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ZFF-Info 13/2025

AUS DEM ZFF

                              

                                

                                    

Mit dem neuen Dossier lädt das Gunda-Werner-Institut dazu ein, „Sicherheit“ grundlegend neu zu definieren: nicht als exklusiven Schutz für wenige, sondern als Grundrecht für alle — besonders für Menschen, die durch Armut, Gewalt oder Ausgrenzung verunsichert sind.

Unsere ZFF-Geschäftsführerin, Sophie Schwab, setzt in ihrem aktuellen Beitrag für das Dossier „Deutschland: Fürsorge statt Festungen“ ein klares Zeichen: Sicherheit darf nicht allein an Waffen, Grenzen oder Kontrolle geknüpft werden. Sie plädiert dafür, den Blick zu öffnen — über Migrations-, Außen- und klassische Sicherheitspolitik hinaus — hin zu einer Sicherheit, die auf Beziehung, Fürsorge und dem Wissen basiert: Ich bin nicht allein.

Wer sicher leben will, braucht Zugang zu Wohnraum, Bildung und Gesundheitsversorgung, Schutz vor Gewalt und Diskriminierung sowie die Möglichkeit, für andere zu sorgen, ohne selbst zu fallen. Sicherheit bedeutet deshalb auch: Zeit, Geld und Infrastruktur.

Mit Sicherheit – nicht? | Gunda-Werner-Institut | Heinrich-Böll-Stiftung

Die Pflege eines Angehörigen kostet Zeit und Kraft. Wie lässt sich eine verantwortungsvolle Pflege mit dem Beruf verbinden? Der unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wurde eingesetzt, um Lösungen dafür zu erarbeiten.

Unsere ZFF-Geschäftsführerin, Sophie Schwab, wurde zur Neubesetzung des Beirats für die Vereinbarkeit Pflege und Beruf als Mitglied berufen.

Weitere Informationen zum Beirat finden Sie hier.

Die dritte und letzte Folge der Trilogie über reproduktive Gerechtigkeit widmet sich der Frage, unter welchen Bedingungen Kinder in Deutschland tatsächlich würdevoll großgezogen werden können.

U.a. mit Sophie Schwab, ZFF-Geschäftsführerin, richtet die Folge den Blick auf die tief verwurzelte soziale Schieflage. Zugleich entwirft sie eine Vision davon, wie eine Gesellschaft aussehen könnte, die die Rechte von Kindern wirklich ernst nimmt und Familien solidarisch unterstützt.

Hier reinhören: Folge 51 | Was Familien wirklich brauchen – und was ihnen fehlt | Feminismus mit Vorsatz Podcast

Mit einem gemeinsamen Appell wenden sich die Liga für unbezahlte Arbeit e. V. (LUA), der Deutsche Juristinnenbund e. V. (djb), das Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF), der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e. V. (VAMV) und die evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) an die Bundesregierung. Die Verbände fordern, dass die geplante Reform des SGB-II die besondere Situation von Menschen mit Fürsorgeverantwortung angemessen berücksichtigt. „Eine nachhaltige Erwerbsintegration braucht verlässliche Rahmenbedingungen. Wer Kinder betreut oder Angehörige pflegt, kann nicht unter Sanktionsdruck in den Arbeitsmarkt gezwungen werden, wenn die strukturellen Voraussetzungen fehlen“, so die gemeinsame Position.

Betreuungsinfrastruktur fehlt

Bundesweit fehlen rund 430.000 Kita-Plätze. Öffnungszeiten decken häufig nicht die Arbeitszeiten ab, Ferienbetreuung ist vielerorts nicht verfügbar. Ohne gesicherte, verlässliche, qualitativ hochwertige Betreuungsinfrastruktur kann jedoch eine Erwerbsaufnahme nicht nachhaltig gelingen. Die strukturellen Defizite dürfen nicht auf einzelne Sorgeverantwortliche abgewälzt werden. Genau das sieht jedoch der Entwurf mit der Verschärfung der Zumutbarkeitsregelungen vor, wenn Eltern schon ab dem ersten Geburtstag ihres Kindes einer Erwerbsarbeit nachgehen müssen.

Qualifizierung muss Vorrang haben

Die Verbände sind sich einig: Qualifizierungsmaßnahmen müssen klar Vorrang vor kurzfristiger Vermittlung in eine beliebige Beschäftigung haben. „Nur so entstehen Perspektiven auf eine stabile, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, die die eigenständige Existenzsicherung von Frauen langfristig sichert und sie vor Dequalifizierung schützt“, betont eaf-Bundesgeschäftsführerin Nicole Trieloff.

Sanktionen gefährden ganze Familien

Besonders kritisch sehen die Verbände die geplanten Sanktionsverschärfungen. Kürzungen von 30 Prozent bis zum vollständigen Entzug des Regelbedarfs treffen nicht nur die sanktionierten Personen, sondern faktisch auch ihre Kinder und ggf. Partner*innen. „Das gefährdet die Existenzsicherung ganzer Familien. Damit verfehlt der Sozialstaat seinen Schutzauftrag – und die Gleichberechtigung der Mütter kommt zu kurz“, warnt Prof. Dr. Susanne Baer, Präsidentin des djb. „Kinder und Jugendliche leiden damit unmittelbar, wenn weniger für gesundes Essen oder den Wintermantel bleibt. Sollten zusätzlich auch noch Unterkunftskosten begrenzt werden, geraten auch Schutzräume ins Wanken, die eigentlich Sicherheit, Nähe und Entwicklung ermöglichen sollten „, ergänzt Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF.

Der neue § 32a sieht vor, dass nach drei verpassten Meldeterminen der gesamte Regelbedarf entfällt. Zwar sind Ausnahmen denkbar, etwa wenn ein Kind krank ist, die Kita geschlossen bleibt oder ein Pflegenotfall eintritt. Die Nachweispflicht liegt jedoch bei den Betroffenen und ist schwer zu erfüllen. „Besonders Alleinerziehende und Paare mit mehreren Kindern sind aufgrund ihrer Care-Verantwortung armutsgefährdet. Der Referentenentwurf trägt dieser Realität nicht Rechnung – im Gegenteil: Er verschärft die Situation durch unrealistische Anforderungen und existenzgefährdende Sanktionen“, kritisiert Jo Lücke, Vorsitzende der Liga für unbezahlte Arbeit.

 Umgangsmehrbedarf

Zurzeit wird der Regelbedarf eines Kindes im Haushalt von Alleinerziehenden für Umgangstage gekürzt und an den anderen Elternteil im Bürgergeld-Bezug gezahlt. Dies verursacht hohen bürokratischen Aufwand für Eltern und Behörden, der mit einem Umgangsmehrbedarf vermieden wird. „Je mehr ein Kind in zwei Haushalten lebt, desto höher sind die Kosten. Zusätzliche Kosten werden aber nicht eingespart. Wir fordern einen Umgangsmehrbedarf, damit der mitbetreuende Elternteil das Kind versorgen kann, während im Haushalt des alleinerziehenden Elternteils nicht gekürzt wird“, betont Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des VAMV. Für das Reformpaket hatte der Koalitionsausschuss einen Umgangsmehrbedarf vorgesehen. Dieses Versprechen muss jetzt eingelöst werden.

Die Verbände fordern:

  • Gesicherte Betreuungsinfrastruktur als Voraussetzung für Erwerbsaufnahme – nicht nur auf dem Papier, sondern real verfügbar und mit Arbeitszeiten vereinbar
  • Vorrang von Qualifizierung vor kurzfristiger Vermittlung für nachhaltige Erwerbsintegration und Vermeidung von Dequalifizierung
  • Keine Gefährdung von Familien durch Sanktionen
  • Abschaffung der temporären Bedarfsgemeinschaft und Einführung eines Umgangsmehrbedarfs für Trennungsfamilien

Über die Verbände:

Liga für unbezahlte Arbeit (LUA) e. V. ist die gewerkschaftsähnliche Interessenvertretung für alle familiär Care-Arbeitenden in Deutschland. Sie setzt sich für die rechtliche Absicherung und gesellschaftliche Aufwertung von Care-Arbeit ein. Mehr unter www.lua-carewerkschaft.de

Deutscher Juristinnenbund e. V. (djb) ist ein Zusammenschluss von Juristinnen, Volkswirtinnen und Betriebswirtinnen, der sich für die Gleichstellung von Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen und die Verwirklichung der Geschlechtergerechtigkeit einsetzt. Mehr unter www.djb.de

Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF) ist ein familienpolitischer Fachverband, der sich für eine solidarische und vielfaltsorientierte Familienpolitik einsetzt. Mehr unter www.zukunftsforum-familie.de

Verband alleinerziehender Mütter und Väter e. V. (VAMV) vertritt seit 1967 die Interessen von Einelternfamilien in Deutschland und setzt sich dafür ein, diese als gleichberechtigte Familienform anzuerkennen und entsprechende gesellschaftliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Mehr unter www.vamv.de

evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) ist der familienpolitische Dachverband in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der die Bedeutung und die Leistungen von Familien sichtbar macht, indem er sich für ihre Bedürfnisse und gesellschaftlichen Anliegen in Politik, Gesellschaft und Kirche engagiert. Mehr unter www.eaf-bund.de

Die vollständigen Stellungnahmen stehen zum Download bereit unter:

LUA: https://lua-carewerkschaft.de/2025/11/27/buergergeld-reform-trifft-menschen-mit-fuersorgeverantwortung-besonders-hart/

djb: https://www.djb.de/presse/stellungnahmen/detail/zu-den-geplanten-aenderungen-im-sgb-ii-gleichstellung-sichern-care-arbeit-respektieren-soziale-risiken-vermeiden

ZFF: https://www.zukunftsforum-familie.de/wp-content/uploads/20251120_ZFF-Stellungnahme_13.-SGB-II-AendG_endg.pdf

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 08.12.2025

Anlässlich der heutigen ersten Lesung des Gesetzes zur Reform der Vaterschaftsanfechtung warnt das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) vor erheblichen Schwächen der geplanten Regelungen.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), betont: „Wir brauchen jetzt kein Inselreförmchen, sondern eine grundlegende, kohärente Reform des gesamten Abstammungsrechts. Es ist an der Zeit für eine Reform, die alle Kinder unterstütz. Das bedeutet soziale Elternschaft im Sinne des Kindeswohl ausdrücklich zu stärken, statt biologische Abstammung noch mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Außerdem heißt es, die Vielfalt moderner Familien rechtlich abzusichern – insbesondere in queeren Familienkonstellationen und Patchworkfamilien mit der Möglichkeit einer einvernehmlichen Mehrelternschaft und der rechtlichen Gleichstellung von Zwei-Mütter-Familien. Zudem muss Diskriminierungs- und Gewaltschutz im Abstammungsrecht konsequent mitgedacht werden. Der vorliegende Entwurf schafft hingegen neue Unsicherheiten – gerade dort, wo Kinder Stabilität am dringendsten brauchen: in der Familie.

Aus unserer Sicht werden die geplanten Regelungen Konfliktsituationen, insbesondere bei Trennungen oder bestehender Gewalt, verschärfen. Sozial-familiäre Beziehungen zu rechtlichen Vätern werden abgewertet, verlässliche Bindungen destabilisiert und verfassungsrechtliche Spielräume für Vielfalt nicht genutzt.

Wir lehnen den Gesetzentwurf daher in seiner aktuellen Form ab, auch wenn an einigen Stellen durchaus richtige Impulse zu finden sind. Wir rufen die Parlamentarier*innen aller demokratischer Parteien dazu auf, sich im weiteren Verfahren für Verbesserungen im Sinne der Vielfalt von Familie einzusetzen.“

Zum Hintergrund:

Der Gesetzesentwurf reagiert auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Rechten leiblicher Väter. Im gleichen Urteil wies das Gericht auch auf die Möglichkeit hin, rechtliche Mehrelternschaft zu etablieren – diese Möglichkeit wird hier allerdings nicht ausgeschöpft. Das ZFF nahm bereits zum Referent*innenentwurf ausführlich Stellung.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 04.12.2025

Karin Prien im Austausch mit Familienverbänden

bmbfsfj.bund.de

Am 2. Dezember war die ZFF-Geschäftsführerin Sophie Schwab zu Gast bei Bundesministerin Karin Prien. Das ZFF brachte in das Gespräch insbesondere drei zentrale Anliegen ein: die Situation pflegender Familien, die wirtschaftliche Eigenständigkeit von Frauen sowie den dringenden Bedarf an verlässlicher Kinderbetreuung. Wir bedanken uns für den konstruktiven Austausch und freuen uns auf die weitere gute Zusammenarbeit.

Quelle: Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Die Bundesregierung begründet ihren Referent*innenentwurf für die geplante Reform der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit veränderten wirtschaftlichen und strukturellen Bedingungen. Gleichzeitig sollen Haushaltsmittel eingespart und Kontrollmechanismen im SGB II ausgeweitet werden. Das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) kritisiert den Entwurf deutlich, weil darin zentrale Prinzipien des Sozialstaats infrage gestellt werden. Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum dürfe nicht durch Sanktionsmechanismen relativiert werden.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, betont: „Der Sozialstaat hat die Aufgabe, Menschen in schwierigen Lebenslagen zu schützen und ihnen Perspektiven zu eröffnen – nicht sie durch Sanktionen unter das Existenzminimum zu drücken. Verschärfte Sanktionen erzielen darüber hinaus keine nachhaltigen Einsparungen, sondern verschärfen soziale Problemlagen. Die geplante Reform ist Symbolpolitik, die Misstrauen gegenüber Leistungsbeziehenden schürt, statt Solidarität und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.

Besonders schwer wiegen die Auswirkungen für Familien und ihre Kinder. Werden Leistungen für Erwachsene gekürzt oder gestrichen, trifft dies diejenigen am härtesten, die keinerlei Einfluss auf die Situation haben: Kinder und Jugendliche. Sie leiden unmittelbar, wenn weniger für gesundes Essen oder den Wintermantel bleibt. Damit wird aus Sicht des ZFF ein Bereich verletzt, der verfassungsrechtlich besonders geschützt ist: das kindliche Existenzminimum.“

Altenkamp fährt fort: „Viele Familien leben schon jetzt am Rand ihrer Belastbarkeit. Wenn zusätzlich Unterkunftskosten begrenzt, Karenzzeiten gestrichen und Eltern kleiner Kinder früher in Erwerbsarbeit gedrängt werden, geraten Schutzräume ins Wanken, die eigentlich Sicherheit, Nähe und Entwicklung ermöglichen sollen. Für Familien – und insbesondere Alleinerziehende – die jeden Tag aufs Neue kämpfen müssen, kann diese Reform den Schritt in existenzielle Not bedeuten und zu Wohnungslosigkeit, sozialer Ausgrenzung und zum Verlust vertrauter Lebensorte führen.

Um Kinderarmut nachhaltig zu bekämpfen und Familien zu entlasten, braucht es neben der Abschaffung der temporären Bedarfsgemeinschaft und der Einführung eines Umgangsmehrbedarfs endlich eine realitätsgerechte Berechnung des kindlichen Existenzminimums. Kurzfristig müssen der Kindergeldübertrag im SGB II abgeschafft, das Bildungs- und Teilhabepaket vereinfacht und nicht-pauschalierbare Leistungen wie Klassenfahrten oder Mittagessen direkt über Schule und Kita bereitgestellt werden. Langfristig setzt sich das ZFF weiterhin für eine echte Kindergrundsicherung mit niedrigschwelligem Zugang und flächendeckenden Familienanlaufstellen ein.

Wir fordern die Bundesregierung nachdrücklich auf, die Reform grundlegend zu überarbeiten. Es braucht einen Ansatz, der Schutz, Teilhabe und Würde aller Menschen in den Mittelpunkt stellt – nicht Kontrolle und Sanktion!“

Die Stellungnahme des ZFF anlässlich des Referent*innenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) „Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (13. SGB II-ÄndG)“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 24.11.2025

SCHWERPUNKT I: Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

BMI, BMBFSFJ und BKA veröffentlichen Bundeslagebilder
„Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten“
und „Häusliche Gewalt“ für das Jahr 2024

Die Zahl der weiblichen Opfer von Gewalt- und anderen Straftaten steigt in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) weiter an. Die Straftaten finden dabei sowohl im analogen als auch im digitalen Raum statt.

Bundesfrauenministerin Karin Prien: „Gewalt gegen Frauen ist ein alltägliches Verbrechen, das wir nicht hinnehmen dürfen. Jede Frau hat das Recht auf ein Leben ohne Angst und ohne Gewalt. Als Bundesfrauenministerin setze ich mich dafür ein, dass wir durch gezielte Maßnahmen und stärkere Prävention, bessere Daten und ein starkes Hilfsnetzwerk endlich echten Schutz bieten. Ich kämpfe für eine Gesellschaft, in der Frauen sicher und frei leben können.“

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt: „Der Schutz von Frauen hat für uns höchste Priorität. Wir setzen auf klare Konsequenz und konsequente Kontrolle: Frauen sollen sich sicher fühlen und sich überall frei bewegen können. Deshalb führen wir die Fußfessel nach spanischem Vorbild ein – sie begrenzt die Wege der Täter und gibt den Betroffenen mehr Sicherheit. Zudem stufen wir K.O.-Tropfen, die zunehmend als verbreitetes Tatmittel genutzt werden, als Waffe ein. So schaffen wir die Grundlage für spürbar strengere Strafverfolgung.“

BKA-Präsident Holger Münch: „Die Zahl der Straftaten an Frauen steigt kontinuierlich. Wir sehen hier allerdings nur das Hellfeld. Gerade bei Häuslicher Gewalt, die oft hinter verschlossenen Türen geschieht, gibt es ein hohes Dunkelfeld. Erste Ergebnisse unserer aktuellen Opferbefragung LeSuBiA zeigen, dass nur ein Bruchteil der tatsächlich erlebten Gewalt zur Anzeige gebracht wird. Darum müssen wir darauf hinwirken, dass mehr Betroffene den Mut finden, Taten anzuzeigen, um den Schutz und die Hilfe für Opfer zu verbessern. Eines ist klar: Wir müssen Gewalt gegen Frauen und Gewalt im häuslichen Umfeld entschieden bekämpfen. Die heute veröffentlichten Lagebilder liefern zusammen mit den in Kürze veröffentlichten Ergebnissen von LeSuBiA eine verlässliche Grundlage, um die Hintergründe von Gewalt besser zu verstehen und wirksame Maßnahmen zum Schutz von Frauen und Mädchen zu entwickeln.“

Mehr Straftaten gegen Frauen und Mädchen

Im Jahr 2024 wurden in der PKS 53.451 weibliche Opfer von Sexualdelikten erfasst (+2,1 %, 2023: 52.330). Knapp die Hälfte war zum Tatzeitpunkt minderjährig. Die meisten dieser Frauen und Mädchen wurden Opfer von sexueller Belästigung (36,4 %), Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellem Übergriff (insgesamt 35,7 %) sowie sexuellem Missbrauch (27,5 %).

2024 wurden 308 Mädchen und Frauen getötet. Tötungsdelikte an Frauen können über die Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nicht als „Femizide“ im Sinne des allgemeinen Verständnisses „Tötung einer Frau, weil sie eine Frau ist“ interpretiert werden, da keine bundeseinheitliche Definition des Begriffs „Femizid“ existiert und in der PKS keine Tatmotivation erfasst wird. Eine trennscharfe Abbildung und Benennung von Femiziden ist daher auf Basis der vorliegenden kriminalstatistischen Daten nicht möglich. Insgesamt wurden in der PKS 328 Mädchen und Frauen als Opfer vollendeter Tötungsdelikte erfasst (-8,9 %, 2023: 360). Da in der PKS 2024 erstmals der Verletzungsgrad der Opfer bundeseinheitlich erfasst wurde, ist nun eine Unterscheidung zwischen den von vollendeten Tötungsdelikten insgesamt betroffenen Opfern und den tatsächlich tödlich verletzten Personen möglich. Betroffene Opfer können beispielsweise Kinder sein, die bei der Tat auch angegriffen, aber nur verletzt wurden. 859 Frauen und Mädchen wurden Opfer von versuchten oder vollendeten Tötungsdelikten (–8,4 %; 2023: 938).

18.224 Frauen und Mädchen waren Opfer digitaler Gewalt, beispielsweise durch Cyberstalking oder Online-Bedrohungen. Mit einem Anstieg um 6,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr (2023: 17.193) ist die Zahl weiblicher Opfer im Bereich digitale Gewalt damit erneut gestiegen – der stärkste Anstieg in allen Fallgruppen.

Im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität wird die Tatmotivation berücksichtigt. Hier zeigt sich mit 558 erfassten Straftaten im Jahr 2024 ein erneut hoher Anstieg bei frauenfeindlichen Straftaten (+73,3 %). Damit setzt sich der Anstieg aus dem Vorjahr fort (2023: +56,3 %). Knapp die Hälfte der Delikte entfällt auf den Straftatbestand Beleidigung. Bei den registrierten 39 Gewaltdelikten handelt es sich in den meisten Fällen um Körperverletzungen. 2024 wurde in diesem Zusammenhang ein versuchtes Tötungsdelikt erfasst.

Lagebild zeigt Anstieg bei Häuslicher Gewalt

Im Jahr 2024 wurden in Deutschland 265.942 Menschen Opfer Häuslicher Gewalt, ein neuer Höchststand. Damit ist knapp ein Viertel aller in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Opfer der Häuslichen Gewalt zuzuordnen. Die Opfer sind mit 70,4 Prozent überwiegend weiblich. Zur Häuslichen Gewalt zählt sowohl die Partnerschaftsgewalt als auch die Innerfamiliäre Gewalt, also Gewalthandlungen zwischen Eltern, Kindern, Geschwistern und anderen Angehörigen.

Es zeigt sich, dass zunehmend auch Männer und Jungen von Innerfamiliärer und Partnerschaftsgewalt betroffen sind. Im Jahr 2024 waren mit 78.814 Betroffenen fast 30 Prozent der Opfer Häuslicher Gewalt männlich. 

Wie schon in den Vorjahren waren die meisten Opfer Häuslicher Gewalt von Partnerschaftsgewalt betroffen (171.069 Personen; 64,3 %). 94.873 Personen (35,7 %) waren Innerfamiliärer Gewalt ausgesetzt. 

Im Bereich der Partnerschaftsgewalt stieg die Zahl der Opfer um 1,9 Prozent auf 171.069. Partnerschaftsgewalt trifft nach wie vor überwiegend Frauen: rund 80 Prozent der Opfer sind weiblich. Unter den Tatverdächtigen dagegen sind Männer weiterhin deutlich überrepräsentiert (77,7 %). Häufigstes verzeichnetes Delikt war sowohl bei weiblichen als auch bei männlichen Opfern die Körperverletzung. 132 Frauen und 24 Männer wurden im vergangenen Jahr durch Partnerschaftsgewalt getötet. 

Von Innerfamiliärer Gewalt waren 2024 insgesamt 94.873 Personen betroffen. Das entspricht einem Anstieg um 7,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 54,2 Prozent der Opfer sind weiblich, 45,8 Prozent männlich. Am stärksten von Innerfamiliärer Gewalt betroffen sind Kinder zwischen 6 und 14 Jahren. Häufigstes Delikt ist auch bei der Innerfamiliären Gewalt die Körperverletzung. 130 Menschen wurden im vergangenen Jahr im Kontext Innerfamiliärer Gewalt getötet (2023: 155, -16,1 %). 71 von ihnen waren männlich, 59 weiblich.

Auffällig ist sowohl bei der Partnerschaftsgewalt als auch der Innerfamiliären Gewalt ein Anstieg der Straftaten im digitalen Raum. Im Kontext von Partnerschaftsgewalt stieg die Anzahl der Opfer von digitaler Gewalt gegenüber dem Vorjahr um 10,9 Prozent auf 4.876, im Rahmen der Innerfamiliären Gewalt um 20,4 Prozent auf 2.027.

Hohes Dunkelfeld bei Häuslicher Gewalt

Die Zahl der polizeilich registrierten Opfer Häuslicher Gewalt ist innerhalb der letzten fünf Jahre um insgesamt 17,8 Prozent gestiegen. Viele Taten im Bereich Partnerschaftsgewalt, sexualisierte und digitale Gewalt werden jedoch nicht angezeigt, etwa aus Angst, Abhängigkeit oder Scham. Erste Ergebnisse der Dunkelfeld-Opferbefragung „Lebenssituation, Sicherheit und Belastung im Alltag (LeSuBiA)“ ermöglichen einen Blick auf und in das Dunkelfeld: Die Anzeigequote liegt meist unter zehn Prozent, bei Partnerschaftsgewalt sogar unter fünf Prozent. Die Frequenz und der Schweregrad der Gewalterfahrung ist bei Frauen über alle Gewaltformen hinweg höher als bei Männern. Rund ein Viertel der Opfer von Partnerschaftsgewalt wird mehrfach Opfer. Zudem erleben die Betroffenen von Partnerschaftsgewalt oft mehrere Gewaltformen. Auch Erfahrungen mit Gewalt in der Kindheit sind nach den Ergebnissen der Studie weit verbreitet: Jede zweite in der Studie befragte Person berichtet – unabhängig vom Geschlecht – im Leben schonmal körperliche Gewalt durch Eltern und Erziehungsberechtigte erlebt zu haben. 
Die Studie LeSuBiA, die das BKA in Kooperation mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend durchgeführt hat, untersucht Gewalterfahrungen von Menschen in Deutschland. Schwerpunkte liegen dabei auf den Themen Partnerschaftsgewalt, sexualisierte Gewalt und digitale Gewalt.

Weitere Informationen zum Lagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten“ finden Sie hier:
www.bka.de/StraftatengegenFrauen2024

Weitere Informationen zum Lagebild „Häusliche Gewalt“ finden Sie hier: www.bka.de/HaeuslicheGewalt2024

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 21.11.2025

Häusliche Gewalt nimmt dramatisch zu und Schutzlücken bleiben gefährlich. Näherungsverbote allein helfen nicht – wir brauchen elektronische Fußfesseln und mehr Arbeit mit Tätern, um Gewalt endlich wirksam zu begegnen.

„Wir werden Gewalt gegen Frauen konsequent bekämpfen. Die Zahlen zur häuslichen Gewalt erreichen einen neuen, erschreckenden Höchststand. Alle zwei Minuten wird ein Mensch, meist eine Frau, Opfer von Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner. Dabei ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, da viele Taten nicht angezeigt werden – aus Angst und Scham. Der gefährlichste Ort für Frauen bleibt dabei der Ort, an dem sie sich sicher fühlen sollten: das eigene Zuhause. Das darf nicht so bleiben, hier ist entschlossenes Handeln gefragt. Näherungsverbote allein reichen nicht aus, denn Täter halten sich oft nicht daran. Deshalb brauchen wir die elektronische Fußfessel, die Täter überwacht und Opfer schnell warnt. Außerdem muss bei den Tätern direkt angesetzt werden; mehr Täterarbeit ist dringend notwendig.

Jetzt braucht es Tempo. Der wichtige Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig sollte zügig im Parlament beraten werden. Und ich bin froh, dass weitere Reformen Folgen werden. Wir müssen Frauen besser schützen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD Fraktion im Bundestag vom 21.11.2025

Anlässlich der Vorstellung der Bundeslagebilder „Häusliche Gewalt 2024“ und „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten 2024“ erklären Dr. Irene Mihalic, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin, und Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Jeden Tag erleben Frauen Gewalt – zu Hause, am Arbeitsplatz und im öffentlichen Raum. Es geht um Kontrolle, Körperverletzungen, sexualisierte Übergriffe und Mord. Die offiziellen Zahlen zeigen dabei nur einen Teil des von der Innenpolitik chronisch vernachlässigten Problems: Viele Betroffene erstatten aus Angst, Scham oder Abhängigkeiten keine Anzeige. Die neue Dunkelfeldbefragung „LeSuBiA“ (Lebenssituation, Sicherheit und Belastung im Alltag) belegt eine extrem niedrige Anzeigequote bei Partnerschaftsgewalt von unter fünf Prozent. Auch belegen die Bundeslagebilder, dass Gewalt gegen Frauen weiter zunimmt – und das deutlich stärker als die Gewaltkriminalität insgesamt. Im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität gegen Frauen zeigt sich ebenfalls ein hoher Anstieg – ein Ausdruck von wachsendem Antifeminismus und Frauenhass als einendem Element unterschiedlicher rechter Ideologien. Diese Situation darf kein Normalzustand bleiben. Die Maßnahmen der Bundesregierung sind ein erster Schritt, aber sie reichen nicht aus. Repressive Strafverfolgung ist ein Aspekt einer wirksamen Gewaltschutzstrategie. Aber die Fußfessel schützt nur einen kleinen Teil der Betroffenen und ist keine flächendeckende Lösung – das belegt sogar der Gesetzentwurf der Koalition selbst. Es braucht umfassenden Gewaltschutz nach Vorgaben der Istanbul-Konvention. Wir brauchen mehr Prävention, um Frauen tatsächlich wirkungsvoll vor Gewalt zu schützen. Spanien geht beispielsweise sehr entschlossen vor mit einem umfassenden Gewaltschutzgesetz und staatlichen Strukturen, die Sensibilisierung, Prävention, Opferschutz und Strafverfolgung wirksam verbinden. Solche Maßnahmen sollte die Bundesregierung zügig vorlegen, um Frauen tatsächlich wirkungsvoll vor Gewalt zu schützen. Es darf nicht bei Lippenbekenntnissen der Bundesregierung bleiben.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 21.11.2025

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen lässt die Arbeiterwohlfahrt (AWO) das Haus des Bundesverbandes in Berlin in leuchtendem Orange erstrahlen. Die AWO setzt damit ein öffentlich sichtbares Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen – und verbindet den Anlass mit einer klaren politischen Forderung: Der im neuen Gewalthilfegesetz verankerte Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung muss ohne weitere Verzögerung umgesetzt werden.

Die AWO engagiert sich seit ihrer Gründung für die Verbesserung der Lebenssituation gewaltbetroffener Frauen – politisch wie praktisch als Trägerin von Frauenhäusern, Fachberatungs- und Interventionsstellen, Frauennotrufen und Schutzwohnungen. Aus der täglichen Arbeit ist bekannt, wie groß die Versorgungslücken im Hilfesystem sind. Viele schutzsuchende Frauen und mitbetroffene Kinder finden keinen Platz. Deutschland verfehlt weiterhin die Vorgaben der Istanbul-Konvention: Bundesweit fehlen mehr als 12.000 Frauenhausplätze.

Der aktuelle Bericht des Bundeskriminalamts „Häusliche Gewalt 2024“ und „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten 2024“ zeigt besorgniserregende Entwicklungen. Gewalt gegen Frauen und Mädchen steigt seit Jahren kontinuierlich an. Ein Höchststand wurde 2024 bei häuslicher Gewalt erreicht: Ihr fielen 265.942 Menschen zum Opfer, überwiegend weiblich. Damit entfiel fast ein Viertel aller polizeilich registrierten Opfer auf dieses Deliktfeld.

„Die Gewalt gegen Frauen und Mädchen nimmt weiter zu – das ist ein erschreckender Befund, der uns alle zum Handeln auffordert. Der Rechtsanspruch aus dem Gewalthilfegesetz auf Schutz und Beratung muss deshalb zügig und vollumfänglich umgesetzt werden. Die angekündigten Bundesmittel zum Ausbau des Schutz- und Hilfesystems dürfen nicht dazu führen, dass Länder und Kommunen sich angesichts angespannter Haushalte aus ihrer finanziellen Verantwortung zurückziehen. Betroffene brauchen die Möglichkeit, eine Gewaltsituation sofort hinter sich zu lassen. Dieses Recht darf nicht an fehlenden Plätzen oder Zuständigkeiten scheitern“, so Claudia Mandrysch, Vorständin des AWO-Bundesverbands.

Die AWO fordert daher den sofortigen Ausbau des Schutz- und Hilfesystems sowie die Sicherstellung ausreichender Kapazitäten in Ländern und Kommunen, damit der Rechtsanspruch umgesetzt werden kann. Gewährleistet werden muss der vorbehaltlose und niedrigschwellige Zugang zum Hilfesystem, unabhängig von Einkommen, Vermögen, Herkunft, Aufenthaltsstatus, Gesundheitszustand oder Behinderungsgrad.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 25.11.2025

Anlässlich des morgigen Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Bund, Länder und Kommunen auf, das Gewalthilfegesetz unverzüglich und konsequent umzusetzen. Die alarmierenden Statistiken machen deutlich: Jeden zweiten Tag kommt eine Frau durch häusliche Gewalt zu Tode. Trotz der erschreckenden Zahlen weisen Hilfestrukturen und deren Finanzierung nach wie vor eklatante Lücken auf – tausende Frauenhausplätze fehlen.

„Der Handlungsbedarf ist offensichtlich. Ob Frauen Schutz und Hilfe bei häuslicher Gewalt finden, darf nicht vom Wohnort abhängen“, erklärt die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. Schutz und Unterstützung in Frauenhäusern müssen in allen Regionen Deutschlands gleichermaßen gesichert und zugänglich sein. Die notwendigen Verbesserungen kommen nur im Schneckentempo voran – das ist inakzeptabel. Wir brauchen bundesweit verbindliche Regelungen, die ein breit gefächertes, bedarfsgerechtes Unterstützungssystem sicherstellen, das dauerhaft finanziert ist. Allen Opfern von häuslicher Gewalt müssen Schutz und Hilfe gewährt werden – unabhängig von Einkommen, Aufenthaltsstatus, Herkunftsort, gesundheitlicher Einschränkung oder Behinderung.“

Die Finanzierung der Frauenhäuser erfolgt je nach Bundesland und Kommune in unterschiedlichem Maße; etliche Frauenhäuser sind sogar auf Spenden angewiesen. Betroffene, die nicht sozialleistungsberechtigt sind, müssen in vielen Bundesländern so hohe Unterbringungskosten zahlen, dass sie sich einen Platz nicht leisten können. Der DGB fordert die Länder auf, die Vorgaben des Gewalthilfegesetzes zügig umzusetzen und flächendeckend Beratungsangebote und Schutzunterkünfte für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder aufzubauen. Den ab 2032 einklagbaren Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung begrüßt der DGB ausdrücklich.

Der DGB macht sich zudem stark dafür, dass alle staatlichen Institutionen bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt so ausgestattet werden, dass die notwendigen personellen Ressourcen und Qualifikationen der Beschäftigten zur Verfügung stehen. Auch eine verstärkte Täterarbeit sei notwendig, um geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt wirksam zu bekämpfen. „Wir fordern die ausreichende Finanzierung des Hilfesystems mit Frauenhäusern, Schutzwohnungen, Fachberatungsstellen bei häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt, Interventionsstellen und Täterarbeit“, so Hannack abschließend. „Der Schutz von gewaltbetroffenen Frauen muss endlich Priorität haben.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 24.11.2025

Gewalt gegen Frauen und Mädchen bleibt ein massives gesellschaftliches Problem. Laut einer EU-weiten Studie ist jede dritte Frau in Deutschland von körperlicher oder sexualisierter Gewalt betroffen. Alle vier Minuten wird eine Frau Opfer häuslicher Gewalt. Im vergangenen Jahr sind in Deutschland 308 Frauen und Mädchen gewaltsam getötet worden, 191 davon durch Partner, Ex-Partner oder andere Familienmitglieder.

Rüdiger Schuch, Präsident der Diakonie Deutschland: „Diese Zahlen sind erschütternd und verlangen entschlossenes Handeln. Gewalt gegen Frauen, ob in Familie und Partnerschaft, am Arbeitsplatz oder im öffentlichen Raum ist eine Menschenrechtsverletzung. Ihre Bekämpfung gehört ganz oben auf die politische Agenda. Dass Frauen und Mädchen in unserem Land weiterhin so großer Gefahr ausgesetzt sind, darf keine Gesellschaft hinnehmen. Politik, Institutionen und jede und jeder Einzelne tragen Verantwortung. Wir müssen jeder Form von Gewalt mit Prävention, klaren Konsequenzen und gesellschaftlichem Wandel begegnen. Dafür braucht es auch Zivilcourage im Alltag – in Schulen, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft. Überall dort, wo Frauen Schutz und Solidarität brauchen.“ 

Die Zahl der bei der Polizei registrierten Fälle steigt seit Jahren kontinuierlich. Nach Einschätzung der Diakonie Deutschland zeigt dies, dass in der Vergangenheit zu wenige erfolgreiche Präventionsmaßnahmen umgesetzt wurden.  

Elke Ronneberger, Bundesvorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Mit dem im Februar in Kraft getretenen Gewalthilfegesetz wird ab 2032 ein Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bestehen. Das ist ein wichtiger Schritt. Allerdings brauchen Frauen, die akut von Gewalt bedroht sind, jetzt Hilfe. Frauenhäuser und Beratungsstellen sind aktuell von existenzbedrohenden Kürzungen betroffen. Wir sind besorgt, dass die vom Bund ab 2027 zugesicherten Mittel nur dafür genutzt werden, um bestehende Finanzierungslücken im Hilfesystem zu schließen, sie sind jedoch für den Ausbau des Hilfesystems gedacht.“ 

Zur geplanten Einführung der elektronischen Fußfessel zur Aufenthaltsüberwachung von Gefährdern sagt Ronneberger: „Die Maßnahme kann im Ansatz sinnvoll sein, droht jedoch zur reinen Symbolpolitik zu werden, wenn sie nicht Teil einer umfassenden Strategie ist, die die Ursachen von Gewalt gegen Frauen konsequent angeht.“ Darüber hinaus fordert die Diakonie gezielte Präventionsarbeit. Es brauche Kampagnen und Beratungsangebote, die sich auch an gewaltausübende Personen – überwiegend Männer – richten und gewaltfreie Handlungsoptionen aufzeigen. Prävention müsse früh ansetzen, betont Ronneberger: „In Schulen, Familienzentren, Jugendarbeit und Quartiersprojekten müssen Kinder und Jugendliche lernen, Konflikte ohne Gewalt zu lösen.“ 

Frauen erleben psychische und physische Gewalt auch am Arbeitsplatz. Bis Ende 2026 will die Diakonie Deutschland deshalb ihr Gewaltschutzkonzept fest verankert haben. Das Schutzkonzept sieht vor, dass es transparente Ansprech- und Meldewege bei Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung gibt.  

Dr. Jörg Kruttschnitt, Vorstand Finanzen, Personal und Recht der Diakonie Deutschland: 
„Wir setzen uns entschieden gegen jede Form von Sexismus und geschlechtsbezogener Gewalt am Arbeitsplatz ein. Unsere Mitarbeitenden sollen sich sicher und geschützt fühlen. Dazu gehören auch Pflicht-Schulungen zur Gewaltprävention, um alle Mitarbeitenden, insbesondere Frauen, am Arbeitsplatz zu schützen.“ 

Hintergrund 
Am 25. November wird weltweit der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen begangen. Dieser Gedenk- und Aktionstag macht auf die strukturelle, körperliche und psychische Gewalt aufmerksam, der Frauen und Mädchen überall auf der Welt noch immer ausgesetzt sind. Frauen erleben Gewalt häufig in ihrem engsten Umfeld – in Ehe und Partnerschaft, durch Familienangehörige oder Bekannte. Das Phänomen betrifft Frauen aus allen sozialen und kulturellen Milieus. Im Rahmen der Orange Days – einer weltweiten UN-Kampagne – werden Gebäude, Rathäuser und Denkmäler in oranger Farbe angestrahlt. Orange steht für eine Zukunft ohne Gewalt, für Hoffnung und Solidarität. 

EU-Studie: European Union Agency for Fundamental Rights (2014), Gewalt gegen Frauen  

Lagebilder BKA

Quelle: Pressemitteilung Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. Diakonie Deutschland vom 24.11.2025

Der VAMV fordert die Politik auf, endlich ein umfassendes Konzept zum Schutz von gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern vorzulegen und auch in familiengerichtlichen Verfahren das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) vollständig umzusetzen. 

„Viel zu oft treffen Familiengerichte Entscheidungen zum Sorge- und Umgangsrecht, ohne eine aktuelle Gefährdungslage zu berücksichtigen“, kritisiert Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV). „Der Schutz vor häuslicher Gewalt kommt zu kurz. Daher fordern wir gesetzliche Klarstellungen: In Fällen häuslicher Gewalt darf keine gemeinsame Sorge angeordnet werden und der Umgang des Kindes bei häuslicher Gewalt entspricht in der Regel nicht dem Wohl des Kindes“, so Daniela Jaspers. „Zudem müssen alle an den Verfahren beteiligten Professionen zu Dynamiken häuslicher Gewalt durch qualitativ hochwertige und zertifizierte Fortbildungen geschult werden.“

Gerade zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen der Vereinten Nationen (25.11.2025) ist es dem VAMV ein Anliegen, auf die Missstände in familiengerichtlichen Verfahren hinzuweisen. Zwar ist das Thema häuslicher Gewalt in den letzten Jahren etwas stärker in den Fokus der Politik und der Rechtsprechung (z.B.  OLG Köln, Beschluss vom 10.01.2025 – 14 UF 4/25) gerückt. Dies ist insbesondere der Istanbul-Konvention sowie der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu verdanken. Allerdings stehen entsprechende Reformen im Familienrecht und im Familienverfahrensrecht immer noch aus. Obwohl bekannt ist, dass nicht nur Gewalt gegen das Kind selbst, sondern auch Gewalt gegen seine Hauptbezugsperson kindeswohlschädlich ist, wird in diesen Fällen zum vermeintlichen Kindeswohl häufig (begleiteter) Umgang mit dem gewalttätigen El-ternteil angeordnet. Dies gefährdet das Kind und führt dazu, dass der gewaltausübende Elternteil weiterhin Kontakt zum gewaltbetroffenen Elternteil, meist der Mutter, hat, und diese weiterhin psychisch oder physisch schädigen kann. 

„In Sorge- und Umgangsrechtsentscheidungen müssen Kinder- und Frauenschutz immer zusammengedacht werden. Hier ist der Gesetzgeber gefordert“, unterstreicht Jaspers.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter,
Bundesverband e.V. (VAMV) vom 24.11.2025

  • Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen ist starkes Zeichen der Solidarität
  • Die Würde, der Respekt und der Schutz von Frauen und Mädchen sind nicht verhandelbar

Gewalt stellt laut der Weltgesundheitsorganisation eines der größten Gesundheitsrisiken für Frauen dar. VdK-Präsidentin Verena Bentele warnt anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November vor dem alarmierenden Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt auch in Deutschland:

„Die Zahlen zeigen einen erneuten Anstieg der Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Noch immer wird viel zu oft darüber geschwiegen. Dieses Schweigen schützt die Täter und lässt die Betroffenen allein. Gewalt gegen Frauen betrifft uns alle. Wir müssen gemeinsam das Schweigen brechen. Am Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen setzen wir ein starkes Zeichen der Solidarität und sagen: Schaut nicht weg! Die Würde, der Respekt und der Schutz von Frauen und Mädchen sind nicht verhandelbar.

Wir dürfen nicht hinnehmen, dass statistisch gesehen eines von drei Mädchen im Laufe seines Lebens körperliche oder sexualisierte Gewalt erlebt. Als Gesellschaft müssen wir aktiven Schutz bieten. Das neue Gewalthilfegesetz ist ein zentraler Schritt in diese Richtung. Seine langsame Umsetzung führt jedoch weiterhin zu Lücken. Dass der geplante Rechtsanspruch auf Schutz und fachkundige Beratung für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder erst 2032 in Kraft treten soll, ist aufgrund der erneuten Zunahme der Gewalttaten für die Betroffenen dramatisch. Sie brauchen sofort Schutz, kompetente Beratung, Begleitung und ausreichend Plätze in Frauenhäusern.

Für Mädchen und Frauen mit Behinderung ist es sogar noch erschreckender: Rund jede zweite Frau in dieser Gruppe ist von sexualisierter Gewalt betroffen. Damit auch sie wirksam vor Gewalt geschützt werden, müssen alle Angebote barrierefrei ausgebaut werden. Außerdem muss sichergestellt sein, dass Leistungserbringer von Hilfen für Menschen mit Behinderungen verbindliche Gewaltschutzkonzepte vorlegen und umsetzen.“

Laut Polizeilicher Kriminalstatistik 2024 wurden 53.451 Frauen und Mädchen Opfer von Sexualdelikten, fast die Hälfte davon war minderjährig. Zudem registrierte die Polizei 308 Tötungsdelikte an Frauen und Mädchen, 132 davon im Zusammenhang mit Partnerschaftsgewalt. Auch bei der häuslichen Gewalt gibt es mit 265.942 Opfern einen neuen Höchststand: ein Anstieg um 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und um 17,8 Prozent innerhalb der letzten fünf Jahre. Zu rund 70 Prozent sind die Opfer Frauen und Mädchen.

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland e.V. vom 24.11.2025

SCHWERPUNKT II: Internationaler Tag der Kinderrechte

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages teilt mit:

Am 20. November 1989 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die UN-Konvention über die Rechte des Kindes. 196 Staaten haben in der Zwischenzeit diese Konvention, die allen Kindern auf der Welt in 54 Artikeln völkerrechtlich die gleichen verbindlichen Mindeststandards verbrieft, ratifiziert. In Deutschland und auf der ganzen Welt machen sich Kinder und Jugendliche seitdem an diesem Tag für die Umsetzung ihrer Rechte stark, dieses Jahr unter dem Motto: „Jedes Kind zählt!“

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages als Interessenvertretung der Kinder und Jugendlichen im Parlament setzt sich mit ihrem Arbeitsprogramm aktiv für die Einhaltung und Stärkung der Rechte der Kinder ein.

Weltweit sind aufgrund von Krisen, Kriegen und Konflikten mehr Kinder denn je auf Unterstützung angewiesen. Gleichzeitig werden überall die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe gekürzt. Das hat gravierende Folgen für Millionen Kinder und bringt nicht wenige von ihnen in akute Lebensgefahr. 
Gerade deshalb ist es für die Kinderkommission besonders wichtig, den mit der Kinderrechtskonvention verbundenen Auftrag ins Zentrum von Politik und Gesellschaft zu stellen und Verbesserungen bei der Umsetzung der Kinderrechte einzufordern.

Der Vorsitzende der Kinderkommission, Michael Hose, MdB, erklärt hierzu:
„Kinderrechte sind keine wohlklingenden Absichtserklärungen, sondern konkrete Verpflichtungen. Sie gelten überall, im Krieg und im Frieden, im analogen wie im digitalen Raum. Gerade in einer Zeit, in der Kinder weltweit unter Armut, Gewalt und der Kommerzialisierung ihrer Lebenswelt leiden, braucht es eine Politik, die Kinder nicht nur schützt, sondern ihnen echte Teilhabe ermöglicht.

Die Kinderkommission setzt sich dafür ein, dass Kinderrechte in allen politischen Entscheidungen berücksichtigt werden: in der Bildung, im digitalen Umfeld und beim Schutz vor Gewalt. Jedes Kind zählt und jedes Kind hat ein Recht auf eine sichere und gerechte Zukunft.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 20.11.2025

Zum morgigen Internationalen Tag der Kinderrechte fordert ein breites Bündnis aus 24 Kinder- und Jugendverbänden sowie Kinderrechtsorganisationen die Bundesregierung zu entschlossenem Handeln beim Klimaschutz auf: Bis Ende des Jahres soll ein sozial gerechtes Klimaschutzprogramm beschlossen werden, das die nationalen Klimaziele erreicht und das 1,5-Grad-Ziel ernst nimmt.

Das Bündnis appelliert an die Bundesregierung: „Klimaschutz ist mehr als ein ökologisches Ziel. Klimaschutz ist Kinderschutz. Klimaschutz ist Schutz vor Armut, Ungleichheit und Zukunftsangst. Klimaschutz ist unser Recht und eure Pflicht!“ Ohnehin benachteiligte Menschen trifft die Klimakrise am härtesten – ob im Globalen Süden oder in Deutschland. Die Verbände fordern ein Klimaschutzprogramm bis Ende des Jahres, das die Klimaziele bis 2040 erreicht und das 1,5-Grad-Ziel ernst nimmt.

Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes: „Für das gesunde Aufwachsen von Kindern braucht es auch eine gesunde Umwelt. Kinder sind verletzlicher als Erwachsene, wenn sie Umweltbelastungen ausgesetzt sind. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits vor Jahren einen neuen Maßstab für Klima- und Grundrechtsschutz gesetzt, indem es feststellte, dass die heute unzureichende Klimaschutzpolitik Freiheits- und Grundrechte von morgen beeinträchtigt. Gerade deshalb muss die deutsche Bundesregierung gemäß den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention das Recht der Kinder auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt wesentlich umfangreicher als bisher in die nationale Gesetzgebung und das politische Handeln aufnehmen.“

Anna-Luisa Jansen, stellvertretende Vorsitzende der Jugendorganisation der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Jugend, über die Forderungen des Bündnisses: „Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Zukunft und gesellschaftliche Teilhabe – deshalb fordern wir den Ausbau von Bus und Bahn. Wer den ÖPNV teurer macht, schließt junge Menschen aus und gefährdet das Klima. Wir brauchen faire Ticketpreise: Mobilität darf keine Frage des Geldbeutels sein. Gerade Familien, Schüler*innen und Auszubildende sind auf Bus und Bahn angewiesen, um zur Schule, Ausbildung und Freund*innen fahren zu können. Dabei ist klar: Faire Preise brauchen faire Arbeit. Die Beschäftigten im ÖPNV-Sektor stehen seit Jahren unter immenser Arbeitsbelastung, denn schon jetzt gibt es viel zu viele unbesetzte Stellen. Der Ausbau und die Modernisierung des ÖPNV gehen nur Hand in Hand mit ausreichend Kolleg*innen und guten Arbeitsbedingungen. Busse und Bahnen fahren nicht von alleine – dafür sorgen Beschäftigte, die seit Jahren unter Druck stehen. Sozial gerechter Klimaschutz bedeutet, dass niemand auf der Strecke bleibt. Mobilität ist keine Ware – sie ist Daseinsvorsorge und ein Versprechen an die nächste Generation.“

Konrad Brakhage, 1. Stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend, ergänzt: „Die Klimakrise betrifft junge Menschen jetzt! Gleichzeitig werden wir in Zukunft viel mehr von Extremwetterereignissen betroffen sein. Junge Menschen müssen in politische Entscheidungsprozesse, die ihr Leben so sehr beeinflussen, einbezogen werden. Deutschland muss mehr tun und bis Ende des Jahres ein Klimaschutzprogramm liefern, dessen Maßnahmen bei Kindern und jungen Menschen ankommen. Dabei ist eine ehrliche Beteiligung junger Menschen unerlässlich! Wir fordern gemeinsam mit allen unterzeichnenden Organisationen eine nachhaltige und verlässliche Finanzierung von Kinder- und Jugendverbänden, sowie Jugendringen, die es ermöglicht, die Stimmen junger Menschen in den Prozessen der Klimapolitik zu stärken.“

Zeichnende Verbände:

. Arbeiter-Samariter-Jugend Deutschland . Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend . Brot für die Welt Jugend . Bund der Deutschen Katholischen Jugend . Bundesjugendwerk der AWO . BUND Jugend . Der Kinderschutzbund . Deutsche Schreberjugend . Deutsches Kinderhilfswerk . Deutsche Wanderjugend . Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) Jugend . Fridays for Future Deutschland . Jugend des Deutschen Alpenvereins . Johanniter Jugend . Katholische Landjugendbewegung Deutschlands . Kindernothilfe . Landesjugendring Baden-Württemberg . Naturfreunde Jugend . NAJU – Naturschutzjugend im NABU . PLAN International . SOS-Kinderdörfer weltweit . Terres des Hommes . Verband Christlicher Pfadfinder*innen . ver.di Jugend

Den Appell können Sie hier abrufen: https://www.dkhw.de/appell-klimaschutz

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 19.11.2025

Kinderschutzbund und Frauenhauskoordinierung fordern Gewaltschutz vor Sorge- und Umgangsrecht

Zum Internationalen Tag der Kinderrechte fordern der Kinderschutzbund und Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK): Der Grundsatz „Gewaltschutz vor Sorge- und Umgangsrecht“ muss gesetzlich verankert werden. Die Kinderrechte auf Schutz vor Gewalt und gewaltfreie Erziehung müssen endlich gegenüber den Elternrechten priorisiert werden. Stattdessen werden Kinder zum Verhandlungsobjekt und Druckmittel in Familiengerichtsentscheidungen und vorherige häusliche Gewalt in der Partnerschaft kaum berücksichtigt.

Trotz nachgewiesener häuslicher Gewalt und gegen den ausdrücklichen Willen der Kinder ordnen Familiengerichte regelmäßig Kontakte zum gewaltausübenden Elternteil an. Beide Verbände kritisieren, dass Kinder dadurch systematisch gefährdet werden. Deutschland verletzt damit seine völkerrechtlichen V1erpflichtungen aus der Istanbul-Konvention.

Häusliche Gewalt erreicht in Deutschland einen neuen Höchststand: 2024 waren über 265.000 Menschen betroffen, darunter Zehntausende Kinder. Rund 16.000 Kinder finden jährlich allein in Frauenhäusern mit ihren Müttern Schutz. Etwa 171.000 Fälle wurden im Bereich der Partnerschaftsgewalt registriert. Dabei sind in vielen Fällen auch Kinder direkt oder indirekt mitbetroffen. Dennoch werden Umgänge oft gegen den Willen der Kinder angeordnet.

Artikel 31 der Istanbul-Konvention verpflichtet Deutschland seit 2018, Gewaltvorfälle bei kindschaftsrechtlichen Entscheidungen zwingend zu berücksichtigen. Diese Verpflichtung wird derzeit nicht flächendeckend eingehalten, zum Nachteil von Zehntausenden Kindern.

„Im Familienrecht muss die Stimme der Kinder endlich mehr Gewicht bekommen. Es kann nicht sein, dass Kinder gegen ihren Willen zum Umgang mit gewalttätigen Elternteilen gedrängt werden.“, erklärt Daniel Grein, Bundesgeschäftsführer des Kinderschutzbundes.

„Solange Gerichte auf Umgang drängen, statt Gewalt als Ausschlusskriterium zu begreifen, bleiben Kinder und Mütter schutzlos. Die Bundesregierung muss das Familienrecht jetzt zügig und grundlegend reformieren, wie von Justizministerin Hubig angekündigt“, fordert Sibylle Schreiber, Geschäftsführerin von Frauenhauskoordinierung e.V.

Quelle: Pressemitteilung Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V. und Frauenhauskoordinierung e. V. vom 20.11.2025

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundesfamilienministerin Karin Prien besucht Jugendamt und tauscht sich mit Pflegeeltern aus

Kindern ein Zuhause geben, in dem sie Zuwendung, Stabilität und Zeit, die prägt erfahren können – das ist das Ziel der neuen bundesweiten Kampagne des Bundesfamilienministeriums. Sie stellt die Bedeutung von Pflegefamilien in den Mittelpunkt und möchte mehr Menschen ermutigen, selbst ein Pflegekind aufzunehmen. Zum Auftakt der Kampagne besuchte Bundesfamilienministerin Karin Prien das Jugendamt Pankow in Berlin und tauschte sich dort mit Pflegeeltern sowie Mitarbeitenden des Pflegekinderdienstes über deren Alltag, Erfahrungen und Herausforderungen aus.

Im Gespräch schilderten zwei Pflegefamilien eindrucksvoll, was es bedeutet, Kinder mit schwierigen Lebenswegen liebevoll zu begleiten. Ebenso stand die enge Zusammenarbeit zwischen Jugendämtern und Pflegefamilien im Fokus – eine Arbeit, die entscheidend dafür ist, dass Kinder und Jugendliche gut unterstützt werden.

Bundesfamilienministerin Karin Prien: „Pflegefamilien leisten einen unverzichtbaren Beitrag für den Schutz und die Zukunft von Kindern in schwierigen Lebenssituationen. Sie geben Halt, Zeit, Wärme und ein Zuhause auf Zeit oder für immer. Dafür bin ich ihnen zutiefst dankbar. Ebenso danke ich den Mitarbeitenden der Jugendämter, die diese Familien fachlich begleiten und Tag für Tag Verantwortung tragen. Wir möchten Pflegefamilien sichtbar machen, ihnen danken – und Menschen ermutigen, diesen Weg selbst zu gehen. Denn: Jede Pflegefamilie schenkt einem Kind etwas, das ein Leben lang prägt.“

„Zeig mir, wie schön Ankommen ist“ – drei Motive, ein Ziel

Unter dem Kampagnenmotto „Zeit, die prägt“ startet das Bundesfamilienministerium mit drei Motiven – darunter „Zeig mir, wie schön Ankommen ist“ – eine breite Informationsoffensive. Die Kampagne will sowohl die wertvolle Rolle von Pflegeeltern sichtbar machen als auch Menschen informieren, die sich für eine Pflegeelternschaft interessieren.

Für viele Kinder sind Pflegefamilien ein sicherer Ort, ein Stück Alltag, Stabilität und Geborgenheit. Gleichzeitig fehlen bundesweit jedes Jahr rund 4.000 Pflegefamilien. Die Folge: Engpässe, übervolle Einrichtungen und Entscheidungen, die – trotz großer Bemühungen – nicht immer optimal im Sinne des Kindes getroffen werden können. Die Kampagne will diese Lücke verkleinern und auf ein Thema aufmerksam machen, das bisher oft zu wenig Beachtung findet.

Kindern Sicherheit, Orientierung und Geborgenheit bieten

Viele Kinder und Jugendliche können aus ganz unterschiedlichen Gründen zeitweise oder dauerhaft nicht bei ihren leiblichen Eltern leben. Sie brauchen eine Umgebung, die ihnen Sicherheit, Orientierung und Geborgenheit bietet. Die neue Kampagne stellt deshalb umfassende Informationen zur Pflegeelternschaft bereit – verständlich, gebündelt und niedrigschwellig.

Auf der Kampagnenseite finden Interessierte:

  • Voraussetzungen für die Pflegeelternschaft
  • Antworten auf zentrale Fragen
  • Erfahrungsberichte
  • Kontakte zu Anlaufstellen

Das Ziel: den Weg zur Pflegefamilie transparent und gut nachvollziehbar zu gestalten.

Weitere Informationen bietet das Familienportal des Bundes.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 08.12.2025

Bundeskabinett beschließt Bericht über Ausbaustand des Ganztags für Grundschulkinder

Das Bundeskabinett hat den dritten Bericht der Bundesregierung über den Ausbaustand der ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder beschlossen. Am 1. August 2026 wird der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter jahrgangsweise in Kraft treten. Damit werden bis im Schuljahr 2029/30 Kinder der ersten bis zur vierten Jahrgangsstufe einen Anspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung haben.

Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Karin Prien: „Im Ganztag liegt eine große Chance, um Kinder unabhängig vom Hintergrund ihrer Eltern zum Bildungserfolg zu führen. Zeitgemäßer Ganztag ist Lern- und Lebensort für Kinder und ermöglicht bessere Teilhabe. Gleichzeitig erlaubt der Ganztag, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – vor allem für Mütter – zu verbessern. Wir als Bund setzen uns gemeinsam mit Ländern und Kommunen für verlässliche, kindgerechte Ganztagsbildung und -betreuung ein. Das schafft starke Familien. Deshalb ist der Rechtsanspruch, der im nächsten Jahr zunächst für die erste Klasse in Kraft tritt, ein echter Meilenstein. Erfreulich ist, dass der dritte Bericht zum Ausbaustand erneut einen deutlichen Anstieg des Platzangebots zeigt. Um die verbleibende Lücke zwischen Angebot und Bedarf der Eltern zu schließen, müssen wir – Bund, Länder und Kommunen – gemeinsam den Ausbau weiter vorantreiben und kindgerechte Ganztagsplätze schaffen. Es ist gut, dass die Länder zuversichtlich auf das Platzangebot zum Schuljahr 2026/27 blicken.“

Der dritte Bericht der Bundesregierung über den Ausbaustand der ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder zeigt, dass die Mehrheit der Familien Ganztagsangebote in Anspruch nimmt: im Schuljahr 2023/24 besuchten rund 1,9 Millionen aller sechseinhalb- bis zehneinhalbjährigen Kinder in der Bevölkerung eine Ganztagsschule oder eine Tageseinrichtung (Hort). Das sind 57 Prozent (westdeutsche Länder 51%, ostdeutsche Länder 84%). Bis zum Schuljahr 2029/30 werden zusätzlich im deutschlandweiten Mittel etwa 264.000 Plätze benötigt. Der prognostizierte Ausbaubedarf hat sich im Vergleich zu den Vorjahren deutlich reduziert, u. a., da Länder und Kommunen mit Unterstützung des Bundes stetig neue Plätze geschaffen haben.

In der Prognose des Elternbedarfes wurde mit zwei Szenarien gearbeitet. Im Szenario eines konstant bleibenden Bedarfs werden im Schuljahr 2026/27 (2029/30) rund 166.000 (190.000) und im Szenario eines deutlich steigenden Bedarfs 284.000 (339.000) zusätzliche Plätze benötigt. Dabei fällt der überwiegende Teil des quantitativen Ausbaubedarfs auf die westdeutschen Flächenländer, während in den ostdeutschen Ländern vor allem ein qualitativer Ausbau stattfindet. Wird nur der zusätzliche Platzbedarf für die erste Klasse im Schuljahr 2026/27 betrachtet, für die der aufwachsende Rechtsanspruch zum 1. August 2026 zunächst gilt, werden bei konstantem Bedarf bis zu 30.000 und bei steigendem Bedarf bis zu 65.000 Plätze zusätzlich benötigt. Laut Bericht rechnen die Landesverantwortlichen damit, dass sie zu Beginn des Rechtsanspruchs im Schuljahr 2026/27 ein (eher) bedarfsdeckendes Angebot vorhalten können.

Die Bundesregierung stellt mit dem Beschleunigungsprogramm bis Ende 2022 sowie dem Investitionsprogramm Ganztagsausbau 2023-2029 rund 3,5 Milliarden Euro für Investitionen in den Ausbau der kommunalen Bildungsinfrastruktur zur Verfügung, um den notwendigen Platzausbau zu unterstützen. Den durch den Rechtsanspruch entstehenden zusätzlichen Betriebskosten der Länder trägt der Bund durch Änderung des Finanzausgleichsgesetzes Rechnung: Die vertikale Umsatzsteuerverteilung wird zugunsten der Länder ab 2026 jährlich aufwachsend von 135 Mio. € auf bis zu 1,3 Mrd. € pro Jahr ab 2030 angepasst.

Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag jährlich einen Bericht über den Ausbaustand der ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder vor (GaFöG-Bericht). Federführend ist das Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, hier ist auch die Geschäftsstelle zum Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter angesiedelt.

Weitere Informationen finden Sie auf www.bmbfsfj.bund.de/ganztag und www.recht-auf-ganztag.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 03.12.2025

Auftaktsitzung der Unabhängige Expertenkommission zur Verbesserung des Schutzes von Prostituierten

Bundesministerin Karin Prien hat die unabhängige Expertenkommission zur Verbesserung des Schutzes von Prostituierten (Prostituiertenschutz-Kommission) einberufen. Die Ergebnisse der Prostituiertenschutz-Kommission sollen zu einem besseren Schutz der in der Prostitution tätigen Menschen, insbesondere zu einem besseren Schutz vor Zwangsprostitution und Menschenhandel, beitragen. 

Bundesministerin Karin Prien: „Die Debatten der vergangenen Wochen machen einmal mehr deutlich, dass wir die Situation von Menschen, die in der Prostitution tätig sind, dringend verbessern müssen. Besonders der Kampf gegen Zwangsprostitution, Menschenhandel und Gewalt ist für die Bundesregierung ein wichtiges Anliegen. Daher habe ich die unabhängige Expertenkommission zum Schutz von Prostituierten einberufen. Sie wird auf Grundlage des Evaluationsberichts zum Prostituiertenschutzgesetz mit der dort versammelten Expertise Empfehlungen erarbeiten, die es der Politik ermöglichen, fundierte und sachlich gut begründete Entscheidungen zum Schutz der Prostituierten zu treffen.“

Die Prostituiertenschutz-Kommission setzt sich aus zwölf Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Fach- und Arbeitsrichtungen zusammen, u.a. aus den Bereichen Menschenhandel, Wissenschaft, Strafverfolgung, Plattformregulierung, soziale Arbeit und Gesundheit. Den Kommissionsvorsitz hat Prof. Dr. Tillmann Bartsch. Die weiteren Mitglieder sind Dr. Angelika Allgayer, Dr. Elke Bartels, Dr. Katrin Baumhauer, Helga Gayer, Prof. Dr. Matthias C. Kettemann, Dr. Stefanie Killinger, Jörg Makel, Mark Mrusek, Prof. Dr. Gregor Thüsing, Maike van Ackern und Stefan Willkomm.

Die Kommission wird erarbeiten, welche konkreten Handlungsoptionen Bund, Länder und Kommunen haben, um den Schutz von Prostituierten vor Zwang und Ausbeutung zu verbessern. Dabei soll sie sich auch Fragestellungen über die Evaluation des ProstSchG durch das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen hinaus widmen, um den größtmöglichen Schutz von Prostituierten zu erreichen.

Die Kommission wird gesetzliche und nicht-gesetzliche Maßnahmenvorschläge zur Verbesserung des Prostituiertenschutzes erarbeiten. Die gesetzlichen Maßnahmenvorschläge sollen innerhalb von zwölf, die nicht-gesetzlichen Maßnahmenvorschläge innerhalb von 18 Monaten vorgelegt werden. 

Weitere Informationen zur Evaluation finden Sie hier: https://www.bmbfsfj.bund.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 24.11.2025

Bundesfamilienministerin Karin Prien und die Unabhängige Bundesbeauftragte Kerstin Claus stellen neue Maßnahmen vor

Zum 10. Europäischen Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch haben Bundesbildungsministerin Karin Prien und die Unabhängige Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, Kerstin Claus, heute in Berlin neue Initiativen und Forschungsvorhaben vorgestellt, die den Kinderschutz in Deutschland weiter stärken sollen. Der Europäische Tag steht in diesem Jahr unter dem Zeichen der Forschung – denn eine solide Datengrundlage ist entscheidend, um Prävention, Aufklärung und Schutzmaßnahmen wirksam zu gestalten.

Bundesbildungsministerin Karin Prien: „Wir wünschen uns alle mehr Anstrengungen für einen besseren Kinderschutz. Wichtig ist aber, dass unser Handeln wissenschaftlich fundiert und evidenzbasiert ist. Gerade im Bereich der sexuellen Gewalt an Kindern und Jugendlichen gibt es ein enormes Dunkelfeld. Deshalb freue ich mich besonders, dass mit dem Zentrum für Forschung zu sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen künftig eine sichere Datengrundlage – auch für politische Maßnahmen – geschaffen wird. Hinter jeder Zahl steht ein Schicksal, ein Mädchen oder ein Junge. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt geht uns alle an – „Schieb Deine Verantwortung nicht weg!“

Unabhängige Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen Kerstin Claus: „Wir starten im kommenden Jahr die bundesweite „Safe!“-Jugendstudie zu Gewalterfahrungen von Kindern und Jugendlichen. Gerade in Zeiten begrenzter finanzieller Ressourcen ist es essentiell, dass Politik zielgerichtet und evidenzbasiert handelt. Gleichzeitig wissen wir alle, dass die gesellschaftlichen Kosten, die sexuelle Gewalt verursacht, immens sind. Gewalterfahrungen führen zu  Bildungsabbrüchen, haben gesundheitliche Folgen und Konsequenzen in den Erwerbsbiografien Betroffener. Dies konsequent in einer wissenschaftlichen Studie zu erarbeiten, ist mir ein großes Anliegen. Ich appelliere deshalb an die Bundesregierung, dass sie  eine umfassende Folgekostenstudie auf den Weg bringt. Damit klar ist, was es uns als Gesellschaft kostet, wenn der Schutz von Kinder und Jugendlichen nicht priorisiert wird.“

Kampagne #NichtWegschieben wird 2025 fortgeführt

Ein zentraler Bestandteil der Aktivitäten zum Europäischen Tag ist die Fortführung der Aufklärungs- und Aktivierungskampagne „Schieb deine Verantwortung nicht weg!“. Die Kampagne läuft seit drei Jahren erfolgreich und richtet sich an Erwachsene, um das Bewusstsein für ihre Verantwortung im Kinderschutz zu stärken. Die bisherigen Ergebnisse zeigen deutliche Fortschritte: Der Anteil der Menschen, die sexuelle Gewalt auch im eigenen Umfeld für möglich halten, ist seit Beginn der Kampagne von 41 Prozent auf 53 Prozent gestiegen. Gleichzeitig sehen heute 60 Prozent der Befragten Familie, Freunde und Bekannte in der Pflicht, Kinder zu schützen – vor der Kampagne waren es 50 Prozent. Diese Entwicklung zeigt, dass kontinuierliche Aufklärung Haltungen verändern und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, nachhaltig stärken kann.

In 2025/26 rückt die Kampagne die Frage in den Mittelpunkt, was Erwachsene konkret tun können, um sexuellen Missbrauch zu verhindern. Kernstück der Kampagne in diesem Jahr ist der Whatsapp-Messanger-Kurs „7 Wochen. 7 Tipps“, der sich an Eltern und Fachkräfte wendet. Ervermittelt, wie Erwachsene – insbesondere Eltern – Kinder stärken und Täterstrategien erkennen können. So empfiehlt die Kampagne etwa, Kinder ernst zu nehmen, Grenzen zu respektieren, offen über Sexualität und Körperwissen zu sprechen und nachzufragen, wie Kinder in Kitas, Schulen oder Vereinen geschützt werden. Die Kernbotschaft lautet: Jede und jeder von uns kann dazu beitragen, Kinder zu schützen – indem wir hinsehen, zuhören und handeln – und aktiv werden, bevor etwas passiert.

In 2026/27 wird die Kampagne ihren Schwerpunkt auf digitale sexuelle Gewalt legen. Dabei soll besonders verdeutlicht werden, dass auch Online-Räume Schutzkonzepte benötigen und Erwachsene Verantwortung tragen, Kinder und Jugendliche im Netz zu begleiten und zu schützen.

Forschung als Grundlage: Das Zentrum für Forschung zu sexueller Gewalt

Mit dem am 1. Juli 2025 in Kraft getretenen Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen (UBSKM-Gesetz) bekommt das neue Zentrum für Forschung zu sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen (ZEFSG) beim Deutschen Jugendinstitut e. V. (DJI) eine wichtige Rolle. Es soll helfen, Forschungslücken zu schließen und eine evidenzbasierte Grundlage für politische und gesellschaftliche Maßnahmen zu schaffen.

Das zentrale Projekt des von UBSKM geförderten Zentrums ist die bundesweite „Safe!“-Jugendstudie zu Gewalterfahrungen und deren Folgen, die im Jahr 2026 startet. In dieser repräsentativen Untersuchung sollen rund 10.000 Schülerinnen und Schüler der neunten Klassen bundesweit befragt werden. Ziel der Studie ist es, belastbare Daten über Häufigkeit, Formen und Folgen sexueller Gewalt und anderer Gewaltformen zu gewinnen. Die Ergebnisse werden 2027 vorliegen und in die Berichterstattung der Unabhängigen Bundesbeauftragten Kerstin Claus an Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung einfließen.

Schutz im digitalen Raum: Expertenkommission hat Arbeit aufgenommen

Parallel hat das Bundesministerium die Unabhängige Expertenkommission „Kinder- und Jugendschutz in der digitalen Welt“ eingesetzt. Sie nahm im Herbst 2025 ihre Arbeit auf. Die Kommission wird eine umfassende Strategie für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in digitalen Medien entwickeln. Dabei geht es unter anderem um den sicheren Umgang mit sozialen Netzwerken, die Stärkung der Medienkompetenz von Kindern, Eltern und Fachkräften sowie die Erforschung der gesundheitlichen Folgen intensiver Mediennutzung. Ziel ist es, konkrete Handlungsempfehlungen für Bund, Länder und Zivilgesellschaft zu erarbeiten, um Kinder online wie offline besser zu schützen.

10. Europäischer Tag zum Schutz von Kindern

Der Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch findet in diesem Jahr bereits zum zehnten Mal statt. Er wurde 2015 vom Europarat eingeführt, um die Umsetzung der Lanzarote-Konvention zu unterstützen. Diese verpflichtet alle Mitgliedstaaten, jede Form sexualisierter Gewalt gegen Kinder zu verurteilen und entschlossen dagegen vorzugehen. In diesem Jahr steht der Tag unter dem Motto „Forschung als Grundlage wirksamen Schutzes“ – denn fehlende Daten sind ein Hindernis für Fortschritt im Kampf gegen sexuelle Gewalt.

Weitere Informationen

Informationen zur Kampagne #NichtWegschieben:

www.nicht-wegschieben.de

Materialien und Spots zum Download print- und sendefähig:

https://files.rsm-support.de/s/cNdn5Nw7MpDxMdw   

Informationen zum Europäischen Tag gegen sexuelle Ausbeutung und Missbrauch von Kindern:

https://www.coe.int/en/web/children/end-child-sexual-abuse-day

Zahlen und Fakten zu sexuellem Missbrauch:

https://beauftragte-missbrauch.de/mediathek/publikationen/zahlen-und-fakten

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Unabhängige Bundesbeauftragte gegen sexuellen  Missbrauch von Kindern und Jugendlichen vom 18.11.2025

„Kinderrechte sind keine freundliche Empfehlung, sondern ein Anspruch, der die ganze Gesellschaft bindet. Sie definieren nicht nur, was Kindern zusteht, sondern auch, was wir ihnen schulden. Wer von Kinderschutz spricht, spricht vom Fundament eines Gemeinwesens, das seine Zukunft ernst nimmt. Deshalb hat der Schutz von Kindern vor Gewalt, vor Ausbeutung, vor digitalen Risiken politische und moralische Priorität.

Die jüngsten Zahlen zur Gewalt gegen Kinder und Jugendliche lassen keinen Interpretationsspielraum. Sie zeigen, wie dringlich es ist, dass wir unserer Verantwortung gerecht werden: Kinder brauchen verlässliche Sicherheit, in der analogen Welt genauso wie im digitalen Raum. Dazu gehört auch, jene technischen Instrumente endlich zu nutzen, die wir längst kennen und die im Koalitionsvertrag vereinbart wurden: die verlässliche, rechtssichere Speicherung von IP-Adressen, ohne die schwerste Straftaten gegen Kinder oft nicht aufgeklärt werden können. Ein Rechtsstaat, der digitale Tatorte der meist anonymen Täter nicht mehr findet, verliert seine Fähigkeit, Kinder zu schützen.

Gleichzeitig müssen digitale Räume altersgerecht gestaltet sein. Plattformen wie TikTok, die Milliarden mit der Aufmerksamkeit junger Menschen verdienen, müssen endlich Verantwortung übernehmen. Ihre Algorithmen fördern Enthemmung, Aggression und Gewalt. Diese Risiken müssen wir endlich beherrschen. Wir werden handeln: entschlossen, wirksam – im Interesse unserer Kinder und der Zukunft unseres Landes.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 20.11.2025

Anlässlich der Beratung der Petition „Vermögenssteuer auf alle Vermögensarten“ im Petitionsausschuss erklären Karoline Otte, Mitglied im Finanzausschuss, und Max Lucks, Mitglied im Finanzausschuss und Petitionsausschuss:

„In Deutschland besitzen zwei Familien so viel Vermögen wie die untere Hälfte der Bevölkerung. Diese massive Ungleichheit ist kein Naturgesetz, sondern das Ergebnis auch politischer Entscheidungen. Sie wird von der Bundesregierung verschärft, die Steuersenkungen beschließt und vorantreibt, von denen vor allem wenige sehr reiche Menschen profitieren.

Für uns Grüne ist klar: Massive Vermögensungleichheit gefährdet das Vertrauen in den Staat, erschwert Klimaschutzmaßnahmen und schwächt die demokratische Teilhabe. Deshalb sehen wir die Petition von Attac und ihre breite Unterstützung als wichtigen Rückenwind für unseren Einsatz gegen die wachsende Vermögensungleichheit.

Um die Vermögensungleichheit in Deutschland zu verringern und ihre gravierenden Folgen abzumildern, setzen wir uns für eine gerechtere Besteuerung von sehr hohen Vermögen ein. Daran arbeiten wir aktiv weiter und sind sehr dankbar für den Austausch mit der Zivilgesellschaft. Petitionen wie diese senden ein wichtiges Signal an alle Abgeordneten und sind ein zentraler Impuls für die parlamentarische Arbeit.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 30.11.2025

Der Bundesrat hat den Gesetzentwurf zur „Effektivierung des Gewaltschutzes in Hochrisikofällen“ (21/3068) vorgelegt. Damit sollen bestehende Schutzlücken im Umgang mit häuslicher Gewalt geschlossen werden. Der zivilrechtliche Gewaltschutz habe „einen unvermeidlichen zeitlichen Vorlauf“ und sei „nicht immer das optimale Schutzinstrument“, heißt es in der Begründung.

Mit der Neuregelung soll laut Länderkammer insbesondere auf Fälle reagiert werden, in denen Täter trotz gerichtlicher Schutzanordnungen weiter eskalierend handeln. Die Länderkammer verweist darauf, dass zivilrechtliche Gewaltschutzanordnungen zwar schnell ergehen könnten, deren praktische Wirksamkeit jedoch maßgeblich von verfahrens- und vollstreckungsrechtlichen Vorgaben abhänge. In streitigen oder manipulativen Konstellationen verfügten die Familiengerichte zudem nicht über die gleichen Ermittlungsinstrumente wie die Polizei. Dies könne dazu führen, dass hochgefährliche Täter trotz mehrfacher Verstöße nicht effektiv gestoppt würden.

Nach Darstellung des Bundesrates zeigen insbesondere Hochrisikofälle im Zusammenhang mit dem Gewaltschutzgesetz deutliche Parallelen zu eskalierenden Stalking-Fällen. Das bestehende System aus Schutzanordnung, Ordnungsmitteln und zivilrechtlicher Vollstreckung könne dieser Dynamik nicht hinreichend entgegenwirken, da Ordnungsgelder nicht selten ins Leere gingen und Vollstreckungsverfahren zeitverzögernd wirkten. In solchen Situationen bedürfe es „wirksamer und abschreckender Interventionsmöglichkeiten, durch die gewalttätige Personen frühzeitig konsequent gestoppt und aktiv zur Verantwortung gezogen werden können“, heißt es weiter.

Vor diesem Hintergrund schlägt der Bundesrat vor, den Strafrahmen für besonders schwere Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz deutlich anzuheben. Künftig sollen etwa Zuwiderhandlungen, bei denen Täter Waffen mit sich führen, das Opfer erheblich gefährden oder durch wiederholte und fortgesetzte Taten dessen Lebensgestaltung maßgeblich beeinträchtigen, mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren geahndet werden können. Zudem soll in diesen Fällen die Möglichkeit einer vorbeugenden „Deeskalationshaft“ nach Paragraf 112a Strafprozessordnung eröffnet werden. Nach Auffassung des Bundesrates entspricht dies den Erfordernissen eskalierender Gewaltbeziehungen, in denen Täter trotz polizeilicher Gefährderansprachen und zivilgerichtlicher Anordnungen nicht von weiteren Übergriffen abgehalten werden können. Durch eine befristete Inhaftierung könne eine akute Gewaltspirale unterbrochen und das Opfer geschützt werden, bevor sich das Risiko schwerer Gewalttaten weiter verdichte.

Ein weiterer Schwerpunkt des Entwurfs liegt auf der Verbesserung des Informationsflusses zwischen Familiengerichten und Polizei. Künftig sollen die Polizeibehörden bereits mit Eingang eines Antrags auf eine Schutzanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz unterrichtet werden. Dies soll den Behörden ermöglichen, Gefährdungslagen frühzeitig einzuschätzen, Erreichbarkeiten zu prüfen und gegebenenfalls Maßnahmen der Gefahrenabwehr vorzubereiten. Nach Angaben des Bundesrates können so Schutzlücken vermieden werden, die entstehen, wenn eine verletzte Person noch vor Zustellung einer Entscheidung bedroht oder angegriffen wird.

Die Bundesregierung begrüßt den Vorschlag zur Stärkung des Informationsflusses grundsätzlich und prüft die weiteren Änderungen. Zugleich verweist sie auf einen eigenen, am 19. November 2025 beschlossenen Gesetzentwurf, der ebenfalls auf einen wirksameren Gewaltschutz zielt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 691 vom 10.12.2025

Um Kindern frühzeitig verlässliche Bildungs- und Teilhabechancen zu eröffnen, ist nach Ansicht der Bundesregierung eine ausreichende Zahl qualifizierter Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung erforderlich. Gleichwohl sei der Personalbedarf insbesondere in den westdeutschen Ländern weiter nicht vollständig gedeckt, heißt es in der Antwort (21/3007) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/2746) der Linksfraktion.

Es sei daher nachvollziehbar, dass Vorkehrungen getroffen würden, um mit dem Fachkräftemangel umzugehen und gleichzeitig den Betrieb in den Kindertageseinrichtungen aufrechtzuerhalten. Abweichungen von Standards sollten jedoch nur übergangsweise und gut begründet hingenommen sowie durch qualitätssichernde Initiativen flankiert werden. Richtschnur seien das Wohl und die gute Förderung der betreuten Kinder, heißt es in der Antwort.

Bund und Länder arbeiteten kontinuierlich daran, die Qualität der Betreuungsangebote weiterzuentwickeln, die Rahmenbedingungen der Fachkräfte zu verbessern und das Berufsfeld attraktiv zu gestalten.

Zudem unterstütze der Bund die Länder im Rahmen der Weiterentwicklung des KiTa-Qualitäts- und -Teilhabeverbesserungsgesetzes in den Jahren 2025/2026 und stelle dafür rund vier Milliarden Euro bereit. Ein besonderer Schwerpunkt liege auf der Gewinnung und Sicherung qualifizierter Fachkräfte.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 685 vom 08.12.2025

Der Petitionsausschuss sieht mehrheitlich einen Anspruch auf Vermögensaufbau für Bürgergeldempfänger als nicht sachgerecht an. In der Sitzung am Mittwoch verabschiedete der Ausschuss die Beschlussempfehlung an den Bundestag, das Petitionsverfahren zu einer entsprechenden Eingabe abzuschließen, „weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte“.

Mit der Petition wird gefordert, dass im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende Einkommen nicht berücksichtigt wird, „wenn es dem Aufbau von Vermögen im Rahmen der gesetzlich definierten Freibeträge dient“. Der Gesetzgeber erwarte von Beziehern von Grundsicherungsleistungen, dass sie außerplanmäßige Ausgaben, wie beispielsweise die Reparatur einer Waschmaschine, eines Staubsaugers oder einer elektrischen Zahnbürste aus Rücklagen finanzierten, schreibt der Petent.

In Paragraf 12 Absatz2 SGB II räume der Gesetzgeber zwar Freibeträge ein, ermögliche es den Leistungsbeziehern aber nicht, eine solche Rücklage aufzubauen. Selbst wenn Freunde oder Bekannte in Notsituationen finanzielle Hilfe leisten wollten, werde eine solche Zahlung auf den Regelbedarf angerechnet. Hierdurch werde sowohl eine finanzielle Unterstützung Dritter als auch ein regulärer Aufbau von Vermögen innerhalb der Freibeträge unmöglich, heißt es in der Petition. Dies ist aus Sicht des Petenten unangemessen und widerspricht dem Gedanken der Freibeträge. Er verweist zugleich darauf, dass sich durch die Schaffung einer „Bagatellgrenze“ auch sozialgerichtliche Verfahren reduzieren würden.

Der Petitionsausschuss weist in der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung darauf hin, dass das SGB II in Paragraf 12 zwar „für bereits vorhandenes Vermögen unterschiedlicher Art“ diverse Vermögensfreibeträge einräumt. Allerdings gehöre der weitere Vermögensaufbau während des Bezuges staatlicher Fürsorgeleistungen nicht zu den Zielsetzungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Vielmehr sei die Grundsicherung „eine nachrangige Fürsorgeleistung zur Sicherung des gegenwärtig notwendigen Existenzminimums“. Daher seien von den Leistungsberechtigten vorrangig auch alle Einnahmen in Geld – unter Beachtung der in Paragraf 11a SGB II geregelten Ausnahmen – für die Bestreitung des Lebensunterhalts einzusetzen.

Durch eine Änderung bei der Grundsicherung sei seit dem 1. Januar 2023 Vermögen in bestimmtem Rahmen geschützt, um Arbeitsuchende in ihrem Bestreben zu unterstützen, sich von der Hilfe unabhängig zu machen, ihnen einen gewissen Spielraum in ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit zu erhalten sowie eine nachhaltige soziale Herabstufung zu vermeiden, schreiben die Abgeordneten. Die bisher erbrachte Lebensleistung eines jeden Einzelnen finde zudem eine angemessene Anerkennung.

Vor dem Hintergrund, dass Grundsicherungsleistungen nur als vorübergehende, nachrangige und steuerfinanzierte Fürsorgeleistungen ausgestaltet sind, hält der Ausschuss einen Anspruch auf Vermögensaufbau jedoch für „nicht sachgerecht“. Er könne sich dem Anliegen der Petition deshalb nicht anschließen, heißt es in der Beschlussempfehlung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 664 vom 03.12.2025

Das Armutsrisiko von Familien hängt stark von ihrer Familienform ab: Vor allem Alleinerziehende sowie Haushalte mit drei oder mehr Kindern sind überdurchschnittlich häufig von Armut bedroht. Eine neue Analyse des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) auf Grundlage des familiendemografischen Panels FReDA nimmt neben objektiven Faktoren wie dem Einkommen auch die subjektive Einschätzung der eigenen finanziellen Lage in den Blick. Mit dem Ergebnis: Gerade Alleinerziehende, die ihr Einkommen als zu gering empfinden, haben deutlich häufiger das Gefühl, ihrer Elternrolle nicht vollständig gerecht zu werden.

„Unsere Analysen verdeutlichen, dass Kinder nicht grundsätzlich ein Armutsrisiko darstellen“, erklärt Dr. Pauline Kleinschlömer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am BiB und Mitautorin der Untersuchung. „Entscheidend ist vielmehr, in welcher Familienform sie aufwachsen.“ Neben kinderreichen Familien sind vor allem Alleinerziehende besonders armutsgefährdet. Sie sind es auch, die sich selbst am stärksten als arm empfinden. Dies hat spürbare Auswirkungen auf den Familienalltag: Bei Alleinerziehenden, die sich auch subjektiv als finanziell belastet ansehen, ist das Gefühl am ausgeprägtesten, ihren Kindern nicht gerecht zu werden.

Armutsgefährdung trotz Erwerbstätigkeit

Auch wenn Erwerbstätigkeit das Armutsrisiko im Allgemeinen mindert, reicht das Einkommen daraus in bestimmten Familienformen teilweise nicht aus, um eine Armutsgefährdung zu vermeiden. So arbeiten alleinerziehende Frauen besonders häufig in Vollzeit, dennoch sind sie und ihre Kinder von allen untersuchten Gruppen am stärksten armutsgefährdet. „Dieses Ergebnis zeigt, dass Maßnahmen zur Förderung einer auskömmlichen Erwerbstätigkeit und staatliche Transferleistungen für Haushalte mit niedrigen Einkommen Hand in Hand gehen sollten, um die Armutsrisiken von Gruppen wie Alleinerziehenden zu senken“, so Mitautor Dr. Jan Brülle vom BiB.

Betreuungsangebote und Transferleistungen können helfen

Gleichzeitig kann Erwerbstätigkeit aus Sicht der Forschenden nur dann zur Armutsvermeidung beitragen, wenn verlässliche und flexible Angebote zur Kindertagesbetreuung vorhanden sind. Frühere Analysen des BiB zeigen, dass besonders bei Alleinerziehenden und großen Familien der ungedeckte Betreuungsbedarf erheblich ist. Rund 27 Prozent der Alleinerziehenden und 33 Prozent der armutsgefährdeten Familien finden keinen Betreuungsplatz, obwohl sie einen Bedarf äußern.

Neben dem Ausbau der Kindertagesbetreuung bleibt auch die finanzielle Unterstützung ein zentrales Handlungsfeld. „Da Erwerbstätigkeit allein häufig nicht ausreicht, brauchen gerade Alleinerziehende und kinderreiche Familien ein Zusammenspiel aus bedarfsgerechter Betreuung und zielgerichteten sowie wirksamen staatlichen Transferleistungen“, resümiert Brülle.

Hier geht’s zum Download:

https://www.bib.bund.de/Publikation/2025/Objektive-und-subjektive-Armut-von-Familien.html?nn=118888

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 10.12.2025

Die COVID-19-Pandemie hat zu einem deutlichen Rückgang der körperlichen Fitness bei Kindern und Jugendlichen in Europa geführt, insbesondere bei der Ausdauer, etwa beim Laufen über längere Strecken, und bei der Schnelligkeit, zum Beispiel beim Sprint. Vor allem die Ausdauer-Werte haben sich bis heute nicht vollständig erholt. Das zeigt eine am BiB durchgeführte Meta-Analyse, die Daten aus 32 Studien mit mehr als 270.000 Teilnehmenden aus 17 europäischen Ländern auswertete. Insgesamt flossen über 1,5 Millionen Fitnessmessungen in die Analyse ein – damit handelt es sich um die bislang umfassendste Auswertung pandemiebedingter Veränderungen der körperlichen Leistungsfähigkeit bei jungen Menschen in Europa.

Körperliche Fitness entsteht durch regelmäßige Bewegung und beschreibt messbare körperliche Leistungsfähigkeiten wie Ausdauer, Schnelligkeit oder Kraft. Während der Pandemie sank die Fähigkeit, den Körper bei Belastung ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen, die sogenannte „kardiorespiratorische Fitness“, besonders stark bei Kindern und Jugendlichen. Dabei gingen vor allem Ausdauer und Schnelligkeit deutlich zurück. Während sich Schnelligkeit beim Sprint nach der Öffnung von Schulen und Sportstätten rasch normalisierte, hat sich die Ausdauerfitness bis heute nicht vollständig erholt. „Vom Rückgang der Ausdauer waren in erster Linie Mädchen aller Altersklassen sowie Jugendliche beider Geschlechter im Alter von 13 bis 19 Jahren betroffen“, erklärt Mitautorin Dr. Helena Ludwig-Walz, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB). Im Gegensatz dazu blieb die muskuläre Fitness weitgehend stabil.Die Studie unterstreicht darüber hinaus, dass Länder mit strengeren Corona-Schutzmaßnahmen größere Rückgänge in der kardiorespiratorischen Fitness während der Pandemie verzeichneten.

Körperliche Fitness zählt zu den wichtigsten Indikatoren für die aktuelle und zukünftige Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. „Kindheit und Jugend sind entscheidende Lebensphasen, in denen sich gesundheitliche Verhaltensweisen und Chancen für das gesamte Leben prägen“, betont Prof. Dr. Martin Bujard, Mitautor und Leiter des Forschungsbereichs Familie und Fertilität am BiB. Die weiterhin bestehenden Rückstände in der Ausdauerleistung könnten langfristig zu einer höheren Krankheitslast beitragen und bestehende gesundheitliche Ungleichheiten weiter verstärken. Vor diesem Hintergrund betont die Studie die Dringlichkeit gezielter Maßnahmen zur Förderung von Bewegung und Fitness, beispielsweise durch Politik, Schule, Sportvereine und Eltern. Angesichts steigender psychischer Belastungen von Kindern und Jugendlichen, die in anderen Studien des BiB nachgewiesen wurden, der Zunahme von starkem Übergewicht und wachsender Bildschirmzeiten, sollte körperliche Fitness stärker als zentrale gesundheitspolitische Aufgabe verstanden werden, so Ludwig Walz: „Besonders schulische Angebote und Sportvereine vor Ort bieten nachweislich wirksame Möglichkeiten, regelmäßige Bewegung wieder stärker im Alltag zu verankern.“

Dieser Text basiert auf folgender Publikation:

Ludwig-Walz, Helena; Heinisch, Sarah; Siemens, Waldemar; Niessner, Claudia; Eberhardt, Tanja; Dannheim, Indra; Guthold, Regina; Bujard, Martin (2025): Trends in physical fitness among children and adolescents in Europe: A systematic review and meta-analyses during and after the COVID-19 pandemic.

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2095254625000833?via%3Dihub

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 03.12.2025

Jede achte Person zwischen 18 und 49 Jahren führte im Jahr 2021 eine feste Partnerschaft in getrennten Haushalten. Dies geht aus einer aktuellen Untersuchung hervor, die das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) veröffentlicht hat. Besonders verbreitet ist diese Lebensform unter jungen Erwachsenen, vor allem während Ausbildung oder Studium. Die dargestellten Ergebnisse basieren auf Angaben von über 20.000 Personen, die 2021 im Rahmen des familiendemografischen Panels FReDA befragt wurden.

„Partnerschaften in getrennten Haushalten stellen seit vielen Jahren eine etablierte Lebensform dar, die jedoch in den verschiedenen Altersgruppen unterschiedlich häufig auftritt“, beschreibt Prof. Dr. Heiko Rüger vom BiB das Phänomen. So lebt unter den 18- bis 24-Jährigen fast ein Drittel getrennt vom Partner, während der Anteil bei den 40- bis 49-Jährigen nur noch bei rund sieben Prozent liegt.

Bilokale Beziehungen, wie diese Lebensform wissenschaftlich genannt wird, entstehen häufig durch äußere Umstände: Rund 62 Prozent der Betroffenen geben an, dass vor allem berufliche, finanzielle oder wohnungsbedingte Ursachen das Zusammenziehen in einen gemeinsamen Haushalt verhindern. Wenn das Getrenntwohnen bewusst gewählt wird, stehen Motive wie fehlende Zusammenzugsbereitschaft oder der Wunsch nach Autonomie im Vordergrund.

Für viele, meist jüngere Paare, stellt das getrennte Zusammenleben eine Übergangsphase im Lebenslauf dar, die sich oft aus äußeren Umständen ergibt. „Ältere Personen schätzen häufig die vergrößerte Autonomie und den individuellen Freiraum, die durch getrennte Wohnungen entstehen, bei gleichzeitiger emotionaler Nähe und den Vorteilen einer Beziehung“, so Rüger.

Besonders häufig treten solche Beziehungen bei höher Gebildeten auf, zudem bei Ledigen, Geschiedenen oder Verwitweten, während sie unter Verheirateten kaum verbreitet sind. Die räumliche Distanz zwischen den Partnern ist meist gering: Fast die Hälfte wohnt weniger als 30 Minuten voneinander entfernt, knapp ein Drittel lebt weiter als eine Stunde entfernt, was als Fernbeziehung gilt.

Hinsichtlich der Lebenszufriedenheit zeigt sich ein klarer Trend: Personen in bilokalen Beziehungen sind zufriedener als Singles, aber leicht weniger zufrieden als zusammenlebende Personen. „Mit zunehmender Distanz zwischen den Haushalten nimmt die Zufriedenheit etwas ab, bleibt aber über dem Niveau von Singles“ erklärt Dr. Robert Naderi, Mitautor der Studie. Berücksichtigt man Faktoren wie Einkommen oder Kinderzahl, gleichen sich die Zufriedenheitswerte zwischen bilokal und monolokal Lebenden weitgehend an. „Paarbeziehungen mit getrennten Haushalten bieten die Möglichkeit, Autonomie und Partnerschaft zu vereinen, und tragen trotz räumlicher Trennung zur höheren Lebenszufriedenheit bei“, fasst Naderi zusammen.

Dieser Text basiert auf folgender Publikation:

Rüger, Heiko; Naderi, Robert (2025): Bilokale Paarbeziehungen in Deutschland: Häufigkeit, Gründe und Zufriedenheit. In: BiB.Aktuell 9/2025. https:www.bib.bund.de/Publikation/2025/BiB-Aktuell-2025-9

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 19.11.2025

Seit 2010 ist die Ungleichheit der Einkommen in Deutschland deutlich gestiegen, ab 2018 hat sich der Zuwachs an Ungleichheit noch einmal spürbar beschleunigt und nach den aktuellsten verfügbaren Daten des Sozio-ökonomischen Panels einen neuen Höchststand erreicht. Die Quote der Menschen, die in Armut leben, liegt ebenfalls bei einem Höchstwert (detaillierte Daten unten und in den Abbildungen in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Einen erheblichen Einfluss hatte, dass die ausgleichende Umverteilungswirkung durch Steuern und Sozialtransfers seit 2010 tendenziell abgenommen hat. Insgesamt haben somit Personen mit niedrigen Einkommen von der relativ positiven Wirtschafts- und Einkommensentwicklung im vergangenen Jahrzehnt oft nur vergleichsweise wenig abbekommen – auch wenn der gesetzliche Mindestlohn durchaus einen positiven Einfluss bei den Erwerbs- und damit auch bei den verfügbaren Einkommen hatte. Zudem sind solche Menschen von den Krisen seit 2020 am stärksten betroffen. Zu diesen Ergebnissen kommt der neue Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.*

Parallel zur wachsenden wirtschaftlichen Ungleichheit nimmt laut der Studie die gesellschaftliche Polarisierung zu. Dabei zeigen sich deutliche Zusammenhänge auf mehreren Ebenen: Je niedriger das Einkommen ist, desto geringer fällt etwa das Vertrauen in staatliche und demokratische Institutionen aus. So vertraut knapp ein Viertel bzw. knapp ein Drittel der Erwerbspersonen unterhalb der Armutsgrenze Polizei oder Gerichten nicht oder nur in geringem Maße. Auch bei Angehörigen der unteren Mittelschicht ist die Skepsis erheblich (siehe auch Abbildung 1 in der pdf-Version). Und obwohl die Beteiligung bei der Bundestagswahl 2025 in allen Einkommensgruppen deutlich höher war als bei den Bundestagswahlen davor, lag sie auch dieses Mal mit sinkendem Einkommen niedriger. Schaut man auf die konkrete Wahlentscheidung, haben Erwerbspersonen, die in Armut leben, ihre Stimme überdurchschnittlich oft der AfD oder der Linken gegeben (Abbildung 2 in der pdf-Version; Link unten).

„Steigt die Ungleichheit der Einkommen, steigt gleichzeitig auch die Ungleichverteilung der Teilhabemöglichkeiten. Die Frage, wie sich die Konzentration der Einkommen entwickelt, hat somit eine eminent gesellschaftspolitische Bedeutung“, interpretiert Dr. Dorothee Spannagel, WSI-Verteilungsexpertin und Studienautorin, die Befunde. Das gelte gerade für die jüngste Entwicklung: Allein zwischen 2018 und 2022, dem aktuellsten Jahr, für das im Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) Einkommensdaten vorliegen, ist der Gini-Koeffizient, der bekannteste statistische Indikator für Einkommensungleichheit, um gut sechs Prozent gestiegen (siehe auch Abbildung 3). „Das ist eine starke Zunahme, und dieser Trend wird durch Ergebnisse anderer Indikatoren unterstrichen“, sagt die WSI-Forscherin. Im Ergebnis hat die statistisch gemessene Einkommensungleichheit in Deutschland den höchsten Stand erreicht, seitdem das SOEP 1984 eingeführt wurde. Diese jährlich vom DIW Berlin durchgeführte Panelbefragung in 22.000 Haushalten ist eine maßgebliche Datenquelle für die Einkommenserhebung in Deutschland und den neuen Verteilungsbericht. Zudem stützt sich Spannagel auf die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung, für die seit 2020 regelmäßig 5.000 bis 7.500 Erwerbstätige und Arbeitsuchende befragt werden – zuletzt nach der Bundestagswahl im März 2025.

„Der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz spricht von einer globalen Ungleichheitskrise. Eine Variante sehen wir zunehmend deutlich auch bei uns in Deutschland. Wenn es eine soziale Marktwirtschaft nicht schafft, ihr Teilhabe- und Fairnessversprechen einzuhalten, ist das hoch problematisch für ihre Akzeptanz – und auch für die Akzeptanz unserer Demokratie“, ordnet Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, die wissenschaftliche Direktorin des WSI, die Studienergebnisse ein. „Geradezu fatal ist es, wenn wirtschaftlich Mächtige und politisch Verantwortliche daraus die genau falschen Schlüsse ziehen. Mehr Einzelkämpfertum statt Miteinander, neue Hürden für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch deregulierte Arbeitszeiten, Abbau sozialer Rechte und sozialer Sicherung, Erleichterungen vor allem für Wohlhabende – das wird die Probleme unserer Gesellschaft nicht lösen, sondern verschärfen“, sagt die Soziologin. „Stattdessen sollten wir uns auf unsere Stärken besinnen und bewährte Arrangements erneuern, die leider erodiert sind. Dazu zählen Tarifverträge als praxisnahe, fair verhandelte und verbindliche Regeln im Arbeitsleben. Dazu zählt ein tragfähiges soziales Netz, das auch Mut dazu macht, sich auf Wandel und Transformation einzulassen, und eine leistungsfähige öffentliche Infrastruktur, von funktionierenden Verkehrswegen und bezahlbarer Energie bis zum Bildungs- und dem Gesundheitssystem. Und dazu zählt eine fairere Steuerpolitik, die Privilegierungen für sehr hohe Vermögen abbaut. Etwa durch weniger Schlupflöcher für Superreiche bei der Erbschaftsteuer und die Wiedereinführung der Vermögensteuer.“

In den Mittelpunkt des Verteilungsberichts 2025 stellt WSI-Expertin Spannagel die Einkommensentwicklung und insbesondere die Trends bei „armen“ und „reichen“ Haushalten. Dabei orientiert sie sich an in der Wissenschaft etablierten Maßstäben: Haushalte in Armut sind die mit Einkommen unterhalb von 60 Prozent des mittleren (Median-)Einkommens. Das Medianeinkommen entspricht beispielsweise einem jährlichen Nettoeinkommen von 25.732 Euro für eine alleinlebende Person, die Armutsgrenze liegt dementsprechend bei 15.439 Euro für eine alleinlebende Person. Haushalte, die über weniger als 50 Prozent Pressedienst · 20.11.2025 · Seite 3 von 11 des Medianeinkommens verfügen (12.866 Euro), leben in „strenger Armut“. Auf der anderen Seite der Verteilungsskala finden sich Haushalte mit mehr als 200 Prozent des Medianeinkommens. Ab dieser Grenze, die aktuell bei knapp 51.500 Euro netto für einen Single liegt, gilt ein Haushalt als einkommensreich. Sind es mehr als 300 Prozent, spricht man von großem Einkommensreichtum. Haushalte mit Einkommen oberhalb von 60 bis unterhalb von 200 Prozent des Medians werden zur Mittelschicht gezählt. Dabei geht es jeweils um das verfügbare Haushaltsnettoeinkommen, das heißt nach Abrechnung von Steuern und Abgaben und Hinzurechnung von Transfers. Haushalte unterschiedlicher Größe werden über eine sogenannte Äquivalenzgewichtung auf Basis einer OECD-Skala vergleichbar gemacht.

Die Ergebnisse im Einzelnen:

– Ungleichheit der Einkommen auf Höchststand –

Wie gleich oder ungleich die Einkommen verteilt sind, lässt sich über mehrere statistische Maße ermitteln. Das in der Wissenschaft am häufigsten verwendete ist der so genannte Gini-Koeffizient. Der „Gini“ reicht theoretisch von null bis eins: Beim Wert null hätten alle Menschen in Deutschland das gleiche Einkommen, bei eins würde das gesamte Einkommen im Land auf eine einzige Person entfallen. Diese Bandbreite macht deutlich, dass auch vermeintlich kleine Änderungen des Koeffizienten erhebliche Bedeutung haben. In den späten 1990er und frühen 2000er Jahren gab es bereits einen deutlichen Zuwachs der Einkommensungleichheit in Deutschland, der auch im internationalen Vergleich enorm stark ausfiel. Danach verharrte der Wert einige Zeit auf dem erhöhten Niveau. Die Auswertung der neuesten verfügbaren SOEP-Daten im Verteilungsbericht zeigt, dass sich der Anstieg der Ungleichheit ab 2010 dann weiter fortgesetzt hat – in leichten Wellenbewegungen, aber insgesamt mit eindeutiger Tendenz und ab 2018 deutlich beschleunigt: 2010 lag der Gini-Wert noch bei 0,282. Bis 2022 kletterte er auf einen neuen Höchststand von 0,310 (Abbildung 3 in der pdf-Version dieser PM).

Der Trend zu mehr Ungleichheit zeigt sich unabhängig von der Fluchtmigration im letzten Jahrzehnt, er fällt allerdings schwächer aus, wenn man die Einkommensdaten geflüchteter Menschen bei der statistischen Analyse ausklammert. Tut man das, zeigt sich auf niedrigerem Niveau ebenfalls ein deutlicher Anstieg des Gini-Wertes.

Der sogenannte Theil-Index reagiert insbesondere auf Veränderungen am unteren Rand der Einkommensverteilung. Dagegen bildet der Palma-Index, das dritte statistische Maß, das WSI-Forscherin Spannagel berechnet hat, die Entwicklung am oberen Rand stärker ab. Auch diese beiden Indizes signalisieren von 2010 bis 2022, dass die Ungleichheit zugenommen und einen neuen Spitzenwert erreicht hat (Abbildung 4). Dabei ist der Theil-Index relativ stärker gestiegen als der Palma Index. Das deutet darauf hin, dass das vor allem an einer schwächeren Entwicklung niedriger Einkommen lag, die gegenüber den übrigen zurückgeblieben sind.

– Armut gewachsen, Reichtum relativ stabil, untere Mitte bröckelt –

Deutlich zugenommen hat seit 2010 auch die Einkommensarmut. Die Quote armer Haushalte stieg bis 2022, ebenfalls mit einzelnen Schwankungen, von 14,4 auf 17,7 Prozent (Abbildung 5). Auch bei der Armutsentwicklung war Fluchtmigration ein bedeutender Faktor, aber der Trend nach oben zeigt sich auch hier unabhängig davon, betont Forscherin Spannagel.  Relativ noch stärker breitete sich „strenge“ Armut aus: 2010 waren 7,9 Prozent aller Haushalte davon betroffen, 2022 bereits 11,8 Prozent.

Weniger hat sich hingegen beim Anteil der einkommensreichen Haushalte in Deutschland verändert: Deren Quote stieg von 7,6 Prozent 2010 zwischenzeitlich leicht auf gut acht Prozent und sank dann, mit einigen Schwankungen, auf 7,2 Prozent im Jahr 2022. Der Anteil der sehr einkommensreichen Haushalte blieb stabil, er lag 2010 bei 1,9 und 2022 bei 2,0 Prozent.

Auch bei einem genaueren Blick auf die Mittelschicht zeigt sich „oben“ mehr Konstanz als „unten“: Ein Einkommen von 100 bis knapp unter 200 Prozent des Medians hatten über den gesamten Untersuchungszeitraum rund 42 Prozent der Haushalte. Dagegen wurde die „untere Mitte“ (über 60 bis unter 100 Prozent) etwas kleiner – der Anteil sank von 35,6 auf 32,3 Prozent. „Damit legen die Daten nahe, dass sich die untere Mitte vor allem verkleinert hat, weil Menschen in Armut abgerutscht sind, weniger, weil sie in die obere Mitte aufgestiegen sind“, schreibt Verteilungsexpertin Spannagel.

– Arme sind häufiger kritisch gegenüber Institutionen, gehen seltener zur Wahl –

Eine schwierige finanzielle Situation geht häufig einher mit Frustrationen und Verunsicherung. Das wiederum spiegelt sich auch in der Identifikation mit staatlichen und demokratischen Institutionen, in der politischen Beteiligung und bei Wahlentscheidungen wider. Bei allen drei Punkten, für die die Erwerbspersonenbefragung Daten aus dem März 2025 liefert, zeigen sich „deutliche Bruchlinien zwischen den Einkommensgruppen“, so die Forscherin.

Ein klarer Zusammenhang zur wirtschaftlichen Situation zeigt sich etwa beim Misstrauen gegenüber der Polizei, das zwischen knapp 24 Prozent unter Menschen in Armut und knapp neun Prozent unter Menschen in einkommensreichen Haushalten variiert – die übrigen Einkommensgruppen liegen zwischen diesen Werten. Sogar knapp 32 Prozent der Armen setzen kein oder nur geringes Vertrauen in Gerichte, unter den Reichen gilt das für gut elf Prozent. Misstrauisch gegenüber den öffentlich-rechtlichen Medien sind gut die Hälfte (51 Prozent) der Armen und gut 31 Prozent der Reichen. Gegenüber der Bundesregierung äußerten im März 61 bzw. 32 Prozent kein oder nur wenig Vertrauen.

Grundsätzlich ähnlich ist das Muster bei der Wahlbeteiligung: Sie sinkt ebenfalls mit dem Einkommen. Allerdings hat sich die Lücke bei der Bundestagswahl 2025 gegenüber dem Urnengang 2021 deutlich verkleinert. Dabei kam die laut der Erwerbspersonenbefragung erheblich gestiegene Beteiligung von ärmeren Menschen vor allem AfD und Linken zu Gute. Die beiden Parteien werden generell von Wähler*innen mit niedrigen Einkommen stärker gewählt als von Wähler*innen mit mehr Geld. Ein ähnliches Muster, aber weit weniger deutlich ausgeprägt, lässt sich noch bei SPD und BSW beobachten, während der Zusammenhang bei Union, Grünen und FDP in die andere Richtung geht.

– Drei Schwerpunkte gegen die materielle und politische Spaltung –

Die Daten zeigten, dass bei beschleunigt wachsender Ungleichheit „gesellschaftliche Spannungslinien stärker hervortreten“, warnt Spannagel. Auch andere Studien machten deutlich, dass „objektive Benachteiligungen, vor allem aber die Wahrnehmung `politischer Deprivation“, also das Gefühl, von politischen Akteuren marginalisiert zu werden, systematisch mit antidemokratischen Einstellungen und geringem politischen Vertrauen zusammenhängen.“ Um wachsender Ungleichheit, Armut und politischer Polarisierung gegenzusteuern, hebt die Wissenschaftlerin drei Maßnahmenkomplexe hervor:

Stärkung guter Erwerbsarbeit: Eine gut bezahlte, sichere Integration in den Arbeitsmarkt, wo gewünscht in Vollzeit, sei einer der Schlüssel, um die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen zu sichern, betont die Expertin. Die Rahmenbedingungen dafür gebe es längst: sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze mit Tarifvertrag. Eine passgenaue Qualifizierung und maßgeschneiderte Beratung von Menschen an den prekären Rändern des Arbeitsmarktes wäre ein weiterer Baustein – und würde dazu beitragen, in Zeiten des demografischen Wandels dringend benötigte Arbeitskräftepotenziale zu heben. Das gelte auch für alle Maßnahmen, die der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf dienen. Denn sie erleichtern Alleinerziehenden den Zugang zu angemessener Beschäftigung und ermöglichen Paarhausalten, vor allem mit Kindern, den Arbeitsumfang auszuweiten – für zahlreiche Haushalte ein Weg aus der Armut.

Stärkung der materiellen Teilhabe: Eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt und eine verlässliche soziale Sicherung seien keine Gegensätze, sondern sie ergänzten einander, betont die Verteilungsexpertin. Sowohl die Rentenzahlungen als auch die Leistungen der (neuen) Grundsicherung müssten Menschen eine grundlegende gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. In die falsche Richtung führten vor diesem Hintergrund die geplanten Nullrunden bei den Regelbedarfsleistungen und das Regierungsvorhaben, den „Vermittlungsvorrang“ wieder einzuführen, also das Prinzip: Die schnelle Vermittlung in womöglich nur kurzzeitige Erwerbstätigkeit hat Vorrang vor der nachhaltigen Sicherung einer angemessenen Erwerbstätigkeit, etwa durch Qualifizierung.

Stärkere Besteuerung höchster Einkommen und Vermögen: Eine Erhöhung der Steuern für Top-Verdiener*innen, vor allem aber für Menschen mit Topvermögen, ist nach Spannagels Analyse gleich aus zwei Gründen relevant: zum einen als Einnahmequelle für die öffentliche Hand, zum anderen, um dem Ungerechtigkeitsempfinden vieler Menschen entgegenzutreten. Zu den sinnvollen Instrumenten zählt Spannagel, den Spitzensteuersatz anzuheben und die derzeitige pauschale Abgeltungssteuer von 25 Prozent in die progressive Einkommenssteuer einzugliedern. In Zeiten knapper Kassen müssten Superreiche mehr zur Finanzierung des Gemeinwohls beitragen. „Dazu gehört auch die angemessene Besteuerung sehr hoher Erbschaften – wobei `Omas Häuschen´ selbstverständlich weiterhin steuerfrei zu übertragen sein muss“, betont Spannagel – und die Wiederaufnahme der Vermögenssteuer.

Mehr Ungleichheit – weniger politische Teilhabe. WSI-Verteilungsbericht 2025. WSI Report Nr. 108, November 2025.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 20.11.2025

Rund 4,72 Millionen Beschäftigte in Deutschland gingen im dritten Quartal 2025 einer Nebentätigkeit nach – eine Steigerung von 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Zudem erreicht die Teilzeitquote mit 40,1 Prozent den höchsten Wert in einem dritten Quartal. Dies geht aus der am Dienstag veröffentlichten Arbeitszeitrechnung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

Demnach übten 11,2 Prozent aller Beschäftigten neben ihrem Hauptjob noch eine Nebentätigkeit aus. Bezogen auf alle beschäftigten Arbeitnehmer*innen wurden pro Person mit 8,2 Stunden 0,2 mehr Arbeitsstunden in Nebenjobs geleistet als im Vorjahresquartal. Die Entwicklung folgt damit dem langfristigen Aufwärtstrend.

Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten stieg im dritten Quartal 2025 um 1,0 Prozent verglichen mit dem Vorjahresquartal, die der Vollzeitbeschäftigten hingegen sank um 0,7 Prozent. Die Teilzeitquote nahm um 0,4 Prozentpunkte zu und lag damit bei 40,1 Prozent. Der Anstieg der Teilzeitquote liegt auch an einem Beschäftigungszuwachs gerade in Branchen mit einem hohen Teilzeitanteil wie dem Gesundheits- und Sozialwesen sowie Erziehung und Unterricht und einem Beschäftigungsrückgang im Verarbeitenden Gewerbe mit einem hohen Vollzeitanteil.

Im Durchschnitt leisteten Beschäftigte 3,1 bezahlte und 3,9 unbezahlte Überstunden. Dies entspricht einem Rückgang um 0,1 beziehungsweise 0,2 Stunden gegenüber dem Vorjahresquartal.

Die Zahl der Erwerbstätigen blieb mit 46 Millionen Personen im dritten Quartal 2025 gegenüber dem Vorjahresquartal nahezu gleich. Saison- und kalenderbereinigt zeigt sich ein Absinken um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Auch das Arbeitsvolumen blieb mit 15,7 Milliarden Stunden im Vergleich zum Vorjahresquartal fast unverändert. Saison- und kalenderbereinigt stieg es um 0,1 Prozent minimal gegenüber dem Vorquartal.

„Die Flaute im deutschen Arbeitsmarkt hält weiter an: Aufwärts geht es nur bei Nebenjobs und Teilzeitquote“, so Enzo Weber, Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ am IAB.

Datengrundlage

Die IAB-Arbeitszeitrechnung ist das Schlüsselprodukt zu den geleisteten Arbeitsstunden in Deutschland und liegt den Statistiken zum Arbeitseinsatz in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen zugrunde. Im August 2024 gab es eine Generalrevision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen des Statistischen Bundesamtes. In diesem Zusammenhang hat das IAB seine Arbeitszeitrechnung weiterentwickelt. Dabei wurden neue Daten und Methoden berücksichtigt und die Berechnungen für den Zeitraum ab 1991 entsprechend neu vorgenommen. Die auf diese Weise ermittelten Zeitreihen erlauben somit weiterhin den langfristigen Vergleich der Arbeitszeitentwicklung ohne statistische Brüche. Eine detaillierte Darstellung der Revisionspunkte der IAB-Arbeitszeitrechnung wurde am 24.09.2024 im IAB-Forschungsbericht 20/2024 veröffentlicht.

Eine Tabelle zur Entwicklung der Arbeitszeit steht im Internet unter https://doku.iab.de/arbeitsmarktdaten/tab_az2503.xlsx zur Verfügung. Eine lange Zeitreihe mit den Quartals- und Jahreszahlen ab 1991 ist unter https://doku.iab.de/arbeitsmarktdaten/AZ_Komponenten.xlsx abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 02.12.2025

  • Niedriglohnschwelle lag im April 2025 bei 14,32 Euro
  • Niedriglohnanteil im Branchenvergleich im Gastgewerbe am höchsten
  • Besserverdienende hatten im April 2025 einen fast dreimal höheren Bruttostundenlohn als Geringverdienende

Rund 6,3 Millionen Jobs zählten im April 2025 zum Niedriglohnsektor. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, lag der Anteil der niedrigentlohnten Jobs an allen Beschäftigungsverhältnissen in Deutschland wie im Vorjahr unverändert bei 16 %. Zuvor sank die Niedriglohnquote innerhalb von 10 Jahren von 21 % im April 2014 auf 16 % im April 2024, wobei der stärkste Rückgang zwischen April 2022 und April 2023 erfolgte. In diesem Zeitraum sank der Anteil der Jobs unterhalb der Niedriglohnschwelle an allen Beschäftigungsverhältnissen um 3 Prozentpunkte von 19 % auf 16 %. Eine Erklärung ist der Anstieg des gesetzlichen Mindestlohns in diesem Zeitraum von 9,82 Euro auf 12,00 Euro.

Zum Niedriglohnsektor zählen alle Beschäftigungsverhältnisse (ohne Auszubildende), die mit weniger als zwei Drittel des mittleren Bruttostundenverdienstes ohne Sonderzahlungen entlohnt werden. Diese sogenannte Niedriglohnschwelle lag im April 2025 bei 14,32 Euro. 2024 hatte sie bei 13,79 Euro gelegen.

Jeder zweite Job im Gastgewerbe im Niedriglohnbereich

Gut die Hälfte aller Beschäftigungsverhältnisse (51 %) im Gastgewerbe lag im April 2025 im Niedriglohnsektor. Weit überdurchschnittlich war der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten auch in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft (45 %) und im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung (36 %). In der öffentlichen Verwaltung (2 %), im Sektor für Wasser, Abwasser und Beseitigung von Umweltverschmutzungen (6 %), im Bereich Erziehung und Unterricht (6 %) und in der Finanz- und Versicherungsbranche (6 %) waren die Anteile dagegen am niedrigsten.

Abstand zwischen Gering- und Besserverdienenden bleibt deutschlandweit unverändert

Der Verdienstabstand zwischen Gering- und Besserverdienenden – die sogenannte Lohnspreizung – blieb zwischen April 2024 und April 2025 nahezu unverändert.

Die Lohnspreizung ist ein Maß zur Beschreibung der Lohnungleichheit. Hierzu wird der Verdienstabstand zwischen den Geringverdienenden (untere 10 % der Lohnskala) und Besserverdienenden (obere 10 %) gemessen. Konkret wird der Bruttostundenverdienst des 9. Dezils, ab dem eine Person zu den Besserverdienenden zählt (2025: 39,65 Euro), ins Verhältnis gesetzt zum Verdienst des 1. Dezils, bis zu dem eine Person als geringverdienend gilt (2025: 13,46 Euro).

Besserverdienende erzielten 2025 das 2,95-Fache des Bruttostundenverdienstes von Geringverdienenden. Zwischen April 2024 und April 2025 war der Anstieg des 1. Dezils mit +3,5 % und der Anstieg des mittleren Bruttostundenverdienstes (Median) mit +3,9 % allerdings höher als der Zuwachs beim 9. Dezil mit +1,5 %. Zum Vergleich: Der gesetzliche Mindestlohn stieg in diesem Zeitraum um 3,3 %.

Methodische Hinweise:

Bei den Angaben handelt es sich um Ergebnisse der Verdiensterhebung für April 2025, in der mit einer geschichteten Stichprobe von 58 000 Betrieben Angaben zu Verdiensten und Arbeitszeiten der abhängig Beschäftigten erhoben werden. Verglichen wurden die Angaben mit den Ergebnissen der Verdiensterhebung für April 2024.

Zum Niedriglohnsektor zählen alle Beschäftigungsverhältnisse, die mit weniger als zwei Drittel des mittleren Verdienstes ohne Sonderzahlungen (Median) entlohnt werden. Der Median lag im April 2025 bei 21,48 Euro je Stunde und im April 2024 bei 20,68 Euro je Stunde. Auszubildende werden bei dieser Analyse ausgeschlossen.

Weitere Informationen:

Weitere Ergebnisse zu Beschäftigungsverhältnissen unterhalb der Niedriglohngrenze (z. B. nach Branchen) bietet die Themenseite „Mindestlohn“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes. Dort ist auch eine Tabelle zur Lohnspreizung zu finden.

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Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 05.12.2025

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Zum heutigen Internationalen Tag des Ehrenamtes hebt die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in einer gemeinsamen Untersuchung mit NABU und ISS die besondere Bedeutung des Engagements in Verbänden und Mitgliederorganisationen für die Zivilgesellschaft hervor. Dazu erklärt Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt: 

„Zu diesem Tag gilt unser Dank allen ehrenamtlich Engagierten. Ihr Einsatz hält im wahrsten Sinne unsere Gesellschaft zusammen. Wo Menschen sich einbringen, Verantwortung übernehmen und vor Ort gemeinsam Lösungen entwickeln, wird Demokratie konkret erlebbar. Verbände und Vereine bleiben dafür trotz aller gesellschaftlicher Krisen und Veränderungen zentrale Orte. Sie fördern Teilhabe und gegenseitiges Vertrauen – so machen sie unsere Gesellschaft widerstandsfähiger gegen Krisen und demokratiefeindliche Hetze.“

Damit Verbände wie die AWO auch in Zukunft attraktiv, handlungsfähig und offen für neue Formen des Mitmachens bleiben, müssen sie bereit sein, die Perspektiven zu wechseln und neue Wege zu gehen. Die gerade veröffentlichte Studie „Jenseits der Gewohnheit. Mitgliedschaft, Macht und Wandel neu denken“ bietet hierfür wichtige Impulse. Gemeinsam mit dem Naturschutzbund (NABU) und dem Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) hat die AWO darüber nachgedacht, welche eigenen Hürden echten Veränderungsprozessen im Wege stehen und mehr Vielfalt im Engagement verhindern. 

Gleichzeitig zeigt der aktuelle Freiwilligensurvey: Mehr als die Hälfte aller Engagierten wirkt in einem Verein oder Verband mit, besonders im sozialen Bereich. Die Erfahrungen der AWO bestätigen dies: „Bei der AWO erleben wir täglich, wie tragend soziales Engagement ist“, so Sonnenholzner, „Zugleich sehen wir mit Sorge, dass die Belastungen für Engagierte wachsen, besonders dort, wo staatliche Daseinsfürsorge bröckelt – zum Beispiel im ländlichen Raum. Das Ehrenamt darf nicht zum dauerhaften Ersatz für erodierende öffentliche Infrastruktur werden. Wenn freiwilliges Engagement staatliche Aufgaben auffangen muss, überfordert das die Menschen und gefährdet langfristig die Stabilität des Ehrenamts. Wir brauchen deshalb endlich ein Demokratiefördergesetz für eine verlässliche, starke Förderung von Engagement und sozialer Infrastruktur, denn eine resiliente Demokratie braucht starke Engagementstrukturen.”

Zur Studie „Jenseits der Gewohnheit. Mitgliedschaft, Macht und Wandel neu denken“: https://www.awo-nr.de/awo/aktuelles/detail/mitgliederverbaende-im-wandel-neue-publikation-jetzt-verfuegbar

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 05.12.2025

Zum heutigen Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen erklärt Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt:

„Eine inklusive Gesellschaft ist barriere- und diskriminierungsfrei. Davon ist Deutschland leider in vielen Bereichen noch sehr weit entfernt. Deswegen fordert die AWO die Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen auf, ihren Verpflichtungen gegenüber Menschen mit Behinderungen nachzukommen und die Barrierefreiheit und den Diskriminierungsschutz in Deutschland voranzutreiben. Aktuell sehen wir vor allem die Bundesregierung in der Pflicht: Der vorliegende Referentenentwurf für das Behindertengleichstellungsgesetz ist im Kern eine bittere Enttäuschung und bleibt hinter bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen, den Versprechen der letzten Jahre und den Erwartungen der Betroffenen zurück, denn: Die Reform drückt sich vor einer umfänglichen Verpflichtung privater Unternehmen zur Herstellung von Barrierefreiheit – ein Armutszeugnis.“

Menschen mit Behinderungen sind vielerorts durch mangelnde Barrierefreiheit stark in ihrer selbstbestimmten Lebensgestaltung eingeschränkt: Ob ein Termin in der Arztpraxis, ein Essen im Restaurant oder der vorweihnachtliche Besuch auf einem Weihnachtsmarkt: Für viele Menschen mit Behinderungen sind diese Orte aufgrund zahlreicher Barrieren unerreichbar, weil private Anbieter von Produkten und Dienstleistungen – im Gegensatz zu öffentlichen Einrichtungen – von den meisten Regelungen zur Herstellung von Barrierefreiheit ausgenommen sind. Die AWO fordert daher seit mehreren Jahren eine entsprechende Verpflichtung, damit Menschen mit Behinderungen ihren Alltag gleichberechtigt gestalten können.

Der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen findet in diesem Jahr zum 33. Mal statt. Ziel des Tages ist es, auf der ganzen Welt das Bewusstsein für die Bedürfnisse und Rechte von Menschen mit Behinderungen zu schärfen. Der diesjährige Tag steht unter dem Motto „Förderung inklusiver Gesellschaften für den sozialen Fortschritt“.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 03.12.2025

Zum Auftakt der 224. Innenministerkonferenz richtet die Arbeiterwohlfahrt (AWO) einen dringenden Appell an die verantwortlichen Minister*innen der Länder: Die nationale Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) muss sich konsequent an Menschenwürde, Fachstandards und Rechtsstaatlichkeit orientieren.

Die AWO veröffentlicht hierzu heute einen offenen Brief an die Innenminister*innen der Länder. Darin macht der Bundesverband deutlich, dass die kommenden Wochen entscheidend dafür sind, welche konkreten Folgen die europäische Reform für Geflüchtete in Deutschland haben wird.

Als einer der größten Träger sozialer Beratung und Unterstützung für Migrant*innen und Geflüchtete formuliert die AWO drei zentrale Forderungen an die Landespolitik:

1. Bewegungseinschränkungen für Schutzsuchende ausschließen

Die derzeit geplanten Einrichtungen für Sekundärmigrationsverfahren bergen das Risiko haftähnlicher Bedingungen und zusätzlicher Belastungen für die Bewohner*innen. Beschränkungen der Bewegungsfreiheit dürfen keinen Platz finden.

2. Besondere Schutzbedarfe fachlich – nicht polizeilich – feststellen

Die Vulnerabilitätsprüfung ist ein sensibler sozialfachlicher Prozess. Sie muss von geschultem Fachpersonal durchgeführt werden, nicht von Polizeikräften. Auch die Altersfeststellung gehört in die Jugendhilfe.

3. Gewaltschutz in Unterkünften verbindlich stärken

Die bundesweit entwickelten Mindeststandards zum Schutz geflüchteter Menschen müssen umgesetzt und mit klaren Zuständigkeiten, fester Finanzierung und der Expertise zivilgesellschaftlicher Angebote unterlegt werden.

Michael Groß, Präsident der AWO, erklärt dazu: „Die Länder tragen jetzt Verantwortung dafür, das neue Asylsystem im Rahmen ihrer Möglichkeiten so menschenwürdig wie möglich umzusetzen. Wir erwarten, dass Schutzsuchende nicht in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden und dass sensible Verfahren nicht an die Polizei delegiert werden. Deutschland darf hier nicht den Weg der Abschottung gehen, sondern zeigen, dass ein geordnetes Asylsystem und Humanität kein Widerspruch sind.“

Die AWO betont, dass die Umsetzung des GEAS nur gelingen kann, wenn Länder und Kommunen frühzeitig klare fachliche Standards verankern und die Perspektive der sozialen Arbeit ernsthaft einbeziehen.

Der offene Brief ist unter folgendem Link zum Herunterladen verfügbar:https://awo.org/wp-content/uploads/Pressemeldungen/2025/20251201_offener-Brief-IMK.pdf

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 01.12.2025

In ihrer heute veröffentlichten Stellungnahme zur “Neuen Grundsicherung” warnt die Arbeiterwohlfahrt vor einem schwerwiegenden Angriff auf den Sozialstaat. Statt soziale Rechte abzubauen, brauche es ein neues Verständnis für die Bedeutung des Sozialstaats für die Demokratie.

Auf über 30 Seiten legt die AWO in ihrer Stellungnahme dar, welche Risiken die Reform für Betroffene birgt. “Die sogenannte ‘Neue Grundsicherung’ wird ihrem Namen in keiner Weise gerecht: Statt Menschen in schweren Lebenslagen Sicherheit zu geben, drängt sie sie in noch größere Not, Überforderung und im schlimmsten Fall in die Wohnungslosigkeit”, resümiert AWO-Präsident Groß die Einschätzung des Verbands zum Gesetzentwurf der Bundesregierung. “In unseren Schuldnerberatungen, bei unseren Arbeitsmarktträgern und in vielen weiteren Einrichtungen treffen wir als AWO jeden Tag auf Menschen, die arm oder armutsgefährdet sind. Was diese Menschen brauchen, sind nicht härtere Sanktionen und Drohkulissen, sondern Vertrauen und Unterstützung auf ihrem Weg in gute Arbeit. Wir brauchen Instrumente, die den sozialen Aufstieg ermöglichen und nicht weiter ausbremsen.”

Aus Sicht der AWO stellt der Rückbau sozialer Rechte aber nicht nur die Betroffenen vor unzumutbare Härten. Auch die demokratische Grundordnung gerate in Gefahr, so Michael Groß: “Die Menschen in Deutschland erwarten zurecht, dass ihnen in schwierigen Situationen die Solidarität der Gesellschaft zuteil wird – das ist das Versprechen unseres Sozialstaats. Wer diese Erwartung enttäuscht und die Leute auch noch in vermeintlich ‘Leistungslose’ und ‘Fleißige’ aufteilt – wie es das Sanktionsregime der ‘Neuen Grundsicherung’ vorsieht – der verspielt Vertrauen in die Demokratie.” Um diesem Vertrauensverlust entgegenzuwirken, braucht es aus Sicht der AWO einen Sozialstaat, der sich um die Nöte der Menschen kümmert und ihnen vorurteilsfrei begegnet.

“Armutsfest, einfach, diskriminierungsfrei – das ist es, was wir unter ‘antifaschistischer Sozialpolitik’ verstehen. Denn eine Politik, die sich an diesen Zielen ausrichtet, führt uns zusammen, statt uns zu spalten und Rechtspopulisten in die Arme zu treiben”, so AWO-Präsident Groß.

Die ausführliche Stellungnahme des AWO Bundesverband e.V. zum Referentenentwurf zur Neuen Grundsicherung finden Sie unter folgendem Link: https://awo.org/position/stellungnahme-neue-grundsicherung/

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 21.11.2025

Vom 14. bis 16. November tagte die Bundeskonferenz der Arbeiterwohlfahrt in Erfurt. Über 320 Delegierte aus ganz Deutschland berieten 198 Anträge und fassten dabei zentrale Beschlüsse für die politische und soziale Arbeit des Wohlfahrtsverbandes in den nächsten vier Jahren. Im Zentrum der Debatten standen der Einsatz für einen starken Sozialstaat und gegen Armut sowie der Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus.

„Der Herbst der Reformen darf kein Herbst des sozialen Rückschritts werden“, erklärte AWO-Präsident Michael Groß zu einer von den Delegierten einstimmig beschlossenen Resolution. „Für uns ist klar: Wir werden uns der Agenda der Sozialkürzungen und des Rückbaus der sozialen Sicherheit, die die Bundesregierung verfolgt, entschieden widersetzen“. In der Resolution positioniert sich die AWO unter anderem gegen Leistungskürzungen und härtere Sanktionen im Bürgergeld. „Unsere Vorschläge orientieren sich nicht an vermeintlichen Einsparzielen auf dem Rücken der Ärmsten, sondern daran, Ungleichheit zu beenden und sozialen Aufstieg zu ermöglichen“, so Groß weiter. „Ich freue mich daher, dass wir als AWO heute die Forderung nach kostenlosem Mittagessen in allen Kindertagesstätten, Schulen und Ausbildungsstätten erhoben haben!“

In ihrer Rede vor der Bundeskonferenz dankte Bundessozialministerin Bärbel Bas der AWO für ihren unermüdlichen Einsatz für Gerechtigkeit und Solidarität: „Wer den Sozialstaat rasieren will, hat mich zur Gegnerin! Unser Sozialstaat ist nicht nur ein Sicherheitsnetz – er ist das Rückgrat unserer Demokratie. Wo Menschen sich sicher fühlen, wo sie wissen, dass niemand durch das Raster fällt, da wächst Vertrauen. Das ist es, was Hass und Hetze die Kraft nimmt. Sozialpolitik ist also immer auch Demokratiepolitik – das habt Ihr besser verstanden als viele andere im Land!“

Neben der Sozialstaatsdebatte beschäftigte die Delegierten auch der Einsatz für Demokratie und gegen Menschenfeindlichkeit. Zu einer Resolution zu diesem Thema erklärte AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner: „Antisemitismus und Rassismus haben keinen Platz in unserer freien, demokratischen Gesellschaft. Mit großer Sorge müssen wir beobachten, wie menschenfeindliche Rhetorik und Gewalt von Jahr zu Jahr zunehmen – und immer salonfähiger werden. Wir stehen geschlossen zur Brandmauer und gegen alle, die sie angreifen.“

Die zentrale Rolle, die die Arbeiterwohlfahrt für eine nachhaltige, soziale Gesellschaft spielt, betonte auch Bundeskanzler Friedrich Merz in seinem Video-Grußwort an die Delegierten: „In diesen Zeiten kommt es mehr denn je darauf an, dass wir als Gesellschaft zusammenstehen. Dass wir vorangehen, ohne jemanden zurückzulassen. Wir freuen uns, dass wir bei den großen Aufgaben, die vor uns liegen, die AWO an unserer Seite haben. Wir brauchen die Arbeiterwohlfahrt als konstruktiv-kritischen Partner der Politik.”

Vor Ort zu Gast waren neben der Bundessozialministerin auch der Thüringer Ministerpräsident Voigt, die Thüringer Sozialministerin Schenk sowie Erfurts Oberbürgermeister Horn.

Mario Voigt, Ministerpräsident des Freistaats Thüringen: „Die AWO ist einer der großen Player in der Wohlfahrtspflege und auch für viele Thüringerinnen und Thüringer entscheidende soziale Stütze. Das Motto der diesjährigen Tagung ‚Demokratie.Macht.Zukunft‘ trifft den Nerv der Zeit. Denn auch wenn sich unsere Gesellschaft und auch unser Sozialstaat in einem stetigen Wandel befinden, gilt: Ein demokratisches und solidarisches Miteinander bleibt tragendes Fundament unserer Zukunft als Gesellschaft. Die AWO setzt mit ihrer Arbeit ein klares Zeichen dafür, dass soziale Daseinsvorsorge und gesellschaftlicher Zusammenhalt keine abstrakten Ziele sind, sondern täglich erfahrbare Realität – und nicht zuletzt Herzensangelegenheit der vielen in der AWO Engagierten in Haupt- und Ehrenamt.“

Katharina Schenk, Thüringer Ministerin für Soziales, Gesundheit, Arbeit und Familie: „Die großen sozialpolitischen Fragen unserer Zeit – Rente, Pflege, Fachkräftemangel – lassen sich nur gemeinsam beantworten. Was es heißt, den Sozialstaat mitzugestalten, zeigt die AWO in Deutschland seit über einem Jahrhundert, seit 35 Jahren auch in Thüringen – pragmatisch, menschlich und zukunftsorientiert. Es braucht genau diese Mischung aus fachlicher Kompetenz und gesellschaftlichem Engagement, um einen handlungsfähigen, gerechten und solidarischen Sozialstaat zu sichern.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 16.11.2025

Auf der ordentlichen Bundeskonferenz der Arbeiterwohlfahrt in Erfurt haben die Delegierten die Vorsitzenden des Präsidiums, Michael Groß und Kathrin Sonnenholzner, im Amt bestätigt.

Wiedergewählt wurden auch die stellvertretenden Vorsitzenden Britta Altenkamp, Rudi Frick, Gabriele Siebert-Paul und Stefan Wolfshörndl. Ebenfalls gewählt wurden die 13 Beisitzer*innen des Präsidiums.

Die Arbeiterwohlfahrt gratuliert allen Gewählten zur Wahl und wünscht für die vierjährige Amtszeit eine glückliche Hand.

Die Bundeskonferenz ist das höchste Beschlussgremium der Arbeiterwohlfahrt. Sie tagt alle vier Jahre.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 15.11.2025

Anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied:

„Die aktuelle wirtschaftliche Lage trifft Menschen mit Behinderungen und Langzeiterkrankte leider besonders hart; sie werden nicht nur vielfach aus Betrieben gedrängt, sondern haben es auch besonders schwer, wieder in Arbeit zu kommen. Viele Menschen mit Behinderungen sind trotz ihrer guten Qualifikationen nachweislich länger arbeitslos als Menschen ohne Behinderung.

Dieses arbeitsmarktpolitische Armutszeugnis muss die Bundesregierung antreiben, Schutzlücken zu schließen. Solange Betriebe versuchen, Beschäftigte mit Behinderungen über Aufhebungsverträge loszuwerden, umgehen Arbeitgeber vorsätzlich den besonderen Kündigungsschutz oder die vorgeschriebene Wiedereingliederung nach längeren Erkrankungen.

Der DGB fordert deshalb: Die Schwerbehindertenvertretung muss einfach bei allen personellen Entscheidungen zwingend beteiligt werden, sonst dürfen sie nicht gelten. Was für eine Kündigung ohne Information und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung gilt, muss endlich auch für Aufhebungsverträge gelten – alles darf erst mit der Begleitung wirksam werden. 

Darüber hinaus braucht es für Langzeiterkrankte einen Rechtsanspruch auf ein betriebliches Eingliederungsmanagement. Wer nach einer langen, schweren Erkrankung wieder arbeiten möchte, darf nicht länger mit einem Aufhebungsvertrag vom Hof geschickt werden.

Das alles fordern wir als Gewerkschaften, weil Gleichberechtigte Teilhabe an Arbeit ein Menschenrecht ist – so steht es in der UN-Behindertenrechtskonvention.

Wir streiten solange dafür, bis dieses Recht in den Betrieben endlich konsequent durchgesetzt wird.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 02.12.2025

Die Diakonie Deutschland erwartet von den für heute angekündigten Eckpunkten der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ Antworten auf die drängenden Fragen der Finanzierung und der Versorgungssicherheit in der Pflege. Die Eckpunkte stecken den Rahmen für eine Pflegereform im kommenden Jahr ab.

Elke Ronneberger, Bundesvorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Die verlässliche Finanzierung der Pflegeversicherung muss jetzt geregelt werden. Die häusliche Pflege sollte gestärkt und pflegende Angehörige müssen entlastet werden. Klar ist: Die Kosten für die Pflege werden in den nächsten Jahren steigen, weil die Menschen immer älter werden und viele auch länger pflegebedürftig sind.“  

Verschiedenen Berechnungen des Bundesgesundheitsministeriums kann man entnehmen, dass der Beitragssatz zur Pflegeversicherung bis 2030 um ein bis eineinhalb Prozent ansteigen könnte. „Die Politik sollte alles tun, um diesen Anstieg zu bremsen“, so Ronneberger. Als Sofortmaßnahme fordert die Diakonie Deutschland die vollständige Erstattung der Corona-Hilfen aus dem Bundeshaushalt. Das verschaffe der Pflegeversicherung in den nächsten beiden wirtschaftlich entscheidenden Jahren die nötige Stabilität. Anstelle einer Erhöhung des Beitragssatzes sollte die Beitragsbemessungsgrenze auf das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung angehoben werden. Außerdem müsse der Bund der Pflegeversicherung die versicherungsfremden Leistungen erstatten. „Ohne einen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt ist der Beitragsanstieg in der Pflegeversicherung nicht zu bremsen“, so Ronneberger.

Besonders wichtig sei eine bessere Versorgung bei Pflegenotfällen. Die Diakonie begrüßt entsprechende Reformvorschläge, mahnt aber die Finanzierung von Vorhaltekosten und Kurzzeitpflegeplätzen an. Parallel arbeite man mit den anderen Wohlfahrtsverbänden an einem Pflegenotfall-Telefon.  

Ein besonderes Augenmerk solle die Bundesregierung auf die Digitalisierung der Pflege legen. „Tele-Pflege kann vor allem im ländlichen Raum Versorgungsengpässe abfedern. Videokommunikation ist derzeit eines der wichtigsten Nutzungsfelder der Digitalisierung. Damit das gelingt, müssen jetzt verbindliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die geplanten Maßnahmen bleiben hier weit hinter den Erwartungen zurück“, so Ronneberger.  
Kritisch sieht die Diakonie Deutschland auch die blockierte Investitionsförderung der Länder. Sie könnte Eigenanteile senken und die Modernisierung der Pflegeinfrastruktur beschleunigen. 

Von den Kommunen erwartet Ronneberger mehr Engagement bei präventiven Hausbesuchen: „Wer ältere Menschen früh erreicht, kann Pflegebedürftigkeit deutlich verkürzen.“ Die geplante Aufwertung der kommunalen Pflegeplanung aufgrund besserer Daten sei aus diakonischer Sicht grundsätzlich zu begrüßen. Die Pflegeplanung müsse verbindlich werden, damit die Kommunen hierfür Ressourcen einsetzen.

Für Interviews und O-Töne im Zusammenhang mit dem Abschlussbericht stehen Diakonie-Bundesvorständin Sozialpolitik Elke Ronneberger sowie Dr. Peter Bartmann, Leitung des Zentrums für Gesundheit, Rehabilitation und Pflege, gerne zur Verfügung.

Wir machen uns stark für eine große Pflegereform

Quelle: Pressemitteilung Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. 
Diakonie Deutschland vom 11.12.2025

Die Bundesregierung hat einen Entwurf für eine neue Grundsicherung vorgelegt. Sie will eine effektivere Ausgestaltung der Sozialleistungen erreichen. Die Diakonie Deutschland bezweifelt, dass die neue Grundsicherung dabei hilft. „Ein großer Teil der Leistungsberechtigten muss sehr große Hürden überwinden, um sich selbstständig finanzieren zu können. Gründe dafür sind zum Beispiel persönliche Probleme, Lücken in der Ausbildung oder gesundheitliche Einschränkungen. Solche Barrieren lassen sich nicht einfach durch mehr Druck beiseiteschieben, sondern müssen aktiv bearbeitet werden. Dazu sind gezielte Maßnahmen zur sozialen und arbeitsmarktpolitischen Integration nötig: Menschen müssen in die Lage versetzt werden, ihr Leben langfristig selbstständig zu finanzieren“, erklärt Rüdiger Schuch, Präsident der Diakonie Deutschland. Die Neuregelung stelle hingegen eine Abkehr von einer Unterstützung und Begleitung dieser Menschen auf Augenhöhe dar. Sie beende den von der Diakonie Deutschland mit der Einführung des Bürgergeldes begrüßten Paradigmenwechsel im Sozialgesetzbuch II.

Zwar könne von Leistungsberechtigten Mitarbeit und Mitwirkung eingefordert werden, so Schuch. „Kürzungen und Sanktionen treffen jedoch besonders Menschen mit psychischen Belastungen, Sprachbarrieren oder in persönlichen Krisen. Hier muss die jeweilige Lebenssituation berücksichtigt werden.“ Das Versprechen von Ausnahmen bei Sanktionen helfe wenig, weil die Betroffenen entsprechende Nachweise oft nicht schnell genug erbringen könnten, da sie häufig sehr lange auf psychologische Unterstützung warten müssten.

Wie der aktuelle Entwurf des Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung zeigt, nimmt fast die Hälfte aller Leistungsberechtigten ihre Ansprüche nicht wahr. Gründe dafür sind Scham, Angst vor Kontrolle oder mangelnde Kenntnis. „Nur wer sich traut, seinen Anspruch geltend zu machen, ist auch für Unterstützungsangebote erreichbar. Hier brauchen wir einen schnelleren und unbürokratischen Zugang. Besondere Hilfen am Arbeitsmarkt sind zwar gesetzlich vorgesehen, aber nicht ausreichend finanziert. Gezielte Investitionen in Begleitung, Integration und die Stärkung sozialer Teilhabe sind nötig. Hier muss die Koalition nachbessern.“

Kritisch sieht die Diakonie Deutschland außerdem die Kürzungen bei den Wohnkostenzuschüssen. „Diese Regelungen ignorieren die Realität auf dem angespannten Wohnungsmarkt und fördern Wohnungslosigkeit“, so Schuch.

Stellungnahme der Diakonie Deutschland zum Referentenentwurf „Neue Grundsicherung“

Quelle: Pressemitteilung Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. 
Diakonie Deutschland vom 20.11.2025

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat in einer aktuellen Stellungnahme zum Gesetzesentwurf des Bundesministeriums der Justiz und Verbraucherschutz zur Stärkung der strafrechtlichen Verfolgung des Menschenhandels und der sexuellen Ausbeutung zentrale Verbesserungen begrüßt, zugleich aber deutlichen Reformbedarf angemahnt. Entscheidend ist, dass der Schutz der sexuellen Selbstbestimmung als Leitprinzip ernst genommen und durchgängig umgesetzt wird.

„Der Entwurf enthält wichtige Impulse, bleibt aber beim konsequenten Schutz der sexuellen Selbstbestimmung hinter internationalen und verfassungsrechtlichen Anforderungen zurück“, erklärt djb-Präsidentin Prof. Dr. Susanne Baer.

Der djb kritisiert, dass der Entwurf kein Gesamtkonzept für ein konsensbasiertes Sexualstrafrecht erkennen lässt. Deutschland muss die Vorgaben der Istanbul-Konvention endlich umfassend umsetzen, sodass jede nicht einverständliche sexuelle Handlung strafbar ist. Zudem problematisiert der djb, dass zentrale Begriffe, z.B. Zwangsprostitution, oft falsch eingesetzt werden und so Konsens und Gewalt vermischen. Mit Blick auf die neuen Straftatbestände warnt der djb vor Widersprüchen zum Prostituiertenschutzgesetz. Außerdem beanstandet der djb die begriffliche Einbettung von Minderjährigen in den Bereich „Ausbeutung in der Prostitution“, die verschleiert, dass es sich um sexuellen Missbrauch handelt.

Erneut betont der djb die Gefahren hinter einem pauschalen Sexkaufverbot. „Ein solches Verbot kriminalisiert selbstbestimmte Sexarbeit und verhindert nicht Ausbeutung, sondern verschärft sie häufig. Stattdessen braucht es ein regulatorisches Modell, das Rechte von Sexarbeiter*innen schützt, Ausstiegswege sichert und geschlechterbezogene Ungleichheiten berücksichtigt“, betont Dilken Çelebi, Vorsitzende der Strafrechtskommission im djb.

Ein wirksamer Opferschutz setzt ein konsensbasiertes Gesamtkonzept voraus – mit präzisen Begriffen, klarer Gesetzgebung ohne Widersprüche und einer an den Bedürfnissen der Betroffenen orientierten Strafverfolgung. Dafür braucht es auch flankierende Reformen in der Strafprozessordnung und im Aufenthaltsrecht.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 01.12.2025

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt das aktuelle Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Anerkennung einer gleichgeschlechtlichen Ehe in Polen (EuGH, Urteil vom 25.11.2025 – C-713/23). Der Gerichtshof bestätigt damit: EU-Mitgliedstaaten müssen eine im EU-Ausland rechtswirksam geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe zweier Unionsbürger*innen anerkennen. Dies ist ein wichtiger Schritt für mehr Rechtssicherheit und Gleichberechtigung gleichgeschlechtlicher Paare in Europa.

„Die Entscheidung stellt klar, dass gleichgeschlechtliche Paare auf das Recht setzen können. Auch ihre Ehe ist in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union geschützt. Das ist gelebte demokratische Rechtsstaatlichkeit, und darauf kann Europa stolz sein,“ betont Prof. Dr. Susanne Baer, Präsidentin des djb. 

Dem Verfahren lag der Fall eines deutsch-polnischen und eines polnischen Staatsangehörigen zugrunde, die 2018 in Deutschland eine Ehe geschlossen hatten und anschließend ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Polen begründen wollten. Das Standesamt in Warschau verweigerte die Anerkennung der Ehe. Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine solche Verweigerung einen Eingriff in das europäische Recht der Freizügigkeit darstellt, weil sie zu schwerwiegenden Nachteilen führen kann. Unionsbürger*innen können ihr Recht auf Freizügigkeit nur sinnvoll ausüben, wenn ihnen ein kontinuierliches Familienleben garantiert bleibt – unabhängig davon, in welchem Unionsmitgliedstaat sie leben.

„Der EuGH hat alle von Polen vorgebrachten Argumente verworfen. Damit stärkt das Gericht den Grundrechtsschutz in der EU und setzt das Recht auf Freizügigkeit effektiv durch“, erklärt Valentina Chiofalo, Vorsitzende der Kommission Europa- und Völkerrecht des djb.

Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der djb-Familienrechtskommission, hebt hervor: „Der EuGH stellt – im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte – erneut klar, dass der grund- und menschenrechtliche Schutz des Privat- und Familienlebens für gleich- und verschiedengeschlechtliche Paare gleichermaßen gilt.“

Der EuGH lässt den Mitgliedstaaten weiterhin Spielräume bei der Ausgestaltung ihres Familienrechts. Sie sind aus EU-Recht etwa nicht verpflichtet, eine Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare zu ermöglichen. Der Fall verdeutlicht aber einmal mehr die Grenzen eines diskriminierenden Familienrechts. Insofern ist das Urteil auch ein erneutes Signal an den deutschen Gesetzgeber, sein Familienrecht nach der Einführung der „Ehe für alle“ endlich auch bei den Ehewirkungen im Abstammungsrecht eigeninitiativ auf die Höhe der Zeit zu bringen – nicht nur über die Anerkennung von im Ausland begründeten Familien, sondern diskriminierungsfrei auch für alle Familien, die in Deutschland entstehen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 28.11.2025

Der „Kinderrechte-Index 2025“ des Deutschen Kinderhilfswerkes zeigt, dass es bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland noch großen Nachholbedarf gibt. Im Gesamtergebnis schneiden Berlin, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen überdurchschnittlich ab. Dies bedeutet, dass in diesen Bundesländern die Kinderrechte vergleichsweise am besten umgesetzt werden. Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen liegen im Durchschnitt. Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Sachsen-Anhalt sind insgesamt unterdurchschnittlich eingeordnet.

Dem „Kinderrechte-Index 2025“ des Deutschen Kinderhilfswerkes liegen 101 Kinderrechte-Indikatoren zugrunde, die basierend auf der UN-Kinderrechtskonvention gemeinsam mit einem interdisziplinär zusammengesetzten Wissenschaftlichen Beirat auf der Basis des ersten Kinderrechte-Index 2019 fortgeschrieben oder neu entwickelt wurden. Dabei wurden sechs Kinderrechte in den Mittelpunkt gestellt: das Recht auf Beteiligung, das Recht auf Schutz, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard, das Recht auf Bildung und das Recht auf Ruhe und Freizeit, Spiel und Erholung sowie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben.

  • Bei der Umsetzung des Rechts auf Beteiligung, das sowohl die politische Partizipation, Fragen einer kindgerechten Justiz als auch die Beteiligung in Bildungsinstitutionen in den Blick nimmt, schneiden Bremen, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen überdurchschnittlich ab.
  • Das Recht auf Schutz, das neben dem präventiven Kinderschutz auch die Meldung und Behandlung von Kinderschutzfällen beinhaltet, setzen Brandenburg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein vergleichsweise am besten um.
  • In Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Sachsen und Thüringen wird das Recht auf Gesundheit, das im Kinderrechte-Index sowohl den Zugang zum Gesundheitssystem als auch Prävention und Gesundheitsförderung umfasst, am besten umgesetzt.
  • Bei der Umsetzung des Rechts auf angemessenen Lebensstandard als eine Voraussetzung für die gute körperliche, geistige, seelische und soziale Entwicklung des Kindes schneiden Baden-Württemberg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Thüringen vergleichsweise am besten ab.
  • Das Recht auf Bildung auf der Grundlage der Bildungsinfrastruktur, der Chancengleichheit sowie der Vermittlung von Bildungsinhalten und -zielen setzen Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen am besten um.
  • In Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Niedersachsen und Sachsen wird das Recht auf Ruhe und Freizeit, Spiel und Erholung sowie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben als ein entscheidendes Kriterium für die Qualität der Kindheit und für eine optimale Entwicklung und die Förderung der Widerstandsfähigkeit, vergleichsweise am besten umgesetzt.

Der Index untersucht die Situation von Kindern und Jugendlichen in den Bundesländern und zeigt so vor allem die kinderrechtlichen Entwicklungsbedarfe, aber auch Beispiele guter Umsetzung in den einzelnen Bundesländern auf. Damit ist der „Kinderrechte-Index 2025“ des Deutschen Kinderhilfswerkes ein Instrument insbesondere für Landesregierungen, die Stärken und Schwächen ihrer Kinder- und Jugendpolitik zu überprüfen und diese gezielt zu verbessern.

„Der Kinderrechte-Index 2025 des Deutschen Kinderhilfswerkes zeigt ganz deutlich auf, dass die Chancen der jungen Menschen in unserem Land nicht nur aufgrund ihres Elternhauses, sondern auch regional sehr unterschiedlich verteilt sind. Von gleichwertigen Lebensverhältnissen kann insbesondere bezogen auf die Kinderrechte keine Rede sein. Der Wohnort entscheidet vielfach darüber, inwiefern Kinderrechte verwirklicht werden: etwa durch frühkindliche Bildungsangebote, Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Kommune oder in der Schule und im Verein, durch eine ausreichende ärztliche Versorgung, die Förderung von Kinder- und Jugendarbeit oder funktionierende Kinderschutzsysteme. 33 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland stehen wir im Hinblick auf die Kinderrechte weiterhin vor einem föderalen Flickenteppich. Hier gilt es für jedes Bundesland, auf Grundlage der vielen Beispiele guter Praxis in den anderen Bundesländern ihre kinderrechtlichen Bemühungen zu verstärken. Dabei zeigt der Kinderrechte-Index 2025 ganz deutlich, dass die Umsetzung der Kinderrechte an vielen Stellen keine alleinige Frage der Kassenlage, sondern vielmehr des politischen Willens ist“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes und Leiterin des Wissenschaftlichen Beirates zum Kinderrechte-Index.

„In mehreren Bereichen gab es in den letzten Jahren Fortschritte. So haben seit dem ersten Kinderrechte-Index 2019 einige Bundesländer Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche gesetzlich gestärkt, Landeskinderschutzstrategien entwickelt oder Programme gegen Kinderarmut gestartet. Aber kein Bundesland setzt die Kinderrechte umfassend um, hier ist noch viel Luft nach oben. So braucht es in allen Bundesländern eine ressortübergreifende Kinder- und Jugendpolitik und damit einhergehend Strategien für die Umsetzung der Kinderrechte. Das gilt insbesondere für die Kinder- und Jugendbeteiligung und die langfristige Förderung von Beteiligungsstrukturen“, so Lütkes weiter.

„Auch die psychosoziale und mentale Gesundheit von Kindern muss flächendeckend gestärkt werden, beispielsweise durch den Ausbau von Vorsorge- und Hilfsangeboten. Landesstrategien zur Kinderarmutsprävention sollten Standard sein, kommunale Präventionsnetzwerke in diesem Bereich aufgebaut und langfristig gefördert werden. Es gilt zudem, Justiz und Verwaltung kindgerechter zu gestalten, etwa durch verbindliche Standards zur Qualifizierung und Fortbildung von Fachkräften in diesem Bereich. Der Kinderrechte-Index hat aber auch gezeigt, dass ein bundesweites, indikatorengestütztes Kinderrechte-Monitoring unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen etabliert werden sollte. Denn in wichtigen Bereichen wie der Gesundheit oder dem Armutserleben von Kindern und Jugendlichen fehlt es an ausreichend aufgeschlüsselten und kontinuierlich erhobenen Daten. Hier ist insbesondere der Bund gefordert mehr langfristige Forschung zu finanzieren und seiner Verpflichtung zur Überwachung der Kinderrechte nachzukommen“, sagt Anne Lütkes.

Der Kinderrechte-Index 2025 des Deutschen Kinderhilfswerkes basiert auf einem Methodenmix. So wurden auf Grundlage von bereits verfügbaren öffentlichen Daten und eigenen Datenerhebungen 101 Kinderrechte-Indikatoren gebildet. Es wurden Analysen zu Rahmenbedingungen wie Gesetzen, Institutionen, Netzwerken und Programmen durchgeführt sowie Daten durch eine repräsentative Umfrage unter 3.218 Kindern und Jugendlichen in den Bundesländern erhoben. Durch schriftliche Befragungen verschiedener Landesministerien aller Bundesländer und in weitergehenden Recherchen werden zudem Beispiele guter Praxis für die Umsetzung von Kinderrechten aufgezeigt. Der Kinderrechte-Index wird ergänzt durch Einschätzungen und Forderungen der Mitglieder des Kinder- und Jugendbeirates des Deutschen Kinderhilfswerkes, der auch an der Schwerpunktsetzung der Studie, der Auswertung der Indikatoren und an der Entwicklung der Kinder- und Jugendumfrage mitgewirkt hat.

Der Kinderrechte-Index 2025 erscheint online. Den zusammenfassenden Studienbericht, die sechs Analysepapiere zu den Teilindizes, Steckbriefe zu den Ergebnissen der einzelnen Bundesländer sowie eine Beschreibung zur Methodik finden Sie unter www.dkhw.de/kinderrechte-index.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 11.12.2025

Mit Dynamischer Familienarbeitszeit win-win-win für Familien, Gesellschaft und Wirtschaft

Viele Mütter wünschen sich, ihre Erwerbsarbeitszeit auszuweiten und viele Väter hätten gerne mehr Zeit für die Kinder. Mit einer Dynamischen Familienarbeitszeit möchte die evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) Eltern die Umsetzung ihrer Wünsche erleichtern. Eine heute von der Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlichte Analyse des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung mit aktuellen Daten zur Rushhour des Lebens zeigt, dass ein solches zeitpolitisches Angebot für das Leben von Familien viele positive Effekte haben kann.

„Wir wenden uns mit unserer Idee insbesondere an die Väter“, so eaf-Präsident Prof. Dr. Martin Bujard. „Über 70 Prozent von ihnen wünschen sich mehr Zeit für die Familie. Wir möchten sie darin unterstützen, in der Kleinkindzeit ihre Erwerbsarbeit zugunsten von Sorgearbeit zu reduzieren, wie es Mütter bereits seit Jahren tun. Nur wenn Väter früh Verantwortung für Haushalt und Kinder übernehmen, gelingt eine faire Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit zwischen den Eltern. Dann haben Mütter bessere Chancen, ihre Arbeitszeit in den verschiedenen Lebensphasen schrittweise wieder zu erhöhen.“

Ihre Eckpunkte für eine solche Dynamische Familienarbeitszeit für die Zeitspanne zwischen Elterngeldende und Einschulung des jüngsten Kindes hatte die eaf bereits 2022 vorgestellt: Elternpaare, bei denen beide in dieser Zeit ihre Erwerbstätigkeit zugunsten von Sorgearbeit einschränken, sollen durch eine staatliche finanzielle Leistung unterstützt werden. Bedingung dafür ist, dass beide Elternteile nur innerhalb eines festgelegten Stundenumfangs erwerbstätig sind. Die eaf wird ihren Vorschlag in Kürze konkretisieren und als Forderung in die Politik tragen.

„Wir sehen hier die Chance auf eine win-win-win-Situation für Wirtschaft, Gesellschaft und Eltern“, erklärt Bujard, der zusammen mit Dr. Leonie Kleinschrot Autor der FES-Analyse ist.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 26.11.2025

Im Rahmen zweier Familienforen in Kooperation mit dem Familienzentrum der Lauterbach-Schulen in Reinickendorf kam der Berliner Beirat für Familienfragen mit Eltern, Schulkindern und Fachkräften ins Gespräch. Ein zentrales Ergebnis: Besonders Mütter, Alleinerziehende und Eltern mit Migrationserfahrung stehen vor großen Hürden auf dem Arbeitsmarkt.

Vor allem Mütter berichteten von prekären Beschäftigungsverhältnissen. Trotz vorhandener Qualifikationen finden viele von ihnen keinen Zugang zu existenzsichernder Arbeit. Unflexible Arbeitszeiten und fehlende Kinderbetreuung in den Randzeiten verhindern die Teilnahme an Weiterbildungsangeboten oder Sprachkursen. Gleichzeitig erschwert häufig die mangelnde Unterstützung bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse den beruflichen (Wieder-)Einstieg.

Die Eltern äußerten klar den Wunsch nach fair bezahlten Jobs jenseits klassischer Hilfstätigkeiten, besseren Chancen auf berufliche Qualifizierung und einem Arbeitsmarkt, der ihre familiäre Realität berücksichtigt. Im Austausch wurden weitere zentrale Problemlagen deutlich:

  • Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Schichtarbeit, lange Arbeitswege oder die Betreuung von Angehörigen mit Beeinträchtigung bringen viele Familien an ihre Grenzen. Es fehlt an flexiblen Arbeitszeitmodellen und niedrigschwelligen Entlastungsangeboten.

  • Alltagsbelastung und finanzielle Unsicherheit

Steigende Lebenshaltungskosten, Wohnungsmangel und lange Bearbeitungszeiten bei Sozialleistungen führen zu wachsenden Existenzängsten und dauerhafter Überforderung.

  • Personalmangel in Schule und Hort

Eltern berichteten von fehlenden Fachkräften und mangelnder individueller Förderung an den Schulen ¬ mit direkten Folgen für die Bildungschancen ihrer Kinder.

  • Sozialer Zusammenhalt und Diskriminierung

Diskriminierungserfahrungen etwa aufgrund des Kopftuchs oder einer Beeinträchtigung sind für viele Familien Realität. In den Gesprächen an der Reinickendorfer Schule war der Wunsch nach mehr Respekt und einem solidarischen Miteinander deutlich spürbar.

Kazım Erdoğan, Vorsitzender des Berliner Beirats für Familienfragen: „Familien stemmen tagtäglich enorme Belastungen – zwischen Arbeit, Sorge, Schule und Existenzsicherung. Damit Kinder gute Chancen haben und gesellschaftlicher Zusammenhalt gelingt, müssen Politik und Verwaltung Familien konsequent entlasten und ihre Lebensrealität ins Zentrum des Handelns stellen: durch bessere Zugänge zum Arbeitsmarkt, verlässliche und flexible Kinderbetreuung, mehr Personal im Bildungsbereich sowie gezielte Maßnahmen gegen soziale Ungleichheit und Diskriminierung.“

Die detaillierten Ergebnisse der beiden Familienforen können Sie hier downloaden.

Quelle: Pressemitteilung Berliner Beirat für Familienfragen vom 03.12.2025

LSVD fordert Verantwortung der Bundesregierung ein

Heute ist der Welttag der Menschenrechte, der an die Verkündung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte erinnert. Dazu erklärt Henny Engels für den Bundesvorstand des LSVD – Verband Queere Vielfalt zur Bedeutung für lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und intergeschlechtliche sowie weiteren queere Menschen (LSBTIQ*):

Dieses Jahr hat gezeigt, wie rasant der antidemokratische Backlash weltweit voranschreitet. Deutschland trägt eine besondere historische Verantwortung für die Verfolgung von LSBTIQ* und muss sich deswegen – auch weltweit –  für den Schutz von LSBTIQ* einsetzen. Wir fordern die Bundesregierung auf, ihr internationales Engagement für die Menschenrechte von LSBTIQ* zu verstärken. Deutschland muss sein Wort halten und die bereits im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms nach Pakistan ausgereisten LSBTIQ* aus Afghanistan retten. Weil der Bedarf für humanitäre Hilfe seit Jahren ansteigt, dürfen die Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit nicht bestehen bleiben. Mindestens 0,5 % der Gelder in der bilateralen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit müssen in LSBTIQ*-spezifische Projekte fließen. Zudem erwarten wir, dass Deutschland sein Engagement in der Equal Rights Coalition (ERC) fortsetzt und weiter ausbaut. Nur mit klaren politischen Signalen und ausreichenden Ressourcen kann der weltweit zunehmenden Bedrohung für LSBTIQ* wirksam begegnet werden.

Die demokratische Zivilgesellschaft gerät zunehmend unter Druck. Shrinking Spaces schränken ihre Handlungsmöglichkeiten ein: Während autoritäre Denkmuster an Einfluss gewinnen, verliert die Selbstverpflichtung zum Schutz von Menschenrechten an Bedeutung. Besonders deutlich wird dies bei der Menschenwürde von LSBTIQ*-Personen, die in vielen Ländern offen in Frage gestellt wird; unter anderem in Afghanistan, Georgien, Iran, Irak, Russland. In Ghana, Mali, Burkina Faso und Liberia stehen LSBTIQ*-kriminalisierende Gesetzesentwürfe vor der Verabschiedung. In Kasachstan steht ein landesweites Gesetz vor der Verabschiedung, das nach russischem Vorbild sogenannte „LGBTI-Propaganda“ verbieten soll – ohne jede rechtliche Definition und mit potenziell weitreichenden Folgen für LSBTIQ*-Personen, Menschenrechtsverteidiger*innen, Medien, Kunst- und Kulturschaffende sowie den gesamten zivilgesellschaftlichen Raum. Auch innerhalb der EU muss Deutschland deutlicher Position beziehen, nicht nur bei der Bekämpfung von Rollbacks fundamentaler Rechte in anderen Mitgliedstaaten und bei Beitrittskandidaten, sondern auch bei der Aufrechterhaltung internationaler Schutzverpflichtungen, unter anderem bei der Einführung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). 

Weiterlesen:

Quelle: Pressemitteilung LSVD⁺ – Verband Queere Vielfalt vom 10.12.2025

Das Bündnis Istanbul-Konvention (BIK) hat am 17.11.2025 seinen 2. Alternativbericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland GREVIO, dem unabhängigen Expert*innengremium des Europarats, vorgelegt und zeigt auf: Es bestehen weiterhin massive Lücken beim Schutz vor geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt.

Auch sieben Jahre nach Inkrafttreten des Übereinkommens fehlen in Deutschland eine ressortübergreifende Gesamtstrategie, handlungsfähige Institutionen und die notwendigen Ressourcen, um das Recht aller Frauen und Mädchen auf ein gewaltfreies Leben umzusetzen. Es fehlt zudem an einer klaren Verbindlichkeit bei der bundesweiten Umsetzung der Maßnahmen. Insbesondere für Gruppen, wie Frauen und Mädchen mit Flucht- oder Migrationsgeschichte, mit Behinderungen, diversen geschlechtlichen Identitäten und Wohnungs- und obdachlose Frauen, ist der in der Konvention verankerte Zugang zu Prävention, Schutz, Beratung und Recht nach wie vor mangelhaft. Offen ist auch, gesetzlich sicher zu stellen, dass der Gewaltschutz Vorrang vor dem Umgangsrecht hat.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter,
Bundesverband e.V. (VAMV) vom 20.11.2025

Elterngeld-Befragung – Erfahrungen aus der Praxis gesucht

In einer aktuellen Befragung wird untersucht, welche Faktoren die Aufteilung von Elternzeit und Elterngeld beeinflussen und wie sich Einkommen und Elterngeld in unterschiedlichen Familienformen auswirken – etwa bei Paaren, Getrennterziehenden oder Alleinerziehenden sowie beim ersten und zweiten Kind.

Die Prognos AG führt die Befragung im Auftrag des Verbands berufstätiger Mütter e. V. (VBM) durch. Ziel ist es, anhand realer Beispiele sichtbar zu machen, ob das heutige Elterngeld bestehende Einkommensunterschiede zwischen Müttern und Vätern verringert oder verstärkt.

Teilnehmen können Eltern, die

+seit 2015 erstmals Elterngeld bezogen haben,

+derzeit kein Elterngeld mehr beziehen und

+vor dem ersten Bezug ausschließlich abhängig beschäftigt waren.

Der Fragebogen umfasst Angaben zur eigenen Person, zur Aufteilung der Elterngeldmonate, zu Einkommen vor, während und nach dem Bezug sowie zur Höhe des Elterngeldes.

Weitere Hinweise und den Fragebogen finden Sie hier:  https://survey.prognos.com/index.php/719276

Quelle: Verbands berufstätiger Mütter e. V. (VBM)

WEITERE INFORMATIONEN

Familien mit kleinen Kindern fehlt vor allem eines: Zeit. Unsere neue Analyse Eltern in der Rushhour des Lebens entlasten: Die Dynamische Familienarbeitszeit zeigt deutlich, wie stark sich Erwerbs- und Sorgearbeit in der „Rushhour des Lebens“ verdichten und wie groß die Lücke zwischen Ideal und Realität ist.

Väter arbeiten häufiger mehr Stunden, als sie wollen. Mütter älterer Kinder reduzieren ihre Erwerbsarbeit stärker, als es ihren eigenen Vorstellungen entspricht. Das Ergebnis: ein hoher Gender-Care und Gender-Working-Time-Gap, der langfristige Ungleichheiten verstärkt.

Die Analyse von Martin Bujard und Leonie Kleinschrot (BiB) macht sichtbar, was sich Eltern wirklich wünschen, und wie die Dynamische Familienarbeitszeit zu einer Verbesserung der partnerschaftlichen Aufteilung beitragen kann.

Jetzt die neue Analyse lesen

Am 10. Dezember ist der Internationale Tag der Menschenrechte. Menschenrechte sind dann am stärksten, wenn sie universell gelten. Auch Bestrebungen zur Gleichstellung profitieren von der Solidarität möglichst vieler Menschen.

Intergeschlechtliche Menschen sind besonders stark von Menschenrechtsverletzungen betroffen. So wird beispielsweise ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit verletzt, wenn nicht dringliche, medizinische Eingriffe an ihren Geschlechtsmerkmalen im Kindesalter (und damit häufig ohne effektive Einwilligung) vorgenommen werden.

Die Beobachtungsstelle hat sich intensiv mit Fragen der Gleichstellung intergeschlechtlicher Menschen beschäftigt:

  • Mit unserer Expertise zur Operationsverbot-Gesetzgebung in Deutschland, Malta und Portugal leisten wir einen inhaltlichen Beitrag zur europaweiten Debatte über den effektiven Schutz intergeschlechtlicher Kinder vor Menschenrechtsverletzungen.
  • Mit unserem Dossier zur Gleichstellung intergeschlechtlicher Personen in Europa fragen wir, wie gut die EU die Menschenrechte intergeschlechtlicher Personen schützt, stellen die Europaratsempfehlung vom Oktober 2025 zum Thema vor und erfahren von politisch Aktiven der Zivilgesellschaft, wo sie Handlungsbedarfe sehen.
  • Unsere Infografik stellt die zentralen Aspekte der Europaratsempfehlung kurz vor.

Alle drei Veröffentlichungen sind auf Deutsch und Englisch erschienen und können unter https://beobachtungsstelle-gesellschaftspolitik.de/schwerpunktthemen/lgbtiq#89 kostenlos heruntergeladen werden.

Die eaf und EEB suchen zum 1. Januar 2026 ein neues Teammitglied, das sie als Projektkoordinator:in für das Programm „Verstetigung und Qualitätssicherung von Elternbegleitung“ verstärkt. Auf der Website finden Sie die dazu passende Stellenausschreibung.

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Pressemitteilung Thema: Vielfalt Familie

Das ZFF fordert eine umfassende Reform des Abstammungsrechts statt Inselreförmchen

Berlin, 04.12.2025Anlässlich der heutigen ersten Lesung des Gesetzes zur Reform der Vaterschaftsanfechtung warnt das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) vor erheblichen Schwächen der geplanten Regelungen.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), betont: „Wir brauchen jetzt kein Inselreförmchen, sondern eine grundlegende, kohärente Reform des gesamten Abstammungsrechts. Es ist an der Zeit für eine Reform, die alle Kinder unterstütz. Das bedeutet soziale Elternschaft im Sinne des Kindeswohl ausdrücklich zu stärken, statt biologische Abstammung noch mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Außerdem heißt es, die Vielfalt moderner Familien rechtlich abzusichern – insbesondere in queeren Familienkonstellationen und Patchworkfamilien mit der Möglichkeit einer einvernehmlichen Mehrelternschaft und der rechtlichen Gleichstellung von Zwei-Mütter-Familien. Zudem muss Diskriminierungs- und Gewaltschutz im Abstammungsrecht konsequent mitgedacht werden. Der vorliegende Entwurf schafft hingegen neue Unsicherheiten – gerade dort, wo Kinder Stabilität am dringendsten brauchen: in der Familie.

Aus unserer Sicht werden die geplanten Regelungen Konfliktsituationen, insbesondere bei Trennungen oder bestehender Gewalt, verschärfen. Sozial-familiäre Beziehungen zu rechtlichen Vätern werden abgewertet, verlässliche Bindungen destabilisiert und verfassungsrechtliche Spielräume für Vielfalt nicht genutzt.

Wir lehnen den Gesetzentwurf daher in seiner aktuellen Form ab, auch wenn an einigen Stellen durchaus richtige Impulse zu finden sind. Wir rufen die Parlamentarier*innen aller demokratischer Parteien dazu auf, sich im weiteren Verfahren für Verbesserungen im Sinne der Vielfalt von Familie einzusetzen.“

Zum Hintergrund:

Der Gesetzesentwurf reagiert auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Rechten leiblicher Väter. Im gleichen Urteil wies das Gericht auch auf die Möglichkeit hin, rechtliche Mehrelternschaft zu etablieren – diese Möglichkeit wird hier allerdings nicht ausgeschöpft. Das ZFF nahm bereits zum Referent*innenentwurf ausführlich Stellung.

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Archiv Pressemitteilung

Eckpunkte zur Familienrechtsreform lassen viele Fragen offen – ZFF und eaf fordern Stärkung der Kinderperspektive

Berlin, 27.02.2024 In einem gemeinsamen Workshop haben das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) und die evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf) am 22. Februar 2023 mit zahlreichen Vertreter:innen aus Wissenschaft, Interessenvertretung, Politik und Beratung über die vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) vorgelegten Eckpunkte für eine Familienrechtsreform diskutiert. Der Schwerpunkt lag auf den Themen Umgang, Sorge und Unterhalt und der Austausch zeigte, dass neben Zustimmung und Kritik auch noch viel Klärungsbedarf besteht.

Beide Verbände haben auch Stellungnahmen zu den aktuellen Eckpunkten des BMJ zum Kindschafts- und Abstammungsrecht abgegeben. Deren Kernaussagen umreißen die Geschäftsführerinnen wie folgt:

Sophie Schwab, ZFF: „Es ist längst überfällig, dass das Familienrecht der Vielfalt der Familienrealitäten angepasst wird und alle Familienkonstellationen für ihr Recht – Sorge zu tragen und Verantwortung füreinander zu übernehmen – eine gesetzliche zukunftsfeste Grundlage erhalten. Allerdings sehen wir einige Änderungsvorschläge im Bereich Sorge- und Umgangsrecht sehr kritisch, u.a. den Versuch, das Wechselmodell als Norm zu verankern.“

Svenja Kraus, eaf: „In den Vorschlägen werden die Interessen von Kindern bislang nicht ausreichend berücksichtigt. Wir fordern, diese stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen und Erwachseneninteressen gegebenenfalls dahinter zurücktreten zu lassen. Insgesamt sehen wir, dass die Reform vermehrten Unterstützungsbedarf in den Familien auslösen wird. Eine Stärkung der Beratungslandschaft ist daher unerlässlich.“

Beide Verbandsvertreterinnen sind sich abschließend einig: „Auf jeden Fall ist zu begrüßen, dass der Gewaltschutz im Sorgerecht verankert wird. Das muss auch im Umgangsrecht geschehen! Uns ist wichtig, das parlamentarische Verfahren intensiv zu begleiten, denn die konkrete Ausgestaltung wird ausschlaggebend sein. Wir zählen auf weiteren konstruktiven Austausch!“

Links:
Stellungnahme der eaf zu den Eckpunkten für Reformen des Kindschafts- und des Abstammungsrechts

Stellungnahmen des ZFF zu den Eckpunkten: Zur Reform des Abstammungsrecht; Zur Reform des Kindschaftsrecht

Weitere Informationen:

evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) https://www.eaf-bund.de/

Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF): www.zukunftsforum-familie.de

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 01/2024

AUS DEM ZFF

Anlässlich der Veröffentlichung der Eckpunkte zum Abstammungs-, Sorge-, Umgangs- und Adoptionsrecht durch das Bundesministerium der Justiz (BMJ) begrüßt das ZFF zunächst die Bestrebungen, gesellschaftlich überholte Regelungen neu zu fassen. Aus Perspektive des ZFF kommt in den Vorschlägen der Vorrang des Kindeswohls aber zu kurz. Zudem wird den Herausforderungen vielfältiger Familienkonstellationen nicht immer ausreichend Rechnung getragen.

Die ZFF-Vorsitzende Britta Altenkamp erklärt dazu: „Für das ZFF ist Familie überall dort, wo Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen, Fürsorge tragen und Zuwendung schenken. Das Familienleben ist vielfältig und bunt: Biologische, rechtliche und soziale Elternschaft sind nicht zwingend deckungsgleich. Sowohl verschiedenste Konstellationen als auch Übergänge in Familienbiografien sind Teil der sozialen Realität. Wir begrüßen es daher sehr, dass nun endlich Eckpunkte für Reformen des Familienrechts vorliegen.“

Im Hinblick auf das Abstammungsrecht bemerkt Altenkamp: „Die Verbesserungen für Zweimütterfamilien bewerten wir eindeutig als positiv. Statt wie bisher auf die Stiefkindadoption verwiesen zu sein, sollen Frauen nun auch durch Ehe oder Anerkennung rechtlicher Elternteil ihrer Kinder werden. Auch die vorgesehene notarielle Elternschaftsvereinbarung vor Empfängnis bei privater Samenspende sehen wir als einen echten Fortschritt. Die verbesserten Möglichkeiten für Kinder, Auskunft über ihre biologische Herkunft zu erhalten, befürworten wir ebenfalls. Gleichwohl kritisieren wir, dass beispielsweise die Situation von trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Eltern kaum erwähnt wird. Hier sehen wir weiterhin dringenden Klärungsbedarf.“

Bezüglich des Kindschaftsrechts fordert Altenkamp: „Für uns gilt weiterhin, dass vielfältige Familienformen vielfältige Regelungen brauchen. Im Sinne des Kindeswohls ist es daher wichtig, nach einer Trennung der Eltern jede Familie mit ihrem individuellen Bedarf wahrzunehmen und das für sie passende Umgangsmodell zu finden. An einigen Stellen im Papier sehen wir die Gefahr, dass das Wechselmodell in Zukunft erzwungene Norm wird. Das sehen wir äußerst kritisch. Die Erleichterung zur Erlangung des gemeinsamen Sorgerechts bei gemeinsamem Wohnsitz der Eltern finden wir überflüssig. Schon heute können die Eltern z.B. im Rahmen der Vaterschaftsanerkennung die gemeinsame Sorge beim Jugendamt erklären. Die gegenwärtigen Regelungen sind aus unserer Sicht vollkommen ausreichend. Positiv bewertet das ZFF die Ausweitung des ‚kleinen Sorgerechts‘, da hiermit der wachsenden Vielfalt von Familienformen sowie der zunehmenden Entkoppelung von biologischer und sozialer Elternschaft Rechnung getragen wird.“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 18.01.2024

Derzeit wird viel Kritik an den Zuständigkeiten des neuen Familienservice im Bundeskindergrundsicherungsgesetz geübt und es kursiert ein Vorschlag, die Leistungen der Kindergrundsicherung für den Personenkreis der bedürftigen Kinder nicht über das BKG-E, sondern über das SGB II zu erbringen. Wir sehen das sehr kritisch und fordern: Kinder raus aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende! Kinder und Jugendliche mit Anspruch auf die Kindergrundsicherung müssen alle gleich behandelt und – zumindest perspektivisch – alle vom neuen Familienservice betreut werden. Zudem muss unserer Meinung nach die Organisation der Schnittstellen in der Sozialgesetzgebung zukünftig Aufgabe des Staates werden und nicht mehr die der Leistungsberechtigten. Wir appellieren an den Gesetzgeber, gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit und den Jobcentern Lösungswege aufzuzeigen, wie dies mittelfristig umgesetzt werden kann und die beiden Behörden als „Back-Office“ und „Front-Office“ miteinander kommunizieren und arbeiten können.

Das Forderungspapier finden Sie hier.

Unsere ausführliche Stellungnahme anlässlich des Gesetzentwurfes des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Kindergrundsicherung und zur Einführung weiterer Bestimmungen“ finden Sie hier.

SCHWERPUNKT: Abstammungs- und Kindschaftsrecht

Das Bundesjustizministerium hat Eckpunkte für eine Modernisierung des Kindschaftsrechts vorgelegt. Ziel der Neuregelungen ist u.a. die Öffnung des Kindschaftsrechts für Regenbogenfamilien, Trennungsfamilien besser zu unterstützen und eine am Kindeswohl orientierte partnerschaftliche Betreuung minderjähriger Kinder zu verwirklichen. Der Deutsche Frauenrat (DF) zieht hinsichtlich der Erreichung dieser Ziele eine gemischte Bilanz.

Dazu erklärt Sylvia Haller, Mitglied im Vorstand des Deutschen Frauenrats:

„Die vorgelegten Eckpunkte sehen wichtige Verbesserungen für Regenbogenfamilien – zu 90 Prozent Zwei-Mütter-Familien – vor. Lesbische und queere Eltern warten schon viel zu lang auf Rechtssicherheit für sich und ihre Kinder. Wir begrüßen die Initiative des Bundesjustizministers, diese Diskriminierung nun endlich zu beenden. Ebenso halten wir die Vorhaben zum Gewaltschutz bei Sorge und Umgang für überfällig und sinnvoll – sie müssen nun dringend umgesetzt werden. Entsprechend der Istanbul-Konvention fordern wir darüber hinaus eine rechtliche Klarstellung, dass Gewaltschutz Vorrang vor Umgangsrecht hat.

Mit großer Sorge betrachten wir dagegen den Reformvorschlag zur einseitigen Erlangung des Sorgerechts unverheirateter Väter. Dies erschwert Müttern in Konfliktfällen das Verfahren. Für uns ist die Abgabe einer gemeinsamen Sorgeerklärung weiterhin der richtige Weg für unverheiratete Eltern, die sich einig sind. Auch die Anordnung des Wechselmodells durch Familiengerichte nun gesetzlich zu verankern, halten wir für den vollkommen falschen Ansatz. Dieses Betreuungsarrangement ist in Einzelfällen eine gute Lösung, darf aber auf keinen Fall gegen den Willen eines Elternteils erzwungen werden. Hier muss dringend nachgebessert werden!“

Der Deutsche Frauenrat ist die politische Interessenvertretung von rund 60 bundesweit aktiven Frauenorganisationen und damit die starke Stimme für Frauen in Deutschland.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenrat vom 17.01.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt die von Bundesjustizminister Buschmann vorgelegten Eckpunkte zur Modernisierung von Abstammungs- und Kindschaftsrecht. Die Reformpläne sind eine Reaktion auf die veränderten Lebenswirklichkeiten insbesondere von Trennungs- und Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien sowie nichtehelichen Lebensgemeinschaften.

„Wir freuen uns, dass der Gesetzgeber hier endlich tätig wird. Insbesondere begrüßen wir die geplante abstammungsrechtliche Gleichstellung von Zwei-Mütter-Familien und den verbesserten Gewaltschutz für den gewaltbetroffenen Elternteil“, sagt Ursula Matthiessen-Kreuder, djb-Präsidentin.

Dass die rechtliche Elternschaft für die (Ehe-)Partnerin der Geburtsmutter künftig genauso möglich sein soll wie bislang für den (Ehe-)Partner, ist für Zwei-Mütter-Familien ein maßgeblicher Fortschritt. Sie sind bislang auf die Adoption angewiesen. Auch die sogenannte Elternschaftsvereinbarung bietet Eltern in Regenbogenkonstellationen eine begrüßenswerte Möglichkeit, verbindliche Vereinbarungen zur Elternschaft sowie zu Sorge- und Umgangsrechten zu treffen. Im Mai hatte der djb gemeinsam mit dem Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD), der Initiative Nodoption und der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ) Leitplanken für die Reform des Abstammungsrechts vorgelegt.

Es gibt jedoch auch Anlass zur Kritik an den Eckpunkten: In den Vorschlägen zum Abstammungsrecht deutet sich eine Stärkung der biologischen Vaterschaft auf Kosten der bislang priorisierten sozial-familiären Beziehung an. „Eine solche Höhergewichtung der Blutsbande lässt sich nicht mit dem Kindeswohl begründen, denn für das Kind stehen elterliche Fürsorge und Verantwortung im Zentrum, nicht die genetische Verwandtschaft“, gibt Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der djb-Kommission Familien-, Erb- und Zivilrecht, zu bedenken.

Die vorgeschlagene Hervorhebung des Wechselmodells als Leitmodell der Betreuungsmodelle sowohl bei gerichtlichen Anordnungen als auch bei Trennungsberatungen sieht der djb kritisch. Diese Verengung lässt zu viele wichtige Faktoren im Hinblick auf das Kindeswohl in Trennungssituationen außer Acht. Darüber hinaus wird das Konzept viele Mütter, die die Kinder vor der Trennung überwiegend betreut haben und deshalb auf Unterhaltsleistungen angewiesen sind, vor weitere Herausforderungen stellen. Denn die vor Kurzem vorgestellten Reformpläne im Unterhaltsrecht sollen es unterhaltspflichtigen Elternteilen (überwiegend Väter) ermöglichen, sich von ihren Umgangskosten zulasten der Unterhaltsberechtigten (überwiegend Mütter) zu entlasten. Auch dazu hat sich der djb positioniert. Damit würde das Armutsrisiko für die häufig auch nach einer Trennung nur teilzeitbeschäftigten Mütter und ihre Kinder noch verschärft.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 19.01.2024

LSVD fordert zügiges Gesetzgebungsverfahren

 

Bundesjustizminister Buschmann hat heute Eckpunkte für die lange erwartete Reform des Abstammungsrechts vorgestellt. Die Eckpunkte sehen mit der Abschaffung von Stiefkindadoptionen für Zweimütterfamilien und der Einführung von Elternschaftsvereinbarungen massive Verbesserungen für Regenbogenfamilien vor, bleiben jedoch bei trans*, inter* und nichtbinärer Elternschaft vage. Dazu erklärt Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Endlich legt das Bundesjustizministerium Vorschläge für eine Reform des Abstammungsrechts vor – leider nur in Form von Eckpunkten. Vorgesehen sind unter anderem die vom LSVD seit langem geforderte Abschaffung von Stiefkindadoptionen für Kinder, die in Zweimütterfamilien hineingeboren werden, sowie verbindliche Elternschaftsvereinbarungen. Die Eckpunkte müssen jetzt in einem zügigen Verfahren in Gesetzesform gegossen werden, damit die verfassungswidrige Diskriminierung von Regenbogenfamilien schnellstmöglich der Vergangenheit angehört.

Die Eckpunkte enthalten umfangreiche rechtliche Verbesserungen für Regenbogenfamilien: So soll es künftig möglich sein, dass auch Frauen kraft Ehe oder Anerkennung rechtlicher Elternteil werden können. Vorgesehen sind zudem notarielle Elternschaftsvereinbarungen, in denen Mütter und samenspendende Personen bereits vor der Empfängnis verbindliche Vereinbarungen über rechtliche Elternschaft, Sorge- und Umgangsrechte treffen können. Im Samenspenderregister sollen künftig auch Privatspenden registriert werden können. Die rechtlichen Eltern sollen sorgerechtliche Befugnisse und Umgangsrechte vertraglich auf bis zu zwei zusätzliche Personen übertragen können. Mit diesen Reformvorschlägen würde die gelebte Realität vieler Regenbogenfamilien endlich rechtlich abgesichert.

Das Eckpunktepapier enttäuscht allerdings mit fehlenden konkreten Vorschlägen zu trans*, inter* und nichtbinärer Elternschaft. Während es andere Konstellationen ausführlich erläutert und mit Beispielsfällen illustriert, beschränken sich die Eckpunkte hier auf einen Satz. In diesem wird angekündigt, dass diese Personen künftig entsprechend den allgemeinen Regelungen des Abstammungsrechts als rechtlicher Elternteil bzw. Vater oder Mutter in das Personenstandsregister eingetragen werden können sollen. Leider bleibt dabei völlig unklar, ob dies die identitätsverfälschende Eintragung von trans*, inter* und nichtbinären Elternteilen mit ihrem unzutreffenden Geschlecht und Vornamen beenden wird. Von einer queerpolitischen Aufbruchskoalition hätten wir ein deutliches Bekenntnis zur Beendigung der Diskriminierung trans*, inter* und nichtbinärer Eltern erwartet.

Auch die fehlende Rückwirkung der Regelungen sehen wir kritisch. Zwar sollen verheiratete Zweimütterfamilien ab Inkrafttreten der Reform die Elternschaft auch für schon geborene Kinder durch Annahmeerklärung etablieren können. Allerdings sehen die Eckpunkte nicht vor, dass diese Annahmeerklärung auf den Zeitpunkt bereits gestellter Adoptionsanträge, Feststellungsanträge oder gemeinsamer Geburtsanzeigen zurückwirkt. Das wird der Tatsache nicht gerecht, dass Regenbogenfamilien seit Jahren mit einer verfassungswidrigen Rechtslage leben müssen. Für Elternteile, die sich bereits vor der Reform um die rechtliche Elternstelle bemüht haben, sollte die rechtliche Elternschaft auch rückwirkend ermöglicht werden. Außerdem fehlt die Klarstellung, dass auch unverheiratete Zweimütterfamilien die Elternschaft bereits geborener Kinder per Annahmeerklärung etablieren können.

Hintergrund

Das geltende Abstammungsrecht verwehrt Kindern aus Regenbogenfamilien den zweiten Elternteil. Es diskriminiert zudem weibliche, trans*, inter* und nicht-binäre Personen als Elternteile. Bereits in ihrem Abschlussbericht von 2017 empfahl die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz berufene Fachkommission nach dreijähriger Beratung Reformen.

Mehrere Oberlandesgerichte haben die aktuellen Regelungen zum Abstammungsrecht schon dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, weil sie an deren Verfassungsmäßigkeit zweifeln. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus. Es gibt mehrere Petitionen mit insgesamt über 80.000 Unterschriften, die eine unverzügliche Abstammungsrechtsreform fordern.

Die Ampelregierung hat im Koalitionsvertrag eine umfassende Reform des Abstammungs- und Familienrechts zur besseren rechtlichen und gesellschaftlichen Absicherung von Regenbogenfamilien versprochen. Angekündigt sind präkonzeptionelle Elternschaftsvereinbarungen, die Aufwertung der sozialen Elternschaft, die Öffnung des Samenspenderregisters für private Spenden und die automatische Elternschaft beider Mütter, wenn ein Kind in die Ehe zweier Frauen geboren wird, sofern nichts anderes vereinbart ist.

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Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 16.01.2024

Das Bundesjustizministerium hat Eckpunkte für eine „Modernisierung“ des Kindschaftsrechts veröffentlicht. Die Vor-schläge sollen u.a. Trennungsfamilien unterstützen, eine am Kindeswohl orientierte partnerschaftliche Betreuung minderjähriger Kinder zu ver-wirklichen. Dass sie diesem Anliegen gerecht werden, ist allerdings zu bezweifeln. Die geplante Öffnung des Kindschaftsrechts für Regenbo-genfamilien ist überfällig.
Geplant ist u.a., eine Anordnung des Wechselmodells durch das Famili-engericht im Gesetz zu regeln. Ferner soll eine Beratung zum Wech-selmodell gesetzlich verankert werden. Hierzu erklärt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV): „Das Wechselmodell als Leitmodell ins Zentrum der Tren-nungsberatung zu stellen, widerspricht den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Nach der im August 2023 veröffentlichten Studie „Um-gang und Kindeswohl“ ist die Wahl des Betreuungsarrangements nicht der wesentliche Faktor für das kindliche Wohlergehen, sondern nur ei-ner von vielen. Maßgeblich sind vielmehr positive Familienbeziehungen und ein regelmäßiger Kontakt zum anderen Elternteil – unabhängig vom jeweiligen Betreuungsarrangement.“
Außerdem soll ein nicht mit der Mutter verheirateter Vater künftig bei gemeinsamem Wohnsitz der Eltern durch einseitige Erklärung das ge-meinsame Sorgerecht erhalten können. Jaspers kritisiert: „Durch Heirat oder gemeinsame Sorgeerklärung treffen bereits über 91 Prozent der Eltern im Geburtsjahr des Kindes die Entscheidung, dass sie miteinan-der für gemeinsame Kinder sorgen wollen. Nicht miteinander verheirate-te Eltern geben in der Regel beim Jugendamt gemeinsam die Vaterschaftsanerkennung und die Sorgeerklärung ab. Ist das nicht der Fall, sprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit hier gute Gründe dagegen wie Gewalt, Sucht oder eine hochstrittige Trennung. Eine einseitige Sorgeerklärung ist hier nicht der richtige Weg. Eltern sollten die bewuss-te Entscheidung für die gemeinsame Sorge vielmehr gemeinsam treffen, damit sie diese auch im Sinne des Kindes zusammen ausüben können.
„Positiv sind die Reformvorhaben der Eckpunkte mit Blick auf den Ge-waltschutz“, resümiert Daniela Jaspers. „Insbesondere das Stärken des Gewaltschutzes für den gewaltbetroffenen Elternteil, verbunden mit der gesetzliche Klarstellung, dass in diesen Fällen eine gemeinsame Sorge regelmäßig nicht in Betracht kommt, begrüßt der VAMV. Allerdings soll-te ebenfalls eine gesetzliche Klarstellung dahingehend erfolgen, dass der Umgang mit einem gewaltausübenden Elternteil dem Kindeswohl in der Regel nicht dient “.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 17.01.2024

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundesministerin Lisa Paus hat sich bei einem Besuch in Süd-Brandenburg den gesellschaftspolitischen Themen „Engagement für die Demokratie“ und „Kampf gegen Rechtsextremismus“ gewidmet. So traf die Ministerin unter anderen mit dem „Bündnis für mehr Demokratie an Schulen“ in Spremberg zusammen, sie tauschte sich mit dem Oberbürgermeister der Stadt Cottbus und dem Leiter der Polizeidirektion Süd sowie mit Akteurinnen und Akteuren der Zivilgesellschaft über Extremismusprävention aus. Nach einem Besuch der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg und einem Gespräch über gesellschaftliche Herausforderungen im universitären Umfeld diskutierte die Ministerin am Nachmittag in einer Gesprächsrunde über Demokratieförderung in der Bildung. Mit dabei, eine der Lehrerinnen, die im Sommer über rechtsextremistische Vorfälle an ihrer Schule berichtet und damit bundesweit Aufsehen erregt hatte.

Bundesministerin Lisa Paus: „Wir erleben, wie bundesweit Bürgerinnen und Bürger gegen Demokratiefeinde auf die Straße gehen. Unsere vielfältige Gesellschaft lebt vom Mut der Menschen, die sich täglich dafür engagieren. Ich freue mich, dass ich heute viele solcher Menschen treffen durfte, Menschen, die eintreten für unsere Demokratie. Klar ist: es braucht eine enge Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteurinnen und Akteure auf lokaler, auf regionaler und auf Bundesebene, um Rechtsextremismus und Demokratiefeinden entschieden entgegenzutreten. Prävention und Repression müssen dabei Hand in Hand arbeiten, um rechtsextreme Strukturen zu schwächen. In Spremberg, Cottbus und Umgebung unternehmen Engagierte unterschiedliche präventive Maßnahmen, um eine vielfältige, weltoffene und rassismusfreie Kultur zu fördern. Für diesen herausragenden Einsatz danke ich von Herzen und sage ganz deutlich: wir stehen fest an Ihrer Seite! Mit dem Demokratiefördergesetz, das sich nun bald seit einem Jahr in der parlamentarischen Beratung befindet, werden wir Sie noch besser unterstützen können. Ich hoffe, dass der Deutsche Bundestag es bald verabschieden wird. Für uns alle gilt: Nie wieder ist jetzt!“

Das Demokratiefördergesetz wird einen Paradigmenwechsel in der Demokratieförderung markieren. Mit dem Gesetz werden demokratiestärkende Projekte und Initiativen langfristig gesichert. So sollen Menschen, die sich für Demokratie, Vielfalt und Respekt engagieren, unterstützt und gestärkt werden.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 22.01.2024

Anlässlich eines Besuchs im Frauenhaus in Cottbus stellten Bundesfrauenministerin Lisa Paus und Bundesbauministerin Klara Geywitz das gemeinsame Engagement der Bundesregierung zum Ausbau des Hilfesystems für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder vor. Lisa Paus überreichte einen Finanzierungsbescheid aus dem Bundesinvestitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“, mit dem die Außenanlagen des Hauses schutzgerecht umgebaut werden sollen.

Bei einem Rundgang mit der Leiterin des Frauenhauses Cottbus, Frau Heike Boden, erhielten die Ministerinnen Einblick in die Arbeit des Hauses, in dem Frauen Schutz finden. Sie informierten sich über schon abgeschlossene sowie anstehende bauliche Maßnahmen und tauschten sich mit Bewohnerinnen aus.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Jede Stunde erleben mehr als 14 Frauen Gewalt in der Partnerschaft – das darf unsere Gesellschaft nicht einfach hinnehmen. Wenn Frauen Gewalt erleben, brauchen sie vor allem schnellen Schutz und Hilfe. Mit vereinten Kräften arbeiten wir daran, die Lücken im Netz der Frauenhäuser und Beratungsstellen zu schließen. Darum bin ich froh, dass wir mit Mitteln aus unserem Bundesförderprogramm ‚Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen‘ bundesweit bereits Baumaßnahmen an 70 Frauenhäusern und Beratungsstellen für gewaltbetroffene Frauen mit insgesamt rund 83 Mio. Euro finanziell fördern konnten. Durch das Programm konnten wir bereits 349 neue Frauenhausplätze schaffen und 418 bestehende Plätze barrierearm verbessern. Ich danke den Mitarbeiterinnen in Cottbus stellvertretend für die unschätzbar wichtige Arbeit, die die Frauenhäuser im ganzen Land zum Schutz der Frauen und ihrer Kinder leisten.“

Bundesbauministerin Klara Geywitz: „Die Länder und Kommunen können auch Mittel aus der Städtebauförderung nutzen, um Frauenhäuser zu fördern. Das Frauenhaus Cottbus ist ein gutes Beispiel dafür. Mit der Städtebauförderung schaffen wir die Voraussetzungen für ein gutes Miteinander in den Städten und Gemeinden. Der Ausbau und die Sanierung sozialer Infrastrukturen steht dabei im Mittelpunkt. Hier unterstützen wir als Bauministerium mit unserer Städtebauförderung gerne. Auch mit der sozialen Wohnraumförderung ist eine Unterstützung frauenbezogener Wohnformen möglich, soweit die Förderbestimmungen der Länder dies vorsehen.“

Tobias Schick, Oberbürgermeister der Stadt Cottbus: „Ich freue mich über die Unterstützung, die den betroffenen Frauen und ihren Kindern ein Stück mehr Sicherheit vermittelt. Seit Bestehen des Frauenhauses Cottbus konnten 1.782 Frauen und 1.731 Kinder Zuflucht finden. Das zeigt, wie groß unser aller Auftrag ist, Frauen vor Gewalt zu schützen. Ich freue mich, dass die Aufwertung der Freianlagen und damit die weitere Verbesserung der Sicherheit des Frauenhauses Cottbus begonnen werden können. Mein Dank gilt dem Team um Leiterin Heike Boden für die unermüdliche Arbeit.“

Durch ein multiprofessionelles Team von Sozialpädagoginnen und Erzieherinnen ist es dem Frauenhaus Cottbus möglich, auf die Bedürfnisse der Frauen und Kinder individuell einzugehen. Das Aufgabenspektrum umfasst psychosoziale Beratung im Einzel- und Gruppensetting, Stabilisierung bzw. Förderung der Mutter-Kind-Beziehung, Unterstützung bei der Aufarbeitung der erlebten Gewalt und der Entwicklung einer neuen Lebensperspektive. Die Mitarbeiterinnen sind rund um die Uhr für eine Aufnahme erreichbar. 

Im 5-jährigen Bundesinvestitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ fördert der Bund von 2020 bis Ende 2024 mit 30 Mio. Euro jährlich den Bau und Umbau sowie den Erwerb von Frauenhäusern und Schutzeinrichtungen. Durch die investive Förderung setzt sich die Bundesregierung im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Zuständigkeiten für den Ausbau des Hilfesystems für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder ein und arbeitet so an der Umsetzung der Istanbul-Konvention. Ziel ist es, bekannte Lücken im Hilfesystem zu schließen. Dabei liegt der Fokus insbesondere auf der Verbesserung des Zugangs für bislang unzureichend erreichte Gruppen, wie Frauen mit körperlichen Einschränkungen. Das Programm stieß von Beginn an auf große Resonanz. Bisher wurden bereits 70 Projekte mit guter regionaler Verteilung auf das gesamte Bundesgebiet bewilligt. Bis zum Programmende im Dezember 2024 sollen etwa 9 weitere Projekte folgen.

Auch nach Abschluss des Programms „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ können der Bau- und Umbau von Schutz- und Beratungseinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) über Finanzhilfen des Bundes investiv gefördert werden. Dies ist möglich in den bestehenden Förderprogrammen der Länder im sozialen Wohnungsbau und der Städtebauförderung. Die Umsetzung erfolgt durch die Länder, die bei der Städtebauförderung auch über Art und Umfang der Maßnahmen in den Kommunen entscheiden.

Das Frauenhaus Cottbus ist ein Beispiel dafür, wie der Bund auf verschiedenen Wegen den Ausbau des Hilfesystems für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder investiv fördert: Ab 2011 wurde das in einer ehemaligen Kindertagesstätte befindliche Frauenhaus u.a. aus Mitteln der Städtebauförderung durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen mit rund 240.000 Euro baulich an die Bedarfe eines Frauenhauses angepasst. In den Jahren 2023 und 2024 erhielt die Stadt Cottbus rund 330.000 Euro aus dem Programm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, um die Sicherheit des Gebäudes und der darin befindlichen Menschen zu erhöhen und baulich bedingte Barrieren zu reduzieren.

Über das Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“: Das Bundesförderprogramm des Bundesfrauenministeriums ist Teil des Gesamtprogramms der Bundesregierung, um das „Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention)“ umzusetzen.

Über die Förderprogramme im sozialen Wohnungsbau und der Städtebauförderung: Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) bietet Unterstützungsmöglichkeiten für den Bau- und Umbau von Schutz- und Beratungseinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder. Dies geschieht in den bestehenden Förderprogrammen im sozialen Wohnungsbau und der Städtebauförderung.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 22.01.2024

Neue Regelungen entlasten ab 2024 viele Familien

Die Bundesregierung entlastet im neuen Jahr Mütter, Väter und Kinder, etwa durch einen höheren Kinderzuschlag, höhere Freibeträge, einen höheren Unterhaltsvorschuss und mehr Kinderkrankentage. Auch für Familien und Alleinerziehende, die Sozialleistungen beziehen, stehen Verbesserungen an. Ein Überblick:

Kinderzuschlag steigt

Eltern, die zwar genug für sich selbst verdienen, deren Einkommen aber nicht oder nur knapp ausreicht, um den gesamten Bedarf der Familie zu decken, erhalten zusätzlich den Kinderzuschlag. Das Bundesfamilienministerium hat sich dafür eingesetzt, dass dieser ab dem 1. Januar 2024 erhöht wird – von bis zu 250 Euro auf bis zu 292 Euro pro Monat und Kind.

Unterhaltsvorschuss

Mit einem Plus bei dieser Familienleistung werden Alleinerziehende entlastet. Den Unterhaltsvorschuss können Alleinerziehende beantragen, die vom anderen Elternteil keinen oder unregelmäßig Unterhalt bekommen.
Ab Januar 2024 beträgt der Vorschuss

  • für Kinder im Alter von 0 bis 5 Jahren monatlich bis zu 230 Euro – und damit 43 Euro mehr als zuvor,
  • für Kinder im Alter von 6 bis 11 Jahren monatlich bis zu 301 Euro – das sind 49 Euro mehr als zuvor,
  • und für Kinder im Alter von 12 bis 17 Jahren monatlich bis zu 395 Euro – also 57 Euro mehr als zuvor.

 
Kinderfreibetrag

Der Kinderfreibetrag erhöht sich für das Jahr 2024 um 360 Euro auf 6.384 Euro pro Kind. Im Laufe des Jahres 2024 wird mit einer weiteren Erhöhung gerechnet. Die Freibeträge werden bei der Einkommensteuer berücksichtigt und führen dazu, dass Eltern weniger Steuern zahlen müssen
 
Weitere Informationen zu diesen und anderen Familienleistungen bietet das Familienportal.
 
Kinderkrankentage

Die Anzahl der regulären Kinderkrankentage erhöht sich – gegenüber den Jahren vor der Corona-Pandemie – von 10 auf 15 Arbeitstage pro Kind und Elternteil im Jahr. Für Alleinerziehende sind es statt 20 nun 30 Arbeitstage. Bei mehreren Kindern können künftig insgesamt bis zu 35 Arbeitstage pro Elternteil genommen werden oder 70 Arbeitstage im Falle von Alleinerziehenden. Dies gilt in den Jahren 2024 und 2025. Wird das Kind stationär behandelt, gibt es ab 2024 einen zeitlich unbegrenzten Anspruch auf Kinderkrankengeld.

Diese Regelung entlastet Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, nachdem die Corona-Sonderregelungen ausgelaufen sind. Während der Pandemie waren die Kinderkrankentage mehrfach ausgeweitet worden, um Eltern angesichts von Kita- und Schulschließungen schnell und unbürokratisch zu unterstützen.

Die Höhe des Kinderkrankengeldes beträgt in der Regel 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Voraussetzung für den Anspruch ist, dass sowohl der betroffene Elternteil als auch das Kind gesetzlich krankenversichert sind und das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder aufgrund einer Behinderung auf Hilfe angewiesen ist.

Neue Regelungen beim Elterngeld

Um die Sparvorgaben des Bundesfinanzministers zu erfüllen und eine Kürzung des Elterngeldes für alle Eltern zu vermeiden, haben sich die Koalitionsfraktionen auf Änderungen beim Elterngeld geeinigt. Für Geburten ab dem 1. April 2024 wird die Grenze des zu versteuernden Jahreseinkommens (Einkommensgrenze), ab der der Anspruch auf Elterngeld entfällt, für gemeinsam Elterngeldberechtigte von 300.000 Euro auf 200.000 Euro gesenkt. Zum 1. April 2025 wird sie für Paare nochmals moderat auf 175.000 Euro abgesenkt. Für Alleinerziehende wird ab dem 1. April 2024 eine Einkommensgrenze von 150.000 Euro gelten.
Außerdem wird die Möglichkeit des gleichzeitigen Bezugs von Elterngeld neu geregelt. Ein gleichzeitiger Bezug von Basiselterngeld wird künftig nur noch für maximal einen Monat bis zum 12. Lebensmonat des Kindes möglich sein. Ausnahmen für den gleichzeitigen Bezug wird es beim ElterngeldPlus, beim Partnerschaftsbonus sowie bei Mehrlingsgeburten und Frühgeburten geben.

Bürgergeld-Beziehende erhalten mehr

Wer auf Bürgergeld oder Sozialhilfe angewiesen ist, erhält einen monatlichen Pauschalbetrag zur Sicherung des Lebensunterhalts, den sogenannten Regelbedarf. Ab 2024 steigt dieser Betrag je nach Lebenssituation der Bezieherinnen und Bezieher.
Für Alleinstehende erhöht sich der Regelbedarf zum Jahreswechsel von 502 auf 563 Euro.
Bei Paaren, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden, steigt er von 451 auf 506 Euro je Partner.
Für Kinder erhöhen sich die Regelbedarfe abhängig vom Alter: 0- bis 5-Jährige erhalten 357 Euro (39 Euro mehr), 6- bis 13-Jährige 390 Euro (42 Euro mehr), 14- bis 17-Jährige 471 Euro (51 Euro mehr).
Schulkinder erhalten mehr für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf. Die Änderung gilt für die beiden Schulhalbjahre, die im Jahr 2024 beginnen. Für Ausstattung gibt es künftig 130 Euro für das erste Schulhalbjahr und 65 Euro für das zweite Schulhalbjahr.
 
Der gesetzliche Mindestlohn steigt

In Deutschland gibt es seit 2015 einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor unangemessen niedrigen Löhnen schützen soll. Zuletzt wurde er im Oktober 2022 auf 12 Euro brutto pro Stunde erhöht. Ab dem 1. Januar 2024 steigt er auf 12,41 Euro. In einem weiteren Schritt erhöht sich der Mindestlohn Anfang 2025 um weitere 41 Cent auf dann 12,82 Euro.

Das Pflegestudium wird attraktiver

Im Oktober 2023 hat der Bundestag das Pflegestudiumstärkungsgesetz beschlossen. Die darin enthaltenen Neuerungen treten zum 1. Januar 2024 in Kraft. Das Gesetz regelt insbesondere die Bezahlung derjenigen, die sich für ein Pflegestudium entscheiden oder bereits studieren. Sie erhalten künftig für die gesamte Dauer des Studiums eine Ausbildungsvergütung.
Ein weiterer wichtiger Beitrag zur Stärkung der hochschulischen Pflegeausbildung ist, dass das Pflegestudium künftig als duales Studium ausgestaltet wird. Darüber hinaus werden die Anerkennungsverfahren für ausländische Pflegefachkräfte vereinfacht. Zudem sollen eine geschlechtsneutrale Berufsbezeichnung „Pflegefachperson“ eingeführt, Auslandsaufenthalte ausdrücklich anerkannt und die weitere Digitalisierung in der Ausbildung unterstützt werden.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 28.12.2023

Heute ist ein guter Tag für die Selbstbestimmung von Frauen. Denn das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes beschlossen, um sogenannten Gehsteigbelästigungen vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Arztpraxen einen gesetzlichen Riegel vorzuschieben. Lange haben wir von der SPD Fraktion im Bundestag auf diesen Gesetzentwurf gewartet.

Josephine Ortleb, zuständige frauenpolitische Berichterstatterin:
„Frauen haben ein Recht auf Selbstbestimmung. Hierzu gehört selbstverständlich ein ungestörter Zugang zu Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Arztpraxen für Schwangere. Dennoch werden Frauen auf ihrem Weg zur Beratung immer wieder von selbsternannten Lebensschützer:innen belästigt und massiv unter Druck gesetzt. Wir brauchen daher dringend eine bundeseinheitliche Regelung, die diese frauenfeindlichen Gehsteigbelästigungen unterbindet. Darauf hat die SPD-Bundestagfraktion mit aller Kraft hingewirkt. Und dies mit Erfolg: Ein Gesetzentwurf, der Gehsteigbelästigungen als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro sanktioniert, wurde heute im Bundeskabinett beschlossen.“

Carmen Wegge, zuständige rechtspolitische Berichterstatterin:
„Für uns ist es unerträglich, dass Frauen in einer schwierigen Lebenssituation von sogenannten Lebensschützer:innen vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Arztpraxen behelligt und beleidigt werden – umso mehr, weil der Staat sie zur Beratung verpflichtet. Die Meinungsfreiheit beinhaltet nicht das Recht, andere körperlich zu bedrängen oder psychisch übergriffig zu werden. Durch das Gesetz wollen wir Rechtssicherheit schaffen für die Unterbindung von derartigen Belästigungen. Außerdem wollen wir eine bundesweite zentrale Datenerfassung von Schwangerschaftsabbrüchen für mehr Versorgungssicherheit einführen. Um gegen die Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen vorzugehen, sprechen wir uns zudem für eine Regulierung von Schwangerschaftsabbrüche außerhalb des Strafgesetzbuches aus.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 24.01.2024

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt, dass das Bundesjustizministerium den Referentenentwurf zum Bürokratieentlastungsgesetz veröffentlicht hat. Damit beginnt ein wichtiger Prozess, um Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger zu entlasten.

Esra Limbacher, Mittelstandsbeauftragter und zuständiger Berichterstatter:

„Ich freue mich, dass das Bundesjustizministerium den Referentenentwurf zur Bürokratieentlastung veröffentlicht hat. Das ist der Auftakt für den notwendigen und richtigen Prozess, unsere Rechtsordnung und bürokratische Verfahren neu zu denken und auf Effizienz zu überprüfen. Damit werden wir die Wirtschaft, unseren Mittelstand und die Gesellschaft insgesamt entlasten und für notwendigen Rückenwind sorgen. Die Bürokratieentlastung ist neben anderen Programmen zur Förderung unserer Wirtschaft ein entscheidender Baustein. Derzeit bereiten wir uns intern auf das parlamentarische Verfahren vor. Neben den Vorschlägen aus der Bundesregierung wollen wir hier auch eigene Vorschläge aus der SPD-Bundestagsfraktion einbringen.

Zanda Martens, zuständige Berichterstatterin:

„Bürokratieabbau bedeutet für uns nicht, einzelne Paragraphen symbolisch zu streichen, sondern Prozesse von Anfang bis Ende neu zu denken, um nachhaltig zu entlasten. Das wollen wir mit dem nun vorliegenden Gesetz auf nationaler Ebene erreichen, aber auch mit Initiativen auf europäischer Ebene.

Für uns als SPD-Bundestagsfraktion ist es wichtig, zwischen unnötiger Bürokratie und Normen, die Schutzstandards betreffen, zu unterscheiden. Notwendige Bürokratieentlastung darf nicht zum Abbau von Schutz- und Sozialstandards führen. Damit echter Bürokratieabbau kein Wunschdenken bleibt, müssen wir ergebnisorientiert vorgehen und die Perspektive der Betroffenen, also von Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen, einnehmen.  Wir sind sowohl mit der Bundesregierung als auch mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft in einem guten und konstruktiven Austausch und freuen uns über weitere proaktive Vorschläge.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 12.01.2024

Anlässlich des heute im Kabinett beschlossen Entwurfs eines Zweiten Gesetztes zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes mit dem Ziel sogenannte Gehsteigbelästigung zu unterbinden sagen Denise Loop, Obfrau im Ausschuss für Familie, Senior*innen, Frauen und Jugend und Canan Bayram, Obfrau des Rechtsausschusses:

Wir wollen Schwangere in ihrer selbstbestimmten Entscheidung über ihre Schwangerschaft stärken. Schwangere, die eine Beratungsstelle aufsuchen, sollen nicht unter Druck gesetzt werden können. Mit dem Gesetzentwurf, der heute im Kabinett beschlossen wurde, sagen wir deshalb der zunehmenden sogenannten Gehsteigbelästigungen den Kampf an. Wir wollen Orte, an die Menschen zu so einer privaten und wichtigen Entscheidung, wie dem Abbruch einer Schwangerschaft gehen müssen, zukünftig besser schützen.

Abtreibungsgegner*innen haben kein Recht darauf, den Zugang zu Beratungsstellen und Arztpraxen zu blockieren, Schwangere, Angestellte und andere Besucher*innen einzuschüchtern und diese Gruppen unter Druck zu setzen. Die geplanten Änderungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes werden deshalb verschiedene Formen von Belästigungen der Schwangeren und des Personals vor Beratungsstellungen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen untersagen. Begleitend führen wir einen Bußgeldtatbestand ein, nach dem die Belästigungen und Behinderungen geahndet werden können.

Als Ampel setzen wir damit ein weiteres gesellschaftspolitisches Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um und wollen den Ländern einen verfassungskonformen einheitlichen Rahmen an die Hand geben, um angemessen einschreiten zu können und so das Recht auf selbstbestimmte Entscheidung zu stärken.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 24.01.2024

Im Etat von Familienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) sind im laufenden Jahr Ausgaben in Höhe von 13,87 Milliarden Euro vorgesehen. Das sind rund 200 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Gegenüber dem Regierungsentwurf fällt der Ausgabeansatz um 522 Millionen Euro höher aus.

Die Mehrausgaben gehen unter anderem auf Mehrausgaben für den Kinderzuschlag zurück, auch die Kosten für den Unterhaltsvorschuss sind Žnun höher als im Regierungsentwurf angesetzt worden.

Im parlamentarischen Verfahren wurden zudem die Mittel für den Freiwilligendienst wieder erhöht, die im Regierungsentwurf im Vergleich zum Vorjahr deutlich reduziert worden waren. Für Freiwilligendienste stehen nun 122,7 Millionen Euro zur Verfügung (2023: 120,7 Millionen Euro), für den Bundesfreiwilligendienst sind es wie im Vorjahr 207,2 MillionenŽEuro.

Die Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Haushaltsjahre wurden um 68,65 Millionen Euro auf 806,2 Millionen Euro angehoben. Die Einnahmen sollen wie im Regierungsentwurf bei 259 Millionen Euro liegen.

Die hib-Meldung zum Einzelplan im Regierungsentwurf: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-963560

Die hib-Meldung zum ersten Beratungsdurchgang im Haushaltsausschuss: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-971110

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 41 vom 19.01.2024

Der Bund kann in diesem Jahr Ausgaben in Höhe von 476,81 Milliarden Euro tätigen. Die Nettokreditaufnahme soll bei 39,03 Milliarden Euro liegen und damit im Rahmen der Schuldenbremse des Grundgesetzes. Das hat der Haushaltsausschuss am Donnerstagabend nach rund 9,5-stündiger Bereinigungssitzung beschlossen. Gegenüber dem Vorjahressoll steigen die Ausgaben damit um 3,4 Prozent. 2023 lag das Soll bei 461,2 Milliarden Euro, die Nettokreditaufnahme bei 27,4 Milliarden Euro.

Für den Etatentwurf stimmten im Ausschuss die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen von CDU/CSU und AfD. Die finale Abstimmung im Bundestag ist in der Woche vom 29. Januar 2024 bis 2. Februar 2024 geplant.

Der im Ausschuss beschlossene Ausgabenansatz liegt 31,12 Milliarden Euro über dem Regierungsentwurf für 2024. Die Nettokreditaufnahme fällt um 22,47 Milliarden Euro höher aus.

Einnahmenseitig werden die Steuereinnahmen nunmehr mit 377,61 Milliarden Euro taxiert, 2,27 Milliarden Euro mehr als im Regierungsentwurf. Die sonstigen Einnahmen liegen mit 60,17 Milliarden Euro um 6,38 Milliarden Euro über dem Regierungsentwurf. Grund hierfür ist unter anderem eine höhere Entnahme aus der Rücklage. Diese war möglich geworden, weil der vorläufige Haushaltsabschluss für das Vorjahr positiv ausgefallen war.

Reaktion auf Urteil des Bundesverfassungsgerichtes

Mit dem nun beschlossenen Entwurf reagiert die Koalition auch auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 zum Zweiten Nachtragshaushalt 2021. In Folge des Urteils ist nunmehr unter anderem der Wirtschaftsplan des Klima- und Transformationsfonds angepasst worden. Zudem reflektiert der Haushalt 2024 Umschichtungen, die sich aus der Auflösung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu Ende 2023 ergeben haben.

Konsolidierungsbeschlüsse umgesetzt

Ferner hat die Koalition die Beschlüsse des sogenannten „Paketes für zukunftsfeste Finanzen, soziale Sicherheit und Zukunftsinvestitionen“ weitestgehend im Etat umgesetzt. Mit dem Paket hatte die Koalition auf den nach dem Urteil bilanzierten Konsolidierungsbedarf reagiert. Unter anderem sind im Etat Kürzungen gegenüber den bisherigen parlamentarischen Beschlüssen beim internationalen Engagement vorgenommen worden. Zudem ist der Ansatz für den Bürgergeld-Bonus gestrichen sowie der Ansatz für Bürgergeld abgesenkt worden, um der geplanten Verschärfung der „Totalverweigerer“-Regelung Rechnung zu tragen.

Einnahmenseitig wurde unter anderem die erhöhte Luftverkehrssteuer veranschlagt. Ferner sind Einnahmen aus dem Windenergie-auf-See-Gesetz, die bisher einer engeren Zweckbindung unterlagen, breiter im Etat verteilt worden, etwa im Etat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.

Haushaltsfinanzierungsgesetz beschlossen

Zur gesetzlichen Umsetzung einiger dieser Änderungen verabschiedete der Ausschuss den Entwurf eines zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes (20/9999) mit Koalitionsmehrheit gegen die Stimmen der Opposition. Darin sind unter anderem die Anpassungen im Bürgergeldbezug enthalten. Auf Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen ist die Regelung nun befristet und soll evaluiert werden.

Zudem verzichtet der Bund auf die Teil-Rückzahlung von Geldern durch die Bundesagentur für Arbeit, die während der Corona-Pandemie zur Unterstützung geleitet wurden. Auch diese Änderung geht auf einen Antrag der Fraktionen zurück. Die so entfallenen 1,5 Milliarden Euro im Haushalt 2024 sollen stattdessen durch eine Entnahme aus der Rücklage gestemmt werden. Eine weitere Änderung bezieht sich auf den angepassten Elterngeldbezug und die Einkommensgrenze für Alleinerziehende. Diese Anpassungen – sowie weitere Maßnahmen – hatte der Bundestag bereits mit einem ersten Haushaltsfinanzierungsgesetz im Dezember 2023 beschlossen.

Beschluss verzögerte sich

Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts hatte sich der Beschluss des Haushalts 2024 verzögert. Eigentlich hatte der Ausschuss die Bereinigungssitzung Mitte November abschließen wollen. Nach dem Urteil wurden zunächst wesentliche Beschlüsse zum Haushaltsgesetz und einzelnen Einzelplänen verschoben, auch die Haushaltswoche im Bundestag wurde abgesagt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 39 vom 18.01.2024

Der dritte Bericht über Erfahrungen mit der Präimplantationsdiagnostik (PID) liegt jetzt als Unterrichtung (20/10060) der Bundesregierung vor. Durch das im Dezember 2011 in Kraft getretene Präimplantationsdiagnostikgesetz sei das Embryonenschutzgesetz geändert und mit zwei Ausnahmen ein grundsätzliches Verbot der PID eingefügt worden, heißt es in dem Bericht.

Die PID ist dem Bericht zufolge ein medizinisches Verfahren, das zur genetischen Untersuchung von Zellen eines nach künstlicher Befruchtung gezeugten Embryos in vitro vor seiner Übertragung in die Gebärmutter eingesetzt wird.

Eine PID ist den Angaben zufolge erlaubt, wenn aufgrund der genetischen Disposition von Frau oder Mann für die Nachkommen ein hohes Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit besteht. Auch zur Feststellung einer schwerwiegenden Schädigung des Embryos, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führt, ist die PID zulässig. Voraussetzung für eine PID ist ferner eine zustimmende Bewertung durch eine Ethikkommission.

Nach der Gesetzesänderung von 2011 habe sich die PID auch in Deutschland als Untersuchungsmethode etabliert, heißt es im Fazit des Berichts. Die Erfahrungen zeigten, dass trotz der zu beobachtenden steigenden Anzahl der Anträge auf eine PID der Ausnahmecharakter der genetischen Untersuchung gewahrt bleibe.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 37 vom 18.01.2024

Bei einer Anhörung zum Thema Kinder- und Jugendreisen im Tourismusausschuss haben die sechs geladenen Sachverständigen deutlich gemacht, dass es mehr finanzieller Unterstützung des Bundes bedarf, um die Klassenfahrten, Ausflüge und Studienfahrten für alle Kinder und Jugendliche, unabhängig von den finanziellen Mitteln ihres Elternhauses, zu ermöglichen.

Dennis Peinze, Geschäftsführer beim Bundesforum Kinder- und Jugendreisen, nannte Kinder- und Jugendreisen „eine der Schulen der Demokratie“: „Die Kinder lernen dort Gruppenverhalten und wie sie mit anderen klarkommen. Sie lernen für das Leben.“ Natürlich seien bei der Ausgestaltung der Reisen auch pädagogische Inhalte wichtig und die Ausbildung der Ehrenamtlichen sei essentiell, so Peinze. „Doch auch das Gruppenerlebnis als solches ist ja schon Bildung und für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig“, sagte der Sachverständige.

Oliver Peters, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Jugendherbergswerks, betonte in diesem Zusammenhang, wie wichtig es sei, dass an einer Klassenfahrt alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse teilnehmen können. „Wer bei so etwas nicht mitkommen kann, ist raus“, so Peters. Da aufgrund der aktuellen Preissteigerungen auch die Kinder- und Jugendreisen teurer würden, werde es noch mehr Familien geben, die sich die Reisen ihrer Kinder nicht mehr leisten könnten.

Anne Riediger, Geschäftsführerin von Reisenetz – Deutscher Fachverband für Jugendreisen, fügte hinzu, dass auch Familien der Mittelschicht, die nicht unter die staatliche Förderung fallen, aber ebenfalls begrenzte Mittel haben, von der Politik bedacht werden müssten. „Diese Familien müssen diese Fahrten auch finanzieren können, da muss auch die Regierung darauf schauen.“ Riediger betonte zudem die Bedeutung von Gruppenreisen für Kinder- und Jugendliche bei den Themen Demokratieförderung, Teilhabe, Wertevermittlung; diese seien ebenfalls förderwürdig.

Kristina Oehler, Geschäftsführerin des Reiseveranstalters ruf Jugendreisen, nannte als Herausforderung neben der Inflation auch den Fachkräftemangel. Es fehle insbesondere an Busfahrern; es seien immer weniger Menschen bereit für die vergleichsweise niedrigen Löhne große Entfernungen zu ihrem Zuhause oder lange Arbeitstage in Kauf zu nehmen. Oehler sprach zudem von der Bedeutung des Ehrenamtes im Bereich der Kinder- und Jugendreisen: „Im Bereich der Teamer ist das essenziell, wir sind darauf angewiesen.“

Wendelin Haag, Vorsitzender des Vorstands des Deutschen Bundesjugendrings, trug die Forderungen der ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer vor. Die Jugendlichen wünschten sich eine Freistellungsregelung für Studierende und Schülerinnen und Schüler, die es erleichtern würde, Schule beziehungsweise Studium und Ehrenamt unter einen Hut zu bringen. „Außerdem wünschen sich die Ehrenamtlichen eine entgeltfreie Integration des Deutschlandtickets in die Jugendleiter-Card als Anerkennung ihres Ehrenamtes“, trug Haag vor.

Christoph Knobloch, Geschäftsführer von CTS Gruppen- und Studienreisen, merkte auf eine Frage der Abgeordneten an, dass es bei Reisen nach Großbritannien nach dem Brexit erhebliche Probleme bei Kinder- und Jugendreisen gegeben habe. So kämen auf die Eltern oft zusätzliche Kosten für die nun benötigten Reisepässe oder Visaanträge für Kinder und Jugendliche aus Drittländern hinzu. Viele Unternehmen würden zudem nicht mehr nach Großbritannien fahren wollen, weil an den Fähren und Grenzen oft lange Wartezeiten entstünden.

Das Gesamttableau der Sachverständigen war im Einvernehmen aller Fraktionen vorgeschlagen und beschlossen worden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 34 vom 17.01.2024

Der Ausschuss für Inneres und Heimat hat den Weg für den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Verbesserung der Rückführung“ (20/9463) frei gemacht. Gegen die Stimmen der CDU/CSU- und der AfD-Fraktion verabschiedete das Gremium die Vorlage am Mittwoch in modifizierter Fassung. Am Donnerstag steht der Gesetzentwurf zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums.

Zum Kern des Gesetzentwurfes zählen unter anderem erweiterte Durchsuchungsmöglichkeiten und eine Ausdehnung des Ausreisegewahrsams. Die Fortdauer und die Anordnung von Abschiebungshaft soll künftig unabhängig von etwaigen Asylantragstellungen möglich sein, auch bei Folgeanträgen. Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote werden laut Vorlage als eigenständiger Haftgrund außerhalb der Fluchtgefahr im Rahmen der Sicherungshaft geregelt; zudem ist ein behördliches Beschwerderecht für den Fall der Ablehnung des Abschiebungshaftantrags vorgesehen.

Beim Ausreisegewahrsam sieht der Gesetzentwurf vor, dessen Höchstdauer von derzeit zehn auf 28 Tage zu verlängern, um effektiver als bisher ein Untertauchen des Abzuschiebenden zu verhindern. Reduziert werden sollen die Fälle, in denen Staatsanwaltschaften bei Abschiebungen aus der Haft zu beteiligen sind. Auch sollen Abschiebungen nicht mehr angekündigt werden müssen, sofern nicht Familien mit Kindern unter zwölf Jahren betroffen sind.

Die Suche nach Daten und Dokumenten zur Identitätsklärung soll erleichtert werden, ebenso das Auffinden abzuschiebender Personen. Dazu sollen die Behörden auch andere Räumlichkeiten als das Zimmer des abzuschiebenden Ausländers in einer Gemeinschaftsunterkunft betreten können. Vorgesehen ist ferner, dass Widerspruch und Klage gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Wohnsitzauflagen und räumliche Beschränkungen sollen ebenfalls künftig von Gesetzes wegen sofort vollziehbar sein.

Daneben enthält die Vorlage weitere Maßnahmen etwa zur erleichterten Abschiebung von Straftätern und Gefährdern. Für den Bereich der Organisierten Kriminalität soll ein Ausweisungstatbestand geschaffen werden, der an die Angehörigkeit zu Strukturen der Organisierten Kriminalität anknüpft und unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung ausgestaltet ist. Erleichtert werden soll die Ausweisung von Schleusern.

Mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP verabschiedete der Ausschuss einen Änderungsantrag der drei Koalitionsfraktionen, wonach Minderjährige und Familien mit Minderjährigen „grundsätzlich nicht in Abschiebehaft genommen“ werden sollen. Ausnahmen soll es der Begründung zufolge etwa bei minderjährigen Gefährdern oder Jugendstraftätern geben können. Ferner soll Betroffenen in Verfahren zur Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam ein Pflichtverteidigung zur Seite gestellt werden.

Zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität ist eine Verschärfung der bisherigen Strafandrohungen für entsprechende Delikte vorgesehen. Zugleich wird klargestellt, dass die Rettung Schiffbrüchiger auch künftig nicht strafbar ist.

Asylbewerber sollen der Vorlage zufolge künftig drei Jahre statt 18 Monate lang die niedrigeren Asylbewerberleistungen erhalten. Ausländern, die in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen verpflichtet sind, soll die Aufnahme einer Beschäftigung bereits nach sechs statt nach neun Monaten ermöglicht werden. Die Erlaubnis zur Beschäftigung geduldeter Ausländer soll nicht mehr im freien Ermessen der Ausländerbehörde stehen. Damit soll ein Gleichklang mit der Regelung für Geduldete hergestellt werden, die verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.

Die geforderte Vorbeschäftigungszeit vor der Erteilung einer „Beschäftigungsduldung“ will die Koalition von 18 auf zwölf Monate senken und das wöchentliche Mindestmaß der Beschäftigung von 35 auf 20 Stunden reduzieren. Damit mehr Menschen von der Beschäftigungsduldung profitieren können, soll der bisherige Stichtag für die Einreise bis zum 1. August 2018 auf Ende 2022 verlegt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 27 vom 17.01.2024

Der Frauenanteil in Führungsebenen der Privatwirtschaft, im öffentlichen Dienst und in den Gremien des Bundes ist seit Inkrafttreten des FüPoG 2015 (Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen) kontinuierlich gestiegen. Das schreibt die Bundesregierung in der Siebten Jährlichen Information der Bundesregierung über die Entwicklung des Frauenanteils in Führungsebenen, die nun als Unterrichtung (20/9850) vorliegt.

In der Privatwirtschaft ist demnach für die Aufsichtsräte der in dem Bericht betrachteten Unternehmen eine kontinuierliche Steigerung seit dem Geschäftsjahr 2015 bis zum Geschäftsjahr 2020 um 6,3 Prozentpunkte zu beobachten. Die börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen, die seit dem 1. Januar 2016 eine feste Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent erfüllen müssen, haben die gesetzlichen Mindestvorgaben bereits um 5,5 Prozentpunkte überschritten. Der Frauenanteil in den Vorständen stieg im Betrachtungszeitraum weiter um insgesamt 4,2 Prozentpunkte auf insgesamt niedrigem Niveau. „In den Vorständen aller untersuchten Unternehmen waren Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert“, heißt es in der Unterrichtung. Dennoch sei der Frauenanteil auf Vorstandsebene von 6,1 Prozent im Geschäftsjahr 2015 auf 10,3 Prozent im Geschäftsjahr 2020 gestiegen.

Den Anteil von Frauen in Führungspositionen des öffentlichen Dienstes des Bundes bezeichnet die Unterrichtung auch als ausbaufähig. Dieser habe sich zwar kontinuierlich erhöht, um acht Prozentpunkte von 33 Prozent im Jahr 2015 auf 41 Prozent im Juni 2022. „Doch gemessen daran, dass 55 Prozent aller Beschäftigten in der Bundesverwaltung Frauen sind und Frauen noch immer in den meisten Führungspositionen unterrepräsentiert sind, ist die Entwicklung noch nicht zufriedenstellend. Insgesamt beschäftigten 2022 noch immer 17 der 24 Obersten Bundesbehörden weniger Frauen als Männer in Führungspositionen.“

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 10 vom 10.01.2024

Die Anzahl unbezahlter und bezahlter Überstunden je Arbeitnehmer ist in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich gesunken. Das geht aus einer Statistik des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zur Arbeitszeitrechnung vom November 2023 hervor, die die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/9905) auf eine Kleine Anfrage (20/9528) der inzwischen aufgelösten Fraktion Die Linke zitiert. Demnach lag die Zahl unbezahlter Überstunden 2022 pro Beschäftigten bei 20,1 (2012: 27,5) und die Zahl bezahlter Überstunden bei 14,2 (2012: 22,7). Rund 17 Prozent der Beschäftigten haben nach Ergebnissen des Mikrozensus im Jahr 2022 auch an Wochenenden gearbeitet, wie die Regierung außerdem ausführt.

Im zweiten Quartal 2024 sollen erste Projekt-Ergebnisse dafür vorliegen, wie eine elektronische Arbeitszeiterfassung auch für kleinere Betriebe eingeführt werden kann, ohne diese übermäßig zu belasten, kündigt die Regierung an.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 4 vom 05.01.2024

Die CDU/CSU-Fraktion hat der Bundesregierung 92 Fragen zum geplanten Selbstbestimmungsgesetz im Rahmen einer Kleinen Anfrage (20/9885) übermittelt. Das geplante Gesetz solle das bestehende Transsexuellengesetz (TSG) ersetzen. Dieses sei vom Bundesverfassungsgericht in Teilen für verfassungswidrig erklärt worden. „Dennoch bestehen keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der derzeitigen Rechtslage“, heißt es in der Anfrage.

Die Fragesteller fürchten „eine Reihe von Folgeproblemen, die rechtlich nicht gelöst werden können“, wenn „beinahe ausnahmslos jede Person “auf Zuruf„ ihren Geschlechtseintrag ändern kann“. Die Bundesregierung soll Folgen und Tragweite des geplanten Gesetzes ausführen. Thema sind insbesondere verschiedene Aspekte mit Blick auf Minderjährige. Auch Sporttests für die Einstellung in den Polizeidienst werden thematisiert.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 969 vom 28.12.2023

Die Bundesregierung will die Teilzeitmöglichkeiten bei den Freiwilligendiensten erweitern und hat dazu einen entsprechenden Gesetzentwurf (20/9874) vorgelegt. Bisher sind junge Menschen unter 27 Jahren von der Leistung eines Freiwilligendienstes in Teilzeit ausgeschlossen, wenn kein berechtigtes Interesse an dem Teilzeit-Dienst vorliegt. Das will die Bundesregierung nun ändern.

Durch entsprechende Änderungen des Jugendfreiwilligendienstegesetzes und des Bundesfreiwilligendienstgesetzes sollen die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Menschen unter 27 Jahren Freiwilligendienste auch ohne ein berechtigtes Interesse in Teilzeit absolvieren können. Voraussetzung für die Ableistung der Dienste in Teilzeit soll jeweils sein, dass einerseits eine Reduzierung der täglichen oder der wöchentlichen Dienstzeit vorliegt, wobei die Dienstzeit jedoch wöchentlich mehr als 20 Stunden beträgt. Als weitere Bedingung soll im Bundesfreiwilligendienst das Einverständnis der Einsatzstelle und der Freiwilligen beziehungsweise in einem Jugendfreiwilligendienst das Einverständnis der Einsatzstelle, des Trägers und der Freiwilligen bestehen. Ein Anspruch der Freiwilligen auf eine Reduzierung der täglichen oder wöchentlichen Dienstzeit soll durch die Neuregelung nicht geschaffen werden. Die Obergrenze für ein angemessenes Taschengeld soll angehoben werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 963 vom 21.12.2023

Die Bundesregierung verteidigt in einer Antwort (20/9762) auf eine Kleine Anfrage (20/9434) der inzwischen aufgelösten Linksfraktion ihre Pläne für eine Kindergrundsicherung. Darin weißt sie zum einen Kritik an dem Familienservice zurück, der für die Verwaltung der Kindergrundsicherung zuständig sein soll. Auch die Regelungen für Alleinerziehende beziehungsweise die verbesserte Anrechnung des Unterhaltsvorschusses nur bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes verteidigt die Regierung. Ab dem Alter von sieben Jahren ist die verbesserte Anrechnung an einen Mindestverdienst des Elternteils von monatlich 600 Euro geknüpft. Die Linke hatte das kritisiert, die Regierung führt aus, dass dies den Erwerbsanreiz steigern solle.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 960 vom 20.12.2023

Um ab 1. August 2026, wenn der Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung von Kindern im Grundschulalter stufenweise in Kraft tritt, ein bedarfsdeckendes Bildungs- und Betreuungsangebot für Kinder im Grundschulalter zu haben, müssen die Ausbaubemühungen der Länder und Kommunen deutlich verstärkt werden. Bis dahin müssen bundesweit ungefähr 95.000 Plätze pro Schuljahr zusätzlich geschaffen werden. Das geht aus dem Bericht zum Ausbaustand der ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder hervor, der nun als Unterrichtung (20/9750) durch die Bundesregierung vorliegt. Das seien deutlich mehr als in der Ausbauphase zwischen 2005/2006 und 2019/2020 (durchschnittlich 75.000 Plätze pro Schuljahr mehr). „Das bisherige Ausbautempo genügt folglich nicht, um die Bedarfe zukünftig zu decken. Dies gilt vor allem für die westdeutschen Länder“, heißt es in dem Bericht.

Außerdem müsse die weitere Entwicklung der Betreuungswünsche der Eltern als eine wesentliche Determinante des Platzbedarfs genau beobachtet werden. Diese Bedarfe stagnierten in den letzten Jahren. Auch die tatsächliche Inanspruchnahme ganztägiger Angebote für Kinder im Grundschulalter habe sich weniger dynamisch als in den Vorjahren entwickelt. Der gebremste Ausbau könne allerdings auch andere Gründe wie ein Abwarten der Länder auf das zweite Investitionsprogramm des Bundes oder Fachkräfteengpässe haben. „Diese dürften auch in den kommenden Jahren eine der größten Herausforderungen darstellen“, schreibt die Regierung.

Die statistische Erfassung der Inanspruchnahme von (ganztägigen) Bildungs- und Betreuungsangeboten durch Kinder im Grundschulalter müsse durch eine zügige Umsetzung der GaFöG-Statistik dringend verbessert werden, so die Regierung. Denn auf Grundlage der derzeit verfügbaren Statistiken „lassen sich der Bestand an und die Inanspruchnahme von (ganztägigen) Bildungs- und Betreuungsangeboten für Kinder im Grundschulalter nur näherungsweise abbilden“. Der tatsächliche Ausbau der Angebote könne daher lediglich eingeschränkt nachvollzogen werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 953 vom 18.12.2023

Einschränkungen während der COVID-19-Pandemie haben nicht nur das soziale Leben verändert, sondern auch tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesundheit. Eine neue Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) zeigt, dass die körperliche Aktivität von Kindern und Jugendlichen mit Beginn der Pandemie dramatisch gesunken ist. Dies kann langfristige Folgen für die Gesundheit junger Menschen haben.

Die Studie, die kürzlich im internationalen Fachmagazin „International Journal of Behavioral Nutrition and Physical Activity“ erschienen ist, wertet Studien aus, die europaweit Veränderungen der körperlichen Aktivität junger Menschen während der Corona-Pandemie untersuchen. Bereits vor der Pandemie bewegten sich Kinder und Jugendliche in Deutschland und Europa weniger als die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen 60 Minuten am Tag. Während der Pandemie sank diese Aktivität im europäischen Durchschnitt um weitere zwölf Minuten. „Für Deutschland sehen wir einen Rückgang um etwa ein Viertel im Vergleich zu vor der Pandemie“, erläutert Prof. Dr. Martin Bujard, Forschungsdirektor am BiB und Mitautor der Studie. Besorgniserregend sei vor allem, dass diese Entwicklung zudem keine Anzeichen einer Umkehr zeigt: „Die Gefahr besteht, dass die Verhaltensweisen aus der Pandemie zum Teil dauerhaft beibehalten werden.“

Rückgang der Aktivität vor allem bei 8- bis 12-Jährigen

Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren sind der Studie zufolge am stärksten von der Ausdehnung der Inaktivität betroffen. Vor allem zur Zeit der Schulschließungen hat sich der Bewegungsmangel besonders stark bemerkbar gemacht, zumal zu dieser Zeit auch der Vereinssport kaum oder gar nicht möglich war. Die Ergebnisse korrespondieren mit früheren Analysen des BiB zu Depressionen und Angstsymptomen: Als die Schulen geschlossen waren und Vereinssport kaum angeboten wurde, traten diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen erheblich häufiger auf. „Schulschließungen stellen besonders sensible Zeiträume für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen dar“, schlussfolgert Studienleiterin Dr. Helena Ludwig-Walz vom BiB.

Langfristige Folgeschäden sollten vermieden werden

Um den negativen Trend aus der Corona-Pandemie umzukehren, sehen die an der Studie beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Handlungsbedarf. Es müsse dringend verhindert werden, dass aufgrund von Bewegungsmangel eine Generation heranwächst, bei der viele von schweren gesundheitlichen Folgeschäden betroffen sein könnten. „Sport und Bewegung wie Spielen im Freien, Schwimmen oder Turnen sollten wieder fester Bestandteil im Tagesablauf von Kindern und Jugendlichen werden“, so Ludwig-Walz. Körperliche Aktivität könne beispielsweise durch niedrigschwellige Angebote sowie die Stärkung von Vereinen mit Bewegungs- und Sportangeboten gesteigert werden. „Auch Eltern sollten aktiv gegensteuern, Sport der Kinder fördern, wenn möglich Schulwege zu Fuß oder per Fahrrad und selbst durch körperliche Aktivität ein Vorbild geben“, so Ludwig-Walz. Außerdem könnte ein umfassenderes gesundheitliches Monitoring beitragen, Trends rechtzeitig zu erkennen und gezielte Interventionen zu ermöglichen. Maßnahmen wie diese können nicht nur die Gesundheit der jungen Generation schützen, sondern auch langfristig zu einem aktiven und gesunden Lebensstil anregen.

Die Untersuchung kann hier heruntergeladen werden:

https://doi.org/10.1186/s12966-023-01542-x

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 11.01.2024

Staatliche Leistungen, wie beispielsweise Renten, Bürgergeld, Ausbildungshilfen, sowie Eltern- und Kindergeld, tragen in Bayern dazu bei, regionale Unterschiede bei den Einkommensverhältnissen privater Haushalte anzugleichen. Dies geht aus einer Untersuchung hervor, die das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) zusammen mit dem Bayerischen Landesamt für Statistik veröffentlicht hat. Demnach kommen staatliche Leistungen heute breiteren Bevölkerungsschichten zugute und verteilen sich auch gleichmäßiger über den Freistaat.

Für die Untersuchung wurde Bayern ausgewählt, da hier regionale Daten über einen langen Zeitraum verfügbar sind. In der Studie wurde zunächst das sogenannte „Primäreinkommen“ in den Kreisen betrachtet. Hierbei handelt es sich um Einkommen aus Erwerbsarbeit und Vermögen. Das Primäreinkommen ist in Bayern insgesamt zwischen 1991 und 2021 von durchschnittlich rund 17.500 Euro auf rund 34.600 Euro pro Kopf angestiegen. Allerdings hat sich die Entwicklung nicht in allen Regionen gleichmäßig vollzogen: Vor allem der Regierungsbezirk Oberbayern mit dem Großraum München liegt deutlich über dem Durchschnitt der anderen Regierungsbezirke und konnte seinen Vorsprung über die letzten Jahrzehnte weiter ausbauen. Beim „verfügbaren Einkommen“ hingegen, das unter anderem auch die empfangenen staatlichen Leistungen und gezahlten Steuern berücksichtigt, sind die regionalen Unterschiede zwischen und innerhalb der Regierungsbezirke wesentlich geringer und bis 2021 zurückgegangen. „Unsere Analysen zeigen, dass empfangene staatliche Leistungen dazu beitragen, regionale Einkommensunterschiede innerhalb Bayerns anzugleichen“, erläutert der Bevölkerungswissenschaftler Dr. Frank Swiaczny vom BiB.

Anstieg der staatlichen Leistungen pro Kopf

In Bayern sind die von den Bürgerinnen und Bürgern empfangenen Zahlungen zwischen 1991 und 2021 von 35,6 Milliarden Euro auf 99,6 Milliarden Euro angestiegen. Gemessen an der Bevölkerungszahl kletterten die empfangenen Leistungen pro Kopf von rund 3.100 Euro auf rund 7.600 Euro. Bayernweit machen staatliche Leistungen mittlerweile einen Anteil von 28,3 Prozent am verfügbaren Einkommen aus ? 1991 betrug dieser noch 21,7 Prozent.

Regionale Einkommensungleichheit geht zurück

Die verfügbaren Einkommen haben am stärksten in den weniger zentral gelegenen und oftmals strukturschwachen Landkreisen zugenommen, vor allem im Osten und Norden Bayerns. So hat sich beispielsweise in den Landkreisen Freyung-Grafenau und Cham das verfügbare Einkommen zwischen 1991 und 2021 mehr als verdoppelt. Dagegen stieg das verfügbare Einkommen im Landkreis Starnberg im gleichen Zeitraum im Vergleich zum Niveau von 1991 nur um etwa 70 Prozent an. Auch in den meisten kreisfreien Städten gab es eher unterdurchschnittliche Zuwächse.

Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Bayern in Zahlen“ erschienen und kann hier heruntergeladen werden:

https://www.statistik.bayern.de/mam/produkte/biz/z1000g_202312.pdf

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 21.12.2023

Zwischen dem religiösen Glauben und dem Wunsch, Kinder zu bekommen, gibt es einen engen Zusammenhang. Dies hat das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in einer neuen Studie gezeigt. Demnach äußern religiöse Mädchen und Jungen im Alter von 15 Jahren, im Schnitt 2,1 Kinder bekommen zu wollen. Bei Gleichaltrigen ohne religiösen Bezug sind es mit 1,7 deutlich weniger gewünschte Kinder.

Da Kinderwünsche in der Kindheit und in der Jugend geprägt werden, gelten sie in der wissenschaftlichen Literatur als wichtiger Indikator für das Fertilitätsverhalten im späteren Erwachsenenleben. Eine neue Erkenntnis ist, dass sich schon im Jugendalter die Kinderwunschabsichten nach dem Grad der Religiosität unterscheiden. „Religiöse Menschen haben bereits im Jugendalter höhere Fertilitätsabsichten als weniger religiöse Menschen“, erklärt Dr. Jasmin Passet-Wittig vom BiB. Ab einem Alter von etwa 30 Jahren nimmt die angestrebte Kinderzahl bei allen leicht ab, bei religiösen Menschen findet diese Abnahme aber ausgehend von einem höheren Niveau statt.

In die Untersuchung flossen die Daten von rund 12.000 Männern und Frauen im Alter zwischen 15 und 46 Jahren für den Zeitraum ab 2008 aus dem deutschen Familienpanel pairfam ein. Dabei wurden Personen als religiös eingestuft, wenn sie regelmäßig, also mindestens einmal pro Monat in eine Kirche, Moschee oder Synagoge gehen oder religiöse Veranstaltungen besuchen – unabhängig davon, ob und welcher Religion sie angehören. Der weit überwiegende Teil der betrachteten Personen waren evangelische und katholische Christen.  „Unsere Studie zeigt, dass bereits bei einem monatlichen Besuch religiöser Veranstaltungen deutliche Unterschiede bei den Kinderwünschen erkennbar sind“, erläutert Dr. Christoph Bein, ebenfalls Autor der Studie.

Die Untersuchung findet auch in einer stark säkularisierten Gesellschaft wie in Deutschland deutliche Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Religiosität und Fertilitätsabsichten. In den meisten Religionen wird die Fortpflanzung als zentraler Teil des Lebens stark betont. Religiöse Menschen haben tendenziell eine höhere Heiratsneigung, die dann wiederum einen wichtigen Faktor für ihre höhere Fertilität darstellt.

Die Studie ist im Fachmagazin „Advances in Lifecourse Research“ erschienen:

https://authors.elsevier.com/c/1i3t63iXoOr2NR

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 20.12.2023

DIW Managerinnen-Barometer: Frauenanteil in Vorständen wieder etwas stärker gestiegen – Große Mehrheit der 200 umsatzstärksten Unternehmen beruft aber höchstens eine Vorständin – Zusätzliche Studie zeigt, dass Gender Pay Gap in einem Betrieb unter allen Beschäftigten sinkt, wenn dort mehr Frauen in Führungspositionen kommen – Mehr Engagement der Unternehmen gefragt, Aufsichtsrat spielt Schlüsselrolle

Der Frauenanteil in den Vorständen der Privatwirtschaft ist im vergangenen Jahr wieder etwas stärker gestiegen: Rund 18 Prozent betrug er im Spätherbst 2023 in den 200 umsatzstärksten Unternehmen (Top-200) in Deutschland – etwa zwei Prozentpunkte mehr als im Jahr zuvor. In den 40 größten börsennotierten Unternehmen (DAX-40) war der Anteil der Vorständinnen mit 23 Prozent sogar noch etwas höher. Banken und Versicherungen konnten gegenüber den anderen Unternehmen Boden gut machen und sich auf knapp 17 beziehungsweise gut 18 Prozent verbessern. Wie aus dem neuesten Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) darüber hinaus hervorgeht, haben in den vergangenen Jahren zwar immer mehr Unternehmen erstmals eine Frau in ihren Vorstand berufen – meist belassen sie es dann aber offenbar zumindest vorerst dabei. An den Vorstandsspitzen kommen Frauen mittlerweile sogar vielerorts seltener zum Zuge als noch vor einigen Jahren: In der Top-200-Gruppe beispielsweise gab es im vierten Quartal 2023 nur noch neun Frauen als Vorstandsvorsitzende, der zweite Rückgang in Folge.

Das DIW Managerinnen-Barometer ist die größte Auswertung zur Repräsentation von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten. Erneut wurden insgesamt mehr als 500 Unternehmen unter die Lupe genommen, darunter die 200 umsatzstärksten Unternehmen, 160 in den DAX-Indizes notierte Unternehmen, 100 Banken, 60 Versicherungen und fast 70 Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist. Neben Virginia Sondergeld und Katharina Wrohlich vom DIW Berlin ist auch Anja Kirsch von der Freien Universität Berlin eine der Autorinnen.

„Von wenigen Ausnahmen abgesehen steigt die Zahl der Frauen in Spitzengremien großer Unternehmen seit geraumer Zeit Jahr für Jahr – mal mehr, mal weniger stark. Unter dem Strich sind Frauen aber weiter klar unterrepräsentiert“, resümiert Virginia Sondergeld, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe Gender Economics im DIW Berlin. In den Aufsichtsräten der untersuchten Unternehmensgruppen liegt der Frauenanteil zwar durchgehend höher als in den Vorständen, übersteigt aber nirgends die 40-Prozent-Marke. Sowohl die Geschlechterquote für Aufsichtsräte, die derzeit für etwa 100 Unternehmen gilt, als auch die Mindestbeteiligung für Vorstände, an die sich gut 60 Unternehmen halten müssen, wirkt. „Mit Blick auf die Vorstandsebene zeigt sich aber auch: Viele Unternehmen tun offenbar nicht viel mehr, als sie müssen“, sagt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics im DIW Berlin.

Fast 85 Prozent der Top-200-Unternehmen haben höchstens eine Vorständin

Zwar erfüllen die Unternehmen, die der Mindestbeteiligung unterliegen, nach und nach im Zuge von Neubesetzungen die gesetzliche Vorgabe. In der Top-200-Gruppe, in der die Mehrheit der Unternehmen nicht an das Mindestbeteiligungsgebot gebunden ist, hat aber immer noch fast jedes zweite Unternehmen keine einzige Frau im Vorstand. Wenn es eine Vorständin gibt, ist sie in der Regel allein auf weiter Flur: In fast 85 Prozent der Unternehmen gibt es höchstens eine Frau im Vorstand. „Die Gefahr dabei ist, dass sich schleichend die Zielgröße von einer Frau im Vorstand als neue soziale Norm etabliert“, warnt Anja Kirsch, Professorin für Gender, Governance und internationales Management an der Freien Universität Berlin. „Das wäre zwar schon ein deutlicher Fortschritt gegenüber der Zielgröße von null Frauen im Vorstand, die sich viele Unternehmen noch vor nicht allzu langer Zeit gesetzt haben. Die Mindestbeteiligung wörtlich zu nehmen und Frauen tatsächlich nur im Mindestmaß an Vorstandsposten zu beteiligen, kann aber nicht der Weisheit letzter Schluss sein.“

„Von wenigen Ausnahmen abgesehen steigt die Zahl der Frauen in Spitzengremien großer Unternehmen seit geraumer Zeit Jahr für Jahr – mal mehr, mal weniger stark. Unter dem Strich sind Frauen aber weiter klar unterrepräsentiert.“ Virginia Sondergeld

Dass Frauen in Führungspositionen einiges in Gang setzen können, was die Gleichstellung der Geschlechter fördert, zeigt eine zweite Studie im Rahmen des diesjährigen DIW Managerinnen-Barometers: Auf Basis von Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) lässt sich belegen, dass mit mehr Frauen auf der ersten und zweiten Führungsebene eines Betriebs der Gender Pay Gap, also der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern, unter den Beschäftigten in diesem Betrieb sinkt. Besonders groß ist der Effekt, wenn mehr Frauen auf die zweite Führungsebene kommen. Der Gender Pay Gap, der in Deutschland zuletzt immer noch 18 Prozent betrug, fällt dann im Vergleich zu einem Szenario ohne Frauen auf dieser Führungsebene um mehrere Prozentpunkte kleiner aus. Auf der obersten Führungsebene braucht es hingegen offenbar mindestens ein Drittel Frauen, bis sich vergleichbare Effekte auf den Gender Pay Gap einstellen. „Wenn man bedenkt, dass nach wie vor fast drei Viertel aller Beschäftigten in Deutschland in Betrieben ohne Frauen auf der obersten Führungsebene arbeiten, lässt sich erahnen, wie viel Potenzial für einen deutlich geringeren Gender Pay Gap hier noch brachliegt“, so Sondergeld.

Damit es schneller voran geht, sind den Autorinnen des Managerinnen-Barometers zufolge in erster Linie die Unternehmen gefordert. Eine Schlüsselrolle kommt dabei dem Aufsichtsrat zu: Er kann vom Vorstand verlangen, durch Personalentwicklungsmaßnahmen sicherzustellen, dass es auf dem unternehmensinternen Arbeitsmarkt mittelfristig genügend potenzielle Vorständinnen gibt. Von an Vorstandsbesetzungen beteiligten externen Personalberatungsunternehmen, die eine wichtige Rolle als Gatekeeper spielen, kann der Aufsichtsrat wiederum verlangen, dass sie gezielt Frauen suchen. „Letztlich kommt es aber darauf an“, so Wrohlich, „dass alle an einem Strang ziehen: Von Investor*innen bis zur breiteren Öffentlichkeit sollte sich niemand mit einem Mindestmaß an Geschlechtervielfalt zufriedengeben, sondern eine tatsächlich gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen einfordern.“

LINKS

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 17.01.2024

Alleinlebende mit niedrigen Einkommen waren im Jahr 2023 am stärksten durch die Teuerung belastet. Die Inflationsrate für diesen Haushaltstyp betrug im Jahresdurchschnitt 6,3 Prozent. Das ist ein voller Prozentpunkt mehr als bei Singles mit sehr hohen Einkommen, die mit 5,3 Prozent unter allen Haushalten die niedrigste Teuerungsrate zu verzeichnen hatten. In der ersten Jahreshälfte 2023 waren ärmere Alleinlebende mit deutlich überdurchschnittlichen Inflationsraten konfrontiert, weshalb sie für das Gesamtjahr spürbar über der allgemeinen Inflationsrate von 5,9 Prozent liegen. 6,0 Prozent beträgt die Jahresrate von ärmeren Familien, der zweithöchste Wert im Vergleich verschiedener repräsentativer Haushaltstypen (siehe Abbildung 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Ab dem Spätsommer hat sich die soziale Spreizung bei der Teuerung, parallel zur insgesamt sinkenden Inflationsrate, immerhin stark verkleinert. Zuletzt waren die haushaltsspezifischen Unterschiede gering: Im Dezember 2023 verzeichneten Alleinlebende mit niedrigen Einkommen eine haushaltsspezifische Inflation von 3,7 Prozent. Das war die höchste Rate, während Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen den im Haushaltsvergleich geringsten Wert von 3,4 Prozent aufwiesen (siehe Abbildung 2). Das ergibt der neue IMK Inflationsmonitor, den das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung vorlegt.*

IMK-Inflationsexpertin Dr. Silke Tober und der wissenschaftliche Direktor des IMK, Prof. Dr. Sebastian Dullien, berechnen seit Anfang 2022 jeden Monat spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden und daher unterschiedliche Konsummuster und Warenkörbe aufweisen (mehr zu den Typen und zur Methode unten).

Ärmere Haushalte waren bis in den Spätsommer 2023 hinein besonders stark durch die Inflation belastet, weil sie einen großen Teil ihres schmalen Budgets für Nahrungsmittel und Haushaltsenergie ausgeben müssen. Diese Güter des Grundbedarfs waren die stärksten Preistreiber. In der zweiten Jahreshälfte, bis einschließlich November, hat die Preisdynamik aber vor allem bei der Energie nachgelassen, so dass sich die einkommensspezifischen Differenzen seit dem Höhepunkt im Oktober 2022 stark verändert haben. Damals hatten Familien mit niedrigen Einkommen die höchste Inflationsrate im Haushaltsvergleich mit 11,0 Prozent. Dagegen waren es bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen 7,9 Prozent. Im Januar 2023 betrug die soziale Spreizung immer noch 2,6 Prozentpunkte, im März 2,7 Prozentpunkte.

Doch auch wenn sich die Werte für die verschiedenen Haushalte angenähert haben, wird das Problem deutlich steigender Preise vor allem für Menschen mit niedrigen Einkommen dadurch verschärft, dass viele nur geringe finanzielle Rücklagen haben und die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, kaum zu ersetzen sind.

Nach Monaten mit sinkender Inflation sind die spezifischen Teuerungsraten für alle untersuchten Haushaltstypen im Dezember 2023 wieder gestiegen, ebenso wie die allgemeine Inflationsrate, die von 3,2 im November auf 3,7 Prozent zulegte. Das liegt vor allem daran, dass der Staat im Dezember 2022 als Einstieg in die Gaspreisbremse die monatliche Abschlagszahlung für Haushalte mit Gas- und Fernwärmebezug übernommen hatte. Da es im Dezember 2023 keine erneute Übernahme der Abschlagzahlungen gab, ist nun die Teuerungsrate im Jahresvergleich höher ausgefallen. Dieser besondere Basiseffekt wirkte sich bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen am wenigsten aus, weil in ihrem Warenkorb Ausgaben für Haushaltsenergie eine vergleichsweise kleine Rolle spielen. Bei den übrigen untersuchten Haushaltstypen war der Anstieg größer.

So schlug die Preissteigerung bei Paaren mit Kindern und mittleren beziehungsweise höheren Einkommen im Dezember mit je 3,6 Prozent zu Buche. Ebenso hoch fiel die Inflationsrate für kinderlose Paare mit mittleren Einkommen aus. 3,5 Prozent Inflation verzeichneten Paare mit Kindern und niedrigen Einkommen, Alleinerziehende mit mittleren Einkommen sowie Alleinlebende mit mittleren bzw. höheren Einkommen (siehe auch Abbildung 2 in der pdf-Version). Dass aktuell die spezifischen Inflationsraten aller Haushaltstypen bei oder etwas unterhalb der allgemeinen Rate liegen, beruht darauf, dass das IMK bei der Gewichtung der Warenkörbe die repräsentative Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) heranzieht, während das Statistische Bundesamt seit Anfang 2023 auf die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zurückgreift.

EZB sollte zeitnah über Zinssenkungen nachdenken

Für die nächste Zeit erwarten Tober und Dullien wieder eine sinkende Inflationsrate, wobei im laufenden Monat das Niveau noch nahe an dem von Dezember bleiben dürfte. Gründe dafür sind das Auslaufen der Energiepreisbremsen Ende 2023 sowie die Normalisierung des Mehrwertsteuersatzes auf Speisen in Gaststätten und die Anhebung des CO2-Preises zum Jahresbeginn. Ab Februar „dürfte aber die Inflationsrate zügig in Richtung zwei Prozent fallen, da sich nicht nur die Kernrate abschwächt, sondern die Verbraucherpreise für Erdgas und Strom bis weit in das Jahr 2024 sinken dürften“, betonen die Fachleute des IMK. Die Inflationsrate im gesamten Euroraum lag im Dezember trotz des Basiseffekts in Deutschland knapp unter drei Prozent, im November waren es sogar nur 2,4 Prozent.

Vor diesem Hintergrund und angesichts der wirtschaftlichen Schwäche im Euroraum und insbesondere in Deutschland werde immer deutlicher, dass die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihren starken Leitzinserhöhungen überzogen agiert habe. Daher „sollte die EZB zeitnah über eine Korrektur ihrer ausgeprägt restriktiven Geldpolitik nachdenken“, schreiben Tober und Dullien.

Informationen zum Inflationsmonitor

Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.

Mehr erfahren ›Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 09.01.2024

IMK Policy Brief Nr. 163, Januar 2024
*Sebastian Dullien, Silke Tober
IMK Inflationsmonitor: Inflation sinkt von 8,7 % auf 3,7 % im Verlauf von 2023

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 18.01.2024

2019 lag der mittlere Gender Pay Gap, der Jahresverdienstunterschied zwischen Männern und Frauen, bei 36,2 Prozent. Die Verdienstlücke sank im Jahr 2020 um 1,2 Prozentpunkte auf 35 Prozent und 2021 auf 33,8 Prozent. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Dabei verringerte sich der Gender Pay Gap vor allem bei mittleren und hohen Verdiensten.

Für 80 Prozent der Beschäftigten mit mittleren und hohen Verdiensten wurde die Verdienstlücke kleiner, wohingegen sie sich für diejenigen mit sehr niedrigen Verdiensten vergrößerte. „Die Coronakrise hat zu starken Rückgängen bei den niedrigsten Verdiensten geführt“, berichtet IAB-Forscher Alexander Patt. Dabei gingen die mittleren Verdienste der untersten 10 Prozent der Frauen deutlicher zurück als die der Männer. Von 2019 auf 2021 ließ sich hier ein Zuwachs von 3,5 Prozentpunkten auf 37,3 Prozent beim Gender Pay Gap beobachten. Dieser Anstieg betrifft neben den untersten 10 Prozent der Vollzeitverdienste auch den überwiegenden Teil der Teilzeitbeschäftigten und etwa die untere Hälfte der Verdienste in Minijobs.

Im Vergleich zu Männern weisen Frauen eine geringere Verbleibsrate in Vollzeitbeschäftigung und eine höhere Verbleibsrate in Teilzeitbeschäftigung sowie in Minijobs auf. „Der Gender Pay Gap hängt somit auch damit zusammen, dass Frauen eher als Männer in Arbeitsverhältnissen mit niedrigeren Arbeitszeiten tätig sind“, erklärt IAB-Direktor Bernd Fitzenberger. „Auch verloren Beschäftigte mit sehr niedrigen Verdiensten häufiger als vor Corona ihre Anstellung. Im Fall von Minijobs konnten sie auch nicht von der Absicherung durch Kurzarbeit profitieren“, fügt Anna Houštecká, Postdoktorandin am Center for Economic Research and Graduate Education in Prag hinzu.

Die Analyse basiert auf der Stichprobe der Erwerbsbiografien aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten für Personen in der Altersgruppe 25 bis 60 Jahre im Jahr 2019. Betrachtet wurden sowohl Unterschiede in der Bezahlung als auch Veränderungen in der Beschäftigung.

Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-01.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 09.01.2024

  • Zahl der in Kitas betreuten Kinder stieg im selben Zeitraum um 22 %, die der betreuten unter Dreijährigen um 43 %
  • Pädagogisches Kita-Personal vergleichsweise jung: Gut 40 % unter 35 Jahren
  • Top-3-Erziehungsberufe: Zahl der Absolventinnen und Absolventen 2022 auf neuem Höchststand

Die Zahl der pädagogisch tätigen Personen in Kindertageseinrichtungen ist in den vergangenen zehn Jahren um 51 % gestiegen. Rund 702 200 Betreuungskräfte arbeiteten zum 1. März 2023 in Kindertageseinrichtungen, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Im Jahr 2013, als der Rechtsanspruch auf Betreuung für ein- bis dreijährige Kinder in Kraft trat, waren noch 465 000 Personen pädagogisch tätig. Die Zahl der betreuten Kinder in Tageseinrichtungen ist im selben Zeitraum um 22 % gestiegen – von 3,21 Millionen im Jahr 2013 auf 3,93 Millionen in 2023. Der Anstieg ist vor allem auf den Ausbau der Betreuung unter Dreijähriger zurückzuführen: 721 600 Kinder unter drei Jahren wurden zuletzt in Tageseinrichtungen betreut, das waren 43 % mehr als zehn Jahre zuvor (503 900).

66 % des pädagogischen Kita-Personals arbeiteten nicht in Vollzeit

Obwohl die Zahl der pädagogischen Betreuungskräfte binnen zehn Jahren stärker gestiegen ist als die Zahl der betreuten Kinder, gilt die Personalsituation in vielen Kitas als angespannt. Das liegt unter anderem am stärkeren Anstieg der Zahl unter Dreijähriger in Betreuung, die eine intensivere Betreuung brauchen als ältere Kinder. So kamen 2022 in Gruppen mit Kindern unter drei Jahren auf eine Betreuungskraft im Schnitt 4,0 Kinder, in Gruppen ab drei Jahren bis zum Schuleintritt waren es fast doppelt so viele Kinder pro Betreuungskraft (7,8). Ein weiterer Grund für die personelle Notlage vieler Kitas dürfte darin liegen, dass der Anteil der Kita-Betreuungskräfte in Vollzeit vergleichsweise gering ist: 66 % des pädagogischen Kita-Personals im Jahr 2023 arbeiteten weniger als 38,5 Stunden pro Woche (2013: 65 %).

Tagespflege: Zahl der Tagesmütter und -väter binnen zehn Jahren gesunken, Zahl der betreuten Kinder gestiegen

In der Tagespflege waren 2023 rund 41 200 Tagesmütter und Tagesväter tätig, 6 % weniger als im Jahr 2013. Dagegen nahm die Zahl der betreuten Kinder in der öffentlich geförderten Tagespflege im selben Zeitraum um 19 % auf 166 700 zu. Darunter waren 135 500 Kinder unter drei Jahren (+43 % gegenüber 2013).

Pädagogisches Personal in Kitas deutlich jünger als Erwerbstätige insgesamt

Im März 2023 waren 6 % des pädagogischen Kita-Personals noch in einer Berufsausbildung. Gegenüber 2013 hat sich die Zahl des noch in Ausbildung befindlichen, pädagogischen Personals mehr als vervierfacht (+360 %): auf 40 200 Personen. Das ist ein Grund dafür, dass die pädagogisch tätigen Personen in Kitas vergleichsweise jung sind. Gut 40 % von ihnen waren im März 2023 jünger als 35 Jahre, rund 16 % waren dagegen 55 Jahre oder älter. Zum Vergleich: Laut Mikrozensus 2022 waren gut 30 % der Erwerbstätigen insgesamt jünger als 35 Jahre und rund 26 % waren 55 Jahre oder älter.

Zahl der Absolventinnen und Absolventen in Top-3-Erziehunsberufen 2022 auf neuem Höchststand

Im Jahr 2022 schlossen rund 53 100 Menschen eine Ausbildung als Erzieher/-in, als Sozialassistent/-in oder als sozialpädagogische/-r Assistent/-in bzw. Kinderpfleger/-in ab. Für Schleswig-Holstein liegt die Zahl der Absolventinnen und Absolventen der drei häufigsten Erziehungsberufe im Jahr 2022 nicht vor. Im Jahr 2012 hatten bundesweit inklusive Schleswig-Holstein noch 42 700 Absolventinnen und Absolventen eine Ausbildung in einem der drei häufigsten Erziehungsberufe abgeschlossen. Dabei bildet ein Ausbildungsabschluss als Sozialassistent/-in in der Regel die Basis für eine Laufbahn in Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens, in einigen Bundesländern ist der Abschluss Voraussetzung für die weiterführende Ausbildung als Erzieher/-in sowie als Heilerziehungspfleger/-in.

Männeranteil unter Absolvierenden der Top-3-Erziehungsberufe binnen zehn Jahren gestiegen

In den genannten Erziehungsberufen absolvieren deutlich mehr Frauen als Männer eine Ausbildung. Der Männeranteil ist in den vergangenen zehn Jahren jedoch gestiegen. Unter den Absolventinnen und Absolventen in den drei häufigsten erzieherischen Ausbildungsberufen nahm der Männeranteil von knapp 14 % im Jahr 2012 auf knapp 18 % im Jahr 2022 zu.

2 232 Verfahren zur Anerkennung eines ausländischen Abschlusses als Erzieher/-in im Jahr 2022

Zu den Ausbildungsabschlüssen hierzulande kommen solche hinzu, die im Ausland erworben und in Deutschland als vollständig oder eingeschränkt gleichwertig anerkannt werden können. 2 232 Verfahren zur Anerkennung eines ausländischen Berufsabschlusses als Erzieher/-in gab es im Jahr 2022. Davon wurden 1 509 positiv, 477 negativ und 123 noch nicht beschieden. Weitere 123 Verfahren wurden ohne Bescheid beendet. Der Abschluss als Erzieher/-in zählt zu den Top 10 in der Rangliste der Berufe mit den meisten Anerkennungsverfahren ausländischer Abschlüsse.

Methodische Hinweise:

Die Daten zum Personal in Kindertageseinrichtungen und der Tagespflege basieren auf den Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe jeweils zum Stichtag 1. März eines jeden Jahres. Als unmittelbar in der pädagogischen Betreuung tätige Personen zählen Gruppenleitung, Zweit- beziehungsweise Ergänzungskräfte, gruppenübergreifend Tätige sowie mit der Förderung von Kindern mit (drohender) Behinderung Beschäftigte. Nicht mitgezählt werden Beschäftigte in der Leitung und Verwaltung sowie im hauswirtschaftlichen und technischen Bereich. Weiterführende Informationen finden Sie auch auf unserer Themenseite Kindertagesbetreuung . 

Die Daten zu den Absolvierenden in den Erziehungsberufen basieren auf der Statistik der beruflichen Schulen und beziehen sich auf die drei häufigsten erzieherischen Ausbildungsberufe: Erzieher/-in, Sozialassistent/-in und sozialpädagogische/-r Assistent/-in bzw. Kinderpfleger/-in. Für Schleswig-Holstein liegt die Zahl der Absolventinnen und Absolventen der drei häufigsten Erziehungsberufe im Jahr 2022 nicht vor. 

Die Daten zu den Anerkennungen der ausländischen Berufsabschlüsse basieren auf der Statistik zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 24.01.2024

 
  • Bedarf an Pflegekräften steigt bis zum Jahr 2049 im Vergleich zu 2019 voraussichtlich um ein Drittel auf 2,15 Millionen
  • Laut Pflegekräftevorausberechnung liegt die erwartete Zahl an Pflegekräften im Jahr 2049 zwischen 280 000 und 690 000 unter dem erwarteten Bedarf

Infolge der Alterung der Gesellschaft werden in Deutschland bis zum Jahr 2049 voraussichtlich zwischen 280 000 und 690 000 Pflegekräfte fehlen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis einer neuen Vorausberechnung zum Pflegekräftearbeitsmarkt (Pflegekräftevorausberechnung) mitteilt, wird der Bedarf an erwerbstätigen Pflegekräften ausgehend von 1,62 Millionen im Vor-Corona-Jahr 2019 voraussichtlich um ein Drittel (+33 %) auf 2,15 Millionen im Jahr 2049 steigen.

Zwei Varianten zur Entwicklung des Angebots an Pflegekräften

Zur Entwicklung der Zahl an Pflegekräften wurden zwei Varianten mit unterschiedlichem Fokus auf demografischen und gesellschaftlichen Veränderungen vorausberechnet. Die sogenannte „Trend-Variante“ berücksichtigt neben der demografischen Entwicklung auch die positiven Trends am Pflegearbeitsmarkt aus den 2010er Jahren. Sie verdeutlicht somit die Potenziale, die sich für das Angebot an Pflegekräften bei einer Fortsetzung dieser Entwicklung in den Pflegeberufen ergeben. Danach steigt die Zahl der erwerbstätigen Pflegekräfte bis 2034 auf 1,74 Millionen (+7 % gegenüber 2019) und anschließend bis 2049 auf 1,87 Millionen (+15 %). Nach dieser günstigsten Variante der Vorausberechnung läge die Zahl der verfügbaren Pflegekräfte bereits im Jahr 2034 um 90 000 unter dem erwarteten Bedarf. Bis 2049 würde sich diese Lücke weiter auf voraussichtlich 280 000 Pflegekräfte vergrößern, sodass knapp ein Fünftel (+17 %) mehr Pflegekräfte benötigt würden, als 2019 in diesen Berufen arbeiteten.

Die sogenannte „Status quo-Variante“ zeigt dagegen ausschließlich die Auswirkungen der demografischen Entwicklungen auf die künftige Zahl an Pflegekräften. Sie berücksichtigt folglich keine Trends der Vergangenheit auf dem Pflegearbeitsmarkt. Nach dieser Variante würde die Zahl der Pflegekräfte von 1,62 Millionen im Jahr 2019 bis 2034 auf 1,48 Millionen (-9 % gegenüber 2019) und dann bis 2049 auf 1,46 Millionen (-10 %) sinken. Haupttreiber dieser Entwicklung ist das verstärkte Erreichen des Renteneintrittsalters der Babyboomer-Generation in den nächsten zehn Jahren, wodurch dem Arbeitsmarkt alleine aus Altersgründen benötigte Pflegekräfte fehlen werden. Nach dieser ungünstigsten Variante der Vorausberechnung würden im Jahr 2034 rechnerisch 350 000 Pflegekräfte fehlen. Bis zum Jahr 2049 würde sich diese Lücke sogar auf 690 000 fehlende Pflegekräfte ausweiten, was gut zwei Fünfteln (43 %) der im Jahr 2019 in Pflegeberufen tätigen Personen entspricht.

Methodische Hinweise:

Die Pflegekräftevorausberechnung 2024 kombiniert Annahmen über die zukünftige Bevölkerungsentwicklung und zur Entwicklung der Erwerbstätigenquote in den Pflegeberufen. Dazu werden Ergebnisse der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung mit Daten des Mikrozensus sowie der Pflegestatistik und der Krankenhausstatistik verbunden.

Für die Betrachtung der beruflichen Pflege beziehungsweise der Pflegebranche berücksichtigt die Vorausberechnung stationäre und ambulante Einrichtungen. Die Abgrenzung erfolgt über die im Mikrozensus abgebildeten Wirtschaftszweige. Diese erfassen Krankenhäuser (einschließlich Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen), Pflege-, Alten- und Behindertenheime sowie (ambulante) Pflege- und Betreuungsdienste (Originalbezeichnung des Wirtschaftszweigs: Soziale Betreuung älterer Menschen und Behinderter).

Vier Berufsgruppen sind maßgeblich für die Pflegetätigkeit: Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Krankenpflegehilfe, Altenpflege sowie Altenpflegehilfe. Während es sich bei der Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Altenpflege um dreijährige Ausbildungen handelt, können die Hilfsberufe in der Regel innerhalb eines Jahres erlernt werden. Die Vorausberechnung erfasst die Beschäftigten, die in diesen Berufen tätig sind, unabhängig davon, ob sie eine entsprechende spezifische Ausbildung in den Pflegeberufen absolviert haben oder nicht.

Vorausberechnungen sind keine Prognosen. Sie liefern „Wenn-Dann-Aussagen“ und zeigen, wie sich die Eckwerte und Strukturen unter bestimmten Annahmen verändern würden. Der Verlauf der maßgeblichen Einflussgrößen ist mit zunehmendem Abstand vom Basiszeitpunkt immer schwerer abschätzbar. Somit hat insbesondere die langfristige Rechnung bis 2049 Modellcharakter. Weitere Unsicherheiten bestehen durch die Komplexität des Modells.

Beide berechneten Varianten zur künftigen Zahl der Pflegekräfte basieren auf der Annahme einer moderaten Bevölkerungsentwicklung (Variante 2 der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung). Der künftige Bedarf an Pflegekräften bestimmt sich maßgeblich durch die Entwicklung der Zahl der stationär und ambulant versorgten Pflegebedürftigen sowie der Krankenhausfälle und wurde auf Basis dieser steigenden Zahlen geschätzt. Dazu wurde eine nach Einrichtungen gewichtete Berechnung vorgenommen, die die Zahl des Pflegepersonals aus dem Jahr 2019 auf Basis der vorausberechneten Entwicklung an Pflegebedürftigen und Krankenhausfällen hochrechnet. Diese Vorausberechnung des Bedarfs an Pflegekräften setzt konstante Verhältnisse in der Pflege und bei den Arbeitsbedingungen voraus. Mögliche Veränderungen in den Rahmenbedingungen, die eine geänderte Pflegekräfte-Patienten-Relation zur Folge hätten oder andere mögliche Einflussfaktoren berücksichtigt die Berechnung an dieser Stelle nicht. Für die Engpassbetrachtung wurden Angebots- und Nachfrageseite in einem zweiten Schritt miteinander ins Verhältnis gesetzt.

Das aktuellste Jahr (aktueller Rand) der für die Berechnung verwendeten Daten ist grundsätzlich das Jahr 2019. Dieses wurde aufgrund der Corona-Pandemie in den Folgejahren und deren Einfluss auf das Gesundheitswesen und die betroffenen Statistiken gewählt. Weiterhin erschwert eine methodische Umstellung des Mikrozensus ab dem Jahr 2020 die Vergleichbarkeit mit den Vorjahren. Für die Vorausberechnung sind jedoch Zeitreihen maßgeblich, die keine methodisch bedingten Brüche aufweisen. Um diese vorübergehenden Einflüsse für die langfristige Perspektive auszuschließen wird das Jahr 2019 als aktueller Rand verwendet.

Weitere Informationen:

Detaillierte Annahmen und Ergebnisse der Vorausberechnung bietet der Beitrag „Pflegekräftevorausberechnung“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes. Tiefer gegliederte Daten liefert der Statistische Bericht „Pflegekräftevorausberechnung“.

Ergebnisse zur künftig erwarteten Zahl an Pflegebedürftigen (Pflegevorausberechnung)  bieten die Pressemitteilung Nr. 124 vom 30. März 2023 sowie – auch aufgeschlüsselt nach ambulant, stationär sowie ausschließlich durch Angehörige versorgten Personen – der Statistische Bericht „Pflegevorausberechnung“.

Über Annahmen und Ergebnisse der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung informieren die Pressemitteilung Nr. 511 vom 2. Dezember 2022 sowie die Themenseite „Bevölkerungsvorausberechnung“.

Daten und Fakten rund um das Thema Fachkräfte bündelt das Statistische Bundesamt auf einer eigenen Sonderseite (www.destatis.de/fachkraefte). Das Datenangebot umfasst die Bereiche Demografie, Erwerbstätigkeit, Bildung und Zuwanderung. Es reicht von Vorausberechnungen zur künftigen Zahl von Erwerbspersonen über Analysen zum Arbeitskräfteangebot bis hin zu Daten zu Arbeitsmigration und Ausbildungsmarkt – und wird sukzessive erweitert.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 24.01.2024

Großteil von ihnen möchte Betreuung selbst übernehmen

Die Betreuung von Angehörigen ist einer der Hauptgründe für Teilzeittätigkeit in Deutschland. Im Jahr 2022 arbeitete knapp ein Viertel (24 %) der rund 12,6 Millionen Teilzeitbeschäftigten in reduziertem Umfang, um Kinder, Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftige Personen zu betreuen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, üben Frauen deshalb deutlich häufiger eine Teilzeitbeschäftigung aus als Männer: 29 % der Frauen in Teilzeit gaben die Betreuung von Angehörigen als Grund für ihre Teilzeitarbeit an. Bei den Männern waren es 7 %.

Übernahme der Betreuung geschieht meist auf eigenen Wunsch

Mehr als zwei Drittel (68 %) der Beschäftigten, die aufgrund der Betreuung von Angehörigen Teilzeit arbeiteten, wollten diese Betreuung selbst übernehmen. Die Verfügbarkeit oder die Kosten von Betreuungsangeboten spielten bei der Entscheidung eine vergleichsweise untergeordnete Rolle: Für 9 % der Beschäftigten, die wegen der Betreuung von Angehörigen in Teilzeit arbeiteten, stand zu den benötigten Tageszeiten kein geeignetes Betreuungsangebot zur Verfügung. 4 % konnten das Betreuungsangebot nicht bezahlen, weitere 2 % fanden in der Nähe kein passendes Angebot. Für 16 % waren andere Gründe ausschlaggebend.

Gründe für Teilzeitbeschäftigung vielfältig

Neben der Betreuung von Angehörigen spielen für die Ausübung einer Teilzeittätigkeit auch andere Faktoren eine Rolle: Mehr als ein Viertel (27 %) der Teilzeitbeschäftigten gab an, aus eigenem Wunsch in Teilzeit zu arbeiten. Für 12 % waren Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen der Grund für ihre Teilzeittätigkeit. Weitere 6 % würden gerne Vollzeit arbeiten, konnten auf dem Arbeitsmarkt jedoch keine entsprechende Stelle finden. 5 % der Teilzeitbeschäftigten arbeiteten aufgrund von eigener Krankheit oder Behinderung reduziert. Verschiedene andere Gründe nannten weitere 28 %.

Methodische Hinweise:

Bei den Angaben handelt es sich um Erstergebnisse des Mikrozensus für das Jahr 2022. Die Werte sind gerundet, bei der Summierung sind daher Abweichungen möglich. Bei den angegebenen Gründen für eine Teilzeitbeschäftigung handelt es sich jeweils um den Hauptgrund.

Weitere Informationen:

Weitere Indikatoren zur Qualität der Arbeit stehen auf einer eigenen Themenseite im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes zur Verfügung.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 16.01.2024

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Im Rahmen ihres Neujahrsempfangs startete die Arbeiterwohlfahrt ihre Kampagne „Demokratie.Macht.Zukunft.“ zur Stärkung der Zivilgesellschaft gegen rechtsextreme Bewegungen und Entsolidarisierung angesichts historischer Krisen.   

„In den nächsten beiden Jahren steht für unsere Demokratie viel auf dem Spiel“, so Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt, „mit der Europawahl im Mai und drei Landtagswahlen im Herbst werden wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Bleiben wir eine offene und tolerante Gesellschaft? Schaffen wir es, die wachsende Ungleichheit in der Gesellschaft endlich umzukehren? Bewältigen wir die Klimakrise? Das sind nur einige der zentralen Fragen, die bei diesen Wahlen zur Abstimmung stehen.” 

“Der derzeitige Rechtsruck und die zunehmende Polarisierung in breiten Teilen der Gesellschaft erfüllen uns vor diesem Hintergrund mit großer Sorge. Die Zeit der politischen Absichtserklärungen ist endgültig vorbei – entweder, wir als Gesellschaft finden jetzt gemeinsam Wege in eine lebenswerte Zukunft, oder destruktive Kräfte werden sich durchsetzen”, so Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt.  

Beim gestrigen AWO Neujahrsempfang wurde deshalb die neue Kampagne „Demokratie.Macht.Zukunft.“ vorgestellt. Sie soll die Zivilgesellschaft dabei unterstützen, Konzepte für eine zukunftsorientierte Politik zu entwickeln, Kräfte zu bündeln und vielfältiges Zusammenleben zu gestalten. Den Auftakt bildete eine Podiumsdiskussion mit Delara Burkhardt, SPD/MdEP, Bianca Klose, Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin, Daniel Leisegang, netzpolitik.org und Dr. Linus Westheuser, Humboldt-Universität zu Berlin. Das Fazit der Diskussion: die demokratische Zivilgesellschaft und Politik brauche positive Zukunftsentwürfe, die die Menschen überzeugten.  

“Wir alle sind für die Zukunft verantwortlich. Umso wichtiger ist es, eine Idee, eine Vision miteinander zu entwickeln – uns auszutauschen, unsere unterschiedlichen Perspektiven einzubringen, in den Dialog zu treten. Darüber kann es gelingen, die gewaltigen Herausforderungen unserer Zukunft gemeinschaftlich zu bewältigen. Wir alle sind aufgefordert, unsere Gesellschaft, unser Leben und Zusammenleben, unsere soziale, freiheitliche Grundordnung zu verteidigen”, erklärt Claudia Mandrysch, Vorständin des AWO Bundesverbandes, abschließend.  

Deshalb hatte die jährliche Verleihung des Lotte-Lemke-Engagementpreises für beispielhaftes ehrenamtliches Engagement in diesem Jahr eine ganz besondere Bedeutung. Die drei geehrten Projekte machen sich in herausragender Weise für Solidarität und Vielfalt in ihrer Gemeinschaft stark: die Bildungsbegleitung der AWO Potsdam, die Stadtküche der AWO Pfaffenhofen und die Schlaganfallhelfer*innen der AWO Lingen. 

Alle Infos zur Kampagne: zukunft.awo.org  

Zu den Preisträger*innen des Lotte-Lemke-Engagementpreises: https://awo.org/lotte-lemke-engagementpreis 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 19.01.2024

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) begrüßt, dass sich die Bundesregierung auf den Bundeshaushalt 2024 verständigt hat. Endlich ist klar, dass die von den Verbänden erstrittene Rücknahme vieler Kürzungen im sozialen Bereich Bestand haben wird. Nun muss sichergestellt werden, dass das Geld auch bei den Menschen und sozialen Einrichtungen ankommt.  

 

“Wir sind froh, dass nun endlich eine Einigung zum Bundeshaushalt 2024 vorliegt. Für unsere sozialen Einrichtungen und Angebote war die Hängepartie der letzten Wochen ein Desaster”, so AWO-Präsident Michael Groß. “Wir begrüßen auch, dass durch die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen endlich erste Schritte zur Stärkung der Einnahmenseite erfolgen.”  

Dass weder die Abschaffung noch eine Reform der Schuldenbremse bei den Beratungen beschlossen wurde, kritisiert Michael Groß scharf: “Spätestens seit dem Karlsruher Urteil zum Klimatransformationsfonds ist klar: Die Schuldenbremse muss weg! Das gilt auch weiterhin, um dringend notwendige Investitionen zu stemmen. Außerdem ist für die Finanzierung eines solidarischen Sozialstaats endlich mehr Steuergerechtigkeit nötig. Hier bleibt Herr Lindner in der Pflicht.”  

 

In einem nächsten Schritt muss das Finanzministerium nun die vor einigen Wochen verhängte Haushaltssperre aufheben. “Auch wenn der Bundeshaushalt erst im Januar vom Bundestag beschlossen wird, müssen vorzeitige Maßnahmenbeginne für die großen Förderprogramme des Bundes jetzt gewährt werden. Hier herrscht hoher Zeitdruck: Unsere gemeinnützigen Träger brauchen die Sicherheit, dass Kosten, die ab Januar anfallen, refinanziert werden. Starten die Programme erst im Februar, dann wird Vieles wegfallen, obwohl das Geld eigentlich zur Verfügung steht”, so Groß.  

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 15.12.2023

Bundesfamilienministerin und Caritas-Präsidentin besuchen Geburtsstation

Die Geburt eines Kindes ist eines der schönsten Ereignisse im Laufe eines gemeinsamen Familienlebens. Aber sie kann Eltern auch an ihre Grenzen bringen gerade dann, wenn sie sich bereits vor der Geburt in einer schwierigen Lebenssituation befunden haben und Sorgen zum Alltag gehören. Viele Familien finden sich bei der Vielzahl an Hilfeangeboten nur schwer zurecht. und manche scheuen davor zurück, sich unterstützen zu lassen und ihre Probleme offen zu legen. Babylots_innen helfen Familien durch die Zeit rund um die Geburt des Kindes und leiten diese bei Bedarf an weiterführende Hilfen weiter.

Babylotsen als präventive Familien- und Gesundheitspolitik

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Die ersten Lebensjahre prägen die weitere Entwicklung eines Kindes maßgeblich. Es ist wichtig, werdende Eltern rund um die Geburt ihres Kindes zu unterstützen, damit diese für ihre Kinder da sein können – auch wenn die Belastungen zu groß werden. Lotsendienste sind eine wichtige Brücke zu Unterstützungsangeboten wie den Frühen Hilfen – denn nur wer gezielt auf Hilfen hingewiesen wird, kann diese annehmen. Es ist die gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern, Kommunen und der Zivilgesellschaft solche Angebote für Familien zu stärken. Das Bundesfamilienministerium fördert seit vielen Jahren Angebote der Frühen Hilfen – auch Lotsendienste. Ich bin beeindruckt mit wie viel Engagement sich das Team im St. Joseph Krankenhaus in Berlin und der Deutsche Caritasverband dafür einsetzen, dass jede Familie die passende Unterstützung erhält.“
„Babylotsen sind Türöffner_innen ins Leben, daher sind die Frühen Hilfen mit dem Babylotsenprogramm ein wichtiges Angebot, um besonders belasteten Familien und ihren Kindern zu helfen. Das ist in Zeiten von multiplen Krisen und der Notwendigkeit, deren Folgen abzumildern, nochmals besonders deutlich geworden. Deshalb ist es höchste Zeit, dass Babylotsen in Deutschland gesetzlich verankert werden und regelfinanziert sind. Sie sind ein unverzichtbarer Teil einer präventiv ausgerichteten Familien- und Gesundheitspolitik“, unterstreicht Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes.

Möglichst viele Geburtskliniken sollten an einen Lotsendienst angeschlossen sein

Babylots_innen entlasten nicht nur Eltern, sie unterstützen auch Ärzt_innen, Hebammen und Pflegefachkräfte. Nicht alle Geburtskliniken verfügen über Lotsensysteme – im Land Berlin wird dieses Angebot in allen 18 Geburtskliniken zur Verfügung gestellt.
„Ich bin froh, dass es gelungen ist, allen Berliner Familien, die diese Unterstützung benötigen, mit den Babylotsen ein Angebot an der Schnittstelle zwischen Sozialarbeit, psychologischer Betreuung und ökonomischer Beratung zu machen. Mit ihrer Empathie und ihrem spezialisierten Wissen tragen Babylots_innen erheblich zum Wohl des einzelnen Kindes und seiner Familie bei“, sagt Prof. Abou-Dakn, Chefarzt im St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof.

„Familie werden – für Eltern ist das verbunden mit Vorfreude, zum Teil auch mit Ängsten und Sorgen: Es ändert sich so viel“, weiß Babylotsin Jennifer Blankenburg. Im Erstgespräch nach der Geburt fragt die Dipl.-Pädagogin und Systemische Beraterin die Eltern immer, wie es ihnen geht. Oft sind sie sehr dankbar für diese Aufmerksamkeit. „Die meisten Eltern sind offen für unsere Angebote – und freuen sich sehr über die Unterstützung und die ´Sortierhilfe`. Das macht meine Arbeit für mich so besonders“, so Blankenburg.

Babylots_innen erkennen familiäre Belastungslagen

Babylots_innen kennen das gesamte Angebot der Frühen Hilfen und alle lokalen Anlaufstellen für Eltern mit Neugeborenen und sie vermitteln Eltern passende Hilfen: „Ich bin unserer Babylotsin unendlich dankbar für die großartige Unterstützung während der Schwangerschaft und nach der Geburt meines dritten Kindes. Bei ihm wurde eine Fehlbildung im Gehirn diagnostiziert, das Ausmaß der Behinderung war jedoch unklar, bis ich das Kind zur Welt gebracht hatte. Als Eltern waren mein Partner und ich sehr verunsichert, überfordert und emotional sehr belastet. Im St. Joseph Krankenhaus in Berlin bekamen wir alles aus einer Hand: weitere Diagnostik, Beratung zu persönlichen Fragestellungen, Vorbereitung und Begleitung der Geburt und über die Babylotsin ganz viel Hilfe für die Zeit danach – angefangen bei der Familienhebamme, die uns bis heute besucht, über den Kontakt zum Jugendamt bis hin zur Haushaltshilfe“, erzählt Rabi’a Zahra Sabrina Wagner.

Weiterführende Informationen unter: Babylotsinnen – präventive Beratung rund um die Geburt (caritas.de)

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 20.12.2023

Deutscher Caritasverband sieht Einigung über EU-Migrations- und Asylpaket äußerst skeptisch

Mit deutlicher Skepsis hat der Deutsche Caritasverband die politische Einigung über das EU-Migrations- und Asylpaket nach Jahren der Verhandlungen von EU-Rat und Europäischem Parlament wahrgenommen. „Der Preis, den die Europäische Union für die Einigung über das künftige Gemeinsame Europäische Asylsystem bezahlt, ist hoch. Der Mehrwert für ein faires, solidarisches Asylsystem ist aber nicht gegeben“, kritisiert Steffen Feldmann, Vorstand für Internationales beim Deutschen Caritasverband. Auch nach dem neuen System würden die Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen weiterhin einen hohen Anteil der Verantwortung für die Flüchtlingsaufnahme tragen müssen.

„Wie das Grenzverfahren durchgeführt und gleichzeitig EU-Asyl- und Menschenrechtsstandards eingehalten werden sollen, bleibt offen“, kritisiert Steffen Feldmann. Dass auch Familien mit minderjährigen Kindern die sogenannten Grenzverfahren durchlaufen sollen, sei völlig unangemessen, so Feldmann. Kinder, die ihre Heimat verlassen mussten, dann wochen- oder monatelang auf der Flucht waren, werden nun für die Dauer der Verfahren haftähnlich untergebracht.

Mit den neuen Regelungen soll die Verantwortung für den Flüchtlingsschutz auch über die EU-Grenze hinaus verlagert werden. Als sicher deklarierte Drittstaaten sollen nun verstärkt einbezogen werden und für den Schutz der Menschen sorgen. Dies umfasst potenziell auch solche Staaten, die autokratisch regiert werden, und die den Flüchtlingsschutz nicht sicherstellen.

„In der Politik sind Kompromisse notwendig. Allerdings nicht um jeden Preis“, unterstreicht Feldmann. „Menschenrechte sind die Basis unseres Zusammenlebens und keine Verhandlungsmasse. Wenn damit begonnen wird, sie in Frage zu stellen, wird dies gravierende Folgen für das Zusammenleben in Deutschland, Europa und der Welt haben.“

„Die Werte der Europäischen Union drücken sich auch und gerade in unserem Umgang mit Migrant_innen und Geflüchteten aus“, erinnert Feldmann. Zentraler Bestandteil des internationalen Flüchtlingsschutzes ist es, ein solidarisches System der Verantwortungsteilung zu etablieren, um so den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. „Es muss um die solidarische Teilung der Verantwortung gehen und nicht um die Abschiebung der Verantwortung auf andere.“

Weitere Infos:
Positionen des Deutschen Caritasverbandes zu Migration und Integration

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 20.12.2023

Die Diakonie Deutschland appelliert an die Bundesregierung, ihren Streit um die Erhöhung des Kinderfreibetrages und Kindergeldes beizulegen. Bundesfinanzminister Christian Lindner lehnt die Erhöhung des Kindergeldes ab.

Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide:

„Den Freibetrag für Kinder von sehr gut verdienenden Eltern anzuheben, nicht aber das Kindergeld, benachteiligt alle Familien mit kleinem und mittlerem Einkommen. Sie leiden aber besonders unter den Preissteigerungen. Aktuell beträgt die maximale Entlastung für Gut- und Spitzenverdiener aufgrund der Freibeträge circa 368 Euro monatlich. Das Kindergeld beträgt 250 Euro monatlich. Das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum gilt für alle Kinder, nicht nur für Kinder reicher Eltern. Mit anderen Worten: Steigt der Kinderfreibetrag muss auch das Kindergeld steigen. Alles andere wäre ungerecht. Diese Diskussion macht deutlich: Wir brauchen dringend eine sozial gerechte Kindergrundsicherung, in der alle Leistungen zusammengeführt sind.“

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 22.01.2024

Die Diakonie Deutschland ruft dazu auf, sich an den zahlreichen Demonstrationen in Deutschland gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausgrenzung zu beteiligen. „Diese Ideologie darf sich nicht durchsetzen“, unterstreicht Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch: „Wir müssen in einem breiten Bündnis von Demokratinnen und Demokraten dagegenhalten.“ Die Recherchen von „Correctiv“ hätten offensichtlich gemacht, dass rassistische Ideologien endgültig in der AfD angekommen seien: „Dieser menschenverachtende Hass bedroht den Kern unserer Demokratie – die faire Teilhabe aller Menschen, unabhängig von Herkunft, Einkommens, Weltanschauung, Geschlecht oder Alter.“

„Als sozialer Dienst der evangelischen Kirchen tritt die Diakonie entschieden ein für die unteilbare Menschenwürde aller und eine offene und solidarische Gesellschaft“, sagt Schuch: „Dafür stehen wir mit unseren vielen Einrichtungen und Diensten im gesamten Land mit ihren Hunderttausenden Mitarbeitenden. Sie setzen sich mit ihrer Arbeit täglich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ein.“  Er unterstreicht: „Klare Kante gegen rechts: Dafür stehen wir mit vielen anderen in unserem Land.“

„Sprechen Sie miteinander, verabreden Sie sich – in Betrieben, sozialen Einrichtungen, Schulen, überall. Und gehen sie gemeinsam auf die Straße“, sagt Schuch.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 18.01.2024

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen in dieser Woche das „Rückführungsverbesserungsgesetz“ sowie die Reform des Einbürgerungsrechts im Bundestag verabschiedet werden.

Die Diakonie Deutschland begrüßt die mit der Einbürgerungsrechtsreform geplante Verkürzung der Einbürgerungsfristen sowie die grundsätzliche Akzeptanz von Mehrstaatigkeit. Kritisch bewertet sie dabei allerdings die geplante Verschärfung bei der Pflicht zur Sicherung des Lebensunterhalts. „Dass insbesondere Menschen mit Behinderung, Alleinerziehende oder Menschen mit Pflegeverantwortung, die nicht voll erwerbstätig sein können, faktisch von der Einbürgerung ausgeschlossen werden, schadet sowohl unserem Sozialstaat als auch unserer Demokratie“, sagt Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide.

Ebenso kritisiert die Diakonie Deutschland die massive Ausweitung der Befugnisse bei der Ingewahrsamnahme und Durchsuchung von Wohnungen ausreisepflichtiger Personen. „Wenn in den frühen Morgenstunden in die Wohnungen völlig unbeteiligter Familien mit Kindern eingedrungen wird, kann das traumatisierende Folgen haben.“ Einzig zu begrüßen sei die geplante Einführung eines Rechtsanspruchs auf Pflichtverteidigung in der Abschiebungshaft – eine langjährige Forderung der Diakonie und weiterer zivilgesellschaftlicher Organisationen.

Schutzsuchende Menschen sollen nach den Plänen der Bundesregierung zudem deutlich länger nur einen Anspruch auf eingeschränkte Gesundheitsleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben. Maria Loheide: „Die Ausweitung des Asylbewerberleistungsgesetzes von 18 auf 36 Monate bedeutet, dass Menschen, die hier in Deutschland leben, noch länger unzureichend medizinisch versorgt werden. Das ist gefährlich für chronisch und psychisch kranke Menschen. Zudem ist eine Ausweitung der bestehenden Restriktionen auch ökonomisch nicht sinnvoll, da die Menschen mit ihren medizinischen Problemen in Notaufnahmen und Krankenhäusern landen, was teurer ist als eine frühzeitige ambulante Versorgung. Statt die Debatte mit populistischer Stimmungsmache aufzuheizen, appelliere ich an alle Politiker und Politikerinnen, zu einer sachlichen Debatte über Zuwanderung und Flucht zurückzukehren.“

Weitere Informationen:

Faktenpapier: „Eingeschränkte gesundheitliche Versorgung für Asylsuchende für 36 statt für 18 Monate“:

https://www.diakonie.de/diakonie_de/user_upload/diakonie.de/PDFs/Presse/Faktenpapier_AsybLG_Gesundheit_18_auf_36_Monate_2024_01_17_FINAL.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 17.01.2024

Wie in jedem Jahr kurz vor Weihnachten ist nun die mit Spannung erwartete Düsseldorfer Tabelle 2024 da. „Leider profitieren unterhaltsberechtigte Kinder von den Änderungen der Düsseldorfer Tabelle kaum.“, bemängelt Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (djb).

Die Düsseldorfer Tabelle enthält standardisierte Vorgaben für den Unterhalt der Kinder in Scheidungs- und Trennungsfamilien. Nur auf der ersten Einkommensstufe wird der Unterhalt für Kinder in der Mindestunterhaltsverordnung festgelegt, im Übrigen beruhen die Beträge auf der Abstimmung des Deutschen Familiengerichtstages und der Oberlandesgerichte. Deshalb hat die Tabelle nur eingeschränkt Gesetzeskraft, ist aber in der Praxis nahezu immer Maßstab für den Kindesunterhalt.

Der Verordnungsgeber hat den Mindestunterhalt der ersten Einkommensgruppe um fast 10 Prozent angehoben. Der Mindestunterhalt für ein Kind bis fünf Jahre steigt beispielsweise von 437 € auf 480 € monatlich. Für ein Kind von zwölf Jahren erhöht sich der Mindestunterhalt von 588 € auf 645 €. Die Anhebung um 10 Prozent setzt sich allerdings bei den Kindern nicht durch, deren Eltern in höhere Einkommensgruppen eingestuft werden. Denn die Einkommensgruppen wurden durch die Oberlandesgerichte ebenfalls angehoben. Die Anhebung um jeweils 200 € bewirkt, dass die Unterhaltssteigerung bei den Kindern mit nur 5 Prozent deutlich geringer ausfällt, als die Teuerungsrate es an sich vorgeben würde. Daneben sind auch die Selbstbehaltssätze der Unterhaltspflichtigen angehoben worden. Die Anhebung geht zu Lasten der unterhaltsberechtigten Kinder, weil mehr Kinder in den Mindestunterhalt rutschen als bisher. So erhalten die betreffenden Kinder gerade keinen inflationsgerechten Ausgleich.

Damit führt auch die Düsseldorfer Tabelle 2024 einen aus Sicht der betreuenden Elternteile negativen Trend fort: Kinder von barunterhaltspflichtigen Geringverdienenden erhalten höchstens den Mindestunterhalt, während Kinder Besserverdienender verhältnismäßig wenig vom guten bis sehr guten Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils profitieren.

Ob das vom Gesetzgeber so mitgetragen würde, der den erheblichen Preisanstieg zum Anlass genommen hat, den Mindestunterhalt um 10 Prozent anzuheben, bleibt völlig unklar. „Die alljährlich wiederkehrende Unzufriedenheit mit der Umsetzung der Mindestunterhaltsverordnung zeigt ein demokratisches Defizit.“, so Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der djb-Kommission Familien-, Erb- und Zivilrecht. Es wird Zeit, dass der Gesetzgeber Verantwortung für die gesamte Düsseldorfer Tabelle und die Gestaltung des Kindesunterhalts für alle Einkommensgruppen übernimmt.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 19.12.2023

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt in einer aktuellen Stellungnahme den Referent*innentwurf zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes zur Stärkung der reproduktiven Selbstbestimmung von schwangeren Personen. Die vorgesehenen Verbotsnormen und Sanktionsmechanismen für sogenannte Gehsteigbelästigungen stellen einen wichtigen Schritt zur Stärkung der grundrechtlich und völkerrechtlich geschützten reproduktiven Selbstbestimmung dar. Darüber hinaus sind sie ein erster Schritt, um geschlechtsbezogene Gewalt und Diskriminierung im Einklang mit nationalen und völkerrechtlichen Pflichten schrittweise abzubauen.  Der Entwurf setzt damit eine langjährige Forderung des djb um. „Dieser Schritt ist längst überfällig. Denn Gehsteigbelästigungen sind keine Bagatellen, sondern verletzen das reproduktive Selbstbestimmungsrecht Schwangerer, ebenso wie die Persönlichkeitsrechte und die Berufsfreiheit von Beratungspersonal und Personal von Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen,“ so die Präsidentin des djb, Ursula Matthiessen-Kreuder.

Eine bundeseinheitliche Regelung, so wie im Entwurf vorgesehen, sieht der djb als besonders notwendig an. Denn derzeit sehen sich Frauen und andere schwangere Personen einer uneinheitlichen Behörden- und Rechtsanwendungspraxis ausgesetzt, die enorme Rechtsunsicherheit schafft. Diese sowie weitere im Entwurf vorgesehene Maßnahmen sind auch vor dem Hintergrund der bereits defizitären Versorgungslage von Schwangerschaftsabbrüchen zu betrachten. Der djb begrüßt vor allem, dass der Entwurf klarstellt, dass der Sicherstellungsauftrag der Länder auch den ungehinderten Zugang zu Beratungsstellen umfasst. Auch die Ausweitung der statistischen Erfassung von Schwangerschaftsabbrüchen ist wichtig, um die defizitäre Versorgungslage sichtbarer zu machen und ihr abhelfen zu können.

Kritisch sieht der djb lediglich Einzelheiten des Entwurfs, vor allem der konkreten Ausgestaltung der Tathandlungen der Verbots- sowie Sanktionsnormen. Er regt daher an, bei den Verbots- und Sanktionsnormen von den erhöhten subjektiven Anforderungen Abstand zu nehmen. Die Vorsitzende der interkommissionellen Arbeitsgruppe Schwangerschaftsabbruch im djb Céline Feldmann konstatiert außerdem: „Der Referentenentwurf stellt zwar einen wichtigen Schritt, aber nur einen ersten Schritt dar. Denn ein ungehinderter Zugang zu Beratungen und Schwangerschaftsabbrüchen ist erst dann sichergestellt, wenn Beratungen freiwillig werden und Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert sind.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 19.12.2023

Das Bundesjugendkuratorium (BJK) stellt in seiner Halbzeitbilanz vom 21.12.2023 drei kinder- und jugendpolitische Schwerpunkte heraus, die im Koalitionsvertrag formuliert sind und nun priorisiert werden sollten:

  • Die Bundesregierung muss ihrem Versprechen einer Stärkung der Kinder- und Jugendrechte Taten folgen lassen.
  • Für mehr Gerechtigkeit braucht es einen Handlungsplan der Bundesregierung für mehr soziale Mobilität innerhalb der jungen Generation.
  • Die jungen Menschen haben ein Recht auf Zukunft und Generationengerechtigkeit durch die Einhaltung klimapolitischer Ziele.

Angesichts internationaler Krisen sowie der angespannten haushaltspolitischen Situation in Deutschland rückt die Kinder- und Jugendpolitik aus Sicht des Bundesjugendkuratoriums (BJK) in den Hintergrund. Das Fazit des Bundesjugendkuratoriums lautetet daher: Mehr Kinder- und Jugendpolitik wagen.

Die Stellungnahme finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut e.V. vom 21.12.2023

„Nachhaltigkeit spielerisch entdecken!” ist das Motto des Deutschen Kinderhilfswerkes für den Weltspieltag am 28. Mai 2024. Damit will die Kinderrechtsorganisation gemeinsam mit seinen Partnern im „Bündnis Recht auf Spiel“ auf die besondere Bedeutung der Themen gesunde Umwelt und Nachhaltigkeit aufmerksam machen. So hatte erst vor kurzem der UN-Kinderrechteausschuss eine nachhaltige Umwelt- und Klimapolitik der Staatengemeinschaft angemahnt, bei der das Kindeswohl eine wesentliche Grundlage von Entscheidungen werden müsse. Kommunen, Vereine, Initiativen und Bildungseinrichtungen sind aufgerufen, mit einer Aktion am Weltspieltag 2024 teilzunehmen.

„Als Kinderrechtsorganisation setzen wir uns für ein gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in einer gesunden Umwelt ein. Dabei kommt dem Thema Nachhaltigkeit herausragende Bedeutung zu, das zum einen die Arbeit von Politik, Wissenschaft und Forschung, daneben aber auch das tägliche Handeln der Menschen leiten sollte. Für Kinder und Jugendliche bietet sich gerade in sehr jungen Jahren ein spielerischer Zugang zu diesem komplexen und weitreichenden Thema an. Dabei sollte neben den nationalen und internationalen Themen beispielsweise einer umfassenden Klimaschutzpolitik, der notwendigen Reduktion von Treibhausgasen oder des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen wie dem Regenwald aufgezeigt werden, was lokales Handeln in diesem Bereich bewirken kann. Hier kann Nachhaltigkeit zu einem Thema werden, dem sich Kinder und Jugendliche spielerisch nähern und sich so wichtige Kompetenzen und Wissen aneignen. Denn eines ist ganz klar: Auch im Bereich des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit ist unbedingt sicherzustellen, dass Kinder und Jugendliche aktiv mitwirken und ihre Ansichten berücksichtigt werden“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Der Weltspieltag 2024 wird deutschlandweit zum 17. Mal ausgerichtet. Zum Weltspieltag sind Schulen und Kindergärten, öffentliche Einrichtungen, Vereine und Nachbarschaftsinitiativen aufgerufen, in ihrer Stadt oder Gemeinde eine beispielgebende oder öffentlichkeitswirksame Aktion durchzuführen – egal ob Spiel-, Beteiligungs- oder Protestaktion. Denn der Aktionstag dient ebenso der Lobbyarbeit für das Recht auf Spiel, Freizeit und Erholung gemäß UN-Kinderrechtskonvention. Die Partner sind vor Ort für die Durchführung ihrer Aktion selbst verantwortlich. Das Deutsche Kinderhilfswerk stellt umfangreiche Aktionsmaterialien zum Bewerben des Weltspieltages zur Verfügung. Weitere Informationen unter http://www.weltspieltag.de/.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 11.01.2024

Der Endspurt läuft: Noch drei Wochen besteht die Möglichkeit, sich um den Deutschen Kinder- und Jugendpreis des Deutschen Kinderhilfswerkes zu bewerben. Mit der Auszeichnung werden Projekte gewürdigt, bei denen Kinder und Jugendliche beispielhaft an der Gestaltung ihrer Lebenswelt mitwirken. Der Deutsche Kinder- und Jugendpreis ist mit insgesamt 30.000 Euro dotiert und damit der höchstdotierte bundesweite Preis für Kinder- und Jugendbeteiligung in Deutschland. Langjähriger Partner ist der Europa-Park in Rust. Die Bewerbungsfrist endet am 31. Januar 2024. Am 07. Oktober laden das Deutsche Kinderhilfswerk und Miriam Mack, Botschafterin des Deutschen Kinderhilfswerkes, alle Beteiligten zur Preisverleihung in Deutschlands größten Freizeitpark ein. Neben der Bekanntgabe der Gewinnerprojekte erwartet die Teilnehmenden dort ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm mit Musik-Acts und Prominenten, die das Engagement der Kinder und Jugendlichen wertschätzen. In den vergangenen Jahren zählten unter anderem Mike Singer, Stefanie Heinzmann, Enie van de Meiklokjes und Regina Halmich zu den prominenten Laudatorinnen und Laudatoren. Auch sie zeigen sich immer wieder begeistert von den Projekten, die die jungen Menschen auf die Beine stellen.

„Die Beteiligung von Kindern ist ein zentraler Wert einer demokratischen Gesellschaft. Mit dem Deutschen Kinder- und Jugendpreis zeichnen wir das Engagement von Kindern und Jugendlichen für ihre eigenen Rechte oder die Rechte anderer aus. Gleichzeitig weisen wir darauf hin, wie wichtig der Beitrag von Kindern und Jugendlichen für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft ist. Kinder und Jugendliche, die sich aktiv bei der Entwicklung und Umsetzung von Projekten einbringen, engagieren sich auch als Erwachsene eher an der Gestaltung des Gemeinwesens. Mit der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wird somit ein wesentlicher Grundpfeiler unserer Demokratie gestärkt. Wir sind dieses Jahr wieder auf die Einsendung von einfallsreichen Angeboten, die mit viel Kreativität der Kinder und Jugendlichen umgesetzt werden, sehr gespannt“, sagt Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Das Engagement von Kindern und Jugendlichen ist wichtig – nicht nur für unser heutiges Zusammenleben in der Gesellschaft, sondern auch für die Zukunft. Ich kann nur alle jungen Menschen, die sich aktiv und nachhaltig für das Gemeinwesen einsetzen, dazu ermutigen, sich zu bewerben. Denn mir liegt es sehr am Herzen, diesen vorbildlichen Einsatz zu fördern. Ich bin jedes Jahr wieder überrascht von den bemerkenswerten und zukunftsweisenden Projekten, die eingereicht werden“, so Miriam Mack. Sie ist seit 2015 Patin für verschiedene Aktionen und macht sich vor allem für die Beteiligung und Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen sowie gegen Kinderarmut in Deutschland stark.

Mit dem Deutschen Kinder- und Jugendpreis wirbt das Deutsche Kinderhilfswerk im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention für eine stärkere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Fragen und Belangen. Um ihre aktive Teilnahme zu sichern, stellt das Deutsche Kinderhilfswerk Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Interesses. Nur so fühlen sie sich wertgeschätzt und lernen Demokratie. Zudem werden die Projekte der Kinder und Jugendlichen im Rahmen der Preisverleihung in besonderer Weise öffentlich gewürdigt.

Vergeben wird der Preis in den Kategorien Solidarisches Miteinander, Politisches Engagement und Kinder- und Jugendkultur. Die Gewinner des 1. Platzes jeder Kategorie erhalten ein Preisgeld in Höhe von 6.000 Euro. Außerdem wird es in jeder Kategorie eine lobende Erwähnung geben, die mit 3.000 Euro dotiert ist. Zusätzlich wird ein Projekt mit dem Europa-Park JUNIOR CLUB Award ausgezeichnet, der mit einem Preisgeld von 3.000 Euro gewürdigt wird.

Die Bewerbung erfolgt online unter http://www.dkhw.de/dkjp. Dort sind weitere Informationen sowie Hinweise zum Ausfüllen der Bewerbung aufgeführt. Die Vorhaben sollen bereits begonnen haben oder im letzten halben Jahr abgeschlossen worden sein. Für die Endauswahl werden je Kategorie sechs Projekte durch eine Fachjury nominiert. Danach wird der Kinder- und Jugendbeirat des Deutschen Kinderhilfswerkes als Kinderjury die Preisträgerinnen und Preisträger ermitteln. Kinder und Jugendliche der Gewinnerprojekte für den Deutschen Kinder- und Jugendpreis werden zur Preisverleihung in den Europa-Park in Rust eingeladen und erhalten während der Veranstaltung die Möglichkeit, ihr Projekt direkt auf der Bühne vorzustellen. Zusätzlich wird von jedem Gewinnerprojekt sowie von den lobenden Erwähnungen ein Kurzfilm gedreht, der zur Vorstellung des Engagements dient.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 10.01.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zum Jahresbeginn die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz an. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation sind diese ein unverzichtbarer Baustein, um die Rechtsposition von Kindern und Jugendlichen in Deutschland deutlich zu stärken, und damit einhergehend kindgerechtere Lebensbedingungen und bessere Entwicklungschancen für alle jungen Menschen zu schaffen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Kinderrecht auf Beteiligung zu. Mit der Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention besteht insgesamt die große Chance, langfristig eine tragfähige Grundlage für ein kinder- und familienfreundlicheres Land zu schaffen.

 

„Wir feiern in diesem Jahr das 75-jährige Jubiläum unseres Grundgesetzes. Auch deshalb ist es höchste Zeit, dass Kinderrechte entlang der Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention ausdrücklich verfassungsrechtlich verankert werden. Es braucht endlich eine rechtliche Normierung im Grundgesetz, dass das Kindeswohl vorrangig zu beachten ist, dass Kinder das Recht auf Entwicklung, auf Schutz, auf Förderung und das Recht auf Beteiligung haben. Dafür braucht es im Grundgesetz einen eigenen Passus für die Kinderrechte, die unabhängig von den Elternrechten und ohne mit ihnen in Konflikt zu geraten gegenüber dem Staat gelten. Die Bundesregierung steht hier zusammen mit Bundestag und Bundesrat in der Pflicht. Zugleich ist unabdingbar, dass in einem Gesetzgebungsverfahren eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft stattfindet, damit neben politischen Erwägungen auch die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards angemessen Berücksichtigung finden“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

„Das Thema Kinderrechte darf nicht weiter ein Nischenthema bleiben, sondern es braucht die breite Etablierung einer Kinderrechtsperspektive im deutschen Rechtssystem. Bereits seit vielen Jahren gibt es eine breite Unterstützung für die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz auf Bundesebene, denn dadurch würde der Staat insgesamt stärker in die Pflicht genommen werden, wenn es beispielsweise um die Wahrnehmung seiner Verantwortung für kindgerechte Lebensverhältnisse und um bessere Entwicklungschancen für alle Kinder und Jugendlichen geht. Gerade vor dem Hintergrund multipler Krisen zeigt sich, dass es der Kinderrechte mehr denn je bedarf. Und auch angesichts der aktuellen Debatten über eine viel zu hohe Kinderarmutsquote, unterschiedliche Bildungschancen, ein Auseinanderdriften der Gesellschaft in Arm und Reich und häufige Fälle von Kindesvernachlässigung wäre dies ein wichtiges Signal“, so Krüger weiter.

 

„Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist festgelegt, dass Kinderrechte entlang der Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention ausdrücklich im Grundgesetz verankert werden. Diesem Versprechen müssen jetzt Taten folgen. Kinderrechte im Grundgesetz könnten sich mit eindeutigen Formulierungen für Kinder positiv bei der Planung und Gestaltung in allen Politikfeldern auswirken. Als ausdrücklicher Bestandteil der Werteordnung des Grundgesetzes würden sie die Anwendung sämtlichen Rechts prägen. Dies würde sich vor allem auf die Auslegung der Kinderrechte durch Gerichte und Behörden positiv auswirken und die Stellung von Eltern und Kindern gegenüber dem Staat stärken. Es geht bei den Kinderrechten somit nicht um Symbolik, sondern um eine mit tatsächlichen rechtlichen Auswirkungen, denn die Strahlkraft des Grundgesetzes wirkt sowohl in alle gesellschaftlichen als auch in alle rechtlichen Bereiche“, sagt Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 01.01.2024

Der Kinderschutzbund setzt sich gegen eine Erhöhung der Kinderfreibeträge der Superreichen und für eine Umverteilung über eine echte Kindergrundsicherung ein.

Aktuell planen Finanzminister und Kanzler die Kindefreibeträge zu erhöhen, und zeitgleich das Kindergeld nicht anzufassen. Der Kinderschutzbund kritisiert, dass Kinder der arbeitenden Mitte, die nur das Kindergeld beziehen, durch die Pläne um bis zu 118 € weniger an staatlichem Zuschuss pro Monat erhalten würden! Bis zur Volljährigkeit der Kinder summiert sich das auf über 25.000 € Unterschied, der durch bessere Absetzmöglichkeiten von teuren Privatschulen, Kindermädchen und vielem mehr sogar noch deutlich höher ausfallen kann. Diese Differenz zwischen Mittelschichtskindern und Kindern von Spitzenverdiener*innen war noch nie so hoch, wie es aktuell durch die FDP geplant ist! Dabei sollte diese Schere laut Koalitionsvertrag eigentlich verringert werden. Das scheint nun in Regierungskreisen völlig vergessen.

Daniel Grein, Bundesgeschäftsführer des Kinderschutzbund Bundesverbandes erklärt: „Es ist eine Frechheit, wie das aktuelle System klammheimlich über die Kinderfreibeträge die Kinder von Spitzenverdiener*innen massiv begünstigt. Das kostet jährlich Milliarden! Gerade in Zeiten vermeintlich knapper Kassen sollten alle Regierungsbeteiligten ein besonders großes Interesse daran haben, die vorahnenden Mittel möglichst so effizient einzusetzen, dass sie den größten Effekt haben und jene unterstützen, die es wirklich brauchen. Alles andere ist unfair und schlichtweg Unfug!“

Der Kinderschutzbund fordert stattdessen eine echte Kindergrundsicherung, die insbesondere arme Kinder und die untere Mitte entlastet sowie die unfairen Steuerentlastungen für Superreiche abschafft. Denn alle Kinder haben ein gutes Aufwachsen verdient!

Weitere Informationen und unseren Vorschlag zu einer echten Kindergrundsicherung finden Sie auf www.kinderarmut-hat-folgen.de.

Quelle: Pressemitteilung Der Kinderschutzbund – Bundesverband e.V. vom 22.01.2024

Auch das neue Jahr 2024 begann mit vielen Schreckensmeldungen. Neben den Kriegen in der Ukraine und dem Nahen Osten, den Überschwemmungen in Niedersachsen und die Androhung einiger Gruppen im Zuge der Proteste der Landwirte, den Staat und die Infrastruktur lahmlegen zu wollen, spricht fast niemand mehr über die Krise, die Millionen Menschen in unserem Land betrifft: Die Krise, in der Kinder, Jugendliche und ihre Familien stecken.

Professorin Sabine Andresen, Präsidentin des Kinderschutzbundes:

„Weder die immer neuen Zahlen zur Kinderarmut, noch die zunehmende Klage der Jugendämter, der Kitas und Schulen über den eklatanten strukturellen und finanziellen Mangel – nicht einmal der neuerliche Pisa-Schock lösen mehr als ratloses Achselzucken aus. Wer übernimmt eigentlich die Verantwortung für die Gestaltung von guter Kindheit und Jugend? Es fehlt an allen Ecken und Enden, Familien sind erschöpft, auch weil die Versorgung in Kitas, Schulen, in der Kindermedizin auf immer wackeligeren Füßen steht.“

Empirische Studien zeigen immer wieder, die Rechte von Kindern und Jugendlichen stehen zwar auf dem Papier, aber die Umsetzung scheitert bei der Ganztagsbetreuung, beim Recht auf Bildung und vor allem beim Recht auf Beteiligung.

Andresen: „Ich bedaure sehr, dass wir sowohl politisch als auch gesellschaftlich bereit zu sein scheinen, das hinzunehmen.“

Bundesweit leben etwa drei Millionen Kinder in Armut, es fehlen rund 98 000 Erzieherinnen und Erzieher, mindestens 14 500 Lehrkräfte und in vielen Städten und Regionen hat die  Kinder- und Jugendhilfe Mühe, ihre grundlegendste Pflicht – die Abwendung von Kindeswohlgefährdungen – zu erfüllen.

Andresen mahnt:

„Man kann nachts nur dasjenige Kind nach einem schlechten Traum trösten, das einem nahe steht. Aber es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, für ein auskömmliches Aufwachsen aller Kinder und Jugendlichen zu sorgen. Das betrifft Staat, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gleichermaßen. Wir haben es inzwischen mit einer echten Krise der Kindheit und Jugend zu tun. Der Kinderschutzbund befürchtet, dass das System kollabiert. Wer also tritt ernsthaft und engagiert für die Rechte  von Kindern und Jugendlichen ein und priorisiert deren Bedarfe? In der politischen Landschaft hören wir viele Lippenbekenntnisse, aber das reicht nicht“

Quelle: Pressemitteilung Der Kinderschutzbund – Bundesverband e.V. vom 12.01.2024

eaf unterstützt Forderungen des Kooperationsverbundes Familienbildung

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) begrüßt und unterstützt die Forderungen des Kooperationsverbundes Familienbildung (Ko:Fa) nach einer verlässlichen Finanzierung der Familienbildung in unsicheren Zeiten.

Bereits in mehreren Stellungnahmen hat die eaf, Gründungsmitglied des Ko:Fa in 2021, in den vergangenen Jahren auf die teilweise prekären Verhältnisse bei der Finanzierung der Familien­bildung hingewiesen. Der evangelische Verband betont dabei die zentrale Rolle einer gelingenden Familienförderung für die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. „Eine wohnortnahe, offene und fachkompetente Familienbildung ist aus unserer Sicht unverzichtbarer Teil der Infrastruktur für Familien“, so eaf-Bundesgeschäftsführerin Svenja Kraus. „Unsere Familien­bildungseinrichtungen sind gerade auch für Familien in schwierigen Lebenslagen verlässliche Partner. Sie bieten Orte der Begegnung und Verständigung und sind Ruhepole in unruhigen Zeiten.“

Aus diesem Grund hat die eaf maßgeblich an der Erstellung des vorliegenden Positionspapiers im Kooperationsverbund Familienbildung mitgewirkt. „In Anbetracht der gegenwärtigen Finanzierungsdebatten im Bund, aber auch in den Ländern und Kommunen, befürchten wir weitere Einschnitte, die die Unterstützung für Familien einschränken und die Familien­bildungsstätten finanziell und personell aushöhlen.“ Kraus appelliert an die politischen Akteure, ihrer gemeinsamen Verantwortung gerecht zu werden: „Die Zeit zum Handeln ist jetzt! Zum Wohle der Demokratie: Schaffen Sie endlich verlässliche und nachhaltige Rahmenbedingungen für die Familienbildung, damit Kinder in gesunden, starken Familien aufwachsen und Vertrauen in sich und die Strukturen entwickeln!“

Die drei wichtigsten Forderungen des Positionspapiers sind deshalb:

  1. Der Erhalt des breiten und niederschwelligen Angebotsspektrums der Familienbildung.
  2. Eine verlässliche finanzielle Unterstützung für Familienbildungsträger.
  3. Die politische und finanzielle Stärkung der gemeinwohlorientierten Familienbildung.

>>>Download Positionspapier „FAMILIENBILDUNG stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt, aber braucht dafür bessere finanzielle Absicherung“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 19.01.2024

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) unterstützt in ihrer aktuellen Stellungnahme die Entscheidung des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) für ein Stufenmodell und gegen eine tagesgenaue Berechnungsmethode. Sie sieht aber die in den Eckpunkten des BMJ vorgeschlagenen Stufen und ihre unterhaltsrechtlichen Folgen für das asymmetrische Wechselmodell kritisch.

„Je nach Verteilung der Alltagsaufgaben der Eltern und einer konkreten Erwerbstätigkeit des hauptbetreuenden Elternteils sollte aus Sicht der eaf frühestens ab 33 Prozent Mitbetreuung ein asymmetrisches Wechselmodell angenommen werden“, erläutert Prof. Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf, und verweist bezüglich der Begründung der Stufen auf das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfamilienministeriums.

„Wir befürworten in diesem Fall eine moderate Unterhaltskürzung, eine Barunterhaltspflicht für beide Elternteile im asymmetrischen Wechselmodell zwischen 33 und 45 Prozent lehnen wir ab. Die Untergrenze eines symmetrischen Wechselmodells kann aus Sicht der eaf bereits ab 45 Prozent Mitbetreuung festgelegt und mit einer Barunterhaltspflicht für beide Elternteile verbunden werden, wenn auch die Verantwortung für Alltagsaufgaben annähernd hälftig geteilt wird.“

Ein reformiertes Kindesunterhaltsrecht sollte Elternkonflikte vermeiden helfen und keine Sogwirkung für bestimmte Betreuungsmodelle entfalten. Deshalb müssen die unterhaltsrechtlichen Regelungen in einem asymmetrischen Wechselmodell so gestaltet werden, dass der hauptbetreuende Elternteil nicht befürchten muss, bei einer Ausweitung der Betreuung des anderen Elternteils den reduzierten Kindesunterhalt nicht durch eigenes Erwerbseinkommen kompensieren zu können.

“Uns ist es wichtig, kein Betreuungsmodell zu diskreditieren“, begründet Bujard die Haltung seines Verbandes. „Abhängig von Wohnsituation, Alter der Kinder, Arbeitsbedingungen und Betreuungsmöglichkeiten kann für jede Familie ein anderes Betreuungsmodell das Richtige sein. Wenn ein Elternteil in größerem Umfang mitbetreuen möchte, muss dies ebenso ermöglicht werden und verdient Förderung und Anerkennung. Hier ist die Gesellschaft gefragt: Betreuungsbedingte Mehrbelastungen sollten im Sozial- und Steuerrecht berücksichtigt werden, im Unterhaltsrecht hingegen ist oberste Priorität die tatsächliche Bedarfsdeckung des Kindes.“

Stellungnahme der eaf zu den Eckpunkten des Bundesministeriums der Justiz zur Modernisierung des Unterhaltsrechts vom 24. August 2023

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 20.12.2023

Der Familienbund hält zum Schutz des Klimas einen höheren CO2-Preis für politisch richtig und zwingend. Notwendig sind aber soziale Ausgleichsmaßnahmen, insbesondere für Geringverdiener und Familien.

Nachdem sich das Bundeskabinett gestern mit der zukünftigen Finanzierung des Haushalts befasst hat, weist der Familienbund darauf hin, dass der Klimaschutz durch soziale Maßnahmen flankiert werden muss: „Ein höherer CO2-Preis trifft Geringverdiener und Familien besonders stark, da diese einen größeren Anteil ihres Einkommens für Konsumgüter und Strom ausgeben müssen als Haushalte mit höherem Einkommen bzw. geringerer Personenzahl. Daher ist ein sozialer Ausgleich wie das im Koalitionsvertrag versprochene Klimageld für eine gerechte Lastenverteilung unabdingbar“, äußerte heute Ulrich Hoffmann, der Präsident des Familienbundes der Katholiken. „An der sozialen Komponente des Klimaschutzes zu sparen, ist auch deswegen ungerecht, weil einkommensschwächere Personen weitaus weniger CO2-Emissionen verursachen als Menschen mit höherem Einkommen. Das Verursacherprinzip spricht somit klar für eine soziale Flankierung des Klimaschutzes.“

Die Idee des von vielen Wirtschafts- und Klimawissenschaftlern unterstützten Klimageldes ist, dass der Staat die Einnahmen aus dem höheren CO2-Preis an die Bevölkerung zurückgibt – als Pauschale, das heißt für alle in gleicher Höhe. Dadurch würden Haushalte mit guter CO2-Bilanz im Ergebnis finanziell entlastet. Bei Haushalten mit hohem Energieverbrauch würde hingegen eine finanzielle Belastung und ein umweltpolitisch gewünschter Anreiz zum Einsparen von CO2-Emissionen entstehen. Ulrich Hoffmann hält diesen Ansatz für richtig und kritisiert, dass die Bundesregierung die Idee derzeit nicht weiterverfolgt: „Wenn die Regierung jetzt darauf verweist, dass sie mit der Abschaffung der EEG-Umlage bereits ein Klimageld eingeführt habe, ist das nicht richtig. Die Abschaffung der EEG-Umlage reduziert schlicht für alle den Strompreis und entlastet damit diejenigen, die viel Strom verbrauchen, besonders stark. Der soziale Ausgleich und der ökologische Anreiz fehlen.“

Der Familienbund fordert eine schnelle Umsetzung des Klimageldes. Die politische Debatte über die sozial- und familiengerechte Ausgestaltung dieser Leistung müsse jetzt zielgerichtet geführt werden. Die Voraussetzungen für die Auszahlung müssten unverzüglich geschaffen werden. „Für den Klimaschutz gibt es in der Bevölkerung derzeit eine breite Zustimmung – unter der Voraussetzung, dass er sozial gerecht erfolgt. Diese Chance darf die Politik nicht verstreichen lassen“, so Ulrich Hoffmann. „Ein Klimaschutz, der überwiegend zu Lasten der ärmeren Bevölkerung geht, hat keine Chance auf Erfolg, da er politische Kräfte stärken wird, die den Klimaschutz ablehnen. Der Erfolg des Klimaschutzes hängt davon ab, dass es gelingt, bei der ökologischen Wende alle mitzunehmen.“

Dem Familienbund ist bewusst, dass in Zeiten multipler Krisen und begrenzter finanzieller Ressourcen nicht allen Teilen der Bevölkerung alle Lasten abgenommen werden können. Für umso wichtiger hält es Ulrich Hoffmann, darauf zu achten, dass die Lastenverteilung gerecht erfolgt: „Die Klimapolitik braucht eine klare Kommunikation und einen klaren Kompass: Sie muss sich konsequent am Leistungsfähigkeits- und Verursacherprinzip orientieren, Geringverdiener und Familien durch Ausgleichsmaßnahmen entlasten und starke Schultern deutlich stärker in die Verantwortung nehmen.“

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 21.12.2023

LSVD, Quarteera, EQUAL PostOst und ILGA Europe fordern Bundesregierung auf, verfolgte LSBTIQ* aus Russland aufzunehmen

Am 30. November 2023 hat der Oberste Gerichtshof Russlands die sogenannte “internationale LGBT-Bewegung” als extremistisch eingestuft und ihr jegliche Aktivitäten verboten – dieses Urteil tritt heute in Kraft. Beschuldigten drohen insbesondere Strafverfahren, die voraussichtlich bis zu zwölf Jahren Gefängnis vorsehen. Bereits unmittelbar nach Verkündung des Gesetzes kam es zu ersten Razzien an Community-Orten. Zusätzlich häufen sich Berichte über Erpressungen, Kündigungen, Drohungen und Angriffe, die die Betroffenen nicht anzeigen können. Dazu erklären Lesben- und Schwulenverband (LSVD), Quarteera, Equal PostOst und ILGA Europe gemeinsam:

Ein sicheres Leben für queere Menschen war de facto in Russland bereits in der Vergangenheit nicht möglich. Hassgewalttaten gegen LSBTIQ* werden nicht aufgeklärt. Der öffentliche Raum wird von Hassreden gegen LSBTIQ* bestimmt. Mit der letzten Entscheidung des Gerichtshofes setzt Russland seine LSBTIQ*-feindliche Politik fort. Es findet Stück für Stück eine Rekriminalisierung von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt statt. Deswegen fordern wir die Bundesregierung, aber insbesondere Außenministerin Baerbock und Innenministerin Faeser, dringend dazu auf, verfolgte und besonders schutzbedürftige LSBTIQ* aus Russland aufzunehmen. Dies ist gemäß dem Aktionsplan “Queer leben” der Bundesregierung und den Leitlinien für eine feministische Außenpolitik dringend geboten.

Die Einstufung als eine extremistischen Organisation und Bewegung eröffnet die Grundlage für eine willkürliche staatliche Verfolgung von LSBTIQ* Personen und Unterstützer*innen. Das Urteil trifft einen unbestimmten Personenkreis, darunter nicht nur Mitglieder von LSBTIQ* Organisationen, Aktivist*innen und Journalist*innen, sondern auch Personen, die schlicht Teil der LSBTIQ* Community sind, mit dieser sympathisieren oder auch dafür gehalten werden. Dieses Urteil ist eine menschenrechtliche Bankrotterklärung, da es eine strafrechtliche Verfolgung von Einzelpersonen ermöglicht – aufgrund ihrer (vermeintlichen) Zugehörigkeit.

Zum Hintergrund:

Bereits vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wurden die Menschenrechte von LSBTIQ* immer weiter eingeschränkt. Dazu zählen das sog. „Anti-Propaganda-Gesetz“, das durch die Duma im Januar 2013 auf den Weg gebracht und im Jahr 2022 zusätzlich verschärft wurde. Im Juli 2023 verabschiedete die Duma das trans*feindliche Gesetz, das zusätzlich in die individuellen Freiheitsrechte von trans*Personen eingreift. Insbesondere trans*Personen, die bereits eine Personenstandsänderung durchgeführt haben, sind dem Staat bekannt und daher eine leichte Zielscheibe. Als stellvertretendes Symbol für den “Westen” und seine Werte wird die LSBTIQ* Community zur Zielscheibe von Politik und Justiz Russlands gemacht.

Weiterlesen:

„LGBTIQ – Rechte weltweit“- Stellungnahme von Mikhail Tumasov im Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages

Ich wurde verboten. Wie sich die Situation russischer LGBTQ-Personen und Organisationen nach dem vollständigen Angriff Russlands auf die Ukraine verändert hat. Ergebnisse der Studie (equal-postost.org)

Leitlinien zu feministischer Außenpolitik des Auswärtigen Amts und BMZ (lsvd.de)

Rainbow Map and Index 2023 (ILGA Europe)

LGBT-Rechte weltweit: Wo droht Todesstrafe oder Gefängnis für Homosexualität? (lsvd.de)

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 10.01.2024

Der Paritätische ruft auf zur Teilnahme an den zahlreichen Demonstrationen in Deutschland gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausgrenzung.

Mit über 160 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen ruft der Paritätische zur Aktion des Netzwerks „Hand in Hand“ am 3.2. um 13 Uhr in Berlin auf und ermuntert dazu, sich an den zahlreichen Demonstratuonen auch an anderen Orten gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausgrenzung zu beteiligen.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands erklärt: „Die AfD und andere Rechtsextremisten verfolgen mit ihren Plänen von Massendeportationen nichts weniger als die Zerstörung unserer Gesellschaft. Das dürfen, das werden wir nicht zulassen. Deshalb rufen wir alle auf, sich gemeinsam mit uns vor all diejenigen zu stellen, die nach den völkisch-nationalistischen Vorstellungen von Höcke, Krah und Konsorten nicht dazu gehören sollen. Wir sind alle gefordert, unsere Demokratie jetzt zu verteidigen.”

Den Aufruf zur Aktion am 3.2.2024 in Berlin finden Sie hier.

Weiterführende Links

Paritätischer gegen Rechtsextremismus

Website „Hand in Hand“

Demonstrationen gegen Rechtsextremismus am 20. und 21.1.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 18.01.2024

Diese Wochen sollen eine Reform des Staatsbürgerrechts sowie das sog. „Rückführungsverbesserungsgesetz“ verabschiedet werden.

Nachdem sich eine Einigung der Ampel in der Migrationspolitik zuletzt verzögert hatte, sollen diese Woche eine Reform des Staatsbürgerrechts sowie das sogenannte “Rückführungsverbesserungsgesetz” im Deutschen Bundestag beschlossen werden. Der Paritätische Wohlfahrtsverband begrüßt, dass im Vergleich zu vorherigen Entwürfen nun ein Rechtsanspruch auf eine Pflichtverteidigung u.a. für von Abschiebehaft betroffene Menschen vorgesehen ist. Die weiterhin geplante massive Verschärfung des Abschiebungsrechts selbst kritisiert der Verband jedoch ungebrochen scharf als “inhumane Symbolpolitik”.

“Vorgesehen sind weitreichende Eingriffe in Grund- und Menschenrechte, die in keinem Verhältnis zur Wirksamkeit des Gesetzes stehen”, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Besonders kritisch bewertet der Paritätische, dass die Möglichkeit zur Inhaftierung massiv ausgeweitet werden soll und künftig selbst die Unverletzlichkeit der Wohnung und die Privatsphäre unbeteiligter Dritter missachtet würde, um ausreisepflichtige Personen finden und abschieben zu können – dies gelte selbst für Wohnungen von Familien mit Kindern und zur Nachtzeit. “Die Zahl der Geflüchteten wird dadurch nicht abnehmen, wohl aber werden sich die sozialen Probleme, bis hin zur Traumatisierung von Kindern, verschärfen. Dass Betroffenen angesichts dieser offenen Missachtung von Grund- und Menschenrechten jetzt wenigstens ein Pflichtverteidiger zugestanden wird, ist ein kleiner Hoffnungsschimmer für unseren Rechtsstaat, sollte aber doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein”, so Schneider.

Zutiefst besorgt ist der Verband darüber, dass im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens auch geregelt werden soll, dass Asylbewerbern künftig erst nach drei Jahren existenzsichernde Sozialleistungen gewährt werden sollen. Die geplante Modernisierung des Staatsangehörigkeitsgesetzes, die ebenfalls beschlossen werden soll, begrüßt der Verband im Grundsatz, warnt aber ausdrücklich davor, dass im Gesetzentwurf nach wie vor Verschärfungen im Hinblick auf die Anforderungen an die Lebensunterhaltssicherung enthalten sind. Über ergänzende Verwaltungsvorschriften solle zwar eine Härtefallregel definiert werden, diese habe aber keinen Gesetzescharakter. “Hier hätten wir uns eine rechtlich verbindliche Lösung gewünscht, um eine Diskriminierung bspw. von Menschen mit Behinderungen, Alleinerziehenden oder älteren Menschen rechtssicher auszuschließen”, so Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 17.01.2024

Das Forum der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen veröffentlicht Stellungnahme.

Der Paritätische findet klare Worte zu dem „geheimen“ Treffen von führenden AFD-Größen, Mitgliedern der Werte-Union, Bundestagsabgeordneten, bekannten Neonazis und finanzstarken Unternehmer*innen, geäußert, bei dem sich Teilnehmende zu einem rassistischen „Masterplan“ zur Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland – mit und ohne deutschem Pass – austauschten. Im Folgenden ein Statement des Vorsitzenden sowie eine Stellungnahme des Forums der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen (FdM).

Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbands:

„Mit Abscheu und Entsetzen haben wir die Berichte zu den geplanten Massendeportationen, die Rechtsextreme nach ihrer Machtergreifung ins Werk setzen wollen, zur Kenntnis genommen. Doch ein “Geheimplan” war es nie: AfD-Politiker wie Höcke und Krah breiten ihre völkisch-nationalistische Ideologie seit langem unmissverständlich in Wort und Schrift aus. Alle Demokrat*innen sind jetzt gefordert, sich geschlossen gegen alle diejenigen zu stellen, die die Würde des Menschen mit Füßen treten und Millionen Menschen in Deutschland Entrechtung und Gewalt androhen. Mit einer solchen Agenda kann es auf politischer und gesellschaftlicher Ebene keinen Ausgleich geben. Damit bedrohen sie Demokratie und Menschenrechte in Deutschland in ihrer Substanz.“

Nie wieder ist jetzt!
Stellungnahme des Forums der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen (FdM)

Das Recherchenetzwerk CORREKTIV veröffentlichte diese Woche seine Rechercheergebnisse zu einem „geheimen“ Treffen von führenden AFD-Größen, Mitgliedern der Werte-Union, Bundestagsabgeordneten, bekannten Neonazis und finanzstarken Unternehmer*innen. Bei diesem Treffen tauschten sich die Teilnehmenden zu einem rassistischen „Masterplan“ zur Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland – mit und ohne deutschem Pass – aus.

Die Vorhaben der AfD-Mitglieder und der weiteren rechten Initiativen überraschen Betroffene von Rassismus und rechter Gewalt kaum bis wenig. Rassismuskritische und demokratische Stimmen warnen seit Jahren unermüdlich vor der rechten Gefahr durch die AfD und weitere rechte institutionelle Umtriebe in Deutschland. Wenn die Öffentlichkeit zum Schauplatz menschenfeindlichen Sprechens wird, beflügelt das antidemokratische, autoritäre und rassistische Strömungen.

Gleichzeitig müssen wir zu unserem Entsetzen feststellen, dass die Ängste und Erfahrungen der Menschen, die von eben dieser rechten Ideologie und ihren Gefahren betroffen sind, in der medialen Öffentlichkeit und im politischen Geschehen noch viel zu wenig Berücksichtigung finden. Obwohl die Entwicklung der rechten Diskurse und das Erstarken von rechten Parteien und Bewegungen in den letzten Jahren öffentlich bekannt und nicht zu übersehen war, wird diese Gefahr für die Demokratie in unserem Land – und somit für alle hier lebenden Menschen – bis heute nicht ernst genommen. Doch für sehr viele Menschen ist diese Gefahr nicht nur theoretischer Natur: Die Sorge und das Bangen um eine sichere Zukunft in Deutschland ist für sie ganz real und existentiell.

Die bevorstehenden Landtagswahlen in drei Bundesländern mit sich schon jetzt abzeichnenden hohen Umfragewerten für die AfD können ein weiterer Schritt in Richtung eines Point-of-no-return sein. Weder die perfide Strategie einiger Parteien, sich Themen der AfD zu eigen zu machen, noch das „Verlassen“ auf demokratische Strukturen hat das Erstarken rechter Politik verhindert. Eine „Das wird schon nicht passieren“-Rhetorik kann unsere Gesellschaft nicht mehr leisten!

Als Forum und Sprecher*innen für über 300 Paritätische Organisationen von Menschen, die sich für ein demokratisches, diskriminierungskritisches und friedliches Miteinander einsetzen, vermissen wir den gesellschaftlichen Aufschrei und ein entschiedenes politisches Handeln der Demokrat*innen!

Jetzt ist nicht mehr die Zeit des Überrascht- und Entsetztseins. Jetzt ist die Zeit für strukturelle Maßnahmen zur Stärkung der Demokratie und zur Bekämpfung von solchen menschen- und demokratiefeindlichen „Plänen“. Jetzt ist es an der Zeit, dass Demokrat*innen jeglicher Couleur enger zusammenrücken und sich in all ihrem Handeln diese sehr reale Gefahr vor Augen führen. Jetzt ist die Zeit, aufzustehen, Haltung zu zeigen und aktiv zu werden: Gegen Rassismus und gegen jede Art der Menschenfeindlichkeit. Nie wieder ist jetzt!
Deniz Greschner, Sprecherin des Forums der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen
Mahmut Hamza, Sprecher des Forums der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen

Zum Forum der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen (FdM):

Im Forum der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen (FdM) sind über 300 Migrantenorganisationen aus dem gesamten Bundesgebiet zusammengeschlossen. Es hat sich 2007 unter dem Dach des Paritätischen gegründet, um die Interessen von Migrantenorganisationen zu stärken und zu repräsentieren. Mehr Informationen zum Forum finden Sie hier.

Dokumente zum Download

Stellungnahme des Forums der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen (FdM) (68 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 12.01.2024

Aus Sicht des Wohlfahrtsverbands sind die geplanten Maßnahmen unverhältnismäßig und können auch verfassungswidrig sein.

In einem Brief appelliert der Paritätische an die Abgeordneten der Ampel-Fraktionen im Deutschen Bundestag, den Vorschlägen der Bundesregierung zur Wiedereinführung und gravierenden Verschärfung von Sanktionsmöglichkeiten gegenüber erwerbslosen Menschen nicht zu folgen. Aus Sicht des Wohlfahrtsverbands sind die geplanten Maßnahmen unverhältnismäßig und können auch verfassungswidrig sein. Durch die Streichung existenzsichernder Regelleistungen würden die Betroffenen, die vielfach eigentlich auf individuelle Beratung und Hilfe in schwierigen Lebenssituationen angewiesen wären, in Not und Überschuldung getrieben.

Der Paritätische kritisiert die Pläne der Ampel-Koalition als “Symbolpolitik”. Der Vorwurf, “Menschen unverschuldet in Not zu bringen und vorhandene Ressentiments gegen Erwerbslose zu bestärken, ist nicht von der Hand zu weisen”, heißt es in dem Schreiben. Etwa ein Drittel der Leistungsbeziehenden in der Grundsicherung für Arbeitsuchende seien von psychischen Beeinträchtigungen betroffen. Bei vielen, die von Sanktionen bedroht sind, lägen körperliche Beeinträchtigungen, Sprachprobleme und Leseschwächen vor. Die Kalkulation zum möglichen Einsparpotenzial durch die geplanten Maßnahmen hält der Verband entsprechend für vollkommen unrealistisch. “Um 170 Millionen Euro im Jahr einzusparen, müssten etwa 150.000 Bürgergeldbeziehende entsprechend sanktioniert werden. So viele willentliche Verweigerer gibt es nicht”, stellt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands klar. 

“Es ist ein Zerrbild, dass die Menschen sich in großer Zahl in die soziale Hängematte legen. Zahlreiche Betroffene befinden sich vielmehr in einer schlimmen Notsituation: Einige sind psychisch krank, andere haben Suchtprobleme. Viele Menschen bräuchten nach Jahren der Langzeitarbeitslosigkeit mindestens eine sehr intensive Begleitung, um eine Chance zu haben, ins Arbeitsleben zurückzukehren”, so Schneider. Statt Drohgebärden und Strafen, die existenzielle Nöte noch verschärften, brauche es pragmatische Unterstützungsmaßnahmen.

Der Verband weist darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht die Hürden für so weitgehende Sanktionen, wie sie vorgesehen sind, außerordentlich hoch gelegt hat. “Es dürfte aller Voraussicht nach zu einer hohen Zahl von Widersprüchen und Klagen kommen – im Zweifelsfalle erneut bis nach Karlsruhe”, warnt der Verband die Bundestagsabgeordneten.

Wie auch andere Organisationen werde sich der Paritätische nicht verweigern, von Vollsanktionen betroffene Menschen bei der Wahrung ihrer Rechte zu unterstützen und ungerechtfertigte Sanktionen abzuwenden. Der Paritätische hofft auf Vernunft und Weitblick der Abgeordneten: “Noch besteht die Gelegenheit, die geplanten Kürzungen und mit ihnen eine Vielzahl von Widerspruchsverfahren und Klagen abzuwenden.” 

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Brief des Paritätischen an die Abgeordneten (124 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 10.01.2024

In einem Aufruf fordert der Paritätische Gesamtverband gemeinsam mit ver.di, Greenpeace, dem BUND, der Volkssolidarität, AWO, Diakonie und dem VdK die Bundesregierung auf, die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an die Bürger*innen in Form eines Klimageldes zurückzugeben.

Angesichts der Anhebung des CO2-Preises zum 1. Januar 2024 auf 45 €/t fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband im Bündnis mit ver.di, dem BUND und weiteren Umwelt-, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden die schnelle Einführung eines sozialen Klimageldes.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer Paritätischer Gesamtverband: „Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung sozialen Ausgleich beim Klimaschutz auf die lange Bank schiebt. Das Klimageld muss endlich kommen! Es geht nur ökosozial.“

In dem gemeinsamen Aufruf heißt es, die Verteuerung fossiler Energie durch steigende CO2-Preise sei angesichts der Klimakrise notwendig. Gleichzeitig brauche es einen sozialen Ausgleich. Die Preissteigerungen würden besonders stark mittlere und untere Einkommenshaushalte treffen.

„Die schnelle Einführung eines Klimageldes entlastet besonders die unteren und mittleren Einkommen. Zugleich belohnt es diejenigen, die weniger CO2 verbrauchen. Eine soziale Staffelung des Klimageldes würde die Verteilungswirkung noch verbessern. Ein solcher sozialer Ausgleich erhöht die gesellschaftliche Akzeptanz für den Klimaschutz“, so das Bündnis. Darüber hinaus müsse kräftig in Klimaschutz, Bildung, Gesundheit, Pflege, Wohnen und ökologische Infrastruktur investiert werden. Dafür solle die Schuldenbremse reformiert werden: Zukunftsinvestitionen müssen von der Schuldenbremse ausgenommen und über Kredite finanziert werden können.

„Die Bundesregierung muss Wort halten und, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, das Klimageld als sozialen Ausgleichmechanismus schnellstmöglich einführen“, so die gemeinsame Forderung vom Paritätischen Gesamtverband, ver.di, Greenpeace, dem BUND, der Volkssolidarität, AWO, Diakonie und dem VdK. 

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Aufruf: Klimageld jetzt – für sozial gerechten Klimaschutz (513 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 10.01.2024

Heute Nacht haben sich die Europäische Kommission, der EU-Rat sowie das Europäische Parlament auf eine Europäische Asylrechtsreform geeinigt, mit der Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen zur Regel würden.

Mit Entsetzen reagiert der Paritätische Wohlfahrtsverband auf den Kompromiss für ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS), auf den sich die EU-Institutionen in der vergangenen Nacht geeinigt haben. Dass der Kompromiss bei den asylrechtlichen Verschärfungen nicht einmal Ausnahmen für Kinder und ihre Familien vorsieht, sei durch nichts zu rechtfertigen. Der Paritätische appelliert an die Bundesregierung, sich dem zunehmenden Rechtsruck in der EU entgegenzustellen.

Nach Auffassung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes sei in der letzten Nacht ein tief inhumaner Asylkompromiss geschlossen worden, mit dem Europa weiter nach rechts rücke. „Menschenrechtsfeindliche Haftlager und der Freiheitsentzug Schutzsuchender während des Asylverfahrens drohen mit dieser Reform zur Normalität zu werden. Dass nicht einmal Kinder und ihre Familien geschützt werden, ist schockierend“, kritisiert Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. „Wir appellieren eindringlich an die Bundesregierung, sich dem zunehmenden Rechtsruck in der EU entgegenzustellen. Der weiteren Abschottung der EU und der weiteren Auslagerung des Flüchtlingsschutzes muss Einhalt geboten werden.“ Es sei entgegen dem Kompromiss Aufgabe der Bundesregierung, sich für die Einhaltung der geltenden Menschenrechte und eine menschenwürdige Aufnahme von Flüchtlingen in der EU einzusetzen. 

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 20.12.2023

Am Freitag diskutierten die Bundestagsabgeordneten Silvia Breher (CDU), Sarah Lahrkamp (SPD), Heidi Reichinnek (Die Linke) und Nina Stahr (B90/Die Grünen) in der Heldinnen-Debatte der Stiftung Alltagheld:innen, wie eine Kindergrundsicherung aussehen müsste, von der alleinerziehende Familien profitieren. Rund 100 Menschen aus verschiedensten Institutionen und Organisationen bundesweit folgten der Einladung der Stiftung Alltagsheld:innen, des Bundesverbands alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) und des Bundesverband Selbsthilfe-Initiative Alleinerziehender (SHIA) zur Diskussionsrunde.

Die Familienpolitikerinnen debattierten mit den Alleinerziehenden-Organisationen Knackpunkte des
Gesetzentwurfs – darunter die unzureichende Abstimmung mit anderen Rechtsbereichen oder die fehlende Berücksichtigung von Umgangsmehrbedarfen. Die Veranstalterinnen legten außerdem noch einmal in punkto Erwerbsanreize und Rahmenbedingungen für Alleinerziehende den Finger in die Wunde.

Miriam Hoheisel, Geschäftsführerin des VAMV-Bundesverbands, urteilte über die bisherigen Regelungen im Gesetzentwurf mit Blick auf Kindesunterhalt, der parallel den Zusatzbetrag und das Wohngeld reduziert: „Die Kindergrundsicherung darf die Schnittstellenprobleme nicht wieder verschärfen und  hinter bereits umgesetzte Reformen wie die des  Kinderzuschlags 2019 zurückfallen.
Das wäre vor allem für Ein-Eltern-Familien fatal.“ Kritik gab es auch von Anja Klamann, Vorstandsmitglied bei SHIA, an der fehlenden Berücksichtigung von Umgangsmehrbedarfen: „Der Kinderzusatzbetrag inklusive der Wohnkosten für das Kind soll zwischen den Elternteilen aufgeteilt werden. Ein-Eltern-Haushalte erhalten so nur noch Leistungen für das Kind für die Tage, an denen es sich in ihrem Haushalt aufhält. So entsteht eine Unterfinanzierung, das Risiko von Kinderarmut wird damit erhöht statt bekämpft“.

Heidi Thiemann, geschäftsführende Vorständin der Stiftung Alltagsheld:innen, übte Kritik an der Koppelung von Unterhaltsvorschuss an Einkommen bereits ab dem 7. Lebensjahr des Kindes: „Für Alleinerziehende ist das ein eklatanter Schritt zurück, und das trotz hoher  Kinderarmut. Es braucht verlässliche Kinderbetreuung und familienfreundliche Arbeitszeiten, keine  Erwerbsanreize für Alleinerziehende. Selbst der Bundesrat fordert die Rücknahme dieser verschärften Anspruchsvoraussetzungen.“

KRITIK DER ALLEINERZIEHENDEN -ORGANISATIONEN FINDET GEHÖR

Die Bundestagsabgeordneten bezogen zu den Kritikpunkten Position. Die familienpolitische Berichterstatterin der SPD-Fraktion, Sarah Lahrkamp, verlieh der Notwendigkeit einer gerechteren Verteilung Nachdruck: „Es ist an der Zeit, dass Familien, insbesondere Alleinerziehende, die tagtäglich hart arbeiten und dennoch jeden Euro umdrehen müssen, die Unterstützung erhalten, die ihren Kindern zusteht. Deswegen setzen wir uns zurzeit im parlamentarischen Verfahren intensiv dafür ein, dass die Verteilungsfrage in unserer Gesellschaft zugunsten einer stärkeren und gerechteren Zukunft unserer Kinder gelöst wird.“

KRITIK AN ERWERBSANREIZEN VON ALLEN ABGEORDNETEN

Die in der Kindergrundsicherung vorgesehenen  Erwerbsanreize für Alleinerziehende ernteten unisono
von allen Abgeordneten Kritik. Nina Stahr, Mitglied im Familienausschuss und bildungspolitische Sprecherin von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, betonte mit Blick auf Alleinerziehende: „Es geht an der Lebenswirklichkeit vorbei, ihnen Erwerbsanreize zu setzen. Und auch die temporären Bedarfsgemeinschaften nehmen wir genau unter die Lupe. Erfreulich ist, dass wir den Kindergeldübertrag abschaffen, den Kindergarantiebetrag automatisch an die Preisentwicklung anpassen und ein Teil der Alleinerziehenden mit der Kindergrundsicherung mehr vom Unterhalt behält.“

Die Oppositionspolitikerinnen beanstandeten die  Kindergrundsicherung in der jetzigen Form. So bemängelte Heidi Reichinnek (Die Linke), dass ausgerechnet Alleinerziehende „wegen eines angeblich nötigen Erwerbsanreizes noch weiter gegängelt werden. Dass der Finanzminister dabei mit schlicht falschen Zahlen zur Erwerbsquote hantiert“, sich bis heute dafür aber nicht entschuldigt habe, sei ein Skandal. „Eine echte Kindergrundsicherung bedeutet auch spürbare
Leistungserhöhungen, alles andere ist Augenwischerei“, stellte Reichinnek klar.

Laut Einschätzung von Unionspolitikerin Silvia Breher bringe die derzeitige Kindergrundsicherung „insbesondere für Alleinerziehende neue und zusätzliche Nachteile mit sich.“ Zudem werde, statt Bürokratie abzubauen, neue kostenträchtige Bürokratie geschaffen. „Was wir brauchen, sind einfache, automatisierte und digitale  Verfahren. Was wir vor allem auch für Alleinerziehende
brauchen, sind zielgenaue Unterstützungsleistungen und gute Rahmenbedingungen. Nur durch einen aufeinander abgestimmten Maßnahmenmix geben wir den Kindern gute Startchancen für ihr Leben.“

Die Held:innen-Debatte ist ein Online-Diskussionsformat der Stiftung Alltagsheld:innen. Seit  2022 lädt die Stiftung zu verschiedenen Dachthemen Gäste aus Verbänden, Organisationen, Politik oder Wissenschaft zum Austausch ein.

Quelle: Pressemitteilung Stiftung Alltagsheld:innen,
Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) und Bundesverband Selbsthilfe-Initiative Alleinerziehender (SHIA) vom 14.12.2023

„ Alles wird teurer – das trifft in getrennten Familien alle: Alleinerziehende, die trotz steigender Lebenshaltungskosten über die Runden kommen müssen wie auch die unterhaltszahlenden Elternteile. Die Düsseldorfer Tabelle muss hier eine gute Balance vorgeben, damit Kinder gut versorgt werden können. Mit der Tabelle 2024 kommt allerdings auf Alleinerziehende und ihre Kinder eine Schieflage zu“, bemängelt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e. V. (VAMV).

Die Düsseldorfer Tabelle gibt Richtwerte für die Höhe des Kindesunterhalts abhängig vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen vor. Zentrale Stellschrauben für eine ausgewogene Balance zwischen Kindern und Barunter-haltspflichtigen sind: Zuschnitt der Einkommensgruppen, wie der Kindesunterhalt in diesen Gruppen steigt, sowie die Selbstbehalte. Grundlage der Düsseldorfer Tabelle ist der gesetzliche Mindestunterhalt. Der Bundesjustizminister hat per Verordnung festgelegt, dass der Mindestunterhalt im Jahr 2024 steigt, z.B. für ein Kind zwischen 6 und 11 Jahren von 502 Euro auf 551 Euro. Hintergrund für diesen deutlichen Anstieg ist die Inflation. Zusätzlich haben die Familienrichter‘*innen der Senate der Oberlandesgerichte und die Unterhaltskommission des Deutschen Familieng-richtstags mit der neuen Düsseldorfer Tabelle noch an den anderen Stellschrauben gedreht.

„Parallel zu einem Neuzuschnitt der Einkommensgruppen steigen nächstes Jahr auch die Selbstbehalte wieder deutlich an – diese doppelte Entlastung lässt ein Augenmaß im Sinne der Kinder vermissen“, bemängelt Jaspers. Der notwendige Selbstbehalt ist bereits 2023 um 210 Euro auf 1.370 Euro gestiegen, 2024 liegt er bei 1.450 Euro. Der neue Zuschnitt der Einkommensgruppen bedeutet: Die Gruppe der Kinder, die künftig von Mindestunterhalt leben muss, wird deutlich vergrößert und umfasst nun alle Kinder, deren unterhaltspflichtiger Elternteil bis zu 2.100 Euro bereinigtes Netto verdient (zuvor: 1.900 Euro). Der Mindestunterhalt entspricht dem bloßen Existenzminimum. Auch alle weiteren Einkommensgruppen verschieben sich in höhere Einkommensbereiche, was für die Kinder eine fatale Wirkung hat: Bei gleichem Einkommen ihres Elternteils können sie in eine niedrigere Einkommensgruppe rutschen. In Folge kommt der Inflationsausgleich beim Kindesunterhalt bei ihnen nicht vollständig an, es fehlt das Geld für existenzielle Lebensbedarfe. Ein Kind, dessen unterhaltszahlender Elternteil ein bereinigtes Nettokommen von 2.400 Euro hat, erhält dann nicht 54 Euro mehr Unterhalt, sondern nur ein Plus von 26 Euro.

„Diese Verschlechterung durch die Hintertür kritisieren wir ausdrücklich! In Zeiten, in denen die Armut in den Haushalten Alleinerziehender groß ist und die Bekämpfung von Kinderarmut ganz vorne auf die politische Agenda gehört, ist diese Entscheidung der Familienrichter*innen nicht nachvollziehbar. Das ist ganz entschieden ein falsches Signal“, bemängelt Jaspers.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e. V. (VAMV) vom 14.12.2023

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 29. Januar 2024

Veranstalter: Deutscher Juristinnenbund e.V.

Ort: Berlin

Es gibt etwas zu feiern: Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) ist nun 75 Jahre alt!

Gegründet wurde der djb am 28. August 1948 in Dortmund. 2018 haben wir dort nach dem Motto „Viel erreicht – noch viel zu tun“ den 70. Geburtstag gefeiert – aber die Welt hat sich seitdem gewandelt. Schon das Jahr 2022 war neben vielen Konflikten auf der ganzen Welt vom Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine geprägt. Im Jahr 2023 kamen zahlreiche humanitäre Krisen weltweit hinzu, wie Terror und Krieg im Nahen Osten oder die Massenvertreibung geflüchteter Afghan*innen aus Pakistan. 

Wir fragen daher: Welche Rolle kann oder muss eine frauenpolitisch informierte, eine feministische Ausrichtung von Außenpolitik spielen? Was sind Kernthesen und vielleicht auch neue Mittel zur Gestaltung von Frieden? Wie kann Deutschland das transformative Potential feministischer Außenpolitik mitgestalten? Was hat der djb hier zu bieten? Was sollte der djb nach seiner Satzung auf diesem Feld tun – und müsste er weiterentwickelt werden?

Zum 75. Verbandsjubiläum haben wir Expertinnen gewonnen – für Völkerrecht, für Völkerstrafrecht, für Klima- und Umweltrecht, für Migrationsrecht. Wir wollen auf theoretische Grundlagen einer feministischen Außenpolitik blicken, auf Erwartungen an sie und auf ihre rechtliche und tatsächliche Umsetzung. Wie sieht insofern unsere Zukunft aus? 

Wir laden Sie herzlich ein, das 75. Verbandsjubiläums mit uns – in Kooperation mit der Professur für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien der Humboldt-Universität zu Berlin – zu feiern!

Die Veranstaltung findet statt am 29. Januar 2024, 10.00 bis 12.00 Uhr im Auditorium des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrums der Humboldt-Universität zu Berlin, Geschwister-Scholl-Str. 1/3. Sie wird, da die Zahl der Plätze begrenzt ist, sowohl live gestreamt als auch aufgezeichnet. Den Link zur Anmeldung zur Teilnahme vor Ort (Anmeldung bitte bis 12. Januar 2024) oder am Stream  (Anmeldung bitte bis 28. Januar 2024) und weitere Informationen finden Sie hier: https://www.djb.de/termine/details/v240129

Termin: 06. Februar 2024

Veranstalter: Evangelische Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirchengemeinde 

Ort: Berlin

Der Breitscheidplatz wurde 1947 nach dem von den Nationalsozialisten ermordeten Sozialdemokraten Rudolf Breitscheid (1874-1944) umbenannt. Mit dieser Veranstaltung erinnern wir an das politische Wirken seiner vergessenen Lebensgefährtin.

Seit 1901 engagierte sich Tony Breitscheid in der Frauenbewegung. Sie kämpfte für das gleiche, direkte und geheime Wahlrecht von Männern und Frauen. 1912 schloss sie sich der SPD an; sie engagierte sich in den sozialdemokratischen Frauenbewegungen, in der Friedensbewegung und schrieb für sozialistische Zeitschriften. 1933 musste sie fliehen, sie wurde 1941 von Frankreich an Deutschland ausgeliefert. Nach den Jahren im Konzentrationslager, die sie mit ihrem Mann teilte, emigrierte sie nach Dänemark.

Die Referentin Dr. Gisela Notz (www.gjsela-notz.de) ist Sozialwissenschaftlerin und Historikerin. Aufgrund eigener Recherchen kann sie das Leben und Wirken von Tony Breitscheid erstmals zusammenhängend darstellen.

Termin: 08. Februar 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

In dieser Inforeihe steht das Internetportal https://www.recht-auf-geburtsurkunde.de/ im Fokus. Es ist Teil des Projekts „Papiere von Anfang an“ des Deutschen Instituts für Menschenrechte, gefördert von der CMS Stiftung. Die Website www.recht-auf-geburtsurkunde.de informiert über die kinder- und menschenrechtlichen Vorgaben zum Recht auf eine Geburtsurkunde. Neben einem FAQ rund um Fragen zur Geburtenregistrierung von Kindern, deren Eltern ihre Identität nicht nachweisen können, wurde die Website 2023 auf Englisch und Arabisch übersetzt sowie um ein FAQ in Einfacher Sprache und einen Online-Wegweiser für Eltern ergänzt. Sophie Funke stellt die Website und die damit zusammenhängenden kinderrechtlichen Vorgaben vor. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Dort befasst sie sich u.a. mit den Themen Zugang zum Recht von Kindern und Jugendlichen, Kindgerechte Justiz und Flucht.

An der Veranstaltung wirkt mit:
Sophie Funke, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Deutsches Institut für Menschenrechte, Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention
Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Termin: 20. Februar 2024

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. 

Die digitale Veranstaltung richtet sich an Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, die in ihrer Arbeit mit grenzüberschreitenden Kindschaftskonflikten in Berührung kommen können. Gegenstand der Veranstaltung sind die Herausforderungen von Sorge- und Umgangsrechtskonflikten in grenzüberschreitenden Zusammenhängen. Hierbei werden rechtliche Grundlagen vorgestellt, ein besonderes Augenmerk auf Fälle von Kindesentführung gelegt und insbesondere Handlungs- und Präventionsmöglichkeiten erläutert.

Anmeldungen bitte bis spätestens 16.01.2024.

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter:

https://www.deutscher-verein.de/de/va-24-internationale-familienstreitigkeiten-sorge

Termin: 05. März 2024

Veranstalter: evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V.

Das Buch „Mythos Mutterinstinkt – Wie moderne Hirnforschung uns von alten Rollenbildern befreit und Elternschaft neu denken lässt“ erzählt von bahnbrechenden Forschungsergebnissen, die Elternschaft in einem ganz neuen Licht erscheinen lassen. Dabei räumt es mit einem historischen Mythos auf: Es zeigt, wie es zur Erfindung des Mutterinstinkts kam.

Mehr Informationen und das Anmeldeformular finden Sie hier:

https://www.eaf-bund.de/service/veranstaltungen/2024-03-05-mythos-mutterinstinkt-entlastend-erhellend-und-ermutigend-k-o21

Termin: 06. und 07. März 2024

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. 

Ob und in welchem Umfang Leistungen der Sozialhilfe zu erbringen sind, hängt maßgeblich vom erzielten Einkommen und vorhandenen Vermögen der Leistungsberechtigten ab. Vor Inanspruchnahme der Leistungen ist daher von den zuständigen Leistungsträgern zu prüfen, inwiefern und in welchem Umfang anrechenbares Einkommen und einzusetzendes Vermögen vorhanden ist.

Die Veranstaltung richtet sich an Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Sozialhilfe, die über keine oder nur geringe Vorkenntnisse verfügen, sowie an erfahrene Mitarbeiter/innen, die ihre Kenntnisse auffrischen möchten. Ziel der Fachveranstaltung ist es, einen vollständigen Überblick und grundlegende Kenntnisse über den Einsatz von Einkommen und Vermögen nach dem SGB XII kompakt und praxisnah zu vermitteln.

Das Programm sowie die Möglichkeit zur Onlineanmeldung finden Sie unter: https://www.deutscher-verein.de/de/veranstaltungen-2024-der-einsatz-von-einkommen-und-vermoegen-in-der-sozialhilfe-sgb-xii–5388,3039,1000.html

Anmeldungen bitte bis spätestens 04.02.2024.

WEITERE INFORMATIONEN

In ihrer neuen Streitschrift zeigt Marie-Luise Conen kritische Entwicklungen in den sozialpädagogischen Familienhilfen und insbesondere der Aufsuchenden Familientherapie auf. Sie macht deutlich, wie wichtig die Einhaltung professioneller Standards ist – gerade vor dem Hintergrund der angespannten Lage in den Jugendämtern.

Ein wichtiger Beitrag zur aktuellen Diskussion um Wirksamkeit und Qualität!

Wo bleibt die Qualität in den aufsuchenden Erziehungshilfen?

Eine Streitschrift von Marie-Luise Conen

64 Seiten, kart., 11,25 €, für Mitglieder des Deutschen Vereins 9,00 €.

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Archiv Pressemitteilung

Eckpunkte des BMJ zur Reform des Kindschafts- und Abstammungsrechts: ZFF begrüßt Vorhaben grundsätzlich, Vorschläge bleiben aber teilweise hinter Erwartungen zurück

Berlin, 18.01.2024 Anlässlich der Veröffentlichung der Eckpunkte zum Abstammungs-, Sorge-, Umgangs- und Adoptionsrecht durch das Bundesministerium der Justiz (BMJ) begrüßt das ZFF zunächst die Bestrebungen, gesellschaftlich überholte Regelungen neu zu fassen. Aus Perspektive des ZFF kommt in den Vorschlägen der Vorrang des Kindeswohls aber zu kurz. Zudem wird den Herausforderungen vielfältiger Familienkonstellationen nicht immer ausreichend Rechnung getragen.

Die ZFF-Vorsitzende Britta Altenkamp erklärt dazu: „Für das ZFF ist Familie überall dort, wo Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen, Fürsorge tragen und Zuwendung schenken. Das Familienleben ist vielfältig und bunt: Biologische, rechtliche und soziale Elternschaft sind nicht zwingend deckungsgleich. Sowohl verschiedenste Konstellationen als auch Übergänge in Familienbiografien sind Teil der sozialen Realität. Wir begrüßen es daher sehr, dass nun endlich Eckpunkte für Reformen des Familienrechts vorliegen.“

Im Hinblick auf das Abstammungsrecht bemerkt Altenkamp: „Die Verbesserungen für Zweimütterfamilien bewerten wir eindeutig als positiv. Statt wie bisher auf die Stiefkindadoption verwiesen zu sein, sollen Frauen nun auch durch Ehe oder Anerkennung rechtlicher Elternteil ihrer Kinder werden. Auch die vorgesehene notarielle Elternschaftsvereinbarung vor Empfängnis bei privater Samenspende sehen wir als einen echten Fortschritt. Die verbesserten Möglichkeiten für Kinder, Auskunft über ihre biologische Herkunft zu erhalten, befürworten wir ebenfalls. Gleichwohl kritisieren wir, dass beispielsweise die Situation von trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Eltern kaum erwähnt wird. Hier sehen wir weiterhin dringenden Klärungsbedarf.“

Bezüglich des Kindschaftsrechts fordert Altenkamp: „Für uns gilt weiterhin, dass vielfältige Familienformen vielfältige Regelungen brauchen. Im Sinne des Kindeswohls ist es daher wichtig, nach einer Trennung der Eltern jede Familie mit ihrem individuellen Bedarf wahrzunehmen und das für sie passende Umgangsmodell zu finden. An einigen Stellen im Papier sehen wir die Gefahr, dass das Wechselmodell in Zukunft erzwungene Norm wird. Das sehen wir äußerst kritisch. Die Erleichterung zur Erlangung des gemeinsamen Sorgerechts bei gemeinsamem Wohnsitz der Eltern finden wir überflüssig. Schon heute können die Eltern z.B. im Rahmen der Vaterschaftsanerkennung die gemeinsame Sorge beim Jugendamt erklären. Die gegenwärtigen Regelungen sind aus unserer Sicht vollkommen ausreichend. Positiv bewertet das ZFF die Ausweitung des ‚kleinen Sorgerechts‘, da hiermit der wachsenden Vielfalt von Familienformen sowie der zunehmenden Entkoppelung von biologischer und sozialer Elternschaft Rechnung getragen wird.“