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Archiv Aktuelle Hinweise

Verbände fordern einen barrierefreie Grundversorgung mit vollwertiger, ökologischer Nahrung in Deutschland.

30 Verbände und Initiativen fordern von der Bundesregierung, in ihrer Ernährungsstrategie wirkungsvolle Maßnahmen für eine gerechte und ökologische Grundversorgung mit nachhaltig produzierten Nahrungsmitteln vorzusehen. Die Politik muss entsprechende Angebote fördern und die Ernährungsumgebung der Menschen so gestalten, dass das Recht auf angemessene Nahrung global wie hierzulande gewährleistet werden kann.

Anlässlich der internationalen Konferenz des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) „Politik gegen Hunger“ warnen die Organisationen vor den hohen individuellen und volkswirtschaftlichen Kosten des aktuellen Agrar- und Ernährungssystems. Falsche Anreize und Rahmenbedingungen im Ernährungssystem der Industrie- und Schwellenländer führen zu einem ungleichen Zugang zu Nahrung und verstärken so Hunger, Fehl- und Mangelernährung – global wie auch hierzulande. Insbesondere der zu hohe Konsum tierischer Lebensmittel in Ländern wie Deutschland trägt maßgeblich dazu bei und hat zudem gravierende negative Auswirkung für die planetare Gesundheit. Einen nachhaltigen Speiseplan für Mensch und Erde haben Wissenschaftler*innen im Rahmen der Planetary Health Diet entwickelt [1].

Von der Bundesregierung fordern die Organisationen, Armut und Hunger zu beenden und eine Ernährungspolitik umzusetzen, die auf vollwertiges Essen aus ökologisch erzeugten, gesunden Nahrungsmitteln setzt und dafür den öffentlichen Rahmen, das Angebot und die entsprechenden Teilhabebedingungen schafft. Die Ernährungsstrategie der Bundesregierung, die derzeit unter Federführung des BMEL erarbeitet wird, muss sicherstellen, dass alle Menschen Zugang zu mindestens einer vollwertigen, warmen Mahlzeit pro Tag erhalten. Dafür müssen die staatlichen Voraussetzungen in der Grundsicherung und Daseinsvorsorge, in der Gemeinschaftsverpflegung, in der Ernährungsumgebung vor Ort und bei finanziellen Anreizen und Preisgestaltung von Lebensmitteln geschaffen werden.

Das Forderungspapier zur Ernährungsstrategie schließt sich vorangegangenen Gutachten [2] des wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz an. Das Bündnis richtet folgende fünf Forderungen an die Bundesregierung: 

  1. Eine warme Mahlzeit pro Tag aus ökologisch erzeugten, gesunden Nahrungsmitteln allen Menschen zugänglich machen
  2. Eine Grundsicherung, die eine gesunde, ökologische Ernährung ermöglicht
  3. Vollwertiges Essen aus ökologisch erzeugten, gesunden Nahrungsmitteln in allen öffentlich finanzierten Einrichtungen mit Gemeinschaftsverpflegung
  4. Gesunde, ökologische Ernährung erlebbar machen
  5. Steuerfreiheit für pflanzliche Lebensmittel dient dem Klimaschutz

Zum Forderungspapier

Informationen

[1]      Wissenschaftler:innen unterschiedlichster Disziplinen – darunter Klimaforscher:innen und Ernährungswissenschaftler:innen – empfehlen eine „Planetary Health Diet“. Dieser Speiseplan orientiert sich am individuellen Kalorienbedarf und den Maßgaben einer ausgewogenen Ernährung sowie an Prognosen für das globale Bevölkerungswachstum. Quelle: https://www.pik-potsdam.de/de/aktuelles/nachrichten/lancet-report-gesun…– auf-einem-gesunden-planeten-anders-essen-und-anders-produzieren und https://www.verbraucherzentrale-bayern.de/wissen/lebensmittel/die-planetary-health-diet- speiseplan-der-zukunft-76609

[2]      WBAE – Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim BMEL (2020): Politik für eine nachhaltigere Ernährung: Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten. Gutachten, Berlin: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/wbae- gutachten-nachhaltige-ernaehrung.html und WBAE 2023: Ernährungsarmut unter Pandemiebedingungen. https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/032- wbae-ernaehrungsarmut-pandemie.html

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 09/2023

AUS DEM ZFF

In der Gesellschaft herrschen immer noch pauschale Vorurteile gegenüber Familien, die Armut erfahren. Diese werden weiter über die Medienlandschaft zementiert. 51 Organisationen und Einzelpersonen sehen sich daher dazu verpflichtet, mit dieser Voreingenommenheit aufzuräumen. Auf dem Treffen des Ratschlag Kinderarmut am 16.Juni 2023 rufen sie deshalb gemeinsam mit einem Appell dazu auf, Haltung zu zeigen und sich unterstützend hinter armutsbetroffene Kinder, Jugendliche und ihre Familien zu stellen.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Es wird so viel Unsinn über Menschen in Armutslagen verbreitet, das ist wirklich kaum auszuhalten. Eltern – egal ob arm oder reich – wollen das Beste für ihre Kinder und investieren deshalb jeden Cent in ihr Wohlergehen. Das belegen seit Jahren viele Studien. Meinem Verband und mir ist es deshalb wichtig, gemeinsam mit einer Vielzahl anderer zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Akteuren diese Vorurteile aufzudecken.“

Im Appell „Haltung zeigen gegenüber Kindern, Jugendlichen und Familien: Menschen in Armutslagen vorurteilsfrei begegnen!“ des Ratschlag Kinderarmut heißt es: „Wir fordern, die Ursachen von Armut vorurteilsfrei in den Blick zu nehmen, um Kinderarmut nachhaltig zu bekämpfen! Betroffene Familien kämpfen mit schlechten Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt wie niedrigen Löhnen und prekären Beschäftigungsverhältnissen. Dazu kommt eine oft mangelhafte Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine Kinderbetreuung, die tatsächliche Bedarfe nicht abdeckt. Lebensereignisse wie Arbeitslosigkeit, Trennung, Krankheit, Migration und Flucht steigern das Armutsrisiko erheblich. Die Konsequenz: Nicht jedes Kind startet mit den gleichen Grundvoraussetzungen ins Leben – die Chancen sind extrem ungleich verteilt. Statistisch betrachtet überdauert Armut in Deutschland aktuell sechs Generationen. Das heißt umgekehrt, dass trotz größter eigener Bemühungen fünf Generationen aus eigener Kraft nicht den Aufstieg in die Mitte der Gesellschaft schaffen.

Armut ist kein individuelles Versagen, sondern ein strukturelles Problem!

In der aktuellen Diskussion um eine Kindergrundsicherung nehmen wir die von manchen Medien und politischen Entscheidungsträger*innen gezeichneten Bilder von Misstrauen als höchst problematisch wahr. Vorurteile gegenüber einkommensarmen Eltern, sie würden die für ihre Kinder gedachten Geldleistungen für Alkohol, Tabak und elektronische Konsumgüter zweckentfremden, sind schlicht falsch. Sie verzerren den Blick auf die tatsächlichen Belastungen in prekären Lebenslagen sowie die gravierenden Folgen von Armut. Studien für Deutschland belegen dahingegen, dass Eltern aus einkommensschwachen Familien eher bei sich selbst als bei ihren Kindern sparen und in Relation zum verfügbaren Einkommen genauso viel Geld für die Bildung ihrer Kinder verwenden wie einkommensstärkere Eltern. Es sind diese stigmatisierenden Denkweisen, falschen Armutsbilder und irreführenden Informationen, die dringend notwendige politische Reformen und Lösungen verhindern.

Von Armut betroffene Kinder, Jugendliche und ihre Familien brauchen Solidarität, Wertschätzung, Unterstützung und Chancengerechtigkeit.“

Der Appell wird unterstützt von: : Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V., Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes NRW, Arbeitslosenverband Deutschland Landesverband Brandenburg e. V., Armut und Gesundheit in Deutschland e. V., AWO Bundesverband e. V., AWO Bezirksverband Niederrhein e. V., Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. (BVKJ), Bundesforum Männer e. V., Bundesjugendwerk der AWO e. V., Bundesverband der Familienzentren e. V., Bundesverband der Mütterzentren e.V., Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung, Der Kinderschutzbund Bundesverband e. V., Der Kinderschutzbund Landesverband Rheinland-Pfalz e. V., Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V., Deutscher Bundesjugendring e. V., Deutscher Caritasverband e. V., Deutsches Kinderhilfswerk e. V., DGSF – Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung & Familientherapie e. V, Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V., DIE LINKE. Stadtverband Kaiserslautern, Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e. V., Erwerbslosengruppe ver.di Mittelbaden-Nordschwarzwald, evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V., Evangelischer Bundesfachverband Existenzsicherung und Teilhabe e.V. (EBET), Familienbund der Katholiken – Bundesverband, Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V., Internationaler Bund (IB) e. V., KINDERVEREINIGUNG e. V., Landesarmutskonferenz Rheinland-Pfalz, Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V., LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz e. V., Nationale Armutskonferenz, National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention, Nestwärme e. V. Deutschland, PEKiP e. V., Präventionsketten Niedersachsen: Gesund aufwachsen für alle Kinder!, Save the Children Deutschland e. V., Selbstvertretung wohnungsloser Menschen e. V., SOS-Kinderdorf e. V., SoVD Sozialverband Deutschland e. V., Sozialverband VdK Deutschland e. V., Stiftung SPI, Verband alleinerziehender Mütter und Väter e. V., Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e. V., Volkssolidarität Bundesverband e. V., Zukunftsforum Familie e. V.

Darüber hinaus wird der Appell mitgetragen von: Dr. Irene Becker – Empirische Verteilungsforschung, Gerda Holz – Politikwissenschaftlerin und Sozialarbeiterin, Dr. Maksim Hübenthal – FU Berlin, Dr. Gisela Notz – Sozialwissenschaftlerin und Historikerin

Information zum Ratschlag Kinderarmut: Auf Initiative der Nationalen Armutskonferenz (nak) trafen sich 2016 zahlreiche bundesweit agierende Organisationen, um gemeinsam Perspektiven der Bekämpfung von Kinderarmut zu diskutieren. Die erste gemeinsame Erklärung „Keine Ausreden mehr: Armut von Kindern und Jugendlichen endlich bekämpfen!“ mit konkreten Forderungen zur Bundestagswahl wurde im Juni 2017 unter breiter medialer Beachtung veröffentlicht. Es folgten gemeinsame Erklärungen im Jahr 2018 und 2020. Kurz nach der Bundestagswahl im Jahr 2021 veröffentlichte der Ratschlag die Erklärung „Vier Jahre Zeit, um Kinderarmut endgültig zu beseitigen!“ und rief die Kampagne #4JahregegenKinderarmut ins Leben. Daran schloss sich im November 2022 die gemeinsame Erklärung „Solidarität mit armutsbetroffenen Kindern, Jugendlichen und ihren Familien – besonders in der Inflationskrise!“.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 16.06.2023

Die 26 Mitgliedsorganisationen im Bündnis Sorgearbeit fair teilen fordern die Gleichstellungsminister*innen anlässlich ihrer Bund-Länder-Konferenz am 15./16. Juni eindringlich auf, sich für die Umsetzung der im Koalitionsvertrag verankerten Maßnahmen zur fairen Verteilung unbezahlter Sorgearbeit einzusetzen und die Bereitstellung der dafür notwendigen Haushaltsmittel anzumahnen.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Die vielfach von Frauen geleistete unbezahlte Sorgearbeit, ist die Basis für unser gesellschaftliches Wohlergehen. Sie muss aber zwischen den Geschlechtern fair aufgeteilt werden, denn nur so erhalten Frauen auch den Spielraum, überall gleichberechtigt teilhaben zu können. Die im Koalitionsvertrag beschlossenen Maßnahmen, die dies unterstützen, müssen deshalb dringend so bald wie möglich umgesetzt werden!“

In der gemeinsamen Pressemitteilung des Bündnis Sorgearbeit fair teilen heißt es weiter:

„Nach wie vor ist die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in vielen gesellschaftlichen Bereichen, etwa am Arbeitsmarkt, nicht gegeben. Damit sich das ändert, sind gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um die Rahmenbedingungen für eine gerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern zu schaffen“, fordern die Mitgliedsorganisationen im Bündnis Sorgearbeit fair teilen.

Frauen leisten durchschnittlich mit über vier Stunden täglich anderthalb Mal so viel unbezahlte Sorgearbeit wie Männer. Die Ungleichverteilung unbezahlter Sorgearbeit lässt Frauen weniger Zeit und Raum für eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit und politisches oder ehrenamtliches Engagement, aber auch für Erholung und Freizeitaktivitäten. Die verstärkte Übernahme familialer Sorgearbeit durch Männer stärkt die Teilhabemöglichkeiten von Frauen, knüpft an den Wünschen vieler Väter von heute an und trägt insgesamt zur Gleichstellung bei.

„Gleichstellung und Chancengleichheit unabhängig vom Geschlecht müssen gerade in gesellschaftlichen Krisenzeiten seitens der Politik priorisiert werden. Wir fordern die Gleichstellungsminister*innen auf, sich für die Bereitstellung der notwendigen Bundeshaushaltsmittel einzusetzen, um die im Koalitionsvertrag verankerten Maßnahmen für die gerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern umzusetzen“, betonen die Bündnismitglieder.

„Damit das ‚Jahrzehnt der Gleichstellung‘ Realität wird, müssen vereinbarte Vorhaben wie die zehntägige bezahlte Freistellung für Väter bzw. zweite Elternteile nach der Geburt („Familienstartzeit“), eine Lohnersatzleistung für Pflegezeiten, die Ausweitung der individuellen, nicht übertragbaren Elterngeldmonate und die Abschaffung der Lohnsteuerklasse V noch in dieser Legislaturperiode kommen.“

Dem Bündnis gehören an:

  • Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen
  • Bundesforum Männer e.V.
  • Bundesverband der Mütterzentren e.V.
  • Business and Professional Women (BPW) Germany e.V.
  • Care.Macht.Mehr
  • Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz
  • Deutscher Beamtenbund und Tarifunion – Bundesfrauenvertretung
  • Deutscher Frauenrat e.V.
  • Deutscher Gewerkschaftsbund
  • Deutscher Hauswirtschaftsrat e.V.
  • Deutscher Verband Frau und Kultur e.V.
  • evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf)
  • Forum katholischer Männer (FkM)
  • Frauenwerk der Nordkirche
  • GMEI Gender Mainstreaming Experts International
  • Katholischer Deutscher Frauenbund e.V. (KDFB)
  • Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) – Bundesverband e.V.
  • Männerarbeit der EKD
  • Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V.
  • SKM Bundesverband e.V.
  • Sozialdienst muslimischer Frauen e.V. (SmF-Bundesverband)
  • Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD)
  • Sozialverband VdK Deutschland e.V.
  • Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V.
  • WIR! Stiftung pflegender Angehöriger
  • Zukunftsforum Familie e.V.

Das Bündnis

Das zivilgesellschaftliche Bündnis Sorgearbeit fair teilen setzt sich für die geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit im Lebensverlauf ein. Seine 26 Mitgliedsverbände haben sich zum Ziel gesetzt, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft für den Gender Care Gap und seine Auswirkungen zu sensibilisieren und sich für die Schließung der Sorgelücke einzusetzen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 14.06.2023

SCHWERPUNKT : EU-Asylkompromiss

Zur Einigung der EU-Mitgliedstaaten über eine gemeinsame Position zu einer Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) erklärt der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle:

„Mit der Einigung der Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Verhandlungslinie ist die Europäische Union einen großen und wichtigen Schritt in Richtung eines neuen, funktionierenden Asylsystems gegangen. Deutschland und Europa brauchen mehr reguläre und weniger irreguläre Einwanderung. Außerdem braucht es eine faire Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU. Dazu braucht es ein neues Asylsystem, mit dem Menschen geholfen wird, die tatsächlich in ihren Heimatländern verfolgt werden. Wer keinen Asylgrund geltend machen kann, der sollte auch nicht über das Asylsystem nach Europa einreisen. Deswegen ist es gut, wenn die Entscheidung über die Einreise in bestimmten Fällen bereits an der EU-Außengrenze getroffen wird. Bei diesen sogenannten Grenzverfahren müssen die Menschenrechte und ein rechtsstaatliches Verfahren eingehalten werden. Bundesregierung und Bundestag sollten die weiteren Verhandlungen auf europäischer Ebene nun konstruktiv begleiten. Dazu gehört beispielsweise, Moldau und Georgien möglichst schnell als sichere Herkunftsstaaten einzustufen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 09.06.2023

Der AWO Bundesverband e.V. ist entsetzt über die überraschende gestrige Einigung im europäischen Rat zur Asylreform. „Wir befürchten katastrophale Folgen für Schutzsuchende, massenhafte Inhaftierungen auch von Kindern in der Europäischen Union und Gewalt und Menschenrechtsverletzungen an unseren Außengrenzen“, so Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin des AWO Bundesverbandes. 

In den letzten Tagen und Wochen hatte die AWO in großen Bündnissen der Zivilgesellschaft, mit anderen Wohlfahrtsverbänden, Menschenrechts- und Flüchtlingsschutzorganisationen mehrfach auf die geplanten Verschärfungen im europäischen Asylrecht hingewiesen.  Appelle an die Bundesregierung, sie solle ihre Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag ernst nehmen, wurden schwer enttäuscht.

Der sogenannte Kompromiss, auf den sich die EU-Innenminister*innen und damit auch die Bundesregierung geeinigt hat, sieht vor, dass jährlich 30.000 Schutzsuchende von den Außengrenzen auf die EU verteilt werden, dafür müssen die Außengrenzstaaten vorerst mindestens 30.000 Haftplätze bereitstellen. Die Grenzverfahren sind für alle verpflichtend, die gemäß ihrem Herkunftsland keine europäische Schutzquote von über 20 Prozent haben. Nur Minderjährige, die ohne Begleitung einer sorgeberechtigten Person allein auf der Flucht sind, sollen von den Grenzverfahren verschont bleiben. Die Position, der sich auch Deutschland letztlich in die Verhandlungen angeschlossen hat, bleibt auch hier hinter dem Geforderten, nämlich allen Kindern die Grenzverfahren zu ersparen, weit zurück. 

Zudem dürfen Mitgliedstaaten alle Schutzsuchende, auch Personen aus Afghanistan, Syrien oder dem Irak, zurück in einen Drittstaat schicken, zu dem eine Verbindung besteht. Die Verbindung kann bereits bestehen, wenn sich die Person in dem Drittstaat aufgehalten, gearbeitet oder Familienangehörige im Drittstaat hat. Die Einhaltung des Non-Refoulement-Gebots oder Maßgaben der Genfer Flüchtlingsschutzkonvention finden dabei keine Anwendung mehr. 

Der AWO Bundesverband will weiterhin für eine humane und solidarische Flüchtlingspolitik kämpfen. „Wir erleben eine ungeheuerliche Einschränkung des Zugangs zu Asyl,“ mahnt Sonnenholzner. „Die Abschottungspolitik, die Gewalt an unseren Grenzen und Menschenrechtsverletzungen, die damit einhergehen, sind ein Verrat an europäischen Werten. Wir als AWO werden energisch dafür eintreten, dass die EU zu einer menschenrechtskonformen Flüchtlingspolitik zurückkehrt.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 09.06.2023

Der Asylkompromiss der EU-Innenminister:innen hebelt nach Einschätzung von Diakonie Deutschland und Brot für die Welt faire Asylverfahren an den EU-Außengrenzen aus und muss dringend vom Europäischen Parlament nachgebessert werden. Gerade die Belange und Rechte von Familien mit zum großen Teil traumatisierten Kindern müssen gewahrt bleiben. Zudem darf die EU ihre Schutzverantwortung nicht an Drittstaaten delegieren.

Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt: „Der Kompromiss für eine EU-Asylreform ist kein historischer Erfolg, sondern ein historischer Bruch des Flüchtlingsschutzes. Künftig werden nur wenige Menschen das Recht und die Chance haben, in der Europäischen Union Asyl zu beantragen. Durch die Ausweitung des Sicheren Drittstaatsprinzips können sich Mitgliedsstaaten ihrer Schutzverpflichtung zukünftig entziehen. Trotz aller Anstrengungen für einen gemeinsamen europäischen Kompromiss ist dieses Ergebnis ein menschenrechtliches Armutszeugnis. Das EU-Parlament muss diesen Weg dringend korrigieren.“

Die Sichere Drittstaatenregelung sieht eine Zulässigkeitsprüfung vor, durch welche Anträge abgelehnt werden können, wenn Geflüchtete über einen sogenannten sicheren Drittstaat in die EU eingereist sind. Sie ermöglicht eine Abschiebung in diesen Drittstaat mit dem Verweis, dass auch dort Schutz bestehe. „Die Realität ist jedoch, dass viele Menschen dort nicht sicher sind und auch aus diesen Ländern weiter abgeschoben werden. Mit der beschlossenen Aufweichung der Kriterien für sichere Drittsaaten würde Europa einen tiefen Burggraben um die Außengrenzen ziehen“, so Pruin weiter.

Diakonie Präsident Ulrich Lilie: „Dass die EU-Innenministerinnen und -minister am Tag nach dem Asyl-Kompromiss an die Einhaltung der Menschenrechte erinnert werden müssen, ist ein fatales Signal – nicht nur für die Schutzsuchenden, sondern für alle Menschen in der EU. Nun ist es am Europäischen Parlament, diesen faulen Kompromiss auf Kosten der Schwächsten zu korrigieren. Die Vorstellung, dass künftig auch Familien mit Kindern in Lagern an den Außengrenzen inhaftiert werden könnten, ist unerträglich. Ebenso die Aussicht, dass schutzbedürftigen Menschen faire und sorgfältige Asylverfahren verwehrt würden. Eine humanitäre und an den Prinzipien der Menschenrechte orientierte Asylpolitik ist eine tragende Säule der europäischen Erzählung. Stürzt diese Säule ein, werden wir international als Anwalt von Menschenrechten zurecht belächelt werden.“

Die Diakonie steht mit vielen anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen schon seit langem für den Flüchtlingsschutz und für eine menschenwürdige Aufnahme in der EU. „Stattdessen soll das Prinzip der Ersteinreise verschärft werden und sollen sich Staaten künftig vom Flüchtlingsschutz freikaufen können. Mit ihrem Kompromiss bereiten die EU-Innenminister den Boden für Rechtlosigkeit und Verelendung von Schutzsuchenden. Nun ist es an der Volksvertretung der Europäer, diesen Kurswechsel zu stoppen“, so Lilie.

Weitere Informationen:

Gemeinsamer Appell: Keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Gemeinsames-Statement_GEAS_16.05.2023-2.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. und Brot für die Welt vom 09.06.2023

LSVD kritisiert fehlenden Schutz für queere Geflüchtete an EU-Außengrenzen

Am 8. Juni hat die Bundesregierung im Europäischen Rat einer massiven Verschärfung der EU-Asylpolitik zugestimmt. Geflüchtete sollen zukünftig Asylanträge an den Außengrenzen der EU stellen. Werden ihre Asylgesuche abgelehnt, sollen sie auch in vermeintlich sichere Drittstaaten abgeschoben werden. In den Verhandlungen hat sich die Bundesregierung nicht einmal ansatzweise für Sonderregelungen für lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche und queere (LSBTIQ*) Schutzsuchende eingesetzt. Das Vorhaben soll nun im EU-Gesetzgebungsprozess bis Anfang 2024 verhandelt werden. Dazu erklärt Philipp Braun aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD):

Wir sind entsetzt, dass die Ampelkoalition diesem Vorhaben trotz schwerwiegender Bedenken zugestimmt hat. Dass die Bundesregierung ihren eigenen queerpolitischen Aufbruch ignoriert und nicht einmal den Versuch unternommen hat, für besonders schutzbedürftige Asylsuchende, wie beispielsweise queere Geflüchtete, einen Schutzmechanismus zu etablieren, ist skandalös. Noch mehr verstört, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) diese katastrophale Verschärfung des Asylrechts als historische Entscheidung begrüßt und Bundesaußenministerin Baerbock den Schritt als seit Jahren überfällig benennt. 

Anfang des Jahres hatte der Bundestag in einer Gedenkstunde der queeren Opfer des Nationalsozialismus gedacht und sich der daraus erwachsenden besonderen Verantwortung gestellt. Nicht einmal ein halbes Jahr später vergeht sich die Bundesregierung mit ihrer Zustimmung zur EU-Asylreform in nie da gewesener Härte an den an den Schutzrechten LSBTIQ* Geflüchteter. Nicht einmal ein halbes Jahr, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag zuhörte, wie Klaus Schirdewahn ihm von seiner Verfolgung in der Bundesrepublik berichtete, stimmt die von ihm geführte Bundesregierung einer Asylrechtsverschärfung zu, die haftähnliche Zustände an den EU-Außengrenzen etabliert und queeren Geflüchtete jeglichen Schutz versagt. Asylsuchende könnten mit dem Gesetzesvorschlag auch in Staaten abgeschoben werden, in denen sie noch nie waren und in denen sie – davon ist auszugehen – auch nicht sicher sind.

Wir fordern die Mitglieder des EU-Parlaments – vor allem die Liberalen, Sozialdemokrat*innen und Grünen – auf, sich an ihre Wahlkampfversprechen zu erinnern und diesem historischen Verrat an den Rechten Schutzsuchender nicht zuzustimmen.

In der EU-Asylpolitik sollten folgende Minimalstandards keinesfalls unterschritten werden

  • LSBTIQ* müssen im Rahmen der Grenzverfahren als „besonders schutzbedürftige“ Gruppe anerkannt werden. Dies ist derzeit EU-weit nicht geregelt. 
  • LSBTIQ* Geflüchtete, wie auch alle besonders schutzbedürftigen Asylsuchenden, müssen aus den Grenzverfahren herausgenommen werden.
  • Queere Geflüchtete müssen im Asylverfahren Zugang zu LSBTIQ*-Fachberatungsstellen bekommen. 
  • LSBTIQ*-Organisationen und ihre Partner*innen müssen uneingeschränkten Zugang zu den Haftlagern an den EU-Außengrenzen bekommen. Dort sollten sie die Erkennung des besonderen Schutzbedarfs sicherstellen. Dazu gehört auch, dass LSBTIQ*-Asylsuchende vor Ort umfassend über ihre Rechte informiert werden. Das betrifft auch das Wissen, dass die Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung und/oder geschlechtlichen Identität ein anerkannter Asylgrund ist. Dafür muss die EU die zukünftige Arbeit von LSBTIQ*-Fachberatungsstellen langfristig und auskömmlich finanzieren.
  • Die Bundesregierung sollte sich dafür einsetzen, dass EU-weit nur solche Staaten, in denen LSBTIQ* in allen Landesteilen sicher vor Verfolgung sind, als „sichere Drittstaaten“ deklariert werden. 

Weiterlesen:

Bundesregierung will faktischer Aushebelung des Asylsystems zustimmen

Flüchtlinge schützen – Integration fördern

Bundesregierung plant Ausweitung der Liste vermeintlich „sicherer Herkunftsländer“

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 09.06.2023

Der Verband appelliert an Bundesregierung und EU-Parlament sich für deutliche Nachbesserungen einzusetzen.

Den Kompromiss für ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS), dem die Bundesregierung gestern zugestimmt hat, kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband scharf. Trotz der asylrechtlichen Verschärfungen und der Missachtung der UN-Kinderrechtskonvention von einem historischen Erfolg zu sprechen, sei bitter. Der Paritätische appelliert an die Bundesregierung und das Europäische Parlament, sich im nun anstehenden Trilog-Gesetzgebungsverfahren für deutliche Nachbesserungen einzusetzen.

„Haftlager und Freiheitsentzug Schutzsuchender während des Asylverfahrens sind grundsätzlich inhuman. Besonders entsetzt sind wir, wie mit Kindern umgegangen wird und dass die UN-Kinderrechtskonvention mit Füßen getreten wird. Wir erwarten, dass die Bundesregierung hier nicht locker lässt und appellieren an alle Abgeordneten im Europäischen Parlament, sich im weiteren Verfahren für den besonderen Schutz von Kindern und Familien stark zu machen”, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Es brauche in der europäischen Flüchtlingspolitik mehr Menschlichkeit und Solidarität statt Abschottung und nationalen Egoismus, mahnt der Paritätische. Der Grundsatz der Humanität müsse Maßstab allen asylpolitischen Handelns sein. “Es ist eine Schande für die Europäische Union, wenn europäische Solidarität durch die mögliche Entrechtung Schutzsuchender erkauft werden muss”, kritisiert Schneider. So sei die Zusage zur Verteilung von 30.000 Asylsuchenden innerhalb der EU an die Einrichtung von 30.000 Haftplätzen an den EU-Außengrenzen geknüpft worden. “Menschenrechte sind unteilbar und unverhandelbar. Wer Schutz sucht, hat ein Recht auf ein garantiertes faires und rechtsstaatliches Verfahren.“

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 09.06.2023

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Lisa Paus zeichnet drei Mehrgenerationenhäuser aus

Bundesfamilienministerin Lisa Paus hat heute im Rahmen einer feierlichen Festveranstaltung in Berlin den diesjährigen Bundespreis Mehrgenerationenhaus vergeben. Der Preis zeichnet Mehrgenerationenhäuser aus, deren Projekte in besonderem Maße für ein Mehr an gesellschaftlichem Miteinander und Lebensqualität sorgen. Von Beratungs-, Bildungs-, Betreuungs-, Unterstützungsangeboten bis hin zu Mitmach- oder Partizipationsangeboten oder Angeboten aus dem Kultur- und Freizeitbereich – unter dem Motto „Gemeinsam stark für Jung & Alt“ waren die besten Angebote aus der gesamten Bandbreite der Handlungsfelder der Mehrgenerationenhäuser gesucht.

Bundesministerin Lisa Paus: „Ich bin beeindruckt, mit welcher Kreativität die Mehrgenerationenhäuser auf die verschiedenen Bedürfnisse in ihrer Nachbarschaft eingehen. So entsteht an rund 530 Orten in Deutschland eine Vielfalt von Projekten und Angeboten, die passgenau zugeschnitten sind und das Leben der Menschen vor Ort spürbar bereichern.“

Sieger des „Bundespreis Mehrgenerationenhaus 2023: Gemeinsam stark für Jung und Alt“ ist das Mehrgenerationenhaus Dortmund mit seinem Projekt „Eulen und Lerchen“, einem Betreuungsangebot für Kinder von Pflegekräften in Randzeiten. Es erhält ein Preisgeld von 8.000 Euro. Den zweiten Platz hat das Mehrgenerationenhaus Koblenz mit seiner offenen Kleidertauschparty gewonnen. Das Mehrgenerationenhaus Wuppertal wurde mit dem dritten Platz für seinen „Kinderlesewagen“ ausgezeichnet, mit dem es Leseförderung auf dem Spielplatz betreibt.

Die Auswahl der Siegerprojekte erfolgte in diesem Jahr durch die breite Öffentlichkeit, die in einem Online-Voting aus zehn von einer Jury vorausgewählten Projekten die besten drei auswählte. Seit 2008 können sich die Mehrgenerationenhäuser mit ihren Projekten für eine Auszeichnung bewerben, im Vorgängerprogramm im Rahmen des Wettbewerbs „DemografieGestalter“, seit 2022 für den „Bundespreis Mehrgenerationenhaus“.

Über das Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus:

Am 1. Januar 2021 startete das Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus. Miteinander – Füreinander des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Über einen Zeitraum von acht Jahren werden rund 530 Mehrgenerationenhäuser bundesweit gefördert, die sich als lokale Begegnungsorte für ein Miteinander der Generationen und damit für gesellschaftlichen Zusammenhalt einsetzen. In enger Abstimmung mit ihren Kommunen und weiteren Partnern entwickeln die Mehrgenerationenhäuser Angebote, die auf die Bedarfe der Menschen vor Ort abgestimmt sind. Ganz gleich ob im ländlichen oder städtischen Raum, die Häuser tragen mit ihrer Arbeit zu einem attraktiven Wohn- und Lebensumfeld bei und leisten einen wichtigen Beitrag zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland.

Weitere Informationen zum Programm unter www.mehrgenerationenhaeuser.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 14.06.2023

Zum Auftakt der Aktionswoche „Gemeinsam aus der Einsamkeit“ veranstaltet das Kompetenznetz Einsamkeit (KNE) in Kooperation mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) die zweite Konferenz „Gemeinsam aus der Einsamkeit“. Die Veranstaltung wird die Ergebnisse des Beteiligungsprozesses zur Erarbeitung einer Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit vorstellen.

Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Lisa Paus: „Millionen Menschen in unserem Land fühlen sich einsam. Einsamkeit kann jede und jeden treffen. Wer einsam ist, spricht in der Regel nicht gern darüber. Deshalb hat die Bundesregierung bereits 2022 mit der Erarbeitung einer Strategie gegen Einsamkeit gestartet. Einsamkeit ist ein vielschichtiges Thema. Deswegen war es uns wichtig, die Zivilgesellschaft und alle wichtigen Akteure so früh wie möglich zu beteiligen. Wir haben wertvolle Beiträge erhalten, damit unsere Strategie noch besser werden kann. Wichtig ist uns, dass Wissen gestärkt und Angebote ausgebaut werden. Wir wollen für das Thema sensibilisieren und Menschen dabei unterstützen, aus der Einsamkeit herauszufinden.“

Benjamin Landes, Direktor des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik: „Einsamkeit ist ein Gefühl, das im Leben vieler Menschen eine Rolle spielt. Wird Einsamkeit chronisch, kann sie zahlreiche negative Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit, auf die soziale Teilhabe und das gesellschaftliche Miteinander haben. Einsamkeit ist daher eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die einer strategischen Bearbeitung bedarf. Mit der zweiten Konferenz „Gemeinsam aus der Einsamkeit“ am 12.6. in Berlin möchten wir das Thema stärker beleuchten sowie Zusammenhänge mit den thematischen Schwerpunkten Armut, Demokratie und Engagement betrachten. Wir möchten mit Engagierten, Fachkräften aus der Praxis, Forschenden und allen Interessierten ins Gespräch kommen, um Wissen über Einsamkeit zu teilen sowie für das Thema zu sensibilisieren. Zudem möchten wir Akteurinnen und Akteure vernetzen und somit zu einer besseren Vorbeugung und Linderung von Einsamkeit beitragen.“


Über die Konferenz

Das Thema Einsamkeit wird in verschiedenen Podiumsgesprächen mit den Schwerpunkten Armut, Demokratie und Engagement beleuchtet und diskutiert. Die Konferenz findet im bUm – Raum für solidarisches Miteinander (Paul-Lincke-Ufer 21, 10999 Berlin) statt. Zudem ist eine digitale Teilnahme an der Veranstaltung möglich. Die Teilnahme an der Konferenz ist kostenlos und steht allen Interessierten offen. Die Konferenz richtet sich jedoch besonders an Fachkräfte der Sozialen Arbeit, an Engagierte, Politikerinnen und Politiker, Forschende sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Wohlfahrtsverbänden und anderen Projekten sowie Organisationen. 
Weitere Informationen und das Programm finden Sie hier: https://kompetenznetz-einsamkeit.de/zweite-konferenz-gemeinsam-aus-der-einsamkeit

Über die Aktionswoche

Die Konferenz ist der Auftakt der Aktionswoche „Gemeinsam aus der Einsamkeit“, die vom 12. bis 16. Juni 2023 stattfindet. Die erste Aktionswoche dieser Art möchte für das Thema Einsamkeit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sensibilisieren und Unterstützungsangebote als „Orte der Gemeinsamkeit“ in ganz Deutschland sichtbar machen. Bundesweit sind viele Projekte und Angebote dabei. Weitere Informationen zur Aktionswoche finden Sie hier: https://kompetenznetz-einsamkeit.de/aktionswoche 
Das Projekt Kompetenznetz Einsamkeit wird durch das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. durchgeführt und durch das Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. 

Weitere Informationen: kompetenznetz-einsamkeit.de/

Die Konferenz können Sie auch per Livestream verfolgen:
https://kompetenznetz-einsamkeit.de/zweitekonferenz 

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12.06.2023

CEDAW-Komitee legt Anmerkungen zum deutschen Staatenbericht vor

Das Komitee der Vereinten Nationen zur Beendigung der Diskriminierung von Frauen (CEDAW) bescheinigt Deutschland Fortschritte in der Gleichstellungspolitik. Das geht aus den Abschließenden Bemerkungen zum 9. Staatenbericht zur Gleichstellungspolitik der Bundesrepublik Deutschland hervor, die das CEDAW-Komitee veröffentlicht hat. Margit Gottstein, Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, hatte den deutschen Staatenbericht im Mai dem Komitee in Genf präsentiert. 

Staatssekretärin Margit Gottstein: „Ich freue mich über die positiven Bewertungen des Komitees, denn sie bedeuten eine Bestätigung unserer Politik. Auch die Empfehlungen des Komitees sind wertvoll und zugleich Mahnung, Gleichstellung in Deutschland noch entschiedener voranzubringen.“

Positiv hebt das CEDAW-Komitee in seinen Anmerkungen unter anderem das KiTa-Qualitätsgesetz, das Entgelttransparenzgesetz, die Gründung der Bundestiftung Gleichstellung, die Gleichstellungsstrategie des Bundes, das digitale Frauenarchiv sowie die Einführung einer feministischen Außen- und Entwicklungspolitik hervor. Außerdem wird die Bereitschaft Deutschlands zur umfangreichen Aufnahme ukrainischer Geflüchteter begrüßt.

Das Komitee empfiehlt aber auch, die Steigerung des Frauenanteils in politischen Entscheidungspositionen und Wahlämtern auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zu unterstützen. Der Ausschuss weist zudem darauf hin, dass eine ausgewogene Teilhabe von Frauen an politischen Entscheidungspositionen ein Menschenrecht ist und auch temporäre Maßnahmen wie Quoten in Betracht gezogen werden sollen. Auch stärkere Anstrengungen zur Überwindung des Einkommensunterschieds zwischen Frauen und Männern (Gender Pay Gap) und weitere Maßnahmen zum Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt mahnt das Komitee an. 

Der 9. Staatenbericht zur Gleichstellungspolitik der Bundesrepublik Deutschland umfasst den Berichtszeitraum 2017 bis 2021. Der Bericht erläutert, welche Maßnahmen Bund und Länder in diesem Zeitraum zur Umsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern getroffen haben. 

Um CEDAW in Deutschland noch bekannter zu machen, hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in diesem Jahr das CEDAW-Handbuch „Mit Recht zur Gleichstellung“ aktualisiert. Die neusten Empfehlungen des CEDAW-Ausschusses werden wir nun übersetzen lassen und ebenfalls verbreiten.

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) wurde 1979 verabschiedet und trat 1981 in Kraft. Deutschland hat die Frauenrechtskonvention 1985 ratifiziert. Seitdem ist sie Teil des deutschen Rechts im Rang eines Bundesgesetzes. Mit dem Staatenbericht erfüllt Deutschland seine Verpflichtung, über die Umsetzung zu berichten.

Weitere Informationen und Dokumente unter www.bmfsfj.de/cedaw

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 07.06.2023

Anlässlich der Auftaktveranstaltung zur Erarbeitung eines Nationalen Aktionsplans zur Überwindung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit erklären Hanna Steinmüller, Mitglied im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen, und Wolfgang Strengmann-Kuhn, Obmann im Ausschuss für Arbeit und Soziales:

„Endlich startet am Montag im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen die Erarbeitung eines Nationalen Aktionsplans, der Maßnahmen zur Überwindung der Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis 2030 vorschlagen soll. Wir Bündnisgrüne begrüßen das ausdrücklich, denn erstmals übernimmt der Bund damit mehr Verantwortung für dieses komplexe Thema. Zentral ist, dass hierbei Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen und die Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans gemeinsam mit Verbänden und mit von Wohnungslosigkeit Betroffenen erfolgt.

Dieser Plan muss wirkungsvolle sozial- und wohnungspolitische Maßnahmen zur Überwindung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit beinhalten und dabei einen Fokus auf die Prävention von Wohnungslosigkeit legen. Für uns wichtige Mittel sind hierbei ein besserer Mieter*innenschutz, die Bereitstellung von deutlich mehr bezahlbarem Wohnraum sowie die Einführung einer „Neuen Wohngemeinnützigkeit“. Außerdem braucht es für die Überwindung der Obdachlosigkeit den flächendeckenden Ausbau von Housing-First-Projekten in Ergänzung zum bestehenden Hilfesystem. Zusätzlich braucht es ein soziales Sicherungssystem, das das Existenzminimum sicherstellt, verdeckte Armut bekämpft und so Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für alle ermöglicht.”

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 18.06.2023

„Von den Krisen der vergangenen Jahre haben vor allem die Reichen profitiert: Die Corona-Krise hat Großkonzernen wie Amazon und DHL zu Rekordgewinnen verholfen, und infolge des Angriffskriegs auf die Ukraine verdienen sich Energiekonzerne eine goldene Nase. Während die Superreichen bei Kaviar und Sekt in Privat-Jets und Yachten um die Welt tingeln, zahlen die Menschen am unteren Ende der sozialen Leiter die Zeche und bekamen die Krise im zurückliegenden Winter in Form einer kalten Wohnung am eigenen Leib zu spüren. Diese schreiende Ungerechtigkeit spiegelt sich auch in der steigenden Ungleichverteilung der Einkommen wider“, kommentiert Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, die heute veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zur Einkommensverteilung in Deutschland, nach der Beschäftigte im Zuge der Inflation einen Rückgang des Reallohns hinnehmen mussten, während Topverdienende von realen Einkommenszuwächsen profitierten. Ferschl weiter:

„Damit die soziale Schere nicht immer weiter auseinanderklafft, braucht es verlässliche Leitplanken bei der Festlegung der Höhe des Mindestlohns in der Mindestlohnkommission. Wichtig ist eine Klarstellung, dass der Mindestlohn mindestens 60 Prozent des mittleren Verdienstes von Vollzeitbeschäftigten entsprechen muss, wie das auch in der EU-Mindestlohnrichtlinie vorgesehen ist. Darüber hinaus muss präzisiert werden, dass der gesetzliche Mindestlohn verbindlich je Zeitstunde gilt und nicht erst durch Zusatzzahlungen erreicht wird. Um die Lohnentwicklung insgesamt positiv zu beeinflussen, sind darüber hinaus Maßnahmen erforderlich, um die Tarifbindung wieder zu steigern. Die Umsetzung eines Tariftreuegesetzes, das die öffentliche Auftragsvergabe des Bundes an die Einhaltung von Tarifverträgen knüpft, ist hier ein Schritt, der nicht mehr weiter aufgeschoben werden darf.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 15.06.2023

Bei einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses am Montag hat sich die überwiegende Mehrheit der geladenen Sachverständigen dafür ausgesprochen, die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ohne einen gültigen Fahrschein (Schwarzfahren) nicht mehr als Straftat nach Paragraf 265a des Strafgesetzbuchs (StGB) zu ahnden. In einigen Stellungnahmen wurde eine Verortung des Schwarzfahrens im Bereich der Ordnungswidrigkeiten vorgeschlagen. Um dem Problem zu begegnen, dass häufig arme und hilfsbedürftige Menschen und Obdachlose, die sich weder die Fahrkarte noch eine Strafzahlung für Schwarzfahren leisten können, von sogenannten Ersatzfreiheitsstrafen wegen Schwarzfahrens betroffen sind, plädierten mehrere Sachverständige für die Senkung der Fahrpreise und die Schaffung eines kostenfreien öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV).

Grundlage der öffentlichen Anhörung war ein Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke zur Änderung des Strafgesetzbuchs (20/2081). Darin spricht sich die Fraktion dafür aus, das Fahren ohne Ticket künftig nicht mehr als Straftat zu behandeln. Wie die Abgeordneten schreiben, sei die in Paragraf 265a des Strafgesetzbuches („Beförderungserschleichung“) enthaltene Strafandrohung nicht verhältnismäßig und widerspreche der Funktion des Strafrechts als letztes Mittel (Ultima-Ratio-Funktion). Es drohten Geldstrafen, bei Zahlungsunfähigkeit auch nicht selten Haft durch Ersatzfreiheitsstrafe, „obwohl beim Einsteigen in Bus oder Bahn eine Überwindung von Schutzvorrichtungen nicht erforderlich und damit die Entfaltung von ‚krimineller Energie‘ nicht notwendig ist“.

Insoweit es tatsächlich um Menschen geht, die sich die Tickets nicht leisten können, liege die Antwort nicht im Strafrecht, sondern in der Senkung der Fahrpreise oder der Ausgabe von Sozialtickets, sagte Angelika Allgayer, Richterin am Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Ähnlich wie beim „Containern“ sollte man, anstatt unredliches und sozialschädliches Verhalten sanktionslos zu stellen, „normgetreues Verhalten möglich machen“. Das sei die Aufgabe des Staates, so die auf Vorschlag der CDU/CSU -Fraktion eingeladene Expertin. Abgesehen davon ist aber ihrer Ansicht nach Paragraf 265a des Strafgesetzbuches beizubehalten. Betrugsnahes Verhalten gehöre ins Strafrecht, sagte sie.

Benjamin Derin vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein sprach sich für die ersatzlose Streichung des Paragrafen aus dem Strafgesetzbuch aus. Im Kern gehe es um einen zivilrechtlichen Konflikt, nicht um einen strafrechtlichen. Eine Umfunktionierung als Ordnungswidrigkeit „als Kompromiss“ ist aus seiner Sicht nicht nur nicht erforderlich, sondern müsse abgelehnt werden. Das führe nur zu einer Verlagerung der Probleme, so der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen benannte Sachverständige.

Professor Roland Hefendehl von an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hält die ersatzlose Streichung der Beförderungserschleichung als Strafbarkeitsalternative für „nicht nur kriminalpolitisch sinnvoll, sondern verfassungsrechtlich geboten“. Das erhöhte Beförderungsentgelt sei einschneidend genug, so der auf Vorschlag der SPD-Fraktion eingeladene Sachverständige. Wer beklage, es sei nur schwer einzutreiben, müsse sich eingestehen, „dass dies mit einer Geldstrafe oder einem Bußgeld noch schlechter geht“. Nicht zu überzeugen vermag auch aus seiner Sicht die Lösung über das Ordnungswidrigkeitenrecht.

Professor Michael Kubiciel von der Universität Augsburg sieht keine zwingenden rechtlichen Gründe für eine Kriminalisierung des Erschleichens von Beförderungsleistungen. Ebenso wenig aber sei es aus normativen Gründen zwingend erforderlich, auf eine staatliche Sanktionierung der unberechtigten Inanspruchnahme von Beförderungsleistungen zu verzichten, sagte der auf Vorschlag der Unionsfraktion eingeladene Experte. Es handle sich um eine klassische kriminalpolitische Ermessensentscheidung. Kubiciel plädierte für die Herabstufung der einfachen Beförderungserschleichung zu einer Ordnungswidrigkeit.

Beförderungserschleichung sei im Kern ein soziales Problem, sagte Markus Kühn, Sachgebietsleiter beim Sozialdienst Katholischer Männer in Köln. Es sei schwer vorstellbar, dass jemand, der in der Lage ist, ein Ticket zu kaufen, schlussendlich eine Ersatzfreiheitsstrafe antritt. Nur wer tatsächlich dazu nicht in der Lage ist, werde inhaftiert und leide. Der auf Vorschlag der SPD-Fraktion eingeladene Experte sprach sich für die Herausnahme des Schwarzfahrens aus dem Strafrecht und die Schaffung günstiger Ticketpreise aus.

Aus Sicht von Andreas Mosbacher, Richter am Bundesgerichtshof Leipzig, sprechen die besseren Argumente für die Entkriminalisierung des „einfachen Schwarzfahrens“. Eine Herabstufung solcher Handlungen zu Ordnungswidrigkeiten erscheine gegenüber der völligen Sanktionslosigkeit vorzugswürdig, befand der von der FDP-Fraktion benannte Sachverständige. Das sei auch eine Frage der Ressourcennutzung in der Strafjustiz. „Wir müssen uns darauf konzentrieren, wirklich strafwürdiges Unrecht zu verfolgen“, sagte er. Als Bagatellunrecht lasse sich die Erschleichung der Beförderung im Ordnungswidrigkeitenrecht gut verorten.

Ali B. Norouzi, stellvertretender Vorsitzender des Strafrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins, sprach beim Schwarzfahren im Nahverkehr von Schäden im Bagatellbereich. Es bleibe unklar, worin das strafwürdige Unrecht in dieser Verhaltensweise liegen solle, sagte der auf Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingeladene Experte. Auf Zivilunrecht könne das Zivilrecht auch antworten. Eine zusätzliche strafrechtliche Bestrafung sei eine „unnötige Doppelbelastung“.

Arne Semsrott von der Initiative Freiheitsfonds, die seiner Aussage nach Menschen aus dem Gefängnis freikauft, die wegen Fahren ohne Fahrschein eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen müssen, forderte die ersatzlose Streichung der strafrechtlichen Regelung. Die Strafbarkeit von Fahren ohne Fahrschein sei in der Praxis für die Justiz kaum zu handhaben, sagte der auf Vorschlag der Linksfraktion geladene Sachverständige. Die unverhältnismäßige Bestrafung sei ungerecht, zudem beinhalte die Regelung zahlreiche Wertungswidersprüche. Die Herabstufung als Ordnungswidrigkeit sei keine gangbare Alternative, befand er. Das Ziel, mit einer Entkriminalisierung eine Entlastung der Justiz zu erreichen, würde durch die Einführung einer neuen Ordnungswidrigkeit konterkariert.

Der Deutsche Richterbund spricht sich dafür aus, die Beförderungserschleichung auf Fälle zu beschränken, in denen Kontrollmechanismen umgangen werden, sagte Jana Zapf, Richterin am Oberlandesgericht Celle und Vertreterin des Deutscher Richterbundes. Dies sei mit einer erhöhten kriminellen Energie verbunden, so dass die Straflosigkeit im Vergleich zu anderen Vermögensdelikten nicht sachgerecht erscheine. Ergänzt werden könne die Reform durch Sozialmaßnahmen, die bedürftigen Menschen die Teilnahme am ÖPNV ermöglichen, sagte die von der SPD-Fraktion benannte Expertin.

Die Sachverständigenliste und die Stellungnahmen der Expertinnen und Experten: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a06_recht/anhoerungen/950144-950144

Die Anhörung im Video: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw25-pa-recht-fahrschein-952266

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 457 vom 19.06.2023

Um eine Anpassung des Mindestlohngesetzes (MiLoG) geht es der Fraktion Die Linke in einem Antrag (20/7254). Die Abgeordneten fordern von der Bundesregierung, den allgemeinen Mindestlohn auf 60 Prozent des Bruttomedianlohns zu erhöhen. Außerdem solle die Mindestlohnkommission künftig jährlich über eine mögliche Erhöhung des Mindestlohns entscheiden und ihre Stellungnahmen transparent veröffentlichen.

Laut Antrag empfiehlt die EU, dass sich der Mindestlohn eines Landes an dem international anerkannten Referenzwert von 60 Prozent des Bruttomedianlohns orientieren soll. Für Deutschland würde dies derzeit einen gesetzlichen Mindestlohn von 13,53 Euro bedeuten, schreiben die Abgeordneten bezugnehmend auf eine gemeinsame Stellungnahme des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung sowie der Hans-Böckler-Stiftung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 453 vom 19.06.2023

Die Pflege eines Angehörigen darf nicht zu einer beruflichen Schlechterstellung führen. Das unterstrich Andreas Hoff, stellvertretender Vorsitzender des Unabhängigen Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, im Fachgespräch des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Mittwochmittag bei der Vorstellung des „Teilberichts zur Weiterentwicklung der Pflegezeit und Familienpflegezeit“. Darin werden Veränderungen bei der Pflegezeit und die Einführung eines Familienpflegegeldes vorgeschlagen.

4,6 Millionen Pflegebedürftige gebe es in Deutschland, rief Hoff in Erinnerung. Fast fünf Millionen Menschen, Verwandte oder Vertraute pflegten jemanden privat zuhause. Die Hälfte davon sei erwerbstätig. Eine beträchtliche, weiter steigende Zahl, die von erheblicher volkswirtschaftlicher Relevanz sei.

Die „gesamtgesellschaftlich relevante Übernahme von Pflegearbeit“ dürfe aber nicht dazu führen, dass Menschen der Erwerbsarbeit den Rücken kehrten, hohe Einkommensverluste hinnehmen oder auf Rentenansprüche verzichten müssten, sagte Hoff. Angesichts eines akuten Fachkräftemangels könne es sich Deutschland auch nicht leisten, wenn Arbeitskräfte aus dem Beruf ausscheiden, um zu pflegen, so der Sachverständige.

Aus diesem gesellschaftlichen Kontext ergebe sich die Notwendigkeit einer Reform. Um Pflege und Erwerbstätigkeit besser miteinander kombinieren zu können, schlage der Beirat Veränderungen im Familienpflegezeitgesetz sowie die Einführung eines Familienpflegegeldes vor, was auf eine Erweiterung der Ansprüche hinauslaufe.

Um eine Pflegetätigkeit im häuslichen Umfeld wahrnehmen zu können, solle ein Arbeitnehmer sich in einem Zeitraum von 36 Monaten, in dem er seine Arbeitszeit auf maximal 32 Wochenstunden reduziert, maximal für ein halbes Jahr komplett freistellen lassen können. Zum Kreis der Anspruchsberechtigten wolle man auch Selbständige zählen. Um zu vermeiden, dass eine Person die gesamte Last der Pflege trägt, könne die Pflegezeit für einen Pflegefall unter mehreren Angehörigen aufteilbar sein. Jeder Pflegende solle zudem die Pflegezeit in mehre Zeitabschnitte aufteilen können.

Der Beirat sei sich bewusst, dass zahlreiche Angehörige viel länger pflegten, im Schnitt dreieinhalb bis fünf, in manchen Fällen auch zehn Jahre oder länger, etwa im Fall pflegebedürftiger Kinder. „Für diese Menschen müssen wir eine Lösung finden.“ Aber die 36 Monate betrachte man als „einen ersten wichtigen Schritt“.

Mit der Einführung eines einkommensabhängigen, steuerfinanzierten Familienpflegegeldes, das maximal 36 Monate gewährt werden solle, wolle der Beirat eine „Gerechtigkeitslücke schließen“, betonte Hoff. Viele Menschen fragten sich, warum es entsprechend zu den Lohnerstatzleistungen für die Betreuung Minderjähriger keine Leistung für die Betreuung Pflegebedürftiger gebe. Das Familienpflegegeld solle so ausgestaltet werden, dass es von den pflegenden Angehörigen hintereinander oder gleichzeitig beansprucht werden könne.

Bei der Berechnung und Höhe der Beträge lehne man sich an die Logik des bekannten Elterngeldes an. Komme es dort im Zuge einer Änderung des Bundeseltergeldgesetzes zu einer Erhöhung oder Dynamisierung der Beträge, müsse dies analog für das Familienpflegegeld gelten.

Die Gewährung eines Familienpflegegeldes werde zu einer größeren Wertschätzung der Pflegetätigkeit führen. Dabei handele es sich wie bei der Ausweitung der Pflegezeit nur um einen „ersten Schritt, dem weitere folgen“ müssten.

Auch im Bereich der Sozialversicherung sollten Pflegende keine Nachteile erleiden, sagte Hoff. Die Kündigungsschutzregel solle beibehalten werden. Geringere Beiträge etwa für die Altersabsicherung müssten dringend ausgeglichen werden.

Es sei extrem wichtig, die Rechte von Pflegenden mit einer zuverlässigen gesetzlichen Regelung zu stärken, sie damit im Erwerbsleben zu halten und gleichzeitig die Interessen der Unternehmen im Blick zu nehmen, die von den Leistungserweiterungen betroffen seien. Für keinen Arbeitgeber sei es schön, plötzlich auf einen Mitarbeiter verzichten zu müssen. Volkswirtschaftlich katastrophal sei es, wenn darüber hinaus Menschen wegen der Pflege ganz aus dem Berufsleben ausstiegen. Die besonderen Belastungen für kleine Unternehmen werde man in der kommenden, dritten Berichtsperiode schwerpunktmäßig in den Blick nehmen ebenso wie die Pflegesituation von Menschen mit Migrationshintergrund.

Der Bedarf an Pflegenden werde weiter steigen. Familien seien unter Druck ebenso wie der Arbeitsmarkt. „Wir haben das Dilemma, dass immer irgendwo jemand fehlt.“ Es gebe aber nicht die perfekte Lösung. Neben Puzzleteilen wie einer größeren Zahl professioneller Pflegekräfte, auch aus dem Ausland, und Automatisierungen sehe der Beirat den „Ausweg in der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf“.

Der „Unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf“ begleitet auf Grundlage des Familienpflegezeitgesetzes die Umsetzung der gesetzlichen Regelungen zu Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, insbesondere des Pflegezeitgesetzes und des Familienpflegezeitgesetzes und will im Juli seinen zweiten Bericht vorlegen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 438 vom 14.06.2023

Die Zahl der ausländischen Kinder und Jugendlichen, die ohne Eltern oder andere Sorgeberechtigte in Deutschland leben, hat sich 2022 im Vergleich zu Vorjahr mehr als verdoppelt. Das zeigt der Bericht der Bundesregierung über die Situation unbegleiteter ausländischer Minderjähriger in Deutschland, der nun als Unterrichtung vorliegt (20/7120).

So lebten Ende Oktober vergangenen Jahres 17.657 unbegleitete Minderjährige in der Obhut der Kinder- und Jugendhilfe. Ein Jahr zuvor waren es noch 8.267 gewesen. Eine „Trendumkehr“, so der Bericht: Nach einem Höchststand der Zahlen Ende Februar 2016, als rund 69.000 unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche in Deutschland lebten, waren die Zahlen seither stets rückläufig gewesen. Nun also ein sprunghafter Anstieg.

Die neu eingereisten unbegleiteten Minderjährigen seien zudem im Durchschnitt auch etwas jünger: Während 2018 noch 68 Prozent der vorläufig in Obhut genommenen Jugendlichen über 16 Jahre alt waren, waren es 2021 insgesamt 66 Prozent. Zugleich steige der Anteil männlicher Kinder und Jugendlicher, heißt es im Bericht: 91 Prozent der unbegleiteten Minderjährigen seien Jungen, nur neun Prozent Mädchen. Als Hauptherkunftländer nennt die Bundesregierung Afghanistan und Syrien.

Kinder und Jugendliche, die ohne Eltern und ohne Begleitung einer anderen sorgeberechtigten Person nach Deutschland kommen, gehörten zu den „vulnerabelsten und gefährdetsten Personen überhaupt“, betont die Bundesregierung. Sie brauchten daher auch „besonderen staatlichen Schutz und Unterstützung“.

Die sozialen Einschränkungen der Corona-Pandemie und die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine hätten allerdings ihre Situation im Berichtszeitraum 2021/22 negativ beeinflusst, heißt es im Bericht. Insbesondere die Lockdowns erschwerten die Integration der jungen Menschen. Als problematisch werden außerdem im Zusammenhang mit einem stärkeren Zuzug von Geflüchteten „fehlende Unterbringungsmöglichkeiten und der Mangel an Fachkräften“ genannt: Nach Einschätzung von Ländern und Verbänden sei insbesondere die psychosoziale und psychotherapeutische Versorgung „weiterhin unzureichend“, so die Bundesregierung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 421 vom 08.06.2023

Im Durchschnitt weisen ostdeutsche Großstädte innerhalb von Nachbarschaften ein niedrigeres Niveau der Lohnungleichheit auf als westdeutsche Großstädte. Dabei reduzierte sich zwischen 2006 und 2017 die Lohnungleichheit innerhalb von Nachbarschaften in ostdeutschen Großstädten noch stärker. Dies zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Für die Studie haben die IAB-Forscherinnen Kerstin Ostermann und Katja Wolf die innerstädtische Lohnungleichheit mithilfe kleinräumiger Gini-Koeffizienten gemessen. Der mittlere Gini-Koeffizient in ostdeutschen Großstädten lag 2017 bei 0,36. Für westdeutsche Großstädte war dieser Wert 17 Prozent höher und lag bei 0,42. IAB-Forscherin Katja Wolf berichtet: „Ausschlaggebend für die Differenzen in der innerstädtischen Lohnungleichheit zwischen Ost und West ist die nach wie vor unterschiedliche Lohn- und Erwerbsstruktur sowie die Einführung des Mindestlohns.“ Von der Einführung des Mindestlohns haben Beschäftigte in den ostdeutschen Bundesländern aufgrund des generell niedrigeren Lohnniveaus dabei deutlich häufiger profitiert.

„Für die Stadtpolitik ist es wichtig, Kenntnis über innerstädtische Lohnverteilungen zu haben, um passgenaue Maßnahmen initiieren zu können“, erklärt IAB-Forscherin Kerstin Ostermann. Bei solchen Maßnahmen geht es in homogenen Nachbarschaften mit einem niedrigen Lohnniveau darum, die geringeren Erwerbschancen auszugleichen, in heterogenen Nachbarschaften darum, den sozialen Zusammenhalt stärker zu fördern.

Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2023/kb2023-09.pdf. Unter https://static-content.springer.com/esm/art%3A10.1186%2Fs12651-022-00310-x/MediaObjects/12651_2022_310_MOESM1_ESM.pdf sind die Daten zu allen deutschen Großstädten (mit mehr als 100.000 Einwohner*innen) einsehbar.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 15.06.2023

  • Deutlicher Anstieg der Nettozuwanderung vor dem Hintergrund der Fluchtbewegungen aus der Ukraine
  • Weiterhin steigender Überschuss der Sterbefälle über die Zahl der Geburten
  • Bevölkerungsgruppe der unter 20-Jährigen wächst um 2,8 %  

Die Bevölkerung in Deutschland ist im Jahr 2022 um 1,3 % (+1 122 000 Personen) gewachsen, nachdem sie im Vorjahr nur einen leichten Anstieg um 0,1 % verzeichnete (+82 000 Personen). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, lebten zum Jahresende 2022 gut 84,4 Millionen Personen in Deutschland. Diese Entwicklung ist auf einen deutlichen Anstieg der Nettozuwanderung auf 1 455 000 zurückzuführen (2021: 329 000), vor allem bedingt durch die Fluchtbewegungen aus der Ukraine). Gleichzeitig sind auch im Jahr 2022 wie in den Vorjahren mehr Menschen gestorben als geboren worden: Der Überschuss der Sterbefälle über die Zahl der Geburten stieg weiter auf 327 000 (2021: 228 000). Die Bevölkerungszahlen basieren auf dem Zensus 2011. Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse des Zensus 2022 wird die Grundlage der Bevölkerungsfortschreibung aktualisiert. 

Ähnliches Bevölkerungswachstum in ost- und westdeutschen Bundesländern

Insgesamt zeigte sich in allen Bundesländern ein Bevölkerungszuwachs. Absolut stieg die Bevölkerungszahl im Jahr 2022 in Nordrhein-Westfalen (215 000) am stärksten, gefolgt von Bayern (192 000) und Baden-Württemberg (156 000). Prozentual hatten Berlin und Hamburg (jeweils +2,1 %) die höchsten Zuwächse.

Insgesamt verzeichneten die westdeutschen Bundesländer einen Bevölkerungszuwachs um 913 000 Personen auf 68,0 Millionen (+1,4 %). In den ostdeutschen Flächenländern stieg die Bevölkerungszahl um 131 000 und betrug am Jahresende 12,6 Millionen (+1,1 %). Damit zeigt sich in den west- und ostdeutschen Bundesländern eine ähnliche Entwicklung.

Zahl der Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit steigt um 1,4 Millionen

Ende 2022 lebten 72,0 Millionen Deutsche und 12,3 Millionen Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland. Darunter besaßen die meisten die türkische (1,34 Millionen), ukrainische (1,05 Millionen) oder syrische (883 000) Staatsbürgerschaft. Die größten absoluten Zunahmen zeigten sich im Jahr 2022 bei Personen mit ukrainischer (+915 000), afghanischer (+61 000) oder syrischer (+48 000) Staatsangehörigkeit. Dabei hat sich die Zahl der in Deutschland lebenden Ukrainerinnen und Ukrainer zwischen Jahresanfang und -ende mehr als versechsfacht.

Der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung nahm gegenüber dem Vorjahr von 13,1 % auf 14,6 % zu. Im Vergleich zu 2021 stieg die Zahl der Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft um 1,4 Millionen Personen (+13,1 %), während die Zahl der deutschen Staatsangehörigen vor allem aufgrund der überschüssigen Sterbefälle um 309 000 (-0,4 %) Personen sank. 

Zahl der Menschen unter 20 Jahren nimmt um 2,8 % zu

Die wachsende Zahl der Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit hat unter anderem Auswirkungen auf die Demografie der Bevölkerung, da die Altersstruktur deutlich von der der deutschen Bevölkerung abweicht. Betrachtet man die deutsche Bevölkerung im Jahr 2022 waren 18,6 % unter 20 Jahre, 49,0 % 20 bis 59 Jahre und 32,4 % über 59 Jahre alt. Unter den Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit waren hingegen 20,2 % unter 20 Jahre, 67,4 % 20 bis 59 Jahre und 12,4 % über 59 Jahre alt.

Insgesamt stieg die Zahl der Menschen im Alter von unter 20 Jahren um 427 000 (+2,8 %; 2021: +0,6 %). Diese Entwicklung ist vor allem auf einen Anstieg dieser Altersgruppe bei Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit zurückzuführen (+23,2 %). Zum Vergleich: Bei Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit nahm die Zahl der unter 20-Jährigen um 0,3 % ab.

Die Zahl der Seniorinnen und Senioren zwischen 60 und 79 Jahren betrug Ende 2022 18,7 Millionen (+430 000 Personen beziehungsweise +2,3 %). Gleichzeitig stieg auch die Zahl der Personen im Alter von 20 bis 59 Jahren auf 43,6 Millionen (+263 000 Personen beziehungsweise +0,6 %), wohingegen die Zahl der Hochbetagten ab 80 Jahren fast konstant blieb (+1 300). Das Durchschnittsalter der Bevölkerung sank geringfügig um 0,1 Jahre auf 44,6 Jahre. 

Methodische Hinweise:

Die Entwicklung der Bevölkerungszahlen in einem Jahr ergibt sich zum einen aus den Geburten und Sterbefällen, zum anderen aus den Zu- und Fortzügen, die die Standesämter beziehungsweise Meldebehörden den Statistischen Ämtern mitteilen. Zudem fließen Korrekturen in die Berechnung ein. Korrekturen entstehen, wenn Meldebehörden oder Standesämter zuvor mitgeteilte Datensätze vervollständigen oder berichtigen. 

Der angegebene Wanderungsüberschuss und das Geburtendefizit für 2022 stellen vorläufige Ergebnisse der laufenden Bevölkerungsstatistik dar. In den endgültigen Ergebnissen kann es noch zu leichten Verschiebungen kommen, die jedoch keinen Einfluss auf die Bevölkerungszahlen haben. Die endgültige Wanderungsstatistik wird Ende Juni veröffentlicht, die Geburten- und Sterbefallstatistik Mitte Juli. 

Weitere Informationen:

Der Angriff Russlands auf die Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen wirken sich auf viele Bereiche in Gesellschaft und Wirtschaft aus. Auf einer Sonderseite (www.destatis.de/ukraine) haben wir dazu Daten und Informationen zusammengestellt.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt (Destatis) vom 20.06.2023

  • Studienberechtigtenquote von 6,1 % im Jahr 1960 auf 46,8 % im Jahr 2020 gestiegen
  • 44,0 % der Schüler und Schülerinnen im Sekundarbereich der allgemeinbildenden Schulen besuchten 2021 das Gymnasium, 1960 waren es noch 24,6 %
  • Deutlicher Anstieg gegenüber 1950: Knapp ein Zehntel der Kinder und Jugendlichen auf allgemeinbildenden Schulen besuchten 2021 eine Privatschule
  • Frauenanteil unter den Studienanfängerinnen und -anfängern von 18,5 % im Jahr 1950 auf 52,4 % im Jahr 2021 gestiegen
  • 75 Jahre Daten für die Demokratie: Statistisches Bundesamt veröffentlicht zu seinem 75-jährigen Bestehen eine Serie von Pressemitteilungen auf Basis historischer Zeitreihen

Akademisierung, Individualisierung und Privatisierung: All dies sind Auswirkungen eines tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandels, der sich auch im Bildungssystem niedergeschlagen hat. In den Daten zu Schulbesuch, Ausbildung und Studium spiegeln sich politische Entscheidungen ebenso wider wie veränderte Wertevorstellungen. Besonders deutlich zeigt sich dies in der Zahl der Studierenden, die seit 1950 mit wenigen Ausnahmen gestiegen ist. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) aus Anlass seines 75-jährigen Bestehens mitteilt, gab es 2021 in Deutschland weit mehr als doppelt so viele Studentinnen und Studenten (2,9 Millionen) wie Auszubildende (1,3 Millionen). Auf 10 Studierende kamen somit 4,3 Auszubildende. 1950, im früheren Bundesgebiet, war das Verhältnis noch ein völlig anderes: Auf 10 Studierende kamen 75,5 Auszubildende. 971 000 Menschen machten damals eine Ausbildung, wohingegen nur 129 000 Personen für ein Studium eingeschrieben waren.

Quote der Studienberechtigten von 6,1 % im Jahr 1960 auf 46,8 % im Jahr 2020 gestiegen

Die steigende Bedeutung akademischer Bildung wird auch am wachsenden Anteil der Abiturientinnen und Abiturienten sichtbar. Verfügten im Jahr 1960 etwa 6,1 % der 19- bis 21-Jährigen über die Hochschulreife, lag die Studienberechtigtenquote 2020 bei 46,8 %. Durch die Rückkehr zum neunjährigen Bildungsgang an Gymnasien in Niedersachsen im Schuljahr 2019/2020 und dem damit unvollständigen Abiturjahrgang gab es im Jahr 2020 jedoch ausnahmsweise weniger Studienberechtigte als in den Vorjahren.

Anteil der Schülerinnen und Schüler auf Gymnasien von 24,6 % im Jahr 1960 auf 44,0 % im Jahr 2021 gestiegen

Ein erklärtes Ziel der Bildungspolitik war es, die Durchlässigkeit des Bildungssystems zu erhöhen. Dafür wurde das traditionelle dreigliedrige Schulsystem um neue Schularten wie Gesamtschulen und andere Schularten mit mehreren Bildungsgängen erweitert, was sich in einer deutlich veränderten Schullandschaft niederschlägt. Während 1960 noch 24,6 % der Schüler und Schülerinnen im Sekundarbereich der allgemeinbildenden Schulen das Gymnasium besuchten, waren es 2021 bereits 44,0 %. Gleichzeitig ist die Bedeutung der Hauptschule, die bis in die 1970er Jahre die wichtigste Schulform war, stetig zurückgegangen. Nahm sie 1960 noch knapp zwei Drittel (61,9 %) aller Schüler und Schülerinnen in weiterführenden Schulen (Sekundarbereich I und II) auf, besuchten 2021 nur noch 6,4 % der Schülerinnen und Schüler eine Hauptschule.

Höhere Schulabschlüsse zunehmend häufiger erworben

Noch deutlicher zeigen sich die Auswirkungen der Reformbemühungen um bessere Bildungschancen bei den erreichten Schulabschlüssen an allgemeinbildenden Schulen. 1970 verließ mit 18,9 % noch fast ein Fünftel der Schüler und Schülerinnen die Schule ohne Hauptschulabschluss. 2021 lag dieser Anteil nur noch bei 6,2 %. Auch der Anteil der Absolvierenden mit Hauptschulabschluss sank deutlich von 48,7 % auf 15,9 %. Dagegen wurden höhere Abschlüsse zunehmend häufiger erworben: 2021 erreichten 43,5 % der Absolvierenden den mittleren Abschluss (früher Realschulabschluss) gegenüber 20,9 % im Jahr 1970. Die allgemeine Hochschulreife bzw. die Fachhochschulreife erlangten im Jahr 2021 mit 34,4 % der Absolvierenden ein dreimal so hoher Anteil wie im Jahr 1970 mit 11,5 %.

Zahl der Privatschulen fünfmal so hoch wie 1950

Je wichtiger Bildung eingeschätzt wird, desto mehr Wert legen Eltern auf eine individuelle Förderung ihrer Kinder. Dementsprechend sind sie auch bereit, dafür zu bezahlen. In der Folge hat sich die Zahl der Privatschulen in Deutschland vervielfacht. Gab es im früheren Bundesgebiet im Jahr 1950 nur 741 Privatschulen, so lag deren Zahl 2021 in Deutschland bereits bei 3757. Fast ein Zehntel (9,3 %) der Kinder und Jugendlichen, welche 2021 allgemeinbildende Schulen besuchten, gingen mittlerweile auf Privatschulen. 1950 lag der Anteil im früheren Bundesgebiet noch bei 1,9 %.

Zahl der Auszubildenden von 1985 bis 2021 um fast ein Drittel gesunken

Das duale Ausbildungssystem mit seiner engen Verzahnung von Theorie und Praxis galt traditionell als Flaggschiff des deutschen Bildungssystems. Viele Jahre war die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen größer als das Angebot – Stichwort “Lehrstellenmangel”. Mittlerweile wird es jedoch für Ausbildungsbetriebe zunehmend schwieriger, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen; zum einen, da wegen der demografischen Entwicklung weniger junge Menschen die Schule verlassen, zum anderen, da vielen ein Studium attraktiver erscheint. In den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik war die Zahl der Auszubildenden fast ununterbrochen gestiegen: von 970 900 im Jahr 1950 auf 1 831 500 im Jahr 1985. Seit diesem historischen Höchststand ist sie überwiegend rückläufig. Zum Jahresende 2021 befanden sich 1 255 400 Personen in der dualen Berufsausbildung. Das waren 14,0 % weniger als noch zehn Jahre zuvor und sogar 31,5 % weniger als 1985.

Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist in den vergangenen zehn Jahren ebenfalls fast kontinuierlich zurückgegangen: 2021 hatten 466 200 Menschen einen Ausbildungsvertrag neu abgeschlossen. Das waren 16,9 % weniger als vor zehn Jahren (2011: 561 100 Neuverträge). Dies lässt sich nur teilweise mit dem Rückgang der Zahl junger Menschen zwischen 15 und 24 Jahren erklären, die im selben Zeitraum lediglich um 6 % sank.

Der Strukturwandel hat über die Jahrzehnte nicht nur zu einem Rückgang der beruflichen Ausbildung geführt, auch die Verteilung der Auszubildenden auf die verschiedenen Berufe hat sich erheblich verändert. Während 1950 bei den männlichen Auszubildenden die angehenden Maurer, Tischler und Maler dominierten, stehen heute die künftigen Kraftfahrzeugmechatroniker, Fachinformatiker und Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik an vorderster Stelle. Bei den weiblichen Auszubildenden haben sich die früher am stärksten besetzen Ausbildungsberufe von der Einzelhandelskaufrau, der Damenschneiderin und der Industriekauffrau weiter in den Dienstleistungsbereich (z.B. Kauffrau für Büromanagement, medizinische Fachangestellte und zahnmedizinische Fachangestellte) verlagert.

Mehr als die Hälfte der Studienanfänger und -anfängerinnen sind Frauen

Eine der auffälligsten Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte betrifft die immer stärkere Bildungsbeteiligung von Frauen und Mädchen. 247 300 Frauen nahmen 2021 ein Studium auf. Damit stellen sie inzwischen mehr als die Hälfte der Studienanfängerinnen und -anfänger im ersten Hochschulsemester (52,4 %). 1950 lag ihr Anteil lediglich bei 18,5 %.

Unter den Abiturienten und Abiturientinnen ist der Frauenanteil ebenfalls angestiegen: Während 1950 lediglich 32,8 % der Absolvierenden mit allgemeiner Hochschulreife und Fachhochschulreife an allgemeinbildenden Schulen weiblich waren, betrug der Frauenanteil 2021 bereits 55,3 %. Die veränderten Rollenbilder haben sich auch im Besuch der weiterführenden Schule niedergeschlagen. Bei den Gymnasien betrug der Frauenanteil 1950 nur 40,8 %, inzwischen sind es knapp 53 %.

Unter den Auszubildenden ist der Frauenanteil ebenfalls gestiegen, wenn auch nach wie vor deutlich mehr Männer als Frauen eine Berufsausbildung im dualen System machen. Im Jahr 2021 lag der Anteil an weiblichen Azubis bei 34,5 %. 1950 hatte der Frauenanteil unter den Auszubildenden bei 24,9 % gelegen.

Demokratie braucht Daten – Daten brauchen Demokratie:

Seit 75 Jahren bietet das Statistische Bundesamt verlässliche Informationen zu Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt – für eine faktenbasierte Berichterstattung und demokratische Willensbildung. Anlässlich seines 75-jährigen Bestehens veröffentlicht das Statistische Bundesamt bis Ende Juni eine Reihe von Pressemitteilungen auf Basis historischer Zeitreihen, die zeigen, welchen Beitrag amtliche Daten über die vergangenen Jahrzehnte geleistet haben. Schließlich ist es seit seiner Gründung vor 75 Jahren – damals noch als „Statistisches Amt des Vereinigten Wirtschaftsgebietes“ – die Aufgabe des Statistischen Bundesamtes, stets ein möglichst umfassendes Gesamtbild der Entwicklungen und Zusammenhänge in Gesellschaft, Wirtschaft und vielen weiteren Bereichen bereitzustellen. Die Jubiläumsreihe mündet in einen Festakt am 5. Juli 2023 sowie die Wissenschaftliche Fachtagung „Daten.Forschung.Zukunft“ am 6. Juli 2023.

Methodische Hinweise:

Bezüglich der Berichtszeiträume der schulstatistischen Daten richtet sich die Darstellung nach den verfügbaren Datengrundlagen.

Die Daten vor 1990 beziehen sich auf das frühere Bundesgebiet.

Daten der Schulstatistik: Bis 1992 Nachweis der Schulentlassenen, seit 1993 Nachweis der Absolvierenden und Abgehenden.

Die Studienberechtigtenquote gibt den Anteil der Studienberechtigten an der gleichaltrigen Bevölkerung an und wird seit 2006 anhand des Quotensummenverfahrens berechnet. Sie ist ein wichtiger Indikator im Hinblick auf die Herstellung gleicher Bildungschancen.

Berechnung der Studienberechtigtenquote: Bis 2005 Durchschnitt der 18- bis unter 21jährigen (13 Jahre Schulzeit) Wohnbevölkerung am 31.12. des jeweiligen Vorjahres – Zensus 2011 nicht berücksichtigt. Seit 2006 Quotensummenverfahren. Wohnbevölkerung am 31.12. des jeweiligen Vorjahres. 2006 bis 2011 – Zensus 2011 nicht berücksichtigt. Ab 2012 Ergebnisse auf Grundlage des Zensus 2011. Weiterführende methodische Hinweise unter Hochschulstatistik.

Weitere Informationen:

In unserer Reihe von Auswertungen auf Basis historischer Zeitreihen anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Statistischen Bundesamtes ist bereits eine Pressemitteilung zu BIP-Wachstum und Transformation der Wirtschaft sowie eine Pressemitteilung mit Daten zu den wichtigsten demografischen Entwicklungen erschienen.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt (Destatis) vom 15.06.2023

  • 27 % der alleinlebenden über 65-Jährigen wohnten 2022 auf je mindestens 100 Quadratmetern
  • Zur Verfügung stehende Wohnfläche hängt wesentlich von Haushaltsgröße,  Eigentumsverhältnissen und Einzugsjahr ab

Ältere Menschen haben in Deutschland im Schnitt deutlich mehr Wohnraum zur Verfügung als jüngere: Haushalte, in denen die Haupteinkommensbezieher mindestens 65 Jahre alt waren, nutzten im Jahr 2022 pro Person durchschnittlich 68,5 Quadratmeter Wohnfläche.  Bei der nächstjüngeren Altersgruppe, den 45- bis 64-Jährigen, waren es dagegen 54,8 Quadratmeter Wohnfläche, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach Erstergebnissen der Mikrozensus-Zusatzerhebung zur Wohnsituation mitteilt. Haushalte von 25- bis 44-Jährigen hatten mit 44,7 Quadratmetern am wenigsten Wohnfläche pro Person zur Verfügung, bei den unter 25-Jährigen waren es im Schnitt 45,4 Quadratmeter. „Neben der Größe des Haushalts wirken sich auch das jeweilige Einzugsjahr sowie die Frage, ob es sich um Wohneigentum handelt, auf den zur Verfügung stehenden Wohnraum aus“, erklärt Daniel Zimmermann, Experte für den Bereich Wohnen im Statistischen Bundesamt. „Ältere Menschen leben in sechs von zehn Fällen bereits länger als 20 Jahre in ihrer Wohnung und besonders häufig auch allein – unter anderem deshalb steht dieser Gruppe pro Kopf auch durchschnittlich die größte Wohnfläche zur Verfügung.“

27 % der Alleinlebenden im Alter 65+ wohnen auf mindestens 100 Quadratmetern

Die verfügbare Fläche pro Kopf ist umso größer, je weniger Personen in einem Haushalt wohnen. Alleinlebende, die gut 39 % aller Haushalte in Deutschland ausmachen, hatten 2022 im Schnitt 73,4 Quadratmeter zur Verfügung. Dagegen betrug die Pro-Kopf-Wohnfläche in Haushalten mit mindestens vier Personen lediglich 29,9 Quadratmeter. Menschen im Alter von mindestens 65 Jahren leben nicht nur besonders häufig allein, sie haben unter den Alleinlebenden auch im Schnitt den größten Wohnraum zur Verfügung: pro Kopf 83,0 Quadratmeter. Gut ein Viertel (27 %) der Alleinlebenden in der Altersgruppe 65+ wohnten auf mindestens 100 Quadratmetern. Zum Vergleich: In der Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen waren es lediglich 19 %.

Miete oder Eigentum: Wohnfläche nach Altersgruppen unterscheidet sich unterschiedlich stark

Wie viel Wohnraum einem Haushalt zur Verfügung steht, hängt besonders von den Eigentumsverhältnissen ab. Wer im Eigentum lebt, hatte 2022 im Durchschnitt 65,1 Quadratmeter zur Verfügung, in einer Mietwohnung waren es mit 48,5 Quadratmetern deutlich weniger.

Die Unterschiede zwischen Jüngeren und Älteren fallen in Eigentümerhaushalten zudem größer aus als in Mieterhaushalten. So hatten Eigentümerhaushalte, in denen die Haupteinkommensbezieherinnen und -bezieher mindestens 65 Jahre alt waren, eine Wohnfläche von 78,1 Quadratmetern pro Kopf, und damit 28 % mehr Fläche als die nächstjüngere Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen mit 61,0 Quadratmetern. Bei den Mieterhaushalten hatte die Altersgruppe 65+ mit im Schnitt 58,3 Quadratmetern pro Kopf rund 20 % mehr Wohnfläche als die 45- bis 64-Jährigen (48,5 Quadratmeter) zur Verfügung.

Je länger das Wohnverhältnis, desto größer die Wohnfläche

Auch das Einzugsjahr spielt eine Rolle: Je länger es zurückliegt, desto mehr Wohnfläche haben Haushalte durchschnittlich zur Verfügung. So hatten Haushalte, die vor 1999 in ihre Wohnung gezogen waren, 2022 im Schnitt 69,2 Quadratmeter pro Kopf zur Verfügung. Bei Haushalten, die erst seit frühestens 2019 in ihrer Wohnung lebten, waren es 47,5 Quadratmeter. 29 % aller Haushalte in Deutschland hatten ein Einzugsjahr vor 1999 – das waren 11,4 Millionen Haushalte.

Je älter die Menschen sind, desto größer ist der Anteil derer, die schon lange in derselben Wohnung wohnen: In der Altersgruppe 65+ lebten gut drei von fünf Haushalten (61 %) mehr als 23 Jahre in ihrer Wohnung. Allerdings besteht ein großer Unterschied zwischen Mieter- und Eigentümerhaushalten: So lebten gut drei Viertel (78 %) aller Eigentümerhaushalte in der Altersgruppe 65+ seit mindestens 1999 in ihren Wohnungen, bei entsprechenden Mieterhaushalten waren es weniger als die Hälfte (44 %). Menschen in Mieterhaushalten wechseln also in höherem Alter eher die Wohnung als Menschen in Eigentümerhaushalten.

Methodische Hinweise:

Alle Angaben beruhen auf Selbstauskünften der Befragten zum Mikrozensus. Die hier dargestellten Ergebnisse stammen aus dem nur vierjährlich erhobenen Zusatzprogramm Wohnen (Aufbereitungsstand 31. März 2023), das erstmals im Rahmen des 2020 neu gestalteten Mikrozensus durchgeführt wurde. Die Berechnungsweise der Wohnfläche pro Person ist angepasst worden. Vergleiche mit den Ergebnissen aus früheren Veröffentlichungen sind daher für diese Kennzahl nicht möglich.

Für die Kennzahl wird seit dem Berichtsjahr 2022 zunächst für jeden einzelnen Haushalt seine Wohnfläche pro Person berechnet. Anschließend wird der gewichtete Durchschnitt dieser haushaltsbezogenen Wohnfläche pro Person gebildet.

Die Wohnfläche entspricht der Grundfläche aller Räume, die ausschließlich zu der jeweiligen Wohnung gehören. Dies umfasst alle Wohn-, Ess- und Schlafzimmer, aber auch weitere separate Räume wie Küchen und Bäder. Die Flächen weiterer Nebenräume (z. B. Flure, Abstellräume und Balkone) zählen ebenfalls zur Wohnfläche. In der amtlichen Statistik orientiert sich die Berechnung der Wohnfläche an der Wohnflächenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346). Das heißt, die Grundfläche von Räumen mit einer Höhe von einem bis unter zwei Metern wird dabei nur zur Hälfte angerechnet. Die Fläche von Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen wird lediglich zu einem Viertel angerechnet.

Für die Ergebnisse zu Wohnflächen wurden lediglich Haushalte ausgewertet, die zum Zeitpunkt der Befragung allein in einer Wohnung leben. Insbesondere klassische Wohngemeinschaften sind daher nicht Bestandteil der ausgewiesenen Ergebnisse.

Bei den vorliegenden Ergebnissen handelt es sich um Erstergebnisse. Endergebnisse werden voraussichtlich im Januar 2024 veröffentlicht.

Weitere Informationen:

Bei den Angaben handelt es sich um Erstergebnisse des Mikrozensus 2022. Weitere Ergebnisse aus dem Zusatzprogramm Wohnen bietet die Rubrik Tabellen (hier: „Wohnsituation privater Haushalte“ sowie „Mieten und finanzielle Belastungen durch die Wohnsituation“) auf der Themenseite „Wohnen“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes. Dort finden sich auch Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema.

Ausführliche Informationen zum im Jahr 2020 neugestalteten Mikrozensus sowie den Auswirkungen der Neugestaltung und der Corona-Krise auf den Mikrozensus bietet die Sonderseite www.destatis.de/mikrozensus2020.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt (Destatis) vom 14.06.2023

Die Kinderlosenquote in Deutschland lag im Jahr 2022 bei 20 %. Sie bezieht sich auf den Anteil der Frauen ohne leibliche Kinder an allen Frauen, die 2022 im Alter zwischen 45 und 49 Jahren waren (Geburtsjahrgänge 1973 bis 1977). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Grundlage der Ergebnisse des Mikrozensus 2022 weiter mitteilt, ist damit die sogenannte Kinderlosenquote am Ende des fertilen Alters in Deutschland seit 2012 nahezu konstant. In den drei Jahrzehnten zuvor war sie dagegen kontinuierlich gestiegen und hat sich von 11 % bei den Frauen der 1930er Jahrgänge auf 21 % bei den Frauen, die Ende der 1960er Jahre geboren wurden, fast verdoppelt.

Vor allem in Westdeutschland hat sich die Kinderlosenquote stabilisiert und lag im Jahr 2022 mit 20 % sogar geringfügig niedriger als im Jahr 2012 (21 %). In Ostdeutschland (ohne Berlin) war die Quote im Jahr 2022 mit 14 % deutlich niedriger als im Westen und etwas niedriger als im Jahr 2018 (15 %). Zwischen 2012 und 2018 stieg sie allerdings um 3 Prozentpunkte und verfestigte sich erst anschießend zwischen 14 und 15 %.

Deutliche Unterschiede bei der Kinderlosigkeit zwischen den Bundesländern

Zwischen den Bundesländern variierte die Kinderlosenquote – bezogen auf Frauen, die im Jahr 2022 zwischen 45 und 54 Jahre alt waren – von 13 % in Thüringen bis 29 % in Hamburg. Am zweithöchsten war die Quote mit 25 % in Berlin. In den übrigen westdeutschen Bundesländern lag sie zwischen 17 und 23 %. Bei den ostdeutschen Flächenländern stellte Brandenburg mit der vergleichsweise hohen Quote von 17 % eine Ausnahme dar. In den übrigen ostdeutschen Ländern lag die Quote deutlich niedriger bei 13 beziehungsweise 14 %. In Deutschland insgesamt waren 20 % der 45- bis 54-jährigen kinderlos.

Je nach Bildungsstand und Geburtsland der Frau variiert die Kinderlosenquote zwischen 8 und 24 %

Bei den Frauen der Jahrgänge 1973 bis 1977 betrug die Kinderlosenquote 23 %, wenn sie über hohe Bildung verfügten, 21 % bei mittlerem Bildungsstand und 11 % bei niedrigem Bildungsstand. Der Bildungsstand wird hier nach den drei Kategorien der International Standard Classification of Education (ISCED 2011) abgebildet.

Die in Deutschland geborenen oder als Mädchen im Alter unter 15 Jahren zugewanderten Frauen waren insgesamt mit einer Quote von 22 % häufiger kinderlos als Frauen, die im Alter ab 15 Jahren zugewandert sind (12 %). Deutliche Unterschiede nach Bildungsstand bestanden aber auch innerhalb dieser beiden Gruppen. Bei den in Deutschland aufgewachsenen Frauen variierte die Kinderlosenquote zwischen 16 % bei Frauen mit niedrigem Bildungsstand und 24 % bei Frauen mit hohem Bildungsstand. Bei den Frauen, die im Alter ab 15 Jahren zugewandert sind, war diese Spanne noch größer, bewegte sich aber auf einem niedrigeren Niveau zwischen 8 % bei niedrigem Bildungsstand und 18 % bei hohem Bildungsstand.

Methodische Hinweise

Diese Ergebnisse beruhen auf den Angaben der Frauen zur Zahl der geborenen Kinder im Mikrozensus 2022. Im Unterschied zum üblichen Konzept des Mikrozensus geht es dabei um die leiblichen Kinder der Frau, unabhängig davon, ob sie im Haushalt der Befragten leben. Im Rahmen des üblichen Haushalts- und Familienkonzepts des Mikrozensus wird dagegen nicht zwischen leiblichen, Adoptiv- oder Pflegekindern unterschieden und es werden nur Kinder berücksichtigt, die zum Zeitpunkt der Befragung im Haushalt leben.

Die Angaben zur Zahl der geborenen Kinder erhebt der Mikrozensus seit 2008 in der Regel alle vier Jahre. Sie dienen der Ergänzung der Geburtenstatistik, die auf den Meldungen der Standesämter zu Geburten beruht. Der Mikrozensus ist die einzige derzeit verfügbare amtliche Datenquelle zur Struktur der Frauen nach Zahl der geborenen Kinder und damit für die Messung der Kinderlosigkeit.

Der Mikrozensus ist eine Stichprobenerhebung, bei der jährlich rund 1 % der Bevölkerung in Deutschland befragt wird. Alle Angaben beruhen auf Selbstauskünften der Befragten. Für die Angaben zur Zahl der geborenen Kinder besteht keine Auskunftspflicht. Um aus den erhobenen Daten Aussagen über die Gesamtbevölkerung treffen zu können, werden die Daten an den Eckwerten der Bevölkerungsfortschreibung hochgerechnet. Im Berichtsjahr 2020 erfolgten weitreichende methodische Umstellungen des Mikrozensus. Ausführliche Informationen zu den Änderungen sowie den Auswirkungen der Neugestaltung des Mikrozensus seit 2020 und methodische Hinweise zu den Ergebnissen des Mikrozensus 2022 sind auf einer Sonderseite verfügbar.

Weitere Informationen:

Weitere methodische Hinweise sowie grafisch aufbereitete Informationen zur Kinderlosigkeit und zu den Müttern nach Zahl der geborenen Kinder bietet ein Artikel unter der Rubrik „Aktuell“ auf der Themenseite „Geburten“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes. Ausführliche Ergebnisse enthält der Statistische Bericht „Frauen nach Zahl der geborenen Kinder“ und die Datenbank GENESIS-Online (Tabellen 12612-0050 bis 12612-0052).

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt (Destatis) vom 14.06.2023

Im Jahr 2022 wurden in Deutschland nach vorläufigen Ergebnissen rund 739 000 Kinder geboren. Die Geborenenzahl war damit im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2019 bis 2021 um 5,6 % niedriger und sank gegenüber dem geburtenreichen Jahr 2021 um 7,1 %. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, blieben die Geburten auch Anfang des Jahres 2023 auf niedrigem Niveau. Nach vorläufigen Angaben wurden im 1. Quartal 2023 rund 162 000 Kinder geboren. Das waren bisher 4,8 % weniger als im Vorjahreszeitraum (170 000 Geborene). Ähnlich niedrige Geburtenzahlen hatte es zuvor im jeweils 1. Quartal der Jahre 2006 bis 2013 gegeben. 

Die geringe Geborenenzahl im 1. Quartal 2023 lässt noch keinen Schluss auf das Jahresergebnis zu. Im langfristigen Vergleich zeigt sich allerdings, dass sich die Geborenenzahl im 1. Quartal oft ähnlich entwickelt wie im gesamten Kalenderjahr. Eine niedrige Geburtenzahl im 1. Quartal 2023 dämpft somit die Erwartungen auf eine Erholung der Geburten im aktuellen Jahr.

Eine der wichtigsten Ursachen für die sinkende Geburtenzahl ist die rückläufige Zahl der Frauen im Alter von Ende 20 bis Ende 30, also der Altersspanne, in der die meisten Kinder geboren werden. Besonders stark wirkt sich derzeit diese Entwicklung in den ostdeutschen Flächenländern aus, wo die entsprechenden Jahrgänge von Mitte der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre besonders schwach besetzt sind. Auch die Verunsicherung der Bevölkerung durch zahlreiche Krisen könnte sich negativ auf die Familienplanung ausgewirkt haben. 

Methodische Hinweise:

Monatliche Ergebnisse für 2022 und 2023 beziehen sich auf die sogenannten Ereignismonate und sind noch vorläufig. Durch die spätere Nachmeldung von Geburten für die vergangenen Monate kann sich die Geburtenzahl im 1. Quartal 2023 noch geringfügig um 2 bis 4 % erhöhen. Die endgültigen monatlichen Ergebnisse für 2022 sowie die Geburtenziffer 2022 werden im Juli 2023 veröffentlicht.

Weitere Informationen:

Weitere Informationen zur monatlichen Geburtenentwicklung sind auf der Themenseite Geburten unter Rubrik Aktuell veröffentlicht. Die Ergebnisse der Geburtenstatistik nach Monaten und Bundesländern sind bis einschließlich März 2023 in der Datenbank GENESIS-Online (Tabellen 12612-0002 und 12612-0101) sowie in der Datenbank GENESIS-Online im Tabellensegment 12612 verfügbar.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt (Destatis) vom 14.06.2023

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Anlässlich der 219. Sitzung der Innenminister*innen und -senator*innen der Länder vom 14.-16.06.2023 kritisiert die AWO die strukturellen Defizite in der Unterbringung Geflüchteter. In der Sitzung sollen die Verabredungen des jüngsten Flüchtlingsgipfels vom 10.05., die zusammenfassend nur als „Abschottungspolitik“ bezeichnet werden können, auf der Tagesordnung stehen. 

„Viele der Vereinbarungen des Flüchtlingsgipfels haben sich in der Vergangenheit bereits als nicht umsetzbar oder wirkungslos gezeigt,“ kommentiert AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner. „Altbekannte Konzepte, die einer rechtstaatlichen und menschenwürdigen Behandlung von Geflüchteten entgegenstehen, müssen durch eine langfristige, nachhaltige Strategie für eine humane und menschenwürdige Flüchtlingsaufnahme ersetzt werden!“ 

Deshalb fordert die AWO, die Verpflichtung zur Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen aufzuheben, Ausnahmen bei der Wohnsitzverpflichtung nach § 12a AufenthG zu gestatten, wenn Wohnraum gefunden wurde, sowie die dezentrale und private Unterbringung zu stärken. 

Durch alternative Unterbringungsformen werden die zentralen Unterbringungen entzerrt, was für Kommunen, Betreibende von Unterkünften, sowie für die Zivilgesellschaft aber vor allem für die Geflüchteten selbst entlastend wäre. „Die Aufnahme und Versorgung von Schutzsuchenden kann nur als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe funktionieren“, so Sonnenholzner. „In der jüngsten Vergangenheit haben alle Akteur*innen eindrucksvoll gezeigt, wie Millionen von Menschen aus der Ukraine innerhalb kürzester Zeit mit pragmatischen Lösungen aufgenommen werden konnten. An diesen positiven Erfahrungen sollten wir uns auch mit Blick auf Schutzsuchende aus anderen Herkunftsländern als die Ukraine orientieren.“  

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 13.06.2023

Der Deutsche Mieterbund (DMB) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisieren die ausbleibende Einigung der Ampel-Koalition für ein Konzept zur Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit:

„Die Blockadehaltung des FDP-geführten Finanzministeriums bremst nicht nur ein zentrales Instrument für mehr bezahlbaren Wohnraum aus, sondern zeigt, dass Mieterinnen und Mieter sich auf diese Ampel-Koalition nicht verlassen können. Keine mietpreisbegrenzenden Maßnahmen, keine Impulse durch mehr Wohnungsbau und vor allem keine Fördermittel für eine neue Wohngemeinnützigkeit – das ist die bittere Bilanz von fast zwei Jahren Ampel. Wir fordern Bundeskanzler Olaf Scholz auf, für die Einhaltung des Koalitionsvertrages durch seine Bundesregierung zu sorgen“, kritisiert Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes.    

„Der Finanzminister und die FDP werden nicht nur für den Wirtschaftsstandort immer mehr zum Problem, sondern auch für die Mieterinnen und Mieter. In den Großstädten bleiben zahlreiche Stellen unbesetzt, weil die Beschäftigten keine bezahlbare Wohnung finden. Ein gemeinnütziger Wohnungssektor mit dauerhaft preisgebundenen Wohnungen kann den Wohnungsmarkt entspannen. Das Bauministerium hat gute Eckpunkte vorgelegt, die aber nicht vom Lindner-Ministerium unterstützt werden. Die Blockade des Finanzministeriums ist ein Schlag ins Gesicht der Mieterinnen und Mieter, trifft aber auch Kitas, Pflegeeinrichtungen oder Restaurants, deren Personalsuche an den hohen Wohnkosten scheitert“, so Stefan Körzell, DGB-Bundesvorstandsmitglied.

Im Koalitionsvertrag der Ampel ist die zeitnahe Umsetzung einer neuen Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen für den Bau und die dauerhafte Sozialbindung bezahlbaren Wohnraums verbindlich vorgesehen. Die Bundesregierung hatte öffentlich zugesichert, ihre Eckpunkte für eine neue Wohngemeinnützigkeit und ein entsprechendes Förderprogramm bis spätestens 14. Juni 2023 vorzulegen. Ursprünglich sollten die Eckpunkte bereits Ende März präsentiert werden. Da sich die federführenden Ministerien Bauen (SPD) und Finanzen (FDP) bis zuletzt nicht auf verbindliche Eckpunkte und eine Finanzierung einigen konnten, sind die Ergebnisse der monatelangen Verhandlungen ernüchternd und völlig unzureichend.

Die vorgelegten Eckpunkte enthalten drei verschiedene Umsetzungsoptionen einer neuen Wohngemeinnützigkeit ohne jede Bewertung und Verbindlichkeit sowie keinerlei finanzielle Zugeständnisse. Diese wurden gestern an den Bauausschuss des Bundestages kommuniziert, aber nur vom Bauministerium als einem der beiden federführenden Ministerien unterschrieben. Aus Sicht des Mieterbundes und des DGB muss eine neue Wohngemeinnützigkeit Wohnungen dauerhaft bezahlbar halten und mit Investitionszulagen den Eintritt in die Wohngemeinnützigkeit attraktiv gestalten. Zudem bedarf es einer entsprechenden Förderung, um einen relevanten gemeinnützigen Sektor aufzubauen. Dies rückt aufgrund der fehlenden Einigung der federführenden Ressorts in weite Ferne.

Damit ist entgegen der Zusage im Koalitionsvertrag die Weichenstellung für einen gemeinnützigen Wohnungssektor in dieser Legislatur weiterhin offen und zunehmend unwahrscheinlich. Insbesondere das FDP-geführte Bundesfinanzministerium hat eine entsprechende finanzielle Ausgestaltung des Förderprogramms blockiert und damit ein wirkungsvolles Konzept für bezahlbaren Wohnraum verhindert.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Mieterbund (DMB) und Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) vom 15.06.2023

Die Sommerferien beginnen bald und damit für viele Schülerinnen und Schüler auch die Zeit der Ferienjobs. Aber welche Regeln gelten für die Ferienarbeit? Die DGB-Jugend gibt Tipps.

„Auf jeden Fall sollte jede Schülerin und jeder Schüler nur mit einem Vertrag in der Hand einen Ferienjob beginnen. Der muss vorher abgeschlossen werden und ganz klar Aufgaben, Arbeitszeiten und die Bezahlung regeln“, rät DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker.

„Gefährliche Arbeiten sind für Kinder und Jugendliche unter 18 generell tabu. Das Jugendarbeitsschutzgesetz regelt die genauen Bedingungen für Ferienarbeit. Erlaubt sind leichte Tätigkeiten, zum Beispiel Gartenarbeit, Zeitung austragen oder Botengänge. Schwere körperliche oder gefährliche Tätigkeiten sind für Jugendliche verboten“, sagt Becker.

Arbeitszeiten: Vom 13. bis einschließlich dem 14. Lebensjahr dürfen Kinder nur mit Zustimmung der Eltern arbeiten – aber nur bis zu zwei, in der Landwirtschaft drei Stunden täglich, und zwar zwischen 8 und 18 Uhr.
Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren dürfen maximal vier Wochen im Jahr in den Ferien jobben. Mehr als acht Stunden am Tag und 40 Stunden in der Woche sind dabei nicht erlaubt und der Arbeitszeitraum muss zwischen 6 und 20 Uhr liegen. Ausnahmen gelten für ältere Schülerinnen und Schüler ab 16 Jahren, die etwa in Gaststätten bis 22 Uhr und in Mehrschicht-Betrieben bis 23 Uhr arbeiten dürfen. 

Wer arbeitet muss auch Pause machen. Hier haben unter 18-Jährige bei viereinhalb bis sechs Stunden Arbeit am Tag Anspruch auf mindestens 30 Minuten, bei mehr als sechs Stunden auf 60 Minuten Pause.

Das Mindestlohngesetz gilt auch für Ferienarbeit. Jedoch haben nur Jugendliche ab 18 Jahren Anspruch auf den Mindestlohn, der seit letztem Oktober bei 12 Euro pro Stunde liegt. Für unter 18-Jährige ohne abgeschlossene Berufsausbildung gilt das Mindestlohngesetz leider nicht. „Die diskriminierende Ausnahme für Minderjährige beim Mindestlohn muss endlich abgeschafft werden, denn auch Ferienjobs müssen fair bezahlt werden“, sagt dazu Kristof Becker. Wenn im jeweiligen Unternehmen aber ein durch Gewerkschaften verhandelter Tarifvertrag gilt, muss der auch bei Minderjährigen angewendet werden. “Beim Unterschreiben des Arbeitsvertrages sollte man das ganz besonders im Blick haben.“, betont Becker.

Bei Problemen: Gewerkschaften helfen auch bei Problemen im Ferienjob. Kristof Becker: „Ich rate jedem jungen Menschen am besten schon vor Beginn eines Ferienjobs Mitglied der Gewerkschaft zu werden. Schlechte Bezahlung und Verstöße gegen Arbeitsschutzgesetze sollte niemand tolerieren“. Die örtlichen Geschäftsstellen der Gewerkschaften helfen bei der Durchsetzung der gesetzlichen und tarifvertraglichen Rechte.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) vom 15.06.2023

Die neue Wohngemeinnützigkeit ist zum Spielball der Auseinandersetzungen in der Ampelkoalition geworden. Die im Koalitionsvertrag angekündigten klaren Regelungen für einen nicht-gewinnorientierten Sektor am Wohnungsmarkt lassen weiter auf sich warten. „Damit fehlt ein zentrales Instrument gegen die Wohnungskrise und für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Es droht eine wenig zielgenaue Wohnbauförderung, die mit Gemeinnützigkeit wenig zu tun hat“, erklärt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

Die Diakonie Deutschland hat heute „5 Argumente für die Wohngemeinnützigkeit“ veröffentlicht. Danach muss eine neue Wohngemeinnützigkeit bezahlbaren Wohnraum für Menschen schaffen, die auf dem freien Wohnungsmarkt kaum eine Chance haben, wie Haushalte mit niedrigem Einkommen, Menschen mit Behinderung oder chronischer Krankheit, Alleinerziehende, Wohnungslose oder Alleinstehende mit Minirenten. In der Wohngemeinnützigkeit müsse niemand befürchten, dass Mieten steigen, weil Gewinne ausgeschüttet werden, da gewährte Steuererleichterungen direkt an die Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden.

Der Handlungsdruck sei groß: „Mieten insbesondere in Ballungsräumen steigen ungebremst. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum bedroht Haushalte mit niedrigen Einkommen existenziell und hat längst die Mittelschicht erreicht“, so Loheide. Darum sei die Förderung des nicht-gewinnorientierten Sektors am Wohnungsmarkt nötig, wie die Diakonie in ihren fünf zentralen Argumenten zur Ausgestaltung der neuen Wohngemeinnützigkeit vorschlägt.

Loheide: „Viele gemeinnützige Träger, zum Beispiel aus der Wohnungsnotfallhilfe, würden sich gerne in der sozialen Vermietung von Wohnraum unterhalb des Marktpreises engagieren. Ohne das Instrument der Wohngemeinnützigkeit sind sie aber rechtlich daran gehindert, denn die Vermietung ist bisher nicht als gemeinnütziger Satzungszweck anerkannt. Mit einer neuen Wohngemeinnützigkeit könnten auch viele diakonische Gebäude in Deutschland besser genutzt werden.“

Nur Neubau reiche nicht aus, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Mit der neuen Wohngemeinnützigkeit können auch im Bestand bezahlbare Mieten erreicht werden. „Eine echte Wohngemeinnützigkeit ist ein wirksames Instrument, um eine zeitlich unbegrenzte Sozialbindung und einen nicht gewinnorientierten Sektor am Wohnungsmarkt zu schaffen“, so Loheide.

Fünf Argumente für eine neue Wohngemeinnützigkeit:

  1. Dem Mietenanstieg insbesondere in Ballungsräumen muss mit einem nicht gewinnorientierten Sektor am Wohnungsmarkt Einhalt geboten werden. Eine neue Wohngemeinnützigkeit schafft bezahlbaren Wohnraum für Menschen, die auf dem freien Wohnungsmarkt kaum eine Chance haben, wie Haushalte mit niedrigem Einkommen, Menschen mit Behinderung oder chronischer Krankheit, Alleinerziehende, Wohnungslose oder Alleinstehende mit Minirenten.
  2. In der Wohngemeinnützigkeit ist ausgeschlossen, dass Mieten steigen, weil Gewinne ausgeschüttet werden. Gewährte Steuererleichterungen werden direkt an die Mieterinnen und Mieter weitergegeben.
  3. Viele gemeinnützige Träger wollen sich in der sozialen Vermietung von Wohnraum unterhalb des Marktpreises engagieren. Ohne das Instrument der Wohngemeinnützigkeit sind sie rechtlich daran gehindert, denn die Vermietung ist bisher nicht als gemeinnütziger Satzungszweck anerkannt. Mit einer neuen Wohngemeinnützigkeit könnten auch viele Tausend diakonische Gebäude in Deutschland besser genutzt werden.
  4. Neubauförderung reicht nicht aus. Es geht ebenso darum, bezahlbare Mieten im Gebäudebestand zu verwirklichen. Nur bei einer neuen Wohngemeinnützigkeit mit einer attraktiven Förderung werden gewerbliche, kommunale Wohnungsbauunternehmen sowie Wohnungsbaugenossenschaften ganz oder mit einem Teil ihres Wohnungsbaubestandes zur Wirtschaftsform der Wohngemeinnützigkeit optieren.
  5. Nur mit der Wirtschaftsform der Wohngemeinnützigkeit sind eine dauerhafte Sozialbindung und ein nicht gewinnorientierter Sektor am Wohnungsmarkt möglich. Befristete Sozialbindungen im Rahmen der Wohnbauförderung haben dagegen nur kurzfristige Effekte. In der Gemeinnützigkeit werden sämtliche Mittel für den sozialen Zweck verwendet.

Hintergrundinformationen:

– Wohngemeinnützigkeit und Gemeinwohlwohnungen attraktiv gestalten – 8 Bausteine aus der Sicht der Diakonie Deutschland (01/2023)https://www.diakonie.de/stellungnahmen/positionspapier-wohngemeinnuetzigkeit-und-gemeinwohlwohnungen-attraktiv-gestalten

– Gemeinnützigkeit statt Social Washing für die gewerbliche Immobilienwirtschaft – Plädoyer für einen sozial und ökologisch nachhaltigen Einsatz von Steuermitteln (05/2023) https://www.diakonie.de/stellungnahmen/positionspapier-gemeinnuetzigkeit-statt-social-washing-fuer-die-gewerbliche-immobilienwirtschaft

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 12.06.2023

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat eine umfassende Stellungnahme zum Referentenentwurf „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts“ veröffentlicht. In seiner Stellungnahme begrüßt der djb das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel, das Staatsangehörigkeitsrecht zu modernisieren, bringt jedoch schwerwiegende Einwände gegen den Entwurf vor. „Eine Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts verfehlt ihr Ziel, wenn sie Geschlechtsungleichheiten fortschreibt“, sagt die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Maria Wersig.

Die vorgesehene Aufhebung des Verbotes der Mehrstaatigkeit sowie die Absenkung der erforderlichen Voraufenthaltszeiten sind richtige und wichtige Schritte. Durch die geplante Verschärfung bei der Lebensunterhaltssicherung werden die positiven Reformvorschläge jedoch völlig untergraben. Die vorgesehene Auswahl der künftig privilegierten Personengruppen, die von der Lebensunterhaltssicherung ausgenommen sind, ist willkürlich und berücksichtigt nicht Frauen in prekären Lebenssituationen. Gerade die Auswahl der privilegierten Personengruppen wirft eine Reihe gleichheitsrechtlicher Fragen auf.

Sie hält das traditionelle Familienbild einer in Vollzeit arbeitenden Person und einer sich um den Nachwuchs kümmernden Person aufrecht, fördert damit Abhängigkeitsverhältnisse und steht letztlich im Widerspruch und Spannungsverhältnis zu der geplanten Änderung, die der Gleichberechtigung von Männern und Frauen mehr Gewicht beimessen will. Ferner erleichtert die geplante Änderung auch nicht die Einbürgerung für die sogenannte Gastarbeitergeneration. Vielmehr bleibt für sie die bisherige Regelung bestehen, die auf individuelle Verantwortlichkeit bei der Bezugnahme von Sozialleistungen abstellt.

Insbesondere Frauen in prekären Lebenssituationen, wie pflegende Angehörige, alleinerziehende Mütter, Frauen mit Behinderung und Rentnerinnen, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten, werden so dauerhaft von der Einbürgerung und somit von der Chance auf demokratische Teilhabe ausgeschlossen. Dabei handelt es sich gerade bei den benannten Personengruppen um solche, deren unbezahlte Arbeit für die Gesellschaft von essenzieller Bedeutung ist. Der Staat trägt eine besondere Verantwortung für sie, insbesondere für behinderte Menschen. Der djb spricht sich daher für eine Beibehaltung der geltenden Rechtslage aus, nach der ein Einbürgerungsanspruch trotz der Inanspruchnahme von Sozialleistungen besteht, wenn diese Inanspruchnahme nicht zu vertreten ist.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) vom 16.06.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk, ROSSMANN und Procter & Gamble fördern unter dem Dach der Initiative „Zukunft mitgemacht“ deutschlandweit in Schulen die Einrichtung von offenen Lernräumen, die dem projektorientierten, experimentellen und kreativen Arbeiten dienen – sogenannte Maker Spaces. Diese neue Förderinitiative wurde beim „PxP Festival – Schule feiert Zukunft“ einem breiten Publikum von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrern erstmals vorgestellt. Ab heute kann sich jede interessierte Schule auf www.dkhw.de/makerspaces bewerben. Die Gesamtfördersumme der Aktion beträgt 250.000 Euro, verteilt auf 22 Projekte. Die Hauptförderung ist mit 30.000 Euro dotiert. Unterstützt werden die Schulen bei der Projektrealisierung von der Initiative #wirfürschule.

Maker Spaces sind offene Lernräume, die einen einfachen Zugang zu Werkzeugen, Technologien, Materialien und Know-how bieten und so einen gezielten Raum für kollaboratives und interdisziplinäres Arbeiten bilden. In diesen Ermöglichungsräumen wird projektorientiert, experimentell und kreativ gearbeitet – mithilfe von verschiedenen digitalen sowie analogen Hilfsmitteln, wie zum Beispiel 3D-Druckern, Fräsern, Lasercuttern oder Plottern für handwerkliches Arbeiten, Kameras und Greenscreens zur Produktion von Filmen und Videos sowie mit Laptops und Tablets zum Programmieren und Visualisieren. Durch das Teilen von Gelerntem und durch das Meistern von Herausforderungen werden unterschiedlichste Fähigkeiten und Zukunftskompetenzen der Lernenden gefördert. Dem Konzept des forschenden Lernens folgend, tragen die Maker Spaces durch den freien und niedrigschwelligen Zugang zur Bildungsgerechtigkeit bei. Ziel ist es, die Maker Spaces auch in den Regelunterricht zu integrieren und damit Schulentwicklung nachhaltig zu gestalten.

„Unsere Schulen müssen sich an vielen Stellen ändern und fit für die Zukunft machen. Dabei darf ‚beteiligungsorientierte Schulentwicklung‘ nicht nur ein Schlagwort unter vielen bleiben, sondern muss gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern gelebt werden. Dafür können die ‚Maker Spaces‘ eine gute Grundlage bilden“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Zu einem modernen Unterricht gehört auch eine zeitgemäße Form des Lernens. Das heißt für mich, mit den heutigen zur Verfügung stehenden Mitteln das Lernen zu lernen. Wenn wir uns Wissen aneignen und Informationen gewinnen muss es mehr um das ‚Wie‘ gehen als das ‚Was‘ – denn mit sturem Auswendiglernen von Wissen ohne nachvollziehbaren Praxisbezug klappt es nicht. Ich bin davon überzeugt, dass die Etablierung von offenen Lernräumen an Schulen die Freude am Forschen, Experimentieren und Entdecken fördert. Die Schülerinnen und Schüler können dabei eine völlig neue Rolle einnehmen und zu kreativen und selbstbestimmten Gestaltern werden“, so Antje König, Geschäftsführerin IT, Organisation & Prozesse der Dirk Rossmann GmbH.

„Nicht nur in der Arbeitswelt, sondern auch in unseren Schulen sind kreatives und kooperatives Arbeiten für neue Ideen und Denkweisen mehr denn je gefragt. Das Programm ‚ Maker Spaces‘ kann dazu einen starken Beitrag leisten. Wir freuen uns, mit unseren Partnern ROSSMANN und Deutsches Kinderhilfswerk wieder ein zukunftsweisendes Projekt unterstützen zu können“, sagt Jörg Herrigt, Vice President Sales/Vertrieb D-A-CH bei Procter & Gamble.

„Neben der technischen Ausstattung brauchen unsere Schulen genügend Freiräume, um allen Kindern chancengleich Zugang zur kreativen und innovativen Bildung zu ermöglichen. In der offenen Lern- und Experimentierumgebung von Maker Spaces, die #wirfürschule an so vielen Schulen wie möglich, deutschlandweit etablieren möchte, ist das möglich“, erklärt Verena Pausder, Co-Initiatorin von #wirfürschule und Expertin für digitale Bildung.

Bereits seit vielen Jahren engagieren sich ROSSMANN, das Deutsche Kinderhilfswerk und Procter & Gamble gesellschaftlich für Familien und Kinder – seit 2021 unter dem gemeinsamen Dach „Zukunft mitgemacht“. Ziel der Partner ist es, junge Menschen zu stärken und ihnen die Möglichkeit zu geben, selbstbestimmt zu lernen und die Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Dabei wird Schüler*innen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Neben Digitalisierung geht es bei „Zukunft mitgemacht“ auch um Themen wie Nachhaltigkeit, Diversität oder die Förderung der MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Technik und Naturwissenschaften. In diesem Zusammenhang unterstützen die Partner auch in diesem Jahr wieder die Bildungsinitiative #wirfürschule.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk, Dirk Rossmann GmbH und Procter & Gamble Unternehmenskommunikation Victoria Bünemann, Corporate Communications vom 19.06.2023

Anlässlich der 1. Lesung der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) fordert ein Bündnis massive Nachbesserungen.

Anlässlich der 1. Lesung der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes fordert ein breites Bündnis aus Umwelt- und Sozialverbänden massive Nachbesserungen an dem Entwurf und den Leitplanken, auf die sich die Koalitionäre nach einer langen Hängepartie geeinigt hatten. Mit einer Bildaktion tragen die Organisationen vor dem Reichstagsgebäude ihre Forderung nach einer sozialen und konsequenten Wärmewende an die Parlamentarier*innen heran. 

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes: „Die Ampel bleibt weiter konkrete Antworten zur sozialen Ausgestaltung schuldig. Für eine soziale Wärmewende braucht es jetzt zügig eine verbindliche Einigung auf einen umfassenden Schutz vor höheren Kosten für die Mieter. Dafür muss die Modernisierungsumlage grundlegend reformiert werden. Wer ein Haus besitzt, aber wenig Geld hat, muss zielgerichtet nach Einkommen und Vermögen unterstützt werden.”

Jörg-Andreas Krüger, NABU-Präsident: „Dass dieser derart verwässerte Gesetzentwurf als Erfolg verkauft wird, grenzt schon fast an Realitätsverweigerung. Besonders die weitere Verbrennung von Holz sehen wir sowohl aus Klima- und Biodiversitätsschutz extrem kritisch. Die Begriffe ‘Technologieoffenheit’ und ‘H2-Readyness’ sind leider nichts anderes als Codes für ‘weiter so’. Wir wissen nicht, wann so viel grüner Wasserstoff verfügbar ist, wie alle hoffen. Bei jetzt billigen Gasheizungen drohen durch Kostenanstiege bei CO2-Zertifikaten unkalkulierbare Preissteigerungen. Im Sinne der Wirksamkeit des GEG bleibt nur zu hoffen, dass auch diesmal das Strucksche Gesetz gilt: Kein Gesetz kommt aus dem Parlament so heraus, wie es eingebracht worden ist.

Christoph Bautz, Campact-Geschäftsführer: „Das Heizungsgesetz droht jetzt im Bundestag für die Profitinteressen der Gaslobby völlig ausgehöhlt zu werden. Leidtragende sind das Klima und die Verbraucher*innen, für die neue Gasheizungen schnell zur Kostenfalle werden. Die Ampel-Fraktionen müssen jetzt dafür sorgen, dass die Wärmewende nicht um Jahre verzögert wird und für Gasheizungen mit dem völlig unrealistischen Versprechen von grünem Wasserstoff ein riesiges Schlupfloch entsteht. Zudem muss das Gesetz endlich mit einer sozial gerechten Förderung unterlegt sein, die sich am Einkommen orientiert.” 

Michaela Engelmeier, SoVD-Vorstandsvorsitzende: „Die Folgen des Klimawandels sind für Menschen mit geringem Einkommen, Behinderungen, chronischen Erkrankungen oder für Ältere viel stärker als für andere. Wir brauchen einen tiefgreifenden Wandel. ABER: Auf das ‚Wie‘ kommt es an! Die Maßnahmen der Koalition lösen bei vielen Ängste und Sorgen aus. Ängste vor dem Verlust der Wohnung oder des Arbeitsplatzes. Sorgen vor steigenden Preisen und vor dem Verlust der Mobilität auf dem Land wegen des Auslaufens von Autos mit Verbrennermotoren bei schlecht ausgebautem ÖPNV. Dem muss mit sozialem Ausgleich und Sicherheitsgarantien des Staates begegnet werden, damit alle notwendigen Klimaschutzmaßnahmen sozial so flankiert werden, dass alle Menschen am umweltbewussten Leben teilhaben können. Denn Klimaschutz darf kein elitärer Luxus sein.“

Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND: „Das Heizungsgesetz ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Es ist weichgespült, wird viel zu spät wirksam und ist in vielen Punkten unklar. Das ursprüngliche Ziel, ab 1. Januar 2024 möglichst jede neue Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien zu betreiben, wird verfehlt. Die getroffenen Vereinbarungen öffnen Tür und Tor für den Weiterbetrieb von Gasheizungen bis 2045. Die FDP wird damit zum parlamentarischen Sprachrohr der Gas-Lobby – Mensch und Umwelt wird das teuer zu stehen kommen.“

Die Organisationen kritisieren, die aktuellen Pläne würden weder die Bürger*innen beim Umstieg auf klimafreundliches Heizen sozial absichern noch würde durch echten Klimaschutz eine sichere Zukunft für alle geschaffen. 

Die beteiligten Verbände fordern daher dringend Nachbesserungen, damit der Gebäudesektor die Klimaziele nicht erneut verfehlt. Dem Einsatz von sogenannten “H2-ready”-Heizungen muss eine klare Absage erteilt werden. Obwohl hinlänglich bekannt ist, dass bei der Verbrennung von Holz langsam gespeichertes CO2 plötzlich freigesetzt wird, verschließen die Ampelparteien die Augen vor der Klimaschädlichkeit dieser Verbrennungstechnologie und schaffen sinnvolle Einschränkungen wie die Koppelungsvorgabe an Solaranlagen ab. Mieter*innen müssen davor geschützt werden, dass die Umbaukosten über die Modernisierungsumlage an sie weitergegeben werden. Auch Eigentümer*innen brauchen in Abhängigkeit von ihrer finanziellen Lage eine zielgerichtete Unterstützung.

Es ist jetzt an den Abgeordneten des Bundestages, das Gesetz im parlamentarischen Prozess so zu verändern, dass es einen echten Hebel für den sozialen Klimaschutz darstellt.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 15.06.2023

„Günstiger Wohnraum ist auf umkämpften Wohnungsmärkten rar. Alleinerziehende werden so zunehmend in prekäre Wohnlagen und benachteiligte Quartiere verdrängt, mit negativen Folgen für die Entwicklungs- und Teilhabechancen ihrer Kinder. Wohnraum muss wieder für alle Familienformen bezahlbar und bedarfsgerechte Quartiere und Wohnformen für Alleinerziehende Realität werden!“ fordert Daniela Jaspers, Vorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e.V. (VAMV).

Im Rahmen der VAMV-Fachtagung „Mehr als ein Dach über dem Kopf – Gutes Wohnen für Alleinerziehende“ in Kiel wurde deutlich, dass Alleinerziehende von allen Haushaltstypen die höchste Wohnkostenbelastung haben. Trotzdem leben Alleinerziehende überproportional häufig in beengten Wohnverhältnissen und müssen eine viel zu kleine Wohnung mit ihren Kindern teilen. Gleichzeitig zeigten positive Beispiele aus Wien: Trotz knappem Budget eine Wohnung zu bewohnen, die Gemeinschaftsfläche und Rückzugsräume für alle Familienmitglieder bietet, ist für Alleinerziehende möglich. Dafür muss Wohnungsbau die unterschiedlichen Familienformen mitdenken. Gender Planning bei der Gestaltung öffentlicher Räume kann zu einem lebenswerten Wohnumfeld für Familien beitragen.

„Die Politik muss die Voraussetzungen für Gutes Wohnen schaffen. Eine neue Wohngemeinnützigkeit, eine effektive Mietpreisbremse ohne Ausnahmen, Gender Planning – verschiedene Instrumente und Strategien sind schon länger in der öffentlichen Diskussion. Die Politik muss nun endlich vom Reden ins Handeln kommen“, fordert Jaspers.

Bei der anschließenden Bundesdelegiertenversammlung standen Wahlen auf dem Programm: Die Versammlung hat Daniela Jaspers  als Vorsitzende bestätigt. Myriam Gros wurde als neue Vizevorsitzende gewählt. Schatzmeister ist weiter Heiko Pache, neue Schriftführerin Sonja Orantek und Simone Hirsch weiter Beisitzerin im Bundesvorstand. Helene Heine und Ute Durchholz wurden mit großem Dank verabschiedet.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter,
Bundesverband e.V. (VAMV) vom 20.06.2023

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 28. Juni 2023

Veranstalter: Deutsches Jugendinstitut

Ort: Webex

Der Übergang in Ausbildung gilt als wichtige Weichenstellung im Lebenslauf. Jugendliche niedriger und mittlerer Bildungsgänge haben  häufiger Probleme, diesen Übergang zu bewältigen. Das DFG-Projekt „Effekte von organisierten Freizeitaktivitäten auf den  Übergang in die berufliche Ausbildung“ hat vor diesem Hintergrund in  den Blick genommen, ob non-formale Bildungsprozesse in  organisierten Freizeitaktivitäten bei dieser Transition ein  unterstützendes Potenzial entfalten. Wir stellen drei Ergebnisse der  vorliegenden Längsschnittstudie zur Diskussion: (1) Es finden sich (auch) innerhalb der Gruppe von Nicht-Gymnasiast:innen unterschiedliche  Freizeittypen, denen selektive Mechanismen zugrunde liegen. (2)  Soziale Netzwerke unterstützen bei Übergangsprozessen, allerdings  verfügen Jugendliche mit eigener Migrationserfahrung über eine  weniger hilfreiche Unterstützung. Kontakte aus non-formalen Aktivitäten können diesbezüglich nur wenig kompensieren. (3) Die  Übergangsphase hat sich – wie in einem Kohortenvergleich sichtbar  wird – durch Corona verzögert, die Jugendlichen verbleiben länger in  Bildungseinrichtungen, wobei sie ihre Übergangsentscheidungen  weniger selbstbestimmt treffen konnten.

Referierende:
Dr. Frank Tillmann ist Soziologe und Philosoph. Er arbeitet am  Forschungsschwerpunkt Übergänge im Jugendalter und ist Leiter des  genannten DFG-Projekts. Seine Forschungsfelder erstrecken sich über  die Themen Aufwachsen in ländlichen Räumen, Exklusionsprozesse im Jugendalter sowie Übergänge in Ausbildung und Beruf.

Dr. Bettina Arnoldt ist Erziehungswissenschaftlerin und am DJI im  Forschungsschwerpunkt Übergänge im Jugendalter tätig. Ihre  Forschungsschwerpunkte sind Ganztagsschule und non-formale  Bildung im Jugendalter. In diesem Zusammenhang beschäftigt sie sich  auch mit Fragen der sozialen Ungleichheit und Übergängen. 

Treten Sie Ihrem Webex-Meeting zum gegebenen Zeitpunkt hier bei.

Meeting beitreten

Weitere Methoden zum Beitreten:

Über den Meeting-Link beitreten https://deutsches-jugendinstitut.webex.com/deutsches-jugendinstitut/j.php?MTID=m80e3a4d8fc3df07c624d28d417e5b27b

Mit Meeting-Kennnummer beitreten

Meeting-Kennnummer (Zugriffscode): 2747 858 5053

Meeting-Passwort:

wxPSsJky289

Hier tippen, um mit Mobilgerät beizutreten (nur für Teilnehmer)  
+49-619-6781-9736,,27478585053## Germany Toll  
+49-89-95467578,,27478585053## Germany Toll 2 

Über Telefon beitreten  
+49-619-6781-9736 Germany Toll  
+49-89-95467578 Germany Toll 2  
Globale Einwahlnummern 

Über Videogerät oder -anwendung beitreten
Wählen Sie 27478585053@deutsches-jugendinstitut.webex.com 
Sie können auch 62.109.219.4 wählen und Ihre Meeting-Nummer eingeben.

Termin: 04. Juli 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Im Juni 2021 wurde mit einer Empfehlung des Rates der Europäischen Union die Europäische Garantie für Kinder beschlossen. Die sog. EU-Kindergarantie hat das Ziel, soziale Ausgrenzung von Kindern zu verhindern und zu bekämpfen und ruft die Mitgliedsstaaten dazu auf, mit nationalen Aktionsplänen Zugänge zu verschiedenen Bereichen (z.B. Bildung, Ernährung, Wohnen, Gesundheitsversorgung) für Kinder in Armutslagen zu verbessern. Der Vortrag zeigt, was sich genau hinter dem sperrigen Begriff der Kindergarantie verbirgt, wie der Umsetzungsstand in Deutschland und Europa aussieht und geht der Frage nach, wie die Kindergarantie für mehr Chancengleichheit für alle Kinder sorgen kann.


An der Veranstaltung wirkt mit:
Eric Großhaus, Save the Children Deutschland

Eric Großhaus arbeitet in der Politik-Abteilung der Kinderrechtsorganisation Save the Children Deutschland zu den Themen Kinderarmut und soziale Ungleichheit. Dort verfolgt er unter anderem die Entwicklung der EU-Kindergarantie auf europäischer Ebene und deren Umsetzung in Deutschland. Vor seiner Zeit bei Save the Children hat der Sozialwissenschaftler zu sozialpolitischen Themen in Wohlfahrtsverbänden gearbeitet.

Hier geht es zur Anmeldung.

Termin: 04. – 05. September 2023

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V.

Ort: Hannover

Digitale Angebote sind aus der Familienbildung und -beratung nicht mehr wegzudenken und werden spätestens seit der Corona-Pandemie verstärkt nachgefragt. Auch die Ergebnisse der Erhebung im Auftrag des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Stand der Familienberatung in Deutschland verweisen auf die Notwendigkeit, diese Angebote auszubauen und auf die Chan-cen die damit verbunden sind, möglichst viele Familien zu erreichen. Der Deutsche Verein möchte auf einer Fachtagung verschiedene best practice Beispiele vorstellen und gemeinsam mit Fach- und Führungskräften aus den Bereichen Familienförderung, Familienbildung und Familienberatung über die Herausforderungen und Chancen solcher Angebote diskutieren.

Weitere Informationen zum Programm und zu Anmeldung finden Sie hier.

 

Termin: 20. – 22. September 2023

Veranstalter: evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V.

Ort: Rendsburg

Den Eröffnungsvortrag am Mittwoch, dem 20. September, ab 16:00 Uhr hält Prof. Dr. Stefan Aykut von der Universität Hamburg.

Er führt uns mit seinem Vortrag über politischen Strategien und gesellschaftliche Prozesse bei der Bewältigung der Klimakrise in das zentrale Tagungsthema ein.

Im weiteren Verlauf der Tagung am Mittwochabend und Donnerstag dürfen Sie sich auf weitere spannende Vorträge und Gespräche, sowie unterhaltsame Pausen und Vorstellungen von Projekten freuen, mit denen die Rolle von Familien im Umgang mit dem Klimawandel beleuchten werden sollen.

Konkretere Informationen können Sie der Website entnehmen, die im Laufe des Sommer fortwährend aktualisiert wird.

Termin: 13. – 14. Oktober 2023

Veranstalter: Deutsche Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft e.V.

Ort: Berlin

Kinder haben sowohl den Anspruch auf ein gutes Aufwachsen heute als auch auf eine lebenswerte Zukunft. Die UN-Kinderrechtskonvention legt fest, dass das Wohl von Kindern bei allen Maßnahmen, die sie betreffen, vorrangig berücksichtigt werden muss. Kinder haben das Recht, ihre Meinung bei allen sie berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und ihre Meinung ist angemessen und altersentsprechend zu berücksichtigen. Kein Kind darf diskriminiert werden.  

Angesichts des demografischen Wandels und der sich häufenden Krisen stellt sich die Frage, wie und durch wen Zukunft gerecht verteilt wird: Inwieweit werden die Interessen von Kindern, die die Folgen heutiger Krisen und politischer Weichenstellungen noch lange zu tragen haben, berücksichtigt? Wie sieht eine gerechte Verteilung von künftigen Chancen, Ressourcen, Risiken und Lasten überhaupt aus? Was sind Voraussetzungen dafür, dass Kinder jetzt schon wirksam über Entscheidungen mitbestimmen können, deren Konsequenzen sie künftig verantworten werden? Auf der Tagung wird erörtert, wie Zukunft gerecht gestaltet werden kann und wie Kinder darüber mitbestimmen können. Die interdisziplinäre Tagung richtet sich an Verantwortliche in Politik, Justiz und Verwaltung, an alle mit Kindern und Familien tätigen Fachkräfte, an Studierende, Auszubildende und alle am Thema Interessierte.

Tagungsbeitrag:

  • Normal-Preis: 100,- €
  • Ermäßigter Preis: 60,- € (Mitglieder und Studierende / Auszubildende)

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

WEITERE INFORMATIONEN

Der Weiterbildungs-Master „Angewandte Familienwissenschaften“ (M.A.) an der HAW Hamburg startet erneut zum Sommersemester 2024. Ab sofort können Sie sich bis zum 31. Oktober 2023 bewerben. Informationen zur Bewerbung finden Sie unter https://www.haw-hamburg.de/studium/studiengaenge-a-z/studiengaenge-detail/course/courses/show/angewandte-familienwissenschaften/ sowie nähere Informationen unter https://familienwissenschaftenhamburg.wordpress.com/.

Im Rahmen des Projektes  „Bewältigung der Corona-Folgen und Aufbau resilienter Strukturen in der Familienbildung und – beratung“ hat der Landesfamilienrat BW das Analyse- und Beratungsunternehmen Prognos beauftragt eine Elternbefragung zu den Bedarfen in der Familienbildung durchzuführen. Der Fragebogen kann digital von den Eltern ausgefüllt werden, ganz einfach über den Link oder über den QR-Code auf den Flyern (s. Anlage).

Wir möchten Sie heute herzlich bitten, die Materialien an alle Stellen die mit Eltern arbeiten weiterzuleiten. Je mehr und je unterschiedlicher die Eltern sind, die damit erreicht werden, desto aussagekräftiger wird auch das Ergebnis sein. Im Netzwerk Familienbildung BW und über die Mitglieder des Landesfamilienrates können wir in ganz Baden-Württemberg und über die unterschiedlichen professionellen Zugänge Eltern ab der Babyphase bis hin zu Eltern von Jugendlichen und jungen Erwachsenen erreichen.

Sie und Ihre Einrichtungen können den Sharepic auch über eigene soziale Medien Kanäle teilen oder den ausgedruckten Flyer in geeigneten Räumlichkeiten aufhängen. Die Befragung läuft bis zum 11. August 2023 und kann daher bspw. auch gut bei Waldheim-Eltern oder anderen Ferienmaßnahmen eingesetzt werden.

Wir hoffen sehr auf breite Unterstützung und sind schon gespannt auf das Ergebnis der Befragung zu Bedarfen und Erfahrungen mit Familienbildung!

Elternbefragung – Informationsblatt für Einrichtungen

Elternbefragung – Handzettel, Poster

Elternbefragung Vorlage für Social Media

Elternbefragung – Sharepic

Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften arbeitet seit mehr als 50 Jahren bundesweit als Interessenvertretung an den  Schnittstellen von Familien-, Bildungs- und Migrationspolitik. Wir engagieren uns für die Rechte binationaler, migrantischer und  transnationaler Familien und Paare – egal welcher Herkunft, sexueller  Orientierung und Religion. Starke Gesellschaften brauchen Vielfalt und  ihre vielfältigen Familien brauchen eine gerechte Partizipation und  Teilhabe in der Gesellschaft. 
Dafür setzen wir uns ein.

Die Bundesgeschäftsstelle in Frankfurt sucht ab März 2024

Eine:n Referent:in (m, w, d), mindestens 35 WoStd.
Dienstort Berlin oder Frankfurt am Main

Die Vergütung erfolgt analog TVöD Bund, Entgeltgruppe 12. Die Stelle ist erst einmal auf ein Jahr befristet, eine Entfristung wird in Aussicht gestellt.

Ihr Aufgabenbereich umfasst schwerpunktmäßig:

  • die Aufbereitung aktueller Forschungsergebnisse und politischer Debatten, zu dem auch das Verfassen fachpolitischer Stellungnahmen sowie von Positionspapieren gehört
  • die Vertretung des Verbandes in Gremien, Netzwerken und Arbeitsgruppen
  • die inhaltliche Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung
  • Interdisziplinäre innerverbandliche Zusammenarbeit hinsichtlich fachlicher Themen und Verbandspositionen
  • die Konzeptionierung, Durchführung und Nachbearbeitung von Workshops und Fachveranstaltungen

Ihr Profil:

  • Sie haben ein abgeschlossenes Studium der Sozial-, Geistes- oder Rechtswissenschaft
  • Erfahrungen in der politischen Verbandsarbeit und  Kommunikation
  • Kenntnisse zu den Themenfeldern Familien-, Migrations- und Bildungspolitik
  • Sensibilität und Erfahrungen im Umgang mit Vielfalt in Bezug auf Sprache, Kultur, Ethnie und Lebensformen

Darüber hinaus bringen Sie mit:

  • die Bereitschaft und Fähigkeit, sich schnell in neue Themenfelder einzuarbeiten
  • die Fähigkeit, fachpolitische Sachverhalte schnell zu erfassen und diese mündlich sowie schriftlich präzise festzuhalten
  • einen kreativen Kopf und Freude daran, Ideen einzubringen und  konkrete Projekte konzeptionell auszuarbeiten
  • Bereitschaft zu Dienstreisen
  • Team- und Kommunikationsfähigkeit sowie Organisationstalent
  • Flexibilität, Belastbarkeit sowie Engagement, sich in einem Familienverband einzubringen

Wir bieten:

  • Eine abwechslungsreiche, vielseitige und verantwortungsvolle Tätigkeit
  • Ein angenehmes und vertrauensvolles Arbeitsumfeld in einem multidisziplinären und diversen Team
  • flexible Arbeitszeiten, teilweise mobiles Arbeiten möglich
  • flache Hierarchien
  • aktive Gestaltungsmöglichkeit zu den gesellschaftspolitischen Themen Familie, Migration und Bildung in einem bundesweiten Familienverband

Wenn wir Ihr Interesse geweckt haben, richten Sie Ihre Bewerbung (Motivationsschreiben, Lebenslauf, Abschluss- und Arbeitszeugnisse, sonstige Qualifikationen) bitte ausschließlich in elektronischer Form bis zum 10. Juli 2023 an personal@verband-binationaler.de.
Unsere Stellenausschreibungen richten sich an alle geeigneten Bewerber:innen unabhängig von Geschlecht, Alter, Behinderung, Religion, Weltanschauung, ethnischer Herkunft oder sexueller
Identität.
Haben Sie Rückfragen? Dann wenden Sie sich bitte an Maria Ringler, ringler@verband-binationaler.de

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Archiv Aktuelle Hinweise

Vergrößertes Bündnis aus 89 Organisationen erneuert Appell für einen Nationalen Bildungsgipfel

Dem im März veröffentlichten Appell zur Einberufung eines Nationalen Bildungsgipfels haben sich zahlreiche weitere Organisationen angeschlossen. Der breite Kreis aus Stiftungen, Verbänden und Gewerkschaften ruft die Regierungschef:innen der Bundesländer und den Bundeskanzler dazu auf, den dringend benötigten, grundlegenden Reformprozess in der Bildung einzuleiten. Anlässlich der letzten Sitzung der Kultusministerkonferenz (KMK) vor der Sommerpause bekräftigt das Bündnis: Die Lösung der massiven Probleme im deutschen Bildungssystem duldet keinen Aufschub mehr.

Angesichts der weiterhin ungelösten, gravierenden Probleme im deutschen Bildungssystem erneuern 89 Organisationen ihren gemeinsamen Aufruf an die Politik. Unter dem Hashtag #NeustartBildungJetzt appellieren sie an die Regierungschef:innen der Länder sowie den Bundeskanzler, einen Nationalen Bildungsgipfel einzuberufen. Den Appell hatte ein Kreis aus damals 54 Stiftungen, Verbänden und Gewerkschaften im März 2023 im Vorfeld des vom Bundesbildungsministerium anberaumten Bildungsgipfels veröffentlicht. Mittlerweile haben sich 35 weitere Organisationen dem Aufruf angeschlossen.

Nach Auffassung der Unterstützer:innen des Appells ist der geforderte Neustart in der Bildung in Form eines grundlegenden Reformprozesses notwendiger denn je. Anlässlich der letzten Sitzung der Kultusministerkonferenz vor der Sommerpause bekräftigen sie daher ihren Aufruf zu einer Initialzündung auf höchster politischer Ebene. Der Appell bleibt damit keine einmalige Aktion. Mit seiner Wiederholung soll der politische Druck aufrechterhalten werden. Unter www.neustart-bildung-jetzt.de wurde eine neue Website aufgesetzt, die den Appell im Wortlaut, die aktuelle Liste der unterstützenden Organisationen sowie weitere Informationen bereithält.

Nationaler Bildungsgipfel als Auftakt zu einem kontinuierlichen Reformprozess

Dass großer Handlungsbedarf in der Bildung gesehen wird, zeigen weitere Initiativen, die sich nach der erstmaligen Veröffentlichung des Appells in den vergangenen Wochen gegründet haben und die ähnliche bildungspolitische Forderungen stellen.

Für die Unterstützer:innen von #NeustartBildungJetzt steht fest, dass ein Nationaler Bildungsgipfel nur den Auftakt zu einem kontinuierlichen Dialog- und Reformprozess zwischen allen beteiligten Akteuren darstellen kann. Es gehe darum, Vertreter:innen aus der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik, aus Wirtschaft, Wissenschaft, Bildungspraxis, Zivilgesellschaft sowie von Eltern und Schüler:innen zusammenzubringen. Mit der Verstetigung des Appells erneuern die unterstützenden Organisationen ihr Angebot, an diesem Prozess mitzuwirken. Es gelte, jetzt gemeinsam die Weichen für ein leistungsfähigeres, begabungs- und chancengerechteres Bildungssystem zu stellen.

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Archiv Aktuelle Hinweise

„Weltflüchtlingstag: ZFF zählt jetzt ebenfalls zu den insgesamt 50 Unterstützer*innen des Appells „Keine Kompromisse auf Kosten der Rechte und des Wohls geflüchteter Kinder!“

Anlässlich des Treffens der europäischen Innenminister*innen am 8. Juni wurde der Appell erstmals veröffentlicht:

30 Jahre nach dem unter rechtspopulistischem Druck entstandenen, bislang schärfsten Einschnitt in das deutsche Asylrecht, dem Asylkompromiss von 1993, stehen grundlegende Menschen- und insbesondere Kinderrechte in den Verhandlungen zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem aktuell erneut zur Disposition. Schon jetzt dokumentieren viele der unterzeichnenden Organisationen massive Gewaltausübung durch Grenzbeamte und mangelnden Kindesschutz entlang der Fluchtrouten und an den Außengrenzen der EU.2 Die Reformvorschläge werden die Situation nicht verbessern, sondern weitere, schwere Verletzungen von Kinder- und Flüchtlingsrechten begünstigen. Die unterzeichnenden Organisationen fordern zum nächsten Innenminister*innen-Treffens am 8. Juni, keine Kompromisse auf Kosten des Schutzes und der Rechte geflüchteter Kinder zu schließen.

Die Wahrung von Menschenrechten und Kindeswohl müssen die Leitlinien europäischer Politik sein. Das bedeutet:

1. Kein Kinderschutz-light – effektiver Rechtsschutz in Screening, Alterseinschätzung, Zuständigkeits- und Grenzverfahren, keine Haft oder haftähnliche Unterbringung von Kindern, keine Ausnahmen in Krisenfällen, Vormundschaft und Rechtsbeistand von Anfang an!

2. Keine Überstellung von Kindern in sog. „sichere Drittstaaten“, die nur auf dem Papier sicher sind, durch eine Ausweitung des Sichere-Drittstaaten-Konzepts!

3. Einhaltung des Vorrangs des Kindeswohls und des Rechts auf Familie – keine Überstellung von unbegleiteten Kindern unter dem Zuständigkeitsregime, keine Einschnitte bei innereuropäischen Familienzusammenführungen!

[…]

Den vollständigen Appell finden Sie hier.

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51 Akteur*innen aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft fordern gemeinsam: Haltung zeigen gegenüber Kindern, Jugendlichen und Familien, die Armut erfahren

Berlin, 16.06.2023 – In der Gesellschaft herrschen immer noch pauschale Vorurteile gegenüber Familien, die Armut erfahren. Diese werden weiter über die Medienlandschaft zementiert. 51 Organisationen und Einzelpersonen sehen sich daher dazu verpflichtet, mit dieser Voreingenommenheit aufzuräumen. Auf dem Treffen des Ratschlag Kinderarmut am 16.Juni 2023 rufen sie deshalb gemeinsam mit einem Appell dazu auf, Haltung zu zeigen und sich unterstützend hinter armutsbetroffene Kinder, Jugendliche und ihre Familien zu stellen.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Es wird so viel Unsinn über Menschen in Armutslagen verbreitet, das ist wirklich kaum auszuhalten. Eltern – egal ob arm oder reich – wollen das Beste für ihre Kinder und investieren deshalb jeden Cent in ihr Wohlergehen. Das belegen seit Jahren viele Studien. Meinem Verband und mir ist es deshalb wichtig, gemeinsam mit einer Vielzahl anderer zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Akteuren diese Vorurteile aufzudecken.“

Im Appell „Haltung zeigen gegenüber Kindern, Jugendlichen und Familien: Menschen in Armutslagen vorurteilsfrei begegnen!“ des Ratschlag Kinderarmut heißt es: „Wir fordern, die Ursachen von Armut vorurteilsfrei in den Blick zu nehmen, um Kinderarmut nachhaltig zu bekämpfen! Betroffene Familien kämpfen mit schlechten Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt wie niedrigen Löhnen und prekären Beschäftigungsverhältnissen. Dazu kommt eine oft mangelhafte Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine Kinderbetreuung, die tatsächliche Bedarfe nicht abdeckt. Lebensereignisse wie Arbeitslosigkeit, Trennung, Krankheit, Migration und Flucht steigern das Armutsrisiko erheblich. Die Konsequenz: Nicht jedes Kind startet mit den gleichen Grundvoraussetzungen ins Leben – die Chancen sind extrem ungleich verteilt. Statistisch betrachtet überdauert Armut in Deutschland aktuell sechs Generationen. Das heißt umgekehrt, dass trotz größter eigener Bemühungen fünf Generationen aus eigener Kraft nicht den Aufstieg in die Mitte der Gesellschaft schaffen.

Armut ist kein individuelles Versagen, sondern ein strukturelles Problem!

In der aktuellen Diskussion um eine Kindergrundsicherung nehmen wir die von manchen Medien und politischen Entscheidungsträger*innen gezeichneten Bilder von Misstrauen als höchst problematisch wahr. Vorurteile gegenüber einkommensarmen Eltern, sie würden die für ihre Kinder gedachten Geldleistungen für Alkohol, Tabak und elektronische Konsumgüter zweckentfremden, sind schlicht falsch. Sie verzerren den Blick auf die tatsächlichen Belastungen in prekären Lebenslagen sowie die gravierenden Folgen von Armut. Studien für Deutschland belegen dahingegen, dass Eltern aus einkommensschwachen Familien eher bei sich selbst als bei ihren Kindern sparen und in Relation zum verfügbaren Einkommen genauso viel Geld für die Bildung ihrer Kinder verwenden wie einkommensstärkere Eltern. Es sind diese stigmatisierenden Denkweisen, falschen Armutsbilder und irreführenden Informationen, die dringend notwendige politische Reformen und Lösungen verhindern.

Von Armut betroffene Kinder, Jugendliche und ihre Familien brauchen Solidarität, Wertschätzung, Unterstützung und Chancengerechtigkeit.“

Der Appell wird unterstützt von: : Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V., Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes NRW, Arbeitslosenverband Deutschland Landesverband Brandenburg e. V., Armut und Gesundheit in Deutschland e. V., AWO Bundesverband e. V., AWO Bezirksverband Niederrhein e. V., Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. (BVKJ), Bundesforum Männer e. V., Bundesjugendwerk der AWO e. V., Bundesverband der Familienzentren e. V., Bundesverband der Mütterzentren e.V., Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung, Der Kinderschutzbund Bundesverband e. V., Der Kinderschutzbund Landesverband Rheinland-Pfalz e. V., Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V., Deutscher Bundesjugendring e. V., Deutscher Caritasverband e. V., Deutsches Kinderhilfswerk e. V., DGSF – Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung & Familientherapie e. V, Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V., DIE LINKE. Stadtverband Kaiserslautern, Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e. V., Erwerbslosengruppe ver.di Mittelbaden-Nordschwarzwald, evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V., Evangelischer Bundesfachverband Existenzsicherung und Teilhabe e.V. (EBET), Familienbund der Katholiken – Bundesverband, Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V., Internationaler Bund (IB) e. V., KINDERVEREINIGUNG e. V., Landesarmutskonferenz Rheinland-Pfalz, Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V., LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz e. V., Nationale Armutskonferenz, National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention, Nestwärme e. V. Deutschland, PEKiP e. V., Präventionsketten Niedersachsen: Gesund aufwachsen für alle Kinder!, Save the Children Deutschland e. V., Selbstvertretung wohnungsloser Menschen e. V., SOS-Kinderdorf e. V., SoVD Sozialverband Deutschland e. V., Sozialverband VdK Deutschland e. V., Stiftung SPI, Verband alleinerziehender Mütter und Väter e. V., Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e. V., Volkssolidarität Bundesverband e. V., Zukunftsforum Familie e. V.

Darüber hinaus wird der Appell mitgetragen von: Dr. Irene Becker – Empirische Verteilungsforschung, Gerda Holz – Politikwissenschaftlerin und Sozialarbeiterin, Dr. Maksim Hübenthal – FU Berlin, Dr. Gisela Notz – Sozialwissenschaftlerin und Historikerin

Information zum Ratschlag Kinderarmut: Auf Initiative der Nationalen Armutskonferenz (nak) trafen sich 2016 zahlreiche bundesweit agierende Organisationen, um gemeinsam Perspektiven der Bekämpfung von Kinderarmut zu diskutieren. Die erste gemeinsame Erklärung „Keine Ausreden mehr: Armut von Kindern und Jugendlichen endlich bekämpfen!“ mit konkreten Forderungen zur Bundestagswahl wurde im Juni 2017 unter breiter medialer Beachtung veröffentlicht. Es folgten gemeinsame Erklärungen im Jahr 2018 und 2020. Kurz nach der Bundestagswahl im Jahr 2021 veröffentlichte der Ratschlag die Erklärung „Vier Jahre Zeit, um Kinderarmut endgültig zu beseitigen!“ und rief die Kampagne #4JahregegenKinderarmut ins Leben. Daran schloss sich im November 2022 die gemeinsame Erklärung „Solidarität mit armutsbetroffenen Kindern, Jugendlichen und ihren Familien – besonders in der Inflationskrise!“.

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KONFERENZ DER GLEICHSTELLUNGSMINISTER*INNEN 2023 – Gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in allen Lebensbereichen setzt fair geteilte Sorgearbeit voraus!

Berlin, 14.06.2023 Die 26 Mitgliedsorganisationen im Bündnis Sorgearbeit fair teilen fordern die Gleichstellungsminister*innen anlässlich ihrer Bund-Länder-Konferenz am 15./16. Juni eindringlich auf, sich für die Umsetzung der im Koalitionsvertrag verankerten Maßnahmen zur fairen Verteilung unbezahlter Sorgearbeit einzusetzen und die Bereitstellung der dafür notwendigen Haushaltsmittel anzumahnen.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Die vielfach von Frauen geleistete unbezahlte Sorgearbeit, ist die Basis für unser gesellschaftliches Wohlergehen. Sie muss aber zwischen den Geschlechtern fair aufgeteilt werden, denn nur so erhalten Frauen auch den Spielraum, überall gleichberechtigt teilhaben zu können. Die im Koalitionsvertrag beschlossenen Maßnahmen, die dies unterstützen, müssen deshalb dringend so bald wie möglich umgesetzt werden!“

In der gemeinsamen Pressemitteilung des Bündnis Sorgearbeit fair teilen heißt es weiter:

„Nach wie vor ist die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in vielen gesellschaftlichen Bereichen, etwa am Arbeitsmarkt, nicht gegeben. Damit sich das ändert, sind gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um die Rahmenbedingungen für eine gerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern zu schaffen“, fordern die Mitgliedsorganisationen im Bündnis Sorgearbeit fair teilen.

Frauen leisten durchschnittlich mit über vier Stunden täglich anderthalb Mal so viel unbezahlte Sorgearbeit wie Männer. Die Ungleichverteilung unbezahlter Sorgearbeit lässt Frauen weniger Zeit und Raum für eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit und politisches oder ehrenamtliches Engagement, aber auch für Erholung und Freizeitaktivitäten. Die verstärkte Übernahme familialer Sorgearbeit durch Männer stärkt die Teilhabemöglichkeiten von Frauen, knüpft an den Wünschen vieler Väter von heute an und trägt insgesamt zur Gleichstellung bei.

„Gleichstellung und Chancengleichheit unabhängig vom Geschlecht müssen gerade in gesellschaftlichen Krisenzeiten seitens der Politik priorisiert werden. Wir fordern die Gleichstellungsminister*innen auf, sich für die Bereitstellung der notwendigen Bundeshaushaltsmittel einzusetzen, um die im Koalitionsvertrag verankerten Maßnahmen für die gerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern umzusetzen“, betonen die Bündnismitglieder.

„Damit das ‚Jahrzehnt der Gleichstellung‘ Realität wird, müssen vereinbarte Vorhaben wie die zehntägige bezahlte Freistellung für Väter bzw. zweite Elternteile nach der Geburt („Familienstartzeit“), eine Lohnersatzleistung für Pflegezeiten, die Ausweitung der individuellen, nicht übertragbaren Elterngeldmonate und die Abschaffung der Lohnsteuerklasse V noch in dieser Legislaturperiode kommen.“

Dem Bündnis gehören an:

  • Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen
  • Bundesforum Männer e.V.
  • Bundesverband der Mütterzentren e.V.
  • Business and Professional Women (BPW) Germany e.V.
  • Care.Macht.Mehr
  • Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz
  • Deutscher Beamtenbund und Tarifunion – Bundesfrauenvertretung
  • Deutscher Frauenrat e.V.
  • Deutscher Gewerkschaftsbund
  • Deutscher Hauswirtschaftsrat e.V.
  • Deutscher Verband Frau und Kultur e.V.
  • evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf)
  • Forum katholischer Männer (FkM)
  • Frauenwerk der Nordkirche
  • GMEI Gender Mainstreaming Experts International
  • Katholischer Deutscher Frauenbund e.V. (KDFB)
  • Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) – Bundesverband e.V.
  • Männerarbeit der EKD
  • Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V.
  • SKM Bundesverband e.V.
  • Sozialdienst muslimischer Frauen e.V. (SmF-Bundesverband)
  • Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD)
  • Sozialverband VdK Deutschland e.V.
  • Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V.
  • WIR! Stiftung pflegender Angehöriger
  • Zukunftsforum Familie e.V.

Das Bündnis

Das zivilgesellschaftliche Bündnis Sorgearbeit fair teilen setzt sich für die geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit im Lebensverlauf ein. Seine 26 Mitgliedsverbände haben sich zum Ziel gesetzt, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft für den Gender Care Gap und seine Auswirkungen zu sensibilisieren und sich für die Schließung der Sorgelücke einzusetzen.

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ZFF-Info 08/2023

AUS DEM ZFF

Angesichts des Stillstands bei der Ausarbeitung einer armutsfesten Kindergrundsicherung fordert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus Sozial-, Wohlfahrts-, Verbraucher- und Kinderschutzverbänden sowie Jugendorganisationen und Gewerkschaften Bundesarbeitsminister Hubertus Heil auf, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Neudefinition des kindlichen Existenzminimums endlich anzugehen und so den Weg freizumachen für eine Kindergrundsicherung, die vor Armut schützt.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Einer der wichtigsten Erfolgskriterien für die Kindergrundsicherung wird ihre Höhe sein, mit der sie auch eine deutliche Verbesserung der Situation von Kindern im SGB II-Bezug erzielen muss. Deshalb haben wir ausdrücklich befürwortet, dass im Koalitionsvertrag mit der Kindergrundsicherung auch die Neuberechnung des kindlichen Existenzminimums versprochen wurde. Aber Details zu konkreten Schritten der Neuberechnung, lassen auf sich warten. Es ist enttäuschend, mit wie wenig Entschlossenheit dieses existenzielle Vorhaben angepackt wird. Wir appellieren an Bundesminister Heil, sich beherzt der Sache anzunehmen und sich für die Kinder in Armut einzusetzen.“

Im gemeinsamen Aufruf heißt es: „Die Kindergrundsicherung wird sich schlussendlich daran messen lassen müssen, ob sie in der Leistungshöhe das soziokulturelle Existenzminimum der Kinder tatsächlich abdeckt und sie damit vor Armut schützt. […] Mit Ausnahme einiger deskriptiv-unverbindlicher Papiere seien jedoch keinerlei Bemühungen des Arbeitsministeriums erkennbar, seiner Verpflichtung nachzukommen, das kindliche Existenzminimum neu zu definieren.“ Weiter mahnen die Verbände in dem Appell: „Es wäre nicht hinnehmbar, wenn die für die Kindergrundsicherung entscheidende Frage des ‚Was und wieviel braucht ein Kind‘ auf die lange Bank geschoben und das Projekt damit zum Scheitern gebracht würde.”

Kinderarmut ist in Deutschland weit verbreitet und hat zuletzt ein neues Rekordhoch erreicht: Mehr als jedes fünfte Kind wächst hierzulande in Armut auf. Das Bündnis drängt vor diesem Hintergrund auf ein Ende des Stillstands bei den notwendigen Arbeiten für eine armutsfeste Kindergrundsicherung. In dem gemeinsamen Aufruf heißt es dazu: „Wir fordern Bundesarbeitsminister Heil auf, unverzüglich die notwendigen Arbeiten an einer sach- und bedarfsgerechte Definition des kindlichen Existenzminimums und zur Berechnung des existenzsichernden Zusatzbetrages in der Kindergrundsicherung aufzunehmen und hierbei die Expertise von Wohlfahrts-, Sozial- und Fachverbänden einzubeziehen.“

Der Aufruf wird unterstützt von: Arbeiter-Samariter-Bund, Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe, Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze, Bundesforum Männer, Bundesverband für Kindertagespflege, Der Paritätische Gesamtverband, Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie, Deutscher Bundesjugendring, Deutscher Kinderschutzbund, Deutsches Jugendherbergswerk, Deutsches Kinderhilfswerk, Diakonie Deutschland, foodwatch Deutschland, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Grüne Jugend, Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen, pro familia, Sanktionsfrei, Save the Children, SOS Kinderdorf, SOVD Sozialverband Deutschland, Tafel Deutschland, Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Verband berufstätiger Mütter, Verband bi-nationaler Familien und Partnerschaften, Volkssolidarität Bundesverband, Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, Zukunftsforum Familie.

Zum gemeinsamen Aufruf an Bundesminister Heil

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 31.05.2023

SCHWERPUNKT I: Reform des europäischen Asylsystems

Zum heutigen Jahrestag des Asylkompromisses kritisiert die AWO die geplante Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems (GEAS). Diese dürfe nicht umgesetzt werden, so der Verband. Dazu erklärt AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner: „Der faule „Kompromiss“, der mit der GEAS-Reform geschlossen wird, untergräbt die Glaubwürdigkeit der EU im Bereich der Menschenrechte weiter.“ 

„Die geplante Reform ist genauso fehlgeleitet wie der Asylkompromiss vor 30 Jahren.“ so Sonnenholzner. „Dieser erfolgte ausschließlich auf Kosten der Schutzsuchenden. Heute, 30 Jahre später, ist die Asylpolitik leider kein bisschen humaner geworden. Obwohl ein Paradigmenwechsel im Koalitionsvertrag angekündigt wurde, bleibt der Schutzauftrag gegenüber Asylsuchenden aufgrund historischer Verantwortung weiterhin eine Illusion.“ 

Vor 30 Jahren ereignete sich das Unvorstellbare. Angesichts von Hass, Hetze und gewalttätigen Übergriffen auf Geflüchtete, darunter Brandanschläge auf Unterkünfte mit tödlichen Folgen, wurden nicht etwa die Schutzmaßnahmen für Asylsuchende in Deutschland ausgeweitet. Stattdessen wurde das Grundgesetz geändert und der Zugang zum Asyl massiv eingeschränkt. Die damalige Regierung rechtfertigte diesen Eingriff in die Menschenrechte mit der Einführung eines gemeinsamen europäischen Asylrechts. 

Mit der anstehenden GEAS-Reform droht nun ein Alptraum Realität zu werden. Der neue Kompromiss der Bundesregierung legalisiert bereits bestehende Verstöße gegen Menschenrechte und steht im eklatanten Widerspruch zu verbrieften Menschenrechten wie dem Übereinkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, dem Grundgesetz, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Menschenrechtscharta. Nun sollen Schutzsuchende offiziell und „im Namen der EU“ inhaftiert werden – allein deshalb, weil sie Schutz suchen. In rechtsstaatswidrigen Schnellverfahren soll über Leben und Tod entschieden werden, um dann in sogenannte „sichere Drittstaaten“ oder „sichere Herkunftsländer“ abzuschieben. Und zwar ungeachtet der möglichen Kettenabschiebungen von Personen aus Kriegsgebieten. 

Sonnenholzner dazu abschließend: „Durch die neue Reform werden nicht nur zahlreiche Menschenrechte ignoriert oder gebrochen. Es wird auch ein klares Signal gesetzt, dass Deutschland nach 30 Jahren immer noch nicht gewillt ist, seiner humanitären Verantwortung gegenüber Schutzsuchenden nachzukommen. Wer die Reform der GEAS unterstützt, nimmt Folter, grundlose Inhaftierung, Entwürdigung und Mord in Kauf, um Menschen fernzuhalten, die vor Krieg, Folter und Verfolgung fliehen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 26.05.2023

Kein Kompromiss um jeden Preis: Recht auf ein Asylverfahren in der EU muss erhalten bleiben

Die Diakonie Deutschland und Brot für die Welt zeigen sich besorgt über die Diskussion über die Reform zum europäischen Flüchtlingsrecht. Das Asylrecht in der Europäischen Union darf nicht mit dem Ziel ausgehöhlt werden, faire Asylverfahren unmöglich zu machen, appellieren die beiden Organisationen gemeinsam an die Bundesregierung anlässlich des Treffens der EU-Innenminister:innen am 8. Juni in Luxemburg. Die aktuellen Verhandlungen sehen Verschärfungen besonders bei den Verfahren an den EU-Außengrenzen vor. Es drohen massive Zurückweisungen von Schutzsuchenden in Drittstaaten und die Ausweitung von Grenzverfahren mit eingeschränkten Rechten und Inhaftierung selbst von Minderjährigen.

Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt, fordert ein deutliches Signal für den Schutz Asylsuchender, statt sie künftig wie Kriminelle zu behandeln. „Es sind nicht die Staaten der EU, die die meisten Schutzsuchenden weltweit aufnehmen, sondern Länder des globalen Südens. Die Reform ist nicht nur ein menschenrechtlicher Skandal, sondern auch gegenüber diesen Ländern ein fatales Signal: Warum sollten diese noch Schutz gewähren, wenn die Europäische Union, die ihnen gegenüber immer wieder auf die Einhaltung der Menschenrechte pocht, die Rechte von Geflüchteten selbst immer weiter einschränkt?“

Die Reform sieht unter anderem vor, die sogenannte „Sichere-Drittstaaten-Regelung“ auszuweiten. „Das führt dazu, dass kaum noch jemand innerhalb der Europäischen Union Asyl beantragen kann, da auf möglichen Schutz in Ländern wie Tunesien, Niger oder die Türkei verwiesen wird. Die aktuell im Rat diskutierten Pläne sehen vor, dass Schutzbedürftige den ’sicheren Drittstaat‘, in den sie abgeschoben werden sollen, nie betreten haben müssen. Damit könnten EU-Staaten dem Beispiel Großbritanniens folgen, das Asylsuchende jeglicher Nationalität nach Ruanda ausfliegen will. Diesem Modell muss in der Europäischen Union eine klare Absage erteilt werden!“, sagt Dagmar Pruin.

Diakonie Präsident Ulrich Lilie fordert entsprechend faire Verfahren und eine gerechte Verteilung von Schutzsuchenden in der Europäischen Union: „Einen europäischen Kompromiss um jeden Preis und eine Abkehr von den menschenrechtlichen Grundpositionen, auf die die europäische Gemeinschaft gegründet ist, darf es nicht geben. Leidtragende einer restriktiven Reform des Europäischen Asylsystems wären die Menschen, die auf unseren Schutz und unsere Hilfe dringend angewiesen sind. Wir brauchen faire und sorgfältige Asylverfahren, ein gerechtes Verteilungssystem und eine Entlastung der Staaten mit EU-Außengrenzen.“

Die Diakonie stehe seit langem für den Flüchtlingsschutz und für eine menschenwürdige Aufnahme in der EU ein. Es gebe keinen sachlichen Grund, sich von dieser werteorientierten Politik zu verabschieden. „Damit die Aufnahme von Geflüchteten gelingt, engagieren wir uns dafür, dass die schutzsuchenden Menschen bei der Integration in unsere Gesellschaft unterstützt und gefördert werden und erfolgreich Perspektiven für ihr Leben entwickeln können“, so der Diakonie-Präsident.

Eine grundlegende Reform des Dublin-Systems, wie sie Verbände und Flüchtlingshilfsorganisationen seit Langem fordern, sei im Reformprozess aktuell nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Das Prinzip der Ersteinreise wird noch verschärft, Staaten sollen sich zukünftig vom Flüchtlingsschutz freikaufen können.

Die beiden Vorstände appellieren daher an die Bundesregierung, ihr Gewicht im Europäischen Rat zu nutzen und sich bei einer Reform zu enthalten, die auf Jahre hin verheerende Folgen für den Europäischen Flüchtlingsschutz hätte. Mit der geplanten Reform schaffe die EU keine Ordnung, sondern setze die Rechtlosigkeit und Verelendung von Schutzsuchenden in der EU fort. Solange das gemeinsame Bekenntnis zum Flüchtlingsschutz und zur menschenwürdigen Aufnahme in der EU nicht vorhanden sei, sollte keine Reform verabschiedet werden, die die gegenwärtigen Zustände legalisiert. Es müsse auf die Einhaltung der bestehenden Asylgesetze gedrungen werden, so Pruin und Lilie.

Weitere Informationen:

Gemeinsamer Appell: Keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Gemeinsames-Statement_GEAS_16.05.2023-2.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. und Brot für die Welt vom 06.06.2023

LSVD gegen Grenzverfahren und Abschiebungen in für LSBTIQ* unsichere Drittstaaten

Am 8./9. Juni wollen die EU-Mitgliedstaaten auf dem EU-Rat für Inneres eine Reform des Asyl-Systems beschließen. Unter anderem sollen Geflüchtete in vermeintlich sichere Drittstaaten abgeschoben werden können, es sollen systematisch Asylgrenzverfahren unter Haftbedingungen durchgeführt werden und das Dublin-System soll verschärft werden. Innenministerin Faeser (SPD), Außenministerin Baerbock (Grüne), Vizekanzler Habeck (Grüne) und Familienministerin Paus (Grüne) haben signalisiert, den Plänen zustimmen zu wollen, und fordern lediglich, dass insbesondere Familien und Kinder aus den Grenzverfahren ausgenommen werden sollen. Das Vorhaben soll dann im nächsten Schritt im EU-Gesetzgebungstrilog bis Anfang 2024 verhandelt werden. Gelingt dies, würden auch lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche und queere (LSBTIQ*) Asylsuchende, die über eine EU-Außengrenze einreisen, zu Asylverfahren an den EU-Außengrenzen unter Haftbedingungen gezwungen. Auch sie laufen dann Gefahr, in zukünftig als „sichere Drittstaaten“ deklarierte Länder abgeschoben zu werden. Patrick Dörr kommentiert dies für den Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD):

Für Geflüchtete ganz allgemein, ganz besonders aber auch für LSBTIQ* Schutzsuchende, ist die geplante Reform ein Horrorszenario. Die Unterbringung in Haftlagern wird den Zugang zu medizinischer und psychosozialer Versorgung unmöglich machen und die Gewaltgefahr für ohnehin besonders schutzbedürftige LSBTIQ* potenzieren. Die jahrelange Erfahrung zeigt zudem: LSBTIQ* outen sich oft erst sehr spät im Asylverfahren, oft erst im Rahmen eines Klageverfahrens oder noch später. Grund hierfür sind die oft ein Leben lang gelernte Angst und Scham, das fehlende Wissen um die Schutzrechte für verfolgte LSBTIQ*, aber auch die auch in Deutschland noch mangelhafte Schutzbedarfserkennung. Wenn entsprechend den Vorschlägen dann Asylsuchende aus Ländern mit relativ niedrigen Schutzquoten in Grenzverfahren kommen, wird dies ganz besonders auch LSBTIQ* Geflüchtete treffen, da unter diesen Staaten auch viele LSBTIQ*-Verfolgerstaaten sind. Outet sich zum Beispiel ein schwuler Iraker oder eine lesbische Senegalesin in der Grenzhaft nicht direkt, wird der Asylantrag direkt als unzulässig abgewiesen und die Person soll in für sie vermeintlich sichere Drittstaaten abgeschoben werden, also im Zweifelsfall ein Land, in dem die Person noch nie war. Es ist davon auszugehen, dass die Standards für die Einstufung solcher „sicherer Drittstaaten“ soweit abgesenkt werden, dass auch regelmäßig LSBTIQ*-Verfolgerstaaten als „sicher“ eingestuft werden.

Die Bundesregierung hat sich zum Inklusionskonzept für die Außen- und Entwicklungspolitik bekannt, Außenministerin Baerbock hat selbst die feministische Außenpolitik proklamiert. Die Bundesregierung hat überdies in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, die Bedingungen für LSBTIQ* Geflüchtete zu verbessern. Innenministerin Faeser hat selbst betont, wie wichtig ihr ein besserer Schutz für LSBTIQ* Geflüchtete ist. All die Erfolge, die in dieser Legislatur für LSBTIQ* Schutzsuchende errungen wurden, würden durch die geplante Reform faktisch zunichte gemacht. Die geplante EU-Asylreform bedeutet eine schärfere Asylpolitik gegen LSBTIQ* Geflüchtete, als wir sie jemals unter dem CSU-Innenminister Seehofer gesehen haben. Dass dabei diese Verschärfung auch für LSBTIQ* Schutzsuchende nicht auf Druck anderer EU-Staaten passiert, sondern ein ureigenes Anliegen auch der Bundesregierung selbst ist, zeigt sich darin, dass sie parallel zu diesem Horrorszenario auch noch die Einstufung weiterer LSBTIQ*-feindlicher Länder als sogenannte „sichere Herkunftsstaaten“ betreibt.

Der LSVD fordert die Bundesregierung auf, sich an ihre Wahlkampfversprechen zu erinnern und sich gegen die faktische Aushebelung des Asylrechts zu stellen. In Grenzverfahren ist ein ordentliches, faires Asylverfahren nicht möglich, weder für LSBTIQ* Geflüchtete noch für andere Schutzsuchende. Das geplante Reformvorhaben ist daher grundsätzlich abzulehnen. Sollte die Bundesregierung tatsächlich zustimmen, muss die Bundesregierung mindestens folgende Punkte zur Bedingung für ihre Zustimmung machen, um zumindest einen minimalen Standard beim Schutz von LSBTIQ* Asylsuchenden sicherzustellen:

  1. Erstens müssen LSBTIQ* Geflüchtete regelmäßig aus den Grenzverfahren herausgenommen werden, da für ihr Schutzrecht die Schutzquoten der Länder überhaupt keine Aussagekraft haben. Um sich im Asylverfahren zu outen, brauchen sie Kontakt zur LSBTIQ* Zivilgesellschaft, zu spezialisierten Beratungsstellen.
  2. Zweitens muss im Rahmen der Reform klargestellt werden, dass LSBTIQ* im Rahmen der Grenzverfahren überhaupt als „besonders schutzbedürftige“  Gruppe anerkannt werden. Dies ist derzeit EU-weit nicht geregelt. 
  3. Drittens müssen in den geplanten Haftlagern an der EU-Außengrenze auch LSBTIQ*-Organisationen geförderte Stellen erhalten, um die Schutzbedarfserkennung vor Ort sicherzustellen und spezialisierte Beratung anzubieten. Hierbei muss vor allem auch klar geregelt sein, dass alle Asylsuchenden systematisch informiert werden, dass Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität ein anerkannter Asylgrund ist.
  4. Viertens muss sichergestellt werden, dass die Haftlager für ein regelmäßiges unabhängiges Monitoring (speziell mit Blick auf besonders vulnerable Gruppen) durch Menschenrechtsorganisationen zugänglich sind.
  5. Fünftens muss die Bundesregierung durchsetzen, dass EU-weit nur solche Staaten, in denen LSBTIQ* in allen Landesteilen sicher vor Verfolgung sind, als „sichere Drittstaaten“ deklariert werden.

Weiterlesen:

Gesetz zur Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren (lsvd.de)

APPELL: Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen! (lsvd.de)

Queere Geflüchtete anerkennen (lsvd.de)

Detaillierte Analyse: Wie wirkt sich die neue Dienstanweisung des BAMF auf die Verfahren queerer Geflüchteter aus? (lsvd.de)

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 06.06.2023

46 Kinder- und Menschenrechtsorganisationen warnen anlässlich des Treffens der EU-Innenminister*innen vor Entrechtung geflüchteter Kinder und Jugendlicher.

Der Paritätische Gesamtverband und andere Kinder- und Menschenrechtsorganisationen rufen die Bundesregierung dazu auf, beim bevorstehenden Treffen der EU-Innenminister*innen am 8. Juni keine Vereinbarungen einzugehen, die die Rechte und das Wohl geflüchteter Kinder und Jugendlicher gefährden. Deutschland muss konsequent gegen die Einführung von Grenzverfahren in Haftlagern, die Ausweitung sicherer Drittstaaten und die Absenkung von Verfahrensgarantien für geflüchtete Kinder und Jugendliche stimmen, so die gemeinsame Forderung.

“In der Debatte um eine Reform der europäischen Asylpolitik drohen Menschenrechte auf der Strecke zu bleiben“, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.“ Die Möglichkeit der Inhaftierung Schutzsuchender während des Asylverfahrens ist grundsätzlich inhuman und wird das Leid an den europäischen Außengrenzen verschärfen. Wir erwarten, dass die Bundesregierung sich in aller Konsequenz gegen diese Pläne stellt.“

Die Organisationen warnen vor einer massiven Entrechtung geflüchteter Kinder und Jugendlicher in der EU, sollten die vorgeschlagenen Reformen beschlossen werden. Bereits jetzt kommt es entlang der Fluchtrouten und an den Außengrenzen der EU jeden Tag zu Gewaltanwendung gegenüber Kindern. Die Reformpläne verstoßen nach Ansicht des Bündnisses gegen die UN-Kinderrechtskonvention und begünstigen weitere Kinderrechtsverletzungen. Die Bundesregierung darf diesen Weg nicht unterstützen. Die Wahrung der Menschenrechte und des Kindeswohls muss  die Leitlinie der europäischen Politik sein, so der Appell.

Nach den bisher bekannten Plänen sind auch geflüchtete Kinder und Jugendliche von Inhaftierung oder haftähnlicher Unterbringung an den europäischen Außengrenzen betroffen. Dies verstößt gegen das in der UN-Kinderrechtskonvention verankerte Recht auf Schutz vor Folter und Freiheitsentzug. Die Organisationen ermahnen die Bundesregierung, der eigenen Ankündigung im Prioritätenpapier zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vom 26. April treu zu bleiben und sicherzustellen, dass Minderjährige vom Grenzverfahren ausgenommen werden. Zudem sollen Kinder und Jugendliche die Möglichkeit haben, sich wirksam gegen Entscheidungen von Behörden zu wehren. Unbegleitete Minderjährige sollen kindgerechte Unterstützung, Vormundschaft und Rechtsbeistand erhalten. Ohne effektiven Rechtsschutz und kindgerechte Verfahrensbegleitung können die Rechte und das Wohl von flüchtenden Kindern in der EU nicht gewahrt werden.

Auch durch die geplante Erweiterung des Konzepts der sicheren Drittstaaten drohen massive Auswirkungen auf den Schutz von Asylsuchenden in der EU: Wenn Kinder und Jugendliche in der EU ankommen, können ihre Asylanträge – gemäß den aktuellen Beschlüssen des Rates der EU-Innenminister*innen – als unzulässig abgelehnt werden, selbst wenn in einigen Regionen eines außereuropäischen Landes nur ein unzureichendes Mindestmaß an Schutz gewährleistet ist.

Dokumente zum Download

46 Kinder- und Menschenrechtsorganisationen appellieren an die Bundesregierung (586 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 06.06.2023

SCHWERPUNKT II: Kindergrundsicherung

Zum heutigen Beschluss der Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder erklärt Nina Stahr, Mitglied im Ausschuss für Familien, Senior*innen, Frauen und Jugend:

Der heutige Beschluss der Jugend- und Familienministerkonferenz signalisiert: Die Kindergrundsicherung muss kommen. Die Unterstützung der Bundesländer reiht sich ein in die breite Unterstützung aus der Zivilgesellschaft. Denn Kinderarmut raubt Kindern Lebenschancen und dem Land Zukunftschancen.

Wir brauchen eine gut ausgestattete Kindergrundsicherung. Sie ist der zentrale Baustein, um endlich wirksam gegen Kinderarmut vorzugehen und gesellschaftlichen Zusammenhalt nachhaltig abzusichern. Durch die Zusammenfassung vieler verschiedener Leistungen und deren Digitalisierung bauen wir Bürokratie ab. Damit erleichtern wir den Zugang und sorgen dafür, dass bei mehr Kindern und ihren Eltern das ihnen zustehende Geld ankommt. Der Weg aus der Armut darf nicht am Behördendschungel scheitern. Gleichzeitig müssen wir das kindliche Existenzminimum so ausgestalten, dass alle Kinder gleiche Teilhabechancen bekommen.

Dafür erwarten wir eine schnellstmögliche Einigung zu den Eckpunkten, die Bundesfamilienministerin Paus unermüdlich vorantreibt.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 26.05.2023

Zu den Ergebnissen der Familienministerkonferenz erklärt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gyde Jensen:

„Das Herzstück der Kindergrundsicherung ist das Zusammenführen, Vereinfachen und Digitalisieren der familienpolitischen Leistungen. Insbesondere für Länder und Kommunen wird das eine riesige Aufgabe sein. Deshalb ist es wichtig, in weiteren Gesprächen explizit auch die Kommunen als wesentliche Akteure einzubinden. Ich gehe davon aus, dass die zwischen den Familienministern besprochenen verwaltungstechnischen Umsetzungsfragen nun möglichst zeitnah Eingang in ein konkretes Konzept zur Kindergrundsicherung von Bundesfamilienministerin Lisa Paus finden. Dabei ist klar, dass der Austausch zwischen Bund und Ländern notwendige Absprachen innerhalb der Koalition zu wesentlichen Punkten der Kindergrundsicherung nicht vorwegnehmen kann. Dazu gehört notwendigerweise die Einbindung der elementaren Säule des digitalen Kinderchancenportals, das Kindern und Jugendlichen echte, selbstbestimmte Teilhabe ermöglicht und ein wesentliches Instrument zur Bekämpfung immaterieller Kinderarmut ist. Fest steht auch: Der Bund zahlt und deshalb werden auch die wesentlichen Fragen zur Finanzierung am Ende vom Deutschen Bundestag beschlossen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 26.05.2023

Anlässlich des Bund-Länder-Treffens der Familienminister*innen am 26. Mai hat die Arbeiterwohlfahrt die Beteiligten zur Eile bei der Umsetzung der Kindergrundsicherung angemahnt. „Familien können nicht länger warten: Nicht nur aufgrund der anhaltenden Inflation sind immer mehr Kinder von Armut betroffen. Mit der Kindergrundsicherung müssen wir Ihnen jetzt helfen!“ so Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt.  

Vom Bund-Länder-Treffen erhofft sich die AWO ein starkes Bekenntnis sowie einen konkreten Zeitplan zur Reform: „Wir diskutieren schon viel zu lange über die Einführung der Kindergrundsicherung, dabei liegen handfeste Konzepte und Finanzierungspläne seit Jahren auf dem Tisch,“ so Groß. „Die politischen Machtspiele auf dem Rücken von Kindern und ihrer Zukunft müssen endlich aufhören!“ Die Blockadehaltung des Finanzministeriums kritisiert die AWO scharf. 

Die Arbeiterwohlfahrt engagiert sich seit ihrer Gründung gegen Kinderarmut und drängt seit Jahren auf die Einführung einer Kindergrundsicherung. Dafür ist sie unter anderem im Bündnis Kindergrundsicherung aktiv. Laut einer aktuellen Erhebung des statistischen Bundesamtes waren 24 Prozent aller Unter-18-Jährigen in Deutschland im Jahr 2022 armutsgefährdet.1 “Diese Entwicklung dürfen wir nicht weiter hinnehmen, mit der Kindergrundsicherung müssen wir diesen Kindern und Jugendlichen jetzt wieder eine Zukunftsperspektive geben,” so Michael Groß abschließend.  

 1 DeStatis, Gefährdung durch Armut oder soziale Ausgrenzung: AROPE-Indikator und seine drei Teilindikatoren nach Geschlecht und Alter. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Einkommen-Konsum-Lebensbedingungen/Lebensbedingungen-Armutsgefaehrdung/Tabellen/eurostat-armut-soziale-ausgrenzung-arope-teilindikatoren-mz-silc.html 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 26.05.2023

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundeskabinett beschließt Bericht zur Situation unbegleiteter ausländischer Minderjähriger

Sie sind vor Krieg, Verfolgung oder wirtschaftlicher Not geflüchtet und leben ohne Eltern in Deutschland: Unbegleitete ausländische Minderjährige sind besonderen Gefahren ausgesetzt und brauchen deshalb besonderen staatlichen Schutz. 

Das Bundeskabinett hat heute den vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vorgelegten Bericht über die Situation von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen beschlossen. Der Bericht basiert auf amtlichen Statistiken und Ergebnissen aus Befragungen von Jugendämtern, Fachverbänden und Einrichtungen, in denen unbegleitete Kinder und Jugendliche leben. Der Bericht befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Jahr 2021 und greift punktuell neuere Entwicklungen auf. 

Im Ergebnis kommt der Bericht zu dem Schluss, dass unbegleitete Minderjährige in Deutschland weitgehend rechtssicher und kindeswohlgerecht aufgenommen, untergebracht und versorgt wurden. Zugleich wird deutlich, dass die seit 2022 wieder steigende Zahl unbegleiteter Minderjähriger die zuständigen Kommunen vielerorts vor wachsende Herausforderungen stellt.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Unbegleitete Minderjährige haben meistens eine lange Odyssee durch mehrere Länder hinter sich und oft Schlimmes erlebt. Es ist beruhigend zu wissen, dass sie bei uns in Deutschland gute Aufnahme finden und durch die Kinder- und Jugendhilfe intensiv begleitet und unterstützt werden. Dass sich inzwischen immer mehr Minderjährige ohne Eltern auf den Weg machen, ist ein alarmierendes Zeichen. Zudem ist es eine große Herausforderung für Kommunen, Jugendämter und Träger. Zur Betreuung werden auch viele Ehrenamtliche eingesetzt. All denjenigen, die vor Ort mit anpacken und sich mit großem Engagement um die unbegleiteten Kinder und Jugendlichen kümmern, gilt mein großer Respekt und Dank.“

Die zentralen Aussagen des Berichts:

  • Nach jahrelangem Rückgang nimmt die Zahl der UMA seit 2021 wieder zu: Zum Stichtag 31.10.2022 lebten 25.084 unbegleitete Minderjährige und junge Volljährige in der Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe. 
  • Zwischen September 2021 und Oktober 2022 stiegen die Fallzahlen um 40 Prozent. 
  • 2021 waren 91 Prozent der vorläufig in Obhut genommenen unbegleiteten Minderjährigen männlich, neun Prozent waren weiblich.
  • Hauptherkunftsländer 2021 waren Afghanistan, Syrien und Somalia.
  • Bis Oktober 2022 wurden als Folge des Ukraine-Krieges insgesamt 3.891 Einreisen von unbegleiteten Minderjährigen aus der Ukraine registriert.
  • Unbegleitete Minderjährige haben nach wie vor einen erhöhten Begleitungs-, Hilfe- und Unterstützungsbedarf, der allerdings sehr heterogen ausfällt. 
  • Die unbegleiteten Kinder und Jugendlichen erhielten im Berichtszeitraum weitgehend rechtssichere und kindeswohlgerechte Aufnahme, Unterbringung und Versorgung.
  • Das Verteilverfahren wurde funktional und weitgehend rechtssicher umgesetzt. 
  • Bei allen wichtigen Verfahrensschritten beteiligten die Jugendämter die unbegleiteten Minderjährigen mehrheitlich selbst oder ihren Vormund. 
  • Die sozialen Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie haben sich auch auf das Alltagsleben unbegleiteter Minderjähriger ausgewirkt und ihre Integration erschwert. 
  • Unbegleitete Minderjährige zeigten sich nach wie vor sehr motiviert, Deutsch zu lernen, die Schule zu besuchen und erfolgreich abzuschließen und sich in die Gesellschaft zu integrieren. 
  • Mit Blick auf 2022 und die erhöhten Zuzugszahlen bezeichneten Länder und Verbände fehlende Unterbringungsmöglichkeiten und den Mangel an Fachkräften als größte Herausforderungen.  

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung unbegleiteter ausländischer Kinder und Jugendlicher am 01. November 2015 berichtet die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag jährlich über deren Situation.

Den aktuellen Bericht finden Sie hier: bmfsfj.de/uma-bericht

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 31.05.2023

Bericht bezieht Perspektiven von Menschen mit Armutserfahrung stärker ein

Mit einer Veranstaltung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) wurden gestern offiziell die Arbeiten am Siebten Armuts- und Reichtumsbericht (ARB) der Bundesregierung aufgenommen.

Dabei diskutierte Bundesarbeits- und Sozialminister Hubertus Heil mit etwa 100 Vertreterinnen und Vertretern aus sozial- und verteilungspolitisch tätigen Verbänden und Organisationen, der Wissenschaft und von Bundesrat und Bundestag über die sozialpolitischen Herausforderungen, denen sich der ARB widmen wird. Zu den Themen gehörten unter anderem die Preisentwicklung der letzten Monate und ihre Auswirkungen auf einkommensschwache Haushalte, die Arbeit der Tafeln sowie die Lebenslagen von Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung.

„Der Armuts- und Reichtumsbericht ist ein sozialer Seismograph, der auf Verschiebungen, manchmal auch Risse und mitunter sogar tiefe Gräben in unserer Gesellschaft hinweist. Er soll außerdem realitätsnahe Antworten geben, wo der Sozialstaat noch besser werden kann. Deshalb ist ein wichtiger Teil des Berichts, dass wir die Perspektiven der Menschen mit Armutserfahrung und von all jenen, die sie vor Ort unterstützen, aufgreifen. Denn die Menschen mit geringem oder gar keinem Einkommen spüren die aktuellen Krisen am stärksten. Doch ihre tagtäglichen Belastungen lassen sich nicht einfach in Zahlen und Statistiken abbilden.“

BUNDESMINISTER FÜR ARBEIT UND SOZIALES, HUBERTUS HEIL.

Der Beteiligungsprozess von Menschen mit Armutserfahrung trägt das Motto „Armut?! Das geht uns alle an!“ und wird vom Organisationsberatungsinstitut Thüringen – ORBIT e. V. durchgeführt. Damit wird eine Verabredung aus dem Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode umgesetzt, Menschen mit Armutserfahrung stärker an der Erstellung des ARB zu beteiligen.

Seit 2001 legt die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einmal in jeder Legislaturperiode einen ARB vor. Der Siebte Armuts- und Reichtumsbericht soll im Herbst 2024 vom Bundeskabinett beschlossen werden.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 23.05.2023

„Hunderttausende Erzieherinnen und Erzieher fehlen, 130.000 Lehrkräfte allein bis 2030. Der dramatische Fachkräftemangel in der Bildung und der damit verbundene Verlust von Qualität schreien nach einem kompletten Neustart des Bildungssystems und nach einer bundesweiten Fachkräfteoffensive. Doch die Bundesregierung duckt sich weiterhin schamlos weg und betreibt kosmetische Symbolpolitik, anstatt sich den Problemen zu stellen. Wir erleben hier ein Versagen auf ganzer Linie der Ampel-Koalition“, sagt Nicole Gohlke, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE und Sprecherin für Bildung und Wissenschaft, zur Vorstellung des Forderungskatalogs des Bündnisses „Bildungswende jetzt!“. Gohlke weiter:

„100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr gab es vom Bundeskanzler mal eben par ordre du mufti. Doch für die Bildung gibt’s nur warme Worte und Gefeilsche innerhalb der Ampel-Koalition und mit den Ländern. Jede Forderung nach einer besseren Finanzierung des Bildungssystems wird abgeblockt. Man darf ernsthaft zweifeln, ob die Bundesregierung verstanden hat, worum es geht.

DIE LINKE unterstützt die Forderungen des Bündnisses für eine Bildungswende. Es braucht jetzt dringend ein Sondervermögen von 100 Milliarden für die Bildung und eine echte Ausbildungsoffensive für Lehrkräfte.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 01.06.2023

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages teilt mit:

Die Vorsitzende der Kinderkommission, Emilia Fester, erklärt anlässlich des Internationalen Kindertags:

„Der Internationale Kindertag ist ein Anlass zum Feiern und ein Tag der Freude für alle Kinder. Uns Erwachsene soll er aber auch an unsere Aufgabe erinnern, Kindern zuzuhören und ihren Rechte und Bedürfnisse den Raum zu geben, den sie brauchen. Kinder sind keine unvollständigen Erwachsenen, sondern Expert*innen ihrer Lebenswelten. Sie haben das Recht, als solche wahr- und ernstgenommen zu werden. Kinderrechte müssen ganz besonders von uns in der Politik immer an jeder Stelle mitgedacht werden, nicht nur an einem Tag im Jahr.“

Deutschland ist weltweit wahrscheinlich das einzige Land das zwei Kindertage im Jahr begeht. Der „Internationale Kindertag“ am 1. Juni wurde in der ehemaligen DDR gefeiert, während seit 1954 in der Bundesrepublik der 20. September als von der UN ins Leben gerufene „Weltkindertag“ begangen wird. Seit der Wiedervereinigung werden in Deutschland deshalb zweimal im Jahr die Anliegen der Kinder besonders in den Blick genommen. Beide Tage sollen die Rechte und Bedürfnisse von Kindern ins öffentliche Bewusstsein und Handeln rücken.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 01.06.2023

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages übernimmt auch in diesem Jahr wieder die Schirmherrschaft für die Weltspieltagsaktion des Deutschen Kinderhilfswerks, die unter dem Motto „Schluss mit der Einfalt – es lebe die Vielfalt!“ stattfindet. 

Damit will das Deutsche Kinderhilfswerk gemeinsam mit seinen Partnern im „Bündnis Recht auf Spiel“ auf die besondere Bedeutung des Themas „Spiel und Inklusion“ aufmerksam machen. Dabei wird Inklusion als das Recht auf Teilhabe aller Menschen und insbesondere aller Kinder unabhängig von körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie kulturellen oder sozioökonomischen Hintergründen angesehen.

Der Vorsitzende der Kinderkommission, Paul Lehrieder, erklärt hierzu:
„Jedes Kind will spielen, und jedes Kind soll mitspielen können. Dafür steht das Thema Spiel und Inklusion. Um allen Kindern die Chance zum Mitspielen zu geben, müssen dafür Räume und Gelegenheiten geschaffen werden. Kinder spielen ohne Vorurteile. Sie begegnen dabei anderen Menschen, machen wichtige Erfahrungen im sozialen Miteinander, entdecken ihre Kreativität und lernen Vielfalt spielerisch kennen. Von klein auf schaffen sie so – beinahe nebenbei – die Grundlage für einen achtsamen und respektvollen Umgang miteinander, trotz oder wegen aller Unterschiedlichkeiten, denen sie dabei begegnen. Das ist ein unschätzbarer Wert für alle Kinder und für unsere ganze Gesellschaft.“

Der 28. Mai gilt seit mehr als 10 Jahren als „Weltspieltag“. Kommunen, Vereine, Initiativen und Bildungseinrichtungen sind aufgerufen, mit einer Aktion am Weltspieltag 2023 teilzunehmen und darüber hinaus für eine grundsätzliche Verbesserung der Rahmenbedingungen insbesondere für die gesellschaftliche Inklusion von Kindern einzutreten.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 26.05.2023

Rund 1,3 Milliarden Überstunden sind im Jahr 2022 nach Auswertungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) geleistet worden – etwa 702 Millionen davon unbezahlt. Dies antwortet die Bundesregierung (20/6928) auf eine Kleine Anfrage (20/6511) der Fraktion Die Linke. Die Zahl der geleisteten Überstunden entspricht laut IAB-Auswertung rund 809.000 Vollzeitäquivalenten.

Im Jahr 2008 betrug die Zahl der Überstunden laut IAB zirka 2,1 Milliarden – etwa 1,2 Millionen davon unbezahlt. Auswertungen des Statistischen Bundesamtes zu geleisteten Arbeits- und Überstunden von Normalarbeitnehmern, Leiharbeitskräften sowie befristet Beschäftigten sind den Tabellen im Anhang der Antwort zu entnehmen.

Quelle: Pressemitteilung  hib – heute im Bundestag Nr. 413 vom 05.06.2023

Als Unterrichtung (20/7076) liegt die Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Modernisierung des Pass-, des Ausweis- und des ausländerrechtlichen Dokumentenwesens“ (20/6519) vor. Darin plädiert der Bundesrat unter anderem dafür, dass der Kinderreisepass nicht wie in dem Gesetzentwurf vorgesehen zum 1. Januar 2024, sondern erst zum 1. November 2025 abgeschafft werden soll.

Zur Begründung heißt es in der Stellungnahme, dass Eltern für die Ausstellung regulärer Personalausweise und Reisepässe für Kinder von null bis sechs Jahren aufgrund der „raschen äußerlichen Veränderung der Kinder“ höhere Kosten aufbringen müssten, da die Dokumente aus diesem Grund bereits vor Ablauf der Gültigkeitsdauer ungültig würden und somit die Ausstellung eines neuen gebührenpflichtigen Dokuments erforderlich werde. Zudem könnten Kinderreisepässe unmittelbar vor Ort sofort ausgestellt werden. Um die Bürger und die Verwaltungen auf die Abschaffung des Kinderreisepasses und den damit erforderlichen zeitlichen Vorlauf vorzubereiten, der bei der künftigen Beantragung von regulären Dokumenten anfalle, sei ein späteres Inkrafttreten der Abschaffung des Kinderreisepasses geboten.

Die Bundesregierung lehnt diesen Vorschlag des Bundesrates ab. Ziel der Abschaffung des Dokumententyps Kinderreisepass bereits zum 1. Januar 2024 und des damit verbundenen Wegfalls des Verwaltungsaufwands für eine jährliche Verlängerung oder Ausstellung eines Kinderreisepasses solle sein, dass diese Aufwandsreduzierung für die Passbehörden so schnell wie möglich umgesetzt wird, schreibt die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung. Zudem bestehe bereits derzeit die Möglichkeit, für unter Zwölfjährige einen regulären Reisepass zu beantragen, „sodass eine technische Umstellung der Passbehörden nicht erforderlich sein dürfte“. Auch beschränke sich ihr Beratungsaufwand künftig auf den regulären Pass und mithin auf lediglich ein Dokument.

Quelle: Pressemitteilung  hib – heute im Bundestag Nr. 410 vom 05.06.2023

Um die Situation von Gründerinnen und Selbstständigen beim Mutterschaftsschutz zu verbessern, fordert die Unionsfraktion unter anderem, Höhe und Umfang des Mutterschaftsgeldes anzupassen. Zudem sollte eine Anlaufstelle eingerichtet werden, bei der sich Selbstständige über Möglichkeiten und Ansprüche informieren könnten, heißt es in einem Antrag (20/6911) der Abgeordneten.

Auch solle das Elterngeld an die Lebensrealität von Selbstständigen angeglichen werden und Zahlungseingänge während des Elterngeldbezuges „auf den Zeitpunkt der erbrachten Leistungen“ abgestellt werden.

In dem Antrag kritisiert die Union, dass viele Arbeitsschutzvorschriften, insbesondere des Mutterschutzgesetzes, nicht für Selbstständige gälten.

Quelle: Pressemitteilung  hib – heute im Bundestag Nr. 404 vom 30.05.2023

Anteil an der Bevölkerung seit 2015 leicht gestiegen auf 13 % zum Jahresanfang 2022

Der Anteil der Kinder an der Bevölkerung in Deutschland nimmt wieder leicht zu. Von den 83,2 Millionen Menschen, die Anfang 2022 in Deutschland lebten, waren 10,9 Millionen Kinder im Alter bis einschließlich 13 Jahre. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) aus Anlass des Internationalen Kindertages am 1. Juni mitteilt, machten Kinder einen Anteil von 13,0 % der Bevölkerung Deutschlands aus. Damit ist der Anteil seit dem Tiefststand Anfang 2015 (12,2 %) in den vergangenen Jahren wieder leicht gestiegen.

Ein Grund für diese Entwicklung sind höhere Geburtenzahlen. Von 2010 bis 2014 wurden durchschnittlich rund 682 200 Kinder pro Jahr geboren. Von 2015 bis 2020 waren es im Durchschnitt gut 775 600 jährlich. Die Geburtenzahl erreichte im Jahr 2021 mit rund 795 500 Kinder sogar den höchsten Stand seit 1997, ging allerdings im Jahr 2022 nach vorläufigen Angaben auf 738 900 Kinder zurück.

In den Staaten der Europäischen Union (EU) war der durchschnittliche Anteil von Kindern an der Bevölkerung etwas höher als hierzulande: Zum Jahresbeginn 2022 betrug dieser laut EU-Statistikbehörde Eurostat 13,9 %. Niedriger als in Deutschland war der Kinderanteil in Italien (11,7 %), Portugal (11,8 %), Malta und Griechenland (je 12,6 %) sowie Spanien (12,9 %). Den höchsten Anteil von Kindern wiesen hingegen Irland (18,3 %), Schweden (16,4 %) und Frankreich (16,2 %) auf.

Methodische Hinweise:

Die genannten Bevölkerungszahlen zum Anfang des jeweiligen Jahres beruhen auf dem Stichtag 31.12. des Vorjahres. Der im Laufe des Jahres 2022 erfolgte Zuzug von Geflüchteten aus der Ukraine ist in diesen Daten nicht enthalten. Für das Gesamtjahr 2022 liegen aktuell lediglich Schätzungen zu den Bevölkerungszahlen vor. Die endgültigen Ergebnisse werden im Juni veröffentlicht.

Weitere Informationen:

Detaillierte Daten und lange Zeitreihen zur Zahl der Kinder und Zahl der gesamten Bevölkerung in Deutschland sind auch über die Tabelle 12411-0005 in der Datenbank GENESIS-Online abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 30.05.2023

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Die Diakonie Deutschland kritisiert das im Bundestag verabschiedete „Pflegeunterstützungs- und entlastungsgesetz“ (PUEG). Statt Flickschusterei fordert die Diakonie Deutschland einen Masterplan für eine grundlegende Reform der Pflege. Dazu erklärt Vorständin Sozialpolitik, Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Dieses Gesetz ist eine Enttäuschung für alle Pflegebedürftigen, Pflegenden und Angehörigen. Es lässt vor allem pflegende Angehörige im Regen stehen, die nach wie vor die größten Pflegeleistungen schultern. Die Kostensteigerungen der letzten Jahre werden bei weitem nicht von der Pflegeversicherung ausgeglichen. Zwar soll es nun ein Budget zur Entlastung pflegender Angehöriger geben, allerdings erst zum Juli 2025. Dafür wird beim Pflegegeld gespart. Die Leistungen reichen nicht aus und kommen viel zu spät.“

Sozialvorständin Loheide fordert eine solide Finanzierung der Pflegeversicherung: „Die Pflegekassen mussten in der Pandemie hohe zusätzliche Kosten übernehmen. Jetzt fehlen ihnen die Mittel um ein tragfähiges Pflegesystem für die Zukunft auf den Weg zu bringen. Wir brauchen eine grundlegende Pflegereform – und zwar bald. Sonst riskieren wir, dass Pflegebedürftige nicht mehr professionell versorgt werden können und pflegende Angehörige erschöpft aufgeben müssen. Das wäre eine Katastrophe!“ 

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 26.05.20203

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) unterstützt in einer ausführlichen Stellungnahme das Ziel des Referentenentwurfs zum Selbstbestimmungsgesetz, das grund- und menschenrechtswidrige Verfahren nach dem Transsexuellengesetz (TSG) abzuschaffen. Stattdessen soll eine Korrektur des personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrags durch eine Erklärung vor dem Standesamt möglich werden. Zugleich weist der djb auf die zu beobachtende Diskursverschiebung hin: Sinn und Zweck des Selbstbestimmungsgesetzes ist eigentlich die Verbesserung der rechtlichen Situation einer Personengruppe, die von geschlechtsbezogener Diskriminierung betroffen ist. Anstatt dieses Anliegen in der öffentlichen Diskussion umfassend darzustellen, werden Drohszenarien und Missbrauchsmöglichkeiten vertieft erörtert, die nicht auf empirischen Anhaltspunkten beruhen. Bedauerlicherweise setzt sich diese Verschiebung in einzelnen Regelungen und in der Begründung des Referentenentwurfs fort.

„Trans, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen unkompliziert zu ermöglichen, den Geschlechtseintrag im Geburtenregister und ihre Vornamen zu korrigieren, ist aus grund- und menschenrechtlicher Sicht dringend geboten“, betont djb-Präsidentin Prof. Dr. Maria Wersig. „Insbesondere die Abschaffung des gerichtlichen TSG-Verfahrens und der Gutachtenpraxis sind überfällig. Der djb unterstützt daher die im Entwurf vorgesehene Einführung eines neuen niedrigschwelligen Verfahrens, in dem die personenstandsrechtlichen Angaben durch eine Erklärung vor dem Standesamt korrigiert werden können.“

Die konkrete Umsetzung dieses Vorhabens im Referentenentwurf sieht der djb allerdings an einigen Stellen kritisch. So ist die im Entwurf vorgesehene dreimonatige Wartefrist bis zur Wirksamkeit der Korrektur nach Ansicht des djb nicht verhältnismäßig und daher zu streichen. Die Verweise auf das Hausrecht, die Bewertung sportlicher Leistungen und medizinischer Maßnahmen sind rechtlich überflüssig. Überarbeitungsbedarf besteht auch zur Gewährleistung geschlechtlicher Selbstbestimmung von Minderjährigen. Zudem greifen die im Entwurf vorgesehenen abstammungsrechtlichen Regelungen der angekündigten Reform des Abstammungsrechts zum Nachteil der betroffenen queeren Familien, insbesondere der schutzbedürftigen Kinder, vor. Der djb schlägt bis zu einer umfassenden Reform des Abstammungsrechts eine andere Interimslösung vor. Schließlich bietet auch das im Entwurf vorgesehene Offenbarungsverbot nach Ansicht des djb einen unzureichenden Schutz. Darüber hinaus besteht weiterhin Regelungsbedarf im Hinblick auf den Entschädigungsfonds sowie die Finanzierung von Beratungsangeboten und die Kostenübernahme geschlechtsangleichender Behandlungen.

Nach der langen Ausarbeitungs- und Verhandlungszeit drängt der djb nun auf die zügige Nachbesserung und Einführung des vereinfachten personenstandsrechtlichen Verfahrens. 

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 31.05.20203

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) konstatiert in einer ausführlichen Stellungnahme zum Eckpunktepapier für ein Gesetz gegen digitale Gewalt des Bundesministeriums der Justiz: Das Papier stellt lediglich einen ersten (zögerlichen) Schritt zu einem „echten Gewaltschutzgesetz“ dar.

„Wenn es um digitale Gewalt geht, darf das Netz kein rechtsfreier Raum sein. Frauen sind besonders von Hatespeech, Beleidigungen, aber auch Verletzungen des Rechts am eigenen Bild und/oder der sexuellen Selbstbestimmung betroffen, digitale Gewalt hat eine Geschlechterdimension“, betont djb-Präsidentin Prof. Dr. Maria Wersig. „Die im Eckpunktepapier jetzt vorgesehenen drei Einzelmaßnahmen bleiben weit hinter dem zurück, was im Kampf gegen digitale Gewalt erforderlich, von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag angekündigt und von dieser zu erwarten gewesen wäre.“

Der djb begrüßt die Stärkung des privaten Auskunftsverfahrens. Je niedrigschwelliger Personen, deren Rechte nachweislich verletzt wurden, auf richterliche Anordnung hin Kenntnis von der Identität der Verletzer*innen erlangen können, desto erfolgsversprechender ist die sich anschließende Rechtsdurchsetzung. Unterstützenswert ist auch die Neueinführung richterlich angeordneter Accountsperren und eine Ausweitung der Zuständigkeit des „inländischen Zustellungsbevollmächtigten“. Es fehlen aber zentrale Maßnahmen, wie Verbandsklagerechte und Opferschutzmaßnahmen.

Dringender Handlungsbedarf besteht bei Nachschärfungen im Zivil- und Strafrecht und beim Ausbau von Beratungsstrukturen. Zwingend notwendig sind verpflichtende Fortbildungen für Justiz, Staatsanwaltschaft und Polizei, in deren Rahmen für die geschlechtsspezifische Dimension digitaler Gewalt sensibilisiert wird. Bei der Bekämpfung digitaler Gewalt geht es nicht nur um den Schutz Einzelner, sondern vor allem um den Erhalt einer wehrhaften Demokratie und die Sicherung der Teilhabe am öffentlichen Diskurs. Antifeminismus, Hass gegen Frauen und Menschen der LGBTQ*-Community finden im Netz Bedingungen, die sich verstärkend auswirken und das Entstehen extremistischer Strömungen begünstigen. Diese Dimension verkennt das Eckpunktepapier und wird damit dem wesentlichen Aspekt des Phänomens digitaler Gewalt nicht gerecht.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 26.05.20203

Wie können Kinderrechte nach der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) in familiengerichtlichen Verfahren garantiert werden? Was ist eine kindgerechte Anhörung? Warum sollten die am Verfahren beteiligten Akteur*innen kooperieren und wie kann ein Kind über seine Rechte bedarfsgerecht informiert werden? Welche Vorgaben gibt es in Bezug auf die Qualifikation und Fortbildung von Richter*innen? Wie weit sind wir in Deutschland bei der Umsetzung einer kindgerechten Justiz gekommen?

Diese und andere Fragen werden in der neuen Podcast-Reihe “Familienrecht-Kindgerecht!” des Deutschen Kinderhilfswerkes (DKHW) und des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR) besprochen.

In sieben Folgen stellt die Podcasterin Ella Daum kinderrechtsbasierte Kriterien für das familiengerichtliche Verfahren vor. Dazu lässt sie in jeder Folge verschiedene Expert*innen zu Wort kommen, die einen Einblick in ihren Berufsalltag geben und erläutern, wie die Umsetzung einer kindgerechten Justiz hierzulande gut funktionieren kann. Die kinderrechtsbasierten Kriterien haben DKHW und DIMR auf Grundlage der UN-KRK und der Leitlinien des Europarates für eine kindgerechte Justiz erarbeitet.

Das DKHW und das DIMR setzen sich für ein Justizsystem ein, das die wirksame Umsetzung aller Kinderrechte gewährt und das Kindeswohl (Artikel 3 Absatz 1 UN-KRK) und die Beteiligung von Kindern (Artikel 12 UN-KRK) bei der Ausgestaltung von Verfahren in den Mittelpunkt stellt.

Das Pilotprojekt “Kinderrechtsbasierte Kriterien im familiengerichtlichen Verfahren” hat gezeigt, dass die Anwendung von Kriterien als unverbindliche Handlungsempfehlungen Verfahrensbeteiligte dabei unterstützen können, Verfahren kindgerechter auszugestalten. Ziel des Podcast ist es die Ergebnisse aus dem Pilotprojekt sowie die Kriterien selbst flächendeckend bekannt zu machen und für ihre Anwendung zu werben. Er soll dazu beitragen, dass Verfahrensbeteiligte die „Kinderrechte im Ohr“ haben.

Der Podcast „Familienrecht – Kindgerecht!“ ist auf Spotify Familienrecht – Kindgerecht! | Podcast on Spotify und der DKHW-Webseite www.dkhw.de/podcast-familienrecht-kindgerecht kostenlos zu hören. 

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und Deutsches Institut für Menschenrechte vom 01.06.2023

eaf mit vielfältigen Angeboten beim Deutschen Evangelischen Kirchentag

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) macht sich als familienpolitischer Dach­verband in der EKD für die Anliegen von Familien in Politik, Gesellschaft und Kirche stark. Dies möchte sie für die Besucher:innen des Evangelischen Kirchentags in Nürnberg durch vielfältige Angebote im „Zentrum Kinder und Familie“ (Kulturwerkstatt auf AEG, Fürther Str. 244 d, 90429 Nürnberg) erlebbar machen.

Vom 8. bis 10. Juni 2023 können Familien sich im Foyer des Zentrums über die eaf, ihre Mitglieds­verbände und Projekte informieren sowie bei einem Mitmachspiel die „Zeitfresser“ ihres Familienalltags abwerfen. Die Ausstellung „FamilienBande“ der eaf-nrw bietet einen Raum, das eigene Verständnis von Familie zu klären und sich über Wünsche und Bedürfnisse im Blick auf familiäre Lebensformen auszutauschen.

In kurzen Talkrunden spricht die eaf mit Menschen aus Politik, Gesellschaft, Kirche und Forschung darüber, was Familien brauchen. Zu Gast sind unter anderem Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, Oberkirchenrätin Dr. Birgit Sendler-Koschel (Leiterin Bildungsabteilung EKD), Prof. Dr. Nina Weimann-Sandig (Ev. Hochschule Dresden) und Eva-Maria Zabbée (Vorsitzende des Ev. Bundesverbandes Adoption e. V.). In der ersten Etage des „Zentrums Kinder und Familie“ zeigen die Evangelische Familienbildung und die Evangelische Familienerholung, was sie können: Von Donnerstag bis Samstag haben Familien hier die Gelegenheit, in Angebote wie Babymassage, musikalische Früherziehung oder Eltern-Kind-Kurse hineinzuschnuppern.

Svenja Kraus, Bundesgeschäftsführern der eaf, betont: „Als evangelischer Familienverband ist der Kirchentag für uns die beste Gelegenheit, um mit Familien aus ganz Deutschland ins Gespräch zu kommen. Wir freuen uns sehr auf die vielen Begegnungen, einen spannenden Austausch und neue Ideen!“

Am Donnerstag, dem 8. Juni, diskutiert sie zudem u. a. gemeinsam mit Bundes­familienministerin Lisa Paus auf dem Podium „Zeit für Care in Familien – wer soll das noch wuppen?“. Im Anschluss daran stehen Bundesgeschäftsführerin Svenja Kraus und Präsidiumsmitglied OKR Dr. Steffen Merle (Referent für Sozial- und Gesellschaftspolitik, EKD) ab 13:15 Uhr im Pressezentrum des Kirchentags für Nachfragen gern zur Verfügung.

Weitere Informationen zum Programm finden Sie unter
https://www.eaf-bund.de/service/veranstaltungen/2023-06-07-deutscher-evangelischer-kirchentag

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 02.06.2023

LSVD fordert konsequente Nachbesserung im Referent*innenentwurf

Gestern endete die Verbändebeteiligung für das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften“ (SBGG). Das bisherige Verfahren greift massiv in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ein und soll deshalb durch ein Selbstbestimmungsgesetz neu geregelt werden – wie im Koalitionsvertrag vereinbart. Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) hat eine rechtliche Analyse des Entwurfs vorgenommen. Die Ergebnisse liegen nun in einer ausführlichen Stellungnahme vor. Dazu erklärt Alva Träbert aus dem Bundesvorstand des LSVD

Der LSVD begrüßt ausdrücklich die Absicht, das in großen Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz (TSG) aufzuheben und die personenstandsrechtliche Anerkennung der geschlechtlichen Identität für trans* und intergeschlechtliche sowie nichtbinäre Menschen (TIN*) einheitlich und ohne Begutachtung und ärztliche Atteste in einem Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) zu regeln. Wir können nicht genug betonen, wie wichtig die Abschaffung dieser entwürdigenden Verfahren für die Achtung der Menschenwürde der Betroffenen ist.  Leider wird im Referent*innenentwurf gezielt TIN*-feindlich mobilisierten Ängsten unverhältnismäßig viel Raum gegeben – ihnen wird dadurch eine scheinbare Legitimität verliehen. Der Referent*innenentwurf stellt TIN* Personen unter Generalverdacht, indem er die Glaubwürdigkeit ihrer Identität in Frage stellt. Die Bundesregierung muss die konstruktive Kritik der Zivilgesellschaft ernst nehmen und ein wirksames SBGG erarbeiten, das Stigmatisierung und Ausgrenzung entgegenwirkt, anstatt sie noch zu befeuern. Im Gesetzestext muss sich klar widerspiegeln, worum es geht: um den Schutz, die Würde und die Rechte von TIN* Personen.

Der Gesetzesentwurf fällt inhaltlich deutlich hinter die im Juni 2022 vorgestellten Eckpunkte zurück und würde teilweise sogar eine rechtliche Verschlechterung mit sich bringen. Wir rufen alle demokratischen Parteien auf, ihrer Verantwortung für den Schutz aller Menschen im parlamentarischen Prozess gerecht zu werden und den Entwurf entsprechend nachzubessern.  Die selbstbestimmte Personenstandsänderung darf nicht ausgehöhlt werden! Der LSVD fordert eine ersatzlose Streichung der dreimonatigen Wirksamkeitsfrist (§4) und der einjährigen Sperrfrist (§5). Auch Paragraf 6 des Entwurfs sollte ersatzlos gestrichen werden, ebenso wie die vorgeschlagene Regelung im Verteidigungs- und Spannungsfall (§9) und die Eltern-Kind-Zuordnung (§11). Der LSVD fordert zudem, dass Jugendliche ab 14 Jahren uneingeschränkt selbstbestimmt über ihre Vornamen und ihren Geschlechtseintrag entscheiden dürfen.

In der Zivilgesellschaft wird das Recht auf einen selbstbestimmten Geschlechtseintrag für TIN* mehrheitlich und eindeutig befürwortet. Eine große Bandbreite verschiedener Verbände und zentraler Akteur*innen haben sich in den letzten Wochen und Monaten deutlich dafür ausgesprochen, darunter die Bundespsychotherapeutenkammer, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, der Paritätische Gesamtverband, der Deutsche Gewerkschaftsbund und große Arbeitgeber*innen. Außerdem befürworten auch der Deutsche Frauenrat, der Kinderschutzbund und der Deutsche Bundesjugendring die rechtliche Selbstbestimmung von TIN*. Die Frauenhauskoordinierung hat wiederholt klargestellt, dass die in öffentlichen Debatten heraufbeschworenen Bedrohungsszenarien für feministische bzw. Frauenschutzräume durch den selbstbestimmten Geschlechtseintrag unbegründet sind. Die Zahl der erfassten Vorfälle TIN*-feindlicher Hasskriminalität steigt seit Jahren an – umso wichtiger ist es, in diesem Gesetzgebungsverfahren der Einschätzung dieser Expert*innen der Antigewaltarbeit zu folgen. Geschlechtliche Selbstbestimmung ist ein feministisches Anliegen. Diese klare und unmissverständliche Haltung für Menschenrechte und den Schutz von TIN* Personen muss im Gesetz und seiner Begründung unmissverständlich deutlich gemacht und konsequent umgesetzt werden.

Weiterlesen:

Ausführliche Stellungnahme: Referentenentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz
Bundesregierung veröffentlicht Referent*innenentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz
Entwurf eines Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften
Das Selbstbestimmungsgesetz: Antworten zur Abschaffung des Transsexuellengesetz (TSG) – Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum geplanten Selbstbestimmungs-Gesetz
„Soll Geschlecht jetzt abgeschafft werden?“ – 12 Antworten auf Fragen zum Thema Selbstbestimmungsgesetz und Trans*geschlechtlichkeit
Selbstbestimmungsgesetz jetzt! – Beschluss des LSVD-Verbandstages 2023

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 31.05.20203

Aktuelle Expertise zu Armut in Deutschland.

Nach vorläufigen Zwischenergebnissen zur Armutsentwicklung in Deutschland des Statistischen Bundesamts, über die das Redaktionsnetzwerk Deutschland heute berichtet, ist die Armut 2022 deutschlandweit leicht gesunken, insbesondere in Ostdeutschland. Die Kinderarmut erreicht mit 21,3 Prozent ein neues Rekordhoch. Der Paritätische Wohlfahrtsverband betrachtet die Ergebnisse mit großer Sorge. Umfassende Anstrengungen, um Armut wirksam zu bekämpfen, seien angesichts von Inflation und realem Kaufkraftverlust dringlicher als je zuvor. Der Verband appelliert an die Bundesregierung, endlich gezielte Maßnahmen zur Armutsbekämpfung zu ergreifen und den Weg für eine armutsfeste Kindergrundsicherung frei zu machen.

“Die vorläufigen Daten deuten darauf hin, dass einige pandemiebedingte Verwerfungen u.a. durch eine Erhöhung des Mindestlohns ausgeglichen werden konnten. Gleichzeitig hat sich aber für eine große Mehrheit Armutsbetroffener die Lage durch die Inflation weiter verschärft”, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. “Zwar handelt es sich nur um Zwischenergebnisse, die mit großer Vorsicht zu betrachten sind. Der sich abzeichnende Anstieg der Kinderarmut aber sollte alle politisch Verantwortlichen alarmieren. SPD und FDP müssen endlich den Weg frei machen für eine armutsfeste Kindergrundsicherung, die den Namen wirklich verdient”, fordert Schneider.

In einer aktuellen Expertise ordnet der Paritätische Gesamtverband die vorliegenden Daten ein. Endgültige Schlüsse zur Armutsentwicklung im Inflationsjahr 2022 könnten aus ihnen noch nicht gezogen werden. In der Vergangenheit stellten sich erhebliche Unterschiede zwischen den Erst- und Endergebnissen heraus. So lag die Armutsquote für Deutschland nach Erstergebnissen im Jahr 2021 bei 16,6 Prozent. Nach den Endergebnissen musste dann eine Quote von 16,9 Prozent festgestellt werden.

Dokumente zum Download

Armut im Blick: Expertise zu den Erstergebnissen der amtlichen Armutsberichterstattung für 2022 (2 MB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 26.05.20203

Mehr als 200 Organisationen unterstützen den Appell: „Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!“

Anlässlich des 30. Jahrestages des sogenannten “Asylkompromisses” bekräftigt der Paritätische Gesamtverband die Forderung nach einer Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), das der Verband als diskriminierendes Sondergesetz scharf kritisiert. Es sei menschenverachtend und nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren, dass Schutzsuchenden zur „Abschreckung” existenzsichernde Leistungen vorenthalten werden. Zusammen mit mehr als 200 Organisationen fordert der Verband die Gleichbehandlung aller Menschen in Deutschland nach den Regeln des Sozialgesetzbuchs und unterstützt den Appell: „Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!“

“Das Asylbewerberleistungsgesetz ist ein Schandfleck deutscher Asylpolitik und gehört endlich abgeschafft. So fragwürdig die politische Zielsetzung der Abschreckung von Anfang an war, so inhuman sind die praktischen Auswirkungen für Menschen, die in ihrer Not Schutz und Zuflucht in Deutschland suchen”, kritisiert Harald Löhlein, seit Anfang der 1990er im Paritätischen Gesamtverband zuständig für Flüchtlingspolitik. Das AsylbLG ist nach Ansicht des Verbandes mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. “Faktisch existiert mit dem Asylbewerberleistungsgesetz ein Sondersozialhilfesystem, das hilfebedürftigen Menschen in Deutschland die zur Existenzsicherung nötigen Leistungen vorenthält. Die Würde des Menschen aber ist unteilbar, genauso wie das Existenzminimum”, betont Löhlein. Daher gehöre das Gesetz abgeschafft. Stattdessen sollten die Leistungsberechtigten in die regulären Sozialsysteme einbezogen werden.

Zum Hintergrund:

Am 26.5.1993 beschloss der Bundestag im sogenannten „Asylkompromiss“, das in der Verfassung garantierte Grundrecht auf Asyl stark zu beschneiden, um Flüchtlinge möglichst fernzuhalten. Gleichzeitig wurde mit dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ein neues Gesetz geschaffen, das die Lebensverhältnisse von Asylsuchenden in Deutschland gezielt verschlechtern und die soziale Versorgung auf ein Niveau deutlich unterhalb der regulären Sozialleistungen absenken sollte. Ziel des Gesetzes war es, Schutzsuchende durch das Wohnen in Sammelunterkünften, durch niedrigere Leistungen und durch Sachleistungen statt Geld abzuschrecken oder zur Ausreise zu bewegen. Auch heute liegen die Regelsätze des AsylbLG deutlich unter denen des Bürgergelds beziehungsweise der Sozialhilfe. Sachleistungen statt Geld bedeuten für die Betroffenen zusätzliche Einbußen. Zudem führt eine nach dem Gesetzeswortlaut stark beschränkte Gesundheitsversorgung in der Praxis zu verspäteter und unzureichender Behandlung, und behördliche Sanktionen führen zu weiteren Kürzungen.

Unter den 200 Unterzeichner*innen des Appells „Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!“ finden sich u.a. Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Organisationen von Migrant*innen, Vereinigungen von Anwält*innen, Jurist*innen, Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen, Frauenverbände und Kinderrechtsorganisationen.

Der vollständige Text des Appells und die aktuelle Unterzeichnerliste finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 25.05.20203

Der Pestalozzi-Fröbel-Verband (pfv) fordert anlässlich der Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) am 25. und 26. Mai 2023 die Verantwortungsgemeinschaft von Bund und Ländern zu stärken und den Bildungsbegriff der frühkindlichen Bildung bundesrechtlich zu verankern.
Zur dauerhaften Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung von Kindern und zur Sicherstellung einer hochwertigen Kindergarteninfrastruktur sieht der pfv grundsätzlich folgende
Handlungsschwerpunkte auf politischer Ebene:

  • Erforderlich ist die Schaffung einer verfassungskonformen Lösung, damit sich der Bund angemessen und dauerhaft an den Kosten der Kindertagesbetreuung zur Unterstützung der Verantwortungsträger von Ländern und Kommunen beteiligen kann. Die punktuellen und befristeten  Finanzierungsbeteiligungen des Bundes (z.B. Sprachförderung oder Gutes KiTa Gesetz) tragen der Notwendigkeit einer stabilen Kindertagesstätten-Infrastruktur und deren langfristig gesicherter Finanzierung nicht ausreichend Rechnung.
  • Es bedarf einer gemeinsamen Finanzierungsverantwortung des Bundes und der Länder ähnlich der Regelungen für die Gemeinschaftsaufgabe regionale Wirtschaftsstruktur. Die Aufnahme der Kindertagesbetreuung als Gemeinschaftsaufgabe würde sehr gut zu der Einführung der Kinderrechte in das Grundgesetz passen.
  • Es soll eine bundesrechtliche Präzisierung erfolgen, was genau mit Förderung der Kinder als zentrales Ziel der Kindertagesbetreuung bestimmt ist. Unter Beibehaltung und Beachtung der im SGB VIII als Auftrag beschriebenen Trias der Erziehung, Bildung und Betreuung für die Arbeit in Kindertagesstätten sind in den letzten Jahren die fachlichen Grundlagen des Bildungsverständnisses präzisiert worden. Aktuelle Analysen dazu weisen auf die Verschmelzung der Begriffe hin und die damit verbundenen Schwachstellen – die sich in dem Begriff der „Notbetreuung“ in Zeiten der Pandemie eindrücklich gezeigt haben (Kaul/Cloos/Simon/Thole, 2023).

„Die Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen muss durch eine tragfähige und dauerhafte Grundlage für die  Infrastruktur und qualitative Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung gestärkt werden, daher sollte eine Lösung für die regelhafte Beteiligung des Bundes zur Sicherung des Modells des „kompetenten Systems“ an der Finanzierung der Kindertagesbetreuung erzielt werden“, so Bettina Stobbe, Vorstandsvorsitze des pfv.

Um einen fachlichen Impuls zu setzen und frühkindliche Bildung durch Schärfung des Bildungsbegriffs neu zu denken, hat der pfv eine Expertise in Auftrag gegeben und in diesen Tagen veröffentlicht. Die Expertise Rethinking frühkindliche „Erziehung, Bildung und Betreuung“. Fachwissenschaftliche und rechtliche Vermessungen zum Bildungsanspruch in der Kindertagesbetreuung ist hier abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung Pestalozzi-Fröbel-Verband e.V. vom 26.05.20203

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 28. Juni 2023

Veranstalter: BUNDESFORUM MÄNNER Interessenverband für Jungen, Männer & Väter e.V.

In unregelmäßigem Abstand kommen im Rahmen unseres digitalen Veranstaltungsformats „BFM Impulse“ Menschen zu Wort, die sich mit unterschiedlichen Aspekten einer gleichstellungsorientierten Männerpolitik beschäftigen – sei es als Autor:in, Journalist:in, Künstler:in oder Wissenschaftler:in.

Am 28. Juni 2023 stellt der Schweizer Psychologe und Männlichkeits-Experte Markus Theunert sein neues Buch „Jungs, wir schaffen das – Ein Kompass für Männer von heute“ vor. Darin rückt er die vernachlässigte Frage in den Mittelpunkt, welche Kompetenzen Männer brauchen, um fair und gern Mann zu sein. Dafür skizziert er Umrisse einer «nachhaltigen Männlichkeit». Im Anschluss gibt es Zeit für Fragen und Diskussionen.

Link zur Zoom-Anmeldung

Markus Theunert ist Psychologe sowie Gesamtleiter und Gründungspräsident von männer.ch, dem Dachverband progressiver Schweizer Männer- und Väterorganisationen. In dieser Funktion ist er auch Leiter des nationalen Programms MenCare Schweiz.

Eine Leseprobe und Bestellmöglichkeiten gibt es auf der Verlagsseite

Termin: 30. Juni 2023

Veranstalter: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Ort: Berlin

Noch nie waren so viele queere Menschen in einer Bundestagsfraktion vertreten wie in der jetzigen grünen Fraktion. Im Koalitionsvertrag haben wir wichtige Schritte zur Gleichstellung und Akzeptanz von LSBTIQ* vereinbart und vor allem im von der Bundesregierung beschlossenen Aktionsplan „Queer leben“ Ende letzten Jahres verankert. Jetzt sind wir an der Umsetzung. Diese möchten wir Euch/Ihnen bei unserem diesjährigen Regenbogenabend vorstellen.

Wir freuen uns sehr, Prof. Dr. Susanne Baer, Richterin des Bundesverfassungsgerichts a.D. als Gastrednerin dabei zu haben. Sie wird den Fokus auf die Grundrechte von LSBTIQ* legen, die im politischen Diskurs seitens reaktionärer Kräfte auf besorgniserregende Weise unter Druck geraten.

Außerdem wollen wir unsere Solidarität mit den Menschen in der Ukraine sowie den Geflüchteten zum Ausdruck bringen und mit der Einladung von Zi Fáamelu, einer ukrainischen trans* Künstlerin, besonders auf die Situation queerer Geflüchteter hinweisen.

Die Anmeldung zu der Veranstaltung ist bis zum 23.06.2023 möglich.

Mit dabei:

Britta Haßelmann MdB, Fraktionsvorsitzende | Lisa Paus MdB, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend | Ulle Schauws MdB, Sprecherin für Familie, Senior*innen, Frauen, Jugend und Queer | Prof. Dr. Susanne Baer, Richterin am Bundesverfassungsgericht a.D., | Tessa Ganserer MdB | Sven Lehmann MdB | Nyke Slawik MdB

Programm und Anmeldung finden Sie hier.

WEITERE INFORMATIONEN

Die Lebensentwürfe der Menschen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten vervielfältigt. Die Ampelkoalition hat sich vorgenommen, darauf zu reagieren und eine rechtliche Absicherung von Familien, die jenseits der bisherigen rechtlichen Norm leben, zu realisieren.

Dieses Policy Paper des Gunda-Werner-Instituts untersucht die angekündigten Neuerungen der sogenannten Mitmutterschaft, der Verantwortungsgemeinschaft und des Kleinen Sorgerechts. Es zeigt den rechtlichen Status quo und die geplanten rechtlichen Neuerungen auf und nimmt letztere aus geschlechtertheoretischer Perspektive kritisch in den Blick. Aus der Kritik werden einige konkrete politische Empfehlungen abgeleitet.

Das Papier kann hier kostenfrei heruntergeladen werden.

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 07/2023

AUS DEM ZFF

Heute findet die ZFF-Fachtagung statt mit dem Titel „Familie und Familienpolitik in Zeiten des Umbruchs! Wie muss eine zukunftsfähige Familienpolitik aufgestellt sein?“. Rund 80 Interessierte und Expert*innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis nehmen teil.

Die andauernden Umbrüche haben unsere Gesellschaft und ihre Familien fest im Griff. Die Corona-Krise und damit einhergehende Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie haben Kinder, Jugendliche und ihre Familien herausgefordert: Angesichts (teil-)geschlossener Bildungs- und Betreuungseinrichtungen stieg die Belastung familiär zu erbringender Sorgearbeit und zeitgleich sank das Wohlbefinden von Familienmitgliedern. Aber auch Einrichtungen der sozialen Infrastruktur wie Kitas, Schulen, Angebote ambulanter Pflegedienste oder Tageseinrichtungen kamen immer wieder an ihre organisatorischen und personellen Grenzen. Zusätzlich erleben wir eine Energie- und Wirtschaftskrise, – ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine – die viele Menschen, aber auch Einrichtungen der sozialen Infrastruktur um ihre Existenz bangen lässt.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), erklärt: „Durch die vielen Umbrüche und Krisen der letzten Jahre geht Familien die Puste aus! Daher brauchen sie gerade jetzt eine zukunftsfähige Politik, die sie anspricht und ihre Sorgen und Ängste ernst nimmt. Sie brauchen eine starke soziale Infrastruktur, die Eltern und Kinder gut bei ihren täglichen Herausforderungen unterstützen kann! Der beschlossene Ausbau der Ganztagesbetreuung für Grundschulkinder ist hier ein guter erster Schritt. Aber, viele Gesetzesvorhaben, die die Lage von Familien weiter verbessern und sie entlasten würden, lassen derzeit auf sich warten: angefangen von der Kindergrundsicherung über die Familienstartzeit bis hin zur Einführung einer Lohnersatzleistung für Pflegende Angehörige.“ 

Altenkamp ergänzt: „Es ist klar: ohne Familien geht es nicht und in die Verbesserung ihrer Lage muss angemessen investiert werden! Das ist nicht umsonst – in doppelter Hinsicht. Es gibt viele Möglichkeiten, die Staatskasse wieder zu füllen und Familien, Kinder und Jugendliche die Unterstützung zukommen zu lassen, die sie dringend benötigen! Daher freue ich mich auf unserer heutigen Tagung mit vielen Expert*innen nochmal genauer hinzuschauen und nach Gelingensbedingungen zu suchen, die für Familien essentiell sind, um gut durch weitere Krisen zu kommen. Gleichzeitig ist es wichtig zu erfahren, wo genau wir den Blick hinrichten müssen und für wen noch mehr Unterstützung notwendig ist! Es ist nun an der Zeit, eine zukunftsfähige Familienpolitik zu gestalten! Lassen Sie uns das gemeinsam angehen, denn nur gemeinsam sind wir stark! “

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 23.05.2023

Gemeinsam mit dem Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG setzt sich das ZFF seit 2009 dafür ein, dass Kinderarmut wirksam bekämpft wird. Das Bündnis aus inzwischen 20 Verbänden und 13 unterstützenden Wissenschaftler*innen fordert dafür die Einführung einer echten Kindergrundsicherung, die ihren Namen verdient. Hierfür sollen große Teile der bisherigen staatlichen Leistungen für Kinder sowohl gebündelt und automatisiert als auch auf ein armutsverhinderndes Niveau erhöht werden. Mit dieser echten Kindergrundsicherung sollen alle Kinder in Deutschland so finanziell ausreichend abgesichert werden, dass sie unabhängig von ihrem Elternhaus echte Teilhabechancen erhalten.

Die Verhandlungen der Bundesregierung zur Einführung einer Kindergrundsicherung sind derzeit umfangreich Gegenstand der öffentlichen Debatten. Das Bündnis nimmt dabei mit Sorge zur Kenntnis, dass immer wieder Mythen und Vorurteile zur Kindergrundsicherung und Armutsbetroffenheit kursieren. Diese möchte das Bündnis mit folgender Zusammenstellung ein für alle Mal abräumen: https://kinderarmut-hat-folgen.de/Mythen-zur-Kindergrundsicherung

Hierzu erklärt Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF): „Vielen Kindern und Familien könnte es mit der Einführung einer Kindergrundsicherung deutlich besser gehen, denn derzeit wird das Kindergeld auf SGB II Leistungen angerechnet. Sie haben daher rein gar nichts von einer Erhöhung dieser Leistung. Unser Sozialstaat unternimmt nicht genügend gegen Kinderarmut, sondern nimmt in Kauf, dass es immer mehr Kinder gibt, die in Armut aufwachsen. Wir müssen das Projekt Kindergrundsicherung jetzt gemeinsam in die Hand nehmen und für eine bessere Zukunft für die Kinder und Jugendlichen in unserem Land eintreten.“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 22.05.2023

Die 26 Mitgliedsorganisationen begrüßen das vom BMFSFJ konkretisierte Vorhaben der Bundesregierung, Väter bzw. zweite Elternteile nach der Geburt eines Kindes zehn Tage bezahlt freizustellen, und drängen auf einen zügigen Gesetzgebungsprozess. Sie fordern zudem, die Ausweitung der nicht übertragbaren Elterngeldmonate ebenfalls jetzt zeitnah umzusetzen. Für fair geteilte Sorgearbeit von Anfang an!

„Die geplante Familienstartzeit ist wichtig für die faire Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit von Anfang an. Mit der Geburt eines Kindes werden in Partnerschaften entscheidende Weichen gestellt. Die Freistellung für Väter bzw. zweite Elternteile muss jetzt zügig umgesetzt werden, damit sie ab 2024 gelebte Realität werden kann!“, fordern die Mitglieder im Bündnis Sorgearbeit fair teilen. Um die gerechte Verteilung von Sorgearbeit rund um die Familiengründung zu fördern, setzt sich das Bündnis zusätzlich für die Ausweitung der nicht übertragbaren Elterngeldmonate ein, die ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Mit beiden Maßnahmen werden Anreize für Männer gesetzt, vermehrt Sorgearbeit zu übernehmen, und Frauen in ihrer Erwerbstätigkeit gestärkt.

Knapp die Hälfte der Eltern (46 Prozent) wünscht sich laut kürzlich veröffentlichtem Familienbarometer eine partnerschaftliche Aufteilung von Kinderbetreuung, Haushalt und Erwerbstätigkeit. „Die Politik ist gefordert, den Wünschen nach einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung Rechnung zu tragen“, unterstreichen die Bündnismitglieder.

Die Zeit der Familiengründung ist der Abschnitt im Lebenslauf, an dem sich die Erwerbsbiografien von Frauen und Männern noch zu oft auseinanderentwickeln und sich die Sorgelücke vergrößert. Die Aufteilung geht bislang in der Regel zu Lasten der Erwerbstätigkeit von Frauen, was sich nachteilig auf ihre eigenständige ökonomische Absicherung über den Lebensverlauf auswirkt.

Vollständige Positionierunghttps://www.sorgearbeit-fair-teilen.de/wp-content/uploads/2023/04/BSFT-Position-Fuer-fair-geteilte-Sorgearbeit-von-Anfang-an.pdf

Das Bündnis

Das zivilgesellschaftliche Bündnis Sorgearbeit fair teilen setzt sich für die geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit im Lebensverlauf ein. Seine 26 Mitgliedsverbände haben sich zum Ziel gesetzt, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft für den Gender Care Gap und seine Auswirkungen zu sensibilisieren und sich für die Schließung der Sorgelücke einzusetzen.

Quelle: Pressemitteilung Bündnis Sorgearbeit fair teilen vom 02.05.2023

SCHWERPUNKT I: Internationaler Tag der Familie

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages teilt mit:

Der Internationale Tag der Familie wird jährlich am 15. Mai begangen. Dieser Aktionstag wurde von den Vereinten Nationen mit einer Resolution im Jahr 1993 eingeführt und im Jahr 1994 erstmalig gefeiert. In diesem Jahr steht unter dem Motto „Families and Demographic Change“ der demografische Wandel im Fokus.

Der demografische Wandel ist einer der wichtigsten Megatrends, der weltweit Auswirkungen auf das Leben und Wohlergehen von Familien hat. Überall sind Familien betroffen von seinen vielfältigen Auswirkungen. Auch in Deutschland ist der demografische Wandel längst angekommen. Die Zahl der jüngeren Menschen sinkt, während gleichzeitig immer mehr Menschen immer älter werden. Das bringt für den Zusammenhalt zwischen den Generationen besondere Herausforderungen mit sich. 

Der Vorsitzende der Kinderkommission, Paul Lehrieder, MdB, erklärt hierzu: „Familien sind der Kern unserer Gesellschaft, weil in ihnen Menschen dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen. Politik und Gesellschaft haben die Aufgabe, Familien in all ihrer Vielfalt und ihren unterschiedlichen Ausprägungen unterstützen und Kindern ein gutes Aufwachsen ermöglichen. Dazu gehört, nicht zu verkennen, wie viel mehr Verantwortung die jetzt noch jungen Generationen zukünftig für immer mehr ältere Menschen wird übernehmen müssen. Um unsere Kinder und unsere Gesellschaft für diese Aufgabe zu wappnen, ist es an uns, dafür zu sorgen, dass unsere Politik familienorientiert ist und den Menschen in Deutschland die Werkzeuge in die Hand gibt, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 15.05.2023

„Der Familiennachzug nach Deutschland muss vereinfacht und beschleunigt werden! Jährlich stehen zehntausende Familien vor den hohen Hürden des deutschen Aufenthaltsrechts. Das Menschenrecht auf Familienleben gilt für sie in der Praxis häufig nicht. Ein großes Hindernis ist für Viele der Deutsch-Sprachnachweis, der beim Ehegattennachzug vor der Einreise verlangt wird. Allein letztes Jahr scheiterten rund 14.000 Familien an dieser Hürde, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf meine Anfrage hervorgeht. Es ist unerträglich, dass die Ampel-Koalition diese gesetzliche Schikane bislang nur beim Nachzug zu Fachkräften beseitigt hat. Das Recht auf Familie ist ein Menschenrecht und kein Privileg für Menschen, die beruflich besser qualifiziert sind“, erklärt Gökay Akbulut, migrations- und familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag zum Internationalen Tag der Familie und den hohen Hürden beim Familiennachzug nach Deutschland. Akbulut weiter:

„DIE LINKE hatte bereits im letzten Jahr einen Gesetzentwurf vorgelegt (BT-Drs. 20/1850), damit Deutschkenntnisse nicht schon vor der Einreise nach Deutschland nachgewiesen werden müssen. So ist es auch im Koalitionsvertrag der Ampel vereinbart. Trotzdem haben die Ampelfraktionen den Gesetzentwurf abgelehnt. Jetzt ist es höchste Zeit für eine entsprechende Gesetzesänderung, um tausenden Familien unnötiges Leid zu ersparen.

Eine weitere Hürde beim Familiennachzug ist, dass in der Regel ausreichendes Einkommen und Wohnraum nachgewiesen werden müssen. Das ist angesichts des Wohnungsmangels und bei niedrigen Löhnen für viele Menschen sehr schwierig.

Unerträglich ist zudem die Wartezeit auf einen Termin bei einer deutschen Auslandsvertretung, um ein Visum beantragen zu können. Das Auswärtige Amt lässt Familienangehörige in einigen Ländern über ein Jahr warten, in der Türkei dauert es über ein halbes Jahr, wie die Antwort der Bundesregierung auf eine weitere Anfrage von zeigt. Hinzu kommt noch die Zeit der Bearbeitung der Visumsanträge. Diese extrem langen Wartezeiten sind nicht hinnehmbar. Das Auswärtige Amt muss die Visaverfahren gerade beim grundrechtsrelevanten Familiennachzug beschleunigen – nicht nur für Fachkräfte.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 15.05.2023

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf), begrüßt, dass sich so viele Verbände gemeinsam für die Qualität von Ganztagsangeboten einsetzen.

Anlässlich des „Internationalen Tags der Familie“ betont Svenja Kraus, Bundesgeschäftsführerin der eaf: „Kinder brauchen unsere geballte Unterstützung. Für uns als Familienverband stehen sie im Fokus. Gemeinsam mit unserem Forum Familienbildung setzen wir uns für eine gute Ausstattung von Ganztagsangeboten ein. Dabei sehen wir vor allem einen hohen Bedarf, multiprofessionelle Teams mit mehr finanziellen und zeitlichen Ressourcen auszustatten und so Kooperationen auch mit außerschulischen Lernorten, wie z.B. der Familienbildung, zu ermöglichen. Denn nur mit einem umfassenden Bildungsbegriff, der sozialräumliche Arbeit in die Gestaltung der Lebenswege der Kinder miteinbezieht, wird das Kind als Ganzes gesehen und kann sich individuell entfalten. Das ist uns wichtig!“

Zum Aufruf der Verbände: „Aufruf für eine qualitativ hochwertige Umsetzung des Ganztags­fördergesetzes“.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V.
eaf vom 15.05.2023

SCHWERPUNKT II: Flüchtlingsgipfel

Zum morgigen Flüchtlingsgipfel im Bundeskanzleramt kritisiert die AWO die mangelnde Bereitschaft des Bundes, sich stärker an den Kosten für die Flüchtlingshilfe zu beteiligen. Wegen der Kostensteigerungen der zurückliegenden Monate drohe vielen Angeboten der Flüchtlingssozialarbeit das Aus.   

„Die Haltung der Bundesregierung ist für uns schlichtweg unverständlich, erklärt dazu Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt, “Die Migrationsfachberatungen sind wichtige Anlaufstellen für die Menschen, die nach Deutschland kommen. Angesichts von demografischem Wandel und Arbeitskräftemangel ist es eine sprichwörtliche Milchmädchenrechnung, an den Hilfen für diese Menschen zu sparen.”  

Beim Flüchtlingsgipfel im Bundeskanzleramt am 10. Mai wird erneut vor allem über die Unterbringung Geflüchteter in den Kommunen und die damit verbundenen finanziellen Forderungen verhandelt. Während die AWO eine verlässliche und ausreichende Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung ausdrücklich unterstützt, greift der Fokus der Verhandlungen aus Sicht des Verbandes zu kurz   

„Ein modernes Einwanderungsland muss nicht nur kurzfristig in Unterbringung investieren, sondern langfristig Ressourcen zur Verfügung stellen. Nur so können ankommende Menschen auf eigenen Beinen stehen, sich ein neues Leben aufbauen und einen Beitrag zu unserer Gesellschaft leisten”, so Sonnenholzner, “Menschenwürdige Unterbringung und Versorgung sollten selbstverständlich sein. Damit Ankommen und Teilhabe gelingen, braucht es aber mehr als ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen. Inflation und zu Recht steigende Löhne setzen Migrationsfachdienste finanziell unter Druck, viele Träger können die nötigen Eigenmittel nicht oder kaum noch aufbringen. Die AWO Migrationsberatung in Aschaffenburg beispielsweise musste bereits schließen, bundesweit stehen mehrere Migrationsberatungsstellen vor einer ungewissen Zukunft. Sollte eine Schließungswelle bevorstehen, stünden die Ratsuchenden vielerorts ohne eine lebenswichtige Unterstützung da, die sie brauchen, um in Deutschland zurechtzukommen.”  

Kathrin Sonnenholzner abschließend: „Der mögliche Verlust dieser lebenswichtigen Dienste ist nicht nur ein Schlag für alle, die auf sie angewiesen sind, sondern auch ein Rückschlag für Deutschlands Bemühungen, Zuwander*innen schnell Teil der Gesellschaft werden zu lassen. Die Regierung muss der Finanzierung von Migrationsberatungsdiensten eine hohe Priorität einräumen.”  

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 09.05.2023

Gemeinsamer Appell von über 50 Organisationen an die Bundesregierung

„In den Diskussionen über die Reform des EU-Asylrechts wird über das verhandelt, was eigentlich indiskutabel ist: das Versprechen, dass Menschen auf der Flucht, sobald sie Boden in der EU betreten, dort auch Schutz finden müssen. Wir sehen mit zunehmender Sorge, dass viele bereit sind, dieses grundlegende Prinzip aufzuweichen,“ so Steffen Feldmann, Vorstand des Deutschen Caritasverbandes für Internationales, anlässlich der Veröffentlichung eines Appells von über 50 Organisationen an die Bundesregierung.

Die Caritas und die anderen Unterzeichnenden fordern die Bundesregierung auf, in den Verhandlungen keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes einzugehen. Die Ende April veröffentlichte deutsche Verhandlungsposition signalisiert eine besorgniserregende Bereitschaft, den Weg der schleichenden Entwertung von Grund- und Menschenrechten mitzugehen. „Die aktuellen Reformvorschläge rütteln nicht nur an den Grundfesten des Rechtsstaates, sondern werden auch bereits existierende Probleme des europäischen Asylsystems noch verschärfen,“ so der Appell.

Das dysfunktionale EU-Asylsystem nach dem Dublin-Prinzip, bei dem überwiegend die Staaten an den EU-Außengrenzen für die Durchführung von Asylverfahren zuständig und damit überlastet sind, muss nicht noch einmal neu aufgelegt, sondern aufgegeben werden, so der Appell. Dieses System führt jetzt schon dazu, dass Tausende Menschen in unwürdigen Bedingungen in Lagern ohne Perspektive ausharren, etwa auf den griechischen Inseln.

„Das Leitmotiv für politische Entscheidungen muss immer der menschenwürdige Umgang mit Schutzsuchenden sein“, betont Feldmann. „Ein gemeinsames Asylsystem kann nur dann funktionieren, wenn es den desolaten Zuständen an den EU-Außengrenzen ein Ende setzt.“

Vorschlag für einen solidarischen Verteilungsmechanismus

„Wir brauchen einen wirklich solidarischen Mechanismus, in dem sich widerspiegelt, dass die EU hier eine gemeinschaftliche Verantwortung trägt “ so Steffen Feldmann. Eine solche Regelung muss sowohl den unterschiedlichen Auffassungen der EU-Mitgliedstaaten aber auch den Bedürfnissen und Interessen der Schutzsuchenden gleichermaßen gerecht werden.

Die Caritas, das Kommissariat der Deutschen Bischöfe – katholisches Büro und der Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland haben hierzu einen konkreten Vorschlag erarbeitet. Dieser sieht vor, dass jeder Mitgliedstaat jedes Jahr der EU-Kommission mitteilt, wie viele Schutzsuchende er bereit und in der Lage ist aufzunehmen. Gleichzeitig gesteht er den Asylsuchenden eine aktive Rolle zu, indem durch eine Ausweitung der Kriterien persönliche Verbindungen zu einem Mitgliedstaat der EU – über die Präsenz von Verwandten in einem bestimmten Land hinaus – im Asylverfahren stärker gewichtet werden als bisher.

Um Mitgliedstaaten mit hohen Aufnahmekapazitäten zu unterstützen und um Anreize für diejenigen Mitgliedstaaten zu schaffen, die geringe Aufnahmekapazitäten melden, wird im EU-Haushalt ein Fonds eingerichtet, in den alle Mitgliedstaaten gemessen an ihrem Bruttoinlandsprodukt einzahlen und aus dem die Mitgliedstaaten entsprechend ihrer gemeldeten Aufnahmekapazitäten Zahlungen erhalten, um ihre Kosten auszugleichen und Maßnahmen zu finanzieren, die den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken.

Hier finden Sie den heute veröffentlichten Appell an die Bundesregierung zu ihrer Position zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems „Keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes“. Unterzeichnende des Appells sind neben der Caritas bspw. auch ProAsyl, Amnesty International, Diakonie, AWO, Der Paritätische, JRS, MSF und andere.

Hier geht es zu den gemeinsamen Vorschlägen des Deutschen Caritasverbands, des Kommissariats der deutschen Bischöfe – katholisches Büro Berlin und dem Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland für ein praktikables gemeinsames europäisches Asylsystem.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 17.05.2023

Bundeskanzler Olaf Scholz trifft sich am heutigen Mittwoch mit den Regierungschefinnen und -chefs der Bundesländer, um über die Aufgaben- und Lastenteilung bei der Versorgung von Flüchtlingen zu beraten.

Dazu erklärt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: „In der gesamten Debatte sollte das Prinzip Fairness nicht nur das Reden, sondern auch das Handeln von allen Beteiligten bestimmen. Fairness bei einer gerechten Lastenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen.  Erst recht aber brauchen Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Unterdrückung zu uns fliehen, Sicherheit und eine faire Chance, sich zu integrieren. Das bedeutet, von Anfang an gute Bedingungen zu schaffen, damit dies gelingt. Dies ist auch eine Frage der Fairness gegenüber allen, die bereits hier leben und ihre neuen Nachbarinnen und Nachbarn integriert wissen wollen. Darüber hinaus: Wir können auf Zuwanderung nicht verzichten. Deshalb sind faire und schnellere Verfahren für eine reguläre Zuwanderung wichtig. Denn wer hier arbeitet, der zahlt in die Sozialsysteme ein und leistet damit einen Beitrag für die Gesellschaft. Dafür brauchen wir mehr Flexibilität und weniger Bürokratie. Leider geht viel Zeit durch langwierige Asylverfahren verloren, die eine schnelle Integration hemmen und nicht fördern.

Dass geflüchtete Menschen aus der Ukraine direkt einen Aufenthaltstitel erhalten haben, war ein riesiger Vorteil. Diese faire Chance sollten wir auch für Menschen aus anderen Kriegs- und Krisengebieten mit hoher Schutzquote schaffen, um auf das jeweils individuelle Asylverfahren verzichten zu können. Dabei sollte vor allem ein schneller und unbürokratischer Zugang zum Arbeitsmarkt im Zentrum aller Bemühungen stehen.Bei der Schaffung von fairen Verfahren und Chancen haben Bund und Länder jahrelang zu wenig getan. Wenn Wohnraum, Kitaplätze und Beratungsangebote fehlen, steht das einer erfolgreichen Migrationspolitik entgegen. Geflüchtete haben den Mangel in vielen Bereichen nicht verursacht, der sich seit Jahren angekündigt hat. 

Mit dem falschen Rezept, durch mehr Haft und Abschiebungen Entlastung zu schaffen, ist die GroKo bereits gescheitert. Nun greift die Ampel in die Mottenkiste von praktisch nutzlosen und rechtsstaatlich bedenklichen Rechtseinschränkungen. Fair wären rechtsstaatlich einwandfreie und zügige Verfahren, um zeitnah zu klären, wer bleiben kann und wer nicht. Und gleichzeitig für Integrationsmöglichkeiten zu sorgen, die Zuwanderung für alle zu einem Gewinn macht.“

Weitere Informationen:

https://www.diakonie.de/gemeinsam-helfen-hilfe-fuer-fluechtlinge

https://www.diakonie.de/arbeitsmigration-und-pflege

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 10.05.2023

Anlässlich des morgigen Flüchtlingsgipfels warnt der Paritätische Gesamtverband davor, dass die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern auf dem Rücken der schutzsuchenden Menschen auf der Flucht ausgetragen werden könnten.

Der Wohlfahrtsverband fürchtet, dass im Streit zwischen den Verhandlungspartnern die Humanität und die Menschenrechte Strecke bleiben könnten und keine Politik im Sinne der Geflüchteten gemacht würde.

“Abschottung und Abschiebung dürfen nicht die Haupttreiber von Migrations- und Flüchtlingspolitik sein”, mahnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Der Paritätische beobachtet mit Sorge, dass immer mehr fragwürdige Pläne seitens Bund und Ländern zur Flüchtlingspolitik gemacht werden. “In ihrem Koalitionsvertrag kündigt die Ampel an, dass sie das Leid an den Außengrenzen verhindern möchte.Nun schlägt die Innenministerin ganz andere Töne an und fordert Asylverfahren an den Außengrenzen”, so Schneider weiter.

Rechtsstaatliche Garantien müssten dringend erhalten bleiben, fordert der Wohlfahrtsverband. “Nachdem das Abschiebehaftrecht schon über acht Jahre lang massiv verschärft wurde, gehen die neuen Pläne sogar noch darüber hinaus und sehen die Möglichkeit einer Inhaftierung von Schutzsuchenden selbst während des Asylverfahrens vor”, stellt Ulrich Schneider fest. Die Härte der Maßnahmen seien ungerechtfertigt.

Wie es besser laufen konnte, zeigt die erfolgreiche Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine, die schnellen Zugang zu Wohnraum, regulären Sozialleistungen, Sprachkursen und Lohnarbeit bekommen haben. Diese Standards sollten für alle Geflüchteten gelten.

Der Paritätische fordert einen echten Spurwechsel für abgelehnte Asylbewerber*innen in einen Aufenthalt zur Erwerbstätigkeit. Der Verband erwartet vom Flüchtlingsgipfel ein starkes Signal für faire Asylverfahren in der EU und in Deutschland sowie die Aufhebung der Verpflichtung der Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen. Außerdem fordert der Paritätische die Integration und den  Zugang zum Arbeitsmarkt von Anfang an, unabhängig von der Herkunft, den Ausbau der Beratung sowie Erstorientierungs- und Integrationskurse und nachhaltige, gut finanzierte Strukturen für Aufnahme, Versorgung und Integration von Geflüchteten.

Bitte beachten Sie dazu auch unsere Fachinformation mit einer ausführlichen Bewertung!

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 09.05.2023

SCHWERPUNKT III: Pflegepolitik

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der hochschulischen Pflegeausbildung und zu Erleichterungen bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse in der Pflege beschlossen. Danach sollen Studierende in der Pflege zukünftig für die gesamte Dauer ihres Studiums eine angemessene Vergütung erhalten. Zudem werden Anerkennungsverfahren für ausländische Pflegefachkräfte vereinheitlicht und vereinfacht.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „An der Hochschule ausgebildetes Pflegefachpersonal stärkt die Qualität in der Pflege. Allerdings nehmen derzeit nur wenige Studierende ein Pflegestudium auf, jeder zweite Studienplatz bleibt unbesetzt. Mit dem Pflegestudiumstärkungsgesetz wollen wir das ändern. Wir machen das Pflegestudium attraktiver, denn die Studierenden sollen zukünftig für die gesamte Dauer des Studiums eine Vergütung erhalten. Zudem profitieren die Ausbildungseinrichtungen: Auch ihre Kosten werden – wie bei der beruflichen Ausbildung – über Ausbildungsfonds zurückerstattet. So fördern wir die Bereitschaft der Einrichtungen, mehr Studierende auszubilden.“

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: „Um mehr junge Menschen wieder für den Pflegeberuf zu begeistern, brauchen diese nicht nur gute Arbeits- sondern auch gute Ausbildungsbedingungen. Die hochschulische Pflegeausbildung spielt eine wichtige Rolle für die Weiterentwicklung und Aufwertung der Pflegeberufe. Studierende sollten aber auch den finanziellen Freiraum haben, um sich ganz auf das Studium konzentrieren zu können und nicht noch nebenbei arbeiten zu müssen. Daher sollen die Studierenden in der Pflege für die gesamte Dauer ihres Studiums eine angemessene Vergütung erhalten.“

Der Entwurf sieht im Einzelnen folgende Regelungen vor:

  • Studierende in der Pflege erhalten für die gesamte Dauer ihres Studiums eine angemessene Vergütung. Mit Übergangsvorschriften soll zugleich sichergestellt werden, dass diejenigen, die auf Grundlage der bisherigen Regelungen eine hochschulische Pflegeausbildung begonnen haben, für die verbleibende Studienzeit ebenfalls eine Ausbildungsvergütung erhalten, ohne dass ihr Studium neu organisiert werden muss.
  • Die Finanzierung des praktischen Teils der hochschulischen Pflegeausbildung soll in das bestehende Finanzierungssystem der beruflichen Pflegeausbildung integriert werden. Dabei wird die hochschulische Pflegeausbildung als duales Studium ausgestaltet und künftig auch ein Ausbildungsvertrag vorgesehen.
  • Digitalisierung, gendermedizinische Aspekte und die Möglichkeit von Auslandsaufenthalten sollen in der Pflegeausbildung stärker berücksichtigt werden.
  • Anerkennungsverfahren für ausländische Pflegefachkräfte werden vereinheitlicht und vereinfacht, insbesondere durch bundesrechtliche Regelung des Umfangs und der erforderlichen Form der vorzulegenden Unterlagen. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, auf eine umfassende Gleichwertigkeitsprüfung, zugunsten einer Kenntnisprüfung oder eines Anpassungslehrgangs, zu verzichten.
  • Daneben werden die rechtlichen Rahmenbedingungen der beruflichen Pflegeausbildung weiter verbessert und an aktuelle Entwicklungen, z.B. im Bereich der Digitalisierung, angepasst.
  • Neben den bisherigen Berufsbezeichnungen „Pflegefachfrau“ bzw. „Pflegefachmann“ kann zukünftig eine geschlechtsneutrale Berufsbezeichnung „Pflegefachperson“ gewählt werden. Dies gilt entsprechend für Personen, die bereits über eine Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung verfügen.

Weitere Informationen finden Sie unter:

https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/gesetze/pflegestudiumstaerkungsgesetz-pflstudstg–223650

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 24.05.2023

Auszeichnung würdigt Leistungen der ersten Absolvent*innen der generalistischen Pflegeausbildung

Bundesministerin Lisa Paus startet heute anlässlich des „Internationalen Tags der Pflegenden“ den Pflegeausbildungspreis 2023 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Mit der Auszeichnung werden die Leistungen der Absolventinnen und Absolventen des ersten Jahrgangs der neuen generalistischen Pflegeausbildung gewürdigt.

Bundesministerin Lisa Paus: „Gute Pflege braucht Pflegeprofis. Mit dem Pflegeberufegesetz haben wir die Ausbildung zur Pflegefachkraft moderner und attraktiver gemacht. Die umfassende Ausbildung befähigt dazu, Menschen jeden Alters und in allen Bereichen zu versorgen. Jetzt schließt der erste Jahrgang die neue Ausbildung ab. Die Leistung der Absolventinnen und Absolventen wollen wir mit dem Pflegeausbildungspreis würdigen. Damit zeigen wir: Pflege ist ein anspruchsvoller Beruf. Wer ihn ausübt, trägt jeden Tag zur Lebensqualität von Millionen Menschen bei, die Unterstützung brauchen.“

Der Pflegeausbildungspreis wird in zwei Kategorien vergeben: Eine Kategorie richtet sich an Absolventinnen und Absolventen mit sehr guten Ausbildungsleistungen. Die zweite Kategorie zeichnet engagierte Pflegeklassen aus. Die Preisträgerinnen und Preisträger erwarten attraktive Sach- und Geldpreise. Bewerbungsschluss ist der 12. August 2023.

Die neue Ausbildung nach dem Pflegeberufegesetz bietet Praxiseinsätze in unterschiedlichen Bereichen, vielfältige Karrierechancen und eine der höchsten Ausbildungsvergütungen in Deutschland.

Alle Informationen zum BMFSFJ Pflegeausbildungspreis 2023 sind unter www.pflegeausbildungspreis.de zu finden. Informationen zur Pflegeausbildung, zur Ausbildungsoffensive Pflege und zum Beratungsteam Pflegeausbildung gibt es unter www.pflegeausbildung.net

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12.05.2023

Am heutigen 12. Mai ist der Internationale Tag der Pflegenden. Dazu können Sie den Beauftragten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, Wilfried Oellers, gerne wie folgt zitieren:

„Pflegende Angehörige, in vielen Fällen Eltern von Kindern mit einer Behinderung, sind die leisen und stillen Helden des Alltags. Auch sie brauchen einmal eine Erholung. Ein gemeinsamer und flexibel einsetzbarer Jahresbetrag für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege würde ihnen solche Auszeiten ermöglichen. Doch 968 Euro mehr an Leistungen im Jahr sind der Ampel die Anerkennung des großen Einsatzes dieser Angehörigen offenbar nicht wert. Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz gehört hier dringend nachgebessert. Der heutige Internationale Tag der Pflegenden hilft der Ampel hoffentlich beim Umdenken.“

Hintergrund:

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (PUEG) befindet sich derzeit im parlamentarischen Verfahren. Der Referentenentwurf vom 24. Februar 2023 sah zunächst ab 2024 einen gemeinsamen Jahresbetrag in Höhe von 3.386 Euro vor, der flexibel für die bereits existierenden Leistungen der Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI) und der Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) einsetzbar sein sollte (Neuregelung in § 42a SGB XI). Im Regierungsentwurf, der bereits in erster Lesung vom Deutschen Bundestag beraten wurde, findet sich der gemeinsame Jahresbetrag hingegen nicht mehr. Mit ihm hätten für die Verhinderungspflege künftig 968 Euro mehr im Jahr zur Verfügung gestanden, wovon vor allem Eltern behinderter Kinder profitiert hätten. Der Anspruch auf Kurzzeitpflege wiederum nützt dieser Personengruppe wenig, da er eine stationäre Unterbringung und damit Trennung der Kinder von ihren Eltern voraussetzt.

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 12.05.2023

Gesetzentwurf der Ampel löst die Probleme nicht

Am morgigen Freitag findet der internationale Tag der Pflegenden statt. Dazu erklären der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Tino Sorge, und der zuständige Berichterstatter Erich Irlstorfer: 

Tino Sorge: „Die Pflege ist eine der größten Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft steht. Wir brauchen daher strukturelle Reformen, um den Pflegenden gute Arbeitsbedingungen und den zu Pflegenden eine gute Versorgung anbieten zu können.

Leider hat die Ampel mit dem Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz einen untauglichen Versuch unternommen, diese Herausforderungen zu bewältigen. Die Anhörung im Bundestag in dieser Woche hat die gewaltigen Defizite der Reform noch einmal deutlich gemacht. Eine nachhaltige Finanzierung wird es auch mit diesem Gesetz nicht geben.“

Erich Irlstorfer: „Viele Regelungen im Entwurf, etwa zur Leiharbeit, greifen zu kurz oder sind nicht umsetzbar. Gute Ansätze – wie die Einrichtung eines gemeinsamen Budgets für Kurzzeit- oder Verhinderungspflege – wurden im parlamentarischen Verfahren aus dem Entwurf genommen. Das heißt: Auch pflegende Angehörige finden bei der Ampel keine Berücksichtigung. 

Wir werden das weitere Verfahren nutzen, um aus der Opposition heraus unsere Verbesserungsvorschläge einzubringen. Die Anliegen der zu Pflegenden und ihrer Angehörigen sowie der Pflegerinnen und Pfleger werden wir dabei im Blick haben. Von der Bundesregierung und vor allem dem Bundeskanzler erwarten wir, dass sie die Pflege vorrangig behandeln – wie auch die Themen Inflation, Verteidigung, Energie und Klima.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 11.05.2023

„Our Nurses. Our Future.“ lautet das diesjährige Motto des Internationalen Tags der Pflege. Der AWO Bundesverband dankt allen professionell Pflegenden für ihren täglichen, ungebrochenen Einsatz für die hilfe- und pflegebedürftigen Menschen in unserer Gesellschaft. 

Die Erschöpfung aus den Pandemiejahren sitzt den Pflegenden noch in den Knochen. Manche mussten gehen, um sich selbst zu schützen. All diejenigen, die geblieben sind, tragen die doppelte Last – Our Nurses. Dabei rollt die Welle der Babyboomer-Generation gerade erst an. Sie wird uns in den nächsten Jahren in eine demografische Schieflage bringen – Our Future.  

Auch wenn bereits einiges auf den Weg gebracht wurde, um die Arbeitsbedingungen für professionell Pflegende zu verbessern, beispielsweise durch die verpflichtende regionalorientierte tarifliche Entlohnung oder die Einführung eines bundeseinheitlichen Personalbemessungsverfahrens, sind wir noch lange nicht am Ziel angekommen.

Das sogenannte „Holen aus dem Frei“ ist gängiger Alltag in der Pflege und bedeutet schlicht, dass professionell Pflegenden sichere Erholungsräume und Planbarkeit im Privaten nicht zugestanden werden. Derartige „Konzepte“ sind nicht länger tragbar. Es gilt diese beispielsweise durch sogenannte Springerpools aufzubrechen. Die Finanzierung wurde zumindest im aktuellen Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht, der Aus- und Aufbau muss jetzt in der Praxis vorangetrieben werden. Springerpools können die Grundlage sein, weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf anzugehen, wie etwa die 4-Tage-Woche oder die Zusicherung von zwei freien Wochenenden im Monat.   

Springerpools sollen aber vor allem auch die umstrittene Leiharbeit in der Pflege ablösen, welche schon zuvor, aber gerade noch einmal in den Pandemiejahren, einen enormen Aufschwung in der Pflege erfahren hat.  

„Die Begrenzung der Leiharbeit in der Pflege ist längst überfällig. Es ist ungerecht, dass Pflegende Seite an Seite zu ganz unterschiedlichen Bedingungen arbeiten. Leiharbeit schafft zwei Klassen von Pflegenden, konterkariert Beziehungspflege und Teambuilding und zermürbt so das Stammpersonal“, sagt Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt.   

Zwar gibt es auch zur Begrenzung von Leiharbeit in der Pflege aktuelle Vorhaben in der Gesetzgebung, allerdings kritisiert der AWO Bundesverband, dass diese an der falschen Stelle ansetzen: „Den Einrichtungen die Finanzierungsmöglichkeiten zu entziehen, kann in der aktuellen Situation zu Leistungseinschränkungen und Belegungsstopps führen. Zielführender wäre es, direkt bei den Leiharbeitsunternehmen anzusetzen – deren Preise, Gebühren und Einsatzzeiten zu begrenzen“, fordert Kathrin Sonnenholzner.  

Der Internationale Tag der Pflege am 12. Mai ist allen professionell Pflegenden weltweit gewidmet. Er wurde in den 1960er Jahren vom International Council of Nurses (ICN) eingeführt, einem Zusammenschluss von 130 Pflegeverbänden aus verschiedenen Nationen. Der 12. Mai ist der Geburtstag der britischen Krankenschwester Florence Nightingale. Sie gilt als Pionierin der modernen Pflege. 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 11.05.2023

Anlässlich der heutigen Anhörung des Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetzes (PUEG) im Bundestagsgesundheitsausschuss erneuert AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner die scharfe Kritik der Arbeiterwohlfahrt an dem Gesetzesentwurf:  

„Diese „Reform“ verdient den Namen nicht. Wir warnen seit Monaten davor, dass sie die Probleme der Pflege in Deutschland nicht einmal im Ansatz zu lösen vermag. Das Beharren auf unzureichenden Konzepten zeigt, was dieser Regierung Pflege wert ist: Mit diesem Gesetz lässt die Koalition pflegebedürftige Menschen und deren An- und Zugehörige genauso im Regen stehen wie die beruflich Pflegenden. Dringende Leistungsverbesserungen und -vereinfachungen bleiben aus oder wurden sogar seit dem Referentenentwurf zurückgenommen. Auch die drohende Zahlungsunfähigkeit der Pflegekassen wird nur verschoben statt grundsätzlich abgewendet, und die schon im Koalitionsvertrag vorgesehene Entlastung der Pflegekassen von versicherungsfremden Leistungen wie den Rentenversicherungsbeiträgen für pflegende Angehörige oder Pandemiekosten durch Steuermittel wird nicht umgesetzt. Der Gesetzesentwurf bleibt hinter den Vereinbarungen dieser Koalition zurück. Stattdessen werden einmal mehr die Versicherten durch höhere Beitragssätze belastet.“ 

Die Arbeiterwohlfahrt fordert daher Nachbesserungen: unter anderem die Entlastung der Pflegeversicherung von versicherungsfremden Leistungen, Deckelung der Eigenanteile der Pflegebedürftigen einschließlich der Herausnahme der Ausbildungskosten aus den Eigenanteilen, eine Verbesserung der Leistungen für Pflegebedürftige und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von beruflich Pflegenden, z. B. durch die Regulierung von Leiharbeit.  

Hintergrund 

In Deutschland gibt es rund fünf Millionen pflegebedürftige Menschen und 780.000 Beschäftigte in der Altenpflege. Im Pflegeheim liegt der durchschnittlich zu leistende Eigenanteil für Pflegebedürftige inzwischen bei fast 2.500 Euro im ersten Jahr, die Sozialhilfequote liegt bei einem Drittel. Für 2022 beträgt das Defizit der sozialen Pflegeversicherung 2,25 Mrd. Euro, für 2023 wird ein Defizit in Höhe von 3 Mrd. Euro erwartet. Der Finanzierungsbedarf allein für die kurzfristige Stabilisierung in 2023 beträgt mindestens 4,5 Mrd. Euro. 

Die AWO warnt seit Monaten vor den Folgen der unzulänglichen Reformpläne. Sie hat bereits im Februar 2023 die Resolution „Rettet die Pflege!“ verabschiedet. Mehr dazu unter: https://awo.org/pflegekassen-stehen-vor-der-zahlungsunfaehigkeit  

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 10.05.2023

Gemeinsamer Jahresbetrag für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege muss zurück ins Gesetz!

Anlässlich des morgigen „Internationalen Tags der Pflegenden“, an dem treffenderweise der Bundesrat erstmals über das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) berät, fordert der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen (bvkm), den Gemeinsamen Jahresbetrag für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege wieder in das Gesetz aufzunehmen. Hierdurch würde sich die Entlastung für pflegende Eltern von Kindern mit Behinderung deutlich verbessern.

„Pflegende Eltern sind oft am Limit“, macht Beate Bettenhausen, Vorsitzende des bvkm deutlich. „Die über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte erfolgende Pflege von Kindern mit Behinderung stellt eine kräftezehrende Dauerbelastung dar. Die Eltern brauchen deshalb dringend Auszeiten und Erholung von der Pflege, damit sie selbst gesund bleiben und weiterhin gut für sich und ihre Kinder sorgen können.“

Ein Hoffnungsschimmer für pflegende Eltern zeigte sich deshalb zu Beginn des Jahres: Im Referentenentwurf zum PUEG vom 24. Februar war ab 2024 ein Gemeinsamer Jahresbetrag für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege in Höhe von 3.386 Euro vorgesehen, der frei und flexibel einsetzbar sein sollte. Damit hätten für die besonders wichtige Entlastungsleistung der Verhinderungspflege künftig 968 Euro mehr im Jahr zur Verfügung gestanden. Im aktuellen Gesetzentwurf zum PUEG ist von diesem Gemeinsamen Jahresbetrag nicht mehr die Rede. Er wurde von der Bundesregierung kurzerhand wieder aus dem Gesetz gestrichen.

„Das ist eine ganz bittere Enttäuschung für mich und alle anderen pflegenden Eltern“, erklärt Beate Bettenhausen, die selbst Mutter eines jungen Mannes mit schwerer Behinderung ist. „Der Gemeinsame Jahresbetrag muss deshalb dringend zurück ins PUEG!“, fordert die Vorsitzende des bvkm und ruft pflegende Eltern dazu auf, sich für dieses Ziel gemeinsam bei den Abgeordneten des Deutschen Bundestages stark zu machen.

Hierfür hat der bvkm ein Musterschreiben vorbereitet, das pflegende Eltern ganz einfach auf der Webseite des bvkm herunterladen und per E-Mail an die Bundestagsabgeordneten ihres Wahlkreises versenden können. 

Zum Hintergrund:

Gemeinsamer Jahresbetrag: Der Referentenentwurf zum PUEG vom 24. Februar 2023 sah ab 2024 in einem neu einzuführenden § 42a SGB XI einen Gemeinsamen Jahresbetrag in Höhe von 3.386 Euro vor, der flexibel für Leistungen der Verhinderungspflege und der Kurzzeitpflege einsetzbar sein sollte. Damit hätten für die Verhinderungspflege künftig 968 Euro mehr im Jahr zur Verfügung gestanden. Mit den Leistungen der Verhinderungspflege können Pflegende die Betreuung ihrer Angehörigen während der Zeiten finanzieren, in denen sie selbst an der Pflege gehindert sind. Für Eltern behinderter Kinder, die häufig keine geeigneten Kurzzeitpflegeangebote für ihre Kinder finden, stellt sie die wichtigste Entlastungsmöglichkeit der Pflegekassen dar.

Gesetzentwurf zum PUEG: Im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum PUEG, über den der Bundesrat am 12. Mai 2023, dem „Internationalen Tag der Pflegenden“, erstmals berät, wurde der Gemeinsame Jahresbetrag wieder gestrichen. Die maßgeblichen Ausschüsse des Bundesrats haben sich im Vorfeld der Beratung für die Wiederaufnahme des Gemeinsamen Jahresbetrags in das PUEG ausgesprochen (vgl. BR-Drucksache 165/1/23).

Stellungnahme des bvkm: In seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf des PUEG vom 6. März 2023 hatte der bvkm die Einführung des Gemeinsamen Jahresbetrages für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege, die einer langjährigen Forderung des bvkm entspricht, nachdrücklich begrüßt.

Der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm) ist der größte Selbsthilfe- und Fachverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen und ihre Angehörigen in Deutschland. In über 280 Mitgliedsorganisationen sind 27.000 Familien organisiert. www.bvkm.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e. V. (bvkm) vom 11.05.2023

Bei der vorliegenden Pflegereformgesetzgebung haben Pflegebedürftige und ihre Angehörigen das Nachsehen – wieder einmal! Die Chance auf einen großen Schritt wird mit diesem Kompromissvorschlag verspielt, kommentiert der Deutsche Caritasverband das Gesetz zur Pflegereform, das am kommenden Freitag im Bundestag verabschiedet werden soll. „Wir erwarten, dass Minister Lauterbach das Kapitel „Pflegereform“ damit für diese Legislaturperiode nicht ad acta legt, sondern zeitnah die Themen aufgreift, die diesmal hinten runtergefallen sind“, unterstreicht Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa.

Dass es nun ein Entlastungsbudget gibt, das Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege vereint, ist zwar zu begrüßen, kommt jedoch zum 1. Juli 2025 viel zu spät und wird auch noch durch Kürzung bei der geplanten Dynamisierung der Pflegeleistungen finanziert. „Gut, dass wenigstens Familien mit Kindern mit Behinderungen bereits ab 2024 davon profitieren können“, kommentiert Welskop-Deffaa die Reform. Ein nachhaltig tragfähiges Pflegesystem aber sieht anders aus. Und die jetzt umgesetzten Vorhaben bleiben weit hinter den geplanten Änderungen im Koalitionsvertrag zurück.

Wenigstens sind Quartierspflege und neue Modelle in der Pflegereform aufgenommen

Erleichtert ist die Caritas, dass die Modellvorhaben zur Förderung der Quartierspflege in den Gesetzentwurf aufgenommen wurden, wenngleich auch mit einem im Vergleich zu früheren Planungen reduzierten Fördervolumen. „Pflege im Quartier ist das A und O, wenn wir erreichen wollen, dass pflegebedürftige Menschen zu Hause gut versorgt werden. Dafür müssen wir auch neue Modelle der Quartierspflege, wie zum Beispiel das holländische Buurtzorg, in Deutschland erproben können. Wichtig ist auch die Entwicklung neuer Wohnformen wie Altenwohnheime für Menschen mit geringem Pflegebedarf oder die Öffnung der Kurzzeitpflege für die ambulante Versorgung“, so Welskop-Deffaa.

Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf stärken

Positiv bewertet der Deutsche Caritasverband auch, dass die Förderung der Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf verlängert wird. „Wie groß der Bedarf ist, zeigt das Projekt der Pflegebevollmächtigten „Gute Arbeitsbedingungen in der Pflege“, für das jetzt die Mittel länger ausgeschöpft werden können. Gute Arbeitsbedingungen sind der Dreh- und Angelpunkt, um Pflegekräfte zu gewinnen und im Beruf zu halten“, unterstreicht Welskop-Deffaa.

Pflegereform lässt Regulierung der 24-Stunden-Pflege außen vor

Allerdings liefert der aktuelle Vorschlag für eine Pflegereform keine Antwort auf faire gesetzliche Rahmenbedingungen für die sogenannte „24-Stunden-Pflege“. Damit steht sie einer breitenwirksamen Umsetzung eines fairen Konzepts für Live-in-Care-Kräfte im Wege, Für die Caritas hat das bereits vor einigen Jahren der Diözesancaritasverband Paderborn entwickelt. Das Projekt „CariFair“ sichert den Pflege-Betreuerinnen (Live-in-Care-Kräften) faire Bezahlung, verlässliche Arbeitsbedingungen und praktische Unterstützung und für die Pflegebedürftigen und ihre Familien eine Begleitung, die die Qualität der Betreuung gewährleistet und bei steigendem Pflegebedarf die „24-Stunden-Pflege“ nicht alleine lässt.

Weiterführende Links

Pflegereform: Notwendige strukturelle Reformen bleiben aus (caritas.de)

Stärkung der hochschulische Pflegeausbildung und Erleichterung bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse in der Pflege (caritas.de)

Betreuung von Pflegebedürftigen im Privathaushalt („24-Stunden-Betreuung“) legal und gerecht gestalten (caritas.de)

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 24.05.2023

Mit Trillerpfeifen und Sprechchören haben rund 300 Pflegekräfte aus Berlin und Brandenburg sowie pflegende Angehörige lautstark auf die dramatische Situation in der Pflege aufmerksam gemacht. Unter dem Motto „Fünf nach Zwölf“ demonstrierten sie um 12:05 am Berliner Hauptbahnhof für eine bessere Pflege und gegen die aktuellen Vorschläge von Bundesgesundheitsminister Lauterbach zur geplanten Pflegereform. Zu der Kundgebung hatten die Diakonie Deutschland und der Deutsche Evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP) aufgerufen. Die Aktion mitten im politischen Berlin gehört zu einer bundesweiten Social Media-Kampagne für faire Bedingungen in der Pflege, bei der Hunderte diakonische Pflegeeinrichtungen und -dienste mit kreativen Live-Aktionen unter den Hashtags #5nach12 um 12:05 Uhr ihre Bilder, Kommentare, Videos posteten.

„Wer heute Mittag am Berliner Hauptbahnhof ankommt oder einsteigt, kommt an der Pflege nicht vorbei. Die Pflege selbst ist schon längst ein Pflegefall.  Leider nehmen viele Menschen in unserer Gesellschaft die Pflege erst wahr, wenn sie selbst oder Angehörige pflegebedürftig werden. Das wollen wir ändern. Wir brauchen dringend eine grundlegende Pflegereform, um in den nächsten Jahren eine würdevolle Pflege für alle Menschen zu sichern“, sagte Maria Loheide, Sozialpolitische Vorständin der Diakonie Deutschland bei der Kundgebung in Berlin.

Wilfried Wesemann, Vorstandsvorsitzender des DEVAP: „Heute sind wir laut und setzen uns gemeinsam mit vielen engagierten Pflegekräften in ganz Deutschland für eine bessere Pflege und gegen die aktuellen Vorschläge von Bundesgesundheitsminister Lauterbach zur geplanten Pflegereform ein. Knapp 1,3 Millionen Pflegekräfte waren in den herausfordernden Jahren der Corona-Pandemie in der Langzeitpflege beschäftigt und haben unter hohem persönlichem Einsatz die Pflegebedürftigen weiter versorgt und geschützt. Dafür sind wir dankbar. Doch es ist längt 5 nach 12: Wir brauchen dringend eine grundlegenden Struktur- und Finanzreform der Pflege, damit wir endlich vor die Krise kommen. Die aktuelle DEVAP-Umfrage hat die dramatische Situation bestätigt. Wir brauchen Mut auf allen Ebenen und müssen die Pflege gesamtgesellschaftlich in den Blick nehmen, damit dieser großartige Beruf weiterhin attraktiv bleibt.“

Andrea U. Asch, Vorständin der Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz: „Pflegekräfte und pflegende Angehörige fühlen sich von der Politik nicht gesehen. Sie leiden unter Belastungen, die sich seit Jahren angestaut haben. Ein gravierender Personalmangel in den Pflegeeinrichtungen, Tausende Pflegebedürftige, die auf Sozialhilfe angewiesen sind: Symptome für das Versagen der Politik, während die Pflegekassen in Berlin und Brandenburg die Krise aktiv verstärken. In den laufenden Verhandlungen über bessere finanzielle Bedingungen für die Pflegeeinrichtungen glänzen sie mit Untätigkeit und schieben Personalnot vor. Alle müssen jetzt verstehen: Wer die schwarze Null will, bekommt im Alter null Pflege.“

Pressefotos stehen am 12.05. ab 13 Uhr zur Verfügung: https://timflavor.lightfolio.com/gallery/devap2023

Weitere Informationen:

Umfrage von Diakonie und DEVAP: Vier von fünf Pflegeeinrichtungen müssen Angebote einschränken – 89 Prozent der Pflegedienste mussten bereits neue Pflegekunden ablehnen: https://www.diakonie.de/pressemeldungen/umfrage-von-diakonie-und-devap-vier-von-fuenf-pflegeeinrichtungen-muessen-angebote-einschraenken-89-prozent-der-pflegedienste-mussten-bereits-neue-pflegekunden-ablehnen

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 12.05.2023

eaf beurteilt Entlastung von Familien im PUEG als unzureichend

Der Entwurf des Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes (PUEG) der Bunderegierung bleibt leider hinter den Möglichkeiten zurück, die das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Familienentlastung in der Pflegeversicherung bietet.

„Eltern tragen durch die Erziehung von Kindern zur Stabilität des Pflegesystems bei, denn ihre Kinder zahlen zukünftig nicht nur Beiträge zur Pflegeversicherung, sondern sind auch – privat oder beruflich – die Pflegenden der Zukunft“, so Prof. Martin Bujard, Präsident der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie (eaf). „Die Pflegereformen sind notwendig, da die Relation von Beitragszahlenden und Empfängern sich aus demografischen Gründen erheblich verschlechtert. Wobei gerade kinderreiche Familien hier zu einer Reduzierung der Probleme beitragen.“ Aus diesem Grund ist die eaf der Ansicht, dass auch bei mehr als fünf Kindern jedes weitere Kind zu weiteren Beitragsentlastungen führen sollte.

Zudem begrenzt der Gesetzesentwurf die Beitragsentlastung pro Kind auf die aktive Er­ziehungsphase. Dies kritisiert Professor Martin Bujard: „Aus dem Gleichstellungsbericht wissen wir, dass die Folgen der Erwerbsreduktion zugunsten der Kindererziehung ein Leben lang nachwirken: Auch ein nur vorübergehender Ausstieg aus der Erwerbsarbeit oder eine länger andauernde Teilzeitbeschäftigung lassen sich im Verlauf der Erwerbsbiografie kaum mehr kompensieren und führen in der Regel zu einer geringeren Altersversorgung. Für die eaf ist deshalb klar: Die Beitragsabschläge pro Kind müssen lebenslang gewährt werden.“

Zur Stellungnahme

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. eaf vom 09.05.2023

Der Familienbund der Katholiken kritisiert die geplante Umsetzung der vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Entlastung von Familien bei den Pflegeversicherungsbeiträgen. Die Entlastung ist unausgewogen gestaffelt und zu niedrig. Als angemessene Berücksichtigung der Leistungen der Familien für die Pflegeversicherung befürwortet der Familienbund einen Kinderfreibetrag analog zum Steuerrecht. 

Anlässlich der heutigen Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages zum Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG)  kritisiert der Präsident des Familienbunds, Ulrich Hoffmann, das Regierungskonzept zur Entlastung von Familien: „Jedes Kind ist ein wichtiger Beitrag für die Zukunft der Pflegeversicherung. Daher leuchtet es nicht ein, warum die Entlastung pro Kind so unterschiedlich sein soll. Das erste Kind soll durch den Wegfall des Kinderlosenzuschlages zu einer lebenslangen Beitragsentlastung um 0,6 Prozentpunkte führen. Für die weiteren Kinder soll es nur noch eine bis zum 25. Lebensjahr begrenzte Entlastung um jeweils 0,25 Prozentpunkte geben. Und ab dem sechsten Kind soll es gar keine weitere Entlastung mehr geben. Hier gibt es eine Schlagseite zu Lasten von Mehrkindfamilien. Dabei sind gerade diese wichtig, damit die Pflegeversicherung auch in Zukunft funktioniert und finanzierbar bleibt. Es muss daher für alle Kinder eine angemessene Entlastung geben.“

Der Gesetzgeber ist durch die vom Familienbund der Katholiken und dem Deutschen Familienverband erstrittene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022 verpflichtet, Familien bei den Pflegeversicherungsbeiträgen differenziert nach der Kinderzahl zu entlasten. Mit dieser Entscheidung bestätigten die Karlsruher Richter ihre im Jahr 2001 getroffene Entscheidung, dass Familien mit der Kindererziehung einen „generativen Beitrag“ für die Pflegeversicherung erbringen und daher bei den Pflegeversicherungsbeiträgen entlastet werden müssen.

Nach Auffassung des Familienbundes sollte der Gesetzgeber den Kinderlosenzuschlag abschaffen und auf einen einheitlichen Pflegeversicherungsbeitrag mit Kinderfreibeträgen für Familien analog zum Steuerrecht umstellen. Ulrich Hoffman weist darauf hin, dass der Kinderlosenzuschlag verdecke, worum es bei der Anerkennung des generativen Beitrages von Familien eigentlich gehe: „Es geht nicht um die zusätzliche Belastung von Kinderlosen, sondern um die Entlastung von Familien, weil diese durch die Kindererziehung einen weiteren, kostenaufwendigen Beitrag für die Pflegeversicherung erbringen. Die Erziehung zukünftiger Beitragszahlender kommt allen Versicherten zugute.“

Ein Kinderfreibetrag in der Pflegeversicherung hätte gegenüber einer prozentualen Entlastung von Familien den Vorteil, dass er für alle Familien die gleiche Entlastungswirkung hätte. Familien hätten pro Kind monatlich rund 30 Euro (inklusive Arbeitgeberbeitrag) bzw. 16 Euro (nur Arbeitnehmerbeitrag) mehr zur Verfügung. Dagegen würden Familien mit einem durchschnittlichen Bruttojahreseinkommen der gesetzlichen Rentenversicherung (2022: 38.901 Euro) nach dem aktuellen Gesetzentwurf nur eine monatliche Entlastung in Höhe von jeweils 8 Euro für die Kinder zwei bis fünf erhalten. Ulrich Hoffmann fordert daher mindestens eine Anhebung dieser Entlastung: „Wenn der Gesetzgeber bei der prozentualen Entlastung bleiben möchte, muss die Entlastung pro Kind mindestens 0,5 Prozentpunkte betragen, um Mehrkindfamilien mit Durchschnittseinkommen angemessen zu unterstützen. Sie muss darüber hinaus für jedes Kind gezahlt werden – auch über das 5. Kind hinaus. Denn mit jedem Kind leisten Familien einen generativen Beitrag, der die Pflegeversicherung stützt und die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass später Angehörige statt der öffentlichen Hand den Großteil der Pflege übernehmen.“

Weitere Informationen:

Der Familienbund ist am 10. Mai 2023 als Sachverständiger zur Anhörung in den Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages eingeladen. Unsere aktuelle Stellungnahme zum Regierungsentwurf finden sie hier.

Eine Bewertung der geplanten Familienentlastung ist auch in unserer Verbandszeitschrift „Stimme der Familie“ (02/2023) erschienen (Stand: Referentenentwurf). Diese finden sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken, Bundesgeschäftsstelle vom 10.05.2023

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Staatssekretärin Gottstein stellt gleichstellungspolitische
Herausforderungen und Fortschritte vor CEDAW-Komitee vor

Die Staatsekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Margit Gottstein, präsentiert heute den 9. Staatenbericht zur Gleichstellungspolitik der Bundesrepublik Deutschland vor dem CEDAW-Komitee der Vereinten Nationen (VN) in Genf. Das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (UN Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women – CEDAW) wurde 1979 von den Vereinten Nationen verabschiedet. Mit dem Staatenbericht erfüllt Deutschland seine Verpflichtung aus dem Frauenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, regelmäßig über die Umsetzung von Frauenrechten zu berichten.

Staatssekretärin Margit Gottstein: „Wir haben das Jahrzehnt der Gleichstellung ausgerufen und wollen bis 2030 echte Fortschritte erreichen. Diese Bundesregierung ist die erste, die die Umsetzung der Frauenrechtskonvention in ihrem Koalitionsvertrag verankert hat. Wir bekennen uns damit ausdrücklich zu diesem wichtigen Abkommen. Auch große Herausforderungen wie die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, Klimawandel, Wirtschaftskrisen oder der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dürfen uns nicht davon abhalten, Gleichstellung aktiv zu verfolgen. Im Gegenteil: Auch und gerade in diesen Zeiten wollen wir Gleichstellung in allen Bereichen voranbringen. Wenn wir Toleranz leben und Stereotypen abbauen wollen, spielt Gleichstellung eine entscheidende Rolle. Gleichstellungspolitik muss daher intersektional ausgerichtet sein. Dazu bekennt sich die Bundesregierung.“

Vor dem Komitee hat die deutsche Delegation auch die Pläne der Bundesregierung zur Weiterentwicklung des Entgeltgleichheitsgesetzes sowie zur weiteren Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst vorgestellt. Weitere Themen waren die Maßnahmen zur partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit, die Berufung einer Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin zur Prüfung der Frage, inwieweit der Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafrechts geregelt werden kann, sowie das geplante Gesetz für Schutz und Beratung bei Gewalt, das einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung und den Ausbau und die Finanzierung von Schutzeinrichtungen und Fachberatungsstellen zum Ziel hat.

Der 9. Staatenbericht wurde dem CEDAW-Komitee im Juli 2021 vorgelegt und umfasst den Berichtszeitraum 2017 bis 2021. Er erläutert, welche Maßnahmen Bund und Länder in diesem Zeitraum zur Umsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern getroffen haben.

Alle Dokumente und Informationen zum Staatenberichtsverfahren einschließlich der Parallelberichte der Zivilgesellschaft finden Sie unter: 

https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/treatybodyexternal/TBSearch.aspx?Lang=en&TreatyID=3&CountryID=66

https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/treatybodyexternal/SessionDetails1.aspx?SessionID=2648&Lang=en

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 11.05.2023

Rund 1.000 Teilnehmende entwickeln Ideen für jugendgerechte Politik

Bundesjugendministerin Lisa Paus eröffnet heute die 4. JugendPolitikTage in Berlin. Unter dem Motto „Politik ohne Jugend ist wie Gegenwart ohne Zukunft“ werden rund 1.000 junge Menschen aus ganz Deutschland vier Tage lang Ideen für eine jugendgerechtere Politik entwickeln und mit Vertreter*innen der Bundesregierung und der Zivilgesellschaft diskutieren.

Bundesministerin Lisa Paus: „Ich schätze die JugendPolitikTage als einen Ort, an dem die Fragen dieser Zeit besprochen werden, an dem unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen, an dem auch gestritten wird. Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig miteinander im Gespräch zu sein, das hilft, die aktuellen Herausforderungen zu benennen und zu bewältigen. Mir ist wichtig, mich mit jungen Menschen auszutauschen. Besonders in den Zeiten der Pandemie hatten viele Kinder und Jugendliche das Gefühl, dass sie nicht gehört und ihre Bedürfnisse und Belange ignoriert werden. Das muss ein Ende haben. Um Kindern und Jugendlichen eine Stimme zu geben, habe ich auch das Bündnis für die junge Generation ins Leben gerufen. Die Bundesregierung hat außerdem das Wahlalter für die Europawahlen auf 16 Jahre gesenkt. Ich setze mich außerdem dafür ein, dass 16-Jährige künftig auch bei Bundestagswahlen abstimmen dürfen. Junge Menschen haben ein Recht darauf, nicht nur wahr- sondern ernstgenommen zu werden.“

Nach der Eröffnungsrede diskutiert Bundesministerin Paus mit Teilnehmenden, anschließend besucht sie mit Bundeskanzler Olaf Scholz das Jugendmedienzentrum und tauscht sich mit Jungjournalist*innen aus.

Die JugendPolitikTage bieten verschiedene Diskussionspanels und rund 40 Workshops mit Themen wie Frieden in Europa, psychische Gesundheit, Jugendbeteiligung, sexuelle Selbstbestimmung oder nachhaltige Klimapolitik. Die JugendPolitikTage finden alle zwei Jahre statt. Sie werden von der Jugendpresse Deutschland veranstaltet und durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Weitere Informationen unter https://jugendpolitiktage.de/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 11.05.2023

Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes veröffentlicht

Transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen sollen künftig die Möglichkeit haben, ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister und ihre Vornamen durch eine Erklärung beim Standesamt ändern zu lassen. Die Vorlage eines ärztlichen Attests oder die Einholung von Gutachten in einem Gerichtsverfahren sollen nicht länger erforderlich sein. Dies sieht der Entwurf für ein Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag vor, den das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium der Justiz (BMJ) heute veröffentlicht haben. Das Gesetz soll das Transsexuellengesetz von 1980 ablösen, das in wesentlichen Teilen verfassungswidrig ist.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus erklärt dazu: „Wir sind mit dem Selbstbestimmungsgesetz erneut einen großen Schritt vorangekommen – und damit auch beim Schutz vor Diskriminierung und den Rechten trans- und intergeschlechtlicher und nichtbinärer Menschen. Mit dem Selbstbestimmungsgesetz führen wir eine einfache und einheitliche Regelung für die Änderung des Geschlechtseintrages ein. So geben wir den Betroffenen einen Teil ihrer Würde zurück, die ihnen von Staats wegen jahrzehntelang vorenthalten wurde. Mit der nun eingeleiteten Verbändeanhörung ist die Möglichkeit gegeben, die Stellungnahmen aus der Community einzuholen.“

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu: „Das Selbstbestimmungsgesetz ist ein langgehegter Wunsch vieler – und ein Vorhaben ganz im Geist unserer Verfassung. Denn das Freiheitsversprechen des Grundgesetzes umfasst auch die geschlechtliche Selbstbestimmung. Wir ermöglichen nun, dass betroffene Menschen ihren Geschlechtseintrag beim Standesamt ändern lassen können, wenn dieser nicht ihrer Identität entspricht. Genau um diese Freiheit geht es uns: Trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Personen sollen nicht länger entwürdigende Verfahren durchlaufen müssen, wenn sie ihren Geschlechtseintrag ändern lassen wollen. Andere liberale Rechtsordnungen haben längst ähnliche Regelungen. Wenn wir hierzu aufschließen, dann ist das nur angemessen. Die überfällige Besserstellung von Personen, deren Geschlechtsidentität vom Geschlechtseintrag abweicht, geht nicht zu Lasten anderer Menschen. Der Entwurf wahrt Hausrecht und Privatautonomie – und lässt Raum für sachgerechte Differenzierungen. Ich bin überzeugt: Wir haben damit eine Lösung gefunden, die eine Chance hat auf breite gesellschaftliche Zustimmung. Transgeschlechtliche Menschen sind schon viel zu lange betroffen von Diskriminierung und würdeloser Behandlung – diesen Zustand werden wir endlich hinter uns lassen.“

Der Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz in Bezug auf den Geschlechtseintrag wurde von beiden Ministerien auf Grundlage des Eckpunktepapiers erarbeitet, das im Juni 2022 vorgelegt wurde. Der Gesetzentwurf bezieht sich auf die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen im Personenstandsregister. Er trifft keine Regelung zu geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen, es bleibt bei den einschlägigen medizinischen Regelungen und Leitlinien.

Die wesentlichen Regelungsinhalte des Gesetzentwurfs sind:

  • Änderung von Geschlechtseintrag und Vornamen durch „Erklärung mit Eigenversicherung“: Um eine Änderung ihres Geschlechtseintrags und ihres Vornamens im Personenstandsregister zu bewirken, sollen trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen künftig kein gerichtliches Verfahren mehr durchlaufen müssen. Auch die Einholung von Sachverständigengutachten soll keine Voraussetzung mehr für eine Änderung sein. Ausreichend hierfür soll vielmehr eine sogenannte „Erklärung mit Eigenversicherung“ gegenüber dem Standesamt sein. In der Erklärung hat die antragstellende Person zu versichern, dass die beantragte Änderung ihrer Geschlechtsidentität am besten entspricht und ihr die Tragweite der durch die Erklärung bewirkten Folgen bewusst ist.
  • Drei-Monats-Frist für die Wirksamkeit: Die Änderung des Geschlechtseintrags oder der Vornamen soll drei Monate nach der Erklärung gegenüber dem Standesamt wirksam werden.
  • Einjährige Sperrfrist für erneute Änderung: Für eine erneute Änderung soll eine Sperrfrist von einem Jahr nach Wirksamkeit der vorherigen Änderungserklärung gelten.
  • Für Minderjährige sollen folgende Regelungen gelten:
    • Für Minderjährige bis 14 Jahren geben die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung ab.
    • Minderjährige ab 14 Jahre sollen die Änderungserklärung selbst abgeben können. Deren Wirksamkeit soll allerdings die Zustimmung der Sorgeberechtigten voraussetzen. Die Zustimmung soll durch das Familiengericht ersetzt werden können. Maßstab dabei soll das Kindeswohl sein.
  • Eintragung als „Elternteil“ in der Geburtsurkunde: Personen, die ihren Geschlechtseintrag geändert haben, soll die Eintragung „Elternteil“ in der Geburtsurkunde ihrer Kinder ermöglicht werden.
  • Offenbarungsverbot: Um Personen vor einem Zwangsouting zu schützen, soll es – ähnlich wie im geltenden Recht – auch künftig verboten sein, frühere Geschlechtseinträge oder Vornamen auszuforschen und zu offenbaren. Wird eine betroffene Person durch die Offenbarung absichtlich geschädigt, so soll der Verstoß bußgeldbewehrt sein. Ein generelles Verbot des sogenannten „Misgenderns“ oder „Deadnamings“ ist im Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz nicht geregelt.
  • Hausrecht und Zugang zu geschützten Räumlichkeiten: Das Selbstbestimmungsgesetz lässt das private Hausrecht unberührt, wie der Gesetzestext klarstellt, ebenso das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Hinsichtlich des Zugangs zu geschützten Räumen wird sich durch das Selbstbestimmungsgesetz also nichts ändern. Was heute im Rechtsverkehr zulässig ist, das ist auch künftig zulässig, was heute verboten ist, bleibt verboten. Auch die Autonomie des Sports soll durch das Gesetz nicht angetastet werden.

Der Entwurf wurde heute an Länder und Verbände verschickt und auf der Internetseite beider Ministerien veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 30. Mai 2023 Stellung zu nehmen. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, werden die Stellungnahmen ebenfalls auf den Internetseiten von BMFSFJ und BMJ veröffentlicht.

Den Entwurf eines Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) finden Sie hier: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/gesetze/gesetz-ueber-die-selbstbestimmung-in-bezug-auf-den-geschlechtseintrag-sbgg–224546

Ein FAQ-Dokument finden Sie hier: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/gleichgeschlechtliche-lebensweisen-geschlechtsidentitaet/gesetz-ueber-die-selbstbestimmung-in-bezug-auf-den-geschlechtseintrag-sbgg–199332

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 09.05.2023

Zur heutigen Unterzeichnung der Verwaltungsvereinbarung Ganztag durch die Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger erklärt Nina Stahr, Sprecherin für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung:

Mit dem heutigen Start des Investitionsprogramms zeigen wir Kindern und Familien in diesem Land, dass wir in ihre Zukunft investieren. Als Bündnisgrüne ist es uns wichtig, die Länder dabei zu unterstützen, die Ganztagsbildung flächendeckend auszubauen.

Die gestern veröffentlichte Iglu-Studie zeigt, wie wichtig die Investition in die Bildung unserer Kinder ist. Es darf nicht sein, dass ein Viertel unserer Viertklässler gravierende Probleme beim Lesen hat. Die Ganztagsbildung ist ein zentraler Schritt, um den Bildungserfolg unserer Kinder endlich stärker von der Herkunft zu entkoppeln.

Ergänzende Maßnahmen müssen folgen. Der wichtigste nächste Schritt ist die Einigung auf die gemeinsamen Eckpunkte für das Startchancenprogramm. Es ist uns ein zentrales Anliegen, gezielt Schulen in benachteiligten Quartieren und Regionen zu unterstützen. Wir werden massiv in marode Schulinfrastruktur und neue Stellen für Schulsozialarbeit investieren. Bildung ist die größte Ressource für Chancengerechtigkeit.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 17.05.2023

Zum 12. Jahrestag der Unterzeichnung Deutschlands der Istanbul-Konvention (11.05.2011) erklären Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik, und Denise Loop, Obfrau im Familienausschuss:

Vor bereits 12 Jahren hat Deutschland die Istanbul-Konvention, die europäische Konvention zum Schutz aller von Gewalt betroffenen Mädchen und Frauen, unterzeichnet. Nach jahrelangen Versäumnissen der Vorgänger-Regierung haben wir uns als Ampel-Koalition zum Ziel gesetzt, die Umsetzung der Istanbul-Konvention und die hierfür notwendigen Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen gezielt und vorrangig anzugehen. Dafür haben wir bereits im letzten Jahr mit der erforderlichen Einrichtung einer staatlichen Koordinierungsstelle im BMFSFJ einen wichtigen und zentralen Schritt eingeleitet, um eine effektive und ressortübergreifende nationale Strategie im Bereich Gewaltschutz zu entwickeln und die Umsetzung zu koordinieren. Als völkerrechtlicher Vertrag verpflichtet uns diese wegweisende und umfassende Konvention, Gewaltschutz für Frauen und Kinder auf allen Ebenen umzusetzen.

Auch die Einrichtung der unabhängigen Berichterstattungsstellen zu geschlechtsspezifischer Gewalt und Menschenhandel im Deutschen Institut für Menschenrechte, welche für die Sammlung und Auswertung von Daten sowie zur unabhängigen Überwachung der Umsetzung der Konvention zuständig ist, haben wir in unserer Regierung bereits umgesetzt.

Seit Februar dieses Jahres sind auch endlich die Vorbehalte gegen Artikel 44 und 59 der Istanbul-Konvention ausgeräumt, sodass endlich ein uneingeschränkter Schutz für alle Frauen gilt, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Aufenthaltsstatus. Es muss gewährleistet werden, dass jede Frau Schutz erhält, die häusliche Gewalt erfährt.

Unabdingbar ist, die Frauenhäuser und Schutzplätze auszubauen und auf Bundesebene einen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung zu schaffen.

Im erweiterten Sinne gehört zum Gewaltschutz auch, dass alle Menschen  Zugang zu Verhütungsmitteln, Beratungsangeboten rund um Sexualität und Familienplanung sowie medizinischer Versorgung beim Schwangerschaftsabbruch haben. Wir wollen den Schutz vor Gewalt auf allen Ebenen sicherstellen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 10.05.2023

Zur Veröffentlichung von „Leitplanken für die Reform des Abstammungsrechts“ seitens zivilgesellschaftlicher Fachverbände erklären Helge Limburg, Sprecher für Rechtspolitik, und Ulle Schauws, Sprecherin für Familienpolitik:

Dass nunmehr ein so breites zivilgesellschaftliches Bündnis abermals die Reform des Abstammungsrechts anmahnt, unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf in diesem Feld: es kann nicht sein, dass Kinder, die in queere Paarkonstellationen geboren werden, auch noch im Jahr 2023 nur einen rechtlichen Elternteil zugewiesen bekommen. Regenbogenfamilien sind noch immer dem aufwändigen und mitunter in die Intimsphäre eingreifenden Prozess der Stiefkindadoption ausgesetzt. Durch die versagte Anerkennung des zweiten Elternteils werden den betroffenen Kindern wichtige Absicherungen von der Staatsangehörigkeit bis zum Unterhaltsanspruch genommen. Das kann mitunter fatale Folgen haben: Sollte die gebärende Mutter beispielsweise bei der Geburt versterben, wäre das Kind nach aktueller Rechtslage Vollwaise. Hierin liegt eine massive Ungleichbehandlung gegenüber Kindern, die in heterosexuelle Konstellationen geboren werden und bei denen entweder eine automatische Anerkennung des zweiten Elternteils qua Ehe oder durch die Vaterschaftsanerkennung erfolgt. Dieser immer noch andauernde Zustand schürt Unsicherheit für die betroffenen lesbischen Paare und queeren Familien und ist ganz sicher nicht im Sinne des Kindeswohls.

Mittlerweile liegen sechs Fälle von Regenbogenfamilien vor dem Bundesverfassungsgericht. Erst diese Woche kam der sechste dazu. Als Ampelkoalition muss unser Anspruch im Sinne einer progressiven Rechts- und Familienpolitik sein, nicht erst dann zu handeln, wenn Karlsruhe dies aufgrund verfassungsrechtlich nicht mehr haltbarer Zustände anmahnt. Im Koalitionsvertrag haben wir deswegen verabredet, das Abstammungsrecht zu reformieren. Dafür braucht es nun eine zügige und verfassungsrechtlich tragfähige Novelle. Damit stellen wir das Kindeswohl in den Mittelpunkt und bauen rechtliche Diskriminierung von Regenbogenfamilien ab.

Die im Bündnis vertretenen Organisationen haben maßgeblich dazu beigetragen, die Politik und Öffentlichkeit für die bestehenden Missstände im Abstammungsrecht zu sensibilisieren. Dafür gebühren ihnen unser Lob und unsere Anerkennung. Nun ist es an uns, das im Koalitionsvertrag verankerte Versprechen einzulösen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 05.05.2023

„Gut ein Drittel der Studierenden sind in einer finanziell prekären Situation. Hinzu kommen zu hohe Mieten oder die verzweifelte Suche nach bezahlbarem Wohnraum und hohe psychische Belastungen. Da ist es wirklich unbegreiflich, wie die Bundesregierung wichtige Reformen zur Verbesserung der sozialen Lage der Studierenden immer wieder verschleppt“, erklärt Nicole Gohlke zu der heute veröffentlichten 22. Sozialerhebung zur sozialen Lage der Studierenden des Deutschen Studierendenwerks. Die stellvertretende Vorsitzende und Sprecherin für Bildung und Wissenschaft der Fraktion DIE LINKE weiter:

„Die Bundesregierung redet sich die Welt lieber schön, anstatt endlich eine umfassende BAföG-Reform vorzulegen, die die gestiegenen Lebenshaltungskosten mitberücksichtigt und einen breiteren Kreis erreicht. Das Programm ‚Junges Wohnen‘ muss an die tatsächlichen Bedarfe angepasst und verstetigt werden. Die große Lücke der Wohnraumversorgung für Studierende muss endlich geschlossen werden. Auch die psychosoziale Beratung muss schleunigst ausgebaut werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 24.05.2023

Queere Menschen erfahren weltweit Verletzungen ihrer Menschenrechte, darauf haben Sachverständige in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe am Mittwochnachmittag aufmerksam gemacht und für ein stärkeres LGBTIQ-Engagement in der Außen- und Entwicklungspolitik plädiert.

In mindestens 67 Staaten weltweit würden Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Inter-Personen auf unterschiedlichste Weise kriminalisiert, sagte Julia Ehrt, Geschäftsführerin der International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA World). Die Strafen reichten von Geldstrafen über körperliche Züchtigungen bis hin zu Haftstrafen. „Einige Länder verhängen auch die Todesstrafe, einige wenige vollstrecken sie auch regelmäßig“, so Ehrt. Die Expertin hob hervor, dass queere Menschen nicht nur für sexuelle Handlungen kriminalisiert würden, sondern bereits aufgrund ihrer Geschlechtsidentität und ihres Geschlechtsausdrucks. Häufig seien LGBTI-Personen Polizeimissbrauch und Misshandlungen ausgesetzt. Durch die Kriminalisierung legitimierten Staaten gesellschaftliche Diskriminierung, das habe Einfluss „auf alle Bereiche des Lebens“.

Das bestätigte Mikhail Tumasov, ehemaliger Vorsitzender des Russian LGBT Network, der über die Situation der LGBTIQ-Gemeinschaft in Russland berichtete. Das „Anti-Homosexuellen-Propaganda Gesetz“, verabschiedet im Dezember 2022, habe Russland „Raum für einen Krieg gegen die Community“ gegeben. Ziel des Gesetzes sei nicht, die russische Gesellschaft vor den angeblich negativen Auswirkungen liberaler, westlicher Werte zu schützen, sondern Gewalt und Hassverbrechen gegen sexuelle Minderheiten zu schüren, so der Experte in seiner Stellungnahme. Laut einem Bericht von Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International hätten die Übergriffe nach Verabschiedung des Gesetzes erheblich zugenommen.

Trotz Fortschritten hinsichtlich der rechtlichen Situation von queeren Menschen in Europa sah Philipp Braun, Mitglied des Vorstands des Lesben- und Schwulen Verbands in Deutschland (LSVD), die Lage der LGBTIQ-Community weltweit insgesamt mit Sorge: Die Menschenrechte von queeren Menschen stünden weltweit vermehrt unter Druck, so der Sachverständige.

Sarah Kohrt, Projektleiterin der LGBTI-Plattform Menschenrechte der Hirschfeld-Eddy-Stiftung, begrüßte zwar, dass sich die Bundesregierung Leitlinien für eine feministische Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit gegeben habe. Doch sie müssten jetzt auch auf „allen Ebenen in politisches Handeln übersetzt werden“, so die Mahnung der Expertin. Es brauche eine enge, kontinuierliche Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in den Partnerländern und eine Auseinandersetzung mit der Kolonial- und Missionsgeschichte. Vor allem aber müsse das Konzept finanziell unterlegt werden – das sei bislang nicht passiert, monierte Kohrt. Deutschland sei eines der wichtigsten Geberländer weltweit. Doch in LGBTIQ-Projekte fließe nur ein sehr geringer Teil der Gelder. Anders sei das etwa in den Niederlanden oder in Schweden.

Die Aktivistin Marlize Andre lenkte den Blick auf die Lage der LGBTIQ-Gemeinschaft in Afrika, wo in Uganda das Parlament zuletzt eine Verschärfung des Anti-Homosexuellen-Gesetzes mit drakonischen Strafen beschlossen hat. Kein Einzelfall: Auch in anderen Ländern des globalen Südens gebe es Gesetze gegen Homosexualität, die Relikte aus der Kolonialzeit seien. Davor dürfe man nicht länger die Augen verschließen, forderte Andre. Menschen, die vor solcher Unterdrückung nach Deutschland flöhen, bräuchten zudem besondere Unterstützung. Zum Beispiel fehle es auch hierzulande an Angeboten, um Gesundheitsversorgung für queere Menschen leichter zugänglich zu machen. Experten zufolge meiden diese aufgrund von Diskriminierungserfahrungen oft das Gesundheitssystem, obwohl sie oft einen höheren Bedarf haben.

Die Bedeutung von Safe Houses für geflüchtete LGBTIQ-Personen, betonte Alexander Vogt, Bundesvorsitzender der Lesben und Schwulen in der Union (LSU). In Asylbewerberunterkünften seien die Menschen vor erneuter Diskriminierung nicht sicher, da die „übrigen Bewohner in gesellschaftspolitischen Fragen nicht unbedingt liberale Werte vertreten, wenn sie aus muslimisch oder anderen traditionell geprägten Gesellschaften kommen“, so der Sachverständige. Inzwischen gebe es zwar in einigen deutschen Städten wie Frankfurt am Main oder Nürnberg solche separaten Unterkünfte, doch gebe es zu wenige Plätze.

Auch der Publizist David Berger beklagte in seiner schriftlichen Stellungnahme, „eine enorme Zunahme der Gewalt gerade in großen Städten“ gegen transsexuelle und homosexuelle Menschen. Den Blick auf dieses Problem verstellten jedoch „queer-ideologischer Schwurbeleien“. Politik und Gesellschaft warf er vor, gleichgültig auf Verbrechen wie die Messerattacke in Dresden auf ein schwules Paar im Oktober 2021 zu reagieren. Die „Überlebensinteressen homo- und transsexueller Menschen“ würden auf dem „Altar des Islam-Appeasements“ geopfert.

Als „sehr besorgniserregend“ bezeichnete der querpolitische Experte und Aktivist Fabian Grischkat die „globale Zunahme queerfeindlicher, antifeministischer und rechtspopulistischer Bewegungen“. Dieses Wachstum der international vernetzten Anti-Gender-Bewegung sei nicht zufällig, sondern werde seit Jahren strategisch koordiniert und finanziert. Teil davon seien „rechtsextreme Denkfabriken und korrupte Oligarchen“. Die Effekte der querfeindlicher Tendenzen könne man auch in Deutschland beobachten, warnte Grischkat mit Blick auf die Debatte um das geplante Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung. „Radikalfeministinnen und Neue Rechte“ hätten den „Diskurs so verschoben“, dass der ursprüngliche Gesetzentwurf radikal geändert worden sei.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 396 vom 24.05.2023

Einblick in die Kinderganztagsbetreuung in Deutschland als ein System am Limit, das die Nachfrage der gesetzlich Anspruchsberechtigten schon jetzt nicht mehr bedienen kann, gaben die Expertinnen und Experten im Fachgespräch des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Thema „Fachkräftemangel in den Kitas und Probleme beim Ausbau der Ganztagsbetreuung“ am Mittwochmittag.

Seit 37 Jahren sei sie nun als Erzieherin tätig, aber „so schlimm war es noch nie“, beschrieb Martina Meyer von der Bundesfachgruppe Erziehung, Bildung und Soziale Arbeit der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di die derzeitige Situation an den Kindertageseinrichtungen in Deutschland.

Die Personalentwicklung halte mit dem Ausbau des Systems – Rechtsansprüche, Qualitätsstandards, Neueröffnungen – nicht mehr Schritt. Auf fast 25.000 offene Stellen belaufe sich nach jüngsten Erhebungen der bundesweite Fachkräftemangel in dem Bereich. Und die Fachkräftelücke werde weiter wachsen. Mit dramatischen Folgen: Gruppen würden aufgestockt, Öffnungszeiten verkürzt, Bildungs- und Freizeitangebote entfielen. Und: Gebaute Einrichtungen könnten aufgrund des Fachkräftemangels nicht eröffnen, sagte Meyer. Ungeachtet dessen werde weiter gebaut.

Gleiches gelte für den Auf- und Ausbau der ganztägigen Bildung, Erziehung und Betreuung von Schulkindern, für die ab dem Schuljahr 2026/27 ein Rechtsanspruch für die Erstklässler bestehen soll. Durch die Personallücken einerseits, die noch durch Weggänge und eklatant hohe Krankenstände verschärft würden, sei es den Kitas unmöglich, ihren Betrieb den fachlichen Anforderungen der Bildungspläne und Ansprüchen der Eltern auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf entsprechend aufrecht zu erhalten.

Die Belastung der in den Einrichtungen verbleibenden Fachkräfte sei immens und steige weiter an, berichtete Meyer. Dieselbe Arbeit, ein Job mit hoher Verantwortung, höhere Standards und zu viel Verwaltungstätigkeit verteilten sich auf immer weniger Schultern. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekämen zudem täglich Frust und Wut der Eltern zu spüren. „Wir sind davon überzeugt, dass in den nächsten Jahren das derzeitige System die eigentlich notwendigen Kapazitäten nicht gewährleisten kann“, so die Verdi-Vertreterin.

Bund, Länder und Kommunen müssten einen Stufenplan erarbeiten, der die Stabilisierung des Systems sowie dessen qualitativen und quantitativen Ausbau sichere. Es brauche bundesweit einheitliche Standards für Personal, Ausbildung und Finanzierung. „Mindestens zehn Jahre“ werde es dauern, „um dieses System wieder stabil zu machen“, sagte die ehrenamtliche Gewerkschafterin, Erzieherin und Personalrätin.

„Das tue ich mir nicht mehr an“, sagten sich viele Erzieherinnen angesichts des Personalnotstands, der gestiegenen Arbeitsbelastung und der ihnen täglich entgegenschlagenden Unzufriedenheit der Eltern, und wechselten in einen anderen Job, berichtete Waltraud Weegmann vom Deutschen Kitaverband, Bundesverband freier unabhängiger Träger von Kindertagesstätten e. V.

Kita-Erzieherin/Kita-Erzieher gehöre zu den Jobs mit der höchsten Burnout-Quote. Die Erzieherinnen und Erzieher liebten ihre Arbeit, stellten höchste Ansprüche an sich selbst und seien dabei mit den Anforderungen und Defiziten eines expandierenden Systems sowie den gestiegenen Ansprüchen der Eltern konfrontiert. „Wir verlieren immer mehr Menschen aus dem System“, das doch eigentlich im Aufbau sei, so Weegmann

In dem Berufsfeld herrsche Vollbeschäftigung. Zehn Prozent der Stellen in den Kitas seien unbesetzt. Der Personalnot begegneten viele mit ganztägigen Schließungen. Fast 60 Prozent der Bildungsaktivitäten für die Kinder hätten im Schnitt eingestellt werden müssen. „Und die Situation verschärft sich täglich“, sagte Weegmann. Die genannten Zahlen datierten aus dem Jahr 2022. Heute sehe es vermutlich noch drastischer aus. Die Vergütung in der Branche – „Dreieinhalbtausend als Einstiegsgehalt“ – bezeichnete Weegmann als attraktiv. Und insgesamt: „Wir müssen den Beruf gut reden, nicht schlecht.“

Weegmann warb für ein „gemeinsames Verständnis“ der aktuellen problematischen Situation, die man gemeinsam lösen müsse. Es gehe darum, die Ausbildungskapazitäten zu erhöhen, das System durchlässiger für Quereinsteiger zu machen und ausländische Fachkräfte schneller einzubinden. Sie wisse von britischen und spanischen Erziehern, die hierzulande arbeiten wollten, jedoch eineinhalb Jahre auf ihre Anerkennung hätten warten müssen.

Man brauche Personal aus allen Bereichen, von der pädagogischen Fachkraft bis hin zu Akademikern. Mit Vereinen aus den unterschiedlichsten Bereichen seien zudem Kooperationen einzugehen, um den Kindern attraktive Angebote machen, und dazu Fragen der rechtlichen Verantwortlichkeiten bei gemeinsamen Aktivitäten zu klären. Kita-Leitungen und Fachkräfte seien zudem dringend von Verwaltungstätigkeiten zu entlasten.

„Der Personalbedarf wird erheblich weiter steigen“, sagte auch Marc Elxnat, kommissarischer Leiter des Dezernats für Recht, Soziales, Bildung, Kultur und Sport des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Für die Kommunen als Träger zahlreicher Kitas werde es „immer schwieriger, familienfreundliche Öffnungszeiten anzubieten“.

830.000 Beschäftigte seien momentan deutschlandweit in den Kitas angestellt, es handele sich um einen sehr großen und dynamischen Bereich des Arbeitsmarktes. Von 2006 bis 2020 habe sich das pädagogische Personal verdoppelt. Je nach Bundesland habe man hohe Standards und Personalschlüssel, wie viele Kinder von wie vielen Fachkräften betreut und unterrichtet werden dürften. Zusätzlich zu mehr Personal benötige man aber auch noch mehr Einrichtungen.

Um die Probleme zu lösen, hätten sich Arbeitgeber, Gewerkschaften und Kommunen zusammengetan. Bund, Länder und Kommunen müssten nun ebenfalls gemeinsam handeln. Die Ausbildungskapazitäten müssten vergrößert werden, Auszubildende bereits eine Vergütung erhalten. Quereinsteigern und ausländischen Fachkräften sei der Einstieg zu erleichtern.

So wie es momentan laufe, könne man die sich aus den gestiegenen Rechtsansprüchen sich ergebenden Verpflichtungen nicht erfüllen, lautete das Fazit Elxnats. Einen Rechtsanspruch, den man nicht einhalten könne, schreibe man eigentlich besser nicht in ein Gesetz.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 393 vom 24.05.2023

Beim Mutterschutz sollen nichtselbständig und selbständig erwerbstätige Schwangere gleich behandelt werden. Dieser in einer öffentlichen Petition (ID 133680) erhobenen Forderung schließt sich der Petitionsausschuss an. In der Sitzung am Mittwoch verabschiedeten die Abgeordneten daher einstimmig eine Beschlussempfehlung an den Bundestag, die genannte Eingabe der Bundesregierung mit dem höchstmöglichen Votum „zur Berücksichtigung“ zu überweisen.

In der Petition, die schon in einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am 26. Oktober 2022 behandelt wurde, heißt es: Eine Schwangerschaft dürfe keine Existenzbedrohung für Selbständige darstellen oder zu einer Chancenungleichheit auf dem Arbeitsmarkt führen. Vor allem für Gründerinnen, Chefinnen, in investitionsintensiven Branchen Tätige und für Selbständige in körperlich arbeitenden Berufszweigen müssten Instrumente geschaffen werden, die schwangerschaftsbedingte Betriebsschließungen verhindern. Aus diesem Grund müssten die europarechtlichen Regelungen zum Mutterschutz selbständiger Frauen in Deutschland umgesetzt werden, schreibt die Petentin. Familie und berufliche Selbstentfaltung müssten geschlechtsunabhängig ermöglicht werden.

Gefordert wird daher, dass im Falle einer Krankschreibung aufgrund von Schwangerschaftsbeschwerden Krankentagegeld ab dem ersten Tag der Krankschreibung gezahlt wird. Auch dürfe es beim Krankengeld keine Abzüge geben, heißt es in der Eingabe. Das Krankengeld müsse auf der Grundlage der gezahlten Beträge und nicht auf der Grundlage des ausgefallenen Arbeitseinkommens berechnet werden.

Darüber hinaus sollten schwangere Selbständige nach Auffassung der Petentin einen voll bezahlten Mutterschutz genießen. Der schwangeren Selbständigen derzeit maximal gewährte Betrag, der überdies mit dem Krankengeld verrechnet werde, sei angesichts der laufenden privaten und betrieblichen Kosten völlig unzureichend, urteilt die Petentin.

Sie spricht sich des Weiteren dafür aus, im Hinblick auf die betriebliche Absicherung die Ausgleichszahlungen für werdende Mütter auf schwangere Selbständige in Berufen, in denen aufgrund der Arbeitsplatzbeschreibung das Beschäftigungsverbot für Angestellte greife, auszuweiten. Es müsse ein System aus Betriebshelfern nach dem Vorbild der Landwirtschaft eingerichtet werden, um Betrieben, in denen die Arbeitskraft der schwangeren Unternehmerin fehle, unbürokratisch und kostenfrei zu helfen.

„Dem Petitionsausschuss ist eine Stärkung der Gründerkultur ein herausragendes Anliegen“, heißt es in der Begründung zu der Beschlussempfehlung. Die Abgeordneten seien sich der zum Teil erheblichen, mit der Petition eindrucksvoll dargelegten Schwierigkeiten bewusst, denen insbesondere selbständige Frauen bei dem Versuch begegneten, eine berufliche Selbständigkeit, Schwangerschaft und Familie zu vereinbaren.

Eine gute Gründerkultur setzt nach Auffassung des Ausschusses zwingend voraus, dass Selbständigkeit, Schwangerschaft und eine gleichberechtigte Begleitung und Betreuung der eigenen Kinder sich nicht wechselseitig ausschließen. Dies sei auch eine Frage der sozialen wie ökonomischen Gleichstellung von Frauen, heißt es in der Vorlage. Von selbständigen Müttern gehe zudem ein wichtiges Signal für die Mädchen und Frauen aus, sich ihrerseits für eine berufliche Selbstständigkeit zu entscheiden.

Die derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen würden den aufgezeigten Erfordernissen an eine moderne, die Bedürfnisse von Frauen, die sich für ein eigenes Kind entscheiden, Rechnung tragenden Gründerkultur „nur in eingeschränktem Maße gerecht“, befinden die Abgeordneten. Daher sei eine umfassende Überprüfung des Rechtsrahmens erforderlich.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 385 vom 24.05.2023

Die Situation von Müttern und Familien nach Fehl- und Totgeburten ist ein viel zu wenig beachtetes Thema und der Schutz der Mütter vor und nach der Geburt, egal wann und wie ein Kind zur Welt kommt, muss verbessert werden – darin waren sich die Expertinnen und Experten im Fachgespräch zum Thema „Sternenkinder“ des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Mittwochmittag einig.

Auch ein sehr früh geborenes und dann verstorbenes Kind „lebt im Herzen seiner Eltern weiter“. Wichtig sei, „dass das in Würde geschehen kann“, sagte Christoph Bührer, Präsident der Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin der Charité-Universitätsmedizin Berlin. Er bezeichnete die Grenzwerte der geltenden Personenstandsgesetzgebung als wenig hilfreich. „Ein Kind“, das unterhalb der 24. Schwangerschaftswoche geboren werde, sei „genauso lebensfähig“. Die im Gesetz beschriebene „Gewichtsgrenze“ sei ebenso „unsinnig“. Die Mutter habe eine Beziehung zu ihrem Kind, auch wenn sie es noch nie oder nur durch das Ultraschallbild gesehen habe. Sie brauche einen angemessenen Rahmen, um mit dem Verlust nach einer Tot- oder Fehlgeburt fertig zu werden.

Nina Reitis von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg und Gründerin der Initiative „Plötzlich SternenKindEltern“, unterstrich dies: „Jede Frau braucht Unterstützung und bestmöglichen Schutz nach der Geburt, unabhängig vom Geburtszeitraum.“ Reitis wies auf „einen Misstand im Mutterschutgesetz“ hin. Nach sogenannten „kleinen“ und „stillen Geburten“ habe eine Frau Anrecht auf eine Hebamme, nicht aber auf Mutterschutz. Die Zubilligung oder Aberkennung eines Schutzbedarfs je nach dem Zeitpunkt der Geburt eines Kindes müsse überwunden werden. Stattdessen brauche es in jedem Fall Mutterschutz, gestaffelt nach der Schwangerschaftswoche. Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten, bräuchten „Zeit für die körperliche Regeneration und Adaption an die neue Familiensituation“, müssten freiwillig und selbstbestimmt für eine gewisse Zeit ihre berufliche Tätigkeit ruhen lassen können ohne beim Arbeitgeber Nachteil zu erleiden. Das Thema müsse in der Gesellschaft sichtbarer gemacht werden. Mütter von Sternenkindern müssten wie alle anderen Mütter wertgeschätzt werden.

Dass Mütter nach einer Fehlgeburt am nächsten Morgen wieder ins Büro gehen müssten und nicht automatisch krankgeschrieben würden, deute auf ein strukturelles Problem hin, sagte Natascha Sagorski, Initiatorin der Petition „Gestaffelter Mutterschutz bei Fehlgeburten“ und Autorin aus München. Sie mahnte Handlungsbedarf an. Es ergehe vielen Frauen so. Sie trauerten stumm statt lautstark für ihr Anliegen zu werben. Es bestehe eine Gesetzeslücke, so Sagorski. Daher habe sie eine Petition gestartet für einen gestaffelten, freiwilligen Mutterschutz, der sich ab den ersten Schwangerschaftswochen sukzessive aufbaue und nicht von der Lebensfähigkeit des Kindes abhängig gemacht werde. Mit einer Staffelung gelte es, die harte Grenze und daraus resultierte Ungerechtigkeiten zu überwinden, die sich bislang aus Geburtszeitpunkt, Gewichtsangabe, Tot- oder Lebndgeburt ergäben. Die bisherige Praxis stehe auch in Widerspruch zum grundgesetzlich garantierten Schutz der Frauen und Mütter.

Physischer und psychischer Schutz solle jeder Gebärenden zukommen, auch bei einer Tot- oder Fehlgeburt, sagte Claudia Sprengel vom Netzwerk Sternenkinder Brandenburg. Durch die Schwangerschaft und Geburt werde eine Frau Mutter, Elternteil. Dies gelte es anzuerkennen. Um aus der Sprach- und Hilflosigkeit herauszukommen und die gesellschaftliche mit einer Fehlgeburt verbundene Stigmatisierung zu überwinden, habe sie das Netzwerk initiiert. Leider sei das Wissen um Hilfsangebote sehr unterschiedlich, es gebe oft keine ausreichende Unterstützung nach der Geburt, kaum Informationsmaterial direkt in den Kliniken. Die Hilfe für Mütter und Familien in einer solchen Situation dürfe kein Zufall oder ortsabhängig sein, sagte Sprengel. Die Betroffenen bräuchten flächendeckend, auch im ländlichen Raum, umfassende Unterstützung. Der gesetzliche Mutterschutz müsse ausgebaut werden. Dazu gelte es eine Expertinnengruppe einzurichten. Außerdem müsse die Öffentlichkeit für das Thema sensibilisiert werden.

Für einen ganzheitlichen und präventiven Mutterschutz plädierte Marianne Weg vom Deutschen Juristinnenbund e.V. Die bisherige Gesetzeslücke gelte es durch eine gestaffelte Regelung im Sinne der Mütter zu schließen, ohne die Arbeitgeber aus dem Blick zu lassen. Für Mütter müssten adäquate, diskriminierungsfreie Bedingungen am Arbeitsplatz hergestellt werden, vor einer Geburt ebenso wie nach einer Fehlgeburt. Frauen müssten ihre Schwangerschaft ohne Angst beim Arbeitgeber anzeigen können, damit ihr Arbeitsplatz entsprechend umgestaltet werden könne. Auch nach einer Fehlgeburt wäre ein Beschäftigungsverbot wichtig. Mit einer guten betrieblichen Mutterschutzpraxis komme man der beruflichen Gleichstellung von Frauen näher. Das Europarecht gebe im Übrigen bereits einen besonderen Schutz von Frauen nach Fehlgeburten her, sagte die Expertin.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 347 vom 10.05.2023

Der Haushaltsausschuss hat in seiner Sitzung am Mittwochnachmittag einen Antrag der Fraktion Die Linke zur Einrichtung eines 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für Bildung (20/5821) abgelehnt. Bei Zustimmung der einbringenden Fraktion lehnten die Ausschussmitglieder der übrigen Fraktionen den Vorstoß ab.

In dem Antrag argumentiert die Fraktion unter anderem mit dem „immensen Sanierungsstau in der Bildung“. Dieser habe seine Ursache in der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern, nach der der Bund nicht in den Schul- und Hochschulbau investieren dürfe. Die Finanzierung der Bildung müsse daher endlich als Gemeinschaftsaufgabe verstanden und als solche im Grundgesetz verankert werden, fordern die Linken über die Einrichtung eines Sondervermögens hinaus. „Wer 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr aufgelegt hat, muss sich angesichts des Zustandes des Bildungssystems fragen lassen, warum nicht gleichermaßen 100 Milliarden Euro Sondervermögen für Bildung bereitgestellt werden“, heißt es weiter.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 346 vom 10.05.2023

Der Petitionsausschuss setzt sich für die Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ein. In der Sitzung am Mittwoch verabschiedete der Ausschuss einstimmig die Beschlussempfehlung an den Bundestag, eine entsprechende Petition dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit dem zweithöchsten Votum „zur Erwägung“ zu überweisen und sie den Fraktionen des Bundestages zur Kenntnis zu geben, „soweit es um die Fortentwicklung der Umsetzungsmaßnahmen des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die sogenannte Istanbul-Konvention, geht“.

In der Petition wird ein wirkungsvolles Programm zum Schutz von Frauen gegen Gewalt sowie die sofortige Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt gefordert. Zur Begründung wird auf die steigende Anzahl geschlechtsbedingter Tötungsdelikte an Mädchen und Frauen verwiesen. Die Taten beruhten im Wesentlichen auf männlicher Gewalt und seien durch Selbstüberhöhung beziehungsweise Frauenverachtung und eine fehlende Impulskontrolle gekennzeichnet, schreibt die Petentin. Die Kriminalitätszahlen zeigten, dass Deutschland beim Schutz von Frauen gegen Gewalt im internationalen Vergleich Nachholbedarf habe. Es fehle etwa an einer hinreichend differenzierten und transparenten bundeseinheitlichen Datenerfassung. Auch seien Defizite in der Strafgesetzgebung und bei der Strafzumessung zu verzeichnen.

Es sei daher erforderlich, dass der Bundestag einen dringenden Handlungsbedarf zu Femiziden auf allen Ebenen der Gesellschaft anerkenne und alle erforderlichen Mittel zur Akut-Bekämpfung sowie zur nachhaltigen Bewusstseinsänderung in der Gesellschaft bereitstelle. Zudem sei ein stringentes, an konkreten Ziel-Kennzahlen orientiertes Aktionsprogramm zu beschließen. Nicht nachvollziehbar sei, dass die Istanbul-Konvention in Deutschland nicht vollständig umgesetzt worden sei, obwohl deren Inkrafttreten bereits mehrere Jahre zurückliege, heißt es in der Petition.

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung betont der Petitionsausschuss, dass ihm die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen „ein herausragend wichtiges Anliegen ist“. Zugleich bilde dieser Politikbereich seit Jahren einen langjährigen Tätigkeitsschwerpunkt sowohl des Bundestages als auch der Bundesregierung. „In Deutschland wird der Gewalt gegen Frauen und Mädchen auf allen staatlichen Ebenen durch ein umfangreiches Hilfe- und Unterstützungssystem entschieden begegnet“, schreiben die Abgeordneten. So seien zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen bereits zahlreiche gesetzgeberische Maßnahmen sowohl im straf- als auch im zivilrechtlichen Bereich ergriffen worden.

Was die mit der Petition bemängelte Datenlage anbelangt, so gelangt der Ausschuss zu der Feststellung, dass die Datenerhebung mit einer geänderten polizeilichen Kriminalstatistik weiterentwickelt worden sei. Neben der Erfassung aller der Polizei bekannt gewordenen strafrechtlichen Sachverhalte unter dem jeweiligen Straftatenschlüssel erfolge seitdem eine auf Bundesebene einheitliche Erfassung weiterer Angaben zu Tatverdächtigen, Opfern sowie zur Opfer-Tatverdächtigen-Beziehung.

In Bezug auf die mit der Petition geforderte vollständige Umsetzung der Istanbul-Konvention merkt der Ausschuss an, dass die Konvention in Deutschland am 1. Februar 2018 in Kraft getreten sei. Gleichzeitig unterstreichen die Abgeordneten, „dass dies nach deutschem Verfassungsrecht nur möglich ist, wenn Deutschland schon zum Zeitpunkt des Inkrafttretens die Anforderungen der Konvention auch im nationalen Recht bereits erfüllt“. Ungeachtet dessen, so heißt es in der Beschlussempfehlung weiter, arbeiteten Bund, Länder und Kommunen im Rahmen ihrer verfassungsgemäßen Zuständigkeiten beständig daran, „den Verpflichtungen aus der Istanbul-Konvention weiter nachzukommen“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 338 vom 10.05.2023

Die Fraktion Die Linke fordert die Bundesregierung in einem Antrag (20/6583) auf, eine Studie zur sozialen Lage von queeren Menschen zu beauftragen. Die Studie solle mit mindestens zwei Millionen Euro finanziert und deren Ergebnisse alle drei Jahre dem Bundestag vorgelegt werden.

Die Lebenswelt queerer Menschen sei bislang nur ungenügend erforscht, heißt es in dem Antrag. Um Gesetzesvorhaben und Unterstützungen künftig auch an die soziale Lebenslage von queeren Menschen anzupassen, sei es notwendig, beispielsweise mehr zu „Einkommen, Familienverhältnissen, Diskriminierungen, Einstellungen und Lebensstrategien“ zu erfahren.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 329 vom 04.05.2023

Die Fraktion Die Linke will wissen, wie viele Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben, Anspruch auf Unterhaltszahlungen haben. Auch erkundigt sie sich in einer Kleinen Anfrage (20/6604) unter anderem danach, wie hoch der Anteil barunterhaltspflichtiger Eltern in Deutschland ist, die ihren Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 324 vom 02.05.2023

Mehrheit in Deutschland für staatliches Grundeinkommen ohne Verpflichtungen für Erwachsene – Analyse von zwei repräsentativen Umfragen zeigt, dass politische Zustimmung für Grundeinkommen vorhanden ist – Grundeinkommen sollte daher bei Reform der Sozialsysteme mitgedacht werden – Grundeinkommen kann Menschen unterstützen, wirtschaftliche Transformation in Klimakrise zu meistern 

Ungebrochen von Corona oder Krisen stimmt die Mehrheit der Deutschen einem bedingungslosen Grundeinkommen zu. Das ergeben zwei repräsentative Befragungen aus dem Sommer 2022, die Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Universität Konstanz durchgeführt und analysiert haben. Vor allem Menschen mit geringem Einkommen und großen Sorgen über die eigene wirtschaftliche Situation unterstützen die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Die Befragung von Wissenschaftlern der Uni Konstanz erlaubt durch Anwendung innovativer Umfragemethoden, die Bedeutung einzelner Aspekte eines fiktiven Grundeinkommens abzuschätzen. Demnach steigt die Zustimmung für ein Grundeinkommen, je höher es ausfällt – die größte Unterstützung hätten 1.200 Euro im Monat. Ebenso steigt die Unterstützung, wenn das bedingungslose Grundeinkommen an Deutsche oder Menschen, die länger als fünf Jahre in Deutschland leben, ausgezahlt würde. Zur Finanzierung eines Grundeinkommens unterstützen die meisten Befragten die Erhöhung von Einkommen- und Vermögensteuern. „Politisch ist das bedingungslose Grundeinkommen hoch umstritten, doch genießt es seit Jahren hohe Popularität in der Bevölkerung“, sagt Jürgen Schupp, Wissenschaftler in der Infrastruktureinrichtung Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) im DIW Berlin und einer der Autoren der Studie. „Die politische Zustimmung zum Grundeinkommen ist also vorhanden – es sollte daher in künftigen Debatten über die Transformation der Sozialsysteme berücksichtigt werden.“

Die Studie analysiert Zustimmung oder Ablehnung in Verbindung mit sozialen und demographischen Merkmalen wie Alter, Haushaltsnettoeinkommen oder auch Lebenszufriedenheit der Menschen. Sie wurden in einer repräsentativen Online-Erhebung unter Wahlberechtigten in Deutschland ermittelt. Vor allem jüngere Leute, Menschen mit niedrigem Einkommen oder geringer Lebenszufriedenheit befürworten demnach ein Grundeinkommen. Auffallend ist auch, dass vor allem Befragte mit großen Sorgen über Klima und Umwelt einem Grundeinkommen zustimmen.

Erstmalig analysiert die Studie die Präferenzen der Wohnbevölkerung in Deutschland zu einer möglichen Ausgestaltung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Dafür haben Marius R. Busemeyer (Universität Konstanz) und Adrian Rinscheid (Universitäten Nijmegen und Konstanz) die Daten einer zweiten repräsentativen Befragung von 4.500 Menschen zwischen 18 bis 84 Jahren in Deutschland mit verschiedenen Möglichkeiten eines Grundeinkommens verbunden. „Besonders interessant an den Ergebnissen ist, dass ein Grundeinkommen ohne weitere Bedingungen tatsächlich die beliebteste Option wäre,“ sagt Marius Busemeyer, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Konstanz und Sprecher des Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“. Adrian Rinscheid, Assistenzprofessor für Umweltpolitik an der Universität Nijmegen und Gastforscher am Konstanzer Exzellenzcluster, ergänzt: „Unsere Ergebnisse zeigen außerdem, dass in der Bevölkerung durchaus Unterstützung für eine engagierte Umverteilungspolitik vorhanden ist.“

„Politisch ist das bedingungslose Grundeinkommen hoch umstritten, doch genießt es seit Jahren hohe Popularität in der Bevölkerung.“ Jürgen Schupp

Die Ergebnisse aus dem Sommer 2022 bestätigen die seit Jahren hohe Zustimmung in Deutschland zwischen 45 und 53 Prozent zum bedingungslosen Grundeinkommen. Am DIW Berlin läuft derzeit ein Pilotprojekt des Vereins Mein Grundeinkommen in Kooperation mit mehreren wissenschaftlichen Instituten wie dem DIW Berlin zu den individuellen Wirkungen eines bedingungslosen Grundeinkommens von 1.200 Euro pro Monat für die Dauer von drei Jahren. Die Ergebnisse werden im Sommer 2024 veröffentlicht. Studienleiter Jürgen Schupp: „Ein garantiertes Grundeinkommen könnte die Menschen in die Lage versetzen, aus einer stärkeren ökonomischen Position und größeren Verlässlichkeit künftige Herausforderungen zu bewältigen, die etwa in den Auswirkungen des fortschreitenden Klimawandels oder technologischen Umwälzungen am Arbeitsplatz ihre Ursachen haben.“

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 24.05.2023

DIW-Studie untersucht Arbeitsmarktintegration geflüchteter Frauen in Deutschland – Erwerbsbeteiligung steigt allmählich – Mangelnde Bildung und Sprachkenntnisse sowie traditionelle Rollenbilder hemmen Integration – Sprachförderung und Ausbildungsprogramme gezielt für geflüchtete Frauen mit Kindern müssen ausgebaut werden

Frauen mit Fluchthintergrund haben es schwer auf dem Weg in den Arbeitsmarkt, fassen dort aber immer besser Fuß. Ihre Erwerbsbeteiligung steigt langsam, liegt aber weiter auf einem niedrigen Niveau, wie aus einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervorgeht. Studienautorin Adriana Cardozo hat dafür Befragungen von Geflüchteten ausgewertet, die das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) im DIW Berlin vorgenommen haben. Befragt wurden geflüchtete Frauen, die zwischen 2013 und 2019 und damit auch zum Höhepunkt der Fluchtmigration 2015 nach Deutschland kamen.

Geflüchtete Frauen werden durch mehrere Faktoren ausgebremst

Gaben 2017 fünf Prozent der befragten erwerbsfähigen Frauen an, einer bezahlten Beschäftigung nachzugehen, waren es 2020 bereits 13 Prozent. „Für geflüchtete Frauen ist es nach wie vor sehr schwierig, einen Arbeitsplatz zu finden“, erläutert Ökonomin Adriana Cardozo. „Zu den Bremsfaktoren gehören das im Vergleich zur deutschen Bevölkerung geringere Bildungsniveau sowie mangelnde Deutschkenntnisse. Erschwerend hinzu kommen traditionelle Geschlechterrollen.“ Die meisten der befragten Geflüchteten stammen aus Syrien, Afghanistan, Irak, Iran und Eritrea – Ländern, in denen eher traditionelle Familienbilder vorherrschen.

Frauen mit Fluchthintergrund haben oftmals einen nur geringen Bildungsabschluss sowie keine oder nur geringe Berufserfahrung. Geflüchtete Männer verfügen zumeist über ein höheres Bildungsniveau und mehr berufliche Praxis. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Sprachkenntnissen. Geflüchtete Männer sprechen meistens besser Deutsch, weil sie mehr Zeit mit Sprachkursen verbringen konnten. Frauen können die Kursangebote hingen oft nicht nutzen, unter anderem weil Betreuungsangebote für ihre Kinder fehlen. „Hier zeigt sich deutlich, dass bei vielen Geflüchteten noch sehr traditionelle Rollenbilder vorherrschen“, so Cardozo. Die Männer besuchten die Sprach- und Integrationskurse, während die Frauen mit Haus- und Sorgearbeit beschäftigt seien. Später seien es dann auch eher die Männer, die zur Arbeit gingen und am Arbeitsplatz durch mehr Kontakte zu deutschen Muttersprachler*innen ihre Sprachkompetenz verbesserten. „Ein ermutigendes Zeichen ist aber, dass sich die Zahl der jungen Frauen in Bildungsprogrammen über die Jahre von 5,3 Prozent auf 17 Prozent mehr verdreifacht hat. Auch die Zahl der Frauen mit mittleren und guten Sprachkenntnissen wächst stetig.“

„Bei den geflüchteten Frauen liegt ein ungenutztes Arbeitskräftepotenzial“ Adriana Cardozo

Maßgeschneiderte Bildungsprogramme für geflüchtete Frauen

Genau hier setzt die Empfehlung der Studienautorin an: „Bei den geflüchteten Frauen liegt ein ungenutztes Arbeitskräftepotenzial“, bilanziert Cardozo. „Auch Frauen mit Fluchterfahrung können einen Beitrag leisten, den Arbeitskräftemangel in Deutschland zu beheben.“ Voraussetzung dafür sei der Ausbau bestehender Integrations- und Sprachprogramme, die zudem mehr auf die Bedürfnisse der Frauen zugeschnitten werden und etwa Betreuungsmöglichkeiten für Kinder stärker berücksichtigen müssten. Dies sei auch mit Blick auf die zahlreichen geflüchteten Frauen mit Kindern aus der Ukraine sinnvoll, die seit 2022 nach Deutschland kämen – zumeist ohne Begleitung ihrer Partner.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 10.05.2023

Die Inflationsrate in Deutschland ist im April gegenüber März nur wenig gesunken und war mit 7,2 Prozent weiterhin sehr hoch. Die sozialen Unterschiede bei der Teuerung haben sich spürbar verkleinert, sie machen gleichwohl noch fast zwei Prozentpunkte aus. So hatten Alleinlebende mit niedrigen Einkommen im April mit 8,1 Prozent die größte Inflationsbelastung zu tragen, Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen mit 6,2 Prozent die niedrigste. Die soziale Spreizung bei der haushaltsspezifischen Inflation betrug damit 1,9 Prozentpunkte, nachdem es im März 2,4 Prozentpunkte waren. Dass ärmere Haushalte besonders stark durch die Inflation belastet sind, liegt daran, dass die nach wie vor wichtigsten Preistreiber, Haushaltsenergie und Nahrungsmittel, in ihren Warenkörben ein besonders hohes Gewicht haben. Allerdings hat die Preisdynamik bei diesen Gütern des Grundbedarfs gegenüber anderen Waren und Dienstleistungen zuletzt nachgelassen. Deshalb haben sich die Raten im April stärker angenähert als in den Vormonaten. Das ergibt der neue IMK Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.* Die IMK-Inflationsexpertin Dr. Silke Tober und IMK-Direktor Prof. Dr. Sebastian Dullien berechnen darin seit Anfang 2022 jeden Monat die spezifischen Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen. Am größten war die soziale Differenz bei den Inflationsraten bislang im Oktober 2022 mit 3,1 Prozentpunkten.   

Eine überdurchschnittlich hohe Teuerungsrate mussten im April auch Familien mit niedrigen Einkommen schultern (7,6 Prozent). Sie hatten zwischen Februar 2022 und Februar 2023 durchgehend die höchste Inflationsbelastung unter allen Haushaltstypen aufgewiesen, in den ersten beiden Monaten 2023 zusammen mit einkommensarmen Alleinlebenden. Dass die ärmeren Familien nun nicht mehr ganz so stark hervorstechen, beruht auf zuletzt rückläufigen Kraftstoffpreisen. Diese schlagen sich rechnerisch im Ausgabenportfolio von Familien spürbar nieder. Arme Alleinstehende besitzen hingegen selten ein Auto, weshalb ihre Inflationsrate weniger zurückging.

Die übrigen untersuchten Haushaltstypen lagen im April bei oder relativ nahe an der allgemeinen Inflationsrate. Das gilt für Alleinerziehende sowie für Alleinlebende und kinderlose Paare mit jeweils mittleren Einkommen, die 7,2 Prozent bzw. 7,1 Prozent Teuerungsrate verzeichneten. Bei Familien mit mittleren Einkommen schlug die Inflation mit 7,0 Prozent zu Buche. Alleinlebende mit höherem Einkommen und Familien mit hohen Einkommen hatten Inflationsraten von 6,9 bzw. 6,8 Prozent (siehe auch die Informationen zur Methode unten und die Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

Trotz des nachlassenden Drucks bei den Preisen für Haushaltsenergie und Lebensmitteln spielen diese Kostenfaktoren für Haushalte mit niedrigeren Einkommen weiterhin eine große Rolle, wie der Detailvergleich zeigt. Bei ärmeren Alleinlebenden trugen sie im April 5,5 Prozentpunkte zu 8,1 Prozent haushaltsspezifischer Inflationsrate bei. Bei Familien mit niedrigeren Einkommen summierten sie sich auf 5,2 Prozentpunkte, bei Familien mit zwei Kindern und mittleren Einkommen immerhin noch auf 3,9 Prozentpunkte. Das Problem wird vor allem für Haushalte mit niedrigen Einkommen dadurch verschärft, dass die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, kaum zu ersetzen sind und viele nur geringe finanzielle Rücklagen haben.

Bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen trugen Nahrungsmittel und Haushaltsenergie hingegen lediglich 2,2 Prozentpunkte zur Inflationsrate von 6,2 Prozent bei. Bei ihnen wie den Haushalten mit höheren Einkommen waren dagegen beispielsweise die deutlich gestiegenen Preise für Pauschalreisen ein spürbarer Faktor bei der spezifischen Teuerung.  

Für die kommenden Monate erwarten die Fachleute des IMK eine weitere leichte Entspannung bei der Preisentwicklung. Dullien und Tober rechnen damit, dass mittlerweile auch die sogenannte Kernrate der Inflation – die Teuerung ohne Energie und Nahrungsmittel – ihren Höhepunkt erreicht hat. Das liege daran, dass die Preisschocks bei der Energie die Produktions- und Transportkosten nahezu aller Güter und Dienstleistungen verteuert haben, was zeitversetzt geschieht. Dieser Prozess könnte aber weitgehend abgeschlossen sein, schätzen die Fachleute: Mittlerweile dürften die Preisschocks „weitgehend in der Kernrate enthalten sein, sodass bei hinreichendem Wettbewerb in den kommenden Monaten Entspannung und teilweise auch Preisrückgänge zu erwarten wären“, schreiben die Forschenden. Im Zuge dieser Normalisierung dürften sich auch die „teilweise überhöhten Gewinnmargen“ zurückbilden, die etliche Unternehmen im Windschatten von Lieferengpässen und allgemein starken Preissteigerungen aufgeschlagen haben.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 12.05.2023, gekürzt

Die Vier-Tage-Woche wird öffentlich viel diskutiert. Positive Zwischenergebnisse von Pilotprojekten in Großbritannien haben Schlagzeilen gemacht: Beschäftigte sind mit der verkürzten Arbeitszeit produktiver, weniger gestresst und seltener krank. Auch in Deutschland halten viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Verkürzung ihrer Arbeitswoche unter bestimmten Voraussetzungen für sinnvoll, zeigt eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Darin untersuchen Dr. Yvonne Lott vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Stiftung und Dr. Eike Windscheid auf Basis aktueller Befragungsdaten, ob Vollzeiterwerbstätige eine Vier-Tage-Woche möchten oder nicht, und aus welchen Gründen. Kernergebnis: Rund 81 Prozent der Vollzeiterwerbstätigen wünschen sich eine Vier-Tage-Woche mit entsprechend niedrigerer Wochenarbeitszeit. Knapp 73 Prozent geben dabei an, eine Arbeitszeitverkürzung nur bei gleichem Lohn zu wollen. Acht Prozent der Erwerbstätigen würden ihre Arbeitszeit auch reduzieren, wenn dadurch das Entgelt geringer ausfiel. 17 Prozent der Befragten lehnen eine Vier-Tage-Woche ab, zwei Prozent haben ihre Vollzeittätigkeit bereits auf vier Tage verteilt.

Die Befragten, die sich eine Vier-Tage-Woche wünschten, gaben an, mehr Zeit für sich selbst und für ihre Familie haben zu wollen (knapp 97 bzw. 89 Prozent; Mehrfachnennungen möglich). Lott und Windscheid schlussfolgern daraus, dass eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Beschäftigte einen sehr hohen Stellenwert hat und viele eine Vier-Tage-Woche als Instrument ansehen, das ihnen dabei hilft. Mehr Zeit für Hobbies, Sport und Ehrenamt möchten 87 Prozent der Befragten. Eine Vier-Tage-Woche könnte also auch dabei helfen, zivilgesellschaftliches Engagement zu stärken, so die Forschenden. „Zeit für Muße hat damit einen besonderen Stellenwert für gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Stabilität von Demokratie.“ Rund 75 Prozent der Befragten möchten ihre Arbeitsbelastung verringern. Knapp 31 Prozent der Vollzeiterwerbstätigen möchten ihre Arbeitszeit aufgrund von gesundheitlichen Problemen verkürzen.

Wer eine Vier-Tage-Woche grundsätzlich ablehnt, hat sehr oft das Gefühl, dass sich an den Arbeitsabläufen nichts ändern würde (82 Prozent der 17 Prozent, die mit Nein geantwortet haben; auch hier waren Mehrfachantworten möglich) oder die Arbeit in kürzerer Zeit nicht zu schaffen wäre (rund 77 Prozent). Etwa 86 Prozent wollen ihre Arbeitszeit nicht verkürzen, weil sie Spaß an der Arbeit haben. Bei circa 69 Prozent der Befragten ohne Interesse kann die Arbeit nach eigener Einschätzung nicht einfach einen Tag ruhen. Knapp 38 Prozent lehnen eine Vier-Tage-Woche ab, weil sie häufig für Kollegen einspringen müssten, rund 34 Prozent haben das Gefühl, bei verkürzten Arbeitszeiten beruflich nicht voranzukommen.

Die Untersuchung basiert auf Daten von 2.575 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die in Vollzeit arbeiten und vertraglich geregelte Arbeitszeiten haben. Sie nahmen im November 2022 an der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung teil. Das ist eine Online-Panelbefragung, bei der seit April 2020 in bislang neun Wellen Berufstätige zu ihrer Arbeits- und Lebenssituation befragt werden. Die Auswahl der Befragten basiert auf strukturellen Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Bundesland und Bildung. Deren Verteilung in der Stichprobe entspricht der Verteilung in der amtlichen Statistik, sodass die Ergebnisse repräsentativ für die deutsche Erwerbsbevölkerung sind.

Produktivitätsgewinne durch kürzere Arbeitszeiten

Dass die große Mehrheit der Vollzeitbeschäftigten sich eine Vier-Tage-Woche bei gleichbleibendem Lohn wünscht, ist nach Einschätzung der Forschenden keine grundsätzliche Hürde für eine Arbeitszeitverkürzung. Bisherige Forschung weist darauf hin, dass Arbeitnehmer bei einer Vier-Tage-Woche produktiver arbeiten, wodurch ein Lohnausgleich kompensiert werden könne, betonen Lott und Windscheid. „Insofern handelt es sich bei der Vier-Tage-Woche um ein Arbeitszeitarrangement, das nicht nur betriebliche Gewinne verspricht, sondern auch individuell breit favorisiert wird“, schreiben die Forschenden. „Eine Verbesserung der subjektiven Zeitautonomie stellt dabei zugleich als wichtiger Aspekt von Arbeitgeberattraktivität einen Mehrwert bei der Gewinnung von Fachkräften dar.“

Weitere Vorteile sehen Lott und Windscheid für die Gesellschaft insgesamt – darin, dass sich Beschäftigte besser regenerieren können, Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren und eher gesund bleiben. „Es spricht daher viel dafür, dass Entscheidungsträger*innen in Politik, bei den Sozialpartnern sowie in Betrieben das Modell der Vier-Tage-Woche als Instrument zur Behebung des Fachkräftemangels, zur Stabilisierung von Sozialkassen, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie zur Gesunderhaltung von Beschäftigten in Erwägung ziehen und den verbreiteten Wunsch danach unter den Erwerbstätigen ernst nehmen sollten“, schreiben die Forschenden.
 
Jedoch müssen bei einer Vier-Tage-Woche auch die Arbeitsmenge und die Arbeitsabläufe angepasst werden. Ansonsten könnte sich eine Arbeitszeitverkürzung negativ auf die Motivation und das Wohlergehen der Beschäftigten auswirken. „Für eine wirkungsvolle Umsetzung braucht es verbindliche Vertretungsregelungen, mehr Personal sowie eine angepasste Arbeitsorganisation, z.B. Erreichbarkeitsregeln im Kundenkontakt, und eine verringerte Arbeitsmenge, z.B. durch Automatisierungsprozesse“, schreiben Lott und Windscheid. Ein weiterer wichtiger Punkt: Mehr und verlässliche öffentliche Kinderbetreuung sei auch dann nötig, wenn künftig deutlich mehr Beschäftigte vier Tage die Woche arbeiten.

Vorteile für Beschäftigte und betriebliche Voraussetzungen, WSI Policy Brief Nr. 79, Mai 2023

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 08.05.2023

Neueingestellte Frauen verdienen durchschnittlich 23 Prozent weniger als Männer. Vergleicht man Frauen und Männer im gleichen Beruf mit ähnlichen individuellen Merkmalen lag der Unterschied bei rund 15 Prozent. Unter Berücksichtigung des geschlechtsspezifischen Bewerbungsverhaltens reduziert sich die bereinigte Verdienstlücke sogar um mehr als die Hälfte auf rund 7 Prozent. Dies zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die am Montag veröffentlicht wurde.

„Der Frauen bewarben sich seltener bei Betrieben mit höheren Löhnen und häufiger bei solchen mit niedrigeren Löhnen. Ihre Bewerbungsquote bei Hochlohnfirmen war um mehr als 25 Prozentpunkte niedriger als die der Männer. Bei den zehn Prozent der Betriebe mit den niedrigsten Löhnen bewarben sich im Mittel rund 55 Prozent Frauen und 45 Prozent Männer. 

Flexibilitätsanforderungen, die mit einer ausgeschriebenen Stelle einher gehen, beeinflussen das Bewerbungsverhalten. Bewerber*innen sind bereit, längere Pendelstrecken für besser bezahlte Stellen zurückzulegen. Außerdem erfordern höher bezahlte Stellen im Durchschnitt mehr Flexibilität hinsichtlich Arbeitszeit und beruflicher Mobilität. Mit zunehmenden Flexibilitätsanforderungen steigt der Anteil der Bewerbungen von Männern. Im Mittel bewarben sich etwa 30 Prozent Frauen auf Stellen mit häufigen Dienstreisen und wechselnden Arbeitsorten. Dagegen lag der Anteil der Bewerbungen von Männern bei circa 70 Prozent. Auch legten Männer größere Pendeldistanzen zu Hochlohnfirmen zurück als Frauen, speziell im Vergleich zu Müttern. Mütter, die in geringerem Maße Flexibilitätsanforderungen nachkommen können, haben im Vergleich zu Männern und kinderlosen Frauen die höchsten Verdiensteinbußen. „Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, etwa durch flexiblere Arbeitsmodelle und mehr Kinderbetreuungsmöglichkeiten, sowie eine gerechtere Aufteilung der Sorge-Arbeit zwischen beiden Elternteilen könnte die individuelle Flexibilität erhöhen, was sich wiederum positiv auf das Bewerbungsverhalten und die Verdienstmöglichkeiten auswirken könnte“, erklärt IAB-Forscher Benjamin Lochner.

Die Ergebnisse beruhen auf kombinierten Daten der IAB-Stellenerhebung von 2016 bis 2020 und den Individualdaten 21.694 neueingestellter Personen im Rahmen der Integrierten Erwerbsbiografien (IEB), basierend auf dem Meldeverfahren der Sozialversicherungen in 2020. Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2023/kb2023-08.pdf

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 08.05.2023

Anteil 2022 fünf Prozentpunkte höher als zehn Jahre zuvor

Immer mehr Alleinerziehende sind Väter. Im Jahr 2022 traf dies auf 15 % der Alleinerziehenden zu, die in Deutschland mit ihren minderjährigen Kindern im gemeinsamen Haushalt leben. Der Anteil ist gestiegen: zehn Jahre zuvor lag er noch bei 10 %, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Vatertags am 18. Mai mitteilt. Parallel dazu hat auch die Zahl der alleinerziehenden Väter mit minderjährigen Kindern zugenommen: um 44 % von 166 000 im Jahr 2012 auf 239 000 im Jahr 2022. Zum Vergleich: Die Zahl der alleinerziehenden Mütter ging im selben Zeitraum um 10 % zurück: von 1,48 Millionen auf 1,33 Millionen.

Insgesamt gab es im vergangenen Jahr rund 1,57 Millionen Alleinerziehenden-Familien in Deutschland. Damit gab es in knapp jeder fünften Familie mit Kindern unter 18 Jahren (19 %) nur ein Elternteil. Der Anteil ist gegenüber 2012 leicht zurückgegangen: Damals machten 1,64 Millionen Alleinerziehenden-Familien einen Anteil von 20 % an allen Familien mit minderjährigen Kindern aus.

Insgesamt stieg die Zahl der Familien mit Kindern unter 18 Jahren von 8,11 Millionen im Jahr 2012 auf 8,45 Millionen im vergangenen Jahr.

Methodischer Hinweis:

Alleinerziehende sind Mütter und Väter, die ohne Ehe- oder Lebenspartner/-in mit minder- oder volljährigen Kindern in einem Haushalt zusammenleben. Im vorliegenden Fall werden nur Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern betrachtet.

Ausführliche Informationen zu den Änderungen der Neugestaltung des Mikrozensus sind auf einer Sonderseite verfügbar.

Weitere Informationen:

Weitere Daten zu Familien in Deutschland finden Sie auf unserer Themenseite.

Daten zur unterschiedlichen Erwerbs- und Einkommenssituation von Männern und Frauen sowie der geschlechterspezifischen Verteilung von Sorgearbeit enthält die Themenseite „Gleichstellungsindikatoren“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes. Sie bietet einen Überblick zu Stand und Entwicklung der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 16.05.2023

Familie und Arbeit unter einen Hut zu bekommen, ist für Eltern eine besondere Herausforderung. Vor allem Mütter übernehmen oft die Sorgearbeit und passen ihre Erwerbstätigkeit der Familiensituation an. Im Jahr 2022 waren 39,7 % der Mütter mit mindestens einem Kind unter drei Jahren erwerbstätig, wie das Statistische Bundesamt anlässlich des Muttertags am 14. Mai mitteilt. Der Anteil ist binnen 14 Jahren um 9 Prozentpunkte gestiegen, 2008 zu Beginn der Zeitreihe lag er bei 30,8 %. Ein Grund dürfte der Ausbau der Kinderbetreuung im Zuge der Einführung eines rechtlichen Anspruchs auf frühkindliche Betreuung sein. Auf die Erwerbstätigkeit von Vätern mit Kindern unter drei Jahren wirkte sich dies kaum aus. 2022 waren 89,6 % der Väter mit einem Kind unter drei Jahren erwerbstätig, 2008 waren es 88,9 %.  

Insgesamt lebten im vergangenen Jahr in Deutschland 8,2 Millionen Mütter mit minderjährigen Kindern unter einem Dach. Bei 2,1 Millionen von ihnen war mindestens ein Kind jünger als drei Jahre.   

Erwerbstätigkeit von Müttern insgesamt gestiegen  

Unabhängig vom Alter des Kindes ist die Erwerbstätigkeit der Mütter in den vergangenen 14 Jahren gestiegen. Waren 2008 noch 56,7 % aller Mütter mit Kindern unter 12 Jahren erwerbstätig, so waren es 2022 bereits 64,1 %. Bei Müttern mit älteren Kindern im Alter von 12 bis unter 18 Jahren stieg der Anteil im selben Zeitraum von 76,8 % auf 84,0 %. Insgesamt waren 2022 mehr als zwei von drei Müttern (69,3 %) Minderjähriger im Job, im Jahr 2008 waren es noch 62,8 %.   

Methodischer Hinweis: 

Erfasst werden Mütter und Väter im Alter von 15 bis 64 Jahren mit mindestens einem im Haushalt lebenden Kind (in Hauptwohnsitzhaushalten). Erfasst wird die realisierte Erwerbstätigkeit, das heißt, Personen, die ihr bestehendes Erwerbsverhältnis aufgrund von Mutterschutz oder Elternzeit unterbrechen, werden nicht berücksichtigt. Personen, die ihre Erwerbstätigkeit aufgrund von Krankheit oder Urlaub zum Stichtag nicht aktiv ausüben, sind enthalten.  

Weitere Informationen:  

Daten zur unterschiedlichen Erwerbs- und Einkommenssituation von Männern und Frauen sowie der geschlechterspezifischen Verteilung von Sorgearbeit finden Sie auf unserer neuen Themenseite Gleichstellungsindikatoren. Sie liefert einen Überblick zu Stand und Entwicklung der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland. 

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 09.05.2023

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Der Koalitionsvertrag für die aktuelle Legislaturperiode sieht nichts weniger als einen „Neustart der Familienförderung“ vor und meint damit die Reformierung und Bündelung der bisher bestehenden familienpolitischen Leistungen unter dem Dach der sog. Kindergrundsicherung. Jungen Menschen und Familien in Armutslagen soll so der Zugang zu den ihnen zustehenden Sozialleistungen erleichtert werden.

Dieser versprochene Neustart ist derzeit allerdings heftig ins Stottern geraten, weil sich die Koalitionspartner über die Frage der Finanzierung nicht einig werden. „Mit Sorge und Verärgerung“, so die AGJ-Vorsitzende Prof. Dr. Karin Böllert, „nimmt die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ wahr, dass beim zentralen sozialpolitischen Vorhaben der Regierungskoalition scheinbar der politische Wille für eine nennenswerte Investition in junge Menschen fehlt.“

Die AGJ begrüßt das Vorhaben, eine Kindergrundsicherung einzuführen, weil sie darin einen wichtigen Schritt zur Bekämpfung von Kinderarmut und zur Verbesserung der gesellschaftlichen Teilhabe von Kindern und Jugendlichen sieht. Die Kindergrundsicherung kann dazu beitragen, das unübersichtliche Nebeneinander familienpolitischer Leistungen – die sich in ihrer Wirkung teilweise aufheben – in eine neue transparente Struktur zu überführen und Bürokratie abzubauen. Wenn so deutlich mehr Anspruchsberechtigte als bisher die ihnen zustehende finanzielle Unterstützung erhalten, ist dies sozialpolitisch nur wünschenswert. Um bislang verschlossene Zukunftschancen zu öffnen, braucht es zusätzlich zu dem fixen Grundbetrag einen flexiblen, an die finanzielle Situation der Familie angepassten Zusatzbetrag. Damit stellt die Kindergrundsicherung einen Schritt in Richtung   gesellschaftlicher und sozialer Teilhabe für alle jungen Menschen dar.

Die AGJ hat in einem Positionspapier im Dezember 2022 folgende Mindestanforderungen an die Kindergrundsicherung formuliert:

  • Das Kind ist Anspruchsinhaber*in.
  • Die Kindergrundsicherung muss bedarfsgerecht und sozial gerecht ausgestaltet sein.
  • Die Kindergrundsicherung muss unkompliziert gewährt werden.
  • Der Gestaltung von Schnittstellen kommt eine zentrale Bedeutung zu.
  • Die Kindergrundsicherung muss auskömmlich finanziert sein.
  • Die Kindergrundsicherung muss mit dem Ausbau von Infrastrukturleistungen für Kinder und Jugendliche verknüpft werden.

 

Entscheidend wird sein, wie die Kindergrundsicherung konkret gestaltet wird. Dazu besteht eine Vielzahl möglicher Modelle – und es müssen nun Festlegungen zwischen den Koalitionspartnern getroffen werden. Andernfalls wird der für 2025 versprochene Start der Kindergrundsicherung, an dem die Koalition sich wird messen lassen müssen, nicht zu halten sein.

Fest steht: Die Kindergrundsicherung ist nicht zum Nulltarif zu haben. Die vom Familienministerium genannten 12 Mrd. € liegen dabei noch am unteren Ende der Kostenspanne. Die Nettokosten der bekannten Konzepte zur Umsetzung einer Kindergrund-sicherung betragen je nach Modell zwischen 10 und 22 Mrd. €. Ein großer Teil der Mehrkosten der Kindergrundsicherung geht allerdings darauf zurück, dass von einer automatischen Auszahlung, d. h. einer 100-prozentigen Inanspruchnahme ausgegangen und dies mit den Ausgaben für aktuelle Leistungen verglichen wird. Diese weisen aufgrund ihrer Komplexität und hoher bürokratischer Hürden allerdings deutlich geringere Inanspruchnahmequoten auf. Dies zu Lasten der Kinder in Armutslagen auszublenden, ist unlauter, zumal in der Debatte um die Kosten der Kindergrundsicherung die entlastenden Effekte einer besseren monetären Absicherung von Kindern und Jugendlichen bisher nicht ausreichend berücksichtigt werden. Dazu Prof. Dr. Karin Böllert: „Bislang bleiben die monetären Folgekosten eines Aufwachsens in Armut außen vor. Nicht zuletzt ist die auskömmliche Finanzierung der Kindergrundsicherung eine Frage sozialer Gerechtigkeit – daran zeigt sich, was einer Gesellschaft ihre Kinder wert sind.“

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ vom 03.05.2023

‚Eintritt zum Arzt leider nicht möglich!‘. Nur jede vierte Praxis in Deutschland ist in Teilen barrierefrei, weniger als ein Drittel ist barrierereduziert.1 „Aus Sicht der AWO ist das ein unhaltbarer Zustand,“ konstatiert AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner anlässlich des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. „14 Jahre nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention ist das ein Skandal! Gesundheit ist ein Menschenrecht. Allen Menschen ist der gleichberechtigte Zugang zu Gesundheitsleistungen zu ermöglichen!“  

Von der Bundesregierung fordert die AWO-Präsidentin mehr Finanzmittel für den barrierefreien Umbau des Gesundheitswesens: “Wir müssen aus dem Schneckentempo der letzten Jahre herauskommen. Menschen brauchen sofort Zugang zu ärztlichen Einrichtungen. Fehlender Zutritt für Menschen mit Behinderungen zu Arztpraxen und Gesundheitseinrichtungen ist ein Armutszeugnis für unser Gesundheitssystem und kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen für Betroffene haben.“  

Sonnenholzner, die selbst Ärztin ist, führt weiter aus: „Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag versprochen, bis zum Ende des Jahres 2022 einen Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen aufzustellen. Am heutigen 5. Mai 2023, dem Europäischen Protesttag, liegt immer noch kein Plan vor. Es ist Zeit für die Bundesregierung, auf Worte Taten folgen zu lassen. Sie muss konkrete Schritte benennen und verbindliche Zeiträume definieren, in denen die vollständige Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen im Gesundheitssystem umgesetzt wird.“ 

Durch die Ratifizierung der UN-BRK ist Deutschland dazu verpflichtet, Menschen mit Behinderungen eine wohnortnahe gesundheitliche Versorgung auf demselben Standard zu garantieren wie Menschen ohne Behinderungen. Außerdem sollen sie alle Leistungen der gesundheitlichen Versorgung erhalten, die sie aufgrund ihrer Behinderung benötigen. Des Weiteren haben alle Versicherten das Recht, sich ihre Ärztin frei zu wählen. In § 17 Abs. 1 SGB I heißt es zudem, dass die Leistungsträger darauf hinwirken müssen, dass Sozialleistungen in barrierefreien Räumen erbracht werden. In der Praxis stoßen Menschen mit Behinderungen in Deutschland vielerorts jedoch auf zahlreiche Barrieren: Sei es die nicht barrierefreie Internetseite, der fehlende Aufzug oder nicht vorhandene Informationsmaterialien in einfacher oder Leichter Sprache.    

1 Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion vom Oktober 2020 (Drucksache 19/23214 (bundestag.de)); vgl. Zahlen der KBV zitiert in: DVFR Reha Recht: Bundesinitiative Barrierefreiheit auf den Weg gebracht (reha-recht.de) und Drucksache 20/4977 — Eckpunkte für die Bundesinitiative Barrierefreiheit – Deutschland wird barrierefrei (bundestag.de) 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 05.05.2023

Gemeinsamer Appell von über 50 Organisationen an die Bundesregierung

„In den Diskussionen über die Reform des EU-Asylrechts wird über das verhandelt, was eigentlich indiskutabel ist: das Versprechen, dass Menschen auf der Flucht, sobald sie Boden in der EU betreten, dort auch Schutz finden müssen. Wir sehen mit zunehmender Sorge, dass viele bereit sind, dieses grundlegende Prinzip aufzuweichen,“ so Steffen Feldmann, Vorstand des Deutschen Caritasverbandes für Internationales, anlässlich der Veröffentlichung eines Appells von über 50 Organisationen an die Bundesregierung.

Die Caritas und die anderen Unterzeichnenden fordern die Bundesregierung auf, in den Verhandlungen keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes einzugehen. Die Ende April veröffentlichte deutsche Verhandlungsposition signalisiert eine besorgniserregende Bereitschaft, den Weg der schleichenden Entwertung von Grund- und Menschenrechten mitzugehen. „Die aktuellen Reformvorschläge rütteln nicht nur an den Grundfesten des Rechtsstaates, sondern werden auch bereits existierende Probleme des europäischen Asylsystems noch verschärfen,“ so der Appell.

Das dysfunktionale EU-Asylsystem nach dem Dublin-Prinzip, bei dem überwiegend die Staaten an den EU-Außengrenzen für die Durchführung von Asylverfahren zuständig und damit überlastet sind, muss nicht noch einmal neu aufgelegt, sondern aufgegeben werden, so der Appell. Dieses System führt jetzt schon dazu, dass Tausende Menschen in unwürdigen Bedingungen in Lagern ohne Perspektive ausharren, etwa auf den griechischen Inseln.

„Das Leitmotiv für politische Entscheidungen muss immer der menschenwürdige Umgang mit Schutzsuchenden sein“, betont Feldmann. „Ein gemeinsames Asylsystem kann nur dann funktionieren, wenn es den desolaten Zuständen an den EU-Außengrenzen ein Ende setzt.“

Vorschlag für einen solidarischen Verteilungsmechanismus

„Wir brauchen einen wirklich solidarischen Mechanismus, in dem sich widerspiegelt, dass die EU hier eine gemeinschaftliche Verantwortung trägt “ so Steffen Feldmann. Eine solche Regelung muss sowohl den unterschiedlichen Auffassungen der EU-Mitgliedstaaten aber auch den Bedürfnissen und Interessen der Schutzsuchenden gleichermaßen gerecht werden.

Die Caritas, das Kommissariat der Deutschen Bischöfe – katholisches Büro und der Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland haben hierzu einen konkreten Vorschlag erarbeitet. Dieser sieht vor, dass jeder Mitgliedstaat jedes Jahr der EU-Kommission mitteilt, wie viele Schutzsuchende er bereit und in der Lage ist aufzunehmen. Gleichzeitig gesteht er den Asylsuchenden eine aktive Rolle zu, indem durch eine Ausweitung der Kriterien persönliche Verbindungen zu einem Mitgliedstaat der EU – über die Präsenz von Verwandten in einem bestimmten Land hinaus – im Asylverfahren stärker gewichtet werden als bisher.

Um Mitgliedstaaten mit hohen Aufnahmekapazitäten zu unterstützen und um Anreize für diejenigen Mitgliedstaaten zu schaffen, die geringe Aufnahmekapazitäten melden, wird im EU-Haushalt ein Fonds eingerichtet, in den alle Mitgliedstaaten gemessen an ihrem Bruttoinlandsprodukt einzahlen und aus dem die Mitgliedstaaten entsprechend ihrer gemeldeten Aufnahmekapazitäten Zahlungen erhalten, um ihre Kosten auszugleichen und Maßnahmen zu finanzieren, die den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken.

Hier finden Sie den heute veröffentlichten Appell an die Bundesregierung zu ihrer Position zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems „Keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes“. Unterzeichnende des Appells sind neben der Caritas bspw. auch ProAsyl, Amnesty International, Diakonie, AWO, Der Paritätische, JRS, MSF und andere.

Hier geht es zu den gemeinsamen Vorschlägen des Deutschen Caritasverbands, des Kommissariats der deutschen Bischöfe – katholisches Büro Berlin und dem Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland für ein praktikables gemeinsames europäisches Asylsystem.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 17.05.2023

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden in Deutschland 295.300 neue Wohnungen im Jahr 2022 gebaut. Vorgenommen hatte sich die Ampelregierung den Neubau von 400.000 Wohnungen, um der grassierenden Wohnungsnot Einhalt zu gebieten. Dass dieses Ziel nicht erreicht wurde, hat viele Gründe, unter anderem massiv gestiegene Baukosten und Grundstückspreise. Zu den neuen Zahlen erklärt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Angemessene, bezahlbare Wohnungen sind eine zentrale Frage sozialer Gerechtigkeit. Deshalb muss die Bundesregierung die Wohnungspolitik neu und konsequent denken – sozial und ökologisch. Die Wohnsituation ist an vielen Orten desolat, die Mietsteigerungen in Ballungsräumen sind dramatisch, die Zahl der Sozialwohnungen nimmt immer weiter ab. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum hat längst die Mittelschicht erreicht. Besonders betroffen sind jedoch Menschen mit Behinderungen, alte Menschen, Familien mit vielen Kindern, Wohnungslose und andere am Wohnungsmarkt strukturell Benachteiligte, die keine Bleibe finden.“

Ergänzend zum Neubau schlägt die Diakonie ein Maßnahmenbündel gegen Wohnungsnot vor:

– Deutschland braucht die Einführung einer echten Wohngemeinnützigkeit und damit einen nicht gewinnorientierten Sektor im Wohnungsmarkt.

– Das Konzept der Gemeinwohlwohnungen muss umgesetzt werden. Es sieht eine besondere Förderung für privater Vermieter vor, die energetisch sanieren und sich verpflichten, preisgedämpft zu vermieten.

– Die energetische Gebäudesanierung muss konsequent vorangetrieben werden. Dabei müssen Steuermittel nicht mit der Gießkanne, sondern nach sozialen Kriterien verteilt werden.

– Spekulationsgewinne aus Immobiliengeschäften müssen weitgehend abgeschöpft und für bezahlbares Wohnen eingesetzt werden.

– Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Mietrechtsreform muss kommen.

Weitere Informationen: https://www.diakonie.de/armut-und-arbeit/bezahlbarer-wohnraum

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 23.05.2023

Der Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern im Grundschulalter soll stufenweise ab 2026 eingeführt werden. Eine qualitativ hochwertige Umsetzung des Ganztagsfördergesetzes (GaFöG) kann einen wichtigen Beitrag zu mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit für alle Kinder leisten. Die Diakonie Deutschland unterstützt kirchliche und diakonische Träger der Kinder- und Jugendhilfe deshalb mit einem neuen Entwicklungs- und Zertifizierungsprogramm beim Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems im Ganztagsbereich.

Mit dem neuen „Bundesrahmenhandbuch Bildung und Betreuung für junge Menschen im Ganztag“ verknüpft die Diakonie den Rechtsanspruch mit einer Qualitätsoffensive im Ganztagsbereich. Das „Bundesrahmenhandbuch“ beschreibt erforderliche Führungs-, Kern- und Unterstützungsprozesse, Ziele und Qualitätskriterien für den Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems zur Entwicklung der Ganztagsqualität von kirchlich-diakonischen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe mit evangelischem Profil. Es stellt das psychische und physische Wohlergehen junger Menschen in den Mittelpunkt. Partizipation als zentrales Element zur Verwirklichung der Kinderrechte sowie eine demokratische Verfasstheit der Arbeit sind entscheidend für die Qualität ganztägiger Bildung und Betreuung.

Die Qualität des Ganztages und ein gelingendes Zusammenwirken mit außerschulischen Trägern ist entscheidend für die Verbesserung der Bildungschancen für junge Menschen aus benachteiligenden Lebensverhältnissen und eine stärkere Entkopplung von Herkunft und Bildungserfolg. Über die Unterstützung bei Aufbau oder Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements hinaus eröffnet das Bundesrahmenhandbuch auch die Möglichkeit zur Zertifizierung mit Diakonie-Siegel sowie nach DIN EN ISO 9001. Das Siegel belegt, dass Einrichtungen und Angebote evangelischer Träger im Ganztag eine ganz besondere Qualität nach modernsten Standards aufweisen, dabei einen hohen Anspruch an ihre Professionalität haben sowie unabhängig, überprüfbar sowie transparent sind. Das Rahmenhandbuch ermöglicht es jedem Träger, sein individuelles Profil vor Ort herauszubilden und weiter zu stärken. Mit ihm werden die praxisnahe Reflexion der eigenen Abläufe erleichtert und Räume eröffnet, den eigenen fachlichen Ansprüchen an Qualität im Ganztag gerecht zu werden.

Zum Bundesrahmenhandbuch:

https://shop.diakonie.de/Bildung-und-Betreuung-fuer-junge-Menschen-im-Ganztag-Bundesrahmenhandbuch-Diakonie-Siegel/90032088

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 04.05.2023

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat einen Alternativbericht zum neunten CEDAW-Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht und darin umfassende Forderungen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau gestellt.

Heute findet die Anhörung der Bundesrepublik Deutschland vor dem Frauenrechtsausschuss der Vereinten Nationen anlässlich des neunten CEDAW-Staatenberichtsverfahrens in Genf statt. CEDAW ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau. Die Bundesregierung ist verpflichtet, dem CEDAW-Ausschuss regelmäßig über den derzeitigen Umsetzungsstand der Rechte dieses Abkommens zu berichten. Im Juli 2021 hat die Bundesregierung ihren neunten Staatenbericht (CEDAW/C/DEU/9) abgegeben, auf dessen Grundlage die heutige Anhörung stattfindet. Im Anschluss an die Anhörung wird der Ausschuss der Bundesrepublik Empfehlungen zur verbesserten Umsetzung machen und dabei auch die sogenannten „Alternativberichte“ der Zivilgesellschaft berücksichtigen.

„Wir begleiten im djb die Umsetzung dieses wichtigen internationalen Abkommens für die Rechte der Frau sehr aufmerksam und drängen auf Verbesserungen“, so Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb.

Die Forderungen des djb-Alternativberichts beziehen sich auf die Bereiche des Waffenhandels, der Digitalisierung, der geschlechtsspezifischen Gewalt, der Rechte geflüchteter Frauen, der politischen Teilhabe, des Arbeitsmarktzugangs, des Steuerrechts sowie des Schwangerschaftsabbruchs. Im Einzelnen kritisiert der djb beispielsweise, dass die Vorgaben des Vertrags über den Waffenhandel zur Risikoüberprüfung hinsichtlich geschlechtsspezifischer Gewalt nicht ausreichend umgesetzt wurden. Der djb fordert die Bundesregierung dazu auf, die geschlechtergerechte Gestaltung der Digitalisierung institutionell abzusichern. Im Hinblick auf Strafverfahren gegen geschlechtsspezifische Gewalt kritisiert der Alternativbericht die mangelhafte Unterstützung der Betroffenen sowie fehlende Fortbildungsmöglichkeiten der staatlichen Stellen. Der djb weist außerdem darauf hin, dass geflüchtete Frauen in Deutschland nicht ausreichend geschützt werden, und fordert ihren uneingeschränkten Zugang zu Frauenhäusern. Hinsichtlich des deutschen Arbeitsmarkts konstatiert der djb eine ausgeprägte Geschlechtersegregation sowie eine fortbestehende Entgeltungleichheit und macht Vorschläge, um dieser Diskriminierung entgegenzuwirken. Der Alternativbericht fordert ferner die Abschaffung negativer Erwerbsanreize im Steuer- und Sozialrecht und die Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 11.05.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert zum heutigen Tag des Grundgesetzes an Bund und Länder, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation sind Kinderrechte im Grundgesetz ein unverzichtbarer Baustein, um kindgerechtere Lebensbedingungen und bessere Entwicklungschancen für alle Kinder zu schaffen, ihre Rechtsposition deutlich zu stärken, und Kinder an den sie betreffenden Entscheidungen zu beteiligen. Mit der Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention besteht die große Chance, langfristig eine tragfähige Grundlage für ein kinder- und familienfreundlicheres Land zu schaffen.

„Bundestag und Bundesrat müssen endlich mit der Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz einen großen Schritt für eine kinderfreundlichere Gesellschaft machen. Es muss rechtlich normiert werden, dass das Kindeswohl vorrangig zu beachten ist, dass Kinder das Recht auf Entwicklung, auf Schutz, auf Förderung und das Recht auf Beteiligung haben. Es braucht im Grundgesetz einen eigenen Artikel für die Kinderrechte, die unabhängig von den Elternrechten und ohne mit ihnen in Konflikt zu geraten gegenüber dem Staat gelten. Die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland ist durch die aktuelle Rechtslage nicht abgesichert“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Bei der Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen war immer wieder zu hören, dass die Vernachlässigung der Kinderinteressen ein Fehler war und zukünftig ausgeschlossen werden muss. Das kann aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes am besten mit der Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz bewerkstelligt werden. Bereits seit vielen Jahren gibt es auf Bundesebene eine breite Unterstützung für die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz, denn dadurch würde der Staat insgesamt stärker in die Pflicht genommen werden, wenn es beispielsweise um die Wahrnehmung seiner Verantwortung für kindgerechte Lebensverhältnisse und um gleiche Entwicklungschancen für alle Kinder und Jugendlichen geht. Und auch angesichts der aktuellen Debatten über eine viel zu hohe Kinderarmutsquote, unterschiedliche Bildungschancen, ein Auseinanderdriften der Gesellschaft in Arm und Reich und häufige Fälle von Vernachlässigung wäre dies ein wichtiges Signal. Der Gesetzgebungsprozess dazu muss baldmöglichst starten, damit das Vorhaben noch in dieser Legislaturperiode des Bundestages umgesetzt werden kann. Denkbar wäre dafür auch, dass die Bundesländer jetzt einen Anstoß geben, damit der Prozess in Schwung kommt“, so Lütkes weiter.

„Die Interessen der Kinder und Jugendlichen dürfen darüber hinaus auch im Hinblick auf eine zukunftsfähige Gesellschaft nicht außer Acht gelassen werden. Schließlich entspricht eine starke Subjektstellung von Kindern einem veränderten gesellschaftlichen Verständnis. Dieses sollte sich auch im Grundgesetz niederschlagen, das in den letzten Jahrzehnten unzählige Male an aktuelle Bedingungen angepasst wurde. Als ausdrücklicher Bestandteil der Werteordnung des Grundgesetzes könnten Kinderrechte die Anwendung sämtlichen Rechts prägen. Dies würde sich vor allem auf die Auslegung der Kinderrechte durch Gerichte und Behörden positiv auswirken und die Stellung von Eltern und Kindern gegenüber dem Staat stärken. Es geht bei den Kinderrechten somit nicht um Symbolik, sondern um eine mit tatsächlichen rechtlichen Auswirkungen, denn die Strahlkraft des Grundgesetzes wirkt sowohl in alle gesellschaftlichen als auch in alle rechtlichen Bereiche“, sagt Anne Lütkes.

Ein im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes bereits vor einiger Zeit erstelltes Rechtsgutachten hatte sich für die explizite Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz ausgesprochen. Die Gutachter kamen zu der Einschätzung, dass die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland durch die aktuelle Rechtslage nicht abgesichert sei. So bestehe ein erhebliches Umsetzungsdefizit in Rechtsprechung und Verwaltung, da die Kinderrechte durch eine völkerrechtsfreundliche Auslegung des Grundgesetzes oder eine Kombination mit anderen Verfassungsnormen erst kompliziert hergeleitet werden müssen. Deshalb würden eindeutige Formulierungen im Grundgesetz zum besseren Verständnis und zu mehr Rechtssicherheit beitragen, so dass eine angemessenere Berücksichtigung von Kinderrechten durch Gerichte, die Verwaltung und den Gesetzgeber zu erwarten sei. Das „Gutachten bezüglich der Aufnahme eines ausdrücklichen Kindergrundrechts in das Grundgesetz vor dem Hintergrund der Maßgaben der Kernprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention“ kann unter https://www.dkhw.de/schwerpunkte/kinderrechte/kinderrechte-ins-grundgesetz/  heruntergeladen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 23.05.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert zum heutigen Start der JugendPolitikTage in Berlin einen grundlegenden Wandel bei der Kinder- und Jugendbeteiligung in Deutschland. „Es muss Schluss sein mit den Lippenbekenntnissen und Sonntagsreden, wenn es um die Mitwirkung junger Menschen geht. Wir brauchen einen grundlegenden Wandel im Verständnis der Erwachsenen bei der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Beteiligung heißt nämlich auch Macht abzugeben, und darf nicht zu einer Pseudo-Beteiligung verkommen, die nur dann zugestanden wird, wenn es den Erwachsenen gerade in den Kram passt. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist kein ,nice to have‘, sondern ein zentraler Wert einer demokratischen Gesellschaft. Deshalb sollten verbindliche Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen systematisch ausgebaut und strukturell verankert werden, zuvorderst im Grundgesetz“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Eine vom Deutschen Kinderhilfswerk veröffentlichte Studie ist vor einiger Zeit zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche in Deutschland dringend weiter ausgebaut werden müssen. Auch wenn sich in vielen Bundesländern und in zahlreichen Kommunen in den letzten Jahren einiges zum Positiven verändert hat, wird der Partizipation von Kindern und Jugendlichen oftmals nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei kommt der Bundesebene für den Wissenstransfer und bundesweite Maßnahmen besondere Bedeutung zu. Deshalb gehört das Thema verstärkt auf die bundespolitische Agenda. Es gilt, den Beteiligungsrechten von Kindern und Jugendlichen flächendeckend Geltung zu verschaffen.

„Die Interessen, Wünsche und Ideen von Kindern und Jugendlichen sind sehr vielfältig, je nach Alter oder sozialen, gesundheitlichen oder finanziellen Lebensbedingungen. Ganz klar ist, dass alle Kinder und Jugendlichen laut UN-Kinderrechtskonvention das Recht haben, ihre Meinung zu äußern und an Entscheidungen, die sie betreffen, beteiligt zu werden. So können beispielsweise Kinder- und Jugendparlamente dazu beitragen, dass die Anliegen von Kindern und Jugendlichen gegenüber Erwachsenen Gehör finden und an Stärke gewinnen. Optimalerweise sind sie zentrale Interessenvertretungen, mit denen Kinder und Jugendliche gleichberechtigte Teilhabe und Einfluss auf Entscheidungen in der Kommune einfordern können“, so Krüger weiter.

Der vom Bundesfamilienministerium angekündigte Nationale Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung der Bundesregierung (NAP) sollte schnell auf den Weg gebracht werden. Darin sollten möglichst alle Beteiligungsformate Berücksichtigung finden: Kinder- und Jugendparlamente, Jugendbeiräte und Kinderforen ebenso wie Beteiligungsnetzwerke und Jugendverbände. „Der Nationale Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung sollte die vielfältigen Potentiale der Kinder- und Jugendbeteiligung insbesondere auf der lokalen Ebene, aber auch auf Bundes- und Länderebene stärker zusammenführen und sichtbar machen. So gibt es beispielsweise mehrere hundert Kinder- und Jugendparlamente in Deutschland, bei gleichzeitig rund 11.000 Kommunen in unserem Land sehen wir aber noch große Lücken, die es zu schließen gilt. Dazu gehört es auch, über die Notwendigkeit der Kinder- und Jugendbeteiligung mehr als bisher zu informieren. Dabei sind auch die kommunalen Spitzenverbände gefragt. Schließlich sollte der Aktionsplan auch Aussagen über notwenige Qualitätsstandards der Kinder- und Jugendbeteiligung treffen, und dabei vor allem auf praxisdienliche Methoden und Arbeitsformen abheben“, sagt Thomas Krüger.

Bei den JugendPolitikTagen vom 11. bis 14. Mai in Berlin entwickeln bis zu 1.000 junge Menschen Maßnahmen und Zukunftsideen für eine kinder- und jugendgerechtere Politik. Im Mittelpunkt steht dabei auch die Erarbeitung von Empfehlungen für den Nationalen Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung. Erstmals finden die JugendPolitikTage zusammen mit dem Bundestreffen der Kinder- und Jugendparlamente statt. Für die Organisation und inhaltliche Gestaltung dieses Bundestreffens arbeitet der Veranstalter Jugendpresse Deutschland e.V. mit der Initiative Starke Kinder- und Jugendparlamente zusammen. Diese Initiative besteht aus der Akademie für Kinder- und Jugendparlamente in Trägerschaft des Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten e.V. (AdB), dem Deutschen Kinderhilfswerk e.V. als Träger der Servicestelle Starke Kinder- und Jugendparlamente und des Jugendbeirates, einer wissenschaftlichen Begleitung durch die Professoren Dr. Waldemar Stange und Dr. Roland Roth, sowie dem für die „Jugendstrategie und eigenständige Jugendpolitik“ zuständigen Referat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 11.05.2023

Mit dem Launch des Infoportals https://kommunen.kinderrechte.de/ präsentieren das Deutsche Kinderhilfswerk und der Verein Kinderfreundliche Kommunen einen neuen Baustein zur besseren Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention auf kommunaler Ebene. Die auf dem Infoportal gesammelten Materialien über Kinderrechte werden Städte und Gemeinden dabei unterstützen, ihre Angebote, Planungen und Strukturen im Sinne der Interessen von Kindern zu verbessern. Zielgruppen des Portals sind insbesondere Verwaltungsmitarbeitende sowie politische Entscheidungsträgerinnen und -träger in den Kommunen, beispielsweise Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Gemeinderäte.

„Insbesondere den Kommunen kommt bei der Umsetzung der Kinderrechte eine wichtige Rolle zu, da ihre Aufgaben und ihr Handeln sich sehr oft direkt oder indirekt auf Kinder auswirken. Der Wissenstransfer unter den kommunalen Akteurinnen und Akteure ist allerdings bisher eher gering, obwohl kontinuierlich Materialien zum Thema entstehen. Das möchten wir mit dem neuen Infoportal ändern“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„In fast allen kommunalen Handlungsfeldern spielen Kinderrechte eine Rolle und sind damit eine typische Querschnittsaufgabe. Doch die UN-Kinderrechtskonvention bekannt zu machen und auf eine praktische Ebene in die täglichen Arbeitsabläufe einer Kommunalverwaltung zu übersetzen, ist eine Herausforderung. Auf dem Infoportal ‚Kinderrechte in Kommunen‘ finden Mitarbeitende von Städten und Gemeinden jetzt gebündelt an einer Stelle Informationen zu Kinderrechten und ihrer Beachtung im Verwaltungshandeln. Das wird die Kinderechte auf kommunaler Ebene einen Schritt voranbringen“, sagt Dominik Bär, Geschäftsführer des Vereins Kinderfreundliche Kommunen.

Das Infoportal „Kinderrechte in Kommunen“ ist ein Angebot der Koordinierungsstelle Kinderrechte des Deutschen Kinderhilfswerkes und des Vereins Kinderfreundliche Kommunen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fördert das Infoportal. Neben dem Infoportal bietet der Verein Kinderfreundliche Kommunen ein auf die jeweilige Kommune maßgeschneidertes Programm, das bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention unterstützt. Das Deutsche Kinderhilfswerk qualifiziert darüber hinaus Kommunalmitarbeitende zu Kinderrechten und insbesondere zu Beteiligung im Verwaltungshandeln.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 11.05.2023

Die Mitgliederversammlung des Kinderschutzbundes hat Professorin Sabine Andresen zur neuen Präsidentin gewählt. Heinz Hilgers kandidierte nach 30 Jahren Präsidentschaft nicht mehr für den Vorsitz.

Professorin Sabine Andresen ist Kindheits- und Familienforscherin an der Goethe-Universität Frankfurt (Main). Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören Kinderarmut, sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen und deren Aufarbeitung, Generationengerechtigkeit und Bildungsmöglichkeiten. Von 2016 bis 2021 war Andresen ehrenamtlich Vorsitzende der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung.

Kinderschutzbund-Präsidentin Sabine Andresen:

„Kinder und Jugendliche brauchen starke Verbündete. Darum nehme ich die Aufgabe, mich als Präsidenten des Kinderschutzbundes zusammen mit dem neu gewählten Vorstand für die Belange der jungen Generation einzusetzen, gern an. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie oft die Interessen, Bedürfnisse und vor allem die Rechte von Kindern und Jugendlichen nachrangig behandelt werden. Wir brauchen in unserer Gesellschaft endlich einen Sinneswandel. Insbesondere müssen sich Kinder und Jugendliche darauf verlassen können, dass sie gehört, gesehen und beteiligt werden. Der Kinderschutzbund tritt seit Langem dafür ein.“

Andresen fügt hinzu:

„Armut, Gewalt, die medizinische Versorgung, Bildung, Erfahrungen mit Diskriminierung und Ungerechtigkeit, aber auch das Recht der jungen Generation auf Zukunft angesichts der Klimakrise sind zentrale Themen des Kinderschutzbundes. Bei uns werden starke Kinderrechte als Basis für den Schutz von Kindern und Jugendlichen verstanden.“

Andresen weiter:

„Ich danke Heinz Hilgers im Namen des gesamten Kinderschutzbundes für sein außerordentliches Engagement im Kampf für die Rechte der Kinder. In seiner Amtszeit sind Meilensteine wie das Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung umgesetzt worden. Die Debatte um die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz hat es in den breiten Diskurs geschafft, auch, wenn diese Aufgabe bleiben wird. Sein besonderes Engagement galt immer jenen Kindern, die in Armut aufwachsen. Er entwickelte maßgeblich das Konzept einer Kindergrundsicherung, die Kinderarmut nachhaltig bekämpfen soll. Und er setzte sich in unzähligen Gesprächen mit Politikerinnen und Politikern, auf Bundes- Landes- und Kommunalebene, in Zeitungen, im Radio und Fernsehen für eine gerechtere Gesellschaft ein, in der jedes Kind eine echte Chance bekommt. Heinz Hilgers ist daher heute von der Mitgliederversammlung zum Ehrenpräsidenten des Kinderschutzbundes ernannt worden.“

Der neue Bundesvorstand des Kinderschutzbundes im Überblick:

Präsidentin

Prof. Dr. Sabine Andresen, geboren 1966 in Nordstrand, verheiratet, eine erwachsene Tochter.

  • Promotion in Heidelberg, Habilitierung in Zürich
  • seit 2011 Professur für Familienforschung und Sozialpädagogik an der Goethe-Universität Frankfurt am Main
  • seit 2011 Vizepräsidentin des Kinderschutzbundes
  • von 2016 bis 2021 ehrenamtlich Vorsitzende der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs

Vizepräsident

Joachim Türk, geboren 1957 in Bad Marienberg, verheiratet, zwei erwachsene Töchter, ein Enkel

  • Chefredakteur der Rhein-Zeitung, Aufbau Online-Dienst
  • Unternehmensberater mit dem Schwerpunkt digitale Transformationsprozesse
  • Lehrbeauftragter TH Köln (u.a. Social Media Marketing); HS Osnabrück (Strategische Onlinekommunikation); Goethe-Universität Frankfurt (Ökosysteme des Internet)

Vizepräsidentin

Nezahat Baradari, MdB, geboren 1965 in Ankara (Türkei), verheiratet, zwei erwachsene Töchter

  • Seit 2019 Mitglied im Deutschen Bundestag, SPD-Bundestagsfraktion
  • Mitglied im erweiterten Fraktionsvorstand der SPD-Bundestagsfraktion, Mitglied im Gesundheitsausschuss, Mitglied im Ausschuss für europäische Angelegenheiten
  • Seit 2008 Niederlassung als Kinder- und Jugendärztin in Attendorn

Schatzmeister

Rolf Himmelsbach, geboren 1956 in Hannover, zwei Kinder

Schriftführerin

Prof. Beate Naake, geboren 1973 in Riesa, drei Kinder

Beisitzerin

Yvonne Bauer, geboren 1977 in Werneck, drei Kinder

Beisitzerin

Heidi Schmieding, geboren 1954 in Korbach, ein Sohn

Quelle: Pressemitteilung Kinderschutzbund – Bundesverband e.V. vom 13.05.2023

eaf vermisst gesellschaftliche Debatte zu europäischem Elternschafts­zertifikat

 

Die Frist für die nationalen Parlamente, sich zur EU-Verordnung zur Einführung eines Eltern­schaftszertifikats zu äußern, läuft Anfang Juni aus. Die Zeit für eine Stellungnahme und die dazu gehörige gesellschaftliche Debatte drängt also.

 

Die evangelischen arbeitsgemeinschaft familie (eaf) begrüßt grundsätzlich den Vorschlag der Europäischen Kommission. Insbesondere die Anerkennung der Elternschaft von gleichgeschlecht­lichen Eltern und Adoptiveltern in jedem Mitgliedsstaat ist ein wichtiger Schritt zur Wahrung von Kinderrechten innerhalb der Europäischen Union. Kritisch sieht die eaf hingegen, dass damit faktisch auch Rechtssicherheit für Eltern geschaffen wird, die sich ihren Kinderwunsch mithilfe von Leihmutterschaft erfüllen.

 

„Leihmutterschaft macht die Reproduktionsfähigkeit der Frau zu einer käuflichen Ware. In Deutschland ist sie deshalb zu Recht verboten. Die Risiken und Belastungen einer Schwanger­schaft und die Ausnutzung sozialer Notlagen durch die meist wohlhabenderen Auftraggeber werden von den Befürwortern heruntergespielt“, so Präsident Prof. Martin Bujard.

 

Aus Sicht der eaf sollte der juristischen Regelung solcher Fragen eine gesellschaftliche Debatte voraus gehen, die bislang jedoch noch nicht geführt wurde. „So lange die dazu kürzlich eingerichtete Kommission keinen Abschlussbericht vorgelegt hat, der in Parlament und Zivilgesellschaft diskutiert wurde, erwarten wir von der Bundesregierung, der Verordnung nicht zuzustimmen, da sie über die deutsche Rechtslage hinaus Fakten schafft.“ Bujard formuliert die Position der eaf: „Die rechtliche Zuordnung von Kindern, die im Ausland von einer Leihmutter geboren werden, muss – analog zur deutschen Rechtsprechung – aus der Anerkennungsregelung zwischen den Mitgliedsstaaten ausgenommen werden. Es sollten weiterhin gerichtliche Einzelfallentscheidungen erfolgen, die sich ausschließlich an dem Kriterium des Kindeswohls orientieren.“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 24.05.2023

LSVD fordert Ergänzung des Grundgesetzes

Im Koalitionsvertrag haben SPD, FDP und Bündnis 90/ Die Grünen eine Anpassung des Artikel 3,3 des Grundgesetzes für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans* und intergeschlechtliche sowie queere (LSBTIQ*) Menschen in Aussicht gestellt. Aktuell gibt es allerdings keine wahrnehmbaren Bestrebungen der Regierungskoalition, dieses Versprechen umzusetzen. Zum Tag des Grundgesetzes am 23. Mai erklärt Henny Engels, Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD):

75 Jahre nachdem der Parlamentarische Rat mit der Erarbeitung eines Grundgesetzes begonnen hat, bleibt der Schutz von LSBTIQ* eine Leerstelle. Der Antidiskriminierungskatalog in Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes war 1949 eine demokratische Antwort auf die nationalsozialistischen Verbrechen. Die LSBTIQ* Verfolgten des NS-Regimes blieben aber bis heute von dieser Antwort ausgeschlossen. Eine explizite Nennung von LSBTIQ* bedeutet umfassenden Rechtsschutz, der zurzeit umso wichtiger ist, weil Gewalt und Anfeindungen zunehmen. Der Deutsche Bundestag hat sich mit der Gedenkstunde für LSBTIQ* Opfer des Nationalsozialismus im Januar diesen Jahres seiner historischen Verantwortung für den Schutz der LSBTIQ*-Community gestellt. Nun muss als Konsequenz darauf auch die längst überfällige Ergänzung von Artikel 3 Abs. 3 folgen. Die demokratischen Parteien im Bundestag müssen endlich diesen Anfangsfehler korrigieren und auch ganz explizit die Diskriminierung von LSBTIQ* verbieten.

In einigen Bundesländern gibt es bereits entsprechende Diskriminierungsverbote in der jeweiligen Landesverfassung. Diesem Vorbild müssen der Bundestag und andere Bundesländer unbedingt folgen. Dafür setzt sich der LSVD seit 1992 ein. Der Rechtsschutz für LSBTIQ* in Artikel 3,3 würde z. B. verhindern, dass bereits erstrittene Rechte für die Gleichstellung von LSBTIQ* wie die Ehe für alle nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden können. Die Bundesregierung und der Bundestag müssen die Umsetzung dieses zentralen queerpolitischen Anliegens umgehend angehen. Wenn nicht jetzt, wann dann?

Mehr zum Thema:
Artikel 3 GG ergänzen: Den Anfangsfehler endlich korrigieren
Diskriminierungsverbot ins Grundgesetz

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 22.05.2023

LSVD begrüßt weiteren Schritt zur rechtlichen Selbstbestimmung

Heute liegt der offizielle Entwurf zum Selbstbestimmungsgesetz nach der Ressortabstimmung den Verbänden zur Stellungnahme vor. Damit startet die zivilgesellschaftliche Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren. Dazu erklärt Mara Geri aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD):

in weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Selbstbestimmung von trans*, inter* und nichtbinären Personen ist mit der Veröffentlichung des Referent*innenentwurfs heute getan. Der LSVD begrüßt es ausdrücklich, dass der Prozess auf dem Weg zu rechtlicher Selbstbestimmung nach vierzig Jahren Diskriminierung durch das Transsexuellengesetz (TSG) von der Ampelregierung wie im Koalitionsvertrag versprochen vorangebracht wird. Betroffene und ihre Interessensvertretungen haben seit der Vorstellung des Eckpunktepapiers im Juni 2022 lange auf diesen nächsten Schritt gewartet, der sich mehrfach verschoben hat.

Mit dem Selbstbestimmungsgesetz soll das verfassungswidrige TSG endlich abgelöst werden. Das ist ein längst überfälliger Schritt. Trans*, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen müssten mit dem neuen Gesetz keinen übergriffigen Begutachtungsprozess und kein Gerichtsverfahren mehr durchlaufen, um ihren Personenstand und Vornamen anpassen zu lassen. Durch die vereinfachte Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens auf Antrag beim Standesamt könnte sich die rechtliche Lage und die Anerkennung von trans*, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen fundamental verbessern.

Wir werden die Regelungen des Entwurfs in den nächsten Wochen genau analysieren. Der LSVD wird sich im weiteren legislativen Verfahren aktiv für die Verbesserungen einsetzen, die aus der Sicht der Betroffenen notwendig sind. Insbesondere der Verweis auf das Hausrecht, die Wirksamkeitsfrist, die Regelungen für Minderjährige sowie Ausnahmen beim Offenbarungsverbot werfen Fragen auf, die einer kritischen Auseinandersetzung bedürfen. Unsere detaillierte Stellungnahme werden wir in den nächsten Wochen veröffentlichen.

Seit der Vorstellung des Eckpunktepapiers im letzten Jahr beobachten wir eine Zunahme trans*feindlicher Rhetorik und Stimmungsmache in der breiten Öffentlichkeit. Ängste vor trans*, inter* und nichtbinären Personen werden gezielt verbreitet, geschürt und instrumentalisiert. Die Aufgabe eines Selbstbestimmungsgesetz ist es auch, sich klar gegen Trans*feindlichkeit zu positionieren. Es darf nicht bestehendes Misstrauen gegenüber trans* Personen noch weiter verstärken. Das Ziel ist die rechtliche Absicherung der geschlechtlichen Selbstbestimmung.

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BMJ | Aktuelle Gesetzgebungsverfahren | Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften

Das Selbstbestimmungsgesetz: Antworten zur Abschaffung des Transsexuellengesetz (TSG) – Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum geplanten Selbstbestimmungs-Gesetz

Soll Geschlecht jetzt abgeschafft werden?“ – 12 Antworten auf Fragen zum Thema Selbstbestimmungsgesetz und Trans*geschlechtlichkeit

Selbstbestimmungsgesetz jetzt! – Beschluss des LSVD-Verbandstages 2023

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 09.05.2023

LSVD übergibt Leitplanken zur Abstammungsrechtsreform

Ein Bündnis aus über dreißig Organisationen übergibt Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau heute vor dem Kindergarten des Bundestags Leitplanken für eine Reform des Abstammungsrechts. Das geltende Abstammungsrecht verwehrt Kindern aus Regenbogenfamilien den zweiten Elternteil. Es diskriminiert zudem weibliche, trans*, inter* und nicht-binäre Personen als Elternteile. Im Koalitionsvertrag ist eine Reform vereinbart, die Ampelregierung ist aber bisher nicht tätig geworden. Dazu erklärt Patrick Dörr, aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD):

Seit Jahren fordern wir eine Reform des Abstammungsrechts, damit Kinder in Regenbogenfamilien endlich gleiche Rechte haben. Ein Bündnis aus über dreißig Organisationen übergibt heute um 12:45 Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau vor dem Kindergarten des Bundestags Leitplanken für eine Reform des Abstammungsrechts. Die Leitplanken sind eine Aufforderung an den Bundestag, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Reform endlich auf den Weg zu bringen – und zwar in einer Weise, die keine neuen Diskriminierungen produziert und möglichst umfassend die vielfältigen Familienkonstellationen berücksichtigt. Dafür enthalten die Leitplanken konkrete Vorschläge, die schnell und ohne großen Aufwand umsetzbar sind. Erarbeitet haben die Leitplanken der Deutsche Juristinnenbund (djb), die Initiative Nodoption, die Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ) und der Lesben- und Schwulenverband (LSVD).

Es ist höchste Zeit, das Abstammungsrecht zu reformieren. Auch nach sechs Jahren „Ehe für Alle“ sind Kinder lesbischer, bisexueller, trans*, inter* und nichtbinärer Elternteile noch immer auf die Stiefkindadoption angewiesen, um einen zweiten rechtlichen Elternteil zu bekommen. Das sind sechs bis 18 Monate, in denen das Kind sorge-, unterhalts- und erbrechtlich nur durch einen Elternteil abgesichert und die Geburtsurkunde unvollständig ist. Mehrere Oberlandesgerichte haben die aktuellen Regelungen zum Abstammungsrecht schon dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, weil sie an deren Verfassungsmäßigkeit zweifeln. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus. Es gibt mehrere Petitionen mit insgesamt über 80.000 Unterschriften, die eine unverzügliche Abstammungsrechtsreform fordern.

Die Ampelregierung hat im Koalitionsvertrag eine umfassende Reform des Abstammungs- und Familienrechts zur besseren rechtlichen und gesellschaftlichen Absicherung von Regenbogenfamilien versprochen. Angekündigt sind vorgeburtliche Elternschaftsvereinbarungen, die Aufwertung der sozialen Elternschaft, die Öffnung des Samenspenderregisters für private Spenden, die Einführung einer Verantwortungsgemeinschaft, und die automatische Elternschaft beider Mütter, wenn ein Kind in die Ehe zweier Frauen geboren wird, sofern nichts anderes vereinbart ist. Bisher hat die Bundesregierung weder Eckpunkte noch einen Gesetzentwurf für die versprochenen Reformen vorgelegt.

Mehr zum Thema:

Wir brauchen eure Unterstützung, um unsere Regierung davon zu überzeugen, die Abstammungsrechtsreform jetzt voranzubringen. Unterschreibe die Petition:
Abstammungsrecht: Kein Gesetz ohne uns!

Pressekontakt für 5.5.: Lucy Chebout, Nodoption@gmx.de

Leitplanken für die Reform des Abstammungsrechts 

Was fordert der LSVD für Regenbogenfamilien?

Reform im Abstammungsrecht: Regenbogenfamilien endlich rechtlich absichern

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 05.05.2023

pro familia diskutiert über die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs und verabschiedet Verbandsposition

pro familia hat sich auf dem Verbandswochenende am 6. und 7. Mai 2023 mit dem Thema gesetzliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs befasst. Den nach Leipzig angereisten Fachkräften und Delegierten boten Vorträge und Workshops auf der Fachtagung am Samstag die Möglichkeit zum Austausch und zur Diskussion. Eine zentrale Frage war dabei, wie das Recht auf Zugang zu freiwilligen, rechtebasierten Informations- und Beratungsangeboten zum Schwangerschaftsabbruch und zu allen anderen Themen im Rahmen einer Neuregelung ausgestaltet werden kann. Auf der Bundesdelegiertenversammlung am Sonntag wurde als wichtigster Beschluss eine Positionierung zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts verabschiedet.

Auf der Fachtagung mit dem Titel „Perspektiven einer Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs – Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte umsetzen“ zeigte ein Vortrag über erste Erkenntnisse aus der ELSA-Studie deutliche Defizite bei der Versorgung zum Schwangerschaftsabbruch auf und machte somit den Handlungsbedarf deutlich. Jede zweite der befragten Frauen berichtete über Schwierigkeiten beim Zugang zum Schwangerschaftsabbruch. Insbesondere seien belastend: der Zeitdruck, Probleme bei der Organisation des Schwangerschaftsabbruchs, die Kosten sowie die Wartezeit. Zudem fühlte sich jede fünfte Frau schlecht informiert. In den weiteren Vorträgen ging es um die wichtige Bedeutung der ergebnisoffenen Beratung für die Vermittlung von Informationen und für die Befähigung, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen. Beratung stehe für Emanzipation, fördere Autonomie und Teilhabe und erfülle somit eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, so die Fachreferent*innen.

Laut gängigen fachlichen Standards darf Beratung keine Pflicht sein. Die Teilnehmenden diskutierten in einem Workshop, welche Veränderungen und Chancen sich in der Beratungsarbeit auftun, wenn aus der Pflicht zur Beratung ein Recht wird. In einem weiteren Workshop ging es um die Möglichkeiten, der Stigmatisierung des Schwangerschaftsabbruchs entgegenzuwirken und die Selbstermächtigung von Frauen zu stärken. Was die sexuellen und reproduktiven Rechte konkret bedeuten und wie sie sich mit der Beratungsarbeit verknüpfen lassen, erarbeiteten die Teilnehmenden in einem dritten Workshop. In der abschließenden Diskussion zeigte sich das Podium optimistisch, dass eine gesellschaftliche Debatte über eine gesetzliche Neuregelung Räume eröffne, aus verschiedenen Perspektiven – juristisch, medizinisch, beraterisch – Anforderungen an eine gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs neu zu formulieren . Neben einer aktuellen verfassungsrechtlichen Perspektive müsse hierbei internationalen Menschenrechtsnormen und internationaler Gesundheitsevidenz Rechnung getragen werden. Ein ‚Weiter so‘ könne es auch angesichts der sich verschlechternden Versorgungslage nicht geben. Alle müssten ein Interesse an einem konstruktiven Gespräch haben, um eine Verbesserung zu erreichen.

Die Delegierten verabschiedeten am Tag darauf eine Positionierung für eine außerstrafrechtliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs. pro familia sieht sich den sexuellen und reproduktiven Rechten verpflichtet und geht daher vom prinzipiellen Recht und der Fähigkeit schwangerer Personen aus, über die Fortsetzung einer Schwangerschaft, über ihren Körper und ihr Leben selbst verantwortungsvoll entscheiden zu können und die erforderliche Unterstützung erhalten. Dies bedeutet, dass Schwangere in keiner Situation zum Austragen oder zum Abbruch einer Schwangerschaft gezwungen werden dürfen. Der Schwangerschaftsabbruch gegen den Willen oder ohne die Zustimmung der schwangeren Person muss weiterhin strafrechtlich sanktioniert sein. pro familia schließt sich den Positionierungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie der International Planned Parenthood Federation (IPPF) an und fordert eine außerstrafrechtliche Regelung der Entscheidungsfreiheit der schwangeren Person ohne Fristen und Indikationen. Die Positionierung ist Ergebnis intensiver innerverbandlicher Diskussionen zur Frage, wie zukünftige Regelungen wirkungsvoll dazu beitragen können, den Schwangerschaftsabbruch zu entstigmatisieren sowie sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte umzusetzen und zu stärken. pro familia hat in der Positionierung ausführlich formuliert, wie eine neue menschenrechtsbasierte Regelung des Schwangerschaftsabbruchs ausgestaltet werden sollte. Außerdem werden Kriterien benannt, anhand derer der Verband mögliche Gesetzesänderungen zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs bewerten wird.

„pro familia steht dafür ein, schwangeren Menschen zu vertrauen und sie dabei zu unterstützen, für sie passende Entscheidungen zu treffen“, erklärt Monika Börding, Bundesvorsitzende von pro familia.

„Wir brauchen eine gesetzliche Regelung, die der schwangeren Person die Entscheidung für oder gegen eine Schwangerschaft zugesteht – frei von Strafandrohungen, staatlicher Einflussnahme und Stigmatisierung. Wir möchten mit unserer Positionierung fachliche sowie politische Impulse setzen und einen Beitrag zur Konzeption einer umfassenden Neuregelung leisten“, ergänzt die stellvertretende Bundesvorsitzende Stephanie Schlitt, die von den Delegierten für drei Jahre wiedergewählt worden war.

Quelle: Pressemitteilung pro familia Bundesverband vom 09.05.2023

Seit 2 Jahren das wichtigste Thema des Kinder-und Jugendrates von SOS-Kinderdorf e.V.

Psychische Erkrankungen steigen seit der Pandemie rasant an: Knapp 30 Prozent mehr 15- bis 17-Jährige wurden 2021 mit Depressionen in Kliniken behandelt.

Im KiJu-Rat sind zur Lösung deshalb diese Forderungen entstanden, die der KiJu-Rat nun auch in Form einer Petition veröffentlicht hat.

Der Rat vertritt die Rechte von Kindern und setzt sich aus betreuten Kindern und Jugendlichen von SOS-Kinderdorf zusammen. Die Jugendlichen haben die Forderungen gemeinsam erarbeitet und dazu auch mit Psychiatern, Therapeuten und anderen Experten gesprochen.

Die Petition und die Möglichkeit, diese zu unterzeichnen, finden Sie hier: https://www.sos-kinderdorf.de/portal/spenden/wie-wir-helfen/familie/petition-mehr-therapiemoeglichkeiten-fuer-kinder-und-jugendliche

Quelle: Information SOS-Kinderdorf e.V. vom 02.05.2023

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 01. Juni 2023

Veranstalter: Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. (VAMV)  

Ort: Berlin

Zielgruppe

Unser Fachtag richtet sich an Geschäftsführungen, Trägervertreter*innen und Einrichtungsleitungen aus allen Arbeitsfeldern des Sozialwesen, wie Pflege, Kinder- und Jugendhilfe sowie Eingliederungshilfe. Auch andere Interessierte sind herzlich willkommen.

Der Inhalt:

Im Rahmen des Fachtages stellen wir Strategien und Erfahrungen zur Anwerbung und Bindung von Personal im Sozialwesen vor. Die Gelegenheit zum Austausch bieten wir in wählbaren Workshops mit verschiedenen Schwerpunkten. Unser Fokus liegt dabei nicht auf der Lösung des angespannten Arbeitsmarktes im Sinne des Personalmangels, sondern auf wirksamen Herangehensweisen für Einrichtungen und Träger, um Personal anzuwerben und zu halten.

Mitwirkende:

Prof. Dr. Lutz Schumacher – Professor für Personalmanagement und Organisationsentwicklung an der Alice Salomon Hochschule in Berlin

Martina Schmeink und Uta Sadowski-Lehmann (Das Demographie-Netzwerk e.V.) – Geschäftsführender Vorstand des Demographie Netzwerks und Freie Beraterin. Verein, der Unternehmen, Organisationen und Institutionen bei der Entwicklung und Umsetzung von Strategien zur Bewältigung der demografischen Herausforderungen unterstützt

Kirsten Frohnert und Damian Cvetkovic (Erfolgsfaktor Familie) – Projektleiterin und Referent im Unternehmensnetzwerk als zentrale Plattform zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Dr. Sabine Gregersen (BGW) – Leitung Bereich Gesundheitswissenschaften bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege

Alessandro Novellino (GEW) – Referent für den Organisationsbereich Jugendhilfe und Sozialarbeit beim Hauptvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

Experten*innen der Volkssolidarität mit Best-Practice-Beispielen aus unserem Verband im Bereich Pflege, Kinder- und Jugendhilfe und Marketing.

Die Anmeldung ist ab sofort und bis einschließlich 24. Mai 2023 über folgenden Link möglich: https://app.guestoo.de/public/event/a56c1180-f500-4262-ba26-33036b30093e.

Alle weiteren Informationen zum Programm, den Workshops sowie zu Anmeldung und Anfahrt entnehmen Sie bitte hier.

Die Teilnahmegebühr beträgt 25 Euro. Bitte beachten Sie, dass keine Kosten für Anfahrt und Übernachtung übernommen werden können.

Termin: 01. Juni 2023

Veranstalter: Kooperation zwischen carat- caring all together und Rosa Luxemburg Stiftung Nordrhein- Westfalen

Referentin: Melanie Stitz, Rosa Luxemburg Stiftung NRW.

Überforderung ist häufig ein Resultat menschlicher Unterforderung. Um alle notwendige Arbeit gerecht zu teilen, bräuchte wir einen 16-Stunden-Arbeitstag. Ein erster Schritt in diese Richtung wäre Teilzeit für alle.

Mit provokanten Thesen wie diesen bringt die marxistische Feministin Frigga Haug das Denken über Arbeit, Demokratie und menschliche Entwicklung in Bewegung. Melanie Stitz stellt Frigga Haugs „4-in-1-Perspektive“ vor – eine Utopie, die ihre Kraft zieht aus den Widersprüchen unserer Zeit, ein Instrument zur Analyse herrschender Verhältnisse sowie ein nützlicher Kompass für konkrete Politik hier und heute.

Melanie Stitz (lohn-)arbeitet als Büroleiterin der Rosa-Luxemburg-Stiftung in NRW, ist Mitglied der feministischen Sektion des Berliner Instituts für Kritische Theorie (InkriT), Redakteurin der feministischen Zeitschrift „Wir Frauen“ (www.wirfrauen.de) und Mitherausgeberin des gleichnamigen Taschenkalenders.

Hier der Zoom- Link zur Veranstaltung:

https://uni-bremen.zoom.us/j/61877725357?pwd=K0d1WmJsN2VhUTBocUdJYlEySVUvZz09

Termin: 06. Juni 2023

Veranstalter: carat- caring all together 

Referentin: Maimuna Sallah

Kinder sollten in den Medien, die sie konsumieren, repräsentiert werden und sich gesehen fühlen. Durch eine positive Repräsentation mit Figuren, die ihnen als Vorbildcharaktere dienen, können Kinder empowert werden. Authentische und altersgerechte Abbildung und Adressierung zeigt ihnen, dass sie mitgedacht werden und ein relevanter Teil der Gesellschaft sind. Auch lernen Kinder, die keiner bestimmten Marginalisierung angehören, dass Vielfalt in der Gesellschaft etwas Normales und Gutes ist. Doch noch immer werden diverse Kinder kaum oder gar nicht als Hauptfiguren von Geschichten in ihrer Alltagswelt oder Lebensrealität abgebildet.

Die Schwarze Kinderbibliothek Bremen ist bundesweit die erste Kinder- und Jugendbibliothek, die Schwarze Kinder und Jugendliche als Protagonist*innen und Held*innen der Geschichten zentriert. Sie möchte Schwarze und Afrodeutsche Kinder empowern und alle anderen Kinder für diverse Lebensentwürfe sensibilisieren.

In diesem Vortrag wird Maimuna Sallah (sie/ihr), Co-Leitung der Schwarzen Kinderbibliothek, die Idee und das Konzept der Bibliothek vorstellen, über Diversität in Kinder- und Jugendliteratur referieren und in einem offenen Austausch Raum für Fragen geben.

Maimuna Sallah studiert an der Universität Bremen den Master „Transnationale Literaturwissenschaft: Literatur, Theater, Film“. Ihr Interessens- und Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Dekonstruktion von kolonialen Kontinuitäten an der Intersektion von Bildungs-und Kulturpolitik sowie im Bereich der diversen Kinder- und Jugendliteratur. Seit 2023 leitet sie zusammen mit Sheeko Ismail (keine Pronomen) die Schwarze Kinderbibliothek Bremen.
Freiberuflich moderiert sie Lesungen und Podien.

Hier der Zoom- Link zur Veranstaltung:

https://uni-bremen.zoom.us/j/66477733396?pwd=RmtnOTBWNU5WYkdnQ2F2NFU3U1ltdz09

Veranstalter: Konsortium Elternchanse

Die Veranstaltungen richten sich sowohl an zertifizierte Elternbegleiter*innen als auch an interessierte Fachkräfte aus der frühkindlichen Bildung, Familienbildung und sozialen Arbeit.

Termine:

06.06.2023, Dienstag

„Aktiv und empathisch zuhören“ – digital

Ob als Erwachsene oder als Kinder brauchen wir die Sicherheit, gesehen und gehört zu werden; wahrgenommen als die, die wir (gerade) sind und als solche auch wertvoll zu sein.

Durch Input, praktische Übungen und im Austausch untereinander laden wir dazu ein, sich mit den Grundlagen des „Zuhörens“ auseinanderzusetzen. Wir wollen konkrete Fragen und Anliegen aufgreifen, um durch dialogisches und empathisches Zuhören neue Lösungen zu entdecken und Konfliktlösungskompetenzen zu stärken.

Dozentinnen: Gerhild Damm, Kim Ehlers-Klier

Anmeldung und weitere Informationen unter: https://veranstaltungen.awo.org/event/aktiv-und-empathisch-zuhoeren

13.-14.06.2023, Dienstag bis Mittwoch

„Dialogische Haltung in mein Team und meine Einrichtung tragen“ – Nümbrecht

Nach Abschluss der Weiterqualifizierung zur Elternbegleitung stehen die Fachkräfte vor der Herausforderung die erlernte Dialogische Haltung in der Praxis zu leben. Nicht immer gibt es Kolleg*innen, die ebenfalls an der Qualifizierung teilgenommen haben und so gilt es das Team mit ins Boot zu holen.

Dozentinnen: Oda Bakuhn, Beate Lamm

Anmeldung und weitere Informationen unter: https://veranstaltungen.awo.org/event/dialogische-haltung-mein-team-und-meine-einrichtung-tragen

19.-20.06.2023, Montag bis Dienstag

„Gewaltsensibilisierung in der Kita“ – digital

Nicht nur das Erkennen von Gewalt, auch der weitere Umgang damit ist oft schwierig. In der Weiterbildung wird das Bewusstsein für verschiedene Arten von Gewalt geschärft. Die Teilnehmer*innen erfahren, wie sie für Gewalt sensibilisieren, aber auch gewaltvolles Verhalten konstruktiv ansprechen können. Dafür wird zusammen die Dialogische Haltung eingenommen. Weitere Methoden der Gesprächsführung, u.a. aus dem Systemischen Aggressions-Management (SAM), werden ebenfalls gemeinsam ausprobiert. Anhand von Fallbeispielen werden in der Diskussion mögliche Handlungsspielräume aufgezeigt.

Dozent*innen: Prof. Dr. Jörg Maywald, Goska Soluch

Prof. Maywald war von 1995 bis 2021 Geschäftsführer der Deutschen Liga für das Kind, von 2002 bis 2022 Sprecher der National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention.

Anmeldung und weitere Informationen unter: https://veranstaltungen.awo.org/event/gewaltsensibilisierung-der-kita

14.11.2023, Dienstag

„Meine Methodenschatzkiste“ – digital

Diese eintägige Weiterbildung wird durchgeführt von und mit Sabine König und Petra Bartoli y Eckert.

Anmeldung und weitere Informationen folgen. Bei Interesse können Sie gern bereits eine Mail schreiben an: christhin.krage@awo.org

Termin: 10. Juni 2023

Veranstalter: Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. (VAMV)  

Ort: Kiel

Insbesondere in Großstädten ist bezahlbarer Wohn­raum Mangelware. Dort wo das Geld knapp ist, nimmt die Miete einen überdurchschnittlich hohen Teil des Ein­kommens weg und verfestigt soziale Schieflagen. Stei­gende Mieten führen zu beengten Wohnverhältnissen. Alleinerziehende mit niedrigen Einkommen hatten auch vor der Inflation mit knapp 50 Prozent des Haushalts­budgets bereits eine viel zu hohe Wohnkostenbelastung. Die harte Konkurrenz um viel zu wenig bezahlbaren Wohnraum führt zunehmend dazu, dass Einelternfami­lien in prekäre Wohnlagen und benachteiligte Quartiere verdrängt werden. Dies hat vor allem negative Folgen für die Entwicklungs- und Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen. Der VAMV will mit seiner Fachtagung auf die beson­deren Bedarfe und Herausforderungen von Eineltern­familien bei den Themen bezahlbares Wohnen und le­benswertes Umfeld hinweisen und multiperspektivische Handlungsansätze für eine nachhaltige Verbesserung der Situation aufzeigen.

Mit Blick auf geplante Wohnungsbauoffensiven will sich der VAMV mit den Fragestellungen des „Gender Planning“ aus der Perspektive von Alleinerziehenden auseinandersetzen und mögliche Handlungsansätze für Planungsvorhaben im Wohnungsbau und Quartiers­management diskutieren. Für Alleinerziehende stehen neben dem sozialen Umfeld insbesondere auch alltags­praktische und organisatorische Herausforderungen, wie Wegezeiten oder die infrastrukturelle Anbindung, im Vordergrund. Was macht ein gutes, förderliches Wohn­raumumfeld für Alleinerziehende und ihre Kinder aus? Nicht zuletzt soll der Frage nachgegangen werden, welche gelungenen Beispiele unterschiedlicher Wohn­formen bereits erprobt sind und inwiefern die bewähr­te Praxis mögliche Lösungsansätze für bestehende Fragen rund um Wohnraum und Lebensumfeld bieten könnte.

Die Tagung richtet sich an Expert*innen aus Wissenschaft, Politik und Verbänden, Vertreter*innen des VAMV und Interessierte.

Den vollständige Veranstaltungsflyer mit weiteren Informationen finden Sie  unter https://www.vamv.de/service/veranstaltungen.

Anmeldung

Bitte melden Sie sich bis zum 17. Mai 2023 mit Angabe Ihres Namens, Ihrer Organisation, und Ihrer E-Mailadresse unter kontakt@vamv.de an.

Teilnahmebeitrag

Für die Teilnahme an der Fachtagung erheben wir einen Beitrag von 30,00 Euro. Bitte überweisen Sie diesen nach Erhalt Ihrer Anmeldungsbestätigung auf unser Konto: Bank für Sozialwirtschaft, IBAN: DE17 3702 0500 0007 0946 00.

Termin: 12. Juni 2023

Veranstalter: UN Women Deutschland e.V.

Ort: Berlin

für eine (geschlechter-)gerechte Welt brauchen wir mutige Ideen mit intersektionaler Perspektive und entschlossene Schritte. Bisher verlaufen die Fortschritte viel zu langsam. Sie haben bereits darüber abgestimmt, welche vier Utopien wir in unserer Konferenz vertiefen wollen.

Wir freuen uns auf spannende Beiträge von u.a. Elke Ferner, Kübra Gümüşay, Esther 윤정  (Yungsung) Lisa Rüden, Jacinta Nandi, Asha Hedayati und Fikri Anıl Altıntaş.

Lassen Sie uns gemeinsam couragierte feministische Utopien schaffen und uns an die Umsetzung machen. Gemeinsam können wir eine gerechte Zukunft für alle verwirklichen.

Alle Infos hier. Bitte melden Sie sich bis zum 29. Mai 2023 an (Kinderbetreuungswünsche müssen bis zum 22. Mai gemeldet werden).

Termin: 20. Juni 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Die Präsentation stellt die zentralen Ergebnisse eines Forschungsprojektes des NZFH zum Thema migrationssensible Frühe Hilfen vor. Die qualitative Studie hatte zum Ziel, explorativ die alltäglichen Herausforderungen zu eruieren, die Fachkräfte in ihrer Arbeit mit Familien mit Migrations- und Fluchterfahrung wahrnehmen. Drei Schlüsselelemente standen dabei im Fokus: der Beziehungsaufbau zwischen Fachkraft und Eltern, das Erkennen von psychosozialen Bedarfen und Umgang mit den Bedarfen sowie die Vermittlung in passende Angebote der Frühen Hilfen oder andere Angebote.

An der Veranstaltung wirkt mit:

Dr. Birgit Jentsch, wissenschaftliche Referentin, Nationales Zentrum Frühe Hilfen/Deutsches Jugendinstitut in München

Hier geht es zur Anmeldung.

Termin: 22. Juni 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Im März 2021 haben die Vereinten Nationen einen neuen General Comment zur UN-Kinderrechtskonvention veröffentlicht. Damit erläutern sie, wie die Rechte des Kindes auf Schutz, Befähigung und Teilhabe in digitalen Umgebungen realisiert werden können. In unserer Veranstaltung wird es einen Überblick zum Dokument sowie Ausführungen zu dessen Bedeutung für die Bereiche Kinder, Jugend und Familie geben.

Vorgestellt wird der General Comment No.25 durch Torsten Krause, Referent für Kinderschutz und Kinderrechte in der digitalen Welt bei der Stiftung Digitale Chancen. Er koordinierte die Stellungnahme der deutschen Zivilgesellschaft während des Beteiligungsverfahrens und war Mitglied der Redaktionsgruppe zur Übersetzung des verabschiedeten Dokumentes ins Deutsche.

Hier geht es zur Anmeldung.

Termin: 23. Juni 2023

Veranstalter: nak-Koordinierungskreis und AG Gesundheit

Ort: Mainz

In insgesamt zwei Impulsvorträgen werden unter anderem die Lücken im Gesundheitssystem darleget sowie aus dem Arbeitsalltag der Clearingstellen berichtet. Auch die Situationen der Haftentlassenen werden aufgezeigt und das Positionspapier der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen in der nak wird vorgestellt.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie hier.

WEITERE INFORMATIONEN

Im vergangenen Jahr startete das Forschungs- und Praxisentwicklungsprojekt „Niedrigschwellige Familienbildung für und mit Familien in kritischen Lebenskonstellationen“ der Evangelischen Hochschule Dresden, an dem schon viele Familienbildungseinrichtungen und Familienzentren beteiligt sind. Einrichtungen aller Träger, die mit und für Familien Angebote gestalten, sind nun herzlich eingeladen, sich an einer bundesweiten Online-Befragung zu beteiligen. Diese Befragung basiert auf einer bereits durchgeführten qualitativen Forschungsphase, in der durch das Forschungsteam Einrichtungen der Familienbildung besucht, sowie Eltern und Mitarbeiter*innen interviewt wurden.

Anhand der Befragung sollen in der Breite Informationen zu den Rahmenbedingungen, Zielen und der konkreten Umsetzung von Familienbildung erhoben werden, um Erkenntnisse zu gewinnen, wie Familienbildung niedrigschwellig gestaltet werden kann und insbesondere belastete und erschöpfte Familien erreichen werden können. Die Ergebnisse der Forschung fließen direkt in die Praxisentwicklung der Familienbildung ein und kommen somit den Familien zugute.

Weitere Informationen zum Projekt sind auf der Projektseite verfügbar.

Eine Mitwirkung an der Befragung ist möglich bis zum 31. Mai 2023 unter diesem Link: https://www.soscisurvey.de/fabi/

Auch mit dem QR-Code lässt sich der Fragebogen aufrufen.

Das Ausfüllen des Fragebogens wird etwa 25 Minuten in Anspruch nehmen.

Anlässlich der sehr angespannten Situation in vielen Kitas hat das Institut für Kindheits- und Schulpädagogik der Justus-Liebig-Universität Gießen eine empirische Studie konzipiert, die seit letzter Woche bundesweit freigeschaltet ist. Ziel ist es, konkrete Anhaltspunkte für die Entwicklung von Maßnahmen zu identifizieren, die dazu geeignet sind, das Kita-System auch unter den gegebenen Rahmenbedingungen zu entlasten.

Im Fokus stehen psychosoziale Belastungsfaktoren im Arbeitsalltag pädagogischer Fachkräfte – konkret betrifft dies den angemessenen Umgang mit Kindern und herausfordernden Situationen, Kinderschutz und die sozialen Dynamiken, die sich unter den gegebenen Rahmenbedingungen innerhalb der Kita-Teams entwickelt haben.

Teilnehmen können bis zum 9. Juni 2023 alle Personen, die in einer pädagogischen Funktion in Kitas in Deutschland tätig sind – als Fachkraft, Aushilfe, aber auch als PraktikantIn etc. Die Teilnahme erfolgt freiwillig und ist anonym. Es wird nicht möglich sein, Rückschlüsse auf die Teilnehmenden oder auf deren Einrichtungen zu ziehen.

Link zur Studie: https://survey.hrz.uni-giessen.de/index.php/357442?lang=de

Für Rückfragen und Anregungen stehen Frau Dr. Lagemann (Marina.Lagemann@erziehung.uni-giessen.de) und ich, Eva Werner (Eva.S.Werner@erziehung.uni-giessen.de), jederzeit gerne zur Verfügung.

Demokratisch und nicht indifferent – Orientierungen und Positionierungen zum Neutralitätsgebot in der Kinder- und Jugendhilfe

Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ

Träger und Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe sowie Ehrenamtliche sind zunehmend mit demokratie- und menschenfeindlichen Überzeugungen konfrontiert. Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ möchte der Praxis der Kinder- und Jugendhilfe mit dem Positionspapier Orientierung bieten, was das Grundgesetz mit seinem parteipolitischen und religiös-weltanschaulichen Neutralitätsgebot meint, wie die Praxis diese Grundpfeiler einer freiheitlichen Demokratie in ihre Arbeit integrieren und Instrumentalisierungen und bewusste Fehlinterpretationen, u. a. von rechten Gruppierungen, entgegentreten kann.

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ZFF-Fachtagung: „Familie und Familienpolitik in Zeiten des Umbruchs! Wie muss eine zukunftsfähige Familienpolitik aufgestellt sein?“

Berlin, 23.05.2023 – Heute findet die ZFF-Fachtagung statt mit dem Titel „Familie und Familienpolitik in Zeiten des Umbruchs! Wie muss eine zukunftsfähige Familienpolitik aufgestellt sein?“. Rund 80 Interessierte und Expert*innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis nehmen teil.

Die andauernden Umbrüche haben unsere Gesellschaft und ihre Familien fest im Griff. Die Corona-Krise und damit einhergehende Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie haben Kinder, Jugendliche und ihre Familien herausgefordert: Angesichts (teil-)geschlossener Bildungs- und Betreuungseinrichtungen stieg die Belastung familiär zu erbringender Sorgearbeit und zeitgleich sank das Wohlbefinden von Familienmitgliedern. Aber auch Einrichtungen der sozialen Infrastruktur wie Kitas, Schulen, Angebote ambulanter Pflegedienste oder Tageseinrichtungen kamen immer wieder an ihre organisatorischen und personellen Grenzen. Zusätzlich erleben wir eine Energie- und Wirtschaftskrise, – ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine – die viele Menschen, aber auch Einrichtungen der sozialen Infrastruktur um ihre Existenz bangen lässt.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), erklärt: „Durch die vielen Umbrüche und Krisen der letzten Jahre geht Familien die Puste aus! Daher brauchen sie gerade jetzt eine zukunftsfähige Politik, die sie anspricht und ihre Sorgen und Ängste ernst nimmt. Sie brauchen eine starke soziale Infrastruktur, die Eltern und Kinder gut bei ihren täglichen Herausforderungen unterstützen kann! Der beschlossene Ausbau der Ganztagesbetreuung für Grundschulkinder ist hier ein guter erster Schritt. Aber, viele Gesetzesvorhaben, die die Lage von Familien weiter verbessern und sie entlasten würden, lassen derzeit auf sich warten: angefangen von der Kindergrundsicherung über die Familienstartzeit bis hin zur Einführung einer Lohnersatzleistung für Pflegende Angehörige.“ 

Altenkamp ergänzt: „Es ist klar: ohne Familien geht es nicht und in die Verbesserung ihrer Lage muss angemessen investiert werden! Das ist nicht umsonst – in doppelter Hinsicht. Es gibt viele Möglichkeiten, die Staatskasse wieder zu füllen und Familien, Kinder und Jugendliche die Unterstützung zukommen zu lassen, die sie dringend benötigen! Daher freue ich mich auf unserer heutigen Tagung mit vielen Expert*innen nochmal genauer hinzuschauen und nach Gelingensbedingungen zu suchen, die für Familien essentiell sind, um gut durch weitere Krisen zu kommen. Gleichzeitig ist es wichtig zu erfahren, wo genau wir den Blick hinrichten müssen und für wen noch mehr Unterstützung notwendig ist! Es ist nun an der Zeit, eine zukunftsfähige Familienpolitik zu gestalten! Lassen Sie uns das gemeinsam angehen, denn nur gemeinsam sind wir stark! “

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Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG räumt Mythen ab!

Berlin, 22.05.2023 – Gemeinsam mit dem Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG setzt sich das ZFF seit 2009 dafür ein, dass Kinderarmut wirksam bekämpft wird. Das Bündnis aus inzwischen 20 Verbänden und 13 unterstützenden Wissenschaftler*innen fordert dafür die Einführung einer echten Kindergrundsicherung, die ihren Namen verdient. Hierfür sollen große Teile der bisherigen staatlichen Leistungen für Kinder sowohl gebündelt und automatisiert als auch auf ein armutsverhinderndes Niveau erhöht werden. Mit dieser echten Kindergrundsicherung sollen alle Kinder in Deutschland so finanziell ausreichend abgesichert werden, dass sie unabhängig von ihrem Elternhaus echte Teilhabechancen erhalten.

Die Verhandlungen der Bundesregierung zur Einführung einer Kindergrundsicherung sind derzeit umfangreich Gegenstand der öffentlichen Debatten. Das Bündnis nimmt dabei mit Sorge zur Kenntnis, dass immer wieder Mythen und Vorurteile zur Kindergrundsicherung und Armutsbetroffenheit kursieren. Diese möchte das Bündnis mit folgender Zusammenstellung ein für alle Mal abräumen: https://kinderarmut-hat-folgen.de/Mythen-zur-Kindergrundsicherung

Hierzu erklärt Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF): „Vielen Kindern und Familien könnte es mit der Einführung einer Kindergrundsicherung deutlich besser gehen, denn derzeit wird das Kindergeld auf SGB II Leistungen angerechnet. Sie haben daher rein gar nichts von einer Erhöhung dieser Leistung. Unser Sozialstaat unternimmt nicht genügend gegen Kinderarmut, sondern nimmt in Kauf, dass es immer mehr Kinder gibt, die in Armut aufwachsen. Wir müssen das Projekt Kindergrundsicherung jetzt gemeinsam in die Hand nehmen und für eine bessere Zukunft für die Kinder und Jugendlichen in unserem Land eintreten.“