind, Ausgaben für Maßnahmen zur Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die digitalen Herausforderungen durch die Pandemie sowie Honorare für die Nutzung professioneller Dolmetschdienste für die Unterstützung und Beratung von gewaltbetroffenen Frauen und Mädchen während der Corona-Pandemie. Förderanträge für die Finanzierung von technischer Ausstattung können bis zum 16. November 2020 übermittelt werden. Wird die Finanzierung von Qualifizierungs- und/oder Dolmetschleistungen beantragt, können Anträge bis zum 26. Februar 2021 eingereicht werden.

Das Projekt wird umgesetzt in enger Abstimmung mit dem Bundesverband Frauennotrufe und Frauenberatungsstellen e.V. und der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser. Weitere Informationen enthalten die Dokumente mit den Zuwendungskriterien und den Fragen und Antworten zum Projekt. Rückfragen zum Projekt beantworten die Mitarbeiterinnen der Frauenhauskoordinierung.

Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“

Das Projekt „Hilfesystem 2.0“ wird aus dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ finanziert, mit dem der Bund im Rahmen seiner Förderkompetenzen Länder und Kommunen bei der bedarfsgerechten Weiterentwicklung des Hilfesystems unterstützt. Insgesamt 120 Millionen Euro stehen für den Ausbau und die Modernisierung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen in den nächsten vier Jahren zur Verfügung. Das Bundesinnovationsprogramm ist 2019 mit der Förderung von fünf Projekten auf Bundesebene gestartet. Das Bundesfrauenministerium plant, bis 2022 jährlich zusätzlich fünf Millionen Euro für die Förderung innovativer Projekte zur Verfügung zu stellen.

Informationen zum Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ finden sich auf der Website: www.gemeinsam-gegen-gewalt-an-frauen.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.10.2020

Der Kinderzuschlag für Familien mit kleinen Einkommen wird zum 1. Januar 2021 deutlich erhöht: Er steigt von 185 Euro um 20 Euro auf bis zu 205 Euro pro Monat pro Kind. Nach dem gestern vom Bundestag beschlossenen „Zweiten Familienentlastungsgesetz“ wird das Kindergeld ab dem 1. Januar 2021 um 15 Euro erhöht. Das Kindergeld wird danach 219 Euro für das erste und zweite Kind, 225 Euro für das dritte Kind und 250 Euro ab dem vierten Kind betragen. Damit steht auch die Höhe des Kinderzuschlags von bis zu 205 Euro fest.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Der Kinderzuschlag, der zusätzlich zum Kindergeld gezahlt wird, ist eines unserer wichtigsten Instrumente im Kampf gegen Kinderarmut. Wenn Eltern mit kleinen Einkommen für die Existenzsicherung ihrer Kinder mehr brauchen, dann ist es gut und richtig, dass auch der Kinderzuschlag steigt. Deshalb haben wir im Starke-Familien-Gesetz vorgesehen, dass der Kinderzuschlag entsprechend der Entwicklung des Existenzminimums dynamisiert wird. Ab Januar 2021 haben Eltern, deren Einkommen für die ganze Familie kaum reicht, jeden Monat 20 Euro mehr pro Kind zur Verfügung. Sie erhalten den Kinderzuschlag von bis zu 205 Euro zusätzlich zum Kindergeld und zum Wohngeld. Sie können auch von den Kita-Gebühren befreit werden. Als Bundesfamilienministerin ist es eines meiner wichtigsten Ziele, jedem Kind die Chance auf ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen. Dass der Kinderzuschlag ankommt, zeigen auch die Zahlen: Seit Januar 2020 hat sich die Zahl der Kinder für die der KiZ gezahlt wird verdreifacht auf rund 900.000 Kinder. Der Anstieg bestätigt, dass die Reform des Kinderzuschlags durch das Starke-Familien-Gesetz, die Vereinfachung des Antrags und die Anpassungen im Rahmen des ,Notfall-KiZ‘ in der Corona-Zeit wirken.“

Existenzminimum und Dynamisierung des Kinderzuschlags

Der Kinderzuschlag sichert in Familien mit kleinen Einkommen gemeinsam mit dem Kindergeld und den Leistungen für Bildung und Teilhabe die Existenzgrundlage von Kindern. Im aktuellen 13. Existenzminimumbericht wird das monatliche sächliche Existenzminimum für das Jahr 2021 für Kinder mit durchschnittlich 451 Euro angegeben. Von diesem bezifferten Existenzminimum eines Kindes hängt seit der Dynamisierung des Kinderzuschlags durch das Starke-Familien-Gesetz, die zum 1. Januar 2021 das erste Mal greift, auch die Höhe des Kinderzuschlags ab. Der Höchstbetrag des Kinderzuschlags berechnet sich aus dem sächlichen Existenzminimum abzüglich des Kindergelds für das erste Kind und abzüglich des Betrags für Bildung und Teilhabe; maßgeblich sind die entsprechenden Beträge im Existenzminimumbericht.

Viele Entlastungen für Familien mit kleinen Einkommen

Der Kinderzuschlag unterstützt Eltern, die genug verdienen, um ihren eigenen Bedarf zu decken, aber deren Einkommen nicht oder nur knapp für die gesamte Familie reicht. Derzeit beträgt die Familienleistung pro Monat und Kind bis zu 185 Euro – sie wird zusätzlich zum Kindergeld gezahlt. Außerdem werden die Eltern von den Kita-Gebühren befreit und haben diverse andere finanzielle Vorzüge aus dem Bildungs- und Teilhabepaket: Das Schulbedarfspaket mit 150 Euro pro Kind pro Schuljahr, das ab 2021 auf 154,50 Euro pro Jahr erhöht wird, kostenlose Schülerfahrkarten, kostenloses Mittagessen in Kita und Schule und kostenlose Nachhilfe sowie einen monatlichen Zuschuss von 15 Euro für die Teilnahme an Sport-, Musik- oder Kunstangeboten.

Der Kinderzuschlag wurde mit dem Starke-Familien-Gesetz grundlegend ausgebaut. Auch die Anpassungen zum „Notfall-KiZ“ im Zuge der Corona-Krise helfen, dass der Kinderzuschlag bei vielen Kindern direkt ankommt. Außerdem hat sich infolge der Krise und der damit vielfach verbundenen Einkommenseinbußen der Kreis der Anspruchsberechtigten nochmals vergrößert, so dass mehr Familien Kinderzuschlag erreicht werden. Im Januar 2020 waren es noch 299.168 Kinder, die den Zuschlag erhalten haben – aktuell sind es 888.398 Kinder. Und schließlich helfen die verstärkte Bekanntmachung und die erfolgreiche Digitalisierung der Leistung, dass mehr Kinder den Kinderzuschlag bekommen. Um angesichts der anhaltenden Corona-Krise Familien mit kleinem Einkommen weiter zu unterstützen, wurde im Rahmen des Notfall-KiZ die erleichterte Vermögensprüfung im Kinderzuschlag bis 31. Dezember 2020 verlängert. Vermögen wird damit nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist.

Der Kinderzuschlag ist ein auf Dauer angelegtes Instrument – nicht zu verwechseln mit dem Kinderbonus – der Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro im Rahmen des Konjunkturpakets.

Kinderzuschlag-Anspruch prüfen und Antrag stellen

Mit dem KiZ-Lotsen der Familienkasse können Eltern und Alleinerziehende prüfen, ob der Kinderzuschlag für sie in Betracht kommt.

Fällt ihre Prüfung positiv aus, können sie den Antrag online bei der Familienkasse ausfüllen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.10.2020

Bayern ist als zehntes Bundesland der Bundesinitiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ des Bundesfamilienministeriums beigetreten. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey unterzeichnete in Berlin die entsprechende Kooperationsvereinbarung. Ab dem 01. November 2020 können somit auch in Bayern lebende Paare einen Förderantrag stellen.

„Jeder kann sich vorstellen, wie groß die Verzweiflung sein muss, wenn sich ein Paar sehnlichst ein Kind wünscht und wenn dies einfach nicht klappen will“, betont Bundesfamilienministerin Giffey anlässlich des Starts der Förderkooperation. „Deshalb ist es wichtig, dass wir ungewollt kinderlosen Paaren mehr Unterstützung anbieten und ihnen zugleich Mut machen: Kinderlosigkeit ist kein Makel, Kinderlosigkeit ist kein Tabu. Ich freue mich sehr, dass sich jetzt auch Bayern entschlossen hat, unserer Initiative beizutreten, um gemeinsam mit dem Bund Paare mit unerfülltem Kinderwunsch bei den Behandlungskosten zu entlasten. Schon körperlich und emotional ist eine solche Behandlung eine große Herausforderung. Daher sollten diese Paare nicht noch zusätzlich die hohen Kosten für die Kinderwunschbehandlungen alleine schultern. Wir können nicht garantieren, dass der Kinderwunsch so in Erfüllung gehen wird, aber wir können zumindest die finanzielle Belastung abmildern.“

Der Bund und der Freistaat Bayern gewähren heterosexuellen Paaren, die sich zur Erfüllung ihres Kinderwunsches einer Behandlung der In-vitro-Fertilisation (IVF) und Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) unterziehen müssen, ab sofort im ersten bis vierten Behandlungszyklus einen Behandlungskostenzuschuss in Höhe von bis zu 50 Prozent des verbleibenden Eigenanteils nach Abrechnung mit den Krankenkassen beziehungsweise den Beihilfestellen.

Bayerns Familienministerin Carolina Trautner unterstreicht: „Jedes Kind ist etwas Großartiges und ein Gewinn für unsere Gesellschaft. Viele Menschen erleben in ihren jungen Familien die neue Elternrolle als Bereicherung. Gleichzeitig kann ein unerfüllter Kinderwunsch für viele Paare eine starke Belastung werden. Es ist mir ein Herzensanliegen Paaren zu helfen, indem wir sie bei einer Kinderwunschbehandlung finanziell unterstützen. Mit unserem neuen Förderprogramm machen wir jetzt einen großen Schritt, um den Zugang zur Kinderwunschbehandlung zu erleichtern. Bei den ersten drei Behandlungen macht der Zuschuss pro Behandlung bis zu 900 Euro aus, wird eine vierte Behandlung notwendig verdoppeln wir den Zuschuss sogar auf bis zu 1800 Euro. Mit dieser starken finanziellen Unterstützung ermöglichen wir nun diesen Paaren sich ihren Herzenswunsch zu erfüllen.“

Gefördert werden verheiratete und nicht verheiratete Paare mit einem gemeinsamen Hauptwohnsitz in Bayern bei der ersten bis zur vierten Behandlung der In-Vitro-Fertilisation (IVF) sowie der Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI). Der Zuschuss beträgt bei der ersten bis zur dritten Behandlung bis zu 800 Euro (IVF) bzw. 900 Euro (ICSI) und bei der vierten Behandlung bis zu 1.600 Euro (IVF) bzw. 1.800 Euro (ICSI). Bund und Freistaat Bayern übernehmen jeweils die Hälfte. Die Kinderwunschbehandlung kann in Bayern oder einem angrenzenden deutschen Bundesland durchgeführt werden.

In Deutschland haben mehr als ein Drittel der Menschen zwischen 25 und 59 Jahren einen unerfüllten Kinderwunsch; nahezu jedes zehnte Paar ist auf reproduktionsmedizinische Unterstützung angewiesen, um Nachwuchs zu bekommen.

Neben Bayern beteiligen sich bereits die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen an der Bundesinitiative. Das Land Rheinland-Pfalz beabsichtigt einen Beitritt zur Bundesinitiative in 2021.

Die Bundesförderrichtlinie setzt eine Förderbeteiligung des Wohnsitz-Bundeslands des Kinderwunschpaares voraus, damit Bundes- und Landesmittel zur Auszahlung gelangen.

„Eine gute Familienpolitik muss auch jene Paare unterstützen, die gerne eine Familie gründen möchten, aber auf natürlichem Wege keine eigenen Kinder bekommen können. In dieser Legislaturperiode konnten wir bislang vier neue Förderkooperationen abschließen. Mit Rheinland-Pfalz wird im nächsten Jahr ein weiteres Land hinzukommen. Ich werbe nachdrücklich dafür, dass sich auch die verbliebenen Länder unserer Initiative anschließen, damit betroffene Paare in ganz Deutschland von den Bundes- und Landeszuschüssen profitieren können“, so Giffey.

Wie es den von ungewollter Kinderlosigkeit in Deutschland betroffenen Paaren geht und welche Hilfs- und Unterstützungsangebote sie sich wünschen, zeigt die vom Bundesfamilienministerium im September 2020 veröffentlichte Studie „Ungewollte Kinderlosigkeit 2020 – Leiden – Hemmungen – Lösungen“, die unter folgendem Link heruntergeladen werden kann: www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/ungewollte-kinderlosigkeit-2020/161020.

Der Antrag, Informationen zu den Fördervoraussetzungen sowie die Förderrichtlinien des Freistaates Bayern sind unter www.zbfs.bayern.de/foerderung/familie/kiwub/index.php abrufbar.

Informationen zur Bundesinitiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ finden Sie unter www.informationsportal-kinderwunsch.de.

Alle Ergebnisse der aktuellen Untersuchung „Ungewollte Kinderlosigkeit in Deutschland 2020“ finden Sie unter www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/neue-studie–kinderlose-frauen-und-maenner-haben-einen-hohen-informationsbedarf/160462.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.10.2020

Alle Steuerpflichtigen profitieren davon ab 2021

Der Finanzausschuss hat heute den Entwurf für das Zweite Gesetz zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen sowie den Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen abschließend beraten. Die 2./3. Lesungen im Bundestag finden morgen statt. Dazu erklären der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Andreas Jung, und die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Antje Tillmann:

Andreas Jung: „Erneut verhindern wir schleichende Steuererhöhungen durch kalte Progression. Die Anhebung der Freibeträge und die Verschiebung des Steuertarifs zu Gunsten der Steuerpflichtigen entlastet vom Azubi bis zum Unternehmer alle Steuerzahler. Es wird auch in den kommenden Jahren keine zusätzliche Belastung aufgrund der Inflationsentwicklung geben. Zudem werden das Kindergeld und der Pauschbetrag für Menschen mit Behinderung deutlich erhöht. Gemeinsam mit der bereits beschlossenen Abschaffung des Solis für die allermeisten Menschen betragen die steuerlichen Entlastungen ab dem kommenden Jahr knapp 25 Milliarden Euro jährlich. Die Bürgerinnen und Bürger haben so mehr Geld in der Tasche – und das nutzt auch wieder der Konjunktur!“

Antje Tillmann: „Neben Investitionen in die Infrastruktur wie Kindergärten und Schulen werden in dieser Legislaturperiode besonders Familien finanziell stark entlastet. Mit der nun beschlossenen weiteren Erhöhung des Kindergeldes um 15 Euro und der Anpassung der Kinderfreibeträge setzen wir ein zentrales Anliegen des Koalitionsvertrages um. Dazu haben wir aufgrund der Corona-Situation mit dem Familienbonus, der Erhöhung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende und der Verlängerung des Baukindergeldes Familien in der Krise geholfen. Mit dem Starke-Familien-Gesetz wurde bereits zuvor eine Milliarde Euro in den Kinderzuschlag investiert.

Neben der steuerlichen Entlastung für Familien war es der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch ein zentrales Anliegen, endlich die Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung zu erhöhen und somit an die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre anzupassen. Auch hier haben wir ein wichtiges Projekt des Koalitionsvertrags umgesetzt.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 28.10.2020

Zur Studie "Die stille Pandemie – Umweltgifte schädigen Kinder" durch terre des hommes erklärt Dr. Bettina Hoffmann, Sprecherin für Umweltpolitik und Umweltgesundheit:

Kinder haben das Recht, in einer sauberen Umwelt aufzuwachsen. Kein Kind darf durch schlechte Luft oder Giftstoffe in Alltagsprodukten wie Spielzeug oder Kochgeschirr vergiftet werden.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Bei ihnen wirken sich gleiche Mengen, die sie aufnehmen, auf Grund des geringen Körpergewichts besonders stark aus. Ihre gesamte Entwicklung wird jetzt und für die Zukunft beeinflusst. Für eine zunehmende Zahl von Stoffen können ohnehin keine sicheren Grenzwerte ermittelt werden. Die Konsequenz: Alle Giftstoffe müssen konsequent aus allen Alltagsgegenständen verbannt werden. Das Ziel bleibt eine giftfreie Umwelt. Dies muss die Bundesregierung auf nationaler und internationaler Ebene mit Nachdruck verfolgen.

Erneut weist die Studie darauf hin, dass nach einer Studie des Umweltbundesamts bei 97 Prozent der untersuchten deutschen Kinder Plastikinhaltstoffe im Urin nachgewiesen wurden und rund ein Fünftel der Kinder mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) belastet sind. Wir fordern die Bundesregierung auf, Chemikalien wie Bisphenol A in Kochgeschirr und Lebensmittelverpackungen oder PFC in Papier und Pappe zu verbieten.

Die Gesundheit unserer Kinder muss besser geschützt werden. Dazu zählen auch, importierte Spielzeuge und andere Alltagsgegenstände regelmäßiger als bislang auf Giftstoffe zu kontrollieren. Es muss künftig gewährleistet sein, dass Produkte bei Grenzwertüberschreitungen konsequent aus dem Verkehr gezogen werden. Dafür braucht es endlich bundeseinheitliche Leitlinien für Produktrückrufe.

Die Studie zeigt, dass unfassbare 90 Prozent aller Kinder weltweit belasteter Luft ausgesetzt sind, die über den Grenzwertempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation liegt. Das betrifft auch Deutschland in hohem Maße. Die Bundesregierung muss die deutschen Grenzwerte für Feinstaub an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation anpassen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 28.10.2020

„Pflegende Angehörige schultern die Pandemie ohne Hilfe – alleingelassen von der Bundesregierung“, bekräftigt Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE, die Ergebnisse einer Studie der Universität Bremen für die DAK Gesundheit. Zimmermann weiter:

„Pflege durch Angehörige ist eine private Hilfeleistung, aber sie darf nicht zum privaten Problem werden. Ihre Unterstützung ist eine gesellschaftliche Aufgabe, bei der die Bundesregierung nicht erst in der Pandemie versagt. Bereits im Koalitionsvertrag hatte sie ein Entlastungsbudget versprochen, in dem Leistungen gebündelt werden und flexibel eingesetzt werden können. Das hätte in der Pandemie viel Bürokratie erspart, die pflegende Angehörige jetzt noch zusätzlich belastet. Für dieses Entlastungsbudget liegen aber nicht mal Pläne der Bundesregierung vor. Die wenigen kleinen Zugeständnisse, wie die zeitweilige Anhebung des Betrags für Verbrauchsmittel, werden dem gestiegenen Bedarf bei weitem nicht gerecht.

Mehr als drei Viertel aller Menschen mit Pflegebedarf werden in Deutschland in den eigenen vier Wänden betreut, die meisten von ihnen ohne professionelle Hilfe einzig durch ihre Angehörigen. Mitten in der Pandemie wurden diese pflegenden Angehörigen ignoriert, ihre Anliegen beiseite gewischt – dabei gingen sie schon vorher an den meisten Tagen über ihr Limit hinaus. Es ist eine Schande, aber leider nicht verwunderlich, dass sich nun sogar der Gesundheitszustand vieler pflegender Angehöriger verschlechtert. Sie zahlen den Preis für den Sparkurs der Bundesregierung.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 02.11.2020

Zum Kabinettsbeschluss zum Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote erklärt der kinder- und jugendpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Matthias Seestern-Pauly:

„Seit Jahren verspricht Familienministerin Giffey den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Doch statt nach mehrfachen Ankündigungen endlich einen Gesetzentwurf hierfür vorzulegen, diskutiert die Bundesregierung weiter nur über einmalige Kostenbeteiligungen. Die Ankündigungsministerin Giffey bleibt damit nach wie vor einen Fahrplan zur Umsetzung schuldig. Denn ohne Fachkräfte lässt sich das Ziel kaum verwirklichen. Wir müssen deshalb endlich den Erzieherberuf attraktiver machen und die Ausbildung professionalisieren. Die Fachkräfteoffensive einfach einzustampfen, war ein vollkommen falsches Zeichen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 04.11.2020

Der Bundesrat hat am 6.November 2020 zu einem Gesetzentwurf Stellung genommen, mit dem die Bundesregierung das Elterngeld flexibler gestalten will.

Frühgeburten und Finanzierung

Korrekturen will die Länderkammer insbesondere bei den Regelungen zu Frühgeburten erreichen. Zwar begrüßt sie die Absicht, Eltern solcher Kinder einen längeren Leistungsbezug zu ermöglichen. Die Gewährung eines zusätzlichen Elterngeldmonates greife jedoch tief in die Systematik des Elterngeldes ein und mache das Gesetz unübersichtlich. Nach dem Willen der Länder soll daher stattdessen bei sechs Wochen vor dem errechneten Termin geborenen Kindern nicht auf den Zeitpunkt der Geburt abgestellt werden, sondern auf den Tag der Entlassung aus dem Krankenhaus. Da in diesen Fällen länger Mutterschaftsgeld bezahlt wird und der später beginnende Elterngeldbezug dann länger fortgesetzt werden kann, können betroffene Eltern dann mehr Leistungen erhalten.

Beteiligung des Bundes

Der Bundesrat fordert den Bund zudem auf, sich an den Kosten der zu Lasten der Länder und Kommunen neu geschaffenen Aufgaben zu beteiligen.

Was die Bundesregierung plant

Die während des Elterngeldbezugs und der Elternzeit zulässige Arbeitszeit soll von 30 auf 32 Wochenstunden angehoben werden. Der Partnerschaftsbonus für die parallele Teilzeit beider Eltern soll mit 24 – 32 Wochenstunden statt mit bisher 25 – 30 Wochenstunden gelten und vereinfacht werden.

Ein Antragsrecht für Eltern mit geringen selbständigen Nebeneinkünften soll diesen eine bessere Berücksichtigung ihrer Einnahmen ermöglichen. Eltern, die während des Elterngeldbezugs in Teilzeit arbeiten, müssen nur im Ausnahmefall nachträglich Nachweise über ihre Arbeitszeit erbringen. Grundsätzlich soll davon ausgegangen werden, dass sie die im Antrag angegebenen Arbeitsstunden nicht überschreiten.

Elterngeld sollen künftig nur noch Eltern erhalten, die bis zu 300.000 Euro (bisher 500.000) im Jahr verdienen. Für Alleinerziehende soll die Grenze weiterhin bei 250.000 Euro liegen.

Nächste Schritte

Die Stellungnahme des Bundesrates wurde der Bundesregierung zugeleitet, die eine Gegenäußerung dazu verfasst und dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt. Anschließend kommt das Gesetz noch einmal abschließend in den Bundesrat.

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates am 06.11.2020

Eine umfassende quantitative Angabe zum gesamten Ausmaß an Mietrückständen bei Wohn- und Gewerberaumvermietungen in Deutschland liegt der Bundesregierung nach eigenen Angaben nicht vor. Wie es in der Antwort (19/23812) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/23437) heißt, ist nach den der Bundesregierung bekannten Umfragen von Mieter- und Vermieterverbänden und nach Rückkopplung mit Mieter- und Vermieterverbänden ein nur geringer Anstieg der Mietrückstände im Wohnbereich infolge der Covid-19-Pandemie zu konstatieren. So habe beispielsweise eine Umfrage des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) ergeben, dass zwischen April und Juni 0,62 Prozent der Wohnraummietverhältnisse von Mietrückständen betroffen waren; im selben Zeitraum seien für zusätzlich 0,33 Prozent der Mietverhältnisse Stundungen beantragt worden. Die Bundesregierung begrüße die Kooperationsbereitschaft vieler Vermieterinnen und Vermieter von Wohnraum, heißt es weiter in der Antwort. Eine systematische Übersicht über entsprechende Vereinbarungen liege ihr nicht vor.

Das geringe Ausmaß an pandemiebedingten Mietausfällen bei Wohnraummieten zeigt laut Bundesregierung, dass sich die eingespielten Sozialsysteme für das Wohnen wie das Wohngeld und die Übernahme der Kosten der Unterkunft im Rahmen des Sozialgesetzbuches in Kombination mit weiteren Unterstützungsmaßnahmen in der Krise bewähren. Vor diesem Hintergrund werde auch für den weiteren Verlauf der Pandemie kein problematisches Ausmaß an Zahlungsschwierigkeiten bei Mieterinnen und Mietern erwartet. Gleichwohl beobachte die Bundesregierung weiter sorgfältig die Entwicklung zum Pandemiegeschehen und die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Über verlässliche Informationen zu pandemiebedingten Zahlungsschwierigkeiten, Mietschulden und Kündigungen bei Gewerbevermietungen verfüge die Bundesregierung nicht. Sie verfolge die Situation der Gewerbetreibenden sehr genau und prüfe ständig den Bedarf weiterer gegebenenfalls notwendiger Hilfs- und Unterstützungsleistungen.

Weiter heißt es in der Antwort, es seien derzeit keine weiteren Maßnahmen zum Schutz von Mieterinnen und Mietern von Wohnraum vor etwaigen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie geplant. Die Bundesregierung prüfe jedoch fortlaufend, ob weitere Maßnahmen zu ergreifen sind. Dies betreffe insbesondere erweiterte Unterstützungen von Gewerbemietern.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1206 vom 09.11.2020

Die Zahngesundheit bei Kindern hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren offenbar deutlich verbessert. Während laut einer Studie 1999 nur bei rund 42 Prozent der zwölfjährigen Kinder ein Gebiss ohne Karieserfahrung ermittelt wurde, lag die Zahl 2016 bei 81 Prozent, wie aus der Antwort (19/23684) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/23287) der FDP-Fraktion hervorgeht.

Damit verbunden war den Angaben zufolge auch eine erhebliche Reduktion der Karieslast. Eine starke Zunahme kariesfreier Gebisse bei zwölfjährigen zeigten auch die epidemiologischen Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe im Schuljahr 2015/2016 unter mehr als 300.000 Kindern. Demnach hatten 79 Prozent der Sechstklässler kariesfreie bleibende Gebisse.

Allerdings zeigten die Studien auch deutliche Unterschiede bei der Verbreitung von Karies zwischen Kindern aus unterschiedlichen sozialen Schichten.

Bei der fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS V) 2016 wurden erstmals Molaren-Inzisiven-Hypomineralisationen (MIH) erfasst. Dabei fand sich bei rund 29 Prozent der 12-Jährigen wenigstens ein Zahn mit MIH-Befund.

Bei 5,4 Prozent der Teilnehmer waren behandlungsbedürftige Formen der sogenannten Kreidezähne mit Defekten des Zahnschmelzes feststellbar. Die Ursachen und Wirkungszusammenhänge der MIH sind ungeklärt. Vermutet wird eine Kombination mehrerer Faktoren.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1192 vom 04.11.2020

Die FDP-Fraktion will für künftige Wahlen zum Bundestag und zum Europäischen Parlament auch 16- und 17-Jährigen das aktive Wahlrecht einräumen lassen. In einem Antrag (19/23926), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, das Alter zur Ausübung des aktiven Wahlrechts bei Wahlen zum Bundestag und zum Europaparlament auf 16 Jahre abzusenken.

Ferner wird die Bundesregierung in der Vorlage aufgefordert, "auf allen Ebenen ein Jugendparlament zu schaffen, in denen jeder Deutsche stimmberechtigt ist, der das aktive Wahlrecht dieser Ebene noch nicht erhalten hat". Zudem soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion unter anderem Jugendlichen zusätzliche Partizipationsmaßnahmen ermöglichen sowie politische Bildung in Schulen stärken.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1188 vom 04.11.2020

Aus Sicht des Petitionsausschusses verdient das ehrenamtliche Engagement von Bürgern große Anerkennung und muss auch bei der Inanspruchnahme von Elterngeld Berücksichtigung finden. Daher verabschiedete der Ausschuss in seiner Sitzung am Mittwochmorgen einstimmig die Beschlussempfehlung an den Bundestag, eine dahingehende Petition an die Bundesregierung mit dem höchsten Votum "zur Berücksichtigung" zu überweisen.

Die Petentin hatte in ihrer Eingabe verlangt, dass Aufwandsentschädigungen aus politischen oder sonstigen Ehrenämtern bei Leistungen nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz "nicht als selbständige Einkünfte bei der Berechnung des Elterngeldes herangezogen werden". Zur Begründung verweist sie darauf, dass ihre ehrenamtliche Tätigkeit als Stadt- und Kreisrätin dazu führe, dass sie weniger Elterngeld erhalte als dies der Fall wäre, wenn sie lediglich ihren Beruf als Angestellte im öffentlichen Dienst ausüben würde. Dies läge daran, dass sie als selbständig Tätige eingestuft worden sei, da die ehrenamtlichen Aufwandsentschädigungen bei der Steuererklärung als Nebeneinkünfte angegeben wurden. Ein Widerspruchsverfahren habe jedoch zu keiner anderen Entscheidung der Behörde geführt, beklagt die Petentin. Ohne steuerpflichtiges selbständiges Einkommen sei es falsch, ihr bei der Berechnung des Elterngeldes den Berechnungszeitraum für Selbständige zugrunde zu legen, schreibt sie. Dies habe auch zur Folge gehabt, dass eine tarifliche Lohnerhöhung in dem Zwölf-Monats-Zeitraum vor Geburt des Kindes nicht bei der Berechnung ihres Elterngeldes berücksichtigt worden sei.

Der Petitionsausschuss verweist in der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) darauf, dass die Frage, ob Aufwandsentschädigungen von Stadt-und Kreisräten beim Elterngeld angerechnet werden, nach dem Steuerrecht beurteilt werde. Um Ehrenämter zu fördern, unterlägen diese steuerrechtlich nur dann der Einkommenssteuer, wenn – jedenfalls im Nebenzweck – die Erzielung positiver Einkünfte erstrebt werde. Keine "Einkunftserzielungsabsicht" liegt vor, "wenn die Einnahmen in Geld oder Geldeswert lediglich dazu dienen, in pauschalierender Weise die Selbstkosten zu decken". Solange und soweit Aufwandsentschädigungen für ein kommunales Ehrenamt nicht steuerpflichtig sind, dürften diese auch nicht für das Elterngeld berücksichtigt werden, schreibt der Ausschuss.

Als Bemessungszeitraum für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit seien die zwölf Kalendermonate vor dem Geburtsmonat des Kindes maßgeblich, heißt es weiter. Abweichend davon werde bei selbstständiger Erwerbstätigkeit der Einkommensteuerbescheid des letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraums vor der Geburt des Kindes herangezogen – also in der Regel das vorangegangene Kalenderjahr. Lagen in den zwölf Monaten vor der Geburt und/oder im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum "Mischeinkünfte", das heißt Einkommen aus selbstständiger und aus nichtselbstständiger Tätigkeit vor, sei – wie bei den ausschließlich Selbstständigen – ebenfalls der letzte abgeschlossene Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes maßgeblich, "und zwar für beide Einkunftsarten", teilt der Petitionsausschuss mit.

Die Abgeordneten machen deutlich, "dass das ehrenamtliche Engagement von Bürgern unseres Staates große Anerkennung verdient". Das BMFSFJ plane derzeit eine weitere Reform des Elterngeldes. "Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, die Petition im Hinblick auf die Förderung des Ehrenamtes auch bei Inanspruchnahme von Elterngeld der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen", heißt es in der Beschlussempfehlung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1187 vom 04.11.2020

Die Enquete-Kommission "Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt" hat am Montagmittag in ihrer 27. Sitzung online über das Thema "Ausbildungsreife versus Berufswahlkompetenz" beraten. Die externen Sachverständigen plädierten dafür, die berufliche Orientierung als einen Prozess zu sehen.

Der Sachverständigen Marc Thielen (Institut für Sonderpädagogik der Leibniz Universität Hannover) erläuterte, dass "Ausbildungsreife" und "Berufswahlkompetenz" die berufliche Orientierung als ein Entwicklungsgeschehen betrachten, in dessen Vollzug definierte Standards erreicht werden sollen. Während "Ausbildungsreife" auf Alters- und Entwicklungsnormen rekurriere und Diskrepanzen zwischen dem Entwicklungsstand Jugendlicher und den Erwartungen von Ausbildungsbetrieben betrachte, gehe es bei der "Berufswahlkompetenz" mehr um Lern- und Entwicklungsaufgaben mit einem Fokus auf den Bedingungen.

Der Begriff "Ausbildungsreife" knüpfe thematisch an das ältere Konzept der Berufsreife an, sodass es um Mindestanforderungen zur Aufnahme einer Berufsausbildung gehe. Im Diskurs dominiere die individuelle Perspektive, strukturelle Fragen in Bezug auf das Berufsbildungssystem spielten kaum eine Rolle.

Bei der Berufswahlkompetenz stehe das Entwicklungsziel in Bezug auf die Berufs- und Zukunftsplanung sowie die Fähigkeiten im Fokus, die Jugendliche dafür benötigten. Bei der Orientierung bestünden keine grundsätzlichen Defizite, sondern vielmehr ungleiche Chancen zur Realisierung der beruflichen Ziele, sagte er weiter. Problematisch sei die "implizite Orientierung an linearen Entwicklungsmodellen und der "starke Fokus auf individuellen Persönlichkeitsmerkmalen" bei Vernachlässigung biographischer und sozialer Aspekte. Thielen plädierte für mehr didaktische Angebote und pädagogische Begleitung, sodass Inklusion "der Weg und das Ziel beruflicher Orientierung und Bildung" werde.

Sien-Lie Saleh vom Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) in Stuttgart sprach als Vertreterin der Bund-Länder-BA-Begleitgruppe der "Initiative Bildungsketten" zu dem Gremium. Sie verwies auf die Ergebnisse der Sinus-Jugendstudie, die ein guter Einstieg seien, um die Hauptkritikpunkte des Katalogs zur Ausbildungsreife aus dem Jahr 2004 zu betrachten. "Damals gab es ein Überangebot an Ausbildungswilligen. Bereits seit zwölf Jahren gibt es aber mehr Ausbildungsplätze als Suchende", sagte Saleh. Die Ausbildungschancen der Bewerber hingen oftmals von der Struktur der regionalen Ausbildungsangebote ab, zudem sei das Zeitfenster sich beruflich zu orientieren sehr klein: "Selbsteinschätzung muss man lernen und üben", sagte sie und empfahl, die Konzepte stärker aufeinander abzustimmen und kohärente Systeme von der Grundschule bis zum Ende der weiterführenden Schule zu nutzen.

Es sei wichtig, die berufliche Orientierung als einen Prozess zu sehen, der altersgerechte Angebote bereitstelle und regelmäßig die Selbstreflexion fördere, sagte Saleh. Insbesondere mehrwöchige Praktika könnten zu realistischen Einschätzungen beitragen. Sie betonte auch, dass bereits die frühkindliche Erziehung "starken Einfluss auf Rollenbilder" habe, sodass geeignete Formate der gendersensiblen und klischeefreien Selbsteinschätzung und Selbstreflexion bereits ab der Grundschule erprobt werden könnten. Auch eine Berufswahl-App oder webbasierte Potenzialanalyse könne die berufliche Orientierung stärken. "Berufswahlkompetenz wird ein Arbeitsleben lang benötigt", sagte sie.

Weiter sei für die Förderung des direkten Übergangs in passende Ausbildungen für möglichst viele auch eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit nötig, da viele Instrumente noch nicht bei allen Akteuren bekannt seien.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1182 vom 02.11.2020

Der Finanzausschuss hat am Mittwoch das zweite Familienentlastungsgesetz beschlossen und dabei den steuerlichen Grundfreibetrag für 2021 im Vergleich zum ursprünglichen Regierungsentwurf nochmals angehoben. Außerdem steigt das Kindergeld ab 2021 um 15 Euro im Monat. Dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (19/21988, 19/22815) stimmten in der von der Koalitionsmehrheit vorher noch in einigen Punkten geänderten Fassung die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie die AfD-Fraktion zu. Die Fraktionen von FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich.

Nach dem Entwurf soll das Kindergeld zum 1. Januar 2021 für das erste und zweite Kind jeweils 219 Euro, für das dritte Kind 225 Euro und für das vierte und für jedes weitere Kind jeweils 250 Euro pro Monat betragen. Der steuerliche Kinderfreibetrag steigt von 5.172 Euro um 288 Euro auf 5.460 Euro. Der Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf eines Kindes wird um ebenfalls 288 Euro auf 2.928 Euro erhöht, so dass sich daraus eine Anhebung der zur steuerlichen Freistellung des Kinderexistenzminimums dienenden Freibeträge von derzeit insgesamt 7.812 Euro um 576 Euro auf einen Betrag von insgesamt 8.388 Euro ergibt.

Der steuerliche Grundfreibetrag von derzeit 9.408 Euro sollte nach dem Regierungsentwurf auf 9.696 Euro angehoben werden. Aufgrund des inzwischen vorliegenden Existenzminimumberichts hoben die Koalitionsfraktionen den Betrag für 2021 um 48 Euro auf 9.744 Euro an. 2022 steigt der Grundfreibetrag wie geplant weiter auf 9.984 Euro.

Änderungen gibt es bei der Rechtsverschiebung des Einkommensteuertarifs zum Ausgleich der "kalten Progression". Diese Rechtsverschiebung beträgt im kommenden Jahr 1,52 Prozent, damit inflationsbedingte Einkommenssteigerungen nicht zu einer höheren individuellen Besteuerung führen. Sie sollte im Jahr 2022 1,52 Prozent betragen. Aufgrund der Daten des neuen 4. Steuerprogressionsberichts wurde die Rechtsverschiebung im Jahr 2022 auf 1,17 Prozent reduziert.

Die Erhöhung von Kindergeld und Freibeträgen sei eine gute Nachricht für Familien, stellte die CDU/CSU-Fraktion in der Aussprache fest. Es komme zu einer Entlastung von knapp zwölf Milliarden Euro. Die SPD-Fraktion betonte, die Anhebung des Kindergelds um 15 Euro helfe vor allem Familien mit kleinen und mittleren Einkommen. Die Entlastung falle insgesamt sogar stärker aus als vorgegeben. Die Kaufkraft werde dadurch gestärkt.

Die AfD-Fraktion bezeichnete die Erhöhung des Kindergeldes als völlig unzureichend. Die AfD-Fraktion wolle ein Familiensplitting und eine Erleichterung des Eigentumserwerbs, zum Beispiel durch eine Reduzierung der Grunderwerbsteuer.

Die FDP-Fraktion sagte zur angeblichen Überkompensation, die Erhöhung des Existenzminimums sei verfassungsrechtlich vorgeschrieben. Und die Berücksichtigung der kalten Progression beruhe auf einer Selbstverpflichtung des Deutschen Bundestages.

Die Linksfraktion kritisierte den Gesetzestitel. Es handele sich nicht um ein Gesetz zur Entlastung der Familien. Denn ausgerechnet die Familien mit Hartz 4-Leistungsbezug, in denen die Not am größten sei, hätten nichts von der Anhebung. "Da kriegt niemand einen Cent mehr", kritisierte die Linksfraktion, die sich für eine Kindergrundsicherung aussprach und einen entsprechenden Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützte.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierte, dass mit den Leistungen Familien mit hohen Einkommen gefördert würden, die das Geld nicht brauchen würden. Entlastet werden sollten jedoch nicht die Reichen, sondern kleine und mittlere Einkommensbezieher. Der Entschließungsantrag, in dem gefordert wird, an die Stelle von Kinderfreibetrag, Kindergeld, Kindergeldzuschlag und Sozialgeld eine für alle Kinder gleiche Kindergrundsicherung einzuführen, die nicht auf das Einkommen der Eltern angerechnet wird, wurde abgelehnt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1159 vom 28.10.2020

Ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel "Selbstbestimmte Lebensentwürfe stärken – Verantwortungsgemeinschaft einführen" (19/16454) war Thema einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Montag. Nach dem Willen der Abgeordneten soll der Bundestag vor dem Hintergrund der zunehmenden Vielfalt der Lebensformen und Lebensentwürfe die Bundesregierung auffordern, Möglichkeiten zu schaffen, um die Lebensrealitäten der Menschen abzubilden. Menschen, die außerhalb einer Ehe oder von Verwandtschaft Verantwortung füreinander übernehmen wollen, sollten besser anerkannt und gefördert werden, heißt es in dem Antrag. Dazu soll neben der Ehe das Modell der Verantwortungsgemeinschaft im Bürgerlichen Gesetzbuch gesetzlich verankert werden.

Die fünf Sachverständigen bewerteten den Antrag differenziert. Die Direktorin des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Familienrecht an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Nina Dethloff, erklärte, die Vielfalt der Lebens- und Familienformen sei heute größer denn je und das geltende Recht werde dieser Vielfalt nicht mehr gerecht. Es sei daher nachdrücklich zu begrüßen, wenn dem durch neue Modelle auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse Rechnung getragen würde. Dazu zähle die Schaffung einer Verantwortungsgemeinschaft. Zugleich gelte es, Regelungsmodelle anderer Länder umfassend in den Blick zu nehmen und von den Erfahrungen zu profitieren.

Auch der Hamburger Rechtsanwalt Marko Oldenburger betonte in seiner Stellungnahme, dass die Vorschläge des Antrags den sich wandelnden Lebensrealitäten einschließlich neuer, vielfältiger Lebensführungsentwürfen entsprächen. Obwohl es voraussichtlich große Anstrengungen erfordern würde, die bestehende Vielfalt der Konstellationen in ein gesetzliches Modell zu integrieren, sei die Umsetzung in Anbetracht der damit verbundenen positiven Folgen in besonderem Maße wichtig, auch, um das deutsche Recht für die sich stellenden Aufgaben zu rüsten und an die sich entwickelnden Bedürfnissen der Menschen anzupassen.

Gudrun Lies-Benachib Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Frankfurt, erklärte, der vorliegende Antrag stelle teilweise zu Recht ein Bedürfnis dafür fest, auch für nicht verwandtschaftlich oder die Ehe begründete Gemeinschaften rechtlich verbindliche Konzepte festzuschreiben. Der Vorschlag schließe eine Lücke mit Regelungsbedarf nur für neue, nicht auf die klassische Paarbeziehung zwischen Liebenden zugeschnittene Lebensgemeinschaften. Eine standesamtlich registrierte Verantwortungsgemeinschaft sei nur für Beziehungen von Menschen sinnvoll, denen nicht mit der Ehe bereits jetzt ein Regelungskonzept zur Verfügung gestellt sei, das für das Zusammenleben und die Zeit nach dem Scheitern eine gerechte Verteilung von Aufgaben und Rechten vorsehe. Eine Wahlmöglichkeit zwischen Ehe und registrierter Verantwortungsgemeinschaft in den Konstellationen, in denen Menschen auch heiraten könnten, sei in den seltensten Fällen sinnvoll oder geboten.

Matthias Dantlgraber, Bundesgeschäftsführer des Familienbunds der Katholiken, begrüßte, dass der Antrag die Bedeutung der heute vielfältigen Familie für die Gesellschaft hervorhebt. Der Familienbund unterstütze es, wenn Menschen füreinander rechtlich verbindlich Verantwortung übernehmen wollen. Er habe aber Zweifel, so Dantlgraber, ob das vorgeschlagene Rechtsinstitut der Verantwortungsgemeinschaft im Ergebnis zu mehr Verbindlichkeit in der Gesellschaft führen würde. Vielmehr sieht er bei einem unverbindlicheren Konkurrenzinstitut zur Ehe die Gefahr, dass der Staat die im Grundgesetz unter "besonderen Schutz" gestellte Ehe schwächen und den gesellschaftlichen Trend zu mehr Unverbindlichkeit aktiv verstärken und fördern würde. Vor allem aber wäre es nicht im Sinne der Kinder, für deren Entwicklung stabile Beziehungen von großer Wichtigkeit seien.

Zweifel am Sinn einer gesetzlichen Regelung äußerte auch Anatol Dutta von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Für Verantwortungsgemeinschaften jenseits der Ehe erschließe sich für ihn kein Bedarf. Statt einer "Ehe light" sollte lieber das gesetzliche Ehemodell angepasst und dessen Vor- und Nachteile besser ausgeglichen werden. In dem Modell der Verantwortungsgemeinschaft sehe er eher Gefahren, sagte Dutta. Vor allem gehe es zulasten von Frauen.

Wie es in dem Antrag unter anderem heißt, soll eine Verantwortungsgemeinschaft durch mindestens zwei oder mehrere volljährige Personen, die nicht miteinander verheiratet, verpartnert oder in gerader Linie verwandt sind, möglichst unbürokratisch geschlossen werden können. Grundvoraussetzung der Verantwortungsgemeinschaft sei ein tatsächliches persönliches Näheverhältnis. Ein Zusammenleben sei hingegen nicht erforderlich.

Die Abgeordneten fragten unter anderem nach dem Bedarf für eine solche neue Regelung und interessierten sich vor allem für die rechtliche Abgrenzung von Ehe und Verantwortungsgemeinschaft und die damit verbundenen Schutzfunktionen für die Betroffenen. Nachfragen betrafen besonders die Stellung von Kindern in solchen Gemeinschaften, das Unterhaltsrecht sowie das Erbrecht.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1178 vom 02.11.2020

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vorgelegt (19/23707). Zum Schutz von Kindern schlagen die Fraktionen dem Entwurf zufolge Gesetzesänderungen vor, die auf einem ganzheitlichen Konzept gründen, das alle beteiligten Akteure in die Pflicht nimmt. Vorgesehen sind unter anderem die Verschärfung des Strafrechts, die Erweiterung der Ermittlungsbefugnisse, eine verbesserte Qualifikation der Jugendrichterinnen und Jugendrichter sowie der Jugendstaatsanwältinnen und -staatsanwälte sowie eine stärkere Prävention.

Mit einer begrifflichen Neufassung der bisherigen Straftatbestände des "sexuellen Missbrauchs von Kindern" als "sexualisierte Gewalt gegen Kinder" soll das Unrecht dieser Straftaten klarer umschrieben werden, wie es in der Vorlage heißt. Der Entwurf schlägt vor, den bisherigen Straftatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Straftatbestände aufzuspalten, um den Deliktsbereich übersichtlicher zu gestalten und entsprechend der jeweiligen Schwere der Delikte abgestufte Strafrahmen zu ermöglichen. Sexualisierte Gewalt gegen Kinder soll künftig bereits im Grundtatbestand als Verbrechen geahndet werden. Die Verbreitung, der Besitz und die Besitzverschaffung von Kinderpornographie sollen ebenfalls als Verbrechen eingestuft werden. Mit der Schaffung einer neuen Strafnorm soll zudem das Inverkehrbringen und der Besitz von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild unter Strafe gestellt werden. Zu den weitergehende Ermittlungsbefugnisse der Strafverfolgungsbehörden gehören Anpassungen der Straftatenkataloge der Telekommunikationsüberwachung, der Onlinedurchsuchung sowie bei der Erhebung von Verkehrsdaten.

Wie es in dem Entwurf heißt, gibt es aufgrund der Bedeutung des Themas derzeit mehrere Initiativen, die Vorschläge für gesetzgeberische Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes von Kindern vor sexualisierter Gewalt beinhalten. Diese Initiativen hätten jedoch zum Teil eine andere Ausrichtung, seien in ihrer Wirkung nicht zielgenau oder blieben hinter den mit dem Entwurf vorgeschlagenen Änderungen deutlich zurück. Der Bundestag berät am Freitag erstmals über den Entwurf.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1166 vom 29.10.2020

Bei Sachverständigen stößt das geplante Gesetz der Bundesregierung zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen (19/21987, 19/22776) überwiegend auf Zustimmung. Das zeigte eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Inneres und Heimat unter der Leitung des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Jochen Haug (AfD) am Montag.

Die Mehrheit der Experten begrüßten die Gesetzesinitiative, zu der die Fraktionen von CDU/CSU und SPD noch einen umfangreichen Änderungsantrag vorgelegt hatten, als gelungenes Beispiel für andere, in Zukunft noch zu digitalisierende Verwaltungsleistungen.

So betonte etwa Uda Bastians, Beigeordnete beim Deutschen Städtetag, mit Blick auf das Onlinezugangsgesetz in ihrer Stellungnahme zunächst, Ziel aller Bemühungen um die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen sei eine "vollständige Digitalisierung". Ein "digitales Interface" für die Bürger als Nutzer reiche nicht aus, wenn anschließend die erhobenen Daten "händisch" innerhalb der Verwaltung weiterverarbeitet werden müssten. Ziel sei es, Bürgern und Behörden einen Mehrwert zu bieten. In dieser Hinsicht sei der vorliegende Entwurf für ein Digitale-Familienleistungen-Gesetz ein "Meilenstein". Es zeige exemplarisch, wie eine digitale Verwaltung aufgebaut sein solle. Allerdings monierte Bastians, dass die Vorlage des Entwurfs drei Jahre gedauerte habe. Das sei angesichts der noch zu digitalisierenden "574 Verwaltungsleistungen" viel zu lang.

Lobend äußerte sich auch Dirk Heckmann, Professor für Recht und Sicherheit der Digitalisierung an der TU München: Der Gesetzentwurf verfolge mit der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen einen wichtigen Zweck, denn diese spare Zeit, reduziere den Aufwand für Bürger und Behörden und verbessere letztlich auch die Validität der Daten. Die einzelnen Regelungen seien zudem "schlüssig und zielführend". Positiv bewertete Heckmann insbesondere die mit dem Änderungsantrag vorgesehene Möglichkeit, neben einem Bürgerkonto auch ein Organisationskonto zum Beispiel für Unternehmen oder Institutionen einzurichten. Dies trage zur Nutzerfreundlichkeit bei. Eine Inkonsistenz sah er hingegen bei der geplanten Regelung der Bekanntgabe-Fiktion. Diese sei im Entwurf und im geplanten OZG unterschiedlich geregelt und sei "zu überdenken".

Moritz Karg, Leiter des Referats Grundsatzfragen der Digitalisierung und des E-Government im Digitalisierungsministerium des Landes Schleswig-Holstein, empfahl wiederum, das vorgesehene Erfordernis einer Einwilligung für die Übermittlung personenbezogener Daten im Entwurf zu streichen. "Wenn Sie das Ziel des Gesetzes, Verwaltungsvereinfachung und Nutzerfreundlichkeit auch für Behörden, ernst nehmen, dann sollten Sie das Einwilligungserfordernis nicht aufrechterhalten", sagte Karg. Denn dieses führe zu großem Verwaltungsaufwand, da jede einzelne Stelle die Einwilligung "erhalten, vorhalten und managen" müsse. Er plädierte stattdessen dafür, für die datenschutzrechtlich geforderte Legitimation zur Datenverarbeitung eine "klare, transparente und zweckbezogenen Rechtsgrundlage" zu schaffen.

Dem widersprach Gabriel Schulz, stellvertretender Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit in Mecklenburg-Vorpommern: Die Einwilligung sei eine der grundlegenden Rechtsgrundlagen, die die Datenschutzgrundverordnung vorgebe. "Insofern gibt es keine Veranlassung, davon abzusehen." Die Regelung im Gesetzentwurf, sei "genau der richtige Kompromiss". Kontrovers beurteilten die Sachverständige auch die geplante Nutzung der Steuer-ID als zentrale Personenkennziffer, vor der Datenschützer bereits ausdrücklich warnen: So sagte auch Experte Schulz, er sehe die Bestrebungen im Zuge des geplanten Registermodernisierungsgesetzes einen einheitlichen "Identifier" einzuführen, mit Sorge. Sie würden die Gefahr "grundrechtswidrige Regelungen" bergen. Insofern sei es "fatal", dass mit dem vorliegenden Entwurf die Steuer-ID als eine bereichsübergreifende Kennung nun auch bei Familienleistungen eine Rolle spielen solle.

Diese Meinung vertrat auch der IT-Sicherheitsexperte Rainer Rehak. Als Sachverständiger für das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung übte er zudem erhebliche Kritik am Gesetzentwurf als Ganzes. Die Bundesregierung werde damit dem eigenen erklärten Anspruch nicht gerecht, "die Potentiale der Digitalisierung" heben zu wollen. Mehr noch: "Der Entwurf ist ein Beispiel, wie es nicht gemacht werden sollte". Problematisch sei bereits die Gesamtkonzeption: Mit dieser werde eine "riesige, deutsche Verwaltungsinsel" geschaffen, die aus Sicht von Datenschutz und IT-Sicherheit nicht "vertretbar" sei, bemängelte Rehak. Die Prozesse seien vor allem für die Verwaltung optimiert worden, das gehe zu Lasten der Bürger. Nichts werde kryptographisch abgesichert oder signiert. Das erschwere es, Verwaltungshandeln nachzuprüfen, etwa durch externe Audits. Auch sei eine Interoperabilität mit europäischen Verfahren nicht gewährleistet, weil der EU-Zustellstandard eDelivery "ignoriert" werde.

Eike Richter, Professor für Öffentliches Recht, Recht der Digitalisierung und IT-Sicherheitsrecht an der Akademie der Polizei in Hamburg, begrüßte zwar grundsätzlich den Gesetzentwurf und betonte, dieser gehe in die richtige Richtung. Er bemängelte jedoch, dass durch den dazu noch vorgelegten Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen auch "grundlegende" Änderungen des Onlinezugangsgesetz (OZG) quasi "Huckepack" vorgenommen würden. Angesichts der Vielzahl der Änderungen sei ein eigener Gesetzentwurf angemessen gewesen, sagte Richter. Er sprach sich angesichts verschiedener von Regelungswerke zum allgemeinen Verwaltungsrecht zudem für eine "integrierende Reform des Verwaltungsverfahrensrechts und der Digitalisierung" aus. Ohne diese drohe die Gefahr von "Inkonsistenzen und Widersprüchen", die die Umsetzung erschwerten. Das zeige auch der aktuelle Gesetzentwurf. (sas)

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1156 vom 28.10.2020

Die FDP-Fraktion will über Kinder- und Jugendwahlen informiert werden. In einer Kleinen Anfrage (19/23081) möchte sie unter anderem erfahren, mit welchen Maßnahmen und in welcher Höhe die Bundesregierung die Projekte "Juniorwahl" und "U-18-Wahl" in den vergangenen fünf Jahren strukturell und finanziell gefördert hat. Zudem fragt sie nach der Zahl der Teilnehmer bei den Projekten in den vergangenen fünf Jahren und ihrer wissenschaftlichen Evaluation.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1104 vom 16.10.2020

  • 2018 gaben 22 % der deutschen Männer an, unzufrieden mit ihrer Arbeit zu sein (EU-Durchschnitt: 17 %)
  • Gut vier von fünf Männern in Deutschland waren 2019 erwerbstätig (EU: drei von vier Männern)
  • Nur jeder zehnte erwerbstätige Mann in Deutschland arbeitete 2019 in Teilzeit, bei den Frauen war es fast jede zweite Erwerbstätige

Trotz eines im EU-Vergleich selbst in Krisenzeiten robusten Arbeitsmarktes hadern Männer in Deutschland überdurchschnittlich oft mit ihrer Arbeitssituation. Im Jahr 2018 waren rund 22% der Männer ab 16 Jahren hierzulande unzufrieden mit ihrer Arbeit, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Weltmännertags am 3. November mitteilt. Im EU-Durchschnitt waren es nur 17%. Mehr als die Hälfte der Männer in Deutschland waren mit ihrer Arbeit mittelmäßig zufrieden (55%). Hier lag der EU-Durchschnitt bei 59%. 23% gaben an, sehr zufrieden zu sein (EU: 24%).

In wirtschaftlich schwächeren EU-Staaten sind Männer mit ihrer Arbeit am unzufriedensten: Am häufigsten in Bulgarien (36 %), gefolgt von Griechenland (30%) und der Slowakei (23%). Direkt dahinter lagen Kroatien, Deutschland und Litauen mit 22%. Am geringsten war der Anteil der mit ihrer Arbeit unzufriedenen Männer in Finnland (5%) und den Niederlanden (8%). Fünf Jahre zuvor war der Anteil in Deutschland geringfügig höher: 23% zeigten sich im Jahr 2013 nicht zufrieden. Seitdem nahm der Wert in Deutschland um 1,4Prozentpunkte ab, im EU-Durchschnitt um 2,5 Prozentpunkte.

Männer in Deutschland überdurchschnittlich häufig erwerbstätig

Bei Männern in Deutschland in der Altersgruppe von 15 bis 64 Jahren betrug die Erwerbstätigenquote im Jahr 2019 rund 80%. Damit waren sie im EU-Vergleich (74%) überdurchschnittlich häufig erwerbstätig. Nur in Tschechien, den Niederlanden und Malta (jeweils 82%) war die Quote noch höher. Zum Vergleich: Frauen in Deutschland kamen auf eine Erwerbstätigenquote von 73%, die 9 Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt liegt.

In den Niederlanden arbeiteten 28% der Männer in Teilzeit – in Deutschland 10%

Hierzulande arbeiteten 10% der erwerbstätigen Männer im Jahr 2019 in Teilzeit. Damit lag Deutschland nur knapp über dem EU-Durchschnitt (9%). Der Vergleich mit den erwerbstätigen Frauen offenbart große Unterschiede: Mit 47% war knapp die Hälfte der erwerbstätigen Frauen teilzeitbeschäftigt. Das waren 15 Prozentpunkte mehr als im EU-Durchschnitt. Den höchsten Anteil in Teilzeit arbeitender Männer innerhalb der EU verzeichneten 2019 die Niederlande mit 28%. Dahinter reihten sich skandinavische Länder ein: Dänemark mit 15% sowie Schweden mit 13%. Der Anteil der in Teilzeit arbeitenden Männer stieg in den letzten zehn Jahren nur langsam – seit 2010 nahm er in Deutschland wie auch im EU-Durchschnitt um rund einen Prozentpunkt zu.

In Deutschland leben eine Million weniger Männer als Frauen

Etwas mehr als 41 Millionen Männer lebten am 30.06.2020 in Deutschland. Zum gleichen Zeitpunkt gab es rund 1 Millionen Frauen mehr in Deutschland. Das Durchschnittsalter der Männer in Deutschland betrug 43,2 Jahre zum Jahresende 2019. Frauen waren im Schnitt 2,6 Jahre älter, ein Grund dafür ist die längere Lebenserwartung.

Methodische Hinweise:
Die Daten zum EU-Durchschnitt beziehen sich auf die Europäische Union mit 28 EU-Staaten.

Weitere Informationen:
Europa in Zahlen

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 02.11.2020

Im Jahr 2030 wird es in Deutschland voraussichtlich mehr Erwerbspersonen im Alter von 65 bis 74 Jahren als im Alter unter 20 Jahren geben. Nach der Erwerbspersonenvorausberechnung 2020 werden zu Beginn des kommenden Jahrzehnts 1,5 bis 2,4 Millionen Erwerbspersonen 65 bis 74 Jahre und nur etwa 1,1 Millionen 15 bis 19 Jahre alt sein. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, werden im Jahr 2060 voraussichtlich 1,2 bis 2,2 Millionen Erwerbspersonen zur älteren und 1,0 bis 1,1 Millionen zur jüngeren Altersgruppe gehören. 2019 umfassten beide Gruppen jeweils 1,2 Millionen Erwerbspersonen.

Zur starken Zunahme der Zahl älterer Erwerbspersonen (Erwerbstätige und Erwerbslose) auf 2,4 Millionen im Jahr 2030 beziehungsweise 2,2 Millionen im Jahr 2060 kommt es, wenn zwei Annahmen eintreten: Erstens müsste sich die in den vergangenen 20 Jahren beobachtete allgemeine Zunahme der Erwerbsbeteiligung fortsetzen, zweitens müssten insbesondere die Erwerbsquoten der Älteren durch die bis zum Jahr 2031 vorgesehene stufenweise Verschiebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre weiter ansteigen.

Die Erwerbsquoten der jüngeren Altersgruppe werden sich nach allen Annahmen dagegen ähnlich der Entwicklung der vergangenen zehn Jahre kaum verändern.

Künftige Entwicklung von Zuwanderung und Erwerbsverhalten beeinflusst

Die Gesamtzahl der Erwerbspersonen zwischen 15 und 74 Jahren in Deutschland wird – je nach zugrundeliegenden Annahmen – von 43,6 Millionen im Jahr 2019 mindestens auf 41,5 Millionen und höchstens auf 33,3 Millionen im Jahr 2060 abnehmen. Ein geringer Rückgang um etwa 2 Millionen auf 41,5 Millionen Erwerbspersonen setzt neben einer dauerhaft hohen Nettozuwanderung aus dem Ausland von über 300000 Personen pro Jahr auch eine weitere Zunahme der Erwerbsbeteiligung – bei Frauen stärker als bei Männern – voraus. Bei einer niedrigen Nettozuwanderung von 150000 Personen pro Jahr und einem stagnierenden Erwerbsverhalten ist dagegen mit einem Rückgang der Erwerbspersonenzahl um etwa 10Millionen auf 33,3 Millionen zu rechnen.

Babyboom-Generation scheidet in den kommenden Jahren aus dem Erwerbsleben aus

Die Hauptursache für das Sinken der Erwerbspersonenzahl ist das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1970 aus dem erwerbsfähigen Alter in den kommenden 25 Jahren. Ohne Nettozuwanderung würde die Erwerbspersonenzahl bis 2060 je nach Erwerbsverhalten auf knapp 28,2 bis 30,6 Millionen fallen.

Erwerbspersonenzahl sinkt in Ostdeutschland stärker als in Westdeutschland

Im Jahr 2019 betrug die Zahl der Erwerbspersonen in den westdeutschen Bundesländern 35,3 Millionen und in den ostdeutschen Bundesländern 8,3 Millionen. Anders als im Westen Deutschlands ist im Osten bereits heute die Erwerbspersonenzahl rückläufig. Diese Unterschiede werden sich auch künftig zeigen. Die Zahl der Erwerbspersonen wird im Osten bis 2060 voraussichtlich um 12 % bis 28 % sinken, wohingegen der Rückgang im Westen zwischen 3% und 22% betragen dürfte.

Methodische Hinweise:

Die Erwerbspersonenvorausberechnung (EPV 2020) reicht bis 2060 und umfasst sechs Varianten, die sich durch ihre Annahmen zur künftigen Nettozuwanderung nach Deutschland und zum Erwerbsverhalten unterscheiden. Die Annahmen zur moderaten Entwicklung der Geburtenhäufigkeit und der Lebenserwartung sind in allen Varianten gleich und stammen gemeinsam mit der niedrigen, moderaten und hohen Wanderungsannahme aus der 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung.

Zum künftigen Erwerbsverhalten wurden auf Basis der Ergebnisse des Mikrozensus 2016 bis 2019 zwei Annahmen getroffen. In den Varianten mit einer hohen Erwerbsbeteiligung steigen die Erwerbsquoten vor allem der Frauen und der älteren Bevölkerung, wenngleich nicht so stark wie bisher. Für die Varianten mit einer niedrigen Erwerbsbeteiligung wurden die alters- und geschlechtsspezifischen Erwerbsquoten 2017 bis 2019 für den gesamten Berechnungszeitraum konstant gehalten.

Die Erwerbspersonen setzen sich aus Erwerbstätigen und Erwerbslosen nach dem Erwerbsstatuskonzept der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zusammen.

Die EPV 2020 ist keine Prognose. Sie zeigt, wie sich die Zahl der Erwerbspersonen entwickeln würde, wenn die Annahmen über die Entwicklung des Bevölkerungsstandes und des Erwerbsverhaltens eintreten würden. Insbesondere aufgrund des auch für die Zukunft zu erwartenden volatilen Wanderungsgeschehens und möglicher künftiger Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt können ihre Ergebnisse mehr oder weniger stark von der tatsächlichen Entwicklung der Erwerbspersonenzahl abweichen.

Weitere Informationen:

Eine ausführliche Darstellung der künftigen Entwicklung der Erwerbspersonenzahl in Deutschland enthält der Tabellenband "Erwerbspersonenvorausberechnung 2020".

Informationen zur 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. bieten die Übersichtsseite zur Pressekonferenz am 27. Juni 2019 sowie die Sonderseite „Demografischer Wandel“.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 02.11.2020

Knapp 6,9Millionen Menschen in Deutschland haben zum Jahresende 2019 Leistungen der sozialen Mindestsicherung erhalten. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren das 4,7% weniger als Ende 2018, als rund 7,2 Millionen Menschen Leistungen der sozialen Mindestsicherung bezogen. Gemessen an der Gesamtbevölkerung sank der Anteil der Leistungsempfängerinnen und -empfänger von 8,7% zum Jahresende 2018 auf 8,3% zum Jahresende 2019. Das ist die bisher niedrigste Mindestsicherungsquote seit Beginn der Berechnungen im Jahr 2006.

Die Transferleistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme sind finanzielle Hilfen des Staates, die zur Sicherung des grundlegenden Lebensunterhalts dienen. Dazu zählen folgende Leistungen:

  • Gesamtregelleistungen (ArbeitslosengeldII/Sozialgeld) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGBII„Grundsicherung für Arbeitsuchende“, sogenanntes Hartz IV) erhielten Ende 2019 knapp 5,3Millionen Menschen. Gegenüber dem Vorjahr sank die Zahl der Regelleistungsberechtigten damit um 5,6%.
  • Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach SGBXII„Sozialhilfe“ bezogen knapp 1,1Millionen Menschen. Die Zahl stieg damit leicht um 0,6%.
  • Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)bekamen rund 385000 Menschen. Dies entspricht einem Rückgang um 6,3%.
  • Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungennach SGBXII „Sozialhilfe“ bezogen rund 113000 Menschen. Das waren 6,7% weniger als im Vorjahr.

Überdurchschnittlicher Rückgang der Leistungsempfängerzahl in Ostdeutschland

Mit einem Minus von 6,9% sank die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger sozialer Mindestsicherungsleistungen in den östlichen Bundesländern wie in den Vorjahren stärker als in den westlichen Bundesländern. In Westdeutschland waren 4,0% weniger Menschen als im Jahr zuvor auf entsprechende Leistungen angewiesen.

Niedrigste Mindestsicherungsquote seit Beginn der Berechnungen

Der Anteil der Empfängerinnen und Empfänger sozialer Mindestsicherungsleistungen an der Gesamtbevölkerung (Mindestsicherungsquote) ging seit dem Jahr 2015 kontinuierlich zurück und erreichte am Jahresende 2019 mit 8,3% einen neuen Tiefstand. In Ostdeutschland (einschließlich Berlin) ist erstmals weniger als jede zehnte Person (9,9%) auf soziale Mindestsicherungsleistungen angewiesen. In Westdeutschland sank der Anteil auf 7,9%.

Wie schon 2017 und 2018 war die Mindestsicherungsquote Ende 2019 in Bremen mit 17,3% am höchsten, gefolgt von den beiden weiteren Stadtstaaten Berlin (16,0%) und Hamburg (12,6%) sowie dem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen (10,9%). Durchgehend seit dem Beginn der Berechnungen ab dem Jahresende 2006 wiesen Ende 2019 Bayern (4,3 %) und Baden-Württemberg (5,1 %) die niedrigsten Anteile der Empfängerinnen und Empfänger sozialer Mindestsicherungsleistungen auf.

Weitere Informationen:

Tabellen und Informationen zu den Mindestsicherungsleistungen in Deutschland – unter anderem nach Leistungssystemen – für die Berichtsjahre2006 bis2019 sowie Daten zu weiteren Armuts- und Sozialindikatoren stehen im Internetangebot der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder zur Verfügung.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 30.10.2020

Zwei Drittel aller Männer, die 2019 Vater eines Kindes wurden, waren zwischen 29 und 39 Jahre alt (66 %); lediglich 6% waren älter als 44 Jahre. Bei den Müttern waren 65% zwischen 29 und 39 Jahre alt und 0,3% älter als 44 Jahre. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) und das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) auf Basis einer neuen Studie zu Vaterschaften mitteilen, stieg seit 1991 das durchschnittliche Alter der Väter bei der Geburt eines Kindes um 3,6 Jahre auf 34,6Jahre. Auch die Mütter der 2019 geborenen Kinder waren mit 31,5 Jahren im Durchschnitt 3,6 Jahre älter als die Mütter der Babys im Jahr 1991 (27,9 Jahre).

Bei Erstgeborenen waren die Väter im Durchschnitt 33 Jahre und die Mütter 30 Jahre alt

Väter von Erstgeborenen (der Mutter) waren im Jahr 2019 im Durchschnitt 33,1 Jahre alt. Bei Frauen, die 2019 zum ersten Mal Mutter wurden, betrug das Durchschnittsalter 30,1Jahre. Die Eltern der Zweitgeborenen waren jeweils um 2 Jahre älter: 35,2 beziehungsweise 32,2 Jahre. Beim dritten Kind (der Mutter) betrug das durchschnittliche Alter der Väter 36,6 Jahre und das der Mütter 33,2 Jahre.

Die jüngsten Eltern leben in Sachsen-Anhalt

Im Vergleich der Bundesländer waren 2019 in Sachsen-Anhalt die Väter bei der Geburt von Kindern mit 34,0 Jahren und die Mütter mit 30,6 Jahren am jüngsten. Am höchsten war das durchschnittliche Alter bei Geburt in Hamburg: dort waren die Väter 35,4 und die Mütter 32,4 Jahre alt.

2019 wurden durchschnittlich 1,45 Kinder je Mann geboren

Im Jahr 2019 wurden in Deutschland durchschnittlich 1,45Kinder je Mann geboren. Zwischen 1991 und 2006 schwankte diese sogenannte zusammengefasste Vaterschaftsziffer um den Wert von 1,20 Kinder je Mann. Seit 2007 stieg sie kontinuierlich bis auf 1,50 Kinder je Mann im Jahr 2016. Bis zum Jahr 2019 nahm sie leicht ab.

Wie in den meisten wirtschaftlich hoch entwickelten Ländern ist in Deutschland die Vaterschaftsziffer der Männer niedriger als die zusammengefasste Geburtenziffer der Frauen, welche 2019 bei 1,54 Kindern je Frau lag. Hierzu trägt vor allem bei, dass die Anzahl potenzieller Väter höher ist als die Anzahl potenzieller Mütter.

Die Vaterschaftsziffer ist in Ostdeutschland deutlich niedriger als in Westdeutschland

Während in den östlichen Bundesländern die Vaterschaftsziffer 2019 zwischen 1,29 und 1,35 Kindern je Mann betrug, war sie in den meisten westlichen Bundesländern mit 1,45bis 1,51 Kindern je Mann deutlich höher. Lediglich im Saarland lag sie mit 1,39 etwas niedriger. Die Geburtenziffer der Frauen wies dagegen im Jahr 2019 kein Ost-West-Gefälle mehr auf. Die größeren Differenzen zwischen den Vaterschaftsziffern der Männer und den Geburtenziffern der Frauen in Ostdeutschland gehen darauf zurück, dass in vielen Teilen Ostdeutschlands deutlich mehr Männer als Frauen leben.

In der EU liegt das Alter der Väter bei der Geburt zwischen 32 und 36 Jahren

Beim durchschnittlichen Alter der Väter bei der Geburt von Kindern gehört Deutschland in der Europäischen Union zum "älteren" Drittel. Nach Schätzungen für das Jahr 2017 waren in der EU die Väter in Italien, Griechenland und Spanien mit rund 36 Jahren bei der Geburt ihrer Kinder am ältesten (Deutschland 2017: 34,4 Jahre). Am jüngsten waren sie mit rund 32 Jahren in Rumänien. Auch in Litauen, Polen und Bulgarien lag das Alter der Väter bei der Geburt unter 33 Jahren.

Bei der Vaterschaftsziffer befindet sich Deutschland ähnlich wie bei der zusammengefassten Geburtenziffer der Frauen im oberen Mittelfeld (2017: 1,48 Kinder je Mann). Die niedrigsten Vaterschaftsziffern von etwa 1,2 Kindern je Mann wiesen 2017 die südeuropäischen Länder Malta, Spanien und Italien auf. Am höchsten war die Vaterschaftsziffer in Frankreich mit knapp 1,9 Kindern je Mann.

Methodische Hinweise

In der dieser Pressemitteilung zugrundeliegenden Studie (siehe Aufsatz "Wie hoch ist die Kinderzahl von Männern?" in WiSta 5/2020) werden zum ersten Mal amtliche Angaben zur Vaterschaft dargestellt, die sich auf alle Geborenen unabhängig vom Familienstand des Vaters beziehen. Hierfür wurden die Fälle mit fehlenden Angaben des Vaters mit Hilfe von speziell entwickelten Methoden berücksichtigt. Im Jahr 2019 fehlten die Angaben zum Vater bei rund 45500 Geborenen.

Die sogenannte fertile Altersphase, während der Frauen Mutter und Männer Vater werden können, ist hier statistisch bei Frauen mit 15 bis 49 Jahren und bei Männern mit 15 bis 69 Jahren abgegrenzt.

Die Angaben zum Alter des Vaters beim ersten, zweiten und dritten Kind beziehen sich auf die Geburtenfolge im Leben der Mutter. Für Väter liegen keine Angaben zur Geburtenfolge vor.

Die zusammengefasste Vaterschaftsziffer der Männer wird analog der zusammengefassten Geburtenziffer der Frauen berechnet. Zuerst werden die Geborenen eines Jahres mit Vätern eines bestimmten Alters auf die männliche Bevölkerung dieses Alters bezogen. Die Addition dieser Ziffern für jedes Altersjahr zwischen 15 und 69 Jahren ergibt die zusammengefasste Vaterschaftsziffer. Diese entspricht der durchschnittlichen Zahl der leiblichen Kinder im Leben eines Mannes unter der Voraussetzung, dass die Verhältnisse des beobachteten Jahres während seines gesamten Lebens gelten würden.

Ausführliche Informationen zur Fertilität der Männer bietet der Aufsatz "Wie hoch ist die Kinderzahl von Männern?" in WiSta 5/2020. Weitere Daten stehen auf der Themenseite, im Tabellensegment der GENESIS-Datenbank 12612 sowie auf der Seite "Demografischer Wandel" zur Verfügung.
Weitere kommentierte Schaubilder etwa zur Fertilität von Männern und zu langfristigen demografischen Entwicklungen finden sich im "Fakten"-Bereich der Webseite des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung.

30 Jahre Deutsche Einheit
Informationen zu regionalen Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen östlichen und westlichen Bundesländern 30 Jahre nach der deutschen Vereinigung finden Sie in unserem Statistik-Dossier sowie auf unserer Themenseite "30 Jahre Deutsche Einheit".

Deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Bereich Statistik
Seit dem 1. Juli leitet das Statistische Bundesamt im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft unter dem Vorsitz von Präsident Dr. Georg Thiel die Ratsarbeitsgruppe Statistik. Über unsere Aktivitäten im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft informieren wir auf der Sonderseite www.destatis.de/eu2020.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 16.10.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Gemeinsam mit pro familia und anderen Verbänden hat der AWO Bundesverband in einem offenen Brief an die Bundesregierung seine tiefe Besorgnis über die derzeitige Lage in Polen ausgedrückt. Am 22. Oktober hat der polnische Verfassungsgerichtshof ein fast vollständiges Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen ausgesprochen. Auch Abbrüche wegen „schweren und irreversiblen fötalen Defekten oder unheilbaren Krankheiten, die das Leben des Fötus bedrohen“ sind nun verfassungswidrig.

„Schon jetzt gehen Schätzungen von bis zu 100.000 illegalen Abtreibungen in Polen im Jahr aus. Das Urteil verschlimmert die ohnehin schon sehr schwierige Lage, in der sich die betroffenen Frauen befinden, deutlich“, so der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes, Wolfgang Stadler. „Das bisherige Reisen in umliegende Länder ist durch die Corona-Pandemie jetzt auch nicht mehr möglich, d.h. ungewollt schwangere Frauen sind komplett allein gelassen und werden zu verzweifelten Maßnahmen greifen, um die Schwangerschaft zu beenden.“ Die AWO steht für das Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung und solidarisiert sich mit den betroffenen Frauen.

Das Urteil hat große Proteste in der polnischen Bevölkerung ausgelöst. Begonnen durch Aufrufe von lokalen Frauenrechtsgruppen, werden sie inzwischen von breiten Bevölkerungsschichten unterstützt, täglich werden es mehr. Dabei werden ihre friedlichen Proteste mit massiver Gewalt entweder durch Polizisten oder rechtsextreme Gruppen beantwortet. „Die AWO ist sehr besorgt über die Menschenrechtsverletzungen und fordert die Bundesregierung auf, die Gewalt durch staatliche und nichtstaatliche Akteure zu verurteilen. In der EU-Grundrechtscharta wird das Recht auf Versammlungsfreiheit garantiert. Dies muss auch für Demonstrationen gegen ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen gelten“, schließt Wolfgang Stadler.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 04.11.2020

Am heutigen 19. Oktober 2020 findet der 12. Integrationsgipfel im Bundeskanzleramt statt, an dem rund 130 Vertreter*innen von Bund, Ländern, Kommune, der Zivilgesellschaft und Migrantenverbänden teilnehmen. Bei dem Treffen soll auch die Fortentwicklung des Nationalen Aktionsplanes Integration Thema sein. Darin werden verschiedene „Phasen der Integration“ benannt, denen verschiedene Themenforen zugeordnet werden.

Für die Arbeiterwohlfahrt nimmt Präsident Wilhelm Schmidt am heutigen Gipfeltreffen teil: „Wir sind seit über sechs Jahrzehnten Ansprechpartnerin für Einwanderinnen und Einwanderer. In dieser Zeit sind die sozialen Migrationsfachdienste – Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer, die Jugendmigrationsdienste und die Flüchtlingssozialberatung – stetig gewachsen und haben sich im lokalen Kontext etabliert.“ Gerade in diesem lokalen Kontext finde das Ankommen, das Zusammenleben und die Inklusion von eingewanderten Menschen statt. Hier komme es darauf an, dass alle Akteurinnen – von der Kommunalverwaltung bis hin zu den Wohlfahrtsverbänden und Migrantenorganisationen – zusammenwirken, sich austauschen und gemeinsam inklusive sozialräumliche Ansätze entwickelten: Im Kindergarten, in der Schulsozialarbeit, beim Ausbau von Beratungsangeboten bis hin zum bürgerschaftlichen Engagement im Gemeinwesen. Nur so könne eine breite Akzeptanz und gemeinsame Verantwortung bei der Umsetzung erzielt werden. Die verstärkte Einbeziehung der Perspektive der Migrantenorganisationen sei sehr zu begrüßen.

Wilhelm Schmidt: „Wir alle, die heute hier zusammengekommen sind, waren in verschiedenen Diskussionsforen des NAP-I beteiligt. Worauf es aber ankommt, ist die reale Mitwirkung bei der Gestaltung im Einwanderungsland: Vor Ort, im Quartier – in der Stadt oder auf dem Land. Das übergeordnete Ziel dabei muss sein, Rassismus und bestehenden Benachteiligungen und Ausgrenzungen entschieden entgegen zu wirken. Dieses Ziel haben wir in der Agenda des neuen Nationalen Aktionsplans Integration jedoch vermisst.“

Hintergrund:

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) wirkt mit ihren Haupt- und Ehrenamtlichen am gesellschaftlichen Zusammenhalt vor Ort mit. Die Mitgestaltung der Einwanderungsgesellschaft erfolgt auch in sozialen Einrichtungen, wo ratsuchende Menschen entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse, unabhängig von ihrer sozialen und ethnischen Herkunft Unterstützung finden. Zudem ist die AWO als tragende Akteurin in die kommunale Daseinsvorsorge eingebunden.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 19.10.2020

100 Euro Corona-Zuschlag sofort! Für Regelsätze, die zum Leben reichen!

Konzerne wie z.B. die Lufthansa werden mit einem „im Volumen unbegrenzten Milliardenschutz-schild“ vom Staat unterstützt. Kleine Firmen, Erwerbstätige und manch andere Gruppen bekom-men wenigstens kleine Hilfen oder Kurzarbeitergeld. Dagegen fehlt bei den Ärmsten eine Unter-stützung in der Krise gänzlich. Minijobber*innen erhalten z. B. nicht einmal Kurzarbeitergeld. Durch steigende Lebensmittelpreise, den Mehrbedarf an Hygieneartikeln wie Desinfektionsmitteln und Masken, den Wegfall der Tafeln und des kostenlosen Schul- und Kitaessens sind aber viele von uns in ihrer nackten Existenz bedroht. Wir fordern daher einen Corona-Zuschlag von 100 Euro auf die Regelsätze, um die schlimmste Not abfedern zu können.

Durch die Auswirkungen der Corona-Krise ist in den nächsten Monaten mit einem massiven An-stieg der Erwerbslosigkeit, Einkommensarmut und der Insolvenzen zu rechnen. Wer für die Krise zahlen wird, entscheidet sich schon heute!

Für Regelsätze, die zum Leben reichen – mindestens 600 Euro sofort!
Die Bundesregierung hat angekündigt, den Hartz IV -Regelsatz ab 2021 um 14 Euro auf dann 446 Euro im Monat zu erhöhen. Das sind bei dreißig Tagen im Monat ganze 47 Cent am Tag.
Nach Abzug der Miete bleiben den ärmsten 15 Prozent der Bevölkerung (abzüglich derer, die aus-schließlich von Grundsicherungsleistungen leben) rund 600 Euro für den täglichen Bedarf und die soziokulturelle Teilhabe. Dies reicht nicht, obwohl es noch rund 160 Euro über dem derzeitigen Hartz IV-Satz liegt. Zur Ermittlung des Regelsatzes werden diese 15 Prozent und ihr viel zu gerin-ges, nicht bedarfsdeckendes Einkommen als Vergleichsgrundlage herangezogen, um von diesem wenigen nochmal rund ein Drittel als vorgeblich „nicht regelsatzrelevant“ überwiegend politisch motiviert abzuziehen.

Die Bemessung der Regelsätze ist seit längerem ein Problem. Das hat beispielsweise dazu geführt, dass die Entwicklung der Regelsatzhöhe hinter der längerfristigen Lohnentwicklung zurückbleibt. Im Ergebnis werden daher die Unterschiede im Lebensstandard zwischen den Grundsicherungsbe-zieher*innen und den Beschäftigten immer größer. Betroffene werden immer stärker abgehängt und können sich von dem ihnen zur Verfügung stehenden Einkommen immer weniger leisten.

Wir fordern die Zurücknahme aller politisch motivierten Streichungen beim Existenzminimum! Wir fordern somit eine sofortige Erhöhung des Regelsatzes auf mindestens 600 Euro!

Die Forderung nach einer Erhöhung der Regelsätze betrifft rund 8 Millionen, ALG II und Sozialhilfe-Berechtigte, Aufstocker*innen, Menschen, die Geld aus der Altersgrundsicherung oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Hinzu kommen mindestens vier Millionen Menschen, die einen Anspruch auf Leistungen hätten, diesen aber nicht geltend machen. Profitieren würden auch sehr viele Menschen mit niedrigen Einkommen, nicht zuletzt die so genannten „Held*innen der Krise“.

Wir lassen uns nicht weiter gegeneinander ausspielen! Gemeinsam werden wir unseren Protest bei einer Reihe von Aktionen am 30. und am 31.10. in vielen Städten und Gemeinden auf die Straße tragen!

Hintergrundinformationen: https://www.erwerbslos.de/aktivitaeten/716-kritik-an-zu-niedrigen-regelsaetzen

Quelle: Pressemitteilung Bündnis ‚AufRecht‘ bestehen vom 28.10.2020

Deutsche Liga für das Kind fordert gesetzliche Reformen zugunsten besonders belasteter Familien

Kinder psychisch- und suchterkrankter Eltern sind in mehrfacher Hinsicht belastet. Sie bekommen nicht die nötige Aufmerksamkeit und Unterstützung und müssen häufig Versorgungsaufgaben im Alltag übernehmen, die nicht kindgerecht sind. Bei manchen kommen akute Gefährdungen hinzu. Das Risiko, dass diese Kinder später selbst eine seelische Erkrankung entwickeln, ist hoch. Die Deutsche Liga für das Kind fordert den Gesetzgeber auf, im Rahmen der geplanten Reform des Sozialgesetzbuchs VIII (SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe) die Hilfen für diese besonders belasteten Kinder und Familien auszubauen und zu verbessern.

„Kinder mit psychisch- und suchterkrankten Eltern benötigen gerade während der Corona-Pandemie unsere besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung. Das Leid dieser Familien ist häufig nicht ausreichend sichtbar. Bestehende Hilfen reichen nicht aus oder sind für die Betroffenen nur schwer zugänglich“, sagt Prof‘in Dr. Sabine Walper, Präsidentin der Deutschen Liga für das Kind und Forschungsdirektorin am Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München. „Diese Kinder und ihre Eltern brauchen mehr und bessere Hilfen, die durch gesetzliche Reformen ermöglicht werden müssen.“

Anlässlich ihrer wissenschaftlichen Jahrestagung „Wenn Eltern psychisch krank sind: was brauchen die Kinder? Herausforderungen für die Hilfesysteme“ am 23./24.10.2020 im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) in Hamburg begrüßt die Deutsche Liga für das Kind, dass der kürzlich vom Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) veröffentlichte Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG)“ für Familien in Notsituationen vorsieht, ambulante Hilfen für die Betreuung und Versorgung von Kindern direkt, d.h. ohne vorherige Antragstellung beim Jugendamt, in Anspruch nehmen zu können. Positiv ist auch die in dem Entwurf vorgesehene Regelung, dass Kinder unabhängig von ihren Eltern einen uneingeschränkten Beratungsanspruch durch die Kinder- und Jugendhilfe erhalten sollen. Der Gesetzgeber ist nun aufgefordert, die Reform noch in dieser Legislaturperiode zügig zum Abschluss zu bringen. Außerdem fordert die Deutsche Liga für das Kind, die im Koalitionsvertrag der amtierenden Bundesregierung fest verabredete Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz schnellstmöglich umzusetzen, von der gerade besonders belastete Kinder profitieren könnten.

Neben den notwendigen gesetzlichen Reformen sollte eine bundesweite Online-Plattform errichtet werden, die anonyme Beratung für betroffene Kinder wie auch Informationen für Fachkräfte bietet und Möglichkeiten für wohnortnahe Hilfen aufzeigt. Weiterhin ist dringend erforderlich, die interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit der beteiligten Akteurinnen und Akteure zu erleichtern und zu stärken und ein unverbundenes Nebeneinander unterschiedlicher Leistungssysteme zu verhindern.

Zu den Referentinnen und Referenten der Tagung unter der Schirmherrschaft von Daniela Ludwig MdB, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, gehören Prof’in Dr. Silke Wiegand-Grefe (Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und MSH Medical School Hamburg), Prof’in Dr. Sabine Wagenblass (Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Hochschule Bremen), Dr. med. Areej Zindler (Leiterin der Flüchtlingsambulanz im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf), Prof‘in. Dr. Anna-Lena Zietlow (Fakultät für Sozialwissenschaften, Universität Mannheim) und Dr. Heinz Kindler (Leiter der Fachgruppe „Familienhilfe und Kinderschutz“ des Deutschen Jugendinstituts in München). Die Tagung findet in Kooperation mit der Flüchtlingsambulanz (Leiterin Dr. med. Areej Zindler) im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) statt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Liga für das Kind vom 23.10.2020

Deutscher Familienverband (DFV) fordert Reformen beim Kindergeld und Kinderfreibetrag.

„15 Euro mehr Kindergeld werden keiner Familie die finanziellen Sorgen nehmen“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes in Anspielung auf die Gesetzesbegründung der Bundesregierung beim Familienentlastungsgesetz. „Seit der Corona-Krise stehen Familien vor realen existenziellen Sorgen und hunderttausende Eltern fühlen sich von der Politik allein gelassen. Familien haben Angst vor einem neuen Lockdown und seinen Folgen.“

DFV-Forderung: Kindergeld, Kinderfreibetrag und Sozialversicherung

In der Corona-Krise haben Familien besonders gelitten. Einkommensverluste, Schließung von Kindergärten und Kindertagesstätten und Arbeitslosigkeit haben Eltern erheblich zugesetzt. Berechnungen des Deutschen Familienverbandes zeigen (Horizontaler Vergleich 2020, PDF), dass bereits eine Zweikind-Familie durch Steuern und Sozialabgaben dermaßen finanziell belastet wird, dass sie regelmäßig unter das Existenzminimum rutscht.

Wer die finanzielle Stärkung von Familien im Blick hat, muss an drei zentralen Punkten ansetzen:

1. Ein Kindergeld in Höhe von 330 Euro (siehe Erklärfilm)

2. Steuerlicher Freibetrag in Höhe des Grundfreibetrages für Erwachsene

3. Ein Kinderfreibetrag in der Sozialversicherung, der Eltern in der Phase der
Kindererziehung entlastet und die Leistung Kindererziehung anerkennt (siehe Erklärfilm)

Derzeit plant die Bundesregierung mit dem Zweiten Familienentlastungsgesetz, das Kindergeld lediglich auf 219 Euro für das erste und zweite Kind, 225 für das dritte und 250 Euro für jedes weitere Kind zu erhöhen. Der Kinderfreibetrag soll 8.388 Euro anstatt bisher 7.812 Euro betragen.

Angesichts der akuten finanziellen Situation von Familien hält es der DFV für dringend geboten, das Kindergeld einheitlich auf 330 Euro zu erhöhen – also auf die maximale Wirkung des Kinderfreibetrages. Damit würden alle Eltern gleichermaßen vom Kindergeld und Kinderfreibetrag profitieren.

Der Gesetzesentwurf hat weiterhin einen nicht unerheblichen Geburtsfehler. Der Kinderfreibetrag wird unter dem steuerlichen Grundfreibetrag für Erwachsene (ab 2021: 9.744 Euro) liegen. „Kinder sind aber keine „kleinen Menschen“, die nur einen Bruchteil der materiellen und finanziellen Bedarfe haben. Jede Mutter und jeder Vater wird das bestätigen können“, sagt Verbandspräsident Klaus Zeh. „Obwohl die Angleichung des Kinder- und Grundfreibetrages bereits mehrfach versprochen worden ist, werden Familien abermals bitter enttäuscht.“

Kindergeld: Steuererstattung, kein Steuergeschenk!

„Das Kindergeld ist kein Steuergeschenk“, so Zeh. „Tatsächlich handelt es sich beim Kindergeld vorrangig um eine monatliche Steuervergütung für zu viel erhobene Steuern.“ Am Ende des Steuerjahres wird es von Amts wegen mit der einkommensabhängigen, individuellen Wirkung des Kinderfreibetrages verrechnet.

Vor 30 Jahren verpflichtete das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber in einem von Familien erstrittenen Grundsatzurteil (BVerfGE 82,60 – 1 BvL 20/84 v. 29.05.1990), dass bei der Einkommensbesteuerung der Familie ein Betrag in Höhe des Existenzminimums steuerfrei bleiben muss. Nur das darüber hinausgehende Familieneinkommen darf der Besteuerung überhaupt unterworfen werden.

In der Praxis heißt das: Alle Eltern beziehen zunächst das Kindergeld. Erst wenn das Kindergeld höher ist als die Steuererstattung durch den Kinderfreibetrag, darf man überhaupt von einer Familienförderung sprechen (§ 31 EStG). Davon profitieren vor allem Familien mit niedrigem Einkommen und kinderreiche Familien. Aus diesem Grund ist das Kindergeld – systematisch richtig – im Einkommensteuergesetz geregelt und nicht im Katalog der Familien- oder Sozialleistungen.

Der Verbandspräsident betont, dass eine etwaige Dringlichkeit zur Haushaltssanierung – dies ist besonders in der gegenwärtige Lage zu erwähnen – nicht als Rechtfertigung herangenommen werden darf, Eltern und Kindern Kindergeld und Steuerfreibeträge zu verweigern. „Die Anpassung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages sind schlichtweg Verfassungsvorgaben.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 29.10.2020

Der Deutsche Familienverband lobt den längst fälligen Gesetzesentwurf zur Modernisierung des Jugendmedienschutzes, vermisst aber Netzanschlussfilter.

Auch bei der Nutzung von digitalen Medien müssen Minderjährige vor schädlichen Einflüssen geschützt werden. Dem Deutschen Familienverband (DFV) ist es daher schon seit vielen Jahren ein dringendes Anliegen, dass der Staat und die Netzanbieter entsprechende Regelungen und Maßnahmen treffen. „Der Beschluss des Bundeskabinetts, den Jugendmedienschutz zu reformieren, lässt uns aufatmen. Die bisherige Gesetzeslage ist in der heutigen digitalen Welt zum Schutz von Kindern und Jugendlichen unbrauchbar“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des DFV. Fast 20 Jahre ist das bisher gültige Gesetz zum Jugendmedienschutz alt.

Für den DFV hat der am Mittwoch beschlossene Gesetzesentwurf jedoch einen entscheidenden Mangel, weil er keine Netzanschlussfilter vorsieht. Der Schutz durch Netzanschlussfilter setzt unmittelbar und unabhängig von den digitalen Plattformen, die ein Kind oder Jugendlicher nutzt, ein. Gefährdende Inhalte erreichen Minderjährige erst gar nicht. „Der Vorteil von Netzanschlussfiltern liegt auf der Hand: Sie erleichtern Eltern das Leben. Statt Jugendschutzfilter für jedes internetfähige Gerät im Haushalt, die ständig aktualisiert werden müssen, gibt es einen Filter für den gesamten Netzanschluss“, so Heimann. Auch beim Mobilfunk können entsprechende Filter eingesetzt werden, so dass der Jugendschutz zusätzlich unterwegs gewährleistet ist.

Großbritannien macht es vor: Auf Druck der dortigen Regierung haben die Anbieter von Internetzugängen kostenlose Jugendschutzfilter eingeführt. Diese werden zentral gewartet und können von den Anschlussinhabern ausgeschaltet oder aber auch nach eigenen Wünschen angepasst werden. „Netzanschlussfilter helfen entscheidend dabei, dass jugendgefährdende Inhalte gar nicht erst auf den Endgeräten landen. Anbieter müssen von Staat diesbezüglich verpflichtet werden“, sagt Heimann.

Der DFV hat das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) bereits im Februar auf die Unverzichtbarkeit von Netzanschlussfiltern für Familien hingewiesen. Gemeinsam mit verschiedenen Verbänden aus den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Kinderschutz hatte der Verband zum Referentenentwurf zur Änderung des Jugendschutzgesetzes Stellung genommen.

Weiterführende Information

Verbände-Stellungnahme zur Änderung des Jugendschutzgesetzes

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 16.10.2020

„Man kann zusammenfassend sagen: Endlich!“, so Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (djb), zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vom 19. August 2020, der der Fachöffentlichkeit seit einiger Zeit bekannt ist, obgleich das Verbändeanhörungsverfahren leider noch nicht eingeleitet wurde, soweit der Entwurf die Einführung einer weiteren rechtlichen Mutterschaft durch Ehe oder Anerkennung vorsieht. Denn die beabsichtigte Regelung macht – wie vom djb schon lange gefordert – die Stiefkindadoption in einer solchen gleichgeschlechtlichen Beziehung überflüssig.

Die Folgefragen, wie Anerkennung, Feststellung und Anfechtung der Mutterstelle sieht der djb allerdings nicht günstig gelöst, wie Brigitte Meyer-Wehage, Vorsitzende der zuständigen Fachkommission im djb, kritisch anmerkt. Denn das Nichtbestehen der Mutterschaft kann nur festgestellt werden, wenn ein „Mann Vater des Kindes ist“. Die gewählte Formulierung ist missverständlich und erhellt erst bei der Normierung der Anfechtungsfristen, was tatsächlich gemeint ist. So beginnt nämlich im Fall der Anfechtung der Mutterschaft die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem die anfechtungsberechtigte Person von Umständen erfährt, die dafürsprechen, dass ein Mann während der Empfängniszeit der Frau, die das Kind geboren hat, „beigewohnt“ hat. Diesen Begriff und den damit zwangsläufig verbundenen „Blick ins Schlafzimmer“, hat sich der djb schon früher verbeten, so Meyer-Wehage weiter. Sinnvoller erscheint es, die Mutterschaft an das Vorliegen einer Einwilligung zur Zeugung des Kindes zu knüpfen.
Schließlich lässt der Entwurf Eltern mit „divers“-Eintrag und Eltern ohne Geschlechtseintrag außen vor, da er zwar eine zweite Mutterstelle ermöglicht, nicht aber eine weitere Elternbezeichnung. Auch die Diskriminierung von trans* Eltern wird nicht beseitigt, sondern fortgeschrieben. „Das ist verfassungsrechtlich mehr als bedenklich“, erläutert Wersig.

Damit der „Kessel“ auch „bunt“ ist, nimmt sich der Entwurf außerdem der elterlichen Sorge an, insbesondere bei nicht miteinander verheirateten Eltern. Mit der Vaterschaftsanerkennung soll zukünftig automatisch die gemeinsame elterliche Sorge verbunden sein. Das lehnt der djb ab! Denn der Entwurf bringt die Mutter in ein Dilemma: Will sie das gemeinsame Sorgerecht nicht, weil das Kind z.B. aus einer flüchtigen Beziehung oder einer Vergewaltigung hervorgegangen ist, muss sie ihre Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung verweigern mit der Folge, dass ihr Kind vorerst keine Unterhalts- und Erbansprüche gegen den bekannten Vater hat und die Vaterschaft gerichtlich festgestellt werden muss. „Es kann nicht Ziel des Gesetzes sein, eine Mutter, die ihrem Kind Unterhalts- und Erbansprüche sichern will, dazu zu zwingen, mit dem Vater gemeinsam das Sorgerecht auszuüben.“, kritisiert Wersig daher.

Die dritte Zutat im Kessel ist – um im Bild zu bleiben – das Wechselmodell: Hier sind Regelungen im Kindesunterhalt vorgesehen, die man wieder „mit Fug und Recht als Insellösung beschreiben kann“, so Meyer-Wehage. Der Entwurf setzt – bezogen auf die gemeinsame Betreuung von Kindern – lediglich die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Thema Unterhalt um, ohne die Folgefragen im Sozialhilfe- und Steuerrecht zu regeln, die einer Klärung jedoch dringend bedürfen.

Zudem fängt der Entwurf die Benachteiligung von Frauen nicht ein, die sich dadurch ergibt, dass das Wechselmodell erst nach der Trennung der Eltern gelebt wird. Während in einer intakten Ehe immer noch häufig die Frauen eine eigene Erwerbstätigkeit zu Gunsten der Familienarbeit einschränken, nimmt das Wechselmodell nach der Trennung auf die dadurch für sie entstandenen Belastungen keine Rücksicht, sondern normiert nach aktueller Rechtsprechung eine volle Erwerbsobliegenheit unter Hinzurechnung von Einkünften, die tatsächlich nicht erzielt werden.

Fazit

Auch wenn der „große Wurf“ im Abstammungsrecht weiter auf sich warten lässt und die ergänzenden Regelungen nicht immer überzeugen, ist es an der Zeit, Reformen, insbesondere zur Vermeidung einer Stiefkindadoption, endlich in Angriff zu nehmen und zwar noch in dieser Legislaturperiode. Alles andere ist nicht mehr vermittelbar.

Die ausführliche Stellungnahme des djb finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 29.10.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte die geplanten Verschärfungen des Strafrechts zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation sind diese Verschärfungen wichtige Maßnahmen, um Kinder effektiver zu schützen. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Prävention in diesem Bereich. Gleichzeitig muss auch der Fahndungsdruck zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt steigen, alle zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mittel müssen ausgeschöpft werden.

"Prävention, Fahndungsdruck, härtere Strafen: Nur mit einem Bündel von Maßnahmen wird es uns gelingen, Kinder besser vor sexueller Gewalt zu schützen. Generell sollte in Strafverfahren und familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren das Kindeswohl stärker in den Blick genommen werden. Anhörungsrechte von Kindern in gerichtlichen Verfahren sind kein pädagogischer Schnickschnack, sondern ein Recht der Kinder, das es einzuhalten gilt. Dafür braucht es insbesondere zum Thema Kinderrechte und im Umgang mit Kindern geschulte Fachkräfte, qualifizierte Familienrichterinnen und Familienrichter, sowie flächendeckend Fachberatungsstellen, die für Kinder und Jugendliche problemlos erreichbar sind", betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Die Zahl der Ermittlerinnen und Ermittler bei Polizei und Staatsanwaltschaften im Bereich des Kinderschutzes sollte massiv aufgestockt werden. Denn der Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt erfordert kompromisslose Aufklärung und Strafverfolgung. Daneben brauchen wir eine finanziell abgesicherte, funktionierende Kinder- und Jugendhilfe, die im Bereich der Prävention und als Vertrauensinstitution für Kinder und Jugendliche tätig sein muss. Die zu erwartende Strafe bei sexueller Gewalt gegen Kinder muss eine generalpräventive Wirkung entfalten, um potenzielle Täterinnen und Täter von der Begehung einer Tat abzuhalten, aber auch um beispielsweise die Verbreitung kinderpornografischen Materials effektiv zu bekämpfen. Hier ist ein Markt entstanden, der unnachgiebig ausgetrocknet werden muss", so Lütkes weiter.

Auch die Evaluation familiengerichtlicher Maßnahmen zur Abwehr von Kindeswohlgefährdungen ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes ein wichtiger Schritt hin zu mehr Kinderschutz. Generell sollte in Strafverfahren und familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren das Kindeswohl stärker in den Blick genommen werden. Dafür braucht es auch eine gesetzliche Nachschulungsverpflichtung für Familienrichterinnen und Familienrichter, und wie im Gesetzentwurf vorgesehen ein eigenständiges Vorrang- und Beschleunigungsgebot in Strafverfahren mit minderjährigen Opferzeuginnen und -zeugen in der Strafprozessordnung, um dem Kindeswohlvorrang gemäß der UN-Kinderrechtskonvention in Strafverfahren Rechnung zu tragen. Zudem sollten richterliche Videovernehmungen bei minderjährigen Opfern von Sexualdelikten und anderen schweren Gewalttatbeständen in Ermittlungsverfahren mit ersetzender Wirkung für das Hauptverfahren zum bundesdeutschen Standard werden, damit Kinder nicht öfter als nötig zu traumatischen Erlebnissen befragt werden müssen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 30.10.2020

Als “alarmierendes Signal” und “massives sozialpolitisches Problem” wertet der Paritätische Wohlfahrtsverband die heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes, nach denen die Zahl der Empfänger*innen von Mindestsicherungsleistungen zuletzt sank, während gleichzeitig die Armut in Deutschland gestiegen ist. Der Verband fordert eine deutliche Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung.

“Es kann nicht sein, dass auf der einen Seite die Armut erheblich zunimmt, auf der anderen Seite aber immer weniger Menschen in ihrer Not vom Staat unterstützt werden. Die heute veröffentlichten Zahlen zur Mindestsicherung sind keinesfalls Ausdruck eines sozialpolitischen Erfolgs und ganz bestimmt kein Anlass zum Feiern. Während die Armut wächst, geht die Zahl derer, die vom Sozialstaat aufgefangen werden, zurück”, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Was sich in diesen Zahlen manifestiere sei ein massives sozialpolitisches Problem, das gelöst werden müsse. “Was es zwingend braucht, um dieser Erosion des letzten sozialen Sicherungsnetzes Einhalt zu gebieten, ist eine deutliche Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und in der Altersgrundsicherung”, so Schneider. Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle müsste ein armutsfester Regelsatz 644 Euro (für alleinlebende Erwachsene) betragen. Die direkten Mehrkosten zur Umsetzung des Vorschlags werden auf 14,5 Milliarden Euro geschätzt.

Zum Hintergrund: Knapp 6,9 Millionen Menschen in Deutschland haben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zum Jahresende 2019 Leistungen der sozialen Mindestsicherung erhalten, 4,7 Prozent weniger als Ende 2018. Die Armutsquote ist dagegen von 15,5 Prozent (2018) auf 15,9 Prozent (2019) gestiegen.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 30.10.2020

Der SHIA-Landesverband Brandenburg e. V. beteiligt sich in diesem Jahr zum achten Mal gemeinsam mit dem „Bündnis für Familie Königs Wusterhausen“ an der weltweiten Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“.

Bis zum 15. November können die Geschenkkartons zu den Öffnungszeiten in der SHIA-Geschäftsstelle in der Bahnhofstraße 4 in Königs Wusterhausen abgegeben werden

– Montag bis Freitag jeweils 8 bis 13 Uhr, Dienstag zusätzlich von 16 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung.

Bitte nutzen Sie den Anrufbeantworter unter Tel. 03375/294752 zur Terminvereinbarung.

Der Verein „Geschenke der Hoffnung e. V.“ will seit vielen Jahren mit den Päckchen dazu beitragen, dass Menschen zum Weihnachtsfest Kindern weltweit eine Freude bereiten.

Ein leerer Schuhkarton soll mit Geschenkpapier beklebt und mit Geschenken gefüllt werden.

Als Geschenke sind Kleidung, Süßigkeiten, Kuscheltiere, Spielzeug, Schulsachen, Hygieneartikel und anderes möglich.

Dabei ist das Alter und Geschlecht des Kindes, das beschenkt wird, zu wählen.

Die Altersgruppen sind 2 bis 4 Jahre, 5 bis 9 Jahre und 10 bis 14 Jahre.

Auf der Internetseite www.weihnachten-im-schuhkarton.org gibt es weitere Informationen zur Aktion.

Quelle: Pressemitteilung SHIA-Landesverband Brandenburg e. V. vom 28.10.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 13. November 2020

Veranstalter: Netzwerk Familien | eaf Landesverband in der Nordkirche

Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut. Das sind 2,8 Mio. Kinder und Jugendliche. Oft sind sie viele Jahre ihrer Kindheit von Armut bedroht.

Die Kinder- und Jugendarmut bleibt trotz jahrelang guter wirtschaftlicher Entwicklung ein ungelöstes strukturelles Problem in Deutschland. Damit verbunden sind erhebliche Folgen für das Aufwachsen, das Wohlbefinden, die Bildung und die Zukunftschancen der Kinder und Jugendlichen.

Corona droht die Situation von Armut bedrohter Kinder noch zu verschärfen.

Es braucht dringend neue sozial- und familienpolitische Konzepte.

Wir fordern: Jetzt handeln und auf der kommenden ASMK für die Einführung einer Kindergrundsicherung eintreten.

Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder werden im Rahmen der 97. ASMK in 2020 am 26. und 27. November 2020 in Mannheim zu der Frage der Einführung der Kindergrundsicherung eine politische Entscheidung treffen und gegebenenfalls Wege zur Umsetzung aufzeigen.

Der ZFF-Geschäftsführer Alexander Nöhring wird bei dieser Veranstaltung den Hauptvortrag
„Kinderarmut, Corona und die Kindergrundsicherung“ halten.

Kosten: 10 €

Anmeldung bis zum 03.11.2020 erbeten an

Fachstelle Familien der Nordkirche
Angela Lückfett
Gartenstraße 20, 24103 Kiel
Tel +49 431 55779-127
angela.lueckfett@familien.nordkirche.de

Nach Ihrer Anmeldung erhalten Sie die Zugangsdaten zur online-Veranstaltung.

Termin: 16. November 2020

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Die Corona Pandemie führt zu tiefen Verunsicherungen der gesamten Gesellschaft. Ob wir Familien insgesamt oder Kinder und Jugendliche als solche betrachten – wir alle kommen mit Verschwörungsideologien in Kontakt, ganz egal ob wir das wollen oder nicht. Doch stehen Familien mit ihren Sorgen und Ängsten besonders im Fokus. Denn Familien werden von vielen einschränkenden Maßnahmen besonders getroffen. Lösungen und den Umgang mit neuen Situationen müssen sie oft selbst finden, z.B. die Kombination von Homeoffice bei gleichzeitiger Kinderbetreuung und Beschulung. Hinzu kommt: Vielen Familien steht nur beschränkt Wohnraum zur Verfügung, von einem Häuschen im Grünen können viele nur träumen. Außerdem verbringen sie nun ungewohnt viel Zeit miteinander. Das kann zu Verschärfungen innerfamiliärer Konflikte führen und neue Konflikte produzieren. Wer vor der Pandemie zu den materiell ärmeren der Gesellschaft gehört hat, für den ist kaum Besserung in Sicht und eine Verschlechterung der Lebenssituation aufgrund gestiegener Lebenshaltungskosten deutlich spürbar. Kinder und Jugendliche kämpfen zudem damit, dass sie Freunde nur eingeschränkt sehen dürfen. Es stellt sich die Frage, wie sich diese Situation auf Kinder und Jugendliche auswirkt. Verstärken die materiellen und seelischen Nöte, die die Pandemie hervorruft, das Interesse von jungen Menschen und Familien an den scheinbar immer beliebter werdenden Verschwörungsideologien (u.a. QAnon)? Gibt es möglicherweise diese Zusammenhänge? Und welche Rolle spielen hier Geschlechterrollenvorstellungen? Wie kann (und muss?) Soziale Arbeit reagieren?

Die Veranstaltung ist vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Bitte melden Sie sich bis 12.11.2020 unter faf@paritaet.org an. Teilnehmer*innenplätze sind begrenzt.

Die Veranstaltung wird via Zoom übertragen. Die Einwahldaten senden wir Ihnen nach Anmeldeschluss zu.

Termin: 25. November 2020

Veranstalter: Deutsches Jugendinstitut

Wir, die Arbeits- und Forschungsstelle für Demokratieförderung und Extremismusprävention (AFS) am DJI, begehen unser 20-jähriges Bestehen. Die aktuelle Situation spornt uns zu einem digitalen Format an. In einer Livestream-Podiumsdiskussion sprechen Expertinnen und Experten über „Die Zukunft des politischen Extremismus im Jugendalter“. Zudem erwarten Sie eine Live-Autorenlesung des Journalisten Yassin Musharbash und spannende Tagungsbeiträge im Video-Format.

Bitte richten Sie ihre Anmeldung via E-mail an Frau Renate Schulze (schulze@dji.de).

Termin: 27. November 2020

Veranstalter: Deutscher Frauenrat

Die Entscheidungen, wofür die Gelder ausgegeben werden, haben unmittelbare Auswirkungen auf die gesellschaftlichen Verhältnisse und sind damit eine zentrale Stellschraube für die Durchsetzung tatsächlicher Gleichstellung. Das Gutachten des DF zeigt, dass die Einführung eines Geschlechtergerechten Bundeshaushalts (GGH) umsetzbar ist. Mit diesem Instrument werden öffentliche Einnahmen und Ausgaben systematisch unter Aspekten der Geschlechtergerechtigkeit analysiert, bewertet und geplant.

Eine geschlechtergerechte Haushaltspolitik wird im Bundestag bislang nicht realisiert. Auch die Verteilung der Finanzmittel aus den Corona-Konjunkturprogrammen wurde ohne eine durchgängige Berücksichtigung von gleichstellungspolitischen Kriterien vollzogen. Wir sind davon überzeugt: unser Rechtsstaat ist nur dann demokratisch, wenn er seine Finanzmittel geschlechtergerecht ausgibt.

Deshalb widmet der DF seine Jahresveranstaltung am 27.11.2020 von ca. 11-15 Uhr dem geschlechter­gerechten Bundeshaushalt.

Die Veranstaltung wird per Livestream übertragen.

Zum Programm: https://www.frauenrat.de/veranstaltungen/live-stream-fachveranstaltung-geschlechtergerechter-haushalt/

Zur Anmeldung: https://www.frauenrat.de/anmeldung/fv2020-geschlechtergerechte-haushaltspolitik

Termin: 04. Dezember 2020

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

„Wohnen“ beinhaltet mehr als nur die Wohnung. Nicht nur die Versorgung mit Wohnraum, sondern auch Wohnformen und eine wohnortnahe soziale Infrastruktur (Wohnumfeld) rücken in den Vordergrund zukunftsorientierter Wohnungspolitik. Beides sind zentrale Bausteine für das Zusammenleben unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen und Generationen, für die Daseinsvorsorge und für die Gestaltung guter Sozialräume in den Kommunen. Auf die Gestaltung von dezentralen, sozialraumorientierten auch gemeinschaftlichen Wohnformen zielen Regelungen z.B. in den Pflegestärkungsgesetzen (Förderung neuer Wohnformen), im Bundesteilhabegesetz, aber auch in Programmen zur Städtebauförderung und Stadtentwicklung. Um nicht nur Insellösungen zu schaffen, sondern nachhaltige und übergreifende Entwicklungen zu initiieren, braucht es kooperative Vorgehensweisen. Wie kann generationenübergreifendes Wohnen befördert werden? Neue gesellschaftliche Entwicklungen sowie daraus resultierende Herausforderungen und Perspektiven für generationengerechte Wohnformen werden diskutiert. Auf der Basis der Ergebnisse aus dem Modellprogramm „Gemeinschaftliches Wohnen, selbstbestimmt leben“ und der Empfehlungen des Deutschen Vereins zum generationengerechten Wohnen werden Verfahren und Beispiele vorgestellt, die aufzeigen, wie generationenübergreifendes Wohnen zum Erfolgsmodell wird.

Die digitale FachveranstaltungWohnen ist mehr als ein Dach über dem Kopf – generationenübergreifendes Wohnen und neue Wohnformen in den Quartieren findet am 04. Dezember 2020 von 10.00 – 12.40 Uhr statt.

Die Veranstaltungsgebühr beträgt 47 € für Mitglieder und 59 € für Nicht-Mitglieder.

Die Veranstaltung richtet sich an Fach- und Leitungskräfte aus Kommunen, Wohnungswirtschaft, Sozialwirtschaft, freier Wohlfahrtspflege und Stiftungen.

Anmeldeschluss ist der 27.11.2020.

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Programm finden Sie unter:www.deutscher-verein.de/de/va-20-wohnen

AKTUELLES

Immer mehr Menschen in Deutschland übernehmen Aufgaben der Pflege und Betreuung von Angehörigen. Dies muss in den meisten Fällen mit dem Beruf in Einklang gebracht werden, denn für viele Beschäftigte ist es auch von existenzieller Bedeutung, weiterhin im Beruf tätig zu sein.

Damit Fachkräfte mit ihrem Wissen und ihren Kompetenzen nicht verloren gehen, ist es wichtig, sich als Unternehmen Gedanken zu machen, wie die Beschäftigten hier konkret unterstützt werden können. Denn die Pflege eines Angehörigen ist eine Aufgabe, die nicht nur emotional belastet, sondern auch Zeit in Anspruch nimmt – besonders die Corona-Pandemie hat Beschäftigte mit zu pflegenden Angehörigen vielfach an ihre Grenzen gebracht.

Über Pflege zu sprechen zahlt sich langfristig aus

Über Pflege zu sprechen, das Thema aus der Tabuzone zu holen und Zugang zu Informationen zu bieten sind erste Schritte, um den Beschäftigten wertvolle Hilfestellung zu geben. Das zahlt sich aus und kann dazu beitragen, dass Beschäftigte dem Unternehmen erhalten bleiben und Fehlzeiten reduziert werden.

Leitfaden bietet Informationen für die Praxis

Es gibt bereits viele betriebliche Angebote, wie Unternehmen ihre Beschäftigten bei der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf unterstützen. Dieser Leitfaden zeigt Möglichkeiten, wie dies gelingen kann: Er enthält Informationen zur Situation der Pflegenden und zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Außerdem finden Sie Anregungen, Tipps und Checklisten aus der betrieblichen Praxis für die Entwicklung einer pflegesensiblen Unternehmenskultur und für die Gestaltung von Vereinbarkeitsmaßnahmen.

Den Leitfaden können Siehier herunterladen.

Sie haben gerne was in der Hand? Dann bestellen Sie kostenfrei den Leitfaden im Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“ (netzwerkbuero@dihk.de) oder beim Publikationsversand der Bundesregierung unter publikationen@bundesregierung.de.

Mehr Informationen zum Netzwerk finden Sie unter www.erfolgsfaktor-familie.de/netzwerken.

Darüber hinaus stehen wir Ihnen gern für Fragen oder Hintergrundinformationen unter der Rufnummer: 030/20308-6101 zur Verfügung.

Die Situation von Alleinerziehenden ist gerade in dieser Zeit ständigen Änderungen unterworfen. Jede Veränderung in der Gesetzgebung und Familienpolitik hat direkte Auswirkungen auf den Alltag der Einelternfamilien.

Viele Angebote und Unterstützungen gibt es. Leider nicht alle überall und nicht alle wissen, wo sie sich informieren können und wo sie Unterstützung erhalten.

Mit dieser Umfrage will die Koordinierungsstelle Daten und Fakten zur derzeitigen Situation von Alleinerziehenden sammeln, damitman sienoch zielgerichteter für deren Belange einsetzen kann.

Bitte helfen Sie, indem Sie sich 15 Minuten Zeit nehmen, um die Fragen zu Ihrer Situation zu beantworten. Wenn Sie über das Ergebnis der Umfrage informiert werden möchten, wenden Sie sich bitte an koordinierungsstelle@vamv-hessen.de.

Hier geht es zum Fragebogen: https://lamapoll.de/Situation_von_Alleinerziehenden/