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Fürsorge ist systemrelevant! Zwischenrufe des Zukunftsforums Familie e. V. (ZFF)

Bei der heutigen Mitgliederversammlung des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) wurde die gemeinsame Erklärung „Fürsorge ist systemrelevant“ verabschiedet. Darin fordern die Mitglieder die Politik in Bund, Ländern und Kommunen in sechs Zwischenrufen auf, in Krisenzeiten, aber auch für die Zukunft, für eine solidarische und geschlechtergerechte Absicherung von Fürsorgearbeit einzutreten.

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ZFF-Info

ZFF-Info 10/2020

SCHWERPUNKT I: Corona-Krise

Kita- und Schulschließungen und der pandemiebedingte Anstieg des mobilen Arbeitens haben eine neue Dynamik beim Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Gang gesetzt. Beim Unternehmenstag des Netzwerks „Erfolgsfaktor Familie“ diskutieren Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey und DIHK-Präsident Dr. Eric Schweitzer gemeinsam mit DIW-Präsident Prof. Dr. Marcel Fratzscher über die neuen Chancen, die sich für die Vereinbarkeit durch die Krise ergeben.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist systemrelevant und essenziell für eine funktionierende Wirtschaft – das hat sich während der Corona-Pandemie mehr denn je bestätigt. Die Erfahrungen zeigen, dass Unternehmen mit einer familienorientierten Unternehmenskultur besser für die Herausforderungen der Corona-Krise und für die Zukunft gewappnet sind. Vieles von dem, was in der Pandemie plötzlich möglich war – flexiblere Arbeitszeiten, Homeoffice und innovative Schichtmodelle – hat Potenzial für die Zukunft. Ich danke den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, die zusammen mit ihren Beschäftigten neue Lösungen gefunden und gerade in den letzten Monaten viel Kreativität und Durchhaltevermögen aufgebracht haben. Politik und Wirtschaft müssen nun gemeinsam daran weiterarbeiten, Veränderungen für eine bessere Balance von Erwerbs- und Sorgearbeit vorzunehmen.“

DIHK-Präsident Dr. Eric Schweitzer: „Eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist enorm wichtig für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Corona-Pandemie hat erneut gezeigt: Wenn die Betreuung nicht funktioniert, geraten Unternehmen und ihre Beschäftigten unter immensen Druck. Viele Betriebe haben daher bereits die Familienorientierung systematisch in ihre Unternehmensprozesse aufgenommen. Ganz besonders unsere Netzwerkmitglieder wissen, dass sie langfristig davon profitieren.“

Neue Studie vorgestellt

Beim Unternehmenstag stellte Dr. David Juncke von der Prognos AG die Studie „Neue Chancen für Vereinbarkeit! Wie Unternehmen und Familien der Corona-Krise erfolgreich begegnen“ vor. Für die Studie wurden Unternehmen und Eltern repräsentativ befragt. Die Ergebnisse verdeutlichen: Das Bewusstsein der Arbeitgeber für die Bedürfnisse ihrer Beschäftigten bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist in der Krise deutlich gestiegen. Mit der Corona-Krise ergeben sich damit auch neue Chancen:82 Prozent der Unternehmen sagen, dass Kinderbetreuung ein zentraler Faktor für die Produktivität ihres Unternehmens ist.Unternehmen haben sich in der Krise ganz überwiegend als hilfsbereite und verantwortliche Partner der Eltern bewiesen. Drei Viertel der Eltern, die wegen der Kinderbetreuung das Gespräch mit ihrem Arbeitgeber suchten, wurde nach dem Gespräch geholfen.Die Mehrheit der Unternehmen unterstützt auch in der Krise aktive Vaterschaft und spricht sich gegen eine Re-Traditionalisierung der Elternrollen aus. Unternehmen sehen, dass für beide Elternteile Vereinbarkeitsfragen sehr relevant sind.

Mehr Informationen zur Studie: www.prognos.com

Das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“

Das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ ist mit rund 7.700 Mitgliedern bundesweit die größte Plattform für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die sich für eine familienbewusste Personalpolitik engagieren oder interessieren. Das Netzwerk wurde 2007 vom Bundesfamilienministerium und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag gegründet. Mitglied können alle Unternehmen und Institutionen werden, die sich zu einer familienbewussten Personalpolitik bekennen und sich engagieren wollen.

Damit Arbeitgeber und Familien mit den Vereinbarkeitsherausforderungen dieser Zeit besser umgehen können, werden im Rahmen einer Corona-Toolbox Informationen, Empfehlungen und praktische Hinweise zu flexiblen Maßnahmen der Arbeitsorganisation zur Verfügung gestellt. Flankiert wird die Toolbox durch Erfahrungen und gute Beispiele von Mitgliedern aus dem Unternehmensnetzwerk.

Mehr Informationen zum Unternehmensnetzwerk und zur Toolbox finden Sie unter: www.erfolgsfaktor-familie.de/

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 18.09.2020

Zur heute veröffentlichten Umfrage des Deutschen Kinderhilfswerks zur Lage der Kinder während der Corona-Krise erklärt Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende:

Es ist gut, dass die Umfrage die schwierige Lage von Kindern seit Beginn der Corona-Krise in den Fokus rückt. Die Rechte von Kindern haben gerade in den ersten Monaten der Pandemie meist keine Rolle gespielt. Eine untragbare Situation. Auch wenn die Lage sich etwas entspannt hat: Die Krise ist nicht vorbei. Die Koalition muss jetzt Regelungen einziehen, um die Rechte und Interessen von Kindern im Falle einer erneuten Verschärfung der Lage von vornherein zu berücksichtigen.

Wir sagen: Kinder aus ärmeren Familien dürfen nicht noch schlechter gestellt werden. Die Bildungschancen von Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf dürfen nicht noch weiter sinken. Gewaltschutz und Beratungsangebote für Kinder müssen ausgebaut werden. Hier müssen Geld in die Hand genommen und Strukturen verbessert werden, um Kinder gut und sicher durch die gesamte Pandemiezeit zu bringen.

Kinderrechte gehören endlich ins Grundgesetz. Alle staatlichen Ebenen wären dann eindeutig verpflichtet, das Kindeswohl in den Mittelpunkt zu stellen, gerade auch in der Krisenzeit. Voraussetzung ist eine starke Formulierung der Kinderrechte in unserer Verfassung. Der Vorschlag der Bundesjustizministerin ist deutlich zu schwach. Ministerin Lambrecht muss hier dringend einen besseren Vorschlag vorlegen, der Kindern auch wirklich einen Mehrwert bringt.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 16.09.2020

Zur beginnenden Auszahlung des Corona-Kinderbonus erklärt KatjaDörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Familien und Kinder schultern einen Großteil der Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Die Bundesregierung hat die immense Belastung, unter der Familien und Kinder stehen, zuerst monatelang ignoriert, um dann mit dem Corona-Kinderbonus viel zu spät einen Tropfen auf den heißen Stein mit der Gießkanne zu verteilen. Die 300 Euro Corona-Kinderbonus sind zwar besser als nichts – für Familien können sie aber bestenfalls ein Trostpflaster sein.

Denn Familien und Kinder haben auch in der Corona-Krise verlässliche Perspektiven und Rechtssicherheit verdient. Das galt im Lockdown, in dem sie von Kontaktbeschränkungen und Schul- und Kitaschließungen monatelang besonders betroffen waren. Das gilt genauso für die jetzige Phase der Öffnung.

Anstatt es bei symbolischen Einmalzahlungen wie dem Corona-Kinderbonus zu belassen, ist es deshalb dringend geboten, die Situation von Familien und Kindern dauerhaft zu verbessern.

Gerade von Armut betroffene Kinder und Familien brauchen in der Corona-Krise besondere Unterstützung. Damit Kinder aus armen Familien nicht auch noch Verlierer der Corona-Krise werden, fordern wir als Sofortmaßnahme die krisenbedingte Aufstockung des Regelsatzes für Kinder um monatlich 60 Euro und für Erwachsene um 100 Euro.

Da Hartz IV schon vor der Krise kaum zum Leben reichte, muss darüber hinaus dringend die lange überfällige Neuberechnung der Regelsätze der Grundsicherung erfolgen. Und um Kinderarmut endlich effektiv bekämpfen zu können, fordern wir die Einführung einer Kindergrundsicherung, die sich an den realen Bedarfen der Kinder orientiert und automatisch, ohne kompliziertes Antragsverfahren ausgezahlt wird.

Um die Situation von Familien mit berufstätigen Eltern zu erleichtern, muss endlich der Fehlschluss, Homeoffice lasse sich im Zweifelsfall mit Kinderbetreuung zuhause gleichsetzen, aufgegeben werden. Deshalb fordern wir eine deutliche Erhöhung der Kinderkrankentage sowie die Einführung eines Corona-Elterngeldes für Berufstätige, die ihre Kinder pandemiebedingt zu Hause betreuen müssen, über die tatsächliche Dauer der Betreuung. Denn gerade sie brauchen dringend Jobsicherheit und das Recht auf eine flexible Reduzierung ihrer Arbeitszeit.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 07.09.2020

Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt den ab heute ausgezahlten „Corona-Kinderbonus“ grundsätzlich. Dem Wohlfahrtsverband geht die Maßnahme aber nicht weit genug. Dazu erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Mit dem Kinderbonus werden Familien schnell und unbürokratisch unterstützt – das ist gut und richtig. Allerdings sind 300 Euro angesichts des Ausmaßes der Probleme für viele betroffene Familien ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen eine langfristige Lösung für die gesamte Dauer der Krise und die Zeit danach.

Die Pandemie hat die Herausforderungen, vor denen Familien stehen, nicht neu geschaffen, sondern sichtbarer gemacht. Seit Jahren mahnen wir und andere Verbände an, dass jedes fünfte Kind in Deutschland in Armut aufwächst. Diese Kinder und ihre Familien brauchen langfristige Sicherheiten und alle Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene eine auskömmliche finanzielle Grundlage, um gleiche Bildungs- und Teilhabechancen zu realisieren. Daher ist jetzt die Zeit, um eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung einzuführen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 07.09.2020

Die Corona-Pandemie hat wieder einmal die außerordentliche Bedeutung von Familien für unsere Gesellschaft ins Bewusstsein gerückt. Ohne sie wäre der Lockdown nicht so erfolgreich gewesen. Mit dem Kinderbonus zollt die Bundesregierung der doppelten Belastung von Familien verdienterweise Anerkennung. Die Systemrelevanz von Familien sollte sich noch stärker in der Familienpolitik widerspiegeln, findet der Deutsche Familienverband.

Heute startete die Auszahlung des Kinderbonus, 300 Euro gibt es pro Kind. Über das Geld können die Eltern frei verfügen. „Der Kinderbonus ist eine kleine Unterstützung, aber er reicht nicht aus, um die Leistung von Familien angemessen zu würdigen“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes (DFV). „Familien benötigen finanzielle und politische Maßnahmen, die sie dauerhaft stärken.“

Schon vor der Corona-Krise waren Familien übermäßigen Belastungen ausgesetzt, ihre Bedeutung für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu wenig anerkannt. „Die vergangenen Monate haben wieder eindrücklich gezeigt, welche außerordentlichen Leistungen Eltern für unsere Gesellschaft erbringen. „Ohne Familie ist kein Staat zu machen. Ohne starke Familien ist keine Krise zu überwinden“, so Zeh.

Der Verbandspräsident fordert, dass dem Kinderbonus weitere Maßnahmen für Familien folgen. Dazu gehört eine familiengerechte Sozialversicherung, die derzeit auf dem Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts ist, ein ausreichend hohes Kindergeld von 330 Euro je Kind und Monat sowie Kinderfreibeträge auf Höhe des Grundfreibetrages für Erwachsene.

Investitionen in Betreuung und Bildung notwendig

Krisenbedingte und bundesweite Kitaschließungen haben deutlich gemacht, dass auf die Eltern in der Betreuung auch unter großen Schwierigkeiten Verlass ist. Der DFV mahnt aber dringend an, ein monatliches Betreuungsbudget in Höhe von 800 Euro einzuführen. Damit können Eltern selbst frei entscheiden, wie sie die Betreuung ihres Kindes finanzieren und organisieren, ob zu Hause, in einer Kita oder in der Tagespflege.

Gleichzeitig widerspricht der DFV der Kritik, eine gute Betreuung und frühkindliche Bildung von Kleinkindern könne ausschließlich in Kitas stattfinden. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung hat erst kürzlich aufgezeigt, wie flächendeckender Personalmangel die Qualität von Kindertageseinrichtungen beeinträchtigt. Auch in diesem Bereich sind Investitionen zur Verbesserung des Personalschlüssels dringend angeraten. „Mit kleinen Gruppen wären wir in Zukunft besser für ähnliche Situationen gewappnet“, so Zeh. „Unserer Gesellschaft geht es nur gut, wenn es den Familien gut geht. Daher gehören die Belange von Eltern und ihren Kindern in den Mittelpunkt unseres gesellschaftspolitischen Handelns.“

Den Kinderbonus erhalten Familien für jedes Kind, für das ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Er wird automatisch mit dem Kindergeld überwiesen. Im September gibt es 200 Euro und im darauffolgenden Monat 100 Euro. Der Kinderbonus wird nicht auf Hartz IV oder andere Sozialleistungen angerechnet, jedoch im Rahmen des steuerlichen Familienleistungsausgleichs berücksichtigt.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 07.09.2020

Das Deutsche Jungendinstitut (DJI) und das Robert Koch-Institut veröffentlichen heute den ersten Quartalsbericht der interdisziplinären Corona-KiTa-Studie. Schwerpunktthema sind die Erfahrungen der Kitas während der Notbetreuung im Frühjahr 2020, die das DJI im Rahmen einer explorativen Befragung von 83 Kita-Leitungen ab Ende April untersucht hat.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Kita-Leitungen in der Phase der Notbetreuung mit einer Fülle neuer organisatorischer Anforderungen konfrontiert waren, die sie in einer Situation der Unsicherheit bewältigen mussten. Insbesondere bei den Leitungen führte dies zu einer hohen zusätzlichen Belastung. Sorgen bereitete den Einrichtungen zudem die Aussicht auf eine Rückkehr zum Regelbetrieb unter zu dem Zeitpunkt nicht endgültig geklärten Umständen, etwa hinsichtlich der geltenden, aber noch nicht in der Praxis erprobten Hygienerichtlinien. Die Ergebnisse der Pilotbefragung sind in die Konzeption der Corona-KiTa-Studie und der wöchentlichen Abfragen des KiTa-Registers eingeflossen. Für das KiTa-Register sind alle Kindertageseinrichtungen und Tagespflegepersonen in Deutschland aufgerufen, über Online-Erhebungen regelmäßig zum Beispiel über Corona-bedingte Schließungen und die Betreuungskapazitäten zu berichten. Nach dem Start am 11. August haben sich mittlerweile mehr als 9.900 Kitas und rund 1.500 Tagespflegepersonen bundesweit angemeldet. Seit Anfang September laufen die wöchentlichen Abfragen. Dr. Susanne Kuger, Projektleiterin der Corona-KiTa-Studie am DJI: „Die Erfahrungen der Einrichtungsleitungen während der Notbetreuung machen deutlich, wie die Kitas den Spagat von Betreuungsauftrag und Infektionsschutz gemeistert haben. Dies wollen wir im Rahmen der Corona-KiTa-Studie weiter beobachten. Wir freuen uns daher sehr über die hohe Beteiligung am KiTa-Register und hoffen, dass die Teilnahmebereitschaft bei den wöchentlichen Abfragen so hoch bleibt. Über die nächsten Monate können wir so aktuell und heruntergebrochen auf die Regionen über die organisatorischen Herausforderungen in der Kindertagesbetreuung berichten.“

Erste Ergebnisse des KiTa-Registers sind online unter www.corona-kita-studie.de/results.html abrufbar, zum Beispiel – nach Ländern ausgewiesen – der Anteil der Kinder, die wieder in Kitas und Tagespflege betreut werden. Dargestellt wird auch der Prozentsatz des pädagogischen Personals in den Kitas, das zurzeit nicht eingesetzt werden kann: Etwa zwei Prozent der Fachkräfte in den am KiTa-Register teilnehmenden Einrichtungen arbeiten aufgrund der Corona Pandemie aktuell nicht mehr im Gruppendienst mit den Kindern, weitere zwei Prozent können ihrer Tätigkeit zurzeit gar nicht mehr nachgehen. Der Blick auf die Surveillance-Daten des Robert Koch-Instituts zeigt, dass sich die Häufigkeit akuter Atemwegserkrankungen in den letzten Wochen dem Vorjahresniveau angeglichen hat. Schätzungsweise haben in Kalenderwoche 33 (10. bis 16. August 2020) rund 65.000 Kinder von null bis fünf Jahren wegen akuter Atemwegserkrankungen eine Arztpraxis aufgesucht. Bei den neu übermittelten laborbestätigten COVID-19-Fällen bei Kindern gab es in derselben Kalenderwoche einen neuen Höhepunkt: Es wurden (in KW 33) 266 Fälle bei Kindern im Vorschulalter (0-5 Jahre) übermittelt. Zum Vergleich: Den höchsten Wert an neu übermittelten Fällen erreichte diese Altersgruppe im März mit 290 Fällen (in KW 13).

Alle Daten, eine ausführliche Beschreibung der Corona-KiTa-Studie sowie die aktuellen Zahlen aus dem August 2020 finden Sie im Quartalsbericht unter: www.corona-kita-studie.de Über die Studie Mit der Corona-KiTa-Studie erforschen das Deutsche Jugendinstitut und das Robert Koch Institut aus sozialwissenschaftlicher und medizinisch-epidemiologischer Sicht, welche Folgen das neuartige Coronavirus für Kitas, Kinder, Betreuungspersonen und Eltern hat. Die Erhebung läuft bis Dezember 2021. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und das Bundesministerium für Gesundheit finanzieren die Studie.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut vom 11.09.2020

Nachdem die Familienkassen an diesem Montag schrittweise begonnen haben, den Kinderbonus auszuzahlen, kritisiert der Familienbund der Katholiken die Leistung als „Konjunkturmaßnahme mit bestenfalls homöopathischer Wirkung für Familien“. „Die Einmalzahlung ist unzureichend und erinnert eher an ein Trostpflaster für Familien“,sagte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin. „Der Kinderbonus wird den hohen Belastungen von Familien in der Coronakrise nicht gerecht. Familien profitieren vom Kinderbonus bei weitem nicht in dem Maße, wie es nötig wäre: Für Geringverdiener ist der Kinderbonus ein einmaliger Tropfen auf den heißen Stein, für Gutverdiener bleibt wenig, weil er mit dem Kinderfreibetrag verrechnet wird. Mit dem Kinderbonus wird die Politik ihrer Verantwortung für Familien in der Coronakrise nicht gerecht. Die Politik muss die unverzichtbaren gesellschaftlichen Leistungen von Familien in dieser Zeit angemessen honorieren, ohne Konjunkturprogramme im Gewand familienpolitischer Mogelpackungen.“

Hoffmann erinnerte daran, dass Familien über ein Vierteljahr einen kaum zu bewältigenden Spagat zwischen Homeoffice, Homework und Homeschoo-ling betrieben haben und weit über ihre Belastungsgrenze eingespannt gewesen seien. „Kitas und Schulen sind zwar wieder geöffnet, aber vom Regelbetrieb noch weit entfernt.Unterrichtsausfälle, Lernrückstände, Vereinbarkeit von Familie und Homeoffice, ausfallende Großeltern für die Betreuung von Kindern sowie die stärkere gesundheitliche Überwachung der Kinder führen auch heute nach wie vor zu erheblichen Mehrbelastungen von Familien. Die Coronakrise ist für Familien nicht Vergangenheit, sondern tägliche Realität, der sie sich stellen müssen. Ohne den Beitrag von Familien hätte der Lockdown des Frühjahrs kein Er-folg werden können.“

„Familiengerecht und angemessen wäre ein an das derzeitige Mindestelterngeld an-gelehntes zusätzliches Corona-Elterngeld“

Hoffmann forderte stattdessen ein Corona-Elterngeld: „Familiengerecht und angemessen wäre ein an das derzeitige Mindestelterngeld angelehntes zusätzliches Corona-Elterngeld in Höhe von 300 Euro monatlich, gezahlt über die gesamte Dauer der Krise. Das würde Fa-milien helfen und die Eltern als große unsichtbare Leistungsträger in der Corona-Krise ho-norieren.“ Darüber hinaus fordert Hoffmann die Einführung einer Corona-Elternzeit, „die es Müttern und Vätern gegenüber ihren Arbeitgebern das Recht gibt, ihre Arbeitszeit so weit zu reduzieren, wie es für die Bewältigung der stark gestiegenen familiären Anforderungen nötig ist. Dazu gehört auch ein angemessenes Rückkehrrecht in den alten Arbeitsumfang und ein fortbestehender Kündigungsschutz.“

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 08.09.2020

Der Paritätische Wohlfahrtsverband begrüßt den angesichts der Corona-Pandemie beschlossenen Kinderbonus, der in diesem Monat erstmals ausgezahlt wird und – anders als das Kindergeld – auch Familien im Hartz-IV-Bezug zu Gute kommt. Überhaupt kein Verständnis zeigt der Verband jedoch für den Umstand, dass für arme Menschen ohne Kinder nach wie vor keine finanziellen Hilfen vorgesehen sind und fordert die Bundesregierung auf, dieses Versäumnis umgehend zu korrigieren.

„Der Kinderbonus ist zweifellos eine gute Sache und eine ganz konkrete Hilfe für arme Familien mit Kindern. Absolut inakzeptabel aber ist, dass Millionen Kinderlose, die Leistungen beziehen, egal ob Hartz IV oder Grundsicherung im Alter, leer ausgehen. In allen Konjunkturpaketen und Rettungsschirmen sind Millionen Arme bisher mit keinem Cent berücksichtigt. Das ist angesichts der bitteren Not, die sich für die Betroffenen in der Corona-Krise Tag für Tag verschärft, armutspolitisch außergewöhnlich ignorant“, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Erst in der vergangenen Woche hatte der Verband in einer Studie nachgewiesen, dass die Leistungen für Hartz IV-Beziehende in der Regel nicht ausreichen, um verlässlich vor Armut zu schützen, sich gesund zu ernähren und am sozialen, politischen und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Diese akute Unterversorgung werde durch die aktuelle Krise noch verschärft.

Der Paritätische fordert die Bundesregierung auf, ihre hartnäckige Verweigerungshaltung aufzugeben und endlich finanzielle Hilfen für alle armen Menschen auf den Weg zu bringen. „Unsere ohnehin sozial tief gespaltene Gesellschaft kann an dieser Krise zerbrechen. Konjunktur- und Hilfsprogramme müssen sozial, gerecht und wirksam sein. Niemand darf in dieser Krise abgehängt werden", so Schneider. Der Paritätische fordert als Soforthilfe die sofortige Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und Altersgrundsicherung um 100 Euro pro Kopf und Monat bis zur ohnehin gesetzlich geforderten Neufestsetzung der Regelsätze zum 1.1.2021 und eine sofortige Einmalzahlung an alle Grundsicherungsbeziehenden von 200 Euro (Kosten zusammen: ca. 6 Mrd. Euro), sowie eine sofortige entsprechende Leistungsanpassung beim BAföG und im Asylbewerberleistungsgesetz.

Link zur Studie „Arm, abgehängt, ausgegrenzt. Eine Untersuchung zu Mangellagen eines Lebens mit Hartz IV“: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/expertise-arm-abgehaengt-ausgegrenzt-eine-untersuchung-zu-mangellagen-eines-lebens-mit-hartz-iv/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 07.09.2020

SCHWERPUNKT II: Reform Elterngeld/ Elternzeit

Anlässlich der Kabinettsbefassung mit der Elterngeld- und Elternzeitreform begrüßt das Zukunftsforum Familie die beschlossenen Verbesserungen, v. a. für Familien mit Frühgeburten, mahnt zugleich aber umfassendere Unterstützungsleistungen an.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Mit der heute beschlossenen Ausweitung des Elterngeldanspruchs für Eltern von Frühchen setzt die Bundesregierung einen längst überfälligen Schritt zur weiteren Unterstützung von Familien um. Das starre Festhalten an der maximalen Bezugsdauer von 12 bzw. 14 Monaten beim Elterngeld, auch wenn Kinder weit vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt kommen, setzt Familien mit Frühchen bislang unnötig unter Druck. Gerade diese Familien brauchen mehr Zeit, um gemeinsam und finanziell abgesichert ins Leben zu starten – auch um Übergänge, zum Beispiel in die Kita, gestärkt zu meistern. Wir begrüßen ausdrücklich, dass diese Familien mit der Weiterentwicklung des Elterngelds bzw. der Elternzeit nun besser unterstützt werden.“

Reckmann fährt fort: „Aus unserer Sicht bleibt es allerdings vollkommen unverständlich, warum sich die Koalition nur auf eine vierwöchige Ausweitung des Anspruchs für Frühchen-Familien einigen konnte. Wir sprechen uns dagegen für eine flexible Verlängerung der Bezugsdauer aus, welche die Zeit bis zum errechneten Geburtstermin berücksichtigt und kompensiert. Auch mit Blick auf die partnerschaftliche Ausgestaltung der Leistung hätte sich das ZFF mutigere Reformschritte gewünscht. Eine Ausweitung der verpflichtenden Partnermonate, die insbesondere Väter in der frühen Familienphase unterstützt, wäre aus Sicht des ZFF ein wichtiger erster Schritt.“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V.vom 16.09.2020

Giffey: „Deutschlands bekannteste und beliebteste Familienleistung wird flexibler, partnerschaftlicher und einfacher.“

Das Bundeskabinett hat heute einen Gesetzentwurf mit deutlichen Verbesserungen im Elterngeld beschlossen. Ziel ist es, Familien mehr zeitliche Freiräume zu verschaffen und die partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienzeiten zwischen den beiden Elternteilen weiter zu unterstützen. Daneben sollen Eltern besonders früh geborener Kinder stärker unterstützt werden. Eltern und Elterngeldstellen profitieren von Vereinfachungen und rechtlichen Klarstellungen.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Fast 2 Millionen Eltern haben das Elterngeld im vergangenen Jahr bezogen. Es ist die bekannteste und beliebteste Familienleistung Deutschlands. Und ohne das Elterngeld wären wir heute nicht da, wo wir sind: mit aktiven Vätern, beruflich engagierten Müttern und familien-orientierten Unternehmen. Über 40 Prozent der Väter nehmen heute Elternzeit. Vor Einführung des Elterngeldes waren es noch 3 Prozent. Die meisten Eltern wünschen sich beides: eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf und mehr Zeit für ihre Kinder. Elterngeld, ElterngeldPlus und der Partnerschaftsbonus ermöglichen das. Jetzt machen wir das Elterngeld noch flexibler, partnerschaftlicher und einfacher – durch mehr Teilzeitmöglichkeiten, einen zusätzlichen Elterngeld-Frühchenmonat und weniger Bürokratie. Das macht es Eltern leichter, sich um die wichtigen Dinge zu kümmern: Zeit mit ihren Kindern und der Familie, aber auch Zeit um den eigenen beruflichen Weg weiterzugehen.“

Das Gesetz enthält verschiedene Bausteine, um das Elterngeld zu verbessern.

1. Mehr Teilzeitmöglichkeiten

Die während des Elterngeldbezugs und der Elternzeit zulässige Arbeitszeit wird von 30 auf 32 Wochenstunden – also volle vier Arbeitstage – angehoben. Auch der Partnerschaftsbonus, der die parallele Teilzeit beider Eltern unterstützt, kann künftig mit 24 – 32 Wochenstunden (statt mit bisher 25-30 Wochenstunden) bezogen werden und wird auch sonst an vielen Stellen vereinfacht und flexibler gestaltet. Das erhöht die Flexibilität für Eltern und unterstützt sie dabei, einerseits das Familieneinkommen abzusichern und andererseits durch die Teilzeit mehr Zeit für Familie zu haben.

Beispiel: Vater und Mutter möchten beide parallel Teilzeit arbeiten und den Partnerschaftsbonus beantragen. Dafür bekommen sie für die Dauer von bis zu 4 Monaten zwischen 150 und 900 Euro im Monat – zusätzlich zu ihrem Gehalt und zusätzlich zum Kindergeld.

• Je nach Arbeitsanfall ist an manchen Tagen mehr, an manchen weniger Arbeit. Das macht nichts. Solange die Eltern im Schnitt zwischen 24-32 Wochenstunden arbeiten, bekommen sie den Partnerschaftsbonus • Die Eltern wissen noch nicht, ob sie zwei, drei oder vier Monate Teilzeit arbeiten werden. Das macht nichts. Sie müssen sich bei der Elterngeldstelle auch noch gar nicht endgültig festlegen. Sie können einfach die vier Monate beantragen und den Bonus früher beenden, wenn sie es möchten. Oder sie beantragen erst mal nur 2 Monate und verlängern später noch.

• Der Vater erkrankt im zweiten Bonus-Monat des Partnerschaftsbonus schwer und kann länger nicht mehr arbeiten.Die Mutter kann dann den Bonus allein weiter nutzen. Außerdem darf der Vater das Geld aus dem Partnerschaftsbonus der ersten 2 Monate behalten.

• Ein wichtiges Projekt kommt unerwartet – die Mutter kann im vierten Bonus-Monat plötzlich nicht mehr Teilzeit arbeiten. Das macht nichts. Die Eltern können das Elterngeld für die ersten drei Bonus-Monate trotzdem behalten.

2. Frühchenmonat

Wird das Kind 6 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin oder früher geboren, erhalten Eltern einen zusätzlichen Monat Elterngeld, um in dieser herausfordernden Situation mehr Zeit für Kind zu haben. Damit fokussiert das Elterngeld stärker als zuvor den individuellen zeitlichen Bedarf und unterstützt mehr Eltern, sich um ihr Kind in dieser besonderen Lebenssituation zu kümmern.

Beispiel: Das Kind wird 6 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin geboren. Die Eltern erhalten einen zusätzlichen Monat Basiselterngeld. Diesen zusätzlichen Basiselterngeld-Monat können sie auch in ElterngeldPlus umwandeln. Dann erhalten sie sogar zwei zusätzliche Monate Elternzeit.

3. Verwaltungsvereinfachungen und Klarstellungen

Eltern und Verwaltung werden von Vereinfachungen und rechtlichen Klarstellungen profitieren. Ein Antragsrecht für Eltern mit geringen selbständigen Nebeneinkünften ermöglicht diesen Eltern künftig eine bessere Berücksichtigung ihrer Einnahmen im Elterngeld.

Beispiel: Ein fest angestellter Erzieher bekommt im Dezember sein Kind. Im Kalenderjahr davor hatte er, bis auf eine einmalige freiberufliche Einnahme von 200 Euro, noch kein Einkommen.

• Nach den allgemeinen Regeln wird er (wegen der einen selbstständigen Einnahme) wie ein Selbstständiger behandelt: Für das Elterngeld ist das Einkommen aus dem Vorjahr maßgeblich. Damals hatte er noch kein Einkommen. Er erhält damit nur den Elterngeld-Mindestbetrag von 300 Euro.

• Mit der neuen Regelung kann er sich dafür entscheiden, ausschließlich als Nicht-Selbstständiger behandelt zu werden: Die Einnahme von 200 Euro wird nicht angerechnet. Sein Elterngeld wird dann anhand der 12 Monate vor der Geburt bemessen, in denen er schon als Erzieher gearbeitet und durchschnittlich 1500 Euro im Monat verdient hat. Er bekommt dann 65% seines maßgeblichen Netto-Einkommens, also etwa 975 Euro.

Und: Eltern, die während des Elterngeldbezugs Teilzeit arbeiten, sollen nur im Ausnahmefall nachträglich Nachweise über ihre Arbeitszeit erbringen. Ab jetzt wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass die im Antrag angegebenen Arbeitsstunden nicht überschritten werden.

Finanzierung und Einkommensgrenzen

Die Kosten für mehr Partnerschaftlichkeit und die bessere Unterstützung von Eltern frühgeborener Kinder werden aus dem Elterngeld selbst finanziert. Es sind keine zusätzlichen Mittel aus dem Haushalt dafür erforderlich. Zur Finanzierung der Verbesserungen sollen künftig aber nur noch Eltern, die gemeinsam 300.000 Euro oder weniger im Jahr verdienen, Elterngeld erhalten. Bisher lag die Grenze für Paare bei 500.000 Euro. Diese neue Regelung für Paare betrifft Spitzenverdiener, die 0,4 Prozent der Elterngeldbezieher ausmachen – ca. 7.000. Für sie ist die eigenständige Vorsorge für den Zeitraum der Elternzeit auch ohne Elterngeld möglich. Für Alleinerziehende liegt die Grenze weiterhin bei 250.000 Euro.

Zahlen im Überblick

• 68 Prozent der Eltern wünschen sich mehr Zeit für ihre Kinder.

• 48 Prozent der Eltern wünschen sich eine gleichgewichtige Aufteilung von Familie und Beruf (24 Prozent: mit doppelter Vollzeit; 22 Prozent: mit doppelter Teilzeit).

• 55 Prozent der Eltern erwarten von der Familienpolitik, dass sie die Voraussetzungen verbessert, damit beide Partner gleichermaßen berufstätig sein und Verantwortung in der Familie übernehmen können.

• 82 Prozent der Eltern teilen sich während des Partnerschaftsbonus die Betreuung ihres Kindes mehr oder weniger gleich auf. (Im Vergleich: während des Bezugs von ElterngeldPlus: 24 Prozent, während des Bezugs von Basiselterngeld: 17 Prozent).

• 1,9 Prozent (ca. 18.500) der Eltern nutzen den Partnerschaftsbonus.

• 27,8 Prozent (ca. 8000 Väter) der ElterngeldPlus beziehenden Väter, beziehen den Partnerschaftsbonus.

• Jedes Jahr werden 2,3 Prozent aller Kinder, deren Mütter Elterngeld beziehen, mehr als 6 Wochen zu früh geboren. Das sind 17 000 Kinder im Jahr.

Quellen:

Institut für Demoskopie Allensbach: Veränderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die Familienpolitik, September 2019

Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der Regelungen zum Elterngeld Plus und zum Partnerschaftsbonus sowie zur Elternzeit“ vom 10. Januar 2018, BT-Drs. 19/400, S. 15 ff.

Statistisches Bundesamt, Leistungsbezüge, 1. Quartal 2020.

Schätzung auf Grundlage der Perinatalstatistik 2014, AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH. Bundesauswertung zum Erfassungsjahr 2014 16/1 – Geburtshilfe. (Göttingen, 2015). S. 113, abrufbar unter: https://www.sqg.de/downloads/Bundesauswertungen/2014/bu_Gesamt_16N1-GEBH_2014.pdf

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 02.09.2020

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die heute vom Bundeskabinett beschlossene Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes. Damit werden Eltern noch besser dabei unterstützt, Familien- und Arbeitszeit miteinander zu vereinbaren und partnerschaftlich zu verteilen. Daneben profitieren Eltern und Verwaltung von rechtlichen Klarstellungen und Vereinfachungen.

„Die bekannteste und beliebteste Familienleistung Elterngeld wird erneut weiterentwickelt. Damit wird dem Bedürfnis der heutigen Eltern-Generation noch besser entsprochen, Familien- und Arbeitszeit flexibel und partnerschaftlich zu gestalten.

Eltern sollen stärker darin unterstützten werden, während des Elterngeldbezugs in Teilzeit erwerbstätig sein zu können und so einerseits das Familieneinkommen abzusichern und andererseits mehr Zeit für ihre Familie zu haben. Dafür wollen wir die während des Elterngeldbezugs und der Elternzeit zulässige Arbeitszeit auf 32 Stunden erhöhen.

Um mehr Partnerschaftlichkeit bei Erziehung und Berufstätigkeit zu ermöglichen, wird der Partnerschaftsbonus deutlich flexibilisiert und verlängert. Denn je länger Eltern eine partnerschaftliche Aufgabenteilung mit Unterstützung des Bonus praktizieren, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch später ein solches Familienmodell leben.

Ebenfalls verbessert werden soll auch die Situation der Eltern von besonders früh geborenen Kindern. Um mögliche Entwicklungsverzögerungen ihres Kindes besser auffangen zu können, erhalten sie einen zusätzlichen Elterngeldmonat.

Familien in Deutschland können sich darauf verlassen, dass die SPD-Fraktion im Bundestag das Elterngeld auch künftig den Bedürfnissen der Familien entsprechend weiterentwickeln.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 16.09.2020

„Ein flexibleres Elterngeld ist gut, doch die Reformen greifen viel zu kurz. Es ist an der Zeit, endlich auch Familien mit geringem oder ohne Einkommen mit dem Elterngeld besser zu unterstützen. Das macht die Regierung wieder nicht. Es ist notwendig, den Mindestbetrag von derzeit 300 Euro anzuheben. Seit 13 Jahren ist dies nicht passiert, und das ist eine Diskriminierung von ärmeren Familien“, sagt Katrin Werner, familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den heute vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Reform des Elterngeldes. Werner weiter:

„Durchschnittlich bezogen Väter 3,7 Monate Elterngeld im Jahr 2019. Bei Müttern waren es 14,3 Prozent. Elterngeld muss deutlich stärker auf eine partnerschaftliche Aufteilung von Erziehungs- und Lohnarbeit in den Familien zielen. Dazu braucht es 12 Monate Elterngeldanspruch pro Elternteil; und zwar nicht übertragbar. Für Alleinerziehende muss es einen Anspruch auf 24 Monate Elterngeld geben.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 16.09.2020

SCHWERPUNKT III: Flüchtlingslager Moria

Anlässlich der katastrophalen Zustände in den griechischen Flüchtlingslagern fordert das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) die Evakuierung der Lager und die schnelle Aufnahme von geflüchteten Menschen.

Der verheerende Brand, der Anfang der Woche ein Großteil des Flüchtlingslagers Moria zerstörte, hat auf tragische Weise die ohnehin unhaltbaren Zustände in dem griechischen Lager weiter zugespitzt. Hinzu kommt, dass bei den Bewohner*innen zunehmend Corona-Infektionen nachgewiesen wurden.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, fordert: „Wo bleibt die in Zeiten der Corona-Pandemie viel beschworene Solidarität, wenn es um Menschen geht, die vor Kriegen und Hunger flüchten und unter schrecklichen Bedingungen an den Grenzen Europas ausharren müssen? Wir fordern die sofortige Evakuierung der Lager und setzen uns für die Aufnahme weiterer Geflüchteter ein. Die Bundesregierung muss nun mit kooperationsbereiten europäischen Partnern vorangehen und die unhaltbaren Zustände auf den griechischen Inseln endlich beenden. Auch viele Bundesländer und Kommunen haben bereits signalisiert, dass sie problemlos weitere Geflüchtete aufnehmen können. Diese Solidarität muss nun endlich Wirklichkeit werden dürfen!“

Reckmann bemerkt weiter: „Geflüchtete Menschen brauchen besonderen Schutz für sich und ihre Familie. Einmal in Deutschland angekommen, bangen viele Geflüchtete nach einer meist riskanten und traumatischen Flucht um zurückgebliebene Angehörige. Ein wirkliches Ankommen im neuen Land ist unter dieser Belastungssituation kaum möglich. Ihre Familien müssen daher so schnell wie möglich auf legalem und sicherem Weg folgen dürfen!“

Das Positionspapier des ZFF zum „Familiennachzug“ (Mai 2017) finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 11.09.2020

Die Bundesregierung hat eine Woche nach der Brandkatastrophe auf Moria beschlossen, weitere 1.553 Menschen von fünf griechischen Inseln aufzunehmen. Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt die Entscheidung, kritisiert den Beschluss aber als unzureichend und verspätet.

Im März 2020 stieg die Zahl der Geflüchteten auf den griechischen Inseln auf 42.000 Menschen. Eine menschenwürdige Unterbringung ist schon lange nicht gewährleistet. Das Gesundheitssystem auf den Inseln ist mit dem Ausbruch des Covid-19-Virus schlicht überfordert. Die unter Quarantäne gestellten Menschen besitzen weder Seife, noch Platz, noch eine Perspektive. In den Lagern herrscht Angst, auch vor Aggressionen von außen. Hierbei handelt es sich um Menschen, die durch jahrelanges Ausharren unter schlimmsten hygienischen Missständen, besonders gefährdet sind. Weitere Humanitäre Katastrophen sind zu befürchten.

Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes: „Die dramatische Zuspitzung der Lage auf Lesbos zeigt deutlich, dass es keine Kompromisse geben darf: Notwendig ist eine schnelle Regelung für alle Betroffenen. Deutschland darf jetzt nicht auf eine gemeinsame Europäische Lösung verweisen, denn diese konnte seit Monaten nicht erreicht werden. Bereitschaft zur Aufnahme wird immer wieder durch andere Mitgliedstaaten gezeigt, allerdings muss einer den Anfang machen. Deutschland muss als Inhaber der EU – Ratspräsidentschaft ein Vorbild sein und die Vorreiterrolle übernehmen, damit andere europäische Staaten nachziehen und ihrerseits Schutzsuchende aufnehmen.“

Sechs EU Länder erklärten bislang ihre Bereitschaft, Geflüchtete auf den griechischen Inseln aufzunehmen, darunter die Niederlande, Finnland, Frankreich und Deutschland. Schweden und Österreich erklärten sich bereit, Griechenland materiell zu unterstützen, z.B. durch das Bereitstellen von Hilfsunterkünfte, Ärzte und Sanitäter, Zelte, Decken und Schlafsäcke.

Die Bundesregierung will 1.553 Menschen von 5 griechischen Inseln aufnehmen. Zusammen mit den bereits zugesicherten Aufnahmen wird Deutschland somit insgesamt 2750 Menschen aus Griechenland aufnehmen. Zudem signalisierte die Bundesregierung, dass bei einer gemeinsamen europäischen Lösung weitere Aufnahmen seitens Deutschlands möglich seien.

Die Stadtoberhäupter von Bielefeld, Düsseldorf, Freiburg, Gießen, Göttingen, Hannover, Köln, Krefeld, Oldenburg und Potsdam haben in einem Brief an die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) angeboten, Geflüchtete aus dem abgebrannten Lager Moria aufzunehmen.

Brigitte Döcker: „Die Brandkatastrophe in Moria zeigt, dass es eines Paradigmenwechsels in der Europäischen Flüchtlingspolitik bedarf. Die Lager auf den griechischen Inseln sind als Teil der europäischen Flüchtlingspolitik gewollt, damit muss nun endlich Schluss sein!“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 17.09.2020

Der BumF fordert nach dem Brand in Moria, deutlich mehr Menschen aus Griechenland aufzunehmen als geplant. Aufgrund rückläufiger Zugangszahlen verfügt die Jugendhilfe über ausreichend freie Plätze in Wohngruppen und Pflegefamilien. Zudem bietet sie aufgrund der noch vorhandenen sehr guten Infrastruktur, jahrzehntelangen Erfahrungen und fachlichen Kompetenzen beste Voraussetzungen für eine nachhaltige Integration.

Allein seit April haben deutschlandweit 3.742 geflüchtete junge Menschen die Jugendhilfe verlassen. Angesichts dieser Zahlen und der großen Aufnahmebereitschaft von Ländern, Kommunen und Jugendhilfeträgern, ist die geplante Aufnahme völlig unzureichend. Hochgerechnet könnten mit kurzem Vorlauf und unter Wahrung des Infektionsschutzes 4000 unbegleitete Minderjährige aufgenommen werden, wie auch die Auswertung einer Befragung von Mitgliedern des BumF bestätigt.

Das Lager Moria war letzte Woche bei mehreren zeitgleichen Bränden fast vollständig zerstört worden. 12.000 Menschen waren dort untergebracht, darunter über 4.000 Kinder. Bereits vor dem Brand war die Situation in Moria aber auch anderen Teilen des Landes katastrophal, wie der BumF in dem Bericht „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Griechenland“ ausführlich darlegt. Derzeit leben nach Angaben des UNHCR 4.558 unbegleitete Minderjährige in Griechenland.

Die Aufnahme von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen aus Moria ist dringend notwendig, kann jedoch nur ein Anfang sein. Circa 40.000 Geflüchtete, leben unter völlig menschenrechtswidrigen Bedingungen auf den griechischen Inseln. Sie müssen umgehend evakuiert und auf andere EU-Staaten verteilt werden.

Quelle: Pressemitteilung Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. vom 16.09.2020

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie zum Koalitionsbeschluss, 1.553 weitere Menschen aus 408 Familien in Deutschland aufzunehmen:

"Der Beschluss der Bundesregierung kommt leider spät und springt viel zu kurz. 1.553 Personen sind ein Schritt in die richtige Richtung. Aber jetzt muss nicht für zehn Prozent, sondern für 100 Prozent der Menschen eine Lösung gefunden werden. Tausende Mädchen und Jungen verlieren in griechischen Flüchtlingslagern ihre Kindheit unter unerträglichen Bedingungen. Deutschland trägt als EU- Ratspräsidentschaft eine besondere Verantwortung und muss notfalls allein vorangehen, damit die anderen nachziehen. Die Bundesregierung darf sich nicht von denen beirren lassen, die mit der Migrationspolitik auf Kosten von Menschen aus Krieg und Not viel zu preiswert Wählerstimmen ziehen wollen. Es gilt jetzt, die Debatte wieder in die richtige Bahn zu lenken: Unter Rechtfertigungsdruck stehen nicht die, denen Menschlichkeit und Menschenrechte etwas bedeuten und die jetzt helfen wollen, sondern die, die Hartleibigkeit als Politik verkaufen wollen. Es darf kein weiteres politisches Taktieren auf dem Rücken der Menschen geben."

Hintergrund:

Es leben 4.000 Kinder und ihre Familien in Moria, sie kommen in der Mehrheit aus Kriegsgebieten wie Syrien, Afghanistan, Irak und der Republik Kongo. Kein Land in der EU ist wirklich überfordert mit der Flüchtlingsaufnahme: Die Türkei hat mit fast 4 Millionen Geflüchteten mehr aufgenommen als die gesamte EU. Ende 2018 befanden sich 2,4 Millionen Flüchtlinge oder Personen mit internationalem Schutzbedarf und 860 Personen im Asylverfahren in der EU. Ebenso hat Libanon mit

7 Millionen Einwohnern im Vergleich 1,3 Millionen Geflüchtete aufgenommen, in Deutschland mit 80 Millionen Einwohnern leben 1,1 Millionen Menschen mit einem Flüchtlingsstatus.

https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/2020/feuer-moria-fluechtlingskinder-brauchen-dringend-hilfe/225178

https://www.unhcr.org/figures-at-a-glance.html

https://migrationdataportal.org/regional-data-overview/europe#general-trends

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 15.09.2020

Anlässlich der Brand-Katastrophe im Flüchtlingslager Moria appelliert die Diakonie Deutschland mit weiteren Organisationen in einem Offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel, sich für die notwendige Katastrophenhilfe sowie für den sofortigen Beginn der Evakuierung der geflüchteten Menschen von den griechischen Inseln einzusetzen.

Es darf nach dem Brand von Moria kein "Weiter so" in der europäischen Flüchtlingspolitik geben.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: "An der Aufnahme von 12.600 Menschen in eine EU mit 450 Millionen Einwohnern darf gemeinsames europäisches Handeln nicht scheitern. Die vollkommen obdachlos gewordenen Geflüchteten, darunter viele Kinder und Jugendliche, nun diesem ohnehin erbärmlichen Zustand zu überlassen, wäre eine Bankrotterklärung für unsere europäischen Werte. Wer jetzt nicht helfen will, findet keine Rechtfertigung dafür. Es gilt jetzt, Europas Schande Moria für immer aufzulösen und eine europäische Lösung dafür zu finden, dass auf den griechischen Inseln und an den Europäischen Außengrenzen insgesamt keine solchen Flüchtlingslager mehr entstehen. Eine brutale Politik der Abschreckung ist Mittel von Populisten und Despoten, eine wertebasierte EU muss endlich neue, menschlichere Wege aufzeigen und vorangehen. Deutschland ist in der Lage, sofort mehrere Tausend Menschen aufzunehmen. Kommunen und Bundesländer stehen bereit und haben sofortige Hilfe signalisiert. Gerne übernehmen wir Mitverantwortung und unterstützen, wo wir können."

Weitere Informationen:

Offener Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Brandkatastrophe_Moria__Offener_Brief_Zivilgesellschaft_an_Bundeskanzlerin_11.09.2020.pdf

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 11.09.2020

Die Lage der Kinder auf der griechischen Insel Lesbos ist auch zwei Tage nach dem verheerenden Großbrand in dem Flüchtlingslager Moria dramatisch. Fast 4.000 Kinder und ihre Eltern sind weiterhin ohne Obdach und ausreichenden Schutz. Gemeinsam mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, der Internationalen Organisation für Migration sowie vielen weiteren Partnern und den griechischen Behörden organisiert UNICEF Hilfsmaßnahmen für die Kinder und ihre Familien auf Lesbos. Das von UNICEF unterstützte Kinder- und Familienzentrum „Tapuat“ nahe Moria wurde in eine Notunterkunft umgewandelt. Die meisten der 406 unbegleiteten Kinder, die gestern auf das Festland geflogen wurden, waren dort vorübergehend untergebracht. „Es ist gut, dass sich Deutschland zusammen mit weiteren europäischen Staaten bereit erklärt hat, die unbegleiteten Kinder aufzunehmen“, sagte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. „Auf den griechischen Inseln verlieren weiter Tausende Mädchen und Jungen ihre Kindheit unter unerträglichen Bedingungen. Europa muss jetzt helfen und diese Tragödie beenden.“ Es wurde vereinbart, dass in dem Zentrum auf Lesbos nun besonders schutzbedürftige Mütter und Kinder Zuflucht finden können. Die Kapazitäten reichen für schätzungsweise 200 Mütter und ihre Kinder. Weitere 100 Mütter und ihre Kinder können in nahegelegenen Einrichtungen kurzfristig versorgt werden. Insgesamt müssen rund 10.800 Menschen untergebracht werden. Es muss damit gerechnet werden, dass viele von ihnen eine weitere Nacht im Freien verbringen müssen. UNICEF hält für die notdürftige Versorgung der Familien und Kinder Schutz- und Hygieneutensilien, Kleidung und Spiel- und Lernmaterialien bereit und hilft bei der Suche nach Unterkünften für besonders gefährdete Kinder und Mütter. Zusammen mit Partnern werden in den kommenden Tagen psychosoziale Hilfen für die Kinder organisiert. Die Kinder sollen so rasch wie möglich wieder ein Stück Normalität erfahren. Die Bundesbürger haben seit Mittwoch bereits über 100.000 Euro für die UNICEF-Hilfe für die geflüchteten und migrierten Kinder in Griechenland gespendet.

Quelle: Pressemitteilung UNICEF Deutschland vom 11.09.2020

SCHWERPUNKT IV: Familienentlastungsgesetz

Anlässlich der heutigen ersten Lesung des Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien im Deutschen Bundestag weist das ZFF mit Nachdruck auf dringende Reformen hin, um Kinder- und Familienarmut endlich zu beseitigen. Steuerentlastungen sind hier nicht der richtige Weg.

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, das Kindergeld ab dem 1. Januar 2021 um 15 Euro anzuheben. Dementsprechend soll der steuerliche Freibetrag für das sächliche Existenzmi­nimum des Kindes steigen und auch der steuerliche Freibetrag für den Betreuungs- und Er­ziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA) wird erhöht. Bereits 2018 stiegen Kindergeld und Kinderfreibetrag an – beide Schritte wurden im aktuellen Koalitionsvertrag vereinbart.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), kritisiert: „Drei Millionen Kinder und ihre Familien erleben täglich was es heißt, arm zu sein: Geringere Bildungschancen, weniger soziale Teilhabe, schlechtere materielle Grundversorgung und beengte Wohnverhältnisse. Viele Kinder wachsen heute zudem in Haushalten auf, bei denen die Eltern trotz Erwerbsarbeit auf aufstockende Leistungen angewiesen sind. Die Corona-Pandemie hat diese Schieflage verstärkt und setzt damit immer mehr Familien unter Druck: Eltern arbeiten in Kurzarbeit, werden entlassen, haben keine Kinderbetreuung oder stehen als Selbstständige vor dem wirtschaftlichen Ruin. Es ist damit zu rechnen, dass durch die derzeitige wirtschaftliche Krise die Zahl der Hartz-IV-Haushalte und damit absehbar auch die Zahl armer Kinder in Deutschland steigen werden.

Statt einen Rettungsschirm für arme Familien zu spannen, wird nun ein weiteres Familienentlastungsgesetz auf den Weg gebracht. Aus Sicht des ZFF kommt dies einer Förderung mit der Gießkanne gleich und zementiert die soziale Schieflage im Familienlastenausgleich: Durch die steuerlichen Kinderfreibeträge werden sehr gut verdienende Familien um bis zu 100 Euro mehr entlastet als Familien mit weniger Einkommen. Darüber hinaus kommt das Kindergeld bei vielen Familien gar nicht an, weil es mit anderen Leistungen wie dem Sozialgeld oder Unterhalt verrechnet wird. Familien im SGB II Bezug oder Alleinerziehende haben also nichts von einer Erhöhung.

Statt einer einseitigen Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen fordern wir eine Reform hin zu einem sozial gerechten System einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung. Die Kindergrundsicherung würde den Dualismus aus Kindergeld und Kinderfreibeträgen durchbrechen und alle Einzelleistungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinderregelsätze und Kinderfreibeträge ersetzen.“

Die ZFF-Stellungnahmen zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Zweites Familienentlastungsgesetz – 2. FamEntlastG)" finden Sie u>.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V.vom 10.09.2020

Weitere Entlastungsstufe für Familien gezündet

Der Bundestag berät morgen in erster Lesung das Zweite Gesetz zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (2. FamEntlastG). Dazu erklären die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Antje Tillmann und der zuständige Berichterstatter Johannes Steiniger:

„Mit dem Gesetz setzen wir die im Koalitionsvertrag vereinbarte Erhöhung des Kindergeldes um. Nach der letzten Erhöhung um 10 Euro zum 1. Juli 2019 legen wir jetzt nochmal 15 Euro pro Monat oben drauf. Damit erhält jede Familie pro Kind insgesamt 300 Euro pro Jahr mehr. Parallel erhöhen wir mit diesem Gesetz auch den Kinderfreibetrag um mehr als 500 Euro.

Beides haben wir als Koalition versprochen. Beides halten wir als Koalition ein. Nach dem in dieser Woche angelaufenen Kinderbonus von 300 Euro zünden wir damit eine weitere Entlastungsstufe für diejenigen, die besonders stark unter der Corona-Pandemie leiden. Familien in Deutschland mussten in den letzten Wochen und Monaten viel jonglieren zwischen Schularbeit mit den Kindern und Home Office oder Kurzarbeit. Mit diesen Entlastungen wollen wir zumindest finanziell Druck von ihren Schultern nehmen.

Zusätzlich profitieren alle Steuerpflichtigen durch die Anhebung des Grundfreibetrages und die Verhinderung der kalten Progression. So wird der Grundfreibetrag, bis zu dem keine Steuern fällig werden, zum kommenden Jahr von 9.408 Euro auf 9.696 Euro angehoben. 2022 steigt der Betrag dann auf fast 10.000 Euro. Durch die Verschiebung der Tarifeckwerte steigt die Grenze, von der an der 42-prozentige Spitzensteuersatz verlangt wird, von 57.052 Euro in zwei Schritten bis 2022 auf ein Jahreseinkommen von 58.788 Euro.

Insgesamt führen die Maßnahmen zu einer finanziellen Besserstellung von Familien in Höhe von rund zwölf Mrd. Euro jährlich. Damit bringen wir heute eines der größten steuerlichen Entlastungspakete dieser Legislaturperiode auf den Weg.

Des Weiteren begrüßen wir die Anpassung des Behinderten Pauschbetrages, die auch heute in erster Lesung beraten wurde. Diese Anpassung ist ein Schritt, auf die viele Betroffene angesichts der Lohn- und Preisentwicklung seit 1975 lange gewartet haben.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 09.09.2020

Der Bundestag berät heute in 1. Lesung über Kindergeld und steigende Steuerfreibeträge ab 2021 – das wird viele Familien freuen, aber nur wenige Einelternfamilien. „Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Die soziale Schere in der Familienförderung öffnet sich weiter und Alleinerziehende fallen durchs Raster“, kritisiert Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV). „Wir bedauern, wenn die Chance auf den drin­gend notwendigen Systemwechsel in der Familienförderung hin zu einer Kindergrundsicherung erneut verpasst wird“, so Jaspers.

15 Euro mehr Kindergeld und extra hohe Kinderfreibeträge ab 2021 – bei den meisten Alleinerziehenden wird trotzdem kaum mehr Geld im Portmonee ankommen. Familienförderung über höhere Steuervorteile erreicht Familien mit k(l)einen Einkommen nicht, sondern verstärkt die bestehende soziale Schieflage zugunsten wohlhabender Familien. Und im gleichen Zuge wie das Kindergeld steigt, sinken ggf. der Unterhalts­vorschuss oder die SGB II-Leistung, da das Kindergeld hier zu 100 Pro­zent angerechnet wird, beim Kindesunterhalt zu 50 Prozent. „Die Jugend- und Familienminister*innenkonferenz fordert, dass Kindergeld beim Unterhaltsvorschuss künftig nicht mehr vollständig sondern zur Hälfte anzurechnen – Zeit, dies in die Tat umsetzten“, mahnt Jaspers.

„Was großzügig gemeint sein mag, fällt Alleinerziehenden beim Unter­halt auf die Füße, da Steuer- und Unterhaltsrecht schlecht aufeinander abgestimmt sind“, bemängelt Jaspers. Der Gesetzentwurf treibt das Auseinanderdriften des steuer- und unterhaltsrechtlichen Existenzmini­mums weiter voran, da der Kinderfreibetrag über dem Existenzminimum eines Kindes liegen wird, statt dessen Höhe abzubilden. Wird der für 2021 bereits per Verordnung festgelegte Mindestunterhalt nicht entspre­chend nach oben korrigiert, sinkt der Unterhaltsvorschuss 2021 im Ver­gleich zu 2020 sogar um 5 Euro. Der Zahlbetrag in der untersten Stufe der Düsseldorfer Tabelle würde um lächerliche 2,50 Euro im Monat steigen – obwohl die Kinderfreibeträge eines Kindes um satte 48 Euro im Monat erhöht werden sollen.

„Der politische Wille, Familien zu entlasten, muss auch Kinder in Einel­ternfamilien und in armen Familien umfassen, und nicht nur in wohlha­benden. Insgesamt braucht es eine grundlegende Reform: einen Systemwechsel hin zu einer Kindergrundsicherung in Kombination mit einer Individualbesteuerung, damit kein Kind im Dschungel der familien­politischen Leistungen verloren geht“, fordert Jaspers.

Lesen Sie hier die Stellungnahme zum 2. Familienentlastungsgesetz.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 10.09.2020

SCHWERPUNKT V: Hartz-IV Regelsätze

Zu Medienberichten über eine Erhöhung von Hartz IV stellt der DGB fest, dass das Arbeitsministerium lediglich die ohnehin geplante Fortschreibung der Regelsätze bis 2021 vorgenommen hat. Die bisher bekannt gewordenen Sätze beruhen auf einer Statistik aus dem Jahr 2018, die entsprechend nur auf das Datum 1.1.2020 fortgeschrieben wurden. Da nun Daten zur aktuellen Preis- und Lohnentwicklung vorliegen, erfolgt die Fortschreibung der Sätze zum 1.1.2021, dem Tag, ab dem die Regelsätze gelten sollen. Dazu sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, am Dienstag in Berlin:

„Der schöne Schein angehobener Regelsätze trügt. Das Arbeitsministerium hat in Wahrheit nicht nachgebessert, sondern lediglich einen gesetzlich vorgeschriebenen Rechenschritt nachgeholt, um die Regelsätze bis 2021 fortzuschreiben. Es wäre unredlich und zynisch, diese Fortschreibung den Ärmsten der Gesellschaft als Erhöhung zu verkaufen und ihnen ein X für ein U vorzumachen.

Das Grundübel der Regelsatz-Herleitung bleibt unverändert: Das Wenige, was die einkommensschwächsten 15 Prozent der Haushalte laut Statistik ausgeben können, wird mit dem Existenzminimum gleichgesetzt. Dabei ist diese Vergleichsgruppe Welten von einem normalen Lebensstandard wie in der Mitte der Gesellschaft entfernt. So wird Armut nicht bekämpft, sondern zementiert. Auch mit dem neuen Betrag von 446 Euro für alleinstehende Erwachsene bleibt es dabei: Das Hartz-IV-Leistungsniveau liegt unterhalb der offiziellen Armutsgrenze.

Die Sinnhaftigkeit der extremen Unterschiede bei der Anpassung der Sätze für Kinder und Jugendliche ist nicht zu erklären. Niemand, der Kinder hat, kann nachvollziehen, warum die notwendigen Ausgaben für ein Vorschulkind um 33 Euro gestiegen, die Kosten für ein Kind ab sechs Jahren aber nahezu unverändert geblieben sein sollen. Vielmehr belegen genau diese unerklärliche Unterschiede die schlechte Qualität der zugrunde liegenden Statistik. Weil viel zu wenig Fälle betrachtet werden, schlagen hier Zufälle durch, die überhaupt nicht aussagekräftig sind. So beruht die Berechnung des Regelsatzes für Jugendliche beispielweise für die Kosten eines Fahrrads auf den Angaben von nur 14 Haushalten.

Wir bleiben bei unser Forderung: Die Abgeordneten des Bundestags und des Bundesrats müssen im Gesetzgebungsverfahren deutlich nachbessern, sonst bleibt soziale Teilhabe für alle ein uneingelöstes Versprechen. Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und des Anstands.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 08.09.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk bemängelt die nach Medienberichten beabsichtigte Erhöhung der Regelsätze für Kinder und Jugendliche im Hartz-IV-Bezug zum 1. Januar 2021 als unzureichend. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation fehlt nach wie vor ein politisches Gesamtkonzept, mit dem die Situation der von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen in Deutschland nachhaltig verbessert wird.

"Auch wenn die Erhöhung der Regelsätze nach Medienberichten noch einmal höher ausfällt als vom Bundeskabinett ursprünglich beschlossen, sieht diese Erhöhung nur auf den ersten Blick gut aus. Wenn man genauer hinschaut, erweist sie sich als unzureichend. Hier wird lediglich ein Stück weit das nachgeholt, was den Kindern und Jugendlichen durch politisches Herunterrechnen der Regelsätze seit Jahren vorenthalten wird. Und dass die sechs- bis 13-Jährigen mit einem Euro zusätzlich abgespeist werden sollen, ist schon dreist und ein armutspolitischer Skandal", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Eine grundsätzliche Verbesserung der Lebenssituation von Armut betroffener Kinder und Jugendlicher braucht eine grundlegende Reform der Regelsatzberechnung unter Berücksichtigung der Prinzipien von Transparenz und Nachprüfbarkeit. Es sollte bedarfs- und realitätsgerecht ermittelt werden, was Kinder brauchen. Referenz muss dabei ein gutes Aufwachsen und die Teilhabe aller Kinder und Jugendlicher sein. Bereits vor mehreren Jahren hat der Bundesratsausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik grundlegende Kritik an der Berechnungsmethode der Regelsätze für Kinder und Jugendliche geübt. Demnach werden diese nicht wissenschaftlich belastbar ermittelt. Dadurch wird armen Kindern und Jugendlichen das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben in vielen Fällen vorenthalten. Damit muss endlich Schluss sein", so Hofmann weiter.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert Bund, Länder und Kommunen auf, der Bekämpfung von Kinderarmut in Deutschland endlich die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdient, und in der Konsequenz wirksame Maßnahmen zur Förderung armer Kinder und ihrer Familien zu ergreifen. So zeigen die im letzten Monat von der Bertelsmann Stiftung vorgelegten Zahlen zur Kinderarmut in Deutschland sehr eindrücklich, dass es nach wie vor nicht gelingt der anhaltend hohen Kinderarmut in Deutschland etwas entgegen zu setzen. Zudem ist angesichts der Corona-Krise damit zu rechnen, dass die Zahl der von Armut betroffenen Kinder und Familien noch ansteigen wird.

Deshalb braucht es eine nachhaltige Lösung, die gesellschaftliche Teilhabe jedes Kindes und jedes Jugendlichen eigenständig und unabhängig von der Hartz-IV-Gesetzgebung abzusichern. Das Deutsche Kinderhilfswerk tritt daher für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung nach dem Modell des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG ein, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, bestehende kindbezogene Leistungen bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem bedarfsgerecht gewährleistet.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 08.09.2020

Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisiert die geplante Anpassung der Regelsätze als realitätsfern, nicht bedarfsgerecht und viel zu niedrig. Die geplante Anhebung zum 1.1.2021 um 14 Euro für (alleinstehende) Erwachsene und noch deutlich geringere Beträge für Kinder und Jugendliche sei „geradezu lächerlich niedrig“ angesichts der bitteren Lebensrealität armer Menschen in diesem Land. Der Verband wirft der Bundesregierung „statistische Trickserei und unverschämtes Kleinrechnen“ vor, Fehler und Schwächen der umstrittenen Methodik zur Regelbedarfsermittlung würden einfach fort- und festgeschrieben. Der Paritätische kündigt kurzfristig eigene Berechnungen für einen bedarfsgerechten Regelsatz an, der in der Höhe zumindest in bescheidenem Rahmen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht.

„Es ist ein Trauerspiel und für die Betroffenen einfach nur bitter, wie wenig die Bundesregierung im wahrsten Sinne des Wortes für arme Menschen übrig hat. Was wir bei der Berechnung der Regelsätze erleben ist keine Statistik, sondern ihr Missbrauch“, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Besonders rigide zeige sich die Bundesregierung bei allem, was im weitesten Sinne mit sozialer Teilhabe zu tun hat: „Teilhabe am soziokulturellen Leben in der Gemeinschaft wird praktisch nur soweit bei der Regelbedarfsermittlung berücksichtigt, wie es außerhalb der Gemeinschaft stattfindet“, heißt es in einer Stellungnahme. „Es darf nicht sein, dass Armut in Deutschland für weitere fünf Jahre regierungsamtlich festgeschrieben wird. Anstatt sich hinter umstrittenen Statistiken zu verstecken, sollte sich die Politik endlich den Menschen zuwenden“, fordert Schneider daher mit Blick auf das laufende Gesetzgebungsverfahren.

Der Paritätische kündigt an, noch im September eigene Berechnungen für einen bedarfsgerechten Regelsatz vorzulegen. Bis zur ohnehin gesetzlich geforderten Neufestsetzung der Regelsätze zum 1.1.2021 fordert der Verband eine Soforthilfe durch eine monatliche Aufstockung der Regelsätze in Hartz IV und Altersgrundsicherung um 100 Euro pro Kopf, eine Einmalzahlung an alle Grundsicherungsbeziehenden von 200 Euro (Kosten zusammen: ca. 6 Mrd. Euro) sowie eine entsprechende Leistungsanpassung beim BAföG und im Asylbewerberleistungsgesetz.

Zur unzureichenden Höhe der Regelsätze siehe u.a. auch die Studie „Arm, abgehängt, ausgegrenzt. Eine Untersuchung zu Mangellagen eines Lebens mit Hartz IV“: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/expertise-arm-abgehaengt-ausgegrenzt-eine-untersuchung-zu-mangellagen-eines-lebens-mit-hartz-iv/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 08.09.2020

SCHWERPUNKT VI: Weltkindertag

Am morgigen Weltkindertag macht die SPD-Fraktion im Bundestag auf die speziellen Rechte und individuellen Bedürfnisse der Kinder aufmerksam. Die Sozialdemokraten fordern CDU/CSU auf, beim Thema Verbesserung der Kinderrechte endlich den Fuß von der Bremse zu nehmen.

„In der SPD-Bundestagsfraktion ist das Wohlergehen von Kindern Maßstab für eine zukunftsorientierte Politik. Wir sehen, dass gerade jetzt in Corona-Zeiten, die Armutsgefährdung von Familien und Kindern steigt. Deshalb setzen wir uns für zielgerichtete Hilfen sowohl national als auch international ein. Für Deutschland ist unser Ziel, eine sozialdemokratische Grundsicherung, die alle Kinder finanziell absichert und ihnen umfassende Teilhabechancen zusichert.

Vor allem in den aktuellen Zeiten der Pandemie wird deutlich, dass Kinderrechte endlich auch im Grundgesetz verankert werden müssen. Weil sie nicht ausdrücklich genannt sind, werden sie im Alltag oft übersehen oder nicht ausreichend berücksichtigt. Deshalb muss die Union jetzt endlich ihre Blockade dazu aufgeben.

Auch weitere Verbesserungen spezieller Rechte von Kindern bleiben richtig und wichtig. Deshalb machen wir weiter Druck beim Rechtsanspruch auf Ganztagsangebote für Grundschulkinder, für einen zeitgemäßen Jugendmedienschutz sowie bei der Weiterentwicklung der Kinder und Jugendhilfe. Ganz im Sinne des Mottos des diesjährigen Weltkindertages: ‚Kinderrechte schaffen Zukunft.‘“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 18.09.2020

Anlässlich des Weltkindertages am 20. September erklärt Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Der diesjährige Weltkindertag steht ganz im Zeichen der Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen auf die Situation von Kindern und Jugendlichen.

Die Erfahrungen der letzten Monate haben eines deutlich gemacht: Kinderrechte müssen immer gelten, gerade auch in Krisenzeiten. Die wochenlangen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen und die lange andauernden Schul- und Kita-Schließungen haben Kinder viel stärker in ihren Rechten eingeschränkt, als den meisten Erwachsenen bewusst war. Die wechselnden Debatten um Lockerungen und Verschärfungen der Schutzmaßnahmen sind lange Zeit allein aus der Sicht Erwachsener getroffen worden. Ein riesiger Fehler, der sich nicht wiederholen darf.

Obwohl die Lage sich etwas entspannt hat, ist auch klar: Die Krise ist noch nicht vorbei. Mit steigendem Infektionsgeschehen könnten auch wieder Verschärfungen der Schutzmaßnahmen notwendig werden. Wir müssen auf allen Ebenen dafür sorgen, dass Kinder nicht wieder zu Hauptverlierern der Krise werden. Ihre Rechte gehören in den Mittelpunkt. Die Politik muss die Perspektive von Kindern auch im Pandemiefall immer mitdenken.

Damit alle Kinder die Krise gut überstehen, sagen wir: Wir brauchen einen monatlichen finanziellen Zuschlag für die Versorgung von Kindern aus ärmeren Familien. Wir müssen Bildungschancen für alle Kinder sichern. Kein Kind darf vom digitalen Lernen ausgeschlossen sein. Kinder mit speziellen Förderbedarfen müssen diese auch bekommen. Wir müssen für bessere Strukturen beim Gewaltschutz sorgen. Wir müssen Druck aus den Familien nehmen und für den Zeitraum der Pandemie ein Corona-Elterngeld einführen, falls Schulen und Kitas schließen und Berufstätige ihre Kinder zu Hause betreuen müssen.

Und wir müssen endlich starke Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen. Damit würden alle staatlichen Ebenen verpflichtet, das Wohl von Kindern in den Mittelpunkt ihres Handelns zu stellen. Die Rechte und Interessen von Kindern könnten dann nicht mehr einfach ignoriert werden. Die Koalition muss hier endlich aktiv werden und mit uns über einen konkreten Vorschlag ins Gespräch kommen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 18.09.2020

Rechtzeitig zum Weltkindertag 2020 eröffnet die Bundestagsabgeordnete Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Bündnis 90/Die Grünen) einen Kommunikationskanal für Kinder. Schnell und einfach können sie nun über einen Button auf ihrer Webseite Kontakt zu ihr aufnehmen. Die Kinderpolitikerin versteht das als kleinen Beitrag, Kinder zu beteiligen. „Um im Interesse der Kinder zu handeln, müssen wir ihnen auch zuhören und sie einbeziehen.“

Die Vereinten Nationen empfahlen ihren Mitgliedsstaaten 1954, einen weltweiten Tag für Kinder einzuführen. Leider kam in der Folge kein einheitlicher Termin zustande – aber immerhin wird der Weltkindertag in mehr als 145 Staaten weltweit gefeiert. In Deutschland am 20. September. In diesem Jahr lautet das Motto des Weltkindertags „Kinderrechte schaffen Zukunft“.

„Gerade dieses von Corona geprägte Jahr führt uns deutlich vor Augen, dass wir Kinderrechte ernster nehmen müssen“, sagt die Bundestagsabgeordnete. „Viele gravierende Entscheidungen für Kinder und Jugendliche sind ohne sie getroffen worden – haben sie aber körperlich, emotional und seelisch stark betroffen.“ Die Kinderpolitikerin, Mitglied in der Kinderkommission des Bundestags, fordert, aus den Corona-Erfahrungen zu lernen und Strukturen zu schaffen, die Kinder zu Wort kommen lassen.

Kinderrechte sind mehr als Kinderschutz

Schneidewind-Hartnagel erklärt, dass die UN-Kinderrechtskonvention bei den Kinderrechten weit über den Kinderschutz hinausgeht. Es gehe unter anderem auch darum, Kinder altersgerecht zu informieren und ihre Perspektiven bei Entscheidungen zu berücksichtigen. „Förderung und Beteiligung sind ebenso wie der Kinderschutz wesentliche Bausteine der Kinderrechte“, sagt die Politikerin.

Für dieses Zuhören müssten starke Strukturen geschaffen werden. „Gleichzeitig können alle, die Verantwortung tragen, etwas im Kleinen tun“, ergänzt die Kinderpolitikerin. Sie richtet als erste Bundestagsabgeordnete einen Teil ihres Internet-Auftritts auf Kinder aus. „Nicht einmal eine Handvoll meiner Kolleginnen und Kollegen im Bundestag spricht Kinder auf ihren Webseiten überhaupt an“, stellt Schneidewind-Hartnagel fest, „und selbst die, die es tun, gehen kaum über allgemeine Informationen hinaus.“ Sie wolle Kinder über ihre Arbeit und ihre Themen informieren.

Es geht um die Stimmen der Kinder

Zum Weltkindertag 2020 geht sie noch einen Schritt weiter. Ab dem 18. September lädt sie Kinder ausdrücklich ein, sich und ihre Vorstellungen einzubringen. „Es wird viel über Kinder geredet – aber wenig mit ihnen.“ Viele Mitglieder des Bundestags nehmen etwa auf ihren Internetseiten in Anspruch, sich für Kinderbeteiligung einzusetzen. „Ich wollte mehr, als dem allgemeinen ‚Chor für Kinderbeteiligung‘ eine weitere Stimme hinzuzufügen. Es soll nicht um meine Stimme gehen, sondern um die Stimmen der Kinder“, erklärt Schneidewind-Hartnagel.

„Im Menüpunkt „Für Kinder“ ist eine Art Button eingerichtet, über den Kinder zu Informationen gelangen, um schnell mit mir in Kontakt zu treten“, erläutert die Abgeordnete. „Meines Wissens fordert im Moment niemand unter den 709 Bundestagsabgeordneten ausdrücklich Kinder zum Dialog auf. Für mich ist der ‚Schreib mir‘-Button ein Weg, Kindern einen einfachen Weg zur Beteiligung zu geben. Es ist höchste Zeit, dass das geschieht. Wer unter 18 ist und schreiben kann, ist herzlich eingeladen, das zu tun.

“ Nachahmer*innen erwünscht

Die Politikerin hofft, mit ihrer direkten Ansprache junger Menschen zahlreiche Nachahmer*innen auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen zu finden. „Ich verstehe mein Angebot als einen kleinen Schritt hin zu tatsächlicher Beteiligung von Kindern.“ Sie verweist zudem auf die im Zuge der Corona-Krise abgesagten Kundgebungen von Fridays for Future. „Mein Angebot gilt natürlich auch all denen, die freitags demonstriert haben und jetzt vielleicht nach neuen Kanälen suchen, um gehört zu werden. Das sind junge Menschen, die sich Gedanken um ihre und unsere Zukunft machen und die uns wirklich etwas zu sagen haben. Ich finde, wir sollten ihnen zuhören und sie ernst nehmen.“

Quelle: Pressemitteilung Charlotte Schneidewind-Hartnagel, MdB Bündnis 90/Die Grünen vom 18.09.2020

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages teilt mit:

Im Jahr 1954 empfahlen die Vereinten Nationen in der 9. Vollversammlung ihren Mitgliedsstaaten, einen weltweiten Tag für Kinder einzurichten. In Deutschland wurde daraufhin der 20. September als offizielles Datum für den Weltkindertag bestimmt.

In diesem Jahr steht der Weltkindertag unter dem Motto „Kinderrechte schaffen Zukunft“. Damit wollen das Deutsche Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland in den Fokus rücken, dass die Verwirklichung der Kinderrechte einen entscheidenden Beitrag für nachhaltige Entwicklung leistet.

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages setzt sich seit mehr als 30 Jahren für die Stärkung der Kinderrechte ein. Der Vorsitzende der Kinderkommission, Norbert Müller, erklärt anlässlich des Weltkindertags im Namen des Gremiums: „Wir müssen Kinderrechte ernst nehmen und in unserem Land aber auch weltweit zur Verwirklichung der Kinderrechte bei-tragen. Denn Kinderrechte schaffen Zukunftsperspektiven. Wenn Kinder sich entfalten können, gute Lebensbedingungen haben, Zugang zu guter medizinischer Versorgung und zu Bildung genießen, eröffnet das nicht nur Chancen für die Kinder, sondern für eine Gesellschaft insgesamt. Wo Kinder von politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen betroffen sind, muss ihr Wohl besondere Berücksichtigung finden. Deshalb ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Kinderrechte nicht nur am Weltkindertag, sondern im Alltag ins Zentrum zu stellen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 18.09.2020

  • COVID-19-Pandemie
  • 152 Millionen Kinder müssen weltweit arbeiten
  • Recht auf Bildung und Teilhabe ist auch in Deutschland eingeschränkt

Die Situation der ärmsten Kinder weltweit ist durch die Auswirkungen der Corona- Pandemie verzweifelt. Brot für die Welt und die Diakonie Deutschland rufen zum Weltkindertag (20.9.) gemeinsam dazu auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, Kinder nicht um ihre Zukunftschancen zu bringen. Das Motto des Weltkindertages lautet "Kinderrechte schaffen Zukunft".

"Die ärmsten Familien mit den geringsten Ressourcen werden am meisten durch die Pandemie belastet und erhalten am wenigsten Unterstützung. Ihre Einkommenssicherung könnte auf Kosten der Zukunft der Kinder gehen. Millionen Kinder werden nach dem Ende der Ausgangssperren nicht mehr in die Schule zurückkehren können, weil sie zum Familienunterhalt beitragen müssen, wenn die internationalen Geber nicht rasch etwas für die soziale Absicherung armer Familien weltweit tun", sagt Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt. Die COVID-19-Pandemie hat die sozialen Ungleichheiten weiter verschärft. Die Stiftung des Friedensnobelpreisträgers und Brot-für-die-Welt- Partners Kailash Satyarthi hat berechnet, dass aktuell nur knapp 0,13 Prozent aller weltweiten Corona-Hilfen dafür vorgesehen sind, die am stärksten benachteiligten Kinder und ihre Familien zu unterstützen. Füllkrug-Weitzel: "In den Unterstützungsleistungen Deutschlands und der EU werden die Armen weltweit kaum angemessen berücksichtigt. Kinder vor Sklaverei und Ausbeutung zu schützen, sie und ihre Familien mit sozialen Sicherungssystemen vor extremer Armut zu bewahren und ihnen zu helfen, weiter in die Schule zu gehen, sollte einen hohen Stellenwert bei Zuwendungen aus Coronamitteln haben. Dafür müssen auch deutlich mehr Finanzmittel bereitgestellt werden und soziale Grundsicherung in den ärmsten Ländern muss für die ärmsten Bevölkerungskreise finanziert werden."

Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) müssen weltweit 152 Millionen Kinder arbeiten, davon 73 Millionen in ausbeuterischen Verhältnissen.

Die Vereinten Nationen befürchten, dass die Kinderarbeit zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder ansteigen könnte. Es wird geschätzt, dass rund 300 Millionen Kinder, vor allem Mädchen, auch nach Ende der Pandemie nicht mehr in die Schule zurückkehren könnten. "Schulschließungen – in manchen Ländern für das ganze Schuljahr und ohne digitale Kompensationsangebote – haben bereits jetzt dazu geführt, dass sich die Zukunftschancen für Kinder verdunkeln. Für 368 Millionen Kinder weltweit ist damit auch die oft einzige Mahlzeit am Tag weggefallen und sie sind über Monate unterernährt worden. Auch das ist eine Belastung für ihre Zukunft!" sagt Füllkrug-Weitzel.

Doch nicht nur in den ärmsten Ländern, auch im reichen Industrieland Deutschland werden Kinder in ihrem Recht auf Bildung und umfassender gesellschaftlicher Teilhabe eingeschränkt. Gerade jetzt zum Schuljahresbeginn zeigt sich, wie Kinder aus Familien mit niedrigen Einkommen, die nicht über eine digitale Grund- Ausstattung verfügen, auf Dauer in ihren Bildungschancen benachteiligt sind.

Hier werden die verfassungsgemäß garantierten Rechte von Kindern und Jugendlichen auf Bildung und Chancengleichheit missachtet. So sind immer noch in einigen Bundesländern die Mittel aus dem Sofortprogramm zur digitalen Teilhabe in Höhe von 500 Millionen Euro nicht bei den Kindern angekommen. Die notwendigen Bedarfe für Schule und Bildung werden auch in den neu festgelegten Hartz IV-Regelsätzen nicht ausreichend berücksichtigt. In Deutschland leben 1,5 Millionen Kinder bis 14 Jahren von Hartz IV.

Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland: "Die digitale Grundausstattung von Kindern im Grundsicherungsbezug muss voll finanziert werden: Jedes dieser Kinder braucht einen Laptop und einen WLan-Zugang. Digitale Bildung ist eine Voraussetzung auch für soziale Teilhabe, sonst nehmen wir in Kauf, dass eine große Gruppe von Kindern und Jugendlichen schon jetzt als Verlierer der Digitalisierung feststeht, weil sie von vornherein benachteiligt sind. Nicht nur beim digitalen Lernen, auch der Austausch mit Mitschülerinnen und Mitschülern läuft über Smartphone und Laptop. Eine gute Bildung ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft der ganzen Gesellschaft. Deshalb muss die Politik mehr als bisher in die Bildung und den schnelleren Ausbau der Digitalisierung investieren. Alle Kinder müssen die gleichen Chancen und die beste Bildung erhalten."

Hintergrund:

Brot für die Welt setzt sich gegen ausbeuterische Kinderarbeit ein. Gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist das evangelische Hilfswerk Träger der globalen Kampagne "100 Millionen" in Deutschland. Ziel ist es, Kinderarbeit bis 2025 zu beenden. In Deutschland fordert die Kampagne ein Verbot von Produkten aus Kinderarbeit und ein Lieferkettengesetz, das Unternehmen zur Einhaltung menschenrechtlicher Standards verpflichtet.

Weitere Informationen:

www.brot-fuer-die-welt.de/100millionen

https://www.diakonie.de/kinderarmut

https://www.diakonie.de/digitalisierung

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 18.09.2020

Eine große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland (71 Prozent) ist der Meinung, dass Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden sollten, damit die Interessen von Kindern bei politischen Entscheidungen stärker als bisher berücksichtigt werden. Denn 72 Prozent sind der Ansicht, dass die Interessen von Kindern in der Corona-Pandemie nur unzureichend berücksichtigt wurden und werden. In Bezug auf die Bildungschancen von Kindern sind 76 Prozent der Befragten der Ansicht, dass diese aufgrund der Corona-Krise im Allgemeinen gesunken sind, in Bezug auf die Bildungschancen von Kindern aus armen Haushalten meinen das sogar 81 Prozent. Das sind zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Politik- und Sozialforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes zum Weltkindertag.

„Die Umfrage zeigt deutlich, dass die Bevölkerung in Deutschland hinter unserer Forderung steht, endlich Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Dazu sollte zügig ein Gesetzentwurf im Bundeskabinett verabschiedet werden und im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft stattfinden, damit neben politischen Erwägungen auch die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards zu einer umfassenden Absicherung von Kinderrechten angemessen Berücksichtigung finden. Gerade die Verankerung des Kindeswohlvorrangs im Grundgesetz ist unabdingbar, damit beispielsweise Behörden und Gerichte den Interessen von Kindern in Zukunft bei der Rechtsdurchsetzung hinreichend Gewicht verleihen. Das bedeutet, dass die Interessen von Kindern bei allen sie betreffenden Entscheidungen mit besonderem Gewicht in die Abwägung einbezogen werden müssen. Zudem bestünde in diesem Fall eine besondere Begründungspflicht, wenn ausnahmsweise andere Rechtsgüter von Verfassungsrang dem Kindeswohl vorgehen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

KINDERRECHTE INS GRUNDGESETZ

Eine große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland (71 Prozent) ist der Meinung, dass Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden sollten, damit die Interessen von Kindern bei politischen Entscheidungen stärker als bisher berücksichtigt werden. Frauen (77 Prozent) meinen häufiger als Männer (65 Prozent) und Befragte unter 45 Jahren (75 Prozent der 18- bis 29-Jährigen und 77 Prozent der 30- bis 44-Jährigen) häufiger als ältere Befragte (66 Prozent der 45- bis 59-Jährigen und 69 Prozent der über 60-Jährigen), dass Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden sollten. Auch Befragte mit einem höheren Haushaltsnettoeinkommen (74 Prozent) sowie Anhängerinnen und Anhänger der Grünen (86 Prozent), Linken und der SPD (jeweils 81 Prozent) meinen häufiger als Befragte mit geringem Einkommen (65 Prozent) und die Anhängerinnen und Anhänger anderer Parteien (CDU/CSU 70 Prozent, FDP 62 Prozent), dass die Interessen von Kindern bei politischen Entscheidungen durch eine Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz stärker berücksichtigt werden sollten. Insbesondere die Anhängerinnen und Anhänger der AfD (44 Prozent) meinen deutlich seltener als der Durchschnitt, dass die Rechte von Kindern ins Grundgesetz gehören. Ob im Haushalt Kinder leben oder nicht, hat kaum einen Einfluss auf diese Frage.

KINDERINTERESSEN IN DER CORONA-KRISE

72 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die Interessen von Kindern im Rahmen der während der Corona-Pandemie ergriffenen Maßnahmen nicht so stark (58 Prozent) oder sogar gar nicht (14 Prozent) berücksichtigt wurden. Befragte aus Ostdeutschland (85 Prozent) meinen noch häufiger als westdeutsche Befragte (70 Prozent), dass die Interessen von Kindern in der Pandemie bislang nicht so stark bzw. gar nicht berücksichtigt wurden und werden. Etwa ein Viertel (24 Prozent) meint, dass die Interessen von Kindern seit Beginn der Corona-Krise eher starke (21 Prozent) oder sogar sehr starke (3 Prozent) Berücksichtigung finden. Befragte unter 30 Jahren (34 Prozent), Anhängerinnen und Anhänger der CDU/CSU (37 Prozent) und Befragte mit einer formal niedrigen Bildung (36 Prozent) glauben häufiger als der Durchschnitt der Befragten, dass die Interessen von Kindern bei den ergriffenen Maßnahmen Berücksichtigung finden.

„Wir sehen an vielen Stellen, dass sich Politik und Verwaltungen bemühen, in der Corona-Pandemie den Kinderinteressen gerecht zu werden. Zugleich erleben wir aber auch eine grundlegende Geringschätzung gegenüber den Bedürfnissen von Kindern. Sie sind oftmals einfach nur Regelungsgegenstand von Politik. Hier zeigt sich ein wiederkehrendes Muster: Wenn es um Entscheidungen mit Tragweite geht, werden die Interessen und die Meinungen der Kinder und Jugendlichen nicht berücksichtigt. Ihr Beteiligungsrecht an den politischen Entscheidungen wird derzeit vielfach schlichtweg übergangen“, so Krüger weiter.

AUSWIRKUNGEN DER CORONA-KRISE AUF KINDER

In Bezug auf die Bildungschancen von Kindern ist eine Mehrheit der Befragten (76 Prozent) der Ansicht, dass diese aufgrund der Corona-Krise im Allgemeinen etwas (55 Prozent) bzw. sogar stark (21 Prozent) gesunken sind. 16 Prozent denken, dass die allgemeinen Bildungschancen in etwa gleich geblieben sind. Dass diese gestiegen sind, glauben nur sehr wenige Befragte (5 Prozent).

In Bezug auf die Bildungschancen von sozial benachteiligten Kindern meinen sogar 81 Prozent, dass diese etwas (28 Prozent) bzw. stark (53 Prozent) gesunken sind. Für 8 Prozent sind sie gleich geblieben und für 9 Prozent gestiegen.

Beim Thema Kinderarmut sind etwa zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) der Ansicht, dass diese während der Corona-Krise bislang etwas (43 Prozent) bzw. sogar stark (21 Prozent) gestiegen ist. Für jeden Fünften (22 Prozent) verharrt die Kinderarmut auf dem Niveau wie vor der Pandemie. Dass die Kinderarmut während der Corona-Krise gesunken ist, denkt jeder zehnte Befragte (10 Prozent).

Am eindeutigsten sind die Aussagen zum Thema Gewalt gegen Kinder: Etwa acht von zehn Befragten (79 Prozent) sind überzeugt, dass im Rahmen der Corona-Pandemie Gewalt gegen Kinder etwas (50 Prozent) bzw. stark (29 Prozent) gestiegen ist. Etwa jeder Zehnte (11 Prozent) meint, sie sei gleich geblieben. Dass Gewalt gegen Kinder in der Pandemie gesunken sei, meint fast keiner der Befragten (3 Prozent).

„Insbesondere Kinder mit besonderen Förderbedarfen dürfen jetzt nach Öffnung der Schulen nicht aus dem Blick verloren werden. Das betrifft etwa Kinder aus armen Familien, die oftmals nicht über die technische Ausstattung oder andere Lernunterstützungsmöglichkeiten verfügen. Nachholbedarfe müssen genau beobachtet und passgenaue, stigmatisierungsfreie Angebote zur Lernunterstützung gemacht werden. Zudem sollten weitere längerfristige Schulschließungen unter allen Umständen vermieden werden. Angesichts der Folgen der Corona-Krise ist damit zu rechnen, dass die Zahl der von Armut betroffenen Kinder und Familien weiter ansteigen wird. Es ist deshalb an der Zeit, die Bekämpfung der Kinderarmut strukturell und umfassend über eine Gesamtstrategie anzugehen. Auch das Deutsche Kinderhilfswerk geht wie die Befragten davon aus, dass aufgrund der erhöhten Konflikt- und Stresssituationen in den Familien die Gewalt gegen Kinder in der Corona-Krise zugenommen hat, aufgrund fehlender Kontrollinstanzen wie Erziehern und Lehrerinnen, oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kinder- und Jugendhilfe die ohnehin schon hohe Dunkelziffer weiter gestiegen ist. Die letzten Monate haben gezeigt wie wichtig Zugangswege für Kinder zu Hilfsangeboten sind. Deshalb müssen Angebote von Telefon-Hotlines und digitale Hilfeplattformen weiter gestärkt werden“, so Krüger abschließend.

Für die repräsentative Umfrage zum Weltkindertag 2020 wurden vom Politik- und Sozialforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes deutschlandweit 1.015 deutschsprachige Personen ab 18 Jahren in Deutschland befragt. Die statistische Fehlertoleranz liegt bei +/- drei Prozentpunkten.

Eine Zusammenfassung der Umfrage mit ausgewählten Grafiken findet sich unter www.dkhw.de/umfrage-weltkindertag2020.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und Bundesschülerkonferenz vom 16.09.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk feiert den Weltkindertag am 20. September in diesem Jahr mit einem großen digitalen Fest für Kinder in ganz Deutschland. Auf www.kindersache.de können sich Kinder und Jugendliche ab sofort über ihre Kinderrechte informieren und zahlreiche Spiel- und Mitmachaktionen nutzen. Das Motto des diesjährigen Weltkindertags lautet "Kinderrechte schaffen Zukunft". Schirmherrin des digitalen Weltkindertagsfestes des Deutschen Kinderhilfswerkes ist Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey.

Zum digitalen Weltkindertagsfest erwartet die Kinder ein vielfältiges Programm: neben einem Kinderrechte-Quiz mit tollen Preisen ein Box- und Fitnesstraining mit Boxweltmeisterin Regina Halmich, Basteln mit Fernsehmoderatorin Enie van de Meiklokjes, ein Gedächtnistraining mit Gedächtnisweltmeisterin Christiane Stenger, ein Fußballtraining mit Fußballern von Hertha BSC Berlin, Fußball-Logo-Ausmalbilder der DFL Stiftung und vieles mehr. Und auch der Kinderrechte-Song des Deutschen Kinderhilfswerkes "Ich darf das" als Karaoke und zum Erstellen eines Karaoke-Videos fehlt natürlich nicht im Angebot.

"Eigentlich haben wir uns auch in diesem Jahr wieder auf mehr als 100.000 Besucherinnen und Besucher zum Weltkindertagsfest rund um den Potsdamer Platz in Berlin gefreut. Aber die Corona-Pandemie hat uns hier einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Also feiern wir den Weltkindertag in diesem Jahr im Internet und hoffen, dass das wenigstens ein kleiner Ersatz ist. Und um es positiv auszudrücken: In diesem Jahr können alle Kinder und Jugendlichen mitfeiern, egal, wo sie gerade sind", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Mit dem Motto des diesjährigen Weltkindertags "Kinderrechte schaffen Zukunft" machen das Deutsche Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland darauf aufmerksam, dass die Verwirklichung der Kinderrechte einen entscheidenden Beitrag für nachhaltige Entwicklung darstellt. Das Wohlergehen von Kindern – sowohl in Deutschland als auch weltweit – muss zum Maßstab einer zukunftsorientierten Politik werden. Mit dem Motto unterstreichen die beiden Organisationen zudem die große Bedeutung der Verankerung der Kinderrechte im deutschen Grundgesetz. Denn damit würde den Anliegen von Kindern auf allen Ebenen der Gesellschaft, in Politik, Verwaltungen, Kommunen oder Schulen Nachdruck verliehen. Wenn es gelingt, bessere Bedingungen zu schaffen, unter denen alle Kinder bestmöglich geschützt und gefördert werden und sie ihre Persönlichkeit frei entfalten können, ist das im Interesse der Kinder und der gesamten Gesellschaft. Starke Kinderrechte machen Deutschland kindgerechter und zukunftsfähiger.

Der digitale Weltkindertag auf www.kindersache.de wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 14.09.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

BMFSFJ und FAIR SHARE of Women Leaders e.V. starten strategisches Monitoring für den NGO-Sektor

Deutsche Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen werden überwiegend von Männern geführt. Zwar beschäftigen NGO’s und Stiftungen etwa 70% Frauen, doch nur rund 33% der Positionen in Leitungs- und Kontrollgremien sind derzeit mit Frauen besetzt. Dies geht aus dem ersten FAIR SHARE Monitor hervor, der im März 2020 als Pilotstudie von FAIR SHARE of Women Leaders e.V. veröffentlicht wurde.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) startet nun gemeinsam mit dem Verein FAIR SHARE of Women Leaders e.V. (FAIR SHARE) ein Projekt, um den Frauenanteil an Führungspositionen im zivilgesellschaftlichen Sektor systematisch zu untersuchen und Organisationen bei den notwendigen Veränderungsprozessen hin zu mehr Diversität zu begleiten. FAIR SHARE wird dazu systematisch Daten zur Entwicklung des Anteils von Frauen in Führungspositionen erheben, auswerten und veröffentlichen. Daneben geht es um eine verstärkte Netzwerkarbeit und strategische Kooperationen der verschiedenen Organisationen. Der Monitor vom März 2020 umfasste 84 NGOs und Stiftungen.

Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey zum Start des Projekts:

„Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen sollte sich überall in der Gesellschaft widerspiegeln. Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen leisten wichtige Arbeit für mehr Gerechtigkeit auf der ganzen Welt. Und sie haben deshalb eine besondere Verantwortung, dies auch in den eigenen Strukturen zu leben. Was es für die Privatwirtschaft und den öffentlichen Dienst bereits gibt, wird der FAIR SHARE Monitor nun für den zivilgesellschaftlichen Sektor leisten: eine kontinuierliche Erfassung der Daten zu Frauen in Führung. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Transparenz. Wir erwarten dadurch spürbare Impulse für Veränderungen in den Organisationen.“

Das Projekt wird von 2020 bis 2024 mit rund 690.000 Euro vom BMFSFJ gefördert. Der Verein FAIR SHARE setzt sich seit seiner Gründung für einen fairen Frauenanteil in den Führungsetagen zivilgesellschaftlicher Organisationen ein und fordert sie auf, bis spätestens 2030 Geschlechtergerechtigkeit in ihren Leitungsebenen zu erreichen.

Helene Wolf, Geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von FAIR SHARE, erklärt: „Zukunftsfähige Organisationen setzen sich bewusst mit Fragen zu Diversität, Gleichberechtigung und Repräsentation in ihren eigenen Strukturen auseinander. Die strategische Zusammenarbeit mit dem BMFSFJ ermöglicht es uns nun, das Thema Geschlechtergerechtigkeit gemeinsam mit Organisationen des zivilgesellschaftlichen Sektors voranzutreiben. Wir wollen den Sektor dabei unterstützen, die eigene Organisationskultur kritisch zu hinterfragen und gemeinsam neue Wege zu gehen.“

Der nächste FAIR SHARE Monitor wird im März 2021 veröffentlicht. Ab Oktober 2020 werden zivilgesellschaftliche Organisationen dazu aufgefordert, die Datenerhebung zu unterstützen und die FAIR SHARE Selbstverpflichtung für einen fairen Frauenanteil in Führungspositionen bis 2030 zu unterzeichnen.

Weiterführende Informationen zu FAIR SHARE: https://fairsharewl.org/de/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 07.09.2020

Erstmals wird heute der International Equal Pay Day begangen – der auf die fortwährende und weltweite Lohnlücke zwischen Männern und Frauen aufmerksam macht. Anlässlich dieses Tages fordert die SPD-Fraktion im Bundestag: Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit muss selbstverständlich sein.

„Weltweit verdienen Frauen im Durchschnitt deutlich weniger als Männer. In Deutschland liegt die Lohnlücke bei 20 Prozent. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern eine Frage der Gerechtigkeit.

Mit dem Entgelttransparenzgesetz, dem Führungspositionsgesetz, der Aufwertung sozialer Berufe und mit zahlreichen Maßnahmen für eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind wir bereits wichtige Schritte gegangen, um die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu schließen.

Klar ist aber auch: weitere Schritte müssen folgen. Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt die Forderung unserer Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht, die Frauenquote auf weitere Unternehmen und auf Vorstände auszuweiten. Das Entgelttransparenzgesetz braucht mehr Biss. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern. Zudem wollen wir die Familienarbeitszeit und das Familiengeld einführen.

Für uns gilt: Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit muss für Frauen und Männer uneingeschränkt gelten.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 18.09.2020

Familienleistung wird weiter flexibilisiert

Heute hat das Bundeskabinett den Entwurf zur Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes beschlossen. Dazu erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön:

„Das Elterngeld ist DAS Erfolgsmodell unserer Familienpolitik. Wir haben es im Laufe der Jahre immer wieder verbessert und den Wünschen der Eltern angepasst. Das tun wir erneut mit diesem Gesetzentwurf.

Die meisten Eltern wünschen sich, dass beide Zeit für die Familie und Zeit für den Beruf haben. Daher eröffnen wir ihnen neue Freiräume, um die Betreuung der Neugeborenen und die Erwerbsarbeit noch besser vereinbaren zu können. Mütter und Väter können das Elterngeld künftig noch flexibler nutzen. Die feste Bezugsdauer von vier Monaten für die Partnerschaftsbonus-Monate, in denen beide Eltern parallel in Teilzeit arbeiten, wird aufgehoben. Zukünftig können Eltern wählen, ob sie zwei, drei oder vier Partnerschaftsbonusmonate in Anspruch nehmen wollen. Und der Zeitkorridor der erlaubten Arbeitsstunden wird auf 24 bis 32 Wochenstunden erweitert.

Und noch eine Erleichterung für Eltern bringen wir in dieser Woche im Bundestag auf den Weg: Noch in diesem Jahr startet das Pilotverfahren zur Digitalisierung von Familienleistungen: Namensbestimmung, Antrag auf Elterngeld und Kindergeld können bald in einem digitalen Kombi-Antrag beantragt werden.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 16.09.2020

Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung erklärt SvenLehmann, Sprecher für Queerpolitik:

Intergeschlechtlichen Säuglingen und Kindern operativ ein Geschlecht zuzuweisen, ohne dass dies medizinisch notwendig ist, verletzt grundlegende Rechte der Kinder. Diese Operationen sind in der Regel irreversibel und haben oft traumatische Folgen im späteren Verlauf des Lebens. Es ist überfällig, sie endlich konsequent zu verbieten.

Der Gesetzentwurf ist aber eine große Enttäuschung, denn er missachtet das Selbstbestimmungsrecht der Kinder. Die Entscheidung über den Körper von insbesondere intergeschlechtlichen Kindern soll nach dem Willen der Bundesregierung weiterhin bei den Erwachsenen liegen. Und dies auch in Fällen, in denen keine medizinische Indikation vorhanden ist und es schlicht um Geschlechtsstereotypen geht.

Nach dem Willen der Bundesregierung soll ein operativer Eingriff an den inneren oder äußeren Geschlechtsmerkmalen weiterhin erlaubt werden, der „allein in der Absicht erfolgt, das körperliche Erscheinungsbild des Kindes an das des männlichen oder des weiblichen Geschlechts anzugleichen“. Diese Fremdbestimmung wird seit Jahren nicht nur von Verbänden intergeschlechtlicher Menschen kritisiert, sondern von internationalen Organisationen als Menschenrechtsverletzung qualifiziert.

Zudem ist es unerklärlich, warum die Bundesregierung ein Verbot von Behandlungen lediglich für Kinder „mit Varianten der Geschlechtsentwicklung“ vorschlägt. Im Ergebnis werden erneut Ärztinnen und Ärzte darüber entscheiden können, wer schutzwürdig ist und wer nicht. Dieser Weg ist bereits im Gesetz zur „Dritten Option“ gescheitert, wie die unzähligen Klagen und Widersprüche zeigen.

Wie ein OP-Verbot klar und konsequent geregelt werden kann, haben wir Grüne mit unserem bereits in den Bundestag eingebrachten Selbstbestimmungsgesetz vorgeschlagen. Es darf keine geschlechtszuweisenden Operationen an Säuglingen und Kindern geben, die medizinisch nicht notwendig sind. Wir appellieren an CDU/CSU und SPD, unserem Selbstbestimmungsgesetz zuzustimmen, statt einen faulen Kompromiss zwischen Justiz- und Innenministerium zu unterstützen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 23.09.2020

Zur Umfrage von Save the Children zur Situation von Kindern in 37 Ländern während der Corona-Pandemie erklären Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, und Ottmar von Holtz, Sprecher für Zivile Krisenprävention:

Kinder dürfen nicht zu Verlierern der Corona-Pandemie werden – weder in Deutschland noch weltweit. Alle Kinder haben ein Recht auf Kindheit, Gesundheit, Bildung und persönliche Entwicklung. Die Einhaltung der UN-Kinderrechtskonvention muss endlich als eine der zentralen politischen Herausforderungen anerkannt werden. Deutschland muss sich gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft insbesondere für die Bekämpfung der schlimmsten Einschränkungen von Kinderrechten wie den Ausschluss von Bildung, Mangelernährung und gewaltsamen Tod, Kinderarbeit, Kinderarmut und Krankheit stark machen.

Globale Krisen wie die COVID 19-Pandemie treffen die Schwachen und Ärmsten mit besonderer Härte. Das gilt für Staaten, Unternehmen und Individuen gleichermaßen – Vergrößerung von Ungleichheit, das ist das Gegenteil dessen, was wir mit den nachhaltigen Entwicklungszielen erreichen wollen.

Bildung ist zentral, um soziale Ungleichheit zu bekämpfen. Sie befähigt dazu, selbstbestimmt zu leben, gut bezahlte Arbeit zu finden und sich an politischen Prozessen zu beteiligen.

Durch die Schulschließungen wurde und wird der Bildungsweg von Schülerinnen und Schülern unterbrochen – für viele permanent und mit lebenslangen Konsequenzen. Armut und deren negative Folgen verfestigen sich dadurch auch für die nachfolgenden Generationen. Schulschließungen sind nicht nur im Hinblick auf die Bildungssituation dramatisch: Schulen sind Orte der Stabilität, der Sicherheit und des Schutzes. Die internationalen Bemühungen müssen nun schnell einen Fokus auf die Wiedereröffnung von Schulen legen, um den Zugang zu guter Bildung gewährleisten.

Auch ohne die Corona- Pandemie liegt die Weltgemeinschaft bei der Erreichung des nachhaltigen Bildungsziels SDG 4 bis 2030 hoffnungslos zurück, so weit liegen seit Anbeginn Lippenbekenntnisse und tatsächliches Engagement auseinander. Schon in der Finanzkrise 2008/2009 sanken die Bildungsinvestitionen und haben sich seither nicht mehr vollständig erholt. Insbesondere in den als Fundament und für benachteiligte Gruppen elementaren Bereichen frühkindliche und Grundschulbildung gehen die Investitionen auch des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) seit Jahren zurück. Aus dem bilateralen Bereich will sich das BMZ nun mit BMZ 2030 komplett zurückziehen. Zwar sind Erhöhungen für die multilateralen Bildungsfonds vorgesehen, aber bei weitem nicht das, was einem fairen deutschen Beitrag entspräche. Gerade in der aktuellen Krise brauchen diese Mechanismen zügig zusätzliche Mittel, um der sich abzeichnenden Bildungskrise Herr zu werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 10.09.2020

Zum Jahresbericht der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungshilfe erklären Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, und Chris Kühn, Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik:

Wohnungs- und Obdachlosigkeit werden immer weiblicher und jünger. Zugleich sind immer mehr Alleinerziehende und ihre Kinder betroffen. Eine steigende Anzahl von Menschen wächst in unserem wohlhabenden Land ohne ein festes Zuhause auf. Diese fortschreitende Entwicklung ist alarmierend und traurig und zeigt das Versagen der Großen Koalition in der Wohnungspolitik.

Es braucht mehr Unterstützung und Mittel für passgenauere und zielgruppenorientierte Beratungs- und Auffangangebote vor Ort auch gezielt für Frauen und Familien, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind. Die Anpassung der Höhe der Mietkostenübernahme im SGB II und SGB XII wäre ein wichtiger Schritt, um diese Familien zu entlasten. In Sammelunterkünften muss Diversität und Barrierefreiheit berücksichtigt und es müssen mehr Schutz- und Rückzugsmöglichkeiten insbesondere für jüngere Frauen und Kinder geschaffen werden. Zu oft sind die vorhandenen Angebote nicht entsprechend ausgelegt.

Auch die Corona-Pandemie erfordert eine durch den Bund koordinierte Zusammenarbeit von Bund, Ländern, Kommunen und sozialen Trägern, um eine flächendeckende temporäre Einzelunterbringung von wohnungslosen Menschen in Hotels, Pensionen oder Jugendherbergen zu gewährleisten.

Wir fordern die Bundesregierung auf, jetzt endlich ein umfassendes nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit auf den Weg zu bringen. Wohnungsnot und überteuerte Mieten werden von der Bevölkerung als drängendes Problem wahrgenommen, die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum muss endlich zur Priorität werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 10.09.2020

Zum Bericht „Ungewollt Kinderlos 2020“ erklären Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, und Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Gesundheitsförderung:

Elternschaft gehört für viele Frauen und Männer zu einem erfüllten Leben dazu. Auch wenn es kein Recht auf Elternschaft gibt, haben Paare aber das Recht, bei der Chance auf Elternschaft unterstützt und nicht etwa benachteiligt zu werden. Wir reden nicht von einer kleinen Randgruppe, fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ist betroffen – mit über die letzten Jahre zunehmender Tendenz. Unerfüllter Kinderwunsch ist für Betroffene und für deren Partnerschaft enorm herausfordernd. Die Umfrage zeigt, dass Frauen deutlich stärker belastet sind als Männer. Es muss endlich Schluss sein mit der Stigmatisierung von ungewollter und gewollter Kinderlosigkeit von Frauen.

Betroffene Paare brauchen gute Beratung und Zugang zu einer diskriminierungsfreien, einheitlichen Finanzierung der künstlichen Befruchtung. Es ist längst nicht mehr argumentierbar, warum unverheirateten oder lesbischen Paaren der Zugang zu künstlicher Befruchtung zusätzlich erschwert wird. Außerdem muss der Finanzierungs-Flickenteppich vereinheitlicht werden. Denn momentan ist die Senkung des Eigenanteils durch Zuschüsse vom Bund daran gebunden, dass in dem jeweiligen Bundesland ebenfalls eigene Landesprogramme zur Förderung von Kinderwunschbehandlungen unterhalten werden. Das ist aber lediglich in neun von 16 Bundesländern der Fall. Der Kinderwunsch darf aber nicht am Wohnort oder fehlenden finanziellen Mitteln scheitern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 09.09.2020

Zur Veröffentlichung des aktuellen Unicef-Reports zum Kindeswohl in 41 OECD- und EU-Staaten erklärt KatjaDörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

In Deutschland muss das Wohl der Kinder stärker in den Mittelpunkt politischen Handelns gestellt werden. Das zeigt der aktuelle Unicef-Report deutlich: Was das Wohlbefinden der befragten Kinder betrifft, liegt Deutschland im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld. Die Corona-Krise spitzt bereits bestehende Problemlagen weiter zu. Es ist dringend geboten, die gesellschaftliche Teilhabe für alle Kinder zu sichern. Die Verankerung starker Beteiligungsrechte im Grundgesetz ist überfällig.

Die Anliegen von Kindern und Jugendlichen müssen endlich flächendeckend politisches Gehör finden. Die Frage der politischen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist dafür zentral: Junge Menschen sollen und wollen mehr mitreden. Deshalb fordern wir mehr Mitspracherecht für junge Menschen auf kommunaler Ebene und eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre für alle Landtags-, Bundestags- und Europawahlen. Denn junge Menschen haben ein Recht auf politische Beteiligung – es geht schließlich auch um ihr Leben und ihre Zukunft.

Alle Kinder haben das Recht auf ein gutes Aufwachsen und gesellschaftliche Teilhabe. Eine Politik, die endlich das Kindeswohl stärker in den Mittelpunkt stellt, muss dringend auch hier ansetzen. Denn noch immer ist in Deutschland etwa jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Eine Zahl, die durch die Corona-Krise weiter ansteigen dürfte. Mangel gehört für die betroffenen Kinder und Jugendlichen oft zum Alltag – an Geld, aber auch an sozialer, kultureller und gesundheitlicher Teilhabe. Armut schränkt Kinder in ihrem Aufwachsen ein, sie beschränkt Kinder in ihren Bildungs- und Lebenschancen. Anstatt wie die Bundesregierung Kinderarmut weiterhin nur zu verwalten, fordern wir deshalb die Einführung einer Kindergrundsicherung, die sich an den realen Beda rfen orientiert und automatisch, ohne kompliziertes Antragsverfahren ausgezahlt wird.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 03.09.2020

„Wenn man nur die offensichtlichsten Rechentricks der Bundesregierung eliminiert, liegt der Regelbedarf bei Hartz IV und anderen Formen der Grundsicherung für 2021 bei 658 Euro plus Stromkosten. Sozialminister Hubertus Heil muss endlich aufhören, die Regelsätze gezielt kleinzurechnen und Menschen dadurch in Armut und Vereinsamung zu treiben“, erklärt Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE und Ko-Parteivorsitzende, zu der von der Fraktion vorgenommenen Berechnung des Regelbedarfs bei den Grundsicherungen für 2021. Kipping weiter:

„Seit Jahren rechnet die Bundesregierung die Regelsätze für Hartz IV und andere Grundsicherungen mit vielen Rechentricks klein. Abgeleitet werden sie anhand einer Stichprobe von Ausgaben von Einkommensarmen und materiell Unterversorgten, den unteren 15 Prozent der Bevölkerung gemessen am Einkommen. Dabei werden zwar Grundsicherungsbeziehende nicht in diese Stichprobe einbezogen werden, wohl aber verdeckt Arme, Personen, die weniger Einkommen als Ausgaben haben, und Personen, die geringe Erwerbseinkommen haben und diese mit Hartz-IV-Leistungen aufstocken müssen. Außerdem werden viele statistisch erfasste Ausgaben dieser Personengruppe als nicht regelbedarfsrelevant eingestuft und somit nicht berücksichtigt. Im Ergebnis kommt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales so zu einem Bedarf von Ein-Personenhaushalten von lediglich 446 Euro.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 16.09.2020

„Wir werden nicht nur untersuchen, inwieweit Kinderrechte beschränkt wurden, sondern wollen auch konkrete Handlungsempfehlungen erarbeiten. Denn eines ist klar: So eine Beschneidung von Rechten wie während des Lockdowns und weit über diesen hinaus, sollen Kinder und Jugendliche nicht noch einmal erleben“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, anlässlich der heutigen Übernahme des Vorsitzes der Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder im Deutschen Bundestag. In seiner Vorsitzzeit bis zum 15. Februar will er die Auswirkungen des Corona- Krisenmanagements auf Kinder und Jugendliche untersuchen lassen. Müller weiter:

„Die Sachverständigen der ersten Sitzung sind Claudia Kittel (Monitoringstelle Kinderrechte beim Institut für Menschenrechte) und Prof. Dr. Michael Klundt (Kindheitswissenschaftler der Hochschule Magdeburg Stendal). Da die Öffentlichkeit derzeit nur begrenzt Zutritt zum Tagungssaal hat, werden alle zehn Sitzungen zeitversetzt im Internet übertragen. Das ist ein Novum für das seit 1988 bestehende Gremium. Wir hoffen, dass die Anliegen von Kindern und Jugendlichen so noch mehr Gehör finden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 09.09.2020

Zum Schulgipfel erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding:

„Vom Schulgipfel muss ein starkes Zeichen der Zuversicht und der Sicherheit ausgehen. Das ist die Bundesregierung den Schülern, Lehrkräften und Eltern schuldig. Ein wochenlanger Unterrichtsausfall darf sich nicht wiederholen. Bund, Länder und Kommunen müssen jetzt mit vereinten Kräften alles dafür tun, dass es nie wieder zu einem solchen Unterrichtschaos kommt. Die bloße Ankündigung weiterer kleinteiliger und bürokratischer Förderprogramme wäre eine herbe Enttäuschung. Unsere Schulen brauchen schnell handfeste und umfassende Verbesserungen der digitalen Lernmöglichkeiten: Jede Schule braucht dafür eine Lernplattform, eine Auswahl an hochwertigen Lernmaterialien und genug Leihgeräte für benachteiligte Kinder. Zudem müssen endlich auch Mittel für die digitale Weiterbildung von Lehrkräften fließen. Dazu ist ein Digitalpakt 2.0 dringend nötig. Unterricht im Präsenzbetrieb bleibt das Ziel, doch bei lokalen Schulschließungen muss der Unterricht reibungsfrei von zuhause fortgesetzt werden können.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 21.09.2020

Der Koalitionsausschuss hat am 3. Juni 2020 beschlossen, weitere 500 Millionen Euro als Finanzhilfe über den Digitalpakt Schule für die Administration bereitzustellen. Im Gegenzug verstärken nach Aussage der Bundesregierung die Länder die Fortbildung der Lehrkräfte im Bereich Bildung in der digitalen Welt. Ferner hat sich der Koalitionsausschuss am 25. August 2020 darauf geeinigt, eine digitale Bildungsoffensive zu finanzieren. Hierzu sollen Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfaszilität der EU in Anspruch genommen werden, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/22316) auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/21921) zu den Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Schulunterrichts während der Schulschließungen. Die genannten Mittel seien ein Zusatz zu den ohnehin schon gewährten 100 Millionen Euro aus dem Digitalpakt für den Auf- und Ausbau von Lernplattformen und 500 Millionen Euro für ein Sofortausstattungsprogramm.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 993 vom 23.09.2020

Die Bemühungen des Bundeskriminalamts (BKA), nach dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz Mittäter ausfindig zu machen, sind nach Darstellung eines beteiligten Beamten durchweg ins Leere gelaufen. Es habe zwar mehrere Kontaktpersonen des Attentäters Anis Amri gegeben, die ihn unmittelbar vor der Tat noch gesehen hätten, doch hätten sie allesamt glaubhaft machen können, von seiner Absicht, mit einem Lastwagen einen Weihnachtsmarkt zu überrollen, nichts gewusst zu haben, berichtete Kriminalhauptkommissar A.S. am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz").

Der heute 38-jährige Zeuge ist seit 2011 im Referat TE33 des BKA mit Ermittlungen gegen radikalislamische Terroristen befasst. Nach dem Anschlag im Dezember 2016 war er in der federführenden Besonderen Aufbauorganisation (BAO) "City" tätig. Er habe dort anfangs, berichtete er, ein schließlich 15-köpfiges Team zur "Personensachbearbeitung" des Attentäters geleitet: "Wir haben versucht, uns ganz eng an Amri zu orientieren." Eine Hauptaufgabe sei gewesen, Amris Mobiltelefon auszuwerten, um festzustellen, wo er sich in den Tagen und Stunden vor dem Anschlag aufgehalten hatte.

Daraus habe sich ergeben, dass sich Amri am Tattag, dem 19. Dezember, bis etwa 14.15 Uhr in seiner Wohnung aufgehalten habe. Gegen 15 Uhr habe er auf dem Parkplatz eines Möbelmarkts im Stadtteil Wedding zwei Bekannte getroffen, die das Berliner Landeskriminalamt nach Bildern einer Überwachungskamera als Bilal Mahmoud und Walid Zaid identifiziert habe. Beide hätten in Vernehmungen angegeben, sie seien mit Amri spazieren gegangen, hätten gemeinsam in einem Grill etwas gegessen und sich dann getrennt. Zaid wurde am späten Abend am Tatort, dem Breitscheidplatz, angetroffen. Seine Angabe, er sei dort nur als Schaulustiger gewesen, habe sich aber nicht widerlegen lassen, sagte der Zeuge. Zudem habe die Überwachung seiner Telekommunikation ergeben, dass er von dem Attentat überrascht gewesen sei und Amri als Urheber zunächst nicht gekannt habe.

Was sich auch nicht mit letzter Sicherheit habe klären lassen, sei die Frage, wie Amri gelernt hatte, den Schwerlaster zu steuern. Zwar war der Wohnungsgeber, der ihn zuletzt als Untermieter beherbergt hatte, ausgebildeter Lastwagenfahrer und zehn Jahre lang bei einem Frachtunternehmen beschäftigt gewesen. Das sei, meinte der Zeuge, ein "blöder Zufall", der die Vermutung nahelegte, Amri könnte bei seinem Vermieter Fahrstunden genommen haben. Dies sei aber, wie der Mann in seiner Vernehmung "glaubhaft" habe machen können, nicht der Fall gewesen. Aus der Presse, fuhr der Zeuge fort, habe er erfahren, dass Amri angeblich von seinem Bruder in Tunesien im Umgang mit einem Lastwagen unterrichtet worden sei. Ob die Ermittler diesem Hinweis an Ort und Stelle nachgegangen seien, könne er nicht sagen.

Amris Vermieter sei diesem, wie er der Polizei berichtet habe, unmittelbar nach der Tat in der gemeinsamen Wohnung zuletzt begegnet. Amri habe "zerstreut" und "aufgeregt" gewirkt, seine Sachen gepackt, die Schuhe gewechselt und die Wohnung verlassen.

Im Sande verlaufen seien auch Ermittlungen nach einem Hinweis auf einen Komplizen namens Ahmed Hamami, der Amri laut Erkenntnissen der italienischen Polizei Schießunterricht erteilt haben soll. Zudem sei Amris Mobiltelefon zuletzt am 6. Februar 2017 aus dem Sudan angerufen worden. Die Polizei habe dem Vorfall "hohe Bedeutung" beigemessen und "umfangreiche Ermittlungen" angestellt. Doch auch diese Spur habe sich "aufgelöst".

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 979 vom 18.09.2020

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen Antrag (19/22554) für einen höheren gesetzlichen Mindestlohn und eine Reform der Mindestlohnkommission vorgelegt. Darin schreibt sie: "Der symbolischen Aufwertung von Tätigkeiten im Niedriglohnsektor muss auch eine finanzielle Anerkennung folgen, die sich nicht in Einmalzahlungen erschöpft. Wenn Menschen in Vollzeit arbeiten, dann müssen sie von ihrer Arbeit auch leben können. Der Lohn muss deshalb zumindest existenzsichernd ausgestaltet sein." Die am 30. Juli 2020 von der Mindestlohnkommission beschlossene schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf 10,45 Euro bis zum Juli 2022 reiche dafür nicht aus. Ginge es in diesem Tempo weiter, würde der Mindestlohn erst in einigen Jahren die Höhe von zwölf Euro erreichen – und wäre dann bereits wieder zu niedrig. "Es braucht eine schrittweise und dennoch zügige Erhöhung auf zwölf Euro", fordern die Grünen.

Sie verlangen von der Bundesregierung unter anderem, dafür zu sorgen, dass der gesetzliche Mindestlohn innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren unter Berücksichtigung der Betroffenheit durch die Corona-Pandemie auf zwölf Euro pro Stunde erhöht wird. Darüber hinaus soll die Erhöhung des Mindestlohns aber Aufgabe der Mindestlohnkommission bleiben, gleichzeitig soll aber das Mindestlohngesetz reformiert werden. Damit soll unter anderem erreicht werden, dass die Ziele bei der Gesamtabwägung zur Erhöhung des Mindestlohns im Mindestlohngesetzes (MiLoG) dahingehend ergänzt werden, dass der Mindestlohn vor Armut schützen muss. Außerdem soll die Kommission künftig beschließen können, dass der Mindestlohn mindestens der Tarifentwicklung folgt und darüber hinaus auch relativ steigen kann. Die Grünen fordern weiter, die Kontrollen des Mindestlohngesetzes deutlich zu verbessern und eine Dokumentation der Arbeitszeit gemäß eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes umzusetzen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 975 vom 17.09.2020

Um die informellen Gespräche der Kultusminister im Kanzleramt, die Instrumente, um der Corona-Krise zu begegnen sowie die Grundausstattung für digitale Klassenzimmer ging es in der 60. Sitzung des Ausschusses Digitale Agenda. Auskunft erteilte der Generalsekretär der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK), Udo Michallik. Michallik betonte, dass bis zum 30. Juni 2020 zwar nur etwa 15 Millionen Euro Fördermittel des Bundes für digitalen Unterricht abgegangen seien, er aber davon ausgehe, dass sich diese Zahlen "deutlich verändern" werden.

Der KMK komme die Rolle eines koordinierenden Gremiums zu. Für die Umsetzung der Maßnahmen, wie etwa die Lizensierung der Lernmittel, seien die Länder zuständig, sagte Michallik. "Was die KMK die letzten Tage getan hat, war, mit MUNDO sodix.de eine ländergemeinsame Bildungsmedieninfrastruktur zu schaffen, die über den Digitalpakt gefördert wurde", berichtete Michallik. Diese beinhalte offene, lizenzrechtlich und qualitativ geprüfte Materialien – unter anderem eine Mediathek für Lehrende, Lernende und Erziehungsberechtigte, sowie einen Web-Editor zum kollaborativem Erstellen von Unterrichtsmodulen. Diese sei, bestätigte Michallik auf Nachfrage der Abgeordneten, ein Parallelangebot zur sogenannten HPI-Schulcloud, die vom Hasso-Plattner-Institut in Potsdam entwickelt wurde.

Auch warfen die Abgeordneten Fragen nach dem Umgang mit der Pandemie aus Sicht der Lehrenden auf. Da habe es "Licht und Schatten" gegeben, sagte Michallik. Es bestehe eine Bringschuld der Länder, die Lehrenden über "ausgedehnte Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen" an ein Niveau heranzuführen, das sie in die Lage versetze, digitale Mittel und Methoden einzusetzen. Darüber hinaus sei es aber auch eine Frage der Ausbildung der Lehrkräfte an den Universitäten.

Nach langem Ringen war 2019 das Grundgesetz geändert worden, damit, obwohl Schule Ländersache ist, der Bund Geld für die Digitalisierung der Schulen beisteuern kann. Mehr als fünf Milliarden Euro stellt der Bund etwa für Investitionen in Smartboards, Schul-WLAN, Online-Lernplattformen und mobile Endgeräte zur Verfügung. Von den Ländern kommen weitere 500 Millionen Euro. In Kraft getreten war der Digitalpakt am 17. Mai 2019.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 969 vom 17.09.2020

Die Bundesregierung bemisst den Erfolg des Digitalpakts Schule nicht am Mittelabfluss. Lehrkräfte und -inhalte ließen sich nicht durch Investitionen in digitale Technik ersetzen. Bildung werde insbesondere bei schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen durch pädagogische und fachliche Kompetenz und Engagement der Lehrkräfte im schulischen Unterricht vermittelt. Das macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/22033) auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/21714) deutlich. Die am Mittelabfluss ablesbaren Investitionen in digitale Bildungsinfrastrukturen könnten daher nur Voraussetzung, aber kein Maßstab für den Erfolg des Digitalpakts Schule sein.

Das Grundgesetz erlaube der Bundesregierung über Finanzhilfen im Bildungsbereich hinaus keine inhaltliche Einwirkung auf die Schulpolitik der Länder. Der Digitalpakt Schule sei jedoch von Bund und Ländern sowohl ausweislich der Präambel als auch der regelmäßigen Berichtspflichten mit den inhaltlichen Zielen der von der Kultusministerkonferenz 2016 beschlossenen Strategie "Bildung in der digitalen Welt" verknüpft.

Die FDP hatte daraufhin gewiesen, dass mit der Einigung auf den Digitalpakt Schule im Mai 2019 sich Bund und Länder darauf verständigt hätten, Schulen in Deutschland bis 2024 mit besserer digitaler Infrastruktur auszustatten und dafür bis zu 5,55 Milliarden Euro zu investieren. Laut einer Umfrage des Magazins "Focus" sei an allen Kultusministerien der Länder bislang rund 125 Millionen Euro bewilligt worden, also nur 2,5 Prozent. Die Kosten für die beantragten Projekte würden sich auf rund 284 Millionen Euro belaufen, was 5,7 Prozent entspreche.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 951 vom 16.09.2020

Der Bundesregierung ist es ein großes Anliegen, dass Schwangerschaftsberatung, Sexualaufklärung und Familienplanung ungehindert und sicher in Anspruch genommen werden kann. Das schreibt das Bundesjustizministerium namens der Bundesregierung in der Antwort (19/22143) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/21813) zu Auswirkungen des Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches (Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft). Dies beinhalte auch die Möglichkeit einer niedrigschwelligen Beratung für schwangere Frauen, die sich in besonderen Notlagen befinden. Gerade für diese belasteten Frauen müsse ein freier, sicherer und diskriminierungsfreier Zugang zur Schwangerschaftsberatung gewährleistet werden.

Weiter heißt es in der Antwort, der ungehinderte Zugang zu Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sei in erster Linie durch das Polizei- und Ordnungsrecht zu gewährleisten, für das grundsätzlich die Länder zuständig seien. Daten über Strafanzeigen und Ermittlungsverfahren wegen Paragraf 219a gegen Schwangerschaftsberatungsstellen sowie gegen Kliniken und gegen Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, ließen sich aus der Polizeilichen Kriminalstatistik und der Strafverfolgungsstatistik nicht entnehmen. Die Bundesregierung erhalte bisweilen Hinweise aus der Presse oder von Trägern der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen über Drohungen und Beleidigungen gegen Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Konkrete zahlenmäßige Erkenntnisse dazu lägen der Bundesregierung nicht vor.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 941 vom 14.09.2020

Die FDP-Fraktion will das schulische und außerschulisches Lernen stärken und hat dazu einen Antrag vorgelegt (19/22299). Dazu sollen die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) in der frühkindlichen Bildung gestärkt werden. Gemeinsam mit den Kultusministerien der Länder sollen verpflichtende, qualitativ hochwertige und bundesweite Bildungsstandards in der frühkindlichen Bildung formuliert werden, damit besonders benachteiligte Kinder nicht auf Grund ihrer sozialen Lage, Herkunft oder ihres Wohnorts von Anfang an im Bildungssystem abgehängt werden. Gemeinsam mit der Stiftung "Haus der kleinen Forscher" solle wissenschaftlich untersucht werden, welche Maßnahmen die Qualität der MINT-Bildung in Kitas wirksam und nachhaltig ausbauen, damit alle Kinder, unabhängig von sozialer Herkunft, Geschlecht und individuellen Herausforderungen wie Begabungen davon profitieren.

Die FDP-Fraktion ist der Überzeugung, dass die MINT-Felder zunehmend an Bedeutung gewinnen, ob vor dem Hintergrund des Klimawandels, der Industrie 4.0 oder der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt und Wirtschaft: Alle Schülerinnen und Schüler müssen lernen, wie sie als Bürgerinnen und Bürger den Herausforderungen der Zukunft mit neuen Methoden, Kreativität und eigenständigem Denken begegnen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 940 vom 14.09.2020

Nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sollen die gesetzlichen Grundlagen für den geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter zügig geschaffen werden. In einem Antrag (19/22117) fordert sie die Bundesregierung auf, unverzüglich einen Gesetzentwurf zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch vorzulegen, um den Rechtsanspruch ab dem Jahr 2025 realisieren zu können. Der Rechtsanspruch auf Bildung und Betreuung soll unabhängig vom Umfang der Berufstätigkeit der Eltern an fünf Tagen in der Woche für mindestens neun Stunden pro Tag für jedes Kind gelten und zudem ein Mittagessen umfassen. Zudem fordern die Grünen eine gemeinsame Qualifizierungsoffensive für pädagogisches Fachpersonal an Schulen und Horten von Bund und Ländern. So sollen unter anderem bundesweit die ausbildungsbezogenen Schulgelder entfallen und ein Rechtsanspruch auf Weiterbildung geschaffen werden, um den Einstieg in den Erzieherberuf zu erleichtern.

Das Sondervermögen für den Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote zur Finanzierung der Investitionskosten soll nach dem Willen der Grünen in den Jahren 2020 und 2021 auf vier Milliarden Euro aufgestockt werden. Auf Grundlage einer realistischen Bedarfsanalyse soll zudem eine faire Aufteilung der Investitions- und Betriebskosten zwischen Bund, Ländern und Kommen erreicht werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 930 vom 10.09.2020

In seiner 59. Sitzung hat der Ausschuss Digitale Agenda mit einem Vertreter des Bundesforschungsministeriums (BMBF) über aktuelle Entwicklungen in der digitalen Schulbildung in Zeiten der Corona-Pandemie diskutiert. Fast sieben Milliarden Euro seien für die Digitalisierung im Bildungssektor von Seiten des Bundes zur Verfügung gestellt worden, führte er aus. Vertreter der Kultusministerkonferenz (KMK) konnten nicht in der Ausschusssitzung erscheinen, sodass der Tagesordnungspunkt, insbesondere zur Umsetzung des Digitalpakts Schule in den Ländern, in der kommenden Sitzungswoche nochmals im Ausschuss diskutiert werden soll.

Auf der einen Seite habe die Pandemie wie ein Turbo gewirkt, was die Notwendigkeit der Digitalisierung anbelange, und die Akzeptanz gesteigert, diese in den veränderten Schulalltag einzubeziehen. Auf der anderen Seite habe Corona wie unter einem Brennglas die Schwächen in der Frage der Anbindung von Schulen und der Nutzung von digitalen Möglichkeiten offenbart. Bis die ersten Digitalpakt-Anträge gestellt wurden, habe es etwas gedauert und die Entwicklung sei in den Bundesländern "sehr unterschiedlich", sagte der BMBF-Vertreter.

Bis zum 30. Juni 2020 konnte eine Mittelbindung von 250 Millionen Euro verzeichnet werden – das sei 17 Mal mehr im Vergleich zum Vorjahr und zeige die breite Umsetzung, stelle aber noch nicht zufrieden, sagte der BMBF-Vertreter. In der Pandemie sei zudem sehr schnell mit einem Programm in Höhe von 500 Millionen Euro nachgesteuert worden, durch das sozial bedürftige Schülern digitale Endgeräte zugänglich gemacht wurden. In einer weiteren 500 Millionen Euro schweren Vereinbarung sei etwa auch die Ausrüstung der Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten geregelt worden. Ebenfalls sei über den Digitalpakt Schule eine Zusatzvereinbarung von ebenfalls 500 Millionen Euro geschlossen worden, die die Administratoren, die sich in Schulen um die digitale Lerninfrastruktur kümmern, berücksichtige.

Alle Vertreter der Fraktionen betonten, dass die Digitalisierung in den Schulen weiter am Anfang stehe. Sie thematisierten insbesondere den mangelhaften Mittelabfluss und die Abstimmungsprozesse zwischen Bund und Ländern. Auch wollten sie erfahren, wie die Schul-Cloud des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) genutzt werde.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 929 vom 09.09.2020

Gesundheits- und Sozialexperten fordern mehr Wertschätzung für die Pflegeversorgung und eine bessere Bezahlung der Fachkräfte. Zudem weisen Fachleute auf die Bedeutung der pflegenden Angehörigen für die Versorgung hin und schlagen Entlastungen vor. Die Sachverständigen äußerten sich anlässlich einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages am Mittwoch über zwei Anträge der Grünen-Fraktion in schriftlichen Stellungnahmen.

Die Grünen-Fraktion fordert eine Entlastung professioneller Pflegekräfte. Die Pflege sei schon immer systemrelevant gewesen, heißt es in einem Antrag (19/19136) der Fraktion. In Deutschland spiegele der Lohnzettel die Arbeitsbedingungen, Zuständigkeiten und Systemrelevanz der professionellen Pflege nicht angemessen wider. Gefordert werden kurzfristige Initiativen zum Schutz der Pflegekräfte in der Coronakrise sowie perspektivisch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Ferner brauchen nach Ansicht der Grünen auch die pflegenden Angehörigen mehr Unterstützung. Die Abgeordneten fordern in einem Antrag (19/18957) einen besseren Infektionsschutz für pflegebedürftige Menschen und Pflegepersonen.

Die Fachleute unterstützten die Anträge im Grundsatz. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) erklärte, die Wertschätzung der Pflege müsse sich dringend in besseren Arbeitsbedingungen und in tariflicher Bezahlung widerspiegeln, etwa in der Altenpflege. Nötig sei auch mehr Personal.

Trotz gestiegener Anforderungen seien die Personalschlüssel in der Altenpflege seit den 1990er Jahren nahezu unverändert geblieben. Von zentraler Bedeutung sei, dass ein in der Erprobung und Einführung bewährtes Personalbemessungssystem bundesweit eingeführt werde.

Zustimmung kam von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), die erklärte, Wertschätzung und Entlastung seien die wesentlichen Bedingungen dafür, Pflegende an die Kliniken zu binden und neue Pflegekräfte zu rekrutieren.

Die Arbeitsforscherin Tine Haubner von der Universität Jena stellte fest, dass trotz der prognostizierten Abnahme familiärer Pflegebereitschaft die Angehörigen den größten und zugleich kostengünstigsten Pflegedienst stellten. Von den rund 3,4 Millionen Pflegebedürftigen würden drei Viertel ausschließlich oder unter anderem von Angehörigen versorgt. Die Mehrheit der drei bis fünf Millionen privaten Pflegepersonen sei weiblich und nahezu im Umfang einer Vollzeitbeschäftigung in die Pflege eingebunden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 927 vom 09.09.2020

Die Bundesregierung verteidigt das Konzept der Bedarfsgemeinschaften, verschließt sich aber nicht gegenüber neuen sozial- und familienpolitischen Konzepten. Dies betont sie unter Verweis auf Konzepte vom Bündnis Kindergrundsicherung oder der Bertelsmann-Stiftung in ihrer Antwort (19/21797) auf eine Kleine Anfrage (19/21244) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. In diesem Zusammenhang müssten jedoch unter anderem die Ergebnisse der Arbeitsgruppe "Kindergrundsicherung" der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister beziehungsweise Senatoren abgewartet werden, schreibt die Regierung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 905 vom 04.09.2020

Die Bertelsmann Stiftung hat in den vergangenen Wochen die Initiative #StopptKinderarmut mit Unterstützung zahlreicher kinder- und familienpolitischer Organisationen durchgeführt. Denn mehr als jedes fünfte Kind erlebt in Deutschland Armut. Prominente Influencer*innen haben sich in Videos zu Wort gemeldet und ihre eigenen Armutserfahrungen geteilt. Die vielen Reaktionen der jungen Menschen darauf zeichnen ein differenziertes Bild davon, was es in Deutschland bedeutet, in Armut aufzuwachsen. Zahlreiche Prominente wenden sich heute mit einem Offenen Brief an die Politik und Öffentlichkeit und fordern: #StopptKinderarmut. Unter den Fürsprecher*innen sind die Influencer*innen Hatice Schmidt, Leeroy Matata, Anderson, JustCaan, Kati Karenina, Kicki Yang Zhang, MrTrashpack, Simon Will oder der Musiker Matondo Castlo. Auch andere bekannte Persönlichkeiten des gesellschaftlichen Lebens bringen ihre Unzufriedenheit mit dem Maß an Kinderarmut in Deutschland zum Ausdruck – u.a. Nina Bott, Frank Buschmann, Katja Burkard, Tyron Ricketts, Balbina, Hans Sarpei, Jasmin Wagner oder Timur Ülker.

In dem Brief fordern die Prominenten, Kinderarmut zu entstigmatisieren und politisch zu bekämpfen. Dem Offenen Brief vorausgegangen war seit Anfang August eine ganze Reihe von Videobeiträgen zahlreicher prominenter YouTuber*innen, in denen diese eigene Armutserfahrungen schildern und ihre Community motivieren, sich selbst zum Thema Kinderarmut zu äußern. Die insgesamt sechs Videos wurden seitdem von mehr als einer halben Million jungen Menschen angesehen und haben eine Fülle an Reaktionen hervorgerufen – sowohl in den sozialen Netzwerken als auch in Form ausführlicher Beiträge in der Kommentarfunktion der Videos. Für Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, ist die Social-Media-Initiative eine neue und gewinnbringende Erfahrung: „Armut darf nicht stigmatisieren. Mit der Initiative #StopptKinderarmut werden junge Menschen ermutigt, offener über ihre Erfahrungen zu sprechen.“ Im Rahmen der Initiative haben sich viele Jugendliche geöffnet und ihre eigenen Erfahrungen mit dem Thema Armut zum Ausdruck gebracht. Dabei wurden unterschiedliche Aspekte deutlich: So waren viele junge Menschen dankbar, dass prominente Vorbilder ihre eigenen Armutserfahrungen offen geteilt haben. Das Gefühl, das Tabuthema ansprechen zu können, wurde als sehr hilfreich empfunden. Zudem drückten viele Jugendliche aus, wie gefangen sie – und ihre Familien – sich in der Armutssituation fühlen, wie schwer der Ausweg ist – und wie unverschuldet das Abrutschen in Armut war. Gerade ihren Eltern zollen viele junge Menschen Respekt, die trotz widriger Umstände alles für ihre Kinder geben.

Zahlreiche Reaktionen der jungen Menschen veröffentlicht die Bertelsmann Stiftung anonymisiert in einer Broschüre. Die Bildungsinitiative MESH Collective hat im Auftrag der Bertelsmann Stiftung die Initiative umgesetzt. Head of MESH Julia Althoff zeigt sich bewegt von der Offenheit der jungen Menschen: „Armut bestimmt den Alltag von 2,8 Millionen Kindern in Deutschland. Mit der Social-Media-Initiative #StopptKinderarmut haben diese Kinder eine Plattform erhalten und wir hoffen, dass auch die Politik hingesehen hat.“ Dräger bekräftigt: „Jetzt ist der Zeitpunkt, um gegen Kinderarmut vorzugehen.“ Eine Kindheit sei zu kurz, als dass die Politik noch Jahre warten könnte. Dräger schlägt vor, mit einem Teilhabegeld gegen Kinderarmut vorzugehen. Ziel müsse es sein, unbürokratisch den Kindern, Jugendlichen und Familien Unterstützung zukommen zu lassen, die auf Hilfe angewiesen sind. Ihre Bedarfe für gutes Aufwachsen, Bildung und Teilhabe müssen gedeckt werden, wenn das Einkommen Zuhause nicht reicht. Eine Bündelung bestehender familienpolitischer Leistungen zu einer einzigen Maßnahme sei ein erster und wichtiger Schritt. Er begrüßt deshalb, dass sich einige Parteien mit einer Kindergrundsicherung auf den Weg machen. Mehr Informationen zu der Initiative #StopptKinderarmut finden sich unter www.stopptkinderarmut.org. Dort können auch die Videobeiträge von Anderson, Matondo Castlo, JustCaan, Kati Karenina, Leeroy Matata und der Offene Brief angesehen werden sowie ein Auftaktvideo, in dem zahlreiche Influencer*innen und von Armut betroffene Kinder zu Wort gekommen sind.

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung vom 15.09.2020

Frauen in West- wie in Ostdeutschland haben in Puncto Bildung, Erwerbstätigkeit und soziale Absicherung in den vergangenen Jahren gegenüber Männern aufholen können. Trotzdem gibt es beim Thema Gleichstellung weiterhin erhebliche Unterschiede zwischen Ost und West. Bei zentralen Arbeitsmarkt-Größen wie der Erwerbsbeteiligung, der Arbeitszeit und dem Einkommen sind die Abstände zwischen Männern und Frauen im Osten spürbar kleiner – allerdings beim Einkommen auf insgesamt niedrigerem Niveau als im Westen. Und auch wenn die Gleichstellung in Ost- wie Westdeutschland vielfach vorangekommen ist bleibt die durchschnittliche berufliche, wirtschaftliche und soziale Situation von Frauen in beiden Landesteilen weiterhin oft schlechter als die von Männern. Wo es Fortschritte gegeben hat und wo weniger, beleuchtet anhand von 27 Indikatoren und aktuellster verfügbarer Daten ein neuer Report, den das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung heute vorlegt.

Mehr Frauen in West und Ost erwerbstätig – aber Zunahme vor allem in Teilzeit

Die Auswertung im Vorfeld des 30. Jahrestags der Deutschen Einheit zeigt unter anderem: Bei schulischer und beruflicher Qualifikation haben Frauen in beiden Landesteilen weitgehend mit den Männern gleichgezogen. Bei der Erwerbsbeteiligung zeigen sich dagegen trotz Annäherungen auch heute noch deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern und zwischen Ost- und Westdeutschland. So lag die Erwerbstätigenquote westdeutscher Frauen 2018 um gut acht Prozentpunkte unter der von westdeutschen Männern (71,6% vs. 80 Prozent). 1991 war die Differenz indes noch fast dreimal so groß. Auch die Erwerbstätigenquote von Frauen in Ostdeutschland ist mit aktuell 73,9 Prozent höher als 1991, und der Abstand gegenüber ostdeutschen Männern von knapp 12 auf gut vier Prozentpunkte gesunken.

Allerdings beruht diese Entwicklung vor allem auf mehr weiblicher Teilzeitarbeit. In Ostdeutschland ist der Anteil der Teilzeitstellen an allen Beschäftigungsverhältnissen von Frauen zwischen 1991 und 2018 um 17,2 Prozentpunkte gewachsen – sogar etwas stärker als in Westdeutschland (14,3 Prozentpunkte). Dennoch liegt die Teilzeitquote der westdeutschen Frauen mit aktuell 48,6 Prozent weiterhin deutlich über der der Ostdeutschen (34,7 %). Der Anteil der Frauen, die lediglich einen Minijob haben, ist mit 17,1 Prozent im Westen sogar fast doppelt so hoch wie in Ostdeutschland mit 9,9 Prozent.

Rückstand gegenüber Männern bei der Arbeitszeit: 5 Stunden im Osten, sogar 9 im Westen

Bei Männern ist Teilzeitarbeit in beiden Landesteilen hingegen eher ein Randphänomen. Das hat auch deutliche Auswirkungen auf die durchschnittlichen Arbeitszeiten, zeigt die WSI-Studie: In Westdeutschland verbringen Frauen nach den neuesten verfügbaren Daten neun Stunden weniger als Männer mit Erwerbsarbeit – der Rückstand ist wegen der höheren Teilzeitquote eine Stunde größer als 1991. In Ostdeutschland liegt die Differenz bei fünf Stunden und somit zwei Stunden höher als noch vor 30 Jahren.

Die deutlichen Differenzen beim zeitlichen Umfang der Erwerbsarbeit hängen nach der WSI-Analyse maßgeblich mit dem unterschiedlichen Angebot an institutioneller Kinderbetreuung zusammen: In Ostdeutschland werden 41,4 Prozent der Kinder unter drei Jahren und 74,8 Prozent der 3- bis 6-Jährigen ganztags außer Haus betreut. Dagegen sind es im Westen nur 14,3 bzw. 40,5 Prozent – bei spürbar höherer Nachfrage. Immerhin hat sich das Angebot an Ganztags-Kinderbetreuung in Westdeutschland im letzten Jahrzehnt mehr als verdoppelt, so dass die Abstände zwischen beiden Landesteilen etwas kleiner geworden sind. „Sowohl die Unterschiede zwischen Ost und West als auch die schrittweise Annäherung zeigen, dass Fortschritte bei der Gleichstellung sehr oft von Rahmenbedingungen abhängen, die am besten der Staat gestaltet – durch verbindliche Regeln und Investitionen in Infrastruktur“, sagt Dr. Aline Zucco, WSI-Forscherin und Ko-Autorin der Studie. „Einfach auf einen „Kulturwandel“ zu vertrauen, reicht nicht. Dann kommt man nur sehr langsam voran und viele – zunehmend sehr gut ausgebildete Frauen – sind gezwungen, unter ihren Möglichkeiten zu bleiben.“

Gender-Pay-Gap im Osten viel kleiner – aber auch, weil Männer weniger verdienen

Die Unterschiede bei Kinderbetreuung und Arbeitszeiten tragen, unter anderem wegen geringerer Karrieremöglichkeiten, wesentlich dazu bei, dass die Lohnlücke in Westdeutschland weiterhin deutlich höher ist als in Ostdeutschland: In Westdeutschland liegt der durchschnittliche Stundenlohn von Frauen 21 Prozent unter dem von Männern, der Abstand ist dreimal so groß wie in Ostdeutschland. Allerdings spielt bei den geringeren Unterschieden im Osten ein weiterer Faktor eine erhebliche Rolle: Die Stundenlöhne ostdeutscher Männer sind wesentlich niedriger als die von männlichen Beschäftigten im Westen. Diese Diskrepanz zeigt sich auch bei der Einkommensverteilung: 26 Prozent der vollzeitbeschäftigten westdeutschen Männer haben monatliche Bruttoeinkommen über 5000 Euro – der Anteil ist mehr als doppelt so hoch wie unter westdeutschen Frauen (12,7%), ostdeutschen Männern (12,4%) oder Frauen (9,3%). Mit Niedrigeinkommen unter 2000 Euro monatlich für eine Vollzeitstelle müssen aktuell in Ostdeutschland zwar weniger Menschen auskommen als noch 2011, trotzdem ist der Anteil weiterhin deutlich höher als in den alten Bundesländern: Gut ein Viertel der ostdeutschen vollzeitbeschäftigten Frauen und ein Fünftel der Männer lagen 2018 unter dieser Einkommensgrenze. Im Westen waren es rund 19 Prozent der weiblichen und acht Prozent der männlichen Vollzeitbeschäftigten. „Es lohnt sich also, zusätzlich sehr genau hinzuschauen, auf welchem absoluten Niveau sich geschlechtsspezifische Differenzen darstellen“, sagt Forscherin Zucco. Neben den – auch 30 Jahre nach der Vereinigung – erheblichen Unterschieden in der Wirtschaftsstruktur trägt nach WSI-Untersuchungen auch die niedrigere Tarifbindung im Osten zum insgesamt niedrigeren Lohnniveau bei.

In einem weiteren Punkt unterscheiden sich die Geschlechter in Ost und West hingegen heute kaum: In beiden Landesteilen gibt es ähnliche geschlechtsspezifische Präferenzen bei der Berufswahl. Zugleich sind „typisch weibliche“ Dienstleistungs-Berufe, etwa in Handel, Erziehung oder im Pflege- und Gesundheitsbereich, zwar spätestens seit der Corona-Krise als „systemrelevant“ anerkannt, sie werden aber gleichwohl meist schlechter bezahlt als technische Berufe, in denen Männer dominieren.

Die weiterhin deutlichen Unterschiede in den Erwerbsverläufen ost- und westdeutscher Frauen führen auch zu gravierenden Differenzen bei der Absicherung im Alter: Nimmt man gesetzliche Rente, betriebliche und private Alterssicherung zusammen, beziehen Frauen in Westdeutschland durchschnittlich ein um 58 Prozent niedrigeres Alterseinkommen als Männer. Anfang der 1990er Jahre lag der Gender Pension Gap im Westen sogar bei 73 Prozent. In Ostdeutschland beträgt der Abstand durchschnittlich 28 Prozent, 1992 waren es noch 39 Prozent.

Anteil der Frauen in Führungspositionen im Osten spürbar höher

Weiterhin Rückstände, die im Osten aber kleiner sind, beobachten WSI-Expertin Zucco und ihre Forscherkollegin und -kollege Svenja Pfahl und Dietmar Hobler schließlich auch bei der Partizipation von Frauen an betrieblichen Führungspositionen – insbesondere auf den obersten Führungsetagen: Hier wird in Ostdeutschland nur eine von drei Stellen von einer Frau besetzt, in Westdeutschland sogar nur eine von vier. Der Anteil ist in den vergangenen 15 Jahren vor allem im Westen nur geringfügig gewachsen. Besser sieht es nach der WSI-Analyse auf der zweiten Führungsebene aus, wo der Frauenanteil in Westdeutschland mit 39 Prozent dem Anteil an allen Beschäftigten (44 Prozent) relativ nahe kommt. In Ostdeutschland sind Frauen auf der zweiten Führungsebene sogar leicht überrepräsentiert (45% vs. 44%).

Empfehlungen für mehr Gleichstellung: Bessere Kinderbetreuung, Quoten, mehr Vätermonate, ausgeglichenere Arbeitszeiten

Verpflichtende Vorgaben für Geschlechteranteile in Vorständen sind nach Analyse der Forscherinnen und des Forschers ebenso notwendig wie ein erweiterter Geltungsbereich der Geschlechterquote in Aufsichtsräten, die bislang nur greift, wenn Unternehmen börsennotiert und zugleich paritätisch mitbestimmt sind. Um die Gleichstellung von Frauen und Männern auf breiter Linie wirksam zu fördern, empfehlen sie darüber hinaus unter anderem:

  • Stärkere Anreize für Männer, Sorgearbeit zu übernehmen, etwa durch eine schrittweise Erweiterung der Partnermonate im Elterngeld auf sechs Monate.
  • Einen weiteren quantitativen und qualitativen Ausbau der institutionellen Betreuung von Kleinkindern.
  • Eine finanzielle Aufwertung von frauendominierten Berufen im Sozial-, Erziehungs- und Gesundheitsbereich, um diese für beide Geschlechter attraktiver zu machen.
  • Gleichbehandlung aller Arbeitsverhältnisse bei Arbeitsbedingungen und sozialer Sicherung; Minijobs sollten möglichst in reguläre Beschäftigung überführt werden.
  • Schaffung von Arbeitsplätzen in kurzer Vollzeit und Abkehr von der Vollzeit- bzw. Überstundenkultur. Voraussetzung dafür seien unter anderem eine ausreichende Personalbemessung, verbindliche Vertretungsregelungen und Beförderungskriterien, die sich nicht an der Präsenz am Arbeitsplatz bzw. Überstunden orientieren.
  • Abschaffung des Ehegattensplittings, das vor allem in Westdeutschland ökonomische Fehlanreize für Ehefrauen nach der Familiengründung setzt, dem Arbeitsmarkt fernzubleiben oder die Arbeitszeit deutlich zu reduzieren.

Dietmar Hobler, Svenja Pfahl, Aline Zucco 30 Jahre deutsche Einheit

Gleichstellung von Frauen und Männern auf den Arbeitsmärkten in West- und Ostdeutschland? WSI-Report Nr. 60 (Download ›)

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 15.09.2020

  • 6% weniger Fälle als im Vorjahr
  • Deutlich weniger Inobhutnahmen nach unbegleiteter Einreise: -29%
  • Überforderung der Eltern war mit 38% häufigster Anlass

Die Jugendämter in Deutschland führten im Jahr 2019 rund 49500 vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, sogenannte Inobhutnahmen, durch. Das waren knapp 3100 Fälle und somit 6% weniger als im Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) zum Weltkindertag am 20.September mitteilt. Hintergrund dieser Entwicklung ist ein erneuter Rückgang von Schutzmaßnahmen nach unbegleiteter Einreise aus dem Ausland: Deren Zahl sank im Vergleich zum Vorjahr um 29% auf gut 8600 Inobhutnahmen. Währenddessen stieg die Zahl der Schutzmaßnahmen aus anderen Gründen um 1% auf rund 40900 Fälle an. Langfristig setzt sich damit ein weiterer Trend fort: In den letzten zehn Jahren sind die Inobhutnahmen aus anderen Gründen mit leichten Schwankungen um 30% angestiegen – von rund 31500 Fällen im Jahr 2009.

Fast jedes fünfte Kind suchte selbst Hilfe beim Jugendamt

Etwa jedes dritte betroffene Kind war jünger als 12 Jahre, rund jedes zehnte sogar jünger als 3 Jahre. Jungen wurden etwas häufiger in Obhut genommen als Mädchen (53%), lediglich in der Altersgruppe von 12 bis 16 Jahren war das Geschlechterverhältnis umgekehrt. In etwa jedem fünften Fall (19%) hatten die betroffenen Kinder und Jugendlichen selbst Hilfe beim Jugendamt gesucht. Am häufigsten war die Maßnahme aber von sozialen Diensten und dem Jugendamt angeregt worden (55%), in mehr als jedem zehnten Fall kam ein Hinweis von Polizei oder Ordnungsbehörden (12%).

Die meisten Minderjährigen waren vor der Inobhutnahme bei den Eltern (25%), bei einem allein erziehenden Elternteil (24%) oder einem Elternteil in neuer Partnerschaft untergebracht (14%). Aber auch eine vorherige Heimunterbringung war nicht selten (13%). In 23% aller Fälle waren die Kinder oder Jugendlichen vor der Inobhutnahme von zu Hause – einschließlich Pflegefamilie und Heim – ausgerissen.

Häufigster Grund für eine Inobhutnahme war Überforderung der Eltern

Am häufigsten wurden Kinder 2019 wegen Überforderung eines oder beider Elternteile in Obhut genommen (38%). Mit Abstand folgte an zweiter Stelle die unbegleitete Einreise aus dem Ausland (17%). Anzeichen für Vernachlässigung waren der dritthäufigste (14%) und Beziehungsprobleme der vierthäufigste Anlass für eine Inobhutnahme (12%). An fünfter Stelle standen Hinweise auf körperliche Misshandlungen (12%). Mehrfachnennungen waren hierbei möglich.

Gut die Hälfte der Schutzmaßnahmen konnte nach spätestens zwei Wochen beendet werden. Während der Inobhutnahme wurde die Mehrheit der betroffenen Kinder und Jugendlichen in einer geeigneten Einrichtung, zum Beispiel einem Heim, untergebracht (80%). Danach kehrte aber ein Großteil der Jungen und Mädchen an den bisherigen Lebensmittelpunkt zu den Sorgeberechtigten, der Pflegefamilie oder in das Heim zurück (38%). Knapp ein Drittel der Betroffenen bekam dagegen ein neues Zuhause in Pflegefamilien, Heimen oder betreuten Wohnformen (30%).

Methodischer Hinweis:
Die Jugendämter sind nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (§§ 42, 42a SGB VIII) berechtigt und verpflichtet, in akuten Krisen- oder Gefahrensituationen vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen als sozialpädagogische Hilfe durchzuführen. Diese können auf Bitte der betroffenen Kinder, bei einer dringenden Gefahr für das Kindeswohl oder bei unbegleiteter Einreise aus dem Ausland eingeleitet werden. Bis eine Lösung für die Problemsituation gefunden ist, werden die Minderjährigen vorübergehend in Obhut genommen und gegebenenfalls fremduntergebracht, etwa bei Verwandten, in einem Heim oder einer Pflegefamilie.
Schutzmaßnahmen nach unbegleiteter Einreise werden ab dem Berichtsjahr 2017 aufgrund einer Gesetzesänderung in der Statistik differenziert nach vorläufigen Inobhutnahmen (§ 42a SGB VIII) und regulären Inobhutnahmen erfasst (§ 42 Absatz 1 Nummer 3 SGB VIII). Die Ergebnisse enthalten daher Doppelzählungen von Minderjährigen, die innerhalb eines Berichtsjahres zunächst vorläufig und später – i.d.R. nach einer Verteilung an ein anderes Jugendamt – regulär in Obhut genommen wurden. Im Jahr 2019 haben die Jugendämter knapp 4 900 vorläufige und rund 3 800 reguläre Inobhutnahmen nach unbegleiteter Einreise durchgeführt.

Bis einschließlich zum Berichtsjahr 2018 konnten in der Statistik höchstens zwei Anlässe für eine Inobhutnahme angegeben werden. Diese Beschränkung wurde ab dem Berichtsjahr 2019 aufgehoben. Die Angaben für 2019 sind daher nur bedingt mit den Vorjahresergebnissen vergleichbar. Das gilt auch für die Angaben zu körperlichen und psychischen Misshandlungen: Während sie bis zum Berichtsjahr 2018 zusammen als ein Anlass erfasst wurden, ist ab 2019 eine separate Erfassung als jeweils eigener Anlass vorgesehen.

Weitere Informationen stehen in der Publikation "Vorläufige Schutzmaßnahmen" sowie in der Datenbank GENESIS-Online unter dem Suchbegriff "Vorläufige Schutzmaßnahmen (22523)" bereit.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 17.09.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Mit Beginn der Aktionstage Nachhaltigkeit des deutschen Rates für nachhaltige Entwicklung startet die AWO eine fünfmonatige Kampagne rund um die 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen.

Unter dem Motto „Wir arbeiten dran!“ zeigt der Verband, welchen Beitrag die Freie Wohlfahrtspflege seit über hundert Jahren für eine nachhaltige Entwicklung leistet. Gleichzeitig soll Bewusstsein für neue Handlungsfelder wie Klimaschutz und nachhaltigen Konsum geschaffen und konkrete Projektideen für die nachhaltige Gestaltung sozialer Arbeit gesammelt werden.

Im Kern der Kampagne stehen die Berührungspunkte zwischen den 17 Zielen und den fünf Grundwerten der AWO Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz. Die Kampagne wird unterstützt von zahlreichen Aktionen in den bundesweit 18.000 Einrichtungen und Diensten der Arbeiterwohlfahrt. Aktionen und Projekte werden fortlaufend auf der Website www.wirarbeitendran.awo.org veröffentlicht und sollen als Praxisbeispiele und Anregungen für andere Engagierte und Träger dienen.

Die Kampagne startet mit dem Themenmonat zum AWO-Wert Gerechtigkeit und greift in jedem der vier Folgemonate einen weiteren Grundwert auf.

Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des Bundesvorstandes der Arbeiterwohlfahrt: „Wer Gerechtigkeit leben will, muss auch Klimagerechtigkeit leben! Nachhaltige Entwicklung kann nur funktionieren, wenn wir alle 17 Ziele gleichermaßen beachten. Wir als AWO leisten tagtäglich einen Beitrag zu vielen der 17 Ziele. Nachhaltige Entwicklung ist schon immer ein Kernthema der AWO gewesen. Aber wir müssen auch selbstkritisch sein, denn nicht zuletzt hinsichtlich des Umwelt- und Klimaschutzes und auch bei Fragen des nachhaltigen Konsums muss die AWO aktiver werden. Die Nachhaltigen Entwicklungsziele können uns hierbei als Maßstab dienen.“

Die nachhaltigen Entwicklungsziele wurden 2015 von den Vereinten Nationen verabschiedet und werden von Deutschland im Rahmen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt. Bis 2030 soll so die Vision einer nachhaltigen Entwicklung verwirklicht werden. AWO Bundesvorstandsmitglied Brigitte Döcker dazu: „Die Verabschiedung der 17 Ziele durch die UN war eine Sternstunde der Nachhaltigkeitspolitik. Leider mangelt es in Deutschland aber noch an einer ambitionierten politischen Umsetzung. Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie wird vielen Ansprüchen noch nicht gerecht. Mit unserer Kampagne wollen wir das Bewusstsein für die Verantwortung der Wohlfahrtspflege stärken und auch die Politik auffordern, sich der 17 Ziele stärker anzunehmen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 18.09.2020

Die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hielt heute ihre erste Rede zur Lage der Union. Darin setzte sie ambitionierte Ziele für die Lösung drängender Zukunftsfragen. Konkrete Visionen für ein sozialeres Europa blieb sie jedoch schuldig.

Seit dem Jahr2010 zieht die Präsidentin bzw. der Präsident der EU-Kommission in einer Rede im Europäischen Parlament zur Lage der EU jeweils im Herbst eines jeden Jahres eine Bilanz zur bisherigen Arbeit der Kommission und stellt zugleich deren Pläne für die kommenden zwölf Monate vor. Die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen eröffnete ihre erste Rede zur Lage der Union mit einem Dank an die Beschäftigten in der Sozialwirtschaft für ihren Einsatz in der Corona-Pandemie. Europa habe in der Pandemie mehr geschafft als jemals zuvor. Als Lehre aus der Pandemie müsse Europa als Gesundheitsunion gestärkt werden. Darüber hinaus kündigte sie an, zur besseren Bekämpfung von Lohndumping einen Rechtsakt für einen Mindestlohnrahmen auf den Weg zu bringen. Weitere Schwerpunkte ihrer Rede waren die Stärkung des Binnenmarktes, die Verschärfung der EU-Klimaziele und die Beschleunigung der digitalen Transformation. Die Kommissionspräsidentin mahnte die Mitgliedstaaten zur Kompromissbereitschaft in der Migrationsfrage und zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit.

AWO-Bundesgeschäftsführer Jens Schubert: „Die europäische Idee ist angesichts der vielen grenzüberschreitenden Herausforderungen unserer Zeit wichtiger denn je. Gegenüber rechten Bedrohungen stark sein, den Klimawandel bremsen, wachsende soziale Ungleichheit verhindern, Menschen vor Krieg und Verfolgung schützen: All das können wir nur gemeinsam schaffen und es ist gut und richtig, dass die Kommissionspräsidentin darauf pocht. Zuletzt aber hat diese Idee Schaden genommen. Wir müssen endlich diesen Grundgedanken der EU wieder ernst nehmen und in praktisches Handeln übersetzen.“

Dass die Leistungen der Beschäftigten in der Sozialwirtschaft eine besondere Würdigung durch die Kommissionspräsidentin erfahren haben, ist aus Sicht der AWO sehr zu begrüßen. Die gemeinnützige Sozialwirtschaft mit ihren vielfältigen Diensten ist eine unverzichtbare Säule für ein soziales und solidarisches Europa. Daher muss der für das Jahr 2021 angekündigte Aktionsplan der Sozialwirtschaft eine echte Stärkung der gemeinnützigen Sozialwirtschaft auch über den Gesundheitssektor hinaus bewirken. Auch die angekündigte Verschärfung der EU-Klimaziele ist aus Sicht der AWO zu begrüßen. Dabei darf das Soziale allerdings nicht aus dem Blick geraten. Europa darf auf dem sozialen Auge nicht blind sein. Deshalb müssen aus der Europäischen Säule Sozialer Rechte verbindliche Initiativen folgen. Dies gilt in besonderem Maße für die Armutsbekämpfung.

Jens Schubert erklärt dazu: „In der Sozialpolitik wünschen wir uns von der EU-Kommission ambitioniertere Ziele. Was die Armutsbekämpfung in Europa, soziale Mindeststandards oder die Umsetzung der Europäischen Säule Sozialer Rechte angeht, wünschen wir Konkreteres als das, was wir heute von Frau von der Leyen gehört haben. Damit das soziale Europa nicht ins Abseits gerät, muss die Bundesregierung die deutsche Ratspräsidentschaft nutzen und das Thema ganz oben auf die Agenda setzen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 16.09.2020

Die Corona-Pandemie verschlechtert die Lebensbedingungen der rund 680.000 wohnungslosen Menschen in Deutschland deutlich. Anlässlich des Tags der Wohnungslosen führt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes, aus: „Abstandsregeln und hygienische Schutzmaßnahmen sind mit den Lebensumständen wohnungsloser Menschen schwer vereinbar. Zudem gehören viele wohnungslose Menschen zu den Corona-Risikogruppen, da sie häufiger als andere Bevölkerungsgruppen unter Mehrfacherkrankungen leiden. Die vorhandenen sozialen Kontakte können sie nicht reduzieren, da diese überlebensnotwendig sind. Ein Rückzug in die eigene Wohnung zum Schutz ist für sie nicht möglich.“

Weiter führt Brigitte Döcker aus: „Dienste und Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe müssen wirtschaftlich langfristig abgesichert werden. Bund, Länder und Kommunen sollten zusätzliche Mittel unbürokratisch zur Verfügung stellen.“

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe hat ein 10 Punkte-Sofortprogramm erstellt: Hierzu gehören die Reduzierung der Belegungsdichte in Notunterkünften sowie die Aussetzung von Zwangsräumungen. Den ausführlichen Forderungskatalog finden Sie hier: https://www.bagw.de/de/neues~182.html

Die Engpässe bei den Hilfen für wohnungslose Menschen in allen existentiellen Lebensbereichen werden weiterhin auftreten und andauern. Menschen ohne Wohnung als schwächste Gruppe in der Gesellschaft sind dringend angewiesen auf institutionellen Hilfen. Sie brauchen aber auch nachbarschaftliche Hilfen und Schutz sehr dringend.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 11.09.2020

Die geplante Einführung eines individuellen Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab 2025 ist ein wichtiges Signal der Politik, für und mit Kindern sowie Eltern Bildung verlässlich zu gestalten und bietet für alle beteiligten Akteure jetzt eine gute Gelegenheit den Ganztag noch einmal neu zu überdenken. Besonders die letzten Monate während der Corona-Pandemie haben gezeigt, wie wichtig eine verlässliche Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur ist.

Deshalb ist es aus Sicht des BJK gerade jetzt wichtig, festgefahrene Diskussionen zu überwinden, ein wechselseitiges Verständnis füreinander zu entwickeln sowie eine gemeinsame Vision für einen kindgerechten Ganztag zu entwerfen. Die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention kann hierfür allen Akteuren als gemeinsame rechtliche und normative Referenz dienen. Um die Komplexität der Situation und die damit verbundenen Herausforderungen zu veranschaulichen, geht die Stellungnahme darauf ein, welche Akteure mit welchen Interessen am Ganztag „ziehen" und in welchen Spannungsfeldern sie sich dabei bewegen.

Vor diesem Hintergrund fordert das BJK dazu auf, die bislang kaum gehörte Interessensgruppe der Kinder, viel stärker als bisher, in die Diskussionen zum Ganztag einzubeziehen und sie auf allen Ebenen aktiv an der Gestaltung, der an sie gerichteten Angebote, zu beteiligen. An den bereits im September 2019 erschienenen Zwischenruf zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter anknüpfend, formuliert das BJK notwendige Rahmenbedingungen und fachliche Standards, die zu erfüllen sind, damit eine kind- und altersgerechte Ausgestaltung der Ganztagsangebote gelingen kann.

Die Stellungnahme steht auf www.bundesjugendkuratorium.de zum Download bereit.

Das Bundesjugendkuratorium (BJK) ist ein von der Bundesregierung eingesetztes Sachverständigengremium. Es berät die Bundesregierung in grundsätzlichen Fragen der Kinder- und Jugendhilfe und in Querschnittsfragen der Kinder- und Jugendpolitik. Dem BJK gehören bis zu 15 Sachverständige aus Politik, Verwaltung, Verbänden und Wissenschaft an. Die Mitglieder wurden durch die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die Dauer der laufenden Legislaturperiode berufen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesjugendkuratorium (BJK) vom 14.09.2020

Soziale Arbeit wirkt bereits in der Kita. Der Deutsche Familienverband appelliert an die Bundesländer, auf diesem Feld aktiv zu werden. Außerdem braucht es Anerkennung vom Bund, um die Kita-Sozialarbeit voranzutreiben.

Kita-Sozialarbeit unterstützt die Entwicklung von Kindern von Anfang an. Um Kindern effektiv zur Seite zu stehen, arbeiten Kita-Sozialarbeiter eng mit Eltern und Einrichtungen zusammen. „Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in Kitas unterstützen Familien auf unterschiedliche Weise: Sie helfen bei Anträgen oder im Behördendschungel, sie beraten Eltern, wenn es um die Förderung der Kinder geht, und sie unterstützen auch die Erzieher zum Beispiel bei schwierigen Elterngesprächen“, sagt René Lampe, Vizepräsident des Deutschen Familienverbandes (DFV).

Die soziale Arbeit an Kitas ähnelt der Schulsozialarbeit. Der Vorteil ist, dass Kita-Sozialarbeiterinnen und -Sozialarbeiter noch früher auf Bedürfnisse der Kinder eingehen und sie somit stärken können. „Kleine Kinder sind noch unbedarft und auch die Eltern von Kita-Kindern sind einfacher zu erreichen. Anders als bei größeren Schulkindern kommen sie täglich in die Kita, wenn sie ihre Kinder hinbringen oder abholen. Da bietet sich für die Sozialarbeiter gute Anknüpfungspunkte“, so Lampe.

Kinder und ihre Familien sind mit ganz unterschiedlichen Barrieren konfrontiert, die sie nicht oder nur sehr schwer ohne Hilfe überwinden können. Armut und Migration sind zwei wesentliche Gründe dafür. „Bei der Kita-Sozialarbeit geht es auch darum, Chancengleichheit herzustellen und die Selbsthilfepotenziale der Familien zu stärken oder auszubauen. Je früher einem Kind geholfen wird, desto besser ist es für seinen weiteren Weg in Schule und Beruf gerüstet“, sagt der DFV-Vizepräsident.

Kita-Sozialarbeit ist ein neuer Ansatz. Die Stadt Magdeburg in Sachsen-Anhalt hat das Modellprojekt „Soziale Arbeit in Kitas“ entwickelt und fördert seit diesem Jahr 13 Stellen für Kita-Sozialarbeiterinnen und -Sozialarbeiter bei zwei Trägern. Einer davon ist der DFV-Landesverband in Sachsen-Anhalt. „Mit der Kita-Sozialarbeit gehen die Kommunen neue Wege. Sie benötigen aber dringend Unterstützung“, so Lampe.

Zum Weltkindertag am 20. September 2020 fordert der DFV die Bundesländer auf, Meilensteine bei der Kita-Sozialarbeit zu setzen. „Auch der Bund muss Förderpakete schnüren, um den Ländern zu helfen“, sagt Lampe.

Weitere Informationen

Website des DFV Sachsen-Anhalt: https://dfv-lsa.de/kita/

Deutscher Familienverband: Wohnen – bezahlbar und familiengerecht (Forderungspapier)

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 19.09.2020

Das Baukindergeld ist eine Erfolgsmaßnahme der Koalitionsregierung und unterstützt junge Familien beim Erwerb von Wohneigentum. Der Deutsche Familienverband fordert zum Zweijahresjubiläum (18.09.2020) eine grundsätzliche Entfristung der Förderung.

„Das Baukindergeld ist ein Erfolgsprojekt und muss unbedingt weitergeführt werden“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes (DFV). Mehr als 250.000 Familien haben in den letzten zwei Jahren die Förderung beantragt. Über 5,2 Milliarden von 9,9 Milliarden Euro Förderung sind für familiengerechten Wohnraum bisher beantragt worden.

„Die Antragsfristen für das Baukindergeld zu verlängern, ist ein guter Schritt. Wichtiger ist jedoch, die Fördermaßnahme grundsätzlich zu entfristen. Das wäre ein starkes Signal für Familien“, so Zeh zu Aussagen von Union und SPD zur Verlängerung des Baukindergeldes. Bisher ist es geplant, dass nur noch Familien eine Förderung bekommen, die bis zum Ende des Jahres 2020 eine Baugenehmigung erhalten oder eine Immobilie gekauft haben.

„Mondpreismieten, Verdrängung an die Stadtgrenzen und Diskriminierungen bei der Wohnungssuche sind für Familien längst Alltag geworden. Nur das Eigenheim bietet Eltern und ihren Kindern die Möglichkeit, familiengerecht zu wohnen und gleichzeitig für das Alter vorzusorgen“, sagt Zeh.

Der DFV fordert, Familien in den Mittelpunkt der Bau- und Wohnpolitik zu stellen. Was wir heute entscheiden, planen und bauen, wird das Leben von Familien über Jahrzehnte prägen. Ob Familien am Wohnort eine Heimat finden und sich willkommen fühlen, hängt entschieden davon ab, wie Kommunen, die Bundesländer und der Bund die Eigenheimförderung und einen im Koalitionsvertrag versprochenen Grunderwerbsteuerfreibetrag ausgestalten.

Kritik am Baukindergeld haltlos

Das Baukindergeld kommt bei Familien an. Das belegen Zahlen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Jeweils 43 Prozent der Geförderten haben ein oder zwei Kinder. 11 Prozent sogar drei. Zwei Drittel der Familien haben Kinder bis zum Alter von sechs Jahren. Die Kritik, die Förderung richte sich an Besserverdiener oder habe Mitnahmeeffekte, hat sich als haltlos herausgestellt. 60 Prozent der Bezieher haben ein Brutto-Haushaltseinkommen von maximal 40.000 Euro im Jahr.

Weitere Informationen

Deutscher Familienverband: Wohnen – bezahlbar und familiengerecht (Forderungspapier)

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 17.09.2020

– Demokratiefördergesetz noch vor der Bundestagswahl

– Engagement gegen rassistische Diskriminierung ist gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe

– Ersatz des Begriffs "Rasse" beim Gleichheitsgebot im Grundgesetz

Anlässlich der gestrigen Anhörung des Kabinettsausschusses gegen Rechtsextremismus und Rassismus unter Vorsitz von Bundeskanzlerin Merkel appelliert die Diakonie Deutschland an die Große Koalition, das geplante Demokratiefördergesetz zügig auf den Weg zu bringen.

Auch müssen Programme zur allgemeinen Demokratieförderung sowie zur Stärkung der sozialen, materiellen und politischen Teilhabe von Menschen, die trotz des grundgesetzlichen Gleichheitsgebots rassistische Diskriminierung erfahren, dauerhaft unterstützt werden. Bei der ersten Sitzung des Kabinettsausschusses im Mai hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus als Antwort auf die Terroranschläge in Hanau und Halle zur Chefsache erklärt. Mittwoch wurden Vertreterinnen und Vertreter von Migrantenorganisationen angehört. Ziel des Kabinettsausschusses ist es, bis Herbst dieses Jahres weitere konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus zu entwickeln.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: "Wir begrüßen die Einrichtung des Kabinettsausschusses durch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es ist ein wichtiges Signal, das Vorgehen gegen Rassismus und Rechtsextremismus zur Chefinnensache zu machen und fest in der Regierung zu verankern. Wir erwarten, dass der Kabinettsausschuss jetzt die Initiative ergreift und die Perspektiven der Menschen, die unter rassistischer Diskriminierung leiden, durch mehr Mitsprache verbessert. Aufmerksamkeit verdient daher die Idee der Migrantenorganisationen für einen ‚Partizipationsrat Einwanderungsgesellschaft‘, der aus Perspektive von Eingewanderten und von Rassismus betroffenen Menschen beratend und empfehlend an der Erarbeitung von Gesetzen mitwirkt und Diskussionen öffentlich begleitet."

Besonders unterstützt die Diakonie die Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage für die Demokratieprojekte des Bundes. "Das Engagement für eine starke Demokratie ist eine gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe. Die Große Koalition muss noch vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr ein Demokratiefördergesetz verabschieden. Nur so kann der Bund dem dringenden Bedarf für eine nachhaltige Strukturförderung von Initiativen für Demokratie und gegen Rassismus entsprechen", so Lilie weiter.

Neben Solidarität mit den Betroffenen von Rassismus sind Programme zur Sensibilisierungs- und Präventionsarbeit ein wichtiger Aspekt, um Demokratiefeindlichkeit zu begegnen und um Migrantinnen und Migranten eine gesamtgesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Förderprogramme wie "Demokratie leben!" und "Zusammenhalt durch Teilhabe" leisten dazu einen wesentlichen Beitrag.

Die Diakonie Deutschland fordert darüber hinaus die Korrektur des Begriffs "Rasse" aus dem Diskriminierungsverbot in Artikel 3 des Grundgesetzes. Zeitgemäß wäre es, ihn durch das Verbot "rassistischer Diskriminierung" zu ersetzen. Dazu hat das Forum Menschenrechte einen Formulierungsvorschlag erarbeitet.

Hintergrund und weitere Infos:

https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/rechtsextremismus-1754250

https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/migrationsfachdienste

https://www.diakonie.de/journal/demokratie-gewinnt

https://www.diakonie.de/interkulturelle-oeffnung

https://www.diakonie.de/journal/modellprojekt-vielfalt-gestalten-ausgrenzung-widerstehen

https://bundeskonferenz-mo.de/aktuelles

https://www.forum-menschenrechte.de/wp-content/uploads/2020/06/2010-Positionspapier-GG-Änderung-Rasse.pdf

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 03.09.2020

Jeder Mensch braucht ein Dach über dem Kopf.

Auch die geschätzt über 650.000 wohnungslosen Menschen in Deutschland. Für sie werden der Herbst und Winter unter Corona-Bedingungen zur besonderen Gefahr. Zum Tag der Wohnungslosen am 11. September drängt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, auf mehr Unterstützung für wohnungslose Menschen durch die Politik. Es müssen dringend mehr Unterkünfte und Hilfsangebote zur Verfügung stehen.

"Menschen ohne Obdach sind schutzlos. Die Corona-Krise hat ihre Situation massiv verschärft. Im Herbst und Winter wird das Leben auf der Straße noch riskanter.

Es sind dringend zusätzliche Unterkünfte und Hilfsangebote notwendig, um wohnungslose Menschen vor Infektionen und vor Kälte zu schützen. In der Corona- Krise haben viele Kommunen gute kreative Lösungen gefunden und wohnungslose Menschen zum Beispiel in Hotels und Jugendherbergen untergebracht.

Vorübergehende Lösungen helfen auch, dauerhaften Wohnraum für Wohnungslose zu finden. Diese Angebote müssen dringend verstetigt und ausgebaut werden, um rechtzeitig vor der kalten Jahreszeit genug Kapazitäten zu haben. Ohne Unterstützung aus der Politik geht es nicht! Die Wohnungsnotfallhilfe braucht mehr finanzielle Mittel für die Versorgung und Begleitung wohnungsloser Menschen und um zusätzliche Räume für wohnungslose Menschen zu erschließen.

Keinesfalls dürfen Einrichtungen in die Situation geraten, wohnungslose Menschen mit Verweis auf Corona-Schutzmaßnahmen abweisen zu müssen und sie den Risiken des Lebens auf der Straße bei Kälte auszusetzen."

Zum Hintergrund:

Die Corona-Pandemie hat auch die Arbeit der Wohnungsnotfallhilfe sehr erschwert.

Die notwendigen Abstands- und Hygieneregeln haben die Übernachtungskapazitäten und die Möglichkeiten zum Tagesaufenthalt in den Einrichtungen verringert. Zudem ist als Folge der Pandemie ein Anstieg der Wohnungslosigkeit zu erwarten. Für den Herbst und Winter werden daher zusätzliche Unterbringungs- und Versorgungsmöglichkeiten für wohnungslose Menschen benötigt, um gleichermaßen Infektions- und Kälteschutz zu gewährleisten.

Weitere Informationen:

Corona-Hilfsprojekt von Diakonie und Caritas für Wohnungslose in Hannover: https://www.landeskirche-hannovers.de/evlka-de/presse-und-medien/nachrichten/2020/08/2020-08-05_2

Videos zu Hilfsangeboten für Wohnungslose in der Corona-Zeit des Diakonischen Werks Hannover: https://www.diakonisches-werk-hannover.de/aktuelles-medien/mediathek/videos/

Interview mit Carsten Tag, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen, zu den Folgen der Corona-Krise für Wohnungslose in der Frankfurter Rundschau (06.09.2020): https://www.fr.de/frankfurt/wohnngslose-in-hessen-viele-wurden-auf-die-strasse-zurueck-geworfen-90037946.html

Themenschwerpunkt Obdachlosigkeit: https://www.diakonie.de/wohnungslosigkeit

Wissen Kompakt Obdachlosigkeit: https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/obdachlosigkeit

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 11.09.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert die Kultusministerien der Länder auf, gemeinsam mit Schulen, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern flächendeckend Konzepte für einen digitalen Unterricht zu erarbeiten. Auch wenn der schulische Regelbetrieb in fast allen Bundesländern inzwischen wieder angelaufen ist, muss aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sichergestellt sein, dass bei Schulschließungen der Präsenzunterricht durch digitalen Unterricht ersetzt werden kann. Nur so kann bei längerfristigen Schulschließungen oder der Quarantäne einzelner Gruppen eine Förderung aller Kinder sichergestellt werden. Zudem muss vor dem Hintergrund der gestiegenen Anforderungen auch durch die Corona-Pandemie der Schulbetrieb nachhaltig durch länderspezifische Fachkräfteoffensiven gestärkt werden.

"Wenn wir uns die Entwicklung der Corona-Zahlen anschauen, können wir nicht ausschließen, dass der Schulunterricht in nächster Zeit nicht nur an einzelnen Schulen, sondern auch flächendeckend ausfällt. Zudem kommt es immer wieder zu partiellen, aber längeren Schließungen aufgrund von Corona-Fällen. Dafür braucht es Konzepte für ein Home Schooling, das nicht nur aus dem Abwurf von Arbeitsblättern besteht, sondern das echter digitaler Unterricht ist. Die Schulen dürfen die Verantwortung für die Beschulung der Kinder nicht auf die Eltern abwälzen. Wichtig ist auch, dass der Fokus nicht ausschließlich auf der Vermittlung von Inhalten der Rahmenlehrpläne liegt. Der gemeinsame Austausch, etwa per Videochat mit den Schülerinnen und Schülern, das Erzählen über den Alltag und das Auffangen der Empfindungen zur aktuellen Situation muss zum Schutz des Kindeswohls und im Sinne des Beteiligungsrechts gewährleistet werden. Denn es geht hier vorrangig um Kinder und Jugendliche deren Gedanken, Empfindungen und Ängste gehört und ernstgenommen werden müssen", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes gehört zu einer Forcierung der Digitalisierung im schulischen Bildungssystem die Möglichkeit zu strukturiertem Online-Unterricht mit klarem Ablauf und Zeitrahmen über digitale Tools. Datenschutzrechtlich zu prüfen wären beispielsweise auch Live-Streams aus dem Unterricht. Es braucht wissenschaftlich fundierte Qualitätskriterien für den digitalen Unterricht, die flächendeckend verbindlich gemacht werden müssen. Dort, wo technische Infrastruktur oder Nutzungskompetenzen nicht gegeben sind, müssen alternative didaktische Konzepte vorgehalten werden. Gleichzeitig müssen bürokratische Hürden beim Abruf von Fördermitteln beispielsweise aus dem Digitalpakt massiv abgebaut werden, um Schulleitungen bei der Herstellung technischer Infrastrukturen zu unterstützen.

Notwendig ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes auch beim Thema Digitaler Unterricht ein konzertiertes Vorgehen, etwa im Rahmen eines Bildungsgipfels, unter Einbezug von Schülerinnen und Schülern sowie von Fachkräften und Elternverbänden. Damit könnte eine regelmäßige Abstimmung und ein Erfahrungsaustauch, das Ineinandergreifen von Maßnahmen sowie der gemeinsame Umgang mit bildungspolitischen Folgen der Corona-Krise gewährleistet werden. Eine einseitige Fokussierung auf die Entwicklung des Infektionsgeschehens trägt dabei den Herausforderungen, denen sich die Fachkräfte gegenübersehen und der Bedeutung der Bildungseinrichtungen für das Leben von Kindern nicht ausreichend Rechnung.

Um nachhaltig und krisenfest gute Bildung zu gewährleisten, müssen mit Nachdruck länderspezifische Fachkräfteoffensiven für den Schulbetrieb gestartet werden. Zudem müssen die Aus- und Weiterbildungscurricula so angepasst werden, dass sie den aktuellen Bedarfen von Fachkräften in der Praxis genüge tragen. Medienbildung sollte dabei ein verbindlicher Bestandteil sein. Eine solche Fachkräfteoffensive ist zur Qualitätsentwicklung in Schule und Kindertagesbetreuung immer wieder eingefordert worden, jetzt zeigen sich die bildungspolitischen Versäumnisse auf Bundes- und Landesebene umso heftiger.

Eine ausführliche Positionierung des Deutschen Kinderhilfswerkes zu schulischer und vorschulischer Bildung in Corona-Zeiten und zu langfristigen Maßnahmen für die Krisenfestigkeit des Bildungssystems kann unter www.dkhw.de/digitaler-schulunterricht heruntergeladen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 02.09.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert an Bund, Länder und Kommunen, den angestrebten Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen auch konsequent an den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention auszurichten. Zugleich mahnt die Kinderrechtsorganisation anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte über Ganztagsbildung im Grundschulalter eine dauerhafte Finanzierung und Qualitätsstandards in diesem Bereich an. Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes widerspricht ein rein quantitativer Ausbau von Betreuungsplätzen ohne ausreichende Qualitätssicherung der in der UN-Kinderrechtskonvention normierten Vorrangstellung des Kindeswohls. Hier braucht es klare, deutschlandweit einheitliche Rahmenvorgaben durch den Bund, um die Qualität dieser Plätze nachhaltig sicherzustellen.

"Beim Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen dürfen die Kinderrechte nicht unter die Räder kommen. Deshalb brauchen wir hier klare Rahmenvorgaben durch den Bund, die im Kinder- und Jugendhilfegesetz festgeschrieben werden müssen und somit eine Umsetzung unabhängig vom Wohnort von Kindern garantieren. Gute Angebote in diesem Bereich zu schaffen und zu erhalten ist eine Daueraufgabe, die langfristiges finanzielles Engagement erfordert. Das können Länder und Kommunen nicht alleine stemmen. Durch eine Unterfinanzierung des Ausbaus droht die Qualität der Betreuungsplätze auf der Strecke zu bleiben. Deshalb muss das entsprechende Sondervermögen des Bundes aufgestockt werden", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Die Qualitätsstandards müssen sicherstellen, dass die Ganztagsbetreuung nicht in mittelmäßigen Verwahranstalten am Nachmittag endet.

Ganztagsbetreuung muss Ganztagsbildung ermöglichen, die sich an kindlichen Bedarfen und individuellen Entwicklungsschritten orientiert, die über den Tag verteilt Raum für formales und non-formales Lernen und für die persönliche Entwicklung der Kinder, aber auch für Spiel, Erholung und Bewegung bietet. Hierfür ist die Öffnung von Schulen in den Sozialraum und die verpflichtende Zusammenarbeit mit außerschulischen Bildungspartnern voranzutreiben. Das gilt es ebenso zu beachten wie die Sicherstellung eines angemessenen Personalschlüssels und eine qualitativ gute Mittagsverpflegung nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung", so Hofmann weiter.

Bei der Erarbeitung von Ganztagskonzepten in den Schulen selbst ist es nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes wichtig, nicht nur Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher sowie die Eltern einzubeziehen, sondern vor allem die Rechte und Interessen der Schülerinnen und Schüler ausreichend zu berücksichtigen. Die Beteiligung von Kindern ist in Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention normiert und darf nicht am Schultor enden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und ALDI Nord Stiftungs GmbH vom 10.09.2020

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) e. V. befasst sich auf ihrer Fachtagung „Ein Wunschkind – um welchen Preis?“ (16.-17. September 2020 in Bonn) mit ethischen Fragen an die Reproduktionsmedizin.

Deren Möglichkeiten, Angebote und Verfahren haben sich in den vergangenen Jahrzehnten erheblich erweitert. Es wachsen die Nachfrage und der Druck, die in Deutschland zugelassenen reproduktionsmedizinischen Verfahren auszuweiten. Zunehmend wird auf dritte Personen und deren „Zellmaterial“ zurückgegriffen. Dabei fordert das Auseinanderfallen von genetischer und rechtlicher Elternschaft die bisherigen Normen von Familie und Elterndasein heraus. Die eaf setzt sich für ein Fortpflanzungsmedizingesetz ein. Doch wie genau soll das aussehen?

In ihrem Positionspapier "Kinderwunsch und Kindeswohl. Plädoyer für einen verantwortungsvollen Umgang mit Reproduktionsmedizin" hat die eaf schon im Vorfeld der Tagung die Rahmenbedingungen für reproduktionsmedizinische Behandlungen in den Blick genommen und dabei einen besonderen Fokus auf die Verantwortung für das Kindeswohl gerichtet. Diese Verantwortung stellt alle Beteiligten vor eine besondere Herausforderung, denn es handelt sich um eine vorausschauende Verantwortung, die prospektiv für ein noch nicht existierendes Kind wahrgenommen werden muss. Gesellschaft und Staat haben die wichtige Aufgabe, der Reproduktionsmedizin einen gesetzlichen und strukturellen Rahmen zu setzen, der eine Inanspruchnahme in Verantwortung ermöglicht.

Die Tagung will nun weiter ergründen, wie ein verantwortungsvoller Umgang mit den Chancen und Risiken der Reproduktionsmedizin konkret aussehen kann. Für individuelle Fragen stehen Prof. Dr. Ute Gerhard als Expertin und Mitverfasserin des Positionspapiers, PD Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf, und Dr. Insa Schöningh, Bundesgeschäftsführerin der eaf, zur Verfügung. Weitere ausgewiesene Experten und Vortragende finden Sie im Tagungsprogramm: https://www.eaf-bund.de/documents/Aktuelles/200629_Flyer_JT.pdf

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 10.09.2020

Die eaf begrüßt, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gemeinnützige Übernachtungsstätten für Kinder, Jugendliche und Familien mit einem Sofortprogramm unterstützt. Denn der Aufenthalt in einer Jugendbildungsstätte oder eine Gruppenfahrt kann Jugendlichen entscheidende Impulse für ihre Entwicklung geben.

Auch Familien finden in den Angeboten der Familienbildungsstätten wertvolle Unterstützung und profitieren außerordentlich vom Austausch mit anderen Menschen in gleicher Lage. Doch durch die Pandemie geraten die ohnehin prekär finanzierten Familienbildungsstätten aktuell in sehr bedrohliche Schieflagen. Sie finanzieren sich zu einem erheblichen Anteil aus Teilnahmebeiträgen und durch öffentliche Förderung für ihre Angebote. Da diese Angebote wegen des mehrmonatigen Lockdowns oder des Abstandsgebots gar nicht oder nur noch mit deutlich verringerter Gruppengröße stattfinden konnten und können, fehlt ihnen derzeit ein Großteil ihrer Einnahmen. Die technische Ausstattung der Einrichtungen lässt den Wechsel auf Online-Angebote nur begrenzt zu. Überdies sind viele Familien auf diesem Wege auch gar nicht erreichbar.

Martin Bujard, Präsident der eaf, fordert daher die Erweiterung des Sofortprogramms für Familienbildungseinrichtungen: „Familien brauchen niedrigschwellige Angebote direkt vor Ort. Sie benötigen die Unterstützung durch Angebote der Familienbildung jetzt mehr denn je, da sie in den vergangenen Monaten durch das Fehlen von Kinderbetreuungsangeboten, Schulschließungen und Unsicherheiten im Beruf oft außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt waren. Deshalb müssen die vorhandenen Angebote verlässlich abgesichert werden. Wir fordern umgehend eine direkte Unterstützung wegen krisenbedingter Einnahmeausfälle.“

Darüber hinaus fordert die eaf, die Angebote der Familienbildung als selbstverständlichen Teil der öffentlichen sozialen Daseinsvorsorge zu sichern und verlässlich allen Familien zur Verfügung zu stellen. Dies sollte im Zuge der für diese Legislaturperiode angekündigten Reform des Kinder- und Jugendhilfegesetzes unbedingt gesetzlich festgeschrieben werden.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 04.09.2020

Zum „Internationalen Tag des alkoholgeschädigten Kindes“ am 09.09.2020 fordert die Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände im Land Brandenburg (LAGF) ein vollständiges Werbeverbot für Alkohol in Fernsehen, Radio, Kino, auf Plakaten und im Internet.

Trinken werdende Mütter während der Schwangerschaft Alkohol, besteht für das Kind ein hohes Risiko für angeborene Fehlbildungen, geistige Behinderungen, hirnorganische Beeinträchtigungen, Entwicklungsstörungen und extreme Verhaltensauffälligkeiten.

Unter dem Begriff FASD (Fetal Alkohol Spectrum Disorder) werden alle Formen dieser vorgeburtlichen Schädigungen zusammengefasst.

FASD wäre vollständig vermeidbar, wenn werdende Mütter während der Schwangerschaft konsequent auf Alkohol verzichten würden.

Ist ein Kind durch Alkohol im Mutterleib einmal geschädigt worden, trägt es lebenslang an den Folgen.

FASD-Deutschland e.V. hat zu einer Plakataktion aufgerufen.

Unter dem Motto: „Lebenslang durch Alkohol – und mich hat keiner gefragt“ werden die Bilder ab dem 09.09. durch die sozialen Netzwerke laufen.

Wenn Sie Hilfe brauchen, können Sie sich u.a. an die Spezialsprechstunde für FASD im Sozialpädiatrischen Zentrum des Carl-Thieme-Klinikums Cottbus oder an das Sozialpädiatrische Zentrum der Klinik Westbrandenburg in Potsdam wenden.

Quelle: Pressemitteilung Paritätischer Gesamtverband vom 08.09.2020

Angesichts des für heute angekündigten Asyl- und Migrationspaktes der EU-Kommission warnt der Paritätische Wohlfahrtsverband vor einer weiteren Verschärfung der europäischen Abschottungspolitik auf dem Rücken von Schutzsuchenden.

Mit Blick auf die von der EU-Innenkommissarin Ylva Johansson bereits am Wochenende angekündigten Pläne für neue Flüchtlingslager kommentiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes: “Wir brauchen keine neuen Lager, sondern eine Asylpolitik, die die Rechte der Schutzsuchenden achtet. Es ist erschütternd, dass die europäische Asylpolitik zunehmend auf Abschottung und Abschreckung schutzsuchender Menschen setzt.”

Nach Auffassung des Paritätischen Gesamtverbandes hat der Brand in dem griechischen Flüchtlingslager Moria noch einmal deutlich gemacht, dass große Lager an den EU-Außengrenzen nicht geeignet sind, Geflüchtete menschenwürdig unterzubringen.

Der Paritätische kritisiert scharf, dass Asylanträge bereits an der EU-Grenze geprüft werden sollen, um Menschen schneller abschieben zu können. Eine faire und rechtsstaatliche Einzelfallprüfung sei so nicht möglich. Es sei zu befürchten, dass die Pläne der EU-Kommission faktisch auf eine Inhaftierung aller nach Europa einreisenden schutzsuchenden Menschen – einschließlich Familien und Kinder – hinauslaufen.

Statt noch mehr Abschottung fordert der Paritätische Gesamtverband legale Zugangswege für geflüchtete Menschen nach Europa und eine europäische Seenotrettung, die das Sterben auf dem Mittelmeer endlich beendet. Der Paritätische fordert eine Asyl- und Migrationspolitik, die die Menschenrechte der Schutzsuchenden achtet. Konkret müsse die sogenannten Dublin-III-Verordnung so reformiert werden, dass Verantwortung zwischen den EU-Mitgliedsstaaten fair verteilt wird und die Rechte und Interessen der Schutzsuchenden gewahrt werden, damit eine bessere Integration im Aufnahmestaat gelingen kann.

Quelle: Pressemitteilung Paritätischer Gesamtverband vom 23.09.2020

Der Paritätische Gesamtverband mahnt anlässlich der neuen Steuerschätzung, die notwendigen Leistungen des Sozial- und Gesundheitswesens in den kommenden Jahren abzusichern. Es müsse jetzt ein klares Signal an alle sozialen und gesundheitlichen Einrichtungen gegeben werden, dass ihre Finanzierung auch in den kommenden Jahren gesichert ist.

„Wir alle haben mit Corona die Systemrelevanz sozialer Einrichtungen erkannt. Ohne die soziale Infrastruktur kommt dieses Land nicht durch die Pandemie“, mahnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen. „Viele Einrichtungen – Kindergärten, Pflegeeinrichtungen und andere – sind während der Corona-Pandemie an ihr Limit gelangt. Es hat sich gezeigt, wie groß der Investitionsbedarf beispielsweise im Bereich Erziehung und Pflege ist.“ Die beschlossene Verlängerung des Sozialdienstleister-Entlastungsgesetzes bis zum Jahresende bewertet Schneider vor diesem Hintergrund positiv.

Zentral in den Blick zu nehmen sind neben dem Bundeshaushalt die Kommunalfinanzen, so Schneider: „Wenn in der Kommune Einnahmen wegbrechen, bedroht das besonders deren freiwillige Leistungen, wie etwa die Finanzierung von Frauenhäusern, Jugendzentren oder Beratungsstellen.“ Hier werden die Kommunen mittelfristig auf Hilfen angewiesen sein.

Große Sorge bereitet Schneider die aktuelle Diskussion um die schnelle Reaktivierung der Schuldenbremse: „Die Diskussion um die Schuldenbremse ist aktuell deplatziert.“ Deutschland komme voraussichtlich einigermaßen gut durch die wirtschaftliche Krise und könne eine steuerliche Durststrecke eine gewissen Zeit aushalten.

Quelle: Pressemitteilung Paritätischer Gesamtverband vom 10.09.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 08. Oktober 2020

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Im Rahmen dieser Veranstaltung sollen aktuelle Entwicklungen im Themenfeld der monetären Leistungen für Familien und Kinder aufgegriffen sowie weitere Schritte auf dem Weg zu einem konsistenten Gesamtkonzept der Unterstützung von Familien eruiert werden. Neben aktuellen Gesetzesinitiativen insbesondere im Bereich der Digitalisierung von Familienleistungen und zuletzt dem Zweiten Familienentlastungsgesetz wird im Rahmen des diesjährigen Forums Monetäre Leistungen für Familien und Kinder u.a. ein Blick auf die Diskussionen im Bereich monetärer Leistungen Im Rahmen der Erarbeitung des Neunten Familienberichts sowie im Rahmen des Prozesses der Konferenz der Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales (ASMK) und der AG "Einführung einer Kindergrundsicherung " geworfen. Außerdem werden die rechtlichen Schnittstellen, die mit einer Einführung einer Kindergrundsicherung verbunden und zu gestalten sind, thematisiert. Vertieft werden sollen dabei insbesondere die Schnittstellen zum SGB II bzw. der Bedarfsgemeinschaft der Eltern einerseits und zum Unterhaltsrecht andererseits.

Diese Veranstaltung richtet sich an familien- und sozialpolitische Expertinnen und Experten sowie Interessierte aus Politik, Verwaltung, Verbänden, Justiz und Wissenschaft.

Anmeldeschluss ist der 24.09.2020.

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter:

www.deutscher-verein.de/de/va-20-leistungen-familien-kinder

Termin: 19. Oktober 2020

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

CDU, CSU und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, bis 2025 einen individuellen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Kinder im Grundschulalter einzuführen. 2020 soll ein entsprechender Referentenentwurf vorgelegt werden. Die Landschaft der vorhandenen Angebote zwischen den Bundesländern ist enorm vielfältig, jedoch keineswegs bedarfsdeckend. Die aktuelle COVID-19-Pandemie hat gleichzeitig bereits vorher bestehende Handlungsbedarfe verschärft. Sei es die Frage der Gewinnung und Bindung von ausreichenden und gut qualifizierten Fachkräften, sei es das Zusammenwirken von Kommunen und Trägern, Schule und Kinder- und Jugendhilfe oder aber die Gewährleistung von Bildungsgerechtigkeit für Kinder und die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie für die Eltern.

Die Veranstaltung wird sich deshalb mit den voraussichtlich vorgelegten Eckpunkten für einen Referentenentwurf befassen. Falls diese nicht vorliegen, soll gleichwohl der Frage nachgegangen werden, wie es gelingen kann, bundesweit, verlässliche und qualitativ gute ganztägige Angebote der Erziehung, Bildung und Betreuung für Kinder im Grundschulalter zu schaffen. Dabei werden zum einen die Bedarfe der Kinder und Eltern in den Blick genommen. Zum anderen wird sich die Veranstaltung mit dem erforderlichen Zusammenspiel von Kinder- und Jugendhilfe und Schule befassen. Schließlich thematisiert sie die Herausforderungen, die sich für die verantwortlichen Akteure auf der örtlichen und der Landesebene stellen und welche Auswirkungen ein Rechtsanspruch auf die Systeme der Kinder- und Jugendhilfe und Schule haben wird.

Die digitale Fachveranstaltung (F 2285/20) findet am 19.10.2020 von 13.00 – 16.00 Uhr statt.

Sie richtet sich an Fach- und Leitungskräfte der freien und öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe, Vertreter/innen aus Länderministerien und Ausbildungsstätten, Fachberater/innen aus dem Bereich der Kindertageseinrichtungen, Expert/innen aus Wissenschaft, Politik und Verbänden.

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter: www.deutscher-verein.de/de/va-20-erziehung-bildung-betreuung-grundschulalter

Anmeldeschluss ist der 21.09.2020.

Termin: 24. – 77. November 2020

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Die Veranstaltung gibt einen Überblick über die laufenden politischen Prozesse und Aktivitäten der Europäischen Union. Diese sind für die weitere Entwicklung der sozialen Dienste und Einrichtungen in Deutschland sowie für die Europaarbeit in den Verbänden und Kommunen relevant.

Um das weite Spektrum der europäischen Politikansätze zu verdeutlichen und für die Zukunft besser einschätzbar zu machen, werden die aktuellen Themen aus ganz unterschiedlichen Politikfeldern aufgegriffen, z.B. europäische Förderpolitik im sozialen Bereich, Armutsbekämpfung / Grundsicherungssysteme, Gleichstellungspolitik, Migration und Integration.

Ziel ist es, das Verständnis für die komplexen Prozesse auf der europäischen Ebene zu fördern, Auswirkungen in Deutschland besser einschätzen zu lernen und einen Ausblick auf die anstehenden Initiativen der europäischen Akteure in der nächsten Zukunft zu geben.

Kosten für die Teilnahme an der digitalen Fachveranstaltungsreihe:
Mitglieder: 45,00 € / Nichtmitglieder: 56,00 €

Sie werden herzlich zu dieser digitalen Fachveranstaltung eingeladen und um Anmeldung bis zum 12.10.2020 gebeten.

Die Onlineanmeldung sowie das Programm finden Sie unter folgendem Link: www.deutscher-verein.de/de/va-20-entwicklungen-europaeische-sozialpolitik

Zur Durchführung von Online-Veranstaltungen wird Webex verwendet .
Zur Teilnahme brauchen Sie lediglich auf den Link in Ihrem Zusageschreiben zu klicken, welches einige Zeit vor der Veranstaltung versandt wird. Damit können Sie Webex auf Ihrem Desktop und/oder auf Ihren Mobilgeräten (Smartphone, Tablet) sowohl temporär als auch fest installieren.
Bestehen unter Umständen keine optimalen Netzwerkbedingungen, können Sie die Verbindung über die Telefonnummern des betreffenden Meetings herstellen.

Weitere Informationen über die Teilnahme an der digitalen Fachveranstaltungen finden Sie in dieser Anleitung.

Termin: 27. November 2020

Veranstalter: Deutscher Frauenrat

jedes Jahr beschließt der Bundestag seinen Haushalt. Die Entscheidungen, wofür die Gelder ausgegeben werden, haben unmittelbare Auswirkungen auf die gesellschaftlichen Verhältnisse und immer auch auf die Geschlechterverhältnisse. Eine geschlechtergerechte Haushaltspolitik gibt es im Bundestag aber bislang nicht. Das haben aktuell auch die Ausgaben der Corona-Konjunkturprogramme gezeigt.

Deshalb widmet der DF seine Jahresveranstaltung am 27.11.2020 von ca. 11-15 Uhr dem geschlechtergerechten Bundeshaushalt. Unter dem Titel „Wir müssen reden – über Geld“ werden wir mit Expert*innen und Ihnen in das Thema einführen, Vorbehalte nehmen und Voraussetzungen für die Implementierung diskutieren. Die Veranstaltung findet als Livestream statt. Das Programm folgt in Kürze.

AKTUELLES

Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen verpflichtet alle Staaten der Welt dazu, den Hunger zu beenden, allen ein gesundes Leben zu ermöglichen, menschenwürdige Arbeit zu fördern und dem Klimawandel entgegenzutreten. Als Arbeiterwohlfahrt streiten wir seit jeher für eine solidarische und gerechte Gesellschaft und sind fest mit dem Gedanken der internationalen Solidarität verbunden. Deshalb unterstützen wir die Verwirklichung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung politisch und im Verband. Mit unserer Arbeit tragen wir zum sozialen und ökologischen Wandel bei.

Wir sind überzeugt, dass jede Veränderung im bestehenden Gesellschafts- und Wirtschaftssystem ausschließlich auf demokratischem Weg stattfinden kann. Demokratie und Rechtsstaat achten die Würde des Menschen und schützen seine Freiheit. Allen Menschen stehen politische, soziale, bürgerliche, kulturelle und wirtschaftliche Grundrechte zu. Auf dieser Webseite wollen wir die Gemeinsamkeiten der Agenda 2030 und unserer Grundsätzen herausarbeiten und zeigen, was nachhaltige Entwicklung für uns in der Praxis bedeutet. Dazu findet ihr neben Informationen zu den SDGs auch Beispiele aus der Praxis, wie Einrichtungen an der Zielerreichung arbeiten und die die SDGs in ihre tägliche Praxis integrieren. Mach auch du mit und hilf uns bei der Erreichung dieser 17 Ziele.

Projekt einreichen

Gerade die letzten Wochen und Monate waren durch Unsicherheit und stetige Veränderungen im Arbeitsfeld Kindertagesbetreuung gekennzeichnet – Einrichtungen und Kindertagespflegepersonen hatten einen enormen Bedarf an fachlicher Beratung und Begleitung. Fach- und Praxisberater*innen haben dabei mitgewirkt, dass Vorgaben schnell und adäquat umgesetzt werden konnten und die Einrichtungen und die Tagespflegepersonen in der Umstrukturierung ihrer Tätigkeiten unterstützt.

Aber nicht nur in dieser Zeit ist die Bedeutung der Fach- und Praxisberatung von enormer Bedeutung. Das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung hat sich in den letzten Jahrzehnten immens professionalisiert und weiterentwickelt. Einen wesentlichen Anteil hieran haben die Fach- und Praxisberater*innen, die als Bindeglied zwischen Praxis und Theorie, Wissenschaft und Politik fungieren. Die Besonderheit der Fach- und Praxisberatung der AWO liegt darin, dass sie als festes Element in der Qualitätsentwicklung und –sicherung verankert ist. Natürlich handeln und beraten die Fach- und Praxisberater*innen stets nach den Grundwerten und dem Leitbild der Arbeiterwohlfahrt.

20 Jahre nach der ersten AWO-Position zur Fachberatung in der Kindertagesbetreuung liegt nun eine aktuelle Standortbestimmung vor. Aktuelle Erkenntnisse zur Fach- und Praxisberatung werden präsentiert, ebenso wird der rechtliche Rahmen aufgeführt, in dem Fach- und Praxisberatung verankert ist.

Wir stellen Forderungen zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen auf und freuen uns, wenn wir den öffentlichen Diskurs mit diesem Papier bereichern können.

Bestellmöglichkeit

Das Positionspapier „Fach- und Praxisberatung für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege. Profil und Positionen“ ist über werbung@awo.org unter der Artikelnummer 12119 kostenlos bestellbar.

Gleichzeitig steht es zum Download zur Verfügung.

Positionspapier "Fach- und Praxisberatung für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege"

100 Euro Corona-Zuschlag sofort! Für Regelsätze, die zum Leben reichen!

Während Konzerne wie z.B. die Lufthansa mit einem „im Volumen unbegrenzten Milliardenschutzschild“ vom Staat unterstützt werden, fehlt bei den Ärmsten eine Unterstützung in der Krise gänzlich. Durch steigende Lebensmittelpreise, den Mehrbedarf an Hygieneartikeln wie Desinfektionsmitteln und Masken, den Wegfall der Tafeln und des kostenlosen Schul- und Kitaessens sind viele in der nackten Existenz bedroht. Wir fordern daher einen Corona-Zuschlag von 100 Euro auf die Regelsätze, um die schlimmste Not abfedern zu können.

Durch die Auswirkungen der Corona-Krise ist in den nächsten Monaten mit einem massiven Anstieg der Erwerbslosigkeit, Einkommensarmut und der Insolvenzen zu rechnen. Wer für die Krise zahlen wird, entscheidet sich schon heute!

Für Regelsätze, die zum Leben reichen – mindestens 600 Euro sofort!

Die Bundesregierung hat angekündigt, den Hartz IV -Regelsatz ab 2021 um sieben Euro auf dann 439 Euro im Monat zu erhöhen. Das sind ganze 23 Cent am Tag.

Nach Abzug der Miete bleiben den ärmsten 15 Prozent der Bevölkerung (abzüglich derer, die ausschließlich von Grundsicherungsleistungen leben) rund 600 Euro für den täglichen Bedarf und die soziokulturelle Teilhabe. Dies reicht nicht, obwohl es noch rund 160 Euro über dem derzeitigen Hartz IV-Satz liegt. Zur Ermittlung des Regelsatzes werden diese 15 Prozent und ihr viel zu geringes, nicht bedarfsdeckendes Einkommen als Vergleichsgrundlage herangezogen, um von diesem wenigen nochmal rund ein Drittel als vorgeblich „nicht regelsatzrelevant“ überwiegend politisch motiviert abzuziehen.

Wir fordern die Zurücknahme aller politisch motivierten Streichungen beim Existenzminimum! Wir fordern somit eine sofortige Erhöhung des Regelsatzes auf mindestens 600 Euro!

Die Forderung nach einer Erhöhung der Regelsätze betrifft rund 8 Millionen Menschen, ALG II und Sozialhilfe-Berechtigte, Aufstocker*innen, Menschen, die Geld aus der Altersgrundsicherung oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Hinzu kommen mindestens vier Millionen Menschen, die einen Anspruch auf Leistungen hätten, diesen aber nicht geltend machen. Profitieren würden auch sehr viele Menschen mit niedrigen Einkommen, nicht zuletzt die so genannten „Held*innen der Krise“ – Wir lassen uns nicht weiter gegeneinander ausspielen!

Deshalb beteiligt Euch alle an den Aktionstagen am Freitag, dem 30. Oktober oder am Samstag, dem 31. Oktober und lasst uns unseren Forderungen laut und deutlich Gehör verschaffen.

Alle Gruppen können und sollen sich nach ihren Möglichkeiten am Aktionstag kurz vor der Anhörung im Bundestag Anfang November beteiligen: so zum Beispiel mit Infoständen vor Jobcentern, in Fußgängerzonen oder vor Supermärkten; Schautafeln mit Erfahrungsberichten, Einladungen zu eigenen Veranstaltungen, einer Unterschriftensammlung für die 100 Euro-Forderung… Wenn ihr weitere Aktionsideen habt, freuen wir uns über eine Mitteilung!

Bitte bedenkt bei allem was ihr plant, dass Corona eine Realität ist. Also haltet Euch an die üblichen Hygienevorschriften, haltet Abstand und tragt einen Mund-Nasenschutz.

Wir werden einen Mobilisierungsaufruf schreiben, den Ihr für den Aktionstag gerne mit Eurem Logo versehen und nutzen könnt. Außerdem werden wir ein Flugblatt schreiben, das Ihr während des Aktionstages verteilen könnt.

Ab Ende September wollen wir beginnen, die Pressearbeit zu koordinieren und werden Euch eine Pressemitteilung vorab zukommen lassen. Im gleichen Zeitrahmen werden wir Euch auch bitten, uns mitzuteilen, wer was wo macht.

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Archiv Pressemitteilung

Elterngeld- und Elternzeit-Reform: Ein bisschen mehr Mut für Familien bitte!

16.09.2020 – Anlässlich der Kabinettsbefassung mit der Elterngeld- und Elternzeitreform begrüßt das Zukunftsforum Familie die beschlossenen Verbesserungen, v. a. für Familien mit Frühgeburten, mahnt zugleich aber umfassendere Unterstützungsleistungen an.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Mit der heute beschlossenen Ausweitung des Elterngeldanspruchs für Eltern von Frühchen setzt die Bundesregierung einen längst überfälligen Schritt zur weiteren Unterstützung von Familien um. Das starre Festhalten an der maximalen Bezugsdauer von 12 bzw. 14 Monaten beim Elterngeld, auch wenn Kinder weit vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt kommen, setzt Familien mit Frühchen bislang unnötig unter Druck. Gerade diese Familien brauchen mehr Zeit, um gemeinsam und finanziell abgesichert ins Leben zu starten – auch um Übergänge, zum Beispiel in die Kita, gestärkt zu meistern. Wir begrüßen ausdrücklich, dass diese Familien mit der Weiterentwicklung des Elterngelds bzw. der Elternzeit nun besser unterstützt werden.“

Reckmann fährt fort: „Aus unserer Sicht bleibt es allerdings vollkommen unverständlich, warum sich die Koalition nur auf eine vierwöchige Ausweitung des Anspruchs für Frühchen-Familien einigen konnte. Wir sprechen uns dagegen für eine flexible Verlängerung der Bezugsdauer aus, welche die Zeit bis zum errechneten Geburtstermin berücksichtigt und kompensiert. Auch mit Blick auf die partnerschaftliche Ausgestaltung der Leistung hätte sich das ZFF mutigere Reformschritte gewünscht. Eine Ausweitung der verpflichtenden Partnermonate, die insbesondere Väter in der frühen Familienphase unterstützt, wäre aus Sicht des ZFF ein wichtiger erster Schritt.“

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Pressemitteilung Thema: Vielfalt Familie

Flüchtlingslager Moria: Solidarität zeigen und Geflüchtete aufnehmen!

11.09.2020 – Anlässlich der katastrophalen Zustände in den griechischen Flüchtlingslagern fordert das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) die Evakuierung der Lager und die schnelle Aufnahme von geflüchteten Menschen.

Der verheerende Brand, der Anfang der Woche ein Großteil des Flüchtlingslagers Moria zerstörte, hat auf tragische Weise die ohnehin unhaltbaren Zustände in dem griechischen Lager weiter zugespitzt. Hinzu kommt, dass bei den Bewohner*innen zunehmend Corona-Infektionen nachgewiesen wurden.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, fordert: „Wo bleibt die in Zeiten der Corona-Pandemie viel beschworene Solidarität, wenn es um Menschen geht, die vor Kriegen und Hunger flüchten und unter schrecklichen Bedingungen an den Grenzen Europas ausharren müssen? Wir fordern die sofortige Evakuierung der Lager und setzen uns für die Aufnahme weiterer Geflüchteter ein. Die Bundesregierung muss nun mit kooperationsbereiten europäischen Partnern vorangehen und die unhaltbaren Zustände auf den griechischen Inseln endlich beenden. Auch viele Bundesländer und Kommunen haben bereits signalisiert, dass sie problemlos weitere Geflüchtete aufnehmen können. Diese Solidarität muss nun endlich Wirklichkeit werden dürfen!“

Reckmann bemerkt weiter: „Geflüchtete Menschen brauchen besonderen Schutz für sich und ihre Familie. Einmal in Deutschland angekommen, bangen viele Geflüchtete nach einer meist riskanten und traumatischen Flucht um zurückgebliebene Angehörige. Ein wirkliches Ankommen im neuen Land ist unter dieser Belastungssituation kaum möglich. Ihre Familien müssen daher so schnell wie möglich auf legalem und sicherem Weg folgen dürfen!“

Das Positionspapier des ZFF zum „Familiennachzug“ (Mai 2017) finden Sie hier.

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Pressemitteilung Thema: Kinderarmut

Familienentlastungsgesetz: Kindergeld und Kinderfreibeträge sind und bleiben Förderungen mit der Gießkanne!

10.09.2020Anlässlich der heutigen ersten Lesung des Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien im Deutschen Bundestag weist das ZFF mit Nachdruck auf dringende Reformen hin, um Kinder- und Familienarmut endlich zu beseitigen. Steuerentlastungen sind hier nicht der richtige Weg.

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, das Kindergeld ab dem 1. Januar 2021 um 15 Euro anzuheben. Dementsprechend soll der steuerliche Freibetrag für das sächliche Existenzmi­nimum des Kindes steigen und auch der steuerliche Freibetrag für den Betreuungs- und Er­ziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA) wird erhöht. Bereits 2018 stiegen Kindergeld und Kinderfreibetrag an – beide Schritte wurden im aktuellen Koalitionsvertrag vereinbart.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), kritisiert: „Drei Millionen Kinder und ihre Familien erleben täglich was es heißt, arm zu sein: Geringere Bildungschancen, weniger soziale Teilhabe, schlechtere materielle Grundversorgung und beengte Wohnverhältnisse. Viele Kinder wachsen heute zudem in Haushalten auf, bei denen die Eltern trotz Erwerbsarbeit auf aufstockende Leistungen angewiesen sind. Die Corona-Pandemie hat diese Schieflage verstärkt und setzt damit immer mehr Familien unter Druck: Eltern arbeiten in Kurzarbeit, werden entlassen, haben keine Kinderbetreuung oder stehen als Selbstständige vor dem wirtschaftlichen Ruin. Es ist damit zu rechnen, dass durch die derzeitige wirtschaftliche Krise die Zahl der Hartz-IV-Haushalte und damit absehbar auch die Zahl armer Kinder in Deutschland steigen werden.

Statt einen Rettungsschirm für arme Familien zu spannen, wird nun ein weiteres Familienentlastungsgesetz auf den Weg gebracht. Aus Sicht des ZFF kommt dies einer Förderung mit der Gießkanne gleich und zementiert die soziale Schieflage im Familienlastenausgleich: Durch die steuerlichen Kinderfreibeträge werden sehr gut verdienende Familien um bis zu 100 Euro mehr entlastet als Familien mit weniger Einkommen. Darüber hinaus kommt das Kindergeld bei vielen Familien gar nicht an, weil es mit anderen Leistungen wie dem Sozialgeld oder Unterhalt verrechnet wird. Familien im SGB II Bezug oder Alleinerziehende haben also nichts von einer Erhöhung.

Statt einer einseitigen Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen fordern wir eine Reform hin zu einem sozial gerechten System einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung. Die Kindergrundsicherung würde den Dualismus aus Kindergeld und Kinderfreibeträgen durchbrechen und alle Einzelleistungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinderregelsätze und Kinderfreibeträge ersetzen.“

Die ZFF-Stellungnahmen zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Zweites Familienentlastungsgesetz – 2. FamEntlastG)“ finden Sie u>.

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Archiv Pressemitteilung

PM – Gründung Bündnis Sorgearbeit – ZFF u.a.

04.09.2020 – die Pressemitteilung zur heutigen Gründung des Bündnis „SORGEARBEIT FAIR TEILEN“ finden Sie hier.

Das ZFF ist eines von 13 Gründungsmitgliedern des Bündnisses, denn wir denn wir sind davon überzeugt, dass eine gute Politik für Familien nicht losgelöst von der gesellschaftlichen Gleichstellung aller Geschlechter gestaltet werden kann!

Weitere Informationen zum Bündnis, seinen Zielen und den Möglichkeiten, Mitglied zu werden, finden Sieunter Kooperationen.

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ZFF-Info

ZFF-Info 09/2020

SCHWERPUNKT I: Corona-Krise

Anlässlich der ersten Lesung des Corona-Konjunkturprogrammes im Deutschen Bundestag begrüßt das Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF), dass viele Familien Unterstützungen erhalten sollen, mahnt jedoch Änderungen beim Kinderbonus an und fordert die bessere Unterstützung armer Familien.

Der Bundestag berät heute in erster Lesung über das Corona-Steuerhilfegesetz, den ersten Teil des geplanten Corona-Konjunkturpakets. Neben Instrumenten der Wirtschaftsförderung werden dabei auch Familien und ihre Fürsorgeleistungen bedacht, etwa durch einen einmaligen Kinderbonus zum Kindergeld in Höhe von insgesamt 300 Euro pro Kind. Dieser soll bei der Grundsicherung anrechnungsfrei bleiben, jedoch mit dem Kinderfreibetrag verrechnet werden. Daneben soll der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von aktuell 1.908 auf 4.000 Euro für die Jahre 2020 und 2021 erhöht werden. Auch die befristete Senkung der Umsatzsteuer kommt Familien zu Gute.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Ein Konjunkturprogramm, das Familien in den Blick nimmt, ist genau richtig! Sie haben in den letzten Wochen die Mehrfachbelastung von Betreuung, Pflege, Home Schooling und Home Office gemeistert und wesentlich dazu beigetragen, dass unsere Gesellschaft durch diese Krise gekommen ist. Wir begrüßen, dass auch die weiteren geplanten Konjunkturmaßnahmen, wie die finanzielle Entlastung der Kommunen, die Senkung der Strompreise oder die zusätzlichen Gelder für Kita und Hort, schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden sollen. Auch der Kinderbonus in Höhe von einmalig 300 Euro pro Kind ist gut investiertes Geld, denn er ermöglicht besonders ärmeren Familien, dringende Anschaffungen zu tätigen. Deswegen ist es wichtig, dass dieses Geld nicht auf Sozialleistungen angerechnet wird und pfändungsfrei bleibt! Allerdings werden nicht alle Kinder und ihre Familien von dieser Maßnahme profitieren können. Haushalte von Alleinerziehenden erhalten weniger vom Bonus, da dieser zur Hälfte von der Unterhaltszahlung des anderen Elternteils abgezogen werden kann. Darüber hinaus werden Familien ausgeschlossen, die keine längerfristige Aufenthaltsgenehmigung haben wie zum Beispiel ausländischen Studierende oder viele Eltern mit einer Duldung oder Aufenthaltsgestattung. Hier muss dringend nachgebessert werden!“

Reckmann mahnt an: „Die Corona-Pandemie hat bestehende soziale Ungleichheiten noch weiter verstärkt. Familien, die vor der Krise finanziell abgehängt waren, sind nun noch weiter von echter gesellschaftlicher Teilhabe entfernt. Die vorgesehenen Maßnahmen reichen nicht aus, um arme Kinder und ihre Familien nachhaltig zu unterstützen. Wir setzen uns für kurzfristige Aufstockungen der Regelsätze und krisenbedingte Erhöhungen sowie Auszahlungen von Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepakt ein, um Schulcomputer zu kaufen oder Freizeitaktivitäten möglich zu machen. Darüber hinaus macht diese Krise aber deutlich, dass wir dringend nachhaltige Lösungen brauchen: Langfristig fordern wir die Einführung einer Kindergrundsicherung, die das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen sozial gerecht absichert. Das wäre ein wahres Konjunkturprogramm für alle Familien!“

Das ZFF fordert seit vielen Jahren gemeinsam mit vielen weiteren Organisationen die Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung. Zum Bündnis KINDEGRUNDSICHERUNG finden Sie hier weitere Informationen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 19.06.2020

Bundeskabinett beschließt Formulierungshilfe von Ministerin Giffey für Gesetzentwurf für ein Zukunftsprogramm Krankenhäuser

Die Corona-Krise belastet die Familien von Pflegebedürftigen schwer. Pflegende Angehörige benötigen auch weiterhin flexible Unterstützungsangebote. Daher sollen die Akuthilfen für pflegende Angehörige, die zunächst bis zum 30. September 2020 gelten, verlängert werden. Konkrete Vorschläge von Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey im Rahmen der Formulierungshilfe für den Entwurf eines Gesetzes für ein Zukunftsprogramm Krankenhäuser (Krankenhauszukunftsgesetz, Federführung BMG) wurden heute durch das Bundeskabinett beschlossen.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Für Familien ist die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf in der COVID-19-Pandemie mehr denn je ein Drahtseilakt. Deshalb werden wir auch weiterhin den Familien die Unterstützung zukommen lassen, die sie jetzt brauchen. Pflegende Angehörige leisten in der Corona-Krise Enormes und springen ein, wenn die professionelle Pflege zum Beispiel wegen Schließungen von Tagespflegeeinrichtungen ausfällt. Sie haben unseren großen Dank, aber auch konkrete Unterstützung verdient. Deshalb habe ich mich sehr dafür eingesetzt, dass die Akuthilfen, die im Mai in Kraft getreten sind, bis zum Ende des Jahres 2020 verlängert werden. Wer coronabedingt Angehörige pflegt und erwerbstägig ist, erhält durch die Verlängerung auch weiterhin bis zum 31.12.2020 das Recht, bis zu 20 Arbeitstage pro Akutfall der Arbeit fernzubleiben. Auch das Pflegeunterstützungsgeld wird für diese Zeit verlängert. Die Regelungen sind für viele Angehörige von großer Bedeutung, um durch diese schwierige Zeit zu kommen.“

Flexiblere Inanspruchnahme von Pflegezeit und Familienpflegezeit

Darüber hinaus soll die Möglichkeit der flexibleren Inanspruchnahme von Pflegezeit und Familienpflegezeit in den kommenden Monaten Spielräume für berufstätige pflegende Angehörige eröffnen. Sie sollen so leichter die Möglichkeit haben, eine Freistellung in Anspruch zu nehmen, sei es vollständig oder verbunden mit einer Teilzeitbeschäftigung. Geregelt wird auch, dass nach Auslaufen der Sonderregelungen verbliebene Restzeiten bis zu 24 Monate lang nicht verfallen. Da pflegende Angehörige das Pflegesystem in der Pandemie entlasten, benötigen sie Planungssicherheit auch für die Zeit nach der Akutlage.

Folgende Maßnahmen für pflegende Angehörige wurden durch das Kabinett beschlossen:

  • Die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung von bis zu 20 Arbeitstagen pro Akutfall – wenn die akute Pflegesituation aufgrund der COVID-19-Pandemie aufgetreten ist – wird bis 31. Dezember 2020 verlängert. Auch das Pflegeunterstützungsgeld (Federführung BMG) kann weiterhin für 20 Arbeitstage in Anspruch genommen werden.
  • Die Flexibilisierungen im Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und im Familien-pflegezeitgesetz (FPfZG) wie etwa eine kürzere Ankündigungsfrist der Familienpflegezeit, die Möglichkeit der Ankündigung per Email, aber auch die Nichtberücksichtigung von Monaten mit einem aufgrund der Pandemie geringeren Einkommen bei der Ermittlung der Darlehenshöhe nach dem Familien-pflegezeitgesetz werden bis 31. Dezember verlängert.
  • Beschäftigte, die aufgrund der Sonderregelungen zu COVID 19 Freistellungen in Anspruch genommen haben oder nehmen, können verbleibende Monate der Freistellungsansprüche nach dem Familienpflegezeit- und Pflegezeitgesetz nach Auslaufen dieser Regelungen weiterhin in Anspruch nehmen.

Zahlen zu pflegenden Angehörigen

Gut 3,4 Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig, drei Viertel davon werden zu Hause versorgt. Derzeit geht man von etwa 4,8 Millionen pflegenden Angehörigen aus. Von den 4,8 Millionen Pflegenden sind rund 2,5 Millionen erwerbstätig und müssen Pflege und Beruf gleichzeitig schultern. Mehr als 70% der Hauptpflegepersonen sind dabei Frauen, häufig in sogenannten Sandwich-Positionen (Kinderbetreuung und Pflegeverantwortung).

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 02.09.2020

Gremium bündelt Wissen aus Politik, Praxis und Wissenschaft

Auf Initiative von Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey hat heute erstmals der Corona-KiTa-Rat getagt. Die Runde besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der Bundesländer, von Kommunen, Kita-Trägern, Gewerkschaften, dem Bundesverband für Kindertagespflege und der Bundeselternvertretung. Gemeinsam soll der Rat den Regelbetrieb in den Kindertagesstätten begleiten, die Entwicklungen bundesweit bewerten sowie Beispiele der guten Praxis und Lösungen austauschen.

Bei der heutigen Auftaktsitzung des Corona-KiTa-Rates diskutierte die Runde, wie in der Corona-Pandemie mit der Rückkehr zum Regelbetrieb eine gute und verläss-liche Kindertagesbetreuung gelingen kann. Nach einem Austausch über aktuelle Ergebnisse der Corona-KiTa-Studie und die Erfahrungen zum Start des neuen KiTa-Jahres bestand Einigkeit darüber, dass alles Mögliche getan werden muss, um erneute flächendeckende Schließungen von Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegestellen zu verhindern. Mit Blick auf ein wahrscheinliches Ansteigen des Infektionsgeschehens im Herbst wurde der Wunsch nach klaren, einfachen und einheitlichen Regelungen zum Umgang mit Krankheitssymptomen geäußert. Maßnahmen sollten ausschließlich lokal bzw. regional begrenzt erfolgen. Das heißt, dort wo eine Infektion auftritt, muss sofort reagiert werden, die Infektionsketten müssen verfolgt und wenn nötig einzelne Gruppen und Einrichtungen geschlossen werden.

Die Ergebnisse der Corona-KiTa-Studie sollen Grundlage für zu erarbeitende Empfehlungen durch den Corona-KiTa-Rat sein.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Alle Akteure in diesem Gremium haben ein gemeinsames Ziel: Erneute flächendeckende Schließungen von Kitas und Kindertagespflege zu vermeiden – damit Kinder gut gefördert und Eltern entlastet werden. Um das zu schaffen, müssen wir gut vorbereitet sein, und aus den Erfahrungen der letzten Monate lernen.

Dabei bringen alle Teilnehmenden eigene Sichtweisen und Erfahrungen ein. Es gelingt uns ein umfassender Blick, welche Maßnahmen erfolgreich sind und wo wir die Praxis noch mehr unterstützen können. Auch die nahende Erkältungszeit im Herbst wird die Eltern vor Schwierigkeiten stellen, wenn Kinder vermehrt aufgrund von Symptomen zu Hause bleiben müssen. Hier bedarf es einer abgestimmten Vorgehensweise zum Umgang mit Erkältungssymptomen. Dafür wird der Corona-KiTa-Rat Impulse geben.“

Corona-KiTa-Rat berät von nun an jeden Monat

Im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Umsetzung der Kindertagesbetreuung obliegt es den Ländern, verbindliche Entscheidungen in ihrem Land zu treffen. Der Bund unterstützt die Maßnahmen der Länder. Solange die Pandemie andauert, trifft sich der Corona-KiTa-Rat monatlich, das nächste Mal am 28. September.

Der Corona-KiTa-Rat ist einer von drei Bausteinen, mit denen der Bund dazu beiträgt, den Regelbetrieb in der Kindertagesbetreuung unter Pandemiebedingungen zu begleiten. Daneben finanziert das Bundesfamilienministerium gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium die Corona-KiTa-Studie, die vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) und vom Robert Koch-Institut (RKI) durchgeführt wird. Die Studie verfolgt das Ziel, die Rolle von Kindern, Kitas und Kindertagespflege im Infektionsgeschehen bundesweit zu untersuchen. Außerdem stellt der Bund mit dem 5. Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung“ zusätzlich eine Milliarde Euro in den Jahren 2020 und 2021 zur Verfügung, die für den Kita-Ausbau für weitere 90.000 Plätze, Baumaßnahmen zur Umsetzung der Hygienekonzepte oder die digitale Infrastruktur genutzt werden können.

Weitere Informationen:

https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/corona-pandemie

https://www.corona-kita-studie.de/

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 01.09.2020

Bund verlängert die arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Hilfsmaßnahmen

Zum Ergebnis des Koalitionsausschusses vom 25. August 2020 erklärt der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Weiß:

„Die besonderen Regelungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld, der vereinfachte Zugang in die Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie die Maßnahmen zur Stabilisierung gemeinnütziger Organisationen helfen die Auswirkungen der Corona-Krise abzufedern. Diese Maßnahmen haben wir zu Beginn der Corona-Krise sehr schnell auf den Weg gebracht, um Arbeitsplätze zu erhalten, den Fortbestand von Unternehmen zu sichern und soziale Notlagen zu vermeiden.

Wir sind noch nicht durch die Krise durch – auch wenn es Anzeichen der Erholung gibt. Noch haben wir stark betroffene Menschen, Unternehmen und Branchen. Daher freue ich mich, dass die sozialpolitischen Maßnahmen aufgrund der gestrigen Beschlüsse des Koalitionsausschusses verlängert werden. So können die wirtschaftlichen und vor allem sozialen Härten der Corona-Krise weiter abgefedert werden.

Gleichwohl darf struktureller Anpassungsbedarf bei Unternehmen nicht aus dem Blick geraten. Dieser kann durch die Unterstützungsmaßnahmen verzerrt werden. Vor diesem Hintergrund halte ich es für wichtig und richtig, wenn im weiteren Verlauf Hilfsmaßnahmen und Sonderregelungen nach und nach auslaufen bzw. angepasst werden. So ist die vollständige Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit ab dem 1.7.2021 bis längstens zum 31.12.2021 nur dann machbar, sofern die Betriebe für ihre Beschäftigten gleichzeitig Fort- und Weiterbildung organisieren. Denn am Ende kommt es nicht nur darauf an die Krisenzeit durchzustehen, sondern sich auch für die Zukunft fit zu machen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 26.08.2020

Nach dem Willen der FDP-Fraktion soll die Familienpolitik an die Bedingungen der Corona-Pandemie angepasst werden. In einem entsprechenden Antrag (19/21589) fordert sie die Bundesregierung auf, in turnusmäßigen Tagungen die verantwortlichen Führungskräfte im Bundesfamilienministerium eine aktuelle Lageeinschätzung zum Pandemiegeschehen vornehmen und Anpassungen von familienpolitischen Gesetzen und Regelungen vorschlagen zu lassen. Ebenso müsse das Familienministerium bei allen pandemiebedingten Krisensitzungen wie beispielsweise des sogenannten Corona-Kabinetts teilnehmen.

Die Liberalen sprechen sich zudem für Lohnentschädigungen aus, die im Fall von Einschränkungen des Regelbetriebs von Kitas, Schulen und anderen Kindertageseinrichtungen an die betroffenen Eltern für entfallenen Lohn gezahlt werden. Während der Corona-Krise sollen diese Lohnentschädigungen auch während der Kita- und Schulschließungen in der Ferienzeit gezahlt werden. Darüber hinaus soll die Beschränkung von Krankentagen pro Kind für Eltern während Epidemien von nationaler Tragweite ausgesetzt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 840 vom 14.08.2020

Die Studie gibt einen Überblick über die Größenordnungen der von der Schließung von Kindertagesstätten (Kitas) und Schulen betroffenen Elterngruppen sowie der Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt in den Monaten des Lockdowns. Im Anschluss werden vier Themenbereiche, die während der Krise an Relevanz gewannen, näher betrachtet: Eltern in systemrelevanten Berufen, Homeoffice als Lösung, Arbeitsteilung zwischen Frau und Mann sowie psychologische Folgen der Krise für Eltern.

Autoren: Bujard, Martin; Laß, Inga; Diabaté, Sabine; Sulak, Harun; Schneider, Norbert F.

Herausgeber: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Wiesba

Die coronabedingten Schließungen von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen im April und Mai 2020 haben viele Eltern vor eine immense Herausforderung gestellt. Plötzlich mussten Kinder ganztags zu Hause betreut und beschult werden. Wie aktuelle Ergebnisse der SOEP-CoV-Studie zeigen, lag die Hauptlast der Kinderbetreuung während des Lockdowns bei den Müttern. Gleichzeitig investierten die Väter überproportional mehr Zeit in die Betreuung ihrer Kinder als zuvor. Durch das Homeschooling waren insbesondere Alleinerziehende, aber auch weniger gut gebildete Eltern stark belastet.

Während des Lockdowns im April und Mai 2020 haben die Mütter mehr Zeit für die Kinderbetreuung aufgewendet als die Väter. Während sie ihre Kinder im Alter von bis zu elf Jahren werktags durchschnittlich 9,6 Stunden lang betreut haben, taten die Väter dies 5,3 Stunden lang. 2019 brachten Mütter durchschnittlich 6,7 Stunden und Väter 2,8 Stunden für die Kinderbetreuung auf[1]. Somit ist coronabedingt die durchschnittliche Betreuungszeit bei den Müttern um 2,9 Stunden und bei den Vätern um 2,5 Stunden gestiegen. Das zeigen Auswertungen der ersten vier Teilstichproben der SOEP-CoV-Studie sowie Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP)[2] aus dem Jahr 2019. Allerdings hat die Kinderbetreuungszeit der Väter während des Lockdowns im Vergleich zum Vorjahr überproportional stark zugenommen. Sie verbrachten im Mittel 89 Prozent mehr Zeit mit Kinderbetreuung als im Vorjahr. Bei den Müttern waren es im Mittel 43 Prozent. Dies kann als eine positive Entwicklung im Sinne einer stärkeren Einbindung der Männer in die Kinderbetreuung gesehen werden.

Besonders weniger gebildete Väter investieren mehr Zeit in die Kinderbetreuung

Wie stark die Betreuungszeit während des Lockdowns zugenommen hat, hängt auch vom Alter der Kinder sowie der Bildung der Eltern ab (Tabelle 1). Die Eltern von drei bis fünfjährigen Kindern haben die Betreuungszeit für ihre Kinder im Vergleich zum Vorjahr am stärksten erhöht. Bei Eltern jüngerer oder älter Kinder war die Zunahme geringer. Betrachtet man den Bildungsabschluss, zeigt sich: Bei Vätern mit geringer und mittlerer Bildung[3] hat die Kinderbetreuungszeit am stärksten zugenommen. Ein möglicher Grund dafür könnte sein, dass Väter mit höheren Bildungsabschlüssen bereits vor dem Lockdown mehr Zeit für die Kinderbetreuung verwendet haben als weniger gebildete Väter.

Erwartungsgemäß hängt die Zahl der Betreuungsstunden auch davon ab, wie viel Zeit die Eltern mit Erwerbsarbeit verbringen. So haben während des Lockdowns Eltern mit Vollzeitjob weniger Stunden mit Kinderbetreuung verbracht als Eltern, die in Teilzeit arbeiteten, anders erwerbstätig – zum Beispiel in Kurzarbeit – oder arbeitslos waren (Abbildung 1, Tabelle 2).

Dabei haben Väter mit einem Vollzeitjob weniger zusätzliche Zeit mit Kinderbetreuung verbracht als in Vollzeit arbeitende Mütter. Während sie im Vergleich zu 2019 etwa zwei Stunden zusätzlich investierten, waren es bei den in Vollzeit arbeitenden Frauen etwa drei Stunden. Auch im Vergleich zu Vätern, die in Teilzeit arbeiteten, erwerbslos waren oder einer anderen Art von Erwerbstätigkeit nachgingen, war ihr zusätzlicher Beitrag zur Kinderbetreuungszeit gering[4].

Auffällig ist der im Vergleich zum Vorjahr enorme Zuwachs an zusätzlichen Betreuungsstunden bei Vätern, die einer anderen Art der Erwerbstätigkeit nachgingen. Dies liegt vermutlich auch an dem großen Anteil an Vätern, die im April und Mai 2020 in Kurzarbeit waren.

Auch bei nicht erwerbstätigen Frauen hat die Betreuungszeit stark (um 4,8 Stunden) zugenommen – und dies trotz des bereits beträchtlichen Ausgangsniveaus von 9,8 Stunden in 2019.

Für die meisten Eltern ist das Homeschooling erträglich

Die Schulschließungen haben sowohl die Kultusministerien als auch die Lehrkräfte und die Eltern vor neue Herausforderungen gestellt. Obwohl sich bereits Anfang März abzeichnete, dass diese Maßnahme kommen könnte, hat sie alle Beteiligten relativ unvorbereitet getroffen. Sehr schnell wurden ExpertInnen-Stimmen laut, die deutlich machten, dass sich Schulkinder weiterhin mit dem Schulstoff beschäftigen müssten, um einen „Lernstopp“ zu vermeiden (z.B. https://www.ifo.de/node/53796). Schulen und Lehrkräfte mussten die Schulkinder also weiterhin mit Lernstoff versorgen und verteilten Lernmaterialien auf verschiedenen Wegen, zum Beispiel via E-Mail oder über eine Cloud. Beim Homeschooling waren Eltern und SchülerInnen gezwungen, ohne direkte Unterstützung durch eine Lehrkraft Schulaufgaben in angemessener Qualität und Zeit zu bearbeiten. Für die Eltern war dies eine Belastung, die zu ihren sonstigen Verpflichtungen hinzukam.

Um zu untersuchen, wie stark sich die Eltern durch das Homeschooling belastet fühlten, wurde in der SOEP-CoV-Studie folgende Frage in Bezug auf das jüngstes Schulkind gestellt: „Wie ist Ihre persönliche Einschätzung zu folgender Aussage: Dafür zu sorgen, dass das Kind den Schularbeiten nachkommt, wird mich überfordern.“ Die Befragten antworteten auf einer Skala von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 5 (stimme voll zu).

Wie die Auswertung dieser Einschätzungen zeigt, fühlten sich tendenziell alle Eltern durch das Homeschooling ähnlich stark belastet. Im Durchschnitt lag der Skalenwert bei 2,3, das heißt die Eltern fühlten sich mittelmäßig belastet. Alleinerziehende Eltern litten stärker unter dem Homeschooling als Eltern in Paarbeziehungen; bei ihnen lag der durchschnittliche Skalenwert bei 2,6.

Weniger gebildete Eltern und erwerbstätige Alleinerziehende fühlen sich durch Homeschooling besonders stark belastet

Wie sehr Eltern sich durch das Homeschooling belastet fühlten, hängt deutlich mit deren Bildungsniveau zusammen (Abbildung 2). Weniger gebildete Mütter oder Väter litten mehr unter der Situation als Eltern mit einem höheren Bildungsabschluss, also mit einem (Fach-)-Hochschulabschluss.

Auch Alleinerziehende, die Vollzeit oder Teilzeit arbeiteten, litten stärker (2,8 Skalenpunkte) als diejenigen, die keiner Erwerbstätigkeit oder einer anderen Art von Erwerbstätigkeit nachgingen (2,0 Skalenpunkte). Darüber hinaus arbeiteten erwerbstätige Alleinerziehende während des Lockdowns seltener im Homeoffice (33 Prozent) als Eltern in Paarbeziehungen (39 Prozent). Auch dies hat vermutlich dazu beigetragen, dass sie sich durch das Homeschooling stärker belastet fühlten.

Die Übermittlung von Lernmaterial durch die Schule auf verschiedenen Wegen hilft Alleinerziehenden

Entlastet fühlten sich die Alleinerziehenden, wenn die Schule Lernmaterial auf mehreren Wegen zur Verfügung stellten – zum Beispiel per E-Mail, über einen Server oder per Videokonferenz. Dann lag ihr Belastungsempfinden im Durchschnitt bei 2,2 und damit um 0,7 Skalenpunkte niedriger als bei den Eltern, die mit den Schulen nur über einen Kommunikationsweg oder gar nicht in Kontakt standen.

Fazit: Alleinerziehende, weniger gebildete Eltern und Familien mit Migrationshintergrund brauchen beim Homeschooling mehr Unterstützung durch die Schulen

Die SOEP-CoV-Studie zeigt deutlich, dass die Hauptlast der Kinderbetreuung während des coronabedingten Lockdowns im April und Mai 2020 von den Müttern getragen wurde – und dies über alle Bildungsniveaus und Erwerbssituationen hinweg. Gleichzeitig zeigt sich, dass bei den Vätern die Kinderbetreuungszeit ähnlich stark zugenommen hat wie bei den Müttern. Das heißt, die Männer haben sich stärker an der Kinderbetreuung beteiligt als im Vorjahr.

Die Belastung durch das Homeschooling empfanden Eltern generell als erträglich, wobei alleinerziehende Eltern und Eltern mit einem niedrigen Bildungsabschluss sich stärker belastet fühlten als andere. Wenn die Schulen Lernmaterialien auf verschiedenen Wegen zur Verfügung stellten, wurde das von den Eltern als effektive Unterstützung gesehen. Dies war vor allem bei alleinerziehenden Eltern der Fall.

Dies unterstreicht, wie wichtig eine institutionelle Unterstützung durch die Schule insbesondere für Alleinerziehende ist. Aber auch Eltern mit einem niedrigen Bildungsabschluss und Eltern mit Migrationshintergrund hätten davon sicherlich profitiert.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 28.07.2020

Die Senkung der Mehrwertsteuer bis Ende 2020 dürfte dem privaten Konsum und der Konjunktur in Deutschland nur einen relativ überschaubaren Impuls geben. Größere Effekte hätten die dafür im Konjunkturpaket der Bundesregierung eingesetzten Mittel wahrscheinlich erzeugt, wenn sie in einen höheren Kinderbonus oder eine stärkere Aufstockung des Kurzarbeitergeldes geflossen wären. Darauf deuten nach einer neuen Analyse des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung aktuelle Ergebnisse einer Umfrage unter gut 6300 Erwerbstätigen hin.* Knapp 75 Prozent der im Auftrag der Stiftung Befragten gaben darin Ende Juni an, trotz Mehrwertsteuersenkung ihr Konsumverhalten im zweiten Halbjahr 2020 nicht verändern zu wollen. Dagegen erklärten fast 80 Prozent der Befragten, sie würden bei einer Einmalzahlung wie dem Kinderbonus ihren Konsum erhöhen. Zudem zeigt sich in der Umfrage, dass Menschen, die ohne Aufstockung des Kurzarbeitergeldes in Kurzarbeit sind, ihre Ausgaben signifikant häufiger reduziert haben als andere Befragte – eine finanzielle Besserstellung hätte daher nach Einschätzung der Studienautoren Prof. Dr. Sebastian Dullien und Jan Behringer ebenfalls spürbare positive Wirkungen. „Eine andere Gewichtung der Maßnahmen im Konjunkturpaket – etwa ein höherer Kinderbonus oder eine großzügigere Aufstockung des Kurzarbeitergeldes – hätte nach diesen Ergebnissen zu einem größeren konjunkturellen Impuls geführt“, schreiben die Wissenschaftler in ihrem Fazit – und raten dazu, im Falle weiterer Pakete zur Konjunkturstützung entsprechend anders zu gewichten.

Rund 20 Milliarden Euro wird die vorübergehende Absenkung der Mehrwertsteuer kosten. Das ist knapp die Hälfte des finanziellen Volumens aus dem Konjunkturpaket, das 2020 wirksam wird. 4,3 Milliarden sind für den Kinderbonus von 300 Euro pro Kind vorgesehen, der im September und Oktober ausgezahlt wird. Davon profitieren vor allem Familien mit niedrigeren und mittleren Einkommen, weil der Bonus bei höheren Einkommen mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag verrechnet, nicht aber auf die Grundsicherung angerechnet wird.

Wie stark diese und andere Maßnahmen zur Konjunkturstimulierung wirken, ist unter Ökonomen umstritten. Gesamtwirtschaftliche Daten, die Hinweise liefern könnten, werden wohl nicht vor Mitte 2021 vorliegen. Diese zeitliche Verzögerung ist in der unübersichtlichen Corona-Krise längst nicht nur ein akademisches Problem, betonen Dullien und Behringer: „Dies ist für Entscheidungsträger problematisch, weil möglicherweise weit früher weitere Maßnahmen zur Konjunkturstützung notwendig werden könnten, wenn sich bisherige Stützungsversuche als unzureichend erweisen sollten“, schreiben die Forscher. Um die Lücke zu verkleinern, haben die IMK-Experten die Böckler-Erwerbstätigenbefragung von Ende Juni ausgewertet. Die Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

Nur gut 17 Prozent wollen Anschaffungen vorziehen oder Mehrwertsteuersenkung für zusätzliche Ausgaben nutzen

In der Umfrage gab ein knappes Viertel aller Befragten an, wegen der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung ihr Konsumverhalten zu ändern. Die größte Gruppe von ihnen – 14,4 Prozent – hatte vor, eigentlich für später geplante Anschaffungen in dieses Jahr vorzuziehen, 3,2 Prozent der Befragten erklärten, die Steuersenkung für bislang nicht geplante zusätzliche Anschaffungen zu nutzen. Beide Verhaltensweisen würden dem Ziel der Regierung, Konsum und Konjunktur kurzfristig zu beflügeln, entsprechen. Weitere 8,1 Prozent antworteten, sie würden Anschaffungen, die sie eigentlich schon früher geplant hatten, nun in die Zeit mit niedrigerer Mehrwertsteuer verschieben – woraus sich kein positiver Konjunktureffekt ergeben würde. Rund drei Viertel der Interviewten gaben an, die Mehrwertsteuersenkung habe gar keine Auswirkungen auf ihr Ausgabenverhalten. Zwar berichteten knapp 53 Prozent jener gut 17 Prozent der Befragten, die Ausgaben vorziehen oder zusätzlich tätigen wollten, darunter seien auch Haushaltsgeräte oder -gegenstände, also möglicherweise auch größere Anschaffungen. Unter dem Strich seien die Effekte der Steuersenkung jedoch „eher begrenzt“, weil sie relativ wenig zusätzlichen oder vorgezogenen Konsum auslösten, konstatieren die Forscher.

Einmalzahlung: Knapp 80 Prozent wollen mehr ausgeben

Höher schätzen die Ökonomen die kurzfristige konjunkturelle Wirksamkeit von Einmalzahlungen und insbesondere des Kinderbonus´ ein. Dafür spricht nach der IMK-Studie einerseits, dass Befragte mit Kindern während der Corona-Krise deutlich häufiger von höheren Ausgaben berichten als Menschen ohne Kinder im Haushalt. Akuter finanzieller Bedarf sei also vorhanden. Zum anderen wurde in der Befragung direkt nachgefragt, was die Interviewpartner mit einer hypothetischen Einmalzahlung in Höhe von 1000 Euro machen würden. Gut 78 Prozent antworteten, sie würden zumindest einen erheblichen Teil davon ausgeben. Im Durchschnitt gaben die Befragten an, 415 Euro innerhalb der folgenden 12 Monate für den Konsum zu nutzen, weitere 185 Euro sollten für die Tilgung von Schulden aufgewendet werden.

Kurzarbeit ohne Aufstockung drückt spürbar auf den Konsum

Auch wenn das Kurzarbeitergeld höher als bisher wäre, hätte das laut Dullien und Behringer ein erhebliches Potenzial zur Ankurbelung von Konsum und Konjunktur. Das schließen die Forscher aus Befragungs-Daten, wonach Beschäftigte in Kurzarbeit zuletzt wesentlich häufiger ihren Konsum einschränken mussten als jene, die weiter voll arbeiten konnten. Konkret gaben in der Umfrage 25,7 Prozent der Beschäftigten ohne Kurzarbeit an, ihre Konsumausgaben in der Krise eingeschränkt zu haben, fast ebenso viele (22,3 Prozent) sprachen von einer Ausweitung. Deutlich anders sah es für die von Kurzarbeit Betroffenen aus: Von ihnen erklärten 42 Prozent, ihre Konsumausgaben gekürzt zu haben, nicht einmal halb so viele, 17,1 Prozent, sprachen von höheren Ausgaben. Dabei hatten Kurzarbeitende ohne Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch den Arbeitgeber ihren Konsum wiederum deutlich häufiger zurückgefahren als Personen mit finanzieller Aufstockung. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine frühe und entschiedene Aufstockung des Kurzarbeitergeldes entweder für alle Betroffenen oder nur für Geringverdiener (im Modell des Mindestkurzarbeitergeldes) aller Wahrscheinlichkeit nach den beobachteten Einbruch des Privatkonsums im zweiten Quartal 2020 gebremst hätte und auch den Konsum in den kommenden Monaten gestützt hätte“, schreiben Dullien und Behringer.

Jan Behringer, Sebastian Dullien

Wie effektiv sind Mehrwertsteuersenkung und Kinderbonus im Konjunkturpaket? Erste Erkenntnisse aus der HBS-Erwerbstätigenbefragung. IMK Policy Brief Nr. 97, August 2020.

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Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 24.08.2020

Trotz eines Rückgangs der Umweltbelastung in der Corona-Krise dürfte die Pandemie den nationalen Wohlstand in Deutschland, gemessen auf Basis von wirtschaftlichen, sozialen und Umwelt-Indikatoren, im laufenden Jahr deutlich verringern. Verantwortlich dafür ist nicht nur der Rückgang des privaten Konsums, sondern auch ein absehbarer Anstieg der ökonomischen Ungleichheit als Krisenfolge. Das geht aus einer Analyse im Rahmen der regelmäßigen Berechnung des Nationalen Wohlfahrtsindex (NWI) hervor, die vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wird.* Es sei damit zu rechnen, „dass der NWI im Jahr 2020 eine negative Entwicklung aufweisen wird, wenn auch sehr wahrscheinlich in geringerem Maß als das Bruttoinlandprodukt“, heißt es in der Studie. Die Ergebnisse widersprechen damit der in der öffentlichen Debatte zuletzt gelegentlich geäußerten These, dass die durch die Corona-Krise ausgelöste Schrumpfung der Wirtschaft den Weg aufzeige zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise ohne Wohlstandsverluste.

Rückgang des privaten Konsums bei zunehmender Ungleichheit reduziert Wohlstand beträchtlich

In die Berechnungen von Dr. Benjamin Held, Dorothee Rodenhäuser und Prof. Dr. Hans Diefenbacher vom Institut für Interdisziplinäre Forschung (FEST e.V.) gehen 20 Einzelkomponenten ein, die zusammen den NWI ergeben (weitere Informationen im Erklärvideo; Link unten). Da in den NWI auch Variablen zur Umweltbelastung und zur sozialen Situation in Deutschland einfließen, gilt er als besserer Indikator für den Wohlstand als das Bruttoinlandsprodukt, das lediglich marktvermittelte Wertschöpfung abbildet. Aktuelle Werte für den NWI für 2020 liegen zwar noch nicht vor. Aber bei vielen Einzelindikatoren ist bereits absehbar, in welche Richtung sie sich bewegen werden. So dürfte die Ungleichheit der Einkommen zugenommen haben, weil Geringverdiener infolge des Lockdowns häufiger Einkommenseinbußen erlitten. Ein Grund: Sie arbeiten oft in Berufen, „in denen eine Verlagerung ins Homeoffice gar nicht oder sehr viel schwerer möglich ist“. Hinzu kommt die gestiegene Arbeitslosigkeit. Kapitaleinkommen sind den Forschern zufolge dagegen weniger von der Krise betroffen – die Börsenkurse erholen sich beispielsweise bereits wieder.

Der private Konsum, eine weitere wichtige Wohlstandskomponente bei der Berechnung des NWI, wird in diesem Jahr krisenbedingt erheblich geringer ausfallen als im Vorjahr. Das IMK rechnet mit einem Rückgang von rund fünf Prozent. Negativ wirkt sich die Krise auch auf das soziale Engagement in der Gesellschaft aus. Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens, die beispielsweise die Arbeit in Vereinen zeitweise zum Erliegen brachten, dürften den im NWI berücksichtigten Umfang der ehrenamtlichen Arbeit reduzieren.

In den NWI geht, im Gegensatz zum üblicherweise berechneten Bruttoinlandsprodukt (BIP), nicht nur die gegen Geld erfolgte Wertschöpfung ein, sondern auch der „Wert der Hausarbeit“. Und dieser dürfte im laufenden Jahr zugenommen haben, weil sich viele Aktivitäten während des Lockdowns „von der Sphäre formellen Wirtschaftens in die informelle Sphäre“ verschoben haben. Die Menschen waren nicht untätig, sondern haben anstelle von Erwerbsarbeit oftmals verstärkt häusliche Aufgaben in Angriff genommen und angesichts geschlossener Schulen und Kitas viel mehr Zeit in die Kinderbetreuung investiert. Schon weil dies berücksichtigt wird, dürfte der mit dem NWI gemessene Wohlstand weniger zurückgehen als das nur auf dem BIP basierende Wirtschaftswachstum.

Weniger Verkehrsunfälle, weniger CO2-Emissionen

Andere Faktoren ergänzen das BIP nicht nur, sondern fließen bei der Berechnung des NWI sogar mit umgekehrtem Vorzeichen ein. Zum Beispiel die gesunkenen Kosten des Pendelverkehrs: weniger Stress, Zeitverlust, Energieverbrauch, Umweltbelastung. Besonders drastisch zeigt sich der Unterschied am Beispiel der Verkehrsunfälle, deren Zahl im März und April um 23 beziehungsweise 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen ist. Auf den NWI wirkt sich dies positiv aus, beim BIP schlagen die ausbleibenden Ausgaben für Rettungseinsätze und Autoreparaturen negativ zu Buche.

Als wohlstandssteigernd werden im NWI zunehmende öffentliche Ausgaben in bestimmten Bereichen verbucht. Das gilt etwa für steigende Gesundheitsausgaben durch die personelle Aufstockung der Gesundheitsämter.

Positiv wird sich nach Ansicht der Wissenschaftler aber vor allem die verringerte Umweltbelastung auswirken. Ersten Untersuchungen zufolge ist etwa der Stromverbrauch von Ende April bis Anfang Juli um beinahe 10 Prozent gesunken. Die täglichen CO2-Emissionen lagen Anfang April weltweit um 17 Prozent unter dem Wert von 2019. Und „mit den geringeren Emissionen sinken auch die im NWI veranschlagten Schadenskosten, die wohlfahrtsmindernd wirken“, so die Wissenschaftler.

Bei einigen anderen NWI-Komponenten trauen sich die Forscher keine Prognose für das aktuelle Jahr zu. Ob zum Beispiel die Kriminalität und die dadurch verursachten gesellschaftlichen Kosten sinken oder zunehmen werden oder ob die „gesellschaftlichen Ausgaben zur Kompensation von Umweltbelastungen“ höher oder niedriger ausfallen werden als im vergangenen Jahr, ist noch nicht abzusehen.

Corona-Pandemie lässt positivere Entwicklung seit 2014 abbrechen

Das neueste bereits vollständig ausgewertete Jahr ist 2018. Hier liegen nun alle Daten vor und es zeigt sich: Bis dahin ist der Wohlstand laut NWI zum fünften Mal in Folge gestiegen. Maßgeblich dafür waren stetig zunehmende Konsumausgaben – getrieben von steigenden Löhnen –, ein sinkender Energieverbrauch, weniger Treibhausgas-Emissionen, eine „leichte Verringerung“ der Einkommensungleichheit sowie gestiegene Ausgaben für Bildung und Gesundheit. Von 2017 bis 2018 ist der Wohlstand in Deutschland nach NWI-Kriterien damit um 40 Milliarden Euro gewachsen, wovon 17 Milliarden den Umweltkomponenten zuzuschreiben sind.

Die vorliegenden NWI-Werte reichen zurück bis 1991. Von der Jahrtausendwende bis 2013 hat sich der Index beinahe durchgängig schlechter entwickelt als das BIP. Erst seit 2014 steigen beide Indikatoren im Einklang. 2019 dürfte sich der Anstieg noch fortgesetzt haben, erwarten die Wissenschaftler. Eine Voraussage über 2020 hinaus sei derzeit nicht möglich. „Festgehalten werden“ könne „aber schon heute, dass der NWI – obwohl er weit davon entfernt ist, alle Folgen der Pandemie abzubilden – besser zum Nachzeichnen ihrer vielfältigen Wirkungen in der Lage ist als das BIP“. Und auch die Frage, „inwieweit nun das Umsteuern im Sinne der sozial-ökologischen Transformation gelingt“, ließe „sich durch den NWI wesentlich genauer erkennen“. Denn: „Eine erweiterte Wohlfahrtsperspektive, wie sie der NWI anbietet,“ mache „deutlich, dass neben der – unbestritten wichtigen – wirtschaftlichen Erholung weitere Ziele berücksichtigt werden müssen: beispielsweise die Verringerung oder wenigstens Stabilisierung der Einkommensungleichheit und die Verbesserung der Umweltsituation, insbesondere zum Schutz des Klimas.“

Benjamin Held, Dorothee Rodenhäuser, Hans Diefenbacher: NWI 2020

Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wohlfahrt, IMK-Policy Brief Nr. 96, August 2020

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 13.08.2020

Morgen tagt erstmalig der Corona-KiTa-Rat, der den Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen begleiten und Maßnahmen beraten soll.

Das vom Bundesfamilienministerium einberufene Gremium setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Ländern, Kommunen, Trägern, Gewerkschaften, Kindertagespflege und Eltern. Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, ist für die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege vertreten. Sie plädiert dafür, Kindertagesbetreuung konstant im Blick zu behalten, damit Deutschland die Corona-Herausforderungen in den Kitas meistern kann.

"Die flächendeckende Schließung der Kitas war für viele Familien und Kinder eine Katastrophe. Das darf sich nicht wiederholen. Die verschiedenen Perspektiven auf Bundesebene zusammenzubringen und die Kindertagesbetreuung unter den Corona- Pandemiebedingungen zu begleiten, muss dazu beitragen, dass Familien Verlässlichkeit und Mitarbeitende Klarheit im Alltag erfahren. Das Gesamtsystem muss – selbstverständlich mit Hygiene- und Schutzkonzepten – funktionieren. Sich dazu mit allen Akteuren abzustimmen, ist längst überfällig. In fast allen Bundesländern arbeiten die Kitas wieder im Regelbetrieb. Von Normalität kann vielerorts allerdings noch keine Rede sein. Gleichzeitig steigen die Infektionszahlen regional wieder an. Frühkindliche Bildung muss krisenfest aufgestellt werden. Familien brauchen deutschlandweit ein verlässliches Kita- Angebot – nicht nur jetzt, sondern auch in der Zukunft. Diese Herausforderungen müssen wir gemeinsam meistern."

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 30.08.2020

Das deutsche Jugendinstitut und das Robert Koch-Institut erfassen mit einem neuen Register, wie Kitas und Tagespflege auf das Corona- Infektionsgeschehen reagieren. Die Befragungen für die bundesweite Corona-Kita-Studie, durchgeführt vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) und dem Robert Koch-Institut (RKI), beginnen am 11. August. Alle Kindertageseinrichtungen und Tagespflegepersonen in Deutschland sind aufgerufen, sich auf www.corona-kita-studie.de im KiTa-Register zu registrieren und an regelmäßigen Online-Erhebungen zu beteiligen.

„Mit dem KiTa-Register bauen wir eine einmalige bundesweite Datenbasis auf. Wir setzen auf das Fachwissen und die Erfahrungen der Kindertageseinrichtungen und der Tagespflege. Nur mit ihrer Hilfe können wir sichtbar machen, vor welchen Herausforderungen die Kindertagesbetreuung aktuell steht und klären, wie wir in Krisen künftig handlungsfähig bleiben“, sagt DJI-Direktor Prof. Dr. Thomas Rauschenbach.

Auf einer breiten Datenbasis werden das DJI und das RKI in den kommenden Wochen und Monaten Erkenntnisse zusammentragen, wie die Einrichtungen und die Tagespflege auf die organisatorischen, hygienischen und pädagogischen Herausforderungen während der Pandemie reagieren und wie sich das Infektionsgeschehen auf die Kindertagesbetreuung auswirkt. Ziel ist es, Erkrankungsrisiken in den Kitas und der Tagespflege besser einschätzen und Lösungsansätze identifizieren zu können. Die Studie soll zudem klären, wie stark das bisherige und weitere Öffnungsgeschehen mit gehäuften Infektionen von Kindern und Erwachsenen einhergeht und solle dazu beitragen, Familien und Fachkräfte gezielter zu schützen. Die Daten unterstützen Träger, Kommunen, Länder und Bund dabei, die regionale Situation genauer einschätzen und steuern zu können.

„Ich bin sehr froh, dass wir diese Studie gemeinsam auf den Weg gebracht haben, denn sie ist für uns alle sehr wichtig. Die Daten aus dem Kita-Register sind eine hervorragende Ergänzung zu den Meldedaten, die nach dem Infektionsschutzgesetz von den Gesundheitsämtern erhoben werden“, unterstreicht Prof. Lothar H. Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts. „Damit gewinnen wir wichtige Erkenntnisse über die ergriffenen Maßnahmen und welche Auswirkungen sie tatsächlich auf die Kitas haben.“

Abgefragt werden zum Beispiel die Betreuungszeiten, die aktuellen Hygienemaßnahmen, die Anzahl der betreuten Kinder sowie Informationen zur Raum- und Personalsituation in den Einrichzungen. Die Ergebnisse werden regelmäßig aktualisiert und auf der Projektwebsite www.corona-kita-studie.de sowie in den Monatsberichten des DJI veröffentlicht.

Mit der Corona-KiTa-Studie erforschen das Deutsche Jugendinstitut und das Robert Koch-Institut aus sozialwissenschaftlicher und medizinisch-epidemiologischer Sicht, welche Folgen das neuartige Coronavirus für Kitas, Kinder, Betreuungspersonen und Eltern hat. Die Erhebung läuft bis Dezember 2021. Anmeldung zum KiTa-Register und weitere Informationen unter www.corona-kita-studie.de

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut vom 10. August 2020

Die eaf begrüßt, dass der Koalitionsausschuss der Bundesregierung in seiner Sitzung am Dienstag die Lebenslage von Familien während der Pandemie in den Blick genommen hat. So wurde beschlossen, bis Ende des Jahres die Kinderkrankentage für gesetzlich Versicherte um fünf weitere Tage je Elternteil und um zehn Tage für Alleinerziehende auszuweiten. Diese Regelung gilt für Eltern mit Kindern unter zwölf Jahren. Denn schon bei manchen leichteren Erkältungssymptomen, bei denen früher Kinder noch zur Schule oder in die Kita gehen konnten, müssen sie jetzt bereits zuhause bleiben und benötigen dann Betreuung durch Vater oder Mutter. Daher beurteilt die eaf die beschlossene Ausweitung des Anspruchs für Eltern und Kinder als ausgesprochen hilfreich.

Dass die Maßnahme jedoch nur auf wenige Monate beschränkt ist, greift aus Sicht von Martin Bujard, dem Präsidenten der eaf, zu kurz: „Die Pandemie wird Ende dieses Jahres voraussichtlich nicht vorbei sein. Das Kurzarbeitergeld soll bis Ende 2021 verlängert werden – auch Familien brauchen diese entlastende längere Perspektive. Wir fordern die geplante Ausweitung der Kinderkrankentage bis Ende 2021.“

Weiterhin regt die eaf an, während der Pandemiezeit die Attestpflicht für Kinderkrankentage auszusetzen. Dies würde zu einer Entlastung von Eltern und Kinderarztpraxen führen. Viele Eltern befürchten zudem durch die Attestpflicht das Risiko von Infektionen in der Arztpraxis.

Da die Kinderkrankentage überwiegend von Müttern in Anspruch genommen werden, regt die eaf zudem eine Informationskampagne an, damit mehr Väter von diesem Recht wissen und auch in den Betrieben dazu ermuntert werden.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 28.08.2020

Zum Wochenende ließ das Bundesinnenministerium verlauten, dass nun auch die Einreise von nicht verheirateten Partner*innen aus Drittstaaten zu ihren Liebsten in Deutschland möglich sei. Dem vorausgegangen war die Kampagne #LoveIsNotTourism, die auch von zahlreichen Bundestags- und Europaparlamentsabgeordneten unterstützt wurde. Die Presse griff das Thema vielfach auf, mit unzähligen persönlichen Beispielen von Betroffenen. Ende gut alles gut?

Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften begrüßt natürlich die Einreiseerleichterungen. Je mehr binationale Paare wieder zusammenkommen können, umso besser, so Hiltrud Stöcker-Zafari, Geschäftsführerin des Verbandes. Allerdings beträfe dies nur einen Bruchteil der binationalen Paare, nämlich diejenigen mit Partner*innen aus „Positivstaaten“, einer Auswahl von Drittstaaten, die kein Visum für Deutschland bräuchten.

Seit dem Wochenende stehen die Beratungstelefone im Verband nicht mehr still, unzählige Anfragen kommen per Mail. „Die meisten Fragen drehen sich um die notwendigen Dokumente, das Entscheidungsverhalten der Bundespolizei bei der Einreise und das Verhalten der Fluggesellschaften“, berichtet Swenja Gerhard, Rechtsberaterin des Verbandes. Selbst für „Positivstaater*innen und Inhaber*innen eines Multiple Entry Visums gäbe es jedoch Fallstricke: Paare, die weder ein Zusammenleben im Ausland oder ein Treffen in Deutschland nachweisen können, profitierten nicht von der neuen Regelung. Hinzukomme, dass es Probleme gäbe, eine Fluggesellschaft zu finden, die sie befördert. Der Hintergrund sei die Unsicherheit bei der Fluggesellschaft, ob die Einreise des * der Passagier*in „erlaubt“ ist. Bei Zurückweisung an der Grenze müsste der Passagier auf Kosten der Fluggesellschaft wieder in sein*ihr Heimatland befördert werden. Es läge im Ermessen der Behörden, ob Corona-Tests aus dem Ausland anerkannt würden und jedes Bundesland entscheide unterschiedlich über Quarantäneregelungen.

„Für Partner*innen, die ein Visum brauchen ist es noch einmal ungleich schwieriger“, führt Gerhard weiter aus. Schwierig bis unmöglich sei es, überhaupt Zugang zu den Botschaften zu bekommen. Die meisten Auslandsvertretungen arbeiten noch immer nur sehr eingeschränkt oder sind geschlossen wie beispielsweise die Deutschen Botschaften in Kairo, New Delhi oder Islamabad. Oder es sind keine Terminbuchungen möglich, weil Rückstände aufgearbeitet würden, wie z.B. in der Deutschen Botschaft in Jakarta. „Das bedeutet, ich kann in zahlreichen Ländern noch nicht einmal ein Besuchsvisum beantragen. Ganz zu schweigen, ob ich dann überhaupt eines bekomme. Schon früher scheiterten die Besuchsvisa an einer restriktiven Handhabung. Die Partner*innen müssen ihre Rückkehrwilligkeit glaubhaft machen. Es wurde schon vor Corona unterstellt, dass die Partner*innen nach einem Besuch einfach hierbleiben. Heute umso mehr. Die jetzige Erklärung ist eigentlich nur Augenwischerei“, so Gerhard.

Ein erster Schritt wäre eine Aufstockung des Personals in den deutschen Auslandsvertretungen sowie eine vorrangige Bearbeitung von Visaanträgen von Paaren und Familien. Es wäre sehr begrüßenswert, wenn das Zusammenleben binationaler Paare und Familien nicht mehr unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten betrachtet werden würde. „Es geht hier nicht um Gefahrenabwehr, es geht um ein gemeinsames Familienleben und eine gemeinsame Zukunftsplanung“, fordert Stöcker-Zafari.

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. vom 11.08.2020

SCHWERPUNKT II: Guter Ganztag

Noch bis Anfang September werden wichtige Weichen für die Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung gestellt. An dem Eilverfahren gibt es Kritik von mehreren Verbänden. Diese befürchten unter anderem, dass an den Bedarfen von Eltern vorbeigeplant wird. Sie sehen die Qualität der Betreuung gefährdet.

Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Qualitativ gute Ganztagsangebote tragen dazu bei, dass Kinder individuell gefördert werden. Sie flankieren positive Bildungsverläufe und können unterstützend mit den Eltern zusammenarbeiten. Eltern wünschen sich für das Wohlergehen ihrer Kinder nur die beste Betreuung neben der Schulzeit. Dabei hat jede Familie eigene Bedürfnisse bei der Betreuung, Bildung und Erziehung. Die pädagogische Qualität und die Vielfalt flexibler Angebote sind für sie sehr wichtig. Eine bloße Aufbewahrung entspricht keinem aktuellen Standard. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung muss den Familien ermöglichen, für sie passende Angebote wählen zu können und die Kinder in einer pädagogisch geeigneten Betreuung zu wissen.“

Eine gute Ganztagsbetreuung ist daneben ein wichtiges Element zur Verwirklichung einer partnerschaftlichen Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Umso länger die Zeit ist, in der Kinder in institutionellen Settings betreut werden, desto größer ist der Bedarf an Austausch, Kommunikation und Vertrauen zwischen Eltern und Institution. Eltern müssen ihre Wünsche und Bedarfe von gelungenen Ganztagsangeboten einbringen dürfen. Ganz im Sinne partizipativer Strukturen sind Eltern als Partner in die Ausgestaltung des Ganztags einzubeziehen, damit sich positive Beziehungen langfristig entwickeln können.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, unterstreicht: „Familien sind auf sozial- und bedarfsgerechte Bildungs- und Betreuungsangebote angewiesen, um ihr gemeinsames Leben zu gestalten und füreinander da zu sein. Das ZFF begrüßt die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder und sieht darin einen zentralen Baustein für eine Familienpolitik, die Eltern ermöglicht Beruf und Sorgearbeit zu vereinbaren. Gerade Alleinerziehende oder Eltern im Schichtbetrieb sind dabei auf flexible Randzeiten- und Ferienbetreuung angewiesen. Ein guter Ganztag für die gesamte Familie muss diese vielfältigen Bedarfe und Wünsche berücksichtigen und Bildungs- und Erziehungsangebote so gestalten, dass sie Kindern guttun und ihren Entwicklungsbedarfen entsprechen.“

Hintergrund:

Die Bundesregierung plant die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder ab 2025. Neben der rechtlichen Regelung im Kinder-und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) wird sie 3,5 Milliarden Euro in den Ausbau der Ganztagsbetreuungstecken: 1 Million neue Plätze sollen entstehen. Bis zum 1. September hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse hierzu abzuliefern. Danach wird es ein sehr verkürztes Beratungs-und Beteiligungsverfahren geben. Ein Bündnis aus Arbeiterwohlfahrt und weiteren Verbänden hat die AWO-Kampagne „Ganztagsbetreuung. Ganz schnell? Ganz gut?! #Guter Ganztag“ eingeleitet mit dem Ziel, dass angemessene Qualität in die Regelungen einfließt.

Zur Kampagne: https://www.awo.org/GuterGanztag

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. und AWO Bundesverband e. V. vom 10.08.2020

In voraussichtlich einer Woche wird die Bund-Länder-AG ihr Arbeitsergebnis vorlegen. Damit wird der Referentenentwurf zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder mit weiteren Impulsen des Bundes und der an der AG beteiligten Länder zur Ausgestaltung dieses Rechtsanspruchs ergänzt.

Dazu erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Klar ist: Der Rechtsanspruch ist gewollt, ein Scheitern möchte niemand. Dennoch darf ein Gesetz zur Ganztagsbetreuung nicht nur den groben rechtlichen Rahmen vorgeben. Die Qualität der Angebote muss berücksichtigt und festgehalten werden – gerade auch im Zeichen von Chancengerechtigkeit im Bildungssystem und dem Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen. Der Bedarf der Familien an Ganztagsangeboten ist bereits jetzt hoch und noch nicht in allen Teilen gedeckt. Mit Einführung des Rechtsanspruchs wird der Bedarf wahrscheinlich noch einmal ansteigen. Nur wenn ein bedarfsgerechtes Angebot vorhanden ist, können viele Mütter und Väter ihren Berufen nachgehen. Fehlende Angebote können zu zusätzlichen Belastungen führen, gerade für armutsgefährdete oder benachteiligte Familien. Gute ganztägige Betreuungsangebote können ungleiche Ausgangsvoraussetzungen der Kinder auffangen und neue Möglichkeiten schaffen.

Es darf nicht hingenommen werden, dass die Qualität der Bildung und Betreuung davon abhängt, wo man wohnt. Die Unterschiede in den Bundesländern sind enorm, sowohl, was das bloße Vorhandensein von Ganztagsangeboten betrifft, als auch, ob diese Betreuung einem bestimmten Gesamtkonzept folgt. Alle Kinder und Familien haben verdient, dass man ihre Bedarfe, Wünsche und Lebensrealitäten berücksichtigt und Angebote zur Verfügung stellt, die pädagogisch ansprechend ausgestaltet sind. Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, welche Bedeutung den Bildungseinrichtungen zukommt. Die Ganztagsbetreuung muss also sowohl Bildung vermitteln, aber vor allem auch als Lebensraum für die Kinder angesehen werden, in dem sie sich ihren Interessen nach entfalten können, sozial agieren können und sich wohlfühlen.“

Gute Ganztagsangebote müssen sich danach ausrichten, dass kindgerechte Konzepte für die ganztägige Bildung und Betreuung erstellt werden, Schule und Jugendhilfe müssen gemeinsam im Sinne der Familien und Kinder agieren. Kinder brauchen auf ihre Alters- und Entwicklungsspanne abgestimmte Angebote. In den nächsten Jahren wird auch die digitale Ausstattung immer wichtiger – kein Kind darf hier abgehängt werden, weil die finanziellen Ressourcen der Familien keine digitalen Lernmittel, z. B. einen Laptop möglich machen. Und: auch das pädagogische Personal muss berücksichtigt werden. Auch hier müssen sichere Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die mit einer angemessenen Vergütung und Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten einhergehen – denn auch das ist ein Zeichen für soziale Gerechtigkeit.

Hintergrund:

Die Bundesregierung plant die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder ab 2025. Ein Bündnis aus Arbeiterwohlfahrt und weiteren Verbänden will erreichen, dass angemessene Qualität in die Regelungen einfließt.

Mehr zur Kampagne: awo.org/GuterGanztag

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 25.08.2020

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder darf die Strukturen bei den bereits vorhandenen Angeboten nicht vernachlässigen. Sowohl die Kindertagespflege als auch Horte stellen wichtige Angebote im Sinne der Vielfalt dar.

Dazu erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Die bestehenden Angebote und Strukturen der Betreuung von Schulkindern in Kindertagespflege und Horten müssen erhalten, gestärkt und im Zuge des Rechtsanspruchs auch ausgebaut werden können. Die Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung darf nicht dafür genutzt werden, Angebote der Schulkindbetreuung in Horten oder in der Kindertagespflege zurückzufahren, um den Ausbau von schulischen Ganztagsplätzen voranzutreiben. Etablierte Angebote müssen erhalten und durch gesetzliche Regelungen untermauert werden. Insbesondere Horte haben in einigen Bundesländern eine lange Tradition und sind für viele Familien ein fester Bestandteil der institutionellen Betreuung. Der Bedeutung muss durch sichere und gute Rahmen- und Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden, Verlässlichkeit für die Familien und durchdachte Konzepte für die Kinder Rechnung getragen werden.“

Die AWO fordert, bei der Ausgestaltung der bundesgesetzlichen Grundlagen für den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung die Horte und die Kindertagespflege zu berücksichtigen. Standards für die Kindertagesbetreuung in Horten gilt es aufrechtzuerhalten, das Angebot muss weiter gestärkt werden. Bei der Kindertagespflege ist darauf zu achten, dass eine unterschiedliche Auslegung in den einzelnen Bundesländern vermieden wird und ein rechtlicher Rahmen für den Ausbau der Kindertagespflege für Kinder im schulischen Altern sichergestellt wird.

Etwa 17 000 Familien haben sich zur Betreuung ihrer schulpflichtigen Kinder für die Kindertagespflege entschieden. In Horten werden bundesweit etwa 500 000 Kinder betreut. Die Beweggründe für die Wahl einer Betreuung in einem Hort oder in der Kindertagespflege können sehr unterschiedlich sein. Der Hort stellt in einigen Regionen ein fest etabliertes Betreuungssystem für Kinder im Grundschulalter dar und verfügt in den meisten Bundesländern über eine bereits vorliegende rechtliche Ausgestaltung, z. B. was das pädagogische Personal oder den Betreuungsumfang angeht. Die Betreuung in der Kindertagespflege wird von Eltern für ihre Kinder u.a. wegen ihrer familiennahen Ausgestaltung, einer möglichen Nähe zum Wohnort und der Betreuung von nur einer Bezugsperson am Nachmittag gewählt.

Hintergrund:

Die Bundesregierung plant die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder ab 2025. Ein Bündnis aus Arbeiterwohlfahrt und weiteren Verbänden will erreichen, dass angemessene Qualität in die Regelungen einfließt.

Mehr zur Kampagne: awo.org/GuterGanztag

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 20.08.2020

Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe muss gestärkt werden.

Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, begrüßt die stark zunehmende Öffnung von Schule für die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern, die sich wiederum selbst deutlich für die Schule geöffnet haben. Diese Offenheit ist die Grundvoraussetzung für eine kollegiale und koordinierte Zusammenarbeit, um gemeinsam das Wohl der Kinder im Blick zu behalten und insbesondere jenen Kindern gezielte Unterstützung anzubieten, die zur Überwindung herkunftsbedingter oder individueller Benachteiligungen diese besonders benötigen. Nur dadurch haben wir eine Möglichkeit, Chancengleichheit in der Bildung und eine nachhaltige Integration sicherzustellen.

Dennoch stellt Wolfgang Stadler fest: „Im bundesweiten Blick beobachten wir, dass es nach wie vor eine deutliche Dominanz des Schulbereichs gibt. Dies ist historisch bedingt, da Schule der Garant ist für die Umsetzung der Anforderungen und Erfordernisse unserer Wissensgesellschaft. Hier ermuntere ich die Landesjugendministerien und kommunalen Jugendämter sich offensiver und selbstbewusster in die Regelungen zum Ganztag einzubringen!“

Weiter führt Wolfgang Stadler aus: „Ein weiterer Grund für die Dominanz des Schulbereichs liegt in einer unterschiedlichen Wahrnehmung der Wichtigkeit außerschulischer Partner. Für die AWO als Trägerin der Kinder- und Jugendhilfe gilt es im Sinne eines ganzheitlichen Bildungsverständnisses die jeweiligen Aufgaben und Stärken inner- wie außerschulischer Partner zu erkennen, zu akzeptieren und dabei selbstbewusst als Anwalt der Interessen von Kindern und ihren Eltern aufzutreten“.

Wolfgang Stadler sieht in der Schulpraxis vor Ort noch Optimierungsbedarf für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit: “Die Arbeit im guten Ganztag in multiprofessionellen Teams aus Lehrer*innen und außerschulischen Mitarbeiter*innen wird stark unterstützt dadurch, dass realistische Erfahrungen, tatsächliche Erfolge und konkrete Ansatzpunkte im gemeinsamen Tun erfahrbar werden. Dies erleichtert den Weg zu einer gleichberechtigten Kooperation“.

Der Ganztag ist ein herausfordernder Ort des gemeinsamen Tuns. Die Frage ist: Wie gelingt ein guter Ganztag? Nach Ansicht der AWO ist ein partizipativer Ansatz entscheidend. Der Ganztag muss ein Ort des Wohlfühlens und des gemeinsamen Lernens von dem sein, was das Leben an Herausforderungen mit sich bringt. Schule hat sich bewegt und sich für außerschulische Partner aus der Jugendhilfe, aus Sport, Kultur, Musik geöffnet.

Hintergrund:

Die Bundesregierung plant die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder ab 2025. Neben der rechtlichen Regelung im Kinder-und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) wird sie 3,5 Milliarden Euro in den Ausbau der Ganztagsbetreuung stecken: 1 Million neue Plätze sollen entstehen. Bis zum 1. September hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse hierzu abzuliefern. Danach wird es ein sehr verkürztes Beratungs-und Beteiligungsverfahren geben. Die Kampagne #GuterGanztag der Arbeiterwohlfahrt will erreichen, dass angemessene Qualität in die Regelungen einfließt.

Mehr zur Kampagne: awo.org/GuterGanztag

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 17.08.2020

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab 2025 muss ein guter Ganztag werden, in welchem die Kinder im Mittelpunkt stehen! Dies kann nur ein Ganztag einlösen, der vor allem durch Qualität und Professionalität überzeugt. Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, bringt es auf den Punkt: “Dieser Anspruch lässt sich nur verwirklichen, wenn wir pädagogisch qualifiziertes Personal einstellen, bedarfsdeckende Angebote anbieten und eine auskömmliche Finanzierung gewährleisten. Dabei orientieren wir uns an dem Fachkräftegebot der Kinder- und Jugendhilfe!“

Insbesondere bei den Fachkräften tut sich eine große Lücke auf: Schätzungen gehen von einem Mehrbedarf an Erzieher*innen in einer Größenordnung von rund 100.000 zusätzlichen benötigten Fachkräften durch den Ausbau der Ganztagsbetreuung aus. Insgesamt liegt der Bedarf an pädagogischen Fachkräften um ein vielfaches höher: Im Bereich der Kindertagesbetreuung in Kitas und Krippen liegt bereits jetzt ein Mangel an Personal vor. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren weiter vergrößern, wenn nicht massiv gegengesteuert wird.

Wolfgang Stadler sieht ein Bündel an Verbesserungsmöglichkeiten: “Grundsätzlich müssen wir alle an einer gesellschaftlichen Aufwertung des Berufs der Erzieher*innen arbeiten. Die Lösungswege sind bekannt: Mehr Gehalt, bessere Arbeitsbedingungen und Aufstiegsmöglichkeiten. Dies wird zu einer höheren Attraktivität führen. Es gilt, neue Potenziale für die Berufswahl zu erschließen. Dazu zählt, mehr junge Männer zu erreichen, Wiedereinsteiger*innen zurückgewinnen und die Ausbildungsbedingungen zu verbessern – etwa durch Befreiung von Schulgeld oder Einführung von Ausbildungsvergütungen.“

Weiter führt Wolfgang Stadler aus: „Auch die tägliche Arbeit der Erzieher*innen lässt sich durch Verbesserungen attraktiver gestalten: Hierzu zählen bessere Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Wichtig bleibt, das Berufsimage der Erzieher*innen in der Öffentlichkeit aufzuwerten. Die Corona-Krise zeigt eindrücklich: Erzieher*innen sind eine systemrelevante Berufsgruppe. Dieser gestiegenen öffentlichen Wertschätzung müssen jetzt Taten folgen! Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Fachkräftegewinnung und Fachkräftebindung muss hierzu Anstöße liefern. Wir als AWO sind gerne bereit zu unterstützen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 28.07.2020

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ist ein wichtiger Schritt in Richtung Chancengleichheit und zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gleichwohl müssen alle Entscheidungen in diesem Vorhaben darauf ausgerichtet sein, was Kinder in der Altersspanne von 6 bis 10 Jahren wirklich brauchen: Die AWO fordert deshalb, dass die Bedürfnisse der Kinder als oberste Prämisse bei den weiteren Diskussionen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gelten müssen.

Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, sagt hierzu: „Kinder in der Altersspanne von 6 bis 10 Jahren haben ganz eigene Vorstellungen davon, wie Angebote nach der Schule aussehen sollen. Wir müssen diese Vorstellungen berücksichtigen – sonst kann nicht von gutem Ganztag gesprochen werden. Denn: Kinder wollen mit Gleichaltrigen ungestört Spielen, Herumtollen, Erkundungen machen, sich nützlich zeigen. Dies stärkt ihr Selbstbewusstsein und ihren Gerechtigkeitssinn. Kinder fühlen sich wohler, wenn sie ernst genommen und eingebunden werden. Nur so können sie sich bei Konflikten wirksam beschweren oder das Recht ausüben, an allen Angeboten des Ganztags teilzunehmen, ohne dass es an den Kosten scheitert. Wenn dies fehlt drohen sie sich zurück zuziehen oder aus der Gemeinschaft herauszufallen.“

Weiter ergänzt Wolfgang Stadler: „Die UN-Kinderrechtskonvention gibt den klaren Auftrag, dass das Wohl des Kindes im Mittelpunkt staatlichen Handelns stehen soll. Kinder und Jugendliche müssen von ihren Rechten jedoch auch wissen. Nur so können sie von ihren Rechten Gebrauch machen. Dieser qualitative Anspruch muss sich in der deutschen Gesetzgebung zur Regelung des Rechtsanspruchs Ganztagsbetreuung wiederfinden.“

Weitere Informationen finden Sie hier: www.awo.org/GuterGanztag

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 27.07.2020

Ein Bündnis aus Spitzenverbänden und Gewerkschaft fordert mit einer Gemeinsamen Erklärung, Qualität im Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung zu sichern. Die Erklärung ist Auftakt der Kampagne #GuterGanztag.

Hintergrund ist, dass die Bundesregierung die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder ab 2025 plant. Neben der rechtlichen Regelung im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) wird sie 3,5 Milliarden Euro in den Ausbau der Ganztagsbetreuung stecken. 1 Million neue Plätze sollen entstehen! Bis zum 1. September hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse hierzu abzuliefern. Danach wird es ein sehr verkürztes Beratungs- und Beteiligungsverfahren geben. Dieser hohe Zeitdruck droht zu verhindern, dass eine angemessene Qualität in die Regelungen kommt.

Dem will das Bündnis mit seinen Forderungen entgegen wirken. Die Gemeinsame Erklärung von Arbeiterwohlfahrt und Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft wurde von den Verbänden Diakonie Deutschland und DRK Generalsekretariat mitgezeichnet.

„Die Umsetzung des Rechtsanspruchs muss einen guten Ganztag im Blick haben“, so Wolfgang Stadler, Bundesvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt. „Deshalb wenden wir uns gemeinsam mit GEW und anderen an Politik und Parlament. Die Botschaft ist klar: Ein qualitätsvoller Ausbau der Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter ist unverzichtbar! Dies ist nicht verhandelbar, denn jedes Kind muss seinen Rechtsanspruch durch ein auswahlfähiges, vielfältiges und pädagogisch ansprechendes Ganztagsangebot realisieren können. Dies sind wir unseren Kindern schuldig. Ganztagsbetreuungen müssen mehr sein als Verwahranstalten aus dem Eilverfahren! Ein guter Ganztag macht die Schule zu einem Lern- und Lebensort.“

Weiter führt Wolfgang Stadler aus: „Die Ausgestaltung des Rechtsanspruchs ist auch eine Gerechtigkeitsfrage: Wir müssen diese einmalige Chance nutzen, um die Zukunftschancen eines jeden Kindes in der Grundschule zu befördern, Bildungsbenachteiligungen auszugleichen und Lebenschancen zu wahren. Das angesetzte Eilverfahren gefährdet eine gute Lösung.“

Die Gemeinsame Erklärung ist der Auftakt einer sechswöchigen Kampagne, die das Eilverfahren flankiert. Unter dem Slogan „Ganztagsbetreuung. Ganz schnell? Ganz gut?! #GuterGanztag“ wird die Arbeiterwohlfahrt seine Forderungen rund um das Thema Qualität in der Ganztagsbetreuung offensiv und verständlich in die Breite tragen. Weitere Informationen finden sich hier: https://www.awo.org/GuterGanztag

Gemeinsame Erklärung #GuterGanztag

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 23.07.2020

SCHWERPUNKT III: Regelbedarfsermittlungsgesetz

Anlässlich der heutigen Verabschiedung des Regelbedarfsermittlungsgesetzes im Bundeskabinett kritisiert das ZFF die Vorgehensweise der Bundesregierung, das Existenzminimum von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen weiterhin klein zu rechnen und mahnt weitreichende Überarbeitungen an.

Alle fünf Jahre wird der Regelbedarf auf Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) neu ermittelt. Die EVS wird vom Statistischen Bundesamt durchgeführt und liefert Angaben zu den Lebensverhältnissen der privaten Haushalte in Deutschland. Im Rahmen der Ermittlung des Regelbedarfs werden Sonderauswertungen der EVS vorgenommen und die durchschnittlichen Verbrauchsausgaben einkommensschwacher Haushalte ermittelt. Der Gesetzgeber trifft dann eine Auswahl der Ausgabenpositionen, die er als regelbedarfsrelevant erachtet. Die ausgewählten Positionen werden anschließend addiert und ergeben den Regelbedarf im SGB XII und II.

Zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteur*innen haben in den letzten Jahren auf die Mängel bei der Ermittlung der Regelbedarfe und der sich daraus ergebenden unzureichenden Höhe hingewiesen. Zuletzt hat das ZFF gemeinsam mit einem Verbände-Bündnis im März 2020 gefordert, bei der Neu-Bemessung der Regelsätze nicht das äußerst fragwürdige Verfahren aus den Jahren 2011 und 2016 zu wiederholen.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, kritisiert: „Die nun beschlossene Neuermittlung der Regelbedarfe ist nichts als heiße Luft und für viele Familie gerade in Zeiten der Corona-Pandemie ein Schlag ins Gesicht! Trotz kleiner Verbesserungen, wie der Berücksichtigung von Handykosten bei den Verbrauchsausgaben, was für eine gelingende Teilhabe von Kindern und Jugendlichen wichtig ist, bleibt es bei der mangelhaften Vorgehensweise. So wird das Existenzminimum für Kinder, Jugendliche und Erwachsene weiter systematisch kleingerechnet.

Wir wissen aus der Armutsforschung, dass fehlendes Geld der Anfangspunkt für Armutserfahrungen ist. Kinder, die in einkommensarmen Haushalten aufwachsen, erleben eine materielle Unterversorgung, haben verminderte Chancen in der sozialen und kulturellen Teilhabe, erlangen öfter nur einen geringen oder gar keinen Bildungsabschluss und erleben ein höheres Risiko für gesundheitliche Einschränkungen. Je länger die Armutserfahrung anhält, desto gravierender sind die Auswirkungen.“

Reckmann fährt fort: „Das ZFF fordert, dass endlich Korrekturen an der Bemessung des kindlichen Existenzminimums vorgenommen werden und sich die Regelbedarfe von Kindern und Jugendlichen an einer durchschnittlichen Lebenslage orientieren. In einem weiteren Schritt fordern wir seit langem, gemeinsam mit einem breiten Verbändebündnis, die Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung.“

Die Stellungnahme zum Referentenentwurf „Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes“ finden Sie hier.

Zum Bündnis KINDEGRUNDSICHERUNG finden Sie hier weitere Informationen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V.vom 19.08.2020

Einkommens- und Verbrauchsstichprobe berücksichtigt gesellschaftliche und technische Veränderungen

Das Bundeskabinett hat heute den Gesetzentwurf zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes beschlossen. Dazu erklärt der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Weiß:

„Der Bundesgesetzgeber ist bei Vorliegen einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) verpflichtet, die Höhe der Regelbedarfe, nach denen sich die Höhe der Grundleistungen im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sowie im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ergibt, neu zu ermitteln.

Die EVS 2018 liegt vor. Die Ermittlung der Regelbedarfe ist zu begrüßen, da sie verfassungskonform ist und aufgrund gesellschaftlicher und technischer Veränderungen weiterentwickelt wurde. Denn im Unterschied zu den vorausgegangenen Regelbedarfsermittlungen im Jahr 2011 und 2017 wird nun eine Erweiterung vorgenommen. Es werden bei den Kommunikationsausgaben sämtliche Verbrauchsausgaben berücksichtigt. Dies macht deutlich, dass die EVS die richtige Grundlage für die Ermittlung der Regelbedarfe ist. Es ist eine „atmende“ und keine „starre“ Statistik.

Mit dem neuen Regelbedarfsermittlungsgesetz werden daher die Regelbedarfe für fast alle Gruppen steigen bzw. gleichbleiben. Zusätzlich werden die Regelbedarfe aufgrund der zu berücksichtigenden Preis- und Lohnentwicklung bis Juni 2020 ab dem 1. Januar 2021 noch höher ausfallen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 19.08.2020

Zum heutigen Kabinettsbeschluss über die neuen Regelsätze in der Grundsicherung erklärt SvenLehmann, Sprecher für Sozialpolitik:

Dieser Gesetzentwurf ist ein Schlag ins Gesicht für Millionen Menschen in Deutschland. Die Bundesregierung ignoriert die vehementen Forderungen von Gewerkschaften, Sozial- und Familienverbänden und Wissenschaft nach einer Kurskorrektur in der Regelsatzermittlung. Mit Scheuklappen vor den Augen wiederholt das Arbeitsministerium stur die Taschenspielertricks früherer Regelbedarfsermittlungen. Sie spart weiter an den Ärmsten der Armen und nimmt in Kauf, dass das soziokulturelle Existenzminimum von sieben Millionen Menschen nicht gedeckt ist.

Die Corona-Krise hat durch den Wegfall von unterstützenden Hilfeleistungen, anfallenden Mehrbedarfen und steigenden Lebensmittelpreisen schonungslos offengelegt, wie massiv untergedeckt die derzeitige Grundsicherung ist. Dabei brauchen wir gerade jetzt eine Stärkung unterer Einkommen, damit sich die soziale Spaltung nicht noch weiter verschärft.

Ein Regelsatz von 439 Euro für Erwachsene ist nicht existenzsichernd. Er reicht bei weitem nicht aus, um ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Teilhabe zu gewährleisten. Menschen in Hartz IV oder in der Grundsicherung im Alter sind abgekoppelt vom Rest der Gesellschaft. Das vertieft die soziale Spaltung und widerspricht dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes. Dieses hat dem Gesetzgeber die Vorgabe gemacht, dass sich die Regelbedarfsermittlung am Entwicklungsstand der Gesellschaft orientieren sollte. Davon kann bei diesem Gesetz keine Rede sein. In dem Gesetzesentwurf kommen lebensferne Beträge im Regelsatz wie rund 1,60 Euro im Monat für Bildung oder 5 Euro am Tag für Lebensmittel heraus.

Wir Grüne haben vor kurzem ein eigenes Konzept zur Ermittlung der Regelbedarfe vorgelegt. Wir fordern, dass die untersten 15 Prozent der Einkommen als Referenzeinkommensbereich zu Grunde gelegt werden, ohne nachträgliche Streichungen von Ausgaben und bereinigt um verdeckt Arme. Es muss Schluss sein mit den Taschenspielertricks. Wir fordern eine schrittweise Anhebung des Regelsatzes für Erwachsene auf 603 Euro im Monat. Von einer deutlichen Regelsatzerhöhung profitieren gerade auch untere sowie mittlere Einkommensgruppen über eine Entlastung bei der Einkommensteuer.

Wir Grüne werden unser alternatives Konzept der Regelsatzermittlung in den Bundestag einbringen. Das Parlament ist der Ort der politischen Debatte darüber, was jedem Mensch in Deutschland als Existenzminimum zusteht. Diese Debatte werden wir intensiv führen. Union und SPD müssen dann Farbe bekennen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 19.08.2020

Anlässlich der heutigen Verabschiedung des Regelbedarfsermittlungsgesetzes durch das Bundeskabinett kommentiert Jens M. Schubert, Bundesgeschäftsführer des AWO Bundesverbandes:

„Die Bundesregierung hat es mit dem vorliegenden Gesetz leider versäumt, den politischen Gestaltungsspielraum bei der Berechnung der Regelbedarfe im Sinne der betroffenen Menschen zu nutzen. Auch die nochmals verlängerte Ressortabstimmung hat nicht zu den notwendigen Korrekturen geführt. Damit bleiben spürbare Verbesserungen der finanziellen Situation für über sieben Millionen Grundsicherungsbeziehenden aus. Das vorliegende Gesetz wiederholt weitestgehend das kritikwürdige Berechnungsverfahren aus den Jahren 2011 und 2016. Wir bedauern, dass die vielen konstruktiven Vorschläge aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft zur Verbesserung der Datengrundlage und zur Weiterentwicklung der Berechnungsmethode nicht aufgegriffen wurden. Wir hoffen, dass nun im parlamentarischen Verfahren nachgebessert wird.“

„Aus Sicht der AWO sollte dabei noch einmal kritisch überprüft werden, welche nachträglich vorgenommenen Streichungen am Regelbedarf als bedarfsrelevant berücksichtigt werden sollten. Denn die Streichungen erfolgen im vorliegenden Gesetz erneut in einem Umfang, der den finanziellen Handlungsspielraum der Betroffenen stark beschränkt. Sie erhalten mit diesem Pauschalbetrag keine Möglichkeit, Konsumentscheidungen selbstbestimmt zu priorisieren und Kosten intern auszugleichen. Zudem sollten die Verbrauchsausgaben von Personen, die aufstockende Leistungen beziehen, Berechtigte von Leistungen der Ausbildungsförderung sowie verdeckt arme Menschen aus der Statistik ausgeklammert werden, die die Datengrundlage nach unten verzerren. Auch bei der Bildung der Regelbedarfsstufen muss nachgebessert werden und die besonderen Bedarfe, die Erwachsene mit Kindern haben, müssen hinreichend berücksichtigt werden. Diese und weitere Kritikpunkte wird die AWO in den weiteren politischen Prozess einbringen, um die finanzielle Situation der Menschen weiter zu verbessern.“

Zum Hintergrund:

Der Gesetzgeber ist zur Neuberechnung der Regelbedarfe verpflichtet, wenn die Ergebnisse der zu Grunde liegenden Statistik, der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) vorliegen. Mit dem heute verabschiedeten Regelbedarfsermittlungsgesetz wird dies für die Regelbedarfe ab 2021 umgesetzt. Die Regelsätze sollen gemeinsam mit den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie den Mehrbedarfen den existenziellen Bedarf für Leistungsberechtigte des SGB II, des SGB XII und des Asylbewerberleistungsgesetz abbilden. Die Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung steht seit Jahren in der Kritik. Die Verfahrenspraxis führt zu einer Regelsatzhöhe, die das menschenwürdige Existenzminimum nach Auffassung vieler Expert*innen faktisch unterschreitet.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 19.08.2020

Das Bundeskabinett will heute den Gesetzentwurf zur Ermittlung von Regelbedarfen bei Hartz IV-Leistungen beschließen. Die Diakonie Deutschland kritisiert den Gesetzentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium als unzureichend und spricht sich für deutliche Nachbesserungen im weiteren parlamentarischen Verfahren aus. Die ermittelten Regelsätze machen eine umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht möglich.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik: "Die heute vom Kabinett beschlossene Regelsatzberechnung schreibt die Fehler der Vergangenheit fort. Es werden beliebig Regelsätze festgelegt, die Armut manifestieren und eine Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben erschweren. Kinder aus Familien, die von der Grundsicherung leben, sind besonders betroffen. Schon jetzt gehören sie zu den Bildungsverlierern, weil ihnen die notwendige Ausstattung fehlt und sie nicht mithalten können." Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits 2010 geurteilt, dass die Hartz-IV-Regelsätze für Erwachsene und Kinder nicht dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums entsprechen. Das ändert sich auch im aktuellen Entwurf nicht.

So stehen auch Weihnachtsbaum, Adventsschmuck, Speiseeis, private Fernsehsender, Haftpflichtversicherung, Haustierfutter und Mobilität auf der Kürzungsliste.

Die Diakonie Deutschland kritisiert die zugrundeliegenden Berechnungen und fordert deutliche Nachbesserungen. Loheide: "Der Maßstab für die ALG II- Leistungen sind die ärmsten Haushalte. So wird Mangel zum Maßstab für das Existenzminimum. Besonders problematisch ist, dass die Vergleichsgruppe Personen umfasst, die einen Anspruch auf Sozialleistungen hätten, diesen aber nicht geltend machen. Es braucht nicht nur einen Aufschlag von monatlich 100 Euro, der zusätzliche Ausgaben aufgrund der Corona-Pandemie ausgleicht, sondern eine grundsätzliche Erhöhung." Diese beträgt nach Berechnung der Diakonie aktuell beispielsweise für einen Alleinlebenden 160 Euro und für Kinder je nach Alter zwischen 44 Euro bis 97 Euro im Monat.

Aber auch im Detail sind Nachbesserungen erforderlich. Seltene hohe Ausgaben, z.B. für Elektrogeräte, müssen bei Bedarf direkt finanziert werden. "Mit der im Gesetzentwurf angesetzten Pauschale von 1,67 Euro müsste elf Jahre auf einen Kühlschrank gespart werden. Das zeigt, wie unrealistisch die Annahmen sind, mit denen das ALG II berechnet wird", so Loheide.

Hintergrundinformation

Nach Angaben der Diakonie machen die willkürlichen Streichungen am Regelsatz bei Erwachsenen 160 Euro aus, bei Kindern bis fünf Jahre 44 Euro, bei Kindern von 6 bis 13 Jahren 82 Euro und bei Jugendlichen 97 Euro. Auch seien die statistischen Vergleichszahlen für die Ermittlung der Kinderregelsätze weiterhin unseriös. So bilden bei Jugendlichen nur 14 Haushalte den Maßstab für die Ermittlung der Mobilitätskosten und lediglich 105 Haushalte würden zur Ermittlung der weiteren Konsumkosten herangezogen. Bei Kindern bis fünf Jahre bilden 278 Haushalte die allgemeine Vergleichsgruppe und bei den 6 bis 13- jährigen 144 Haushalte. Lediglich die üblichen Verbrauchskosten für Alleinstehende Erwachsene seien mit einer statistischen Vergleichszahl von 2.311 Haushalten einigermaßen repräsentativ.

Zur grundlegenden Neu-Bemessung der Regelsätze in der Grundsicherung ist der Gesetzgeber verpflichtet. Alle vier Jahre werden mit der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe auch die grundlegenden statistischen Vergleichsdaten für die Festlegung der Regelsätze neu ermittelt.

Die einzelnen willkürlichen Streichungen sind der beigefügten Tabelle zu entnehmen. Berechnung der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/20-8-13_Berechnung_Fehlbetraege_Regelsatz_Diakonie.pdf

Zum Referentenentwurf mit den Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/RBEG_2021_Referentenentwurf.pdf

Stellungnahme der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/stellungnahmen/stellungnahme-zum-kabinettsbeschluss-ueber-ein-gesetz-zur-ermittlung-von-regelbedarfen-und-zur-aenderung-des-zwoelften-buches-sozialgesetzbuch-sowie-des-asylbewerberleistungsgesetzes

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 19.08.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk bemängelt im Vorfeld der heutigen Sitzung des Bundeskabinetts die beabsichtigte Erhöhung der Regelsätze für Kinder und Jugendliche im Hartz-IV-Bezug zum 1. Januar 2021 als unzureichend. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation fehlt nach wie vor ein politisches Gesamtkonzept, mit dem die Situation der von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen in Deutschland nachhaltig verbessert wird.

"Auf den ersten Blick sieht die Erhöhung der Regelsätze der Kinder bis zu sechs Jahren und der Jugendlichen ab 14 Jahren gut aus. Wenn man genauer hinschaut, erweist sich diese jedoch als unzureichend. Hier wird lediglich ein Stück weit das nachgeholt, was den Kindern und Jugendlichen durch politisches Herunterrechnen der Regelsätze seit Jahren vorenthalten wird. Und dass die sechs- bis 13-Jährigen mit einer Nullrunde abgespeist werden sollen, ist ein armutspolitischer Skandal", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Eine grundsätzliche Verbesserung der Lebenssituation von Armut betroffener Kinder und Jugendlicher braucht eine grundlegende Reform der Regelsatzberechnung unter Berücksichtigung der Prinzipien von Transparenz und Nachprüfbarkeit. Es sollte bedarfs- und realitätsgerecht ermittelt werden, was Kinder brauchen. Referenz muss dabei ein gutes Aufwachsen und die Teilhabe aller Kinder und Jugendlicher sein. Bereits vor mehreren Jahren hat der Bundesratsausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik grundlegende Kritik an der Berechnungsmethode der Regelsätze für Kinder und Jugendliche geübt. Demnach werden diese nicht wissenschaftlich belastbar ermittelt. Dadurch wird armen Kindern und Jugendlichen das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben in vielen Fällen vorenthalten. Damit muss endlich Schluss sein", so Hofmann weiter.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert Bund, Länder und Kommunen auf, der Bekämpfung von Kinderarmut in Deutschland endlich die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdient, und in der Konsequenz wirksame Maßnahmen zur Förderung armer Kinder und ihrer Familien zu ergreifen. So zeigen die im letzten Monat von der Bertelsmann Stiftung vorgelegten Zahlen zur Kinderarmut in Deutschland sehr eindrücklich, dass es nach wie vor nicht gelingt der anhaltend hohen Kinderarmut in Deutschland etwas entgegen zu setzen. Zudem ist angesichts der Corona-Krise damit zu rechnen, dass die Zahl der von Armut betroffenen Kinder und Familien noch ansteigen wird.

Deshalb braucht es eine nachhaltige Lösung, die gesellschaftliche Teilhabe jedes Kindes und jedes Jugendlichen eigenständig und unabhängig von der Hartz-IV-Gesetzgebung abzusichern. Das Deutsche Kinderhilfswerk tritt daher für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung nach dem Modell des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG ein, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, bestehende kindbezogene Leistungen bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem bedarfsgerecht gewährleistet.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und Bundesschülerkonferenz vom 19.08.2020

Heute hat das Bundeskabinett das Regelbedarfsermittlungsgesetz verabschiedet. Gerwin Stöcken, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz, kommentiert.

„Die Neuberechnung der Regelbedarfe überzeugt uns auch diesmal nicht. Seit Jahren beklagen Leistungsbeziehende, dass die Regelbedarfe zu niedrig ausfallen, um die täglichen Bedarfe sorgenfrei zu decken und ohne Scham und Stigma am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Viele Betroffene haben tagtäglich existentielle Sorgen. Eine kaputte Waschmaschine, eine unvorhergesehene Nachzahlung, eine Sanktion durch das Jobcenter oder einfach nur das kleine Mitbringsel zum Kindergeburtstag des Enkels kann die fragile finanzielle Situation der Menschen aus dem Gleichgewicht bringen. Das kann nicht der Anspruch an einen starken Sozialstaat sein. Dieser sollte das menschenwürdige Existenzminimum aller Menschen verlässlich bereitstellen.

Leider sieht das vorliegende Gesetz keine nennenswerten Verbesserungen für die über sieben Millionen Menschen vor. Stattdessen wurde die lang und breit kritisierte Berechnungspraxis weitestgehend fortgeführt und die Regelbedarfe wieder äußerst knapp berechnet. Unter anderem wird wieder der Rotstift angesetzt und Verbrauchsausgaben in Höhe von mehr als 150 Euro aus der Statistik gestrichen. Wir warnen seit Jahren vor einer Verfestigung der Armut. Die Politik darf nicht weiter hinnehmen, dass Menschen weiter abgehängt werden und die Armutslücke größer wird. Der Regelsatz sollte daher deutlich steigen! Die Nationale Armutskonferenz fordert jetzt mutige Verbesserungen im parlamentarischen Verfahren.“

Zum Hintergrund:

Der Gesetzgeber ist zur Neuberechnung der Regelbedarfe verpflichtet, wenn die Ergebnisse der zu Grunde liegenden Statistik, der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) vorliegen. Mit dem heute verabschiedeten Regelbedarfsermittlungsgesetz wird dies für die Regelbedarfe ab 2021 umgesetzt. Die Regelsätze sollen gemeinsam mit den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie den Mehrbedarfen, den existenziellen Bedarf für Leistungsberechtigte des SGB II, des SGB XII und des Asylbewerberleistungsgesetz abbilden. Die Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung steht seit Jahren in der Kritik. Die Verfahrens-praxis führt zu einer Regelsatzhöhe, die das menschenwürdige Existenzminimum nach Auffassung vieler Expert*innen faktisch unterdeckt.

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 19.08.2020

SCHWERPUNKT IV: Ländermonitor frühkindliche Bildungssysteme

Trotzdes Ausbaus der Kita-Plätze und der Investitionen in zusätzliches Personal sind die Bedingungen für die pädagogische Arbeit vielerorts noch immer unzureichend. In einem Großteil der Kitas sind die Personalschlüssel und die Gruppengrößen nicht kindgerecht. Bei den Personalschlüsseln flacht das Qualitätsgefälle zwischen den Bundesländern allerdings langsam ab. Das Qualifikationsniveau des Personals ist zwischen den Bundesländern jedoch sehr unterschiedlich.

Viele Kitas in Deutschland können ihren Bildungsauftrag nicht oder nur eingeschränkt umsetzen. Dies geht aus dem Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme und einer zeitgleich veröffentlichten qualitativen Studieder FernUniversität in Hagen im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hervor. Gradmesser für eine gelingende Bildungsarbeit in Kitas sind die Personalschlüssel, die Größen der Gruppen und das Qualifikationsniveau des Personals. Bundesweit war der Personalschlüssel am 1. März 2019 für rund 1,7 Millionen Kita-Kinder nicht kindgerecht. Für74 Prozent der Kinder in amtlich erfassten Kita-Gruppen stand somit nicht genügend Fachpersonal zur Verfügung. In Ostdeutschland betraf dies 93 Prozent der Kinder, in Westdeutschland 69 Prozent. Im bundesweiten Durchschnitt bedeutet dies, dass 2019 rein rechnerisch in Krippengruppen eine Fachkraft auf 4,2 Kinder kam. In Kindergartengruppen warenes 8,8 Kinder. Im Vergleich zu 2013 ist dies eine Verbesserung der Personalsituation. Damals lag in Krippengruppen der Personalschlüssel noch bei 1 zu 4,6 und in Kindergartengruppen bei 1 zu 9,6. Nach Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung sollten in Krippengruppen rechnerisch 3 Kinder auf eine Fachkraft kommen und in Kindergartengruppen maximal 7,5. Die reale Personalsituation ist häufig noch angespannter, da Arbeitszeiten für Aufgaben ohne Kinder, Urlaubszeiten, unbesetzte Stellen oder fort- und weiterbildungsbedingte Abwesenheiten der Fachkräfte den Kita-Alltag noch erschweren. Teils zu große Gruppen und zu heterogenes Qualifikationsniveau des Personals. Auch die Gruppengröße entspricht in vielen Kitas nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen. Gruppen für jüngere Kinder sollten nicht mehr als zwölf Kinder umfassen, für die Älteren nicht mehr als 18. Zu große Gruppen bedeuten für die Kinder und das Fachpersonal übermäßigen Stress, etwa durch Lautstärke, und können dazu führen, dass entwicklungsangemessene Aktivitäten nicht ausreichend durchgeführt werden. So sind bundesweit gut 54 Prozent aller amtlich erfassten Kita-Gruppen zu groß. Darüber hinaus ist die Qualifikation des Kita-Personals bundesweit sehr unterschiedlich. In den ostdeutschen Bundesländern ist der Anteil des als Erzieherinnen und Erzieher ausgebildeten Personals mit 82 Prozent um 16 Prozentpunkte höher als in den westdeutschen Bundesländern (66 Prozent). In den westdeutschen Bundesländern arbeitet hingegen deutlich mehr Personal auf Assistenzniveau, beispielsweise als Kinderpflegerin oder Sozialassistentin. Insbesondere bei einem Personalmangel steigt damit das Risiko einer niedrigeren Bildungsqualität. Hinsichtlich des Qualifikationsniveaus sollten sich die westdeutschen Bundesländer an den Kitas in Ostdeutschland orientieren.

Für Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, sind die aktuellen Daten ein Appell, den Ausbau der frühkindlichen Bildung nicht schleifen zu lassen: „Der Kita-Ausbau der letzten Jahre war beachtlich: Aber die Personalschlüssel und Gruppengrößensind vielerorts nicht kindgerecht, es gibt keine bundeseinheitlichen Qualifikationsstandards für das Personal. Kitas können deshalb ihren Bildungsauftrag teilweise nicht wahrnehmen.“ Wie sich der im Ländermonitoring aufgezeigte Personalmangel und die unzureichenden Kompetenzen des Personals in der pädagogischen Praxis auswirken, zeigt aktuell eine qualitative Studie der FernUniversität in Hagen im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Die bundesweit befragten Kita-Teams beschreiben, dass sie bei Personalmangel weniger auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen können und deren individuelle Förderung in den Hintergrund treten muss. Zusätzlich wird für die Kita-Teams die Realisierung einer guten Bildungspraxis erschwert, wenn die Qualifikationen des Personals unzureichend sind. Insgesamt sehen die Befragten die Umsetzung des Bildungsauftrags der Kitas oftmals gefährdet. Bildungschancen hängen nach wie vor vom Wohnort ab. Die Ergebnisse des Ländermonitorings machen erneut deutlich, dass die Bildungschancen vom Wohnort abhängen– und das, obwohl es eine Annäherung zwischen den ost- und westdeutschen Bundesländern hinsichtlich der Personalschlüssel gegeben hat. So war 2019 in Bremen (1 zu 3,0) eine Fachkraft im Schnitt für drei Krippenkinder weniger verantwortlich als in Mecklenburg-Vorpommern (1 zu 6,0). 2013 lag die größte bundesweite Differenz noch bei rechnerisch 3,5 Kindern im Vergleich von Bremen und Sachsen-Anhalt. Mit Blick auf die älteren Kinder in Kindergartengruppen zeigt sich zwischen Baden-Württemberg (1 zu 6,9) und Mecklenburg-Vorpommern (1 zu 12,9) die größte Kluft. Aber auch diese hat sich zwischen den Bundesländern seit 2013 um rechnerisch mehr als ein Kind verringert. Damals lag die größte Differenz zwischen Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. Gemeinsame Kraftanstrengungen um den Bildungsauftrag zu erfüllen. Aus Drägers Sicht ist für die frühkindliche Bildung entscheidend, dass alle politischen Ebenen in einer Gesamtstrategie sinnvoll zusammenwirken: „Dem Personalmangel müssen wir mit Bündnissen von Bund, Ländern, Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften begegnen. Gemeinsam müssen sie attraktive Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen schaffen, eine angemessene Bezahlung durchsetzen und berufsbegleitend Unterstützungs- und Beratungsstrukturen anbieten.“ Das Kita-Personal, so Dräger, müsse durch Hauswirtschafts- und Verwaltungskräfte entlastet werden. Zudem sei es unausweichlich, Kitas als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge ausreichend zu finanzieren: „Auch wenn in den vergangenen Jahren schon viel für die Kitas gemacht wurde. Es reicht noch nicht. Gute pädagogische Arbeit für die Kleinsten geht nur mit zusätzlichen Mitteln und braucht auch die angemessene und dauerhafte Finanzierungsbeteiligung des Bundes.“

Zusatzinformationen

Grundlage des jährlich aktualisierten Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme sind Auswertungen von Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder-und Jugendhilfestatistik und weiteren amtlichen Statistiken. Stichtag für die Datenerhebung war jeweils der 1. März 2013 und 2019. Die Berechnungen für 2019 wurden von dem LG Empirische Bildungsforschung der FernUniversität in Hagen und der Bertelsmann Stiftung durchgeführt. Es werden nur die Gruppen in Kitas analysiert, die laut Angaben in der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik mit einer Gruppenstruktur arbeiten. Gruppen, in denen Kinder mit einer (drohenden) Behinderung betreut werden, werden in der Berechnung nicht berücksichtigt.

Die aktuellen Daten und Fakten zu den frühkindlichen Bildungssystemen finden Sie unter www.laendermonitor.de sowie in den Länderprofilen unter www.laendermonitor.de/laender-profile. Die qualitative Studie der FernUniversität in Hagen „Professionelles Handeln im System. Perspektiven pädagogischer Akteur*innen auf die Personalsituation in Kindertageseinrichtungen (HiSKiTa)“ untersucht die Auswirkungen der aktuellen Personalsituation in Kitas aus Sicht der Fachkräfte (www.bertelsmann-stiftung.de/hiskita).

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung vom 25.08.2020

„Die Personalsituation im Kitabereich ist erschreckend, wie die aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt. Die Personalschlüssel sind in fast allen Bundesländern weit entfernt von einer kindgerechten Ausstattung. Hinzu kommen große regionale Unterschiede auch bei der Qualifizierung des Personals. Durch die mangelnde Unterstützung des Bundes ist der Kitaausbau zunehmend in Widerspruch zu den angestrebten Qualitätssteigerungen geraten. Das sogenannte Gute-Kita-Gesetz wird daran kaum etwas ändern. Eine Entfristung der Mittel aus dem Gesetz ist dringend geboten, um langfristige Qualitätssteigerungen zu unterstützen“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag. Müller weiter:

„Bundesfamilienministerin Franziska Giffey muss jetzt endlich handeln. Wir brauchen ein bundesweites Sofortprogramm für mehr und besseres Personal in den Kitas. Vor allem muss die Ausbildungssituation zukünftiger Erzieherinnen und Erzieher deutlich verbessert werden. Ein erster wichtiger Schritt wäre dabei die Schulgeldfreiheit. Es ist absurd, dass junge Menschen, die diesen Beruf ergreifen möchten, dafür auch noch draufzahlen sollen, obwohl Erzieherinnen und Erzieher überall händeringend gesucht werden.

Zudem muss die Familienministerin noch vor der Wahl ein Bundeskitaqualitätsgesetz vorlegen. Nur wenn wir bundesweit einheitliche Standards festlegen, können wir langfristig die regionalen Unterschiede überwinden. Schließlich hat jedes Kind das Recht auf eine gute Kita, egal ob es in Sachsen, Bremen oder Baden-Württemberg aufwächst.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 25.08.2020

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat eine Qualitätsoffensive für die Kitas angemahnt. „Nach dem quantitativen Ausbau der Frühkindlichen Bildung muss jetzt ein Qualitätsschub folgen. Der Fachkräftemangel in den Kitas führt zu Qualitätsverlusten des Angebots der Einrichtungen. Diese Entwicklung müssen wir unbedingt stoppen! Es ist ein Skandal, dass die Chancen auf einen guten Einstieg ins Bildungssystem und damit auf Lebensperspektiven immer noch vom Wohnort der Kinder abhängen“, sagte Björn Köhler, GEW-Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit, mit Blick auf den heute veröffentlichten Bildungsmonitor Frühkindliche Bildung der Bertelsmann Stiftung.

Köhler warb dafür, den Erzieherinnen-Beruf attraktiver zu gestalten, um mehr junge Menschen für die Arbeit in den Kitas zu gewinnen. „Das Gehalt für diese Berufsgruppe muss deutlich angehoben werden. Zudem müssen die Rahmenbedingungen verbessert werden: kleinere Gruppen, mehr Zeit für die pädagogische Arbeit, zusätzliche Fachkräfte und eine höhere Freistellung für die Leitungskräfte. Zudem muss die Ausbildung endlich bezahlt werden. Es ist ein Unding, wenn angehende Erzieherinnen und Erzieher für ihre Ausbildung auch noch Geld mitbringen müssen“, betonte der GEW-Kita-Experte.

„Für die Finanzierung dieser Maßnahmen ist ein Schulterschluss von Bund, Ländern und Kommunen notwendig. Aber jeder Euro, der in die Frühkindliche Bildung investiert wird, bringt eine vielfache Rendite“, sagte Köhler.

Quelle: Pressemitteilung Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vom 25.08.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt bei Bund, Ländern und Kommunen größere Kraftanstrengungen zur Verbesserung der Kita-Qualität in Deutschland an. Dazu braucht es aus Sicht der Kinderrechtsorganisation sowohl mehr finanzielle Mittel als auch bundeseinheitliche Mindeststandards in der Qualität. Damit soll der Flickenteppich bei Qualitätsmerkmalen, wie der Personalausstattung und den Gruppengrößen, beendet werden. Das finanzielle Engagement des Bundes durch das "Gute-KiTa-Gesetz" droht nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes hinsichtlich der Verbesserung der Kita-Qualität in Deutschland an vielen Stellen zu verpuffen. Gute Kitaangebote zu schaffen und zu erhalten ist eine Daueraufgabe, die Länder und Kommunen nicht allein stemmen können. Hier müssen die Gelder des Bundes aber zielgerichteter in Richtung Kita-Qualität eingesetzt werden.

"Die aktuell von der Bertelsmann Stiftung vorgelegten Zahlen zur Personalausstattung in deutschen Kitas sind frustrierend. Bei der dringend notwendigen Verbesserung des Personalschlüssels in den Kitas geht es weiterhin nur im Schneckentempo voran. Wir sind in Deutschland noch immer fast flächendeckend weit von den wissenschaftlich empfohlenen Standards entfernt. Wenn wir, wie die Bertelsmann Stiftung in ihrer aktuellen Studie, die letzten sechs Jahre als Maßstab der Berechnungen nehmen, braucht es bei gleichbleibenden Bedingungen noch rund 15 Jahre bei Kindergartengruppen und sogar 18 Jahre bei den Krippengruppen, ehe der Personalschlüssel in den Kitas zufriedenstellend ist. Und da sind Elterngespräche, Bildungsdokumentationen, Urlaub, Fortbildungen oder Ausfallzeiten durch Krankheit noch gar nicht mit eingerechnet. Wir brauchen bei der Verbesserung der Kita-Qualität mehr Tempo", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, anlässlich der Veröffentlichung des aktuellen "Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme 2020" der Bertelsmann Stiftung.

"Nach Angaben der Bertelsmann Stiftung entspricht in mehr als der Hälfte der Kitas auch die Gruppengröße nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen. Jetzt zeigt sich eindrücklich, dass die vom Bund im Rahmen des Gute-KiTa-Gesetzes zur Verfügung gestellten Finanzmittel hätten konsequent für die Verbesserung der Kita-Qualität verwendet werden müssen. Stattdessen fließt ein Gutteil der Gelder in Gebührenbefreiungen. Das ist nicht der richtige Weg für gute Kitas in Deutschland", so Hofmann weiter.

Eine hohe Qualität der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung zahlt sich aber nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Gesellschaft aus, da hierdurch unterschiedliche Startbedingungen und Zukunftschancen wirksam ausgeglichen werden können. Eine gute frühkindliche Bildung und Betreuung trägt dazu bei, Bildungsnachteile abzubauen, Armut zu überwinden und Lebensverläufe wirtschaftlich und sozial zu stabilisieren.

"Zudem sollte die Mitbestimmung von Kindern in Kindertageseinrichtungen als wesentlicher Qualitätsfaktor ins Zentrum der Arbeit rücken. So können die Potentiale der Kinder besser gefördert und wichtige Akzente in der dringend notwendigen Weiterentwicklung der Demokratieförderung gesetzt werden", so Hofmann. Zur Unterstützung der Demokratiebildung in Kita, Hort und Ganztag hat das Deutsche Kinderhilfswerk vor kurzem die Website www.kompetenznetzwerk-deki.de gelauncht. Auf dieser Seite präsentiert das im Bundesprogramm "Demokratie leben!" geförderte Kompetenznetzwerk "Demokratiebildung im Kindesalter" sich und seine Arbeit im Online-Bereich. Auf der Website finden die Besucherinnen und Besucher umfangreiche Informationen, Empfehlungen und praxisbezogene Tipps rund um das Thema Demokratiebildung im frühkindlichen und Primarbildungsbereich. Verantwortlich für die Website sind das Deutsche Kinderhilfswerk und das Institut für den Situationsansatz (ISTA) als Träger des Kompetenznetzwerkes. Dieses wird unter dem offiziellen Fördertitel "Kompetenznetzwerk Frühkindliche Bildung und Bildung in der Primarstufe" durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 25.08.2020

Der Familienbund der Katholiken fordert politische Konsequenzen aus den Ergebnissen des am Dienstag in Gütersloh veröffentlichten "Ländermonitor frühkindliche Bildungssysteme" der Bertelsmann Stiftung. Die Studie hat eine weiter nur unzureichende Betreuungsqualität in Kitas offenbart. Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann sagte dazu heute in Berlin: „Wie sollen Eltern ihre Kinder guten Gewissens in Kitas betreuen lassen, wenn dort die Betreuungsqualität nach wie vor ein Schattendasein fristet? Von dem politischrichtigen Anspruch, dass Kitas Bildungseinrichtungen sind, ist die Lebenswirklichkeit in vielen Kitas noch weit entfernt, wenn es heute selbst an guter Betreuung hapert. Daran dürfte auch das im vergangenen November zwischen Bund und Ländern beschlossene Gute-Kita-Gesetz wenig ändern, solange erhebliche Finanzmittel des Gesetzes in die Senkung oder Befreiungen von Kitagebühren fließen. Das sogenannte Gute-Kita-Gesetzhat eine Unwucht, weil es das Qualitätsversprechen nicht einlöst, wofür es steht.“ Laut Bertelsmann-Studie seien Betreuungsschlüssel und Gruppengrößen in Kitas nicht kindgerecht und das Ausbildungsniveau des Kitapersonals teils zu niedrig, besonders in Westdeutschland. Für 74 Prozent derbundesweit 1,7 Millionen Kitakinder, berechneten die Studienautoren, stehe nicht genügend Fachpersonal zur Verfügung. Der Familienbund der Katholiken hatte in der Vergangenheit wiederholt dafür plädiert, der Schaffung einer möglichst einheitlichen und hohen Betreuungsqualität in Kitas die Priorität vor Beitragssenkungen oder -befreihungen einzuräumen.

„Die Kitaqualität fristet hierzulande seit Jahren ein unwürdiges Schattendasein“, sagte Hoffmann weiter. „Daran hat sich zumindest in der Lebenspraxis von Kitas bis heute nichts geändert. Der politische Wille, Kitas als Bildungseinrichtungen zu verstehen und ihre Qualität durch eine rasche Kofinanzierung durch den Bund anzuheben, ist zwar richtig. Die politischen Instrumente auf dem Weg dorthin sind aber halbherzig. Die Finanzmittel des Gute-Kita-Gesetzes dürfen keine kurzlebige Episode der Familienpolitik bleiben. Im Gegenteil: Aufgrund des großen Nachholbedarfs müssen die Finanzmittel nach 2022 jährlich um eine Milliarde erhöht werden. So ließe sich demeklatanten Finanzdefizit der Kitas sukzessive begegnen und Wertverluste durch Inflation kompensieren“, sagte Hoffmann. Experten schätzen den zusätzlichen Finanzbedarf der Kitas hierzulande auf jährlich rund 15Milliarden Euro.

„Eltern, die ihre Kinder einer Kita anvertrauen, haben das Recht auf eine bestmögliche Förderung und Betreuung“, sagte Hoffmann. „Kinder befinden sich bis zur Einschulung in der lernfähigsten Phase ihres Lebens. Die Grundlagen für den Erwerb elementarer Kulturtechniken und einer Qualifizierung für das Leben werden in der Vorschulzeit gelegt. Voraussetzung von Bildung ist aber immer, dass Kinder sich wohlfühlen und gut persönlich betreut werden. Deshalb ist ein guter Betreuungsschlüssel ein besonders wichtiges Qualitätsmerkmal.“ In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass der Einsatz der Finanzmittel im 2 Rahmen des Gute-Kita-Gesetzes durch ein Monitoring und eine Evaluierung valide begleitet werden müssen.

„Wie sollen Kinder stabile Bindungen aufbauen, wenn Erzieher auf Jahre hinaus in Kitas in ausreichender Zahl fehlen werden?“

„Zu den größten Herausforderungen des Gute-Kita-Gesetzes gehört die Gewinnung von qualifizierten Fachkräften“, betonte Hoffmann. „Angesichts von Ausbildungskosten, geringer Bezahlung im Beruf und höchst anspruchsvoller Arbeit sind Nachwuchskräfte jedoch heute echte Mangelware.“ Hoffmann warnte: „Der Fachkräftemangel darf nicht dazu führen, dass Kitas auf nur unzureichend qualifiziertes Personal setzen. Das würde dem Qualitätsgedanken grundlegend widersprechen. Erschwerend kommt hinzu: Wie sollen Kinderstabile Bindungen aufbauen, wenn Erzieher auf Jahre hinaus in Kitas in ausreichender Zahl fehlen werden, die personelle Fluktuation hoch ist und Eltern mehr und mehr in die Erwerbsarbeit gedrängt werden, um Familienarmut zu vermeiden? Die Schlüsselfragen der Familienpolitik, sie bleiben auch durch das Gute-Kita-Gesetz unbeantwortet. Bei aller Diskussion um die Qualität der Kitas bleibt festzuhalten: Auch im Elternhaus können Kinder natürlich eine gute Förderung und Bildung erfahren. Man muss den Eltern nur die Zeit dafür geben.“

Durch das sogenannte Gute-Kita-Gesetz erhalten die Bundesländer bis zum Jahr 2022 finanzielle Zuschüsse in Höhe von 5,5 Milliarden Euro für Qualitätsverbesserungen in Kitas. Jedes Land kann nach eigenem Ermessen die Finanzmittel für zehn festgelegte Aufgabenfelder verwenden. Nach Aussage des Bundesfamilienministeriums geben rund ein Drittel der Bundesländer die Finanzmittel für Gebührensenkungen aus, rund zwei Drittel für qualitative Verbesserungen wie einen höheren Betreuungsschlüssel, qualifizierte Fachkräfte, sprachliche Bildung oder bedarfsgerechte Angebote.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken –Bundesverband vom 25.08.2020

Der Paritätische Gesamtverband wertet die Ergebnisse des aktuellen Ländermonitorings frühkindliche Bildung der Bertelsmann-Stiftung als weiteren Beleg für die angespannte Personalsituation in Kitas, die auch eine eigene verbandsweite Befragung gezeigt hatte. In einer bundesweiten Umfrage bei Kita-Trägern unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, darunter sowohl große Einrichtungen als auch kleine Elterninitiativen, hatten die Beschäftigten insbesondere einen akuten Personalmangel und die schwierige Fachkräftegewinnung als Herausforderungen identifiziert, Defizite werden vielfach im Bereich der Ausbildung gesehen, außerdem fehle es vielerorts an Zeit für Leitungsaufgaben. Der Paritätische Gesamtverband fordert eine Fachkräfteoffensive, mehr Ausbildungsplätze und eine auch finanzielle Aufwertung des Erzieher*innenberufes.

„Kitas sind keine Massenverwahranstalten, sondern Orte frühkindlicher Bildung. Der Beruf der Erzieherin verdient viel mehr gesellschaftliche Anerkennung und muss endlich entsprechend gewürdigt werden. Um mehr Menschen für eine Arbeit in der Kindertagesbetreuung zu gewinnen, braucht es attraktivere Rahmenbedingungen. Dazu gehören eine adäquate Vergütung, gute Personalschlüssel und Arbeitsbedingungen, die qualitativ gute pädagogische Arbeit erlauben“, so Marion von zur Gathen, Leiterin der Abteilung Soziale Arbeit im Paritätischen Gesamtverband.

Der Paritätische bezeichnet die Fachkräftesituation als extrem angespannt und fordert konzertierte Anstrengungen von Kommunen, Länder und Bund. Kein Verständnis zeigt der Verband daher für die Ankündigung, das bestehende Bundesprogramm für eine Fachkräfte-Offensive einzustellen. „Dass der Bund seine Fachkräfte-Offensive nicht weiterführen will, ist ein denkbar schlechtes Signal für die Kindertagesbetreuung“, kritisiert von zur Gathen.

Insbesondere im Bereich der Erzieher*innenausbildung sieht der Verband große Handlungsbedarfe. „Es braucht jetzt und in den kommenden Jahren mehr Ausbildungsplätze, aber auch mehr Quereinsteigende, Verwaltungskräfte und erweiterte Möglichkeiten für multiprofessionelles Arbeiten“, so von zur Gathen. Der Paritätische fordert, dass sich der Bund an der Ausweitung der Ausbildungskapazitäten für pädagogische Berufe beteiligt und die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für die Ausbildung fördert. Wichtig sei vor allem, dass es in den Einrichtungen auch ausreichend Zeit für Anleitung gebe. Für die praxisintegrierte Ausbildung seien dabei insbesondere die Qualität der Anleitung, die Kostenübernahme von Gehältern und die Anrechnung auf den Personalschlüssel zu berücksichtigen.

Den Gute-Kita-Bericht 2020 des Paritätischen Gesamtverbandes mit weiteren Befunden und Forderungen finden Sie hier: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/der-gute-kita-bericht-2020-bedarfe-der-traeger-und-massnahmen-der-laender/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 25.08.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Gemeinnützige Übernachtungsstätten für Kinder, Jugendliche und ihre Familien haben aufgrund der Corona-Pandemie erhebliche Einnahmeausfälle, denn außerschulische Bildungsangebote und Übernachtungen in Jugendherbergen, Schullandheimen, Familienferienstätten oder Jugendbildungsstätten waren seit Mitte März 2020 nicht oder nur sehr eingeschränkt zulässig. Auch jetzt können die Einrichtungen ihren Betrieb erst nach und nach wieder aufnehmen. Gruppen- oder Klassenfahrten sowie langfristige internationale Jugendaustausche finden, wenn überhaupt, nur in geringem Umfang statt. Gleichzeitig laufen aber die Fixkosten weiter.

Das Bundesfamilienministerium unterstützt gemeinnützige Einrichtungen der Kinder- und Jugendbildung und der Kinder- und Jugendarbeit in dieser schwierigen wirtschaftlichen Situation kurzfristig mit einem 100-Millionen-Euro-Sonderprogramm. Bundesjugendministerin Dr. Franziska Giffey hat das Programm heute bei einem Besuch der Jugendherberge Berlin Ostkreuz gestartet. Sie unterzeichnete die notwendige Richtlinie.

Bundesjugendministerin Giffey: „Die gemeinnützigen Organisationen der Kinder- und Jugendbildung, Kinder- und Jugendarbeit sowie des gemeinnützigen langfristigen internationalen Jugendaustauschs sind von den Auswirkungen des Stillstands und der anhaltenden Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie hart getroffen. Viele von ihnen sind kurzfristig in ihrer Existenz bedroht. Einrichtungen wie Jugendherbergen, Schullandheime, Familienferienstätten oder Jugendbildungsstätten sind wichtige Bestandteile unserer sozialen Infrastruktur. Sie bieten preiswerte Übernachtung und sind in normalen Zeiten wertvolle Orte der Bildung und Begegnung. Mir ist wichtig, dass diese Orte erhalten bleiben. Den betroffenen Organisationen werde ich deshalb schnell und unbürokratisch helfen. Dafür werden kurzfristig 100 Millionen Euro bereitgestellt. Die Gelder können ab dem 1. September beantragt werden. Mit dem Sonderprogramm können wir voraussichtlich mehr als 2.000 gemeinnützigen Einrichtungen mit insgesamt über 200.000 Betten konkret helfen.“

Mit dem Sonderprogramm können Liquiditätsengpässe bei gemeinnützigen Übernachtungsstätten im Bereich der Kinder- und Jugendbildung und Kinder- und Jugendarbeit im Zeitraum April bis Dezember 2020 abgemildert werden. Antragsberechtigt sind Jugendherbergen, Schullandheime, Familienferienstätten, Kindererholungszentren, Naturfreundehäuser, Jugendbildungs- und begegnungsstätten der Jugendverbände sowie der politischen, kulturellen und sportlichen Kinder- und Jugendarbeit mit Übernachtungsangeboten. Dafür stehen 75 Millionen Euro zur Verfügung.

Daneben sind 25 Millionen Euro vorgesehen für Zuschüsse für gemeinnützige Träger, die im längerfristigen internationalen Jugendaustausch tätig sind oder Workcamp-Angebote machen.

Die Beantragung der Mittel ist vergleichsweise einfach möglich. Die Einrichtungen müssen lediglich einen Liquiditätsengpass in mindestens drei aufeinanderfolgenden Monaten darlegen, also die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben. Davon werden bis zu 90 Prozent durch einen Zuschuss aus dem Programm ausgeglichen, bei Übernachtungsstätten maximal 400 Euro pro Bett. Anträge können vom 1. September bis zum 30. September 2020 gestellt werden – bei den zivilgesellschaftlichen Zentralstellen, zum Beispiel für Jugendherbergen und Schullandheime beim Deutschen Jugendherbergswerk.

Der Bundestag hat die Bereitstellung der Mittel von 100 Millionen Euro zugunsten gemeinnütziger Organisationen der Kinder- und Jugendhilfe im Rahmen des 2. Nachtragshaushaltes am 2. Juli 2020 beschlossen.

Weitere Informationen (auch zur Antragstellung): https://www.bmfsfj.de/sonderprogramm

Das Sonderprogramm ergänzt die Hilfen für gemeinnützige Organisationen im Bereich des BMFSFJ. Daneben können gemeinnützige Organisationen und Einrichtungen über ein KfW-Förderprogramm Unterstützung als Darlehen erhalten sowie Zuschüsse im Rahmen der Überbrückungshilfen beantragen.

(vgl. dazu die Pressemitteilung vom 4.6.2020: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/presse/pressemitteilungen/corona-konjunkturpaket-enthaelt-ueberlebenswichtige-kredit-und-ueberbrueckungsprogramme-fuer-gemeinnuetzige-organisationen/156250)

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 27.08.2020

Bundesseniorenministerin Giffey legt dem Kabinett den Achten Altersbericht vor

Die Digitalisierung bietet älteren Menschen viele Chancen, um möglichst lange ein selbständiges und eigenverantwortliches Leben führen zu können. Das ist eines der zentralen Ergebnisse aus dem Achten Altersbericht der Bundesregierung, den Bundesseniorenministerin Dr. Franziska Giffey vorgestellt hat. Vom Bundeskabinett wurde heute dazu eine Stellungnahme beschlossen.

Die interdisziplinär zusammengesetzte Achte Altersberichtskommission unter der Leitung von Professor Dr. Andreas Kruse hatte den Auftrag herauszuarbeiten, welchen Beitrag Digitalisierung und Technik zu einem guten Leben im Alter leisten können. Die Kommission beendete ihre Arbeit bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Die Erkenntnisse der Sachverständigen sind gerade jetzt aber besonders wertvoll. Denn sie zeigen, welchen Einfluss die rasant fortschreitende Digitalisierung auf das Leben älterer Menschen hat und welche Möglichkeiten das Unterstützungspotenzial digitaler Technik gerade in Krisenzeiten bietet.

Bundesseniorenministerin Dr. Franziska Giffey: „Die Digitalisierung birgt gerade auch für ältere Menschen ein riesiges Potenzial, das wir noch viel stärker ausschöpfen müssen. Es geht nicht nur um das Skypen mit den Enkelkindern oder Einkaufen übers Internet. Entscheidend dafür ist, dass wir die digitalen Angebote stärker an den Bedürfnissen ausrichten und die älteren Menschen dabei unterstützen, mit der Entwicklung Schritt zu halten. Zugleich gilt es, die digitale Kluft, die es innerhalb der älteren Generation gibt, abzubauen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Seniorinnen und Senioren abgehängt werden, dass ihnen der Zugang zu digitalen Angeboten und damit auch zur Teilhabe versperrt ist“.

Der Achte Altersbericht befasst sich mit Entwicklung und Anwendung digitaler Technologien sowie mit deren Auswirkungen vor allem in den Lebensbereichen Wohnen, Mobilität, soziale Integration, Gesundheit, Pflege und auch mit dem Leben im Quartier. Darüber hinaus unterstreicht er die Bedeutung von digitaler Souveränität, die Voraussetzung ist für digitale Teilhabe. Anregungen geben die Sachverständigen auch zum Umgang mit ethischen Fragen, die beim Einsatz von digitalen Technologien entstehen können.

In ihrer Stellungnahme zeigt die Bundesregierung auf, dass bereits vielfältige Maßnahmen eingeleitet wurden, um in den von den Sachverständigen angesprochenen Bereichen gute Teilhabemöglichkeiten gerade auch für ältere Menschen zu schaffen und die angemahnten Infrastrukturen auf den Weg zu bringen. Sachverständige und Bundesregierung betonen gleichermaßen die Bedeutung der Einstellung der älteren Menschen, denn es liegt auch in der Hand der älteren Menschen selbst, digitalen Technologien mit Offenheit gegenüberzutreten.

Die aktuelle Pandemie-Situation bietet somit auch eine Chance, sich mit den Vorteilen und Nutzungsmöglichkeiten der digitalen Technik vielleicht erstmals auseinanderzusetzen.

Die Altersberichterstattung geht zurück auf einen Beschluss des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 1994. Er gibt der Bundesregierung auf, in jeder Legislaturperiode einen Bericht zur Lebenssituation von älteren Menschen in Deutschland zu erstellen. Erarbeitet werden die Berichte von unabhängigen Sachverständigenkommissionen, die mit Expertinnen und Experten unterschiedlicher Fachrichtungen besetzt werden. Bislang sind folgende Altersberichte erschienen:

1993: Erster Altersbericht „Die Lebenssituation älterer Menschen in Deutschland“

1998: Zweiter Altersbericht „Wohnen im Alter“

2001: Dritter Altersbericht „Alter und Gesellschaft“

2002: Vierter Altersbericht „Risiken, Lebensqualität und Versorgung Hochaltriger – unter besonderer Berücksichtigung demenzieller Erkrankungen“

2006: Fünfter Altersbericht „Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft. Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen“

2010: Sechster Altersbericht „Altersbilder in der Gesellschaft“

2016: Siebter Altersbericht „Sorge und Mitverantwortung in der Kommune – Aufbau und Sicherung zukunftsfähiger Gemeinschaften“

Link zum Achten Altersbericht: www.bmfsfj.de/altersbericht

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12.08.2020

  • In Deutschland leben etwa 1,3 Millionen Mütter und 180.000 Väter allein mit minderjährigen Kindern im Haushalt. Das ist ungefähr jede fünfte Familie.
  • Was Alleinerziehende alles leisten, ist in der Corona-Krise besonders deutlich geworden. Aber das Armutsrisiko von Alleinerziehenden ist viermal so hoch wie das der meisten Paarfamilien mit Kindern.
  • Wir Grüne im Bundestag zeigen in unserem Fraktionsbeschluss "Alle Familien im Blick" auf, was getan werden muss, um das hohe Armutsrisiko von Alleinerziehenden zu senken und ihnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern.

Alleinerziehende haben das größte Armutsrisiko

Vier von zehn Alleinerziehenden sind von Armut betroffen. Dabei arbeiten alleinerziehende Frauen im Schnitt sogar mehr als Frauen in Paarfamilien.

Viele Alleinerziehende sind trotz Erwerbstätigkeit auf staatliche Unterstützung angewiesen. Wir setzen uns dafür ein, dass der Mindestlohn deutlich steigt und die Entgeltdiskriminierung von Frauen effektiv bekämpft wird. Minijobs wollen wir in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umwandeln und dafür sorgen, dass (zusätzliche) Erwerbstätigkeit immer auch zu einem spürbar höheren Einkommen führt.

Auch für Alleinerziehende im Hartz-IV-Bezug muss ein Leben in Würde und Teilhabe möglich sein. Dafür müssen die Regelsätze erhöht und Sanktionen abgeschafft werden.

Alleinerziehende profitieren von einer Kindergrundsicherung

Bei Alleinerziehenden reicht das Geld oft hinten und vorne nicht. Deshalb wollen wir die Art, wie in Deutschland Familien finanziell unterstützt werden, umkrempeln und gerechter gestalten: Mit einer Kindergrundsicherung. Alle Kinder sollen einen festen Garantie-Betrag bekommen. Kinder, deren Eltern kein oder nur ein geringes Einkommen haben, werden mit einem zusätzlichen GarantiePlus-Betrag unterstützt.

Mit der Kindergrundsicherung verbessern wir die Situation von Alleinerziehenden gleich mehrfach. Die Kindergrundsicherung wird nur zur Hälfte auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet. Anders als beim voll angerechneten Kindergeld bleibt also ein dickes Plus im Portemonnaie. Weil wir die Mindestbedarfe von Kindern neu berechnen, steigt automatisch auch der Mindestunterhalt.

Benachteiligung im Steuersystem

Während der Staat mit dem Ehegattensplitting verheiratete Paare durch eine Zusammenveranlagung steuerlich fördert, wollen wir das Ehegattensplitting durch eine individuelle Besteuerung ersetzen und die Steuerklasse V abschaffen. Statt Ehen fördern wir Kinder mit der Kindergrundsicherung, unabhängig von Beziehungsstatus ihrer Eltern.

Der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erreicht Alleinerziehende mit geringem Einkommen kaum. Statt einer Verdoppelung des Entlastungsbetrages wollen wir eine Steuergutschrift, die alle Alleinerziehenden in gleicher Höhe von ihrer Steuerschuld abziehen können.

Zugang zu guter Arbeit ermöglichen

Alleinerziehende haben es besonders schwer, Berufstätigkeit und Familienleben unter einen Hut zu bekommen. Daher fordern wir finanziell abgesicherte Aus- und Weiterbildungen in Teilzeit und ein Recht auf Homeoffice und flexible Vollzeit. Außerdem müssen Beschäftigte die Lage der eigenen Arbeitszeit mitbestimmen können. Denn das entscheidet oft darüber, ob Eltern bei einem Theaterstück an der Schule oder einem Elternabend in der Kita dabei sein können.

Hochwertige und flexible Betreuungsangebote erforderlich

Lange Schulferien, geschlossene Kitas und ein Schulgong, der bereits zur Mittagszeit ertönt – ob Alleinerziehende arbeiten gehen können, hängt maßgeblich von den Betreuungsangeboten für die Kinder ab. Wir fordern deshalb einen Rechtsanspruch auf ein hochwertiges ganztägiges Bildungs- und Betreuungsangebot bis zum Ende der Grundschulzeit. Alleinerziehende sind dabei in besonderem Maße auf flexible Betreuungsangebote in Kita und Schule angewiesen, vor allem, wenn sie am Wochenende, in den Ferien oder in Randzeiten arbeiten müssen.

Den Fraktionsbeschluss "Alle Familien im Blick" finden Sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/files/beschluesse/beschluss-alleinerziehende.pdf

„Die Koalition verhält sich nach dem Prinzip ,wenn ich mal nicht weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis‘. Nur dass es zur Frage der Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz längst eine Arbeitsgruppe gab, die auch Ergebnisse abgeliefert hat. Das Verhalten der Regierungsparteien in dieser Sache ist abstrus und lächerlich", kommentiert Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, die Festlegung des Koalitionsausschusses, wonach sich eine weitere Arbeitsgruppe damit befassen soll, wie Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden können. Müller weiter:

„Es sieht so aus, als wolle die Koalition das Thema bis zum Sankt Nimmerleinstag verschleppen. Diese Verschleppungstaktik der Koalition muss ein Ende haben. Die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz ist längt überfällig. Ich fordere SPD und Union auf, sich an ihren eigenen Koalitionsvertrag zu halten, und dem Parlament endlich einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Zudem muss die Blockadehaltung gegenüber den Gesetzentwürfen von LINKEN und Grünen endlich ein Ende haben. Nach jahrelangen Debatten hinter verschlossenen Türen muss nun das Parlament offen über den besten Vorschlag diskutieren können."

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 26.08.2020

„DIE LINKE befürwortet die Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung, denn die gerechte Verteilung von Arbeitszeit kann Arbeitsplätze sichern. Aber es darf eine Arbeitszeitreduzierung nur mit Lohnausgleich geben. Alles andere wäre eine inakzeptable Gehaltskürzung. Die Beschäftigten dürfen nicht alleine die Kosten der Corona-Krise und für die verfehlten Managemententscheidungen in der Industrie bezahlen", kommentiert Susanne Ferschl, stellv. Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, die Offenheit von Hubertus Heil zum Vorschlag der IG Metall zur Einführung einer Vier-Tage-Woche. Ferschl weiter:

„Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Debatte über Arbeitszeitverkürzung. Der Kampf um die 35-Stunden-Woche hat gezeigt, wie wichtig es ist, aus Arbeitszeitfragen große gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen zu machen. Das wird nur mit starken Gewerkschaften gelingen. Um die Gewerkschaften in der Arbeitszeitfrage zu unterstützen, braucht es mehr als nur Offenheit für ihre Vorschläge. Statt die tägliche Arbeitszeit auf zwölf Stunden zu verlängern, wie im Zuge der Covid-19-Maßnahmen geschehen, sollte Minister Heil dafür sorgen, dass das EU-Recht umgesetzt wird und die Arbeitgeber im Arbeitszeitgesetz zwingend dazu verpflichtet werden, die Arbeitszeiten zu dokumentieren. Bezahlte, aber vor allem unbezahlte Überstunden vernichteten 2018 rein rechnerisch 1,23 Millionen Vollzeit-Arbeitsplätze."

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 19.08.2020

„Minijobs sind nicht krisensicher. In der Corona-Krise verloren Minijobbende als Erste ihre Beschäftigung. Ohne Anspruch auf Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld rutschten viele direkt in das Hartz-IV-System oder standen gar komplett ohne Hilfe da“, kommentiert Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, die heute veröffentlichten Quartalszahlen der Minijob-Zentrale, wonach die geringfügige Beschäftigung gegenüber dem Vorjahr um 12,4 Prozent gesunken ist. Ferschl weiter:

„Für die Flexibilität der Unternehmen zahlen die Beschäftigten einen hohen Preis, und das Minijob-Versprechen ‚brutto gleich netto‘ wurde angesichts der Krise für viele Betroffene zum Bumerang. Denn Minijobs sind nicht existenzsichernd und auch kein Sprungbrett in den regulären Arbeitsmarkt, sondern allzu oft und besonders für Frauen eine Sackgasse. Angesichts der besonderen Härten für Minijobbende in der Corona-Krise darf es kein ‚Weiter-so‘ geben, denn Beschäftigte sind keine Manövriermasse zur Sicherung unternehmerischer Flexibilität – sie brauchen sozialen Schutz. Minijobbende müssen deshalb in den Schutz der Sozialversicherungssysteme eingegliedert werden, nur dann haben sie auch in Krisenzeiten Anspruch auf Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld.

DIE LINKE fordert, dass Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt werden und eine gesetzliche Mindeststundenzahl von 22 Stunden pro Woche eingeführt wird, von der nur auf ausdrücklichen Wunsch der Beschäftigten abgewichen werden darf.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 10.08.2020

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit heute veröffentlichtem Beschluss §34 Abs.1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, Abs. 4 bis Abs. 7 und § 34a Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in der Fassung vom 24.März 2011 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 SGB XII für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Die angegriffenen Regelungen stellen eine unzulässige Aufgabenübertragung dar und verletzen die Beschwerdeführerinnen, kreisfreie Städte des Landes Nordrhein-Westfalen, in ihrem Recht auf Selbstverwaltung. Die Regelungen bleiben jedoch bis zum 31. Dezember 2021 weiter anwendbar. Die in § 34 Abs. 2 Satz1 Nr. 2 und Abs. 3 SGB XII geregelten Aufgaben entsprechen dagegen inhaltsgleich bereits früher auf die Kommunen als örtliche Träger der Sozialhilfe übertragenen Aufgaben und sind mit dem Grundgesetz vereinbar.

Sachverhalt:

§ 34 SGB XII in der verfahrensgegenständlichen Fassung bestimmt, für welche Bedarfe Leistungen für Bildung und Teilhabe erbracht werden; §34a SGB XII enthält Vorgaben für die Gewährung der Bedarfe. Der Gesetzgeber reagierte mit dem Erlass dieser Vorschriften auf das Hartz IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010. Dieses hatte ihm unter anderem aufgegeben, alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren nach dem tatsächlichen Bedarf folgerichtig und realitätsgerecht zu bemessen.

Die Beschwerdeführerinnen machen im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde geltend, dass die angegriffenen Vorschriften gegen Art.84 Abs. 1 Satz 7 GG verstießen, weil die Regelungen die ihnen als örtlichen Trägern der Sozialhilfe bereits zugewiesenen Aufgaben wesentlich verändert, erweitert und um neue Aufgaben ergänzt hätten.

Wesentliche Erwägungen des Senats:

I. Art. 28 Abs. 2 GG wird durch das Durchgriffsverbot des Art.84 Abs. 1 Satz 7 GG näher ausgestaltet. Es untersagt dem Bund, den Kommunen neue Aufgaben zu übertragen. Ein Fall des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG liegt vor, wenn ein Bundesgesetz den Kommunen erstmals eine bestimmte Aufgabe zuweist oder eine damit funktional äquivalente Erweiterung einer bundesgesetzlich bereits zugewiesenen Aufgabe vornimmt. Eine Anpassung bundesgesetzlich bereits zugewiesener Aufgaben an veränderte ökonomische und soziale Umstände ist dagegen nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG zulässig.

1. Art.28 Abs. 2 GG schützt die Kommunen nicht nur vor einer (unverhältnismäßigen) Entziehung von Aufgaben, sondern auch vor einer entsprechenden Aufgabenzuweisung. Die Kommunen müssen die Erledigung neu zugewiesener Aufgaben innerhalb ihrer Verwaltung organisieren und hierfür die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen bereitstellen. Tendenziell ist die Zuweisung einer neuen Aufgabe an die Kommunen daher geeignet, die Übernahme, die Beibehaltung und den Ausbau freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben zu erschweren oder sogar zu verhindern.

2. Ein Fall des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG, der Art. 28 Abs. 2 GG näher ausgestaltet, liegt demnach vor, wenn ein Bundesgesetz den Kommunen erstmals eine bestimmte (Verwaltungs‑)Aufgabe zuweist oder eine damit funktional äquivalente Erweiterung einer bundesgesetzlich bereits zugewiesenen Aufgabe vornimmt.

Eine Aufgabenübertragung im Sinne des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG liegt vor, wenn Gemeinden und Gemeindeverbänden durch Bundesgesetz eine bestimmte Tätigkeit zur Pflicht gemacht und ihnen insoweit die Sach- und/oder die Wahrnehmungskompetenz zugewiesen wird. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn den Kommunen Tätigkeiten gegenüber dem Bürger auferlegt und sie zu deren Erfüllung verpflichtet werden. Daneben erfasst die Vorschrift bundesgesetzlich angeordnete Vorgaben für die kommunale Verwaltungstätigkeit wie Informations-, Berichts- und Kontrollpflichten, die nicht nur die kommunale Organisations- und Personalhoheit, sondern wegen der damit typischerweise verbundenen Kosten auch die Finanzhoheit berühren.

Eine Erweiterung bereits bundesgesetzlich übertragener Aufgaben unterfällt Art. 84 Abs.1 Satz 7 GG dann, wenn sie in ihren Wirkungen auf das Schutzgut des Art. 28 Abs. 2 GG einer erstmaligen Aufgabenübertragung gleichkommt. Eine demnach funktional äquivalente Erweiterung einer bundesgesetzlich bereits übertragenen Aufgabe ist anzunehmen, wenn ihre Maßstäbe, Tatbestandsvoraussetzungen oder Standards so verändert werden, dass damit mehr als unerhebliche Auswirkungen auf die Organisations-, Personal- und Finanzhoheit der Kommunen verbunden sind. Eine Änderung bundesgesetzlich zugewiesener Aufgaben stellt eine nach Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG unzulässige Aufgabenübertragung dar, wenn sie neue Leistungstatbestände schafft, bestehende Leistungstatbestände auf neue Gruppen von Berechtigten ausweitet oder die Dauer eines Leistungsbezugs so verlängert, dass damit zugleich ihr Charakter verändert wird.

3. Eine Schranke findet das Durchgriffsverbot in der Übergangsregelung des Art. 125a Abs. 1 Satz1 GG. Auf dieser Grundlage darf der Bund eine Anpassung des kommunalen Aufgabenbestandes an veränderte Rahmenbedingungen vornehmen; was darüber hinausgeht, verstößt gegen Art. 84 Abs.1 Satz 7 GG. Auf der Grundlage von Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG kann der Bund daher Änderungen an bundesgesetzlich den Kommunen zugewiesenen Aufgaben vornehmen, wenn damit keine materiell-rechtlichen Erweiterungen verbunden sind, die den Aufgaben eine andere Bedeutung und Tragweite verleihen und zu einer entsprechend stärkeren Beeinträchtigung der kommunalen Eigenverantwortung führen. Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG ermächtigt den Bund jedenfalls zur Aufhebung bestehender Regelungen, zu kleineren Anpassungen, Aktualisierungen oder zur Verlängerung der Geltungsdauer einer Regelung.

II. Nach diesen Maßstäben erweitern die Regelungen in § 34 Abs. 1, Abs. 2 Satz1 Nr. 1 und Satz 2, Abs. 4 bis Abs. 7, § 34a SGB XII in der verfahrensgegenständlichen Fassung die bis dahin den örtlichen Trägern der Sozialhilfe zugewiesenen Aufgaben in einer gegen Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG verstoßenden Weise und verletzen die Beschwerdeführerinnen in ihrem Recht auf Selbstverwaltung. Sie überschreiten die Grenzen dessen, was dem Bund nach Art.125a Abs. 1 Satz 1 GG an Anpassung seines Regelungswerks erlaubt ist.

1. Die Beschwerdeführerinnen sind für die Gewährung der Bedarfe der Bildung und Teilhabe nach § 34, § 34a SGB XII zuständig (§3 Abs. 1 und Abs.2 Satz 1 SGB XII). Bei Inkrafttreten der §§ 34 und 34a SGB XII war ihnen als örtlichen Trägern der Sozialhilfe nur die Aufgabe übertragen, Bedarfe der Bildung und Teilhabe abzudecken (§ 31 Abs. 1 Nr.3 und § 28a SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung). Weitere Regelungen zu entsprechenden Bedarfen gab es nicht; sie waren mit den Regelbedarfen abgegolten.

2. Die zu berücksichtigenden Bedarfe sind durch die angegriffenen Regelungen deutlich ausgeweitet worden. Auf der Grundlage dieser Regelungen müssen die Kommunen nunmehr einem erweiterten Kreis an Leistungsberechtigten zusätzliche Leistungen gewähren. Bedarfe für Schulausflüge – und nicht lediglich für mehrtägige Klassenfahrten – werden anerkannt; die Bedarfe werden zudem auf Kinder, die eine Kindertageseinrichtung besuchen, erstreckt. Erstmals werden Bedarfe für die Schülerbeförderung, die Lernförderung und die Mittagsverpflegung anerkannt. Ferner werden für alle Kinder und Jugendlichen Bedarfe für die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft berücksichtigt. Anspruchsberechtigt sind nicht mehr nur Schülerinnen und Schüler, sondern auch Kinder, die eine Kindertageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird. Zudem sind nunmehr alle Kinder und Jugendlichen vor Vollendung des 18.Lebensjahres leistungsberechtigt. Schließlich werden die Leistungen – wenngleich unter einschränkenden Voraussetzungen – auch gegenüber Personen erbracht, denen keine Regelleistungen zu gewähren sind.

Die diesbezügliche Regelung des Verwaltungsverfahrens bürdet den Kommunen ebenfalls neue Lasten auf. So hängt die Berücksichtigung der Bedarfe von verschiedenen tatbestandlichen Restriktionen ab sowie von unbestimmten Rechtsbegriffen wie Angemessenheit oder Erforderlichkeit, die individuelle Wertungen voraussetzen. Das führt zu einer erheblichen organisatorischen und personellen Mehrbelastung der Kommunen beim Vollzug der in Rede stehenden Bestimmungen. Gleiches gilt mit Blick auf §34a Abs. 2 Satz 1 SGB XII, der es den Trägern der Sozialhilfe überlässt, in welcher Form sie die Leistungen erbringen.

3. Die Ausweitung der kommunalen Leistungsverpflichtung hält sich nicht mehr innerhalb der Grenzen des Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG. Zwar gilt die Zuständigkeitszuweisung des §3 Abs. 2 Satz1 SGB XII, die vor dem 1.September 2006 erlassen wurde, insoweit fort. Die angegriffenen Regelungen haben den materiellen Inhalt der Zuweisung jedoch grundlegend verändert und stellen sich insoweit überwiegend als Zuweisung neuer Aufgaben dar. Das überschreitet die dem Bund nach Art.125a Abs. 1 Satz 1 GG verbleibende Anpassungskompetenz.

III. Die Bedarfe für mehrtägige Klassenfahren (§ 34 Abs. 2 Satz1 Nr. 2 SGB XII) und die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf (§ 34 Abs. 3 SGB XII) waren dagegen bereits vor Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen in § 31 Abs. 1 Nr.3 und § 28a SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung vorgesehen; die Beschwerdeführerinnen waren hierfür als örtlicher Träger der Sozialhilfe auch zuständig. Insofern hat sich der kommunale Aufgabenbestand nicht verändert, ein Verstoß gegen Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG scheidet aus.

IV. Die mit dem Grundgesetz unvereinbaren Regelungen in §34 Abs.1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, Abs. 4 bis Abs. 7, § 34a in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 SGB XII sind bis zu einer Neuregelung zum 31.Dezember 2021 weiter anwendbar. Die aus dem Ausspruch der Nichtigkeit folgende Verwerfung der §§ 34 und 34a SGB XII hätte erhebliche Unsicherheiten zur Folge und zöge nach einer (rückwirkenden) Neuregelung gravierende verwaltungsrechtliche Probleme nach sich. Bis zu einer Neuregelung könnten die Träger der Sozialhilfe mangels gesetzlicher Grundlage keine Leistungen der Bildung und Teilhabe mehr gewähren, sodass ein menschenwürdiges Existenzminimum im Sinne des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juli 2014 (BVerfGE 137, 34) für Kinder und Jugendliche nicht mehr gewährleistet wäre. Bis zu einer Neuregelung würde somit ein verfassungswidriger Zustand geschaffen, dessen rückwirkende Heilung nicht durchgängig möglich wäre.

Quelle: Pressemitteilung Bundesverfassungsgericht vom 07.08.2020

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit haben im Jahr 2019 rund vier Millionen sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte der Kerngruppe ein monatliches Bruttoentgelt im Niedriglohnbereich erzielt. Dies entspreche einem Anteil von 18,8 Prozent, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/21734) auf eine Kleine Anfrage (19/21260) der Fraktion Die Linke. In der Antwort heißt es weiter, dass die Schwelle des unteren Entgeltbereiches 2019 bei 2.267 Euro und das Medianeinkommen bei 3.401 Euro gelegen habe.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 890 vom 01.09.2020

Die Linksfraktion verlangt Auskunft über die Entwicklung des Elterngeldes. In einer Kleinen Anfrage (19/21243) will sie unter anderem wissen, wie viele Personen das Elterngeld in den Jahren 2019 und 2020 bezogen haben, wie hoch der Anteil von Frauen, Männern und Alleinerziehenden war und wie viele Eltern den Partnerschaftsbonus beim Elterngeld Plus in Anspruch genommen haben. Zudem möchte sie erfahren, wie viele Eltern in systemrelevanten Berufen während der Corona-Pandemie von der Neuregelung Gebrauch gemacht haben, ihre Elterngeldmonate verschieben zu können, und wie viele von der Regelung profitieren, nach der Einkommensersatzleistungen während der Corona-Pandemie die Höhe des Elterngeldes nicht reduzieren.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 796 vom 30.07.2020

Die Antwort der Bundesregierung finden Sie hier: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/215/1921519.pdf

Die FDP-Fraktion verlangt Auskunft über die von der Bundesregierung angekündigte Reform des Sorge- und Umgangsrechts. In einer Kleinen Anfrage (19/21185) will sie unter anderem wissen, wann die vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebene Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht" fertiggestellt und veröffentlicht werden soll, welche Interessengruppen an der Anhörung des Familienministeriums zur Reform des Sorge- und Umgangsrecht teilgenommen haben und ob der Referentenentwurf des Ministeriums für das Gesetz zur Reform des Sorge- und Umgangsrechts den anderen Ressorts in der Bundesregierung zur Abstimmung vorgelegt wurde. Zudem möchte sie wissen, ob die Bundesregierung weiterhin den angekündigten Gesetzentwurf vorlegen wird und wann dies geschehen soll.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 796 vom 30.07.2020

Die Antwort der Bundesregierung finden Sie hier: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/214/1921489.pdf

Studie von DIW Berlin und Universität Bielefeld untersucht die Arbeitsmarktsituation von homo- und bisexuellen sowie trans-, queer und intersexuellen (LGBTQI*) Menschen in Deutschland – Diskriminierung immer noch weit verbreitet – Fast ein Drittel der Befragten geht vor Kolleg*innen nicht offen mit ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität um – LGBTQI*-Menschen outen sich häufiger in Branchen, in denen sie vergleichsweise stärker vertreten sind

Bei der gesellschaftlichen Akzeptanz und juristischen Gleichstellung von Menschen mit verschiedenen sexuellen Orientierungen sowie Menschen mit nicht-binärer Geschlechtsidentität sind in den vergangen 20 Jahren viele Fortschritte erzielt worden. Dennoch sind noch 30 Prozent dieser Menschen mit Diskriminierung im Arbeitsleben konfrontiert. Bei den Trans*-Menschen sind es sogar mehr als 40 Prozent. Dies hat eine Umfrage des Sozio-oekonomischen Panels und der Universität Bielefeld ergeben, die LGBTQI*-Menschen zu ihren Erfahrungen und Erwartungen im Arbeitsumfeld befragt hat.

Mit der Studie können bundesweit aussagekräftige Ergebnisse zur Arbeitsmarktsituation von LGBTQI*-Menschen vorgelegt werden. „Bisher wurde die empirische Forschung in Deutschland zu diesem Thema dadurch erschwert, dass die Fallzahlen in bestehenden Befragungen gering waren oder aber entsprechende Informationen in Registerdaten des Arbeitsmarkts fehlten“, berichtet SOEP-Forscherin Mirjam Fischer. Die SOEP-Befragung wurde durch eine Stichprobe an LGBTQI*-Menschen aufgestockt und durch eine Online-Befragung eines Forschungsprojekts der Universität Bielefeld ergänzt.

Höher gebildet, oftmals nicht geoutet

Während sich der Erwerbsstatus von LGBTQI*-Menschen weitestgehend mit dem der restlichen Bevölkerung deckt, gibt es deutliche Unterschiede bei der Qualifikation und den Branchen, in denen LGBTQI*-Menschen arbeiten. Der Anteil der Personen mit einer (Fach-)Hochschulreife liegt in den verwendeten Daten mit 60 Prozent unter LGBTQI*-Menschen deutlich über dem der restlichen Bevölkerung gleichen Alters (42 Prozent).

Im produzierenden Gewerbe und in der Forst- und Landwirtschaft sind LGBTQI*-Menschen unterrepräsentiert. Anteilig häufiger vertreten sind sie dagegen im Gesundheits- und Sozialwesen. Auffällig ist, dass im erstgenannten Bereich nur 57 Prozent der LGBTQI*-Menschen gegenüber Kolleg*innen offen mit ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität umgehen, während dies im Gesundheits- und Sozialwesen knapp drei Viertel der Befragten tun. Dies legt für die Autor*innen der Studie den Schluss nahe, dass LGBTQI*-Menschen bestimmte Branchen meiden, weil sie dort mehr Diskriminierung befürchten. Insgesamt sind 69 Prozent der Befragten vor Kolleg*innen, aber nur 60 Prozent vor Vorgesetzten geoutet.

Offenes Betriebsklima macht Arbeitsplatz für LGBTQI*-Menschen attraktiver

Fragt man LGBTQI*-Menschen nach den Erwartungen an ihr Arbeitsumfeld, rangiert ein offenes Betriebsklima ihnen gegenüber weit oben. „Wenn LGBTQI*-Menschen bestimmte Branchen und Unternehmen meiden, sie gleichzeitig aber höher gebildet sind, dann sollte allein schon diese Erkenntnis ein Anreiz für Unternehmen sein, ein diskriminierungsarmes Arbeitsumfeld zu schaffen, damit Arbeitsplätze für diese Zielgruppe attraktiver werden“, schließt Studienautorin Lisa de Vries von der Universität Bielefeld aus den Ergebnissen. Es sei wichtig, dass sich Unternehmen in Bezug auf die Gleichstellung von LGBTQI*-Menschen klar positionieren, zum Beispiel in Stellenausschreibungen, auf der Website, aber auch im Betrieb selbst, schlagen die Autor*innen vor. Das signalisiere, dass man auch dann auf Verständnis trifft, wenn bei diesem Arbeitgeber Diskriminierungserfahrungen gemacht werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 02.09.2020

Vier Studien auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) – Geflüchtete gehören meist zur besser gebildeten Hälfte ihrer Herkunftsgesellschaft – Eigene hohe Erwartungen an die Aufnahme einer Beschäftigung erfüllten sich teilweise – Schulische und außerschulische Integration geflüchteter Kinder und Jugendlicher vielfach erfolgreich – Sorgen in der hiesigen Bevölkerung über Zuwanderung nehmen ab – Geflüchtete sorgen sich mehr um Fremdenfeindlichkeit

Vor fünf Jahren erreichte die Fluchtzuwanderung in Deutschland ihren Höhepunkt. Bundeskanzlerin Angela Merkel begegnete den Sorgen in der Bevölkerung mit dem Satz „Wir schaffen das“. Inwieweit Geflüchtete mittlerweile in Deutschland integriert sind und wie das Zusammenleben gelingt, haben WissenschaftlerInnen am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in vier Studien untersucht. Gemeinsame Datengrundlage ist die IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten, eine repräsentative Längsschnittbefragung.

„Die Studien zeigen, dass in vielen Bereichen die Integration von Geflüchteten bereits gelungen ist“, sagt C. Katharina Spieß, Ökonomin und Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin. „Es werden aber auch in den nächsten Jahren weitere Anstrengungen auf beiden Seiten – der Zuwanderungs- wie der Aufnahmebevölkerung – notwendig sein. Diese sollten wir als wichtige Investitionen für die Zukunft unserer Gesellschaft verstehen.“

Geflüchtete hatten hohe Erwartungen an eine Beschäftigungsaufnahme

Im Zuge der hohen Fluchtmigration nach Deutschland wurde häufig diskutiert, wie schnell Erfolge bei der Arbeitsmarktintegration zu erwarten sind. Eine Studie untersuchte nun erstmals die Erwartungen der Geflüchteten selbst. Die Ergebnisse: Zwei von drei Geflüchteten schätzten 2016 ihre Chancen, bereits zwei Jahre später erwerbstätig zu sein, als hoch ein. Insbesondere Männer und höher Gebildete hatten große Erwartungen. Ein Drittel der Geflüchteten hatte eher keine Beschäftigung erwartet. Während sich für rund die Hälfte der Geflüchteten ihre – positiven wie negativen – Erwartungen bestätigt haben, konnte etwa ein Drittel anders als erhofft keinen Arbeitsplatz finden. „Geflüchtete können sich meist vor ihrer Ankunft in Deutschland nicht in gleichem Maße wie andere Zuwanderergruppen über den hiesigen Arbeitsmarkt informieren“, sagt Felicitas Schikora, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) am DIW Berlin. „Gleichzeitig können sich enttäuschte Erwartungen negativ auf die Integration auswirken. Deshalb spielen Erwartungsmanagement und Transparenz über Anforderungen und Qualifizierungsmöglichkeiten für sie eine wichtige Rolle.“

Geflüchtete gehören zur gebildeteren Hälfte ihrer Herkunftsgesellschaft – dies kann ihre Integration positiv beeinflussen

Neben Sprachkenntnissen ist die formale Bildung der Geflüchteten für eine qualifizierte Beschäftigung entscheidend. Diese wird meist nach den Standards des Ziellands bewertet. Danach gemessen haben Geflüchtete häufig einen niedrigen Abschluss. Ein anderes Bild ergibt sich, wenn die Bildung im Vergleich zur Herkunftsgesellschaft betrachtet wird: Denn die meisten Geflüchteten gehören zur gebildeteren Hälfte im jeweiligen Herkunftsland. Beispielsweise zählen 75 Prozent der nach Deutschland geflüchteten SyrerInnen, der größten Gruppe unten den Asylsuchenden, in ihrer Heimat zur höher gebildeten Bevölkerungshälfte. Das kann sich positiv auf die Integration im Zielland auswirken. „Aus der Forschung wissen wir, dass Zugewanderte, die in der Herkunftsgesellschaft zur gebildeteren Hälfte gehörten, schneller Deutsch lernen. Sie sind oft gesünder und erfolgreicher auf dem Arbeitsmarkt. Zudem erhalten ihre Kinder eine bessere Bildung“, so Cornelia Kristen, Professorin für Soziologie an der Universität Bamberg und Senior Research Fellow im SOEP am DIW Berlin.

Schulische und außerschulische Integration ist in vielen Bereichen gelungen

In den Schulen sind Kinder und Jugendliche geflüchteter Familien meist gut integriert. So äußern sie ein großes Zugehörigkeitsgefühl zu ihrer Schule – und das sogar häufiger als andere Gleichaltrige. Zudem nutzen überdurchschnittlich viele von ihnen Ganztagsschulen und Hortangebote. Sie stehen so ganztägig in Kontakt mit Gleichaltrigen der Aufnahmegesellschaft. Nachholbedarf gibt es noch bei außercurricularen Aktivitäten in der Schule und in der außerschulischen Integration. Denn geflüchtete Kinder und Jugendliche sind in freiwilligen Bildungsangeboten noch unterrepräsentiert. Sie nehmen beispielsweise nur halb so oft an Schul-AGs teil. In Sportvereinen liegt ihre Mitgliederquote um 18 Prozentpunkte niedriger als bei Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund. „Hier sollten Schulen und Vereine noch stärker werben. Denn gerade der gemeinsame Sport in der Schul-AG oder im Verein kann den Austausch zwischen Kindern mit und ohne Fluchthintergrund fördern und so zur Integration beitragen“, empfiehlt Studienautorin Spieß.

„Integration ist ein langfristiges Projekt“

Der hohe Zuzug von Geflüchteten in den Jahren 2015 und 2016 war auch mit Sorgen in der deutschen Aufnahmegesellschaft verbunden. Eine weitere Studie zeigt, dass diese Sorgen in der Bevölkerung Deutschlands seit 2016 abnehmen – auch wenn sie noch über dem Niveau von 2013 liegen. Der Anteil der Befragten, der sich „große Sorgen“ über Zuwanderung macht, ist von 46 Prozent im Jahr 2016 auf 32 Prozent im Jahr 2018 gesunken. Im Gegensatz dazu steigen die Sorgen um Fremdenfeindlichkeit bei den Geflüchteten an. „Gegenseitiges Vertrauen könnte durch persönliche Kontakte zwischen Geflüchteten und Einheimischen gefördert werden“, sagt SOEP-Wissenschaftlerin Katja Schmidt. Im Jahr 2018 hatte aber nur etwa die Hälfte der Geflüchteten regelmäßige Kontakte zur deutschen Bevölkerung.

„Die Integration von Geflüchteten ist noch nicht abgeschlossen. Sie ist ein langfristiges gesellschaftliches Projekt, das weiterhin Aufmerksamkeit bedarf. Aber wir befinden uns auf einem guten Weg“, resümiert Ökonomin Spieß.

IAB-BAMF-SOEP-Befragung Geflüchteter

Die IAB-BAMF-SOEP-Befragung Geflüchteter wird gemeinsam vom Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) am DIW Berlin, vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie dem Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) durchgeführt. Es handelt sich um eine repräsentative Wiederholungsbefragung von Geflüchteten, die in den Jahren 2013 bis 2016 nach Deutschland gekommen sind. Insgesamt wurden bislang 7.950 Geflüchtete befragt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 19.08.2020

DIW Berlin kooperiert mit Verein Mein Grundeinkommen und begleitet drei Jahre lang experimentelle Studie mit 1500 ProbandInnen wissenschaftlich – 140.000 private SpenderInnen finanzieren Studie – Rekrutierungsphase der StudienteilnehmerInnen beginnt ab sofort

Die derzeitige Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen beruht selten auf fundiertem Wissen. Eine gemeinsame Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und des Vereins Mein Grundeinkommen soll das ändern und neue, empirische Maßstäbe setzen. „Diese Studie ist eine Riesenchance, um die uns seit Jahren begleitende theoretische Debatte über das bedingungslose Grundeinkommen in die soziale Wirklichkeit überführen zu können. Bisherige weltweite Experimente sind für die aktuelle Debatte in Deutschland weitgehend unbrauchbar. Mit diesem lang angelegten Pilotprojekt für Deutschland betreten wir wissenschaftliches Neuland“, sagt Jürgen Schupp, Senior Research Fellow des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) am DIW Berlin.

Mit dem heutigen Tag beginnt die Rekrutierungsphase für am Ende 1500 ProbandInnen der Langzeitstudie, von denen 120 nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden, die drei Jahre lang monatlich 1200 Euro erhalten – bedingungslos. Die restlichen einbezogenen 1380 StudienteilnehmerInnen dienen als Vergleichsgruppe, um sichergehen zu können, dass in der Studie zu beobachtende Veränderungen tatsächlich auf das ausgezahlte Grundeinkommen zurückzuführen sind.

„Wir wollen herausfinden, wie ein bedingungsloses Grundeinkommen Menschen und Gesellschaft verändert. Wir wollen wissen, was es mit Verhalten und Einstellungen macht und ob das Grundeinkommen helfen kann, mit den gegenwärtigen Herausforderungen unserer Gesellschaft umzugehen“, sagt Michael Bohmeyer, Initiator des Vereins Mein Grundeinkommen.

Keine Bedingungen bei der Auszahlung

Die TeilnehmerInnen des Pilotprojekts, das unter dem Motto „Wir wollen es wissen“ steht, müssen keine Bedürftigkeit belegen und können unbegrenzt Geld hinzuverdienen, wenn sie wollen. Der Betrag des gezahlten Grundeinkommens orientiert sich an der Armutsgefährdungsgrenze. Das heißt, er liegt über dem Einkommensbetrag, ab welchem die Möglichkeiten zur Lebenserhaltung und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben eingeschränkt sind.

Da menschliche Entscheidungsprozesse hochkomplex sind und der Fokus auch auf Veränderungen von Entscheidungen und kognitiven Fähigkeiten der TeilnehmerInnen liegt, wird die Studie außerdem von WissenschaftlerInnen des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern sowie der Universität zu Köln durch psychologische und verhaltensökonomische Forschung unterstützt.

Eine Million BewerberInnen haben die Chance teilzunehmen

Die Bewerbung zur Teilnahme ist für alle möglich, die ihren ersten Wohnsitz in Deutschland haben und mindestens 18 Jahre alt sind. Zur Bewerbung muss ein Online-Fragebogen mit Kontaktinformationen, Angaben zu Geschlecht, Kinderanzahl und Anzahl der Personen im Haushalt sowie einigen Daten zur Lebenssituation, wie den höchsten erworbenen Schulabschluss, Nettoeinkommen und den Erhalt von Sozialleistungen, ausgefüllt werden. Die Studie startet, sobald sich entweder eine Million Menschen unter www.pilotprojekt-grundeinkommen.de zur Studienteilnahme beworben haben oder spätestens am 10. November 2020 mit den bis dahin eingeschriebenen Personen. Diese große Zahl ist notwendig, da die Datenqualität enorm verbessert wird, wenn die Grundmenge der BewerberInnen, aus der die TeilnehmerInnen ausgewählt werden, möglichst groß und vielfältig ist.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 18.08.2020

Beschäftigte, die ihr Einkommen nach Lohnsteuerklasse V versteuern, verlieren beim Bezug von Krankengeld, Arbeitslosengeld I und Elterngeld schnell mehrere hundert Euro monatlich im Vergleich zu Personen mit gleichem Bruttoeinkommen und Lohnsteuerklasse III. Besonders groß ist der Rückstand beim Krankengeld: maximal 697 Euro weniger gibt es im Monat, obwohl ebenso viel an Sozialbeiträgen gezahlt wurde, zeigen Berechnungen in einer neuen, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie.* Das liegt daran, dass diese Lohnersatzleistungen, wie auch das Kurzarbeitergeld, anhand des Nettoeinkommens berechnet werden und in der Lohnsteuerklasse V überproportional hohe Steuerabzüge das Netto reduzieren. Da in dieser Lohnsteuerklasse sowohl bei der Berechnung des Nettoeinkommens, als auch beim Bezug von Lohnersatzleistungen zu rund 90 Prozent verheiratete Frauen sind, stellen diese Steuerregelungen nach Einschätzung der Studienautorinnen Dr. Ulrike Spangenberg, Prof. Dr. Gisela Färber und Corinna Späth eine mittelbare Geschlechterdiskriminierung dar und verstoßen gegen den Artikel 3 des Grundgesetzes. Nach Analyse der Juristin und der beiden Finanzwissenschaftlerinnen verletzen Detailregelungen beim Elterngeld zudem auch den in Artikel 6 GG gebotenen besonderen Schutz der Familie, weil sie unverheiratete Eltern und Alleinerziehende benachteiligen. Die Forscherinnen vom Institut für gleichstellungsorientierte Prozesse und Strategien in Berlin und von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer skizzieren Optionen für eine Reform, die die vor allem Frauen treffenden Benachteiligungen in Bezug auf die Höhe des Nettoeinkommens und die Höhe von Lohnersatzleistungen beenden würde. Umgekehrt würden die bislang nach Klasse III besteuerten Personen – meist die Ehemänner – beim Nettoeinkommen und beim Anspruch auf Lohnersatzleistungen weniger Geld erhalten als bisher. Muss diese Person Lohnersatzleistungen beziehen, könnte sich dadurch auch das Gesamteinkommen des Haushalts reduzieren. Diese Einkommensverluste ließen sich, so die Forscherinnen, aber durch eine Anhebung der Lohnersatzraten für alle Beschäftigten kompensieren – unabhängig von Geschlecht oder Familienstand.

Bei vielen verheirateten Paaren versteuert die Person mit dem höheren Bruttoeinkommen – meist der Ehemann – nach Steuerklasse III, die Ehefrau ist häufig in Steuerklasse V. Der finanzielle Vorteil des Ehegattensplittings fällt dann bei der Person in Steuerklasse III an, weil hier unter anderem die gemeinsamen Grundfreibeträge angerechnet werden. Die Person in Steuerklasse III erzielt demzufolge ein höheres monatliches Nettoeinkommen als eine ledige Person mit gleichem Bruttoeinkommen. Demgegenüber zahlt die Person in Lohnsteuerklasse V nicht nur im Verhältnis zu Ledigen deutlich höhere Lohnsteuern und erhält entsprechend weniger netto ausbezahlt. Sie trägt auch einen Teil der Lohnsteuer in Steuerklasse III mit. Die Person in Steuerklasse V „überzahlt“ also bei der Lohnsteuer, während die Person in III „unterzahlt“. Schaut man auf das Netto-Gesamteinkommen des Paares, ist es durch das Splitting fast immer höher als das von zwei Unverheirateten. Allerdings bei deutlicher individueller Unwucht: „Die Vorteile der Steuerklassenkombination III/V für das monatliche Haushaltseinkommen werden durch Nachteile zulasten von Frauen erkauft“, schreiben Spangenberg, Färber und Späth. Einen rechtlichen Anspruch, dass die Person in Lohnsteuerklasse III den finanziellen Vorteil teilt, gibt es nur dann, so der Bundesgerichtshof, wenn die Eheleute ausdrücklich vereinbaren, dass die zu viel gezahlte Lohnsteuer oder der Verlust bei den Lohnersatzleistungen eheintern ausgeglichen wird.

Gleich viel in die Sozialkassen bezahlt, trotzdem bis zu 697 Euro weniger Anspruch

Besonders drastisch wirken sich die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Steuerklassen beim Bezug von Lohnersatzleistungen aus. Denn die werden meist als prozentualer Anteil vom individuellen Nettoeinkommen berechnet. Eigentlich ein übersichtliches, pragmatisches Verfahren. In Kombination mit den Steuerklassen III und V führt es allerdings zu erheblichen finanziellen Ungleichheiten, die faktisch meistens Frauen benachteiligen. Für Krankengeld, Arbeitslosengeld I und Elterngeld haben die Wissenschaftlerinnen die Effekte beispielhaft berechnet. Dazu vergleichen sie, wie hoch die Leistungen an Personen in den Lohnsteuerklassen III und V sind, die ein gleich hohes Bruttoeinkommen haben – und dementsprechend zuvor gleich viel an Beiträgen für die Kranken- und die Arbeitslosenversicherung gezahlt haben:

– Beim Krankengeld ist die Differenz am größten bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 5000 Euro. Eine Person in Lohnsteuerklasse III erhält ein Netto-Krankengeld von 2682 Euro, in Steuerklasse V sind es hingegen nur 1985 Euro monatlich, also 697 Euro weniger. Das entspricht einem Unterschied von 26 Prozent (siehe auch Tabelle 10 in der Studie; Link unten). Ähnlich groß ist die prozentuale Differenz durchgängig ab einem Monatsbrutto von 2500 Euro. Am geringsten ist der relative Unterschied mit je sechs Prozent bei geringen Beispieleinkommen von rund 830 Euro brutto im Monat und bei hohen von knapp 6700 Euro.

– Um maximal 635 Euro unterscheiden sich die monatlichen Zahlungen beim Arbeitslosengeld I. Soviel weniger erhalten Beschäftigte mit Steuerklasse V bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von rund 6700 Euro im Vergleich zur Steuerklasse III. Das entspricht einer Differenz von 26 Prozent (siehe Tabelle 34 in der Studie). Sogar 27 Prozent beträgt der relative Abstand bei einem Bruttoeinkommen zwischen 2500 und 5000 Euro monatlich. Und selbst bei niedrigen Bruttoeinkommen liegen die Ansprüche mit unterschiedlichen Steuerklassen noch um mindestens 12 Prozent auseinander.

– Auch beim Elterngeld macht die Lohnsteuerklasse V einen deutlichen Unterschied. Hier ergibt sich die maximale Differenz bei einem Bruttoeinkommen von knapp 4200 Euro monatlich. Eine Person in Klasse III erhält 1789 Euro monatlich, während es in Steuerklasse V nur 1292 Euro gibt und damit 497 Euro weniger. Das entspricht einer relativen Differenz von 28 Prozent. Sogar 29 Prozent beträgt der Abstand bei einem Monatsbrutto von 2500 Euro (siehe Tabelle 22). Anders als bei Kranken- oder Arbeitslosengeld hat die Person in Klasse V, also meist die werdende Mutter, die Möglichkeit, kurzfristig noch in Lohnsteuerklasse III zu wechseln und so ein höheres Elterngeld zu beziehen. Das gilt allerdings nur bei verheirateten Paaren, weshalb die Expertinnen hier eine verfassungswidrige Benachteiligung von Alleinerziehenden und Eltern ohne Trauschein attestieren.

Mittelbare Diskriminierung trotz geschlechtsneutraler Formulierungen im Gesetz

Grundsätzlich sind die entsprechenden Steuergesetze natürlich geschlechtsneutral formuliert, keine Regelung „zwingt“ Verheiratete dazu, dass der Mann in Steuerklasse III versteuert und die Frau in Klasse V. Es gibt mit der Lohnsteuerklasse IV für beide oder dem so genannten Faktorverfahren sogar längst eine Alternative, die die Unwucht minimiert. Doch viele Paare bleiben bei der traditionellen Aufteilung, auch weil das Steuersystem entsprechende Anreize setzt. Denn Paare mit den Lohnsteuerklassen III/V haben zwar bei der endgültigen Berechnung der Jahreseinkommensteuer im Rahmen der Einkommensteuererklärung keinen größeren Splittingeffekt, wohl aber einen Zeitvorteil. Denn anders als bei IV/IV oder beim Faktorverfahren sind ihre unterjährig laufenden monatlichen Abzüge meist zu niedrig angesetzt. Das führt zwar zu Steuernachforderungen des Finanzamtes, diese fallen aber frühestens ein Jahr später bei der Einkommensteuererklärung an. Zudem ist das Faktorverfahren für die Steuerzahlenden bislang bürokratisch aufwendiger. Wer die Lohnsteuerklassen IV/IV ohne Faktor wählt, kann den Splittingvorteil sogar erst nachträglich über den Lohnsteuerjahresausgleich geltend machen.

Unter dem Strich seien die Regelungen zu den Steuerklassen III/V nicht mit der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes vereinbar, betonen die Juristin Spangenberg, die Finanzwissenschaftlerin Färber und die Verwaltungswissenschaftlerin Späth. Denn auch geschlechtsneutral formulierte Regelungen könnten „diskriminierend sein, wenn sie sich faktisch, das heißt in der gesellschaftlichen Realität, zum Nachteil von Frauen auswirken.“ Und das stehe außer Zweifel, insbesondere beim Bezug von Lohnersatzleistungen: Im Jahr 2015 waren 93 Prozent der Personen mit einer Ersatzleistung und Steuerklasse V Frauen. Im Vergleich zum Prozentsatz von Frauen in Steuerklasse III bei der Berechnung des Nettoeinkommens (21 Prozent) ist der Prozentsatz in Steuerklasse III beim Bezug von Lohnersatzleistungen mit 43 Prozent zwar relativ hoch. Das liegt aber vor allem an den Wechselmöglichkeiten beim Elterngeld. Beim Arbeitslosen- oder Krankengeld gilt der Wechsel von V zu III in der Regel als rechtsmissbräuchlich.

Steuerklasse IV für beide Partner und finanzielle Flankierung

Als Reformoption für die Berechnung des monatlichen Nettoeinkommens sehen die Wissenschaftlerinnen die Abschaffung von Steuerklasse V. Die bestehende Alternative, Steuerklasse IV oder das Faktorverfahren für beide Eheleute, würde die „geschlechtsbezogenen Nachteile bei der Berechnung der Lohnsteuer beseitigen“. Der finanzielle Vorteil des Ehegattensplittings bliebe für das Paar erhalten, er würde aber annähernd gleich aufgeteilt.

Für die Lohnersatzleistungen schlagen die Wissenschaftlerinnen generell die Berechnung anhand der Steuerklasse IV vor, um nicht nur die Nachteile der Steuerklasse V, sondern auch die Benachteiligung von Alleinerziehenden und anderen nicht verheirateten Eltern zu beseitigen. Im Beispielfall mit 5000 Euro monatlichem Bruttoeinkommen hätte jeder Partner und jede Partnerin dann Anspruch etwa auf das gleiche Krankengeld in Höhe von 2355 Euro.

Die Reformoptionen gewährleisten, dass Lohnsteuer, Nettoeinkommen und Lohnersatzleistungen auch innerhalb der Ehe gerecht aufgeteilt sind und der Höhe nach dem individuellen Bruttoeinkommen entsprechen, betonen die Forscherinnen. Sie weisen allerdings auch darauf hin, dass es bei der Reform ohne weitere Flankierung „Verlierer“ geben würde. Wer bislang nach Lohnsteuerklasse III versteuert, würde mit Steuerklasse IV einen Teil der bisherigen individuellen Vorteile beim Nettoeinkommen einbüßen. Im Fall, dass dieser Partner künftig auf – entsprechend niedrigere – Lohnersatzleistungen angewiesen ist, könnte das auch das Haushaltseinkommen des Paares insgesamt reduzieren. Um solche Effekte zu kompensieren, könnten die Lohnersatzraten für alle Beschäftigten angehoben werden, schreiben die Wissenschaftlerinnen.

Ulrike Spangenberg, Gisela Färber und Corinna Späth: Mittelbare Diskriminierung im Lohnsteuerverfahren. Auswirkungen der Lohnsteuerklassen auf Nettoeinkommen und Lohnersatzleistungen.

Working Paper der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 190, Juli 2020 Download (pdf) ›

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 23.07.2020

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat im Rahmen einer Online-Befragung rund 240 Personen gefragt, welche Bezugshöhe von Kurzarbeitergeld sie bei Alleinstehenden in bestimmten Situationen als angemessen betrachten. Das zentrale Ergebnis der IAB-Studie lautet: Die Lohnersatzquote sollte aus Sicht der Befragten nicht im Zeitablauf steigen, sondern bei einem geringeren Verdienst höher ausfallen.

Anders als vom Bundestag beschlossen würden die Befragten ab dem vierten Monat kein höheres Kurzarbeitergeld gewähren als in den ersten drei Monaten. Anlässlich der Covid-19-Pandemie wurden in Deutschland die Konditionen beim Bezug von Kurzarbeitergeld großzügiger ausgestaltet. Während das Kurzarbeitergeld bislang generell 60 Prozent des Nettolohns bei Beziehern ohne Kinder bzw. 67 Prozent bei Beziehern mit Kindern betrug, erstattet die Bundesagentur für Arbeit unter bestimmten Umständen nun ab dem vierten Monat 70 bzw. 77 Prozent und ab dem siebten Monat 80 bzw. 87 Prozent des Nettoentgelts.

Den Befragten wurden verschiedene Szenarien zu alleinstehenden Vollzeitbeschäftigten vorgelegt, bei denen sich beispielsweise der Nettoverdienst oder die monatlichen Fixkosten wie Miete unterschieden. Im Durchschnitt sahen die Befragten eine Lohnersatzquote von knapp 70 Prozent des letzten Nettolohns als angemessen an.

Im Vergleich zu einem Nettoverdienst von 2.000 Euro fielen die Antworten bei einem Nettoverdienst von 1.500 Euro vier Prozentpunkte höher und bei einem Nettoverdienst von 3.000 Euro um vier Prozentpunkte niedriger aus. Hat die im Szenario beschriebene Person hohe statt niedrige Lebenshaltungskosten, wurde ein um knapp vier Prozentpunkte höheres Kurzarbeitergeld als angemessen erachtet. Bei Betrieben, die ihren Beschäftigten einen Zuschuss in Höhe von zwanzig Prozent des Nettoverdienstes zum Kurzarbeitergeld gewähren, nahmen die Befragten einen Abschlag in Höhe von zehn Prozentpunkten vor. Befragte mit Wohnort Ostdeutschland sind deutlich restriktiver: sie sahen im Durchschnitt knapp neun Prozentpunkte weniger Kurzarbeitergeld als angemessen an als Westdeutsche. Personen, die in der Vergangenheit bereits einmal auf Arbeitslosengeld II angewiesen waren, betrachteten im Mittel zehn Prozentpunkte mehr Kurzarbeitergeld als angemessen.

Die IAB-Studie ist online abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2020/kb1720.pdf. Befragt wurden überwiegend stabil beschäftigte Personen, die über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren nicht arbeitslos gemeldet waren. Die Befragung ist nicht repräsentativ für die gesamte Erwerbsbevölkerung in Deutschland.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 20.08.2020

Mit dem Ende der Sommerferien haben die meisten Kindergärten und Kitas den Regelbetrieb wieder aufgenommen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, verdienten Beschäftigte in Kindergärten und Vorschulen im Jahr 2019 durchschnittlich knapp 20 Euro brutto in der Stunde.

Personal in Kindergärten und Vorschulen: überwiegend weiblich und in Teilzeit

Rund 94 % des Personals in Kindergärten und Vorschulen waren Frauen, fast zwei Drittel der Beschäftigten (61 %) arbeiteten in Teilzeit und mehr als zwei Drittel aller Beschäftigten (69 %) waren ausgebildete Fachkräfte. Arbeitete eine solche Fachkraft in Teilzeit, verdiente sie 2019 im Schnitt 2374 brutto monatlich. Für Fachkräfte, die in Vollzeit arbeiteten, lag der Verdienst bei durchschnittlich 3 287 Euro brutto im Monat.

Methodischer Hinweis: In den Bruttoverdiensten sind keine Sonderzahlungen enthalten.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 01.09.2020

Im Jahr 2019 wurden in Deutschland netto 32,8 Milliarden Euro für die Sozialhilfeleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGBXII) ausgegeben. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, entsprach dies einer Steigerung um 5,8% gegenüber 2018.

Von den insgesamt 32,8 Milliarden Euro Nettoausgaben für Sozialhilfeleistungen entfielen 19,3 Milliarden Euro auf die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (+6,7% zum Vorjahr). Für die Hilfe zur Pflege wurden 3,8 Milliarden Euro ausgegeben (+8,8%). In die Hilfe zum Lebensunterhalt flossen 1,5 Milliarden Euro (-0,3%) und in die Hilfen zur Gesundheit, die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten sowie die Hilfe in anderen Lebenslagen zusammen 1,3 Milliarden Euro (+3,8%).

Die Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, die vollständig aus Erstattungsmitteln des Bundes an die Länder finanziert werden, beliefen sich nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im Jahr 2019 auf 6,9 Milliarden Euro (+3,6%).

Weitere Informationen:

Ergebnisse der Statistik der Ausgaben und Einnahmen der Sozialhilfe stehen im Themenbereich Sozialhilfe zur Verfügung (seit 2017 einschließlich Erstattungszahlungen des Bundes nach § 46a SGBXII für Nettoausgaben der Sozialhilfeträger für Geldleistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4.Kapitel SGBXII an die Länder; Datenquelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales).

Methodische Hinweise:

Die hier gemachten Angaben beziehen sich auf Leistungen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB). Nicht enthalten ist zum Beispiel die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch SGBII„Hartz IV“).

Seit dem Jahr 2017 werden die Ausgaben und Einnahmen für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (4. Kapitel SGBXII) nicht mehr als Bestandteil der Statistik nach § 121 SGBXII erhoben, weil die entsprechenden Angaben bereits seit 2014 im Rahmen der Erstattungszahlungen des Bundes an die Länder nach § 46a SGBXII in Höhe von 100 Prozent der Nettoausgaben der Sozialhilfeträger für Geldleistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erfasst werden.

Zwar unterscheidet sich die Abgrenzung der erfassten Finanzdaten in der Statistik der Ausgaben und Einnahmen für das 4. Kapitel SGBXII) bis zum Berichtsjahr 2016 von derjenigen bei den Nachweisen der Länder nach § 46a SGB XII an den Bund in geringem Ausmaß, da entsprechend § 46a SGBXII nur Geldleistungen berücksichtigt werden. Das Niveau der erfassten Ausgaben ist jedoch vergleichbar. Dies liegt daran, dass

– sich die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel SGBXII selbst nicht geändert haben,

– die Leistungen weitestgehend kontinuierlich ausbezahlt werden und

– sich auch die Erfassung der Ausgaben und Einnahmen vor Ort nur hinsichtlich einheitlicher Kriterien für deren zeitliche Zuordnung geändert hat.

Für das Jahr 2016 liefert die Statistik der Ausgaben und Einnahmen der Sozialhilfe nach § 121 SGBXII auf Bundesebene für das 4. Kapitel SGBXII Nettoausgaben von 6,073Milliarden Euro und die Nachweise der Länder nach § 46a SGBXII Nettoausgaben von 6,047Milliarden Euro (Datenstand: August 2020).

Ferner können Basisdaten und lange Zeitreihen zur Statistik der Ausgaben und Einnahmen der Sozialhilfe nach § 121 SGBXII (ab dem Berichtsjahr 2017 ohne Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) über die Tabellen "Ausgaben und Einnahmen der Sozialhilfe" (22111) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 18.08.2020

Die Armutsgefährdung – gemessen an der Armutsgefährdungsquote – ist im Zeitraum von 2009 bis 2019 in allen westlichen Bundesländern und in Berlin gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, hat sich der Anteil der von Armut bedrohten Menschen in Bremen am stärksten erhöht: Dort war 2019 fast ein Viertel (24,9%) der Bevölkerung armutsgefährdet, mehr als in jedem anderen Bundesland. 2009 hatte der Anteil der armutsgefährdeten Personen in Bremen gut ein Fünftel (20,1%) betragen. Auch in Hessen (2019: 16,1%, 2009: 12,4%) und Nordrhein-Westfalen (2019: 18,5%, 2009: 15,2%) ist das Risiko, von Einkommensarmut bedroht zu sein, seit 2009 vergleichsweise stark gestiegen. Die Armutsgefährdungsquote ist ein Indikator zur Messung relativer Einkommensarmut.

Rückgang der Armutsgefährdung in östlichen Bundesländern

In den östlichen Bundesländern mit Ausnahme von Berlin ist die Armutsgefährdungsquote im Zehnjahresvergleich zurückgegangen. 2019 waren in Berlin 19,3% der Personen von Armut bedroht, 2009 waren es 19,0%. Den bundesweit stärksten Rückgang verzeichnete Mecklenburg-Vorpommern, und zwar von 23,1% im Jahr 2009 auf 19,4% im Jahr 2019.

Im Zeitverlauf entwickelte sich die Armutsgefährdung in den Bundesländern unterschiedlich und meist nicht kontinuierlich. Beispielsweise lag die Armutsgefährdungsquote in Bremen bereits im Jahr2015 bei 24,8% (0,1Prozentpunkte unter dem Stand von 2019) und fiel im Folgejahr auf 22,6%. Ähnliche Schwankungen traten auch in anderen Bundesländern auf.

Diese und weitere Ergebnisse zur Armutsgefährdung seit 2005, zum Teil in tiefer regionaler und fachlicher Gliederung, sowie detaillierte Erläuterungen zu den Datenquellen und den angewandten Berechnungsverfahren stehen im Internetangebot der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder zur Verfügung. Dort finden sich auch Armutsgefährdungsquoten, die auf Basis regional unterschiedlicher Armutsgefährdungsschwellen ermittelt wurden.

Methodische Hinweise:
Diese Ergebnisse gehen aus aktuellen Berechnungen auf Basis des Mikrozensus hervor, die von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder im Rahmen der Arbeitsgruppe „Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik“ durchgeführt wurden. Der Mikrozensus ist die größte jährliche Haushaltsbefragung in Europa. Aufgrund seiner Stichprobengröße lassen sich für alle Bundesländer verlässliche Indikatoren ermitteln und vergleichen. Das zur Ermittlung der sogenannten Armutsgefährdungsschwelle herangezogene bedarfsgewichtete Einkommen (Äquivalenzeinkommen) wird auf Basis der 1994 entwickelten neuen OECD-Skala berechnet. Nach dieser wird der ersten erwachsenen Person im Haushalt das Bedarfsgewicht 1 zugeordnet. Für die weiteren Haushaltsmitglieder werden kleinere Gewichte eingesetzt (0,5 für weitere Personen ab 14 Jahren und 0,3 für jedes Kind unter 14 Jahren), weil angenommen wird, dass sich durch gemeinsames Wirtschaften Einsparungen erreichen lassen.

Die Grundlage der hier veröffentlichten Armutsgefährdung ist die Armutsgefährdungsschwelle auf Bundesebene (Bundesmedian), die für Bund und Länder einheitlich ist und somit einen regionalen Vergleich ermöglicht. Für die Berechnung von Armutsgefährdungsquoten kommen mehrere Datenquellen der amtlichen Statistik infrage. Auf europäischer Ebene und auf Bundesebene (insbesondere im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung) wird zur Berechnung von Indikatoren zur Einkommensarmut und -verteilung die Statistik „Leben in Europa“ (EU-SILC) als Datengrundlage herangezogen. Nach den Ergebnissen der EU-SILC-Erhebung ergab sich, bezogen auf das Berichtsjahr 2018, bundesweit eine Armutsgefährdungsquote von 16,0 %. Zum Vergleich: Die auf Basis des Mikrozensus berechnete Armutsgefährdungsquote für das aktuelle Berichtsjahr 2019 lag bundesweit bei 15,9 %. Zu beachten ist, dass sich Mikrozensus und EU-SILC sowohl hinsichtlich des zugrundeliegenden Einkommenskonzepts und der Einkommenserfassung als auch hinsichtlich des Stichprobendesigns unterscheiden. Für die Darstellung vergleichbarer Indikatoren auf Bundesländerebene kann EU-SILC nicht verwendet werden, da die Stichprobe nicht groß genug ist, um die Indikatoren auch für kleinere Bundesländer auszuweisen.

Neben den dargestellten Armutsgefährdungsquoten gemessen am Bundesmedian werden im Rahmen der Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik auch Armutsgefährdungsquoten gemessen am Landes- beziehungsweise regionalen Median berechnet. Hierzu wird das mittlere Einkommen (Median) im jeweiligen Bundesland beziehungsweise in der jeweiligen Region herangezogen. Dadurch wird den Unterschieden im Einkommensniveau zwischen den Bundesländern beziehungsweise Regionen Rechnung getragen. Regionale Einkommensunterschiede werden zum Teil durch Unterschiede im Preisniveau (insbesondere im Mietniveau) ausgeglichen. Dies kann dazu führen, dass die Armutsgefährdung gemessen am Bundesmedian in prosperierenden Regionen unterschätzt und andererseits die Armut in Regionen mit einem relativ niedrigen Einkommensniveau überschätzt wird.

Armutsgefährdungsquoten sind gegenüber stichprobenbedingten Schwankungen des mittleren Einkommens (Median) nicht sehr robust. Das bedeutet, dass bereits geringe zufällige Schwankungen dieses Einkommens merkliche Veränderungen der Armutsgefährdungsquoten zur Folge haben können. Deshalb sollten nur über einen längeren Zeitraum stabile Entwicklungen inhaltlich interpretiert werden. Dies gilt insbesondere für relative Armutsrisikoquoten kleiner Bevölkerungsgruppen oder für regional tief gegliederte Ergebnisse.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 13.08.2020

Die Zahl der geborenen Kinder in Deutschland war im Jahr 2019 mit rund 778100 Babys um 9400 niedriger als im Jahr 2018. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, lag die zusammengefasste Geburtenziffer im Jahr 2019 bei 1,54 Kindern je Frau. Ein Jahr zuvor betrug sie noch 1,57 Kinder je Frau.

Bremen und Niedersachsen mit höchster Geburtenziffer

Die Geburtenziffer nahm in 14 von insgesamt 16 Bundesländern ab. Lediglich in Bayern und Bremen blieb sie unverändert auf dem Vorjahresniveau. In Bremen und Niedersachsen war die Geburtenhäufigkeit mit 1,60 Kindern je Frau am höchsten. Berlin war dagegen mit 1,41Kindern je Frau das Land mit der niedrigsten Geburtenziffer.

Bei den Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit war 2019 die Geburtenziffer mit 1,43Kindern je Frau nur geringfügig niedriger als 2018 (1,45 Kinder je Frau). Bei den Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit sank sie von 2,12 auf 2,06Kinder je Frau.

Frauen bei Geburt ihres ersten Kindesimmer älter

Frauen bekommen ihr erstes Kind immer später im Leben. Im Jahr 2019 waren Mütter bei der Erstgeburt im Durchschnitt 30,1 Jahre alt. Zehn Jahre zuvor lag das Durchschnittsalter bei Geburt des ersten Kindes noch bei 28,8 Jahren. Bei der Geburt des zweiten Kindes waren Mütter im Jahr 2019 durchschnittlich 32,2 Jahre und beim dritten Kind 33,2 Jahre alt. Im Vergleich der Bundesländer waren Frauen in Hamburg bei der Geburt Ihres ersten Kindes mit 31,2 Jahren am ältesten, in Sachsen-Anhalt dagegen mit 28,9 Jahren am jüngsten.

Im EU-Vergleich lag Deutschland 2018 im Mittelfeld

Nach Angaben des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) war die zusammengefasste Geburtenziffer in Deutschland im Jahr 2018 mit 1,57 Kindern je Frau etwas höher als im EU-Durchschnitt (1,55 Kinder je Frau). Deutschland lag damit in der EU auf dem 13. Platz. Die höchste Geburtenziffer wurde mit 1,88 Kindern je Frau in Frankreich und die niedrigste mit 1,23 Kindern je Frau auf Malta gemessen.

Nach dem Alter beim ersten Kind gehörten die Mütter in Deutschland 2018 im europäischen Vergleich zum älteren Drittel. Nach der Berechnungsmethode von Eurostat belegte Deutschland mit durchschnittlich 29,7 Jahren den 9. Platz. Am ältesten waren die Frauen bei der ersten Geburt mit 31,2 Jahren in Italien, am jüngsten mit 26,2 Jahren in Bulgarien.

Methodische Hinweise

Die zusammengefasste Geburtenziffer wird zur Beschreibung des aktuellen Geburtenverhaltens herangezogen. Sie gibt an, wie viele Kinder eine Frau im Laufe ihres Lebens bekäme, wenn ihr Geburtenverhalten so wäre wie das aller Frauen zwischen 15 und 49Jahren im betrachteten Jahr.

Das durchschnittliche Alter bei der Geburt kann mit Hilfe unterschiedlicher Angaben berechnet werden. Für Zeitvergleiche verwendet das Statistische Bundesamt in der Regel die Berechnung auf Basis der absoluten Zahlen der Geborenen nach dem Geburtsjahr der Mutter. Eurostat veröffentlicht die Ergebnisse auf Basis der altersspezifischen Geburtenziffern der Frau. Aufgrund dieser methodisch bedingten Differenzen können sich leichte Abweichungen in den Werten ergeben.

Weitere Daten und lange Zeitreihen zur Statistik der Geburten (12612) befinden sich in unserer Datenbank GENESIS-Online.

Deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Bereich Statistik
Seit dem 1. Juli leitet das Statistische Bundesamt im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft unter dem Vorsitz von Präsident Dr. Georg Thiel die Ratsarbeitsgruppe Statistik. Über unsere Aktivitäten im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft informieren wir auf der Sonderseite www.destatis.de/eu2020.

Europäische Statistiken finden Sie in unserem Datenangebot "Europa in Zahlen"

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 29.07.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 07. – 09. September 2020

Veranstalter: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB)

Anlässlich der deutschen EU-Ratspräsidentschaft veranstaltet das IAB vom 7. bis 9. September die interdisziplinäre Arbeitsmarkt-Konferenz „Labor Market Transitions: Challenges for Public Policies and Research“. Thema sind die unterschiedlichen Aspekte von Übergängen am Arbeitsmarkt, also beispielsweise von Schulabgängern, Arbeitslosen oder Eltern. Ebenfalls im Fokus: der technische Wandel, Weiterbildung oder die Situation der Betriebe. Wir laden Sie herzlich ein zu mehr als 40 wissenschaftlichen Vorträgen von jeweils 10 Minuten, vier Keynotes und einer Podiumsdiskussion, in der Wissenschaft und Politik zu Wort kommen.

Keynote-Speaker der Konferenz sind Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), Christian Dustmann, Direktor des Centre for Research and Analysis of Migration (CReAM) des University College London, Dennis Radtke, Mitglied des Europäischen Parlaments sowie László Andor, Professor an der Corvinus-Universität Budapest und ehemaliger EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration.

Das komplette Konferenzprogramm können Sie hier einsehen: https://www.xing-events.com/eventResources/r/t/zldGcH2vVcoyWn/Programme_IAB-Labour-Market-Transitions_2020_extended.pdf. Konferenzsprache ist Englisch.

Bitte melden Sie sich über den folgenden Link für die Online-Teilnahme an: https://www.xing-events.com/IAB_Labour-Market-Transitions_2020.html?page=1974038. Die Registrierung ist auch noch möglich, wenn die Konferenz schon begonnen hat. Nach Abschluss des Anmeldeverfahrens erhalten Sie eine Bestätigungsmail und eine weitere Nachricht mit Link zum Livestream.

Termin: 14. September in Lichtenberg / 26. Oktober in Marzahn-Hellersdorf / 18. November in Treptow-Köpenick

Veranstalter: Projekt ElternStärken

Ort: Berlin

Themenschwerpunkt „Herausfordernde Verhaltensweisen und diskriminierende Einstellungen
von Eltern und Kindern in Kita, Familienzentren, Schule und Jugendhilfe“

Wie lässt sich ein Arbeitsbündnis 
zu den Eltern herstellen, ohne ihre diskriminierende Einstellung zu 
verharmlosen oder zu normalisieren?


Was bedeutet das für das unmittelbare Gespräch mit Eltern?

Wie beeinflussen elterliche Haltungen Entwicklungsbedürfnisse der Kinder?

Wie gehe ich als Fachkraft damit um, wenn Kinder Kinder diskriminieren bzw. aus „Erwachsenenmund“ Vorurteile übernehmen?

Was ist meine Haltung als Fachkraft 
und sind die ethischen und rechtlichen Grundlagen dafür?

Weitere Informationen finden Sie hier.

Termin: 16. – 17. September 2020

Veranstalter: evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V.

Ort: Bonn

Die Tagung will ergründen, wie ein verantwortungsvoller Umgang mit den Chancen und Risiken der Reproduktionsmedizin aussehen kann. Wo stößt die individuelle reproduktive Freiheit an ihre Grenzen? Wie lassen sich das Wohl und die Rechte von Kindern und beteiligten Dritten besser berücksichtigen? Was bedeuten die neuen reproduktiven Möglichkeiten für die Emanzipation? Gibt es ein Recht auf ein Kind? Und welche Reformen sind nötig?

Programm

Anmeldeformular

Termin: 16. – 17. September 2020

Veranstalter: Evangelische Akademie Loccum

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt sind noch nicht abschließend geklärt: Einerseits wird erwartet, dass Digitalisierung so gestaltet werden kann, dass Frauen und Männer gleiche Verwirklichungschancen haben. Andererseits wird vermutet, dass die Digitalisierung – so wie es hinsichtlich des Home-Office‘ in der Corona-Krise viel diskutiert wird – zu einer Verstärkung traditioneller Rollenverteilungen und damit zu einer Verschlechterung der Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt führt.

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf Beschäftigung und Soziale Sicherung gehen aber weit über das Home-Office hinaus: Digitalisierung …

  • verändert die Nachfrage nach Berufen und Qualifikationen in der Volkswirtschaft,
  • beeinflusst durch algorithmen-gestützte Matchingverfahren den Zugang zu Erwerbstätigkeit,
  • begünstigt die Entstehung und Auslagerung von Tätigkeiten in Soloselbständigkeit und ähnliche Formen der Erwerbstätigkeit außerhalb arbeits- und sozialrechtlicher Schutzbestimmungen sowie tarifpartnerschaftlicher Aushandlungsprozesse,
  • ermöglicht aber auch neue Freiheiten, Erwerbstätigkeit und persönliche Lebensentwürfe zu vereinbaren und
  • trägt zur Schaffung neuer Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit bei.

Was wissen wir über diese Aspekte und ihr Zusammenspiel?
Welche gesellschaftlichen und politischen Handlungserfordernisse lassen sich daraus ableiten?

Sie sind herzlich eingeladen, sich an der Diskussion dieser Fragen in unserer Online-Veranstaltung zu beteiligen.

Das Programm der Veranstaltung finden Sie hier.

Termin: 12. Oktober 2020

Veranstalter: Arbeiterwohlfahrt (AWO) und des Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD)

Ort: Berlin

Es soll das Thema Armutsbekämpfung in Europa in den Fokus rücken. Der Titel der Veranstaltung lautet: “Europäische Strategien zur Armutsbekämpfung – Perspektiven für ein Europa von morgen”.

Dabei sollen verschiedene Perspektiven aus Wissenschaft, Politik und Praxis zu Wort kommen. Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales, hat sein Kommen bereits zugesagt.

Eine Einladung mit ausführlichem Programm und der Möglichkeit zur Anmeldung wird in den kommenden Wochen übersendet. Sollten es die Schutzmaßnahmen gegen das Corona-Virus auch im Oktober noch nicht ermöglichen, eine Präsenzveranstaltung abzuhalten, planen wir auf ein alternatives Konzept umzusteigen und informieren Sie frühzeitig.

Termin: 12. Oktober 2020

Veranstalter: volkshilfe.

Ort: Wien

Der Zugang zu kulturellem Kapital wird nach wie vor durch die soziale Herkunft bestimmt. Armut und Bildung werden in der Regel vererbt.

Über 300.000 Kinder und Jugendliche in Österreich können ihre Potenziale daher nur eingeschränkt entfalten. Die Corona-Krise hat diese Ungleichheiten erstmals für eine breite Öffentlichkeit sichtbar gemacht, hat diese aber auch weiter verstärkt.

Was wir daraus lernen können und wie wir die Zukunft aller Kinder sichern können, wollen wir gemeinsam mit Expert*innen bei unserem Symposium „Kinderarmut & Bildung“ erörtern.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Termin: 29. Oktober 2020

Veranstalter: Projekt ElternStärken

Ort: Berlin

Kitas, Familienzentren und Schulen sind Räume für Kinder und Eltern, in denen sie sich wohl und sicher fühlen sollen – ungeachtet ihrer Lebensweise, ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder Religion. Auch wenn Berliner Einrichtungen sich in ihrer Arbeit schon seit geraumer Zeit – u.a. in Orientierung am Berliner Bildungsprogramm – einer „Pädagogik der Vielfalt“ verschrieben haben: Es gibt Eltern, die ihre Besorgnisse und Ressentiments über die Anwesenheit von Kindern und Eltern bestimmter Gruppen in die Einrichtung tragen; einzelne zeigen dabei sogar ein aggressives Verhalten. Auch Kinder können Vorurteile von Erwachsenen übernehmen und sich ausgrenzend und verletzend gegenüber anderen Kindern verhalten.

Wir fragen:

  • Welche Erfahrungen mit Ressentiments und/oder ausgrenzenden Verhaltensweisen machen Eltern und Kinder im Kontext von Kitas, Schule oder Familienzentren?
  • Durch welche Äußerungen fühlen sie sich herabgesetzt, welche Verhaltensweisen machen Angst?
  • Wie können Fachkräfte aber auch Eltern hier selbst aktiv gegensteuern?

Unser Fachgespräch stellt unterschiedliche Perspektiven von Eltern, Elternvertreter_innen und einer Expertin des Projekts „Kinderwelten“ vor. Von besonderer Bedeutung ist hier die aktive Teilnahme von Eltern und Kindern mit Diskriminierungserfahrung. Gemeinsam erarbeiten wir Reflexionshilfen und Handlungsansätze für die vorurteilsbewusste und diskriminierungskritische pädagogische Praxis.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Termin: 30. – 31. Oktober 2020

Veranstalter: Bündnis AufRecht bestehen

Ein besseres Leben für alle statt wachsender Armut und Ausgrenzung!
100 Euro Corona-Zuschlag sofort! Für Regelsätze, die zum Leben reichen!

Während Konzerne wie z.B. die Lufthansa mit einem „im Volumen unbegrenzten Milliardenschutzschild“ vom Staat unterstützt werden, fehlt bei den Ärmsten eine Unterstützung in der Krise gänzlich. Durch steigende Lebensmittelpreise, den Mehrbedarf an Hygieneartikeln wie Desinfektionsmitteln und Masken, den Wegfall der Tafeln und des kostenlosen Schul- und Kitaessens sind viele in der nackten Existenz bedroht. Wir fordern daher einen Corona-Zuschlag von 100 Euro auf die Regelsätze, um die schlimmste Not abfedern zu können.

Durch die Auswirkungen der Corona-Krise ist in den nächsten Monaten mit einem massiven Anstieg der Erwerbslosigkeit, Einkommensarmut und der Insolvenzen zu rechnen. Wer für die Krise zahlen wird, entscheidet sich schon heute!

Für Regelsätze, die zum Leben reichen – mindestens 600 Euro sofort!

Die Bundesregierung hat angekündigt, den Hartz IV -Regelsatz ab 2021 um sieben Euro auf dann 439 Euro im Monat zu erhöhen. Das sind ganze 23 Cent am Tag.

Nach Abzug der Miete bleiben den ärmsten 15 Prozent der Bevölkerung (abzüglich derer, die ausschließlich von Grundsicherungsleistungen leben) rund 600 Euro für den täglichen Bedarf und die soziokulturelle Teilhabe. Dies reicht nicht, obwohl es noch rund 160 Euro über dem derzeitigen Hartz IV-Satz liegt. Zur Ermittlung des Regelsatzes werden diese 15 Prozent und ihr viel zu geringes, nicht bedarfsdeckendes Einkommen als Vergleichsgrundlage herangezogen, um von diesem wenigen nochmal rund ein Drittel als vorgeblich „nicht regelsatzrelevant“ überwiegend politisch motiviert abzuziehen.

Wir fordern die Zurücknahme aller politisch motivierten Streichungen beim Existenzminimum! Wir fordern somit eine sofortige Erhöhung des Regelsatzes auf mindestens 600 Euro!

Die Forderung nach einer Erhöhung der Regelsätze betrifft rund 8 Millionen Menschen, ALG II und Sozialhilfe-Berechtigte, Aufstocker*innen, Menschen, die Geld aus der Altersgrundsicherung oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Hinzu kommen mindestens vier Millionen Menschen, die einen Anspruch auf Leistungen hätten, diesen aber nicht geltend machen. Profitieren würden auch sehr viele Menschen mit niedrigen Einkommen, nicht zuletzt die so genannten „Held*innen der Krise“ – Wir lassen uns nicht weiter gegeneinander ausspielen!

Deshalb beteiligt Euch alle an den Aktionstagen am Freitag, dem 30. Oktober oder am Samstag, dem 31. Oktober und lasst uns unseren Forderungen laut und deutlich Gehör verschaffen.

Alle Gruppen können und sollen sich nach ihren Möglichkeiten am Aktionstag kurz vor der Anhörung im Bundestag Anfang November beteiligen: so zum Beispiel mit Infoständen vor Jobcentern, in Fußgängerzonen oder vor Supermärkten; Schautafeln mit Erfahrungsberichten, Einladungen zu eigenen Veranstaltungen, einer Unterschriftensammlung für die 100 Euro-Forderung… Wenn ihr weitere Aktionsideen habt, freuen wir uns über eine Mitteilung!

Bitte bedenkt bei allem was ihr plant, dass Corona eine Realität ist. Also haltet Euch an die üblichen Hygienevorschriften, haltet Abstand und tragt einen Mund-Nasenschutz.

Wir werden einen Mobilisierungsaufruf schreiben, den Ihr für den Aktionstag gerne mit Eurem Logo versehen und nutzen könnt. Außerdem werden wir ein Flugblatt schreiben, das Ihr während des Aktionstages verteilen könnt.

Ab Ende September wollen wir beginnen, die Pressearbeit zu koordinieren und werden Euch eine Pressemitteilung vorab zukommen lassen. Im gleichen Zeitrahmen werden wir Euch auch bitten, uns mitzuteilen, wer was wo macht.

AUS DEM ZFF

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des „Factsheet Kinderarmut“ der Bertelsmann Stiftung mahnt das ZFF an, die Bekämpfung von Kinderarmut politisch endlich prioritär zu behandeln.

Drei Millionen Kinder und Jugendliche wachsen in Armut auf oder sind armutsgefährdet. Armut hat ein Kindergesicht und zeigt sich vor allem in geringeren Bildungschancen, einer schlechteren materiellen Grundversorgung und beengten Wohnverhältnissen. Was Armut für Kinder, Jugendliche und ihre Familien bedeutet und wie die Corona-Krise Dimensionen von Familien- und Kinderarmut verstärkt, listet der „Factsheet Kinderarmut“ der Bertelsmann Stiftung auf. Auf Basis dieser Erkenntnisse schlägt die Stiftung Lösungsansätze zur Armutsüberwindung vor – konkret eine Kindergrundsicherung oder ein Teilhabegeld.Das ZFF begrüßt die Forderung nach einer Kindergrundsicherung, denn schon seit über zehn Jahren setzen wir uns im Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG für eine gerechtere Familienförderung ein.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Wir dürfen die Armut von Kindern und Jugendlichen nicht länger hinnehmen! Armut macht krank, Armut grenzt aus und sie beeinflusst nicht erst seit der Corona-Pandemie die Bildungschancen der heranwachsenden Generation. Die nun vorgelegten Zahlen, Daten und Fakten der Bertelsmann Stiftung zeigen, wie dringend wir handeln müssen. Wir brauchen endlich gute Kitas und gute Schulen, aber auch mehr Geld in den Familien.“

Reckmann fährt fort: „Zeitgleich lässt die Bundesregierung arme Kinder und ihre Familien im Regen stehen: Mit der aktuellen Vorlage der Neuermittlung der Regelsätze wird zum wiederholten Male ein mangelhaftes Verfahren angewendet mit dem die existenziellen Bedarfe von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nicht abgebildet werden können. Das ZFF möchte, dass Kinder raus aus dem stigmatisierenden Hartz IV-System kommen und setzt sich daher seit 2009 mit vielen weiteren Akteur*innen für die Einführung einer Kindergrundsicherung ein. Nur so kann ein ausreichendes Existenzminimum aller Kinder und Jugendlichen gesichert und unbürokratisch ausbezahlt werden.“

Die Stellungnahem des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) vom 21.07.2020 zum Referentenentwurf „Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetz“ finden Sie hier.

Zum Bündnis KINDEGRUNDSICHERUNG finden Sie hierweitere Informationen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 27.07.2020

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des Konzeptes des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DBG) für eine arbeitnehmerorientierte Kindergrundsicherung begrüßt das ZFF den Vorstoß als wichtigen Vorschlag, um Kinder und Jugendliche vor Armut zu schützen und ihnen Teilhabe zu ermöglichen.

Das heute veröffentlichte DGB-Konzept sieht eine arbeitnehmerorientierte Kindergrundsicherung vor, welche die bestehenden kindbezogenen Leistungen zusammenfasst. Die maximale Höhe der Kindergrundsicherung soll über dem aktuellen Hartz IV-Niveau liegen und mit steigendem Einkommen der Eltern bis zu einem einheitlichen Sockelbetrag abschmelzen. Dieser Betrag stellt ein neues, erhöhtes Kindergeld dar. Laut Forderung des DGB soll diese monetäre Leistung durch eine bedarfsgerechte soziale Infrastruktur ergänzt werden.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), erklärt dazu: „Die Corona-Pandemie wirkt wie ein Brennglas: sozial- und bildungspolitische Versäumnisse der letzten Jahre werden in der aktuellen Krise überdeutlich. Vor allem Kinder- und Jugendliche, die in armen und von Armut bedrohten Haushalten aufwachsen, sind die Leidtragenden. Ihnen fehlt es oft an gesunder Ernährung, an ausreichendem Platz in der Wohnung, an der nötigen technischen Ausstattung, um am digitalen Unterricht teilzunehmen und auch viele kostengünstige Ferienfreizeitangebote werden in diesem Sommer nicht stattfinden. Zwar wurde in der Corona-Pandemie an einzelnen Schräubchen gedreht, die beschlossenen Übergangsregelungen reichen aber nicht aus, um Kinder und Jugendliche aus der Armut zu holen.“

Christiane Reckmann fährt fort: „Es ist daher an der Zeit, die Familienförderung vom Kopf auf die Füße zu stellen und jetzt Weichen für eine Kindergrundsicherung zu stellen, um arme Kinder und ihre Familien zukünftig besser abzusichern. Familien tragen derzeit die Hauptlast der Pandemie und halten dadurch die Gesellschaft zusammen. Sie haben den Mut und die Weitsicht für eine umfassende Reform verdient. Das DGB-Konzept schlägt hier den richtigen Weg ein, auch wenn eine Kindergrundsicherung nur dann hält, was sie verspricht, wenn sie eine maximale Höhe bereithält, die wirkliche Absicherung und Teilhabe in unserer Gesellschaft ermöglicht.“

Als ZFF fordern wir gemeinsam mit vielen weiteren Verbänden seit nunmehr 11 Jahren eine Kindergrundsicherung, die das System der Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ stellt, alle Kinder als gleichwertig anerkennt und ihnen ein Existenzminimum zugesteht, welches neben dem Grundbedarf auch gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Weitere Informationen zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG finden Sie hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 08.07.2020

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des Positionspapiers der Grünen-Bundestagsfraktion „Grüne Garantiesicherung statt Hartz IV“ begrüßt das Zukunftsforum Familie e.V. den Vorstoß und fordert eine schnelle Umsetzung.

Schon lange bemängelt das ZFF die Methode zur Berechnung der Hartz IV Regelsätze, da u. a. einzelne Ausgabenpositionen willkürlich herausgestrichen und verdeckt arme Haushalte in die Berechnungen einbezogen werden. Die Bundestagsfraktion der Grünen hat diese Kritik nun aufgegriffen und ein methodisch konsistentes Modell vorgelegt, auf dessen Basis Regelsätze besser und nachvollziehbarer als bisher berechnet werden. Damit wird auch die Höhe der Grünen Kindergrundsicherung festgelegt.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Drei Millionen Kinder und ihre Familien erleben täglich was es heißt, arm zu sein: Geringere Bildungschancen, weniger soziale Teilhabe, schlechtere materielle Grundversorgung und beengte Wohnverhältnisse. Viele Kinder wachsen heute zudem in Haushalten auf, bei denen die Eltern trotz Erwerbsarbeit auf aufstockende Leistungen angewiesen sind. Die Corona-Pandemie hat diese Schieflage verstärkt. Erwachsene und Kinder, die SGB-II Leistungen erhalten, dürfen nicht weiter an den Rand gedrängt werden! Sie brauchen mehr als ein Minimum, das heißt existenzsichernde Leistungen, die Teilhabe sicherstellen. Sie brauchen aber auch existenzsichernde Löhne, die sie unabhängig von staatlichen Leistungen machen. Die Grünen greifen dieses in ihrem Konzept auf, das unterstützen wir!“

Reckmann ergänzt: „Wir begrüßen, dass mit dem Vorschlag zur Berechnung der Regelsätze zum ersten Mal eine echte Grundlage für die Höhe der Grünen-Kindergrundsicherung geschaffen wurde. Damit wird unsere langjährige Forderung nach einer Neuberechnung des Existenzminimums endlich aufgriffen. Um die Familienförderung langfristig vom Kopf auf die Füße zu stellen und armutssicher auszugestalten, fordern wir seit 2009 gemeinsam mit einem breiten Bündnis eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung in Höhe von derzeit 628 Euro. So sieht soziale Gerechtigkeit aus!“

Zum Bündnis KINDEGRUNDSICHERUNG finden Sie hier weitere Informationen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 23.06.2020

AKTUELLES

Seit Inkrafttreten des SGB II und der Grundsicherung für Arbeitsuchende gibt es Vorschläge, wie diese Form der Mindestsicherung reformiert werden sollte. Während quantitative Auswirkungen zahlreicher Konzepte bereits untersucht sind, steht ein qualitativer Vergleich der Instrumente und der Reichweite relevanter Vorschläge noch aus. Dieses böll.brief systematisiert und vergleicht Konzepte der vergangenen zwei Jahre.

Mit Blick auf die Reichweite der untersuchten Vorschläge identifiziert es drei Reformtypen:

  1. Mehr vom selben als Reform: Konzepte, die auf der Ebene der Anpassung des ökonomischen Anreizsystems verbleiben.
  2. Neuausrichtung durch selbstbestimmte Leistungsorientierung: Konzepte, die innerhalb der Systematik der bestehenden Mindestsicherung verbleiben, aber das Selbstbestimmungsrecht der Leistungsempfänger*innen erheblich verändern.
  3. Neuausrichtung durch radikalen Systemwechsel: Konzepte, die auf eine grundsätzliche Neufassung der Absichten zielen, die mit einer Grundsicherung verbunden sind.

Die Systematisierung der Instrumente der Grundsicherung liefert hinsichtlich der Dimensionen sozialer Teilhabe die wichtige Erkenntnis, dass das SGB II nicht allein aus Regelbedarfen und Anrechnungsregeln besteht.

Die Studie finden Sie hier.

Das systematische Wissen über die Lebenslagen von geflüchteten Frauen, Kindern und Jugendlichen in Deutschland ist beschränkt. Das Forschungsprojekt „Geflüchtete Frauen und Familien“ (GeFF) untersucht deswegen systematisch die besonderen Umstände der Flucht und der Integration von geflüchteten Frauen und Familien auf der Grundlage der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten. Als zentraler Befund geht erstens hervor, dass sich die Familienstrukturen von Frauen und Männern mit Fluchthintergrund stark unterscheiden: Frauen erreichen Deutschland in der Mehrheit mit ihren Familien, während über die Hälfte der Männer zunächst alleine kommen. Dies ist unter anderem auf die Risiken und Kosten der Flucht zurückzuführen, die sich in den Fluchtmustern von Familien widerspiegeln: Frauen und Kinder fliehen im Gegensatz zu Männern in der Regel im Familienverband oder folgen Männern auf sichereren Routen nach. Die Trennung von Angehörigen während und nach der Flucht korreliert weiterhin mi t erhöhten Gesundheitsrisiken, besonders für Frauen. Drittens zeichnet sich ein klares Gefälle in der sozialen und ökonomischen Teilhabe von geflüchteten Frauen und Männern ab. Dies könnte einerseits auf die geringere Berufserfahrung und die erhöhten gesundheitlichen Beeinträchtigungen von Frauen zurückzuführen sein, andererseits leben Frauen öfter als Männer mit Familie in Deutschland, für die mehrheitlich sie die Versorgung übernehmen.

Abstract und kostenlosen Volltext-Download finden Sie unter: https://www.iab.de/185/section.aspx/Publikation/K200722CCC/?x=nl

Kaum ein Thema wird in der Öffentlichkeit aktuell so kontrovers diskutiert wie das bedingungslose Grundeinkommen (BGE). Bemerkenswert dabei ist, dass sich das BGE keiner politischen Strömung zuordnen lässt.

Auch die Arbeiterwohlfahrt hat der aktuelle Grundeinkommensdiskurs erreicht. So wurde der AWO Bundesverband durch die Bundeskonferenz der AWO im November 2016 in Wolfsburg beauftragt, unter anderem im Zusammenhang mit der Frage, wie Care-Arbeit in einem verständlichen und am Lebensverlauf orientierten Gesamtsystem besser abgesichert werden kann, auch das bedingungslose Grundeinkommen als eine Lösungsoption zu prüfen.

Vor diesem Hintergrund haben die Fachausschüsse Kinder, Jugend, Frauen, Familie und Bildung sowie Gesundheit und Soziales des Präsidiums des AWO Bundesverbandes unter Leitung von Christiane Reckmann bzw. Prof. Dr. Thomas Beyer im September 2018 eingemeinsames Kolloquium ausgerichtet, zu dem auch Fachleute aus Politik und befreundeten Organisationen eingeladen waren. Für den fachlichen Input konnte Dr. Rigmar Osterkamp, vorm. ifo Institut für Wirtschaftsforschung, gewonnen werden, der in den Jahren 2007 – 2011 das BGE-Experiment in Namibia beobachtet hat und seither den Grundeinkommensdiskurs begleitet hat.

Im Ergebnis dieses Kolloquiums und weiterer Beratungen in beiden Fachausschüssen wurde das vorliegende Positionspapier erarbeitet, das das Präsidium des AWO Bundesverbandes im Mai 2020 verabschiedet hat.

Teil 1 und Teil 2 der Gemeinsame Webkonferenz der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) und dem Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. sind jetzt online verfügbar unter:

https://www.bagfw.de/veranstaltungen-alt/detailseite-webkonferenz-wege-aus-der-armut

Das "Bündnis für Familie Königs Wusterhausen" hat am 1. Juni, dem Internationalen Tag des Kindes, einen Mal- und Zeichenwettbewerb für Kinder und Jugendliche aus KW unter dem Motto "Mein Lieblingsort in KW" gestartet.

Kitakinder können eine Zeichnung einreichen, Schulkinder und Jugendliche bis 18 Jahre ein Foto.

Dabei bitten wir auch um eine Begründung "Mein Lieblingsort in KW ist….., weil….".

Die derzeitige Koordinierungsstelle des Bündnisses, der SHIA-Landesverband Brandenburg e. V in der Bahnhofstraße 4, ist Abgabestelle für die Zeichnungen und Fotos.

Für den Wettbewerb ist beigefügte Erklärung der Kinder und Jugendlichen und ihrer Eltern erforderlich, damit das Bündnis die Zeichnungen und Fotos für weitere Projekte (angedacht ist u. a. eine Kalender 2021) nutzen kann.

Aufgrund von Bitten der Fachkräfte der Kinder- und Jugendarbeit wird der Einsendeschluss letztmalig verlängert bis zum 31. Oktober 2020.

Die Preisträgerinnen und Preisträger werden durch eine Jury bestimmt und zu einer Auszeichnungsveranstaltung eingeladen.

Der Wettbewerb ist ein Beitrag des Bündnisses zum 700jährigen Jubiläum der Stadt Königs Wusterhausen.

Für Fragen steht die Sprecherin der Koordinierungsgruppe des Bündnisses, Birgit Uhlworm, unter Tel. 03375/294752, zur Verfügung.

Die Mailadresse lautet: post@shia-brandenburg.de.

Die ersten Zeichnungen und Fotos wurden bereits eingereicht, z. B. von Kindern der Kita am Kirchplatz.

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Pressemitteilung Thema: Kinderarmut

Neue Hartz IV-Regelsätze: Die Rechentricks gehen weiter, ein ausreichendes Existenzminimum ist nicht in Sicht!

19.08.2020 – Anlässlich der heutigen Verabschiedung des Regelbedarfsermittlungsgesetzes im Bundeskabinett kritisiert das ZFF die Vorgehensweise der Bundesregierung, das Existenzminimum von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen weiterhin klein zu rechnen und mahnt weitreichende Überarbeitungen an.

Alle fünf Jahre wird der Regelbedarf auf Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) neu ermittelt. Die EVS wird vom Statistischen Bundesamt durchgeführt und liefert Angaben zu den Lebensverhältnissen der privaten Haushalte in Deutschland. Im Rahmen der Ermittlung des Regelbedarfs werden Sonderauswertungen der EVS vorgenommen und die durchschnittlichen Verbrauchsausgaben einkommensschwacher Haushalte ermittelt. Der Gesetzgeber trifft dann eine Auswahl der Ausgabenpositionen, die er als regelbedarfsrelevant erachtet. Die ausgewählten Positionen werden anschließend addiert und ergeben den Regelbedarf im SGB XII und II.

Zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteur*innen haben in den letzten Jahren auf die Mängel bei der Ermittlung der Regelbedarfe und der sich daraus ergebenden unzureichenden Höhe hingewiesen. Zuletzt hat das ZFF gemeinsam mit einem Verbände-Bündnis im März 2020 gefordert, bei der Neu-Bemessung der Regelsätze nicht das äußerst fragwürdige Verfahren aus den Jahren 2011 und 2016 zu wiederholen.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, kritisiert: „Die nun beschlossene Neuermittlung der Regelbedarfe ist nichts als heiße Luft und für viele Familie gerade in Zeiten der Corona-Pandemie ein Schlag ins Gesicht! Trotz kleiner Verbesserungen, wie der Berücksichtigung von Handykosten bei den Verbrauchsausgaben, was für eine gelingende Teilhabe von Kindern und Jugendlichen wichtig ist, bleibt es bei der mangelhaften Vorgehensweise. So wird das Existenzminimum für Kinder, Jugendliche und Erwachsene weiter systematisch kleingerechnet.

Wir wissen aus der Armutsforschung, dass fehlendes Geld der Anfangspunkt für Armutserfahrungen ist. Kinder, die in einkommensarmen Haushalten aufwachsen, erleben eine materielle Unterversorgung, haben verminderte Chancen in der sozialen und kulturellen Teilhabe, erlangen öfter nur einen geringen oder gar keinen Bildungsabschluss und erleben ein höheres Risiko für gesundheitliche Einschränkungen. Je länger die Armutserfahrung anhält, desto gravierender sind die Auswirkungen.“

Reckmann fährt fort: „Das ZFF fordert, dass endlich Korrekturen an der Bemessung des kindlichen Existenzminimums vorgenommen werden und sich die Regelbedarfe von Kindern und Jugendlichen an einer durchschnittlichen Lebenslage orientieren. In einem weiteren Schritt fordern wir seit langem, gemeinsam mit einem breiten Verbändebündnis, die Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung.“

Die Stellungnahme zum Referentenentwurf „Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes“ finden Sie hier.

Zum Bündnis KINDEGRUNDSICHERUNG finden Sie hier weitere Informationen.

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Pressemitteilung Thema: Zeitpolitik

ZFF und AWO fordern: Ein guter Ganztag muss Eltern und Familien ernstnehmen!

10.08.2020 – Noch bis Anfang September werden wichtige Weichen für die Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung gestellt. An dem Eilverfahren gibt es Kritik von mehreren Verbänden. Diese befürchten unter anderem, dass an den Bedarfen von Eltern vorbeigeplant wird. Sie sehen die Qualität der Betreuung gefährdet.

Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Qualitativ gute Ganztagsangebote tragen dazu bei, dass Kinder individuell gefördert werden. Sie flankieren positive Bildungsverläufe und können unterstützend mit den Eltern zusammenarbeiten. Eltern wünschen sich für das Wohlergehen ihrer Kinder nur die beste Betreuung neben der Schulzeit. Dabei hat jede Familie eigene Bedürfnisse bei der Betreuung, Bildung und Erziehung. Die pädagogische Qualität und die Vielfalt flexibler Angebote sind für sie sehr wichtig. Eine bloße Aufbewahrung entspricht keinem aktuellen Standard. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung muss den Familien ermöglichen, für sie passende Angebote wählen zu können und die Kinder in einer pädagogisch geeigneten Betreuung zu wissen.“

Eine gute Ganztagsbetreuung ist daneben ein wichtiges Element zur Verwirklichung einer partnerschaftlichen Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Umso länger die Zeit ist, in der Kinder in institutionellen Settings betreut werden, desto größer ist der Bedarf an Austausch, Kommunikation und Vertrauen zwischen Eltern und Institution. Eltern müssen ihre Wünsche und Bedarfe von gelungenen Ganztagsangeboten einbringen dürfen. Ganz im Sinne partizipativer Strukturen sind Eltern als Partner in die Ausgestaltung des Ganztags einzubeziehen, damit sich positive Beziehungen langfristig entwickeln können.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, unterstreicht: „Familien sind auf sozial- und bedarfsgerechte Bildungs- und Betreuungsangebote angewiesen, um ihr gemeinsames Leben zu gestalten und füreinander da zu sein. Das ZFF begrüßt die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder und sieht darin einen zentralen Baustein für eine Familienpolitik, die Eltern ermöglicht Beruf und Sorgearbeit zu vereinbaren. Gerade Alleinerziehende oder Eltern im Schichtbetrieb sind dabei auf flexible Randzeiten- und Ferienbetreuung angewiesen. Ein guter Ganztag für die gesamte Familie muss diese vielfältigen Bedarfe und Wünsche berücksichtigen und Bildungs- und Erziehungsangebote so gestalten, dass sie Kindern guttun und ihren Entwicklungsbedarfen entsprechen.“

Hintergrund:

Die Bundesregierung plant die Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für alle Grundschulkinder ab 2025. Neben der rechtlichen Regelung im Kinder-und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) wird sie 3,5 Milliarden Euro in den Ausbau der Ganztagsbetreuungstecken: 1 Million neue Plätze sollen entstehen. Bis zum 1. September hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse hierzu abzuliefern. Danach wird es ein sehr verkürztes Beratungs-und Beteiligungsverfahren geben. Ein Bündnis aus Arbeiterwohlfahrt und weiteren Verbänden hat die AWO-Kampagne „Ganztagsbetreuung. Ganz schnell? Ganz gut?! #Guter Ganztag“ eingeleitet mit dem Ziel, dass angemessene Qualität in die Regelungen einfließt.

Zur Kampagne: https://www.awo.org/GuterGanztag

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Pressemitteilung Thema: Kinderarmut

Kinderarmut endlich nachhaltig bekämpfen: Kindergrundsicherung einführen!

22.07.2020Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des „Factsheet Kinderarmut“ der Bertelsmann Stiftung mahnt das ZFF an, die Bekämpfung von Kinderarmut politisch endlich prioritär zu behandeln.

Drei Millionen Kinder und Jugendliche wachsen in Armut auf oder sind armutsgefährdet. Armut hat ein Kindergesicht und zeigt sich vor allem in geringeren Bildungschancen, einer schlechteren materiellen Grundversorgung und beengten Wohnverhältnissen. Was Armut für Kinder, Jugendliche und ihre Familien bedeutet und wie die Corona-Krise Dimensionen von Familien- und Kinderarmut verstärkt, listet der „Factsheet Kinderarmut“ der Bertelsmann Stiftung auf. Auf Basis dieser Erkenntnisse schlägt die Stiftung Lösungsansätze zur Armutsüberwindung vor – konkret eine Kindergrundsicherung oder ein Teilhabegeld.Das ZFF begrüßt die Forderung nach einer Kindergrundsicherung, denn schon seit über zehn Jahren setzen wir uns im Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG für eine gerechtere Familienförderung ein.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Wir dürfen die Armut von Kindern und Jugendlichen nicht länger hinnehmen! Armut macht krank, Armut grenzt aus und sie beeinflusst nicht erst seit der Corona-Pandemie die Bildungschancen der heranwachsenden Generation. Die nun vorgelegten Zahlen, Daten und Fakten der Bertelsmann Stiftung zeigen, wie dringend wir handeln müssen. Wir brauchen endlich gute Kitas und gute Schulen, aber auch mehr Geld in den Familien.“

Reckmann fährt fort: „Zeitgleich lässt die Bundesregierung arme Kinder und ihre Familien im Regen stehen: Mit der aktuellen Vorlage der Neuermittlung der Regelsätze wird zum wiederholten Male ein mangelhaftes Verfahren angewendet mit dem die existenziellen Bedarfe von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nicht abgebildet werden können. Das ZFF möchte, dass Kinder raus aus dem stigmatisierenden Hartz IV-System kommen und setzt sich daher seit 2009 mit vielen weiteren Akteur*innen für die Einführung einer Kindergrundsicherung ein. Nur so kann ein ausreichendes Existenzminimum aller Kinder und Jugendlichen gesichert und unbürokratisch ausbezahlt werden.“

Die Stellungnahem des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) vom 21.07.2020 zum Referentenentwurf „Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetz“ finden Sie hier.

Zum Bündnis KINDEGRUNDSICHERUNG finden Sie hierweitere Informationen.