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Nur eine #EchteKindergrundsicherung kann das Versprechen einhalten, Kinder und Jugendliche aus der Armut zu holen.

Berlin, 13.11.2023 Heute findet nach langen und mühsamen Verhandlungen endlich die Expert*innenanhörung zum Bundeskindergrundsicherungsgesetz im Deutschen Bundestag statt. Das ZFF äußert sich kritisch zum vorgelegten Gesetzentwurf, da er in seiner jetzigen Version nur bedingt das Versprechen halten kann, Kinder und Jugendliche aus der Armut zu holen.

Sophie Schwab, Geschäftsführerin des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), erklärt dazu: „Wir brauchen grundlegende Verbesserungen am Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren. Der Gesetzentwurf zeigt an einigen Stellen Wege zur Lichtung des Familienförderdschungels auf, aber insgesamt ist er ein unausgegorenes Ergebnis politischen Streits, der das Ziel aus dem Blick verloren hat. Wir erwarten eine #EchteKindergrundsicherung. Das ZFF fordert deshalb neben einer ausreichenden und armutsvermeidenden Höhe der neuen Leistung, die Vermeidung von Doppelstrukturen, mehrfacher Antragsstellung und auch ein Ende der Bevorteilung von vermögenden Eltern durch die Kinderfreibeträge. Zudem ist eine #EchteKindergrundsicherung eine Leistung für alle Kinder, weshalb der Ausschluss von Kindern im Asylbewerberleistungsbezug nicht akzeptabel ist.  

Gelingen diese Nachbesserungen nicht, wird diese neue Leistung keinen großen Beitrag beim Kampf gegen Kinderarmut und sozial gerechter Umverteilung leisten können. Nur eine #EchteKindergrundsicherung kann das Versprechen einhalten, Kinder und Jugendliche aus der Armut zu holen und ihre Teilhabe zu stärken!“ 

Schwab ergänzt: „Wir haben jetzt die Möglichkeit, den Grundstein für eine gute und nachhaltige Reform zu legen und das bisher ungerechte System der familienfördernden Leistungen vom Kopf auf die Füße zu stellen. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten und dieses Zeitfenster im Sinne der Kinder, Jugendlichen und ihrer Familien bestmöglich nutzen.“

Unsere überarbeitete Stellungnahme zum Gesetzentwurf können Sie hier herunterladen. 

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Archiv Aktuelle Hinweise

Haushaltskrise: Gegen die Sparpläne der Bundesregierung

Berlin, 09. November 2023 – Wir möchten auf die Rede von Meike Schuster, stellv. ZFF-Vorsitzende*r, aufmerksam machen, die sie anlässlich einer Kundgebung am 8.Novemeber vor dem Bundestag gehalten hat. Die Arbeiterwohlfahrt, das Bundesjugendwerk der AWO und das Zukunftsforum Familie (ZFF) hatten gemeinsam zu dieser Kundgebung  aufgerufen. Im Rahmen der Kampagne „Die Letzte macht das #LichtAus“ fordert das Bündnis den Bundestag auf, die von der Bundesregierung geplanten Sozialkürzungen zurückzunehmen, den Koalitionsvertrag einzuhalten und die Finanzierung essenzieller Einrichtungen und Dienste sicherzustellen. Auch Vertreter*innen aller anderen Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege sowie die Gewerkschaft ver.di schlossen sich der Kundgebung an.

„Wir haben eine Zukunft, wenn wir einander unsere Entwicklung ermöglichen und sie fördern“, so Meike Schuster. „Wir haben keine Zukunft, wenn wir nicht in uns investieren“

Die vollständige Rede finden Sie hier

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 15/2023

AUS DEM ZFF

In dieser Woche wird der Gesetzentwurf zur Einführung einer Kindergrundsicherung im Bundestag und Bundesrat beraten. Ein Bündnis aus 20 Verbänden mahnt, jetzt mutig zu sein und einen echten Systemwechsel im Sinne der Kinder und Familien zu wagen. Die Kindergrundsicherung darf keine Mogelpackung werden!

Verena Bentele, Präsidentin des VdK und Sprecherin des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG:

Die Kindergrundsicherung ist und bleibt für uns Hoffnungsträger im Kampf gegen Kinderarmut. Als Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG appellieren wir deswegen an die Verantwortlichen in Bundestag und Bundesrat, umfangreich am Gesetzentwurf nachzubessern. Die Regierung muss den Mut haben, einen echten Systemwechsel einzuläuten. Dafür brauchen wir eine Kindergrundsicherung, die hoch genug ist, damit Kinder wirklich gut davon leben können. Die geplanten 2,4 Milliarden Euro reichen bei Weitem nicht aus. Wir müssen endlich neu berechnen, was Kinder für ein gutes Aufwachsen brauchen. Außerdem darf es nur noch eine einzige Anlaufstelle für Eltern geben, die die Leistungen für Kinder und Jugendliche proaktiv den bedürftigen Familien anbietet. Derzeit wissen unzählige Menschen nicht, welche Gelder ihnen zustehen oder wohin sie sich dafür wenden müssen. Der Antragswahnsinn muss aufhören. Der Staat muss endlich erkennen, dass alle von einer guten Kindergrundsicherung profitieren. Teilhabe am Leben und an der Bildung ist eine Investition in eine gute Zukunft.“

Prof. Dr. Sabine Andresen, Präsidentin des Kinderschutzbundes und Koordinatorin des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG:

„Vielleicht besteht noch die Chance, die drängendsten Probleme von armen Familien anzugehen. Erstens: Kinder von Alleinerziehenden trifft Armut besonders häufig. Diese Gruppe ist dringend auf Verbesserungen angewiesen, um nicht fortwährend in Existenzangst leben zu müssen. Zweitens ist für Kinder aus Familien mit wenig oder keinem Einkommen die Mitgliedschaft im Sportverein oder die Teilnahme in der Musikschule meist zu teuer. Das sind Bildungsmöglichkeiten, die wir ihnen nicht weiter vorenthalten dürfen. Deshalb müssen die umständlichen Anträge für das sogenannte Teilhabegeld abgeschafft werden. Drittens sieht der bisherige Plan eine Kürzung von Mitteln für Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern vor. So kann die Integration nicht gelingen. Armut wirklich zu bekämpfen, dafür steht das Konzept der Kindergrundsicherung. Auch Bundestag und Bundesrat werden sich daran messen lassen müssen, ob sie es ernst meinen mit sozialer Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in unserem Land.“

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG macht sich seit 2009 mit inzwischen 20 Mitgliedsverbänden und 12 wissenschaftlichen Unterstützer*innen für eine echte Kindergrundsicherung stark. Dabei sollen möglichst viele Leistungen gebündelt, automatisiert sowie in ausreichender Höhe ausgezahlt werden.

Weitere Infos zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG und das eigene Kindergrundsicherungskonzept finden Sie hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de

Quelle: Pressemitteilung Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG vom 09.11.2023

Rund 3.000 Menschen versammelten sich am 8. November vor dem Deutschen Bundestag, um gemeinsam gegen den Sparhaushalt der Bundesregierung zu protestieren.

Die Arbeiterwohlfahrt, das Bundesjugendwerk der AWO und das Zukunftsforum Familie (ZFF) hatten gemeinsam zur Kundgebung aufgerufen. Der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland drohen Kürzungen und Streichungen in Höhe von insgesamt 25 Prozent, mit fatalen Folgen für den Sozialstaat und die Gesellschaft, so die Organisator*innen. Im Rahmen der Kampagne „Die Letzte macht das #LichtAus“ fordert das Bündnis den Bundestag auf, die von der Bundesregierung geplanten Sozialkürzungen zurückzunehmen, den Koalitionsvertrag einzuhalten und die Finanzierung essenzieller Einrichtungen und Dienste sicherzustellen. Auch Vertreter*innen aller anderen Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege sowie die Gewerkschaft ver.di schlossen sich der Kundgebung an.

Die Verbände warnen, dass nach den aktuellen Plänen unter anderem jede dritte Migrationsberatungsstelle schließen muss, 35.000 Freiwilligenplätze gestrichen werden, Programme zur Demokratieförderung an Schulen gänzlich wegfallen und die Beratung und Begleitung von Geflüchteten um die Hälfte eingekürzt werden. Im Kinder- und Jugendplan sollen 40,6 Millionen Euro gekürzt werden; auch die Pflegeversicherung und der soziale Wohnraum sind massiv betroffen.

„Der von der Bundesregierung vorgelegte Haushaltsentwurf macht fassungslos“, kommentiert AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner. „Zentrale Dienste und Einrichtungen, die in der Bewältigung der derzeitigen Krisen dringend benötigt werden, werden kaputtgespart oder komplett gestrichen. So entstehen neue Härten im Alltag, der gesellschaftliche Zusammenhalt wird geschwächt und der Polarisierung weiter Vorschub geleistet. In Relation zum Gesamthaushalt werden hier nur kleine Summen gespart: Minimale Einsparungen sorgen für maximalen Schaden.“ AWO-Präsident Michael Groß ergänzt: „Die schwarze Null ist nicht in Stein gemeißelt – Nebelkerzen wie die Schuldenbremse gehören kritisch hinterfragt. Ob gespart wird oder ob mehr Geld in die Staatskassen gelenkt wird, ist eine Frage des politischen Willens. Als AWO akzeptieren wir nicht, dass die Krisen auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werden.“

„Skandalös ist zudem, wie viele Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nicht im Haushalt zu finden sind“, so die stellvertretende Vorsitzende des ZFF, Meike Schuster. „Große Vorhaben mit den Zielen mehr Gleichstellung, mehr Zeit für Familie und die Bekämpfung von Kinderarmut fallen unter den Tisch oder werden nicht mit ausreichend Mitteln hinterlegt.“ Senihad Sator, Vorsitzender des Bundesjugendwerks der AWO, sagt: „Der aktuelle Haushaltsentwurf ist ein fatales Signal an junge Menschen. Durch die Kürzungen verlieren junge Menschen wichtige Unterstützung und werden ihrer Chancen beraubt, sich selbst verwirklichen zu können. Nach den Krisenjahren ist es endlich an der Zeit, umzusteuern und in junge Menschen zu investieren.“

Neben der zentralen Kundgebung in Berlin schlossen sich auch zahlreiche AWO-Mitarbeitende und Ehrenamtliche aus dem ganzen Bundesgebiet mit lokalen Protest-Aktionen an. Ein offener Brief mit den Forderungen von AWO, Bundesjugendwerk und ZFF an den deutschen Bundestag wurde von fast 55.000 Menschen in Deutschland unterstützt.

Hintergründe

Zur Kampagne die Letzte macht das #LichtAus:
https://lichtaus.awo.org

Zur Kundgebung am 8. November:
https://awo.org/kundgebung-gegen-die-sparplaene-der-bundesregierung

Offener Brief gegen die Sparpläne der Bundesregierung: https://weact.campact.de/petitions/offener-brief-gegen-die-sparplane-der-bundesregierung

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 08.11.2023

Am Donnerstag, den 16. November, diskutieren die ZFF-Referentin, Lilly Schön und Dr. Lisa Yashodhara Haller über die Adressat*innen von familienpolitischen Maßnahmen – der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Elterngeld. Mit der Geburt von Kindern spezialisiert sich ein Elternteil, auf die Versorgung der Kinder, der andere auf Erwerbsarbeit zur Finanzierung der Familie. Weil der deutsche Arbeitsmarkt auf einem Geschlechterarrangement basiert, das die Gewährleistung der Fürsorge stillschweigend voraussetzt, entstehen für diejenigen, die die Versorgung übernehmen, Nachteile auf dem Arbeitsmarkt mit den entsprechenden finanziellen Einbußen. Das Elterngeld soll als politisches Instrument finanzielle Einbußen infolge der Familiengründung abfedern und Anreize zur raschen Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt setzen. Da das Elterngeld als Lohnersatzleistung ausgezahlt werden steht es seit seiner Einführung als sozial ungerecht in der Kritik. Darüber hinaus setzt es Anreize zur Aufschiebung des Kinderwunsches, denn um Elterngeld als Lohnersatzleistung in einer Höhe beziehen zu können, mit der die Lebenshaltungskosten (trotz Inflation) bezahlt werden können, erfordert in der Regel recht lange Berufserfahrung, mit steigendem Alter sinkt aber die menschliche Fertilität. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Körper, Kinder, Kassensturz“ statt.

Weitere Informationen und Anmeldung: https://programm.bildungswerk-boell.de/index.php?kathaupt=11&knr=23-1104&kursname=Politiken+der+Verhuetung+neu+denken&katid=0#inhalt

Hier kann die Veranstaltung als Livestream verfolgt werden: https://youtube.com/live/qylu_XLhSWk?feature=share

Am 19. Oktober diskutierte die ZFF-Geschäftsführerin, Sophie Schwab, mit Dr. Lisa Yashodhara Haller über das meist kommentierte sozialpolitische Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen: die Kindergrundsicherung. Dr. Lisa Yashodhara Haller Autorin des Policy-Papers „Finanzierung von Familien neu denken“ sprach mit Sophie Schwab über Möglichkeiten und (verpasste) Chancen der anstehenden Reform sprechen. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Veranstaltungsreihe ‚Körper, Kinder, Kassensturz‘  statt.

Hier kann die gesamte Veranstaltung nochmal angesehen werden: https://www.youtube.com/watch?v=Ju1Hk1CyiGI

SCHWERPUNKT I: Migrationsgipfel

Deutliche Kritik zu Migrationsbeschlüsse, Fragezeichen beim Deutschlandticket

„Das, was Bund und Länder beschlossen haben, wird niemanden, der in der Heimat verfolgt wird, der keine Perspektive für sich und seine Kinder sieht, davon abhalten, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen“, kommentiert Caritas-Vorstand Steffen Feldmann die Beschlüsse des gestrigen Bund-Länder-Treffens in Sachen Migration.  

Leistungen zu kürzen, die bereits unter dem Existenzminimum liegen, trifft besonders die Schutzbedürftigsten: Alte, Kranke, Kinder. Studien zeigen zudem, dass Leistungskürzungen nicht abschreckend wirken. Der geringe finanzielle Einspareffekt, der durch Leistungskürzungen erzielt wird, hat hingegen langfristig negative Folgen für unsere Wirtschaft und Gesellschaft: mehr Armut, schlechtere Bildungschancen für die geflüchteten Kinder, soziale Ausgrenzung und mehr Armutskriminalität.

Sparmaßnahmen mit enormen Folgekosten werden als Erfolg verkauft

 „Als Erfolg werden stattdessen Gängelungen und Sparmaßnahmen angekündigt, die langfristig enorme gesellschaftliche Folgekosten verursachen. Das ist kontraproduktiv“, konstatiert Steffen Feldmann.

Die Idee, Asylprüfungen in Drittländer außerhalb der EU zu verlegen, kann nicht unter angemessenen Standards umgesetzt werden und ist wieder ein Zeichen des in der Debatte allgegenwärtigen Populismus.

Der Deutsche Caritasverband begrüßt, dass sich Bund und Länder zumindest auf eine neue Regelung zur Übernahme der flüchtlingsbezogenen Kosten geeinigt haben.

Deutschlandticket für Familien mit kleinem Einkommen attraktiv halten

Auch positiv bewertet die Caritas, dass sich Bund und Länder auf eine hälftige Weiterfinanzierung des Deutschlandtickets geeinigt haben.

„Das Ticket ist ein wichtiger Bestandteil einer klimafreundlichen Mobilitätspolitik. Es muss allerdings für alle bezahlbar bleiben,“ moniert der Deutsche Caritasverband. „Für Familien und Menschen mit geringen Einkommen sind 49 Euro pro Monat schon jetzt abschreckend hoch“, so Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa, „wenn im Raum steht, dass das Deutschlandticket noch 2024 teurer werden soll, steigen viele buchstäblich aus – das wäre ein herber Schlag für die Verkehrswende.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 07.11.2023

Die Diakonie Deutschland kritisiert die geplanten Leistungskürzungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber.

Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland: „Es ist ein Trugschluss, das niedrigere Leistungen oder Bezahlkarten Menschen davon abhalten werden, Schutz zu suchen. Auch wird in der Diskussion vergessen, dass bestimmte Leistungen dazu dienen, zum Beispiel die Integration von Geflüchteten mit Behinderungen zu ermöglichen. Zur kurz in der Debatte kommt jetzt auch: Wir brauchen Zuwanderung und sollten uns deshalb auch um die Verbesserung von regulären Zugangswegen bemühen. Und selbstverständlich brauchen wir eine schnellere und bessere Integration und dafür eben die erforderlichen Mittel. Wer hier gut integriert arbeitet, bereichert unsere Gesellschaft in vielfacher Hinsicht und hilft uns, auch unsere Sozialsysteme zu stabilisieren. Begrüßenswert ist die Idee einer Kommission für Migration, in der auch Kirchen, Gewerkschaften und Organisationen aus der Zivilgesellschaft dringend einbezogen werden sollen. Dieses Erfolgsmodell hat schon 2015 funktioniert und wir fordern schon lange, dass an diese guten Erfahrungen angeknüpft wird. Nur im Zusammenschluss von Politik und Zivilgesellschaft werden wir überzeugende Lösungen finden können.“

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 07.11.2023

Ein breites Bündnis von 28 Verbänden, Stiftungen und Organisationen fordert in einem Appell vor dem Flüchtlingsgipfel am Montag Bund, Länder und Kommunen eindringlich auf, bei den Beratungen einen besonderen Fokus auf die Situation der geflüchteten Kinder und Jugendlichen in Deutschland zu legen. Deren Rechte nach den Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention, beispielswiese auf angemessene Lebensbedingungen, auf Schutz vor Gewalt oder auf Zugang zu Bildung und Gesundheit, müssen nach Ansicht der Unterzeichner Richtschnur in der aktuellen Migrationsdebatte sein. Das übergeordnete Ziel aller politisch verantwortlichen Stellen muss demnach darin bestehen, geflüchteten Kindern eine Perspektive auf eine normale Kindheit zu eröffnen.

„Kinder brauchen eine verlässliche Lebensperspektive, ungeachtet ihres Herkunftslandes und Aufenthaltsstatus. Während die politische Debatte droht, auf Abschottung und Abschiebungen verengt zu werden und Fragen der besseren Integration eine untergeordnete Rolle spielen, leben sowohl begleitete Kinder in Sammelunterkünften als auch unbegleitete Kinder in Obhut der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe unter prekären Bedingungen mit begrenzten Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe“, heißt es in dem Appell. „Der Flüchtlingsgipfel bietet eine Chance, die gemeinsame Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen für die Aufnahme von schutzsuchenden Kindern mit ihren Familien und von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten neu zu gestalten.“

Die unterzeichnenden Verbände, Organisationen und Stiftungen fordern, eine dezentrale Unterbringung von geflüchteten Kindern und ihren Familien zu ermöglichen, den Zugang aller Kinder zur öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe sicherzustellen, für den Zugang aller Kinder zu frühkindlicher Bildung und Regelschulen zu sorgen, besondere Bedarfe frühzeitig zu identifizieren und den Zugang zur Gesundheitsversorgung sicherzustellen.

„Die UN-Kinderrechtskonvention gilt uneingeschränkt für jedes Kind. Das gilt auch für die darin normierte Vorrangstellung des Kindeswohls. Auch bei erhöhter Fluchtmigration und steigenden Zahlen minderjähriger Geflüchteter sollte stets gewährleistet sein, dass die Kinder zu ihren Rechten kommen. Dazu gehören neben ihren Schutz- auch die Beteiligungsrechte sowie die Einhaltung von Standards, die im Kinder- und Jugendhilfegesetz normiert sind. Bei Rechtsangelegenheiten, die sich aus dem Flüchtlingsstatus der Kinder und Jugendlichen ergeben, beispielsweise bei der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften direkt nach der Einreise, beim Familiennachzug oder Integrationsangeboten, braucht es zudem migrationssensible und kinderspezifische Regelungen, die das Kindeswohl an die erste Stelle stellen. Dazu gehören passende Angebote zum Erlernen der deutschen Sprache, Bildungsintegration über einen ungehinderten Zugang zu Kindertageseinrichtungen und Ausbildungsstätten sowie eine Schulpflicht für alle geflüchteten Kinder von Anfang an, und zwar unabhängig von der Bleibeperspektive. Diese muss nach der EU-Aufnahmerichtlinie spätestens drei Monate nach Asylantragstellung an der Regelschule erfolgen. Und auch die Teilnahme an niedrigschwelligen Kultur- und Freizeitangeboten mit gleichaltrigen Kindern in der Nachbarschaft sind als Schlüsselfaktoren unabdingbar“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Den vollständigen Appell finden Sie hier: http://www.dkhw.de/fluechtlingsgipfel2023

Der Appell wird von folgenden Verbänden, Organisationen und Stiftungen unterstützt (in alphabetischer Reihenfolge):

. Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendhilfe – AGJ . Ärzte der Welt e. V.

. AWO Bundesverband e. V.

. Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen (BNS) . Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e. V.

. Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Jugendhilfe e. V.

. Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer – BAfF e. V.

. Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e. V. (Bündnis KJG) . Der Kinderschutzbund Bundesverband e. V.

. Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e. V. – DGSF . Deutscher Kitaverband – Bundesverband freier unabhängiger Träger von Kindertagesstätten e. V.

. Deutsches Kinderhilfswerk e. V.

. Deutsches Komitee für UNICEF e. V.

. Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V.

. djo – Deutsche Jugend in Europa Bundesverband e. V.

. Handicap International e. V.

. Internationaler Bund (IB) Freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e.V.

. JUMEN e. V. – Juristische Menschenrechtsarbeit in Deutschland . KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e. V.

. Lesben- und Schwulenverband in Deutschland e. V. (LSVD) . National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention . Plan International Deutschland e. V.

. PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.

. Save the Children Deutschland e. V.

. Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention . Stiftung SPI – Sozialpädagogisches Institut Berlin »Walter May« . terre des hommes Deutschland e. V.

. World Vision Deutschland e. V.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 03.11.2023

Statt Herausforderungen zu lösen, würden Probleme verschräft.

Die Beschlüsse von Bundeskanzler und Regierungschef*innen zur Flüchtlingspolitik beim Migrationsgipfel kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband scharf. So richtig es sei, Länder und Kommunen finanziell zu unterstützen, so wenig sachgerecht seien die sonstigen Verabredungen. Statt konkrete Herausforderungen zu bewältigen, drohe eine Verschärfung sozialer Probleme, warnt der Verband. Insbesondere die Pläne, Asylbewerber künftig erst nach drei Jahren existenzsichernde Sozialleistungen zu gewähren sowie die geplanten massiven Verschärfungen in der Abschiebepraxis seien inhuman und das Gegenteil einer lösungsorientierten, vorausschauenden Flüchtlingspolitik, kritisiert der Paritätische.

“Asylbewerbern erst nach drei Jahren eine Leistung wenigstens auf Sozialhilfeniveau zu gewähren, und sie in Armut zu halten, ist inhuman und unvernünftig. Die Zahl der Geflüchteten wird dadurch nicht abnehmen, wohl aber werden sich die sozialen Probleme verschärfen”, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Was es brauche, sei eine gestaltende und vorausschauende Flüchtlingspolitik, die am Schutz von Menschen sowie der Stärkung der Unterstützungsstrukturen ausgerichtet ist. Der Zugang zu regulären Sozialleistungen, die Abschaffung aller bestehender Arbeitsverbote sowie die Ermöglichung privater Unterbringung helfe den Schutzsuchenden und der Aufnahmegesellschaft, mahnt der Paritätische und verweist auf die positiven Erfahrungen in der Aufnahme und Integration geflüchteter Menschen aus der Ukraine.

“Abschiebehaft und eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten sind Scheinlösungen und haben nichts mit einer humanen mutigen und in die Zukunft gerichteten Flüchtlingspolitik zu tun, die den Schutz von Menschenrechten und die Chancen für unsere Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt”, so Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 07.11.2023

Paritätischer mahnt Rückkehr zu faktenbasierter Debatte an.

Mit Vorschlägen für eine Neuausrichtung der Asyl-, Aufnahme- und Integrationspolitik wendet sich der Paritätische Gesamtverband heute gemeinsam mit einem Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen und Wohlfahrtsverbände an die Politik. In einem Fünf-Punkte-Plan zeigt das Bündnis: Ein konstruktiver und menschenrechtskonformer Umgang mit der Aufnahme und Integration von Schutzsuchenden ist möglich, notwendig und entlastet die Kommunen. Das Bündnis besteht neben dem Paritätischen Wohlfahrtsverband unter anderem aus Amnesty International, Pro Asyl, Caritas und dem Deutschen Anwaltverein.

Von der Bundesregierung erwartet der Paritätische nun eine gestaltende und vorausschauende Flüchtlingspolitik. Nach Monaten der rhetorischen Verschärfung in der politischen Debatte brauche es dringend eine lösungsorientierte Politik, die am Schutz von Menschen sowie der Stärkung der Unterstützungsstrukturen ausgerichtet ist. Der Zugang zu regulären Sozialleistungen, die Abschaffung aller bestehender Arbeitsverbote sowie die Ermöglichung privater Unterbringung helfe den Schutzsuchenden und der Aufnahmegesellschaft.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands: “Die asylpolitische Debatte der vergangenen Wochen strotzt nur so vor Scheinlösungen und Vorurteilen. Wir können allen nur dringend raten, zu einer faktenbasierten Diskussion um die Aufnahme und Integration von schutzsuchenden Menschen zurückzukehren. Die Bundesregierung muss sich jetzt einer mutigen, in die Zukunft gerichteten Flüchtlingspolitik annehmen, die den Schutz von Menschenrechten und die Chancen für unsere Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt.“

Der Fünf-Punkte-Plan des Bündnisses umfasst:

  1. eine zukunftsorientierte Aufnahme für Asylsuchende, 
  2. den Fokus auf Integration und Partizipation, 
  3. sozialrechtliche Eingliederung statt Ausgrenzung, 
  4. den Erhalt und die Anpassung von Unterstützungsstrukturen, 
  5. eine Sozialpolitik, die alle mitdenkt.

Das Bündnis verweist beispielhaft auf die gelungene Aufnahme von einer Million geflüchteter Menschen aus der Ukraine. Sie sei eine Erfolgsgeschichte und zeige: Die Gesellschaft kann viel, wenn die Politik die richtigen Rahmenbedingungen schafft.

Dokumente zum Download

5-Punkte-Plan für eine funktionierende Asyl- und Aufnahmepolitik (668 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 03.11.2023

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Kabinettsmitglieder unterstützen Bekämpfung von Sexismus

Auf Initiative von Bundesfrauenministerin Lisa Paus sind die Mitglieder des Bundeskabinetts heute dem breiten Bündnis „Gemeinsam gegen Sexismus“ beigetreten. Im Koalitionsvertrag hatten sich die Koalitionspartner zuvor auf ein gemeinsames Bekenntnis zu einem „starken Bündnis gegen Sexismus“ geeinigt. Bundesfrauenministerin Paus gründete das Bündnis „Gemeinsam gegen Sexismus“ im Februar 2023. Es umfasst bereits jetzt über 480 Mitglieder und wird mit einem Begleitprojekt von der Europäischen Akademie für Frauen in Wirtschaft und Politik (EAF Berlin) unterstützt.

Bundesministerin Lisa Paus, Schirmherrin des Bündnisses:
„Ich freue mich sehr, dass heute alle Kabinettsmitglieder meiner Einladung gefolgt und dem Bündnis ‚Gemeinsam gegen Sexismus‘ beigetreten sind. Mit den Ministerien und in den Ressorts zeigen wir gemeinsam klare Kante. Sexuelle Belästigung hat keinen Platz in unserer offenen, vielfältigen Gesellschaft – dafür setzen alle Ressorts des Bundeskabinetts heute ein starkes Signal! Ich rufe Unternehmen, Verbände und staatliche Stellen auf, es uns gleich zu tun, dem Bündnis beizutreten und Sexismus gemeinsam entschieden den Kampf anzusagen. Zusammen stehen wir ein für eine gleichberechtigte Gesellschaft!“

Das Bündnis „Gemeinsam gegen Sexismus“ hat sich zum Ziel gesetzt, Sexismus und sexuelle Belästigung zu erkennen und mit wirksamen Maßnahmen zu beenden. Sexismus zeigt sich zum Beispiel in Form von Herabwürdigungen oder Machtmissbrauch aufgrund des Geschlechts. Als Massenphänomen kann Sexismus am Arbeitsplatz, im Öffentlichen Raum, auch in Kultur und Medien stattfinden. Die vielen Ausprägungen, von scheinbar harmlosen bis zu gewaltvollen Grenzverletzungen, sind durch die internationale #metoo-Bewegung eindrucksvoll sichtbar geworden.

Sexismus schadet Betroffenen, aber auch Unternehmen, Organisationen und der Gesamtgesellschaft. Unter den über 480 Mitgliedern finden sich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Deutsche Städtetag, der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft und der Deutsche Caritasverband. Bündnispartner sind auch Unternehmen wie Volkswagen, die BMW Group, die Charité, das ZDF und die Deutsche Bahn AG sowie Städte wie Hamburg, Bremen, Bochum, Dortmund oder Erlangen.

Das Bündnis verfolgt einen intersektionalen Ansatz: Es bindet vielfältige Gruppen ein, die mehrfach von Diskriminierung beispielsweise aufgrund ethnischer Herkunft, Behinderung oder auch durch Antisemitismus betroffen sind. Mit öffentlichen Veranstaltungen, Aktionstagen, Ausstellungen oder Handreichungen sind im Kreise der Bündnismitglieder bereits vielfältige Maßnahmen entstanden. Viele gute Beispiele werden auf der Bündnis- Webseite www.gemeinsam-gegen-sexismus.de und im Newsletter des Bündnisses regelmäßig veröffentlicht.

Das von Lisa Paus geführt Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) selbst ergreift bereits eine Vielzahl an Maßnahmen: Ab dem Onboarding-Prozess erhalten Beschäftigte umfassende Informationen über Anlaufstellen, Beschwerdemöglichkeiten und Vorgehen bei Sexismus, sexueller Belästigung und Mobbing. Die Handreichung „Hilfestellung für Betroffene bei sexuellen/sexualisierten Belästigungen und anderen Formen der Belästigung sowie Mobbing im BMFSFJ“ zeigt den Beschäftigten, welche Ansprüche, Unterstützungsangebote und Beratungsstellen es gibt, wenn sie mit sexueller Belästigung oder Mobbing in Kontakt kommen. Das BMFSFJ bietet für alle Beschäftigten Schulungen zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und auch zu Sexismus und sexueller Belästigung an. Für Führungskräfte sind diese Schulungen verpflichtend.

Liste der Bündnispartnerinnen und -partner: https://www.gemeinsam- gegen-sexismus.de/gemeinsame-erklaerung/unterzeichnerinnen/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 08.11.2023

Bessere Rahmenbedingungen für Freiwillige in Jugendfreiwilligendiensten und Bundesfreiwilligendienst

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf des Gesetzes zur Erweiterung der Teilzeitmöglichkeit in den Jugendfreiwilligendiensten sowie im Bundesfreiwilligendienst für Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahres und zur Umsetzung weiterer Änderungen (Freiwilligen-Teilzeitgesetz) beschlossen. Mit dem Gesetzentwurf werden die Rahmenbedingungen für Freiwillige im Bundesfreiwilligendienst (BFD) und in den Jugendfreiwilligendiensten Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) verbessert.

Bundesjugendministerin Lisa Paus: „Ich freue mich, dass wir mit dem Freiwilligen-Teilzeitgesetz sehr konkret auf die Wünsche der Freiwilligen nach mehr Flexibilität eingehen können. Außerdem schaffen wir den Rahmen für ein höheres Taschengeld. So stellen wir die Weichen für eine Zeit, in der die Freiwilligendienste wieder ausgeweitet werden können. Die Freiwilligendienste sind uns wichtig und das Engagement der Freiwilligen ist uns jede Wertschätzung wert.“

Die Freiwilligen erhalten für ihr Engagement ein Taschengeld, dessen Höhe individuell mit den Einsatzstellen vereinbart wird. Dabei gilt eine Obergrenze, die zwar dynamisch ist und jedes Jahr angepasst wird, deren Berechnungsgrundlage jedoch seit Einführung des BFD nicht angepasst wurde.

Das Freiwilligen-Teilzeitgesetz sieht diese Anpassung nun vor. Damit wird auch dem Koalitionsvertrag nachgekommen, in dem die Koalitionsparteien die Erhöhung des Taschengeldes vereinbart haben.

Konkret soll die Obergrenze – auf Basis der für 2023 geltenden Werte – von 438 Euro monatlich auf 584 Euro monatlich, also um 146 Euro, steigen. Zusätzlich sollen Einsatzstellen Mobilitätszuschläge zahlen dürfen. Im Ergebnis können Freiwillige damit deutlich mehr Taschengeld erhalten als bisher.

Mit dem Freiwilligen-Teilzeitgesetz soll für Freiwillige unter 27 Jahren die Möglichkeit geschaffen werden, einen Freiwilligendienst in Teilzeit zu leisten, ohne dass sie dafür persönliche, gesundheitliche oder familiäre Gründe nachweisen müssen, wie es bisher erforderlich ist. Damit werden die Rahmenbedingungen für Freiwillige unter 27 Jahren an diejenigen für lebensältere Freiwillige angepasst. Weiterhin gilt, dass sich der Dienst auf mehr als 20 Stunden die Woche belaufen muss und alle Beteiligten, das betrifft insbesondere die Einsatzstellen, mit der Teilzeit einverstanden sein müssen.

Die Bundesregierung unterstützt damit die Wünsche der Freiwilligen sowie der Einsatzstellen, Träger und Zentralstellen nach besseren Teilzeit-Regelungen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 01.11.2023

Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Lisa Paus, hat sich heute mit dem Kompetenznetzwerk gegen Antisemitismus (KOMPAS) getroffen. Anlässlich des terroristischen Angriffs der Hamas auf Israel und die Auswirkungen auf die in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden, tauschte sich die Ministerin mit KOMPAS zur Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen gegen Antisemitismus aus.

An dem Treffen nahmen teil: Veronika Nahm, Direktorin des Anne Frank Zentrums, Prof. Dr. Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank e.V., Dr. Deborah Schnabel, Direktorin der Bildungsstätte Anne Frank e.V., Derviş Hızarcı, Vorstand der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA) e.V., Benjamin Steinitz, Leiter des Bundesverbands RIAS e.V. sowie Marina Chernivsky, Leiterin des Kompetenzzentrums für Prävention und Empowerment der ZWST und der Beratungsstelle OFEK e.V.

Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: „Zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus ist unverzichtbar. In Anbetracht der terroristischen Angriffe auf Israel und die antisemitischen Auswirkungen, die wir auch in Deutschland erleben, bin ich sehr dankbar für die wichtige Arbeit des Kompetenznetzwerks gegen Antisemitismus. Es ist gut, dass wir als Gesellschaftsministerium über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ diese Arbeit unterstützen können. Situationen wie wir sie derzeit sehen, zeigen die Unverzichtbarkeit antisemitismuskritischer Bildungsarbeit. Es wird deutlich wie sehr wir uns weiterhin dafür einsetzen müssen, dass zivilgesellschaftliche Organisationen auch in Zukunft ihre Arbeit fortführen können und die entsprechende Unterstützung erhalten.“

Veronika Nahm, Direktorin des Anne Frank Zentrums und Koordinierungsstelle des Kompetenznetzwerks Antisemitismus: „Der Terrorangriff auf die Menschen in Israel erschüttert uns zutiefst. Die Gewalt übersteigt unsere Vorstellungskraft, hinterlässt uns fassungslos und traurig: Hunderte Tote, Dutzende Verschleppte, Tausende Verletzte und Traumatisierte. Wir machen uns Sorgen um die Zukunft der gesamten Region, um Freiheit, Sicherheit und Frieden. Unsere Freunde und Kooperationspartner*innen in Israel haben große Sorgen und Ängste. Für Deutschland sehen wir Auswirkungen, die uns noch in den nächsten Jahren begleiten werden: antisemitische Attacken nehmen zu, es gibt Solidarität mit Jüdinnen und Juden in Deutschland, aber oft werden ihre Erfahrungen nicht gesehen und nicht beachtet. Im Kompetenznetzwerk arbeiten wir seit Jahren bundesweit auf verschiedenen Ebenen gegen Antisemitismus. Es ist ein langfristiges Phänomen, auch wenn antisemitische Deutungsmuster in Krisenzeiten Konjunktur haben. Wir brauchen die Voraussetzungen, um langfristig und ausreichend ausgestattet gegen Antisemitismus arbeiten zu können. Die Politik muss diese Voraussetzungen schaffen, für eine funktionierende Demokratie in Deutschland.“

Die Zielgruppen des Kompetenznetzwerks sind Kinder und Jugendliche, aber auch pädagogische Fachkräfte. Entsprechend hoch ist die Anzahl an Beratungsanfragen von betroffenen Jüdinnen und Juden, von Schulen, Sportvereinen und anderen Einrichtungen, die derzeit bei den Trägern des KOMPAS eingehen. Oft handelt es sich um die Frage, wie mit Konfliktsituationen in Schulklassen umgegangen und wie mit Schülerinnen und Schülern über die aktuelle Situation in Israel gesprochen werden kann.

Das Kompetenznetzwerk besteht aus dem Anne Frank Zentrum, der Bildungsstätte Anne Frank, dem Bundesverband der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus, dem Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment sowie der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus. 2020 haben sich die fünf Institutionen zusammengeschlossen, die über eine langjährige Erfahrung im Bereich der Antisemitismusprävention, der antisemitismuskritischen Bildungsarbeit, der Beratung sowie der Dokumentation und Analyse antisemitischer Vorfälle verfügen. Gefördert wird KOMPAS über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“.

https://kompetenznetzwerk-antisemitismus.de/
https://www.demokratie-leben.de/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 18.10.2023

Auf die schwierige Situation von Eltern in Regenbogenfamilien haben Experten in einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Mittwochvormittag hingewiesen. Insbesondere kritisierten die geladenen Sachverständigen die fehlende rechtliche Absicherung der Elternschaft des zweiten Elternteils, also jenes, der das Kind nicht geboren hat.

Die sogenannte Stiefkindadoption als derzeit einzige Möglichkeit gleichgeschlechtlicher Paare, auch die Elternschaft des zweiten Elternteils anerkennen zu lassen, sei keine gute Option und mit vielen Unwägbarkeiten verbunden, betonte unter anderem Gesa Teichert-Akkermann von der Initiative „nodoption“, die sich für die Anerkennung der Elternschaft in Regenbogenfamilien einsetzt. Es könne sein, dass diese Adoption einfach und schnell gehe, meistens dauere das Verfahren jedoch sehr lange, das Privatleben der Familien werde, auch durch das Jugendamt, durchleuchtet und bewertet. Für diesen Prozess gebe es keine einheitlichen Kriterien und solange die zweite Elternschaft nicht anerkannt sei, lebten die Familien in großer Unsicherheit. Durch die derzeitige Rechtslage sei „unser Wunschkind zu einem Kind einer Alleinerziehenden“ gemacht worden, das nicht so abgesichert und geschützt sei wie ein Kind mit Vater und Mutter, erläuterte sie.

Auch Lyci Chebout, Vizepräsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, und Dirk Siegfried von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ) forderten eindringlich eine juristische Klärung zugunsten der betroffenen Familien. Es gehe dabei nicht um Biologie, sondern um eine einfache rechtliche Absicherung, die durch eine Reform des Abstammungsrechts auch einfach umzusetzen sei, sagte die Juristin. Das Geschlecht dürfe bei der Eltern-Kind-Zuordnung keine Rolle spielen, forderte sie. Dirk Siegfried kritisierte, dass die Gesellschaft offenbar immer noch glaube, lesbische Mütter seien die schlechteren Mütter. Anders sei die Ungleichbehandlung nicht zu erklären und leider habe auch die „Ehe für alle“ daran nichts geändert. Er forderte unter anderem, dass Eltern schon vor der Zeugung ihre Verantwortung rechtlich absichern können. Dadurch, dass dies bisher noch nicht möglich sei, entstünden viele Konflikte, so Siegfried.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 827 vom 08.11.2023

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen), rechnet mit jährlichen Ausgaben in Höhe von 7,5 Milliarden Euro für die geplante Kindergrundsicherung. Während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montag sagte Lehmann, die immer wieder genannte Ausgabenhöhe von 2,4 Milliarden Euro beziehe sich auf eine Inanspruchnahme-Quote von 50 Prozent. „Wir hoffen, dass die Quote irgendwann bei mindestens 90 Prozent liegen wird“, sagte er. Dann sei von einer Investition von etwa 7,5 Milliarden Euro auszugehen. Das gehe dann auch stärker in die Richtung der von Familienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) ursprünglich genannten zwölf Milliarden Euro.

Diese zwölf Milliarden Euro „als absolute Untergrenze“ für die Kindergrundsicherung fordert die Petentin Anne Dittmann in einer öffentlichen Eingabe (ID 153338), die 54.960-mal innerhalb der in den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses vorgegebenen Vier-Wochenfrist mitgezeichnet und daher öffentlich beraten wurde. Nur so könne die Kinderarmut in Deutschland bekämpfen werden, heißt es in der Petition. „Wir fordern nicht mehr als das Versprechen im aktuellen Koalitionsvertrag ein, auf das sich die Ampel mal geeinigt hat“, schreibt Dittmann.

Kinderarmut, so die Petentin, werde strukturell erzeugt und sei kein Zeichen mangelnder Bildung. Sie beträfe vor allem Einelternfamilien und Familien mit drei und mehr Kindern. Die Ursachen seien vielschichtig: Alleinerziehende würden etwa in der Steuerklasse II ähnlich besteuert wie Singles in Steuerklasse I, „obwohl sie nicht nur Lohnarbeiten, sondern sich auch gleichzeitig um Kinder kümmern“. Dazu komme das Fehlen von 380.000 Kita-Plätzen in diesem Jahr. Die vorhandene Betreuung sei zudem in weiten Teilen Deutschland kostenintensiv. „Der Gender-Pay-Gap und die Orientierung an der 40-Stunden-Woche als Standard benachteiligen vor allem Menschen mit Fürsorgeverantwortung, insbesondere Mütter“, macht die Petentin deutlich.

Während der Sitzung äußerte sich Dittmann auch zur Finanzierbarkeit der Maßnahme. Aus dem Kreis der Abgeordneten gefragt, ob sie denn angesichts leerer Haushaltskassen die Neuverschuldung oder die Steuern erhöhen wolle, verwies die Petentin auf die Folgekosten der Kinderarmut, die laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bei jährlich 120 Milliarden Euro lägen. „Wer bezahlt die denn?“, fragte sie. Die aktuelle Sparpolitik sei Unsinn, befand sie.

Die die Petentin begleitende Vorstandsvorsitzende des Vereins SOS Kinderdorf, Sabina Schutter, machte auf den Kinderfreibetrag aufmerksam, der in der aktuellen Reform nicht angefasst werde. Auch bei den 2014 beschlossenen familienbezogenen Leistungen fänden sich zahlreiche Leistungsbereiche, die keine armutsbekämpfende Wirkung entfalten aber Kosten verursachen würden. „Die könnte man wunderbar in eine Kindergrundsicherung integrieren“, sagte sie mit Blick auf die Finanzierungsfrage.

Familien-Staatssekretär Lehmann zeigte sich überzeugt, dass die Kindergrundsicherung die Situation von bedürftigen Familien verbessern werde. Insbesondere für Familien, die derzeit im Bürgergeldbezug seien, gäbe es viele Vorteile. Lehmann nannte es ungerecht, dass derzeit das Kindergeld auf Sozialleistungen angerechnet werde. „Das ändert sich jetzt“, sagte er. Alle Kinder- und Jugendlichen hätten Anspruch auf einen Kindergarantiebetrag, der das Kindergeld ersetze, sowie auf einen Zusatzbetrag. Je geringer das Einkommen der Eltern ist, desto höher sei diese Leistung.

Lehmann verwies zugleich auf den bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) anzusiedelnden Familienservice. Das werde die zentrale Stelle für die Leistungen für Familien werden, die derzeit noch sehr zersplittert seien. Familien seien künftig nicht mehr auf ihr eigenes Wissen angewiesen oder auf Sozialarbeiter, die ihnen erklären, welche Ansprüche sie haben und wie sie diese einfordern müssen. Das nehme der Familienservice den Familien ab, „wenn sie zustimmen“, sagte der Staatssekretär.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 814 vom 06.11.2023

Die „Wohnkostenlücke 2022“ ist Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (20/8931). Darin führt die Fraktion aus, dass die Wohnkosten in den Grundsicherungen in tatsächlicher Höhe übernommen würden, sofern sie als angemessen bewertet werden. Richtwerte für die Angemessenheit würden kommunal berechnet, was extrem schwierig sei und immer wieder zu Lücken beim Existenzminimum führt. Diese „Wohnkostenlücke“ bestritten die Betroffenen oft aus dem Regelsatz, weil es keinen günstigeren Wohnraum gebe. Das Geld fehle dann etwa für Nahrungsmittel oder Kleidung.

Seit 2023 werde bei neuen Leistungsbeziehern im ersten Jahr die Miete nicht auf Angemessenheit überprüft, sondern immer voll übernommen, schreibt die Fraktion weiter. Damit werde die Wohnkostenlücke „aber nur verkleinert, nicht geschlossen“: Wissen will die Fraktion unter anderem, in welcher Höhe die Kosten der Unterkunft und Heizung, „die für Leistungsberechtigte des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch im Jahr 2022 tatsächlich angefallen sind“, nicht übernommen wurden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 795 vom 25.10.2023

Die CDU/CSU-Fraktion will das Kindergeld und den Kinderfreibetrag und erhöhen. Sie hat dazu einen Antrag (20/8861) mit dem Titel „Arbeitende Mitte stärken – Steuerbelastung senken“ vorgelegt.

Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel sollen der Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum um zwölf Prozent steigen, fordert die Unionsfraktion. Das Kindergeld für 2024 sei entsprechend anzuheben und die bis 2022 bestehende Stufung für kinderreiche Familien ab dem dritten und vierten Kind wiedereinzuführen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 787 vom 19.10.2023

Finanzielle Unterstützung für schwangere Frauen ohne Versicherungsschutz

Im Frühjahr 2022 ist der Gesundheitsfonds der Region an den Start gegangen, der Menschen ohne Krankenversicherung aus der Region Hannover unterstützt und notwendige Behandlungen, Heil- und Hilfsmittel, Medikamente und Zuzahlungen finanziert. Jetzt legt die Region speziell für schwangere Frauen ohne Krankenschutz nach: Der Geburtenfonds richtet sich an mittellose schwangere Frauen, die seit mindestens drei Monaten in der Region Hannover leben und für die kein Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Versorgung aus einer Krankenversicherung oder dem Sozialleistungsrecht ermittelt werden konnte. Dafür sind zunächst insgesamt 180.000 Euro bis 2026 eingeplant. Heute (5. September) hat der Ausschuss für Soziales, Wohnungswesen, Gesundheit und Teilhabe der Region einstimmig grünes Licht für die Einrichtung des Fonds gegeben, final entscheidet am 14. November die Regionsversammlung.

„Frauen ohne Versicherungsschutz fehlt nicht nur eine übliche Vor- und Nachsorge in der Schwangerschaft, sie können auch keine regulären Geburtstermine in den Kliniken vereinbaren, sondern werden nur als Notfälle versorgt. Die Krankenhäuser stellen die Geburt den Frauen in Rechnung. Das kann materiell und psychisch schwer belastend für die Frauen sein, wenn sie die Rechnung nicht bezahlen können“, so Sozialdezernentin Dr. Andrea Hanke. „Der Geburtenfonds soll die Frauen in der ohnehin anstrengenden Situation die finanziellen Sorgen nehmen und den Zugang zur notwendigen Gesundheitsversorgung ermöglichen.“

Der Geburtenfonds soll vor allem die Kosten für die Geburt abdecken. Er greift dann, wenn die Mitarbeiter*innen der Clearingstelle keinen individuellen Anspruch auf Versicherungsschutz oder Hilfen zur Gesundheit ermitteln konnten. Mit der Bescheinigung der Clearingstelle können die Frauen regulär in den Kliniken des Regionsgebiets entbinden, ohne dass sie hierfür als Notfall eingeliefert werden müssen. Die Kliniken wiederum können ein Drittel der abrechenbaren Kosten über den Fonds abrechnen.

Für die notwendige medizinische Beratung, Betreuung und Versorgung der Schwangeren während der Schwangerschaft oder der nachgeburtlichen Phase hat sich das Gesundheitsamt der Region Hannover bereits als fachliche Ergänzung zur Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung etabliert. „Oft sind dies Frauen ohne Aufenthaltsstatus und ohne Zugang an die reguläre Gesundheitsversorgung. Mit dem Angebot der Beratungssprechstunde wollen wir verhindern, dass Frauen aufgrund von unter anderem Sprachbarrieren oder sozialer Hintergrundproblematik größeren gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind“, sagt Gesundheitsdezernentin Christine Karasch.

Kontakt:

Beratungsstelle für sexuelle Gesundheit, Weinstraße 2, 30171 Hannover, Telefon (0511) 616-43148, E-Mail: Aids.STD-Beratung@region-hannover.de.

Clearingstelle für Gesundheitsversorgung, Große Packhofstraße 27-28, 30159 Hannover, Telefon (0511) 21 33 91 66, E-Mail: info@clearing-gesundheit-hannover.de

Zur Clearingstelle
Die Clearingstelle hat seit 2021 ihren Sitz in Hannovers Innenstadt Die Mitarbeiter*innen helfen Menschen ohne Krankenversicherung, den individuellen Anspruch auf eine Versicherung oder Hilfen zur Gesundheit zu ermitteln – von der Aufnahme in eine gesetzliche oder private Krankenversicherung bis zu Leistungen der Sozialhilfe oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Die Beratungen finden in den Sprachen Deutsch, Arabisch, Französisch, Englisch und Rumänisch statt, bei Bedarf können auch weitere Sprachen abdeckt werden.

Quelle: Pressemitteilung Region Hannover vom 05.09.2023

Nicht nur die Bildungschancen, sondern auch die Gesundheit von Kindern werden wesentlich vom Elternhaus geprägt – mit lebenslangen Folgen für das Wohlbefinden. Neue Analysen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) haben den engen Zusammenhang zwischen der Gesundheit im Erwachsenenalter und dem Bildungsabschluss der Eltern mit aktuellen Daten belegt. Demnach sind Menschen aus bildungsfernen Familien noch im Erwachsenenalter häufiger übergewichtig und schätzen ihre eigene Gesundheit schlechter ein als Kinder höher gebildeter Eltern. Die Daten der Untersuchung basieren auf der familiendemografischen Langzeitbefragung FReDA.

So hat fast die Hälfte der Befragten im Alter zwischen 18 und 50 Jahren, deren Eltern kein Abitur haben, einen Body-Mass-Index von über 25 und gilt damit als übergewichtig. Bei Personen, deren Eltern beide das Abitur haben, beträgt der Anteil der Übergewichtigen nur knapp ein Drittel. Gleichzeitig fühlen sich Menschen aus einem gebildeten Elternhaus gesünder: 77 Prozent beurteilen ihren eigenen Gesundheitszustand als gut oder sehr gut, bei Kindern von Eltern ohne Abitur sind es mit 66 Prozent weniger. „Unsere Analysen belegen eine deutlich schlechtere Gesundheit bei Menschen mit niedrig gebildeten Eltern“, erklärt Dr. Mathias Huebener vom BiB die Ergebnisse.

Für die ausgeprägten gesundheitlichen Unterschiede, die sich nach dem Bildungsniveau der Eltern abzeichnen, gibt es zahlreiche Erklärungen: Zunächst erzielen Kinder aus gebildeteren Familien häufig bessere Bildungsergebnisse sowie höhere Einkommen in körperlich weniger beanspruchenden Tätigkeiten, was bereits zu einer besseren Gesundheit beitragen kann. Des Weiteren unterscheidet sich mit dem Bildungsstand der Eltern auch das soziale Umfeld, in dem Kinder aufwachsen und durch gesundheitsbezogene Lebensweisen geprägt werden. Bessere Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten, die in der Familie und dem Umfeld mitgeprägt werden, könnten bis ins Erwachsenenalter positiv nachwirken.

Die Autorinnen und Autoren der Studie empfehlen, Bildungsdefizite rechtzeitig zu vermeiden. „Langfristig wird sich die schlechtere gesundheitliche Verfassung in einer geringeren Lebenserwartung ausdrücken“, meint Mitautorin Dr. Mara Barschkett. Daher sei es wichtig, bestehenden Nachteilen früh im Leben entgegenzuwirken. „Ein Ansatz ist, Kindern unabhängig vom elterlichen Hintergrund den Zugang zu qualitativ guter Bildung zu ermöglichen.“ Derartige Investitionen begünstigen nicht nur den eigenen Lebensverlauf, sondern verbessern auch die Chancen nachfolgender Generationen und nutzen das Potenzial der Menschen unserer Gesellschaft besser, worauf es beim demografischen Wandel immer mehr ankommen wird.

Die Originalpublikation kann hier heruntergeladen werden:

http://www.bib.bund.de/Publikation/2023/Eltern-ohne-Abitur-Kinder-langfristig-weniger-gesund.html?nn=1213826

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 07.11.2023

Studie analysiert Einkommen und Vermögen von Pflegehaushalten in Deutschland und vergleicht sie mit übriger Bevölkerung – Einkommen haben sich angeglichen, Vermögen weiter sehr unterschiedlich – Leistungen der Pflegeversicherung sollten erhöht und an Inflation gekoppelt werden

Seit der Pflegereform des Jahres 2017 profitieren deutlich mehr Pflegehaushalte von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Dabei handelt es sich um Haushalte, in denen eine pflegebedürftige Person ab 60 Jahren zu Hause betreut wird, meist von Angehörigen. Einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zufolge haben Personen in diesen Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen von durchschnittlich gut 2.000 Euro mittlerweile ähnlich viel zur Verfügung wie Personen ab 60 Jahren in anderen Haushalten. Nicht zuletzt die Erhöhung des Pflegegeldes, das fast 59 Prozent aller Pflegebedürftigen erhalten (im Durchschnitt gut 530 Euro pro Monat), hat dazu beigetragen, die Einkommenslücke zu schließen. „Die Pflegereform hat die Leistungen für die ambulante Betreuung von Pflegebedürftigen klar verbessert“, sagt Johannes Geyer, stellvertretender Leiter der Abteilung Staat im DIW Berlin. „Mehr Haushalte können Leistungen der Pflegeversicherung beanspruchen und tun dies auch – für viele Betroffene ist die Reform eine dringend benötigte Erleichterung.“ Die Studie stellt der jüngsten Pflegereform mit Blick auf die finanzielle Situation betroffener Haushalte also ein zumindest in Teilen positives Zwischenzeugnis aus, zeigt aber auch weiteren Handlungsbedarf auf.

Vor allem alleinlebende Pflegebedürftige häufig mit geringen finanziellen Rücklagen

So gibt es etwa mit Blick auf die Vermögen nach wie vor große Unterschiede zwischen Pflege- und anderen Haushalten, wie die Berechnungen auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ebenfalls zeigen. Insbesondere alleinlebende Pflegebedürftige, die insgesamt über 40 Prozent aller Pflegehaushalte in Deutschland ausmachen und oft Frauen sind, haben ein vergleichsweise dünnes finanzielles Polster – wenn überhaupt: Fast ein Drittel von ihnen hat gar kein Vermögen oder ist sogar verschuldet. Zum Vergleich: Unter allen Pflegehaushalten trifft das nur auf gut jeden fünften zu, unter den Haushalten ohne eine pflegebedürftige Person ist die Quote mit 18 Prozent nochmals geringer. „Für das Wohlergehen im Alter spielt neben dem Einkommen auch das Vermögen eine zentrale Rolle“, betont Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat im DIW Berlin. „Viele Pflegehaushalte haben langfristig keine ausreichenden finanziellen Rücklagen, um angesichts steigender Pflegekosten dauerhaft über die Runden zu kommen.“

„Der Staat verlässt sich hierzulande immer noch sehr stark darauf, dass Angehörige die Pflege übernehmen. Angesichts unserer alternden Bevölkerung kann das aber nicht ewig gut gehen.“ Johannes Geyer

Im Durchschnitt müssen Pflegehaushalte jeden Monat rund sieben Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Pflege aufbringen – aufgrund der aktuellen Preisentwicklung dürfte dieser Anteil sogar noch höher sein, denn die massive Inflation der vergangenen Monate ist in den für die Studie verwendeten Daten noch gar nicht enthalten. Kosten fallen in Pflegehaushalten beispielsweise für ambulante Pflegedienste an, aber auch für den pflegegerechten Umbau der Wohnung, für Medikamente, Hilfsmittel und Therapien.

Finanzbedarf der Pflegeversicherung könnte auch durch private Zuzahlungen gedeckt werden

Die Studienautoren empfehlen daher einen weiteren Ausbau der sozialen Pflegeversicherung. Dazu zählt mehr finanzielle Unterstützung, etwa durch eine zeitnahe Kopplung des Pflegegeldes an die Inflation, ebenso wie mehr professionelle Pflege. „Der Staat verlässt sich hierzulande immer noch sehr stark darauf, dass Angehörige die Pflege übernehmen“, sagt Geyer. „Angesichts unserer alternden Bevölkerung kann das aber nicht ewig gut gehen.“ Familienangehörige müssten viel Zeit und Kraft aufbringen und könnten währenddessen entweder nicht erwerbstätig sein, was wiederum das Haushaltseinkommen schmälere, oder litten unter der Doppelbelastung. „Die Folge ist oft Überforderung“, so Geyer.

Eine Leistungsausweitung der Pflegeversicherung würde den Finanzbedarf deutlich erhöhen – zumal angesichts der steigenden Zahl der Leistungsempfänger*innen. Allein in der ambulanten Pflege dürften zu den zuletzt rund vier Millionen Personen jedes Jahr etwa 300.000 hinzukommen. Eine Möglichkeit zur Deckung des zusätzlichen Finanzbedarfs wären Geyer und Haan zufolge einkommens- und vermögensabhängige private Zuzahlungen. Auch der Vorschlag einer Bürgerversicherung, also die Verbindung von privater und gesetzlicher Pflegeversicherung, sei sinnvoll, da das Pflegerisiko von besser situierten Menschen mit privater Pflegeversicherung deutlich geringer ist. „Bei allen Reformen muss darauf geachtet werden, dass Menschen mit hohem Pflegerisiko, aber geringem Einkommen die gleiche Pflegequalität erhalten wie Menschen mit höherem Einkommen“, so Haan.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 26.10.2023

Neue Forschungsergebnisse zum Thema „Jungsein in unsicheren Zeiten“ werden auf der DJI-Jahrestagung am 7. und 8. November 2023 in Berlin vorgestellt

Die Coronapandemie, Kriege, Preissteigerungen und die Klima-Krise haben Unsicherheiten und Sorgen junger Menschen verschärft. Hinzu kommen Krisen in besonderen Lebenslagen, etwa durch Flucht und Migration, bei Armut, aber auch durch Instabilität von Partnerschaften, die Familien und ihren Mitgliedern eine Neuorientierung abverlangen. Vor welchen Herausforderungen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene angesichts der aktuellen Ereignisse stehen und welche Probleme in der Kinder- und Jugendhilfe, in Kommunen und Politik zu bewältigen sind, diskutierten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Fachpraxis auf der Jahrestagung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) am 7. und 8. November in Berlin.

Die wissenschaftliche Tagung ist gleichzeitig Anlass, das 60-jährige Bestehen des DJI zu feiern. Am ersten Abend der Fachtagung hielt Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), ein Grußwort. DJI-Direktorin Prof. Dr. Sabine Walper präsentierte Einblicke in die Geschichte des DJI und erläuterte Forschungsthemen und Herausforderungen der Zukunft. Auch der neu eingerichtete Jugendbeirat des DJI wurde vorgestellt.

Am 8. November, stellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Forschungsprojekte und -ergebnisse vor, unter anderem zu den Themen „Folgen der Pandemie und anderer Krisen für Schulen“, „Kommunale Unterstützungsstrukturen und Perspektiven junger Geflüchteter und Migrantinnen und Migranten“, „Langzeitstudien für die Kinder- und Jugendhilfe“, „Familien in Umbruchsituationen“, „Armutserfahrungen von Kindern und Jugendlichen“ und „Politische Sozialisation“. Im Folgenden eine Auswahl an Forschungsthemen und -ergebnissen.

Ergebnisse der Ukraine-Forschung am DJI

Aktuelle Forschungsbefunde des DJI geben Einblick in die Lebenslagen von Kindern, Jugendlichen und Müttern, die aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet sind, und analysieren die Unterstützungsstrukturen, vor allem in der Kinder- und Jugendhilfe sowie in den kommunalen Verwaltungen.

Die Befunde zeigen: Die Kommunen bieten vielfältige Hilfen an und versuchen, durch Netzwerkarbeit ihre zu geringen Ressourcen und Kapazitäten zu kompensieren. Helferinnen und Helfer aus der Zivilgesellschaft sind eine wesentliche Säule der Integration. Die Jugendlichen betonen die Bedeutung von Freunden, Familie und Lehrkräften als wichtiges Unterstützungsnetzwerk. Mitarbeitende der Kommunen heben die Bildungsmotivation der Geflüchteten hervor, sehen aber Hindernisse in der angespannten Situation des deutschen Bildungssystems. Jugendliche spüren die Limitationen durch die begrenzten Ressourcen der Schulen. Sprach-, Kultur- und Freizeitangebote seien essentiell für Integration und Normalitätserfahrungen.

Auch zum Thema Gesundheit liegen Ergebnisse der DJI-Ukraine-Forschung vor: Laut der Mitarbeitenden der Kommunen ist der allgemeine Gesundheitszustand Geflüchteter bei ihrer Ankunft gut. Interviews zeigen jedoch einen hohen psychischen Beratungsbedarf bei den Jugendlichen. Auch die Frage der Ungleichbehandlung zwischen Geflüchteten-Gruppen, also Geflüchteten aus der Ukraine und Geflüchteten, die unter den Rahmenbedingungen des Asylbewerberleistungsgesetzes in Deutschland leben, beschäftigt die jungen Menschen. Die Ungleichbehandlung ist den Mitarbeitenden der Kommunen bewusst. Sie suchen nach Lösungen und werfen die Frage auf, ob Angebote für alle gleich zugänglich gemacht und bedarfsgerecht gestaltet werden könnten.

Trotz vieler Koordinationsanstrengungen aller Beteiligten fehlt es an Platzangeboten, Fachkräften und finanziellen Ressourcen sowie teilweise auch an ausreichender Angebotskenntnis seitens der Zielgruppe. Positiv bewertet werden die zügige Unterbringung der Geflüchteten sowie die Möglichkeit, ihre Bildungskarrieren möglichst bruchlos fortzusetzen. Zudem erweisen sich niedrigschwellige, mehrsprachige Angebote der Zivilgesellschaft häufig als Schlüssel für eine gelungene Integration.

Unsichere Zeiten: Gestaltungsmuster und Beratungsbedarfe von Familien in Umbruchsituationen

Trennung, Scheidung oder Flucht stellen Umbruchsituationen dar, die das Familienleben stark verändern können. DJI-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen in einer Vielzahl von Projekten die Lebenslagen der Familienmitglieder, ihren Zugang zu Unterstützungsangeboten und deren Wirkung – von der Kindertagesbetreuung über Frühe Hilfen bis zur Beratung von konfliktbelasteten Nachtrennungsfamilien. Ob und welche Unterstützungsangebote gesucht und angenommen werden, erweist sich dabei oft als selektiv, das heißt als abhängig von Ressourcen der Betroffenen, aber auch von regionalen Faktoren.

Alleinerziehende sind im Alltag besonders gefordert und haben oft nur eingeschränkte Möglichkeiten, zusätzliche Erschwernisse abzufedern. In der Coronapandemie verloren insbesondere alleinerziehende Mütter an Wohlbefinden und waren weniger mit ihrem Leben zufrieden als Mütter in Paarhaushalten. Aktuell sind viele aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtete Mütter alleinerziehend. Sie tragen neben der Alleinverantwortung für die Kinder auch die Sorge um zurückgelassene Angehörige und müssen oft belastende Kriegs- und Fluchterfahrungen verarbeiten. Trotz überwiegend mäßiger Deutschkenntnisse sind die Erwerbswünsche der Mütter hoch. Unkenntnis, Sprachdefizite und fehlende Kitaplätze stehen der Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten entgegen.

Armutserfahrungen bei Kindern und Jugendlichen

Mit dem Nationalen Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“ (NAP) setzt Deutschland die EU-Ratsempfehlung zur Ein­füh­rung einer Europäischen Garantie für Kinder um. Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, bis zum Jahr 2030 Zugang zu hochwertiger frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung, zu schulbezogenen Aktivitäten, einer hochwertigen Gesundheitsversorgung, ausreichender und gesunder Ernährung sowie angemessenem Wohnraum zu gewährleisten. Dabei sollen Kinder und Jugendliche kontinuierlich als Experten in eigener Sache an der Umsetzung des NAP beteiligt werden.

Forscherinnen und Forscher der am DJI angesiedelten Service- und Monitoringstelle (ServiKiD), die die Ausgestaltung und Umsetzung des NAP unterstützt, erörtern im Rahmen der wissenschaftlichen Jahrestagung unterschiedliche Blickwinkel von Kindern und Jugendlichen auf gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten. Sie zeigen, wie wichtig es ist, die befragten Kinder und Jugendliche über ihre Bedürfnisse, Wünsche und Bedarfe im Kontext von Armutslagen zu Wort kommen zu lassen. Kinder und Jugendliche, die von Armut betroffen sind, berichten häufig von familialen Konflikten sowie gesundheitlichen und psychischen Belastungen in Familien, die ihre gesellschaftliche Teilhabe maßgeblich beeinträchtigen. Eines von vielen Beispielen sind hierbei die Perspektiven aus einer Jugendeinrichtung aus dem Münchner Norden. Sowohl die pädagogische Leitung als auch die Jugendlichen selbst berichten – als wahre Expertinnen – über ihre Erfahrungen.

Folgen der Pandemie und andere Krisen verändern Schule

Gesellschaftliche Wandlungsprozesse der vergangenen Jahre haben im Leben und der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen deutliche Spuren hinterlassen. Umfassende wissenschaftliche Befunde zeigen, wie sehr Kinder und Jugendliche unter den Zeiten strenger Einschränkungen der Sozialkontakte während der Pandemie gelitten haben und dass die anhaltenden Krisen wie Kriege, Inflation sowie Klimakrise zu Unsicherheit, Frustration und Resignation bis hin zu deutlichen Beeinträchtigungen des Wohlbefindens führen. Wenngleich sich in einigen Bereichen des psychischen Wohlbefindens eine leichte Erholung gegenüber den Einschränkungen der Pandemie abzeichnet, bestehen in anderen Bereich doch bedenkliche mittelfristige Folgen.

Dazu zählen gravierende Lernrückstände, fehlende Lern- und Arbeitstechniken sowie Auffälligkeiten in der Selbstregulationsfähigkeit und im Sozialverhalten für substanzielle Anteile der jetzigen Generation von Schülerinnen und Schülern. Die Forscherinnen und Forscher kombinieren Befunde aus der Wissenschaft, der Bildungsadministration und der Schulpraxis, um zu überlegen, welche Konsequenzen dies für die Gestaltung von Bildungsprozessen haben muss und wie Forschung, Steuerung und Fachpraxis darauf reagieren können.

Kinder- und Jugendhilfe im Wandel – 30 Jahre Forschung zur Kinder- und Jugendhilfe

Die Kinder- und Jugendhilfe hat in den vergangenen dreißig Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen und ist heute für junge Menschen und ihre Familien ein normaler Bestandteil des Aufwachsens und der Unterstützungsinfrastruktur. Im DJI-Projekt „Jugendhilfe und sozialer Wandel“ werden seit dreißig Jahren Angebote, Strukturen und Verfahren der Kinder- und Jugendhilfe empirisch abgebildet und analysiert. Dazu werden Jugendämter sowie Einrichtungen und Dienste in öffentlicher und freier Trägerschaft verschiedener Arbeitsfelder, zum Beispiel in der Kinder- und Jugendarbeit oder auch den Hilfen zur Erziehung, wiederholt befragt. Hinsichtlich vieler Aspekte zeigt sich in der Kinder- und Jugendhilfe Stabilität. Veränderungen werden oft erst über einen längeren Zeitraum sichtbar.

Ein Beispiel für Neuerungen insbesondere als Folge der Fachdiskussion und der Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben des Sozialgesetzbuches SGB VIII sind Mitbestimmungsgremien in Einrichtungen der stationären Hilfen zur Erziehung. Im Jahr 2019 haben fast zwei Drittel der größeren Einrichtungen ein solches Gremium und damit doppelt so viele wie im Jahr 2004. An diesem Beispiel zeigt sich auch, dass die Umsetzung gesetzlicher Regelungen in der Praxis Zeit benötigt. Ein anderes Beispiel für längerfristige Veränderungen ist die Trägerstruktur. Im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit, vor allem in Jugendzentren, ist über einen langen Zeitraum eine Abnahme der Trägerpluralität erkennbar. An der Entwicklung der Aufnahmehindernisse und Ausschlusskriterien, die von Einrichtungen der stationären Hilfen zur Erziehung benannt werden, ist erkennbar, wie die Bearbeitbarkeit von Problemkonstellationen eingeschätzt wird und sich das Ausmaß der Spezialisierung von Einrichtungen entwickelt.

Politische Sozialisation, Demokratie und Engagement im Jugendalter

Das Jugendalter ist geprägt von zahlreichen Entwicklungen der Selbstwahrnehmung, Selbstpositionierung und Verselbstständigung. Auch in Bezug auf ihre Haltungen zu Politik und Engagement durchlaufen Jugendliche zahlreiche Veränderungen, die sie teils für lange Zeit prägen. Der Begriff politische Sozialisation beschreibt diese Entwicklungen und verweist auf empirische Befunde und Forschungen, die diese Prozesse sichtbar und verstehbar machen wollen. Schule, Kinder- und Jugendhilfe, außerschulische politische Bildung sind Systeme und Ansätze, in und mit denen politische Sozialisation verläuft. DJI-Forscherinnen und Forscher begleiten diese Entwicklungsschritte und empirischen Befunde und machen die unterschiedlichen Facetten sichtbar. Im Mittelpunkt steht zum einen die Frage, wie die politische Sozialisation von Jugendlichen verläuft. Zum anderen werden aber auch institutionelle Sozialisationskontexte betrachtet. Mit Blick auf verschiedene Bundesprogramme des BMFSFJ wird analysiert, wie Sozialisationskontexte gezielt gestaltet werden sollen, um die politische Sozialisation von Jugendlichen zu beeinflussen. Dabei wird deutlich, dass sich die Schwerpunktsetzungen wie auch die Ziele der Programme im Laufe der Zeit verändert haben.

Pressemeldung

https://www.dji.de/veroeffentlichungen/aktuelles/news/article/jungsein-in-unsicheren-zeiten.html

60 Jahre Deutsches Jugendinstitut

https://www.dji.de/ueber-uns/60-jahre-dji.html

Programm der wissenschaftlichen Jahrestagung des DJI

https://www.dji.de/ueber-uns/veranstaltungen/detailansicht/veranstaltung/new643525be0b8a6629565294-jungsein-in-unsicheren-zeiten.html

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut (DJI) vom 07.11.2023

Gesellschaftliche Debatten und politische Reformen haben die Forschung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) geprägt, seit es im Jahr 1963 seine Arbeit aufgenommen hat – das zeigt die aktuelle Ausgabe des Forschungsmagazins DJI Impulse. Und umgekehrt haben auch Forschungsergebnisse des Instituts politische Prozesse und Einstellungsänderungen in der Bevölkerung angeregt, wie etwa das Autor:innenteam um Dr. Felix Berth und Prof. Dr. Bernhard Kalicki aus der Abteilung „Kinder und Kinderbetreuung“ in einem Beitrag über die Entwicklung der Kindertagesbetreuung veranschaulicht.

So evaluierten Wissenschaftler:innen des DJI in den 70er-Jahren das Modellprojekt „Tagesmütter“ und bilanzierten, dass die Kleinkinder – entgegen großer gesellschaftlicher Vorbehalte gegenüber außerfamiliärer Betreuung – in ihrer sozialen Entwicklung davon profitierten. Und Anfang der 2000er Jahre belegte eine DJI-Studie erstmalig empirisch den Betreuungsbedarf der Eltern ein- und zweijähriger Kinder, der damals nicht annährend gedeckt war und zur Zielmarke für den folgenden Krippenausbau wurde: 30 Prozent der Eltern artikulierten für ihre einjährigen Kinder Bedarf an Betreuungsplätzen; bei Zweijährigen erreichte dieser Wert sogar 60 Prozent. Heute erhebt die DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS) für alle Bundesländer die aktuelle Betreuungssituation und den elterlichen Betreuungsbedarf für Kinder bis zum Grundschulalter. Die Ergebnisse zeigen, dass das Angebot trotz massiven Ausbaus immer noch nicht ausreicht: 49 Prozent der befragten Eltern äußerten im Jahr 2022 den Wunsch nach einem Platz in der Kindertagesbetreuung für ihre Kinder unter drei Jahren. Doch nur rund 36 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe wurden tatsächlich in einer Kindertageseinrichtung oder in der Tagespflege betreut.

Mütter im Balanceakt

„Obwohl sich Mütter heute stärker am Arbeitsmarkt beteiligen, sind sie nach wie vor die Familienmacherinnen – und ihre Herausforderungen im Wesentlichen dieselben wie vor 60 Jahren“, schreibt PD Dr. Christina Boll, Leiterin der DJI-Familienabteilung in ihrem Artikel über die Familienforschung am DJI. Denn ungeachtet der gestiegenen Bildung und Erwerbsintegration der Mütter leisten diese noch immer den Löwenanteil der unbezahlten Care- und Hausarbeit. Dass es die Frauen sind, die im Job kürzertreten oder ihn ganz aufgeben, wenn sich Nachwuchs ankündigt oder die Pflege von Angehörigen ansteht, erweise sich angesichts hoher Scheidungsraten und Armutsrisiken von Frauen als Alleinerziehende und im Alter als kurzsichtig. Jede fünfte Frau ab 65 Jahren war im Jahr 2022 armutsgefährdet. Die Familien- und Arbeitsmarktforscherin Christina Boll fordert vor diesem Hintergrund nicht nur ein funktionierendes Betreuungssystem, „sondern auch eine lebensformunabhängige soziale Absicherung durch familientaugliche Erwerbsmöglichkeiten und eine stärkere Honorierung von Care-Arbeit, insbesondere von geleisteter Pflegearbeit, im sozialen Sicherungssystem“.

Väter zwischen alten Idealen und neuen Rollen

Dass die vielfach – und verstärkt von jungen Eltern – geäußerten Wünsche nach einer gleichmäßigeren Aufteilung bezahlter und unbezahlter Arbeit derzeit kaum realisiert werden, zeigt auch der Artikel über Väter von Dr. Anna Buschmeyer und Dr. Claudia Zerle-Elsäßer. Das zu Beginn der Coronapandemie gestiegene Engagement von Vätern bei der Kinderbetreuung sei mit dem Ende des „Notfallmodus“ wieder zu den Ursprungswerten zurückgekehrt. Die DJI-Wissenschaftlerinnen erklären dies mit beharrlichen Vorstellungen von Mutter- und Vaterschaft, aber auch mit unzureichenden Rahmenbedingungen, etwa in der Kindertagesbetreuung, die für eine gleichberechtigte Teilhabe von Müttern und Vätern an Erwerbsarbeit essentiell ist. Und wegen des Ehegattensplittings lohne sich unter finanziellen Gesichtspunkten eine stärkere Beteiligung von Müttern an der Erwerbsarbeit oft nicht.

Kinderschutz mit blinden Flecken

Zum Kinderschutz und der Einschätzung von Kindeswohlgefährdungen schreiben Prof. Dr. Heinz Kindler, Dr. Susanne Witte und Dr. Regine Derr aus der Fachgruppe „Familienhilfe und Kinderschutz“ am DJI: Gewalt gegenüber Kindern könne erst besser bekämpft werden, wenn sowohl das Ausmaß von Vernachlässigung, Missbrauch und Misshandlung als auch die Wirksamkeit von Schutzkonzepten umfassend empirisch geklärt werden. Bislang lassen sich die Daten verschiedener Institutionen wie Jugendämter und Krankenhäuser weder vergleichen noch zusammenführen. Auch sei die Entwicklung des Dunkelfelds, das heißt die Differenz zwischen den der Polizei und den Jugendämtern bekannt gewordenen und den tatsächlich geschehenen Fällen, aufgrund fehlender Forschung unklar. DJI-Forschende entwickeln im Rahmen eines von der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) geförderten Projekts zurzeit Vorschläge für ein Zentrum für Prävalenzforschung im Kinderschutz. In diesem Rahmen erarbeiten sie Empfehlungen für ein nationales Monitoring, mit dem es künftig besser gelingen soll, Präventionsmaßnahmen gegen sexuelle Gewalt am tatsächlichen Bedarf auszurichten und passgenau einzusetzen.

Neue Barrieren beim Berufseinstieg

Wie sich die Herausforderungen für junge Menschen am Übergang von der Schule in Ausbildung und Erwerbsarbeit seit den 1950er Jahren verändert haben, beschreibt das Autor:innenteam um Prof. Dr. Birgit Reißig, Leiterin des Forschungsschwerpunkts „Übergänge im Jugendalter“ am DJI. Aktuell stehen einer hohen Zahl unbesetzter Lehrstellen fast ebenso viele Ausbildungssuchende ohne Ausbildungsplatz gegenüber. Die demografisch bedingt rückläufige Zahl der Schulabgänger:innen können das Problem der Ausbildungslosigkeit von Jugendlichen allerdings allein nicht lösen, schreiben die Autor:innen. Unterstützende Faktoren für einen gelingenden Übergang seien neben dem sozialen Status günstige regionale Rahmenbedingungen, aber vor allem auch Berufsberatung, die an Bedeutung gewinnt. Denn (scheinbar) vielfältige berufliche Optionen und deren fragliche Passung zum regionalen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt führen zu einer steigenden Verunsicherung bei Jugendlichen. Das zeigte das „Übergangspanel“ des DJI, mit dem Jugendliche, die höchstens über einen Hauptschulabschluss verfügen, zu mehreren Erhebungszeitpunkten befragt wurden.

Weitere Beiträge der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins DJI Impulse thematisieren die Vermessung des Wohlergehens von jungen Menschen, die Kinder- und Jugendhilfeforschung sowie die diversitätsorientierte Jugendforschung, die die Lebensbedingungen junger Menschen mit Behinderung und Fragen der Geschlechtsidentität berücksichtigt. Nicht zuletzt stellt ein Beitrag die Geschichte der Surveyforschung dar, in dessen Zentrum die umfangreiche Erhebung „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“ (AID:A) steht. Daten daraus fließen unter anderem in die nationale Bildungsberichterstattung, den DJI-Kinder- und Jugendmigrationsreport sowie in die Familienberichte und die Kinder- und Jugendberichte der Bundesregierung ein.

Im Forschungsmagazin DJI Impulse berichten Wissenschaftler:innen über relevante Themen aus den Bereichen Kindheit, Jugend, Familie sowie Bildung und liefern Impulse für Politik, Wissenschaft und Fachpraxis. In einer Videoreihe, die die thematischen Schwerpunkte in DJI Impulse begleitet, benennen DJI-Forschende auf Basis der Analysen im Forschungsmagazin zentrale Herausforderungen.

Die DJI Impulse-Ausgabe 2/23 mit dem Schwerpunkt „60 Jahre Forschung über Kinder, Jugendliche, Familien und die Institutionen, die sie im Leben begleiten“ kann kostenlos bestellt und heruntergeladen werden: www.dji.de/impulse 
Folge 3 der Videoreihe mit DJI-Direktorin Prof. Dr. Sabine Walper: www.dji.de/videocast-perspektiven-folge3 
Mehr Angebote zum DJI Impulse-Schwerpunkt: www.dji.de/60jahre

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut (DJI) vom 02.11.2023

Das neue Fachkräftebarometer Frühe Bildung präsentiert aktuelle Befunde zu Personal, Arbeitsmarkt und Ausbildung in der Kindertagesbetreuung

Zehn Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz für unter Dreijährige erscheint das Arbeitsfeld Kita stark wie nie: Die amtliche Statistik zu Einrichtungen, Personal und Auszubildenden verzeichnet jährlich neue Höchstwerte. Trotz beeindruckender Zahlen herrscht Krisenstimmung. Die Personalnot in den Einrichtungen wächst ebenso wie die Sorge um eine Absenkung fachlicher Standards sowie Ausfälle in der Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder. Zusätzlich erhöht der 2026 beginnende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder den Druck auf das System der Kindertagesbetreuung. Welche Hinweise liefern die amtlichen Daten bereits heute in Hinblick auf das Krisenszenario? Wie attraktiv ist eine Beschäftigung in der Kindertagesbetreuung für den dringend benötigten pädagogischen Nachwuchs? Kann die Institution Kita ihrem Bildungsauftrag auch zukünftig gerecht werden? Diese Fragen ordnet das neu erschienene Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2023 der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) empirisch ein und gibt Hinweise auf Entwicklungspotenziale.

Personalwachstum in Kitas hält an

Die Covid-19-Pandemie hat das Personalwachstum in Kindertageseinrichtungen nicht zum Stillstand gebracht. 2022 arbeiteten in Deutschland in knapp 59.500 Kindertageseinrichtungen fast 842.000 Beschäftigte. Dies entspricht einen Anstieg um 7% seit 2019. 722.000 Personen sind pädagogisch und leitend tätig; 257.800 Personen mehr als noch zehn Jahre zuvor. Mit einem Männeranteil von lediglich 8% ist das Arbeitsfeld nach wie vor weiblich dominiert. Dennoch ist es zuletzt gelungen, verstärkt männliche Nachwuchskräfte zu gewinnen. So liegt der Männeranteil bei den unter 30-Jährigen bei knapp 13% und ist damit deutlich höher als bei den über 30-Jährigen mit 6%.

Rückgänge bei der Kindertagespflege

In der Kindertagespflege setzt sich der Wachstumstrend nicht mehr fort. Zwischen 2020 und 2022 ist die Zahl der Tagespflegepersonen sogar von rund 44.800 auf 41.900 gesunken. Anders als in den Vor-Corona-Jahren nahm auch die Zahl der betreuten Kinder ab. Zuletzt waren es noch 166.300 gegenüber rund 174.000 Kindern im Jahr 2020 (-4%). Eine Tagespflegeperson betreut aktuell im Schnitt vier Kinder. Damit liegt die Betreuungsrelation auf dem gleichen Niveau wie bei Krippenkindern in Kitas. Mit dem Rückgang in der Tagespflege erhöht sich der Druck auf das Kita-System, den U3-Ausbau weiter voranzutreiben.

Das Arbeitskräftereservoir ist weggeschmolzen

Der arbeitnehmerfreundliche Arbeitsmarkt hat sich positiv auf die Beschäftigungsbedingungen ausgewirkt. Waren 2015 noch 15% aller pädagogisch und leitend Tätigen befristet angestellt, lag dieser Wert 2022 nur noch bei 11%. Zwischen 2012 und 2021 sind die Gehälter in der Frühen Bildung um 26% gestiegen. Dennoch wächst die Lücke zwischen offenen Stellen und Personen, die diese besetzen könnten. Kamen im Jahr 2012 noch 142 arbeitslos gemeldete Erzieherinnen und Erzieher auf 100 offene Stellen, so waren es zuletzt nur noch 62. Die Zahl der Stellenangebote für diese Berufsgruppe ist in den letzten drei Jahren um 20% gestiegen, während die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen um 4% zurückgegangen ist. Die berufsspezifische Arbeitslosenquote liegt in der Frühen Bildung bei gerade mal 1,1%.

Ausbildungssystem stößt an Kapazitätsgrenzen

In den letzten zwei Jahren wurden 44 Fachschulen für Sozialpädagogik neu gegründet. Die dort angebotene Ausbildung zur Erzieherin und zum Erzieher verzeichnete im selben Zeitraum ebenfalls steigende Zahlen von Anfängerinnen und Anfängern. Die jährlichen Zuwächse lagen mit jeweils 3% allerdings deutlich unter denen von vor 10 Jahren (+9%). Für den weiteren Ausbau fehlen zunehmend Räumlichkeiten und Lehrkräfte, wie Studien der WiFF zeigen. Die akademisch ausgebildeten Kindheitspädagoginnen und -pädagogen bilden im Arbeitsfeld weiterhin eine kleine Gruppe. Im Jahr 2022 verfügten nur 1,5% der Kita-Fachkräfte über ein entsprechendes Studium. Dieser Befund korrespondiert mit dem Umstand, dass die Ausbaudynamik kindheitspädagogischer Studiengänge in den vergangenen fünf Jahren zum Stillstand gekommen ist. Im Jahr 2021 haben 3.800 Studierende ein Bachelor- und 423 ein Master-Studium aufgenommen. Die Zahlen der Absolventinnen und Absolventen eines Bachelor-Studiengangs sind seit 2019 rückläufig: 2021 schlossen 2.162 Personen ein solches Studium ab – 10% weniger als im Vorjahr.

„Bei der Fachkräftegewinnung muss eine höhere Aufmerksamkeit darauf liegen, dass Schülerinnen und Schüler sowie Studierende die einschlägigen Ausbildungsgänge auch erfolgreich abschließen. Dafür benötigen wir eine engere individuelle Begleitung während Ausbildung und Studium, aber auch in der Phase der Einmündung in den Beruf“, sagt Professorin Dr. Kirsten Fuchs-Rechlin, Leitung der WiFF und der Autorengruppe Fachkräftebarometer.

Bildungs- und Betreuungsqualität hängt weiterhin vom Wohnort ab

Immer noch gibt es große regionale Unterschiede hinsichtlich der Qualität in den Einrichtungen. So variiert die Zeit, die Leitungskräften in Einrichtungen vergleichbarer Größe für ihre Tätigkeit zur Verfügung steht, in den Bundesländern um bis zu 15 Wochenstunden. Auch der Personal-Kind-Schlüssel unterscheidet sich – trotz erzielter Verbesserungen – stark. Pro Fachkraft liegt die Varianz in Krippengruppen bei bis zu drei Kinder, in Kindergartengruppen bei bis zu fünf und in Schulkinder-gruppen bei bis zu elf Kindern. Unterschiedliche Wege gehen die Länder zudem beim Qualifikationsniveau des Personals und dem Einsatz von Assistenz- und Hilfskräften.

„Insgesamt zeigt das Fachkräftebarometer Frühe Bildung einmal mehr, wie wichtig es ist, eine Grundlage an verlässlichen und fortschreibbaren Daten zur Verfügung zu haben, die dabei behilflich sind, Erfolge und Errungenschaften ebenso zu würdigen wie ausstehende Herausforderungen klar beim Namen zu nennen. Nur so lassen sich Krisen konstruktiv bewältigen“, bilanziert Professor Dr. Thomas Rauschenbach, der die Autorengruppe Fachkräftebarometer gemeinsam mit Professorin Dr. Fuchs-Rechlin leitet.

Fachkräftebarometer Frühe Bildung

Das Fachkräftebarometer Frühe Bildung liefert alle zwei Jahre auf Basis amtlicher Daten ausführliche Informationen über Personal, Arbeitsmarkt, Erwerbssituation sowie Ausbildung und Qualifizierung in der Frühpädagogik sowie im Ganztag. Mit dem aktuellen Band erscheint die nunmehr fünfte Ausgabe des Berichts.

Die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) ist ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts (DJI). WiFF wird in Kooperation mit dem Forschungsverbund DJI/TU Dortmund durchgeführt und aus Mitteln des BMBF gefördert.

Pressemitteilung

https://www.dji.de/veroeffentlichungen/aktuelles/news/article/personalkrise-in-der-kindertagesbetreuung-spitzt-sich-zu.html

Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2023

https://www.fachkraeftebarometer.de

Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF)

https://www.weiterbildungsinitiative.de

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut (DJI) vom 25.10.2023

Die Einkommen in Deutschland sind heute sehr ungleich verteilt, wenn man die Entwicklung seit Ende der 1990er Jahre vergleicht. Zudem gibt es Indizien dafür, dass die Einkommensungleichheit während der Coronajahre erneut gestiegen ist und 2022 fast auf diesem Höchststand verharrte. Auch die Armutsquote liegt mit 16,7 Prozent 2022 spürbar höher als vor Beginn der Pandemie, gegenüber 2021 ist sie geringfügig gesunken. Insbesondere dauerhafte Armut (mindestens fünf Jahre in Folge) hat die gesellschaftliche Teilhabe schon vor der jüngsten Teuerungswelle stark eingeschränkt: Dauerhaft Arme müssen etwa deutlich häufiger auf Güter des alltäglichen Lebens wie neue Kleidung oder Schuhe verzichten, sie können seltener angemessen heizen. Und sie machen sich zudem deutlich häufiger Sorgen um ihre Gesundheit und sind mit ihrem Leben unzufriedener. Auch das Gefühl, anerkannt und wertgeschätzt zu werden und das Vertrauen in demokratische und staatliche Institutionen hängen stark mit dem Einkommen zusammen. Arme empfinden weitaus häufiger als Menschen mit mehr Geld, „dass andere auf mich herabsehen“, wobei das Problem unter Menschen in dauerhafter Armut noch weitaus ausgeprägter ist als bei temporärer Armut: Fast jede*r Vierte unter den dauerhaft Armen sagt, von anderen geringgeschätzt zu werden. Mit materiellen Einschränkungen und dem Gefühl geringer Anerkennung geht bei vielen Betroffenen eine erhebliche Distanz zu zentralen staatlichen und politischen Institutionen einher: Mehr als die Hälfte der Armen hat nur wenig Vertrauen in Parteien und Politiker*innen. Rund ein Drittel vertraut dem Rechtssystem allenfalls in geringem Maße. Zu diesen Ergebnissen kommt der neue Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

„Wenn sich Menschen gesellschaftlich nicht mehr wertgeschätzt fühlen und das Vertrauen in das politische System verlieren, dann leidet darunter auch die Demokratie“, ordnen die Studienautor*innen Dr. Jan Brülle und Dr. Dorothee Spannagel ihre Befunde ein. „Wir sehen in Befragungen, dass Menschen mit niedrigen Einkommen von weiter wachsenden finanziellen Belastungen berichten – das geht bis in diesen Sommer hinein. Der Verteilungsbericht macht deutlich, welche Folgen das haben kann“, ergänzt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, die wissenschaftliche Direktorin des WSI. „Gleichzeitig reichen Sorgen über die soziale Ungleichheit weit über den Kreis der unmittelbar Betroffenen hinaus: Für 44 Prozent der Erwerbspersonen, die wir im Juli befragt haben, war das ein großes Thema. Mehr und wirksameres politisches Engagement gegen Armut und Ungleichheit ist ein wesentlicher Ansatz, um die Gesellschaft zusammen- und funktionsfähig zu halten, gerade in Zeiten großer Veränderungen und der Herausforderung durch Populisten.“

Im Verteilungsbericht werten die WSI-Fachleute Brülle und Spannagel die aktuellsten vorliegenden Daten aus zwei repräsentativen Befragungen aus: Erstens aus dem Mikrozensus, für den jährlich etwa 800.000 Personen befragt werden. Die neueste Befragungswelle liefert – noch vorläufige – Daten für 2022. Zweitens aus dem sozio-oekonomischen-Panel (SOEP), für das rund 15.000 Haushalte jedes Jahr interviewt werden, und das aktuell bis 2021 reicht.

Die vollständige Pressemitteilung finden Sie hier: Studie: Armut ist Risiko für Demokratie – Indizien für Zunahme der Einkommensungleichheit in der Krise – Hans-Böckler-Stiftung (boeckler.de)

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 02.11.2023

Vollzeitbeschäftigte würden gern kürzer arbeiten, zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).  Im Jahr 2021 wollten 49 Prozent der Frauen und 58 Prozent der Männer ihre Arbeitszeit reduzieren. Insgesamt sind die gewünschten Arbeitszeiten über die Jahrzehnte aber bemerkenswert stabil geblieben.

Vollzeitbeschäftigte Frauen würden gern ihre tatsächliche Arbeitszeit von 40,9 Stunden um 6,2 Stunden reduzieren. Vollzeitbeschäftigte Männer hatten eine durchschnittliche tatsächliche Arbeitszeit 42,3 Stunden und würden diese gern um 5,5 Stunden reduzieren. Bei teilzeitbeschäftigten Frauen gab es bis zur Coronapandemie einen Aufwärtstrend bei den Arbeitszeitwünschen. 2021 wollten teilzeitbeschäftigte Frauen mit 25 Stunden 2 Stunden länger arbeiten als noch vor 20 Jahren.

 Enzo Weber, Leiter des Bereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ am IAB betont: „Beim Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten müssen auch die veränderten Erwerbskonstellationen in den Familien berücksichtigt werden.“ So gehöre das männliche Alleinernährermodell der Vergangenheit an. „Nicht jedes Arbeitsmodell ist in jeder Lebensphase gleich gut geeignet. Die Arbeitszeitwünsche fächern sich immer weiter auf. Deshalb sollten Arbeitszeiten individuell angepasst werden können“, empfiehlt Weber. „Das Potenzial mehr Arbeitsstunden zu mobilisieren ist bei den Arbeitszeitwünschen begrenzt. Wenn aber die Rahmenbedingungen wie Kinderbetreuung, Mobilarbeit und Erwerbsanreize verbessert würden, dürften auch die Arbeitszeitwünsche nach oben gehen“, erklärt Ökonom Weber.

In der IAB-Studie haben die Forschenden auch untersucht, wie sich die Arbeitszeitwünsche in den verschiedenen Altersgruppen entwickeln. Ein Trend zu mehr Freizeit wird oft an den Wünschen der jüngeren Generationen festgemacht. Bei Frauen unter 25 Jahren, die zur sogenannten Generation Z gehören, sind die Arbeitszeitwünsche seit dem Jahr 2009 um sieben Stunden zurückgegangen. Es zeigt sich allerdings, dass dies auf einen deutlich gestiegenen Anteil von Minijobberinnen und Studentinnen unter den jungen Frauen zurückgeht. „Eine Sonderrolle der angeblich arbeitsunwilligen Generation Z gibt es nicht“, erklärt IAB-Forscher Weber.

Die IAB-Studie beruht auf Daten des Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), einer jährlich durchgeführten Befragung von 30.000 Personen.

Der IAB-Forschungsbericht ist online abrufbar unter: https://doku.iab.de/forschungsbericht/2023/fb1623.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 06.11.2023

  • Bettenauslastung in Kinderfachabteilungen rückläufig
  • Kinder- und Jugendpsychiatrie einzige Fachrichtung in der Kindermedizin mit Ausbau der Bettenkapazität
  • Zahl der Kinderärztinnen und -ärzte gestiegen, aber 22 % sind 60 Jahre oder älter

In den Krankenhäusern hierzulande stehen immer weniger Betten für Kinder zur Verfügung. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, wurden in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland insgesamt gut 1 100 Krankenhausbetten in speziellen Kinderfachabteilungen abgebaut. Das entspricht einem Rückgang von 4 %. Nimmt man die Kinder- und Jugendpsychiatrie aus, fällt der Abbau mit insgesamt rund 2 000 Betten noch größer aus. In diesem Bereich kamen im genannten Zeitraum gut 900 Betten hinzu. Im Jahr 2022 wurden somit gut 25 800 Betten zur Behandlung von Kindern registriert – der niedrigste Stand der vergangenen zehn Jahre. Im Jahr 2012 hatte es noch gut 26 900 Krankenhausbetten in der Kindermedizin gegeben. Die Bettenauslastung in den Kinderfachabteilungen ist in diesem Zeitraum ebenfalls gesunken, auch in Folge der Covid-19-Pandemie.

Die Zahl der Intensivbetten in Kinderfachabteilungen ist in den vergangenen zehn Jahren hingegen nur geringfügig zurückgegangen, unterlag jedoch – teils pandemiebedingten – Schwankungen. Im Jahr 2022 gab es mit knapp 2 800 Intensivbetten gut 20 weniger als zehn Jahre zuvor. Intensivbetten machten damit zuletzt 11 % aller Krankenhausbetten in der Kindermedizin aus.

Kleinere Fachrichtungen häufig stärker von Bettenabbau betroffen

In kleineren Fachrichtungen macht sich der Rückgang der Bettenkapazitäten in der Kindermedizin deutlicher bemerkbar. So sank etwa in der Kinderchirurgie von 2012 bis 2022 die Zahl der Betten von gut 1 900 auf rund 1 500. Die Kinderkardiologie verzeichnete im selben Zeitraum einen Rückgang von knapp 600 auf zuletzt gut 500 Betten, in der Neonatologie beziehungsweise der Neugeborenenmedizin wurden von gut 2 400 Betten knapp 300 eingespart. Die Pädiatrie stellte 2022 mit gut 14 900 Betten mehr als die Hälfte (58 %) der gesamten Bettenkapazität in der Kindermedizin. 2012 waren es noch knapp 16 200 Betten gewesen. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie konnte als einzige Fachrichtung einen Zuwachs verzeichnen: Im vergangenen Jahr gab es hier knapp 6 800 Betten für Kinder – gut 900 mehr als zehn Jahre zuvor.

Bettenauslastung in Kinderfachabteilungen unterdurchschnittlich

Die Klinikbetten in der Kindermedizin sind weniger ausgelastet als Krankenhausbetten insgesamt: Während die Kinderfachabteilungen im Jahr 2022 Auslastungsquoten zwischen 56 % (Kinderchirurgie) und 64 % (Neonatologie) verzeichneten, lag die Bettenauslastung in den Krankenhäusern insgesamt bei 69 %. Eine Ausnahme bildet die Kinder- und Jugendpsychiatrie: Hier waren die Betten zu 83 % ausgelastet. Im Zehn-Jahres-Vergleich ist die Bettenauslastung in allen Fachbereichen der Kindermedizin zurückgegangen. So sank etwa die Auslastungsquote in der Pädiatrie als größter Kinderfachabteilung von 62 % im Jahr 2012 auf 58 % im Jahr 2022. Die niedrigere Bettenauslastung der vergangenen Jahre steht dabei auch im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Mehr Kinderärztinnen und -ärzte in Krankenhäusern und Praxen

Eine wichtige Rolle für die gesundheitliche Versorgung von Kindern spielt auch das ärztliche Personal. Die Zahl der Kinderärztinnen und -ärzte in Deutschland hat in den vergangenen zehn Jahren deutlich zugenommen: Ende 2022 waren nach Daten der Bundesärztekammer in den Krankenhäusern und Praxen hierzulande gut 14 800 Ärztinnen und Ärzte behandelnd in der Kindermedizin tätig – 55 % davon ambulant und 45 % stationär. Zehn Jahre zuvor hatte die Zahl bei gut 12 000 gelegen. Das entspricht einem Anstieg von 24 %. Dieser geht jedoch nicht immer mit einer Zunahme der Behandlungskapazitäten einher. Gründe hierfür sind neben der steigenden Arbeitsbelastung in der Kindermedizin auch strukturelle Änderungen wie etwa eine zunehmende Teilzeittätigkeit in der Ärzteschaft. Viele der Kinderärztinnen und -ärzte in Krankenhäusern und Praxen dürften in den nächsten Jahren zudem aus dem Berufsleben ausscheiden: Ende 2022 war gut jede oder jeder fünfte (22 %) von ihnen 60 Jahre oder älter. Ende 2012 hatte der Anteil bei 16 % gelegen.

Zahl der Kinder in Deutschland hat zugenommen

Die vermehrte Arbeitsbelastung in der Kindermedizin hängt auch mit der steigenden Zahl von Kindern in Deutschland zusammen: Während es Ende 2012 noch knapp 10,7 Millionen Kinder im Alter bis einschließlich 14 Jahren gab, waren es Ende 2022 gut 11,9 Millionen. Die Zahl der Kinder hierzulande ist damit innerhalb von zehn Jahren um 12 % gestiegen.

Methodische Hinweise:

Die Daten zur Zahl der Krankenhausbetten in speziellen Kinderfachabteilungen stammen aus der Krankenhausstatistik. Zu den Kinderfachabteilungen werden in dieser Auswertung die Pädiatrie, die Kinderkardiologie, die Neonatologie, die Kinderchirurgie sowie die Kinder- und Jugendpsychiatrie gezählt. Darüber hinaus können Kinder auch in anderen Fachabteilungen eines Krankenhauses behandelt werden.

Die Daten zur Zahl der Kinderärztinnen und -ärzte stammen aus der Ärztestatistik der Bundesärztekammer und sind im Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes abrufbar.

Weitere Informationen:

Detaillierte Daten und lange Zeitreihen zur Zahl der Kinder in Deutschland sind auch über die Tabelle 12411-0005 in der Datenbank GENESIS-Online abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 19.10.2023

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Am 1. November startet in vielen Städten und Gemeinden in Deutschland die Kältehilfe für obdachlose Menschen. Unter anderem stellt die Diakonie von November bis April bundesweit zusätzliche Übernachtungs- und Aufenthaltsplätze zur Verfügung. Darüber hinaus haben Diakonie und Kirche auch in diesem Jahr den #wärmewinter ausgerufen. In Kirchengemeinden und diakonischen Einrichtungen finden nicht nur wohnungslose Menschen wärmende Orte und weitere Angebote.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Obdachlose Menschen brauchen bei eiskalten Temperaturen warme Orte. Denn Minustemperaturen sind für sie eine Gefahr für Leib und Leben. Städte und Gemeinden sind aufgerufen, ausreichend viele Übernachtungs- und Aufenthaltsplätze bereitzustellen. Wir brauchen in Deutschland eine gut ausgebaute soziale Infrastruktur für alle Menschen. Ihre Versorgung und Unterstützung, wie zum Beispiel durch die Kältehilfe, muss auskömmlich finanziert werden.

Auch in diesem Winter belasten die hohen Energie- und Lebensmittelpreise viele Menschen in Deutschland. Mit dem #wärmewinter setzt die Diakonie in diesem Winter wieder ein Zeichen für mehr Zusammenhalt und gegen soziale Kälte. Gemeinsam mit den evangelischen Kirchen öffnen wir die Türen von Kirchen und diakonischen Einrichtungen und schaffen in ganz Deutschland wärmende Orte, an denen Bedürftige und Einsame Gemeinschaft finden und Hilfe, Unterstützung und Beratung bekommen können.“

Hintergrund:

In Deutschland leben nach einer bundesweiten repräsentativen empirischen Erhebung etwa 37.400 Menschen ohne jede Unterkunft auf der Straße (Stand 2022).* Insbesondere im Winter sind sie den Witterungsbedingungen schutzlos ausgesetzt. Bei eisigen Temperaturen kann es sogar lebensgefährlich für sie werden. In den vergangenen Wintern sind immer wieder wohnungslose Menschen in Deutschland erfroren. Sie starben unter Brücken, auf Parkbänken, in Hauseingängen, Abrisshäusern oder in scheinbar sicheren Gartenlauben, weil sie sich nicht gegen die Kälte schützen konnten.

*Gesellschaft für innovative Sozialplanung und Sozialforschung e. V. und Kantar Public im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (2022): Empirische Untersuchung zum Gegenstand nach § 8 Absatz 2 und 3 Wohnungslosenberichterstattungsgesetz. https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Forschungsberichte/fb-605-empirische-untersuchung-zum-wohnungslosenberichterstattungsgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Themenschwerpunkt Kältehilfe: https://www.diakonie.de/kaeltehilfe

Kältehilfe der Diakonie – unsere Angebote bundesweit: https://www.diakonie.de/journal/kaeltehilfe-der-diakonie-unsere-angebote-bundesweit

Wissen Kompakt Wohnungs- und Obdachlosigkeit: https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/obdachlosigkeit

Themenschwerpunkt zu Wohnungslosigkeit: https://www.diakonie.de/wohnungslosigkeit

Aktion #wärmewinter

Die hohen Energiepreise brachten viele Menschen im Winter 2022/23 in eine soziale Notlage. Die Antwort von Diakonie und Evangelischer Kirche: #wärmewinter. Und die Aktion geht ins zweite Jahr: Mit dem #wärmewinter öffnen Diakonie und Kirche erneut ihre Räume und Herzen – für alle, die Unterstützung brauchen. Denn nach wie vor sind viele Menschen in ihren Lebenssituationen von Energiearmut sowie Arbeits- und Wohnungslosigkeit bedroht. Und auch in diesem Jahr sollen wieder Orte entstehen, an denen ganz praktisch geholfen und wo ein Zeichen gegen soziale Kälte gesetzt wird.

Weitere Infos: https://www.diakonie.de/waermewinter

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 31.10.2023

Mit einem Online-Spiel erleben, wie Bürgergeld-Beziehende wirtschaften müssen

In der Debatte über das Bürgergeld werden Betroffenen oft mit Vorurteilen und falschen Behauptungen konfrontiert. Mit dem heute veröffentlichen Online-Spiel „Bürgergeld-Bingo“ wollen die Diakonie Deutschland, die Selbstorganisation von Menschen mit Armutserfahrung Armutsnetzwerk e.V., der Evangelische Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt und der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt Bayern zur Versachlichung der Diskussion beitragen. Mit dem Spiel können Interessierte ausprobieren, was es heißt, mit dem Bürgergeldsatz auszukommen. Sie müssen ihre Ausgaben so einschränken, dass der aktuell geltende Regelsatz von 502 Euro eingehalten wird. Nur wer das schafft, für den heißt es „Bingo“.

„Wir erleben täglich, wie von Armut betroffene Menschen zur politischen und medialen Zielscheibe werden. Entgegen dem Bild von der sozialen Hängematte ist das Leben mit weniger als dem Existenzminimum in Wirklichkeit ein belastender Zustand. Das wollen wir ganz konkret erfahrbar machen“, erläutert Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

Philip Büttner vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt Bayern hat das Spiel konzipiert. Er möchte „mit ein paar Mausklicks einen Perspektivwechsel ermöglichen und den Mangel nachvollziehbar machen.“ Lange Erklärungen würden wenig helfen, so Büttner. „Wer aber einmal selbst ernsthaft versucht, mit 502 Euro im Monat die nötigsten Ausgaben zu bestreiten, wird merken, wie schnell sie oder er ins Minus gerät. Wer sich gesund ernähren, die Stromrechnung bezahlen und ein Minimum an Mobilität und sozialer Teilhabe genießen will, kommt mit dem Geld nicht aus.“

Jeden Euro umzudrehen und dann zu entscheiden, wo noch am ehesten gekürzt werden kann, das sei für in Armut Lebende bittere Realität, so Jürgen Schneider vom Armutsnetzwerk. „Wer mit dem Bürgergeld lebt, kann nicht wählen, was er oder sie will. Wir können entscheiden, was wir uns jeden Tag sparen, damit wir etwas Anderes, was wir brauchen, wenigstens zum Teil finanzieren können. Das heißt zum Beispiel: keine neue Hose, damit ich dann nicht noch mehr als ohnehin am Essen sparen muss.“

Gudrun Nolte vom Evangelischen Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt kritisiert: „Es wird oft über Bürgergeldbeziehende gesprochen, als wären sie eine fremde und schwer bewegliche, homogene Gruppe. Aber wir haben es nicht mit anonymen Wesen, sondern mit Menschen zu tun, mit Erwerbstätigen und Erwerbslosen, mit Alleinerziehenden, mit Kindern und Jugendlichen, die täglich darum kämpfen, durchzukommen. Wir hoffen, dass wir mit unserem Spiel einen Anreiz geben, sich etwas besser in deren Lage hineinzuversetzen.“

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Irene Becker verweist auf die Mängel der Regelbedarfsermittlung: „Da ist zunächst eine statistische Vergleichsgruppe, die selbst im absoluten Mangel lebt. Die so ermittelten Ausgaben werden dann noch willkürlich gekürzt. Jetzt kommt zwar eine Erhöhung des Bürgergeldes, die aber lediglich inflationsbedingte Verluste der Vorjahre ausgleicht.“

Weniger Populismus, weniger Patentrezepte, weniger Fake News; dafür mehr Faktenwissen und Empathie, das sei das Ziel dieses – bitteren – Spiels, so die Initator:innen. Mit dem Spiel sei die Hoffnung verbunden, dass die Erfahrung der Spielenden vieles nachvollziehbar macht, was abstrakt kaum zu begreifen sei. „Schließlich geht es uns um die Menschen, um mehr Respekt und Verständnis“, so die Macher:innen des Onlinespiels.

Bürgergeld-Bingo: www.buergergeld-bingo.de

Weitere Informationen: https://www.diakonie.de/menschenwuerdiges-existenzminimum

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V., Armutsnetzwerk e.V., Evangelischer Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt und Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt Bayern vom 25.10.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zur Halbzeit der Ampel-Koalition bei der Bundesregierung die Absenkung des Wahlalters bei Bundestagswahlen auf 16 Jahre an. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation wäre eine solche Absenkung ein wichtiger Schritt, um die Demokratie in Deutschland zu stärken und langfristig zu erhalten. Um die Interessen von Kindern und Jugendlichen stärker in politische Entscheidungsprozesse einzubinden, tritt das Deutsche Kinderhilfswerk dafür ein, die Wahlaltersgrenze auf allen Ebenen zunächst auf 16 Jahre und in einem zweiten Schritt auf 14 Jahre abzusenken.

„Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist festgelegt, dass das aktive Wahlalter für die Wahl zum Deutschen Bundestag auf 16 Jahre abgesenkt wird. Die Absenkung des Wahlalters bei Landtags- und Kommunalwahlen in zahlreichen Bundesländern hat gezeigt, dass unsere Demokratie von der politischen Partizipation Jugendlicher durch das Wahlrecht stark profitiert. Junge Menschen interessieren sich für die Entwicklung unserer Gesellschaft und wollen diese mitgestalten. Sie sorgen sich angesichts der Klimakrise und des Krieges in Europa um die Zukunft – auch, weil sie ihre Interessen nicht wahrgenommen sehen. Wir sollten unsere Zukunft nicht länger ohne die Stimmen der Jugendlichen gestalten und ihnen wie auf der europäischen Ebene das Wahlrecht ermöglichen. Die Bundesregierung ist hier für die notwenige Grundgesetzänderung zusammen mit Bundestag und Bundesrat in der Pflicht“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die heute noch junge Generation wird schon bald unsere Demokratie gegen alle Angriffe von innen und außen verteidigen müssen. Deshalb ist es wichtig, unsere Kinder und Jugendlichen in die Lage zu versetzen, diese für unsere Gesellschaft existenzielle Aufgabe übernehmen zu können und ihre Ansichten zu berücksichtigen. Dazu gehört auch eine Absenkung des Wahlalters, durch die Jugendliche die Möglichkeit erhalten, ihre Meinungen, Wünsche und Vorstellungen in den politischen Prozess besser einzubringen“, so Krüger weiter.

Neben einer Absenkung des Wahlalters braucht es nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes eine Stärkung der Beteiligungsstrukturen in Kita, Schule und Jugendhilfe, und zudem den Ausbau kommunalpolitischer Instrumente, etwa durch Kinder- und Jugendparlamente mit verbindlichen Beteiligungskonzepten und Mitwirkungsrechten. Eine Begleitung dieses Ausbaus durch Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe sichert die Qualität der stattfindenden Beteiligungsprozesse. Und weil Beteiligung von früh an sowie gute politische Bildung Voraussetzungen sind zum Erwerb von Beurteilungs- und Entscheidungskompetenzen, sollte ein Wahlrecht für Jugendliche zu einer Kultur der Demokratieerziehung führen, durch die die Legitimation unseres demokratischen Systems nachhaltig gestärkt wird.

Außerdem sollte der vom Bundesfamilienministerium angekündigte Nationale Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung der Bundesregierung (NAP) schnell auf den Weg gebracht werden. Darin sollten möglichst alle Beteiligungsformate Berücksichtigung finden: Kinder- und Jugendparlamente, Jugendbeiräte und Kinderforen ebenso wie Beteiligungsnetzwerke und Jugendverbände. „Der Nationale Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung sollte die vielfältigen Potentiale der Kinder- und Jugendbeteiligung insbesondere auf der lokalen Ebene, aber auch auf Bundes- und Länderebene stärker zusammenführen und sichtbar machen. So gibt es beispielsweise mehrere hundert Kinder- und Jugendparlamente in Deutschland, bei gleichzeitig rund 11.000 Kommunen in unserem Land sehen wir aber noch große Lücken, die es zu schließen gilt. Dazu gehört es auch, über die Notwendigkeit der Kinder- und Jugendbeteiligung mehr als bisher zu informieren. Dabei sind auch die kommunalen Spitzenverbände gefragt. Schließlich sollte der Aktionsplan auch Aussagen über notwenige Qualitätsstandards der Kinder- und Jugendbeteiligung treffen, und dabei vor allem auf praxisdienliche Methoden und Arbeitsformen abheben“, sagt Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 06.11.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zur Halbzeit der Ampel-Koalition bei der Bundesregierung eine stärkere Berücksichtigung des Kindeswohls in Justiz- und Verwaltungsverfahren an. Dafür sollte nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation die Kinderrechte sowohl in der juristischen als auch in der Verwaltungsausbildung eine sehr viel stärkere Rolle spielen. Besondere Bedeutung kommt auch der verpflichtenden Qualifikation aller Fachkräfte zu, die im Kontext von Gerichts- und Verwaltungsverfahren mit Kindern zu tun haben. Dafür muss das Schulungs- und Beratungsangebot für Fachkräfte im Hinblick auf die Ermittlung und Gewichtung des Kindeswohls umfassend ausgebaut werden.

„Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist festgelegt, dass die Bundesregierung den Kinderschutz in Justiz- und Verwaltungsverfahren stärkt sowie einen Fortbildungsanspruch für Familienrichterinnen und Familienrichter gesetzlich verankert. Zudem soll für eine kindersensible Justiz und Verwaltung gesorgt werden, die Kindern Gehör schenkt. Wir müssen demgegenüber in der Gesamtschau feststellen, dass dieses Thema in der Politik und an den Gerichten noch viel zu wenig Berücksichtigung erfährt. Ziel muss es insgesamt sein, die Einhaltung und wirksame Umsetzung aller Kinderrechte in justiziellen und Verwaltungsverfahren zu erreichen. Denn zahlreiche Studien zeigen auf, dass die Situation von Kindern und Jugendlichen in behördlichen und gerichtlichen Verfahren in Deutschland oftmals weder den internationalen menschenrechtlichen Anforderungen noch den Leitlinien des Europarates für eine kindgerechte Justiz entspricht. So werden Kinder häufig nicht kindgerecht beteiligt und angehört, obwohl Verfahren ihre Interessen betreffen und die Entscheidungen weitreichende Folgen für ihr Leben haben“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Gerichtliche Verfahren, beispielsweise im Bereich des Strafrechts, des Familienrechts oder des Asylrechts, sind für die betroffenen Kinder und Jugendlichen häufig sehr schwer verständlich, belastend und haben nicht selten existentielle und höchstpersönliche Fragen zum Gegenstand. Deshalb muss das Schulungs- und Beratungsangebot für Fachkräfte im Hinblick auf die Ermittlung und Gewichtung des Kindeswohls umfassend ausgebaut werden. So sind Kinder zum Beispiel Beteiligte in familienrechtlichen Verfahren bei einer Scheidung der Eltern, Zeuginnen und Zeugen in strafrechtlichen Verfahren oder Betroffene in Asylverfahren. Laut Umfragen wünschen sich Kinder besser gehört, informiert und mit Respekt behandelt zu werden. Das müssen wir ernst nehmen und umsetzen, um Kindern den vollen Zugang zum Recht zu garantieren. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist ein wesentlicher Bestandteil zur Bestimmung des Kindeswohls, nur so können sach- und kindgerechte Lösungen beispielsweise in Familienverfahren getroffen werden“, so Lütkes weiter.

„Deshalb sollten die Kinderrechte sowohl in der juristischen als auch in der Verwaltungsausbildung eine viel stärkere Rolle spielen. Darüber hinaus braucht es beispielsweise die gesetzliche Pflicht zu Fortbildungen für alle Familienrichterinnen und -richter, eine einheitliche Zertifizierung der Qualifikation von Verfahrensbeiständen, und damit einhergehend die Schaffung ausreichender räumlicher und zeitlicher Ressourcen sowie technischer Voraussetzungen für eine kindgerechte Verfahrensgestaltung. Es braucht also eine verpflichtende Qualifikation aller Fachkräfte, die im Kontext von Gerichts- und Verwaltungsverfahren mit Kindern zu tun haben. Hierzu gehört neben einer gesetzlichen Verpflichtung zur spezifischen Qualifikation auch die verpflichtende Überprüfung, dass die Qualifikation mit Aufnahme der Tätigkeit vorliegt und durch Fort- und Weiterbildungen dem rechtlich und wissenschaftlich aktuellen Stand entspricht. Wichtig sind zudem dauerhaft vom Bund finanzierte Förderprogramme für Pilotprojekte und Pilotprozesse zur Umsetzung des Kindeswohlvorrangs im kommunalen Handeln. Dabei braucht es auch Anreizsysteme zur Nutzung dieser Programme“, sagt Anne Lütkes.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 30.10.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zur Halbzeit der Ampel-Koalition bei der Bundesregierung eine Stärkung der Medienbildung in Kindertagesstätten und Schulen an. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation sollte auch der Bund eine dauerhafte Finanzierung und Verzahnung der zahlreichen medienpädagogischen Projekte für Kinder und Jugendliche unterstützen. Vor allem dadurch müssen Kinder und Jugendliche in die Lage versetzt werden, Medien aktiv selbst zu gestalten, um damit eigene Ideen, Vorstellungen und Interessen zum Ausdruck zu bringen und die von ihnen konsumierten Medien kritisch zu hinterfragen.

 

„Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist festgelegt, dass der fachlich fundierte Einsatz von digitalen Medien mit angemessener technischer Ausstattung bereits in der frühkindlichen Bildung gefördert und die Medienkompetenz gestärkt wird. Das ist in Zeiten von Fake News, Desinformation und Propaganda im Internet zunehmend wichtig. Online-Plattformen beginnen frühzeitig Datenprofile aufzubauen, wodurch Kinder schon in sehr jungen Jahren Zielgruppe von Werbung und Desinformation werden. Nicht zuletzt sind Kinder durch Online-Kommunikation möglichen Kontaktversuchen durch Fremde ausgesetzt. Auch deshalb brauchen Kinder und Jugendliche, Eltern und pädagogische Fachkräfte mehr denn je Orientierung im Dschungel der digitalen Angebote. Kinder müssen sich möglichst frühzeitig Wissen darüber aneignen, welche Quellen und Akteure im Netz vertrauens- und glaubwürdig sind. Insbesondere die Eltern sind hier in der Pflicht, die Mediennutzung ihrer Kinder aktiv zu begleiten. Aber auch unser Bildungswesen trägt eine Mitverantwortung, um junge Menschen für Risiken zu sensibilisieren und kindgerechte Informationsquellen aufzuzeigen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Medienpädagogische Projekte lassen sich nur schwer ohne öffentliche Mittel durchführen, wenn man sie weder kostenpflichtig anbieten noch durch Werbung finanzieren will. Zugleich sind die Entwicklung und das Angebot von qualitativ standardisierten medienpädagogischen Projekten viel zu oft allein vom Wohnort abhängig. Einige Bundesländer und Kommunen haben hier hervorragende Strukturen ausgebildet, in anderen Regionen herrscht heute noch immer medienpädagogisches Ödland. Es braucht aber auch eine systematische Evaluierung und Begleitforschung bestehender Projekte und Initiativen, um deren Konzepte auf neue Regionen übertragbar zu machen und damit eine Zusammenarbeit von Bund und Ländern zu erleichtern“, so Krüger weiter.

„Im komplexen Geflecht des Bildungsföderalismus müssen gerade bundesweite Träger und Zentralstellen besser ausgestattet werden, damit sie bundesweit einsetzbare, zeitgemäße medienpädagogische Angebote entwickeln, Akteurinnen und Akteure vernetzen sowie Initiativen vor Ort fördern können. Länder wie beispielsweise Finnland sind hier schon wesentlich weiter als wir. Zugleich dürfen bundeslandesspezifische Anstrengungen zur finanziellen Förderung von Medienkompetenz bei einem stärkeren finanziellen Engagement des Bundes nicht zurückgefahren werden“, sagt Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 23.10.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert von der Bundesregierung zum heutigen „Tag der Kinderseiten“ eine nachhaltige Finanzierung von guten Kinder-Internetseiten. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation soll damit ein aktiver Beitrag zum Kinder- und Jugendmedienschutz geleistet und die Teilhabe an einer kindgerechten Angebotslandschaft im Internet dauerhaft sichergestellt werden. Eine vielfältige Kinderseiten-Landschaft ist Teil eines präventiven und ganzheitlichen, vom Kind aus gedachten Kinder- und Jugendmedienschutzes. Zudem fördert sie die Medienkompetenz von Kindern, indem das Erproben und Erkunden in einem sicheren digitalen Umfeld ermöglicht wird. Auch deshalb steht die Bundesregierung hier in der Verantwortung, durch eine projektunabhängige, langfristig planbare Förderung ein entsprechendes Angebot zu gewährleisten.

„Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sind Kinder-Onlineangebote ein unverzichtbarer Schritt, die Medienkompetenz von Kindern zu entwickeln und auszubauen. Diese sind, sofern sie als nichtkommerzielle Angebote den Ansprüchen von Werbefreiheit und ausreichendem Kinderschutz genügen sollen, wirtschaftlich kaum tragfähig. Da Kindern vielfach noch eine ausgeprägte kritische Urteilsfähigkeit und die Fähigkeit zur Orientierung innerhalb der Informationsgesellschaft fehlen, müssen sie beim Umgang mit dem Netz pädagogisch unterstützt, beraten und begleitet werden. Gerade das kommerzielle Internet birgt kinder- und jugendgefährdende Inhalte, vor denen es Kinder zu schützen gilt. Demgegenüber sollte es für Kinder und Jugendliche möglich sein, das Internet möglichst frei und unbeschwert zu nutzen. Hier leisten viele Kinder-Internetseiten einen wertvollen Beitrag. Auch deshalb sehen wir bei der nachhaltigen Förderung guter Kinder-Internetseiten Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Kulturstaatsministerin Claudia Roth in der Pflicht“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fördert seit rund 30 Jahren zahlreiche Medienkompetenz-Projekte in ganz Deutschland, die Kindern Spaß, Wissen und kritisches Bewusstsein zum Thema Medien vermitteln. Das vom Deutschen Kinderhilfswerk geförderte Projekt „Level Up!“ des Seitenstark-Netzwerkes ist hier ein Beispiel unter vielen guten Projekten. Zudem bietet das Deutsche Kinderhilfswerk Kindern und Eltern verschiedene Möglichkeiten, Sicherheit im Umgang mit Medien zu gewinnen, die Medienwelt aktiv mitzugestalten, Inhalte kritisch zu hinterfragen und sich Meinungen zu bilden, beispielsweise mit der Seite www.kindersache.de oder dem Magazin „Genial Digital“, veröffentlicht vom Deutschen Kinderhilfswerk in Kooperation mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. (FSM), der Kindersuchmaschine fragFINN.de und O2 Telefónica. Das Magazin beantwortet wichtige Fragen aus der digitalen Lebenswelt von Kindern rund um die Themen Erstes Smartphone und Internet. Es gibt informative Hilfestellungen und spielerisch-interaktive Anregungen, was Kinder bei der Nutzung von Apps, Games und sozialen Netzwerken beachten sollten, wie sie verantwortungsbewusst mit privaten Daten umgehen, Fake News im Internet erkennen oder sich vor Cybermobbing schützen können.

Der „Tag der Kinderseiten“ soll am 21. Oktober als jährlich wiederkehrender Ehrentag die Aufmerksamkeit auf das vielfältige Kinderseiten-Internetangebot lenken und diese bei Familien, Eltern, Kindern, Pädagoginnen und Pädagogen, Schulen, Journalistinnen und Journalisten sowie Medieninteressierten ins Gespräch bringen. An diesem Aktionstag sind alle dazu eingeladen, die Welt der Kinderseiten zu entdecken. Internetseiten wie kindersache.de, seitenstark.de und fragfinn.de, Initiativen, Schulen, Blogger, Kinderseiten selbst – alle sind aufgefordert und herzlich eingeladen, mitzumachen, sich zu vernetzen und Kinderseiten bekannter zu machen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 21.10.2023

Arbeit mit und für Familien gefährdet

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) kritisiert die vorgesehenen Einsparungen bei familienpolitischen Leistungen. Die Forderung des Präsidenten der eaf, Martin Bujard, lautet deshalb: „Deutschland muss weiter in Familien investieren. Es genügt nicht immer nur davon zu reden, dass Kinder unsere Zukunft seien. Die vorgesehenen Kürzungen im Haushalt des Bundes­familienministeriums konterkarieren die Ziele guter Familienpolitik.“

Einige Entscheidungen im Bundeshaushalt gefährden die Familien-Infrastruktur in Deutschland. Hierunter fallen auch die massiven Kürzungen der Baumittel zur Errichtung und zum Erhalt von Stätten der Familienerholung und des Müttergenesungswerks. „Diese wichtigen Orte der Erholung, der gesundheitlichen Prävention und der Unterstützung von Eltern und Familien werden gerade wegen der langfristigen Folgen der Corona-Pandemie für die mentale Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und Eltern dringender als je zuvor gebraucht“, so eaf-Präsident Martin Bujard.

Mit den Mitteln für bauliche Maßnahmen sind auch Personalstellen verknüpft, die bei einer Streichung ebenfalls entfallen würden.

Lina Seitzl MdB, Vorständin der Evangelischen Familienerholung führt aus:

„Die Familienerholung ist zu einem unverzichtbaren Bestandteil der sozialstaatlichen Infra­struktur geworden. Dies zeigte sich nicht nur in Folge der Corona-Pandemie mit über 4,5 Mio. Übernachtungen im letzten Jahr, sondern auch in der anhaltenden Krisenzeit, die Auszeiten für Familien dringender denn je machen. Denn immer mehr Familien können sich Urlaube während der Hauptreisezeiten nicht mehr leisten. Die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt stellen für die gemeinnützigen Familienferienstätten eine große Herausforderung dar. Neben wichtigen bauinvestiven Maßnahmen, steht insbesondere auch die Geschäftsstelle der Bundesarbeits­gemeinschaft für Familienerholung (BAG FE) vor dem Aus. Mit ihrem Wegfall stünden die Ferienstätten vor einer kaum bewältigbaren zusätzlichen bürokratischen Belastung.“

Die angekündigte 35 Prozent-Kürzung der Mittel für das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und den Bundesfreiwilligendienst (BFD) ist für die Arbeit der Familienerholungs- und Familienbildungs­einrichtungen ebenfalls keine gute Nachricht. Viele Angebote könnten ohne die wertvolle Unterstützung von Freiwilligendienstleistenden nicht aufrechterhalten werden. „Familienzeit, Raum und Hoffnung in Verbindung mit konkreten Angeboten zu geben, stärkt die Familien nach innen und außen und macht sie zu machtvollen und starken Pfeilern für die Gesellschaft und Demokratie. An dieser Stelle zu sparen hat langfristige Folgen. Wenn im Sozialbereich jede vierte Einsatzstelle wegfällt, stehen unsere Angebote auf tönernen Füßen“, verdeutlichen Bujard und Seitzl die angespannte Lage.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 08.11.2023

Ausbau des Elterngeldes und zehntägige Freistellung des zweiten Elternteils nach der Geburt endlich umsetzen

Der Koalitionsvertrag verspricht Familien die Verbesserung ihrer Situation, Entlastung in der Rushhour des Lebens, Unterstützung bei der Gründung einer Familie. Ganz konkret sind im Vertrag die Erweiterung des Elterngeldes um einen zusätzlichen Partnermonat und eine zweiwöchige vergütete Freistellung für den zweiten Elternteil nach der Geburt eines Kindes angekündigt.

„Wir erwarten von der Regierung jetzt die Umsetzung genau dieser klar beschriebenen Vorhaben und keinen Rückschritt hinter bisher erreichte familienpolitische Erfolge“, so Martin Bujard, Präsident der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf).

Gleichstellungspolitisch gehen die Forderungen der eaf schon lange über die Pläne der Koalition hinaus. Der Vorschlag des evangelischen Familienverbandes ist, die Ausweitung der Elterngeldmonate für Paare nicht um nur einen Monat, sondern eine 6+6+6 Regelung: 6 Monate pro Elternteil, weitere 6 Monate frei aufteilbar, maximal 3 Monate parallel. „Nur so kann eine stärkere Inanspruchnahme der Väter – jenseits der aktuell durchschnittlichen 2-3 Monate – erreicht werden“, erklärt Bujard. „Die Zahlen der jüngsten Studien wie FReDA zeigen deutlich: Väter mit kleinen Kindern halten geringere wöchentliche Arbeitszeiten für ideal und wollen mehr Zeit für die Familie, mit den Kindern und mehr Erziehungsverantwortung übernehmen.“

Die eaf bewertet finanzpolitische Überlegungen, die Gruppe der Anspruchsberechtigten im Elterngeldbezug zu begrenzen, ebenso als falsch wie den letzten Vorstoß der FDP-Bundes­tagsfraktion, den Bezug in der Dauer zu beschneiden. Bujard ist sich sicher: „Damit würden Anreize für Väter, Elternzeit zu nehmen, reduziert und das erklärte Ziel der partnerschaftlich aufgeteilten Care-Arbeit ausgehebelt. Diese Vorschläge bedeuten einen massiven gleich­stellungspolitischen Rückschritt.“

Die eaf wiederholt zudem ihre Forderung nach zügiger Einführung der zehntägigen Freistellung für zweite Elternteile. „Im Vorstoß der FDP versteckt sich wieder Klientelpolitik“, so Martin Bujard: „Während das geplante Gesetz zur Familienstartzeit über die Arbeitgeberumlage finanziert werden soll, will die FDP einen Parallelbezugsmonat nach der Geburt wieder über Steuermittel finanzieren.“

Gemeinsam mit anderen Akteuren fordern wir:

Koalitionsvertrag umsetzen: Partnermonate ausweiten! Väter-/Partnerfreistellung realisieren!

Link zur PM

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 03.11.2023

LSVD appelliert im Bündnis für AGG-Novellierung

Bei der heutigen Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags nehmen Sachverständige zur Stärkung des Diskriminierungsschutzes Stellung. Angesichts der derzeitigen Zunahme von Diskriminierungs- und Gewaltvorfällen betonen Antidiskriminierungsverbände die Dringlichkeit einer Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Dazu erklärt das Bündnis „AGG Reform Jetzt!“ unter Beteiligung des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD):

„Mit einer Reform des Gesetzes und der Stärkung des Diskriminierungsschutzes kann die Bundesregierung ein wichtiges gesellschaftspolitisches Signal setzen: Diskriminierung ist nicht hinnehmbar und wird konsequent bekämpft,“ so Vertreter*innen des Bündnis AGG Reform – Jetzt!.

Das derzeitige Ausmaß an Diskriminierung gefährde die Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die aktuellen Debatten liefen Gefahr, die Gesellschaft weiter zu polarisieren und die Rechte und Perspektiven der Betroffenen aus dem Blick zu verlieren.  Eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) könne den Fokus wiederherstellen, nämlich den Diskriminierungsschutz aller Menschen in allen Lebensbereichen zu gewährleisten. Diskriminierung verletze Grund- und Menschenrechte und sei niemals hinnehmbar.

„Die Politik muss endlich ein Zeichen setzen, dass Diskriminierung in unserer Gesellschaft nicht geduldet und konsequent bekämpft wird. Es ist nicht hinnehmbar, dass Jüd*innen in Deutschland stigmatisiert werden und immer wieder um ihre Sicherheit bangen müssen. Es ist nicht hinnehmbar, dass homosexuelle Menschen, queere Menschen und Trans* Personen angegriffen oder am Arbeitsplatz diskriminiert werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen mit Behinderung  und chronischen Erkrankungen immer und überall gegen Barrieren ankämpfen müssen und stets Ausgrenzung erfahren. Es ist nicht hinnehmbar, dass Sinti*zze und Rom*nja in allen Lebensbereichen diskriminiert und stigmatisiert werden.  Es ist nicht hinnehmbar, dass Muslim*innen diskriminiert, unter Generalverdacht gestellt und kriminalisiert werden. Ebenso darf Anti-Schwarzer Rassismus, der in Deutschland weit verbreitet ist, nicht weiter hingenommen werden. Aktuell nehmen wir ein beängstigendes Ausmaß an Diskriminierung wahr, das unserer Demokratie, dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und schließlich uns allen schadet. Die Bundesregierung muss die Reform des Antidiskriminierungsgesetzes endlich angehen und den rechtlichen Diskriminierungsschutz effektiver machen“, appellieren Vertreter*innen des Bündnis AGG Reform – Jetzt!

Die Anhörung im Rechtsausschuss findet am 8.11.2023 von 14 bis 16 Uhr statt. Eva Andrades vom Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd), Remzi Uyguner von Fair mieten – Fair wohnen Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt und Vera Egenberger vom Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung (BUG) nehmen als Sachverständige und Mitglieder des Bündnis AGG Reform-Jetzt! an der Anhörung teil.

Pressekontakt – Bündnis AGG Reform – Jetzt! 
Nadiye Ünsal (advd), nadiye.uensal@antidiskriminierung.org, +4917688093113

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 08.11.2023

LSVD-Leitplankenbündnis als Sachverständige geladen

Heute diskutiert der Familienausschuss des Bundestags über die Situation der Regenbogenfamilien. Das Bündnis inklusive LSVD, das im Mai Leitplanken für eine Abstammungsrechtsreform dem Bundestag überreicht hat, ist als Sachverständiger zu dem Fachgespräch eingeladen. Trotz zahlreicher Versprechen im Koalitionsvertrag wurden in dieser Legislatur für Regenbogenfamilien noch keine Verbesserungen erreicht. Dazu erklärt Henny Engels aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Es ist höchste Zeit, dass die Legislative die versprochenen Reformen für Regenbogenfamilien angeht. Über sechs Jahre nach der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und über vier Jahre nach Einführung des dritten positiven Geschlechtseintrags bleibt das Familien- und Abstammungsrecht weiter ohne Reform. Bisher liegen weder Eckpunkte noch ein Gesetzentwurf aus dem federführenden Bundesjustizministerium vor. Wenn in dieser Legislaturperiode nichts passiert, dürfte die Reformchance auf Jahre vertan sein. Dies wäre aus zivilgesellschaftlicher Perspektive eine Bankrotterklärung für den versprochenen queerpolitischen Aufbruch.

Heute spricht der Familienausschuss in einem Fachgespräch unter anderem mit der Initiative nodoption und der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Jurist*innen (BASJ) über die notwendigen Reformen für Regenbogenfamilien. Gegenstand werden auch die bereits erwähnten Leitplanken für eine Reform des Abstammungsrechts sein, die von über 30 Organisationen unterstützt wurden. Darin haben wir konkrete, einfach umsetzbare Lösungsvorschläge für eine interessengerechte Abstammungsrechtsreform erarbeitet.

Die gelebte Realität von zwischenmenschlichen Beziehungen, Partnerschaften und Familien muss nun endlich rechtlich abgesichert werden! Weiterhin müssen Familien mit queeren Elternkonstellationen, beispielsweise mit zwei Müttern, ihre Kinder in einem gerichtlichen Adoptionsverfahren annehmen, um rechtlich abgesichert zu sein. Diese Adoptionsverfahren finden zwingend unter Beteiligung des Jugendamtes oder der Adoptionsvermittlungsstelle statt. Die behördliche Überprüfung erleben viele Familien als enorme Belastung, weil sie fürchten müssen, von staatlicher Seite (abermals) in ihrer Lebensform abgewertet und diskriminiert zu werden. Zahlreiche Erfahrungsberichte von Familien, die das Stiefkindadoptionsverfahren durchlaufen haben, zeigen, dass diese Sorge leider nicht unbegründet ist.

Zum Hintergrund

Das geltende Abstammungsrecht verwehrt Kindern aus Regenbogenfamilien den zweiten Elternteil. Es diskriminiert zudem weibliche, trans*, inter* und nicht-binäre Personen als Elternteile. Bereits in ihrem Abschlussbericht von 2017 empfahl die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz berufene Fachkommission nach dreijähriger Beratung Reformen.

Mehrere Oberlandesgerichte haben die aktuellen Regelungen zum Abstammungsrecht schon dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, weil sie an deren Verfassungsmäßigkeit zweifeln. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus. Es gibt mehrere Petitionen mit insgesamt über 80.000 Unterschriften, die eine unverzügliche Abstammungsrechtsreform fordern.

Die Ampelregierung hat im Koalitionsvertrag eine umfassende Reform des Abstammungs- und Familienrechts zur besseren rechtlichen und gesellschaftlichen Absicherung von Regenbogenfamilien versprochen. Angekündigt sind präkonzeptionelle Elternschaftsvereinbarungen, die Aufwertung der sozialen Elternschaft, die Öffnung des Samenspenderregisters für private Spenden und die automatische Elternschaft beider Mütter, wenn ein Kind in die Ehe zweier Frauen geboren wird, sofern nichts anderes vereinbart ist. Außerdem soll die künstliche Befruchtung diskriminierungsfrei auch bei heterologer Insemination förderfähig sein. Bisher hat die Bundesregierung weder Eckpunkte noch einen Gesetzentwurf für die versprochenen Reformen vorgelegt.

Weiterlesen

Die Live-Übertragung zwischen 11 und 12 Uhr im Bundestagsfernsehn: Deutscher Bundestag – 49. Sitzung
Bündnis für Gleiche Rechte für Regenbogenfamilien
Aktuelle Petition zum Thema „Abstammungsrecht“ auf AllOut unterschreiben
Leitplanken des „Bündnis für gleiche Rechte für Regenbogenfamilien“
Regenbogenfamilienpapier des LSVD

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 19.10.2023

LSVD kritisiert neuerliche Asylverschärfung im Innenausschuss und überreicht Petition

Am heutigen Montagnachmittag hat der Innenausschuss des Bundestags über die Einstufung weiterer Staaten als „sichere Herkunftsländer“ beraten. Die grüne Bundestagsfraktion hatte Patrick Dörr dazu eingeladen, für den Lesben- und Schwulenverband (LSVD) eine Stellungnahme zu den Gesetzesentwürfen von Bundesregierung und Unionsfraktion abzugeben. Die Bundesregierung plant die Einstufung von Georgien und Moldau, CDU/CSU und AfD möchten ebenfalls die Verfolgerstaaten Marokko, Algerien und Tunesien listen, in denen queeren Menschen mehrjährige Haftstrafen drohen. Im Nachgang der Ausschusssitzung überreichte der LSVD – vertreten durch Mara Geri – zusammen mit AllOut dem geschäftsführenden Vorsitzenden des Innenausschusses, Lars Castellucci (SPD), die Petition gegen die geplante Erweiterung der Liste, die fast achttausend Personen unterschrieben haben und den Brief des LSVD mit 27 weiteren Organisationen an Budnestagspräsidentin Bärbel Bas gegen das Gesetz. Hier das Eingangsstatement von Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand des LSVD, in dem er vor allem die geplante Einstufung Georgiens scharf kritisierte, im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Abgeordnete,
vielen Dank für die Möglichkeit zu einer Stellungnahme, die ich für den LSVD gern wahrnehme. Das Bundesverfassungsgericht hat festgelegt, dass nur solche Staaten als sichere Herkunftsländer eingestuft werden dürfen, in denen alle Bevölkerungs- und Personengruppen vor Verfolgung sicher sind, und zwar in allen Landesteilen.

Die Bundesregierung missachtet seit Jahren diese höchstrichterlichen Vorgaben, indem sie an der Listung von Ghana und Senegal festhält – beides Länder, in denen LSBTIQ* vom Staat systematisch verfolgt werden. Daher hat auch das höchste französische Verwaltungsgericht 2021 entschieden, dass Ghana und Senegal nicht als sichere Herkunftsländer gelistet werden dürfen. Auch Georgien und Moldau sind nicht sicher. Teile beider Staaten werden de facto von Russland kontrolliert, was eine Einstufung ganz offensichtlich verfassungswidrig macht. Während darüber hinaus mit Bezug auf Moldau vor allem auch die Lage von Rom*ja und Sinti*zze einer Einstufung im Wege steht, worauf Prälat Dr. Jüsten noch eingehen wird, ist dies mit Bezug auf Georgien vor allem die LSBTIQ*-feindliche Verfolgung.

So hat Dr. Julia Ehrt, die Geschäftsführerin des globalen queeren Dachverbandes ILGA, noch im Mai dieses Jahres im Menschenrechtsausschuss des Bundestags berichtet, dass es in Georgien zwar rechtliche Fortschritte gibt, sich die Lage vor Ort aber sogar verschlechtert hat. Danach, im Sommer dieses Jahres, ist der CSD in Tiflis von mehreren hundert queerfeindlichen Demonstrierenden gestürmt worden – und das, ohne dass die Polizei dies unterbunden hätte. Die georgische Präsidentin Surabishwili beklagte noch am selben Tag, dass – ich zitiere – „dieser Gegenprotest durch die Social-Media-Beiträge, die nicht nur von verschiedenen Zweigen der Regierungspartei, sondern auch direkt von den amtierenden Abgeordneten der Partei verbreitet wurden, angezettelt, erprobt und offen unterstützt wurde“.

Dem LSVD sind zwölf Gerichtsurteile und ein OVG-Beschluss bekannt, in denen die Gerichte das BAMF dazu verpflichtet haben, georgischen LSBTIQ* Asylsuchenden aufgrund der queerfeindlichen Verfolgung Schutz zu gewähren. Noch im August begründete das Verwaltungsgericht Halle ein positives Asylurteil folgendermaßen – ich zitiere: „Die Stigmatisierungen und Diskriminierungen der LGBTIQ-Personen durch die georgische Öffentlichkeit haben aber ein solches Maß erreicht, und eine Aufklärung und Verfolgung dieser Taten findet in einem nur derart geringen Umfang statt, dass nicht nur von einzelnen Übergriffen und vereinzelten Schutzlücken, sondern zur Überzeugung der Einzelrichterin einem systemischen Schutzproblem auszugehen ist […].“

Wie die Bundesregierung in der Begründung ihres Gesetzesentwurfes nun behaupten kann, dass es in Georgien durchgängig keine Verfolgung gäbe, ist daher vollkommen unverständlich. Noch im April hat Belgien übrigens Georgien von der dortigen Liste sicherer Herkunftsstaaten gestrichen, wohl auch aufgrund der queerfeindlichen Verfolgung.

Eine Einstufung Georgiens als sicheres Herkunftsland würde nicht nur die Verfolgung vor Ort bagatellisieren, sondern auch queere Asylsuchende, die bei uns Schutz suchen, in akute Gefahr bringen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

Der Lesben- und Schwulenverband freut sich über Spenden, um so seinen Einsatz für die Rechte von LSBTIQ*, besonders von geflüchteten LSBTIQ* aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, leisten zu können. Zum Spendenformular.

Weiterlesen:
Aufzeichnung und Stellungnahmen: Anhörung zur Bestimmung Georgiens und Moldaus als sichere Herkunftsstaaten

Schreiben an Bundestagspräsidentin Bas zusammen mit 27 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Deutschland, Europa und der Welt

Die Stellungnahme wird mitunterzeichnet von den folgenden zivilgesellschaftlichen Organisationen:

  • 6Rang (Iranian Lesbian and Transgender Network)
  • Aktionsbündnis gegen Homophobie e.V.
  • AllOut
  • BumF – Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V.
  • Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer
  • – BAfF e.V.
  • CSD Deutschland e.V.
  • Deutsche Aidshilfe e.V.
  • International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA –World )
  • European Region of the International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex
  • Association (ILGA-Europe)
  • Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz
  • Just Human e.V.
  • Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
  • Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
  • Katholisches LSBT+ Komitee
  • Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V., Köln
  • Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e. V.
  • PROUT AT WORK
  • Rainbow Railroad
  • Rainbow Refugees Mainz
  • Regenbogenforum e.V.
  • Rosa Asyl 2.0 Nürnberg
  • Queeramnesty Berlin
  • Schwulenberatung Berlin
  • Transgender Europe
  • vielbunt e.V. – Darmstadt
  • XENION – Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte e.V

Dossier zum Maghreb (LSVD)

Länderanalyse der Schweizerischen Flüchtlingshilfe – „, Georgien: LGBTQI+“ vom 06.09.2023

Petition mit AllOut gegen die Einstufung von Georgien und Moldau als „sichere Herkunftsstaaten“ (ca. 8.000 Unterschriften) – Diese Petition kann weiterhin unterschrieben werden!

Die folgenden Organisationen der Zivilgesellschaft haben sich bereits beim Referent*innenentwurf gegen die Listung von Georgien und Moldau ausgesprochen:

Amnesty International Deutschland e.V., AWO Bundesverband e.V., Deutscher Caritasverband e.V., Deutscher Anwalt Verein, Diakonie Deutschland, Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS), Gemeinsame Stellungnahme des Kommissariats der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro in Berlin – und der Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V., Neue Richtervereinigung e.V., Der Paritätische Gesamtverband, Pro Asyl

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 19.10.2023

LSVD startet Kampagne für ein diskriminierungsfreies Selbstbestimmungsgesetz

Nachdem im August der Kabinettsentwurf für ein Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) veröffentlicht wurde, wird der Bundesrat am kommenden Freitag darüber beraten. Dazu erklärt Alva Träbert aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Wir begrüßen, dass mit der morgigen Sitzung im Bundesrat zum Selbstbestimmungsgesetz der erste parlamentarische Schritt auf dem Weg zur geschlechtlichen Selbstbestimmung getan ist. Die Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates für Familien, Arbeit, Inneres und Recht zum vorliegenden Gesetzesentwurf sind jedoch auch in Teilen durchwachsen.

So fordert nur der Rechtsausschuss des Bundesrats eine Art neue Glaubhaftmachung der trans*, inter* oder nichtbinären Identität, bevor eine Personenstandsänderung vorgenommen werden kann. Diese Empfehlung führt das Ziel einer geschlechtlichen Selbstbestimmung und den Namen „Selbstbestimmungsgesetz“ vollkommen ad absurdum. Dies würde die erneute Einführung unwürdiger Begutachtungsverfahren bedeuten.

Erfreulich ist, sich einige Ausschüsse deutlich gegen die vorgesehene Informationsweitergabe an Sicherheitsbehörden und gegen Warte- und Sperrfristen aussprechen. Mehrere Ausschüsse fordern zudem die Streichung des Hausrechtsparagrafen da dieser transfeindliche Einstellungen befördert. Zudem fordert der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik für alle, die sich normalerweise in Deutschland aufhalten, eine einheitliche Möglichkeit der Personenstandsänderung. Der LSVD unterstützt dies – eine misstrauische Grundhaltung gegenüber Menschen mit ungesichertem Aufenthalt sollte in einem Gesetzestext keinen Platz haben.

Der aktuelle Gesetzesentwurf zum SBGG sieht vor, dass junge Menschen unter 18 Jahren die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertretungen für eine Änderung des Personenstandes oder des Vornamens bedürfen. Zwischen 14 und 17 Jahren sollen Familiengerichte angerufen werden können, wenn es die Zustimmung der Sorgeberechtigen nicht gibt. Der Vorschlag des Rechtsausschusses, diese Hürden für Personen unter 18 Jahren noch einmal zu erhöhen, ist absolut unverhältnismäßig und bedeutet einen massiven Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht Jugendlicher. Darüber hinaus würden diese Empfehlungen der zunehmenden Entscheidungs- und Verantwortungsfähigkeit, die Jugendlichen in anderen Rechtsbereichen, wie beispielsweise der Wahl der Religion oder des Berufes, widersprechen.

Wir fordern die demokratischen Parteien auf, die trans*, inter* und nichtbinären Lebensweisen gegenüber verständnisvollen Haltungen der Bundesrat-Ausschüsse bei der weiteren Ausarbeitung des Selbstbestimmungsgesetzes im parlamentarischen Prozess zu beachten und ebenfalls auf die Expert*innenpositionen der Zivilgesellschaft einzugehen.

Weiterlesen:

Mehr Informationen zum Selbstbestimmungsgesetz

Anlässlich des parlamentarischen Prozesses über das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“ startet heute die LSVD-Kampagne „Stimmen für ein diskriminierungsfreies Selbstbestimmungsgesetz“. Dabei werden Positionen von Personen des öffentlichen Lebens, zivilgesellschaftlichen LSBTIQ*-Organisationen und ihren Verbündeten verstärkt.

Unterschreiben Sie die Petition für ein Selbstbestimmungsgesetz, das den Namen verdient, welche der LSVD erstunterzeichnet hat. Wir brauchen 50.000 Unterschriften, damit sich der Petitionsausschuss des Bundes darüber berät.

Broschüre „Soll Geschlecht jetzt abgeschafft werden?“ 
Gesetzesentwurf mit zivilgesellschaftlichen Stellungnahmen
Bundesrat-Ausschussempfehlungen
LSVD-Stellungnahme: Referentenentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz (lsvd.de)

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 19.10.2023

Rund hundert Erwachsene und Kinder mit Armutserfahrung formulieren Forderungen an die Politik

Auf dem heutigen 16. Treffen der Menschen mit Armutserfahrung in Berlin kamen mehr als 100 Beteiligte sowie Kinder und Jugendliche aus ganz Deutschland zusammen, um sich über ihre Situation auszutauschen, gesellschaftliche Probleme zu besprechen und ihre Forderungen auszu-arbeiten. Ein Ergebnis des Treffens: Die Kinder und Jugendlichen formulierten einen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz.

„Viele Teilnehmende schilderten ihre Wahrnehmung, dass die aktuellen politischen Debatten völlig an der realen Lebenssituation und der täglich erlebten Not von in Armut lebenden Menschen vorbeigehen“, berichtet Renate Antonie Krause aus Kiel, die das Treffen mit vorbereitet hat. „Statt wirksame Hilfen umzusetzen, werden Menschen in Armut ständig diskreditiert.“ So sei es völlig unklar, welche der mit dem Bürgergeld und der Grundsicherung verbundenen großen Versprechen überhaupt umgesetzt werden. „Im Bundeshaushalt sind die Mittel rapide zusammengekürzt worden, mit denen die individuelle Förderung ermöglicht werden sollte. Und die Menschen in der Grundsicherung im Alter sind überhaupt aus dem Blick geraten“, kritisiert Krause.

Die Teilnehmenden erarbeiteten ihre Forderungen in Workshops zu den Themen Wohnen, Existenzsicherung und Zugang zu Sozialleistungen.
Dorothea Starker aus Oldenburg berichtet aus dem Workshop Zugang zu Sozialleistungen, dass die Zugangsprobleme für die Bürgerinnen und Bürger zu Leistungen und Hilfen oft schwierig gestaltet seien. „Da fehlt es an allen Ecken und Enden. Den als Helfenden in den Behörden angestellten Personen fehlen oft fachliche Grundlagen, um Armutslagen richtig erkennen und einordnen zu können. Und sie müssen gute Instrumente an der Hand haben, um Hilfen auch schnell und unkompliziert umsetzen zu können. Der Personalmangel ist überall spürbar, oft stehen formelle Vorgänge im Vordergrund, statt die Gewährleistung wirksamer Unterstützung“. Es fehle aber auch an vorgelagerten Hilfen. So seien Beratungsstellen oft unterfinanziert oder überhaupt nicht vorhanden, Qualitätsstandards in Sozialbehörden und Jobcentern im Sinne einer langfristigen Verbesserung der Lebensperspektiven seien unterentwickelt.

„Außerdem kommen viele Menschen überhaupt nicht mehr an die Hilfen ran, weil sie mit den digitalen Zugängen nicht klarkommen, das höre ich immer wieder“, betont Starker. Aber auch die Stellung derjenigen, die Leistungen in Anspruch nehmen oder benötigen müsse an sich verbessert werden. „Da geht es auch hier ganz stark um Empowerment. Zum einen klar sagen und sich trauen: Ich benötige Hilfe, ich nehme aber auch die mir zustehenden sozialen Rechte in Anspruch. Zum Zweiten: Die Hilfesuchenden müssen ernst genommen und respektiert werden. Sie haben ihre eigenen Kompetenzen und Erfahrungen, die für die Verbesserung der sozialen Angebote auch genutzt werden sollten, etwa durch die Mitwirkung in Jobcenter-Beiräten und durch die flächendeckende Schaffung von Ombudsstellen.“ Dorothea Starker fordert: „Aus Sicht der Menschen mit Armutserfahrung gilt aber auch: Sie müssen an sich arbeiten, offensiv auftreten, ihre Rechte einfordern und die Scham überwinden. Ich sage: Schäme Dich nicht für Deine Armut – werde aktiv!“

Fragen der Existenzsicherung wurden in einem weiteren Workshop kritisch diskutiert. „Viele Leistungsbeziehende erleben noch nicht konkret, wie durch das Bürgergeld die Agenda 2010 überwunden wird“, berichtet Peter Ring aus Schwabach in Mittelfranken. Nach wie vor werde viel über die Armen gesprochen, weniger über die Armut und kaum mit den Menschen mit Armutserfahrung. „Da muss sich die Sozialpolitik ändern. Politikerinnen und Politiker müssen diejenigen, für die die sozialen Leistungen entwickelt werden, intensiv in Gespräche über die Ausgestaltung mit einbeziehen. Da sind die Beteiligungsformate des Ministeriums für Arbeit und Soziales ein guter erster Schritt, aber das muss für alle Ministerien und auch für die parlamentarische Arbeit einfach ein selbstverständlicher und ständiger Standard werden.“

Die am Workshop Beteiligten entwickelten deutliche Forderungen an die Ermittlung des Existenzminimums und die Ausgestaltung der Existenzsicherung. „Es muss ganz klar sein: Jeder und jede in Deutschland Lebende muss das Existenzminimum auch tatsächlich sicher zur Verfügung haben“ betont Ring. „Am Lebensnotwendigen darf nicht herumgestrichen und es darf nicht vorenthalten werden. Für ein menschenwürdiges Leben darf es keine Bedingungen geben, das ist ein soziales Grundrecht.“

Auch die Höhe der Leistungen stand zur Debatte. Dabei wurde kritisiert, dass der Gesetzgeber immer noch Elemente eines Statistik- und eines Warenkorbmodells für das Existenzminimum vermische. Peter Ring: „Da wird erst in einer Vergleichsgruppe ermittelt, was Menschen mit geringen Einkommen ausgeben, dann soll das Maßstab für den Regelsatz sein, aber schließlich werden bestimmte Ausgaben relativ willkürlich gestrichen, wie zum Beispiel Grünpflanzen oder Haustierfutter. Darum fordern wird, dass es endlich eine einheitliche Methode gibt und diese zeitnah angewendet wird. Hierfür gibt es gute und wissenschaftlich gesicherte Vorschläge. Bedarfe müssen klar benannt und nicht beliebig festgesetzt und die so ermittelte Höhe des Existenzminimums auch tatsächlich ausgezahlt werden. Und das muss für das Bürgergeld wie für die Grundsicherung im Alter gleichermaßen gelten.“

Im Workshop Wohnen wurde deutlich, wie existenzbedrohlich die aktuelle Lage am Wohnungsmarkt für Menschen mit wenig Geld ist. „Millionen von Menschen sind von Wohnungsnot betroffen. Das ist ein ganz zentrales Problem und muss endlich zur Kenntnis genommen werden. Die Politik muss ihrer Verantwortung nachkommen, dagegen endlich wirksame Maßnahmen umzusetzen“, fasst Elvira Prescher aus Oberhausen im Ruhrgebiet das Anliegen der Beteiligten zusammen. Es gehe hier nicht um irgendeine Angelegenheit neben anderen, sondern ganz basal um ein menschenwürdiges Leben in Würde: „Wohnen ist ein Schutzraum und zugleich Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben“, so Prescher.

„Das Vertrauen darauf, dass alle Menschen guten und ausreichenden Wohnraum bekommen, hat aber auch noch eine weitere Bedeutung“, erläutert Guido Heinemann aus Ludwigsburg bei Stuttgart. „Wenn ich jeden Tag befürchten muss, gar nicht mehr sicher Wohnen zu können, bedroht das die Menschen ganz existentiell. Nicht zuletzt erodiert so das Vertrauen in den Staat. Das kann bis zu Wahlerfolgen der AfD führen, obwohl deren Programm die Situation der Menschen noch weiter verschlechtern würde. Wohnen ist ein Grundrecht.“

Laut Guido Heinemann und Elvira Prescher formulierten die Workshopteilnehmenden als Kernforderungen:

  • Die Antwort auf Wohnungslosigkeit muss immer eine Wohnung sein.
  • Leerstand durch Spekulationen beenden!
  • Funktionierende Mietdeckelung – selbst für den Mittelstand sind die Mieten zu hoch.
  • Digitalisierung und damit Wohnraumzugänge auch für Obdachlose ausbauen, zum Beispiel durch kostenloses und ständig verfügbares Internet, Stromzugang und Hilfe bei der Nutzung.
  • Die Macht der SchuFa wirksam begrenzen.
  • Mehr Unterstützung bei Mietschulden oder fehlenden Bescheinigungen.

Nicht nur Erwachsene trugen auf dem 16. Treffen der Menschen mit Armutserfahrung ihre Forderungen zusammen. In einer Kinder- und Jugendwerkstatt formulierten Kinder und Jugendliche aus ganz Deutschland einen Brief an den Bundeskanzler. Darin heißt es: „Lieber Olaf, Wir wollen, dass die Lebensmittel günstiger sind und die Klamotten auch. Das Schulessen müsste besser gemacht werden – die meisten sind darauf angewiesen, weil nicht jeder Geld hat, am Nachmittag zu essen. Die Klassenfahrten sollten im Voraus übernommen werden. Bitte gehen Sie gegen Mobbing vor – viele wissen nicht, wie sich Mobbing anfühlt. Sie können etwas tun, damit unser Leben besser wird! Danke, dass Sie diesen Brief gelesen haben! Wir müssen reden, Olaf!“

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales fördert dieses Beteiligungsformat.

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz vom 19.10.2023

Protest gegen geplante Kürzungen im Bundeshaushalt 2024.

Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege sehen den Sozialstaat in Deutschland angesichts der Kürzungspläne im Bundeshaushalt 2024 ernsthaft gefährdet. Eine Woche vor der abschließenden Sitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, in der die Abgeordneten letzte Änderungen am Bundeshaushalt erwirken können, fordern die Spitzen von Arbeiterwohlfahrt Bundesverband (AWO), Deutschem Caritasverband (DCV), Deutschem Roten Kreuz (DRK), der Diakonie Deutschland, dem Paritätischen Gesamtverband und der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) eine Rücknahme der Kürzungspläne. Auf der heutigen von der AWO organisierten Kundgebung in Berlin warnten sie vor massiven Einschnitten in eine Vielzahl sozialer Angebote und einer damit einhergehenden nachhaltigen Schwächung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Der zu beschließende Haushaltsplan sieht aktuell für Leistungen der Freien Wohlfahrtspflege eine Kürzung von insgesamt etwa 25 Prozent vor.

Was ist geplant und mit welchen Folgen?

  • Kürzungen in Höhe von etwa 30 Prozent im Bereich der Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE), obwohl die Nachfrage nach qualitativer Beratung unverändert hoch ist. Damit geraten die etablierten und bewährten Strukturen des Beratungsangebotes massiv unter Druck.
  • Kürzungen für das Programm der bundesweiten, behördenunabhängigen Asylverfahrensberatung (AVB). Durch den Wegfall von 50 Prozent der für das nächste Jahr mindestens benötigten Mittel wird der zugesagte Aufbau torpediert. Es drohen Insolvenzen und eine Verschlechterung des Beratungsangebots durch Wegfall der Landesfinanzierungen.
  • Ein weiteres betroffenes Bundesprogramm ist das der Psychosozialen Zentren (PSZ). Es soll eine Kürzung von 17 Millionen auf sieben Millionen Euro geben. Die Verbände sehen die Versorgung und Teilhabe von geflüchteten sowie anderen zugewanderten Menschen massiv gestört und damit auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Gefahr.
  • Die Mittel für die Freiwilligendienste sollen über alle Formate hinweg um 23,7 Prozent gekürzt werden. Die geplanten Kürzungen hätten zur Folge, dass jeder vierte Freiwilligenplatz wegfallen würde – das wären bundesweit rund 30.000 Freiwillige. 
  • Im Bereich Digitalisierung hebeln Einsparungen in Höhe von 3,5 Millionen Euro das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aufgesetzte Förderprogramm zur Zukunftssicherung der Freien Wohlfahrtspflege durch Digitalisierung komplett aus. Hier werden die Verbände mitten im Aufbruch und in wichtigen strategischen Entwicklungen stark beeinträchtigt.

BAGFW-Präsident Michael Groß (Arbeiterwohlfahrt Bundesverband) betont: „Der Entwurf zum Bundeshaushalt bedeutet für viele unserer Einrichtungen und Angebote schmerzhafte Einschnitte, bis hin zur Schließung. In einer so unsicheren Weltlage, in der viele Menschen massiv verunsichert sind und große Sorgen haben, stehen jetzt die letzten Anlaufpunkte auf dem Spiel, die den Menschen noch Sicherheit und Orientierung geben können. Die Arbeitsbereiche der Freien Wohlfahrtspflege machen nur einen minimalen Bruchteil des Bundeshaushalts aus – minimale Einsparen sorgen für maximalen Schaden!“

Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes (DCV): „Die Grenze zwischen „Drinnen“ und „Draußen“ wird heute über digitale Zugangsbarrieren bestimmt: Die Kluft zwischen Arm und Reich wird größer, wo Menschen digital abgehängt werden. Passgenaue Angebote der Wohlfahrtsverbände müssen analog und digital gestaltet werden, um diese Kluft zu schließen. Das gilt etwa für unsere Beratungsstellen, die auch online erreichbar sein müssen. Wenn die Förderung der digitalen Transformation der Wohlfahrtsverbände von der Bundesregierung auf Null gesetzt wird, geht das zulasten der Zukunft des Sozialen.“

Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes: „Es ist erschütternd, dass die Bundesregierung in einer Zeit wachsender sozialer Spaltung bei solchen Strukturen kürzt, die Menschen in Armut und prekären Lebenslagen helfen – von Hilfen für Arbeitslose bis zur Unterstützung Geflüchteter. Die Haushalts- und Finanzpolitik der sozialen Kälte muss gestoppt werden! Es steht nichts weniger als der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Stabilität unserer Demokratie auf dem Spiel.“

Gerda Hasselfeldt, Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK): „Migrationsberatungsstellen helfen Zugewanderten, sich zu orientieren und ihre Ansprüche wahrzunehmen. Sie sorgen langfristig dafür, dass Menschen, die zu uns kommen, Fuß fassen, sich einbringen und selbstverständlich alle Möglichkeiten haben, die andere auch haben. So kann Zuwanderung die Gesellschaft bereichern. Sie in Zeiten steigender Zuwanderung zu streichen ist schlicht unverantwortlich.“

Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland: „Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, die Freiwilligendienste zu stärken. Die Kürzungen stehen dazu in klarem Widerspruch und dürfen auf keinen Fall beschlossen werden. Notwendig wäre eine Aufstockung der Mittel und mehr Unterstützung für die Freiwilligen: zum Beispiel durch die kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs oder die Anerkennung von Freiwilligenzeiten als Vorbereitung auf ein Studium oder eine Ausbildung. Wer hier heute kürzt, zahlt morgen drauf!“

Abraham Lehrer, Präsident der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST): „Die globalen Krisen der letzten Jahre zeigen: Eine resiliente und krisenfeste Wohlfahrtspflege ist wichtiger denn je. Krisen werden von Populisten als Nährboden missbraucht, die meinen, auf komplexe Fragestellungen einfache Antworten finden zu können. Das damit einhergehende Auseinanderdriften des gesellschaftlichen Zusammenhalts gefährdet die Demokratie. Die Freie Wohlfahrt muss eine verlässliche Anlaufstation für vulnerable Gruppen bleiben. Integration, ehrenamtliches Engagement und digitale Teilhabe sind unabdingbar für gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 08.11.2023

Anlässlich des Inkrafttretens des Asylbewerberleistungsgesetzes vor 30 Jahren fordert ein breites Bündnis die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes.

Anlässlich des Inkrafttretens des Asylbewerberleistungsgesetzes vor 30 Jahren (1. November 1993) fordert ein breites Bündnis von mehr als 150 Organisationen, darunter auch der Paritätische, die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Das Bündnis kritisiert die aktuelle Debatte über immer weitere Einschränkungen bei Sozialleistungen für Geflüchtete in einem gemeinsamen Appell scharf und fordert, die Betroffenen in das reguläre Sozialleistungssystem einzubeziehen.

„Mit Bestürzung verfolgen wir die aktuelle politische Debatte über Asylsuchende, die zunehmend von sachfremden und menschenfeindlichen Forderungen dominiert wird. (…) Die im Raum stehenden Forderungen reichen von einer generellen Umstellung von Geld- auf Sachleistungen über diskriminierende Bezahlkarten und eine Kürzung des Existenzminimums bis hin zur Forderung, dass kranken Menschen eine medizinische Grundversorgung vorenthalten werden soll“, heißt es in dem heute veröffentlichten Appell. Argumentiert werde mit Behauptungen, die wissenschaftlich bereits widerlegt seien und mit “Scheinlösungen”, die Geflüchtete zu “Sündenböcken” für eine verfehlte Sozialpolitik machen, so die Kritik.

“Das Asylbewerberleistungsgesetz ist ein Sondersozialhilfesystem, das das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum missachtet. Die Würde des Menschen aber ist unteilbar, ebenso wie das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum”, mahnt Kerstin Becker, Leiterin der Abteilung Migration und Internationale Kooperation im Paritätischen Gesamtverband. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2012 entschieden, dass eine Kürzung von Sozialleistungen zur Abschreckung von Schutzsuchenden gegen das Grundgesetz verstößt. Die aktuellen Forderungen nach weiteren Einschränkungen seien zynisch. 

Das Asylbewerberleistungsgesetz sei von Anfang an dazu gedacht gewesen, über Leistungseinschränkungen und schlechte soziale Bedingungen Menschen von der Flucht nach Deutschland abzuhalten. Doch das funktioniere nicht und habe auch nichts mit der Realität zu tun, wie es in dem Appell heißt: „Wenn in diesem Jahr 2023 das Bundesamt in über 70 Prozent aller Asylanträge, die bis September inhaltlich entschieden wurden, einen Schutzstatus feststellt, wird nur allzu deutlich, dass die Menschen nicht wegen der Sozialleistungen kommen, sondern hier Schutz suchen.“

Dokumente zum Download

Appell Asylbewerberleistungsgesetz (457 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 31.10.2023

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 13. November 2023

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ

Ort: Online

Gesetzesreformen, wie das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG), liefern positive fachliche Impulse für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe. Zugleich ist die Umsetzung der gesetzlichen Neuregelungen mit einem steigenden fachlichen Anspruch an die Fachkräfte der Sozialen Dienste verbunden. Zudem stellen Krisen, wie die Corona-Pandemie, besondere Herausforderungen an die Sozialen Dienste und wirken mitunter verstärkend auf bestehende Problemlagen, können aber auch Chancen für neue Wege bieten.

Im Rahmen der AGJ-Fachveranstaltung soll das Spannungsfeld zwischen einerseits sozialpolitischem Auftrag und steigendem fachlichen Anspruch sowie andererseits spürbarem Fachkräftemangel, Krisenmanagement und zunehmendem Finanzierungsdruck näher beleuchtet und diskutiert werden. Mit Blick auf die Bedeutung der Kinder- und Jugendhilfe für die Gesellschaft als Teil der sozialen Daseinsvorsorge, wird der Frage nachgegangen, was es braucht, damit die Anforderungen an die Sozialen Dienste adäquat umgesetzt werden (können). Welche Weiterentwicklung und Verbesserung der Praxisbedingungen bedarf es hierfür, z. B. in Hinblick auf die Gewinnung und Bindung von Personal, Digitalisierungspotentiale in Sozialen Diensten sowie auf eine krisenfeste Ausgestaltung von Kooperationen zwischen öffentlichen und freien Trägern?

Zur Anmeldung geht es >> hier

Termin: 15. November 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Im Mittelpunkt dieser Veranstaltung steht zunächst die Frage, warum Familien mit Migrationsbezug keine homogene Bevölkerungsgruppe sind. Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften stellt vor, weshalb es mehr Wissen über diese Heterogenität braucht, um diskriminierungskritisch und diversitätssensibel in den unterschiedlichen Bereichen der sozialen Arbeit agieren zu können. Die Beratungserfahrungen des Verbandes zeigen ein sehr diverses Bild von Familien im Migrationskontext. Wir sprechen darüber, welchen Personenkreis „migrantische“ Familien umfassen und wer „binationale“ Familien und „transnationale Familien“ eigentlich sind.

Ein weiterer Schwerpunkt wird das Themenfeld Mehrsprachigkeit in Familien sein, denn ein erfolgreiches mehrsprachiges Aufwachsen von Kindern in Deutschland ist eng mit der Anerkennung und Wertschätzung von Mehrsprachigkeit verbunden. Im gesellschaftlichen Kontext sind die „migrantischen“ Familiensprachen sowohl Marker für Vielfalt als auch für Diskriminierung.

An der Veranstaltung wirkt mit:
Dr. Carmen Colinas und Dr. Marie Leroy, Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.
Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.
Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:

Borris Diederichs, Referent Kinder- und Jugendhilfe
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-328, E-Mail: jugendhilfe@paritaet.org

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:

Sabine Haseloff, Sachbearbeitung, Kinder- und Jugendhilfe
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-327, E-Mail: jugendhilfe@paritaet.org

Termin: 17. November 2023

Veranstalter: Bundesforum Männer – Interessenverband für Jungen, Männer und Väter e. V.

Ort: Zoom

Welche Einstellungen haben Männer zu Fragen von Gleichstellung und Gleichstellungspolitik? Welche Rollenvorstellungen haben und leben sie? Diesen und weiteren Fragen gehen wir in einer neuen repräsentativen Befragung nach, für die wir Prof. Dr. Carsten Wippermann, Leiter des DELTA-Instituts für Sozial- und Ökologieforschung, beauftragt haben.

Dabei handelt es sich um eine (Teil-) Folgebefragung zu den Vorgängerstudien „Rolle vorwärts – Rolle rückwärts“ von 2007 sowie „Auf dem Weg zu mehr Gleichstellung?“, die 2016 veröffentlicht wurde. Zentrale Befunde vor sechs Jahren waren unter anderem, dass sich 55 Prozent der Männer für das Thema Gleichstellung interessieren. 60 Prozent gaben an, dass sich Gleichstellungspolitik noch nicht ausreichend mit den Anliegen und Bedürfnissen von Männern befasse. Sollen beide Partner:innen berufstätig sein? 2007 stimmten dem 71 Prozent der Männer zu. In der Folgebefragung waren es mit 82 Prozent bereits deutlich mehr. 

Wie haben sich diese Werte seitdem entwickelt? Ist ein gesellschaftlicher Backlash feststellbar, wie er vor dem Hintergrund hoher Zustimmungswerte für rechte Parteien zu erwarten sein könnte? Oder aber sind Männer heute progressiver als noch vor sieben Jahren eingestellt?

Antworten liefert unsere neue Erhebung, die Bundesforum Männer Geschäftsführer Dr. Dag Schölper und der Vorstandsvorsitzende Thomas Altgeld am 17. November 2023, 12:00 Uhr, im Vorfeld des Internationalen Männertages am 19. November vorstellen werden.

Jetzt zur Online-Präsentation anmelden!

Eine Registrierung zur Online-Präsentation via Zoom ist ab sofort unter diesem Link möglich. Wir freuen uns über Ihr Interesse!

Termin: 17. November 2023

Veranstalter: Gisela Notz

Ort: Berlin

Im Jahr 2024 erscheint der Kalender Wegbreiterinnen in der 22. Ausgabe. Seit der Kalender 2003 zum ersten Mal erschienen ist, haben wir 264 Frauenbiografien angesammelt. Mehr als 100 HistorikerInnen, PolitikwissenschaftlerInnen, NaturwissenschaftlerInnen, HandwerkerInnen, LehrerInnen und viele andere haben daran geschrieben. Der Wandkalender 2024 gibt wieder Auskunft über zwölf Wegbereiterinnen der emanzipatorischen Frauenbewegung aus zwei Jahrhunderten.

Termin: 21. November 2023

Veranstalter: Netzwerk Familien | eaf Landesverband in der Nordkirche

Ort: Frankfurt

Wie mehrsprachig ist Kunst? Welche vielfältigen Ausdrucksformen bieten Zugänge zu Kunst oder ermöglichen gesellschaftliche Mitsprache?  

Unsere „Sprachzeugen“ sind: 

Jasmin Siddiqui alias Hera of Herakut, Streetart-Künstlerin aus Frankfurt, deren Bilder mittlerweile in vielen Metropolen sichtbar sind. 

Martin Piekar, Lyriker + Schriftsteller, schreibt mehrsprachig deutsch-polnisch. Er wurde 2023 bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt mit dem KELAG-Preis und dem BKS-Bank-Publikumspreis ausgezeichnet. 

Thusjanthan Manoharan, Bildender Künstler & Rapper, Hochschule für Gestaltung in Offenbach.  

Sie alle gehen über „Sprachgrenzen“, brechen mit Konventionen und schaffen wunderbares, irritierendes und interessantes.  

Es moderiert Aida Ben Achour. 

Die Teilnahme ist kostenfrei und ohne Anmeldung möglich.

https://www.verband-binationaler.de/home/detailansicht-slider/save  

Diese Veranstaltung findet im Rahmen des Jubiläumsjahres zum 175-jährigen Bestehen der Frankfurter Paulskirche statt.

Termin: 23. November 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Teilhabe. Die Umsetzung von Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist für ein gutes Aufwachsen essenziell. Derzeit können nicht alle Kinder und Jugendliche in Deutschland diese Teilhabe uneingeschränkt leben. Dies hat vor allem auch monetäre Gründe. Bei der Diskussion um die Kindergrundsicherung ging es in den vergangenen Monaten u. a. darum, ob und wie Teilhabe und Chancengerechtigkeit erreicht werden kann. Infrastrukturelle und monetäre Förderinstrumente wurden gegeneinander ausgespielt. Wir wollen im Rahmen dieser Inforeihe-Veranstaltung aufzeigen, warum das bestehende System kinderbezogener finanzieller Leistungen in Deutschland defizitär ist und welche Stellschrauben insbesondere bei der Einführung einer Kindergrundsicherung gedreht werden können, um im Ergebnis Kinderarmut zu reduzieren und Teilhabe zu ermöglichen.

Mit Dr. Irene Becker, Empirische Verteilungsforschung

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Fragen

Katrin Frank, faf@paritaet.org, Tel 030 / 246 36 465

Verantwortlich für organisatorische Fragen

Mandy Gänsel, mandy.gaensel@paritaet.org, Tel 030 / 246 36 476

Termin: 29. November 2023

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung in Kooperation mit dem Projekt Zeitenwende – Kongress der Utopien

Ort: Berlin

Arbeit spielt für die meisten Menschen eine wichtige und zentrale Rolle. Die oft gestellte Frage „Was machst du?“ wird überwiegend auf die (Erwerbs-)Arbeit bezogen. Wenn Arbeit unseren Alltag und die Art und Weise bestimmt wie wir als Gesellschaft funktionieren, dann müssen wir uns spätestens in dieser Zeit der Transformation durch künstliche Intelligenz, Automatisierung, sozio-demographische Veränderungen und Klimawandel die Frage stellen: Wie und wofür wollen wir in Zukunft eigentlich noch arbeiten? Dazu sollten wir uns zunächst damit beschäftigen, was Arbeit überhaupt ist und welchen Sinn sie uns Menschen gibt. Welche Bedürfnisse müssen befriedigt und welche Bedingungen gegeben sein, um ein zukunftsweisendes und ganzheitliches Konzept von guter Arbeit zu ermöglichen?
Gute Arbeit, die eben nicht zwingend Erwerbsarbeit meint. Wie stellen wir uns die Arbeit der Zukunft vor?
Wir wagen den mutigen Blick nach vorne und diskutieren über Arbeits-Utopien und den Wert von guter Arbeit in unserer Gesellschaft mit: Barbara Prainsack (Professorin für Vergleichende Politikfeldanalyse an der Universität Wien und Buchautorin von „Wofür wir arbeiten“, 2023), Christian Kellermann (Professor für Arbeit und Digitalisierung an der University of Labour in Frankfurt a. M. und
Buchautor „Adam und Ada“, 2023) und Jan Dieren (MdB SPD, u.a. ordentliches Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales).

Moderiert von Mirjam Stegherr (Journalistin und Beraterin für Kommunikation).

Programm

18.30 Uhr Einlass/Ankommen

19.00 Uhr Beginn des Gesprächs bis ca. 20.30 Uhr

Bis ca. 22.00 Uhr: Ausklang mit Imbiss, Getränken und Musik
von Lilah Amar b2b Sean Steinfeger

Anmeldung

Bitte melden Sie sich bei Interesse bis zum 15.11.23 hier an.

Mehr Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier auf der Webseite.

Die Veranstaltung ist kostenlos.

Termin: 30. November 2023

Veranstalter: Kooperation zwischen Zentraler Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST), Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment (KoZe) und Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (AWO).

Ort: Zoom

in Kitas und der Kindertagespflege kommen Kinder und Erwachsene aus unterschiedlichsten Kontexten tagtäglich zusammen. Sie sind Orte der Vielfalt. Auch die Familien, in denen die Kinder leben, weisen unterschiedliche Vielfaltsdimensionen auf.

Doch wie kann Vielfalt gestaltet und gelebt werden? Kinder unterscheiden sich in ihren individuellen Eigenschaften, Bedürfnissen und Entwicklungsaufgaben. In der pädagogischen Arbeit ist der Anspruch, die Zielgruppe der Kinder mit ihren individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erkennen und ihnen individuelle Angebote zu machen, besonders ausgeprägt.

Als Ort der gelebten Vielfalt gehört es im Bereich der Kitas und Kindertagespflege auch dazu, die vielfältigen gesellschaftlichen Lebensrealitäten aufzugreifen und sichtbar zu machen.

Zentral für den Umgang mit Vielfalt in den Einrichtungen ist die Vielfaltskompetenz der Fach- und insbesondere auch der Führungskräfte. Zur Vielfaltskompetenz gehören Wissen über die Entstehung und Wirkung von Stereotypen und Vorurteilen sowie der systematischen Privilegierung und Benachteiligung gesellschaftlicher Gruppen ebenso wie Kenntnisse zu relevanten Konzepten, Strategien und Gesetzen zur Förderung von Vielfalt und zum Abbau von Diskriminierungen.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 30. November 2023

Veranstalter: Kooperationsveranstaltung Deutscher Frauenrat (DF) und Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)

Ort: Berlin

Vor zwei Jahren wurde der Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien in der Zivilgesellschaft als gleichstellungspolitischer Erfolg gelobt. Doch nach der Hälfte ihrer Amtszeit hat die Koalition die meisten ihrer ambitionierten Vorhaben noch nicht umgesetzt. Das feministische Fortschrittsversprechen der Ampel wartet in vielen politischen Bereichen weiter auf Einlösung.

Gemeinsam mit Vertreter*innen aus Politik und Zivilgesellschaft wollen wir eine Zwischenbilanz ziehen und diskutieren, wie wir gleichstellungspolitisch in der zweiten Halbzeit endlich vorankommen.

Wir freuen uns auf die Teilnahme von Vertreter*innen der demokratischen Parteien: Leni Breymaier (SPD), Silvia Breher (CDU/CSU) angefragt, Maria Klein-Schmeink (Bündnis 90/DIE GRÜNEN), Nicole Bauer (FDP) angefragt und Heidi Reichinnek (DIE LINKE). Sie diskutieren mit Vertreter*innen aus den Mitgliedsorganisationen des Deutschen Frauenrats und des DGB-Bundesvorstands.

Programm

Anmeldung (bis 23. November 2023)

Die Veranstaltung wird in Echtzeit per Video übertragen und über die Webseite des DGB abrufbar sein.

Termin: 30. November 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Schutzkonzepte in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sind wirksame Instrumente der Praxis, um Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu verhindern oder diese zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Was für betriebserlaubnispflichtige Einrichtungen eine Pflicht ist, bleibt in den sonstigen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe bisher eine Kür. Aber Grenzverletzungen, Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt kommen überall dort vor, wo sich Kinder und Jugendliche aufhalten: neben der eigenen Familie oder der Schule etc. erleben junge Menschen dies auch in Einrichtungen und bei Angeboten der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit. Umso wichtiger ist ein bewusster Umgang und eine klare Haltung, die Grenzen anspricht und für Ihre Einhaltung Sorge trägt. Damit der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Ort nachhaltig wirken und in den Organisationen auch strukturell verankert werden kann, braucht es aber einen vereinbarten und verbindlichen Plan: ein Schutzkonzept.
Der Paritätische Landesverband NRW hat sich dieser Aufgabe angenommen und eine entsprechende Fachlichkeit für den Bereich der Kinder- und Jugendarbeit aufgebaut. Es wird anhand der Arbeitshilfe zu Schutzkonzepten in der Kinder- und Jugendarbeit eine Einführung in die Thematik gegeben und der Prozess der Erstellung eines Schutzkonzeptes in einem Bericht aus der Praxis sichtbar gemacht.

An der Veranstaltung wirken mit:
– Katharina Henrichs, Fachreferentin Jugend- und Kulturarbeit, Sonderprogramm Prävention sexualisierte Gewalt, Der Paritätische NRW, Paritätisches Jugendwerk NRW
– Lisa Katzensteiner, Sozialarbeiterin/ Sozialpädagogin B.A., Bereichsleitung Jugend, Jugend- u. Kulturzentrum Druckluft, Oberhausen

Hier geht es zur Anmeldung.

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:

Borris Diederichs, Referent Kinder- und Jugendhilfe
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.:  030/24636-328, E-Mail: jugendhilfe@paritaet.org

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:

Sabine Haseloff, Sachbearbeitung Kinder- und Jugendhilfe
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-327, E-Mail: jugendhilfe@paritaet.org

Termin: 01. Dezember 2023

Veranstalter: efas – Das Ökonominnen-Netzwerk

Ort: Berlin

Lilly Schön, Referentin des ZFF, wird neben anderen Expert*innen ebenfalls an der Podiumsdiskussion „Wie kann Angehörigenpflege ökonomisch abgesichert werden?“ teilnehmen. Wir freuen uns auf einen spannenden Fachtagung.

Sie versammelt Vorträge im Spannungsfeld von Gesundheit, Ökonomie und Geschlecht. Es werden u.a. care-ethische Theorien und alternative Praktiken im Bereich der Pflege- und Gesundheitsökonomie mit einer feministischen Ausrichtung vorgestellt, aktuelle pflegepolitische Rahmenbedingungen analysiert und die Frage nach einer gerechten Verantwortungsverteilung im Bereich der häuslichen Pflege gestellt. Im Anhang finden Sie das ausführliche Tagungsprogramm.

Sie können sich über diesen Link zur Tagung anmelden: https://htwb.de/anmeldung-efas-tagung 

Termin: 07. Dezember 2023

Veranstalter: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

Ort: Berlin

Als Ampelkoalition haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass häusliche Gewalt in Umgangsverfahren zwingend zu berücksichtigen ist. Die Umsetzung soll nun im Rahmen der Kindschaftsrechtsreform erfolgen. Mit diesem Fachgespräch wollen wir als grüne Bundestagsfraktion das parlamentarische Verfahren vorbereiten. Wie kann das Kindeswohl und der Gewaltschutz für Kinder und den gewaltbetroffenen Elternteil in sorge- und umgangsrechtlichen Verfahren gewährleistet werden? Gibt es hier weiteren gesetzlichen Handlungsbedarf und wie sieht dieser aus? Wie sind die Erfahrungen aus der Praxis? Diese Fragen wollen wir Im Rahmen des Fachgesprächs  mit Expert*innen, Fachpublikum und einer interessierten Öffentlichkeit diskutieren.

Die Veranstaltung findet auch online als Videokonferenz statt. Die Moderation informiert Sie während der Veranstaltung, in welcher Form Sie Fragen stellen und sich beteiligen können. Beachten Sie bitte auch unseren Datenschutzhinweis zur Verwendung von Zoom: https://www.gruene-bundestag.de/zoom-hinweis

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmedldung finden Sie hier.

WEITERE INFORMATIONEN

Kinderarmut in Deutschland

Kinder und Jugendliche, die in Armut aufwachsen, haben nicht die gleichen Bildungschancen, sind öfters gesundheitlich eingeschränkt und müssen materielle Entbehrungen erleiden. Rund ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland, mit wachsender Tendenz, sind davon betroffen.1 Zudem belegen Studien der OECD seit Jahren, dass in unserem Land die soziale Herkunft eines Kindes deutlich stärker über seinen Lebensweg bestimmt als in vielen anderen Ländern. Um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen, müssen sich Investitionen in die soziale Infrastruktur sowie monetäre Leistungen an armutsbetroffene Familien gegenseitig ergänzen.
Die Landesarbeitsgemeinschaft der AWO in NRW kritisiert, dass im Bereich der Infrastrukturförderung viele
Maßnahmen weitgehend wirkungslos bleiben und so finanzielle Ressourcen vergeudet werden.

Der sozialpolitische Auftrag sozialer Infrastruktur

Frühe Hilfen, Kindertagesstätten, Ganztagsangebote an Schulen, Jugendfreizeiteinrichtungen, Hilfen zur Erziehung, Erziehungsberatungsstellen, Familienbildungs- und Familienerholungsstätten sowie weitere Angebote der Kinder- und Jugendhilfe haben einen wichtigen sozialpolitischen Auftrag. Gerade für armutsbetroffene Kinder, Jugendliche und Familien, darunter viele alleinerziehende und kinderreiche Familien, sind solche soziale Einrichtungen wichtige Anlaufstellen. Sie sind Begegnungs-, Bildungs-, und Erfahrungsorte, die an nachbarschaftliche Lebenszusammenhänge anknüpfen und für viele den Stellenwert eines „zweiten“ Wohnzimmers haben. Dort, wo Familien unter Druck geraten und die Folgen der Armut spürbar werden, können diese Einrichtungen und ihre vielfältigen Angebote gezielt entlasten und durch frühzeitige Unterstützung einen wichtigen Beitrag zum präventiven Kinderschutz leisten.2

Unzweckmäßige Förderstrukturen

Darüber, dass Kinder unabhängig von ihrer familiären Herkunft die gleichen Bildungs- und Aufstiegschancen haben sollten, besteht eigentlich ein gesellschaftlicher Konsens. Auf der anderen Seite fehlt es offensichtlich noch an dem politischen Willen, die Folgen der Kinderarmut tatsächlich konsequent zu bekämpfen. Denn viele einschlägige Förderprogramme und Sozialleistungen sind strukturell so angelegt, dass sie ihre Ziele weitgehend verfehlen.

Konkret lassen sich folgende Mängel feststellen.

  • Unangemessene Befristungen: Viele Fördermaßnahmen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe sind zeitlich befristet. Ein gutes Verhältnis von Aufwand und Ertrag ergibt sich aber oftmals erst nach einiger Zeit, wenn sich Verfahren und Abläufe in der Praxis eingespielt haben. Gerade wenn Fördermaßnahmen anfangen, ihre größte Wirkung zu entfalten, werden sie oftmals wieder eingestellt.
  • Verspätete Bewilligungen: Aufgrund langwieriger politischer Entscheidungsprozesse erfolgen Bewilligungen innerhalb befristeter Förderprogramme oftmals so kurzfristig (teilweise sogar erst nach dem Start eines eng begrenzten Bewilligungszeitraumes), dass keine ausreichende Zeit für die Planung und Vorbereitung der Angebote bleibt. Beispielhaft für diese Problematik kann hier das „Helfer*innenprogramm für die Ganztags- und Betreuungsangebote – Aufholen nach Corona“ des Landes NRW genannt werden.
  • Mangelnde inhaltliche Flexibilität: Die konkreten Förderbedarfe armutsbetroffener Kinder und Jugendlicher sind regional und je nach Zielgruppe unterschiedlich und nicht zuletzt zeitlichen Schwankungen unterworfen. Viele Förderrichtlinien bieten Trägern der Kinder- und Jugendhilfe inhaltlich zu wenig Flexibilität, um passgenau auf die jeweiligen Bedarfe ihrer Zielgruppe reagieren zu können.
  • Überbordender bürokratischer Aufwand: Der zeitliche und personelle Aufwand zur Verwaltung der Fördermittel (Antragstellung, rechnerische Verwendungsnachweise, Berichtswesen etc.) ist oftmals so umfangreich, dass dies in keinem angemessenen Verhältnis zum Ertrag steht und darüber hinaus angesichts der Personalnot bei vielen Trägern schlicht nicht leistbar ist. Insbesondere Förderprogramme im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) sind bekannt dafür, dass sie mit einem hohen administrativen Aufwand verbunden sind.
  • Defizitorientierung: Ein weiteres Manko vieler Förderprogramme ist ihre Defizitorientierung. Anstatt die sozialen Folgen der Kinderarmut frühzeitig und präventiv zu bekämpfen, werden Fördermittel nur unter der Voraussetzung gewährt, dass bereits entstandene Defizite detailliert nachgewiesen werden können. Exemplarisch kann hier das Segment der Lernförderung nach dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) benannt werden.
  • Wildwuchs und Parallelität verschiedener Förderstränge: Stiftungen, Ministerien und andere Geldgeber haben offensichtlich ein Interesse daran, in der Öffentlichkeit eigene Akzente zu Bekämpfung der Kinderarmut setzen. So werden ohne engere Abstimmung mit anderen Geldgebern neue Förderprogramme aufgesetzt und es entstehen fragwürdige Parallelstrukturen. Ein Beispiel hierfür sind die beiden Förderprogramme für Familiengrundschulzentren in NRW, von denen eines im Schul- (MSB)und ein zweites im Jugendministerium (MKJFGFI) verortet ist.
  • Brüche in der Bildungsbiografie: Im Übergang von der Kindertagesstätte zur Grundschule oder von der Grundschule zur weiterführenden Schule, aber auch innerhalb einzelner Lebensabschnitte, ergeben sich für armutsbetroffene Kinder häufig schädigende Brüche. Beispielhaft kann in diesem Kontext die Finanzierung sogenannter „Inklusionshelfer*innen“ für Kinder mit sozial-emotionalen Förderbedarfen an Grundschulen erwähnt werden. Während die Finanzierung der Inklusionshelfer*innen für viele Kinder im schulischen Vormittagsbetrieb gesichert ist, endet sie quasi mit dem Mittagessen und entsprechend bedürftige Kinder sind am Nachmittag auf sich allein gestellt. Auch der Übergang der Integrationshilfe von Kindern von der Kita in die Primarschulen ist nicht „anschlusssicher“ geregelt.
  • Überhöhte Trägeranteile: Die Höhe der „angemessenen Eigenleistung“, die ein Träger der Jugendhilfe nach § 74 (4) SGB VIII zu erbringen hat, variiert von Kommune zu Kommune erheblich. Finanzschwache Kommunen, in denen der Anteil armer Kinder häufig überproportional hoch ist, sind gezwungen, vergleichsweise hohe Trägeranteile einzufordern und machen damit beispielsweise den Betrieb von Kindertagesstätten ungewollt unattraktiv. Im Ergebnis ist der Mangel an Kita-Plätzen ausgerechnet in sozial besonders belasteten Kommunen am größten.
  • Chronischer Unterfinanzierung der sozialen Infrastruktur auf der einen, üppig ausgestattete Leuchtturmprojekte auf der anderen Seite: Einerseits gibt es in unserem Land Angebote der sozialen Infrastruktur, die in dramatischer Weise und dauerhaft unterfinanziert sind (exemplarisch kann hier die Finanzierung Offener Ganztagsschulen genannt werden). Andererseits werden immer wieder, insbesondere von Seiten privater Stiftungen, für neue „Leuchtturmprojekte“ großzügig Gelder bereitgestellt.

Zusammenfassend muss festgehalten werden: Viele Förderprogramme und -strukturen zur Bekämpfung der Kinderarmut verfehlen ihr Ziel. Halbherzig aufgelegte Förderprogramme mit zeitlichen Befristungen und einer überbordenden Bürokratie sorgen letztlich dafür, dass finanzielle Ressourcen vergeudet werden, die im Bereich der basalen Infrastruktur so dringend fehlen.

Nötig sind nachhaltige Investitionen in die soziale Infrastruktur

Um Kindern, die in Armut aufwachsen, mehr Perspektiven, Chancen und soziale Teilhabe zu ermöglichen, ist eine auskömmliche Finanzierung der sozialen Infrastruktur im direkten Lebensumfeld der Kinder und Familien das A und O. Entscheidend ist eine frühzeitig und präventiv ansetzende Unterstützung und Förderung. Übergänge in der Bildungsbiografie sind stärker zu beachten. Gesetzliche Förderstrukturen und Förderprogramme, die sich speziell der Bekämpfung der Folgen von Kinderarmut widmen, sind so aufzusetzen, dass sie für Träger plan- und umsetzbar sind und der zu erwartende Ertrag in einem angemessenen Verhältnis zum Aufwand steht. Dies beinhaltet nicht zuletzt

  • bewährte Förderstrukturen zu entfristen,
  • die Verwaltung der Fördermittel zu verschlanken,
  • parallele Förderstrukturen abzubauen
  • Förderrichtlinien und -verfahren formal so weit wie möglich zu vereinheitlichen,
  • in der Umsetzung der Fördermaßnahmen mehr inhaltliche Flexibilität zu gewähren.

Impressum

Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeiterwohlfahrt NRW (AWO NRW)
c/o Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Mittelrhein e. V.
Rhonestraße 2a | 50765 Köln

Verantwortlich:
Michael Mommer | Geschäftsführer LAG AWO NRW
Dr. Michael Maas | Abteilungsleiter Jugendhilfe des AWO Bezirksverbands Niederrhein e. V.
E-Mail: michael.maas@awo-niederrhein.de

Illustration:
pixabay.com/Bru-nO & lalapronyk
Erscheinungsjahr: 2023

Das Jugendalter ist eine Phase, in der junge Menschen ihre Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung erkunden, die Gestaltung von Beziehungen austarieren und Identitätsentwürfe für sich entwickeln. Obwohl die gesellschaftliche Akzeptanz für queere Identitäten wächst, erfahren viele junge queere Menschen immer noch alltäglich Herausforderungen und Diskriminierung. Denn die gesellschaftlichen Rollenvorstellungen sind oft stereotyp und führen zu sozialem Anpassungsdruck und der Angst vor Ablehnung bei queeren jungen Menschen. Insbesondere die Familie, die Schule/Ausbildungsorte und der Freundeskreis sind wichtige Orte für das Aufwachsen junger Menschen und in dieser Hinsicht genauer zu betrachten. Coming-Out-Prozesse variieren stark und finden zu verschiedenen Zeitpunkten statt. Für queere junge Menschen ist der gesamte Prozess mit vielen Verunsicherungen, Ängsten und Ungewissheiten verbunden und es braucht vorhandene Ansprechpersonen, Informationen sowie Unterstützung und Begleitung. 

Die Jugendarbeit sowie weitere Beratungsstellen können in dieser Zeit und darüber hinaus ein wichtiger Raum hierfür sein. Dabei nimmt die Jugendarbeit junge Menschen mit ihren Bedürfnissen und Interessen wahr. Die Begleitung der Entwicklung von Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung ist ein integraler Bestandteil des Auftrags und Selbstverständnisses der Jugendarbeit. Dennoch fehlt es teilweise in der Jugendarbeit noch an der Auseinandersetzung mit queeren jungen Menschen und ihren spezifischen Bedarfen und Bedürfnissen und am Selbstverständnis als queer-sensibler Ort. 

Im vorliegenden Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ wird die Bedeutung der Anliegen und Interessen von queeren jungen Menschen für die Praxis der Jugendarbeit betont und konkrete fachliche Erfordernisse zur Weiterentwicklung von Angeboten unter Berücksichtigung eines queer-sensiblen Ansatzes in der Jugendarbeit formuliert.
Neben den Ausführungen zu Identitätsarbeit als Entwicklungsaufgabe in der Jugendphase, beschreibt das Papier die Herausforderungen, denen queere junge Menschen in dieser Phase gegenüberstehen. Darauffolgend geht das Papier auf den Anspruch einer queer-sensiblen Jugendarbeit ein und setzt den Fokus auf eine diversitätsbewusste Haltung, queer-sensibles Handeln in der Jugendarbeit, queere junge Menschen als Zielgruppe, Räume und Angebote sowie die Beteiligung und den Schutz queerer junger Menschen. 

Abschließend formuliert die AGJ fachliche Erfordernisse an die verschiedenen Ebenen der Jugendarbeit: Die AGJ betont die Notwendigkeit, Diversität in der Jugendarbeit zu fördern und sich für queere junge Menschen zu öffnen. Dies erfordert die Entwicklung einer queer-sensiblen Haltung bei Fachkräften, die Einbindung von queeren Jugendlichen als Zielgruppe sowie die Schaffung und Weiterentwicklung von inklusiven Angeboten. Zudem ist es wichtig, tragfähige Netzwerke zu entwickeln, Diskriminierung wahrzunehmen und Schutzkonzepte zu implementieren, um queeren Jugendlichen eine sichere Umgebung zu bieten. Die Beteiligung queerer junger Menschen ist für all das die Grundlage.

Das 15-seitige Positionspapier finden Sie >> hier.

Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ beschäftigte sich bereits in verschiedenen Kontexten mit dem Übergang von Schule zu Beruf. Die Corona-Pandemie hat dieses Thema erneut in den Fokus gerückt, da das bestehende Übergangssystem sich in der Krise fragil zeigte. Viele junge Menschen verloren den Anschluss, Übergangsprozesse funktionierten nicht wie sie sollten. In einer Zeit, in der aufgrund von Fachkräftemangel und Arbeitsmarktveränderungen, der Blick besonders auf junge Menschen gerichtet werden muss, ist dies gesamtgesellschaftlich besonders gravierend, da insbesondere benachteiligte junge Menschen mehr Unterstützung bräuchten, um ihre Chancen auf Ausbildung und Beschäftigung zu verbessern und ihre Potentiale einzubringen. Die AGJ diskutiert in diesem Positionspapier, wie Ausbildungsförderungsangebote gestaltet werden müssen, um zu einem kohärenten Übergangssystem zu kommen. Es werden konkrete Forderungen an diejenigen Akteur*innen im Übergangssystem abgeleitet, die sich mit Fragen eines verbesserten Übergangssystems beschäftigen und hier Entscheidungsträger*innen sind.

Das 16-seitige Positionspapier finden Sie >> hier

Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ nimmt die Veröffentlichung des General Comment No. 26 on children’s rights and the environment with a special focus on climate change durch den UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes zum Anlass, sich mit den Inhalten und den sich daraus ableitenden Verpflichtungen der Staaten sowie weiterer Akteur*innen zu beschäftigen. 
Das Positionspapier verdeutlicht zunächst die Relevanz der ökologischen Kinderrechte und macht deutlich, dass insbesondere Kinder und Jugendliche von der Klimakrise in besonderer Weise betroffen sind. Ein schnelles, entschlossenes Handeln der Weltgemeinschaft ist immens wichtig ist, um die Schäden der Klimakrise abzumildern und heutigen wie zukünftigen Generationen ein lebenswertes Leben auf der Erde zu ermöglichen. Dabei spielt die Einhaltung und Umsetzung ökologischer Kinderrechte bzw. der UN-Kinderrechtskonvention insgesamt eine entscheidende Rolle. Die Bedeutung des General Comment No. 26, der als Leitlinie und Konkretisierung für ökologische Kinderrechte genutzt werden kann, wird im Papier zunächst dargestellt. Nachfolgend werden die Inhalte und die im General Comment No. 26 formulierten Verpflichtungen der Staaten erläutert. In einem abschließenden Kapitel formuliert die AGJ Empfehlungen und Forderungen an alle staatlichen Ebenen: 1) die Anerkennung des Rechts auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt für Kinder in nationalen Gesetzen, 2) die politische Ausrichtung aller Ressorts an den Leitlinien des General Comment No. 26, 3) die Verantwortungsübernahme für vorhersehbare umweltbezogene Bedrohungen, 4) umfassende Maßnahmen um die Würde und den Schutz von jungen Menschen zu sichern, 5) die Beteiligung junger Menschen an politischen Entscheidungen sowie 6) die enge Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und der Zivilgesellschaft, um für ökologische Kinderrechte zu kämpfen.
Des Weiteren formuliert die AGJ Maßnahmen und Empfehlungen für die Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe. Sie macht deutlich, dass die Kinder- und Jugendhilfe zur Verbreitung und Zugänglichkeit des GC 26 für junge Menschen beitragen kann. Zudem kann sie in ihren Programmen Umwelt- und Bewusstseinsbildung vorantreiben und den Blick auf globale Herausforderungen und Ungerechtigkeiten bei jungen Menschen erweitern. Des Weiteren sollte die Kinder- und Jugendhilfe in all ihren Angeboten junge Menschen beteiligen, aber auch dafür einstehen, dass junge Menschen bei Fragen und Maßnahmen, die das Klima betreffen, gehört und beteiligt werden – und ihre Rechte, falls nötig, einklagen können. Abschließend gibt die AGJ Hinweise für ein Weiterdenken des General Comments und regt unter anderem an, diesen im Staatenberichtsverfahren der UN-KRK zum ständigen Gegenstand zu machen. 

Das 11-seitige Positionspapier finden Sie >> hier

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Archiv Pressemitteilung

Rund 3.000 Menschen demonstrieren gegen die Sparpläne der Bundesregierung

Berlin, 08.11.2023 Rund 3.000 Menschen versammelten sich am 8. November vor dem Deutschen Bundestag, um gemeinsam gegen den Sparhaushalt der Bundesregierung zu protestieren.

Die Arbeiterwohlfahrt, das Bundesjugendwerk der AWO und das Zukunftsforum Familie (ZFF) hatten gemeinsam zur Kundgebung aufgerufen. Der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland drohen Kürzungen und Streichungen in Höhe von insgesamt 25 Prozent, mit fatalen Folgen für den Sozialstaat und die Gesellschaft, so die Organisator*innen. Im Rahmen der Kampagne „Die Letzte macht das #LichtAus“ fordert das Bündnis den Bundestag auf, die von der Bundesregierung geplanten Sozialkürzungen zurückzunehmen, den Koalitionsvertrag einzuhalten und die Finanzierung essenzieller Einrichtungen und Dienste sicherzustellen. Auch Vertreter*innen aller anderen Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege sowie die Gewerkschaft ver.di schlossen sich der Kundgebung an.

Die Verbände warnen, dass nach den aktuellen Plänen unter anderem jede dritte Migrationsberatungsstelle schließen muss, 35.000 Freiwilligenplätze gestrichen werden, Programme zur Demokratieförderung an Schulen gänzlich wegfallen und die Beratung und Begleitung von Geflüchteten um die Hälfte eingekürzt werden. Im Kinder- und Jugendplan sollen 40,6 Millionen Euro gekürzt werden; auch die Pflegeversicherung und der soziale Wohnraum sind massiv betroffen.

„Der von der Bundesregierung vorgelegte Haushaltsentwurf macht fassungslos“, kommentiert AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner. „Zentrale Dienste und Einrichtungen, die in der Bewältigung der derzeitigen Krisen dringend benötigt werden, werden kaputtgespart oder komplett gestrichen. So entstehen neue Härten im Alltag, der gesellschaftliche Zusammenhalt wird geschwächt und der Polarisierung weiter Vorschub geleistet. In Relation zum Gesamthaushalt werden hier nur kleine Summen gespart: Minimale Einsparungen sorgen für maximalen Schaden.“ AWO-Präsident Michael Groß ergänzt: „Die schwarze Null ist nicht in Stein gemeißelt – Nebelkerzen wie die Schuldenbremse gehören kritisch hinterfragt. Ob gespart wird oder ob mehr Geld in die Staatskassen gelenkt wird, ist eine Frage des politischen Willens. Als AWO akzeptieren wir nicht, dass die Krisen auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werden.“

„Skandalös ist zudem, wie viele Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nicht im Haushalt zu finden sind“, so die stellvertretende Vorsitzende des ZFF, Meike Schuster. „Große Vorhaben mit den Zielen mehr Gleichstellung, mehr Zeit für Familie und die Bekämpfung von Kinderarmut fallen unter den Tisch oder werden nicht mit ausreichend Mitteln hinterlegt.“ Senihad Sator, Vorsitzender des Bundesjugendwerks der AWO, sagt: „Der aktuelle Haushaltsentwurf ist ein fatales Signal an junge Menschen. Durch die Kürzungen verlieren junge Menschen wichtige Unterstützung und werden ihrer Chancen beraubt, sich selbst verwirklichen zu können. Nach den Krisenjahren ist es endlich an der Zeit, umzusteuern und in junge Menschen zu investieren.“

Neben der zentralen Kundgebung in Berlin schlossen sich auch zahlreiche AWO-Mitarbeitende und Ehrenamtliche aus dem ganzen Bundesgebiet mit lokalen Protest-Aktionen an. Ein offener Brief mit den Forderungen von AWO, Bundesjugendwerk und ZFF an den deutschen Bundestag wurde von fast 55.000 Menschen in Deutschland unterstützt.

Hintergründe

Zur Kampagne die Letzte macht das #LichtAus:
https://lichtaus.awo.org

Zur Kundgebung am 8. November:
https://awo.org/kundgebung-gegen-die-sparplaene-der-bundesregierung

Offener Brief gegen die Sparpläne der Bundesregierung: https://weact.campact.de/petitions/offener-brief-gegen-die-sparplane-der-bundesregierung

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ZFF-Sonderinfo

AUS DEM ZFF

AWO, Bundesjugendwerk und ZFF haben einen Offenen Brief an die demokratischen Fraktionen im Deutschen Bundestag veröffentlicht. Darin heißt es:

„fassungslos blicken wir auf den Haushaltsentwurf der Bundesregierung, den Sie in diesen Tagen im Deutschen Bundestag beraten. Was die Regierung vorgelegt hat, schafft für viele Menschen neue Härten im Alltag und bedroht den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir appellieren an Sie: Nutzen Sie Ihr Recht als Gesetzgebende und korrigieren Sie diesen Sparhaushalt!“

Bei der Frage nach Investitionen in unserer Zukunft darf es kein Entweder-Oder geben, sondern nur ein mutiges Sowohl-Als- Auch! #StopptDenSparhaushalt #Lichtaus

Hier gibt es den Volltext des Offenen Briefes: https://awo.org/offener-brief-gegen-die-sparplaene-der-bundesregierung

Ebenfalls kann der Offene Brief hier unterzeichnet werden: https://weact.campact.de/petitions/offener-brief-gegen-die-sparplane-der-bundesregierung

Bitte teilen, weiterleiten, unterschrieben! Wir freuen uns sehr über Eure/Ihre Unterstützung!

Im Mai hat sich das ZFF auf seiner Fachtagung der Frage gewidmet, wie in Zeiten der Umbrüche eine zukunftsfähige Familienpolitik aufgestellt sein muss?

Wir haben ein umfassendes Bild der Situation von Kindern, Jugendlichen und ihrer Familien der letzten Jahre gezeichnet und Vorschläge erarbeitet, wie die Resilienz von vielfältigen Familien gestärkt werden kann. Dabei konnten wir auf wissenschaftliche Erkenntnisse, auf den Austausch mit Jugendlichen und den Erfahrungen unserer Mitgliedsorganisationen aus der täglichen Arbeit mit und für Familien aufbauen.

Neben der Zusammenfassung der Vorträge und Diskussionen haben wir diese Erkenntnisse auch in den Handlungsempfehlungen der nun vorliegenden Dokumentation „Familie und Familienpolitik in Zeiten des Umbruchs! Wie muss eine zukünftige Familienpolitik aufgestellt sein?“ mit aufgenommen.

Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre und würden uns freuen, wenn Sie die Dokumentation auch für Ihre Arbeit nutzen und sie an interessierte Personen weiterleiten könnten.

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ZFF-Info 14/2023

AUS DEM ZFF

Termin: 19. Oktober 2023

Veranstalter: Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung

Ort: Berlin

Am kommenden Donnerstag (19.10) diskutiert die ZFF-Geschäftsführerin, Sophie Schwab, mit Dr. Lisa Yashodhara Haller über das meist kommentierte sozialpolitische Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen: die Kindergrundsicherung. Dr. Lisa Yashodhara Haller Autorin des Policy-Papers „Finanzierung von Familien neu denken“ wird mit Sophie Schwab über Möglichkeiten und (verpasste) Chancen der anstehenden Reform sprechen. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe ‚Körper, Kinder, Kassensturz‘ statt.

Weitere Informationen und Anmeldung:

https://programm.bildungswerk-boell.de/index.php?kathaupt=11&knr=23-1003&kursname=Finanzierung+von+Familien+neu+denken+Kindergrundsicherung+und+Elterngeld&katid=0#inhalt

Unter dem Motto „Scheinwerfer an: Schafft eine echte Kindergrundsicherung! Und holt Kinder aus der Armut“ starten AWO, ZFF und Bundesjugendwerk diese Woche eine Aktionswoche zur Kindergrundsicherung im Rahmen der Kampagne „Die Letzte macht das #LichtAus“.

Im Mittelpunkt der Kampagne stehen Aktivitäten auf unseren Social-Media-Kanälen mit einem Wendeflyer (https://awo.org/sites/default/files/2023-10/2023-08_AWO-Haushaltskampagne_Flyer-Kindergrundsicherung-V3_0.pdf.) und einem Sharepic (https://awo.org/media/7406). Zum Abschluss der Themenwoche werden wir am Freitag (20.10.2023) auf unseren Social-Media-Kanälen ein Video mit unseren Hauptkritikpunkten am Gesetzentwurf posten. 

Wir freuen uns, wenn Sie den Hinweis auf diese Aktion weiterleiten und uns auf Social Media unterstützen.

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bei der Deutsch-Französischen Kabinettsklausur am 9. und 10. Oktober haben sich Bundesfamilienministerin Lisa Paus und ihre französische Kollegin Aurore Bergé auf stärkere Zusammenarbeit in den kommenden Jahren verständigt. Die deutsche Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und die französische Ministerin für Solidarität und Familien unterzeichneten in Hamburg eine Erklärung mit dem Ziel, den sozialen Zusammenhalt in Deutschland und Frankreich gemeinsam zu stärken.

„Deutschland und Frankreich verbindet viel. Wir teilen die Überzeugung, dass wir den Menschen in unseren Ländern mit guter Gesellschaftspolitik soziale Sicherheit und demokratische Teilhabe bieten können. Gemeinsame Werte und die deutsch-französische Freundschaft sind ein starkes Fundament für eine intensive bilaterale und europäische Zusammenarbeit“, sagte Bundesfamilienministerin Paus nach der Kabinettsklausur. 

Für gleiche Chancen, gegen Einsamkeit

Im Fokus steht dabei die Frage, wie Kinder unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem sozialen Status gerechte Chancen bekommen können. Auch die Stärkung der Autonomie älterer Menschen, eine Strategie gegen Einsamkeit und die Aufwertung von Pflege- und Betreuungsberufen sind für die beiden Ministerinnen zentrale gemeinsame Zukunftsthemen.

Am Rande der deutsch-französischen Kabinettsklausur traf sich Ministerin Paus auch mit dem französischen Jugendminister Gabriel Attal. Außerdem informierte sie sich über die Arbeit des Deutsch-Französischen Jugendwerkes (DFJW). Die vor 60 Jahren gegründete Organisation ermöglicht jungen Menschen deutsch-französische Austauschprogramme.

Deutsch-französische Bildungsmobilität für Jugendliche

Generalsekretär Tobias Bütow und Generalsekretärin Anne Tallineau stellten Ministerin Paus dabei das DFJW-Programm „IMAJINA“ vor. Es ermöglicht jungen Französinnen und Franzosen mit Schwierigkeiten bei der beruflichen Eingliederung ein Praktikum in Deutschland. So sollen sie bessere Aussichten auf eine Ausbildung oder dauerhafte Beschäftigung  erhalten. Paus lernte bei der Programmvorstellung einige Teilnehmende persönlich kennen.

Bundesjugendministerin Paus: „Gerade die junge Generation ist gefragt, die besondere Verbindung zwischen Deutschland und Frankreich weiter zu gestalten. Das Deutsch-Französische Jugendwerk ist mit seinen Programmen ein hervorragender Türöffner, damit sich Jugendliche und junge Erwachsene über die Landesgrenze hinweg austauschen.“

Unter Leitung von Bundeskanzler Olaf Scholz und Staatspräsident Emmanuel Macron kamen am 9. und 10. Oktober 2023 die französischen und deutschen Ministerinnen und Minister erstmals zu einer gemeinsamen Kabinettsklausur zusammen.

Ein gemeinsames Foto von Ministerin Paus und Ministerin Bergé finden Sie unter: www.bmfsfj.de/gemeinsame-erklaerung-frankreich

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 10.10.2023

Mit den geplanten umfangreichen Änderungen in verschiedenen Sozialgesetzbüchern hat sich der Ausschuss für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag befasst. Grundlage der Anhörung waren zum einen ein Gesetzentwurf (20/8344) der Bundesregierung zur Anpassung des Zwölften und des Vierzehnten Sozialgesetzbuches und weiterer Gesetze und zum anderen zwei Anträge der AfD-Fraktion (20/6275) und der Fraktion Die Linke (20/7642).

Die von der Bundesregierung geplanten Änderungen gehen unter anderem auf das Bürgergeldgesetz zurück. Die damit verbundenen Änderungen im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch werden nun teilweise auf andere Gesetzbücher übertragen, unter anderem auf das Zwölfte Sozialgesetzbuch, in dem die Sozialhilfe geregelt ist. Außerdem sieht der Entwurf unter anderem Verbesserungen bei der Entschädigung von Gewalttaten (SGB XIV) und im Soldatenversorgungsrecht vor, sowie Änderungen für Erwerbsminderungrentner und deren Wiedereinstieg in den Beruf.

Die AfD möchte unter anderem den Vermögensfreibetrag in der Sozialhilfe für deutsche Staatsbürger auf 15.000 Euro anheben, für alle anderen absenken. Die Linke fordert auch für Sozialhilfeempfänger den Schutz selbstgenutzten Wohneigentums.

Einige Sachverständige kritisierten, dass trotz der Anpassungen die Ungleichbehandlung zwischen Bürgergeld- und Sozialhilfeempfängern fortbesteht. Darauf ging unter anderem Andreas Aust vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e.V. ein, der eine sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung beim Schonvermögen (also eigenes Vermögen, das nicht mit Sozialleistungen verrechnet wird) in Zweifel zog. Margret Böwe vom Sozialverband VdK Deutschland e.V. erläuterte: In der Sozialhilfe seien die Menschen meist über einen sehr langen Zeitraum, aus gesundheitlichen Gründen oft bis zum Lebensende. Da entstünden im Laufe der Jahre viele Kosten, für die das Polster des Schonvermögens höher sein müsste. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sowie der Deutsche Landkreistag verteidigten die grundsätzlich unterschiedlichen Systeme von Bürgergeld und Sozialhilfe, auch wenn sie einzelnen Anpassungen zustimmten.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund wiederum begrüßte, dass Beziehern einer Erwerbsminderungsrente die Möglichkeit eines (Wieder-)Eingliederungsversuchs nunmehr gesetzlich möglich gemacht werden soll. „Das erlaubt uns, proaktiv auf die Betroffenen zuzugehen“, betonte deren Vertreter Jürgen Ritter. BDA-Vertreterin Susanne Wagenmann appellierte, man müsse mit der Wiedereingliederung möglichst früh ansetzen und zwar schon bevor eine Erwerbsminderungsrente beantragt wird.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 756 vom 16.10.2023

Der Petitionsausschuss hat in seiner Sitzung am Mittwochmorgen mehrere Petitionen behandelt, die eine Verankerung der Rechte von Kindern und Jugendlichen im Grundgesetz zum Thema haben. Mit den Stimmen aller Fraktionen – mit Ausnahme der AfD-Fraktion – verabschiedete der Ausschuss die Beschlussempfehlung an den Bundestag, eine öffentliche Petition (ID 95231) mit der Forderung, das Kindeswohl verfassungsrechtlich zu garantieren und Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz mit dem Zusatz „Das Wohl des Kindes steht im Vordergrund.“ zu ergänzen, dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) sowie dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJ) „als Material“ zu überweisen und sie den Fraktionen zur Kenntnis zu geben.

„Kinder sollen nicht nur als Rechtsobjekte angesehen werden, sondern auch als Rechtssubjekte mit eigenen Rechten, die sowohl von Erziehungsberechtigten als auch von Behörden vorrangig zu beachten sind“, heißt es in der Petition. Eine erste Orientierung könne die UN-Kinderrechtskonvention bieten, die von der Bundesrepublik Deutschland bereits im Jahr 1992 ratifiziert worden sei, schreibt der Petent. Zu den Kinderrechten gehören seiner Aussage nach der Schutz vor Diskriminierung, Ausbeutung und Gewalt sowie der ungehinderte Zugang zu Nahrung, Trinkwasser und medizinischer Versorgung. Auch gehörten das Recht auf Erziehung, Bildung und Ausbildung ebenso wie das Recht auf Partizipation in Schule und Gesellschaft zu den Kinderrechten. Aufgeführt wird des Weiteren das Recht der Kinder auf Mitsprache in allen Angelegenheiten, die ihr seelisches, geistiges und körperliches Wohlergehen betreffen, sowie grundsätzlich das Recht zur freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit.

Den Abschluss des Petitionsverfahrens sieht die mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke verabschiedete Beschlussempfehlung zu einer weiteren öffentlichen Petition (ID 104010) vor, in der die Ablehnung einer Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz gefordert wird.

Aus Sicht der Petentin gibt es keine verfassungsrechtliche Schutzlücke. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits in einem Beschluss im Jahr 1968 festgehalten, dass das Kind ein Wesen mit eigener Menschenwürde und dem eigenen Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne der Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz (GG) sei, heißt es in der Eingabe. Somit schütze das Grundgesetz Kinder bereits heute in vorbildlicher Weise. Der Begriff „Kinderrechte“ lasse zudem offen, wie diese Rechte genau definiert werden, wird kritisiert. Dies berge die Gefahr, dass die Politik künftig eigene Ziele, die Kinder betreffen, zu einem Kinderrecht erklären könnte. Denkbar seien beispielsweise die Einführung einer „Kindergartenpflicht“ oder gar einer „Krippenpflicht“ gestützt auf ein kindliches Recht auf Bildung. Hingegen sei es vermutlich im Sinne der Verfasser des Grundgesetzes gewesen, zukünftig Generationen vor dem Verlust von Freiheitsrechten zu schützen, schreibt die Petentin.

In den Begründungen des Petitionsausschusses zu den beiden Beschlussempfehlungen wird jeweils auf den Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP für die 20. Legislaturperiode verwiesen, in dem vereinbart worden sei, die Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz zu verankern und sich dabei maßgeblich an den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention zu orientieren. Die konkrete Ausgestaltung, so heißt es, bleibe abzuwarten.

Angesichts dessen hält die Ausschussmehrheit die erst genannte Eingabe für geeignet, in die diesbezüglichen Diskussionen und politischen Entscheidungsprozesse einbezogen zu werden, während sie sich dem mit der zweiten Petition verfolgten Anliegen nicht anzuschließen vermag.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 731 vom 11.10.2023

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (20/8723) eine Anpassung der Strombedarfe im Bürgergeld und in der Grundsicherung im Alter. Strom gehöre zu einem lebenswürdigen Leben dazu, der Betrag, der dafür im Regelsatz angesetzt ist, sei jedoch viel zu niedrig schreibt die Fraktion und verweist auf die drastisch gestiegenen Energiepreise.

„Diese Existenznöte und die Energiearmut müssen endlich abgestellt werden. Dafür müssen die Stromkosten in realistischer Höhe übernommen werden – orientiert am mittleren Verbrauch und mit Blick auf den Einzelfall.“ Auch Weiße Ware (zum Beispiel Waschmaschinen) müsse aus dem Regelsatz heraus genommen werden. Außerdem brauche es ein Recht auf eine unabhängige Energiesparberatung, fordert Die Linke.

Sie verlangt konkret, dass die Stromkosten bis zu einer „Nicht-Prüfungsgrenze“ in voller Höhe übernommen werden. Diese Nicht-Prüfungsgrenze soll einem Verbrauch der Obergrenze der Stufe E des Stromspiegels entsprechen, sodass die unteren 70 Prozent aller Haushalte erfasst würden. Die bisherigen Pauschalen sollen im Gegenzug aus den Regelbedarfen herausgenommen werden. Außerdem fordern die Abgeordneten, dass Stromschulden in voller Höhe auf Basis eines Darlehens übernommen werden und eine schnelle Schuldnerberatung angeboten wird.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 730 vom 11.10.2023

Die seitens des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geplante Halbierung der Einkommensgrenze beim Elterngeld ist laut Familien-Staatssekretär Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen) das Ergebnis der Sparanordnung des Finanzministeriums an den Familienetat. Bei den Kürzungen habe man zwischen sehr vielen schlechten Varianten auswählen müssen, sagte Lehmann während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montag. „Die von uns vorgeschlagene Variante lässt das Elterngeld für rund 96 Prozent aller Elterngeldbeziehenden komplett unangetastet“, so der Staatssekretär. Vier Prozent der Elterngeldbeziehenden, nämlich jene mit einem „sehr, sehr hohen Einkommen“ von mehr als 150.000 Euro im Jahr, würde den Planungen zufolge keinen Anspruch mehr auf Elterngeld haben. „Das ist ein schmerzlicher Einschnitt“, räumte Lehmann ein.

Für die Beibehaltung der Einkommensgrenze nach Paragraf 1 Absatz 8 des Bundeselterngeldgesetzes, die derzeit bei 300.000 Euro liegt, zum 1. Januar 2024 aber auf 150.000 Euro abgesenkt werden soll, hatte sich Verena Pausder in einer öffentlichen Petition (ID 153198) ausgesprochen. Betroffen seien nicht die, die von ihrem Vermögen leben können, sondern viele Young Professionals und Akademiker. „Die meisten Haushalte, die diese Einkommensklasse erreicht haben und mit der Familienplanung beginnen, sind relativ jung“, heißt es in der Eingabe. Daher habe es für sie wenig Spielraum gegeben, Geld für eine Kürzung, „die mehr oder weniger aus dem Nichts kommt“, beiseitezulegen.

Die Petentin, selbst Unternehmerin und Gründerin, geht davon aus, dass in den meisten Fällen die Frauen auf ihren Beruf verzichten würden, falls sich ein Paar keine externe Kinderbetreuung leisten kann oder findet, „da Frauen immer noch stärker vom Gender Pay Gap betroffen sind“. Dadurch entstehe eine Abhängigkeit von ihrem Partner. „Dem Ziel der Koalition, für ,gleichberechtigte Familien‘ läuft die Streichung also komplett entgegen“, heißt es in der Petition, die innerhalb der Vier-Wochen-Frist 53.980-mal mitgezeichnet wurde.

Die werdenden Eltern hätten sich auf das Elterngeld verlassen, sagte Pausder während der Ausschusssitzung. Ihnen werde jetzt mit lediglich sechs Monaten Vorlauf gesagt: „Sorry, aber ihr seid zu reich.“ Weil sich der Berechnungszeitraum des Elterngeldes nur über die vergangenen zwölf Monate erstrecke, treffe es jene Paare besonders, die gerade erst über diese Einkommensschwelle gesprungen seien und noch keine Rücklagen hätten bilden können. So gehe das Vertrauen in den Staat verloren, befand die Petentin.

Die Aussage, dass nur vier Prozent der Bezugsberechtigten, also 60.000 Paare betroffen seien, wollte Pausder so nicht stehen lassen. Das marginalisiere diese Gruppe unnötig. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln habe von 435.000 Paaren gesprochen, sagte sie. Angesichts von Inflation und steigenden Löhnen gebe es immer mehr Menschen, die über diese Schwelle gehen würden. Diese Gruppe glaube an das Aufstiegsversprechen und zahle den Spitzensteuersatz. „Das ist die einzige Stelle, an der sie sich auf den Staat verlassen.“ Daher müsse es auch innerhalb des Familienhaushalts bessere Sparvorschläge geben.

Aus Sicht von Staatssekretär Lehmann ist das geforderte Einsparvolumen anderweitig aber nicht zu erreichen. 90 Prozent des Familienetats seien in den drei gesetzlichen Leistungen Elterngeld, Unterhaltsvorschuss und Kinderzuschlag gebunden. Die Entscheidung, beim Unterhaltsvorschuss nicht zu kürzen, sei gefallen, weil dies Alleinerziehende träfe, die in überdurchschnittlichem Maße von Armut bedroht seien. Der Kinderzuschlag sei wiederum eine Leistung, die verhindern solle, dass Familien mit kleinen Einkommen in den Sozialleistungsbezug fallen. Bei diesen „sehr wichtigen sozialpolitischen Leistungen“ habe man sich entschieden, nicht einzusparen, erläuterte er.

Beim Elterngeld hätte wiederum eine Neuaufteilung der Partnermonate das angeordnete Einsparvolumen nicht erbracht. Daher habe sich das Ministerium für diesen Weg entschieden.

Der Regierungsvertreter ging auch auf die kritisierte Stichtagsregelung zum 1. Januar 2024 ein. Dieser Stichtag sei nötig, um aus Sicht des Ministeriums die Einsparvorgaben zu erreichen. Eine Frist zu setzen, sei vom Bundesverfassungsgericht auch ausdrücklich als legitim erachtet worden. Ob eine solche Stichtagsregelung politisch gewollt ist oder nicht, müsse aber das Parlament entscheiden, sagte Lehmann.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 723 vom 09.10.2023

Zu den möglichen Auswirkungen der geplanten Haushaltskürzungen auf die Träger der Freiwilligendienste wird die Bundesregierung in den kommenden Wochen Gespräche mit allen Zentralstellen, Verbänden und den Ländern führen. Das schreibt sie in einer Antwort (20/8512) auf eine Kleine Anfrage (20/8287) der Fraktion Die Linke. „Die Haushaltsansätze für die Freiwilligendienste werden im Haushaltsaufstellungsverfahren im Jahr 2024 im Lichte der absehbar auf längere Sicht schwierigen Haushaltssituation des Bundes vereinbart“, verteidigt die Regierung die Kürzungen im Etat des Familienministeriums. Belastbare Aussagen zu zukünftig finanzierbaren Platzzahlen in den Freiwilligendiensten seien frühestens zur Mitte des Herbstes 2023 möglich, heißt es in der Antwort weiter.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 721 vom 09.10.2023

Frauen verdienen in Deutschland nach wie vor weniger als Männer. Der sogenannte Gender Pay Gap hängt dabei auch von der Studienfachwahl ab. In Berufen, in denen höhere Löhne erzielt werden, zum Beispiel in den Bereichen Ingenieurwesen und Naturwissenschaften (sogenannte MINT-Fächer), arbeiten immer noch weniger Frauen und es studieren auch weniger Frauen diese Fächer.

 

Eine gemeinsame Studie von BiB und DZHW zeigt, dass die langfristigen Gehaltsaussichten bestimmter Studienfächer den Abiturientinnen und Abiturienten jedoch nicht umfassend bekannt sind. Vor diesem Hintergrund untersuchte die Studie, ob Informationen darüber die Studienfachwahl beeinflussen. Die vor kurzem in der renommierten Fachzeitschrift „European Sociological Review“ veröffentlichte Studie basiert auf den Daten des Berliner Studienberechtigtenpanels. Dafür wurden Daten von über 1.000 Berliner Schülerinnen und Schülern mit einem hohen Anteil an bildungsfernen Haushalten ausgewertet. Es zeigt sich, dass schon eine zwanzigminütige Information zu den Kosten eines Studiums und den erzielbaren Gehältern nach Studienrichtungen sowie zu Finanzierungsmöglichkeiten eines Studiums dazu führt, dass junge Frauen sich seltener für die meist geringer bezahlten „sozialen Studienfächer“ entschieden. Stattdessen wählten sie häufiger andere nichttechnische Studienfächer. Bei den Männern stieg der Anteil derjenigen, die sich für ein technisches Fach mit überdurchschnittlichen Einkommensaussichten einschrieben.

 

Die Studie zeigt, dass die Studienfachwahl ein weiteres Puzzleteil für die Reduzierung des Gender Pay Gap sein kann. „Vorstellungen von ihrem späteren Einkommen können Frauen in der Entscheidung für ein Studium, aber auch in ihrer Studienfachwahl beeinflussen und damit zum Gender Pay Gap beitragen, wenn die Wahl vor allem bei jungen Frauen auf finanziell weniger ertragreiche Fächer fällt“, erklärt C. Katharina Spieß, Direktorin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB). „Der Gender Pay Gap könnte reduziert werden, indem junge Frauen über die Gehaltsaussichten der Studienfächer besser informiert werden“, sagt Pia Schober von der Universität Tübingen. Neben dem Gehalt halten sich auch etliche weitere falsche Vorstellungen, die zu geschlechterstereotyper Studienwahl beitragen. „Um den Gender Pay Gap zu reduzieren, wäre es zudem sinnvoll, junge Menschen darüber zu informieren, in welchen Branchen sich im späteren Arbeitsleben Familien- und Erwerbsarbeit ohne große Einkommensabschläge vereinbaren lassen“, betont Frauke Peter vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Zudem seien mehr Frauen in Führungspositionen wichtig. „Sie könnten ein Vorbild für junge Frauen sein und zeigen, dass Karriere (und Familienleben) auch in männerdominierten Branchen möglich ist“, meint Spieß.

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 16.10.2023

Lebenslanges Lernen wird in einer sich ständig wandelnden Arbeitswelt immer wichtiger. In Deutschland werden Bildungs- und Weiterbildungsangebote allerdings seltener genutzt als im EU-Durchschnitt. Im Jahr 2022 haben in Deutschlandrund 8 % der 25- bis 64-Jährigen an einer Bildungs- oder Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen.  Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Europäischen Statistiktags am 20. Oktober mitteilt, waren es im Durchschnitt der EU-Mitgliedsstaaten 12 %. Erfasst wurden hierbei alle 25- bis 64-Jährigen, die innerhalb der letzten vier Wochen vor der Erhebung an einer solchen Weiterbildungsmaßnahme teilnahmen.

Teilnahmequote vor allem in skandinavischen Ländern hoch

Unter den Staaten der Europäischen Union (EU) sind die Unterschiede in Hinblick auf Bildung und Weiterbildung sehr groß. Hoch ist die Teilnahmequote vor allem in skandinavischen Ländern: 2022 nahmen in Schweden 36 % der 25- bis 64-Jährigen an einer Bildungs- oder Weiterbildungsmaßnahme teil. In Dänemark waren es 28 %, in Finnland 25 %. Vergleichsweise niedrig war der Anteil in den südosteuropäischen EU-Staaten: In Bulgarien nahmen lediglich 2 % der Befragten an Weiterbildungen teil, in Griechenland und Kroatien waren es 4 %.

Interesse an Weiterbildung geht in Deutschland mit dem Alter zurück

In Deutschland werden Weiterbildungsangebote vor allem von jüngeren Menschen genutzt. Nahm von den 25- bis 34-Jährigen im Jahr 2022 noch knapp jede oder jeder fünfte (18 %) an einer Weiterbildungsmaßnahme teil, so waren es bei den 35- bis 44-Jährigen nur noch 7 %. Mit steigendem Alter ging die Teilnahmequote weiter zurück: auf 5 % unter den 45- bis 54-Jährigen beziehungsweise 3 % unter den 55- bis 64-Jährigen.

Europäischer Statistiktag stellt EU-weit vergleichbare Daten in den Fokus

Der Europäische Statistiktag findet jährlich am 20. Oktober statt und soll auf die Relevanz der amtlichen Statistik für die Gesellschaft aufmerksam machen. Seit über 60 Jahren arbeiten die Statistikbehörden der EU-Mitgliedstaaten und die EU-Statistikbehörde Eurostat im Europäischen Statistischen System zusammen und erstellen EU-weit vergleichbare Daten. Die EU-Kommission möchte mit dem „Europäischen Jahr der Kompetenzen 2023“ unter anderem die Investitionen in Aus- und Weiterbildung fördern und somit EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt aufzeigen und den Fachkräftemangel beheben.

Methodische Hinweise:

Der Indikator umfasst die Teilnahme an der formalen und nicht formalen allgemeinen und beruflichen Bildung und ist Teil der Europäischen Arbeitskräfteerhebung LFS. Die Daten sind in der Eurostat Datenbank abrufbar.

Weitere Informationen zum Arbeitsmarkt in der EU bietet die Veröffentlichung „Qualität der Arbeit“.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 17.10.2023

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Die Wohlfahrtsverbände Arbeiterwohlfahrt (AWO), Diakonie Deutschland und der Paritätische warnen angesichts der Kürzungspläne im Bundeshaushalt vor einem Zusammenbruch der sozialen Infrastruktur. Viele soziale Angebote in ganz Deutschland drohen vollständig wegzubrechen, da gestiegene Kosten finanziell nicht ausreichend kompensiert werden können. Trotz steigender Nachfrage mussten vielerorts bereits Angebote und Hilfen eingeschränkt bzw. reduziert oder sogar ganz eingestellt werden. Darüber hinaus drohen kurzfristig weitere Kürzungen ihrer Einnahmen. Das sind die erschütternden Befunde einer bundesweiten Umfrage von Arbeiterwohlfahrt (AWO), Paritätischem Wohlfahrtsverband und der Diakonie Deutschland, an der sich mehr als 2.700 gemeinnützige Organisationen und Einrichtungen aus dem gesamten Spektrum sozialer Arbeit beteiligten. Die Wohlfahrtsverbände warnen, dass sich hier eine Katastrophe für die soziale Infrastruktur anbahne und fordern den Bund auf, von angekündigten Haushaltskürzungen Abstand zu nehmen. Was es jetzt brauche, seien zudem eine konzertierte Aktion von Bund, Ländern und Kommunen sowie einen ambitionierten steuer- und finanzpolitischen Kurswechsel.

Insgesamt verzeichnen die befragten Einrichtungen eine Kostensteigerung um durchschnittlich 16 Prozent seit Anfang 2022. Die Ergebnisse belegen, dass in der Praxis kaum ein Weg unversucht bleibt, aus eigenen Kräften die schwierige finanzielle Lage zu bewältigen. Fast jede dritte befragte Einrichtung musste zur Kompensation sogar Personal abbauen bzw. plant Entlassungen. Auch die Möglichkeit, Kostensteigerungen durch höhere Beiträge für Nutzer*innen auszugleichen, scheint weitgehend ausgereizt und führt bereits zu ersten Verwerfungen. Laut der Problemanzeigen aus der Praxis können sich viele, die besonders auf Unterstützung angewiesen sind, Angebote inzwischen nicht mehr leisten, und in der Praxis komme es zu Unterversorgungslagen und neuen Ausschlüssen.

Laut Umfrage mussten bundesweit bereits 40 Prozent der befragten Organisationen und Einrichtungen Angebote und Leistungen für Klient*innen aus finanziellen Gründen einschränken oder ganz einstellen. 65 Prozent der Befragten gehen davon aus, kurzfristig Angebote und Leistungen weiter reduzieren zu müssen. 

59 Prozent aller Befragten rechnen zudem in den kommenden Monaten mit (weiteren) Einschnitten auf der Einnahmeseite. Im Ergebnis bedeutet das sowohl quantitative als auch qualitative Einschränkungen zu Lasten der sozialen Infrastruktur. Sollte hier nicht entschlossen gegengesteuert werden, hätte dies “enorme Konsequenzen für unser Gemeinwesen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und all jene Menschen, die in schwieriger Lebenslage auf Hilfe, Beratung, Unterstützung und einen stabilen Sozialstaat angewiesen sind”, warnen die Wohlfahrtsverbände.

Die teilstandardisierte Online-Umfrage fand im Zeitraum vom 29. September bis zum 10. Oktober 2023 statt. Der Rücklauf von 2772 validen Fragebögen war trotz der Kurzfristigkeit groß. Insgesamt sind in den teilnehmenden Organisationen/Einrichtungen mehr als 261.721 Menschen beschäftigt. Im Tagesdurchschnitt werden durch die befragten Organisationen/Einrichtungen insgesamt rund 377.112 Menschen beraten, betreut oder versorgt.

Zitate zur Umfrage:

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands: “Die Leistungen der Freien Wohlfahrtspflege sind systemrelevant. Wer hier einschneidet, schadet letztlich auch dem Wirtschaftsstandort Deutschland und gräbt der Wirtschaft das Wasser ab. Das sollte sich der Finanzminister hinter die Ohren schreiben. Und dann müssen Taten folgen.”

Ulrich Lilie, Präsident Diakonie Deutschland: „Bei einem Bundeshaushalt von rund 446 Milliarden Euro mögen die Kürzungen in verschiedenen sozialen Bereichen vielleicht gering erscheinen. Sie richten aber großen Schaden an. Wer in Zeiten großer Unsicherheit und gesellschaftlicher Umbrüche nicht in Bildungs- und Teilhabegerechtigkeit sowie in eine stabile soziale Infrastruktur investiert, wird später ungleich höhere Summen für die Lösung der sozialen Folgeprobleme aufwenden müssen. Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf.“ 

Michael Groß, Präsident des Arbeiterwohlfahrt Bundesverbandes (AWO): “Unsere Umfrage belegt: Der Haushaltsentwurf des Finanzministers wird der Realität der sozialen Arbeit nicht gerecht. Wir müssen dringend die Frage stellen, auf welche Schultern die Belastungen von Rezession und Preissteigerungen verteilt werden. Es ist ungerecht und unvernünftig, zulasten gemeinnütziger Träger und deren Klient*innen zu sparen. Nur eine Kehrtwende in der Steuerpolitik sichert eine gute Zukunft für die soziale Infrastruktur.“

Hier die Umfrageergebnisse als PDF herunterladen:

https://awo.org/sites/default/files/2023-10/umfrage_soziale-angebote-in-gefahr_2023_0.pdf

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 16.10.2023

Positionspapier: Familienbildung im Interesse von Familien verlässlich absichern.

Die Herausforderungen für Familien wachsen: Erziehung, Bildung und die Vereinbarkeit mit dem Job werden immer schwieriger. Gerade in Zeiten von Krisen und Unsicherheiten muss daher mehr als bisher in Familien investiert werden, sowohl mit einer starken Kindergrundsicherung als auch einem Ausbau der Infrastruktur, fordert der AWO Bundesverband. Die Angebote der Familienbildung, die auch die AWO in vielen Regionen bereithält, sind dabei enorm wichtig, jedoch stark unterfinanziert. In einem Positionspapier fordert daher der Wohlfahrtsverband: „Familienleben gut und krisensicher gestalten – jetzt!“

AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner sagt dazu: „Wenn Mütter mit ihren Babys gemeinsam in einer Gruppe spielen und dabei von einer erfahrenen Pädagogin begleitet werden oder Väter mit ihren Kleinkindern im Familienzentrum musizieren, dann ist das wichtige Bildungsarbeit mit und für Familien. Es geht immer auch darum, was Kinder für eine gesunde Entwicklung und Familien für ein gutes Zusammenleben brauchen. Jede Familie muss die Chance auf einen guten Zugang zu den Bildungs-, Beratungs- und Begleitungsangeboten der Familienbildung in ihrem nahen Lebensumfeld haben. Dies gilt einmal mehr in Zeiten sich überlagernder Krisen.”

Im Positionspapier fordert die AWO, die Familienbildung im Interesse von Familien verlässlich abzusichern und bei aktuellen politischen Vorhaben mitzudenken. Dazu Sonnenholzner weiter: „Familienbildung braucht mehr Geld und bessere Rahmenbedingungen als bisher, um verlässlich vor Ort da sein zu können. Argumente vermeintlich leerer Kassen lassen wir nicht gelten. Kinder, Jugendliche und ihre Familien haben ein Recht darauf, gut aufzuwachsen. Das ist auch eine Investition in unsere gesellschaftliche Zukunft.“

Hier steht das Impulspapier Familienbildung: Familienleben gut und krisensicher gestalten – jetzt! als Download zur Verfügung.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 10.10.2023

Zu den Terrorakten von Hamas und Islamischer Dschihad gegen den Staat Israel und seine Bevölkerung erklärt AWO-Präsident Michael Groß:

„Wir verurteilen die Terrorakte von Hamas und Islamischer Dschihad gegen den Staat Israel und seine Bevölkerung aufs Schärfste. Unsere Solidarität gilt den Menschen in Israel. Ebenso deutlich verurteilen wir, dass in Deutschland die Entwicklungen in Israel und Gaza als Vorwand für Gewalt und antisemitische Hetze genutzt werden. Dies ist menschenverachtend und eine Verhöhnung der Opfer. Diese Form von Aggression und Gewalt muss die volle Härte unserer Gesetze und unseres Rechtsstaates als Antwort erfahren. Die AWO fordert den uneingeschränkten Schutz aller Jüdinnen und Juden und des jüdischen Lebens in Deutschland.“

Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) arbeitet derzeit mit ihrer humanitären Partnerorganisation IsraAID Germany an einem Hilfsprojekt für Betroffene in Israel. Spenden sind hier möglich https://zwst.org/de/jetzt-spenden

Der Beratungsstellenverbund für antisemitische Gewalt und Diskriminierung OFEK sowie die Hotline “Matan” für hebräischsprachige Personen in Deutschland stellen psychologische Beratung und psychosoziale Versorgung per Telefon sowie Safer Spaces zur Verfügung. 

Spenden sind hier möglich: https://zwst.org/de/news/hilfe-nach-simchat-tora-massaker-und-anhaltender-gewalt-israel

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 09.10.2023

Mehrere Organisationen aus Gesundheits-, Pflege- und Sozialwesen sowie der Freien Wohlfahrtspflege kommentieren in einer gemeinsamen Stellungnahme den aktuellen Entwurf für ein Bundes-Klimaanpassungsgesetz (KAnG). Das Bündnis, dem unter anderem der Deutsche Pflegerat, die Bundesärztekammer, der BKK Dachverband, die AWO und die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) angehören, kritisiert, dass der aktuelle Entwurf der zentralen Bedeutung von Gesundheit, Pflege und Sozialem nicht gerecht wird und appelliert an die Entscheidungstragenden, dies dringend zu ändern.

Die Klimakrise ist die größte Gesundheitsbedrohung unserer Zeit. Extremwetterereignisse – insbesondere Hitzewellen – fordern schon jetzt bis zu 10.000  Tote in Deutschland. Der Fokus eines Klimaanpassungsgesetzes muss deshalb besonders in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Soziales liegen, um  die Menschen in Deutschland umfassend zu schützen“, so Dr. med. Martin Herrmann Vorstandsvorsitzender der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG).

Konkret legt das Bündnis fünf zentrale Forderungen vor, die in den Gesetzestext integriert werden sollen, um die Bevölkerungsgesundheit vor Folgen der Klimakrise zu schützen:

  1. Die zentrale Bedeutung eines krisenresilienten und reaktionsfähigen Gesundheits- und Pflegesektors für Klimaanpassung u.a. durch die Ausarbeitung des Clusters Gesundheit und Pflege hervorheben.
  2. Den sozialen Sektor  durch ein eigenes Cluster ergänzen, um vulnerable Gruppen in ihren Lebenswelten zu schützen und die Klimaresilienz der Einrichtungen und Dienste der freien Wohlfahrtspflege zu stärken.
  3. Durch das KAnG einen klaren gesetzlichen Rahmen für gesundheitlichen Hitzeschutz und Hitzeresilienz schaffen.
  4. Der Dringlichkeit wirksamer Klimaanpassung durch den Fokus auf zügige Umsetzung und intersektorale Kooperation nachkommen.
  5. Wirksame Klimaanpassung durch nachhaltige und niedrigschwellig zugängliche Finanzierung ermöglichen.

„Klimaschutz und Pflege gehören unmittelbar zusammen“, betont Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats e.V. (DPR). „Die beruflich Pflegenden stehen bereits heute im Mittelpunkt des Schutzes und der Unterstützung bei der pflegerischen Bewältigung der Auswirkungen des Klimawandels. Um effektiver handeln zu können, benötigen sie erweiterte Handlungsbefugnisse. Dies kommt allen zugute. Von entscheidender Bedeutung ist es, den Klimawandel einzudämmen und seine künftigen Auswirkungen zu begrenzen.“

Auch für die AWO spielt Klimaanpassung bereits eine zentrale Rolle. So erläutert Kathrin Sonnenholzner, Vorsitzende des Präsidiums des AWO Bundesverbandes e.V.: „In den Einrichtungen und Diensten der Freien Wohlfahrtspflege werden täglich über 4 Mio. Menschen versorgt, gepflegt und betreut. Sehr viele von unseren Klientinnen und Klienten, ob jung oder alt, sind durch die erwartbaren Hitzeperioden und andere Wetterextreme in ihrer Gesundheit gefährdet und gehören zu den Risikogruppen, die zukünftig besser geschützt werden müssen. Dafür brauchen wir eine gute gesetzliche Grundlage, die den Schutz der Menschen in den Fokus nimmt und auch die Finanzierung dieses neuen Aspekts der öffentlichen Daseinsvorsorge nachhaltig ermöglicht.“ 

„Der Klimawandel hat gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen. So beobachten wir bereits heute eine Zunahme von Hitzewellen, die besonders für ältere Menschen und vulnerable Gruppen lebensbedrohlich sein können“, warnt Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer. Auch die Ausbreitung von Infektionskrankheiten werde durch den Klimawandel begünstigt. Hinzu kämen steigende Opferzahlen durch Extremwetterereignisse wie Stürme, Überschwemmungen oder Waldbrände. „Unsere Gesundheits-, Sozial- und Pflegeeinrichtungen sind auf diese Herausforderungen nur unzureichend vorbereitet. Wir brauchen daher dringend ein Klimaanpassungsgesetz, das diesen Namen auch verdient. Es muss einen klaren gesetzlichen Rahmen für gesundheitlichen Hitzeschutz und Hitzeresilienz schaffen“, so Reinhardt.

„Den Handlungsbedarf bei der Klimaanpassung und die konkreten Auswirkungen des Klimawandels verdeutlichen die aktuellen Schätzungen des Robert Koch-Instituts, wonach in diesem Sommer rund 3.100 Menschen in Deutschland durch Hitze ums Leben kamen.“, betont Franz Knieps, Vorstandsvorsitzender des BKK Dachverbandes e.V. „Die gesetzliche Krankenversicherung steht vor der Aufgabe, eine widerstandsfähige und zukunftsfähige Gesundheitsversorgung in Zeiten des Klimawandels zu gewährleisten. Wir müssen langfristig denken und die für eine Klimaanpassung relevanten Kosten in unsere Finanzierungssysteme des Sozial- und Gesundheitswesens integrieren.“

Das Bündnis bietet an, mit praktischem Know-how und wissenschaftlicher Expertise zur partnerschaftlichen Begleitung der Gesetzesentwicklung bis hin zur Umsetzung zur Verfügung zu stehen.

Organisationen und Einzelpersonen sind eingeladen, sich den Forderungen anzuschließen. Auf folgender Website findet sich die Veröffentlichung der gemeinsamen Stellungnahme und die Möglichkeit, den Vorschlägen zur Nachbesserung mit einer Unterschrift Nachdruck zu verleihen: https://www.klimawandel-gesundheit.de/stellungnahme-klimaanpassungsgesetz/

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Pflegerat e.V. (DPR), Bundesärztekammer, BKK Dachverband e.V., AWO Bundesverband, Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. (KLUG) vom 09.10.2023

Deutsche Liga für das Kind fordert Wahlrecht ohne Altersgrenze und Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz

Kinder haben sowohl den Anspruch auf ein gutes Aufwachsen heute als auch auf eine lebenswerte Zukunft. Die UN-Kinderrechtskonvention legt fest, dass das Wohl von Kindern bei allen Maßnahmen, die sie betreffen, vorrangig berücksichtigt werden muss. Kinder haben das Recht, ihre Meinung bei allen sie berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und ihre Meinung ist angemessen und altersentsprechend zu berücksichtigen. Kein Kind darf diskriminiert werden. Jedes Kind hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seiner Entwicklung angemessen ist.

„Zukunft gerecht verteilen. Kinder bestimmen mit!“ Die Deutsche Liga für das Kind prüft im Rahmen ihrer diesjährigen Jahrestagung, wie und durch wen Chancen und Ressourcen sowie Lasten und Risiken gerecht verteilt werden. Stagnierende Kinderarmut, ungleich verteilte Bildungschancen, Engpässe in der Gesundheitsversorgung, Strategien zur Bewältigung aktueller Krisen und die Folgen des Klimawandels für Kinder zeigen, wie rasch die Interessen und das Wohl von Kindern aus dem Blick geraten.

Die Deutsche Liga würdigt einerseits, dass die geplante Kindergrundsicherung das Kind selbst als anspruchsberechtigt adressiert und viele der bisher einzeln zu beantragenden Leistungen für Kinder und Familien unbürokratisch zusammenführen und niedrigschwelliger machen soll. Andererseits ist die Liga besorgt, dass bei der Bildung, in der Kinder- und Jugendhilfe und im Kinder- und Jugendplan des Bundes gespart wird. Die Investitionen für Kinder und Familien dürfen im Ergebnis nicht gegeneinander ausgespielt werden, wichtige Entlastungs- und Beratungsleistungen für Kinder und Familien nicht gekürzt werden.

Aufgrund des demografischen Wandels wird der Anteil der Bürger:innen, die wahlberechtigt sind, im Schnitt immer älter. Mehr als 13 Millionen Bundesbürger:innen dürfen nicht in den Bundestag wählen, weil sie unter 18 sind. „Das sind diejenigen, die künftig für die heute gefällten Entscheidungen geradestehen sollen. Deshalb fordert die Deutsche Liga für das Kind ein Wahlrecht ohne Altersgrenze!“, sagt Prof. Dr. Sabine Walper, Präsidentin der Liga und Direktorin am Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München.

Kinder brauchen eine Lobby, sie brauchen starke politische und zivilgesellschaftliche Akteure, die ihrer Stimme und ihren Interessen Gewicht geben, sie müssen sich wirksam beschweren können. „Kinder brauchen endlich Verbindlichkeit in der Verwirklichung und beim Schutz ihrer Rechte. Die Deutsche Liga für das Kind fordert daher die Bundesregierung zum wiederholten Male auf, die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz, die im Koalitionsvertrag verabredet ist, nun endlich in die Tat umzusetzen,“ ergänzt Prof. Dr. Sabine Walper.

Referentinnen und Referenten der Tagung sind Bruna Leite (terre des hommes Deutschland), Prof. Dr. Benjamin Kiesewetter (Professor für Praktische Philosophie an der Universität Bielefeld), Prof. Dr. Tom Krebs (Professor für VWL, Makroökonomik und Wirtschaftspolitik an der Universität Mannheim), Prof. Dr. Dr. Jörg Tremmel (Professor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Tübingen), Dr. Burkhard Rodeck (Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V.) und Dr. Abir Haddad (Institute for Legal Transformation)

Die Deutsche Liga für das Kind wurde 1977 gegründet. Sie zählt zu den führenden Verbänden in Deutschland, wenn es um den Einsatz für das Wohlergehen und die Rechte von Kindern geht. Zu den heute über 230 Mitgliedern gehören wissenschaftliche Gesellschaften, kinderärztliche und psychologische Vereinigungen, Familien- und Jugendverbände und zahlreiche Lions Clubs.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Liga für das Kind e.V. vom 13.10.2023

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) verurteilt den terroristischen Angriff der Hamas auf Israel, der seit vergangenem Samstag (07.10.2023) andauert. Die Massaker an der israelischen Zivilbevölkerung und die Geiselnahmen erschüttern uns zutiefst. Es ist unerträglich, dass dies geschieht und von manchen sogar gefeiert wird. „Unsere Solidarität gilt allen Menschen, die unter dem von der Hamas ausgelösten Krieg zu leiden haben. Das sind insbesondere Frauen und Kinder“, sagt djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder.

Der djb erinnert daran, dass Krieg und Terror immer auch geschlechtsbezogene Gewalt, unter anderem sexualisierte und reproduktive Gewalt, mit sich bringen. Die Gewalt setzt sich auch bei Flucht und Vertreibung fort. Vor allem Frauen und Mädchen sind ihr ausgesetzt. Sie tragen mit schweren Traumatisierungen lebenslange Folgen mit sich, die immer noch zu oft verharmlost oder verschwiegen werden.

Terroristische Angriffe, völkerrechtswidrige Kriegsführung sowie gewalttätige Ausdrucksweisen patriarchaler Machtstrukturen verletzen grundlegende Rechte vor allem derer, die besonders gefährdet und verletzlich sind. Der djb unterstützt daher, dass die Bundesregierung eine feministische Außenpolitik verfolgt, die auf die Überwindung von Unterdrückungs- und Diskriminierungsmechanismen in internationalen Herrschaftsverhältnissen abzielt. „Feministische Außenpolitik ist Friedenspolitik. Hinter dieser müssen wir alle uns versammeln, gerade mit Blick auf Terror und Krieg“, so djb-Vizepräsidentin Verena Haisch.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 13.10.2023

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) äußert sich anlässlich des Regierungsentwurfs erneut umfassend zum geplanten Selbstbestimmungsgesetz. „Das Verfahren zur Korrektur des Geschlechtseintrags und zur Änderung des Vornamens muss dringend menschenrechtskonform gestaltet werden“, so djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder.

Der djb kritisiert den am 23.8.2023 veröffentlichten Regierungsentwurf. Zu dem vorangegangenen Referentenentwurf für das Selbstbestimmungsgesetz von Mai 2023 hatte der djb, wie zahlreiche weitere Organisationen, bereits kritisch Stellung bezogen. Der Regierungsentwurf lässt nun nicht nur die umfangreiche Verbändeanhörung nahezu unberücksichtigt, sondern verschärft die bereits bestehenden Probleme sogar noch weiter.

So wurden etwa die systemfremden Regelungen zum Hausrecht nicht entfernt, sondern im Gegenteil gar um den weiteren Verweis auf die Vertragsfreiheit erweitert. Weitere Verschlechterungen stellen der Ausschluss besonders vulnerabler Personen im Asylverfahren oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit von einer Korrektur des Geschlechtseintrags und die automatische Meldung der Korrektur an eine Vielzahl von (Sicherheits-)Behörden dar. Die noch im Referentenentwurf vorgesehene Möglichkeit, wie bisher Vornamen und Geschlechtseintrag unabhängig voneinander zu ändern, wurde gestrichen. Entfallen ist auch die bislang für Personen ohne oder mit „divers“-Eintrag bestehende Option, einen Reisepass mit einem Eintrag des bei der Geburt zugewiesenen Geschlechts zu beantragen. Diese Möglichkeit ist von großer Relevanz, weil sie die betroffenen Personen vor Diskriminierungen beim Grenzübertritt schützt.

Der djb veröffentlicht deswegen eine Stellungnahme zu den wesentlichen im Regierungsentwurf vom 23.8.2023 enthaltenen Änderungen, begleitet von einer Synopse, die einen Vergleich zwischen Referentenentwurf und Regierungsentwurf ermöglicht. Zudem veröffentlicht der djb ein Forderungspapier, das die insgesamt wesentlichen Änderungsbedarfe des Selbstbestimmungsgesetzes zusammenfasst.

„Trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen haben ein Recht darauf, ihren Geschlechtseintrag im Geburtenregister und ihre Vornamen unkompliziert korrigieren zu lassen, und zwar ohne das Misstrauen, das aus dem aktuellen Regierungsentwurf spricht“, sagt Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der Kommission Familien-, Erb- und Zivilrecht des djb.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 13.10.2023

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) verlässt die Plattform X, vormals Twitter. Stattdessen nutzen wir ab sofort die alternativen Kurznachrichtendienste Mastodon und Bluesky und sind dort unter @juristinnenbund zu finden. „Die Entwicklungen bei X, vormals Twitter, sind nicht mehr mit den Positionen des djb vereinbar.“, erklärt djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder.

Der djb setzt sich satzungsgemäß für ein demokratisches Miteinander ein. Für diese Arbeit ist der Zugang zu verlässlichen Informationen eine unabdingbare Voraussetzung. Dies ist auf X, vormals Twitter, leider nicht mehr gewährleistet. Der Eigentümer Elon Musk hat die Regeln gegen Hass und Hetze gelockert, Teams von Faktenchecker*innen und Moderator*innen entlassen und sich selbst wiederholt rassistisch und antisemitisch geäußert. Falschinformationen und Hetze im Netz sind ein nicht zu unterschätzendes Problem. Im djb weist die nichtständige Kommission Digitales immer wieder auf die Gefahren des Internets und unkontrollierter Plattformen als „antifeministische Radikalisierungsmaschine“ hin. Dass die EU mit dem Digital Services Act (DSA) ihre Stärke genutzt hat, den großen Tech-Playern vereint entgegenzutreten, ist eine wichtige Errungenschaft. Dass X sich daran nicht halten will, ist nicht hinnehmbar.

Die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, hat am 11. Oktober 2023 dazu aufgerufen, die Plattform zu verlassen. Dem schließen wir uns an. „Für Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit zu kämpfen, heißt für den djb immer auch, dass wir uns gegen Gewalt, Hass und Hetze auch und gerade im Internet einsetzen.“, schließt djb-Vizepräsidentin Verena Haisch.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 12.10.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zur Halbzeit der Ampel-Koalition bei der Bundesregierung die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz an. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation sind diese ein unverzichtbarer Baustein, um die Rechtsposition von Kindern und Jugendlichen in Deutschland deutlich zu stärken, und damit einhergehend kindgerechtere Lebensbedingungen und bessere Entwicklungschancen für alle jungen Menschen zu schaffen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Kinderrecht auf Beteiligung zu. Mit der Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention besteht insgesamt die große Chance, langfristig eine tragfähige Grundlage für ein kinder- und familienfreundlicheres Land zu schaffen.

 

„Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist festgelegt, dass Kinderrechte entlang der Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention ausdrücklich im Grundgesetz verankert werden. Es ist höchste Zeit für eine rechtliche Normierung, dass das Kindeswohl vorrangig zu beachten ist, dass Kinder das Recht auf Entwicklung, auf Schutz, auf Förderung und das Recht auf Beteiligung haben. Dafür braucht es im Grundgesetz einen eigenen Passus für die Kinderrechte, die unabhängig von den Elternrechten und ohne mit ihnen in Konflikt zu geraten gegenüber dem Staat gelten. Die Bundesregierung ist hier zusammen mit Bundestag und Bundesrat in der Pflicht. Zugleich ist unabdingbar, dass in einem Gesetzgebungsverfahren eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft stattfindet, damit neben politischen Erwägungen auch die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards angemessen Berücksichtigung finden“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

„Das Thema Kinderrechte darf nicht weiter ein Nischenthema bleiben, sondern es braucht die breite Etablierung einer Kinderrechtsperspektive im deutschen Rechtssystem. Bereits seit vielen Jahren gibt es auf Bundesebene eine breite Unterstützung für die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz, denn dadurch würde der Staat insgesamt stärker in die Pflicht genommen werden, wenn es beispielsweise um die Wahrnehmung seiner Verantwortung für kindgerechte Lebensverhältnisse und um bessere Entwicklungschancen für alle Kinder und Jugendlichen geht. Und auch angesichts der aktuellen Debatten über eine viel zu hohe Kinderarmutsquote, unterschiedliche Bildungschancen, ein Auseinanderdriften der Gesellschaft in Arm und Reich und häufige Fälle von Kindesvernachlässigung wäre dies ein wichtiges Signal“, so Lütkes weiter.

 

„Kinderrechte im Grundgesetz könnten sich mit eindeutigen Formulierungen für Kinder positiv bei der Planung und Gestaltung in allen Politikfeldern auswirken. Als ausdrücklicher Bestandteil der Werteordnung des Grundgesetzes würden sie die Anwendung sämtlichen Rechts prägen. Dies würde sich vor allem auf die Auslegung der Kinderrechte durch Gerichte und Behörden positiv auswirken und die Stellung von Eltern und Kindern gegenüber dem Staat stärken. Es geht bei den Kinderrechten somit nicht um Symbolik, sondern um eine mit tatsächlichen rechtlichen Auswirkungen, denn die Strahlkraft des Grundgesetzes wirkt sowohl in alle gesellschaftlichen als auch in alle rechtlichen Bereiche“, sagt Anne Lütkes.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 16.10.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) und das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) veröffentlichen heute den animierten Erklärfilm für Kinder „Deine Rechte vor Gericht“. Der Film richtet sich an alle Kinder, die unmittelbar von einem gerichtlichen Verfahren betroffen sind. Er dient der Wissensvermittlung und soll Kinder darin bestärken, ihre Rechte einzufordern. Darüber hinaus soll er alle Verfahrensbeteiligten bei der kindgerechten Informationsvermittlung unterstützen.

„Wir brauchen in Deutschland eine Stärkung der Kinderrechte auch im Justizsystem. Jedes Jahr kommen tausende Kinder in Deutschland mit dem Justiz- und Verwaltungssystem in Berührung. Sie sind beispielsweise Beteiligte in familienrechtlichen Verfahren bei einer Scheidung der Eltern, Zeuginnen und Zeugen in strafrechtlichen Verfahren oder Betroffene in Asylverfahren. Laut Umfragen wünschen sich Kinder besser gehört, informiert und mit Respekt behandelt zu werden. Das müssen wir ernst nehmen und umsetzen, um Kindern den vollen Zugang zum Recht zu garantieren. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist ein wesentlicher Bestandteil zur Bestimmung des Kindeswohls, nur so können sach- und kindgerechte Lösungen beispielsweise in Familienverfahren getroffen werden“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Ziel des Erklärfilms ist es, Kinder in einer kindgerechten Art und Weise über ihre Rechte vor Gericht zu informieren. Kennen Kinder ihre Rechte, ist ihnen der Zugang zu ihren Rechten deutlich erleichtert“, erläutert Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte. „Wir setzen uns zudem in den unterschiedlichsten Arbeitszusammenhängen gemeinsam dafür ein, dass auch alle anderen Verfahrensbeteiligten die Kinderrechte berücksichtigen, ganz so wie es auch die Leitlinien des Ministerkomitees des Europarates für eine kindgerechte Justiz fordern.“

Das Deutsche Kinderhilfswerk und das Deutsche Institut für Menschenrechte setzen sich für ein Justizsystem ein, das die wirksame Umsetzung aller Kinderrechte gewährt und das Kindeswohl (best interests of the child, Artikel 3 Absatz 1 UN-Kinderrechtskonvention) und die Beteiligung von Kindern (Artikel 12 UN-Kinderrechtskonvention) bei der Ausgestaltung von Verfahren in den Mittelpunkt stellt. Dabei hat das Pilotprojekt „Kinderrechtsbasierte Kriterien im familiengerichtlichen Verfahren” von DKHW und DIMR gezeigt, wie wichtig es ist Verfahrensbeteiligte dabei zu unterstützen, Verfahren kindgerechter auszugestalten.

Der Erklärfilm „Deine Rechte vor Gericht“ ist unter https://youtu.be/dSRC_ViX4c0 und https://www.dkhw.de/schwerpunkte/kinderrechte/koordinierungsstelle-kinderrechte/kindgerechte-justiz  zu finden. Er wurde gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und Deutsche Institut für Menschenrechte vom 10.10.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert den nach Medienberichten geplanten Stopp der Bundesregierung beim Schutz von Kindern und Schwangeren vor den Gefahren des Passivrauchens in Autos. „Es ist total verkehrt, den Schutz von Kindern und Schwangeren für vermeintliche Freiheitsrechte zu opfern. Denn es hat sich deutlich gezeigt, dass Appelle allein hier nicht ausreichen. Vielmehr muss der Schutz gerade von Kindern und Jugendlichen in diesem Bereich endlich gesetzlich abgesichert werden. In vielen europäischen Ländern, beispielsweise in Frankreich, Finnland, Großbritannien, Italien und Österreich, ist der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Tabakrauch in Fahrzeugen bereits gesetzlich geregelt. Studien in Kanada, wo es in weiten Teilen des Landes bereits seit längerer Zeit ein entsprechendes gesetzliches Rauchverbot gibt, haben gezeigt, dass das Rauchen in Autos in Anwesenheit von Kindern dadurch deutlich abgenommen hat. Diesen Beispielen sollten wir umgehend folgen. Kinder haben nach der UN-Kinderrechtskonvention das Recht auf ein erreichbares Höchstmaß an Gesundheit. Dass die Bundesregierung sich jetzt sang- und klanglos von diesem Ziel verabschiedet, ist ein herber Schlag für den Gesundheitsschutz besonders schutzbedürftiger Personengruppen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

Gerade in geschlossenen Räumen sind Minderjährige und auch ungeborene Kinder dem Passivrauchen verstärkt ausgesetzt. Kinder und Jugendliche sind dabei besonders betroffen, da sie unter anderem eine höhere Atemfrequenz aufweisen und sich die Lungen bis zum 20. Lebensjahr noch entwickeln. Die Passivrauchbelastung für Minderjährige ist in Fahrzeugkabinen besonders hoch: Bereits das Rauchen einer einzigen Zigarette verursacht innerhalb weniger Minuten eine Konzentration von Tabakrauch, die um ein Vielfaches höher ist als in einer stark verrauchten Gaststätte. Rund eine Million Kinder und Jugendliche in Deutschland sind Schätzungen zufolge Tabakrauch im Auto ausgesetzt. Eine Expertise des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages von Oktober 2015 kommt zu dem Ergebnis, dass ein Rauchverbot in Fahrzeugen mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

 

Passivrauchen gefährdet massiv die Gesundheit. In Tabakrauch sind rund 250 giftige und rund 90 krebserregende Substanzen enthalten. Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums werden bei Kindern eine ganze Reihe von gesundheitlichen Folgen beobachtet. Hierzu gehören beispielsweise die Schädigung der sich entwickelnden Lunge, Atemwegsbeschwerden und Atemwegserkrankungen sowie eine beeinträchtigte Lungenfunktion. (Passiv-)Rauchen in der Schwangerschaft führt zudem häufiger zu Komplikationen wie Fehl-, Früh- und Totgeburten, einer Gewichtsverringerung und Verkleinerung des Körpers und Kopfes der Neugeborenen und ist ein Risikofaktor für plötzlichen Kindstod bei Säuglingen. Möglicherweise besteht auch ein Zusammenhang zwischen Passivrauchen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern sowie Übergewicht im Erwachsenenalter.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 08.10.2023

LSVD kritisiert diskutierte Einstufung von LSBTIQ*-Verfolgerstaaten als „sicher“

Im September wurde im Eilverfahren ohne ausreichende Frist zur Verbändebeteiligung im Vorfeld ein Kabinettsentwurf für die Aufnahme von Georgien und Moldau auf die Liste „sicherer Herkunftsstaaten“ beschlossen. Nun soll der Bundestag am Donnerstag diesen Entwurf erstmalig beraten. Im Vorfeld forderte der Innenausschuss des Bundesrats nun auch die Listung der Maghreb-Staaten Marokko, Tunesien und Algerien sowie Armeniens und Indiens als „sicher“.  Dazu erklärt Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Die 1996 verfassungsrechtlich klar definierte Bedeutung von „Sicherheit“ in Bezug auf Herkunftsstaaten muss aufrechterhalten werden! Anstatt eine Ausweitung der Liste sogenannter sicherer Herkunftsstaaten um Georgien, Moldau, die Maghreb-Staaten, Indien und Armenien voranzutreiben, gilt es daher konsequenterweise Ghana und Senegal von der Liste zu streichen. Das Nachgeben unter dem populistischen Druck und die weitere Ausweitung der „sicheren Herkunftsstaaten“ würde den Begriff „sicher“ endgültig aushöhlen und sinnentleeren. Es wäre ein fatales Zeichen für die Menschenrechte in Europa und weltweit.

Weder in Ghana noch im Senegal sind in allen Landesteilen alle Bevölkerungsgruppen vor Verfolgung sicher – wie nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1996 die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Landes auf die Liste der „sicheren Herkunftsstaaten“ lauten. Trotzdem werden beide Staaten als solche gelistet, sodass Schutzsuchende aus diesen Ländern beschleunigte Verfahren durchlaufen. In den Maghreb-Staaten drohen – ebenso wie in Ghana und Senegal – Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans*, inter* und queeren Personen (LSBTIQ*) mehrjährige Haftstrafen. In Tunesien sind erzwungene Analuntersuchungen an schwulen und bisexuellen Männern zur angeblichen Feststellung gleichgeschlechtlicher Handlungen, die international als Folter anerkannt sind, staatlich gefördert. In Georgien und Moldau, die durch einen im Kabinett bewilligten Gesetzesentwurf als „sicher“ erklärt werden sollen, sind die Regierungen nicht willens oder in der Lage, LSBTIQ* zu schützen. Teile beider Staaten werden von Russland kontrolliert und entziehen sich somit dem möglichen Verfolgungsschutz durch den Staat. Gegen diese Einordnung der beiden Staaten haben sich auch über 8000 Personen in einer Petition an die Bundesregierung ausgesprochen. Der LSVD hat heute seine Stellungnahme zusammen mit 26 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen an die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas geschickt.

Statt eine Ausweitung der Liste auf Georgien, Moldau, die Maghreb-Staaten, Indien und Armenien anzustreben, sollte bereits die Einstufung von Ghana und Senegal überdacht werden, weil auch dort LSBTIQ* vor staatlicher Verfolgung nicht sicher sind, wie auch von deutschen Verwaltungsgerichten bestätigt wurde. Fünf dieser Urteile belegen auch eindrücklich, welche Gefahr mit der Einstufung von LSBTIQ*-Verfolgerstaaten als sichere Herkunftsstaaten einhergeht: Die betroffenen Personen aus den angeblich sicheren Herkunftsstaaten Ghana und Senegal waren nach negativen Asylbescheiden Wochen, Monate und teils sogar Jahre ausreisepflichtig. Erst in den mündlichen Hauptverhandlungen konnten die Verwaltungsgerichte die Zweifel an ihren Verfolgungsgeschichten ausräumen und sprachen ihnen den Flüchtlingsstatus auf Grund der massiven Gefährdung zu.

Zum Hintergrund:
Eine Ausweitung der Liste vermeintlich sicherer Herkunftsstaaten träfe LSBTIQ* Asylsuchende aus diesen Ländern besonders hart. Erstens outen sich viele aufgrund von Angst, Scham und fehlender rechtlicher Aufklärung im Asylverfahren erst sehr spät. Zweitens wird ihnen ihre sexuelle Orientierung bzw. geschlechtliche Identität im Asylverfahren häufig nicht geglaubt. Im Falle der geplanten Einstufung als sichere Herkunftsstaaten würden ihre Anträge in beiden Fällen als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Sie hätten nur eine Woche Zeit, dagegen zu klagen, und könnten auch trotz Klageerhebung aus dem laufenden Verfahren heraus abgeschoben werden.

Weiterlesen:
Schreiben an Bundestagspräsidentin Bas zusammen mit 26 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Deutschland, Europa und der Welt

Bundestag: Entwurf eines Gesetzes zur Bestimmung Georgiens und der Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten

Asylrecht: Ghana und Senegal keine sicheren Herkunftsstaaten (lsvd.de)

Dossier zum Maghreb (LSVD)

Dossier „Zwangsanaluntersuchungen in Tunesien“ (LSVD)

Länderanalyse der Schweizerischen Flüchtlingshilfe – „, Georgien: LGBTQI+“ vom 06.09.2023

Petition mit AllOut gegen die Einstufung von Georgien und Moldau als „sichere Herkunftsstaaten“ (ca. 8.000 Unterschriften)

Die folgenden Organisationen der Zivilgesellschaft haben sich bereits beim Referent*innenentwurf gegen die Listung von Georgien und Moldau ausgesprochen:

Amnesty International Deutschland e.V., AWO Bundesverband e.V., Deutscher Caritasverband e.V., Deutscher Anwalt Verein, Diakonie Deutschland, Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS), Gemeinsame Stellungnahme des Kommissariats der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro in Berlin – und der Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V., Neue Richtervereinigung e.V., Der Paritätische Gesamtverband, Pro Asyl

Urteile: VG Augsburg, Urt. v. 27.04.2016 – Au 1 K 16.30296, Rn 8, Juris

Quelle: Pressemitteilung  Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 11.10.2023

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 24. Oktober 2023

Veranstalter: Netzwerk Familien | eaf Landesverband in der Nordkirche

Ort: Webex

Anders als bei der Fluchtbewegung 2015/2016 sind insbesondere Mütter mit Kindern aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Sie stehen in Deutschland vor der großen Herausforderung, trotz belastender Erfahrungen und Sorgen um Angehörige, ihr Leben möglichst ohne Brüche fortzusetzen: eine längerfristige Unterkunft zu finden, Deutsch zu lernen, in Kita, Schule und Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und soziale Beziehungen aufzubauen. Wie dies gelingt und welche Unterstützung weiterhin erforderlich ist, haben DJI-Forschende im Projekt „Ukraineforschung am DJI“ zwischen September 2022 und Februar 2023 erhoben. Sie sprachen einerseits mit geflüchteten Kindern, Jugendlichen und Müttern und andererseits mit Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe, von kommunalen Verwaltungen und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Studien zeigen, dass weitere Unterstützungsbedarfe bestehen und die aufgebauten kommunalen Unterstützungsstrukturen verstetigt werden müssen, um den Geflüchteten nachhaltige Unterstützung zuteilwerden lassen zu können.
Referierende

Antonia Birkeneder studierte Volkswirtschaftslehre mit einer quantitativen Ausrichtung an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Kiel. Nach Stationen am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und am Institut für Weltwirtschaft Kiel arbeitet und forscht sie seit dem Jahr 2020 am Deutschen Jugendinstitut. Im Fokus ihrer Arbeit stehen die ökonomischen Konsequenzen von Trennung und Scheidung. In Teilprojekt 2 der DJI-Ukraineforschung wertete sie die Daten der Mütterbefragung aus.

Sophia Chabursky absolvierte ihr Masterstudium in Gesundheitswissenschaften an der Technischen Universität München und arbeitet seit 2021 am DJI in der Abteilung Kinder und Kinderbetreuung (Fachgruppe K1). Sie hat bereits die Corona-Pandemie aus der Sicht von benachteiligten Kindern und Jugendlichen erforscht und leitete in der DJI-Ukraineforschung das Teilprojekt 3, einschließlich der Durchführung der Interviews. Aktuell promoviert sie zum Thema „Aufwachsen in Krisenzeiten“. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit sind Wohlbefinden und Resilienz bei Kindern und Jugendlichen.

Dr. Max Reinhardt war in der DJI-Ukraineforschung Leiter des Teilprojektes 1 „Kommunale Unterstützungsstrukturen“. Zuvor leitete er die Transferagentur Bayern, Büro Süd am Deutschen Jugendinstitut. Er hat Erfahrungen aus verschiedenen Drittmittelprojekten an Hochschulen zu jungen Erwachsenen, vor allem im akademischen Bereich. Schwerpunkte seiner Arbeit sind die qualitative und auch quantitative Forschung zu sozialer Ungleichheit, Habitussensibilisierung insbesondere junger Erwachsener, die Biografie- und Kompetenzforschung und die Parteienpolitik.

Moderation:
PD Dr. Christina Boll leitet die Abteilung Familie und Familienpolitik am Deutschen Jugendinstitut. Sie ist zudem Privatdozentin an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Gastprofessorin für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA). Sie hat das Teilprojekt 2, zusammen mit Dr. Alexandra Langmeyer und Dr. Laura Castiglioni, geleitet. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Mikroökonomik und Mikrosoziologie familialen Verhaltens, insbesondere in den Interdependenzen von Erwerbs- und Familienbiografien, Zeitverwendung und Arbeitsteilung im Haushalt.

Meeting beitreten

Termin: 08. November 2023

Veranstalter: AWO Bundesverband e. V.

Ort: Berlin

Der Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2024 sieht drastische Kürzungen im Bereich der sozialen Arbeit vor. Etwa 25% der Mittel, mit denen die Freie Wohlfahrtspflege Angebote wie die Migrationssozialarbeit, die Freiwilligendienste oder die Unterstützung für Geflüchtete finanziert, sollen wegfallen. Das hätte den massiven Verlust systemrelevanter sozialer Infrastruktur zur Folge. Wenn der Bundestag jetzt nicht gegensteuert, dann geht vielerorts bald buchstäblich das #LichtAus. Deshalb ruft der AWO Bundesverband am 08.11. 2023 von 16:00 bis 18:00 Uhr zu einer Kundgebung zum Bundeshaushalt 2024 auf.

Die Kundgebung findet auf dem Platz der Republik, d.h. der Wiese vor dem Reichstagsgebäude, statt. Gemeinsam mit den Spitzen aller Verbände in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) wenden wir uns gegen die Sparpläne der Bundesregierung. Neben den Verbändespitzen erwarten wir weitere Redner*innen aus Politik und Zivilgesellschaft und werden am Ende der Veranstaltung – als Höhepunkt der Kampagne „Die Letzte macht das Licht aus“ – ein „Lichtermeer“ aus Handykameras und Scheinwerfern ausschalten.

Auch die stellv. Vorsitzende*r des ZFF, Meike Schuster, wird an der Kundgebung sprechen und sich vehement für die Zukunft und gegen den Sparhaushalt positionieren. Denn es wird dort gespart, wo gerade jetzt große Investitionen dringend nötig wären: bei Kindern, Jugendlichen und ihren Familien.

Weitere Informationen und Materialien zur Kampagne: „Die Letzte macht das Licht aus“: https://awo.org/kampagnen/licht-aus.

Termin: 30. November 2023

Veranstalter: evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V.

Ort: Online

Im letzten Jahr, am 26. September 2022, war Ilona Renner vom Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) schon einmal Gast bei uns. Allerdings war die KiD 0-3: Repräsentativbefragung zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig abgeschlossen und ausgewertet. Wir freuen uns, dass die ersten Ergebnisse nun vorliegen und sind gespannt auf die Präsentation und die anschließende Diskussion. Für die Personen, die am 26.9.22 teilgenommen und bezahlt haben, ist diese Veranstaltung deshalb kostenfrei (bitte hinterlassen Sie in diesem Fall bei der Anmeldung eine entsprechende Notiz im Feld „weitere Mitteilungen“).

Mehr Informationen und das Anmeldeformular finden Sie hier:

https://www.eaf-bund.de/service/veranstaltungen/2023-11-30-familienbildung-im-gespraech-mit-wissenschaft-und-forschung-kurs

WEITERE INFORMATIONEN

Elli Scambor und Daniel Holtermann erkunden die historischen und strukturellen Gründe für die geringe Beteiligung von Männern an formeller und informeller Sorgearbeit. Sie stellen dem das Konzept von „Caring Masculinities“ gegenüber: männliche Rollenbilder, die Werte wie Aufmerksamkeit und Empathie integrieren. Diese haben einen Nutzen für die Männer selbst, für die Verteilung informeller und beruflicher Care-Arbeit und für die Gesellschaft insgesamt. Anhand von Beispielen aus Arbeits- und Alltagswelt sowie aus der pädagogischen Praxis werden Ansätze zur Förderung fürsorglicher Männlichkeiten aufgezeigt.

https://www.deutscher-verein.de/de/buchshop-des-dv-reihe-soziale-arbeit-kontrovers-1541.html?PAGE=artikel_detail&artikel_id=275

Das Bündnis „AufRecht bestehen“ hat sich für die vom 23. – 31.Oktober 2023 bevorstehende Aktionswoche, die unter dem Motto „Der Armut den Kampf ansagen!“ steht, auf ein gemeinsames Forderungspapier geeinigt. Das betrifft nicht nur die Forderung nach einer deutlichen Anhebung der Regelsätze und nach einer Erhöhung des Mindestlohns, sondern z. B. auch die Bereiche Wohnkosten, Kindergrundsicherung und weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Lage armer Kinder. Das gesamte aktuelle Forderungspapier gibt es hier: Forderungspapier_Herbst_2023_8.9.2023.pdf

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 13/2023

AUS DEM ZFF

Gemeinsame Pressemitteilung von 23 zivilgesellschaftlichen Organisationen

Im Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung, der heute im Bundeskabinett verabschiedet werden soll, werden von vorneherein Kinder ausgeschlossen, die Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten. 23 zivilgesellschaftliche Organisationen fordern die Regierungskoalition auf, den Vorgaben aus der UN-Kinderrechtskonvention gerecht zu werden und alle in Deutschland lebenden Kinder in die Kindergrundsicherung aufzunehmen.

„Die Kinderrechtskonvention verbietet eine Diskriminierung von Kindern aufgrund von Herkunft und Aufenthaltsstatus. Alle Kinder haben dieselben Rechte – etwa auf gesundes Aufwachsen, soziale Teilhabe und die Wahrung des menschenwürdigen Existenzminimums. Deshalb muss die Kindergrundsicherung eine Leistung für alle Kinder in Deutschland sein. Schon jetzt haben geflüchtete Kinder schlechtere Startchancen. Wir fordern Regierung und Parlament auf sicherzustellen, dass geflüchtete Kinder in keiner Weise weiter benachteiligt werden“, so die Organisationen.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Es ist inhuman und widerspricht der UN-Kinderrechtskonvention Kinder und Jugendliche, die aktuell in Deutschland leben und aufwachsen, unterschiedlich zu behandeln. U.a. Kinder und Jugendliche im Asylbewerberleistungsgesetz vom Bezug der  Kindergrundsicherung auszuschließen und ihnen darüber hinaus auch den derzeitigen Sofortzuschlag zu streichen, bedeutet eine enorme finanzielle Schlechterstellung für diese von Armut und Ausgrenzung betroffene Gruppe. Nicht mal der Erhalt des Minimums kann so gewährleistet werden. Seit Monaten werden aus dem Finanzministerium und Teilen der FDP Ressentiments gegen Geflüchtete und Migrant*innen befeuert und Wahlkampf auf dem Rücken der Kinder gemacht. Dagegen müssen wir uns gemeinsam stellen und für eine echte Kindergrundsicherung kämpfen, von der alle Kinder profitieren – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.“

Hintergrund:

  • Die UN-Kinderrechtskonvention (KRK) ist in Deutschland für alle Kinder gleichermaßen gültig. Den Vorbehalt, gemäß dem die Verpflichtungen der KRK nicht gegenüber ausländischen Kindern gelten sollten, hat Deutschland 2010 aufgegeben. Gemäß Artikel 2 der Konvention ist damit jede Diskriminierung aufgrund der Herkunft und des Aufenthaltsstatus der Kinder ausgeschlossen. Bei allen politischen Maßnahmen ist zudem das Wohl aller Kinder gemäß Artikel 3 vorrangig zu berücksichtigen.
  • Die bei der Kindergrundsicherung geplante Bündelung sozialpolitischer Leistungen umfasst die kinderspezifischen Regelsätze des Bürgergeldes (SGB II) und der Sozialhilfe (SGB XII), nicht jedoch die des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG).
  • Die Regelsätze des AsylbLG sind noch niedriger (zwischen 278 Euro und 374 Euro im Jahr 2023 für Kinder und Jugendliche, altersgestaffelt) als die ohnehin zu niedrigen Regelsätze in den anderen Grundsicherungssystemen (318 bis 420 Euro). Aus Sicht der unterzeichnenden Organisationen widerspricht dies dem Gleichbehandlungsgrundsatz, der auch und insbesondere für das menschenwürdige Existenzminium gelten sollte. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in einem Grundsatzurteil im Jahr 2012 klargestellt, dass die Menschenwürde nicht durch migrationspolitische Erwägungen relativiert werden darf. Gemäß dem BVerfG ist die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ein Menschenrecht, das durch Art.1 Abs. 1 Grundgesetz garantiert wird.
  • Mit der Einführung der Kindergrundsicherung entfällt zudem der Kindersofortzuschlag von 20 Euro, den bisher auch Kinder im AsylbLG erhalten haben. In der Kindergrundsicherung soll dies durch Anpassungen der Regelbedarfe ausgeglichen werden. Berichten zufolge entfällt der Kindersofortzuschlag für Kinder im AsylbLG im Regierungsentwurf des Kindergrundsicherungsgesetzes hingegen ersatzlos.

Die folgenden Organisationen haben sich dem gemeinsamen Statement angeschlossen:

  • Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht im Deutschen Anwaltverein
  • ARBEITSKREIS ASYL TRIBSEES der evangelischen Kirchengemeinde
  • AWO Bundesverband e.V.
  • Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V. (BAfF e.V.)
  • Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V.
  • Der Paritätische Gesamtverband
  • Deutsche Gesellschaft für systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF e.V.)
  • Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
  • Diakonie Deutschland
  • Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
  • Internationaler Bund (IB) – freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e.V.
  • JUMEN e.V
  • Neue Richtervereinigung e.V. (NRV)
  • PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.
  • Save the Children Deutschland e.V.
  • SOS-Kinderdorf e.V.
  • Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD)
  • terre des hommes Deutschland e.V.
  • Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V.
  • Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.
  • Volksolidarität Bundesverband e.V.
  • World Vision Deutschland e.V.
  • Zukunftsforum Familie e.V.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 27.09.2023

SCHWERPUNKT I: Wohngipfel

Das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ unter Leitung des Bundeskanzlers und Bauministerin Klara Geywitz hat gestern über den Umsetzungsstand der Maßnahmen für mehr bezahlbaren Wohnraum informiert. Die Bundesregierung plant zusätzlich weitere Krisenmaßnahmen, die der Bau- und Wohnungswirtschaft einen ordentlichen Wumms geben werden. Der Schutz auf dem Mietmarkt muss jetzt folgen.

Verena Hubertz, stellvertetende Fraktionsvorsitzende:
„Mitmachen lautet die Devise. Das ist das Angebot für die Wohnungs- und Bauwirtschaft, das vom Gipfel ausgeht. Im Bündnis für bezahlbaren Wohnraum haben wir ein Jahr nach dem Beschluss unseres Maßnahmenpakets eine erste Bilanz gezogen, die sich sehen lassen kann. Viele Maßnahmen wurden bereits umgesetzt oder werden konkret in Angriff genommen. Der digitale Bauantrag kommt, er macht Bauverfahren zukünftig schneller und effizienter. Dazu kommt ein weiteres Gesetz, das wir noch in diesem Jahr auf den Weg bringen wollen. Wir werden den Wohnungsbau in angespannten Wohnlagen beschleunigen, indem wir die Regelung des § 246, ursprünglich ausschließlich für Notunterkünfte, öffnen.

Die Förderung von klimafreundlichem Neubau und Wohneigentum für Familien fassen wir deutlich weiter. Dazu kommen neue Programme, mit denen wir leerstehenden Gewerberaum als Wohnraum nutzbar und den Kauf sanierungsbedürftiger Bestandsimmobilien für junge Familien attraktiver machen wollen.“

Zanda Martens, zuständige Berichterstatterin:
„Die Krise auf dem Wohnungsmarkt spitzt sich weiter zu. Die Bauzinsverdopplung hat zum Einbruch bei den privaten Bauaktivitäten geführt. Umso wichtiger sind die Impulse, die vom Wohnungsgipfel ausgehen zur Stärkung der Bau- und Wohnungswirtschaft. Jetzt kommt es auf die gemeinnützigen, staatlichen und genossenschaftlichen Bauträger an.

Neubau ist beim Kampf um bezahlbaren Wohnraum allerdings nur eine Seite der Medaille, denn die Ergebnisse werden erst mit Verzögerung sichtbar. Für viele Mieterinnen und Mieter ist aber bereits die aktuelle Situation kaum erträglich.

Umso dringender ist deshalb die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen, wie die Absenkung der Kappungsgrenze, die Ausweitung von Mietspiegeln oder die Verlängerung der Mietpreisbremse. Der Bundesjustizminister muss sich jetzt entscheiden: will er weiter Klientelpolitik betreiben oder endlich die Situation von Millionen Mieterinnen und Mietern, der Mehrheit in diesem Land, erträglicher machen?“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 26.09.2023

Zum Wohnungsbaugipfel erklärt der Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik der FDP-Fraktion Daniel Föst:

„Dem heutigen Wohnungsbaugipfel müssen jetzt zügig Taten folgen. Die verkündeten Maßnahmen gehen in die richtige Richtung und müssen schnellstens umgesetzt und ergänzt werden. Deutschland muss wieder mehr, schneller und günstiger bauen. Um zügig neuen Wohnraum zu schaffen, müssen wir Regulierungen abbauen, europäische Vorgaben praxistauglich umsetzen, den Normungsprozess vom Bauordnungsrecht entkoppeln und neues Bauland mobilisieren. Dafür brauchen wir ein Baukostenmoratorium für den Wohnungsbau. Immer strengere Vorschriften, auch im Mietrecht, lenken nur vom Hauptproblem ab. Es fehlt in Deutschland an Wohnraum und das nicht zu knapp. Die Stadt Berlin hat deutlich demonstriert, dass dieses Problem nicht wegreguliert werden kann. Der beste Schutz für Mieterinnen und Mieter ist genügend Wohnraum. Die Lösung für eine der drängendsten sozialen Fragen unserer Zeit sind nicht weitere Regulierungen, sondern mehr, schnelleres und günstigeres Bauen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 25.09.2023

„Der ‚Baugipfel‘ ist eine einzige Enttäuschung für Mieterinnen und Mieter. Zwei Jahre nachdem Olaf Scholz sich selbst zum ‚Kanzler für bezahlbares Wohnen‘ erklärt hat, steigen die Mieten ungebremst weiter, der soziale Wohnungsbau kommt nicht in die Gänge und der versprochene Mietenstopp steht noch nicht einmal auf der Tagesordnung. Die von Miet- und Sozialverbänden geforderte Gemeinnützigkeit bleibt ein Papiertiger. Stattdessen besiegelt der Gipfel ein neues Steuersparmodell für die Oberschichten, ohne soziale Vorgaben – das ist absurd“, so Caren Lay, Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik der Fraktion DIE LINKE im Bundestag. Lay weiter:

„Die Bundesregierung inszeniert beim Wohngipfel eine Reihe kleinerer Maßnahmen. Keine davon ist geeignet, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und den Mietenanstieg zu stoppen. Selbst in Städten, in denen die Mieten bisher bezahlbar waren – wie Delmenhorst, Worms oder Weiden – stiegen die Mietpreise um 13 Prozent innerhalb nur eines Jahres.

Nach zwei Jahren im Amt legt die Ampel-Regierung noch nicht einmal einen Gesetzentwurf für ein soziales Mietrecht vor, von dem schwachen Inhalt des Koalitionsvertrages ganz zu schweigen. Im Ergebnis zahlen viele Menschen jetzt schon über die Hälfte des Einkommens nur für das Wohnen. Nicht einmal ein Viertel der versprochenen 100.000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr wurde geschafft. Da hilft es auch nicht, dass die Bundesregierung jetzt die Ausgaben der Länder in ihre Rechnung integriert, um eine möglichst hohe Zahl von 45 Milliarden Euro zu präsentieren. Es ändert nichts daran, dass die Regierung selbst nur 18 Milliarden in fünf Jahren für Sozialwohnungsbau ausgeben will, soviel bräuchte es eigentlich im Jahr.

Auch der Rechtsrahmen für einen nachhaltigen Neustart im sozialen Wohnungsbau, die Neue Wohngemeinnützigkeit, kommt nicht in die Gänge. Bisher liegt nur ein dürrer Vermerk des Bauministeriums vor, von einem ressortabgestimmten Gesetzentwurf fehlt jede Spur. Und auch der Bund selbst hat im letzten Jahr gerade mal lächerliche 76 Wohnungen selbst gebaut.

Die Sonder-AfA mit einer Rekord-Steuerabschreibung von sechs Prozent kommt gänzlich ohne Mietobergrenzen aus. Das ist eine teure und ungezielte Gießkannenförderung, mit der am Ende Reiche ihre Luxusvillen und Lofts von der Steuer absetzen können. Das hat mit sozialer Wohnungspolitik nichts zu tun.

Man wird den Eindruck nicht los: Scholz hat sich seinen Wahlsieg mit den Stimmen der Mieterinnen und Mieter erkauft, sich dann zwei Jahre nicht um sie gekümmert und hat offensichtlich auch nicht die Absicht, es künftig zu tun. Wir brauchten jetzt dringend einen Mietenstopp und ein Öffentliches Wohnungsbauprogramm von 20 Milliarden jährlich, das zum Aufbau eines gemeinnützigen Wohnungssektors dient.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 25.09.2023

Die CDU/CSU-Fraktion sieht „Deutschland in einer Wohnungsbaukrise“ und fordert in einem Antrag (20/8523), wirksame Maßnahmen für bezahlbares Bauen und Wohnen zu ergreifen.

Die Lage der Baubranche nennt die Union „dramatisch“. Die Baugenehmigungszahlen brächen flächendeckend ein, die Auftragsbücher der Unternehmen liefen leer und Projekte würden reihenweise storniert. In der Branche gebe es bereits Kurzarbeit und Entlassungen, erste Betriebe meldeten Insolvenz an. Die dramatische Lage der Bauwirtschaft wirke sich unmittelbar auf den Wohnungsmarkt aus und führe dort „zu steigenden Mieten und gesellschaftlichen Spannungen“, schreiben die Abgeordneten. Leidtragende seien viele hunderttausende Menschen, die auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung seien, heißt es in dem Antrag.

Ein weiteres Problem sieht die CDU/CSU-Fraktion darin, dass die Ampel-Regierung das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) nicht mit den notwendigen Zuständigkeiten ausgestattet habe, um bezahlbares Bauen und Wohnen wirklich voranzubringen. So liege nur die Neubauförderung in den Händen des BMWSB, während für die Sanierungsförderung das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zuständig sei. Zudem würden zahlreiche Förderprogramme von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) administriert, die wiederum in der Zuständigkeit des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) liege.

Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung unter anderem im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf, im Bereich steuerlicher Maßnahmen eine Sonderabschreibung für den sozialen Wohnungsbau einzuführen, wonach Unternehmen Mietbegrenzungen garantieren.

Außerdem verlangt die Unionsfraktion die steuerliche Förderung und einen auf vier Jahre befristeten fünfprozentigen Abzug für Eigentümer, die selbstgenutztes Wohneigentum neu bauen. Den Ländern soll die Möglichkeit gegeben werden, bei der Grunderwerbsteuer einen Freibetrag von 250.000 Euro pro Erwachsenem und 150.000 Euro pro Kind für den Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum einzuführen. Für Familien mit geringen und mittleren Einkommen sollen beim erstmaligen Erwerb von selbstgenutzten Immobilien staatlich abgesicherte Mietkaufmodelle entwickelt werden.

Darüber hinaus müsse es massive Kostensenkungen geben. Dazu sei ein Belastungsmoratorium auszurufen: Neue Regeln müssten auf verteuernde Auswirkungen des Bauens überprüft werden, bis Ende 2027 dürften keine neuen Vorschriften erlassen werden, die das Bauen unnötig verteuern oder verlangsamen.

Die kürzlich beschlossene Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (Heizungsgesetz) sei zurückzunehmen und schnellstmöglich ein verbindliches Förderkonzept vorzulegen, das die rechtlichen Verpflichtungen nach dem Gebäudeenergiegesetz sozial flankiere und wirtschaftliche Überforderungen vermeide.

Die Vereinheitlichung der Landesbauordnungen sei voranzutreiben, um damit die Kostensenkungspotentiale des seriellen und modularen Bauens etwa mit Typengenehmigungen zu erschließen.

Schließlich sollen beim Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen alle Zuständigkeiten konzentriert werden, „die notwendig sind, um die Themen Bauen, Wohnen und Sanieren wirkungsvoll voranzubringen“, schreiben die CDU/CSU-Abgeordneten in ihrem Antrag.

Der Antrag soll am Donnerstag erstmalig im Plenum debattiert werden und anschließend zur weiteren Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 701 vom 28.09.2023

Auf Pro und Contra bei den Sachverständigen stieß ein Antrag der Fraktion Die Linke zur Einführung eines Rechts auf Wohnungstausch (20/6714) bei einer Öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss am Montag. Nach dem Antrag soll es tauschwilligen Mieterinnen und Mietern ermöglicht werden, aus zu großen in kleinere Wohnungen zu ziehen und umgekehrt. Er sieht vor, dass die bestehenden Mietverträge jeweils ohne Mieterhöhung übernommen werden können. Verwiesen wird auf einen entsprechenden Passus im österreichischen Mietrecht.

Für den Antrag sprachen sich die Vertreter von Wohnungstauschbörsen und Mieterverbänden aus. Von der Linksfraktion eingeladen war Joachim Faßmann vom Cottbuser Kollektiv Stadtsucht, das seit 2020 als Projektträger die Koordinierungsstelle Wohnungstausch (KSWT) im Auftrag der Landeshauptstadt Potsdam betreibt. Wie Faßmann in seiner Stellungnahme schilderte, dauerte es etwa drei Jahre, bis der Wohnungstausch in Potsdam auf signifikante Erfolge verweisen konnte. Im August 2023 seien 550 Tauschgesuche registriert gewesen, aus denen sich mehr als 4.500 Tauschmöglichkeiten ergäben. Zwölf Wohnungstausche seien umgesetzt worden, 35 weitere Tausche seien in Vorbereitung und Umsetzung. Die Erfahrungen zeigten, dass es einer öffentlichen Förderung des Wohnungstauschs bedarf. Dabei gehe es nicht um die Pflicht zum Wohnungstausch, sondern um das Recht und eine angemessene finanzielle Unterstützung auf Bundes- und Landesebene.

John Weinert, Geschäftsführer der Bonner Tauschwohnung GmbH, die seit 2010 ein bundesweites Wohnungstauschportal und kommunale Wohnungstauschportale betreibt sowie Wohnungstauschlösungen für Wohnungsunternehmen und Genossenschaften anbietet, verwies in seiner Stellungnahme auf „riesige stille Wohnraumreserven“ und plädierte ebenfalls für ein Recht auf Wohnungstausch. Über Tauschwohnung seien in den letzten zwei Jahren rund 5.300 Haushalte vermittelt worden, so Weinert, der von der SPD-Fraktion eingeladen wurde. Aktuell seien es durchschnittlich drei Tauschpaare pro Tag mit steigender Tendenz. Viele Menschen seien bereit, im Alter in eine kleinere Wohnung zu ziehen. Dafür sollten die richtigen Bedingungen geschaffen werden. Wohnungstausch funktioniere zwar auch jetzt schon auf Basis von Freiwilligkeit. In der Praxis scheiterten Wohnungstauschvorgänge oft an den Vermietern, die sich oft nicht über die Vorteile im Klaren seien.

Franz Michel vom Deutschen Mieterbund (DMB) erklärte, ein Rechtsanspruch wie im Antrag gefordert würde die Rechtsposition für Mieter und Mieterinnen erheblich verbessern und wäre eine „sinnvolle, kluge Lösung“. Eine Verbesserung könne allerdings nur entstehen, wenn auch die Tauschbedingungen gesetzlich geregelt würden. Vor allem müsse festgelegt werden, wann der Vermieter seine Zustimmung verweigern darf, denn der Rechtsanspruch dürfe keine enttäuschten Erwartungen schüren. Ein Blick nach Österreich zeige, so der von der SPD-Fraktion eingeladene Experte, dass mehr Rechtssicherheit beim Wohnungstausch möglich und sinnvoll sei. Auch für Deutschland empfehle sich, den Wohnungstausch in einer eigenständigen Norm im Bürgerlichen Gesetzbuch zu regeln, in der analog zum österreichischen Modell die konkreten Bedingungen festgelegt werden, unter denen ein Wohnungstausch rechtlich eindeutig vollzogen werden kann.

Ulrike Hamann vom Berliner Mieterverein ging in ihrer Stellungnahme auf zwei Studien ein, die sich mit dem Problem unter- beziehungsweise überbelegter Wohnungen befassen und vorschlagen, zur Lösung des Problems die Mietenregulierung aufzuheben. Dabei werde jedoch nicht auf die Einkommenslage der betroffenen Haushalte eingegangen, so Hamann, die auf Einladung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen teilnahm. Ein wesentlicher Teil der Haushalte, die in unterbelegten Wohnungen wohnen, verfügten über ein überdurchschnittliches Einkommen und könnten sich daher eine große Wohnung leisten und wollten dies vermutlich auch. Gleichzeitig würde eine Mietenderegulierung die Situation der Haushalte mit niedrigem Einkommen, die bisher überbelegt wohnen, noch verschlechtern. Vor diesem Hintergrund mache der Antrag der Linksfraktion mehr Sinn als eine Deregulierung. Wie Michel vom DMB sprach sich Hamann für die Einführung eines Rechts wie in Österreich aus. Im Vorschlag der Linken gebe es jedoch zu viel Auslegungsspielraum.

Die Immobilienbranche lehnt den Antrag strikt ab. Es brauche keine gesetzlichen Regelungen, denn diese würden nur dazu führen werden, dass freiwillige Initiativen der Wohnungsunternehmen gefährdet oder eingestellt werden, erklärte Carsten Herlitz vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Der Verband vertritt nach eigenen Angaben rund 3.000 kommunale, genossenschaftliche, kirchliche, privatwirtschaftliche, landes- und bundeseigene Wohnungsunternehmen, die fast 30 Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland bewirtschaften. Laut Herlitz, der von der CDU/CSU-Fraktion eingeladen wurde, bieten die im GdW organisierten Unternehmen bereits verstärkt Möglichkeiten an, wie Mieterinnen und Mieter ihre Wohnungen tauschen können. Dabei werde auf Freiwilligkeit und Kooperation gesetzt – ohne staatlichen oder gesetzgeberischen Zwang. In der Praxis sei aber festzustellen, dass Angebote über Tauschbörsen nicht oder nur in ausgesprochen geringem Maß angenommen werden. Eine Übernahme der Regelung aus Österreich dürfte weder die praktischen Probleme beim Wohnungstausch, noch die rechtlichen Probleme lösen, so Herlitz.

Inka-Marie Storm, Chefjustiziarin von Haus & Grund Deutschland, die ebenfalls von der Unionsfraktion eingeladen worden war, begrüßte Anstrengungen für ein größeres Wohnraumangebot. Haus & Grund ist laut Storm der mit Abstand größte Vertreter der privaten Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer in Deutschland. Derartige Maßnahmen dürften allerdings nicht allein zu Lasten der vermietenden Eigentümer gehen, erklärte Storm in ihrer Stellungnahme. Ein so tiefreichender Eingriff in die Rechte und Interessen der Vermieter, wie er durch den Antrag gefordert werde, stehe in keinem Verhältnis zu den Zielen des Antrags. Die Forderungen des Antrags seien inakzeptabel. Er verstoße gegen die Vertragsfreiheit und die Eigentumsfreiheit des Vermieters.

Christian Osthus, stellvertretender Bundesgeschäftsführer des Immobilienverband Deutschland (IVD), erklärte, das Instrument des Wohnungstausches könne aus der Perspektive des IVD sein, die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu verbessern, solange die schutzwürdigen Interessen aller Beteiligten gewahrt blieben. Das sei grundsätzlich nur dann der Fall, wenn der Tausch im Einvernehmen aller Beteiligten erfolgt. Es gebe Wohnungsbauunternehmen, die das Tauschmodell praktizieren, aber nur wenige erfolgreiche Tauschgeschäfte, so Osthus. Bei kleinen Wohnungsbaugesellschaften und privaten Kleinvermietern, die mit Abstand das Gros der Vermieter darstellten, spiele der Wohnungstausch praktisch keine Rolle. Dies könne man nicht durch einen Zwang des Vermieters überwinden, dem Wohnungstausch zuzustimmen. Das zeige auch das Beispiel Österreich.

Auch die Vertreter der Rechtswissenschaft bewerteten den Antrag unterschiedlich. Martin Häublein von der Universität Innsbruck, Institut für Zivilrecht, sagte zu der im Antrag geforderten Problemlösung nach österreichischem Vorbild, diese Norm habe in über vier Jahrzehnten keine nennenswerte praktische Bedeutung erlangt und werde als „totes Recht“ angesehen. Sie habe in Österreich nicht zur Entspannung des Wohnungsmarktes beigetragen. Die Ursachen lägen in einem Grundkonflikt, den die Norm zu lösen habe. Unter Hintanstellung der unter anderem durch die Verfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention verbürgten Privatautonomie des Vermieters werde diesem gegen seinen Willen ein Vertragspartner aufgezwungen, erklärte Häublein, der auf Einladung der Unionsfraktion Stellung zu dem Antrag nahm. Das müsse durch einen hinreichend gewichtigen Grund gerechtfertigt sein, andernfalls sei der Eingriff in die Privatautonomie nicht gerechtfertigt und die Norm rechtswidrig. Auch in Deutschland würde eine solche Regulierung mehr Probleme aufwerfen als lösen.

Markus Artz, Lehrstuhlinhaber an der Universität Bielefeld, Direktor der Forschungsstelle für Immobilienrecht und Vorsitzender des Deutschen Mietgerichtstags, der von der SPD-Fraktion eingeladen wurde, hält die Einführung eines Anspruchs auf Zustimmung zum Wohnungstausch für ein Mittel, mit dem man einen Teil eines riesigen Problems angehen könnte. Er könne sich das ähnlich wie bei der Untermiete vorstellen, dass es im Grunde ein Anspruch jeweils gegen den Vermieter auf Zustimmung gibt, den dieser auch verweigern kann, wenn ihm aus Gründen, die in der Person des Mietinteressenten liegen, eine Vermietung nicht zuzumuten ist. Auch die Solvenz des neuen Mieters sei ein sehr wichtiger Grund. Es dürfe selbstverständlich kein Zwang und kein Druck auf Bestandsmieter geben, ihre Wohnungen zu verlassen, sondern dies müsse auf Freiwilligkeit basieren. Dem Vermieter gehe natürlich die Möglichkeit der Neuvermietung verloren, so dass er sich durchaus vorstellen könne, so Artz, dass man ihm einen geringfügigen Zuschlag zur Bestandsmiete gewähren könnte.

Elke Hanel-Torsch, Wiener Landesvorsitzende der Mietervereinigung Österreichs, die auf Einladung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen teilnahm, erläuterte die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Wohnungstausch in Österreich. Der Paragraf 13 des Mietrechtsgesetzes würde theoretisch einen Wohnungstausch ermöglichen. Die Voraussetzungen seien jedoch so hoch, dass sie den Anwendungsbereich einengten und die Norm damit „totes Recht“ sei. Nach ihrer Kenntnis habe es in den vergangenen Jahren kein einziges Wohnungstauschverfahren gegeben, „weil die Voraussetzungen einfach nicht erfüllbar sind“. Ein zusätzliches Problem sei in Österreich, dass zwei Drittel aller Mietverträge nur noch befristet seien. Dann mache ein Tausch de facto keinen Sinn. Außerdem dürfe der Vermieter oder die Vermieterin den Mietzins im Fall eines Tausches anheben.

Wie die Fraktion Die Linke in ihrem Antrag schreibt, sind die aktuellen Instrumente des Mietrechts, die den Anstieg der Mietpreisniveaus dämpfen sollen, angesichts unaufhörlich steigender Mieten und einer sich verschärfenden Wohnungsnot in ihrer Wirkung völlig unzureichend. Neben grundlegenden bundesgesetzlichen Änderungen zum Schutz der Mieter und Mieterinnen vor noch weiter steigenden Wohnkosten und einer anderen Wohnungsbaupolitik seien flankierend schnelle und pragmatische Lösungen erforderlich, um die Situation auf dem Wohnungsmarkt zu entspannen. Dazu gehöre die Einführung des Rechts auf Wohnungstausch.

Der Bundestag solle die Bundesregierung daher unter anderem auffordern, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der einen Rechtsanspruch einführt, der Mietern und Mieterinnen den gegenseitigen Eintritt in bestehende Mietverträge unter Beibehaltung der jeweiligen Vertragskonditionen und demnach ohne Erhöhung der Mieten ermöglicht. Nach österreichischem Vorbild müsse eine Zustimmung der Vermieter und Vermieterinnen eingeholt werden, die nur wegen besonders triftiger Gründe verweigert werden dürfe.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 686 vom 25.09.2023

In Deutschland gibt es rund 1,09 Millionen Sozialwohnungen, schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (20/8369) auf eine Kleine Anfrage (20/8140) der Fraktion Die Linke.

Demnach haben die Bundesländer, Stand 31. Dezember 2022, einen Bestand von 1,087.571 Sozialmietwohnungen übermittelt, heißt es in der Antwort. Die zukünftige Anzahl auslaufender Miet- und Belegungsbindungen von Mietwohnungen sei der Bundesregierung nicht bekannt. Hintergrund ist die seit Jahren sinkende Zahl der Sozialwohnungen. Während es in der alten Bundesrepublik Ende der 1980er Jahre noch rund vier Millionen Sozialwohnungen gab, waren es im Jahr 2010 noch etwa 1,66 Millionen, 2020 wurden noch 1,13 Millionen Sozialwohnungen gezählt. Als Grund für den Rückgang gilt unter anderem auch, dass Sozialwohnungen nach einer bestimmten Zeit aus der Sozialbindung fallen. Das bedeutet, sie können nach 15 oder maximal 40 Jahren ohne staatliche Auflagen frei am Markt vermietet oder verkauft werden. Die Zahl der Wohnungen, die aus der Sozialbindung fallen, ist derzeit höher als die Zahl neu entstandener Sozialbauwohnungen. So fielen im Jahr 2020 rund 56.000 Wohnungen aus der Sozialbindung, neu errichtet wurden in dem Jahr etwa 23.000 Sozialwohnungen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 683 vom 25.09.2023

Am 25. September tagt das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“, das vom Ministerium für Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung ins Leben gerufen wurde. Der AWO Bundesverband mahnt zu diesem Anlass mietrechtliche Reformen an, um bezahlbaren Wohnraum abseits des Neubaus zu sicherzustellen.

 

Dazu Michael Groß, Präsident der AWO: „Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist absolut wichtig. Gerade in Ballungsräumen sehen wir eine dramatische Wohnungsnot. Der Neubau von Wohnungen ist natürlich ein wichtiges Element, um diese Wohnungsnot anzugehen. Doch wir wissen auch, dass für viele Menschen eine Neubauwohnung nicht bezahlbar ist und sie nur in den günstigeren Bestandsgebäuden eine bezahlbare Wohnung finden werden. In Großstädten muss man für Neubauwohnungen ohne Förderung mit einer Kaltmiete von bis zu 20€ pro Quadratmeter rechnen – bezahlbarer Wohnraum sieht anders aus.“

 

Im Koalitionsvertrag versprach die Regierung, eine Neue Wohngemeinnützigkeit einzuführen sowie mietrechtliche Reformen umzusetzen. Bisher gibt es zwar ein erste Eckpunktepapier zur Neuen Wohngemeinnützigkeit, doch es stockt bei der Konkretisierung und Umsetzung. Auch bei den mietrechtlichen Reformen gibt es kaum Bewegung. Deswegen fordert Michael Groß: „Mieter*innen warten seit Jahren auf Reformen, zum Beispiel bei der Mietpreisbremse oder bei der Regulierung von möbliertem Wohnraum und Kurzzeitvermietungen. Die Konzepte liegen längst vor, nun muss es an die Umsetzung gehen. Um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und zu erhalten, braucht es wesentlich mehr Mietwohnungen in der Hand gemeinnütziger Genossenschaften und öffentlicher Wohnungsbaugesellschaften als Marktkorrektiv.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 25.09.2023

SCHWERPUNKT II: Kabinettsbeschluss Kindergrundsicherung

Lisa Paus: „Wir schaffen ein Sicherheitsnetz für alle Kinder und ihre Familien

Das Bundeskabinett hat heute den von Bundesfamilienministerin Lisa Paus vorgelegten Gesetzentwurf zur Einführung einer Kindergrundsicherung beschlossen. Der Gesetzentwurf sieht vor, bisherige finanzielle Förderungen, wie das Kindergeld, die Leistungen für Kinder und Jugendliche im Bürgergeld und der Sozialhilfe, den Kinderzuschlag und Teile des Bildungs- und Teilhabepaketes durch die neue Leistung Kindergrundsicherung zu ersetzen. Der Gesetzentwurf, die Stellungnahmen von Verbänden sowie Informationen zum weiteren Verfahren sind auf der Website des BMFSFJ zu finden: www.bmfsfj.de/kindergrundsicherung

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Nach Jahrzehnten der politischen Diskussion hat diese Bundesregierung eine Antwort auf Kinderarmut in Deutschland gefunden, denn mit der Kindergrundsicherung knüpfen wir ein wirksames Sicherheitsnetz für alle Kinder und ihre Familien. Kinder und Jugendliche sollen vor Armut geschützt und ihnen soll ein sorgenfreies Aufwachsen und bessere Chancen für den Start ins Leben ermöglicht werden. Verdeckte Armut in Deutschland reduzieren wir, indem mehr Familien und Kinder mit Unterstützungsbedarf erreicht werden als bisher. Es wird zukünftig endlich bessere, schnellere und direktere Leistungen für alle Familien geben!

Diese Bundesregierung unterstützt Familien in der Breite und damit auch die Mitte der Gesellschaft. Schon dieses Jahr haben Familien mit der größten Kindergelderhöhung seit Mitte der 90er Jahre rund 750 Euro mehr pro Jahr für die ersten beiden Kinder in der Tasche. Zukünftig wird mit der Kindergrundsicherung das Kindergeld, das dann Kindergarantiebetrag heißen wird, für alle Kinder auch automatisch an die Preisentwicklung angepasst. Das ist ein großer Fortschritt gegenüber dem Status Quo.

Den Kinderzusatzbetrag der Kindergrundsicherung werden insgesamt rund 5,6 Millionen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Anspruch nehmen können – darunter auch die 1,9 Millionen Kinder, die aktuell Bürgergeld beziehen. Ebenso werden auch Kinder aus Familien mit geringen Einkommen, die hart arbeiten, den Kinderzusatzbetrag erhalten. Dabei achtet die Bundesregierung darauf, dass ausreichend Erwerbsanreize gegeben sind.  

Schließlich werden Familien künftig direkt vom Familienservice über mögliche Ansprüche informiert und die Berechnung und Auszahlung der Leistungen werden einfacher. Damit schafft die Kindergrundsicherung einen Systemwechsel – weg von der Holschuld von Bürgerinnen und Bürgern hin zu einer Bringschuld des Staates.“

Zentrale Inhalte des Gesetzentwurfs:

  • Die Kindergrundsicherung wird aus einem einkommensunabhängigen Kindergarantiebetrag für alle Kinder und Jugendlichen, der dem heutigen Kindergeld entspricht, einem einkommensabhängigen und altersgestaffelten Kinderzusatzbetrag, sowie den Leistungen für Bildung und Teilhabe bestehen. Diese drei Komponenten zusammen tragen dazu bei, das Existenzminimum eines Kindes zu sichern.
  • Der Kinderzusatzbetrag setzt sich aus dem altersgestaffelten Regelbedarf des Kindes sowie einem Betrag für Unterkunft und Heizung auf Grundlage des jeweils maßgeblichen Existenzminimumberichts der Bundesregierung zusammen, soweit diese Leistungen nicht durch den Kindergarantiebetrag abgedeckt sind.
  • Zusätzlich zum Kinderzusatzbetrag wird das Schulbedarfspaket, das Bestandteil der Leistungen für Bildung und Teilhabe ist und derzeit 174 Euro jährlich beträgt, automatisch mit dem Antrag auf Kinderzusatzbetrag mitbeantragt und ausgezahlt. Der Teilhabebetrag von 15 Euro monatlich wird unbürokratischer und als Bundesleistung ausgestaltet. Darüber hinaus wird in den kommenden Jahren bis spätestens 2029 ein eigenes digitales Kinderchancenportal aufgebaut.
  • Mit der Anpassung des Existenzminimums von Kindern kommt es nach bisherigen Schätzungen für die unteren Altersgruppen (Regelbedarfsstufen 5 und 6) zu Regelsatzerhöhungen um bis zu 28 Euro. Mit der Einführung der Kindergrundsicherung entfällt der bis dahin zu gewährende Sofortzuschlag im Bundeskindergeldgesetz, SGB II, SGB XII und Asylbewerberleistungsgesetz.
  • Die Schnittstellen der Kindergrundsicherung zu bestehenden Leistungen werden möglichst friktionsarm ausgestaltet. Ca. 5,6 Millionen Kinder und Jugendlichen – davon 2,9 Millionen arme und armutsbedrohte Kinder darunter auch die 1,9 Millionen Kinder, die aktuell Bürgergeld beziehen – haben zukünftig einen Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag der Kindergrundsicherung. Bürgergeld kann bei individuellen erhöhten Bedarfen oder starken Einkommensschwankungen im Bewilligungszeitraum ergänzend bezogen werden. Wohngeld kann grundsätzlich (wie bisher beim Kinderzuschlag) neben dem Kinderzusatzbetrag der Kindergrundsicherung bezogen werden. Leistungen zur Ausbildungsförderung sind vorrangig zum Kinderzusatzbetrag der Kindergrundsicherung in Anspruch zu nehmen.
  • Die Anpassung des Kindergarantiebetrags erfolgt zukünftig für alle 18 Millionen leistungsberechtigten Kinder auf gesetzlicher Grundlage entsprechend der Freibeträge der Kinder.
  • Außerdem wird mit der Kindergrundsicherung die Rechtsposition der jungen Erwachsenen gestärkt: Für Volljährige soll es zukünftig einen eigenen Auszahlungsanspruch für den neuen Kindergarantiebetrag geben.
  • Die Kindergrundsicherung verbessert die Situation von Alleinerziehenden, indem die Anrechnung von Unterhaltseinkommen von Kindern in Höhe von 45 Prozent grundsätzlich eingeführt wird. Ab Vollendung des siebten Lebensjahres des Kindes ist für den Bezug des Unterhaltsvorschusses einschließlich der verminderten Anrechnung (nicht aber bei privaten Unterhaltsleistungen) ein Mindesteinkommen von 600 Euro nötig. Bei höheren privaten Unterhaltszahlungen greifen höhere Anrechnungsquoten (gestaffelt nach Höhe des Unterhaltseinkommens zwischen 45 und 75 Prozent).
  • Durch verschiedene Maßnahmen soll die Kindergrundsicherung unbürokratisch und bürgernah ausgestaltet und insbesondere auf einem digitalen und einfachen Antragsverfahren aufgebaut werden. Beantragungszeiten sollen dadurch deutlich reduziert werden. Damit wird sich auch die Inanspruchnahme der Leistung schrittweise erhöhen.
  • Insbesondere sollen mittels eines sogenannten „Kindergrundsicherungs-Checks“ Daten, die in Behörden bereits in elektronischer Form vorliegen, für die Vorprüfung des Anspruchs auf den Kinderzusatzbetrag verwendet werden und potentielle Anspruchsberechtigte zur Beantragung der Leistung angesprochen werden. Dies soll ebenfalls zu einer Steigerung der Inanspruchnahme beitragen. Der Staat wird somit zum Dienstleister und aus der Holschuld der Bürgerinnen und Bürger wird eine Bringschuld des Staates den Bürgerinnen und Bürger gegenüber.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 27.09.2023

„Nach Beschluss im Bundeskabinett hat die innerkoalitionäre Opposition – diesmal die SPD – das Gesetzgebungsverfahren um die sogenannte Kindergrundsicherung vorerst gestoppt. Was die Koalition hier seit Monaten abzieht, ist einfach sinnbildlich für den geringen Stellenwert, den Kinderarmut in der Koalition hat“, kommentiert Heidi Reichinnek, kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, den heutigen Kabinettsbeschluss zur Kindergrundsicherung. Reichinnek weiter:

„Kinderarmut muss endlich in die Geschichtsbücher verbannt werden. Das ist unser Maßstab im Gesetzgebungsverfahren. Mit dem aktuellen Stand der Kindergrundsicherung wird es keine flächendeckenden Änderungen am Stand der Kinderarmut geben. Zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteure haben hier gleichlautende Kritik wie die LINKE formuliert. Es droht sogar noch schlimmer zu werden: aktuell sieht es nach einer Verwaltungsreform mit Mehraufwand für Familien aus.

Das größte sozialpolitische Vorhaben der Bundesregierung scheint darauf hinauszulaufen, dass arme Familien künftig noch eine Behörde mehr abklappern müssen, um das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum für ihre Familie zugesprochen zu bekommen.

Die Bundesregierung muss zwischen dem ganzen Eigenlob auch mal Zeit finden, ihre eigenen Papiere zu lesen; denn wer sich mit dem Arbeitsstand auseinandersetzt, bleibt entsetzt zurück.”

Forderungen der LINKEN

  1. Die finanzielle Absicherung garantieren: DIE LINKE fordert eine armutsfeste Neuberechnung des Existenzminimums, damit arme Kinder und Jugendliche eine tatsächlich armutsfeste Kindergrundsicherung erhalten.
  2. Keinen Mehraufwand schaffen: Außerdem braucht es die Einrichtung von funktionierenden One-Stop-Governance-Strukturen, damit Familien zukünftig an nur einer Stelle alle monetären Leistungen klären können.
  3. Gesellschaftliche Teilhabe stärken: Armut darf nicht nur auf monetäre Fragen reduziert werden. Wir brauchen eine starke Struktur für gesellschaftliche Teilhabe und Bildung in den Lebenswelten der Familien und für junge Menschen. Deshalb fordern wir ein Bundesprogramm für den Ausbau von Angeboten für Kinder, Jugendliche und deren Familien in ihrem Wohnumfeld. Dafür braucht es Kinder-, Jugend und Familienzentren inklusive einer Stärkung der Jugendhilfe und selbstorganisierten Jugendverbandsarbeit.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 27.09.2023

bvkm verhindert erfolgreich massive Verschlechterung  

Die Bundesregierung hat gestern den Gesetzentwurf für die Kindergrundsicherung beschlossen. Der Beschluss greift eine Ausnahmeregelung für erwachsene Kinder mit Behinderung auf, die der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm) im Stellungnahmeverfahren zum vorangegangenen Referentenentwurf des Bundesfamilienministeriums gefordert hatte. Durch die neue Regelung ist sichergestellt, dass das Kindergeld – das künftig Kindergarantiebetrag heißen soll – den betroffenen Eltern weiterhin zugutekommt.

„Wir sind überglücklich, dass der Formulierungsvorschlag des bvkm in den Gesetzentwurf der Bundesregierung übernommen wurde“, zeigt sich Beate Bettenhausen, Vorsitzende des bvkm, erleichtert. „Die wichtige finanzielle Ausgleichsfunktion, die das Kindergeld für Eltern von erwachsenen Kindern mit Behinderung hat, bleibt dadurch erhalten.“

In seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf hatte der bvkm den geplanten neuen Auszahlungsanspruch kritisiert, der es künftig allen volljährigen Kindern ermöglicht hätte, die Auszahlung des Kindergarantiebetrages an sich selbst zu verlangen. Bei volljährigen Kindern mit Behinderung hätte diese Auszahlung dazu geführt, dass der Kindergarantiebetrag mit anderen Sozialleistungen, die Menschen mit Behinderung zustehen, verrechnet worden wäre. Die betroffenen Menschen mit Behinderung hätten also kein Mehr an Leistungen gehabt und bei den Eltern wäre der Kindergarantiebetrag gar nicht erst angekommen. Für die Eltern hätte das einen finanziellen Verlust von jährlich 3.000 Euro bedeutet.

„Zum Glück ist es uns gelungen, diese massive Verschlechterung für Eltern von erwachsenen Kindern mit Behinderung zu verhindern“, bekräftigt Beate Bettenhausen. „Volljährige Kinder mit Behinderung sind nun nach dem Kabinettsbeschluss zur Kindergrundsicherung vom neuen Auszahlungsanspruch ausgenommen. Damit ist sichergestellt, dass Eltern, die durch die Versorgung, Betreuung und Unterstützung ihrer erwachsenen Kinder finanziell belastet sind, weiterhin entsprechende Entlastung erfahren.“

Zum Hintergrund

Stellungnahme des bvkm zur Kindergrundsicherung: Die Stellungnahme des bvkm vom 6. September 2023 zum Referentenentwurf des Bundesfamilienministeriums ist auf der Internetseite www.bvkm.de veröffentlicht.

Weiterführende Informationen

Kindergeld für erwachsene Kinder mit Behinderung: Den Eltern eines behinderten Kindes kann auch nach Eintritt der Volljährigkeit ein Anspruch auf Kindergeld zustehen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Behinderung vor der Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten und das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Das ist der Fall, wenn das Kind nicht in der Lage ist, seinen gesamten notwendigen Lebensbedarf durch eigene Mittel, etwa Sozialleistungen oder eine Rente, zu decken. Liegen die genannten Voraussetzungen vor, wird für behinderte Kinder über das 18. Lebensjahr hinaus ohne Altersbeschränkung Kindergeld geleistet.

Quelle: Pressemitteilung Bundesverband für körper- und 
mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm) vom 28.09.2023

Nach der heutigen Verabschiedung der Kindergrundsicherung im Kabinett hält der Familienbund der Katholiken eine Verbesserung des Entwurfes im weiteren Gesetzgebungsverfahren für dringend erforderlich. Nachdem das Ziel der Leistungsverbesserungen für Familien weitgehend aufgegeben wurde, ist es fraglich, ob der Entwurf überhaupt das Mindestziel einer gelungenen Verwaltungsreform erreicht.

Der Präsident des Familienbundes der Katholiken, Ulrich Hoffmann, sieht das bisherige Ergebnis kritisch. „Ich sehe wenig Neues unter neuem Namen und keine wirkliche Situationsverbesserung für armutsbetroffene Kinder und Familien. Ich fürchte, dass der Gesetzentwurf in der Praxis nicht einhalten kann, was er verspricht. Für die Verbesserung der Chancen und Teilhabe aller Kinder sollte die Kindergrundsicherung die ‚umfassendste sozialpolitische Reform seit vielen Jahren‘ werden. Davon ist im bisherigen Entwurf wenig zu lesen. Hier fehlen maßgebliche Leistungsverbesserungen, eine echte Neuberechnung des Existenzminimums für Kinder, sowie eine niedrigere Abschmelzrate und eine Anhebung der Sätze in allen Altersgruppen beim Kinderzusatzbetrag. Bisher ist bei der Verwaltungsreform viel Umstellung, aber wenig Vereinfachung und teilweise sogar eine Verkomplizierung festzustellen. Denn Familien müssen weiterhin zu verschiedenen Behörden, um ihre Hilfeleistungen zu beantragen.“

Der Familienbund betont, dass es richtig ist, dass sich die Regierung eine bessere Unterstützung einkommensschwächerer Familien und eine Vereinfachung der familienpolitischen Leistungen vorgenommen hat. Ulrich Hoffmann ist aber nicht überzeugt, dass die Regierung bereits eine gute Lösung zur Erreichung dieser Ziele gefunden hat: „Im Moment besteht der Eindruck, dass eine umfangreiche Umetikettierung bisheriger Regelungen und größere Umstellungen auf der Verwaltungsebene vor allem dazu dienen, symbolische Veränderungen herbeizuführen und den eigentlich geringen Gehalt der Reform zu überdecken.“

Ausgehend vom zur Verfügung stehenden Finanzvolumen wünscht sich Ulrich Hoffmann weniger große Worte und mehr Pragmatismus: „Von rein begrifflichen Veränderungen können sich Familien nichts kaufen. Wahrscheinlich würde man für die Familien mehr erreichen, wenn man mit dem zur Verfügung stehenden Budget gezielt den bestehenden Kinderzuschlag verbessern würde. Hier könnte man die Voraussetzungen und das Antragsverfahren vereinfachen, den Zahlbetrag erhöhen und durch eine reduzierte Abschmelzrate dafür sorgen, dass erwerbstätige arme Familien von einem Zuverdienst mehr behalten können und dadurch in ihrer Selbstwirksamkeit gestärkt werden. Die zur Verfügung stehenden Mittel sind für eine echte Kindergrundsicherung zu wenig. Konzentriert auf den Kinderzuschlag ließe sich mit dem Geld aber viel für die Familien erreichen, die den dringendsten Bedarf haben.“

Da hinsichtlich des Ziels der Verwaltungsvereinfachung innerhalb der Regierung Einigkeit besteht, ruft Ulrich Hoffmann dazu auf, die plausibel vorgetragene Kritik der Länder und Kommunen ernst zu nehmen und gemeinsam an einer überzeugenden Lösung für Familien zu arbeiten: „Die Regierung sollte sich die für eine gute Umsetzung erforderliche Zeit nehmen, damit nicht neue Probleme geschaffen werden.“

Die vom Familienbund bereits in seiner ausführlichen Stellungnahme zum Referentenentwurf vorgebrachte Kritik finden sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 27.09.2023

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Neue NZFH-Studiendaten: Chancen gesund aufzuwachsen sind ungleich verteilt

Bei 78 Prozent der Säuglinge und Kleinkinder in Deutschland ist der Gesundheitszustand „sehr gut“ – so lautet das Ergebnis der repräsentativen Studie „Kinder in Deutschland 0-3 2022“ (KiD 0-3) des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (NZFH). Die neuen Daten zeigen aber auch: Die Chancen auf ein gesundes und entwicklungsförderliches Aufwachsen sind ungleich verteilt. Die Corona-Pandemie hat diese bestehenden Ungleichheiten weiter vertieft.

Der Gesundheitszustand von Kindern, die in einem armutsbelasteten Familienumfeld aufwachsen, ist im Vergleich nur bei 64 Prozent „sehr gut“. 21 Prozent der Kinder, deren Familien von Armut betroffen sind, sind überdies nicht altersgerecht entwickelt. Negative Effekte der Corona-Pandemie stellen Kinderärztinnen und -ärzte vor allem bei der sozialen und affektiven Entwicklung von Kleinkindern fest.

Die Studienergebnisse unterstreichen auch, wie wichtig die Angebote der Frühen Hilfen sind: 92 Prozent der Eltern, die von einer Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegenden oder einer Familienhebamme zu Hause begleitet wurden, bewerten das Angebot als „(sehr) hilfreich“.

Lisa Paus, Bundesfamilienministerin: „Die Studie KiD 0-3 liefert uns wertvolle repräsentative Daten zur Gesundheit und Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern in Deutschland und füllt damit eine Leerstelle. Dass das Aufwachsen in Armut die Entwicklung bereits von so kleinen Kindern nachweislich beeinträchtigt, ist nicht hinnehmbar. Diesen Trend hat die Pandemie nochmals verstärkt. Mit den Angeboten der Frühen Hilfen erreichen wir insbesondere Familien mit kleinen Kindern in prekären Lebensverhältnissen und können negativen Entwicklungen frühzeitig entgegenwirken. So kommen wir unserem Ziel näher, allen Kindern in Deutschland ein chancengerechtes und gesundes Aufwachsen zu ermöglichen.“

Mechthild Paul, Leiterin des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (NZFH): „Die Ergebnisse der Studie KiD 0-3 geben uns ein viel genaueres Bild davon, wie es Familien in Deutschland und vor allem in bestimmten Lebenssituationen geht. KiD 0-3 bekräftigt, dass Familien in Armutslagen den größten Unterstützungsbedarf haben. Bei ihnen kommen viele Belastungen zusammen und führen dazu, dass ihre Kinder von Anfang an viel geringere Chancen in allen Lebensbereichen haben. Mit diesen Daten können wir die Angebote noch bedarfsgerechter gestalten.“

Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. (BVKJ): „Familien mit Hilfebedarf sind gleichermaßen angewiesen auf ärztliche und sozialpädagogische Unterstützung. Je früher wir Familien in belasteten Lebenslagen passende Hilfsangebote machen können, desto besser sind die Chancen für ihre Kinder. Hier ist die gezielte Ansprache von Familien in unseren Praxen unverzichtbar. Dass Frühe Hilfen weiterhin verlässlich in zahlreichen kommunalen Netzwerken etabliert sind, dafür setzen wir uns mit vielen Partnern ein.“

Für die Studie wurden von April bis Dezember 2022 insgesamt 7.818 Mütter und Väter befragt. 258 Kinderärztinnen und Kinderärzte haben sich beteiligt. Die Erhebungen fanden im Rahmen der Früherkennungsuntersuchungen U3 bis U7a statt. Die Eltern gaben Auskünfte zu ihren Belastungen und vorhandenen Ressourcen sowie zur Inanspruchnahme und Bewertung von Unterstützungsangeboten. Parallel dazu füllten die Ärztinnen und Ärzte für jede teilnehmende Familie einen Dokumentationsbogen zur Gesundheit und Entwicklung des Kindes aus. Dieser Bogen wurde in enger Kooperation mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. (BVKJ) entwickelt.

Die Daten der Befragungen bilden eine wichtige Grundlage, um sowohl aus Elternsicht als auch aus kinderärztlicher Einschätzung die Situation von Familien mit kleinen Kindern in Deutschland nachzuzeichnen und ihren Unterstützungsbedarf zu ermitteln.

Ergebnisse und Informationen zur Studie stehen unter:

https://www.fruehehilfen.de/forschung-im-nzfh/praevalenz-und-versorgungsforschung/kid-0-3-repraesentativbefragung-2022/ausgewaehlte-ergebnisse

Nationales Zentrum Frühe Hilfen

Träger des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (NZFH) ist die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Kooperation mit dem Deutschen Jugendinstitut e. V. (DJI). Das NZFH wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Es unterstützt seit 2007 die Fachpraxis dabei, familiäre Belastungen und Ressourcen frühzeitig zu erkennen, qualitätsgesicherte bedarfsgerechte Angebote bereitzustellen und die Vernetzung der unterschiedlichen Berufsgruppen zu fördern.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 26.09.2023

Am 20. September 2023 ist Weltkindertag. An diesem Ehrentag für Kinder macht die SPD-Bundestagsfraktion darauf aufmerksam, dass wir auch in dieser Legislaturperiode spürbare Verbesserungen für Kinder, Jugendliche und ihre Familien erreicht haben. Darüber hinaus haben wir noch wichtige Projekte in Planung, mit denen wir Deutschland noch kinderfreundlicher machen wollen.

Leni Breymaier, familien- und kinderpolitische Sprecherin:

„Kinder und Jugendliche sind auch mit dem Ukrainekrieg konfrontiert. Die geflüchteten Kinder aus der Ukraine sitzen mit in den Klassenzimmern. Das verursacht schwer zu greifende Ängste. Mental Health Coaches können hier nicht nur konkret helfen, sondern auch wichtige Erkenntnisse zur Bewältigung solcher Ängste bringen. In der Corona-Pandemie haben gerade die Jüngsten in unserer Gesellschaft sich sehr zurückgenommen aus Solidarität mit den Älteren. Das waren und sind belastende Jahre für Kinder und Jugendliche. Darauf reagieren wir auch von Bundesseite. Mit Aufholpaketen, mehr Kindergeld, Kinderzuschlag, BAföG, Bürgergeld, Wohngeld und Investitionen in die Qualität von Kitas und Ganztagsangeboten in Grundschulen. Wir wollen Kindern ermöglichen, was sie verdient haben: eine unbeschwerte Kindheit.“

Sarah Lahrkamp, Kinderbeauftragte:

„Kinder und Jugendliche sind ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft und ihre Rechte müssen deshalb stärker berücksichtigt werden. Wir wollen die Kinderrechte im Grundgesetz verankern, deshalb starten wir einen weiteren Anlauf, dies umzusetzen. Ihre Belange und Interessen müssen in Zukunft auf allen Ebenen besser berücksichtigt werden. Mit einer Kindergrundsicherung wollen wir sie in Zukunft besser vor Armut schützen. Wir machen weiter Druck bei besten Bildungsangeboten von Anfang an, passgenauer Jugendarbeit, besseren Beteiligungsformaten und mehr Zeit für Familien. Besser geht immer.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 20.09.2023

Zum bundesweiten Bildungsprotesttag des Bündnisses „Bildungswende JETZT!“ am 23.09.2023 erklärt Nina Stahr, Sprecherin für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung:

Ob Lehrkräfte- und Erzieher*innenmangel, sinkende Basiskompetenzen bei Grundschulkindern, steigende Schulabbrecherquoten oder mangelhafte Schulinfrastruktur: Wir müssen unser Bildungssystem endlich zukunftsfest machen.

Wir begrüßen, dass sich über 180 zivilgesellschaftliche Organisationen zum Bündnis „Bildungswende JETZT!“ zusammengeschlossen haben und beim Bildungsprotesttag laut werden. Das ist wichtig, denn Bildungspolitik hat noch nicht auf allen politischen Ebenen die Priorität, die sie dringend braucht.

Damit aus der Bildungskrise keine Bildungskatastrophe wird, müssen wir die gesamtstaatlichen Ausgaben für Bildung und Forschung deutlich erhöhen. Gezielt dort zu fördern, wo Bedarf ist, muss dabei die Leitlinie sein. Mit dem Startchancen-Programm zur gezielten Förderung von Schulen in herausfordernden Lagen gehen Bund und Länder hierbei einen ersten wichtigen Schritt. Weitere müssen folgen. So brauchen wir endlich verlässliche Zusagen des Bundesfinanzministers für den Digitalpakt 2.0.

Die Expertise der Zivilgesellschaft muss bei allen bildungspolitischen Prozessen viel besser eingebunden werden. Das BMBF hat hierfür beim sogenannten „Bildungsgipfel“ eine große Chance verpasst.

Hierbei darf es nicht bleiben. Bund, Länder und Kommunen müssen ihre Hausaufgaben machen und eine gemeinsame Strategie mit gesamtstaatlichen Bildungszielen erarbeiten, unter enger Einbeziehung von Zivilgesellschaft und Wissenschaft.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 22.09.2023

Zur Einigung auf Eckpunkte zum Startchancen-Programm der gemeinsamen Verhandlungsgruppe aus BMBF und Ländern erklärt Nina Stahr, Sprecherin für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung:

Die Einigung der Verhandlungsgruppe von BMBF und Ländern auf Eckpunkte für das Startchancen-Programm ist ein Meilenstein.

Wir schaffen den größten, je dagewesenen Pakt zwischen Bund und Ländern, um die Bildungsgerechtigkeit in diesem Land gemeinsam zu verbessern. Damit setzen wir auch eine grüne Idee um, die den Ursprung in einem Bundesprogramm für benachteiligte Schulen hatte und schon in unserem Wahlprogramm stand. Noch nie gab es ein derart umfangreiches und langjähriges Projekt für Schulen in benachteiligen Quartieren zwischen Bund und Ländern.

Eine Milliarde Euro jährlich seitens des Bundes und eine Milliarde seitens der Länder werden nun über zehn Jahre gezielt in Schulen in herausfordernden Lagen investiert. Zusätzliche Mittel für multiprofessionelle Teams, ein für die Schulen vor Ort frei verfügbares Chancenbudget für die Schul- und Unterrichtsentwicklung und ein Investitionsprogramm für eine förderliche Lernumgebung werden gezielt dort unterstützen, wo Bedarf ist.

Der besondere Fokus des Programms auf Grundschulen ist ein wichtiger bündnisgrüner Verhandlungserfolg, denn angesichts abnehmender Basiskompetenzen bei Grundschulkindern, muss genau hier angesetzt werden.

Dass zumindest in der Programmsäule „Investitionsprogramm“ die Abkehr vom dysfunktionalen Königsteiner Schlüssel und der Einstieg in eine evidenzbasierte Mittelverteilung gelungen ist, ist wegweisend – auch für künftige Bund-Länder-Projekte.

Nun müssen noch die letzten Details geklärt werden, damit das Programm rechtzeitig zum Schuljahresstart 2024/25 an den Start gehen kann. Dabei ist nun auch entscheidend, dass alle sechzehn Bundesländer den Weg frei machen für einen echten Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 21.09.2023

Zur Einigung zwischen Bund und Ländern beim Startchancenprogramm erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Gyde Jensen:

„20 Milliarden Euro werden Bund und Länder über die nächsten zehn Jahre gemeinsam in die Bildungs- und Startchancen von Kindern investieren. Mit diesem Verhandlungsergebnis der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger lösen wir Freie Demokraten ein zentrales Versprechen ein, mit dem wir in diese Koalition eingetreten sind. Mit dem Startchancenprogramm füllen wir das Aufstiegsversprechen mit Leben und gehen einen riesigen Schritt, um die Bildungschancen von der sozialen Herkunft zu entkoppeln. Diesen Auftrag haben uns auch zahlreiche Studien in den vergangenen Monaten gegeben. Von Anfang an war klar, dass diese Aufgabe nur als gemeinsames und wissenschaftsbasiertes Projekt von Bund und Ländern gelingen kann. Das Startchancenprogramm beschreibt einen Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik. Entscheidend für die Mittelzuweisung ist ab sofort, wo die größten Bedarfe liegen. Die liegen dort, wo besonders viele Kinder leben, die aufgrund ihrer sozialen Herkunft oder aufgrund einer Migrationsgeschichte die größte Unterstützung brauchen. Die Einigung ist ein wichtiges Signal der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern und ein starkes Zeichen, dass wir politische Antworten auf die großen Herausforderungen im Bildungsbereich finden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 21.09.2023

„Über zehn Prozent Rückgang bei den Lehramtsabsolventinnen und -absolventen innerhalb von zehn Jahren – das ist krass, aber kaum überraschend. Wen wundert das angesichts von halb auseinanderfliegenden Schulen, Spitzenwerten bei Burnout-Statistiken, immer größer werdenden Klassen und gleichzeitig immer mehr Problemlagen bei den Kindern und Jugendlichen. Da schreit nun mal nicht jeder ‚juchhu, ich will Lehrkraft werden‘. Die pädagogische Profession hat aufgrund der miesen Arbeitsbedingungen einen entsprechenden Ruf. Hier sind in erster Linie die Länder, aber auch der Bund in der Pflicht, Schule als guten Lern- und Arbeitsort auszugestalten“, erklärt Nicole Gohlke, stellvertretende Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, anlässlich des morgigen Weltlehrertags und vor dem Hintergrund der heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zu Lehramtsabsolventinnen und -absolventen, Quereinsteigerinnen und -einsteigern. Gohlke weiter:

„Die Empfehlung an Lehrkräfte, mehr Yoga zu machen, ist zynisch und hilft auch nicht weiter. Wichtiger wären beispielsweise die Entlastung der Lehrkräfte von bürokratischen Aufgaben, Raum für mehr externe Schulentwicklungsberatung oder die Gleichstellung bei der Bezahlung von Lehrkräften unabhängig von Schulform und Schulstufe (A 13/E 13) bundesweit. Es braucht eine Ausbildungsoffensive. Die Studien- und Ausbildungsbedingungen müssen insgesamt verbessert und mit der Praxis verzahnt, die Qualität der Lehre gesteigert werden. Die Lehrerbildung darf nicht länger ein Sparmodell an den Hochschulen sein. Und wir brauchen schleunigst Strategien, um die Abbruchquoten bei Lehramtsstudierenden deutlich zu senken. Seiten- und Quereinsteigerinnen und -einsteiger, ohne die es nicht mehr geht, müssen besser qualifiziert, betreut und bezahlt werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 04.10.2023

„Statt anzupacken und die Probleme in den Griff zu kriegen, ist die Bundesregierung in ihren kulturkämpferischen Attitüden um die Erhaltung des Status quo der sozialen Spaltung in der Gesellschaft und im Bildungssystem bemüht. Es herrschen Druck und Ängste, Lehrkräfte am Rande der Belastbarkeit stehen vor unmotivierten und unkonzentrierten Kindern und Jugendlichen im Klassenraum, manch Schüler kommt ohne Frühstück in die Schule, andere klemmen sich den Unterricht ganz – wie kann die Bundesregierung die Augen so dermaßen vor diesen Zuständen verschließen“, erklärt Nicole Gohlke, Sprecherin für Bildung und Wissenschaft der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf das heute veröffentlichte Deutsche Schulbarometer. Nicole Gohlke weiter:

„DIE LINKE hat am Montag das umfassende Forderungspapier ,Entschlossen gegen den Bildungsnotstand‘ vorgelegt. Schulen müssen ,Wohlfühlorte‘ werden. Deswegen fordert die Linksfraktion im Bundestag in einem Antrag ein 100 Milliarden-Euro-Sondervermögen für Bildung zur Sanierung, Modernisierung und Unterstützung der Bildungseinrichtungen, um die Mangelwirtschaft zu beenden. Leistungsdruck und Angst müssen aus den Klassenzimmern verschwinden.

In der Bildungspolitik muss endlich radikal umgesteuert werden, sonst fährt das Schulsystem sehenden Auges gegen die Wand – auf Kosten aller Beteiligten.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 20.09.2023

Am 29. September 2023 hat der Bundesrat Änderungen im Passrecht zugestimmt, die der Bundestag im Juli verabschiedet hatte.

Dass Gesetz sieht insbesondere die Abschaffung des Kindereisepasses vor. An dessen Stelle kann ein elektronischer Reisepass mit längerer Gültigkeitsdauer beantragt werden, der für weltweite Reisen nutzbar ist. In begründeten Einzelfällen kommt – bei Anerkennung im Reisezielland – auch die Beantragung eines vorläufigen Reisepasses in Betracht, der in der Regel sofort ausgestellt werden kann.

Maßnahme gegen Kindesmissbrauch

Die Einführung eines neuen Passversagungsgrundes soll zudem Kindesmissbrauch im Ausland verhindern. Wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass Personen im Ausland Missbrauchshandlungen begehen würden, können die Behörden einen Pass versagen, den vorhandenen Pass entziehen oder die Ausreise untersagen.

Versand von Ausweisdokumenten

Behörden dürfen künftig Pässe, Personalausweise, elektronische Aufenthaltstitel und eID-Karten auf Wunsch – im Inland – per Post an die antragstellende Person versenden – damit entfällt die Notwendigkeit, das Dokument persönlich auf dem Amt abzuholen. Das Gesetz schafft die Grundlage für entsprechende Verordnungen.

Weniger Bürokratie

Insgesamt modernisiert das Gesetz Verwaltungsabläufe und reduziert den Aufwand für Pass-, Ausweis- und Ausländerbehörden sowie Bürgerinnen und Bürger. Laut Gesetzesbegründung soll es auch die Sicherheit und Integrität der Daten in Pässen, Personalausweisen und elektronischen Aufenthaltstiteln sichern und somit das Vertrauen in diese Dokumente aufrechterhalten.

Weitere Schritte

Nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens kann das Gesetz jetzt dem Bundespräsidenten zur Ausfertigung zugleitetet, danach im Bundesgesetzblatt verkündet werden und dann wie geplant zu wesentlichen Teilen am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.

Quelle: Beschluss Plenarsitzung des Bundesrates vom 29.09.2023

Deutschlandweit haben bisher 28.322 Schulen von den Fördermitteln des Digitalpakts Schule profitiert. Das geht aus einer Antwort (20/8382) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/8193) der CDU/CSU-Fraktion hervor. Ferner seien von den insgesamt zur Verfügung stehenden 6,5 Milliarden Euro des Digitalpaktes bereits rund 4,5 Milliarden Euro in konkreten Projekten in Schulen gebunden, schreibt die Bundesregierung.

Mit dem Digitalpakt Schule unterstützt der Bund die Länder und Kommunen bis zum Jahr 2024 bei der Digitalisierung des Bildungswesens. Wie es in der Antwort der Bundesregierung weiter heißt, seien die konkrete Ausgestaltung eines Digitalpakts 2.0 sowie eine mögliche Anschlussfinanzierung, Gegenstand laufender Abstimmungen zwischen der Bundesregierung und den Ländern.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 690 vom 26.09.2023

Die Bundesregierung weist die Kritik der Unionsfraktion zurück, dass junge Arbeitslose (unter 25 Jahre) künftig nicht mehr durch die Jobcenter, sondern durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) betreut werden sollen. Aus Sicht der Union geht dadurch die jahrelang aufgebaute Expertise der Jobcenter verloren und die Idee der Beratung aus einer Hand wird konterkariert. In ihrer Antwort (20/8368) auf eine Kleine Anfrage (20/8132) der CDU/CSU-Fraktion betont die Regierung, künftig solle allen das gleiche Unterstützungsangebot zur Verfügung gestellt und Doppelstrukturen beendet werden. Diese entstünden, weil bei der Betreuung durch die BA oder die Jobcenter danach unterschieden werde, ob junge Menschen oder ihre Eltern Bürgergeld beziehen oder nicht. Gleichzeitig leiste das Bundesministerium für Arbeit und Soziales damit seinen Beitrag zur Konsolidierung des Bundeshaushalts, der ab dem Jahr 2025 damit um 900 Millionen Euro entlastet werde, verteidigt sich die Regierung in der Antwort weiter.

Sie stellt darüber hinaus klar, dass auch in der Zuständigkeit der BA den jungen Arbeitslosen eine „umfassende“ Förderung zuteil werden soll, die konkreten Regelungen würden noch erarbeitet. Außerdem werde versucht, Mitarbeiter der Jobcenter für diese Beratungsleistung der BA zu gewinnen, so dass keine Expertise verloren gehe. Im Haushalt der BA seien ab 2025 Mehrausgaben von einer Milliarde Euro eingeplant, wie aus der Antwort weiter hervorgeht.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 685 vom 25.09.2023

Welche Auswirkungen die Zuwanderung auf die Sozialversicherungssysteme in Deutschland insgesamt hat, kann die Bundesregierung nicht im Detail beantworten. Das schreibt sie in ihrer Antwort (20/8270) auf eine Kleine Anfrage (20/8091) der CDU/CSU-Fraktion. Darin führt die Regierung unter anderem aus, dass es keine Zu- und Fortzugsstatistik gebe, die den Zuwanderungsgrund aufschlüssele. Die Union wollte unter anderem wissen, wie viele Menschen in den vergangenen 30 Jahren über das Merkmal Fachkräfteeinwanderung oder über ein Asylverfahren in den Statistiken der Sozialversicherung gelistet werden. Das Statistische Bundesamt (StBA) führe die amtliche Wanderungsstatistik, die im Sinne der Fragestellung die Fälle von Zuzügen nach Deutschland und Fortzügen aus Deutschland statistisch darstelle. Diese Statistik differenziere aber weder im Falle eines Zuzugs noch eines Fortzugs nach Zuwanderungsgründen oder Qualifikationsstatus, so die Regierung. Sie verweist aber ganz allgemein auf den tendenziell verjüngenden Effekt der Zuwanderung auf die Sozialsysteme: „Da Zuwanderung regelmäßig verjüngend auf die Bevölkerungsstruktur wirkt, kann sie in einer alternden Gesellschaft einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels leisten.“

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 684 vom 25.09.2023

Der Petitionsausschuss verlangt Verbesserungen für pflegende Angehörige bei der gesetzlichen Rente. Eine Petition, in der Entgeltpunkte bei der Rente für jene Pflegepersonen gefordert werden, die parallel eine Vollzeitbeschäftigung ausüben, soll daher nach dem Willen des Ausschusses mit dem zweithöchsten Votum „zur Erwägung“ dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales überweisen werden, „soweit es um Verbesserungen für pflegende Angehörige bei der gesetzlichen Rente geht“. Die entsprechende Beschlussempfehlung an den Bundestag verabschiedete der Ausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag einstimmig.

Die Petentin spricht in ihrer öffentlichen Eingabe (ID 122248) von einer Benachteiligung, wenn nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen, die regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbständig tätig sind, wegen der Pflege nicht versicherungspflichtig seien und keine Entgeltpunkte erhielten. Wer mehr arbeitet werde dafür nicht belohnt, kritisiert sie. Wenn ein Angehöriger als Pflegeperson zusätzlich zur Vollzeitbeschäftigung einen Angehörigen pflegt, muss aus ihrer Sicht diese zusätzliche Arbeit und Zeit auch bei der Rente in Form von Entgeltpunkten und Arbeitszeit anerkannt werden.

Der Petitionsausschuss verweist in der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung darauf, dass die Pflegeversicherung die Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung nach der grundlegenden Vorschrift des Paragraf 44 11. Buches Sozialgesetzbuch dann übernimmt, „wenn die Pflegeperson regelmäßig neben der Pflege nicht mehr als 30 Stunden in der Woche erwerbstätig ist“. Diese Vorschrift sei im Rentenrecht umgesetzt worden. Nach Paragraf 3 Satz 3 des 6. Buches Sozialgesetzbuch seien nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen, die neben der Pflege regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbständig tätig sind, wegen der Pflege nicht versicherungspflichtig, heißt es in der Vorlage.

Die rentenrechtliche Berücksichtigung von Pflegezeiten, so schreibt der Petitionsausschuss, stelle grundsätzlich keinen allgemeinen Nachteilsausgleich für besonders belastete Pflegepersonen dar. Vielmehr sollen damit ausschließlich Lücken in der Alterssicherung in pauschaler Form ausgeglichen werden, die durch Pflegetätigkeiten entstehen. Sie sei also für Pflegepersonen gedacht, „die wegen der Pflege ihre Erwerbstätigkeit so erheblich einschränken, dass sie neben einer finanziellen Einbuße auch deutliche Nachteile in ihrer Alterssicherung in Kauf nehmen müssen“.

Im Grundsatz halten die Abgeordneten der Vorlage zufolge die bestehende Regelung für sachgerecht. Der Petitionsausschuss unterstütze jedoch Möglichkeiten der Verbesserung für pflegende Angehörige und plädiere daher für die Erwägungsüberweisung, heißt es in der einstimmig verabschiedeten Beschlussempfehlung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 677 vom 21.09.2023

Die CDU/CSU-Fraktion spricht sich in einem Antrag (20/8406) gegen die geplante Absenkung der Verdienstgrenze beim Elterngeld aus. Die Bundesregierung plant, dass Paare mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von über 150.000 Euro keinen Anspruch mehr auf Elterngeld haben sollen. Bislang liegt die Verdienstgrenze bei 300.000 Euro.

Aus Sicht der Unionsfraktion trifft die Bundesregierung damit „vor allem auch Eltern, die diese Gesellschaft und das Sozialsystem tragen. Das sind nicht die Superreichen, sondern die, die sich mit Bildung, Fleiß und 40-Stundenwoche ein gutes Leben aufgebaut haben“. Für die Abgeordneten stellt die geplante Änderung zudem ein „katastrophales Signal dar, das sich gegen Kinder, die partnerschaftliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Chancengerechtigkeit von Männern und Frauen richtet“. Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf Angaben des IW Köln, nach denen sich die Einkommensverteilung bei den betroffenen Paaren so gestaltet, dass es häufig die Männer seien, die mehr verdienen als die Frauen. Die Absenkung der Verdienstgrenze würde dann laut Unionsfraktion dazu führen, dass die häufig weniger verdienenden Frauen vielfach die Kinderbetreuung wahrnehmen und die Männer zur Arbeit gehen werden, „nicht weil diese Paare das so wollen, sondern weil sie Miete, Heizung und Lebensmittel bezahlen müssen und weil sie rechnen können“.

Der Antrag soll am Donnerstag erstmalig im Plenum beraten werden, gemeinsam mit dem Entwurf der Bundesregierung für ein Haushaltsfinanzierungsgesetz (20/8298). Der Entwurf enthält die geplante Absenkung der Verdienstgrenze.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 672 vom 20.09.2023

Die Unionsfraktion fordert in einem Antrag (20/8399) ein umfassendes Maßnahmenpaket, um die Chancen von Kindern und deren Lebensbedingungen zu verbessern. Sie schreibt darin: „Kinder sollen unabhängig vom Geldbeutel und Bildungshintergrund ihrer Eltern oder der Zuwanderungsgeschichte ihrer Familie gerechte Chancen in unserer Gesellschaft erhalten. Wir setzen uns dafür ein, ihnen ein Umfeld zu schaffen, indem sie die Möglichkeit haben, ihr volles Potenzial zu entfalten – in erster Linie durch ein gut funktionierendes, ineinandergreifendes Bildungs- und Betreuungssystem.“

Die Union verweist weiter auf alarmierende Ergebnisse aktueller Bildungsstudien, die immer noch einen deutlichen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungsweg belegten. Außerdem hätten aktuelle Preisentwicklungen dazu beigetragen, Erfolge bei der Armutsbekämpfung wieder zunichte zu machen. Die Bundesregierung habe darauf bisher keine adäquaten Antworten gefunden, so der Vorwurf der Abgeordneten.

Sie fordern deshalb unter anderem eine Stärkung der Frühen Hilfen, damit Familien frühzeitig Zugang zum Hilfesystem und passgenaue Unterstützung lokaler Anbieter erhalten. Die Zahl von Familien steige, die Unterstützung benötigen, so die Union. Außerdem verlangt die Fraktion die Einführung einer bundesweit einheitlichen Diagnostik des Entwicklungsstands von Kindern, die Einführung einer verpflichtenden Vorschulförderung bei Förderbedarf und eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Kita und Grundschule.

Als Reaktion auf die von der Ampel-Regierung beschlossene Kindergrundsicherung macht sich auch die Unionsfraktion für eine andere finanzielle Unterstützung von Familien durch Kindergeld und Kinderzukunftsgeld stark: „Der Begriff des Kindergeldes und seine Ausgestaltung als Familienleistung sollen erhalten und die Leistung fortlaufend bedarfsgerecht angepasst werden. Die familienpolitischen Leistungen, die Kinder vor einer Armutsgefährdung schützen, sollen dagegen zu einem ‚Kinderzukunftsgeld‘ gebündelt werden. Zum Kinderzukunftsgeld gehören der Kinderzuschlag und Leistungen für Bildung und Teilhabe nach dem Sozialgesetzbuch II (Teilhabebetrag). Für Kinder, deren Familie Bürgergeld bezieht, sind Regelsatz und der Teilhabebetrag ebenfalls zusammenzuführen. Beim Teilhabebetrag sollen der Mitgliedsbeitrag für Vereine empirisch ermittelt und jährlich dynamisiert, tatsächliche Aufwendungen für Sportgeräte und Musikinstrumente und der für Kinder so wichtige Besuch von Schwimmkursen übernommen werden. Außerdem soll das Schulbedarfspaket mit dem Kinderzukunftsgeld automatisch zu Beginn des Schulhalbjahres allen Anspruchsberechtigten ausgezahlt werden.“

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 671 vom 20.09.2023

Für Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sind die Kürzungen im Haushaltsplan ihres Ministeriums für 2024 kein Grund zur Freude. Den ursprünglichen Regierungsansatz (knapp sechs Milliarden Euro) für den Einzelplan 17 habe man jedoch in den Verhandlungen mehr als verdoppeln können und das sei natürlich auch ein großer Erfolg, betonte Paus vor den Abgeordneten des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Mittwochvormittag. Sie verteidigte bei dieser Gelegenheit noch einmal ihre Pläne für die Kindergrundsicherung, die 2025 eingeführt werden soll. Auch wenn die dafür eingeplanten Mittel sehr deutlich unter ihren Vorstellungen lägen, sei es ein erster wichtiger Schritt, der für einzelne Gruppen zeitnah leichte materielle Verbesserungen bedeuten werde. „Vor allem aber wird es einfacher, Leistungen zu bekommen, sagte sie. Die AfD-Fraktion stellte klar, dass sie das Projekt der Kindergrundsicherung nicht unterstütze.

Kritisch äußerten sich die Fraktionen zu den Folgen der Kürzungen von rund 200 Millionen Euro gegenüber dem Haushalt für 2023. Die Unionsfraktion zielte dabei vor allem auf die Absenkung der Einkommensgrenze für den Bezug von Elterngeld (von 300.000 auf künftig 150.000 Euro Jahreseinkommen) ab. Sie fragte aber weiter, wie auch die SPD-Fraktion und Die Linke, kritisch nach, ob für den Bereich des Kinder- und Jugendplans weitere Kürzungen in den kommenden Jahren zu erwarten seien. Dies verneinte die Ministerin. Sehr große Sorge quer durch die Fraktionen lösten die Kürzungen bei den Freiwilligendiensten aus (25 Millionen Euro beim Freiwilligen Sozialen Jahr und 53 Millionen Euro beim Bundesfreiwilligendienst). Man wolle versuchen, in den Haushaltsberatungen noch Änderungen zu erreichen, betonte unter anderem die FDP-Fraktion. Ministerin Paus betonte, dass die laufenden Freiwilligen-Programme bis Sommer 2024 abgesichert seien. Die Linke kritisierte den Haushalt deutlich als “absolute Mangelverwaltung„, sämtliche Kürzungen seien eine Katastrophe.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 666 vom 20.09.2023

Um den Schutz geflüchteter Frauen und Mädchen in Deutschland geht es in der Antwort der Bundesregierung (20/8279) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (20/7836). Darin erkundigte sich die Fraktion unter anderem danach, ob nach Ansicht der Bundesregierung für alle Frauen in Asylverfahren standardmäßig Anhörerinnen vorgesehen werden sollten, um die Hürden für die Benennung geschlechtsspezifischer Fluchtgründe zu senken, und was sie gegebenenfalls diesbezüglich plant.

Wie die Bundesregierung dazu ausführt, beinhalten die EU-Asylverfahrensrichtlinie und das nationale Asylrecht keinen Rechtsanspruch auf die Bearbeitung des Asylverfahrens durch eine Person eines bestimmten Geschlechts. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) versuche jedoch stets im Einzelfall unter Berücksichtigung der vorhandenen Personalkapazitäten dem Anliegen von vulnerablen Personen nach Mitarbeitenden und Sprachmittelnden eines bestimmten Geschlechtes nachzukommen. Alle Entscheidenden im Bamf seien zudem verpflichtend im Modul der EU-Asylagentur „Interviewing Vulnerable Persons“ geschult. Eine darüberhinausgehende Verpflichtung, für alle weiblichen Antragstellenden standardmäßig Anhörerinnen einzusetzen, sei daher nicht geplant.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 662 vom 20.09.2023

Wie steht es um den Wohlstand der Bevölkerung? Wie zufrieden ist die Bevölkerung? Wie zufrieden Menschen mit ihrem Leben tatsächlich sind, hängt nicht nur vom Gesundheitszustand oder vom Einkommen ab, sondern auch von anderen demografischen Merkmalen. In seiner ersten Ausgabe untersucht der „BiB.Monitor Wohlbefinden“, inwieweit die Lebenszufriedenheit mit der familiären Situation, der Bildung, der Zuwanderungsgeschichte, Umzugs- und Pendelerfahrungen oder der Entfernung zur älteren Generation zusammenhängt. Dabei wird nicht nur die durchschnittliche Zufriedenheit betrachtet, sondern auch auf die Ränder der „Zufriedenheitsverteilung“ geschaut.

ALLEINERZIEHENDE SIND HÄUFIGER UNZUFRIEDEN

Menschen, die einen Partner bzw. eine Partnerin oder Kinder haben, sind tendenziell zufriedener mit ihrer Lebenssituation. Es ist allerdings besonders auffällig, dass sich unter Alleinerziehenden ein hoher Anteil wenig Zufriedener findet. Während nur rund ein Drittel der Befragten, die mit einem Partner oder einer Partnerin und Kindern zusammenleben, wenig zufrieden ist, ist dieser Anteil in Ein-Eltern-Haushalten fast doppelt so hoch (57 %).

„Einsamkeit und bei Singles mit Kindern auch die besonderen Herausforderungen, sich ohne Partner oder Partnerin im Haushalt um Kinder zu kümmern, gehen mit einer geringeren Lebenszufriedenheit einher. Der Anteil von Singles mit Kindern hat in den letzten Jahrzehnten immer weiter zugenommen. Hier herrscht ein ganz großer Unterstützungsbedarf vor, um ihr Wohlbefinden zu steigern, da dieses auch die Kinder beeinflussen kann“, sagt C. Katharina Spieß, Direktorin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB).

ZUGEWANDERTE BESONDERS ZUFRIEDEN – IM GEGENSATZ ZU IHREN HIER GEBORENEN KINDERN

Personen mit eigener Zuwanderungserfahrung, die sogenannte „erste Generation“, geben mit einem Durchschnittswert von 6,8 auf einer Skala von 0 bis 10 eine recht hohe Lebenszufriedenheit an. Die Kinder der Zugewanderten, die sogenannte „zweite Generation“, sind dagegen etwas weniger zufrieden (6,5), obwohl sie im Hinblick auf Bildungsabschlüsse und Einkommen tendenziell erfolgreicher sind als ihre Eltern.

„Vermutlich vergleichen Zugewanderte der ersten Generation ihr Leben eher mit der Situation im Herkunftsland, während die zweite Generation ihr Leben häufiger im Vergleich zu Personen ohne Migrationshintergrund bewertet. Sie ist dadurch stärker für bestehende Unterschiede zu diesen sensibilisiert“, erläutert C. Katharina Spieß.

RÄUMLICHE ENTFERNUNG ZWISCHEN DEN GENERATIONEN BEEINFLUSST LEBENSZUFRIEDENHEIT

Das subjektive Wohlbefinden ist direkt und indirekt von der Elterngeneration geprägt. So wirkt sich der Bildungsabschluss der Eltern nicht nur auf die bildungsbezogenen Chancen ihrer Kinder aus, sondern auch auf das Wohlbefinden. Erwachsene Kinder von Eltern ohne Hochschulabschluss geben häufiger an, weniger zufrieden zu sein.

Auch die Distanz zum Elternhaus spielt eine Rolle für das Wohlbefinden der erwachsenen Kinder. Die größte Zufriedenheit berichten diejenigen, die bis zu einer Stunde Fahrzeit mit dem Auto entfernt von den Eltern wohnen.

PENDELN WIRKT SICH NEGATIV AUF ZUFRIEDENHEIT AUS

Liegt der Arbeitsplatz weiter vom Wohnort entfernt, müssen Pendeln und Umzug gegeneinander abgewogen werden. Lange tägliche Arbeitswege können einen Stressfaktor darstellen, der die Lebenszufriedenheit verringert. Laut BiB.Monitor Wohlbefinden berichten Personen mit langen täglichen Arbeitswegen eine geringere Lebenszufriedenheit. Berufliche Umzüge hingegen stehen mit einem Anstieg der Lebenszufriedenheit in Zusammenhang (26 % sehr Zufriedene vs. 17 % bei Personen ohne Umzug).

„Seit der Coronazeit, aus der die Daten der Erhebung stammen, ist Homeoffice weiter verbreitet und bietet eine Alternative zum täglichen Pendeln. Wenn lange Pendelstrecken entfallen, kann sich das letztlich positiv auf die Lebenszufriedenheit auswirken“, sagt Nico Stawarz, Forscher am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB).

Der BiB.Monitor Wohlbefinden erscheint einmal im Jahr und startet 2023 mit seiner ersten Ausgabe, in der verschiedene demografische Gruppen analysiert werden. Die Forschenden des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) nutzen zur Analyse des Wohlbefindens primär Daten des familiendemografischen Panels FreDA. Darüber hinaus werden für einige Analysen die Daten des Surveys on Health and Retirement in Europe, kurz SHARE, verwendet. Mehr Infos unter www.bib.bund.de/wohlbefinden

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 05.10.2023

Psychische Gesundheit in Deutschland hat sich in den vergangenen 20 Jahren verbessert, büßte während Rezessionen aber erheblich ein – Deutliche Unterschiede bestehen zwischen Männern und Frauen sowie zwischen Menschen in Ost- und Westdeutschland

Die psychische Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland hat sich von 2002 bis 2020 ähnlich wie die Wirtschaftsleistung entwickelt: Sie verbesserte sich in den vergangenen 20 Jahren und erlitt Einbrüche nach der Finanzkrise 2009 und zu Beginn der Corona-Pandemie 2020. Neben wirtschaftlichen Entwicklungen spiegeln sich soziale Ungleichheiten in der psychischen Gesundheit wider: Sie unterscheidet sich nach Geschlecht, Wohnort, Hochschulabschluss und Migrationshintergrund. Dies sind die Kernergebnisse einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Anlässlich des Welttags für psychische Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 10. Oktober untersuchten DIW-Wissenschaftler*innen, wie sich die psychische Gesundheit in Deutschland entwickelt hat. Sie nutzten dafür Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP).

Psychische Gesundheit von Frauen verschlechtert sich in Pandemie

Frauen hatten über den gesamten Zeitraum eine deutlich schlechtere psychische Gesundheit als Männer. Der Abstand zwischen den Geschlechtern hatte sich bis 2018 zwar leicht verringert, mit der Pandemie kehrte sich diese Entwicklung jedoch wieder um. „Dies liegt möglicherweise an der sogenannten Retraditionalisierung der Geschlechterrollen. Frauen haben in der Pandemie wieder mehr Haus- und Sorgearbeit übernommen und waren dadurch in der Krise vermehrt belastet“, erklärt Studienautor Daniel Graeber vom SOEP.

Auch nach Wohnort gibt es erhebliche Unterschiede: Menschen in Ostdeutschland haben auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung eine schlechtere psychische Gesundheit als jene in Westdeutschland. Die positive Nachricht: Der Abstand hat sich von 2002 bis 2020 merklich verringert. „Wir sehen hier einen echten Aufholtrend“, meint Graeber.

Die psychische Gesundheit unterscheidet sich ebenfalls nach Abschluss und Migrationshintergrund: Akademiker*innen verfügen über eine bessere psychische Gesundheit als Menschen ohne Hochschulabschluss, Menschen ohne Migrationshintergrund stehen etwas besser da als jene mit Migrationshintergrund.

„Die Unterschiede entlang entscheidender Merkmale zeigen, dass sich soziale Ungleichheiten auch in der psychischen Gesundheit widerspiegeln. Normativ ist das problematisch“, so Graeber. Das häufig beschriebene soziale Gefälle der physischen Gesundheit zeigt sich auch in der psychischen Gesundheit.

Psychische Gesundheit und Wirtschaft müssen nach diesen Ergebnissen zusammengedacht werden. „Wirtschaftliche Abschwünge wie der aktuelle verschlechtern im Schnitt die psychische Gesundheit der Bevölkerung – nicht nur direkt durch Arbeitslosigkeit, sondern auch indirekt dadurch, dass Menschen sich vermehrt Sorgen machen. Dies ist ein Befund, der noch stärker bei politischen Entscheidungen berücksichtigt werden muss“, so Graeber. So könnte beispielsweise der Zugang zu Unterstützungsmaßnahmen im Zweifel erleichtert werden, um Risiken für die psychische Gesundheit zu mindern.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 05.10.2023

Die hohe Inflation, steigende Zinsen sowie eine schwache Auslandsnachfrage haben die wirtschaftliche Entwicklung gedämpft. Die Zahl der Arbeitslosen wird um 190.000 in 2023 und um 60.000 Personen in 2024 zunehmen. Das geht aus der am Freitag veröffentlichten IAB-Prognose für die Jahre 2023 und 2024 hervor. Die Jobchancen von Arbeitslosen sind derzeit so niedrig wie zu Corona-Zeiten. Entsprechend liegt die Langzeitarbeitslosigkeit deutlich über dem Vor-Corona-Niveau.

Insgesamt erwarten die Forschenden für 2023 einen Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um -0,6 Prozent, für 2024 ein Wachstum von 1,1 Prozent. Die Erholung setzt voraus, dass die Inflation deutlich sinkt. „Der Wirtschaftsabschwung hat sich in Deutschland festgesetzt. Das macht sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar, gemessen an der schwachen Konjunktur hält er sich aber vergleichsweise gut“, erläutert Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“. 

Im Jahresdurchschnitt 2023 dürfte die Zahl der Erwerbstätigen laut IAB-Prognose trotz des aktuellen Dämpfers um 310.000 Personen höher liegen als noch im Vorjahr. Für 2024 wird mit einem nochmaligen Anstieg um 160.000 Personen gerechnet. Ebenfalls ansteigen wird laut Prognose die Zahl sozialversicherungspflichtig beschäftigter Personen. Aufgrund der schwachen Wirtschaftsentwicklung und der Knappheit an Arbeitskräften rechnet das IAB für 2023 mit einem vergleichsweise geringen Anstieg von 250.000 Personen auf 34,76 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Im Vergleich zu 2022 reduziert sich der Beschäftigungszuwachs um mehr als die Hälfte. Mit der wirtschaftlichen Erholung wird zwar auch der Aufwärtstrend wieder stärker zur Geltung kommen. Wegen einer relativ schwachen Startposition aus dem laufenden Jahr ergibt die Prognose für 2024 aber nur ein Wachstum von 130.000 auf dann 34,89 Millionen Personen.

Den höchsten Beschäftigungszuwachs mit jeweils 100.000 zusätzlichen Stellen im Jahr 2023 und 60.000 Stellen im darauffolgenden Jahr erwarten die Forschenden in den Bereichen Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit. In der Land- und Forstwirtschaft sowie im Baugewerbe rechnet das IAB mit leichten Rückgängen.

Das Erwerbspersonenpotenzial dürfte 2023 um rund 410.000 kräftig wachsen. Für das Jahr 2024 ist mit einem weiteren Wachstum von 90.000 Personen zu rechnen.

„Die Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung steht angesichts der konjunkturellen Schwäche, tiefgreifender Transformationen und der Arbeitskräfteknappheit vor großen Herausforderungen. Es braucht daher ein umfassendes Transformationsprogramm“, erklärt IAB-Ökonom Weber. Dabei gehe es um Investitionsförderung, Infrastruktur, Kompetenzentwicklung und Datenpolitik, ebenso wie um eine umfassende Fachkräftesicherung.

Die IAB-Prognose ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2023/kb2023-18.pdf. Ein begleitendes Interview zur Prognose finden Sie hier: https://www.iab-forum.de/der-wirtschaftsabschwung-hat-sich-in-deutschland-festgesetzt.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) 
vom 22.09.2023

StoryMap der Statistischen Ämter zeigt regionale Veränderungen zwischen 1997 und 2022 basierend auf Daten aus dem Mikrozensus

Im Jahr 2022 waren in Deutschland etwa 7 von 10 Müttern mit Kindern unter 18 Jahren erwerbstätig. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, stieg der Anteil erwerbstätiger Frauen mit minderjährigen Kindern seit 1997 von 58 % auf 69 %. Gleichzeitig haben sich regionale Unterschiede in diesen 25 Jahren deutlich verringert: Die Erwerbstätigenquoten der Mütter in West- und Norddeutschland näherten sich den nach wie vor höheren Quoten der Mütter in Ost- und Süddeutschland an. 

So gingen im Jahr 2022 in den westdeutschen Bundesländern (Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland) 66 % und in Norddeutschland (Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein) 68 % der Mütter mit minderjährigen Kindern einer Erwerbstätigkeit nach. In Süddeutschland (Bayern, Baden-Württemberg) lag die Erwerbstätigenquote bei 70 % und in den ostdeutschen Bundesländern (Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) bei 76 %. 

Im Jahr 1997 waren die regionalen Unterschiede noch weitaus deutlicher: In den westdeutschen Bundesländern war damals nur die Hälfte (50 %) der Frauen mit Kindern unter 18 Jahren erwerbstätig, in Norddeutschland lag die Quote bei 55 % und in Süddeutschland bei 60 %. In Ostdeutschland gingen dagegen 69 % der Mütter minderjähriger Kinder einer Erwerbstätigkeit nach – und damit bereits im Jahr 1997 so viele wie im bundesweiten Durchschnitt des Jahres 2022. 

Interaktives Kartenangebot bietet regional tief gegliederte Ergebnisse zum Thema „Familie und Erwerbstätigkeit“

Diese und weitere Ergebnisse haben die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder in einer neuen StoryMap zum Thema „Familie und Erwerbstätigkeit“ veröffentlicht. Die StoryMap visualisiert in interaktiven Karten und Infografiken ausgewählte Ergebnisse aus dem Mikrozensus zur Veränderung der Familienstrukturen sowie der Erwerbstätigen- und Vollzeitquote von Müttern und Vätern im Zeitraum 1997 bis 2022. 

Die Kartendarstellungen geben neben den deutschlandweiten Werten Auskunft über regionale Ergebnisse auf Ebene der 96 Raumordnungsregionen. Regionale Trends sind aufgrund der Farbgebung direkt erkennbar, die Werte für einzelne Regionen lassen sich gezielt auswählen. Schieberegler ermöglichen auf allen Karten den dynamischen Wechsel zwischen den Ergebnissen aus 2022 und 1997 und machen den strukturellen Wandel im Zeitverlauf einfach nachvollziehbar.

Die StoryMap lässt sich in Sozialen Medien oder per E-Mail teilen. Alle Ergebnisse stehen zudem als Microsoft-Excel-Datei zum Download bereit. Weiterführende Informationen zur Methodik sind auf der StoryMap verlinkt. 

Zu finden ist die neue StoryMap im Internet unter https://storymap-familie-erwerbstaetigkeit.statistikportal.de 

Methodische Hinweise:

Die Daten basieren auf Ergebnissen aus dem Mikrozensus 2022 (Erstergebnisse) und 1997. Der Mikrozensus wurde 2020 neu gestaltet. Ausführliche Informationen zu den Änderungen sowie den Auswirkungen der Neugestaltung sind auf der eigens eingerichteten Themenseite im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes verfügbar. 

Erfasst werden Mütter und Väter im Alter von 15 bis 64 Jahren mit mindestens einem im Haushalt lebenden minderjährigen Kind (in Hauptwohnsitzhaushalten). Der Berechnung der Erwerbstätigenquoten liegt das Konzept der realisierten Erwerbstätigkeit zugrunde: Personen, die ihr Erwerbsverhältnis aufgrund von Mutterschutz oder Elternzeit unterbrechen, werden als (zeitweise) nicht erwerbstätig behandelt. Personen, die ihre Erwerbstätigkeit etwa aufgrund von Krankheit oder Urlaub zum Erhebungszeitpunkt nicht aktiv ausüben, sind dagegen in der Zahl der Erwerbstätigen enthalten. 

Raumordnungsregionen stellen das Beobachtungs- und Analyseraster der Bundesraumordnung dar. Räumliche Basiseinheiten dieser Regionen sind kreisfreie Städte und Landkreise, um den Bezug auf die Regionalstatistik zu sichern. 

Weitere Informationen:

Daten zur unterschiedlichen Erwerbs- und Einkommenssituation von Männern und Frauen sowie der geschlechterspezifischen Verteilung von Sorgearbeit enthält die Themenseite „Gleichstellungsindikatoren“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes. Sie bietet einen Überblick zu Stand und Entwicklung der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 02.10.2023

  • Bevölkerungsvorausberechnung zeigt unterschiedliche Entwicklungen in westdeutschen und ostdeutschen Ländern (ohne Berlin)
  • Seit 2017 ziehen mehr Menschen aus dem Westen in den Osten als umgekehrt
  • Zuwanderung aus dem Ausland erfolgt überwiegend in westdeutsche Länder
  • Bevölkerung im Osten wächst seit 2017 allein in den Großstädten, im Westen auch in kleineren Orten und auf dem Land

Die Zahl der Menschen im Erwerbsalter wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten vor allem im Osten Deutschlands abnehmen – trotz Zuwanderung. Zum Jahresende 2022 lebten 51,4 Millionen Menschen im Alter von 18 bis 64 Jahren in Deutschland, davon 7,2 Millionen in den ostdeutschen Ländern. In den nächsten 20 Jahren wird deren Zahl in Ostdeutschland um mindestens 560 000 (-8 %) bis 1,2 Millionen Menschen (-16 %) zurückgehen. Bis zum Jahr 2070 ist hier mit einem Rückgang um mindestens 830 000 Menschen und maximal um 2,1 Millionen Personen in dieser Altersgruppe zu rechnen. Dies teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung anlässlich des Tages der Deutschen Einheit mit. Wie stark der Rückgang tatsächlich ausfällt, hängt vor allem vom künftigen Ausmaß der Zuwanderung aus dem Ausland ab.

In Westdeutschland könnte die Zahl der Menschen im Erwerbsalter bei weiterhin hoher Zuwanderung bis 2043 relativ gesehen nur leicht sinken – um 680 000 Personen (-2 %). Bei geringer Zuwanderung würde sie um 4,7 Millionen Menschen (-11 %) zurückgehen. In Berlin ist bei hoher Zuwanderung in den nächsten 20 Jahren eine Zunahme um bis zu 14 % von knapp 2,4 Millionen auf 2,75 Millionen 18- bis 64-Jährige möglich, bei niedriger Zuwanderung ein leichter Rückgang um 1 %.

Ein Grund für die unterschiedliche Entwicklung sind regionale Unterschiede in der Altersstruktur der Bevölkerung. „Die gegenwärtige Altersstruktur in Ostdeutschland ist noch immer durch den Geburteneinbruch nach der Deutschen Vereinigung und die verhältnismäßig starke Abwanderung der letzten Jahrzehnte geprägt“, erklärt Bettina Sommer, Expertin für Bevölkerungsentwicklung im Statistischen Bundesamt. „Selbst bei vergleichsweise hoher Zuwanderung, wie wir sie aktuell beobachten, können die damit verbundenen Verluste im Hinblick auf die künftige Entwicklung der Bevölkerung im Erwerbsalter nicht kompensiert werden.“

Der Zuwanderung kommt mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung auch deshalb in Ost und West eine ähnlich große Rolle zu, weil länderübergreifend mehr Menschen sterben als geboren werden. Die Geburtenraten haben sich angeglichen und sind in Ostdeutschland (1,43 Kinder je Frau im Jahr 2022) derzeit geringfügig niedriger als in Westdeutschland (1,48 Kinder je Frau).

Seit 2017 ziehen mehr Menschen aus dem Westen in den Osten als umgekehrt

Die Abwanderung aus den ostdeutschen Bundesländern gen Westen hat neben dem Rückgang der Geburten und der im Vergleich zu den westdeutschen Ländern geringeren Zuwanderung aus dem Ausland nach 1991 jahrelang zu einem Schrumpfen sowie zur Alterung der Bevölkerung in Ostdeutschland beigetragen. In den letzten Jahren ist jedoch bei innerdeutschen Umzügen eine Veränderung zu beobachten. So ziehen seit 2017 durchgängig mehr Menschen von Westdeutschland in die ostdeutschen Länder als umgekehrt – und zwar überwiegend Personen im Erwerbsalter. Im Jahr 2022 waren 77 % der aus dem Westen in den Osten Zugezogenen zwischen 18 und 64 Jahre alt, 33 % waren zwischen 18 und 29 Jahre alt.

Zuwanderung aus dem Ausland erfolgt größtenteils in westdeutsche Bundesländer

Der geringe Bevölkerungsverlust im Westen Deutschlands durch die Abwanderung gen Osten wird allerdings durch die Zuwanderung aus dem Ausland mehr als kompensiert. Diese erfolgt nach wie vor größtenteils in die westdeutschen Länder. Von 1991 bis 2022 ist die Bevölkerung in Ostdeutschland (ohne Berlin) durch Zuwanderung aus dem Ausland über alle Altersgruppen hinweg um rund 1,2 Millionen Menschen gewachsen. Die Nettozuwanderung aus dem Ausland in die westdeutschen Länder war im selben Zeitraum mit knapp 8,9 Millionen Menschen rund acht Mal so groß. Nach Berlin betrug sie 0,7 Millionen Menschen.

Der Anteil der ausländischen Bevölkerung ist im Osten deutlich kleiner als im Westen. In den ostdeutschen Ländern stellten ausländische Staatsangehörige Ende 2022 gut 7 % (910 000) der Bevölkerung, in den westdeutschen knapp 16 % (10,6 Millionen).

Zahl der 18- bis 64-Jährigen in Ostdeutschland in den letzten fünf Jahren um 3 % gesunken

Die schneller vorangeschrittene Alterung in Ostdeutschland seit 1991 ist eine Ursache für den künftig zu erwartenden Rückgang der Bevölkerung im Erwerbsalter. Auch in den letzten fünf Jahren hat sich diese Entwicklung gezeigt: Von 2017 bis 2022 ging die Zahl der 18- bis 64-Jährigen in den ostdeutschen Ländern um gut 3 % auf 7,2 Millionen zurück. Dagegen nahm die Zahl der Menschen in der Altersgruppe 65plus um knapp 6 % auf 3,4 Millionen zu. In den westdeutschen Bundesländern blieb die Zahl der Menschen im Erwerbsalter dagegen im selben Zeitraum nahezu gleich. In Berlin wuchs sie um gut 3 % auf 2,4 Millionen.

Bevölkerung nahm in Ostdeutschland in den letzten fünf Jahren allein in Großstädten zu, in Westdeutschland auch in kleineren Städten und auf dem Land

Abgesehen vom durch den Zuzug aus der Ukraine geprägten Ausnahmejahr 2022 war die Bevölkerung in den ostdeutschen Bundesländern seit 2017 weiter rückläufig, während sie in Westdeutschland leicht wuchs. Ausnahmen bilden hier die Großstädte. In den ostdeutschen Großstädten wuchs die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner von 2017 bis 2022 um 2,6 % – und damit stärker als in westdeutschen Großstädten (+1,8 %). In mittleren und kleinen Städten sowie in Landgemeinden ging sie im selben Zeitraum allerdings eher zurück.

Dass es vor allem jüngere Menschen in die Großstädte zieht, macht sich bei der Entwicklung des Durchschnittsalters bemerkbar. Während dieses von 2017 bis 2022 in den Großstädten in Ost und West gleichermaßen eher stabil blieb, stieg es in mittleren und kleineren Städten sowie auf dem Land an. Insgesamt ist das Durchschnittsalter in Ostdeutschland mit 47,2 Jahren im Jahr 2022 allerdings höher als in den westdeutschen Bundesländern (44,2 Jahre) und in Berlin (42,4 Jahre).

Methodische Hinweise:

Für die Angaben zur künftigen Bevölkerungsentwicklung wurden Ergebnisse der Bevölkerungsfortschreibung des Jahres 2022 und Ergebnisse der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Jahres 2043 miteinander verglichen. Das eigentliche Basisjahr der Vorausberechnung war 2021. Die Ergebnisse „bei geringer Zuwanderung“ entsprechen Variante 1, diejenigen bei „moderater Zuwanderung“ Variante 2 und die „bei hoher Zuwanderung“ Variante 3 der Vorausberechnung. Weitere Informationen zu Annahmen und Ergebnissen gibt es auf der Themenseite „Bevölkerungsvorausberechnung“.

Die dargestellten Bevölkerungszahlen für 2017 bis 2022 sind auf Basis des Zensus 2011 fortgeschrieben.

Bei den Gemeindetypen handelt es sich um ein räumliches Abgrenzungskonzept des BBSR, welches sich an der Bevölkerungszahl der Gemeinden und ihrer zentralörtlichen Funktion orientiert:

  • Großstädte sind Gemeinden mit mindestens 100 000 Einwohnern. Sie haben in der Regel eine oberzentrale Funktion – mindestens jedoch eine mittelzentrale Funktion inne.
  • Mittelstädte sind Gemeinden mit 20 000 bis unter 100 000 Einwohnern. Sie haben überwiegend eine mittelzentrale Funktion.
  • Kleinstädte sind Gemeinden mit 5000 bis unter 20 000 Einwohnern oder Gemeinden mit einer mindestens grundzentralen Funktion.
  • Landgemeinden sind Gemeinden mit unter 5000 Einwohnern ohne eine grundzentrale oder höhere Funktion.

Detaillierte Informationen zu den Gemeindetypen finden Sie auf der Internetseite des BBSR.

Weitere Informationen:

Weitere Analysen zur Bevölkerungsentwicklung in Städten und Umland finden Sie auf unserer Themenseite Großstadtregionen im Wandel.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 29.09.2023

    • 2,1 % mehr Kinder unter drei Jahren in Tagesbetreuung als im Vorjahr
    • Erstmals mehr als 60 000 Kindertageseinrichtungen in Deutschland
    • Zahl der Tageseltern sinkt im dritten Jahr in Folge

Die Zahl der Kinder unter drei Jahren in Kindertagesbetreuung ist zum 1. März 2023 gegenüber dem Vorjahr um rund 17 900 auf insgesamt 856 600 Kinder gestiegen. Damit waren 2,1 % mehr unter Dreijährige in Kindertagesbetreuung als am 1. März 2022. Der Zuwachs fiel etwas schwächer aus als im Vorjahr (2022: +28 800 oder +3,6 % auf 838 700 Kinder). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, lag die Betreuungsquote am Stichtag bundesweit bei 36,4 % (2022: 35,5 %). Beim Personal gab es in den Kindertageseinrichtungen einen Zuwachs um 3,2 % gegenüber dem Vorjahr, während die Zahl der Tagesmütter oder -väter um 1,5 % zurückging.

Bei der Betreuungsquote handelt es sich um den Anteil der in Kindertageseinrichtungen (zum Beispiel Kindertagesstätte) oder in öffentlich geförderter Kindertagespflege (zum Beispiel öffentlich geförderter Betreuungsplatz bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater) betreuten unter Dreijährigen an allen Kindern dieser Altersgruppe.

In Ostdeutschland ist mehr als die Hälfte der unter Dreijährigen in Tagesbetreuung, in Westdeutschland knapp ein Drittel

In den ostdeutschen Bundesländern (einschließlich Berlin) waren zum Stichtag 1. März 2023 durchschnittlich mehr als die Hälfte aller Kinder unter drei Jahren in einer Tagesbetreuung (54,2 %). In Westdeutschland war die Betreuungsquote mit 32,7 % nach wie vor deutlich niedriger als im Osten. Bundesweit hatten Mecklenburg-Vorpommern (59,2 %), Sachsen-Anhalt (59,0 %) und Brandenburg (57,6 %) die höchsten Betreuungsquoten. Unter den westdeutschen Bundesländern erreichte Hamburg mit 50,3 % die höchste Quote, mit deutlichem Abstand gefolgt von Schleswig-Holstein (38,3 %) und Niedersachsen (34,9 %). Bundesweit am niedrigsten waren die Betreuungsquoten in Bremen (30,7 %) sowie Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen (beide 31,0 %).

1,2 % mehr Kindertageseinrichtungen, jedoch 1,5 % weniger Tageseltern als im Vorjahr

Am 1. März 2023 gab es bundesweit 60 045 Kindertageseinrichtungen. Das waren 722 Einrichtungen mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres (+1,2 %). Die Zahl der dort als pädagogisches Personal oder als Leitungs- und Verwaltungspersonal beschäftigten Personen stieg um 23 000 oder 3,2 % auf 753 900. Demgegenüber sank die Zahl der Tagesmütter und -väter im dritten Jahr in Folge, und zwar um 631 auf 41 233 (-1,5 %).

Methodische Hinweise:

Die Daten aus den Statistiken der Kinder und tätigen Personen in Kindertageseinrichtungen und in öffentlich geförderter Kindertagespflege sowie in Großtagespflegestellen spiegeln nicht in jedem Fall das tatsächliche Betreuungsverhalten am 1. März 2023 wider. Hier wurden alle Kinder angegeben, die am Stichtag ein Betreuungsverhältnis hatten, unabhängig davon, ob diese am Stichtag betreut wurden oder keine Betreuung stattfand. Beim Personal wurden alle Personen berücksichtigt, die am Stichtag in einem gültigen Arbeitsverhältnis tätig waren.

Weitere Informationen:

Weitere Informationen bietet die Themenseite „Kindertagesbetreuung“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes. Basisdaten zur Kindertagesbetreuung in Deutschland sind zudem über die Tabellen Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen (22541)Kinder und tätige Personen in Kindertagespflege (22543) und Personen in Großtagespflegestellen und betreute Kinder (22545) in der Datenbank GENESIS-Online verfügbar. Das Angebot zu Statistiken der Kindertagesbetreuung in der Datenbank GENESIS-Online wurde in diesem Jahr umfangreich erweitert und bildet nun noch mehr Merkmale und Merkmalskombinationen ab.

Auf Basis der Ergebnisse der Statistiken der Kindertagesbetreuung, des Mikrozensus sowie der Bevölkerungsstatistik berechnet das Statistische Bundesamt seit 2009 auch eine Betreuungsquote von Kindern unter 6 Jahren mit und ohne Migrationshintergrund nach Bundesländern. Die migrationsspezifischen Betreuungsquoten beschreiben für Kinder unter 6 Jahren den Anteil von Kindern mit beziehungsweise ohne Migrationshintergrund in Kindertagesbetreuung an allen Kindern mit beziehungsweise ohne Migrationshintergrund in der Bevölkerung. Die Erhebung des Mikrozensus wurde in den vergangenen Jahren neu konzipiert und seit 2020 wird der integrierte Mikrozensus erhoben. Daten zur migrationsspezifischen Betreuungsquote auf Grundlage des neuen Mikrozensus sind nunmehr für die Jahre 2021 und 2022 veröffentlicht. Die entsprechenden Online-Tabellen sind auf der Themenseite „Kindertagesbetreuung“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes ebenso verfügbar wie ausführliche Informationen zur Neuregelung des Mikrozensus.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 27.09.2023

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

19 Tage verbleiben von heute an bis zum Bewerbungsschluss (10. Oktober 2023) des Deutschen Kinder- und Jugendhilfepreises – Hermine-Albers-Preis – 2024. Gesucht werden bis dahin noch beim Praxispreis innovative Praxisangebote zum Thema „Ökologische Nachhaltigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe“, die zeigen wie sich die Einrichtungen selbst ökologisch nachhaltig ausrichten (z. B. beim Energiesparen oder verändertem Konsumverhalten) und/oder welche pädagogischen Angebote sie zum Thema haben. Mit der Ausschreibung des Praxispreises 2024 werden alle Akteur*innen in der Kinder- und Jugendhilfe angesprochen. In den Handlungsfeldern Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, erzieherischer Kinder- und Jugendschutz, Förderung der Erziehung in der Familie (Frühe Hilfen, Familienbildung, Erziehungs- und Trennungsberatung), Kindertagesbetreuung, Hilfe zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche, Hilfe für junge Volljährige werden verschiedenste pädagogische Angebote zum Thema ökologische Nachhaltigkeit entwickelt. Diese nehmen deren unterschiedlichen Themenkomplexe in den Blick, die sich nicht nur auf Deutschland beziehen, sondern auch auf die globalen Auswirkungen der Klimakrise (u. a. die sich verstärkenden Fluchtbewegungen aus dem Globalen Süden).

Außer dem Praxispreis sind auch der Medienpreis (nur für Journalist*innen) und der Theorie- und Wissenschaftspreis ohne Themenbindung ausgeschrieben. Die Ausschreibung zu allen drei Kategorien des Hermine-Albers-Preises finden Sie unter: www.agj.de/fileadmin/files/jugendhilfepreis/DJHP2024/230306layout2_faltblatt_djhp_2024_final.pdf

Pro Kategorie können ein Preisgeld in Höhe von 4.000 Euro und ein Anerkennungsbetrag von 1.000 Euro vergeben werden. Stifter des Deutschen Kinder- und Jugendhilfepreises sind die Obersten Jugend- und Familienbehörden der Länder. Bewerbungen sind bis zum 10. Oktober 2023 online möglich unter www.agj.de/djhp/bewerbungsformular.html

Für Fragen rund um den Deutschen Kinder- und Jugendhilfepreis kontaktieren Sie bitte die Presse- und Öffentlichkeitsreferentin der AGJ, Sabine Kummetat, unter jugendhilfepreis@agj.de oder telefonisch unter (030) 400 40 219.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ vom 21.09.2023

Die neue Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigt eine alarmierende Zunahme demokratiefeindlicher Haltungen. Dazu erklärt Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt: 

 

„Die Ergebnisse der Mitte-Studie sind nicht überraschend, weil sie absehbar waren. Seit Jahren warnt die demokratische Zivilgesellschaft entschieden vor der wachsenden Gefahr von rechts, ohne, dass politische Entscheider*innen diese Warnungen genügend ernst genommen und entsprechend reagiert haben. Stattdessen wird von einigen politischen Akteurinnen und Akteuren für mediales Interesse mit rechten Haltungen kokettiert, werden rassistische und protofaschistische Überzeugungen zur Grundlage vermeintlich rationaler Politikentscheidungen und vordergründig einfacher Lösungen. Wer die AfD durch Zusammenarbeit salonfähig macht, wer normalisiert, über nützliche und schlechte Geflüchtete zu sprechen, wer schulterzuckend die Armut von Kindern hinnimmt und eine Politik zugunsten einiger Weniger macht, während mehr und mehr Menschen den Anschluss verlieren – der muss sich direkt für diese Entwicklung mit verantworten. Es werden zurzeit rote Linien überschritten. Diese Grenzüberschreitungen werfen verstärkt die Frage auf: wird die Bedrohung von rechts ernst genug genommen?“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 21.09.2023

„Jedes Kind braucht eine Zukunft“ ist dieses Jahr das Motto des heutigen Weltkindertages. „Natürlich brauchen Kinder Fürsorge, Bildung, Schutz und Stärkung, damit sie ihren Weg in eine gute Zukunft gehen können. Vor allem aber gilt: Unsere Zukunft braucht jedes Kind. Deshalb ist es zukunftsvergessen, im Bundeshaushalt tiefe Einschnitte gerade da vorzunehmen, wo es um die Förderung von Kindern und Jugendlichen geht,“ kommentiert Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa vor dem Hintergrund der Einspardebatten um den Haushalt des Bundesfamilienministeriums und am Tag einer größeren Mobilisierung gegen die Kürzungspläne.

Folgen der Pandemie, Krieg, Klimaangst

Viele Kinder und Jugendliche leiden massiv unter den Folgen der Pandemie, etwa, weil sie während der Lockdowns nicht ordentlich Lesen lernen konnten, weil sie dauerhaft den Anschluss in der Schule verloren oder den Start ins Berufsleben verpasst haben, weil Furcht vor Viren und Klimaangst sie in Depressionen stürzten, oder weil sich die Eltern vor lauter Existenzängsten nicht kümmern konnten. Zusätzlich sind sie belastet durch den Krieg in der Ukraine und die Erfahrungen steigender Gewaltbereitschaft im unmittelbaren Umfeld. Gerade bei Angeboten, die diese Probleme adressieren, soll gekürzt werden – etwa bei der Jugendsozialarbeit und den Frühen Hilfen. „Hier wird Hilfe verwehrt, die für junge Menschen Hoffnung und Perspektive bedeuten könnte“, so Welskop-Deffaa.

„Mit den drastischen Kürzungen bei Familienferienstätten und bei der Müttergenesung steht zu befürchten, dass unverzichtbare Entlastungs-Angebote wegbrechen. Gerade für Ein-Eltern-Familien oder Familien mit vielen Kindern ginge damit ein Angebot verloren, dessen Bedeutung als Kraftquelle und Mutmach-Oase unbestritten ist,“ betont die Caritas-Präsidentin.

Sparkurs der Bundesregierung ist kurzsichtig

„Wir dürfen junge Menschen und Familien nicht allein lassen. Die Kurzsichtigkeit des Sparkurses der Bundesregierung gefährdet das Netz der sozialen Infrastruktur für Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf“, kritisiert Welskop-Deffaa.

Die geplanten Einsparungen betreffen viele Beratungs- und Unterstützungsangebote: So sollen z.B. die Zuwendungen an die Bundesstiftung Frühe Hilfen um rund 10 Prozent gekürzt werden. Das trifft Schwangere, Kleinkinder und ihre Eltern in belasteten Lebenssituationen. Gerade in Ostdeutschland sind die Träger dringend auf Zuschüsse aus der Bundesstiftung angewiesen. „Frühe Hilfen“ bieten Familien mit Kindern von 0 bis 3 Jahren Beratung und Unterstützung und spielen eine wichtige Rolle beim Kinderschutz. Zu den Angeboten der „Frühen Hilfen“ gehören Familienhebammen, ehrenamtliche Familienpatinnen, Babylotsinnen und Besuchsdienste in Geburtskliniken.

Auch im Bereich der Jugendsozialarbeit haben die geplanten Haushaltspläne bittere Auswirkungen: Die Kürzungen im Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) um rund 20 Prozent bedeuten, dass z.B. das erfolgreiche Programm der Respekt Coaches beendet werden muss, und dass die gerade zu Schuljahresbeginn begonnene Arbeit der Mental Health Coaches an Schulen bereits nach diesem Schuljahr endet. Auch die Jugendmigrationsdienste haben keine sichere Perspektive.

„Genauso wie die fatalen Kürzungen bei den Jugendfreiwilligendiensten gehen all diese Einschnitte zulasten der Orientierungsmöglichkeiten von Heranwachsenden in einer immer unübersichtlicheren Welt,“ so Welskop-Deffaa.

Mehr Informationen

Unter dem Motto „Kürzt uns nicht weg“ demonstrieren heute Dutzende Sozialverbände und Organisationen in Berlin gegen die geplanten Haushaltskürzungen im Bereich Kinder, Jugend, Familie und Engagement. Die Mittel im sogenannten Kinder- und Jugendplan sollen laut Haushaltsplanung gegenüber 2023 um etwa ein Fünftel gekürzt werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 20.09.2023

Mit Blick auf die Arbeitsmarktzahlen sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, am Freitag in Berlin:

„Ein klares Signal an die Bundesregierung: Bei den Jobcentern kann nicht gespart werden, wenn Perspektiven für Arbeitssuchende schlechter werden. Wenn Arbeitgeber sich bei Neueinstellungen stärker zurückhalten, bleiben mehr Menschen ohne Job und landen in Langzeitarbeitslosigkeit. Das betrifft in Deutschland bald eine Million Menschen. 

Wenn die Bundesregierung wirklich an ihrem Plan festhält, die Mittel für die Jobcenter um 700 Millionen Euro zu kürzen, heißt das für all diejenigen, die künftig ihren Job verlieren, ab sofort: weniger Hilfe, weniger Weiterbildung, und damit weniger Aussicht, auf dem Arbeitsmarkt schnell wieder Fuß zu fassen. Je länger jemand arbeitslos ist, desto schwerer fällt es, eine neue Beschäftigung zu finden. Arbeitslosigkeit macht in vielen Fällen einsam und krank. 

Betroffene brauchen deshalb verlässliche Unterstützung, damit sie dem Arbeitsmarkt nicht dauerhaft verloren gehen. Sparpläne für die Förderung passen nicht zu steigenden Arbeitslosenzahlen und erst recht passen sie nicht zu den ständigen Klagen über fehlende Fach- und Arbeitskräfte.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 29.09.2023

Die EU hat nach langjährigem Ringen die Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt im Juni 2023 ratifiziert. Sie ist am 1. Oktober 2023 in Kraft getreten. „Dies ist ein historischer Schritt und ein wichtiges Signal. Gewalt gegen Frauen ist eine Menschenrechtsverletzung, die alle EU-Mitgliedstaaten mit Priorität bekämpfen müssen.“, erklärt Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb).

EU-weit hat seit dem 15. Lebensjahr etwa jede dritte Frau körperliche und/oder sexualisierte Gewalt erfahren. Jede zwanzigste Frau wurde vergewaltigt, jede fünfte gestalkt und jede zweite Frau hat eine oder mehrere Formen der sexuellen Belästigung erfahren. Die Istanbul-Konvention bietet der EU mit ihrem ganzheitlichen Konzept nun ein wichtiges politisches und rechtliches Instrument für das Ziel, gewaltbetroffenen Frauen in der EU diskriminierungsfrei mit effektiven, opferschonenden und barrierearmen präventiven, strafrechtlichen, ineinandergreifenden politischen sowie Gewaltschutzmaßnahmen einen umfassenden Schutz zu gewähren.

„Das klare Bekenntnis der EU ist nach dem Backlash der vergangenen Jahre dringend notwendig. Kein EU-Mitgliedsstaat darf den individuellen Schutz von Frauen und LGBTQIA* unter dem Deckmantel des Familienschutzes unterwandern.“, betont die Vorsitzende der Strafrechtskommission Dilken Çelebi. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Schritt der EU eine positive Kehrtwende in der Prävention und Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt durch die Mitgliedstaaten markiert und noch weitere Mitgliedstaaten der EU und des Europarats mit einer Ratifizierung der Konvention folgen werden.

Auch für die EU darf es nicht der letzte Schritt bleiben. Weitere Initiativen sind unerlässlich für einen einheitlichen EU-weiten Mindestschutz vor den schwersten sowie vor neueren Formen geschlechtsspezifischer Gewalt wie der digitalen Gewalt gegen Frauen. Der djb unterstützt daher auch die derzeitige Arbeit an der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.  

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 04.10.2023

Schulklassen und Kitagruppen in ganz Deutschland waren zwei Wochen lang aufgerufen, selbstständig zu Fuß, mit dem Roller oder dem Fahrrad zur Schule und zum Kindergarten zu kommen. Die vom ökologischen Verkehrsclub VCD und dem Deutschen Kinderhilfswerk (DKHW) gemeinsam mit dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) organisierten Aktionstage waren wieder ein voller Erfolg.

 

Jeden September sind bei den Aktionstagen „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ Kinder, Erzieher*innen, Lehrkräfte und Eltern dazu aufgerufen, den Weg zu den Bildungseinrichtungen umweltschonend und sicher ohne Auto zurückzulegen. Auch dieses Jahr freuen sich das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW), der ökologische Verkehrsclub VCD und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) über eine rege Beteiligung an den Aktionstagen. Mit verschiedenen Projekten konnte gezeigt werden, dass es Alternativen zum Elterntaxi gibt, die einen sicheren Schulweg ermöglichen. Denn diese sorgen im ganzen Land für Verkehrschaos und Unfälle, viele Kinder fühlen sich unsicher mit der Verkehrsbelastung vor ihren Schulen. Schön also, dass die Alternative so einfach sein kann: Wenn wir alle zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Roller zur Schule kommen, löst sich der Stau in Luft auf!

 

Die an den Aktionstagen teilnehmenden Schulen und Kindergärten haben sich auch in diesem Jahr wieder viele kreative Aktionen einfallen lassen. Die besten Projektideen zeichnen die Verbände mit Bewegungssets und Spielen aus. Der erste Platz geht an die städtische Kita „Purzelbaum“ in Oestrich-Winkel (Hessen). Den Kindern standen täglich Mitmach-Angebote frei, beispielsweise eine Bastelaktion für das Fahrrad oder ein Fahrzeugtag, an dem der Fahrradbeauftragte der Stadt die Kinder besuchte. Gut angenommen wurde auch die Aktion, den Parkplatz vor der Kita zum Hindernisparcours und zum großen Straßenmalplatz zu machen. Den zweiten Platz belegt die Grundschule am Vierrutenberg in Berlin-Reinickendorf. Dort wurde während der Aktionstage ein Laufbus zur Schule über eine gesperrte Straße organisiert, es gab eine Stempelaktion über gelaufene und geradelte Kilometer und eine Ausstellung zum Thema „Mein Schulweg“. Der dritte Platz geht an die Marienschule Ochtrup (Nordrhein-Westfalen). Hier wurde von der Kinderkonferenz der Schule ein Erklärvideo erstellt, das Lehrkräfte, Eltern, Erziehungsberechtigte und die Kinder der Schule über die Aktionstage sowie die Weiterführung des Projekts informiert.

 

Kerstin Haarmann, VCD-Bundesvorsitzende: „Unsere Aktionstage zeigen, dass wir uns im Verkehr an den Kleinsten orientieren müssen! Mehr Rücksicht und die Durchsetzung bestehender Verkehrsregeln sind Pflicht und kommen uns allen zugute. Und darüber hinaus muss viel mehr getan werden, damit unsere Kinder sicher und selbstständig mobil sein können. Tempo 30 innerorts, kindgerechte Fuß- und Radwege und nachhaltige Mobilitätsbildung sind Bausteine für eine bessere Mobilität und Teilhabe!“

 

Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes: „Es ist immer wieder sehr beeindruckend zu sehen, dass Kinder eine sehr gute Einschätzung davon haben, was sie für einen sicheren Weg zur Schule oder in die Kita brauchen. Zum Beispiel weniger chaotische Zustände vor den Eingängen, indem auf das Elterntaxi verzichtet wird. Hier können viele Eltern noch so einiges von ihren Kindern lernen und sich an ihnen ein Beispiel nehmen: Indem endlich die allmorgendlichen Autokarawanen der Vergangenheit angehören.“

 

Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des VBE: „Die Aktionstage zeigen jedes Jahr eindrucksvoll, wie Kinder sich einen idealen Schulweg vorstellen. Sie sind bereit, auf Bequemlichkeit zu verzichten und haben Spaß an der Bewegung und der sozialen Interaktion mit Gleichaltrigen. Wir erhoffen uns, dass viele dieser Projekte so erfolgreich waren, dass sie auch nach den Aktionstagen fortgeführt werden und den Kindern und Jugendlichen so eine eigenständige und sichere Mobilität ermöglichen. Zentral dafür ist, dass die Eltern das Gefühl haben, dass ihre Kinder sicher sind. Dass dem oft nicht so ist, bestätigte unsere jüngst veröffentlichte repräsentative Umfrage. Das zeigt: Politik und Verwaltung müssen Hand in Hand arbeiten, um Schulwege sicherer zu gestalten.“

 

Die Umfrage, die von forsa durchgeführt wurde, finden Sie hier. Zudem haben die drei Verbände ihre Positionen in einem gemeinsamen Forderungspapier festgehalten.

 

Das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW), der ökologische Verkehrsclub VCD und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) haben vom 18. bis zum 29. September 2023 Schulen und Kindertageseinrichtungen in ganz Deutschland zur Teilnahme an den Aktionstagen „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ aufgerufen. Auf der Webseite www.zu-fuss-zur-schule.de können auch nach den Aktionstagen Aktions- und Spielideen eingesehen, konkrete Tipps heruntergeladen sowie Materialien bestellt werden. Die Aktionstage stehen unter der Schirmherrschaft der Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Katharina Günther-Wünsch. Botschafterin der Aktionstage „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ ist die Fernsehmoderatorin Enie van de Meiklokjes.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V., Verkehrsclub Deutschland e.V. und Verband Bildung und Erziehung e.V. vom 29.09.2023

Weltkindertag 2023: UNICEF und Deutsches Kinderhilfswerk schaffen Kindern eine kreative Bühne für eine bessere Zukunft

Das Deutsche Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland rufen zum heutigen Weltkindertag Politik und Gesellschaft dazu auf, sich mit Unterstützung der jungen Generation lautstark für die Verwirklichung der Kinderrechte einzusetzen und ihre Bedeutung für eine gute und gerechte Zukunft für alle hervorzuheben! Heute jung zu sein bedeutet, täglich mit Krisen, Unsicherheit und Zukunftssorgen konfrontiert zu sein. Zur Halbzeit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung ist es deshalb umso wichtiger, das globale Versprechen einzuhalten, kein Kind zurückzulassen.

Vor dem Bundeskanzleramt in Berlin forderten die beiden Organisationen heute in Anwesenheit von Bundesfamilienministerin Lisa Paus, zahlreichen Kindern und Jugendlichen sowie der Band Glasperlenspiel ein stärkeres politisches Engagement von Staat und Gesellschaft für eine bessere Zukunft junger Menschen.

Eine Schulklasse der Löcknitz-Grundschule aus Berlin präsentierte dabei einen Kinderrechte-Song, dessen Text sie gemeinsam mit Glasperlenspiel zur Melodie des Hits „Geiles Leben“ umgeschrieben hatten. Den Song nutzten die Kinder, um mit einer gemeinsamen Stimme auf ihre Anliegen und Forderungen aufmerksam zu machen. Zudem formulierten Kinder und Jugendliche des Kinder- und Jugendbeirats des Deutschen Kinderhilfswerkes und des UNICEF-JuniorBeirats ihre Gedanken zu Zukunftsthemen wie Bildung, Teilhabe und der Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz.

Bundesjugendministerin Lisa Paus: „Kinder und Jugendliche wachsen heute in belastenden Zeiten auf. Umso wichtiger ist es, ihre Probleme zu lindern, ihnen eine Stimme zu geben und dass sie mitentscheiden – vor allem wenn es um ihre Zukunft geht! Ich gratuliere allen Kindern und Jugendlichen herzlich zum Weltkindertag – mit der Botschaft: Mischt euch ein, pocht auf eure Rechte und gestaltet die Zukunft mit! Eure Perspektiven und Ideen sind in der alternden Gesellschaft unverzichtbar.

Als Bundesfamilienministerin streite ich für die UN-Kinderrechte: Alle Kinder verdienen besondere Aufmerksamkeit, Schutz und Förderung auf dem Weg ins Erwachsenenleben. Ist ein Land kinderfreundlich, tut das der ganzen Gesellschaft gut. Deshalb bin überzeugt: Um hier voranzukommen, sollten die Kinderrechte auch in unserem Grundgesetz festgeschrieben werden.

Und schon jetzt schaffen wir mit der Kindergrundsicherung einen Weg, endlich die vielfache Kinderarmut in Deutschland grundlegend zu bekämpfen. Armut hindert die Jüngsten daran, zuversichtlich ins Leben zu starten. Wir wollen ein Sicherheitsnetz für Familien aufspannen. Alle Leistungen, auf die junge Menschen ein Recht haben, sollen unkompliziert ankommen. Davon können in Deutschland Millionen Kinder und Jugendliche profitieren.“

Marisol Ferreira Lopes (18), Mitglied des UNICEF-JuniorBeirats: „Der Zugang zu Bildung ist für so viele Kinder weltweit noch immer ein unerfüllter Traum! Ich wünsche mir für die Zukunft, dass sich die globale Bildungssituation verbessert, indem die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Kinder weltweit sicher lernen können.“

Gloria Dargatz (18), Mitglied des UNICEF-JuniorBeirats: „Wir, die junge Generation, sind die Zukunft dieses Landes. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren und brauchen starke Rechte – jetzt! Nur so können uns Schutz und Mitspracherecht garantiert werden. Wir fordern daher: Kinderrechte ins Grundgesetz!“

Ella Gottschling (18), Mitglied des UNICEF-JuniorBeirats: „Jedes Kind hat Rechte – egal mit welchen Voraussetzungen es auf die Welt kommt. Gemeinsam muss dafür gesorgt werden, dass eine bestmögliche Grundlage für Förderung und Teilhabe geschaffen wird, damit alle Kinder die Chance auf eine gute und gerechte Zukunft haben.“

Jonte Mai (16), Mitglied im Kinder- und Jugendbeirat des Deutschen Kinderhilfswerkes: „Damit alle Kinder in Deutschland eine gute Zukunft haben, muss unsere Mitbestimmung gestärkt werden. Wir sind aktive Mitglieder der Gesellschaft – warum also werden wir von Wahlen ausgeschlossen? Die Zukunft unseres Landes hängt von uns ab. Gebt uns eine Chance, diese mitzugestalten!“

Ella-Marie Hönemann (13), Mitglied im Kinder- und Jugendbeirat des Deutschen Kinderhilfswerkes: „Die Politik sollte Kinder und Jugendliche stärker in ihre Entscheidungsfindung integrieren, beispielsweise beim Thema Umweltschutz. Dazu braucht es eine gemeinsame Gesprächsebene, bei der wir uns auf Augenhöhe treffen müssen. Und zwar so schnell wie möglich, denn es geht um unsere Zukunft.“

Sophie Koxholt (16), Mitglied im Kinder- und Jugendbeirat des Deutschen Kinderhilfswerkes: „Gerechte Chancen sind die Grundlange dafür, dass jedes Kind eine gute Zukunft haben kann. Alle Kinder sollten die Möglichkeit haben, ihre Ziele zu erreichen – egal, wo sie herkommen oder in welcher Familie sie aufwachsen.“

Georg Graf Waldersee, Vorstandsvorsitzender UNICEF Deutschland: „Die Situation der Kinder im Blick gibt die Halbzeit der Agenda 2030 Anlass zur Sorge. Viele Fortschritte weltweit sind ins Stocken geraten. Immer noch gibt es in Deutschland zu viele Kinder, deren Rechte nicht ausreichend berücksichtigt werden. Gemeinsam mit Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und der jungen Generation selbst müssen wir dafür sorgen, dass die Kinderrechte stärker in den Mittelpunkt unseres Handelns rücken – mit dem Augenmerk auf besonders benachteiligte Kinder. Nur wenn alle Kinder angemessen geschützt, gefördert und beteiligt werden und Chancen auf ein gutes Aufwachsen haben, können die nachhaltigen Entwicklungsziele Realität werden. Es gibt viele gute Beispiele, die zeigen, dass Kinder und Jugendliche ihre Zukunft durch eigene Ideen gestalten können.“

Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes: „In Sonntagsreden werden der jungen Generation vielerlei Versprechungen gemacht, im Alltag müssen wir dann insbesondere in der politischen Debatte in Deutschland eine geradezu sträfliche Vernachlässigung ihrer Belange wahrnehmen. Kinderinteressen werden systematisch ausgeblendet, obwohl sie als ein vorrangiger Gesichtspunkt ins Zentrum politischer Überlegungen und praktischen Handelns gehören. Dafür braucht es dringend die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz, eine konsequente Politik zur Überwindung der Kinderarmut in Deutschland sowie eine mehr als deutliche Stärkung der demokratischen Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen.“

Bundesweite Aktionen zum Weltkindertag

Zum Weltkindertag am 20. September finden bundesweit zahlreiche Demonstrationen, Feste und andere Veranstaltungen statt, die auf die Situation der Kinder und Jugendlichen aufmerksam machen und ihre Anliegen und Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen.

UNICEF Deutschland lädt Kinder jeden Alters und ihre Familien in vielen Städten und Gemeinden dazu ein, an kreativen Mitmach-Aktionen teilzunehmen. Sie können ihren Teil zu einem Kinderrechte-Puzzle beitragen oder mit bunten Kreidebildern auf Straßen, auf Bürgersteigen und in Garageneinfahrten ihre Sorgen, Wünsche, Ideen und Vorstellungen für eine bessere Zukunft für Kinder zum Ausdruck bringen.

Um den Forderungen der jungen Generation Nachdruck zu verleihen, können Eltern, Nachbar*innen und Passant*innen Fotos der kreativen Erzeugnisse der Kinder unter dem Aktions-Hashtag #wiestarkwäredasdenn in den Sozialen Medien posten. Alle Beiträge der Kinder werden auch auf www.unicef.de/weltkindertag veröffentlicht. Dort gibt es weitere Informationen.

Das Deutsche Kinderhilfswerk feiert den Weltkindertag mit einem großen „Kinderrechte-Spezial“ für Kinder in ganz Deutschland. Und das einen ganzen Monat lang: Auf www.kindersache.de/weltkindertag können Kinder und Jugendliche seit Anfang September mehr über ihre Rechte erfahren, thematische Unterhaltungsangebote wahrnehmen oder selbst aktiv und kreativ werden. Der Fokus liegt dabei auf partizipativen Angeboten, die sich an der Lebenswelt von Kindern orientieren, um Kinderrechte nicht nur abstrakt zu erklären, sondern erlebbar zu machen.

Inhaltlicher Schwerpunkt dieses „Monats der Kinderrechte“ ist das Thema Zukunft, und dabei insbesondere das Erreichen der 17 nachhaltigen Entwicklungsziele („Sustainable Development Goals – SDGs“). Denn diese sind in Gefahr – und damit auch die Verwirklichung der Kinderrechte, da jedes der in der Agenda 2030 verankerten Ziele eine zentrale Bedeutung für Kinder und ihr Wohl hat.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und UNICEF Deutschland vom 20.09.2023

Am diesjährigen Weltkindertag wird Kinderschutzbund-Präsidentin Professorin Sabine Andresen das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen. Die höchste Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland ehrt Menschen, die sich besonders um das Gemeinwohl verdient gemacht haben.

Der Festakt zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes findet im Bundesfamilienministerium statt. Die Auszeichnung erfolgt durch Bundesfamilienministerin Lisa Paus.

In ihrer Dankesrede mahnt Professorin Sabine Andresen Engagement, über das Private hinaus, an:

„Man kann nachts nur dasjenige Kind nach einem schlechten Traum trösten, das einem nahe steht. Aber das entbindet niemanden von der zivilgesellschaftlichen Verantwortung für ein auskömmliches Aufwachsen aller Kinder und Jugendlichen.“

Andresen weiter:

„Doch angesichts der globalen und nationalen Herausforderungen der Gegenwart scheint es mir wichtig, dass wir in Politik und Zivilgesellschaft zwei Gedanken nach vorne stellen:

Nötig ist erstens Solidarität mit armutsgefährdeten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen und die Priorisierung ihrer Rechte, Bedarfe und Interessen und

Und es geht zweitens um Verzicht.  Wem kann ökonomisch zugemutet werden, zu verzichten im Interesse eines höheren Ziels und nach sorgsamer Abwägung der unterschiedlichen Güter““

Professorin Sabine Andresen ist Kindheits- und Familienforscherin an der Goethe-Universität Frankfurt (Main). Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören Kinderarmut, sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen und deren Aufarbeitung, Generationengerechtigkeit und Bildungsmöglichkeiten. Von 2016 bis 2021 war Andresen ehrenamtlich Vorsitzende der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung.“

Vollständige Rede Sabine Andresen

Quelle: Pressemitteilung Der Kinderschutzbund – Bundesverband e.V. vom 20.09.2023

eaf-Jahrestagung diskutiert Auswirkungen von Klimapolitik auf das Leben von Familien und die Rolle von Familien für eine gesellschaftliche Mehrheit für Klimaschutz

Am Freitag endete die Fachtagung „Eiskalt erwischt?! Nicht mit uns! Klimapolitik für und mit Familien“ der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) mit der deutlichen Forderung an die Bundesregierung, Familienpolitik und Klimapolitik stets zusammen zu denken.

Martin Bujard, Präsident der eaf, fasst die Ergebnisse der Tagung zusammen: „Der Klimawandel ist allgegenwärtig und seine sozialen, finanziellen und emotionalen Folgen treffen uns alle. Als evangelischer familienpolitischer Verband haben wir eine Doppelrolle: Zum einen nehmen wir die gesellschaftliche Herausforderung an und fordern die Bundesregierung auf, klimapolitische Maßnahmen immer auch daraufhin zu überprüfen, welche Auswirkungen sie auf Familien haben. Zum anderen ist es unsere Aufgabe, gegenüber Kirche und Politik die Rolle von Familien als aktive Gestalterinnen einer klimagerechten Gesellschaft deutlich zu machen und sie dabei zu unter­stützen.“ Die wichtige Rolle der Familie in dieser Frage werde unterschätzt: „Bei der gesell­schaftlichen Debatte zum Klimaschutz werden oft Gruppen und Generationen gegeneinander ausgespielt, was Ängste forciert und die Unterstützung für Klimaschutzpolitik unterminiert. Familien bringen verschiedene Generationen zusammen, die Baby-Boomer lernen von der Fridays-Generation und umgekehrt – nur so entsteht eine breite gesellschaftliche Mehrheit für eine mutige und konstruktive Klimapolitik“, so Bujard.

Die eaf hatte für zwei Tage Wissenschaftler:innen, Expert:innen aus Diakonie, Kirche und Zivilgesellschaft sowie zahlreiche Teilnehmer:innen aus den eaf-Mitgliedsverbänden und Familienbildungsstätten eingeladen. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln wurde beleuchtet, vor welche Herausforderungen Familien durch die unmittelbaren Auswirkungen des Klimawandels sowie durch klimapolitische Maßnahmen gestellt werden. Schließlich wurde im Plenum diskutiert, was sie brauchen, um mit diesen Herausforderungen gut umgehen zu können und welche Rolle die Kirche und ihr familienpolitischer Verband dabei zukünftig spielen sollten.

Die eaf war mit ihrer Tagung zu Gast im Martinshaus in Rendsburg und wurde bei der Vorbereitung und Durchführung unterstützt von der der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche). Gothart Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein, betonte in seinem Grußwort: „Schon im Motto Ihrer Tagung setzen Sie bewusst ein Ausrufezeichen. Und ich deute dieses Ausrufezeichen so: Ohne Familie ist Klimapolitik nicht möglich. Denn Klimapolitik ist nicht ohne Bildung möglich. Das ist eine Erfahrung, die uns in der Nordkirche und mich auch persönlich seit vielen Jahren motiviert, die Themen Klimaschutz, Familie und frühkindliche Bildung zusammenzudenken.“

Die Dokumentation der Tagung mit Beiträgen u. a. von Prof. Dr. Stefan C. Aykut (Universität Hamburg), Dr. Ingo Wolf (Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam), Wiebke Rockhoff (Diakonie Deutschland), Christian Ledig (KLIMA ARENA Sinsheim), dem Religionsmonitor 2023 (Bertelsmann Stiftung) und Dr. Edgar Wunder (Sozialwissenschaftliches Institut der EKD) finden Sie in Kürze auf unserer Website.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 26.09.2023

Für die meisten Menschen ist es schwer vorstellbar, über Monate oder gar Jahre hinweg unfreiwillig von ihrer engsten  Familie, also ihren Kindern, ihrer*n Ehe- oder  Lebenspartner*innen, ihren Eltern und Geschwistern, getrennt zu leben. Für viele Familien in Deutschland ist aber genau das die Realität.

Die Bundesregierung hat es sich in ihrem Koalitionsvertrag  von 2021 zur Aufgabe gemacht, die aktuellen Einschränkungen beim Familiennachzug aufzuheben, damit alle Familien in Deutschland sicher zusammenleben können und nicht jahrelang getrennt bleiben. Konkret heißt es im Koalitionsvertrag:

“Wir wollen die Visavergabe beschleunigen und verstärkt digitalisieren. […] Wir werden die Familienzusammenführung zu subsidiär Geschützten mit den GFK-Flüchtlingen gleichstellen. Wir werden beim berechtigten Elternnachzug zu
unbegleiteten Minderjährigen die minderjährigen Geschwister nicht zurücklassen. Zum Ehepartner oder zur Ehepartnerin nachziehende Personen können den erforderlichen Sprachnachweis auch erst unverzüglich nach ihrer Ankunft erbringen.“ (Seiten 138, 140)

Fast zwei Jahre nach Verabschiedung des Koalitionsvertrags steht die Umsetzung dieser Versprechen weiterhin aus. Während andere Vorhaben im Bereich Migration und Flucht bereits umgesetzt wurden, unter anderem die Erleichterung des Familiennachzugs zu Fachkräften, übergeht die Bundesregierung die aufgrund von Flucht und Verfolgung getrennten Familien. Für Zehntausende von ihnen war die Ankündigung, den Familiennachzug zu Schutzberechtigten zu erleichtern, der letzte Hoffnungsschimmer. Geflüchtete Kinder und ihre Familien warten nun seit knapp zwei Jahren darauf, dass die Bundesregierung ihrem Recht auf Familie und ihren damit verbundenen Kinderrechten endlich Priorität einräumt.

Die Familie bietet emotionalen, sozialen und wirtschaftlichen Schutz. Sie kann Ort des Rückzugs und der Stabilität sein. Gleichzeitig ist sie ein zentraler Motor für Inklusion und gesellschaftliche Teilhabe. Denn wie konzentriert man sich auf das Erlernen der deutschen Sprache, auf die Schule oder die Arbeitsstelle, wenn man gleichzeitig fortwährend in Gedanken um seine engsten Angehörigen in der Heimat oder einem Drittland bangt?

Ehe und Familie und die damit einhergehenden Rechte von Kindern stehen unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes (Art. 6 GG), der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 8 EMRK), der europäischen Grundrechte-Charta (Art. 7 EU-GRCh) sowie internationaler menschenrechtlicher Verträge, wie der UN-Kinderrechtskonvention (Art. 3 UN-KRK, Art. 10 UN-KRK). Die Einschränkungen des Familiennachzugs von subsidiär Schutzberechtigen – häufig Bürgerkriegsflüchtlingen, zum Beispiel aus Syrien –, die fehlende Möglichkeit, Geschwisterkinder nach Deutschland zu holen, sowie die in der Praxis jahrelang andauernden Familiennachzugsverfahren stehen aus Sicht der unterzeichnenden Organisationen nicht im Einklang mit diesen menschenrechtlichen Verpflichtungen. Die daraus resultierenden Missstände müssen dringend behoben werden, so wie es im Koalitionsvertrag vereinbart wurde.

Die Familien können nicht länger warten. Entsprechend erneuern 33 unterzeichnende Organisationen exakt ein Jahr nach dem letzten Appell zum Familiennachzug anlässlich des Weltkindertages die Forderung nach einer unverzüglichen Umsetzung des Koalitionsvertrags.

Für eine genaue Darstellung der Problemlage und der Forderungen verweisen die Organisationen auf den gemeinsamen Appell zum Weltkindertag 2022. Es ist dramatisch, dass sich ein Jahr später nichts verbessert hat.

Gemeinsames_Statement_Recht_auf_Familiennachzug_jetzt_umsetzen__20.09.2023_a.pdf (verband-binationaler.de)

Quelle: Gemeinsames Statement Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. und anderen vom 20.09.2023

LSVD mit Bi+-Pride-Hamburg am 23. September auf der Straße

Jeden September macht der Aktionsmonat der bisexuellen Sichtbarkeit auf die im Regenbogenspektrum oft unsichtbare Gruppe der Bisexuellen aufmerksam. Dabei machen Menschen, die Personen unterschiedlicher Geschlechter sexuell und/oder romantisch anziehend finden, Schätzungen zufolge über die Hälfte der Community von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans* und inter* sowie queeren Menschen (LSBTIQ*) aus. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) unterstützt deshalb auch dieses Jahr wieder die Bi+-Pride-Parade in Hamburg am 23. September. Dazu erklärt Alva Träbert aus dem Bundesvorstand des LSVD:

Der Monat der bisexuellen Sichtbarkeit rückt bisexuelle Lebensrealitäten in den Mittelpunkt. Die Diskriminierung und Ausgrenzung bisexueller Personen hält sich bis heute hartnäckig und führt dazu, dass sich Bisexuelle im Schnitt seltener als Lesben und Schwule outen. Fehlende Akzeptanz sowie Gewalterfahrungen, die auf den diskriminierenden Narrativen aufbauen, wirken sich nachweislich besonders negativ auf die psychische Gesundheit von Personen aus, deren Begehren und Liebe nicht nur gleich- oder andersgeschlechtlich ist. So kämpfen laut dem Bi-Youth-Report von 2019 ganze 96 Prozent der bisexuellen Jugendlichen mit Schlafproblemen. Bisexuelle Frauen sind außerdem überdurchschnittlich oft von sexualisierter Gewalt betroffen: Fast jede Zweite erlebt sie im Laufe ihres Lebens (Movement Advancement Project 2016).

Das Bi+-Spektrum umfasst verschiedene Sexualitäten und Selbstbezeichnungen, die sich nicht nur auf eine Geschlechtsidentität beziehen – wie bisexuell, pansexuell oder auch polysexuell. Auch in der Regenbogencommunity können sich Personen auf dem Bi+-Spektrum leider nicht immer zuhause fühlen, weil sie auch hier noch viel zu oft mit Misstrauen, diskriminierenden Narrativen und Ausgrenzung konfrontiert sind. Deshalb ist es uns als LSVD ein besonderes Anliegen, die Bi+-Pride-Parade in Hamburg auch in diesem Jahr wieder zu unterstützen. Am 23. September, dem internationalen Tag der bisexuellen Sichtbarkeit, werfen wir gemeinsam Licht auf die bisexuelle Community und ihre politischen Anliegen – in all ihrer Vielfalt.

Staatliche und zivilgesellschaftliche Akteur*innen, aber beispielsweise auch die gesundheitliche Regelversorgung, müssen die spezifischen Bedarfe bisexueller Menschen kennen und berücksichtigen. Wir fordern verbindliche Aufklärung über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in allen relevanten Bildungseinrichtungen, sowohl in der Schule als auch in der Kinder- und Jugendarbeit. Und wir müssen auf bereits errungene Erfolge für die Gleichberechtigung von Bisexuellen aufbauen, wie beispielsweise die Gleichstellung bisexueller mit homosexuellen Geflüchteten im Asylrecht durch das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2020.

Wir freuen uns über viele Teilnehmer*innen bei der Bi+-Demo in Hamburg!

Quellen/ Weiterlesen
Gerichtsentscheidungen zum Asylrecht für geflüchtete LSBTI 
Bi+Pride – Bi+sexuelle Sichtbarkeit
HRC-2019-Bi-Youth-_Report
Movement Advancement Project | Invisible Majority: The Disparities Facing Bisexual People and How to Remedy Them
SchwulenBeratung_Expertise_Bisexualitaet_WEB.

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 18.09.2023

Der Paritätische hat 900 Expert*innen aus Sozial- und Gesundheitswesen zu Hitzeschutz befragt.

Als größte Herausforderung, um mit den Auswirkungen des Klimawandels umzugehen und notwendige Maßnahmen bspw. zum Hitzeschutz umzusetzen, sehen Expert*innen aus Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens nach einer Umfrage des Paritätischen Gesamtverband das Fehlen einer verlässlichen, nachhaltigen und unbürokratischen Finanzierungsgrundlage. Vier von fünf der befragten Organisationen und Einrichtungen gaben an, dass die Auswirkungen von Hitze im Arbeitsalltag deutlich zu spüren sind, drei von vier Befragten gaben an, dass Hitzewellen (große) Sorgen bereiten. Die Umfrage, an der sich rund 900 Fach- und Leitungskräfte beteiligten, zeigt, dass bereits vielfältige Maßnahmen zum Schutz der Patient*innen und Klient*innen umgesetzt werden, es aber an finanziellen und personellen Ressourcen für umfassenden Hitzeschutz fehlt.

Ist die Organisation, Einrichtung oder der Träger nicht Eigentümer des Gebäudes, bestehe häufig die Problematik, dass Vermieter*innen den hitzeschutzbedingten Sanierungsbedarf nicht nachvollziehen können oder keine Befugnis zu baulichen Veränderungen vorliegt. Auch der Denkmalschutz stelle eine Hürde bei baulichen Maßnahmen dar. Bestehende Förderprogramme seien häufig zu kompliziert im Antragsverfahren und die Förderfenster zu kurz geöffnet. Deutlich wurde, dass vertiefender Informations- und Beratungsbedarf besteht. Eine Mehrheit der Befragten (69 %) hatte z. B. keine Kenntnis darüber, ob ein kommunaler Hitzeschutzplan in ihrer Kommune vorliegt. Auch gaben 62 Prozent der Befragten an, dass die Politik sich noch nicht in ausreichendem Maße dem Thema Hitzeschutz widmet.

In der Sitzung am 22. September 2023 hat der Verbandsrat des Paritätischen Gesamtverbands unter dem Titel „Hitzeschutz in sozialen Einrichtungen und Diensten durch verlässliche und nachhaltige Finanzierung und Unterstützung stärken“ ein Forderungspapier verabschiedet. Der Verband appelliert an die Politik, die Finanzierung von Hitzeschutzmaßnahmen sicherzustellen und vor Ort Strukturen, in Form von u. a. niedrigschwelligen Informationszugängen und kompetenten Ansprechpersonen, zu etablieren. Hierbei sei die Vielfalt der Betroffenen und Einrichtungen zu berücksichtigen und u.a. auch bei der Entwicklung kommunaler Hitzeschutzpläne zu beteiligen. Schließlich brauche es eine ressortübergreifende Gesamtstrategie, um “Natur und Mensch vor den Auswirkungen zunehmender klimatischer Veränderungen zu schützen sowie die gesellschaftliche Resilienz gegenüber Extremwetterereignissen zu stärken”, fordert der Paritätische. Dies sei letztlich auch eine Frage der Gerechtigkeit: “Ziel einer sozial-ökologischen Wende muss sein, allen Menschen in Deutschland gleichermaßen ein klimafreundliches und gesundheitsförderliches Leben zu ermöglichen und soziale Ungleichheit abzubauen.”

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 29.09.2023

Drängende Probleme sind bisher nicht oder nur unzureichend bearbeitet.

Eine insgesamt durchwachsene Bilanz zieht der Paritätische Wohlfahrtsverband mit Blick auf die bisherige Arbeit der Bundesregierung aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, die im Dezember 2023 seit zwei Jahren im Amt ist. Neben sozialpolitischen Fortschritten, etwa beim Wohngeld oder zeitweise beim Mindestlohn, stehen große Enttäuschungen beim Bürgergeld oder der Kindergrundsicherung. Drängende Probleme, z.B. im Bereich der Pflege, des sozial gerechten und wirksamen Klimaschutzes oder der Inklusion und Teilhabe, sind bislang nicht oder nicht hinreichend bearbeitet, kritisiert der Verband.

„Sozialpolitisch konnte die Ampel-Koalition bisher noch nicht überzeugen. Unsere Halbzeitbilanz fällt entsprechend durchwachsen aus“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. „Neben Licht wie beim Wohngeld, gibts auch viel Schatten, vor allem armutspolitisch – seien es die Regelsätze in Hartz IV bzw. Bürgergeld oder aber der aktuelle Planungsstand für eine Kindergrundsicherung, die eben nicht vor Armut schützen wird.“

Der Paritätische sieht in dem Ausschluss von Steuererhöhungen, auch für die sehr großen Einkommen, Vermögen und Erbschaften in diesem Land, „die Achillesferse der Ampel-Regierung“, wie es in der heute veröffentlichten Halbzeitbilanz heißt. Der Verband warnt in dem Papier zudem, „dass die Haushaltspläne der Ampel in der zweiten Regierungshälfte massive Einschnitte bei zahlreichen sozialen Angeboten bedeuten würden – und damit eine ernsthafte und nachhaltige Schwächung des sozialen Zusammenhalts im Raum steht“.

„Wir appellieren an die Koalitionspartner, die zweite Hälfte der Legislaturperiode nun wirklich zu nutzen, um Wahlversprechen und im Koalitionsvertrag angekündigte Vorhaben umzusetzen. Dies darf nicht an der Finanzierung scheitern“, mahnt Schneider. „Was es braucht, ist eine steuer- und haushaltspolitische Kehrtwende, um den gesellschaftlichen Herausforderungen nachhaltig und sozial gerecht zu werden.“

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 21.09.2023

pro familia fordert eine gesetzliche Neuregelung gemäß der Empfehlungen der WHO

„Der Schwangerschaftsabbruch sollte vollständig entkriminalisiert werden. Gesetzliche, politische und programmatische Hindernisse – sowie Hindernisse in der Praxis –, die den Zugang zu hochwertiger medizinischer Versorgung beim Schwangerschaftsabbruch behindern, sollten beseitigt werden. Dazu gehören unter anderem Fristen für Schwangerschaftsabbrüche und verpflichtende Wartezeiten.“* Diese Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO zum Schwangerschaftsabbruch ignorieren viele Staaten, darunter bislang auch Deutschland. Darauf weist der pro familia Bundesverband anlässlich des Internationalen ‚Safe Abortion Days‘ hin, der am 28. September weltweit begangen wird. Bei der überfälligen gesetzlichen Neuregelung in Deutschland müssen die WHO-Empfehlungen berücksichtigt werden, fordert der Verband. Um Schwangere zu unterstützen – nicht zu bevormunden – ist es außerdem notwendig, statt der Beratungspflicht vor einem Schwangerschaftsabbruch ein Recht auf Beratung festzuschreiben.

Bislang gilt, dass schwangere Personen vor einem gewünschten Schwangerschaftsabbruch eine verpflichtende Beratung aufsuchen. Dies ist im Strafrecht festgelegt und bedeutet in der Konsequenz, dass Schwangeren ohne Beratung der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch verwehrt ist.

Die Erfahrung von pro familia Berater*innen mit der bisherigen Pflichtberatung zeigt, dass schwangere Menschen Angst vor Entmündigung und Fremdbewertung ihrer Entscheidung haben. Diese Gesprächssituation erschwert Berater*innen den Zugang zu den Klient*innen und damit die Möglichkeit, sie zu unterstützen. Schwangere erwarten von der verpflichtenden Beratung, dass sie von der Fortführung der Schwangerschaft überzeugt werden sollen. Daraus ergibt sich oft eine negative Abwehrhaltung und eine Fixierung auf das Ausstellen des Beratungsscheins.

Deshalb spricht sich pro familia für ein Ende der Beratungspflicht und für ein Recht auf freiwillige Beratung aus, die ungewollt Schwangere in Anspruch nehmen können, aber nicht müssen. Um dabei unterstützt zu werden, für ihre Problemlagen und Konflikte tragfähige Lösungen zu entwickeln, muss ihnen werteneutrale Akzeptanz entgegengebracht werden, ohne dass sie sich in eine Richtung gedrängt, bevormundet oder schuldig gesprochen fühlen.

Die Bedürfnisse, mit denen Menschen in die Beratungsstellen von pro familia kommen, sind vielfältig und betreffen alle Themenbereiche der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte. Es geht um medizinische und gesundheitliche Fragen, sozialrechtliche Regelungen und finanzielle Hilfen oder um psychosoziale Fragen rund um das Thema Partnerschaft und Sexualität sowie häusliche und sexualisierte Gewalt. Diesen Bedürfnissen gerecht zu werden und damit die sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte zu stärken, ist der Auftrag von Beratungsarbeit. Dafür müssen alle Menschen Zugang zu freiwilligen und umfassenden Beratungsangeboten zu allen Themen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte und zu sexueller Bildung haben. Beratung und Informationen sollten partizipativ und ergebnisoffen sein und schwangere Menschen als Rechteinhaber*innen in Hinsicht auf ihre selbstbestimmte Entscheidungsfindung stärken. So verstanden stärkt das Recht, Beratung wahrzunehmen zu können, Menschen in ihrer selbstbestimmten Lebensplanung und ermöglicht ihre Teilhabe in einer demokratischen Gesellschaft.

pro familia hat Kriterien für freiwillige Informations- und Beratungsangebote sowie sexuelle Bildung formuliert, wie sie im Rahmen einer Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs verankert werden sollten. Dazu gehört die leichte Zugänglichkeit von – barrierefreien und kostenlosen –Beratungsangeboten. Jeder Mensch, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Beeinträchtigung, sozialem Status, Religion, Weltanschauung, Alter, Gesundheitszustand oder sexueller Orientierung, sollte Zugang haben. Es müssen alle Themen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit umfassend abgedeckt werden: Sexuelle Bildung, Familienplanung, Schwangerschaftsberatung, Verhütungsberatung, Unterstützung bei ungeplanter/ungewollter Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch, Partnerschaft, Sexualität, unerfüllter Kinderwunsch und Reproduktionsmedizin, Pränataldiagnostik und vieles mehr. Die Beratungsangebote müssen zudem ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen erhalten und bestimmten Qualitätsanforderungen genügen.

Mehr Informationen zu pro familia Positionierung und zur Forderung nach freiwilligen Beratungsangeboten gibt es hier.

https://www.profamilia.de/fachinfos/nach-themen/zugang-zum-schwangerschaftsabbruch

Mehr Informationen zum Safe Abortion Day 2023 gibt es hier: https://safeabortionday.noblogs.org/

Quelle: Pressemitteilung pro familia Bundesverband vom 27.09.2023

„Seit Gründung des Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) in 1990 engagieren wir uns für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Hierzu haben wir ein umfangreiches Forderungs- und Zielspektrum in den Bereichen Bildung & Betreuung, Familien- und Rollenbilder, Recht & Steuern sowie Arbeitswelt & Karriere entwickelt, für welches wir uns in verschiedensten Zusammenhängen, Gremien, Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungsformaten und Kooperationen engagieren.

Auch diese Kooperation anlässlich der Weltstillwoche 2023 mit dem Motto „Stillen und Berufstätigkeit sind vereinbar!“ ist uns ein Herzensanliegen!

Es gilt auch hierzu zu informieren, zu sensibilisieren und auch mit Erfahrungswerten sich zu positionieren!

Wir sind überzeugt, dass Stillen und Berufstätigkeit vereinbar sind – natürlich unter bestimmten Bedingungen auf allen beteiligten Seiten: die des Kindes, die der Mutter und auch die des Arbeitsplatzes, ob Erwerbstätigkeit, Ausbildung oder Studium.

In meinem persönlichen Falle vor über 24 Jahren wurde mir unser Sohn von den Großeltern ins Büro zum Stillen gebracht, da Remote-Arbeiten nicht möglich war.

Ich habe durchweg nur positive Erfahrungen mit Stillen am Arbeitsplatz gemacht.

Es war für andere Menschen befremdlicher, dass ich im Dom in Köln gestillt habe, als in Nürnberg an meinem Arbeitsplatz!

Wir als VBM stehen für eine Kinderwillkommenskultur – dazu gehört auch, dass Mütter darin bestärkt werden ihre eigene persönliche Entscheidung zu treffen, ob sie am Arbeitsplatz stillen möchten, anstelle sich strukturellen oder kulturellen Herausforderungen in ihrer Abwägung stellen zu müssen!“ fordert Cornelia Spachtholz, Vorstandsvorsitzende Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) anlässlich der Weltstillwoche 2023 und Unterzeichnerin der in einem breiten Bündnis vereinbarten Gemeinsamen Erklärung:

Stillen und Berufstätigkeit? Dass beides vereinbar ist und was es dafür braucht, steht im Mittelpunkt der diesjährigen Weltstillwoche. Sie hat zum Ziel, Mütter zu informieren und in ihrem Stillwunsch zu bestärken. Erwerbstätigkeit, Studium oder Ausbildung sollten kein Grund für frühzeitiges Abstillen sein und das Stillen kein Grund für einen späteren Wiedereinstieg in das Berufsleben. Die Weltstillwoche richtet sich auch an Arbeitgebende: Stillfreundlichkeit und Familienfreundlichkeit gehören zusammen und können für Arbeitnehmerinnen das ausschlaggebende Argument bei der Wahl ihres Arbeitgebers sein. Nicht nur im Wettbewerb um Fachkräfte kann Stillfreundlichkeit ein Vorteil sein. Auch die Belegschaft profitiert von früh zurückkehrenden Kolleginnen, die ihrer Tätigkeit wieder nachgehen und sich in den Betrieb einbringen.

Das deutsche Mutterschutzgesetz erkennt die besondere Schutzbedürftigkeit stillender Mütter an und fördert das Stillen: Bis zum ersten Geburtstag des Kindes haben sie das Recht auf bezahlte Stillzeiten, bei Vollzeitbeschäftigung sind es mindestens zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal täglich eine Stunde, der Arbeitgebende hat geeignete Bedingungen für das Stillen oder Abpumpen zu schaffen. Darüber hinaus gibt es weitere Regeln zu Arbeitszeiten, Überstunden und zum Schutz vor Gesundheitsgefährdungen.

Die Weltstillwoche mit dem diesjährigen Motto „Stillen im Beruf – kenne deine Rechte“ informiert und will dazu beitragen, stillenden Müttern den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleichtern. Zudem wird auf die Vorteile des Stillens aufmerksam gemacht.

Stillen fördert vielfältig und wirksam die Gesundheit von Mutter und Kind, das ist wissenschaftlich belegt: Bei Frauen, die gestillt haben, sinkt das Risiko für Krebserkrankungen der Brust und der Eierstöcke ebenso wie das für Diabetes Typ 2 oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Gestillte Kinder haben eine geringere Wahrscheinlichkeit für Typ 2-Diabetes, ein verringertes Risiko für den plötzlichen Kindstod und erkranken seltener an Mittelohrentzündungen, Magen-Darm- und Atemwegsinfekten als Kinder, die mit Säuglingsmilch ernährt werden. Da gesunde Mitarbeiterinnen mit gesunden Kindern tendenziell weniger Fehlzeiten haben, profitieren auch die Arbeitgebenden sowie die Kolleginnen und Kollegen, wenn die Stillfreundlichkeit im Betrieb gefördert wird.

Folgende Akteurinnen und Akteure setzen sich für die Unterstützung Stillender ein und engagieren sich im Rahmen der Weltstillwoche 2023 für die Vereinbarkeit von Stillen und Beruf:

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sowie die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) begrüßen Maßnahmen und Initiativen, mit denen Arbeitgebende Müttern die Vereinbarkeit von Stillen und Beruf ermöglichen.

Vollständige Liste der Akteurinnen und Akteure: gesund-ins-leben.de/stillen-und-beruf

Aktionen und Materialien rund um die Weltstillwoche 2023 von 2. bis 8. Oktober:

  • Elterninfo „Muttermilch to go“ mit den wichtigsten Informationen zum Umgang mit Muttermilch
  • Tipps für Arbeitgebende „Stillfreundlichkeit im Betrieb – einfach umsetzen“
  • Website zur Weltstillwoche: gesund-ins-leben.de/stillen-und-beruf
  • Nachgefragt beim Netzwerk: Wie lassen sich Stillen und Beruf vereinbaren?
  • Instagram @gesund.ins.leben mit allen relevanten Infos rund um Stillen und Beruf, Aufruf zum Teilen von Erfahrungen unter #StillenImJob; Insta-Live zur Vereinbarkeit von Stillen und Beruf mit Expertinnen und Praxisbeispielen

Amera Hahne, Expertin zum Mutterschutz aus dem Servicetelefon des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ)
Anja Lucas, stellvertretende Leitung der Stabsstelle Familie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin

Prof. Dr. Katja Nebe, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Recht der Sozialen Sicherheit an der Universität Halle-Wittenberg, Expertin zum Mutterschutzrecht, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates für Familienfragen

Zudem finden bundesweit zahlreiche Presseaktivitäten und lokale Aktionen statt, z. B. in babyfreundlichen Krankenhäusern, stillfreundlichen Landkreisen oder auf Initiative von Stillberaterinnen.

Fragen zum Mutterschutzgesetz beantwortet die Servicestelle des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ):
Emailinfo@bmfsfjservice.bund.de
Servicetelefon: 030 201 791 30
Montag bis Donnerstag von 9:00 bis 18:00 Uhr

Hintergrundinformation:

Unter Beteiligung von WHO und UNICEF ist die Weltstillwoche die größte gemeinsame Kampagne aller stillfördernden Organisationen weltweit. Ziel ist es, Stillen als natürliche und selbstverständliche Ernährung für Säuglinge in den Mittelpunkt zu stellen und sowohl Familien als auch die Gesellschaft über die positiven Effekte des Stillens zu informieren.

Gesund ins Leben ist ein Netzwerk von Institutionen, Fachgesellschaften und Verbänden zur Förderung der frühkindlichen Gesundheit – von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter. Das Netzwerk gehört zum Bundeszentrum für Ernährung. Dieses ist in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung angesiedelt, im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Das Netzwerk Gesund ins Leben ist Teil des Nationalen Aktionsplans IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung.

Internet: gesund-ins-leben.de
Instagram: @gesund.ins.leben

Quelle: Pressemitteilung Verband berufstätiger Mütter e. V. (VBM) vom 20.09.2023

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 17. Oktober 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Die Veranstaltung ist eine gemeinsame Veranstaltung der Inforeihe Kinder, Jugend und Familie und der Paritätischen Forschungsstelle.

Das Bundesfamilienministerium hat Ende August einen Referentenentwurf zur Einführung einer Kindergrundsicherung vorgestellt. In Bälde will die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf formell beschließen. Damit tritt die Diskussion um die Kindergrundsicherung in eine entscheidende politische Phase. Paula Wenning, Koordinatorin des Bündnis Kindergrundsicherung und Referentin für Soziale Sicherung beim Kinderschutzbund, führt in die Thematik ein und stellt den aktuellen Diskussionsstand vor: Was ist konkret geplant? Welche Aspekte sind noch strittig? Gemeinsam wollen wir diskutieren, wie wir den vorliegenden Vorschlag bewerten und wo ggf. Nachbesserungen zu fordern sind.  

Mit Paula Wenning, Fachreferentin für Soziale Sicherung/Kinderhäuser Blauer Elefant® Der Kinderschutzbund Bundesverband e. V.

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Fragen
Katrin Frank, faf(at)paritaet.org, Tel 030 / 246 36 465

Verantwortlich für organisatorische Fragen
Mandy Gänsel, mandy.gaensel(at)paritaet.org, Tel 030 / 246 36 476

Termin: 18. Oktober 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Im Zuge der verstärkten Ausbreitung von Verschwörungserzählungen seit Beginn der Corona-Pandemie erfuhren auch Bewegungen wie die der “Reichsbürger” und angrenzender, teils verschwörungsideologisch und rechtsextrem motivierter Akteure, erheblichen Zulauf und Aufmerksamkeit. Hervorstechendes Merkmal dieser heterogenen Szene ist die Betonung der individuellen Eigenständigkeit unter gleichzeitiger, aggressiver Abgrenzung von Staat und Gesellschaft.

Neben Polizei und Ämtern sind auch Schulen, Kindertagesstätten und andere Orte betroffen, an denen mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet wird. Sie können in ihrer Arbeit und im Betriebsfrieden massiv beeinträchtigt werden. Im Spannungsfeld zwischen Kindeswohl und Elternrechten berichten Fachkräfte von schwierigen und konfliktträchtigen Situationen. Erschwert wird eine sachliche Debatte durch die ideologische Orientierung in diesen Milieus.

Die Veranstaltung wird sich diesen Konfliktfeldern zuwenden und die unterschiedlichen Konfrontationen in den Prozessen zwischen Verwaltung und pädagogischen Einrichtungen exemplarisch beleuchten. Der Fokus liegt auf Handlungsmöglichkeiten für Fachkräfte der Kinder- und Jugendarbeit, Mitarbeiter*innen von Ombudsstellen und Familienberatungen. Zur Unterstützung von Fachkräften haben Miteinander e.V. und der Paritätische eine Broschüre erstellt, die im Rahmen der Veranstaltung vorgestellt wird.

Die Veranstaltung findet in Kooperation des Paritätischen Gesamtverbandes mit der Kompetenzstelle Eltern und Rechtsextremismus bei Miteinander e.V. statt.

Referent*innen:
·        Lena Lehmann und Katharina Kist, Miteinander e.V.
·        Christian Weßling, Paritätischer Gesamtverband

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Fragen

Katrin Frank, faf(at)paritaet.org, Tel 030 / 246 36 465

Verantwortlich für organisatorische Fragen

Stefanie Sachse, stefanie.sachse(at)paritaet.org, Tel 030 / 246 36 323

Termin: 25. Oktober 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Krise, Kollaps, Burnout – kein Bild scheint drastisch genug, den Fachkräftemangel in der Kinder- und Jugendhilfe zu beschreiben. Dabei ist das Problem nicht neu und war lange Zeit absehbar. Der demografische Wandel, sowohl was den Nachwuchs an Fachkräften angeht als auch hinsichtlich des leichten Geburtenanstiegs, hat sich seit einigen Jahren abgezeichnet – dabei fehlte es an einer übergreifenden Strategie der Fachkräftequalifizierung und -gewinnung in der Kinder- und Jugendhilfe. Mit dem Vortrag „Care-Arbeit bleibt Frauenarbeit? Fachkräftemangel in KiTas, Kinder- und Jugendhilfe“ werfen wir einen systematischen Blick auf die Zusammenhänge des Fachkräftemangels in einem Feld, das nach wie vor eine ungleiche Geschlechterverteilung aufweist, das öffentlich weitgehend auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf reduziert wird und in dem wir gemeinsam nach zukunftsfähigen Lösungen suchen müssen.

An der Veranstaltung wirkt mit:
Frau Professor Dr. Sabine Schutter, Vorstandsvorsitzende vom SOS Kinderdorf e. V.

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:
Katrin Frank, Referentin Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-465, E-Mail: faf@paritaet.org.

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:
Stefanie Sachse, Sachbearbeitung Referat Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-323, E-Mail: stefanie.sachse@paritaet.org

Termin: 22. November 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Bochum

Angesichts des Fachkräftemangels, der auch Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufe (GES-Berufe) betrifft, und der nötigen Verbesserung der Ausbildungssituation von jungen Menschen, fokussiert die bundesweite Fachtagung u. a. die Fragen, wie die schulischen Ausbildungen im Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesen besser befördert werden können und wie sie für junge Menschen attraktiver gestaltet werden sollten. Wie dem Fachkräftemangel bei den GES-Berufen begegnen?

Hier geht es zur Anmeldung und weiteren Informationen.

Die Veranstaltung ist eine Kooperation des Paritätischen Gesamtverbandes mit dem Paritätischen Nordrhein-Westfalen und dem Paritätischen Baden-Württemberg.

Termin: 15. Dezember 2023

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung e.V.

Ort: Berlin

Müttern den Rücken stärken – gegen den patriarchalen Backlash

Kindererziehung ist Arbeit – und noch dazu keine einfache. Ein Großteil dieser Arbeit wird in unserer Gesellschaft von den Eltern im Haushalt geleistet. Von den Eltern? Besser gesagt: mehrheitlich von Müttern. In den Vorstellungen vieler Eltern und von Teilen der Öffentlichkeit sollte die Erziehungsarbeit gleich zwischen Männern und Frauen verteilt sein. Doch in der Realität ist das meist nicht der Fall, wie Zeitverwendungsstudien immer wieder zeigen. Die ungleiche Verteilung von Sorgearbeit wird zudem durch Institutionen der Familienhilfe und Fachleute aus der Sozialen Arbeit oft (unbewusst) gefördert. Auch auf Seiten des Familienrechts und in Entscheidungen von Familien- und Jugendgerichtsbarkeit befördert die Praxis nicht selten tradierte Rollenzuschreibungen und greift damit substantiell vor allem in die Lebensgestaltung der Mütter ein.

In einem Workshop, der sich zum Ziel setzt, tradierten Rollenbildern in der Care-Arbeit entgegenzuwirken und institutionelle Ungleichbehandlung von Müttern zu verhindern, wollen wir uns unter anderem folgenden Fragen zuwenden:

  • Mit welchen Schritten und neuen Strukturen bzw. Methoden kann eine feministische „Revolution“ in der Jugendhilfe erreicht werden, die die patriarchale Verteilung von Sorgearbeit in den Familien untergräbt, anstatt sie zu fördern?
  • Wie können wir die Beschäftigten in Jugendämtern, Gerichten und Beratungsstellen unterstützen, die berichten, dass antifeministische Organisationen systematisch Druck ausüben, falsche Informationen verbreiten oder sogar Schulungen in den Institutionen durchführen dürfen?

Die Anmeldung zur Teilnahme ist bis zum 30. November 2023 unter https://www.fes.de/veranstaltung/veranstaltung/detail/268344 möglich.

Hier finden Sie auch alle weiteren Informationen zum Workshop. Eine Einladung mit detailliertem Programm wird im Vorfeld der Veranstaltung versendet. Diese wird dann auch unter obigem Link verfügbar sein.

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Archiv Pressemitteilung

Alle Kinder haben dieselben Rechte – Kindergrundsicherung muss auch Geflüchtete einschließen

Gemeinsame Pressemitteilung von 23 zivilgesellschaftlichen Organisationen

Berlin, 27.09.2023 – Im Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung, der heute im Bundeskabinett verabschiedet werden soll, werden von vorneherein Kinder ausgeschlossen, die Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten. 23 zivilgesellschaftliche Organisationen fordern die Regierungskoalition auf, den Vorgaben aus der UN-Kinderrechtskonvention gerecht zu werden und alle in Deutschland lebenden Kinder in die Kindergrundsicherung aufzunehmen.

„Die Kinderrechtskonvention verbietet eine Diskriminierung von Kindern aufgrund von Herkunft und Aufenthaltsstatus. Alle Kinder haben dieselben Rechte – etwa auf gesundes Aufwachsen, soziale Teilhabe und die Wahrung des menschenwürdigen Existenzminimums. Deshalb muss die Kindergrundsicherung eine Leistung für alle Kinder in Deutschland sein. Schon jetzt haben geflüchtete Kinder schlechtere Startchancen. Wir fordern Regierung und Parlament auf sicherzustellen, dass geflüchtete Kinder in keiner Weise weiter benachteiligt werden“, so die Organisationen.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Es ist inhuman und widerspricht der UN-Kinderrechtskonvention Kinder und Jugendliche, die aktuell in Deutschland leben und aufwachsen, unterschiedlich zu behandeln. U.a. Kinder und Jugendliche im Asylbewerberleistungsgesetz vom Bezug der  Kindergrundsicherung auszuschließen und ihnen darüber hinaus auch den derzeitigen Sofortzuschlag zu streichen, bedeutet eine enorme finanzielle Schlechterstellung für diese von Armut und Ausgrenzung betroffene Gruppe. Nicht mal der Erhalt des Minimums kann so gewährleistet werden. Seit Monaten werden aus dem Finanzministerium und Teilen der FDP Ressentiments gegen Geflüchtete und Migrant*innen befeuert und Wahlkampf auf dem Rücken der Kinder gemacht. Dagegen müssen wir uns gemeinsam stellen und für eine echte Kindergrundsicherung kämpfen, von der alle Kinder profitieren – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.“

Hintergrund:

  • Die UN-Kinderrechtskonvention (KRK) ist in Deutschland für alle Kinder gleichermaßen gültig. Den Vorbehalt, gemäß dem die Verpflichtungen der KRK nicht gegenüber ausländischen Kindern gelten sollten, hat Deutschland 2010 aufgegeben. Gemäß Artikel 2 der Konvention ist damit jede Diskriminierung aufgrund der Herkunft und des Aufenthaltsstatus der Kinder ausgeschlossen. Bei allen politischen Maßnahmen ist zudem das Wohl aller Kinder gemäß Artikel 3 vorrangig zu berücksichtigen.
  • Die bei der Kindergrundsicherung geplante Bündelung sozialpolitischer Leistungen umfasst die kinderspezifischen Regelsätze des Bürgergeldes (SGB II) und der Sozialhilfe (SGB XII), nicht jedoch die des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG).
  • Die Regelsätze des AsylbLG sind noch niedriger (zwischen 278 Euro und 374 Euro im Jahr 2023 für Kinder und Jugendliche, altersgestaffelt) als die ohnehin zu niedrigen Regelsätze in den anderen Grundsicherungssystemen (318 bis 420 Euro). Aus Sicht der unterzeichnenden Organisationen widerspricht dies dem Gleichbehandlungsgrundsatz, der auch und insbesondere für das menschenwürdige Existenzminium gelten sollte. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in einem Grundsatzurteil im Jahr 2012 klargestellt, dass die Menschenwürde nicht durch migrationspolitische Erwägungen relativiert werden darf. Gemäß dem BVerfG ist die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ein Menschenrecht, das durch Art.1 Abs. 1 Grundgesetz garantiert wird.
  • Mit der Einführung der Kindergrundsicherung entfällt zudem der Kindersofortzuschlag von 20 Euro, den bisher auch Kinder im AsylbLG erhalten haben. In der Kindergrundsicherung soll dies durch Anpassungen der Regelbedarfe ausgeglichen werden. Berichten zufolge entfällt der Kindersofortzuschlag für Kinder im AsylbLG im Regierungsentwurf des Kindergrundsicherungsgesetzes hingegen ersatzlos.

Die folgenden Organisationen haben sich dem gemeinsamen Statement angeschlossen:

  • Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht im Deutschen Anwaltverein
  • ARBEITSKREIS ASYL TRIBSEES der evangelischen Kirchengemeinde
  • AWO Bundesverband e.V.
  • Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V. (BAfF e.V.)
  • Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V.
  • Der Paritätische Gesamtverband
  • Deutsche Gesellschaft für systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF e.V.)
  • Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
  • Diakonie Deutschland
  • Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
  • Internationaler Bund (IB) – freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e.V.
  • JUMEN e.V
  • Neue Richtervereinigung e.V. (NRV)
  • PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.
  • Save the Children Deutschland e.V.
  • SOS-Kinderdorf e.V.
  • Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD)
  • terre des hommes Deutschland e.V.
  • Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V.
  • Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.
  • Volksolidarität Bundesverband e.V.
  • World Vision Deutschland e.V.
  • Zukunftsforum Familie e.V.
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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 12/2023

AUS DEM ZFF

Am morgigen Weltkindertag findet Deutschlands erste Familienkette vom Familienministerium bis zum Bundestag statt. „Hand in Hand für eine bessere Familienpolitik“ lautet das Motto der Organisatorinnen. Das Zukunftsforum Familie (ZFF) unterstützt aktiv diese Aktion, um von der Bundesregierung mehr Investitionen in Kinder und Familien einzufordern und ein Zeichen gegen den Kürzungshaushalt zu setzen.

Sophie Schwab, Geschäftsführerin des ZFF, erklärt dazu: „Am Weltkindertag setzen wir mit der Familienkette ein Zeichen gegen den Kürzungshaushalt der Bundesregierung. Wir fordern die Ampel-Koalition auf, in Kinder und Familien zu investieren, anstatt bei Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur oder der Kindergrundsicherung zu sparen. Kinder und Familien gehören ganz oben auf die politische Agenda, denn sie gestalten unsere Zukunft. Gute Rahmenbedingungen für Familien zahlen sich deshalb doppelt aus.

Wir erinnern die Bundesregierung an ihre familienpolitischen Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, auf deren Umsetzung wir immer noch warten. Als Beteiligte der Familienkette zeigen wir dabei auch, dass wir zusammenhalten. Wir werden nicht zulassen, dass unsere Forderungen gegeneinander ausgespielt werden. Wir fordern von Bundesfinanzminister Lindner, die Einnahmeseite des Staates zu stärken und Mittel für notwendige Reformen zu generieren.“

Hintergrund:

Familienkette ist eine Aktion von Familie sind alle, einer gGmbH (in Gründung) von Natascha Sagorski und Isa Grütering. Sie haben die Initiatorinnen von sechs familienpolitischen Petitionen an einen Tisch geholt, um sich gemeinsam für eine bessere Familienpolitik einzusetzen:

  • Gestaffelter Mutterschutz, Mutterschutz auch für Frauen nach Fehlgeburten (Natascha Sagorski & Isa Grütering)
  • Mutterschutz für ALLE! Mutterschutz auch für Selbstständige (Johanna Röh & Alide von Bornhaupt)
  • Elterngeld hoch, Inflationsausgleich des Elterngelds und armutsfester Mindestsatz sowie Aufnahme des Diskriminierungsmerkmals „Fürsorgeverantwortung“ im AGG (Sandra Maria Runge, Dani Weckmann & Nancy Koch)
  • Kindergrundsicherung, Keine Einsparungen bei Kinderarmut (Michelle Franco & Anne Dittmann)
  • Kindergeld für Alle, Keine Abzüge bei Alleinerziehenden (Delia Keller)

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 19.09.2023

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat u. a. einigen Wohlfahrts- und Familienverbänden den Referent*innenentwurf eines Gesetzes „zur Einführung einer Kindergrundsicherung und
zur Änderung weiterer Bestimmungen“ zugeleitet. Bis zum 06.09.2023 wurde die Möglichkeit gegeben, zum Entwurf Stellung zu nehmen. Das ZFF hat die Möglichkeit wahrgenommen.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. kritisiert den Entwurf: „Uns liegt bisher keine echte Kindergrundsicherung vor. Der vorgelegte Referent*innentwurf kann allenfalls ein Einstieg in eine längst überfällige Reform des Systems der sozial- und familienpolitischen Leistungen sein! Kleine Schritte in die richtige Richtung sind erkennbar wie z. B. der Versuch, eine erhöhte Inanspruchnahme über teilweise automatisierte Abläufe und den Kindergrundsicherungs-Check zu erzielen. Insgesamt haben wir es aber mit einem Minimalkonsens zu tun, der das Ergebnis eines politischen Kompromisses ist und der das Ziel, Kinderarmut ernsthaft zu bekämpfen, aus den Augen verloren hat: Es wird versucht uns eine „Neudefinition des kindlichen Existenzminimums“ zu verkaufen, obwohl die Höhe der Leistung nur minimal steigt. Zudem liegt uns hier ein Konzept vor, das weder eine einfache noch eine einheitliche Leistung für alle Kinder vorsieht: Kinder ohne deutschen Pass werden kategorisch von der Inanspruchnahme einer Kindergrundsicherung ausgeschlossen. Das ist das grausame Resultat eines vorauseilenden Gehorsams geschürt von der Angst vor einem lauten konservativen und rechten Aufschrei – ich hätte mir von der Bundesregierung mehr Mut erwartet, sich diesen rassistischen Tendenzen entgegen zu stellen, anstatt von vornherein diese Kinder auszublenden. Ebenfalls ist zu befürchten, dass die stolz angekündigten Verbesserungen für Alleinerziehende von neuen Transferentzugsraten, Mindesteinkommensgrenzen und die Beibehaltung alter Schnittstellen ausgehebelt werden. Das werden wir so nicht hinnehmen und uns vehement für Verbesserungen im parlamentarischen Verfahren einsetzen.“

Die Stellungnahme des ZFF zum Referent*innenentwurf  eines Gesetzes „zur Einführung einer Kindergrundsicherung und zur Änderung weiterer Bestimmungen“ finden Sie hier.

Weitere Infos zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG und das eigene Kindergrundsicherungskonzept finden Sie hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de

Ohne fair geteilte Sorgearbeit keine Gleichstellung! Die 31 Mitgliedsorganisationen des Bündnisses Sorgearbeit fair teilen fordern die politisch Verantwortlichen auf, mehr finanzielle Mittel für gleichstellungspolitische Maßnahmen zur geschlechtergerechten Verteilung unbezahlter Sorgearbeit und zur Schließung der Sorgelücke zur Verfügung zu stellen.

Sophie Schwab, Geschäftsführerin des Zukunftsforum Familie, erklärt dazu: „Der angekündigte Sparhaushalt sorgt für einen Rückschritt in Sachen Gleichstellung. Die Kürzungen im sozial- und familienpolitischen Bereich werden Frauen eher zurück in die unbezahlte Sorgearbeit drängen. Frauen fangen auf, wo der Staat spart – die Erfahrungen mit der Austeritätspolitik belegen das in ganz Europa. Dabei hatte die Ampelkoalition doch im Gegenteil Maßnahmen angekündigt, die die Sorgearbeit gerechter unter den Geschlechtern verteilen sollten. Heutzutage müssten Rahmenbedingungen, die Partnerschaftlichkeit fördern, eigentlich längst Standard sein. Da dem aber nicht so ist, gehört die Schaffung von Gleichstellung ganz oben auf die politische Agenda.“

In der gemeinsamen Pressemitteilung heißt es weiter:

„Das faire Verteilen unbezahlter Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern über den gesamten Lebensverlauf ist ein zentraler Schlüssel für die Gleichstellung: Ohne die gerechte Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit ist die Gleichstellung im Erwerbsleben, die eigenständige Existenzsicherung und insgesamt die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in allen Lebensbereichen nicht zu erreichen“, so die Mitglieder im Bündnis Sorgearbeit fair teilen. „Die vorgesehenen Sparmaßnahmen im Bereich Gleichstellungs- und Familienpolitik senden fatale Signale. Stattdessen müssen dringend mehr finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden.“

„Die zuständigen Ressorts müssen nun zeitnah die im Koalitionsvertrag verankerten Maßnahmen für das faire Verteilen der unbezahlten Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern umsetzen“, schreiben die Bündnismitglieder in ihrem Offenen Brief anlässlich der Haushaltsberatungen 2024 an die Mitglieder des Deutschen Bundestages und die Mitglieder der Bundesregierung.

Um das gerechte Verteilen unbezahlter Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern zu fördern, wurden im Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zahlreiche Maßnahmen verankert. Zentrale Vorhaben, wie die zweiwöchige bezahlte Freistellung für Väter bzw. zweite Elternteile nach der Geburt, der Ausbau der nicht übertragbaren Elterngeldmonate, die Lohnersatzleistung für Pflegezeiten oder das Gutscheinsystem für haushaltsnahe Dienstleistungen, sind allerdings bislang noch nicht umgesetzt worden.

Der Offene Brief des Bündnisses Sorgearbeit fair teilen ist hier zu finden: https://www.sorgearbeit-fair-teilen.de/wp-content/uploads/2023/08/BSFT-Offener-Brief-Haushaltsberatungen-2024.pdf

Das Bündnis

Das zivilgesellschaftliche Bündnis Sorgearbeit fair teilen setzt sich für die geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit im Lebensverlauf ein. Seine 31 Mitgliedsverbände haben sich zum Ziel gesetzt, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft für den Gender Care Gap und seine Auswirkungen zu sensibilisieren und sich für die Schließung der Sorgelücke einzusetzen.

Weitere Informationen:

Website: www.sorgearbeit-fair-teilen.de

Twitter: @sorgearbeit

Instagram: @buendnis_sorgearbeit

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 06.09.2023

Die in der AGF zusammengeschlossenen Familienverbände fordern die Bundesregierung auf, die im Koalitionsvertrag vereinbarte und als „Familienstartzeit“ bereits mehrfach angekündigte zweiwöchige vergütete Freistellung für Väter und zweite Elternteile nach der Geburt eines Kindes umgehend einzuführen.

„Die Familienorganisationen unterstützen die Pläne zur Einführung einer Freistellung von Vätern und zweiten Elternteilen ausdrücklich“, erläutert der Vorsitzende der AGF, Dr. Klaus Zeh und fährt fort: „Zum einen wird die Mutter nach der Geburt entlastet. Daher muss dies auch eine entsprechende Lösung für Alleinerziehende beinhalten. Zum anderen ist die Beteiligung von Vätern an den frühen Kinderbetreuungs- und Erziehungsaufgaben von ihnen selbst und gesellschaftlich ausdrücklich gewünscht und hilft dabei, früh eine enge Vater-Kind-Beziehung aufzubauen“.

Die Verbände weisen darauf hin, dass eine entsprechende Freistellung aus guten Gründen auch im sogenannten Vereinbarkeitspaket der Europäischen Union vorgesehen ist. Die Frist für die nationale Umsetzung sei jedoch bereits am 2. August 2022 verstrichen.

Obwohl die Einführung einer solchen Freistellung im Koalitionsvertrag vorgesehen ist und bereits im April dieses Jahres ein entsprechender Entwurf des Bundesfamilienministeriums das Licht der Welt erblickte, sehen die Familienorganisationen keine Fortschritte in diesem Feld.

„Gerade angesichts der bereits vorhandenen Vorarbeit gibt es wenig Verständnis innerhalb der Familienorganisationen, dass dieses Vorhaben nicht längst im Parlament beschlossen und die Umsetzung auf den Weg gebracht wurde. Diese ist überfällig – zumal sie mit der vorgesehenen Umsetzung im Mutterschutz zu keiner Belastung des Bundeshaushaltes führt. Wir sehen die Gefahr, dass dieses wichtige familien- und gleichstellungspolitische Projekt immer weiter verschoben wird oder sogar ganz von der Agenda verschwindet. Deshalb fordern wir die Regierung auf, jetzt direkt nach der Sommerpause einen Gesetzentwurf vorzulegen und somit den werdenden Eltern zum Beginn des nächsten Jahres ein gültiges Angebot zu machen“, betont Dr. Zeh.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 05.09.2023

SCHWERPUNKT I: Weltkindertag

Am 20. September wird in Deutschland der Weltkindertag gefeiert. Jedes Jahr wird an diesem Tag dazu aufgerufen, die Rechte und Interessen aller Kinder ins Zentrum von Politik und Gesellschaft zu stellen.

In diesem Jahr steht der Tag unter dem Motto „Jedes Kind braucht eine Zukunft“.

Die Vorsitzende der Kinderkommission, Emilia Fester, MdB, erklärt hierzu:

„Jedes Kind braucht eine Zukunft – denn der Jugend gehört die Zukunft!
Es ist dringend an der Zeit, dass wir Kinder und Jugendliche mehr beteiligen, als gleichberechtigte Menschen sehen und in politische Prozesse einbinden. Kinder und Jugendliche sind sehr politisch und haben zu den großen Zukunftsfragen viel zu sagen. Viel zu oft reden wir als Gesellschaft und Politik nur über junge Menschen, statt mit ihnen. Das wollen wir ändern.“

In Deutschland wird nicht nur am 20. September, sondern auch am 1. Juni ein Kindertag begangen. In der Bundesrepublik wird seit 1954 der von der UN ins Leben gerufene „Weltkindertag“ gefeiert, während schon in der ehemaligen DDR am 1. Juni der „Internationale Kindertag“ begangen wurde. So werden seit der Wiedervereinigung an zwei Tagen die Rechte, Bedürfnisse und Anliegen der Kinder besonders in den Blick genommen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 19.09.2023

Bündnis demonstriert am Weltkindertag        

Am Weltkindertag (20.9.) demonstrieren die freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Berlin gegen die geplanten Kürzungen im Kinder- und Jugendplan (KJP) des Bundes. Der Etat dieses wichtigsten Instruments für Jugendförderung auf Bundesebene soll um rund ein Fünftel (44,6 Millionen Euro) reduziert werden. Die Folgen dieser Entscheidung werden an die Substanz der Angebote der Kinder- und Jugendhilfe gehen und lassen Millionen Zukünfte junger Menschen und ihrer Familien platzen. Als Konsequenz der geplanten Kürzungen wird der Zugang zu Sport und Jugendverbänden eingeschränkt sein, werden politische Bildung und die verlässliche politische Interessenvertretung mit und für junge(n) Menschen gefährdet sein. Betroffen sind auch die Freiwilligendienste: Ihre Förderung soll so stark gekürzt werden, dass rund 25 Prozent der Plätze wegfallen werden. Die unverschuldet desolate Haushaltssituation der Träger wird verschärft, da stark angestiegene Personalkosten (Tarifsteigerungen), aber auch erhöhte Sach- und Programmkosten keine Berücksichtigung finden.

Kürzungen für junge Menschen schaffen kein Vertrauen in die Politik

Junge Menschen haben durch die Corona-Pandemie erlebt, dass ihre Interessen und Bedürfnisse hintenangestellt wurden. Jugendstudien, wie die der Vodafone-Stiftung, machen hierzu deutlich, dass 73 Prozent unzufrieden damit sind, wie die Politik ihre Interessen berücksichtigt. Die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ Prof. Dr. Karin Böllert betont:

„Jetzt müssen die jungen Menschen erleben, dass erneut Politik auf ihre Kosten gemacht wird. 

Die Mittelkürzungen schaffen kein Vertrauen in die Politik und die Demokratie.“

Kürzungen gefährden die Kinder-und Jugendhilfe existenziell

Seit Jahren berücksichtigt die Bundesregierung beim Kinder- und Jugendplan nicht die gestiegenen Kosten und Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe. Eine Dynamisierung dieses grundlegenden Förderinstruments fehlt. Die geplanten Kürzungen gefährden die Kinder- und Jugendhilfe jetzt existenziell. Die AGJ-Vorsitzende warnt:

Das ist Sparen an der Gegenwart und Zukunft der jungen Generation und erzeugt in jedem Fall höhere Folgekosten.“

Lobby für junge Menschen wehrt sich

Ein Bündnis aus bundeszentralen Organisationen der Kinder- und Jugendhilfe hat für den 20.9. zur Demonstration gegen die Kürzungen in Berlin aufgerufen. An diesem Tag berät der Deutsche Bundestag über die geplanten Einschnitte. Unter dem Slogan „Eure Entscheidung lässt Millionen Zukünfte platzen“ organisiert sich der Protest aus allen Bereichen der jungen Zivilgesellschaft: Jugendverbände reisen mit einem Sonderzug aus NRW an, der „SingBus“ der Chorjugend wird zur Bühne für die Kundgebung und aus dem gesamten Bundesgebiet kommen Protestierende aller Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe zusammen. Auf der Abschlusskundgebung auf dem Potsdamer Platz lassen die Teilnehmer*innen der Demo dann 1.000+ Luftballons symbolisch platzen. Eine der Hautredner*innen bei der Abschlusskundgebung ist die AGJ-Vorsitzende Prof. Dr. Karin Böllert.

Die Pressestelle der AGJ vermittelt am 20.9.2023 gerne Interviewanfragen zu den geplanten KJP-Kürzungen mit der AGJ-Vorsitzenden, Prof. Dr. Karin Böllert und der stellvertretenden Vorsitzenden, Dr. Gabriele Weitzmann.

Kontakt: Sabine Kummetat, Tel.: (030) 400 40 219

Die Initiator*innen der Demo „Eure Entscheidung lässt Millionen Zukünfte platzen“

Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ, Deutscher Bundesjugendring (DBJR), Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten (AdB), Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ), Deutsche Sportjugend (dsj), Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendeinrichtungen (BAG OKJE), Gemeinsame Initiative der Träger Politischer Jugendbildung (GEMINI).

Social Media Assets #Zukünfteschaffen zum Download: https://dbjr.org/s/BNf669K7tgTyCms

Demonstrationsroute und Kundgebung mit den Freiwilligendiensten

Der Demonstrationszug beginnt um 10:30 Uhr am Berliner Hauptbahnhof (Washington Platz), läuft entlang des Regierungsviertels durch das Brandenburger Tor, vorbei am Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und am Bundesfinanzministerium. Die Demonstration endet mit einer Abschlusskundgebung um 13 Uhr am Potsdamer Platz, wo der Staffelstab an die Vertreter*innen der Freiwilligendienste übergeben wird, die ebenfalls gegen die drohenden massiven Kürzungen demonstrieren.

Kinder- und Jugendplan des Bundes

Der im Jahr 1950 eingeführte Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) ist das zentrale Förderinstrument der Kinder- und Jugendhilfe auf Bundesebene. Die Förderung aus dem KJP soll die Leistungen und die Wahrnehmung anderer Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien nach § 2 SGB VIII und Anregungen durch Sicherung, Stärkung und Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe sowie durch Rahmenbedingungen für eine leistungsfähige bundeszentrale Infrastruktur der Kinder- und Jugendhilfe schaffen. 2023 verfügt der KJP über 239,1 Mio. Euro. Der Regierungsentwurf für 2024 sieht 194,5 Mio. Euro vor, 19% weniger als im Vorjahr!

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ vom 18.09.2023

Anlässlich des Weltkindertags am 20. September appelliert die Diakonie Deutschland an die Politik, den Rechtsanspruch von Kindern auf einen guten Betreuungsplatz auch tatsächlich umzusetzen.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Wir verspielen die Zukunft unserer Kinder schon im Kindergarten. Ohne die frühkindliche Bildung in den Kitas haben insbesondere Kinder aus bildungsfernen Familien deutlich schlechtere Chancen in der Schule und damit auf einen guten Abschluss und einen Ausbildungsplatz. Trotz des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz gibt es aber noch immer viel zu wenig Plätze. Bereits 2022 hat die Bertelsmann-Stiftung in einer Studie herausgestellt, dass 2023 mehr als 380.000 Kita-Plätze fehlen werden. Der dramatische Fachkräftemangel und oftmals unzureichende Finanzierung der Kindertagessstätten haben die Situation zusätzlich verschärft. Das geht soweit, dass Kitas häufig ihre Betreuungszeiten erheblich reduzieren und kurzfristig Schließtage erfolgen. Hier besteht großer Handlungsdruck, damit Kitas ihren Bildungsauftrag einlösen und Eltern verlässlich arbeiten können.“

Hintergrund:

Jedes Jahr werden zum Weltkindertag in Deutschland die Rechte der Kinder ins Zentrum der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit gerückt. Grundlage ist die UN-Kinderrechtskonvention. Sie sieht unter anderem vor, dass Kinder sicher leben können, Nahrung, medizinische Versorgung und Ausbildung erhalten und mitreden dürfen, wenn über ihr Wohlergehen entschieden wird. Der Weltkindertag 2023 steht in Deutschland unter dem Motto „Jedes Kind braucht eine Zukunft!“. Die UN begehen den Weltkindertag am 20. November. In Deutschland wird er seit 1954 am 20.September gefeiert.

Ländermonitoring frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann-Stiftung:

https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2022/oktober/2023-fehlen-in-deutschland-rund-384000-kita-plaetze

Weitere Informationen:

https://www.diakonie.de/kinderbetreuung

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 19.09.2023

SCHWERPUNKT II: Referent*innenentwurf Kindergrundsicherung

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) kritisiert in seiner aktuellen Stellungnahme den Referentenentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur geplanten Kindergrundsicherung und fordert grundlegende Verbesserungen.

„Der nach monatelangen Verhandlungen gefundene Kompromiss der Bundesregierung wird dem Anliegen, Kinder aus einkommensschwachen Familien besser abzusichern nicht gerecht. Eltern und insbesondere Alleinerziehende werden nicht entlastet.“, sagt Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb.

Der djb bewertet den Gesetzentwurf als komplizierte und teure Verwaltungsreform, die weder Kinder vor Armut schützen noch faire Startchancen schaffen kann. Für Eltern wird die Inanspruchnahme existenzsichernder Leistungen für die ganze Familie nicht erleichtert. Der djb lehnt es insbesondere ab, dass verschiedene Behörden für Grundsicherungsleistungen einer Familie zuständig sein sollen, getrennt danach, ob es sich um Leistungen für Kinder oder Eltern handelt.

„Da das Leistungsniveau für Kinder nicht angehoben wird, ist diese Verwaltungsreform nicht im Sinne der Kinder. Der Gesetzgeber sollte sich Zeit nehmen, nachzubessern.“ sagt Prof. Dr. Cara Röhner, Vorsitzende der Kommission Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich im djb.

Der djb sieht insbesondere den Aufbau von Doppelstrukturen mit Sorge. Familien, die bisher die Grundsicherungsleistungen als Bedarfsgemeinschaft beim Jobcenter beziehen, müssten diese nach den neu geplanten Leistungen der Kindergrundsicherung zusätzlich für Kinder bei der Bundesagentur beantragen. Das Zusammenspiel verschiedener Verwaltungsvorgänge und verschiedener Verwaltungen, die Leistungen prüfen müssen, die weitgehend von dem gleichen Sachverhalt und den gleichen Sachverhaltsänderungen abhängen, wird den Bezug von Leistungen für die Familie insgesamt erschweren. Da hilft es Kindern auch nicht, dass die Leistungen für sie selbst begrifflich zusammengefasst werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 06.09.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk warnt vor parteitaktischen Spielchen bei der geplanten Kindergrundsicherung. „Nach der Einigung der Ampelregierung in der letzten Woche waren wir sehr froh darüber, dass es bei der Kindergrundsicherung jetzt endlich einen Schritt vorwärts geht. Als Verbände wurde uns für die Stellungnahme zum komplexen Referentenentwurf des Familienministeriums eine Woche Zeit eingeräumt. An diese Frist halten wir uns, umso unverständlicher ist es, dass das Bundesfinanzministerium sich jetzt nach Medienberichten eine Prüfungsfrist von vier Wochen nehmen will. Dabei sind mehr als Grundzüge des Gesetzgebungsvorhabens seit vielen Wochen bekannt. Das sieht von außen betrachtet nach einem parteitaktischen Spielchen auf dem Rücken der Kinder aus, nachdem Bundesfamilienministern Paus vor kurzem das Wachstumschancengesetz von Bundesfinanzminister Lindner im Bundeskabinett blockiert hat. Falls durch die Verzögerung jetzt der gesamte Zeitplan für die Kindergrundsicherung ins Rutschen gerät, wäre das aus unserer Sicht katastrophal“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die Leistungsbündelung und verbesserte Zugänge von Kindern zu Sozialleistungen durch die Kindergrundsicherung sind wichtige Hebel zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland. Auch wenn die Kindergrundsicherung nach jetzigem Planungsstand nicht der erhoffte große Wurf ist, begrüßen wir den Grundansatz, dass nämlich Kinder und Jugendliche nicht weiter als Bittsteller von Sozialleistungen gesehen werden. Denn es ist die Aufgabe des Staates, allen Kindern die für ihr gutes Aufwachsen notwendigen finanziellen Mittel zukommen zu lassen, wenn die Eltern das nicht aus eigener Kraft schaffen“, so Krüger weiter.

„Aus repräsentativen Umfragen für das Deutsche Kinderhilfswerk wissen wir, dass nur sehr wenige Menschen in Deutschland der Meinung sind, dass der Staat ausreichend in die Zukunftschancen der jungen Generation investiert. Zugleich wären knapp zwei Drittel der Erwachsenen bereit, mehr Steuern zu bezahlen, wenn damit das Problem der Kinderarmut in Deutschland wirksam bekämpft würde. Die Solidarbereitschaft in der Bevölkerung wird an dieser Stelle derzeit von der Politik massiv unterschätzt. Diese sollte vielmehr von der Bundesregierung aufgenommen und in eine kraftvolle Politik insbesondere für von Armut betroffene Kinder umgesetzt werden“, sagt Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 06.09.2023

eaf sieht besseren Zugang aber kaum Leistungsverbesserungen

Der aktuelle Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Kindergrundsicherung enttäuscht die Erwartungen der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf): Die Chance auf ein neu bemessenes, deutlich erhöhtes „ausreichendes Existenzminimum“ für Kinder, eine auskömmliche finanzielle Absicherung für soziale Teilhabe und ein gutes Aufwachsen für alle wurde vertan.

Svenja Kraus, Bundesgeschäftsführerin der eaf, warnt: „Bei der Lektüre des Entwurfs hört man förmlich das Stoßgebet der Ampel: ‚Bitte lass es kein zusätzliches Geld kosten!‘ Das sagt einiges aus über die Prioritäten der Bundesregierung. Sicher ist, was wir kurzfristig sparen, wird zukünftigen Generationen in vielfacher Höhe als Folgekosten unterlassener Armutsbekämpfung auf die Füße fallen.“

„Wir erkennen den ernsthaften Versuch, zumindest verdeckte Armut durch den Kindergrund­sicherungscheck zu verringern, an. Solange Kinder und Jugendliche aber nur Leistungen erhalten, die auf ein möglichst niedriges sozialrechtliches Minimum gedeckelt sind, kann eine ‚Kindergrundsicherung‘ nicht gelingen“, ergänzt Martin Bujard, Präsident der eaf. „Nur mehr Berechtigte zu erreichen, reicht jedoch nicht. Wir brauchen mehr Geld im System, in den Familien und in der Infrastruktur.“ Bujard unterstreicht: „Beides ist notwendig: Mehr Geld durch eine echte Kindergrundsicherung sowie mehr ganztägige und qualitativ bessere Betreuungsangebote für Kinder, denn: Die Kinder sind unser aller Zukunft.“

„Wir vermissen den politischen Willen für eine deutlich bessere Unterstützung von Kindern und Jugendlichen“, führt Svenja Kraus, Bundesgeschäftsführerin der eaf, aus. „Der Bundeshaushalt leistet sich Mindereinnahmen in Höhe von 15 Milliarden Euro aus der Abfederung der kalten Progression und sechs Milliarden Euro nach Absenkung der Unternehmenssteuer. Für die als ‚größte sozialpolitische Reform des Koalitionsvertrags‘ angekündigte Kindergrundsicherung ist dagegen deutlich weniger vorgesehen. Zwar werden die notwendigen Investitionen in die Digitalisierung und Entwicklung des Kinderchancenportals getätigt, aber der Versuch des Bundesfinanzministers bleibt, nicht mehr als zwei Milliarden Euro in die Reduktion von Armut fließen zu lassen.“

Stellungnahme der eaf zum Referentenentwurf des BMFSFJ „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Kindergrundsicherung und zur Änderung weiterer Bestimmungen“.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 07.09.2023

Nach zähen Ringen um Finanzierung und konkrete Ausgestaltung innerhalb der Ampel-Koalition hat das Bundesfamilienministerium einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Kindergrundsicherung vorgelegt. „Der Referentenentwurf ist allenfalls ein erster Schritt zu einer Kindergrundsicherung. In der Zusammenschau ist nicht erkennbar, wo die viel gepriesenen Verbesserungen für Alleinerziehende liegen sollen. Deshalb braucht es dringend Nachbesserungen“, kritisiert Myriam Gros, stellvertretende Vorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e.V. (VAMV).

„Wir begrüßen sehr, dass Unterhalt und Unterhaltsvorschuss künftig zu 45 Prozent bei der Höhe des Zusatzbetrags zählen sollen, statt zu 100 Prozent wie im Bürgergeld. Das ist wichtig, denn sonst hätte ausgerechnet die Kindergrundsicherung für Kinder von Alleinerziehenden mit kleinen Einkommen, die heute Kinderzuschlag erhalten, eine Verschlechterung bedeutet. Allerdings wird für Einelternfamilien im SGB II diese Verbesserung wieder aufgefressen. Denn der Teil des Kinderga-rantiebetrags, der nicht für die grundlegenden Bedarfe des Kindes verwendet werden muss, soll auf den elterlichen Bedarf angerechnet werden.“

„Kindern von Alleinerziehenden, die heute Kinderzuschlag beziehen, drohen sogar Verschlechterungen, wenn der Zusatzbetrag der Kindergrundsicherung für Umgangstage gekürzt werden kann und Unterhalt ab 500 Euro den Zusatzbetrag stärker reduziert, als es jetzt beim Kin-derzuschlag der Fall ist. Wir lehnen außerdem ab, den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss künftig für alle Schulkinder an ein Mindesteinkommen der Alleinerziehenden von 600 Euro zu knüpfen. Wir dringen darauf, dass der Deutsche Bundestag diese Verschlechterungen zurücknimmt und im SGB II klarstellt, dass der Kindergarantiebetrag nicht bei den Eltern angerechnet werden darf. Ansonsten hat die Hälfte der Kinder in Armut rein gar nichts von der groß angekündigten Kindergrundsicherung.“, so Myriam Gros weiter.

Mit der Einführung einer Kindergrundsicherung verbindet die Ampel-Koalition das Ziel, Kinder aus der Armut zu holen. Öffentlich wurden zuletzt vor allem immer wieder Verbesserungen für Kinder von Alleinerziehenden versprochen. Alleinerziehende und ihre Kinder sind heute mit 42 Prozent überproportional von Armut betroffen. Neben ungerechter Entlohnung in frauentypischen Berufen sorgen fehlende passgenaue Kinderbetreuung und familienunfreundliche Arbeitsbedingungen dafür, dass Alleinerziehende häufig in der Teilzeitfalle stecken und mit ihren Kindern von kleinen Einkommen leben müssen.

Die Stellungnahme des VAMV zum Referentenentwurf finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 07.09.2023

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundesfamilienministerin Paus informiert sich im Familienservicebüro Marzahn-Hellersdorf

Die Digitalisierung des Elterngeldantrags schreitet weiter voran: Wer in Berlin einen Antrag mit dem Onlinedienst „ElterngeldDigital“ stellt, kann ab sofort Antragsdaten, Nachweise und Unterschrift komplett digital übermitteln. Bei einem Besuch im Familienservicebüro in Berlin Marzahn-Hellersdorf ließ sich Bundesfamilienministerin Lisa Paus gemeinsam mit der Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie Katharina Günther-Wünsch den Eingang eines digitalen Antrags und dessen weitere Bearbeitung zeigen.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Das ElterngeldDigital ist eine Win-Win-Situation und wirft ein Schlaglicht auf die digitalen Potenziale der Verwaltung: Eltern sparen Zeit, die sie besser mit dem Nachwuchs verbringen können. Auch die Verwaltung kann die Anträge schneller bearbeiten und bewilligen, weil diese nicht mehr abgetippt werden müssen und weniger Fehler oder unvollständige Angaben aufweisen.“

Katharina Günther-Wünsch, Senatorin für Bildung, Jugend und Familie: „Was in der Privatwirtschaft in vielen Fällen längst gang und gäbe ist, ist für die Verwaltung eine echte Innovation – und für die Berliner Familien eine spürbare Entlastung: Dank ElterngeldDigital kann das Elterngeld endlich direkt online beantragt werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Beratungsstellen wegrationalisiert werden: Wer Beratung bei der Antragsstellung wünscht, findet in den Berliner Familienservicebüros weiterhin kostenfreie Unterstützung beim Ausfüllen und kann den Antrag dort direkt online abschicken.“

Mit ElterngeldDigital entwickelt das Bundesfamilienministerium einen Antragsassistenten, den es in elf teilnehmenden Bundesländern gibt und der mit verständlicher Sprache, Hilfestellungen und automatischer Fehlererkennung Eltern gezielt beim Ausfüllen des Antragsformulars unterstützt. In Berlin muss der Antrag danach nicht mehr ausgedruckt und per Post verschickt werden. Damit die Daten von ElterngeldDigital in die zuständige Elterngeldstelle übermittelt werden, hat Berlin sein Fachverfahren (Berechnungssoftware der Verwaltung) ausgebaut.

Die Berliner Familienservicebüros sind zentrale Anlaufstellen für Verwaltungsleistungen, darunter Elterngeld und Jugendamtsleistungen. Zu diesem übergreifenden Konzept tauschten sich Bundesministerin und Senatorin bei einem gemeinsamen Rundgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Service-Büros aus.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 14.09.2023

Beeindruckende Bilder vom Leben im Alter

Bundesseniorenministerin Lisa Paus hat heute im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung in Berlin die Preise im Fotowettbewerb „VielfALT“ überreicht. Der Wettbewerb der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) hat das Ziel, Leben im Alter in all seinen Facetten darzustellen. Ministerin Paus gratulierte den Gewinnerinnen und Gewinnern persönlich und überreichte Preise im Gesamtwert von 19.000 Euro.

Bundesseniorenministerin Lisa Paus: „Die Fotos sind ein starkes Signal für differenzierte Altersbilder: Sie zeigen, dass Individualität, Engagement und Mut unabhängig vom Lebensalter sind. Die Preisträgerinnen und Preisträger machen mit ihren eindrucksvollen Fotos die enorme Bandbreite der Lebenswirklichkeiten älterer Menschen in unserer Gesellschaft sichtbar. Sie zeigen die reichhaltigen Formen an Individualität, der Teilhabe sowie des Engagements in so vielen Bereichen. Ältere Menschen haben viel zu geben und sie tun das auch.“

BAGSO-Vorsitzende Dr. Regina Görner: „Realistische Altersbilder sind enorm wichtig dafür, dass ältere Menschen in unserem Land ihre Potenziale nutzen können. Dazu will der Fotowettbewerb beitragen. Ja, das Alter kann Einschränkungen und Hilfebedürftigkeit mit sich bringen. Aber Älterwerden bedeutet auch aktiv sein, engagiert, auch queer, auch migrantisch, auch sportlich, auch experimentierfreudig und vieles mehr. Ältere sind alles, was alle anderen Generationen auch sind.“

Die ausgezeichneten Fotografien sowie alle eingereichten Bilder sind auf www.bagso.de/fotowettbewerb zu sehen. Der Fotowettbewerb „VielfALT“ wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.

In der Kategorie „Das bin ich. Individuell im Alter“ gehen die Preise an Cordia Schlegelmilch, Susanne Seiffert und Günter Musche. In der Kategorie „Mittendrin. Aktiv und engagiert bis ins hohe Alter“ gewinnen Marisa Reichert, Ferdinand Jendrejewski und Thomas Henrich. In der Kategorie „Licht und Schatten. Herausforderungen im Alter“ kürt die Jury Caroline Funke, Franziska Barth und Daniela Blöchinger. Die Preise in der Kategorie „Gemeinsam geht was. Jung und Alt im Austausch“ erhalten Bernd Lindig, Andrea Bothe und Julia Otto. Der Publikumspreis geht an Marijke Rademacher.

In der Einreichungsphase des Fotowettbewerbs zwischen Januar und Mai 2023 wurden fast 1.500 Beiträge eingereicht. Eine unabhängige Jury wählte die zwölf Preisträger*innen aus. Der Publikumspreis wurde im Zuge einer zweiwöchigen Online-Abstimmung im Juni vergeben.

Siegerfotos

Die Preisträger-Fotos dürfen nur im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Fotowettbewerb VielfALT genutzt werden. Im Copyright ist der Name des Fotografen bzw. der Fotografin anzugeben.

Kategorie 1: „Das bin ich. Individuell im Alter“

  1. Preis: Cordia Schlegelmilch – Noch attraktiv im hohen Alter
  2. Preis: Susanne Seiffert – Dritter Frühling
  3. Preis: Günter Musche – Kraft und Achtsamkeit beim japanischen Bogenschießen

Kategorie 2: „Mittendrin. Aktiv und engagiert bis ins hohe Alter“

  1. Preis: Marisa Reichert – Irmela Mensah-Schramm, geb. 1945, übersprüht rassistische Botschaften
  2. Preis: Ferdinand Jendrejewski – Wanderung
  3. Preis: Thomas Henrich – Ausgabe von Stullen bei der Bahnhofsmission Nürnberg

Kategorie 3: „Licht und Schatten. Herausforderungen im Alter“

  1. Preis: Caroline Funke – Schmerzlichst Alleinsein
  2. Preis: Franziska Barth – Denise
  3. Preis: Daniela Blöchinger – 4-8-4-8

Kategorie 4: „Gemeinsam geht was. Jung und Alt im Austausch“

  1. Preis: Bernd Lindig – Deutschstunde
  2. Preis: Andrea Bothe – Christopher Street Day: Betty von den „Golden Girls“ zusammen mit ihrer Enkelin
  3. Preis: Julia Otto – Letzter Besuch

Publikumspreis:

Marijke Rademacher – Herzensverbindung – Oma Käthe und ihr Enkelsohn Nico

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12.09.2023

Unter dem Motto „Sagen was ist – tun was hilft“ gehen mit dem Beginn des neuen Schuljahrs bundesweit die Mental Health Coaches an den Start. Bundesjugendministerin Lisa Paus hat heute an einer Berliner Schule den offiziellen Startschuss für das Modellprogramm gegeben. Insgesamt nehmen mehr als 100 Schulen in allen 16 Bundesländern an dem Programm teil.

Bundesjugendministerin Lisa Paus: „Das Aufwachsen in krisenhaften Zeiten und unsichere Zukunftsaussichten setzen viele junge Menschen unter enormen Stress. Zahlreiche Studien belegen, dass psychische Belastungen bei Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren enorm zugenommen haben. Mit den Mental Health Coaches bringen wir präventive Angebote zur Stärkung der Resilienz und der mentalen Gesundheit mitten in die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen  an die Schulen. Die Coaches machen Mut, sich bei psychischen Problemen Hilfe zu holen, und zeigen auf, wo und wie man als junger Mensch diese Hilfe bekommt. Die junge Generation braucht mehr Aufmerksamkeit und Stärkung – auch dazu tragen wir mit den Mental Health Coaches bei.“

Über das Programm „Mental Health Coaches“

Im Rahmen des Bundesprogramms „Mental Health Coaches“ werden an Schulen ab der Sekundarstufe I Fachkräfte aus den Bereichen Sozialpädagogik, Sozialarbeit und Psychologie eingesetzt. Sie unterbreiten präventive Gruppenangebote, um das Wissen der Schülerinnen und Schüler über mentale Gesundheit zu erweitern und ihre Resilienz zu stärken. Sie vermitteln, wie junge Menschen bei psychischen und sozialen Problemen vertiefende Hilfs- und Beratungsangebote wahrnehmen und erste Kontakte herstellen können. Zudem soll das Modellvorhaben den Austausch und die Vernetzung der Fachkräfte fördern und aktuelle sowie zukünftige Bedarfe im Themenfeld Mental Health aufzeigen.

Das Programm wird in die Struktur der teilnehmenden Schulen und deren bestehende primärpräventive Maßnahmen im Bereich „Mental Health“ sowie in die regional vorhandenen Beratungs- und Hilfsangebote eingebunden. Die teilnehmenden Schulen wurden in enger Abstimmung mit den Ländern ausgewählt.

Zur Umsetzung stehen im Haushaltsjahr 2023 als Teil des Zukunftspakets für Bewegung, Kultur und Gesundheit bis zu 10 Millionen Euro zur Verfügung.

Weitere Informationen finden Sie unter www.mental-health-coaches.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12.09.2023

Väter engagieren sich immer stärker in der Familie – allerdings stimmen Wunsch und Wirklichkeit oft nicht überein

Bundesfamilienministerin Lisa Paus veröffentlichte heute in Berlin den neuen Väterreport und diskutierte zentrale Befunde auf der Fachtagung „Gute Chancen für alle Familien – Trends, Herausforderungen und politische Perspektiven“ gemeinsam mit Prof. Jutta Allmendinger (WZB), Christina Ramb (BDA) und Tillmann Prüfer (Journalist und Autor). Der Väterreport beschreibt auf Basis amtlicher Statistiken, wissenschaftlicher Studien und repräsentativer Bevölkerungsbefragungen die Lebenslagen, Werte und Einstellungen von Vätern in Deutschland. Er nimmt erstmals auch verschiedene Vätertypen und ihre Wünsche, Aufgabenteilung und berufliche Situation in den Blick. Die Publikation ist auf der Website des BMFSFJ zu finden: www.bmfsfj.de/vaeterreport  

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Das gesellschaftliche Vaterbild und die eigenen Vorstellungen von Vätern haben sich in den letzten Jahrzehnten deutlich hin zu mehr Partnerschaftlichkeit gewandelt. Der Väterreport zeigt aber zugleich, dass es immer noch eine Lücke gibt zwischen Wunsch und Wirklichkeit bei der Aufgabenteilung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es braucht mehr mutige Väter, die ihre Wünsche nach einer partnerschaftlichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch umsetzen – und eine Politik und Wirtschaft, die Vereinbarkeit auch für Väter in den Blick nimmt.

Mit der Familienstartzeit möchte ich Eltern in ihrem Wunsch unterstützen, sich in der frühen Familienphase partnerschaftlich einzuspielen. Väter sollen sich künftig für die ersten zehn Arbeitstage nach der Geburt ihres Kindes bei vollem Lohnausgleich freistellen lassen können. Gelingt eine partnerschaftliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie von Anfang an, stärkt das gerade auch in Krisenzeiten die Stabilität der gesamten Familie.“

Zentrale Ergebnisse des Väterreports:

  • Das gesellschaftliche Vaterbild und die eigenen Vorstellungen von Vätern, wie sie ihre Rolle ausüben wollen, haben sich in den letzten Jahrzehnten deutlich hin zu mehr Partnerschaftlichkeit gewandelt. Dieser Trend setzt sich fort. Der vorliegende Väterreport zeigt, dass sich Väter viel stärker als früher eine partnerschaftlich organisierte Aufgabenteilung wünschen.
  • Väter möchten heute präsenter im Leben ihrer Kinder sein. Mehr Väter nehmen heute Elternzeit und sie verbringen mehr Zeit mit ihren Kindern: 2019 waren es durchschnittlich 3 Stunden an Wochentagen – 1999 nur 1,9 Stunden. Knapp zwei Drittel der Väter wünschen sich jedoch mehr Zeit für die Kinder. Viele Väter wünschen sich eine partnerschaftliche Aufteilung der Kinderbetreuung.
  • Der Anteil der Väter, die Elternzeit nehmen und dabei Elterngeld beziehen steigt stetig an: Während im Jahr 2008 der Vater jedes fünften Kindes in Deutschland Elterngeld bezogen hat, ist der Anteil bei den 2020 geborenen Kindern auf knapp 44 Prozent angestiegen.
  • Der Väterreport zeigt, dass es noch immer Lücken zwischen Wunsch und Wirklichkeit gibt, die sich durch viele Bereiche zieht. So findet jeder zweite Vater, dass kleine Kinder genauso gut von ihrem Vater betreut werden können, wie von ihrer Mutter und jeder zweite Vater möchte gern die Hälfte der Betreuung übernehmen. Tatsächlich tun dies nur 21 Prozent. Insgesamt wollen 43 Prozent der Väter einen größeren Anteil der Kinderbetreuung übernehmen als sie dies aktuell leisten,
  • Eine ähnliche Diskrepanz zeigt sich beim Erwerbsverhalten: Mittlerweile befürworten knapp zwei Drittel der Väter gleiche berufliche Chancen und die finanzielle Unabhängigkeit beider Elternteile. Gleichzeitig verharren Väter im traditionellen Familienbild, wenn es um die zeitliche Aufteilung der Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit geht. Väter machen seltener als Mütter berufliche Abstriche zugunsten der Familie und gehen weniger in Teilzeit (2022: Väter 8%, Mütter 68%).
  • Wichtige Weichenstellungen zugunsten der gewünschten partnerschaftlichen Aufgabenteilung werden nach der Geburt gestellt und im Laufe der Zeit oft beibehalten. Deshalb haben Elternzeit und Elterngeld eine sehr hohe Bedeutung. 34 Prozent der Familien, in denen beide Elternteile Elternzeit genommen haben, sagen, dass sie dadurch zu einer gerechteren Aufgabenteilung gefunden haben. Insbesondere Elternzeiten von Vätern, die über zwei Partnermonate hinaus gehen, wirken sich positiv auf die partnerschaftliche Aufgabenteilung aus.
  • Insgesamt ist vielen Vätern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein wichtiges Anliegen. Dies wird auch in der weit verbreiteten Bereitschaft deutlich, zugunsten besserer Vereinbarkeitsbedingungen die Arbeitsstelle zu wechseln. Eine familienfreundliche Unternehmenskultur mit aktiver Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Väter wird so zum Standortvorteil.
  • Mit der Einführung der Partnermonate im Elterngeld ist es in den Unternehmen zu einem Bewusstseinswandel gekommen. Die Familie und Sorgearbeit von Vätern ist durch deren Elternzeit sichtbar geworden und hat Einfluss auf betriebliche Prozesse genommen. Folglich nahm die Väterfreundlichkeit der Unternehmen zu. So hat sich der Anteil der Unternehmen, in denen männliche Führungskräfte Elternzeit nehmen, seit 2015 auf heute 34 Prozent verdoppelt.
  • In diesem Väterreport wurden erstmals fünf Vätertypen identifiziert: der überzeugte Engagierte, der urbane Mitgestalter, der zufriedene Pragmatiker, der etablierte Konventionelle und der überzeugte Rollen-Bewahrer. Die beschriebenen Vätertypen sind vereinfachende Prototypen und sie unterscheiden sich in ihren Einstellungen, in ihren Wünschen zur Aufgabenteilung von Kinderbetreuung und Erwerbsarbeit, nach ihrer Nutzung des Elterngeldes, nach Alter der Kinder, Einkommen und Wohnumfeld.
  • Trotz der teils größeren Unterschiede zwischen den verschiedenen Vätertypen, wird jedoch deutlich: Das Modell des alleinigen Familienernährers schwebt immer weniger Vätern als Ideal vor. Nur rund ein Drittel der Väter wollen und leben dieses Modell. Die Mehrheit der Väter in Deutschland handelt bei der Kinderbetreuung zumindest ansatzweise partnerschaftlich – auch dank einer fortschrittlichen Familienpolitik, die mit dem Elterngeld und dem Ausbau der Kinderbetreuung eine partnerschaftliche Aufgabenteilung unterstützt. Zusätzlich leisten Unternehmen, die ihre Vereinbarkeitsangebote auch an den Erwartungen der Väter ausrichten, einen wesentlichen Beitrag.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12.09.2023

Bundesfamilienministerin Lisa Paus, Elke Büdenbender und Berlins Senatorin Cansel Kiziltepe haben heute in Berlin das kürzlich eröffnete 8. Frauenhaus und die BIG Clearingstelle besucht.

Das Frauenhaus wird vom AWO Kreisverband Berlin-Mitte e.V. geführt. Zugleich hat auch die BIG Clearingstelle für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder ihre Arbeit aufgenommen, Träger ist die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (BIG) e.V. Die BIG Clearingstelle wird mit der seit 1999 in Berlin angebotenen BIG Hotline gemeinsam das bestehende Angebot erweitern. Die Clearingstelle ist ein Schutzort, in dem der Bedarf der akut von Gewalt betroffenen Frauen individuell und passgenau mit ihnen ermittelt werden kann. Das kann eine kurzfristige Unterkunft und – je nach Bedarf – eine Weitervermittlung in eine geeignete Unterkunft oder Beratungsstelle sein. Die Clearingstelle soll die Berliner Frauenhäuser entlasten.

Mit der Inbetriebnahme des 8. Frauenhauses und der Clearingstelle stehen in Berlin 477 akute Schutzplätze für Frauen und ihre Kinder zur Verfügung, davon 15 Plätze in der Clearingstelle und 40 Plätze im 8. Frauenhaus. Zusätzlich werden – insbesondere für Frauen mit mehreren Kindern – 30 Schutzplätze in sogenannten Frauen-Schutz-Wohnungen angeboten. Außerdem können gewaltbetroffene Frauen in insgesamt 47 Zufluchtswohnungen Schutz und Unterstützung finden und 50 Zweite-Stufe-Wohnungen (Trägerwohnungen mit Beratungsangeboten) stehen für ein Übergangswohnen zur Verfügung. Zwei Wohneinheiten des Frauenhauses wurden barrierearm ausgebaut, um den Zugang und Aufenthalt für Frauen mit Behinderungen zu ermöglichen. Auch ältere männliche Jugendliche können ihre Mütter in das Frauenhaus wie auch in die Clearingstelle begleiten, womit eine wichtige Versorgungslücke geschlossen wird.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Das Lagebild Häusliche Gewalt zeigt einmal mehr: Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches und alltägliches Problem. Fast alle zwei Minuten wird in Deutschland ein Mensch Opfer von häuslicher Gewalt, jede Stunde erleben mehr als 14 Frauen Gewalt in der Partnerschaft. Als Gesellschaft dürfen wir Gewalt nicht länger hinnehmen. Darum bin ich froh, dass wir mit Mitteln aus unserem Bundesförderprogramm ‚Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen‘ diesen Standort zu einem Schutzort für gewaltbetroffene Frauen machen konnten. Wenn Frauen Gewalt erleben, brauchen sie schnellen Schutz und Hilfe. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass die Lücken im Netz der Frauenhäuser und Beratungsstellen geschlossen werden.

Senatorin Cansel Kiziltepe: „Der Ausbau unseres Hilfesystems und der Schutz der Frauen vor Gewalt hat für den Berliner Senat weiterhin höchste Priorität. Darum freue ich mich sehr, dass in Berlin ein achtes Frauenhaus eröffnet hat und künftig eine Clearingstelle für gewaltbetroffenen Frauen existiert. Insbesondere Frauen mit Behinderungen, Transfrauen und Frauen mit jugendlichen Söhnen, die bisher nicht ausreichend versorgt wurden, werden im achten Frauenhaus Schutz finden. Das hat für mich als Gleichstellungs- und Antidiskriminierungssenatorin einen sehr hohen Wert. Damit ist Berlin bei der Umsetzung der Istanbul Konvention einen weiteren Schritt vorangekommen. In Kürze werden wir den Berliner Landesaktionsplan zur Umsetzung der Istanbul Konvention dem Senat zum Beschluss vorlegen.“

Elke Büdenbender: „Wir müssen alles dafür tun, dass Frauen und auch ihre Kinder gewaltfrei leben können. Wir brauchen ausreichend Plätze in Frauenhäusern und müssen auch weiter unbedingt auf Prävention setzen. Hier darf nicht gespart werden, damit es erst gar nicht zur Gewalt kommt. Damit es ausreichend Plätze gibt, müssen wir die Frauen auch dabei unterstützen, im Anschluss an den Aufenthalt im Frauenhaus eine Wohnung zu finden. Es freut mich sehr, dass im achten Frauenhaus auch Trans-Frauen sowie Frauen mit Behinderungen und älteren Söhnen Zuflucht finden können. Dieses zusätzliche Angebot ist so wichtig!“

Dr. Doris Felbinger, Geschäftsführerin BIG e.V.: „Berlin geht weiter voran mit dem Ausbau von Schutzplätzen. Gleichzeitig stehen wir steigenden Zahlen Häuslicher Gewalt gegenüber und damit einer gesellschaftlich erschreckenden Entwicklung. Mangelnder Wohnraum verschärft die Situation. Ohne bezahlbare Wohnung kein Auszug aus Frauenhäusern, und ohne freie Plätze in Frauenhäusern, fällt die Vermittlung aus der Clearingstelle schwerer. Deswegen reicht es nicht, lediglich Schutzplätze auszubauen – denn die bekämpfen die Symptome und nicht die Ursachen, nämlich patriarchale Gewalt und Machtstrukturen. Wir dürfen Gewalt nicht tolerieren, müssen Aufklärungsarbeit leisten und fortbilden und vor allen Dingen auch die Prävention deutlich stärken – in Berlin und bundesweit.“

Hintergrundinfo:

Die Gesamtsumme für den vier Jahre dauernden Umbau und die Sanierung der Einrichtung beträgt 4,7 Millionen Euro, davon stammen unter anderem 2,3 Millionen Euro aus dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ und 2,2 Millionen Euro aus der DKLB-Stiftung.

Bundesinvestitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen

Mit dem Förderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ unterstützt der Bund erstmalig die Länder beim Aufbau und Erhalt von Hilfsangeboten für von Gewalt betroffenen Frauen und ihren Kindern. Ziel ist es, die Hilfsangebote leichter zugänglich zu machen und sie weiter zu verbessern. Der Bund stellt dafür insgesamt 140 Millionen Euro zur Verfügung.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 06.09.2023

Der heutige Tag der Wohnungslosen muss Ansporn sein, das Menschenrecht auf Wohnen umzusetzen und damit Wohnungslosigkeit in Deutschland bis 2030 zu überwinden. Vor dem Hintergrund der steigenden Zahlen an obdach- und wohnungslosen Menschen in Deutschland fordert die SPD-Bundestagsfraktion verstärkte Hilfe für die Prävention.

„Wir möchten den Tag der Wohnungslosen zum Anlass nehmen, auf die Betroffenen und ihre Herausforderungen aufmerksam zu machen. Dabei handelt es sich um Menschen, die in vielen Städten im Stadtbild sehr präsent sind und in roher Armut leben: Menschen ohne Obdach auf der Straße. Unsere Aufmerksamkeit muss zeitgleich auch denjenigen gelten, denen kein eigener Wohnraum zur Verfügung steht.

Die Ampelkoalition hat sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, die Wohnungslosigkeit in Deutschland bis 2030 zu überwinden. Das von Klara Geywitz geführte Ministerium erarbeitet dazu aktuell in einem breiten Beteiligungsprozess einen nationalen Aktionsplan. Die Verabschiedung ist für Anfang 2024 geplant.

Als SPD-Bundestagsfraktion wollen wir zusätzlich und entschlossen die Rahmenbedingungen für Wohnungslose verbessern. Wir fordern verstärkte Hilfe für die Prävention und die Betroffenen. Mit der jüngsten Ernennung des Beauftragten für Wohnungs- und Obdachlose wird dem Thema eine klare Priorität eingeräumt. Wohnungslosigkeit ist ein Querschnittsthema, das das gebündelte Engagement der unterschiedlichen Ressorts benötigt. Wir müssen dringender denn je Hilfestellungen für die Betroffenen ausbauen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 11.09.2023

Stabile Renten, erhöhte Regelsätze im Bürgergeld, Investitionen in die Fachkräftegewinnung und Eingliederung in den Arbeitsmarkt: Mit dem Bundeshaushalt 2024 für den Bereich Arbeit und Soziales wird die Ampel-Koalition ihrer sozialen Verantwortung gerecht.

„Die Haushaltsverhandlungen fallen mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der Inflation und der Energiekrise auch im Jahr 2024 in herausfordernde Zeiten. Trotz notwendiger Konsolidierung des Bundeshaushalts finanzieren wir mit dem Etat für kommendes Jahr wichtige Sozialreformen.

Wir planen für den Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) für das Jahr 2024 mit Ausgaben von rund 171,7 Milliarden Euro. Ein auskömmliches Budget in diesem Bereich ist zentral für unser Land: Die Bürgerinnen und Bürger können sich auf den Staat verlassen. Wir sorgen dafür, dass alle – Rentnerinnen und Rentner, Arbeitssuchende und Berufstätige – gut durch die herausfordernden Zeiten kommen.

Die Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2024 fokussieren Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger sowie Investitionen in den gesellschaftlichen und sozialen Zusammenhalt. Die Rentenkasse steht finanziell gut da und sorgt für eine verlässliche Absicherung im Alter. Das Bürgergeld wird erhöht und das Wohngeld plus, der Kinderzuschlag und das Kindergeld ausgeweitet. Höhere Freibeträge sorgen gleichzeitig dafür, dass Arbeit weiterhin den Unterschied macht. Mit Blick auf einen modernen Arbeitsmarkt setzen wir als SPD-Fraktion im Bundestag uns für zielgerichtete Eingliederungsleistungen ein – eine wichtige Investition in den Arbeitsmarkt und eine Bedingung für die gelingende Umsetzung der von der Ampel-Koalition beschlossenen Fachkräftestrategie. Wir werden unserer sozialen Verantwortung gerecht.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 08.09.2023

Zur offiziellen Vorstellung des Väterreports 2023 durch die Bundesfamilienministerin erklärt Nina Stahr, Mitglied im Ausschuss für Familie, Senior*innen, Frauen und Jugend :

Der Väterreport 2023 zeigt, dass jeder zweite Vater die Hälfte der Kinderbetreuung übernehmen möchte. In der Realität sieht es leider noch anders aus: Auch wenn zunehmend mehr Väter Elternzeit nehmen, nimmt immer noch mehr als die Hälfte aller Väter überhaupt keine Elternzeit. Von jenen, die sie beanspruchen, beziehen drei von vier Vätern nur das Minimum von zwei Monaten Elterngeld.

Aus diesem Grund dringen wir als Bündnisgrüne auf die Familienstartzeit. Sie könnte gleich nach der Geburt die Weichen für eine paritätische Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit legen.

Das zu ändern ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es braucht von Unternehmen, Politik und Gesellschaft Bereitschaft zur Veränderung, damit Väter auch wirklich die Hälfte der Erziehungsarbeit übernehmen können.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 12.09.2023

Anlässlich der Veröffentlichung der OECD-Studie „Bildung auf einen Blick 2023“ erklärt Anja Reinalter, Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung:

Der Fachkräftemangel verschärft sich. Das belegt auch die aktuelle OECD-Studie: Immer weniger Menschen in Deutschland erlangen einen höheren Schulabschluss oder schließen eine Berufsausbildung ab. Deutschland ist mit dieser Entwicklung trauriger Ausreißer unter den OECD-Staaten. Während die Zahl der jungen Menschen ohne höheren Schulabschluss oder ohne Berufsausbildung im OECD-Durchschnitt sinkt, steigt sie in Deutschland weiter an.

Wir dürfen es uns nicht leisten, junge Menschen auf ihrem Bildungsweg im Stich zu lassen. Deswegen hat die Ampel sich vorgenommen in der Berufsorientierung viel intensiver auf individuelle Stärken und Interessen junger Menschen einzugehen. Auch Eltern werden wir stärker einbeziehen. Sie sind Vorbilder und prägen die Berufsentscheidungen ihrer Kinder.

Die in der Studie beschriebene Entwicklung ist ein gefährlicher Trend: Wer nach der 10. Klasse keine Berufsausbildung beginnt oder eine weiterführende Schule besucht, hat wesentlich geringere Verdienstmöglichkeiten, weniger berufliche Aufstiegschancen und ein höheres Risiko von Altersarmut. Dabei wird der Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren viele Möglichkeiten eröffnen: Bis 2036 wird fast ein Drittel der Menschen, die heute arbeiten, das Rentenalter erreichen. Viele Arbeitsplätze werden vakant und qualifizierte Fachkräfte händeringend gesucht.

Die Ausbildungsplatzsuche scheitert oft daran, dass kein passender Betrieb in der Nähe gefunden wird. Wir verbessern das Matching zwischen Ausbildungsbetrieben und Ausbildungssuchenden. Mit dem Aus- und Weiterbildungsgesetz ermöglichen wir ab diesem Jahr Familienheimfahrten für Azubis.

Bildung darf nicht am Geld scheitern. Mit dem Aufstiegs-BAföG haben wir ein erfolgreiches Instrument zur finanziellen Unterstützung von Weiterbildungen geschaffen. Im letzten Jahr wurde erstmals die Rekordsumme von einer Milliarde Euro Fördermittel beantragt. Über 190.000 Menschen konnten damit ihre Weiterbildung finanzieren und neue berufliche Wege einschlagen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 12.09.2023

„Fast überall nimmt der Anteil der Menschen ohne Berufsausbildung oder Abitur ab, nur bei uns nimmt er zu. Immer mehr junge Menschen schicken wir einfach so in die Perspektivlosigkeit. Das kann keiner wollen“, erklärt Nicole Gohlke, Sprecherin für Bildung und Wissenschaft der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die aktuellen Ergebnisse der OECD-Studie „Bildung auf einen Blick 2023“. Nicole Gohlke weiter:

„Anstatt Elitenförderung zu betreiben, muss die Bundesregierung sich endlich auch um diejenigen kümmern, denen nicht alles zufällt. Seit Jahrzehnten mahnen Bildungsinstitute, dass unser Bildungssystem wenig durchlässig ist und sozialen Aufstieg erschwert. Dass nun die OECD-Studie eine Polarisierung im deutschen Bildungssystem attestiert, dürfte also niemanden überraschen.

Auch die Gesamtbildungsausgaben bleiben weit hinter den Erfordernissen zurück. Wir müssen deutlich mehr in Bildung investieren. Dazu braucht es ein Sondervermögen Bildung und die Aufhebung des Kooperationsverbots.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 12.09.2023

Mit der derzeit laufenden Reform der Approbationsordnung für Ärzte soll der sogenannte Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM) verbindlicher Bestandteil des Medizinstudiums werden. Der Schwangerschaftsabbruch solle über die Lernziele des NKLM Eingang in das Medizinstudium finden, heißt es in der Antwort (20/8327) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/8130) der Linksfraktion.

Der NKLM enthält den Angaben zufolge Lernziele, die Handlungs- und Begründungswissen zum medikamentösen und operativen Schwangerschaftsabbruch beschreiben. Der Entwurf zur Reform der Approbationsordnung für Ärzte sehe überdies vor, dass medizinische, rechtliche und ethische Aspekte des Schwangerschaftsabbruchs Gegenstand des klinischen Prüfungsstoffs in allen drei Abschnitten der ärztlichen Prüfung sein könnten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 657 vom 19.09.2023

) Die Personalsituation in der Geburtshilfe ist Thema einer Kleinen Anfrage (20/8370) der Linksfraktion. In regelmäßigen Abständen fänden sich Berichte über Schließungen von Geburtsstationen oder Einschränkungen der Versorgung aufgrund von Personalmangel, heißt es in der Anfrage. Der Personalmangel sei zu einem großen Anteil Resultat der schlechten Arbeitsbedingungen und der hohen Arbeitsbelastung. Die Abgeordneten wollen wissen, wie die Bundesregierung eine flächendeckende Versorgung der Geburtshilfe sicherstellen will.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 657 vom 19.09.2023

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf „zur Anpassung des Zwölften und des Vierzehnten Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Gesetze“ (20/8344) vorgelegt, die sich aus Änderungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) durch das Bürgergeldgesetz vom 16. Dezember 2022 ergibt. Infolge dieser Änderungen seien Anpassungen in anderen Gesetzen notwendig, damit sich alle Regelungen widerspruchslos in die bestehende Rechtsordnung einfügen und Wertungswidersprüche vermieden werden, schreibt die Bundesregierung in der Vorlage. Daneben seien Änderungen in bereits verkündeten Gesetzen erforderlich, da einige noch nicht in Kraft getretene Regelungen aufgrund aktueller Gesetzesvorhaben angepasst werden müssten.

Unter anderem wurden im Rahmen des Bürgergeldgesetzes den Angaben zufolge nicht alle Änderungen des SGB II bei der Berücksichtigung von Einkommen auf das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) übertragen. Die unterbliebenen Angleichungen bei der Berücksichtigung von Einkommen an Änderungen im SGB II sollen nun im SGB XII nachgeholt werden. Zugleich ist vorgesehen, die Änderungen des SGB XII bei der Berücksichtigung von Einkommen „aus Gründen des Gleichlaufs“ im Bundesversorgungsgesetz nachzuvollziehen und unter anderem die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt unpfändbar zu stellen.

Von den angestrebten Änderungen betroffen sind neben dem Zwölften und Vierzehnten auch das Zweite, Dritte, Sechse, Neunte und Elfte Buch Sozialgesetzbuch. Weitere Anpassungen sollen dem Gesetzentwurf zufolge unter anderem im Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts, dem Wohngeldgesetz und dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erfolgen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 648 vom 15.09.2023

Als Unterrichtung liegt der „Zweite Bericht der Bundesregierung zur Wirksamkeit des Gesetzes zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern sowie zum Stand der Umsetzung des Entgeltgleichheitsgebots in Betrieben mit weniger als 200 Beschäftigten“ (20/8100) vor. Danach beträgt die statistische Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern in Deutschland, bezogen auf das durchschnittliche Bruttostundenentgelt, immer noch rund 18 Prozent (Ost: sieben Prozent/West: 19 Prozent, Statistisches Bundesamt 2023, basierend auf Erhebungen von 2022).

Insbesondere führten eine geschlechtsspezifische Berufswahl verbunden mit einer traditionell schlechteren Bezahlung von sogenannten typischen Frauenberufen, eine geringere Präsenz von Frauen in Führungspositionen, familienbedingte Erwerbsunterbrechungen sowie länger andauernde Teilzeittätigkeit zu unterschiedlichen durchschnittlichen Entgelten von Frauen und Männern, heißt es in der Präambel der Unterrichtung weiter. Dahinter stünden „tradierte Rollenstereotype, strukturelle Hemmnisse und (Fehl-)Anreize sowie eingeschränkte Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen“.

Aber auch bei gleicher formaler Qualifikation und im Übrigen gleichen Merkmalen beträgt der statistisch messbare Entgeltunterschied laut Vorlage nach Angaben des Statistischen Bundesamtes von 2023 immer noch sieben Prozent (sogenannte bereinigte Entgeltlücke, basierend auf Erhebungen von 2022). Auch wenn dieser statistisch nicht erklärte Teil der Entgeltlücke nicht mit Entgeltdiskriminierung in dieser Höhe gleichzusetzen sei, handele es sich um ein klares Indiz dafür, „dass aufgrund zumeist mittelbarer Entgelt-benachteiligung die praktische Anwendung des Gebotes, Frauen und Männern gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit zu zahlen, in der Praxis in vielen Bereichen nicht verwirklicht ist“.

Wie in der Präambel ferner ausgeführt wird, haben sich die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode darauf verständigt, weiter an der Schließung der Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern zu arbeiten. Dazu solle das Entgelttransparenzgesetz weiterentwickelt und die Durchsetzung gestärkt werden, „indem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ermöglicht wird, ihre individuellen Rechte durch Verbände im Wege der Prozessstandschaft geltend machen zu lassen“.

Zugleich wird darauf verwiesen, dass die am 6. Juni 2023 in Kraft getretene EU-Entgelttransparenz-Richtlinie innerhalb von drei Jahren in nationales Recht umzusetzen sei. Zu ihren Schwerpunkten zählt den Angaben zufolge ein Auskunftsrecht für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unabhängig von der Größe ihres Arbeitgebers. Auch müssten Arbeitgeber ab 100 Beschäftigten künftig regelmäßig zur Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern Bericht erstatten.

Mit der zweiten Evaluation des Entgelttransparenzgesetzes hatte die Bundesregierung laut Vorlage im April 2022 das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) an der Universität Tübingen zusammen mit Unterauftragnehmern beauftragt. Neben deren Evaluierungsgutachten enthält die Unterrichtung auch die Stellungnahme der Bundesregierung „zu den Evaluationsergebnissen und Handlungsempfehlungen zur Wirksamkeit des Entgelttransparenzgesetzes sowie zum Stand der Umsetzung des Entgeltgleichheitsgebots in Betrieben mit weniger als 200 Beschäftigten“ sowie Stellungnahmen der Sozialpartner.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 645 vom 13.09.2023

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit ausländischer Herkunft, die 2022 wegen Kindeswohlgefährdung von Jugendämtern aufgenommen wurden, ist im Vergleich zu 2021 leicht gestiegen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (20/8187) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (20/8038) hervor.

Den Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe des Statistischen Bundesamtes zufolge, auf die die Bundesregierung verweist, lag der Anteil an Inobhutnahmen von Kindern mit ausländischer Herkunft mindestens eines Elternteils 2022 bei 44 Prozent. 2021 waren es 41,6 Prozent.

Damit entsprächen die Zahlen weiter dem Anteil an Familien mit Migrationshintergrund und Kindern unter 18 Jahren in der Bevölkerung, schreibt die Bundesregierung in der Antwort. Dieser sei zwischen 2021 und 2022 nämlich ebenfalls von 40,1 Prozent auf 42,2 Prozent leicht angestiegen.

Für rassistische Diskriminierung durch Jugendämter im Zusammenhang mit Inobhutnahmen hat die Bundesregierung eigenen Angaben zufolge keine Belege. Sie sei zwar „in der Vergangenheit vereinzelt mit Bürgereingaben befasst“ gewesen, in denen rassistische Diskriminierungen durch Jugendämter geschildert worden seien, heißt es in der Antwort. Doch diese Schilderungen hätten sich nicht „verifizieren lassen“. Die Linksfraktion hatte in ihrer Anfrage Rassismus-Erfahrungen von Familien in Jugend-, Standesämtern und Familiengerichten thematisiert.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 638 vom 11.09.2023

Am heutigen 19. Oktober 2020 findet der 12. Integrationsgipfel im Bundeskanzleramt statt, an dem rund 130 Vertreter*innen von Bund, Ländern, Kommune, der Zivilgesellschaft und Migrantenverbänden teilnehmen. Bei dem Treffen soll auch die Fortentwicklung des Nationalen Aktionsplanes Integration Thema sein. Darin werden verschiedene „Phasen der Integration“ benannt, denen verschiedene Themenforen zugeordnet werden.

Für die Arbeiterwohlfahrt nimmt Präsident Wilhelm Schmidt am heutigen Gipfeltreffen teil: „Wir sind seit über sechs Jahrzehnten Ansprechpartnerin für Einwanderinnen und Einwanderer. In dieser Zeit sind die sozialen Migrationsfachdienste – Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer, die Jugendmigrationsdienste und die Flüchtlingssozialberatung – stetig gewachsen und haben sich im lokalen Kontext etabliert.“ Gerade in diesem lokalen Kontext finde das Ankommen, das Zusammenleben und die Inklusion von eingewanderten Menschen statt. Hier komme es darauf an, dass alle Akteurinnen – von der Kommunalverwaltung bis hin zu den Wohlfahrtsverbänden und Migrantenorganisationen – zusammenwirken, sich austauschen und gemeinsam inklusive sozialräumliche Ansätze entwickelten: Im Kindergarten, in der Schulsozialarbeit, beim Ausbau von Beratungsangeboten bis hin zum bürgerschaftlichen Engagement im Gemeinwesen. Nur so könne eine breite Akzeptanz und gemeinsame Verantwortung bei der Umsetzung erzielt werden. Die verstärkte Einbeziehung der Perspektive der Migrantenorganisationen sei sehr zu begrüßen.  

Wilhelm Schmidt: „Wir alle, die heute hier zusammengekommen sind, waren in verschiedenen Diskussionsforen des NAP-I beteiligt. Worauf es aber ankommt, ist die reale Mitwirkung bei der Gestaltung im Einwanderungsland: Vor Ort, im Quartier – in der Stadt oder auf dem Land. Das übergeordnete Ziel dabei muss sein, Rassismus und bestehenden  Benachteiligungen und Ausgrenzungen entschieden entgegen zu wirken. Dieses Ziel haben wir in der Agenda des neuen Nationalen Aktionsplans Integration jedoch vermisst.“

Hintergrund:

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) wirkt mit ihren Haupt- und Ehrenamtlichen am gesellschaftlichen Zusammenhalt vor Ort mit. Die Mitgestaltung der Einwanderungsgesellschaft erfolgt auch in sozialen Einrichtungen, wo ratsuchende Menschen entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse, unabhängig von ihrer sozialen und ethnischen Herkunft Unterstützung finden. Zudem ist die AWO als tragende Akteurin in die kommunale Daseinsvorsorge eingebunden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 633 vom 07.09.2023

Im Jahr 1963 nahm das Deutsche Jugendinstitut (DJI) in München seine Arbeit auf und entwickelte sich innerhalb weniger Jahre zu einer der bedeutendsten sozialwissenschaftlichen Institute der Bundesrepublik. Seit vielen Jahren zählt das DJI zu einem der größten sozialwissenschaftlichen Forschungsorganisationen Europas. Die Lebenslagen von Kindern, Jugendlichen und Familien sowie damit zusammenhängende sozialstaatliche Angebote und Maßnahmen stehen seit Beginn im Mittelpunkt der Forschung.

„Das DJI arbeitet an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Politik und Fachpraxis. Zum einen tragen unsere Forscherinnen und Forscher mit den zurzeit etwa 90 laufenden Projekten zu einer fundierten wissenschaftlichen Basis für politische Entscheidungen bei. Zum anderen richten sich viele unserer Veröffentlichungen direkt an die Fachpraxis“, betont Prof. Dr. Sabine Walper, Direktorin und Vorstandsvorsitzende des DJI. „Eine unserer Stärken ist der Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse für verschiedene Hilfeformen, wie beispielsweise bei Qualitätskriterien der stationären Jugendhilfe, dem Handbuch Pflegekinder oder umfangreichen Handreichungen zum Thema Adoption.“

Daten und Analysen für die Sozialberichterstattung

Die Analyse sozialer Ungleichheiten im Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen sowie der Lebensbedingungen von Familien liefert auch in Zukunft wesentliche Grundlagen für die Sozialberichterstattung. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bearbeiten Probleme wie Armutsrisiken, Bildungsungleichheiten, digitale Zugänge und Kompetenzen, Migration und vieles mehr.

Das DJI unterstützt die Sozialberichterstattung der Bundesregierung zum Beispiel bei der Erstellung der Kinder- und Jugendberichte sowie der Familienberichte, die am DJI geschäftsführend betreut werden, aber auch bei den nationalen Bildungsberichten. Neben der Beratung von Politik und Fachpraxis der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe evaluiert und begleitet das DJI eine Vielzahl von Modellvorhaben.

Die umfassenden DJI-Erhebungen „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“, kurz AID:A, sowie weitere Surveys, etwa die DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS) oder das Projekt „Entwicklung von Rahmenbedingungen in der Kindertagesbetreuung“ (ERiK) bieten detaillierte Einblicke in die Lebensbedingungen und die Entwicklung von Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen und Familien. Die DJI-Daten ergänzen die Analysen der amtlichen Statistik. Damit leistet das Institut einen wichtigen wissenschaftlichen Beitrag zur Beschreibung gesellschaftlicher Trends in Deutschland.

Wissenschaftliche Erkenntnisse entstehen auch durch interdisziplinäre Forschung und Wissenstransfer. Deshalb kooperiert das DJI national und international mit Universitäten und Fachhochschulen, beispielsweise mit den beiden großen Münchner Universitäten, der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und der Technischen Universität München (TUM), sowie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Seit dem Jahr 2002 besteht ein Forschungsverbund mit der Technischen Universität Dortmund. International kooperiert das DJI in langjährigen Partnerschaften unter anderem mit der Tokyo Metropolitan University (TMU), mit der Manchester Metropolitan University, dem University College Dublin und der School of Education der Macquarie University in Sydney. Zudem unterstützen Mitarbeitende des DJI die „Partnerschaft Jugend der Europäischen Union und des Europarats“.

Die Arbeiten des DJI werden größtenteils durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und zu einem kleineren Teil durch die Bundesländer gefördert. Weitere Förderer im Rahmen der Drittmittelakquise sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die Europäische Union sowie Stiftungen.

Die Wissenschaftliche Jahrestagung des DJI widmet sich in diesem Jahr am 7. und 8. November verschiedenen Aspekten des Themas „Jungsein in unsicheren Zeiten“.

 

Pressemeldung
https://www.dji.de/veroeffentlichungen/aktuelles/news/article/60-jahre-an-der-schnittstelle-von-politik-fachpraxis-und-grundlagenforschung.html

60 Jahre DJI ‒ Geschichte des DJI und eine Auswahl an Forschungsthemen
https://www.dji.de/ueber-uns/60-jahre-dji.html

Wissenschaftliche Jahrestagung 2023 „Jungsein in unsicheren Zeiten“ am 7. und 8. November 2023 in Berlin
https://www.dji.de/ueber-uns/veranstaltungen/detailansicht/veranstaltung/new643525be0b8a6629565294-jungsein-in-unsicheren-zeiten.html

Jahresbericht 2022
https://www.dji.de/veroeffentlichungen/jahresberichte.html

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut (DJI) vom 06.09.2023

Im 2. Quartal 2023 wurden rund 26 700 Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland gemeldet. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, nahm die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche im 2. Quartal 2023 gegenüber dem 2. Quartal 2022 um 4,5 % zu. Damit setzte sich der seit dem 1. Quartal 2022 beobachtete Anstieg im Vorjahresvergleich fort. Die Ursachen für diese Entwicklung sind anhand der Daten nicht bewertbar. Insbesondere liegen keine Erkenntnisse über die persönlichen Entscheidungsgründe für einen Schwangerschaftsabbruch nach der Beratungsregelung vor.

70 % der Frauen, die im 2. Quartal 2023 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, waren zwischen 18 und 34 Jahre alt, 19 % zwischen 35 und 39 Jahre. 8 % der Frauen waren 40 Jahre und älter, 3 % waren jünger als 18 Jahre. Rund 42 % der Frauen hatten vor dem Schwangerschaftsabbruch noch kein Kind zur Welt gebracht.

96 % der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der Beratungsregelung vorgenommen. Eine Indikation aus medizinischen Gründen oder aufgrund von Sexualdelikten war in den übrigen 4 % der Fälle die Begründung für den Abbruch. Die meisten Schwangerschaftsabbrüche (50 %) wurden mit der Absaugmethode durchgeführt, bei 37 % wurde das Mittel Mifegyne® verwendet. Die Eingriffe erfolgten überwiegend ambulant, davon 83 % in Arztpraxen beziehungsweise OP-Zentren und 14 % ambulant in Krankenhäusern.

Weitere Informationen:

Detaillierte Informationen zu den Schwangerschaftsabbrüchen sind in den Tabellen zur Schwangerschaftsabbruchstatistik (23311) in der Datenbank GENESIS-Online und im Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes unter www.gbe-bund.de abrufbar, sowie auf der Themenseite Schwangerschaftsabbrüche. Dort gibt es auch eine Übersicht über die Zahl der Meldestellen, also Kliniken und Arztpraxen, in denen grundsätzlich Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 11.09.2023

Junge Männer ließen sich mit dem Auszug rund anderthalb Jahre mehr Zeit als junge Frauen

Ob aus dem Wunsch nach mehr Selbstständigkeit oder aufgrund des Studienbeginns in einer anderen Stadt – für viele junge Menschen gehört zum Erwachsenwerden früher oder später auch der Auszug aus dem Elternhaus. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren junge Menschen in Deutschland nach Schätzungen der EU-Statistikbehörde Eurostat im Jahr 2022 im Schnitt 23,8 Jahre alt, wenn sie aus dem elterlichen Haushalt auszogen. Söhne lassen sich mit dem Auszug etwas mehr Zeit als Töchter: Während junge Frauen mit durchschnittlich 23,0 Jahren ihr Elternhaus verließen, lag das Auszugsalter von jungen Männern bei 24,5 Jahren.

Insgesamt lebten im Jahr 2022 mehr als ein Viertel (27,3 %) der 25-Jährigen noch im elterlichen Haushalt. Bei den 30-Jährigen lag der Anteil bei 9,2 %.

EU-Vergleich: Auszug aus dem Elternhaus erfolgt in Deutschland relativ zeitig

In Deutschland erfolgt der Auszug aus dem Elternhaus relativ zeitig: Mit 23,8 Jahren lag im Jahr 2022 das durchschnittliche Alter beim Auszug aus dem elterlichen Haushalt deutlich unter dem EU-Schnitt von 26,4 Jahren. Noch früher ziehen junge Menschen in nordeuropäischen Ländern von zu Hause aus. In Finnland (21,3 Jahre), Schweden (21,4 Jahre) und Dänemark (21,7 Jahre) war das durchschnittliche Auszugsalter am niedrigsten. Im Gegensatz dazu verlassen Kinder in süd- und osteuropäischen Ländern ihr Elternhaus vergleichsweise spät. In Kroatien lag das durchschnittliche Auszugsalter mit 33,4 Jahren EU-weit am höchsten, gefolgt von der Slowakei (30,8 Jahre) und Griechenland (30,7 Jahre). In allen EU-Staaten zogen Frauen früher von zu Hause aus als Männer.

Methodische Hinweise:

Bei den Angaben zum Auszugsverhalten in Deutschland handelt es sich um Erstergebnisse des Mikrozensus 2022. Der Mikrozensus wurde 2020 methodisch neugestaltet. Die Ergebnisse ab dem Berichtsjahr 2020 sind deshalb nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar. Ausführliche methodische Informationen sind unter „Die Neuregelung des Mikrozensus ab 2020“ verfügbar.

Die Schätzung zum durchschnittlichen Alter beim Auszug aus dem Elternhaus im EU-Vergleich sind in der Eurostat-Datenbank verfügbar.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 05.09.2023

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Der Deutsche Gewerkschaftsbund begrüßt den heutigen Beschluss der Bundesregierung zur Erhöhung des Bürgergeldes. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel sagte am Mittwoch in Berlin:

„Dass rund fünf Millionen Menschen mehr Bürgergeld erhalten, ist angesichts galoppierender Preise eine gute und notwendige Entscheidung für die Betroffenen. Wer auf Bürgergeld angewiesen ist, muss ohnehin jeden Tag und bei jedem größeren Einkauf und jeder wichtigen Anschaffung schauen, ob das Geld noch bis zum Monatsende reicht und braucht diese Erhöhung dringend.

Dass Teile der Union und FDP wieder die spalterische und unsägliche „Arbeit-lohnt-sich-nicht-mehr“-Debatte anstoßen, ist pure Stimmungsmache auf dem Rücken derjenigen, die es bei der Arbeitssuche schwer haben oder deren Einkommen ohne ergänzende Grundsicherung nicht zum Leben reicht. Das ist purer Populismus angesichts der vorliegenden Zahlen: Wer arbeitet, hat im Durchschnitt immer mehr im Gelbeutel als jemand, der Transferleitungen bezieht.

Statt wider besseren Wissens die Bürgergeldhöhe zu beklagen, müssten alle demokratischen Parteien ein gemeinsames Interesse daran haben, die Ausweitung des Niedriglohnsektors zu bekämpfen. Weil „Arm trotz Arbeit“ im reichen Deutschland leider für viele immer noch bittere Realität ist – jede*r fünfte Beschäftigte bekommt nach wie vor nur einen Niedriglohn.

Was wichtiger als solche bösartige Stimmungsmache wäre: eine gemeinsame Initiative für eine deutliche Stärkung der unteren Einkommen, etwa durch eine Anhebung des Grundfreibetrags auf 14.500 Euro und einen gleichmäßigen Anstieg der Steuerprogression. Von beiden Maßnahmen würden vor allem kleine und mittlere Einkommen profitieren. Wer also wirklich will, dass sich Arbeit für alle lohnt, muss bei den Löhnen ansetzen: Wir brauchen einen existenzsichernden Mindestlohn als untere Haltelinie und eine Stärkung der Tarifbindung – das Bundestariftreuegesetz muss endlich kommen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 13.09.2023

Am heutigen Montag findet um 12.30 Uhr die Anhörung zur Petition #Freiwilligendienststärken vor dem Petitionsausschuss des Bundestages statt. Mehr als 100.000 Menschen hatten die Petition noch vor der Vorstellung des neuen Haushaltsentwurfs der Bundesregierung unterzeichnet und sich für eine bessere Ausstattung der Freiwilligendienste ausgesprochen. „Die Anzahl der innerhalb von nur vier Wochen gesammelten Unterschriften zeigt, welch hohen Stellenwert Freiwilligendienste in unserer Gesellschaft genießen. Wir müssen in freiwilliges Engagement investieren, statt die Axt anzulegen“, stellt aej-Generalsekretär Michael Peters fest.

Der im Juli vorgelegte Haushaltsentwurf der Bundesregierung verschärft die Situation der Freiwilligendienste weiter: Für den Jahrgang 2024/25 sind massive Kürzungen der Haushaltsmittel für die Freiwilligendienste angekündigt. Es droht der Verlust von einem Drittel der derzeit zur Verfügung stehenden Gelder. Nach den Plänen der Bundesregierung soll die Förderung des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) und des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) um insgesamt 78 Millionen Euro im Jahr 2024 und um weitere 35 Millionen Euro im Jahr 2025 gekürzt werden. Damit ist jede vierte Einsatzstelle bedroht. Die geplanten Kürzungen werden die Zahl der Plätze in den Freiwilligendiensten reduzieren, die Vielfalt der Einsatzstellen einschränken und die erreichbaren Zielgruppen verkleinern. Damit wird ein wichtiges Instrument zur Gewinnung junger Menschen für soziale Berufe und gesellschaftliches Engagement massiv beschnitten.

„Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass sie die Freiwilligendienste bedarfsgerecht ausbauen und stärken will. Die jetzt angekündigten Kürzungen stehen dazu in klarem Widerspruch. Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf!“, so Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide.

Derzeit starten bundesweit Tausende Freiwillige in den neuen Freiwilligenjahrgang 2023/2024. Die Trägergruppe der Evangelischen Freiwilligendienste ist einer der größten zivilgesellschaftlichen Anbieter im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ), im Bundesfreiwilligendienst (BFD) und in den internationalen Freiwilligendiensten: Jährlich treten rund 13.600 Freiwillige in der Evangelischen Trägergruppe ihren Freiwilligendienst im In- und Ausland an. Die Evangelische Trägergruppe steht für insgesamt 66 Organisationen aus Jugendarbeit, Diakonie, Landes- und Freikirchen, die Freiwilligendienste auf regionaler, bundesweiter und internationaler Ebene anbieten.

Terminhinweis: Am Mittwoch, den 20. September, werden Freiwillige und Vertreter*innen von Trägern und Zentralstellen in Berlin gemeinsam gegen die geplanten Kürzungen demonstrieren. Die Demonstration beginnt um 13 Uhr am Potsdamer Platz und endet um 15 Uhr am Brandenburger Tor. Vor dem Bundesfinanzministerium und dem Bundesfamilienministerium sind Reden von jungen Menschen aus dem FSJ und BFD geplant.

Weitere Informationen:

https://fwd-staerken.de/

https://www.bundestag.de/ausschuesse/a02_Petitionsausschuss/aktuelles-869282

https://www.diakonie.de/bundeshaushalt-2024-erwartungen-an-die-politik

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. und Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend (aej) vom 18.09.2023

Diakonie und Kirche setzen sich für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein. Seit vier Jahren ermutigt und unterstützt das Evangelische Gütesiegel Familienorientierung Träger, Einrichtungen und Dienste, ihre Personalpolitik familienorientiert weiterzuentwickeln und nach innen und außen sichtbar zu machen. Damit machen sich Kirche und Diakonie auch als Arbeitgeberinnen für Menschen mit Familienverantwortung stark. 17 Trägerorganisationen aus Diakonie und Kirche wurden am heutigen Freitag in Berlin mit dem Gütesiegel Familienorientierung ausgezeichnet – einige zum ersten Mal, andere bereits zum vierten Mal.

„Mit dem Gütesiegel haben wir ein Instrument entwickelt, um Familienfreundlichkeit strategisch und strukturell in der Personalpolitik evangelischer und diakonischer Einrichtungen und Dienste zu verankern. Davon profitieren nicht nur die Mitarbeitenden und ihre Familien, sondern auch unsere Träger, Einrichtungen und Dienste durch qualifizierte Bewerbungen, sinkende Fehlzeiten und eine stärkere Bindung an das Unternehmen“, so Diakonie-Vorständin Sozialpolitik, Maria Loheide anlässlich der Verleihung. In Zeiten von Fachkräftemangel, demografischem Wandel und wachsenden Bedarfen seien Träger, Einrichtungen und Dienste aus Diakonie und Kirche damit strategisch zukunftsorientiert aufgestellt.

„Die Kirche setzt sich für Familien in ihrer Vielfältigkeit ein. Das Gütesiegel unterstreicht, dass dies auch für die kirchliche Arbeitswelt gilt. Mit dem Gütesiegel kann jede kirchliche oder diakonische Einrichtung etwas dafür tun, dass ihre Beschäftigten Beruf und Familienaufgaben gut miteinander verbinden können“, unterstreicht Josephine Teske, Schirmherrin des Gütesiegels und Mitglied des Rates de EKD.

Inzwischen sind 62 Träger, Einrichtungen und Dienste mit dem Evangelischen Gütesiegel Familienorientierung zertifiziert. Darunter sind kleinere Kirchengemeinden und Verwaltungsämter, Kirchenkreise, Bildungseinrichtungen, diakonische Erziehungs- und Pflegeeinrichtungen bis hin zu großen diakonischen Komplexträgern, Krankenhäusern und Hochschulen. Die zertifizierten Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden passgenaue Maßnahmen im Rahmen der Personal- und Teamentwicklung:  familienfreundliche Arbeitsbedingungen, geldwerte Vorteile oder weitere familienunterstützende Leistungen wie Dienstvereinbarungen zur flexiblen Arbeitszeit oder zum mobilen Arbeiten, die Gewährung von Sonderurlaub oder auch Vorschusszahlungen aufgrund besonderer familiärer Situationen, Sport- und Gesundheitsangebote, die Einrichtung von Stillzimmern oder auch altersgerecht gestaltete Spielmöglichkeiten für Kinder oder auch die private Nutzung betriebseigener Gebrauchsgegenstände (Hüpfburg, Bus etc.) bis hin zu Regelungen zum Umgang mit Haustieren.    

Hintergrund:

Das Evangelische Gütesiegel Familienorientierung versteht sich nicht nur als Auszeichnung für familienorientierte Angebote in den Einrichtungen. Es ist auch ein strategisches, prozessorientiertes Managementinstrument, das sich flexibel auf die unterschiedlichen Rahmenbedingungen kirchlicher und diakonischer Träger, Einrichtungen und Dienste anwendbar ist. Das Zertifizierungsverfahren wurde so konzipiert, dass es insbesondere für kleine und mittlere Anstellungsträger geeignet ist, da diese in der Regel über weniger Ressourcen verfügen, um ihre Personalpolitik strategisch weiterzuentwickeln.

Die 17 Zertifikatsträger:

  • Evangelische Diakonieschwesternschaft Herrenberg-Korntal e.V., Baden-Württemberg • Akademien für Kirche und Diakonie gGmbH, Berlin • Kirchliches Verwaltungsamt Berlin Süd-West, Berlin • Diakonie für Kinder und Jugend e.V., Bayern • Diakonisches Werk Landshut e.V., Bayern • Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt der Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern, Bayern • Diakonisches Werk Bamberg-Forchheim e.V., Bayern • Evangelische Schulstiftung in Bayern, Bayern • Diakoniestationen Harz-Heide gGmbH, Niedersachsen • Diakonisches Werk Leverkusen, Nordrhein-Westfalen • Evangelischer Kirchenkreis Dortmund, Nordrhein-Westfalen • Stiftung Eben-Ezer, Nordrhein-Westfalen • Diakonieverein e.V. Bitterfeld-Wolfen-Gräfenhainichen, Sachsen-Anhalt • Evangelisch-Lutherischer Kirchenbezirk Löbau-Zittau, Sachsen • Diakonisches Werk im Kirchenbezirk Löbau-Zittau gGmbH, Sachsen • Ev.-Luth. Kirchenkreis Rendsburg-Eckernförde, Schleswig-Holstein • Stiftung Finneck, Thüringen

Weitere Informationen: www.gütesiegel-familienorientierung.de

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 08.09.2023

Der Bundestag debattiert am heutigen Donnerstag über den Haushaltsentwurf für das Bundesgesundheitsministerium im kommenden Jahr. Eine Milliarde Euro soll beim Steuerzuschuss für die Pflegeversicherung gestrichen werden.

Dazu erklärt die Sozialvorständin der Diakonie Deutschland, Maria Loheide:

„Statt die Pflegeversicherung endlich auf finanziell solide Füße zu stellen, werden die Mehrkosten auf die Versicherten abgewälzt. Das hat fatale Folgen. Die Unterfinanzierung der Pflegeversicherung führt dazu, dass Pflegebedürftige nicht mehr ausreichend versorgt werden und pflegende Angehörige ihren Beruf aufgeben müssen. Der Arbeitskräftemangel wird verschärft – und die pflegenden Angehörigen können keine ausreichenden Rentenansprüche erwerben. Wer hier spart, zahlt am Ende drauf. Wir brauchen dringend einen Richtungswechsel bei der Finanzierung der Pflege in Form einer Pflegevollversicherung mit begrenzter Eigenbeteiligung.“

Weitere Informationen:

https://www.diakonie.de/bundeshaushalt-2024-erwartungen-an-die-politik

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 07.09.2023

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) eröffnet feierlich seinen 45. Bundeskongress an der Bucerius Law School in Hamburg. Prof. Dr. Maria Wersig, die Präsidentin des djb, begrüßt die vielfältigen Gäste, die in Präsenz und online an der Eröffnungsveranstaltung teilnehmen.

Wersig betont in ihrem Grußwort, dass Erfolge in Sachen Gleichberechtigung niemals selbstverständlich sind: „Nach fast sechs Jahren an der Spitze unseres Verbandes empfinde ich vor allem eines: Stolz auf uns und das gemeinsam Erreichte.“ Anschließend begrüßt Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Katharina Boele-Woelki, Präsidentin der Bucerius Law School, die Teilnehmenden und erzählt, dass sie als langjähriges djb-Mitglied schon einmal bei einem Kongress in Hamburg teilgenommen hat: „Ich durfte 2001 dabei sein und einen Vortrag halten über ein damals spannendes Thema im Familienrecht, nämlich die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare.“ Danach spricht Dr. Angelika Schlunck, Staatssekretärin im Bundesministerium der Justiz, ein Grußwort: „Geschlechtergerechtigkeit ist kein isoliertes Unternehmensziel, das allein auf gesetzlichen Quoten beruht. Vielmehr ist Geschlechtergerechtigkeit ein Mittel zur Verwirklichung der ureigensten Interessen des Unternehmens und dessen Stakeholdern, seiner Eigentümerinnen und Eigentümer, seiner Beschäftigten und der sonstigen dem Unternehmen verbundenen Gruppen – und damit ein Vorteil für jedes Unternehmen.“ Margit Gottstein, Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, spricht ein weiteres Grußwort. Ein letztes Grußwort spricht Anna Gallina, Hamburger Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz: „Eine geschlechtergerechte Unternehmenskultur sollte sich dadurch auszeichnen, dass für alle Geschlechter die gleichen beruflichen Chancen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten garantiert werden können. Hierfür müssen innovative Impulse gesetzt und entsprechende Regulierungen auf den Weg gebracht werden. Die vielfältigen Perspektiven und ein lebhafter Diskurs im Rahmen dieses Kongresses sorgen sicher für weitere zukunftsorientierte Einblicke.“ Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Holzleithner hält den Festvortrag mit dem Titel „Herausforderungen der Geschlechtergerechtigkeit aus queer-feministischer Perspektive“. Sie betont: „Das Recht ist dazu aufgerufen, gleiche Freiheit zu ermöglichen. Daher ist jeder Person gleiche Achtung und Berücksichtigung zu erweisen. Das beinhaltet aus queer-feministischer Perspektive die Entfaltung in der eigenen, selbstbestimmten Geschlechtlichkeit.“

Der 45. djb-Bundeskongress wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 14.09.2023

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und dem Anwältinnenbüro Leipzig erweiterte FAQ zum Equal Pay-Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 16. Februar 2023 erarbeitet. Das BAG entschied, dass sich Arbeitgeber*innen zur Widerlegung einer vermuteten Entgeltdiskriminierung nicht auf das Verhandlungsgeschick des männlichen Kollegen berufen können. Eine erste Version der FAQ mit Fragen, die sich für die interessierte Öffentlichkeit aus dem Urteil ergeben, war im März veröffentlicht worden. Die im Juli veröffentlichten Entscheidungsgründe des BAG geben jedoch weiteren Aufschluss darüber, mit welcher Begründung Arbeitgebende Unterschiede bei der Vergütung von Frauen und Männern für gleiche oder gleichwertige Arbeit rechtfertigen können. Die FAQ wurden nun dahingehend erweitert.

„Wir machen beim Thema Equal Pay endlich Fortschritte. Das zeigt auch der Fall Birte Meier, die nach jahrelanger Klage gegen das ZDF wegen Entgeltgleichheit, nun einem Vergleich zugestimmt hat.“, sagt Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb.

Das Urteil des BAG vom 16. Februar 2023 bezieht sich auf einen weiteren Fall: Eine Klägerin, die im Außenvertrieb eines sächsischen Metallunternehmens beschäftigt war und weniger verdiente als ihr männlicher Kollege. Die Entscheidung wurde für die Klägerin durch die Rechtsanwältin Susette Jörk vom Anwältinnenbüro Leipzig mit Unterstützung der GFF erstritten.

Die FAQ stellen die Details des BAG-Urteils dar und beantworten unter anderem, warum die freie Verhandelbarkeit von Gehältern Frauen strukturell benachteiligt. Sie erklären, wie sich der Anspruch auf gleiches Geld für gleiche oder gleichwertige Arbeit begründet, wann die Vermutung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gilt, ob das Urteil bedeutet, dass Löhne künftig nicht mehr frei verhandelt werden dürfen, und was Arbeitnehmerinnen tun können, um ihren Anspruch auf Entgeltgleichheit im Betrieb durchzusetzen.

„Für Equal Pay können wir nicht nur auf Arbeitnehmende bauen, die sich ihr Recht erstreiten. Wir müssen auch Unternehmen in die Pflicht nehmen.“, sagt Prof. Dr. Heide Pfarr, Vorsitzender der Kommission Arbeits-, Gleichstellungs- und Wirtschaftsrecht im djb. Die Kommission hat letztes Jahr einen Infoflyer entwickelt, der aufzeigt, was Unternehmen konkret tun können, um Diskriminierungsfreiheit zu erreichen. „Unternehmensziel: Geschlechtergerechtigkeit“ ist auch das zentrale Thema des 45. djb-Bundeskongresses, der Mitte September in Hamburg stattfindet

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 05.09.2023

Morgen starten in Schulen und Kindertagesstätten die bundesweiten Aktionstage „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“. Unter dem Motto „Straßenverkehr wirksam begrenzen, Schulwegsicherheit schaffen!“ legen dabei zehntausende Kinder ihren Weg zur Schule oder zum Kindergarten zu Fuß, mit dem Roller oder dem Fahrrad zurück. Aufgerufen zu den Aktionstagen vom 18. bis 29. September 2023 haben das Deutsche Kinderhilfswerk, der ökologische Verkehrsclub VCD und der Verband Bildung und Erziehung (VBE).

Ziel der Aktionstage ist es, die eigenständige Mobilität von Kindern zu fördern. Dafür braucht es eine Reihe von Maßnahmen, um den Weg für Kinder so sicher zu gestalten, dass Eltern sie sorgenfrei darin unterstützen können: Zuvorderst die Begrenzung des Straßenverkehrs rund um Schulen und Kindergärten. Auf allen Straßen, die laut Schulwegplänen von Kindern genutzt werden, muss Tempo 30 gelten. Zudem sollte das Halten und Parken vor Schulen verboten werden. Für Eltern, die keine andere Möglichkeit haben, als ihre Kinder mit dem Auto zu bringen, sind sogenannte Elternhaltestellen einzurichten – nahe genug, dass die Wege für Kinder und Begleitpersonen zumutbar bleiben. Wichtig ist außerdem, dass auf allen als Schulweg genutzten Straßen die sichere Gestaltung der Infrastruktur gewährleistet wird – beispielsweise durch sichere Übergänge und breite, vom Autoverkehr getrennte Radwege. Die Kinder und Jugendlichen sollten in die Planungsprozesse einbezogen werden. Dass es hierfür eine breite Akzeptanz der Bevölkerung geben würde, haben die drei Organisationen jüngst mit einer repräsentativen forsa-Umfrage zeigen können.

Die drei Partnerorganisationen Deutsches Kinderhilfswerk, VCD und VBE setzen sich seit vielen Jahren dafür ein, Kindern durch einen sicheren Schulweg eigenständige Mobilität zu ermöglichen. Das gemeinsame Forderungspapier dazu wird stetig aktualisiert, zuletzt im Sommer 2023.

Aus den vergangenen Jahren gibt es viele gute Beispiele für Aktionen: So sind Stempelaktionen beliebt, um herauszufinden, wie Kinder die Schule oder Kita erreichen, und sie dazu anzuspornen, die Wege möglichst eigenständig zurückzulegen. Ist eine Schule nah an einer Kita gelegen, können Laufpatenschaften zwischen Schülerinnen und Schülern und älteren Kita-Kindern organisiert werden. Dabei kann der Schulweg auch gemeinsam kreativ gestaltet werden, zum Beispiel mit Hüpfspielen. Oder Schulen und Kitas organisieren während der Aktionstage sogenannte Laufbusse. Hierbei werden an unterschiedlichen Stellen Sammelpunkte vereinbart, an denen sich die Kinder aus der Nachbarschaft verabreden und gemeinsam zur Schule gehen. Elternhaltestellen oder Schulstraßen wiederum sind Maßnahmen, bei denen die Schule auch von der Kommune Unterstützung erfahren kann. Unter www.zu-fuss-zur-schule.de/mitmachen/aktionsideen finden Schulen und Eltern weitere Ideen wie etwa „Symbolische ‚Knöllchen‘ für Elterntaxis“ oder eine „Schulweg-Wette“.

Katharina Günther-Wünsch, Schirmherrin der Aktionstage, sagt: „Als Präsidentin der Kultusministerkonferenz habe ich sehr gerne und mit voller Überzeugung die Schirmherrschaft über die diesjährigen Aktionstage ‚Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten‘ übernommen. Die sogenannten ‚Elterntaxis‘ bieten nur scheinbar ein Plus an Sicherheit, denn durch Rückstau, Gedränge im Halteverbot und den schnellen Ausstieg entstehen oft gefährliche Situationen. Sehr viel entspannter ist es, wenn der Weg zum Kindergarten oder zur Schule mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt wird. Und: Verkehrskompetenz lernt man nicht vom Rücksitz des elterlichen Autos.

Für den Umstieg von der Straße auf den Fußweg sprechen also viele gute Argumente: Die Verkehrssituation auf den Anfahrtswegen und vor allem vor unseren Schulen beruhigt sich. Ich denke hier auch an die vielerorts belastete Anwohnerschaft. Die Verkehrspädagogik votiert klar für mehr Eigenständigkeit und Bewegung unserer Kinder auf ihrem Schulweg. Und in Zeiten der Energiewende können die Familien einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung und zur Vermeidung von Treibhausgasen leisten.

Ermutigend finde ich, dass sich viele Verkehrsplaner und Verantwortliche in den Ländern und Kommunen Gedanken machen, um Schulwege sicherer zu gestalten und damit die Sorgen vieler Eltern zu nehmen. Ich begrüße all jene Initiativen, in denen sich Eltern, Schulleitungen und Kommunen gemeinsam für Mobilitätskonzepte zusammenfinden. Das bedeutet zugleich, dass die Verkehrserziehung an unseren Schulen mit dieser Entwicklung ‚Schritt halten‘ muss. Den Aktionstagen ‚Zu Fuß zur Schule und im Kindergarten‘ wünsche ich in diesem Sinne viel Erfolg und eine rege Beteiligung. Den Schulleitungen und allen Lehrkräften danke ich ganz herzlich für ihr Engagement für mehr Verkehrssicherheit.“

Im Rahmen der Aktionstage „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ vom 18. bis 29. September 2023 können Kinder mit ihren Lehrkräften, Erzieherinnen und Erziehern oder ihren Eltern eigene Projekte rund um das Thema „Zu Fuß zur Schule und zur Kita“ entwickeln. Die Aktionstage richten sich gezielt an Grundschulen und Kindertageseinrichtungen. Viele Materialien wie kostenlose Aktionsposter, Infoflyer und Projektideen gibt es unter: www.zu-fuss-zur-schule.de.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V., Verkehrsclub Deutschland e.V. und Verband Bildung und Erziehung e.V. vom 17.09.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk, der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) fordern Politik und Verwaltung mit Blick auf eine repräsentative forsa-Umfrage zum Handeln für mehr Verkehrssicherheit im Umfeld von Schulen auf. Laut Umfrage sagt die Mehrheit der Befragten (52 Prozent), dass die meisten Menschen Maßnahmen zur Einschränkung des Autoverkehrs im Umfeld von Schulen gutheißen würden. Diese sind dringend notwendig, denn rund ein Fünftel der Befragten (19 Prozent) schätzt die Verkehrssicherheit der Kinder in unmittelbarer Schulumgebung als unsicher ein. Bei der Umsetzung von Maßnahmen müssen Kinder nicht nur mitgedacht, sondern in die Stadt- und Verkehrsplanung einbezogen werden – das sagt die Mehrheit der Befragten (56 Prozent).

In Haushalten, in denen Kinder leben, werden diese Ergebnisse noch deutlicher. Hier sieht ein Viertel der Befragten (25 Prozent) die Schülerinnen und Schüler in Gefahr. 56 Prozent sind der Meinung, dass die meisten Menschen zugunsten der Schulwegsicherheit Einschränkungen des Verkehrs in ihrem Wohnumfeld gutheißen würden. Und: Befragte, die mit Kindern zusammenleben, sind eher der Ansicht, dass deren Partizipation bei der Stadt- und Verkehrsplanung die Schulumgebung sicherer gestalten würde (61 Prozent).

Für die repräsentative Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut forsa Mitte August 2023 insgesamt 1.005 Personen über 18 Jahren nach ihrer Meinung zum Thema Schulwegsicherheit befragt. Die Ergebnisse können auf der Website eingesehen werden.

Die drei Partnerorganisationen Deutsches Kinderhilfswerk, VCD und VBE setzen sich seit vielen Jahren dafür ein, Kindern durch einen sicheren Schulweg eigenständige Mobilität zu ermöglichen. Das gemeinsame Forderungspapier dazu wird stetig aktualisiert, zuletzt im Sommer 2023.

Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, Thomas Krüger, betont: „Auch wenn wir Erwachsenen es ihnen oft nicht zutrauen: Kinder haben eine gute Einschätzung davon, was sie für einen sicheren Schulweg brauchen. Wir dürfen deshalb nicht ständig über ihre Köpfe hinweg entscheiden. Ihre Ideen und Anregungen müssen in die entsprechenden Planungsprozesse einbezogen werden. Aus früheren Befragungen wissen wir, dass bei Kindern und Jugendlichen der Wunsch nach mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten sehr deutlich vorhanden ist. Das Recht auf Beteiligung ist in der UN-Kinderrechtskonvention normiert. Dem müssen wir vollumfänglich und damit auch im Bereich der Straßenverkehrsplanung für sichere Schulwege nachkommen.“

Kerstin Haarmann, VCD-Bundesvorsitzende, ergänzt: „Die Umfrage zeigt: Viele Eltern haben Angst, dass ihre Kinder auf dem Schulweg in Gefahr geraten. Auch das ist ein Grund für die zahllosen Elterntaxis, die aber in Wahrheit die Lage vor den Schulen noch gefährlicher machen. Wir wollen, dass Kinder sicher und selbstständig unterwegs sein können – und dafür braucht es überall gut ausgebaute Rad- und Fußwege, mehr Tempo 30 und gegebenenfalls Schulstraßen, die sich morgens und nachmittags zeitweise für Autos sperren lassen. Hier ist auch der Bund gefragt: Er muss den Kommunen endlich die Freiheit geben, ihren Verkehr nach eigenen Bedürfnissen zu organisieren. Eine Reform der Straßenverkehrsordnung ist überfällig, auch im Hinblick auf die ‚Vision Zero‘, also dem Ziel, die Zahl der Verkehrstoten auf null zu senken.“

Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des VBE, betont: „Wer den Schulweg im Elterntaxi verbringt, sieht weniger von der Welt. Zu Fuß, mit dem Rad oder Roller zu kommen, ist ein aktiver Start in den Tag, der Lernprozesse optimal unterstützt und das soziale Miteinander stärkt. Daher muss es jedem Kind möglich sein, die Schule selbstständig und wohlbehalten zu erreichen. Die Politik ist nun am Zug, Maßnahmen zu ergreifen, die dies gewährleisten. Dazu gehört auch die Unterstützung der Schulen bei der Verkehrserziehung durch externe Kräfte. In Zeiten des Lehrkräftemangels kann dies keine Zusatzaufgabe für das ohnehin stark belastete Kollegium sein. Und noch etwas ist wichtig: das Zutrauen der Eltern in die Fähigkeit ihrer Kinder. Ganz ohne Tracking und Hinterhertelefonieren müssen die Kleinen und Größeren den Freiraum erhalten, Wege allein zu bestreiten – wenn es denn die Infrastruktur ermöglicht.“

Die Aktionstage „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“

Das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW), der ökologische Verkehrsclub VCD und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) rufen vom 18. bis zum 29. September 2023 Schulen und Kindertageseinrichtungen in ganz Deutschland zur Teilnahme an den Aktionstagen „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ auf. Anmeldungen sind unter www.zu-fuss-zur-schule.de möglich. Auf der Webseite können auch Aktions- und Spielideen eingesehen und konkrete Tipps heruntergeladen werden. Die Aktionstage stehen unter der Schirmherrschaft der Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Katharina Günther-Wünsch. Botschafterin der Aktionstage „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ ist die Fernsehmoderatorin Enie van de Meiklokjes.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V., Verkehrsclub Deutschland e.V. und Verband Bildung und Erziehung e.V. vom 12.09.2023

LSVD begrüßt Offenheit von Teilen der katholischen Kirche

Kardinal Rainer Maria Woelki hat in der Vergangenheit immer wieder der Segnung homosexueller Paare in katholischen Gottesdiensten widersprochen und mit dienstrechtlichen Konsequenzen gedroht, falls Segnungen trotzdem stattfinden. Aus Protest gegen die Haltung des Bistums Köln und seines Erzbischofs treffen sich am 20. September Katholik*innen mit schwulen und lesbischen Paaren zu einer eine Segnungsfeier. Ein Zeichen der Hoffnung und der Ermutigung, findet Henny Engels aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD) und erklärt:

Es ist erfreulich, dass seit geraumer Zeit in der römisch-katholischen Kirche in Deutschland die über Jahre strikt ausgrenzende Haltung gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans*, inter* und allen queeren Menschen (LSBTIQ*) aufgeweicht wird. Wir begrüßen das sehr. Denn dieser Gottesdienst signalisiert Menschen, zu deren Identität ihr persönlicher Glaube ebenso gehört wie ihre geschlechtliche Identität und/oder ihre sexuelle Orientierung, öffentlich Akzeptanz. Das sendet ein klares Zeichen: „Ihr seid willkommen, ihr gehört zu uns, ihr seid gesegnet – so wie alle anderen auch.“

Wir hoffen, dass viele Verantwortlichen in der römisch-katholischen Kirche diesem Beispiel folgen und den erfreulichen Weg der Öffnung für alle vielfältigen Lebensweisen weiterführen, der bereits durch den Synodalen Weg, die Initiative Out In Church und die Reform des kirchlichen Arbeitsrechts angestoßen wurde.

Viel zu lange haben LSBTIQ* in dieser Kirche einen Teil ihrer Identität verschweigen müssen, um sich zu schützen. Das war und ist bis heute mit tiefen und lang wirkenden Verletzungen verbunden. Zudem begrüßen wir, dass morgen in Köln Menschen ihre Solidarität mit dem von Kardinal Woelki gemaßregelten Pfarrer Herbert Ullmann aus Mettmann bekunden, der im März einen Gottesdienst für alle sich liebenden Paare gefeiert hatte.

Zum Hintergrund:

Unter dem Namen „Synodaler Weg“ wurde in Deutschland ein umfassender Reformprozess in der deutschen Katholischen Kirche angestoßen. So wurde beispielsweise im November 2022 möglich, was Jahrzehnte lang undenkbar war: Die katholische Kirche in Deutschland lockerte ihre Regeln zur Beschäftigung von LSBTIQ*-Personen mit einem Beschluss der Bischöfe. Zuvor mussten zum Beispiel lesbische Paare im Dienst bei einem Kindergarten mit katholischem Träger darum bangen, gefeuert zu werden, wenn ihre Beziehung entdeckt würde. Jetzt können auch LSBTIQ* angstfrei in der Kirche arbeiten.

Da die Kirche in Deutschland die Lehre zur Homosexualität nicht eigenständig ändern kann, forderte der Synodale Weg den Papst auf, dies auf den Weg zu bringen. Stattdessen folgen allerdings wiederholte Bekräftigungen, dass Rom an der Sündhaftigkeit von Gleichgeschlechtlicher Liebe festhält. Trotzdem hat der Synodale Weg 2021 beschlossen, Segnungsfeiern in Deutschland durchzuführen.

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 19.09.2023

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 26. September 2023

Veranstalter: Deutsches Jugendinstitut e.V.

Ort: Online

Extremistische Ideologien wie der Islamismus bauen stark auf die empfundene Zugehörigkeit zu einer Bezugsgruppe, die vom Rest der Gesellschaft abgegrenzt wird, und beinhalten die Ablehnung von Pluralismus sowie klar definierte Feindbilder wie „den Westen“ oder das Judentum. Die liberale Demokratie und individuelle Freiheit werden abgelehnt; dies äußert sich auch im Alltag darin, dass die Gleichberechtigung von Frauen nicht akzeptiert und Minderheiten, zum Beispiel Homosexuelle nicht toleriert werden. Dies geht oftmals mit einem ausgeprägten Schwarz-Weiß-Denken und rigiden Einstellungen einher (Mansour, 2016). Diese Einstellungen sind Gegenstand der ReSTART-Workshops. Sie wenden sich vor allem an junge Männer aus patriarchalisch geprägten Gesellschaften, zu denen auch die Länder gehören, in denen der Islam kulturell verwurzelt ist. Hier werden religiöse Quellen wie der Koran und Hadithe traditionell herangezogen, um antipluralistische Einstellungen und ihre gewaltsame Durchsetzung zu legitimieren.

Der Vortag beschreibt die Evaluation des ReSTART-Programms für die Risikogruppe von jungen Gefangenen in bayerischen JVAs, bei dem sowohl qualitative als auch quantitative Methoden angewendet wurden. Das ReSTART-Programm wurde von Ahmad Mansour entwickelt und über MindPrevention in Berlin durchgeführt.

Referent
Mark Stemmler ist Professor für Psychologische Diagnostik, Methodenlehre und Rechtspsychologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Nach dem Diplom im Fach Psychologie im Jahr 1989 (Technische Universität Berlin) promovierte er 1993 an der Pennsylvania State University, USA, im Fach Human Development and Family Studies. 2002 habilitierte an der Universität Erlangen-Nürnberg. Arbeitsschwerpunkte umfassen die statistischen Methoden des personenzentrierten Ansatzes (z.B. KFA), die diagnostische Früherkennung von kognitivem Abbau im Alter, die Untersuchung von deviantem und delinquentem Verhalten im Jugendalter sowie die Evaluationsforschung (z.B. Zusammenarbeit mit dem DJI bei der Evaluation von „Elternchance ist Kinderchance“).

Den Link für die Einwahl finden Sie hier.

Termin: 20. Oktober 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Strukturelle Missstände, die in einem patriarchalen, rassistischen, neoliberalen und kapitalistischen System bereits wirken, werden innerhalb der aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse immer weiter intensiviert. „Die Diskrepanz zwischen Leitbild und Realität und die widersprüchlichen Anforderungen kann frau zunehmend weniger als öffentliches Problem erkennen und thematisieren, deren Bewältigung gilt als ihre persönliche Aufgabe, die ihr gelingt oder mit der sie scheitert.“ (Bitzan, Maria: Konflikt und Eigensinn. Die Lebensweltorientierung repolitisieren. In: Neue Praxis, 30/2000). Doch was kann Mädchen*arbeit hier bewirken? Innerhalb der Veranstaltung möchten wir dieser Frage gemeinsam auf den Grund gehen.

An der Veranstaltung wirkt mit:
Sarah Volk,Bildungsreferentin|Sozialarbeiterin M.A., Paritätisches Bildungswerk Bundesverband e.V.

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Termin: 26. Oktober 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Das Thema gesellschaftliche Vielfalt scheint präsenter denn je. Doch was bedeutet dies konkret für die Familienberatung? Mit welchen Themen und Vielfaltsdimensionen werden Beratende zunehmend konfrontiert? Aber auch, welche Maßnahmen sollten intern ergriffen werden, um ein gutes Arbeitsumfeld für vielfältige Mitarbeitende zu schaffen? In diesem Input beantworten wir diese und weitere Fragen rund um das Thema vielfaltsbewusste und -sensible Familienberatung.

An der Veranstaltung wirkt mit:
Max Appenroth ist ein Kölner trans Aktivist, Autor, Diversity Berater und im letzten Jahr der Promotion am Institut für Public Health der Charité Universitätsmedizin Berlin. Max hat es sich zur Aufgabe gemacht, über den Mehrwert gesellschaftlicher Vielfalt aufzuklären. Mit dem eigenen Unternehmen ‚diversity factory‘ bietet sein Team und er Weiterbildung und Beratung rund um das Thema Diversity an. Bei Social Media spricht Max auf diversen Plattformen über die schönen Facetten von Vielfalt und den Benefit einer tiefgründigen Auseinandersetzung damit. Mehr Infos: www.max-appenroth.com
Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Termin: 22. – 23. November 2023

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Ort: Digital

Praktikerinnen und Praktiker in Beratung und Leistungsgewährung haben es an der Schnittstelle von Sozial- und Migrationsrecht mit einer Fülle von Gesetzen und Verordnungen zu tun. Die Regelungswerke haben komplexe Schnittstellen, werden oft geändert und unterliegen einer sich schnell entwickelnden, oft uneinheitlichen Rechtsprechung.

Die Fachtagung greift zum einen Fragen der Existenzsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) und dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) auf. Sie thematisiert zum anderen arbeitsmarktbezogene Rechtsfragen, Sprachförderung sowie die Sicherung des Aufenthalts durch Ausbildung und Beschäftigung.

Die digitale Fachveranstaltung soll der Information und dem Austausch über die aktuelle Rechtslage, Rechtsprechung und Gesetzgebung dienen. Ziel ist es, Beiträge zu einer rechtssicheren und effektiven Leistungsgewährung und Beratung zu leisten und darüber hinaus Impulse für mögliche gesetzliche Weiterentwicklungen zu erhalten.

Die Veranstaltung richtet sich an Fachkräfte von öffentlichen und freien Trägern der Migrations- und Sozialberatung, Arbeitsagenturen, Jobcentern, Sozialämtern, Ausländerbehörden und sonstigen mit Integrationsaufgaben befassten Einrichtungen, die mit der Leistungsgewährung oder Beratung im Bereich von Migration und Integration befasst sind.

Anmeldeschluss ist spätestens der 22. Oktober 2023.

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter:

https://www.deutscher-verein.de/de/va-23-forum-migrationssozialrecht-integration

WEITERE INFORMATIONEN

„(Wie) können Familien in Berlin noch wohnen?“ – diese Frage stellte die Berliner (AWO) in den Mittelpunkt ihres Jahresempfangs am 14. September 2023 in der Heilig-Kreuz-Kirche.

Seit Jahren ist Wohnraum in Berlin knapp. Fast täglich gibt es Berichte über die Entwicklung bzw. Nicht-Entwicklung des Wohnungsmarktes. Neben Migrant*innen und Menschen mit geringen finanziellen Spielräumen, leiden vor allem Familien und damit auch die Kinder. Die Wohnsituationen vieler Familien sowie die fehlenden bzw. finanziell nicht darstellbaren Alternativen stellen eine Problematik dar, die mittlerweile bis tief in die „Mittelschicht“ reicht. So wird das Thema Wohnraum mehr und mehr zum Risiko für die gesellschaftliche Entwicklung in Berlin.

Darüber hat Moderator und AWO-Landesgeschäftsführer Oliver Bürgel mit den Teilnehmer*innen der Diskussionsrunde auf dem Jahresempfang der Berliner AWO gesprochen. Auf dem Podium saßen Christian Gaebler (Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen), Sophie Schwab (Geschäftsführerin Zukunftsforum Familie) und Maren Kern (Vorständin BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen). Vor der Diskussion nahm Sophie Schwab die ca. 100 Gäste aus der Sozialpolitik und der Sozialwirtschaft Berlins mit auf eine einfühlsame Reise in die Lebens- und Wohnwirklichkeit Berliner Familien. Ihr Impuls wurde anschließend im Podiumsgespräch aufgenommen und eine durchaus launige und kurzweilige Diskussion entstand. In nicht einmal einer Stunde wurde intensiv über die „Not in my backyard“ Mentalität in Berlin, die Debatten um eine Nachverdichtung und die Frage nach einer Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen gesprochen. Natürlich kam auch die gestrige Runde nicht ohne das Thema der Randbebauung des Tempelhofer Feld aus. Ein Thema, das Berlin nach wie vor in zwei Lager teilt – so war es auch auf dem Jahresempfang zu beobachten. Einigkeit herrschte zumindest in der Analyse, dass die eigentliche Basis für die aktuelle Situation durch die Wohnungspolitik der letzten Jahrzehnte gelegt wurde.

Ein Fazit des Tages: Die Zeit war zu kurz für ein solch komplexes Thema. Trotzdem war es richtig, den Faden auch als Wohlfahrtsverband aufzunehmen. Und auf dem anschließenden Empfang im Garten der Heilig-Kreuz-Kirche wurde noch bis in die späten Abendstunden weiterdiskutiert.

 

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Weltkindertag: Hand in Hand für die Zukunft von Familien und Kindern – gegen den Kürzungshaushalt

Berlin, 19.09.2023 – Am morgigen Weltkindertag findet Deutschlands erste Familienkette vom Familienministerium bis zum Bundestag statt. „Hand in Hand für eine bessere Familienpolitik“ lautet das Motto der Organisatorinnen. Das Zukunftsforum Familie (ZFF) unterstützt aktiv diese Aktion, um von der Bundesregierung mehr Investitionen in Kinder und Familien einzufordern und ein Zeichen gegen den Kürzungshaushalt zu setzen.

Sophie Schwab, Geschäftsführerin des ZFF, erklärt dazu: „Am Weltkindertag setzen wir mit der Familienkette ein Zeichen gegen den Kürzungshaushalt der Bundesregierung. Wir fordern die Ampel-Koalition auf, in Kinder und Familien zu investieren, anstatt bei Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur oder der Kindergrundsicherung zu sparen. Kinder und Familien gehören ganz oben auf die politische Agenda, denn sie gestalten unsere Zukunft. Gute Rahmenbedingungen für Familien zahlen sich deshalb doppelt aus.

Wir erinnern die Bundesregierung an ihre familienpolitischen Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, auf deren Umsetzung wir immer noch warten. Als Beteiligte der Familienkette zeigen wir dabei auch, dass wir zusammenhalten. Wir werden nicht zulassen, dass unsere Forderungen gegeneinander ausgespielt werden. Wir fordern von Bundesfinanzminister Lindner, die Einnahmeseite des Staates zu stärken und Mittel für notwendige Reformen zu generieren.“

Hintergrund:

Familienkette ist eine Aktion von Familie sind alle, einer gGmbH (in Gründung) von Natascha Sagorski und Isa Grütering. Sie haben die Initiatorinnen von sechs familienpolitischen Petitionen an einen Tisch geholt, um sich gemeinsam für eine bessere Familienpolitik einzusetzen:

  • Gestaffelter Mutterschutz, Mutterschutz auch für Frauen nach Fehlgeburten (Natascha Sagorski & Isa Grütering)
  • Mutterschutz für ALLE! Mutterschutz auch für Selbstständige (Johanna Röh & Alide von Bornhaupt)
  • Elterngeld hoch, Inflationsausgleich des Elterngelds und armutsfester Mindestsatz sowie
  • Aufnahme des Diskriminierungsmerkmals „Fürsorgeverantwortung“ im AGG (Sandra Maria Runge, Dani Weckmann & Nancy Koch)
  • Kindergrundsicherung, Keine Einsparungen bei Kinderarmut (Michelle Franco & Anne Dittmann)
  • Kindergeld für Alle, Keine Abzüge bei Alleinerziehenden (Delia Keller)