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ZFF-Info 15/2024 – 30 Jahre Grundgesetzzusatz

AUS DEM ZFF

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Vor 30 Jahren verpflichtete der Gesetzgeber den Staat auf den Verfassungsgrundsatz, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern durchzusetzen. Zahlreiche Gender Gaps belegen jedoch, dass diese bis heute nicht erreicht ist. Für die ökonomische Gleichstellung von Frauen und Männern ist fair geteilte Sorgearbeit von zentraler Bedeutung.

„Die ökonomische Gleichstellung von Frauen und Männern ist überfällig. Nach 75 Jahren Grundgesetz und 30 Jahren Pflicht zur aktiven Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern brauchen wir endlich die partnerschaftliche Aufteilung unbezahlter Sorgearbeit, gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit und geteilte Führungspositionen in Politik und Wirtschaft“, fordern die 32 Mitgliedsorganisationen des Bündnisses Sorgearbeit fair teilen. „Equal Pay gibt es nur im Doppelpack mit Equal Care. Damit Frauen ökonomisch auf eigenen Beinen stehen können, muss unbezahlte Sorgearbeit partnerschaftlich geteilt werden.“

Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen in Deutschland bedingen die ungleiche Aufteilung von bezahlter Erwerbsarbeit und unbezahlter Sorgearbeit. Frauen haben dadurch im Vergleich zu Männern geringere Einkommen und Vermögen, weniger wirtschaftliche und politische Macht sowie ein deutlich höheres Armutsrisiko. Um die Erwerbstätigkeit von Frauen zu stärken, muss die Übernahme von Sorgeverantwortung durch Männer gefördert werden.

Die 1994 verabschiedete Ergänzung des Artikel 3 GG ist ein klarer Auftrag an den Staat, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Gleichberechtigung der Geschlechter aktiv voranzubringen. Vorhaben wie die bezahlte Freistellung für Väter bzw. zweite Elternteile nach der Geburt eines Kindes, die Erhöhung der Anzahl der individuellen, nicht übertragbaren Elterngeldmonate oder die Einführung einer Lohnersatzleistung für Pflegephasen, die die partnerschaftliche Verteilung unbezahlter Sorgearbeit befördern, müssen in der nächsten Legislaturperiode endlich umgesetzt werden.

„Die faktische Umsetzung der Gleichstellung der Geschlechter ist höchst relevant für die Zukunftsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft – und angesichts des aktuellen Erstarkens rechtsextremer politischer Kräfte von elementarer Bedeutung für die Demokratie. Der Schulterschluss von Frauen 1994 über Parteigrenzen hinweg zeigt: Frauen müssen mit an allen Tischen sitzen, um tatsächliche Gleichstellung zu erreichen.“

Weitere Informationen: www.sorgearbeit-fair-teilen.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 14.11.2024

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Heute tritt das Gesetz zur Verhinderung von Gehsteigbelästigungen in Kraft. Schwangere werden jetzt vor Schwangerschaftsberatungsstellen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wirksam geschützt.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Ich freue mich sehr, dass das Gesetz zur Verhinderung von Gehsteigbelästigungen jetzt wirken kann. Frauen auf dem Weg zur Beratungsstelle müssen nun keinen Spießrutenlauf mehr fürchten. Das Gesetz stellt die Letztverantwortung der Schwangeren in dieser höchstpersönlichen Angelegenheit sicher. Schwangere haben das Recht auf eine unvoreingenommene Beratung und eine selbstbestimmte Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch. Mit dem neuen Gesetz stärken wir die Rechte der Frauen. Gleichzeitig geben wir den Ländern klare, praxistaugliche und rechtssichere Instrumente an die Hand und schließen dadurch eine gesetzliche Lücke.“

Durch das neue Gesetz wird das Schwangerschaftskonfliktgesetz wie folgt geändert:

 

  • Ungehinderter Zugang zu Einrichtungen: Es wird gesetzlich klargestellt, dass die Länder den Auftrag haben, den ungehinderten Zugang zu Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und zu Arztpraxen, OP-Zentren oder Krankenhäusern, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, zu gewährleisten.
  • Ratsuchende Schwangere besser schützen: Durch die Änderungen wird untersagt, dass Schwangere im unmittelbaren Umkreis der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sowie vor Arztpraxen, OP-Zentren oder Krankenhäusern bedrängt, eingeschüchtert oder zum Beispiel am Betreten gehindert werden.
  • Personal besser schützen: Das Personal der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und der Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wird ebenfalls geschützt. Ziel ist es, die ungestörte Ausübung der Tätigkeiten sicherzustellen.
  • Konsequente Ahndung: Es wird ein Bußgeldtatbestand eingeführt, nach dem die Belästigungen und Behinderungen mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 Euro geahndet werden können.

Datenlage verbessern: Zur verbesserten Übersicht über die Anzahl an Einrichtungen, die Abbrüche vornehmen, ist eine Ergänzung der Bundesstatistik nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz vorgesehen. Erstmalig können nun auch unterhalb der Landesebene Auskünfte zur regionalen Versorgungslage getroffen werden.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 13.11.2024

Stärkung der geschlechtlichen Selbstbestimmung

„Schon jetzt gehen Schätzungen von bis zu 100.000 illegalen Abtreibungen in Polen im Jahr aus. Das Urteil verschlimmert die ohnehin schon sehr schwierige Lage, in der sich die betroffenen Frauen befinden, deutlich“, so der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes, Wolfgang Stadler. „Das bisherige Reisen in umliegende Länder ist durch die Corona-Pandemie jetzt auch nicht mehr möglich, d.h. ungewollt schwangere Frauen sind komplett allein gelassen und werden zu verzweifelten Maßnahmen greifen, um die Schwangerschaft zu beenden.“ Die AWO steht für das Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung und solidarisiert sich mit den betroffenen Frauen.

Am 1. November 2024 tritt das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) in Kraft. Trans*, inter* und nicht-binäre Personen können auf Grundlage des SBGG ihren Geschlechtseintrag und Vornamen in einem einfachen Verfahren beim Standesamt ändern lassen. 

Bundesministerin Lisa Paus: „Ein ganz besonderer Tag für alle transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen sowie nicht-binären Menschen: Ab dem 1. November wird ihr Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung maßgeblich gestärkt. Mit dem Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes wird die einfache Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen jetzt endlich Realität. Und das in Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz ist Geschichte.“

Das Grundgesetz schützt die geschlechtliche Selbstbestimmung im Rahmen der Persönlichkeitsrechte. Mit dem Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften, kurz dem Selbstbestimmungsgesetz, werden diese Rechte für trans-, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen maßgeblich gestärkt.

Das Selbstbestimmungsgesetz wurde am 12. April 2024 im Bundestag verabschiedet und am 21. Juni 2024 im Bundesgesetzblatt verkündet. Bereits zum 1. August 2024 trat § 4 SBGG in Kraft, der die Anmeldung der Änderung beim Standesamt betrifft. Dieser Paragraf sieht vor, dass die Änderung des Geschlechtseintrags und von Vornamen drei Monate vor Abgabe der Erklärung beim Standesamt angemeldet werden muss.

Mit dem SBGG folgt Deutschland 16 weiteren Staaten, die bereits vergleichbare Regelungen zur Verwirklichung der Geschlechtsidentität vorsehen. Deutschland setzt dahingehende Empfehlungen internationaler Organisationen um, wie etwa dem Europarat oder der EU-Kommission.

Das neue Gesetz löst das Transsexuellengesetz (TSG) aus dem Jahr 1980 ab, das vom Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen der letzten Jahrzehnte in wesentlichen Teilen für verfassungswidrig erklärt wurde. Ein Begutachtungs- und Gerichtsverfahren, wie es das TSG vorsah, ist somit für die Änderung nicht mehr erforderlich. 

Alle Informationen zum Selbstbestimmungsgesetz: FAQs beantworten wichtige Fragen

Fragen zum SBGG haben das Bundesfamilienministerium gemeinsam mit dem Bundesministerium der Justiz und dem Bundesministerium des Innern und für Heimat ausführlich aufbereitet. Dabei werden beispielsweise die Anmeldung, Abgabe der Erklärung zur Änderung von Geschlechtseintrag und Vornamen sowie die anschließende Änderung der Registereinträge erläutert. Auch zu spezifischen Fallkonstellationen und zur Frage der Vornamenswahl finden sich ausführliche Erläuterungen in den FAQs.

Die FAQ zum SBGG finden Sie auf www.bmfsfj.de/faq-sbgg

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 31.10.2024

Mehr Hilfe und Unterstützungsangebote für von Gewalt betroffene Frauen fordert die CDU/CSU-Fraktion in einem Antrag (20/13734). Häusliche Gewalt sei seit langem ein gesamtgesellschaftliches Problem. Betroffene fänden sich in allen sozialen Schichten der Gesellschaft und dennoch gelte sie als Tabu-Thema. Stigmatisiert würden immer noch vorrangig die Opfer, schreiben die Abgeordneten. Weiter führen sie aus, dass es nur rund 400 Frauenhäuser gebe. Dies entspreche knapp 7.700 Frauenhausplätzen. Laut Schätzungen von Experten seien mindestens 14.000 weitere Plätze nötig, um bundesweit eine flächendeckende und bedarfsorientierte Versorgung mit Schutzeinrichtungen sicherzustellen.

Die Fraktion fordert zahlreiche Maßnahmen, unter anderem einen dritten nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen zur verlässlichen Finanzierung von Frauenhäusern und einen Rechtsanspruch auf Schutz und fachliche Beratung. Auch müssten die digitalen Plattformbetreiber in die Pflicht genommen werden, um wirksame Schutzkonzepte gegen digitale Gewalt einzuführen. Es müsse ferner sichergestellt werden, dass für Menschen mit Behinderungen ein barrierefreier, niedrigschwelliger Zugang zu Schutz-, Hilfe- und Beratungsangeboten bereitsteht.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 789 vom 14.11.2024

Die Gruppe Die Linke fordert in einem Antrag (20/13741) einen „armutsfesten Mindestlohn“ und eine Stärkung der Tarifbindung. Beides müsse sich an den Vorgaben des Europarechts orientieren, schreiben die Abgeordneten.

Laut EU-Mindestlohnrichtlinie würden 60 Prozent des Medianlohns der abhängig Beschäftigten als Referenzwert für angemessene Mindestlöhne gelten. Das entspreche derzeit etwa 15 Euro, wie die Gruppe erläuternd hinzufügt. Auch bei der Tarifbindung unterlaufe Deutschland EU-Vorgaben und liege mit nur noch knapp 50 Prozent Tarifbindung weit unterhalb der Vorgaben der EU-Mindestlohnrichtlinie.

Der Antrag fordert deshalb einen Gesetzentwurf, mit dem der in der EU-Mindestlohnrichtlinie genannte Referenzwert von 60 Prozent des Bruttomedianlohns als Untergrenze für die Höhe des allgemeinen Mindestlohns im Mindestlohngesetz gesetzlich verankert wird. Außerdem soll umgehend ein Aktionsplan erstellt werden, um die Zahl der tarifgebundenen Unternehmen zu erhöhen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 787 vom 14.11.2024

Die Gruppe Die Linke will Frauen besser vor Gewalt schützen. In einem Antrag (20/13739) kritisieren die Abgeordneten, dass eine umfassende Erhebung zum Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt, die alle Formen von Gewalt, auch digitale Gewalt, gegen Frauen und Mädchen in Deutschland umfasst, nicht existiere. „Ein vollständiges Lagebild ist aufgrund fehlender Daten seit Jahren nicht möglich, obwohl Deutschland spätestens seit der Ratifizierung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) am 1. Februar 2018 dazu verpflichtet ist.“

Die Abgeordneten verlangen unter anderem, unverzüglich einen Gesetzentwurf für ein „Gewalthilfegesetz“ vorzulegen, der mit einer Regelfinanzierung durch den Bund einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen und eine verlässliche Finanzierung des Hilfesystems garantiert und entsprechend der Istanbul-Konvention die Anzahl der Beratungsstellen und Frauenhausplätze (ein Platz auf 7.500 Einwohner) erhöht. Auch müsse die Regierung einen wirksamen nationalen Aktionsplan vorlegen, der eine allgemein gültige Definitionen von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt enthält und bundesweite Ziele zur Umsetzung der Konvention setzt, die die Rechte der Opfer in den Mittelpunkt stellen und der alle Formen von Gewalt gegen Frauen beachtet.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 787 vom 14.11.2024

Eine Steuergutschrift für Alleinerziehende fordert die Gruppe Die Linke in einem Antrag (20/13633). „Alleinerziehende zahlen bei gleichem Einkommen im Vergleich zu Ehepaaren, die vom Splittingvorteil profitieren, erheblich mehr Steuern. Dies ist ungerecht, da sie trotz zusätzlicher Belastungen höhere Abgaben leisten müssen“, schreiben die Abgeordneten darin und kritisieren die Bundesregierung dafür, ihr Ziel aus dem Koalitionsvertrag, diesen Umstand zu ändern, nicht umgesetzt zu haben.

Die Gruppe fordert die Einführung einer Steuergutschrift für Alleinerziehende, die mindestens der derzeitigen maximalen Entlastungswirkung des bestehenden Entlastungsbetrags von 2.028 Euro pro Jahr entspricht und sich jährlich dynamisch anpasst.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 770 vom 08.11.2024

Die Gruppe Die Linke möchte den Unterhaltsvorschuss ausbauen und Alleinerziehende mit Kindern dadurch stärken. In einem Antrag (20/13632) kritisieren die Abgeordneten unter anderem, dass vielen Familien die Leistungen vorenthalten werden, wenn leibliche Elternteile wieder heiraten oder eine Lebenspartnerschaft begründen. Außerdem gebe es eine institutionelle Diskriminierung im Unterhaltsvorschussgesetz für einen Teil der Drittstaatsangehörigen. Auch kämen Kindergelderhöhungen bei den Empfängern des Unterhaltsvorschusses nicht an, weil diese verrechnet würden.

Die Linke verlangt deshalb von der Bundesregierung, das Kindergeld wie bei regulärer Unterhaltsleistung lediglich hälftig anstatt voll auf die Leistungen des Unterhaltsvorschusses anzurechnen. Die Bedarfsprüfung für über zwölfjährige Kinder soll abgeschafft und das höchstmögliche Bezugsalter des Unterhaltsvorschusses an das höchstmögliche Bezugsalter des Kindergeldes gekoppelt und dementsprechend von der Vollendung des 18. auf die Vollendung des 25. Lebensjahres ausgeweitet werden. Außerdem fordert der Antrag, den Unterhaltsvorschuss auch an Elternteile zu zahlen, die einen neuen Partner oder Partnerin heiraten. Die gesetzlichen Einschränkungen für nicht freizügigkeitsberechtigte ausländische Staatsangehörige, die in Deutschland leben, sollen ersatzlos gestrichen werden, fordert Die Linke.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 770 vom 08.11.2024

Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) drängt zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Deutschland hat das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt im Oktober 2017 ratifiziert; am 1. Februar 2018 trat es in Kraft. Doch auch sechs Jahre später fehle noch immer eine nationale Strategie zur Umsetzung, kritisierte die Direktorin des Menschenrechtsinstituts, Beate Rudolf, am Mittwoch in einer Sitzung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, die öffentlich stattfand.

Bereits in ihrem Bericht über die Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland, der sich auf den Zeitraum Juli 2022 bis Juni 2023 bezieht (20/9650), hatten die Menschenrechtsexperten auf den dringenden Handlungsbedarf hingewiesen. Sie berufen sich dabei auf Empfehlungen des unabhängigen Expertengremiums „Grevio“, das für die Überwachung der Umsetzung der Istanbul-Konvention durch die Vertragsparteien verantwortlich ist. Deutschland müsse im kommenden Jahr über Fortschritte Bericht erstatten, erklärte die DIMR-Direktorin. Die Zeit zur Umsetzung dränge.

Zudem ist die Lage ernst: Mindestens jede dritte Frau erfahre einmal in ihrem Leben physische oder sexualisierte Gewalt, betroffen seien Frauen und Mädchen aus allen Schichten, betonte Rudolf im Ausschuss. Im vergangenen Jahr zeigte auch ein Lagebild des Bundeskriminalamtes, dass die Fälle häuslicher Gewalt gegen Frauen steigen; 2023 wurden demnach insgesamt 256.276 Menschen in Deutschland Opfer häuslicher Gewalt, 70 Prozent waren weiblich. Dies war ein Anstieg um 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die Istanbul-Konvention verpflichte Deutschland dazu, Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhindern, vor ihr zu schützen und sie wirksam strafrechtlich zu verfolgen, mahnte Rudolf gegenüber den Abgeordneten: „Es geht dabei um eine ganz zentrale Voraussetzung für eine freie Gesellschaft“, so Rudolf, „dass Frauen frei von Gewalt und Bedrohung leben können“.

Konkret drängte die DIMR-Direktorin zu einer raschen Reform des Umgangs- und Sorgerechts, um das Gewaltschutzinteresse des Elternteils und der Kinder „angemessen zu berücksichtigen“. Gleichzeitig brauche es einen „flächendeckenden Zugang zu Schutz und Beratung für alle Frauen mit ihren besonderen Bedürfnissen wie Sprachkenntnissen oder Behinderungen. Fachkräfte bei Gericht und Polizei, genauso wie im Jugendamt und in der Medizin, müssten für das Thema zudem sensibilisiert werden, sagte Rudolf. Insbesondere dürften die nationale Gewaltschutzstrategie sowie eine nationale Koordinierungsstelle nicht länger fehlen.

Die Direktorin des Menschenrechtsinstituts riet auch bei anderen virulenten Menschenrechtsfragen zum Handeln: So drohe zum Beispiel gerade älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen Wohnungsnot. Wohnen sei ein Menschenrecht, Rudolf riet deshalb unter anderem dazu, bei der Wohnraumförderung nur noch die Schaffung barrierefreier Wohnungen zu fördern.

Aus menschenrechtlicher Perspektive beobachte ihr Institut “mit Sorge übermäßige staatliche Reaktionen auf Klimaproteste„, sagte Rudolf. So greife die von Bayern gegen Klimaaktivisten angewandte Präventivhaft schwer in die Grundrechte ein, erklärte Rudolf. Bei der Anordnung müssten Gerichte berücksichtigen, dass friedliche Sitzblockaden von der Versammlungsfreiheit geschützt seien. Die Störung des Verkehrs sei keine “schwerwiegende Gewalt„.

Eine Mahnung, die den Widerspruch der Unionsfraktion hervorrief. Die Störung des Straßen- und Flugverkehrs durch Klimaaktivisten sei ein Eingriff, der Menschenleben gefährde, sagte der Abgeordnete Jonas Geissler (CSU).

Rudolf räumte daraufhin ein, dass es bei den Klimademonstrationen unterschiedliche Sachverhalte gegeben habe, gleichzeitig verwies sie aber auf die Kritik internationaler Menschenrechtsgremien. So hatte ein Bericht des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Umweltschützer, Michel Forst, Bayern explizit für die Einschränkung des Demonstrationsrechts gerügt.

Schließlich erinnerte Rudolf die Ampelkoalition an ihr Vorhaben, auch für Bundestagswahlen das Mindestwahlalter auf 16 Jahre zu senken. Geschehen sei aber nichts. “Bundestag und Bundesrat sollten sich schnell mit einem entsprechenden Gesetzentwurf befassen„, mahnte die Menschenrechtsexpertin. Es gehe darum, dass junge Menschen die Zukunft des Landes mitbestimmen könnten. Nach der UN-Kinderrechtskonvention hätten sie, die 15 Millionen Kinder und Jugendliche, auch das Recht dazu.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist die unabhängige Nationale Menschenrechtsinstitution Deutschlands. Es berichtet dem Bundestag jährlich überdie Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland.

Das Video zur Sitzung auf bundestag.de: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw45-pa-menschenrechte-71-sitzung-1025796

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 765 vom 06.11.2024

Rechtliche und finanzielle Maßnahmen für die Einführung eines kostenfreien Mittagessens in Kitas und Schulen für Kinder und Jugendliche hat der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft am Mittwochvormittag diskutiert.

Die erste Empfehlung des Bürgerrates Ernährung im Wandel (20/10300) sieht ein bundesweites Gratis-Mittagessen für Kinder und Jugendliche vor. Vor allem die Fragen der Zuständigkeit und der Finanzierung müssen jedoch geklärt werden. Das Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages zur „Gesetzgebungskompetenz für kostenfreies Kita- und Schulessen“ (WD 3 – 079/24) kommt zu dem Ergebnis, dass eine direkte und zweckgebundene Finanzierung der Bereitstellung kostenfreier Mittagessen an Kitas und Schulen aus dem Bundeshaushalt nach den vorstehenden Ausführungen eine Änderung des Grundgesetzes (GG) erforderlich machen würde.

Außerdem ließe sich in Erwägung ziehen, die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer zugunsten der Länder zu verändern, um diesen über die Steuerverteilung einen finanziellen Ausgleich für die Bereitstellung der Mittagessen an Kitas und Schulen zu gewähren. Gemäß Artikel 106 Absatz 3 Satz 3 GG werden die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei dem in Bezug genommenen Bundesgesetz handele es sich um das Finanzausgleichsgesetz. Einfacher sei es jedoch, dass der Bund den Ländern für Baumaßnahmen im Bereich von Schulküchen und Schulmensen nach bestehender Rechtslage unter den Voraussetzungen des Artikels 104c GG Finanzhilfen gewähre.

Die Gruppe Die Linke verdeutlichte, wie wichtig die Umsetzung der Forderung des Bürgerrates sei. Es gebe seit Jahren Forderungen nach gesunder Ernährung und nach Bildungsangeboten, wie gesundes Essen zubereitet werden kann. Beide Aspekte würden erfüllt, wenn in Deutschland in Kitas und Schulen ein kostenloses Mittagessen angeboten werden würde. Ein schwieriger Begründungsaufwand könne nicht als Argument gelten, ein solches Vorhaben nicht umzusetzen.

Die FDP-Fraktion sprach sich für einen anderen Ansatz aus. Die Vertreterin betonte, dass die Verpflegung in Kitas und Schulen die Aufgabe der Länder und der Kommunen sei. Der Bund unterstütze bereits jetzt mit Bildungs- und Teilhabeangeboten. Einige Bundesländer hätten bereits Erfahrungen mit der Ausgabe von kostenlosem Mittagessen, in Berlin würden beispielsweise 30 Prozent der Gratis-Mittagessen weggeworfen, das sei kein erstrebenswertes Ziel.

Der Redner der AfD-Fraktion verwies auf das grundlegende Problem, das der Bürgerrat Ernährung am Ende seiner Arbeit habe. Das Thema Schulessen sei Ländersache, und das hätte vor Arbeitsaufnahme des Bürgerrates offen kommuniziert werden müssen. Die Wissenschaftlichen Dienste hätten nun zwei Möglichkeiten aufgetan, wie das kostenlose Mittagessen an Schulen und Kitas nun doch noch umgesetzt werden könne, jedoch sei es nicht vertretbar, dass alle Kinder, egal, aus welchen Elternhäusern sie kommen, kostenlose Mittagessen erhalten sollten. Das würde die Haushalte der öffentlichen Hand noch weiter belasten.

Dem widersprach die Vertreterin der SPD-Fraktion. Seit Jahren gebe es den Trend, dass immer mehr Kinder in der Gemeinschaftsverpflegung essen. Ab dem Jahr 2026 komme noch die verpflichtende Ganztagsschule hinzu. Es sei zudem erwiesen, dass ein gesundes Mittagessen die Lernleistungen und das Gemeinschaftsleben an Schulen positiv beeinflusse, aus diesem Grund sollten Wege gefunden werden, die es den Schulen und Kitas ermöglichen, Mittagessen kostenlos abzugeben.

Die CDU/CSU-Fraktion sprach sich dafür aus, auszuloten, was nötig und möglich ist, um Baumaßnahmen im Bereich von Schulküchen und Schulmensen umzusetzen und gesundes Schulessen möglich zu machen. Ein mögliches Programm sollte nachhaltig und verlässlich finanziert sein.

Eine Vertreterin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gab zu bedenken, dass die Kosten für ein kostenloses Mittagessen sehr viel geringer ausfallen dürften als die Kosten, die durch ernährungsbedingte Erkrankungen anfallen. Alleine die Krankenkassen würden dafür jährlich 30 Milliarden Euro ausgeben, der volkswirtschaftliche Schaden belaufe sich gar auf 63 Milliarden Euro jährlich. Eine gute Kita- und Schulverpflegung sei auch deshalb notwendig, weil Bildung einer der wenigen Rohstoffe sei, über die dieses Land verfüge.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 760 vom 06.11.2024

Der Petitionsausschuss unterstützt die Forderung nach Einführung eines gestaffelten Mutterschutzes für Frauen, die vor der 24. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden. In der Sitzung am Mittwoch verabschiedeten die Abgeordneten einstimmig die Beschlussempfehlung an den Bundestag, eine dahingehende Petition der Bundesregierung mit dem höchstmöglichen Votum „zur Berücksichtigung“ zu überweisen.

Die Staffelung solle von einer Expertenkommission erarbeitet werden und sich auf die Anzahl der Schwangerschaftswochen beziehen, heißt es in der öffentlichen Petition (ID136221). Der gestaffelte Mutterschutz solle ein Schutzangebot des Staates und für die Frau nicht verpflichtend sein.

Aktuell stehe Frauen nach Fehlgeburten, also Geburten bei denen Babys keine Lebensmerkmale gezeigt haben, deren Gewicht weniger als 500 Gramm betrug, und die Geburt vor der 24. Schwangerschaftswoche erfolgte, kein Mutterschutz zu, schreibt die Petentin. Auch die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, die die 20. Schwangerschaftswoche als Grenze vorsieht, sei unzureichend. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb eine Frau, die etwa nach 18 Wochen und sechs Tagen eine Fehlgeburt erleide, gar keinen Mutterschutz erhalte, wohingegen Frauen, die ihr Kind nur einen Tag später verlören, ein Mutterschutz von 18 Wochen gewährt werde. Eine derartig harte Grenzziehung sei bei dieser sensiblen und die Würde der Frau betreffenden Frage unangemessen. Eine Expertenkommission soll daher aus Sicht der Petentin eine genaue Ausgestaltung der geforderten Staffelung vornehmen.

Dem Ausschuss sei außerordentlich bewusst, dass es für Frauen sowohl psychisch als auch physisch in höchstem Maße belastend ist, wenn sie ein Kind nicht lebend zur Welt bringen, heißt es in der Begründung zu der Beschlussempfehlung. Aktuell sei es so, dass bei einer Fehlgeburt der Mutterschutz mit dem Ende der Schwangerschaft endet. Im rechtlichen Sinne werde eine Fehlgeburt nicht als Entbindung bewertet, sodass die Schutzfrist nach der Entbindung nicht ausgelöst wird. Gerechtfertigt werde dies bisher damit, dass ein körperlicher Regenerationsbedarf, wie er bei einer Entbindung entsteht, bei einer Fehlgeburt typischerweise nicht gegeben sei, heißt es in der Beschlussempfehlung. Dies bedeute jedoch nicht, dass die betroffenen Frauen in dieser Situation ungeschützt sind. Sie haben der Vorlage zufolge einen Anspruch auf eine ärztliche Betreuung und Behandlung sowie einen erweiterten Kündigungsschutz.

Der Petitionsausschuss verweist zugleich auf die Aktivitäten der Bundesregierung zur Ausweitung des Mutterschutzes bei Fehlgeburten. Nach Regierungsangaben werde derzeit die konkrete Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen erarbeitet. Es sei vorgesehen, im Gesetzgebungsverfahren auch Fachverbände zu beteiligen. Ferner teilt die Regierung mit, dass die mit der Petition geforderte Einrichtung einer Expertenkommission geprüft werde.

Die hohe Zahl der Mitzeichnungen der Eingabe (22.383) verdeutlicht nach Auffassung des Ausschusses die Notwendigkeit einer entsprechenden Gesetzesänderung. Die Abgeordneten halten die Petition für geeignet, in die diesbezüglichen politischen Beratungen und Entscheidungsprozesse einbezogen zu werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 756 vom 06.11.2024

Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ (20/13183) hat in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montag, 4. November 2024, viel grundsätzliche Zustimmung gefunden. Im Detail gab es aber auch Kritik und Verbesserungsvorschläge.

Hauptbestandteil des Gesetzentwurfes ist die gesetzliche Verankerung der bestehenden Einrichtung der oder des Unabhängigen Bundesbeauftragten gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen (Unabhängige Bundesbeauftragte). Zudem ist eine Berichtspflicht für die Unabhängige Bundesbeauftragte zum Ausmaß sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche vorgesehen. Um Betroffene wirksam und verlässlich bei individuellen Aufarbeitungsprozessen zu unterstützen, will der Bund ein Beratungssystem bereitstellen. Es soll ein Beratungsservice finanziert werden, der geeignet ist, die individuelle Aufarbeitung zu fördern und damit die Lebenssituation von Betroffenen zu verbessern. Die Verbindlichkeit des staatlichen Auftrags zur allgemeinen Aufklärung, Sensibilisierung und Qualifizierung soll durch einen gesetzlichen Auftrag an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung konkretisiert werden, heißt es im Entwurf.

Die Unabhängige Beauftragte Kerstin Claus sprach anlässlich der Anhörung von einem Meilenstein. Elementar sei die regelmäßige Berichtspflicht gegenüber Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung. Damit werde es möglich, Lücken im Beratungs- und Hilfesystem zu adressieren.

Die Präsidentin des Kinderschutzbundes, Sabine Andresen, forderte wie auch mehrere weitere Sachverständige, zur Erreichung der Ziele des Gesetzentwurfs „die finanziellen und personellen Ressourcen zu stärken“. Das sei bisher nicht in ausreichendem Maße vorgesehen. Die kommunalen Spitzenverbände wiesen in einer schriftlichen Stellungnahme darauf hin, dass etwa durch das erweiterte Recht der von Missbrauch Betroffenen auf Akteneinsicht bei den Jugendämtern ein Mehraufwand entstehe, für den der Gesetzentwurf keinen finanziellen Ausgleich vorsehe.

Als „verstörend“ bezeichnete der Vorsitzende des Vereins „gegen-missbrauch“, Ingo Fock, die „Begleitdiskussion aus ökonomischen Gründen“. Die Nicht-Aufarbeitung von Missbrauch führe sehr oft dazu, dass Traumatisierte auf Sozialleistungen angewiesen seien. Fock forderte insbesondere, die Fachberatungsstellen finanziell besser auszustatten. Silke Noack von der Nationalen Informations- und Beratungsstelle bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend wies auf die Notwendigkeit einer guten Erreichbarkeit von Beratungsangeboten für Betroffene hin, um die Zugangsschwelle niedrig zu halten. Es gebe viel zu wenig Fachberatungsstellen und diese seien damit oft zu weit entfernt. Auch Angela Marquardt, Mitglied des Betroffenenrates bei der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, kritisierte eine unzureichende finanzielle Unterlegung des Gesetzentwurfs. „Kostenneutral wird das nicht gehen“, erklärte sie im Blick auf die erweiterten Aufgaben, „Sie können nicht all die Dinge im Ehrenamt leisten“.

Mehrere Sachverständige kritisierten, dass der Bereich, für den ein Recht auf Akteneinsicht geschaffen werden soll, zu eng gefasst ist. So seien zum Beispiel Unterlagen aus Kinderschutzverfahren der Akteneinsicht entzogen, bemängelte Karin Böllert, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe. Franziska Drohsel, Rechtsreferentin der Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend als Vertretung von rund 360 Beratungsstellen, forderte die Aufnahme eines Zeugnisverweigerungsrechts für Betroffene von Missbrauch in Strafverfahren. Dies würde es vielen erleichtern, eine Beratung aufzusuchen und über das Erlebte zu sprechen.

Der Kinder- und Jugendpsychiater Jörg M. Fegert, der 2010 von der ersten Unabhängigen Beauftragten mit der Begleitforschung beauftragt worden war, forderte eine Berichtspflicht der Unabhängigen Beauftragten nicht nur einmal pro Legislaturperiode, sondern jährlich oder mindestens alle zwei Jahre. Letzteres kristallisierte sich im Verlauf der Anhörung als Konsens heraus.

Mehrere Sachverständige bemängelten so wie der Generalsekretär und Geschäftsführer des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Marc Frings, die vorgesehene Altersgrenze von 50 Jahren für das Recht auf Akteneinsicht. Sehr oft komme das Bedürfnis oder die Bereitschaft zur Aufarbeitung der Jugenderlebnisse erst im höheren Alter. Mehrfach kritisiert wurde auch der Geltungsbereich des geplanten Gesetzes, der sich im Wesentlichen auf staatliche und staatlich geförderte Einrichtungen der Jugendhilfe erstreckt. Der Psychologe Heinz Kindler vom Deutschen Jugendinstitut erinnerte an das „sehr viel weitergehende“ Schutzkonzept des 2010 einberufenen Runden Tischs Sexueller Kindesmissbrauch, das alle Angebote für Minderjährige bis hin zu Jugendreisen und Musikschulen umfasse.

David Knöß, Ressortleiter Gesellschaftspolitik bei der Deutschen Sportjugend, wies auf das geplante Zentrum für Safe Sport hin, das das Bundesinnenministerium im nächsten Jahr aufbauen wolle. Die Abgeordneten sollten darauf achten, dass hier keine Doppelstrukturen geschaffen werden.

Einhellig war in der Anhörung der Wunsch nach einer zügigen Weiterberatung und Verabschiedung des Gesetzentwurfs. Viele Sachverständige zeigten dafür die Bereitschaft, ihre weitergehenden Vorschläge auf die nächste Legislaturperiode zu vertagen.

Das Video zur Anhörung und die Stellungnahmen der Sachverständigen auf: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a13_familie/Anhoerungen/1025656-1025656

Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ (20/13183) hat in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montag, 4. November 2024, viel grundsätzliche Zustimmung gefunden. Im Detail gab es aber auch Kritik und Verbesserungsvorschläge.

Hauptbestandteil des Gesetzentwurfes ist die gesetzliche Verankerung der bestehenden Einrichtung der oder des Unabhängigen Bundesbeauftragten gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen (Unabhängige Bundesbeauftragte). Zudem ist eine Berichtspflicht für die Unabhängige Bundesbeauftragte zum Ausmaß sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche vorgesehen. Um Betroffene wirksam und verlässlich bei individuellen Aufarbeitungsprozessen zu unterstützen, will der Bund ein Beratungssystem bereitstellen. Es soll ein Beratungsservice finanziert werden, der geeignet ist, die individuelle Aufarbeitung zu fördern und damit die Lebenssituation von Betroffenen zu verbessern. Die Verbindlichkeit des staatlichen Auftrags zur allgemeinen Aufklärung, Sensibilisierung und Qualifizierung soll durch einen gesetzlichen Auftrag an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung konkretisiert werden, heißt es im Entwurf.

Die Unabhängige Beauftragte Kerstin Claus sprach anlässlich der Anhörung von einem Meilenstein. Elementar sei die regelmäßige Berichtspflicht gegenüber Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung. Damit werde es möglich, Lücken im Beratungs- und Hilfesystem zu adressieren.

Die Präsidentin des Kinderschutzbundes, Sabine Andresen, forderte wie auch mehrere weitere Sachverständige, zur Erreichung der Ziele des Gesetzentwurfs „die finanziellen und personellen Ressourcen zu stärken“. Das sei bisher nicht in ausreichendem Maße vorgesehen. Die kommunalen Spitzenverbände wiesen in einer schriftlichen Stellungnahme darauf hin, dass etwa durch das erweiterte Recht der von Missbrauch Betroffenen auf Akteneinsicht bei den Jugendämtern ein Mehraufwand entstehe, für den der Gesetzentwurf keinen finanziellen Ausgleich vorsehe.

Als „verstörend“ bezeichnete der Vorsitzende des Vereins „gegen-missbrauch“, Ingo Fock, die „Begleitdiskussion aus ökonomischen Gründen“. Die Nicht-Aufarbeitung von Missbrauch führe sehr oft dazu, dass Traumatisierte auf Sozialleistungen angewiesen seien. Fock forderte insbesondere, die Fachberatungsstellen finanziell besser auszustatten. Silke Noack von der Nationalen Informations- und Beratungsstelle bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend wies auf die Notwendigkeit einer guten Erreichbarkeit von Beratungsangeboten für Betroffene hin, um die Zugangsschwelle niedrig zu halten. Es gebe viel zu wenig Fachberatungsstellen und diese seien damit oft zu weit entfernt. Auch Angela Marquardt, Mitglied des Betroffenenrates bei der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, kritisierte eine unzureichende finanzielle Unterlegung des Gesetzentwurfs. „Kostenneutral wird das nicht gehen“, erklärte sie im Blick auf die erweiterten Aufgaben, „Sie können nicht all die Dinge im Ehrenamt leisten“.

Mehrere Sachverständige kritisierten, dass der Bereich, für den ein Recht auf Akteneinsicht geschaffen werden soll, zu eng gefasst ist. So seien zum Beispiel Unterlagen aus Kinderschutzverfahren der Akteneinsicht entzogen, bemängelte Karin Böllert, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe. Franziska Drohsel, Rechtsreferentin der Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend als Vertretung von rund 360 Beratungsstellen, forderte die Aufnahme eines Zeugnisverweigerungsrechts für Betroffene von Missbrauch in Strafverfahren. Dies würde es vielen erleichtern, eine Beratung aufzusuchen und über das Erlebte zu sprechen.

Der Kinder- und Jugendpsychiater Jörg M. Fegert, der 2010 von der ersten Unabhängigen Beauftragten mit der Begleitforschung beauftragt worden war, forderte eine Berichtspflicht der Unabhängigen Beauftragten nicht nur einmal pro Legislaturperiode, sondern jährlich oder mindestens alle zwei Jahre. Letzteres kristallisierte sich im Verlauf der Anhörung als Konsens heraus.

Mehrere Sachverständige bemängelten so wie der Generalsekretär und Geschäftsführer des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Marc Frings, die vorgesehene Altersgrenze von 50 Jahren für das Recht auf Akteneinsicht. Sehr oft komme das Bedürfnis oder die Bereitschaft zur Aufarbeitung der Jugenderlebnisse erst im höheren Alter. Mehrfach kritisiert wurde auch der Geltungsbereich des geplanten Gesetzes, der sich im Wesentlichen auf staatliche und staatlich geförderte Einrichtungen der Jugendhilfe erstreckt. Der Psychologe Heinz Kindler vom Deutschen Jugendinstitut erinnerte an das „sehr viel weitergehende“ Schutzkonzept des 2010 einberufenen Runden Tischs Sexueller Kindesmissbrauch, das alle Angebote für Minderjährige bis hin zu Jugendreisen und Musikschulen umfasse.

David Knöß, Ressortleiter Gesellschaftspolitik bei der Deutschen Sportjugend, wies auf das geplante Zentrum für Safe Sport hin, das das Bundesinnenministerium im nächsten Jahr aufbauen wolle. Die Abgeordneten sollten darauf achten, dass hier keine Doppelstrukturen geschaffen werden.

Einhellig war in der Anhörung der Wunsch nach einer zügigen Weiterberatung und Verabschiedung des Gesetzentwurfs. Viele Sachverständige zeigten dafür die Bereitschaft, ihre weitergehenden Vorschläge auf die nächste Legislaturperiode zu vertagen.

Das Video zur Anhörung und die Stellungnahmen der Sachverständigen auf: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a13_familie/Anhoerungen/1025656-1025656

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 752 vom 05.11.2024

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung der Arbeitslosenversicherung und Arbeitsförderung (SGB-III-Modernisierungsgesetz) (20/12779) stand am Montag im Mittelpunkt einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales. In der Regelung geht es um die Weiterentwicklung des Vermittlungsprozesses, Vereinfachungen und Entlastungen im Versicherungs- und Leistungsrecht, die Anpassung von Förderinstrumenten und den Ausbau der Förderinstrumente der Bundesagentur für Arbeit (BA).

Birgit Fix vom Deutschen Caritasverband begrüßte den Ansatz, mit dem die Wiedereingliederungsvereinbarung ersetzenden Kooperationsplan „die individuellen Stärken gemeinsam mit den Auszubildenden und Arbeitssuchenden zu besprechen“. Die dazu schon im SGB II vorhandene Regelung sei aber präziser und besser ausformuliert als das, was im Entwurf mit Blick auf den Reha-Bedarf niedergelegt sei, befand sie.

Die Ausrichtung der Schärfung des arbeitsmarktpolitischen Instrumentariums auf ganzheitliche Angebote für junge Menschen und die Förderung der Qualifizierung sowie von Gründungswilligen setzt aus Sicht von Evelyn Räder vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) im Hinblick auf die Beschäftigungs-, Standort- und Fachkräftesicherung an den richtigen Stellen an. Die Verstetigung der Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung unter dem Dach der Bundesagentur für Arbeit (BA) sei ebenfalls ein wichtiger Baustein in diesem Kontext, betonte sie.

Nach Einschätzung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) enthält der Gesetzentwurf systemwidrige Eingriffe in die Beitragskasse der Arbeitslosenversicherung. So sei es systemwidrig, die Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung auf die BA zu übertragen und durch Mittel der Arbeitslosenversicherung zu finanzieren, sagte BDA-Vertreterin Anna Robra. Sie sprach sich dafür aus, die Übermittlung von Kontaktdaten der Kundinnen und Kunden an die BA und potenzielle Arbeitgeber verpflichtend zu machen, um die Vermittlung in Arbeit zu beschleunigen.

Beim Deutschen Städtetag löst die Ausweitung der Zuständigkeit der Agenturen für Arbeit durch das SGB-III-Modernisierungsgesetz grundsätzliche Bedenken aus. Man sehe mit großer Sorge der Verstetigung einer finanziellen und strukturellen Schieflage zwischen Jobcentern und Agenturen und lehne weitere Kompetenzverschiebungen von Jobcentern in Richtung Agenturen ab, sagte Städtetag-Vertreter Nikolaus Schelling. Agenturen, Jobcenter und Jugendämter benötigten klar definierte Zuständigkeiten und Kompetenzabgrenzungen. Die Förderung junger Menschen mit besonderen Hilfebedarfen gehöre in erster Linie ins Kompetenzfeld der Kommunen, sagte er.

Bei der Bundesagentur für Arbeit rechnet man mit erheblichen Mehraufwänden. Angesichts der angespannten Haushaltslage bewertete BA-Vertreterin Regine Schmalhorst diese zusätzliche Belastung zum aktuellen Zeitpunkt als kritisch, „auch wenn einzelne Reformvorhaben als inhaltlich sinnvoll bewertet werden“. Zu begrüßen sei die angestrebte Öffnung der Ausrichtung von Beratung im SGB III für junge Menschen insbesondere am Übergang Schule/Beruf. Gut sei auch, dass Beratungs- und Vermittlungsgespräche „in geeigneten Fällen“ künftig per Videotelefonie durchgeführt werden können.

Videotelefonie ist aus Sicht des dbb beamtenbund und tarifunion von Bedeutung, da sie nicht nur den Zugang zur Beratung erleichtern, sondern auch für das Personal vor Ort entlastend wirken könne. Die Arbeitsagenturen hätten mit der während der Corona-Pandemie eingeführten Videoberatung grundsätzlich positive Erfahrungen gemacht, sagte dbb-Vertreter Waldemar Dombrowski. Die Rückmeldungen der Kundinnen und Kunden, die die Videoberatung in Anspruch genommen haben, würden weit überwiegend positiv ausfallen. Gleichwohl sei der Einsatz von Videoberatung lediglich als gute Ergänzung und nicht als Ersatz für persönliche Präsenzberatungen zu betrachten.

Gegen die im Zuge des Omnibusverfahrens zu dem Gesetzentwurf geplanten Verschärfungen beim Bürgergeld sprach sich Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer beim Paritätischen Wohlfahrtsverband, aus. Die Annahme, die Verschärfungen könnten zu einem zusätzlichen Wirtschaftswachstum führen, sei verfehlt, sagte er. Ein solcher politischer Kurswechsel sei mit Nachdruck zu kritisieren. Mit dem begleitenden Diskurs und den geplanten Maßnahmen werde die Verantwortung für eine unzureichende Erwerbsintegration den betroffenen Erwerbslosen zugeschoben. So würden die Opfer des Arbeitsmarktes zu Tätern umgedeutet, sagte Rock.

Professor Gregor Thüsing von der Universität Bonn kritisierte die „Unverbindlichkeit des Kooperationsplans“. Mit dieser Unverbindlichkeit gehe schließlich eine Einschränkung des Maßnahmenkatalogs der Bundesagentur einher, befand er. Stelle die BA Versäumnisse bei der Einhaltung des Kooperationsplans fest, so könne sie keine Sperrzeiten verhängen, sondern müsse zunächst per Verwaltungsakt auf die Konsequenzen der Nichteinhaltung hinweisen und erst hierdurch eine Verpflichtung begründen.

In der Konsequenz könne die Unverbindlichkeit insbesondere das Verhältnis des „Förderns und Forderns“ gefährden, warnte er. Eine Abkehr von diesem Grundsatz habe sich aber bereits bei Einführung des „Bürgergeldes“ nicht bewährt, was nunmehr auch erkannt und zumindest teilweise behoben werde.

Dominik Schad, Kreisdirektor des Kreises Recklinghausen, sagte, eine grundsätzliche Stärkung des Hilfesystems für junge Menschen im Übergang Schule zu Beruf sei positiv zu unterstützen und zu befürworten. Es müsse jedoch darauf geachtet werden, dass es mit der Neuregelung nicht zu Parallelstrukturen im Kontext der BA und der kommunalen Jugendhilfe kommt, machte er deutlich. Dies könne zu Desorientierung der ohnehin belasteten jungen Menschen führen, da für sie ihre Ansprechperson nicht eindeutig ist. „Dies gilt es zu vermeiden“, sagte der Kommunalvertreter. Es bedürfe einer klaren Abgrenzung der jeweiligen Zuständigkeiten in den Rechtskreisen, „was den Datenaustausch nicht grundsätzlich ausschließen sollte“.

Moritz Duncker vom Personalrat der Jobcenter verwies in seiner Stellungnahme auf die reale Unterdeckung des Globalbudgets der Jobcenter 2025 unter Berücksichtigung der Ist-Ausgaben 2022 und einer „vermutlich unzureichenden“ Annahme der Kostensteigerung durch gestiegene Fallzahlen, Inflation und Tarif- und Besoldungssteigerungen von insgesamt 20 Prozent (rund 1,8 Milliarden Euro). „Wir wären sehr dankbar, wenn wir endlich ausreichend ausfinanziert würden, bevor uns weitere Aufgaben zugeteilt werden und wir Ratschläge erhalten, wie wir unsere wohlverstandene Arbeit verrichten sollen“, so Duncker.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 751 vom 04.11.2024

Die CDU/CSU-Fraktion fragt in einer Kleinen Anfrage (20/13564) nach den Folgen der Bürgergeld-Reform für das Zweite Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie möchte von der Bundesregierung unter anderem erfahren, wie viele Menschen sich sechs oder zwölf Monate nach einer Arbeitsaufnahme wieder in der Grundsicherung befinden und wie sich das Bürgergeld auf die Qualifizierung und Weiterbildung der Leistungsbeziehenden auswirkt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 748 vom 04.11.2024

Das Modellprojekt „Mental Health Coaches an Schulen“ ist offenbar ein Erfolg. Mit einer Finanzierung durch den Bund seien zu Beginn des Schuljahres 2023/2024 bundesweit solche Mentaltrainer an mehr als 100 Schulen eingesetzt worden, heißt es in der Antwort (20/13541) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/13338) der Unionsfraktion.

Mehr als 1.000 Angebote an den Schulen seien umgesetzt worden, fast 40.000 Schüler hätten davon profitiert. In der Evaluation des Modellvorhabens sprächen sich mehr als 90 Prozent der Beteiligten für eine längere Laufzeit des Programms aus.

Schulsozialarbeit sei ein Angebot der Jugendhilfe, bei dem sozialpädagogische Fachkräfte kontinuierlich in der Schule tätig seien und mit Lehrkräften zusammenarbeiteten, um junge Menschen in ihrer individuellen sozialen schulischen und beruflichen Entwicklung zu fördern. Die Zuständigkeit für die Schulen liege gleichwohl bei den Ländern.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 746 vom 04.11.2024

Seit 2010 ist die Ungleichheit der Einkommen in Deutschland deutlich gestiegen und in den letzten Jahren haben sich Ängste, den eigenen Lebensstandard nicht mehr halten zu können, in der Bevölkerung stark ausgebreitet. Die Quote der Menschen, die in Armut leben, hat nach den neuesten verfügbaren Daten ebenfalls erheblich zugenommen und liegt auf einem Höchststand (detaillierte Daten unten). Hinzu kommt, dass Arme während der 2010er Jahre gegenüber anderen Einkommensgruppen wirtschaftlich noch weiter zurückgefallen sind, denn von der insgesamt positiven Wirtschafts- und Einkommensentwicklung im vergangenen Jahrzehnt haben sie nur vergleichsweise wenig abbekommen. Das prägt den Alltag und schränkt soziale Kontakte von Menschen mit niedrigem Einkommen ein: Schon 2021, also vor dem Beginn der Inflationswelle, hatten mehr als 40 Prozent der Armen und über 20 Prozent der Menschen in der Gruppe mit „prekären“ Einkommen etwas oberhalb der Armutsgrenze keinerlei finanzielle Rücklagen, um kurzfristige finanzielle Notlagen zu überbrücken. Rund zehn Prozent der Armen waren zudem finanziell nicht in der Lage, abgetragene Kleidung zu ersetzen. Über die Coronakrise und den Inflationsschub zwischen 2020 und 2023 haben sich Sorgen um die eigene wirtschaftliche Lage bei vielen Menschen noch einmal deutlich verschärft, und zwar unter Ärmeren sowie bis weit in die Mittelschicht hinein: Deutlich mehr als die Hälfte der Menschen in der unteren Einkommenshälfte, aber auch knapp 47 Prozent in der oberen Mittelschicht fürchteten im vergangenen Jahr, ihren Lebensstandard zukünftig nicht mehr halten zu können. Zu diesen Ergebnissen kommt der neue Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.*

Mit materiellen Einschränkungen und Zukunftssorgen geht vor allem bei ärmeren Menschen eine erhebliche Distanz zu wichtigen staatlichen und politischen Institutionen einher, zeigt die Studie zudem: Weniger als die Hälfte der Armen und der Menschen mit prekären Einkommen findet, dass die Demokratie in Deutschland im Großen und Ganzen gut funktioniert. Sie sehen für sich auch nicht die Möglichkeit, auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Rund ein Fünftel vertraut dem Rechtssystem allenfalls in geringem Maße.

„Wir sehen in den Daten, dass Deutschland in einer Teilhabekrise steckt, die sich in den vergangenen Jahren verschärft hat. Diese Krise hat eine materielle Seite und eine stärker emotional-subjektive“, erklären die Studienautor*innen Dr. Dorothee Spannagel und Dr. Jan Brülle. „Die materielle Seite zeigt sich am stärksten bei den Menschen in Armut. Für sie stehen unmittelbare materielle Mangellagen im Vordergrund, und ein Teil von ihnen wendet sich relativ deutlich vom politischen System ab. Die Gruppe der Armen ist nicht nur seit 2010 größer geworden, sie ist zudem im Verhältnis zur gesellschaftlichen Mitte noch ärmer geworden.“ Der Verteilungsbericht zeige zugleich deutlich, dass auch oberhalb der Einkommensgruppen in Armut „und sogar in der Mittelschicht, insbesondere der unteren, Zukunftsängste zunehmen und die politische Teilhabe teilweise brüchig ist“, analysieren Spannagel und Brülle.

„Es ist entscheidend, das Teilhabeversprechen glaubhaft zu erneuern, das konstitutiv ist für eine demokratische, soziale Marktwirtschaft“, ordnet Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, die wissenschaftliche Direktorin des WSI, die Studienergebnisse ein. „Dabei muss die Politik das Rad nicht neu erfinden. Sie sollte vielmehr über Jahrzehnte bewährte Institutionen wieder stärken, die leider erodiert sind. Dazu zählen Tarifverträge, eine auskömmliche gesetzliche Rente und eine leistungsfähige öffentliche Infrastruktur, von funktionierenden Verkehrswegen und modernen Energienetzen bis zum Bildungs- und dem Gesundheitssystem.“ Zur Finanzierung dringend notwendiger Investitionen beitragen würde neben einer Reform der Schuldenbremse auch eine wirksamere Besteuerung sehr großer Vermögen, die zudem der gewachsenen wirtschaftlichen Ungleichheit entgegenwirken könne, so Kohlrausch.

Im Verteilungsbericht werten die WSI-Fachleute Spannagel und Brülle die aktuellsten vorliegenden Daten aus zwei repräsentativen Befragungen aus: Erstens aus dem sozio-oekonomischen-Panel (SOEP), für das rund 13.000 Haushalte jedes Jahr interviewt werden, und das aktuell bis 2022 reicht, wobei sich die Einkommensdaten auf das Jahr 2021 beziehen. Diese Zahlen stammen aus der neuesten SOEP-Welle, deren Ergebnisse unmittelbar vor Fertigstellung des Verteilungsberichts veröffentlicht wurden. Diese ganz neuen Daten sind die Grundlage für die von den WSI-Forschenden berechneten Ungleichheitsindikatoren (Gini-Koeffizient, Armuts- und Reichtumsquoten), für die Angaben zu den Größen der Einkommensgruppen sowie für die Entwicklung der Realeinkommen. Die übrigen verwendeten SOEP-Zahlen beziehen sich auf die vorherige SOEP-Welle (Einkommensdaten bis 2020). Zweitens stützen sich die Forschenden auf die Lebenslagenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung. Dafür wurden in zwei Wellen 2020 und 2023 jeweils mehr als 4.000 Personen repräsentativ anhand einer Zufallsstichprobe befragt.

In den Mittelpunkt des Verteilungsberichts 2024 stellt das WSI die Haushalte, deren verfügbare Nettoeinkommen maximal den Mittelwert (Median) aller Haushalte in Deutschland erreichen. Dabei sind mögliche Sozialtransfers bereits einbezogen. Innerhalb dieser „unteren Hälfte der Einkommensverteilung“ orientieren sich Spannagel und Brülle an in der Wissenschaft etablierten Maßstäben, um drei Gruppen voneinander abzugrenzen: Haushalte in Armut mit Einkommen unterhalb von 60 Prozent des Medians, was beispielsweise einem monatlichen Netto von weniger als 1.350 Euro für einen Single entspricht; Haushalte mit prekären Einkommen (60 bis unter 80 Prozent des Medians bzw. weniger als 1.800 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt) und Haushalte, die zur unteren Mitte der Einkommensverteilung zählen (80 Prozent bis unter 100 Prozent des Medians bzw. weniger als 2240 Euro). Zum weiteren Vergleich ziehen sie die Haushalte der oberen Mitte heran, die über Einkommen von 100 bis unter 150 Prozent des Medians verfügen.

Ungleiche Teilhabe: Marginalisierte Arme – verunsicherte Mitte

WSI-Verteilungsbericht 2024. WSI Report Nr. 98, November 2024.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 04.11.2024, gekürzt

Der Fortschritt ist bisweilen eine Schnecke – besonders in Sachen Geschlechtergleichheit. Wie weit der Weg dahin auf dem deutschen Arbeitsmarkt noch ist, welche Hindernisse es gibt und wie sie sich überwinden lassen, hat die Wirtschaftswissenschaftlerin und Beraterin Dr. Andrea Jochmann-Döll analysiert. Ihr neuer, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderter Bericht gibt einen aktuellen Überblick.* Dafür hat Jochmann-Döll Literatur ausgewertet sowie die Verantwortlichen für Frauen- und Gleichstellungspolitik des DGB und der Mitgliedsgewerkschaften befragt. Ihr Bericht ist Teil eines Projekts zum Stand der Entgeltgleichheit in den nordischen Staaten und in Deutschland, das der Rat der nordischen Gewerkschaften, die Friedrich-Ebert-Stiftung und der DGB initiiert haben. Ziel: Durch Beispiele guter Praxis zeigen, wie sich die Lohnlücke schließen lässt und daraus Empfehlungen für die nationale und europäische Politik ableiten. „Die Studie macht deutlich, dass Entgeltgleichheit von Frauen und Männern kein Wunschtraum ist, denn es gibt erprobte Mittel gegen Lohnungleichheit“, so Christina Schildmann, Leiterin der Abteilung Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung. „Doch der Weg dorthin ist vielerorts noch weit.“

Der Gender Pay Gap ist der Auswertung zufolge in Deutschland „im Vergleich zu anderen europäischen Ländern konstant hoch“, 2022 entsprach der Abstand zwischen den Geschlechtern beim durchschnittlichen Stundenlohn 18 Prozent oder 4,46 Euro. Als eine Ursache für die klaffende Lohnlücke macht Jochmann-Döll unzureichende gesetzliche Regelungen und fehlende Sanktionen aus. Das Entgelttransparenzgesetz, das seit 2017 in Kraft ist, habe nur wenig gebracht; einer Evaluation zufolge ist es nur einem Drittel der Beschäftigten bekannt, nur vier Prozent haben ihr Recht auf individuelle Auskunft bislang in Anspruch genommen. Grundsätzlich spiegele die geschlechtsspezifische Bewertung von Arbeit hartnäckige stereotype Überzeugungen wider, die unter anderem dazu führen, dass soziale oder Sorgeberufe, in denen viele Frauen arbeiten, bei der Bezahlung trotz einiger Verbesserungen in den vergangenen Jahren immer noch unterbewertet sind. Hinzu komme, dass sinkende Tarifbindung und fehlende Mitbestimmung zu intransparenten Entgeltstrukturen führen, die den Nachweis von Diskriminierung erschweren.

Die Autorin illustriert anhand von „Beispielen guter Praxis“, was zu mehr Lohngerechtigkeit beitragen könnte. Sinnvoll sind demnach zum einen Aktionen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit wie der „Equal Pay Day“ oder der „German Equal Pay Award“. Von den Bundesländern tut sich etwa Bremen durch die „Landesstrategie für Gendergerechtigkeit und Entgeltgleichheit“ hervor, Hessen und Nordrhein-Westfalen durch einen „Lohnatlas“ mit geschlechtsspezifischen Daten. In der betrieblichen Praxis können kostenlose Prüfinstrumente wie der „Entgeltgleichheits-Check“ helfen, der mit Unterstützung der Hans-Böckler-Stiftung entwickelt wurde. Dass die Gewerkschaften eine wichtige Rolle spielen, belegt unter anderem die „Initiative Lohngerechtigkeit“ der NGG. Ein Ergebnis ist die neue Entgeltstruktur für das Bäckerhandwerk in Berlin-Brandenburg, in der erstmals die männerdominierte Berufsgruppe der Bäcker*innen und die frauendominierte Gruppe der Verkäufer*innen gleichgestellt sind.

Eine weitere Dimension der Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt sei die „sektorale Segregation“, schreibt Jochmann-Döll. Sie verweist auf eine WSI-Studie von 2023, der zufolge in acht von 16 Sektoren des produzierenden Gewerbes sowie der Land- und Forstwirtschaft die Beschäftigten zu mehr als 70 Prozent Männer sind. Die einzigen drei frauendominierten Sektoren – das Gesundheitswesen, das Sozialwesen sowie der Bereich Erziehung und Unterricht – gehören zu den Dienstleistungen. Von 14 Berufssegmenten waren 2022 sieben männerdominiert. Auf einen Frauenanteil von mehr 70 Prozent kamen drei: die Gesundheitsberufe, soziale und kulturelle Dienstleistungsberufe sowie Reinigungsberufe. Seit 2013 hat sich an dieser Unwucht wenig geändert. Auch in der Berufsausbildung zeichnet sich kein Umbruch ab: Bei den MINT-Berufen betrug der Frauenanteil 2021 elf Prozent, im Gesundheits- und Sozialwesen 89 Prozent.

Verantwortlich für diese Situation sind dem Bericht zufolge unter anderem vorherrschende Geschlechterbilder, die die Berufswahl beeinflussen. Frauen in atypischen Berufen würden oft diskriminiert und hätten laut einer aktuellen Studie sogar schlechtere Karten auf dem Dating-Markt. Auf Seiten der Unternehmen kämen Vorurteile in vielen Stellenanzeigen oder Einstellungsverfahren zum Ausdruck. Auch in dieser Hinsicht sei die Erosion des Tarifsystems ein Problem: Wenn alte Tarifverträge mit historischen Stellenbeschreibungen weiter gelten, würden Stereotype reproduziert.

Zu den vorbildlichen Gegenmaßnahmen zählt die Expertin den „Girls‘ Day“, der Mädchen ermöglicht, männerdominierte Berufe kennenzulernen, den analogen „Boys‘ Day“ sowie die „Initiative Klischeefrei“, ein vom Bundesfamilienministerium ins Leben gerufenes Bündnis unter anderem von Ministerien, Unternehmen, Gewerkschaften und Schulen. Auch dass Informatik in diversen Bundesländern mittlerweile Pflichtfach ist, könnte der Segregation bei der Berufswahl entgegenwirken.

Ungleichheit zwischen den Geschlechtern herrscht laut der Analyse auch bei den familiären Verpflichtungen: Laut Daten des Statistischen Bundesamtes von 2022 kommen Frauen im Schnitt auf knapp 30 Stunden pro Woche, die sie mit unbezahlter Arbeit im Haushalt, Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen verbringen, Männer auf 21 Stunden. Der Gender Care Gap entspricht damit etwa 44 Prozent, zehn Jahre zuvor waren es gut 52 Prozent.

Neben stereotypen Einstellungen zu Haushalt und Pflege trage auch die Lohnlücke zu diesem Missstand bei, erklärt Jochmann-Döll. Sie lasse es vielen Paaren wirtschaftlich vernünftig erscheinen, dass die Frau den Löwenanteil der Sorgearbeit übernimmt und dafür beruflich kürzertritt. Hinzu kämen Defizite bei der institutionellen Kinderbetreuung – 2023 fehlten rund 400000 Kita-Plätze und 125000 Fachkräfte in diesem Bereich – und das Ehegattensplitting, das große Einkommensunterschiede bei Paaren belohnt.

Gegensteuern ließe sich der Wissenschaftlerin zufolge mit Kampagnen wie dem „Equal Care Day“ sowie mit der im Koalitionsvertrag angekündigten „Familienstartzeit“, die nach der Geburt eines Kindes unabhängig von der Elternzeit Freistellungen vorsieht. Auch die Tarifpolitik könne einen Beitrag leisten: Die IG Metall etwa habe 2018 für die Beschäftigten der Metall- und Stahlindustrie eine Wahlmöglichkeit zwischen mehr Geld oder mehr Urlaub ausgehandelt. Die EVG habe Regelungen unter anderem zu familienfreundlicher Arbeitszeitgestaltung und Chancengleichheit von Beschäftigten mit familiären Verpflichtungen durchgesetzt.

Zuletzt geht der Bericht auf die „gläserne Decke“ in deutschen Firmen ein. Mit 29 Prozent Frauenanteil in Führungspositionen lag Deutschland 2022 unter dem EU-Schnitt. In den Vorständen der Top-200-Unternehmen beträgt der Anteil 18 Prozent. Lediglich in den Aufsichtsräten ist er höher, weil hier zum einen eine gesetzliche Quote gilt und zum anderen die Gewerkschaften in mitbestimmten Unternehmen traditionell Wert auf mehr Geschlechtergleichheit legen.

Als Hindernisse, mit denen Frauen auf dem Weg in die Chefetage rechnen müssen, nennt Jochmann-Döll verbreitete Klischees, denen zufolge Führungskompetenz und strategisches Denken Männerdomänen sind. Das Bild der idealen Arbeitskraft orientiere sich nach wie vor an traditionell männlichen Erwerbsbiografien. Zudem gebe es in vielen Konzernen Männer-Netzwerke, die die Karrieren von Geschlechtsgenossen fördern.

Auf ein Durchbrechen der gläsernen Decke ziele unter anderem die Initiative „Frauen in die Aufsichtsräte“ ab, heißt es in der Analyse. Auch freiwillige Frauenquoten bei Gewerkschaften und einzelnen Unternehmen seien begrüßenswert, ebenso Programme für mehr Teilzeit in Führungspositionen bei einigen Konzernen.

Alles in allem stelle die systematische Unterbewertung frauendominierter Berufe und Branchen das größte Hindernis auf dem Weg zu mehr Geschlechtergleichheit auf dem Arbeitsmarkt dar, so Jochmann-Döll. Um Abhilfe zu schaffen, bedürfe es unter anderem einer Stärkung der Tarifbindung. Die Bundesregierung müsse das Entgelttransparenzgesetz vollumfänglich an die Vorgaben der EU anpassen. Es gelte, die Sichtbarkeit von Frauen in männerdominierten und von Männern in frauendominierten Berufen zu erhöhen, damit Jugendliche sich an Vorbildern orientieren können. Das Ehegattensplitting sollte abgeschafft, das Elterngeld vom individuellen Einkommen entkoppelt und mit mehr verpflichtenden Partnermonaten verbunden werden. Zusätzlich empfiehlt die Autorin, die Familienstartzeit umsetzen, die Betreuung von Kleinkindern zu verbessern, eine Entgeltersatzleistung für pflegende Beschäftigte einzuführen, die Quotenvorgaben für Führungspositionen auszubauen und auf mehr Teilzeit im Management hinzuwirken.

Entgeltgleichheit – Wege zum Ziel

*Andrea Jochmann-Döll: Entgeltgleichheit – Wege zum Ziel, Working Paper der HBS-Forschungsförderung Nr. 356, Oktober 2024.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 31.10.2024

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Am 23. Februar 2025 soll ein neuer Bundestag gewählt werden. Aus Sicht der Arbeiterwohlfahrt (AWO) haben die demokratischen Fraktionen und Gruppen bis dahin noch einiges auf ihrer “To-Do-Liste“ für den sozialen Zusammenhalt. Die vorgezogenen Neuwahlen zum Deutschen Bundestag gefährden die Umsetzung wichtiger Vorhaben der aktuellen Bundesregierung.

„Das Ende der Koalition ist nicht das Ende der Welt – diesen Satz sollten sich alle demokratischen Kräfte zu Herzen nehmen. Denn wichtige Weichenstellungen für den Sozialstaat können nicht auf eine neue Regierung warten – dazu zählen unter anderem das vom Kabinett beschlossene Rentenpaket und das im Koalitionsvertrag vereinbarte soziale Klimageld“, erklärt dazu AWO-Präsident Michael Groß.

In vielen Bereichen lagen Entwürfe für notwendige Reformen auf dem Tisch – oder waren aufgrund von europarechtlichen Änderungen sogar verpflichtend auf der Tagesordnung:

Familien warten auf die Erhöhung des Sofortzuschlags um fünf Euro und die Anhebung des Grundfreibetrags, soziale Träger hatten fest mit einem Gesetz für eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe gerechnet. Im Bereich Gewaltschutz steht die Verabschiedung des im Kabinett bereits beschlossenen Gesetzes zum Schutz vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder aus; auch für ein Gewalthilfegesetz zum Schutz vor geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt liegt ein Entwurf vor. 

„Auch ein Beschluss zur bundeseinheitlichen Pflegefachassistenzausbildung hat bereits das Kabinett passiert. Er muss noch in diesem Jahr fallen, damit die neue Ausbildungsform wie geplant 2027 an den Start gehen kann“, so AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner.

Harte Fristen nahen auch bei zwei EU-Regelungen, die Deutschland umsetzen muss: Die Verordnung zum neuen Europäischen Asylsystem muss mit einem Anpassungsgesetz so gestaltet werden, dass wesentliche Spielräume für eine humane Fluchtpolitik bestehen. Der aktuelle Entwurf lässt hier zwar noch zu wünschen übrig, würde aber immerhin einige zentrale Haltelinien sichern, wie bspw. das Recht auf eine behördenunabhängige Asylverfahrensberatung. Auch bei der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung drängt die Zeit: Wird diese nicht bis Ende November umgesetzt, droht Deutschland eine Vertragsverletzungsklage.

Und auch bei weniger prominenten Themen besteht Handlungsbedarf: Zuletzt hatte die Bundesregierung signalisiert, mit dem Vergabetransformationspaket wichtige Bürokratieerleichterungen, u.a. für Empfänger*innen öffentlicher Zuwendungen auf den Weg zu bringen. Dieser Ansatz muss zügig und entschlossen weiterverfolgt werden.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 13.11.2024

Dr. Marvin Deversi (33) verstärkt ab November 2024 den AWO Bundesvorstand als neues Mitglied. Damit ist die Vorstands-Doppelspitze beim AWO Bundesverband nach einem intensiven Auswahlprozess durch das Präsidium der Arbeiterwohlfahrt wieder voll besetzt.

Der promovierte Volkswirt Deversi hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Teilhabechancen von Menschen aus sozial benachteiligter Lage zu stärken. Vor seinem Engagement für die AWO war er geschäftsführender Vorstand der Bildungsorganisation EDUCATION Y und leitete die Unternehmensentwicklung der Krankenkasse BARMER. An den Universitäten zu Köln und in Chicago sowie der LMU München forschte er zu verhaltensökonomischen Fragestellungen.

Zu seinem Eintritt in den Bundesvorstand kommentiert Dr. Marvin Deversi: „Wir leben in bewegten Zeiten. Umso wichtiger ist es, eine starke Stimme für soziale Gerechtigkeit zu haben, einen Anlaufpunkt für Menschen in Not und einen Ort für Gemeinschaft und Austausch, um gemeinsam die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft zu bewältigen. All das und noch vieles mehr ist die AWO. Es ist mir eine große Ehre und ich freue mich außerordentlich, den AWO Bundesverband künftig als Vorstand zu unterstützen und den Verband durch die anstehenden Entwicklungsprozesse zu begleiten.“

Vorständin Claudia Mandrysch ergänzt: „Nach über einem Jahr ist der AWO-Bundesvorstand endlich wieder komplett besetzt. Mit Dr. Marvin Deversi habe ich einen großartigen Kollegen an meiner Seite, der das passende Mindset mitbringt, um die wichtigen Zukunftsthemen Im AWO Bundesverband, in der Arbeiterwohlfahrt und unserer Gesellschaft gestärkt anzugehen. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit und das gemeinsame Streiten für eine faire Gesellschaft und einen starken Sozialstaat.“

Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt, sagt: „Mit der Doppelspitze Claudia Mandrysch und Dr. Marvin Deversi ist der AWO Bundesverband bestens aufgestellt, um den anstehenden Entwicklungsprozess erfolgreich umzusetzen und die AWO fit für die Zukunft zu machen. Wir sind dankbar, dass Dr. Deversi hierfür seine wissenschaftliche und berufliche Expertise in die AWO einbringt.“

Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt, meint: „Mit Dr. Marvin Deversi gewinnen wir einen Kollegen im Bundesvorstand, der in seiner Vita die Werte der AWO mit starker fachlicher Expertise und Kompetenz vereint. Gemeinsam mit einem starken Vorstand wollen wir die AWO nun weiter voranbringen.“

Vita und Pressefoto: https://awo.org/pressemeldung/dr-marvin-deversi-ist-neues-mitglied-im-awo-bundesvorstand 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 04.11.2024

Am Montagnachmittag findet im Deutschen Bundestag eine Anhörung zum sogenannten „SGB-III-Modernisierungsgesetz“ statt. Neben Reformen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik sieht eine Formulierungshilfe des Bundesarbeitsministeriums auch härtere Sanktionen im Bürgergeld vor. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) warnt vor einer Verschärfungs-Spirale – und fordert in einem Positionspapier die Abschaffung von Sanktionen für Arbeitsuchende.  

Nach dem Willen der Bundesregierung sollen Arbeitsuchende unter anderem zukünftig Pendelzeiten von bis zu drei Stunden in Kauf nehmen müssen, wenn entsprechende Jobangebote vorliegen. Die Karenzzeit für Vermögen wird von zwölf auf sechs Monate verkürzt. Besonders brisant ist jedoch, dass die Sanktionen bei Pflichtverletzung erheblich verschärft werden sollen: War es den Jobcentern bisher möglich, das Bürgergeld stufenweise zu senken, wenn Leistungsberechtigte den Vereinbarungen des Kooperationsplans nicht nachkommen,  wird nun eine pauschale Kürzung von 30 Prozent vorgesehen. Damit wird ein Kernprinzip des Bürgergelds – gegenseitiges Vertrauen und Wohlwollen – wieder abgewickelt. Bei Meldeversäumnissen wäre die Sanktionierung mit nun pauschal 30 statt bisher 10 Prozent sogar noch härter als zu Hartz IV-Zeiten.  

Dazu erklärt AWO-Präsident Michael Groß: „Die Würde aller Menschen zu achten – diese grundgesetzlich verankerte Maxime gilt auch und ganz besonders, wenn Menschen sich in schwierigen Lebenslagen befinden. Arbeitsuchenden eine als „Existenzminimum“ definierte Leistung zu kürzen, ist ein Angriff auf deren Würde und gleichzeitig auf das Wesen unserer Solidargemeinschaft: Wenn wir ein Minimum festlegen, unterhalb dessen kein würdiges Leben zu führen ist, dann dürfen Leistungen dieses auch nicht unterschreiten“.  

In einem am Montag veröffentlichten Positionspapier fordert die AWO, das Sanktionssystem im Bürgergeld gänzlich abzuschaffen. „Wir müssen Menschen unbedingt dabei unterstützen, wenn sie den Weg aus der Arbeitslosigkeit herausfinden wollen, oder ihnen mit passenden Angeboten auf dem sozialen Arbeitsmarkt Teilhabe ermöglichen. Statt armutsbetroffene Menschen weiter zu gängeln, sollte der Bund lieber in die Arbeitsmarkteingliederung investieren – doch ausgerechnet hier sieht der Entwurf zum nächsten Bundeshaushalt eine Kürzung in Höhe von 450 Millionen Euro vor“, so Michael Groß.

Das Positionspapier wird am Montag, 4.11.2024 ab 06:00 Uhr auf awo.org unter dem folgenden Link veröffentlicht werden. Bis zum Veröffentlichungsdatum erhalten Sie beim Öffnen des Links eine Fehlermeldung.

https://awo.org/pressemeldung/awo-fordert-abkehr-von-buergergeld-sanktionen/

Gerne lassen wir Ihnen das Dokument auf Anfrage bereits im Vorfeld der Veröffentlichung zukommen. Kontaktieren Sie uns gerne unter presse@awo.org.

Die AWO setzt sich schon länger für eine Versachlichung der Debatten um das Bürgergeld ein und hat die gängigsten Mythen schon im letzten Jahr einem Faktencheck unterzogen: https://awo.org/artikel/lohnabstandsgebot-awo-raeumt-mit-buergergeld-mythen-auf/

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 04.11.2024

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat überraschend ein Papier mit tiefgreifenden Sparplänen für den Bundeshaushalt vorgelegt. Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt, erklärt dazu:

„Das Papier des FDP-Bundesvorsitzenden ist – einmal mehr – reine Klientelpolitik auf Kosten der Mehrheit in diesem Land. Die erträumten massiven Kürzungen würden Junge wie Alte, Einkommensschwache und Familien gleichermaßen brutal treffen – während Wohlhabende weiter entlastet würden. Lindners „Ideen“ helfen niemandem außer den Privilegiertesten in diesem Land.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 02.11.2024

Der Deutsche Caritasverband mahnt, die politischen Debatten würden das Bürgergeld in ein falsches Licht rücken. Er fordert Investitionen in Weiterbildung und soziale Begleitung, um Langzeitarbeitslose nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Anlässlich der heutigen Anhörung im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales zum SGB III Modernisierungsgesetz kritisiert die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, die anhaltende stigmatisierende Diskussion rund um das Bürgergeld. Im Rahmen der Wachstumsinitiative der Ampel-Koalition soll die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gestärkt werden. Dazu sollen verschärfte Sanktionen im SGB II und Maßnahmen gegen Schwarzarbeit von Bürgergeld-Empfängern beitragen. „Nur sehr wenige Menschen beziehen Bürgergeld unrechtmäßig. Und schon heute gilt: Wer nebenher schwarz arbeitet, muss das Bürgergeld zurückzahlen“, stellt Welskop-Deffaa klar. „Anstatt den missbräuchlichen Leistungsbezug übertreibend zu skandalisieren, brauchen wir mehr Engagement für die Menschen, die nur durch Weiterbildung, Umschulung und flankierende soziale Unterstützung den Sprung zurück in den Arbeitsmarkt schaffen, nachdem sie durch Schicksalsschläge den Anschluss verloren haben.“

Welskop-Deffaa fordert dafür ausreichende Mittel im Bundeshaushalt für Arbeitsmarktintegration und Verwaltung. Zudem sollten berufsbegleitende Sprachkurse für Menschen mit Migrationshintergrund deutlich ausgebaut werden. Und: „Wir brauchen ein verlässliches Netz von Betreuungsangeboten für die Kinder von Arbeitsuchenden,“ so Welskop-Deffaa.

Für die viel zu vielen jungen Menschen, die die Schule ohne Abschluss verlassen, enthalte das SGB III-Modernisierungsgesetz positive Signale, hebt der Deutsche Caritasverband hervor. Um zu verhindern, dass sich Jobcenter und Jugendhilfe nun aus der Förderung zurückziehen, müsse die Pflicht zur rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit in allen Sozialgesetzbüchern verankert werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 04.11.2024

Mit einem eindringlichen Appell für eine ganzheitliche Demokratiebildung in Kindertageseinrichtungen sowie in Schulen und Schulhorten hat heute die Abschlusstagung des Kompetenznetzwerkes Demokratiebildung im Kindesalter begonnen. Dabei wies Bundesfamilienministerin Lisa Paus darauf hin, dass Kinder ein Recht auf Beteiligung, auf Mitsprache, auf Schutz vor Diskriminierung und auch auf Beschwerde haben. Es sei die Pflicht von Staat und Gesellschaft, ihnen diese Teilhabe an der Demokratie schon in jungen Jahren zu vermitteln und zu ermöglichen. Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, Thomas Krüger, betonte die besondere Bedeutung von Demokratieförderprogrammen wie „Demokratie Leben!“, die ein wichtiger Baustein seien, um junge Menschen auf die Zukunft vorzubereiten und ihnen ihre gesellschaftliche Verantwortung bewusst zu machen. Petra Wagner, Leiterin der Fachstelle Kinderwelten im Institut für den Situationsansatz (ISTA), bekräftigte die Bedeutung früher Demokratieerfahrungen und entsprechend demokratisch aufgestellter Bildungsorte für Kinder insbesondere im gegenwärtigen Klima antidemokratischer Hetze, die bereits junge Kinder beeinflusse.

 

„Kinder haben ein Recht auf Beteiligung, auf Mitsprache, auf Schutz vor Diskriminierung und auch auf Beschwerde. Es ist unsere Pflicht, ihnen diese Teilhabe an unserer Demokratie schon in jungen Jahren zu vermitteln und zu ermöglichen. Gerade in Zeiten, in denen unsere offene pluralistische Gesellschaftsform Skepsis und Ablehnung erlebt: Auch Kinder können erfahren und gestalten, was Demokratie im Einzelnen heißt. Wenn wir wollen, dass junge Menschen sich für Demokratie und Freiheitsrechte begeistern und sie nachhaltig sichern, dann brauchen wir Demokratiebildung im Kindesalter. Das Kompetenznetzwerk leistet hier seit fünf Jahren Großartiges. Dafür spreche ich allen meinen großen Dank aus“, sagte Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

 

„Demokratie muss von jeder Generation aufs Neue gelernt werden, sie ist keinesfalls selbstverständlich. Sie braucht die Kraft und das Zusammenwirken aller, sie braucht Finanzierung und gemeinsame Wertegrundlagen, sie braucht Aufmerksamkeit und Solidarität und sie braucht vor allem Erfolgsgeschichten. Genau deshalb müssen Kinder Demokratie erfahren dürfen und dadurch spürbar lernen, dass sie Entscheidungen und ihre Lebensverhältnisse mitgestalten können. Dies beginnt, auch wenn dieser Anspruch von vielen Erwachsenen oftmals belächelt wird, bereits bei den Jüngsten und den ganz alltäglichen Entscheidungen in Krippe und Kita. Vor allem das vom Netzwerk entwickelte Konzept der Kinderrechtebasierten Demokratiebildung, das die Themen Kinderrechte, Inklusion, Partizipation und Anti-Diskriminierung vereint, hat sich in der Praxis als äußerst wirkungsvoll erwiesen, um Kindern Demokratieerfahrungen zu ermöglichen“, betonte Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

„Demokratiebildung im Kindesalter braucht demokratische Bildungsorte! Hier sorgen Kinder und Erwachsene gemeinsam dafür, dass alle Kinder ihre Rechte auf Bildung, Beteiligung und Schutz in Mini-Situationen des Alltags erleben. Zugehörigkeit und Solidarität werden zelebriert, Ausgrenzung und Diskriminierung nicht zugelassen, Barrieren zum Lernen werden abgebaut. Die Beteiligten wissen, dass sie damit nie ,fertig‘ sind: Demokratisierung erfordert ihre Wachsamkeit und ihren Einsatz, um Demokratiedefizite zu erkennen und auf deren Beseitigung hinzuwirken. Für solche Bildungsorte ist in Deutschland noch viel zu tun! Hindernisse heißen Adultismus und andere Formen der Diskriminierung, antidemokratische Diskurse und Angriffe, exkludierende Strukturen im Bildungssystem und unzureichende Rahmenbedingungen in den Bildungseinrichtungen, die engagierte Fachkräfte zermürben und entmutigen. Umso wichtiger ist es, dass wir uns auch zukünftig für Demokratiebildung im Kindesalter stark machen“, sagte Petra Wagner, Leiterin der Fachstelle Kinderwelten im Institut für den Situationsansatz (ISTA).

 

Das Kompetenznetzwerk Demokratiebildung im Kindesalter setzt sich für die Rechte aller Kinder auf Bildung, Beteiligung und Schutz vor Diskriminierung ein. Das Netzwerk ist ein Zusammenschluss der Fachstelle Kinderwelten im Institut für den Situationsansatz (ISTA) und des Deutschen Kinderhilfswerkes. Nach Auslaufen des Projektes sollen jetzt in einem Kooperationsverbund mit weiteren Organisationen neue Konzepte der Demokratiebildung auch für Jugendliche entwickelt und eine bessere Verzahnung des Primar- und Sekundarbereiches bei diesem Thema vorangetrieben werden.

 

Der Fokus der Arbeit des Kompetenznetzwerkes Demokratiebildung im Kindesalter lag auf einer ganzheitlichen, an den Kinderrechten orientierten Demokratiebildung in Kindertageseinrichtungen, Ganztagsgrundschulen und Schulhorten. Zum einen umfasste der ganzheitliche Ansatz dabei die inhaltliche Ausrichtung der Arbeit und Maßnahmengestaltung. Gemeint sind damit das Zusammendenken und die sich wechselseitig bedingende Verwirklichung von Kinderrechtebildung, Inklusion, Partizipation und Antidiskriminierung. Zum anderen sollten alle an Bildung und Erziehung von Kindern im Alter von bis zu zwölf Jahren Beteiligten einbezogen werden. Zu den Zielgruppen gehörten dementsprechend die Kinder selbst, ihre Eltern und Familienmitglieder, Pädagoginnen und Pädagogen, Einrichtungsleitungen, Trägervertreterinnen und -vertreter und viele mehr. Schnittstelle und gemeinsamer, verbindlicher Bezugsrahmen bildete dabei die UN-Kinderrechtskonvention.

 

Umfangreiche Informationen zur Unterstützung der Demokratiebildung in Kita, Hort und Ganztag bietet die Website http://www.kompetenznetzwerk-deki.de/. Auf dieser Seite präsentiert das im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ geförderte Kompetenznetzwerk „Demokratiebildung im Kindesalter“ sich und seine Arbeit im Online-Bereich. Das Netzwerk wird unter dem offiziellen Fördertitel „Kompetenznetzwerk Frühkindliche Bildung und Bildung in der Primarstufe“ durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 05.11.2024

In einem Offenen Brief an Bundeskanzler Scholz und die Fraktionensvorsitzenden der demokratischen Parteien im Bundestag fordern Prof. Dr. Sabine Andresen (Präsidentin des Kinderschutzbundes), Prof. Dr. Katrin Böllert (Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe) und Prof. Dr. Wolfgang Schrör (Vorsitzender des Bundesjugendkuratoriums) Kinder- und jugendpolitische Vorhaben in den anstehenden, zeitkritischen Verhandlungen nicht zu vergessen.

Die Autoren schreiben: „Mindestens zwei Gesetzesvorhaben, an denen intensiv gearbeitet wurde, sollten Sie gemeinsam umsetzen: das Gesetz zur Stärkung der Strukturen zum Schutz vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder (UBSKM-Gesetz) sowie das Kinder- und Jugendhilfeinklusionsgesetz (IKJHG). Die vorliegenden Gesetzesentwürfe wurden durch eine breite Basis überparteilicher sowie zivilgesellschaftlicher Organisationen und Verbände beraten und unterstützt.“

Und sie fordern: „Enttäuschen Sie diese engagierten Menschen jetzt nicht, nutzen Sie den Handlungsspielraum, der Ihnen auch in der aktuellen Lage zur Verfügung steht und gestalten Sie eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe. Ein Ende des Prozesses an dieser Stelle würde für die jungen Menschen und viele andere zivilgesellschaftlich Engagierte die Erfahrung bedeuten, dass Beteiligung nicht wertgeschätzt wird, dass Beteiligung sich nicht lohnt. Das birgt die Gefahr des politikverdrossenen Rückzugs und stärkt letztendlich politisch extreme Ränder, denen Inklusion schon längst ein Dorn im Auge ist.

Schutz vor sexualisierter Gewalt und Inklusion sind Rechte, die nicht verhandelbar sind. Werden Sie bitte Ihrer Verantwortung für Kinder und Jugendliche, für starke Strukturen gegen sexualisierte Gewalt und für inklusive Teilhabechancen gerecht.“

Den vollständigen Brief können Sie hier herunterladen: Offener Brief Andresen, Böllert, Schrör

Quelle: Pressemitteilung Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V. vom 11.11.2024

pro familia hofft, dass die Belagerungen damit Geschichte sind

Seit heute sind sogenannte Gehsteigbelästigungen von Ratsuchenden vor Beratungsstellen und Arztpraxen untersagt. Die in Kraft getretene Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes verbietet, im Umkreis von einhundert Metern Schwangeren das Betreten einer Beratungsstelle oder einer entsprechenden Einrichtung absichtlich zu erschweren oder ihnen gegen ihren Willen die eigene Meinung zu Schwangerschaftsabbrüchen aufzudrängen. Schwangere dürfen nicht bedrängt, unter Druck gesetzt oder in ihrer Entscheidung zur Fortsetzung der Schwangerschaft beeinflusst werden. Verstöße dagegen werden mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 € bestraft.

pro familia begrüßt, dass die bundesgesetzliche Regelung nun endlich zum Einsatz kommt. Lange hat sich der Verband dafür stark gemacht.

„Viel zu lange wurden Ratsuchende behelligt. Viel zu lange konnten sich religiöse Gruppierungen, die gegen das Selbstbestimmungsrecht von Schwangeren ankämpfen, auf das Demonstrationsrecht berufen. Ab sofort riskieren sie ein Bußgeld“, erklärt die Bundesvorsitzende Monika Börding. „Wir hoffen, dass das Gesetz greift und Schwangere nicht mehr zu befürchten brauchen, dass der Weg in die Beratung eine Zumutung ist und Angst auslöst.“

Die Gesetzesänderung verfolgt das Ziel, dass die Beratungen ungestört ablaufen können und die Berater*innen ohne Störung von außen ihrer gesetzlich verpflichtenden Aufgabe nachgehen können. Für die Durchsetzung des Gesetzes sind die Ordnungsbehörden vor Ort zuständig. Die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, ob die neuen Regelungen Wirkung zeigen werden.

Quelle: Pressemitteilung pro familia Bundesverband vom 13.11.2024

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Veranstalter: Netzwerk Gesund ins Leben

Ort: Online

Die frühe Kindheit prägt unser Essverhalten für das ganze Leben. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Essgewohnheiten in der Familie. Auswahl und Zubereitung von Mahlzeiten sowie das gemeinsame Essen können für Familien mit kleinen Kindern jedoch herausfordernd sein.

Fachkräften, die Familien mit Babys und Kleinkindern dabei unterstützen, steht jetzt der neue qualitätsgesicherte Online-Kurs „Essalltag in Familien gestalten“ auf der Lernplattform Frühe Hilfen des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (NZFH) in der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zur Verfügung. Er richtet sich an alle Fachkräfte im Umfeld junger Familien und insbesondere an diejenigen in den Frühen Hilfen. Fachkräfte erhalten praxisnahe und leicht umsetzbare Tipps und Methoden, um junge Familien bei Fragen vom Einkauf bis zur Gestaltung des Essalltags begleiten zu können.

Der kostenfreie Online-Kurs wurde vom NZFH in Zusammenarbeit mit den Referaten Netzwerk Gesund ins Leben und Ernährungsbildung des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) entwickelt. Er ist in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) entstanden und wurde mit Mitteln der Bundesstiftung Frühe Hilfen des BMFSFJ gefördert.

Ekin Deligöz, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ): „Gemeinsames Essen in der Familie ist weit mehr als nur Nahrungsaufnahme – es ist eine wertvolle Zeit für Gespräche und schafft Momente, um Erlebnisse zu teilen. Gerade in unserer schnelllebigen Zeit ist es wichtig, solche Rituale zu pflegen, denn sie stärken das familiäre Miteinander und fördern die Bindung innerhalb der Familie. Fachkräfte erfahren durch den Online-Kurs, wie sie Eltern praxisnahe Unterstützung an die Hand geben können, damit gemeinsame Mahlzeiten bewusst gestaltet werden können.“

Dr. Ophelia Nick, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL): „Die meisten Familien wollen sich gesund und nachhaltig ernähren. Gerade für Familien in belasteten Lebenslagen kann das jedoch eine Herausforderung sein. Wir wollen gutes Essen für alle leichter machen – gemeinsam mit den Fachkräften. Der Kurs vermittelt ihnen das notwendige Wissen und Methoden, um Familien auch in Ernährungsfragen kompetent und zugewandt beraten zu können. Damit zahlt diese Kooperation in hohem Maße auf die Ernährungsstrategie der Bundesregierung ein.“

Dr. Johannes Nießen, Errichtungsbeauftragter des Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) und Kommissarischer Leiter der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): „Die ersten 1.000 Tage prägen entscheidend das Leben eines Menschen und somit auch sein lebenslanges Essverhalten. Mit dem Online-Kurs zur Ernährungsbildung auf der NZFH-Lernplattform können Fachkräfte von Anfang an dazu beitragen, dass Familien gesunde Essgewohnheiten entwickeln und damit auch die Eltern-Kind-Bindung stärken.“

Dr. Margareta Büning-Fesel, Präsidentin der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE): „Wir freuen uns, dass wir durch unsere fachliche Kompetenz in der Ernährungsbildung das Qualifizierungsangebot für Fachkräfte grundlegend mitgestalten konnten. Über unser großes Netzwerk tragen wir das Angebot nun in die Breite, damit möglichst viele junge Familien davon profitieren.“

Weiterführende Informationen zur Lernplattform Frühe Hilfen des NZFH finden Sie unter: www.fruehehilfen.de/lernplattform.

Informationen und Materialien zum Thema Ernährung des Bundeszentrums für Ernährung sind verfügbar unter: www.bzfe.de.

Zum Thema Kleinkinderernährung informiert das Netzwerk Gesund ins Leben unter: www.gesund-ins-leben.de.

Termin: 21. November 2024

Veranstalter: AWO Bundesverband e. V.

Ort: Zoom

Teilnehmer*innen-Kreis: Die Veranstaltung richtet sich an alle, die als Multiplikator*innen in Kitas, Familienbildungseinrichtungen, Schulen oder anderen Einrichtungen mit Familien in Kontakt sind und sie auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Familienleben begleiten wollen.

Die Anmeldung erfolgt über folgenden Link: Familien gestalten die Welt von morgen – Impulse für ein nachhaltigeres Familienleben | AWO Veranstaltungsservice

Inhalt:

Nachhaltigkeit ist ein Thema, das viele Menschen bewegt. Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob die Erde auch in der Zukunft ein Ort sein wird, an dem Menschen gut leben können. Sondern es geht auch darum, was wir tun können, damit wir die Welt schon heute ein bisschen besser machen können: für uns, unsere Kinder, für Menschen in aller Welt. 

Wie können Familien durch kleine Veränderungen im Alltag dazu beitragen, negative Auswirkungen auf Umwelt, Tiere, Klima und Menschen so gering wie möglich zu halten? Wo gibt es im Familienleben Möglichkeiten, sorgsamer mit Ressourcen wie z.B. Energie und Wasser umzugehen? Wie können wir uns gemeinsam mit den Familien in unseren Einrichtungen diesem Thema nähern?

Nach Impulsen zum Maßnahmenplan der AWO für Klimaschutz durch Steffen Lembke (Abteilungsleitung Nachhaltigkeit/QM im AWO BV) und zu Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung durch die Aktivistin Elena Tzara, lernen die Teilnehmer*innen Beispiele guter Praxis kennen. Workshops am Nachmittag bieten Gelegenheit, unterschiedliche Themenaspekte zu vertiefen, und laden zum Austausch und gemeinsamen Denken ein:

  • „Ernährung… gesund, bezahlbar und klimafreundlich?!“
  • „Konsum und Kleidung – gibt es nachhaltige Alternativen für die ganze Familie?“
  • „Sind (auch) Kinder (schon) auf das Auto angewiesen?“
  • „Müllvermeidung schont Umwelt und Geldbeutel – echt jetzt?“

Termin: 26. November 2024

Veranstalter: Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e.V.

Ort: Online

Der Vortrag knüpft an die Veranstaltung mit Prof. Dr. Angelika Henschel im Rahmen der Inforeihe vom 14. November 2024 an, kann aber auch separat besucht werden. Die Veranstaltung wird thematisieren, wie komplex sich Kinderschutz im Zusammenhang mit Partnerschaftsgewalt vor allem in Sorge- und Umgangsregelungen (Spannungsfeld: Gewaltschutz der Frauen und Schutz der Kinder) darstellt, wobei insbesondere auf die Dimension inter-institutioneller bzw. inter-professioneller Kooperation verwiesen wird.

An der Veranstaltung wirkt mit:
Prof. Dr. Angelika Henschel, Leuphana Universität Lüneburg

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:

Katrin Frank, Referentin Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-465, E-Mail: faf@paritaet.org.

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:

Stefanie Sachse, Sachbearbeitung Referat Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-323, E-Mail: stefanie.sachse@paritaet.org

Termin: 27. November 2024

Veranstalter: JETZT & MORGEN GbR

Ort: Kino in der Kulturbrauerei, 10435 Berlin

Das ZFF ist Medienpartner*in

Filmvorführung mit anschließendem Filmgespräch mit: 

Chiara Fleischhacker, Regisseurin und Autorin VENA

Emma Nova, Hauptdarstellerin

Hilly Škorić, Geschäftsführerin Hilf-Reich e.V. und ehemalige Intensivstraftäterin

NN, Deutscher Hebammenverband e.V.

L. Eberhard, Vorstand DBSH e.V. Landesverband Berlin/Brandenburg

Anja Seick, Projektleitung KvI Berlin FREIE HILFE BERLIN e.V.

mit einem Grußwort von: 

Dr. Ines Kappert, Direktorin Gunda-Werner-Institut

Der Film:

Jenny liebt ihren Freund Bolle, mit dem sie ein Kind erwartet. Was für andere das größte Glück bedeutet, löst in Jenny ambivalente Gefühle aus, denn das Leben hat ihr zuvor viel zugemutet. Sie ist mit der Justiz und dem Jugendamt aneinandergeraten und ihre Beziehung mit Bolle leidet zunehmend unter der Drogenabhängigkeit der beiden. Als ihnen die Familienhebamme Marla zugewiesen wird, reagiert Jenny zunächst abweisend. Doch wider Erwarten verurteilt Marla sie nicht, sondern sieht sie als den Menschen, der sie im Kern ist. Jenny beginnt, Marla zu vertrauen. Allmählich fasst sie den Mut, sich ihren Ängsten zu stellen und Verantwortung zu übernehmen – für das neue Leben in ihr, aber vor allem für sich selbst.

Hintergründe:

Nach ihrem eigenen, preisgekrönten Drehbuch gelingt Chiara Fleischhacker ein bemerkenswertes Spielfilmdebüt voller emotionaler Wucht, Hoffnung und Zärtlichkeit. Neuentdeckung Emma Nova spielt phänomenal an der Seite des nicht minder beeindruckenden Paul Wollin als „Bolle“. VENA wurde auf dem diesjährigen First Steps Awards, dem wichtigsten Filmpreis im Nachwuchsbereich, mit gleich zwei Hauptpreisen ausgezeichnet u.a. als Bester Spielfilm. Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) verlieh VENA das Prädikat „besonders wertvoll“.

Trailer zum Film: https://www.youtube.com/watch?si=nus0g2NzPIqR87xy&v=NMoIXzb4Yto&feature=youtu.be

Kinotickets beim Kino erhältlich.

BUNDESWEITER KINOSTART IST DER 28. NOVEMBER 2024.
Wenn Sie mit dem Film arbeiten wollen, finden Sie HIER weitere Informationen.

Termin: 03. Dezember 2024

Veranstalter: evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V.

Ort: Online

In der Reihe „Familienbildung im Gespräch mit Wissenschaft und Forschung“ wird zur letzten Online-Veranstaltung in diesem Jahr zum Thema „Niedrigschwellige Familienbildung für und mit Familien in kritischen Lebenskonstellationen“ eingeladen.

Neben den zentralen Ergebnissen der Studie, stellen Prof. Dr. Christiane Solf, Professorin für Bildung und Erziehung in der Kindheit mit Schwerpunkt Arbeit mit Familien, und Sophia Deck, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Ev. Hochschule Dresden, den „Index Niedrigschwelligkeit“ vor, der Hinweise für eine niedrigschwellige Gestaltung der Praxis geben soll.

Mehr Informationen und das Anmeldeformular finden Sie hier:

https://www.eaf-bund.de/service/veranstaltungen/2024-12-03-familienbildung-im-gespraech-mit-wissenschaft-und-forschung-kurs

Termin: 17. Januar 2025

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung

Ort: Berlin

In der Männlichkeiten-Reihe der FES wurden seit 2022 verschiedene Fragen zum Verhältnis von Männern zur feministischen Bewegung verhandelt. Ausgangspunkt war die Abgrenzung von Formen der toxischen Männlichkeit und die Suche nach einem progressiven Gegenbild. Diese Suche wurde immer auch als ein Prozess verstanden, in der es um kritische Selbstreflexion und um die Vielfalt von Männlichkeitsvorstellungen ging.

Zum Abschluss der Reihe möchten wir mit Euch gemeinsam einige der Diskussionen nochmal aufgreifen und im aktuellen gesellschaftlichen Kontext diskutieren. Wir möchten Eure Expertise möglichst gut einbinden und in diesen politischen Zeiten mit Euch erörtern, welche Schlussfolgerungen und Handlungsmöglichkeiten wir sehen.

Unser „Review“ lädt Euch ein, themenoffen all die Aspekte rund um progressive Männlichkeit anzusprechen, mit unseren Expert_innen zu diskutieren und weiterzuentwickeln. Können Männer überhaupt Feministen sein? Was braucht es dazu? Warum ist eine feministische Welt auch für Männer gut? Und was bedeutet es, ein progressiver Mann zu sein?

Und darüber hinaus wollen wir schon jetzt wissen: Welche Aspekte interessieren Euch besonders zum Thema? Worüber möchtet ihr in Hinblick auf progressive Männlichkeit diskutieren? Teilt es uns gern mit und wir versuchen, Eure Punkte in die Tagung mit einzubringen (vielfalt@fes.de)!

ZUR ANMELDUNG

 

WEITERE INFORMATIONEN

Die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. ist der Zusammenschluss von sechs großen Familienverbänden in Deutschland. Im Sinne unseres Auftrags, familienpolitische Diskussionen anzuregen und die Kooperation der familienpolitisch tätigen Organisationen auf nationaler und internationaler Ebene zu fördern, ist das „Bundesforum Familie“ bei der AGF angesiedelt. Das Bundesforum Familie ist ein Netzwerk von ca. 120 Organisationen, die sich für eine weitergehende Kooperation und einen übergreifenden Dialog im Interesse der Anliegen von Familien einsetzen. In einem Zwei-Jahresrythmus wird als Schwerpunkt jeweils ein Thema behandelt. Bis Ende 2025 ist dies „Familie und Klima“. Über das Thema 2026-27 wird im Laufe des Jahres 2025 entschieden. Weiteres zum Bundesforum Familie unter http://bundesforum-familie.de und zur AGF unter http://ag-familie.de.

Wir suchen zum 01. Februar 2025 für das Bundesforum Familie eine

Projektkoordination (Teilzeit (50 %), nach TVöD 13)

in der AGF-Geschäftsstelle in Berlin.

Aufgaben im Detail:
 Steuerung und Umsetzung des Gesamtprojekts
 Organisation und Durchführung von Fachkonferenzen und Fachgesprächen
 Vor- und Nachbereitung, Begleitung und Moderation von Gremiensitzungen und Besprechungen
 Analyse und Begutachtung von wissenschaftlichen Erkenntnissen
 Erstellung von Dokumentationen und Fachveröffentlichungen, Websitebetreuung
 Berichterstattung zum Projektablauf

Profil
 Abgeschlossenes Hochschulstudium sowie berufliche Erfahrungen im familien-, kinder- sozial- oder bildungspolitischen Bereich
 Erfahrungen im Projekt- und Veranstaltungsmanagement
 Eigenverantwortliche, strategische und analytische Arbeitsweise
 Hohe kommunikative Kompetenz in der Zusammenarbeit mit Gremien, Netzwerkpartnern, Zuwendungsgebern und weiteren Akteuren
 Bereitschaft zur Bewältigung punktuell hoher Arbeitsintensität und zeitlicher Belastung

Wir bieten Ihnen
 Bundesweite Vernetzung im Bereich der Familienpolitik
 Eigenverantwortliche und anspruchsvolle Tätigkeit im Bereich der Familienpolitik
 Mitarbeit in einem engagierten und interdisziplinären Team mit flachen Hierarchien

Bewerbungen (per Email) nehmen wir bis zum 30. November 2024 entgegen.

Kontakt für Informationen / Bewerbungen:

Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen e.V.

Sven Iversen

Karl-Heinrich-Ulrichs-Str. 14

10785 Berlin

Tel.: 030 – 2902825-70
bewerbung@ag-familie.de

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ZFF-Info

ZFF-Info 14/2024 – Familienrechtsreform, Neuregelung Schwangerschaftsabbruch

AUS DEM ZFF

Anlässlich der heutigen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Deutschen Bundestag zum Gesetzentwurf zur Neuermittlung der Regelbedarfe mahnt das ZFF an, dass sich der Gesetzgeber bei der Existenzsicherung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen endlich ein auskömmliches soziokulturelles Existenzminimum zum Maßstab nehmen sollte.

Im Vorfeld der für den 25. Oktober 2024 einberufenen Besprechung des Justizministeriums mit den Landesjustizverwaltungen zum Familienrechtspaket von Bundesminister Buschmann rufen 10 Verbände dazu auf, bei der geplanten Reform Änderungen vorzunehmen.

Gemeinsam haben die Verbände Punkte identifiziert, die sie über ihre einzelverbandlichen Schwerpunkte hinaus verbinden. Sie konzentrieren sich hierbei auf die Reformen im Kindschafts- und Unterhaltsrecht.

Wir appellieren nachdrücklich an Bund und Länder:

Setzen Sie sich für eine Reform ein, die …

… den Gewaltschutz nicht nur gesetzlich im Sorgerecht verankert, sondern auch im Umgangsrecht

„Im Falle von häuslicher Gewalt und Partnerschaftsgewalt muss vermutet werden, dass der Umgang mit dem gewaltausübenden Elternteil in der Regel nicht dem Kindeswohl dient. Von gewaltbetroffenen Elternteilen kann nicht verlangt werden, ihre Schutzinteressen zu gefährden, um die Wohlverhaltenspflicht zu erfüllen“, so die Verbände.

… die gemeinsame Sorge von unverheirateten Eltern weiterhin durch eine gemeinsame Sorgeerklärung etabliert und nicht automatisch mit der Vaterschaftsanerkennung verknüpft

„Die Erklärung der gemeinsamen Sorge von unverheirateten Eltern ist üblich, niedrigschwellig und weit verbreitet. Bei Auseinandersetzungen oder gar Fällen häuslicher Gewalt birgt die automatische Verknüpfung der gemeinsamen Sorge mit einer Vaterschaftsanerkennung eine hohe Gefahr, schürt gegebenenfalls weitere Spannungen und ist nicht kindeswohldienlich“, sind sich die Verbände einig.

… die Gleichwertigkeit aller Betreuungsmodelle sowohl im Familienrecht des BGB als auch bei der Regelung der Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung im SGB VIII zu verdeutlichen

„Wir setzen uns für eine ergebnisoffene Beratung ein, die Eltern auch bei rechtlichen und finanziellen Folgen von Sorge- und Betreuungsvereinbarungen weiterhelfen kann. Es ist unerlässlich, dafür die Ressourcen der Beratungslandschaft zu stärken und für entsprechende Qualifizierungen zu sorgen, deren Neutralität gesichert sein muss“, führen die Verbände aus.

…sicherstellt, dass verschiedene Vorhaben in den Eckpunkten in der Gesamtschau nicht zu einem Leitbild Wechselmodell „durch die Hintertür“ führen

„Das Wechselmodell als Leitbild einzuführen, lehnen wir entschieden ab“, bekräftigen die Verbände.

… Unterhaltsregeln für alle Betreuungsmodelle gesetzlich verankert

„Wir begrüßen es grundsätzlich, unterhaltsrechtliche Folgen für verschiedene Betreuungsmodelle als Stufenmodell auszugestalten. Eine isolierte Unterhaltsregelung für das asymmetrische Wechselmodell lehnen wir jedoch ab“, stellen die Verbände heraus.

… das Unterhaltsrecht so reformiert

  • dass die Schwelle für den Beginn eines asymmetrischen Wechselmodells neben dem zeitlichen Kriterium die Verantwortungsübernahme berücksichtigt und eine ausreichende Entlastung im Alltag abbildet – diesen Anforderungen wird die in den Eckpunkten definierte Schwelle von 29 Prozent Mitbetreuung inklusive der Ferien nicht gerecht
  • dass das Existenzminimum des Kindes in beiden Haushalten in keinem Fall unterschritten werden kann
  • dass wechselbedingte Mehrkosten berücksichtigt werden
  • dass Übergangsfristen eingeführt werden, wenn durch den Wechsel in ein anderes Betreuungsmodell neue Erwerbsobliegenheiten entstehen

„Alleinerziehende, die bereits jetzt besonders häufig von Armut bedroht oder betroffen sind, dürfen finanziell nicht noch weiter unter Druck geraten“, heben die Verbände hervor. „Bestehende Lebensrealitäten dürfen dabei nicht aus dem Blick geraten. Die Förderung einer fairen Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit muss bereits vor Trennung und Scheidung erfolgen. Dafür machen wir uns weiterhin stark.“

… die Stimme der Kinder und das Kindeswohl in stärkerem Maße berücksichtigt

„Oberster Maßstab muss das Kindeswohl sein. Im Zweifel müssen die Interessen der Erwachsenen dahinter zurücktreten“, betonen die Verbände.

Die unterzeichnenden Verbände freuen sich auf einen weiterhin konstruktiven Dialog mit dem Bundesjustizministerium und hoffen auf eine baldige Einbeziehung der Zivilgesellschaft in den umfangreichen Gesetzgebungsprozess. Gerne stehen sie auch für weiteren Austausch bereit, um die Reform im Sinne der Familien weiter voranzubringen.

Die unterzeichnenden Verbände sind:

Zukunftsforum Familie e. V.

evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V.

AWO Bundesverband e. V.

Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V.

Deutscher Frauenrat e. V.

Deutscher Juristinnenbund e. V. (djb)

Evangelisches Zentralinstitut für Familienberatung gGmbH

Familienbund der Katholiken (FDK), Bundesverband

Frauenhauskoordinierung e. V.

Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e. V.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 24.10.2024

Anlässlich der heutigen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Deutschen Bundestag zum Gesetzentwurf zur Neuermittlung der Regelbedarfe mahnt das ZFF an, dass sich der Gesetzgeber bei der Existenzsicherung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen endlich ein auskömmliches soziokulturelles Existenzminimum zum Maßstab nehmen sollte.

Das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) hat auf seiner Mitgliederversammlung seinen Vorstand in großen Teilen im Amt bestätigt. Zudem verabschiedete die Mitgliederversammlung heute eine gemeinsame Erklärung und fordert die Ampelkoalition darin auf, ihre Versprechen zu halten und Familien und ihre Belange wieder in den Vordergrund zu rücken.

Die Mitgliederversammlung hat heute den Vorstand in großen Teilen im Amt bestätigt,  heißt aber auch neue Gesichter willkommen. Sie wählte heute in Berlin Britta Altenkamp aus dem Bundespräsidium der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO) im Bezirk Niederrhein erneut für weitere zwei Jahre zur Vorsitzenden.

Stellvertretende Vorsitzende sind die Kita-Fachberaterin Birgit Merkel, stellvertretende Präsidentin der AWO Region Hannover e.V. und unser neues Vorstandsmitglied Manuel Becker, Geschäftsführer und Bildungsreferent des Progressiven Eltern- und Erzieher*innen-Verbandes NRW e. V. (PEV).

In ihrem Amt als Beisitzer*innen wurden Ines Albrecht-Engel, Mitglied im Präsidium des AWO-Bezirk Hannover e. V., Wolfgang Jörg MdL und Vorsitzender des AWO Unterbezirks Hagen-Märkischer Kreis und Jürgen Tautz, AWO Landesverband Sachsen e. V. bestätigt. Neu im Amt als Beisitzerinnen sind Micaela Daschek, Vorstandsvorsitzende AWO Berlin Kreisverband Südost e. V. und Mitglied im Vorstand des AWO Landesverbandes Berlin e. V. und Claudia Mandrysch, Vorständin des AWO Bundesverbandes e. V.

Wir gratulieren den Gewählten und freuen uns auf eine weiterhin hervorragende Zusammenarbeit!

Verabschieden müssen wir uns leider von Anita Leese-Hemke, Mitglied im Vorstand des AWO Landesverbandes Berlin e. V., und Meike Schuster, Leiter*in der Familienbildungsstätte des Progressiven Eltern- und Erzieher*innen-Verband NRW e. V. (PEV). Sie haben mit ihrer Expertise und ihren Ideen die Arbeit des ZFF sehr bereichert. Wir sagen Danke für die intensive und tolle Zeit!

Ebenfalls hat die Versammlung heute einen gemeinsamen Appell mit dem Titel „Als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet? – das ZFF fordert weitere Anstrengungen für einen familien-, gleichstellungs- und sozialpolitische Aufbruch!“ verabschiedet. Darin fordern die Mitglieder des ZFF die Bundesregierung und die Mitglieder des Bundestags auf, wichtige familienpolitische Versprechen nicht weiter im Sand verlaufen zu lassen, sondern sie endlich auf den Weg zu bringen und damit den erhofften Aufbruch und gesellschaftlichen Fortschritt voranzutreiben.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 16.10.2024

SCHWERPUNKT I: Familienrechtsreform

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt grundsätzlich den bekannt gewordenen Referentenentwurf zur Reform des Kindschaftsrechts, insbesondere die überfällige Umsetzung der Vorgaben aus der Istanbul-Konvention zum Schutz vor geschlechtsbezogener Gewalt. Damit werden notwendige Verbesserungen für gewaltbetroffene Elternteile und ihre Kinder gesetzlich verankert. „Es ist höchste Zeit, dass der Schutz von Gewaltbetroffenen auch im Familienrecht ernst genommen und effektiv durchgesetzt wird,“ erläutert die Präsidentin des djb, Ursula Matthiessen-Kreuder.

Gleichzeitig kritisiert der djb unnötige oder problematische Regelungen im Entwurf. So soll etwa die gemeinsame elterliche Sorge künftig automatisch im Rahmen der Vaterschaftsanerkennung entstehen, wobei nur der Widerspruch innerhalb einer zweiwöchigen Frist diesen Automatismus verhindern kann. Dafür sind keine überzeugenden Gründe ersichtlich, denn der Gang zur zuständigen Behörde bleibt den Eltern schon wegen der Vaterschaftsanerkennung nicht erspart. Es besteht jedoch das Risiko, dass in strittigen oder gewaltgeprägten Beziehungen die Belange der Mutter übergangen werden.

Weiterhin warnt der djb vor einer möglichen Kodifizierung des Wechselmodells als Leitmodell durch die Hintertür der Familienberatungsstellen. Statt der Hervorhebung der „Betreuung durch beide Elternteile zu wesentlichen oder gleichen Teilen“ im Falle der Trennung der Eltern, ist eine ergebnisoffene Beratung nach wie vor vorzugswürdig und wird den vielfältigen Betreuungs- und Lebensrealitäten besser gerecht.

Nachbesserungsbedarf sieht der djb auch beim Schutz vor geschlechtsbezogener Gewalt im Zusammenhang mit Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe. Die Reformpläne haben die Familienberatung als wichtige Institution für die Bewältigung familiärer Krisen erkannt. Umso wichtiger wäre es, auch im Bereich der Partnerschafts-, Trennungs- und Scheidungsberatung einen effektiven Schutz vor Partnergewalt zu kodifizieren, ähnlich wie das für Sorge- und Umgangsverfahren vorgesehen ist. „In Fällen von Partnergewalt sind vermeintlich einvernehmliche Regelungen nur auf Kosten der gewaltbetroffenen Personen möglich. Das muss ein Ende haben,“ fordert Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der djb-Kommission Familien-, Erb- und Zivilrecht.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 21.10.2024

Der bekannt gewordene Entwurf zum Unterhaltsrecht greift zentrale Forderungen des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb) auf und bringt mehr Klarheit sowie Gerechtigkeit in die Unterhaltsregelungen. Der djb setzt sich seit Jahren dafür ein, dass der Gesetzgeber das Unterhaltsrecht weniger der Auslegung durch die Rechtsprechung überlässt und wesentliche Grundsätze selbst regelt. Dieser Entwurf kodifiziert weite Bestandteile des Richterrechts und sorgt damit für mehr Verständlichkeit und Rechtssicherheit.

Außerdem beseitigt der Entwurf die eklatanten Defizite im Unterhaltsrecht für nicht verheiratete Mütter und trägt hier angesichts der statistisch ganz überwiegend von Müttern geleisteten Kinderbetreuung erheblich zur Beseitigung der vor allem Frauen betreffenden Benachteiligung bei. „Wenn immer weniger Eltern heiraten, dann muss der Gesetzgeber reagieren und die aus der Elternschaft resultierende Verantwortung so regeln, dass der betreuende Elternteil unabhängig vom Familienstand ausreichend Unterhalt vom anderen Elternteil bekommt“, erklärt djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass neben der geplanten Anhebung auf ein höheres Unterhaltsniveau auch Altersvorsorgeunterhalt geregelt wird und eine nicht verheiratete Mutter endlich eine Ausbildung machen kann, ohne ihren Unterhaltsanspruch zu verlieren.

Der djb erachtet es im Grundsatz als sinnvoll, eine ausgedehnte Betreuung auch unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen und den Unterhalt für die unterschiedlichen Betreuungsformen (Residenzmodell, asymmetrisches und symmetrisches Wechselmodell) ausdrücklich zu regeln. Kritisiert wird aber, dass eine unterhaltsrechtlich bedeutsame Betreuung bereits dann vorliegen soll, wenn 30 % der Nächte auf ein Jahr gerechnet durch denjenigen abgedeckt werden, der Barunterhalt an den hauptsächlich betreuenden Elternteil leistet. Bei der Übernahme von 30 % der Betreuungszeit inklusive Ferienzeiten wird die Care-Arbeit beim hauptsächlich betreuenden Elternteil verbleiben. Eine Entlastung der Alleinerziehenden, die eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit ermöglichen würde, wird damit nicht erreicht. Darüber hinaus ist die geplante Verrechnung von Betreuung und Barunterhaltspflicht im asymmetrischen Wechselmodell zu einseitig auf die Interessen der (meist) zahlungspflichtigen Väter abonniert. Abzüge in einer Größenordnung von 15 % des Barbedarfs und noch weitergehende Kürzungen um einen pauschalen Betreuungsanteil von 33 % schießen weit über das Ziel eines gerechten Ausgleichs hinaus. „Alleinerziehende Mütter sind immer noch diejenigen, die das größte Armutsrisiko in unserer Gesellschaft tragen. Diesen Umstand darf eine Unterhaltsreform an keiner Stelle ausblenden“, so Prof. Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der Kommission Familien-, Erb- und Zivilrecht des djb.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 21.10.2024

Bündnis kommentiert die Reformpläne

Am ersten Oktoberwochenende hat das Bundesministerium der Justiz Gesetzesentwürfe für eine umfassende Reform des Familienrechts an die Länder weitergeleitet. Die Reform des Abstammungsrechts ist dringend geboten. Zugleich dürfen die Rechte queerer Familien und ihrer Kinder nicht zum Pfand für neuerliche Diskriminierungen werden. Ein Bündnis aus Deutschem Juristinnenbund (djb), Initiative Nodoption, Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Jurist*innen (BASJ), TIN-Rechtshilfe, Deutscher Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit (dgti), Intergeschlechtliche Menschen e.V., Bundesverband Trans* (BVT*) und LSVD – Verband Queere Vielfalt kommentiert:

Der Entwurf sieht eine längst überfällige Verbesserung der rechtlichen Situation von Kindern queerer Eltern vor. Insbesondere die bisherige geschlechtsbezogene Diskriminierung bei der Zuordnung eines zweiten Elternteils soll beseitigt werden. Das begrüßen wir ausdrücklich.

Wir kritisieren jedoch die vorgesehene Reform des Anfechtungsrechts als zu weitgehend. Der genetische Beitrag leiblicher Väter darf gegenüber der sozial-familiären Elternschaft nicht unverhältnismäßig aufgewertet werden. Dass in dem Gesetzesentwurf Samenspender mit leiblichen Vätern gleichgestellt werden, entspricht nicht der Bedeutung ihres Beitrags an der Entstehung des Kindes.

Der Entwurf führt erstmals die Kategorie „biologisches Geschlecht“ im Abstammungsrecht ein. Eltern, die ihren Geschlechtseintrag geändert haben, sollen mit dem ihnen bei Geburt zugeordneten Geschlecht in das Geburtenregister eingetragen werden. Ein Bezug auf ein „biologisches“ Geschlecht widerspricht dem Geschlechtsverständnis des Bundesverfassungsgerichts, das festgestellt hat, dass das Geschlecht einer Person ganz wesentlich von dem von ihr selbst empfundenen Geschlecht abhängt. Auch das jüngst verabschiedete Selbstbestimmungsgesetz hat Selbst- statt Fremdbestimmung versprochen.

Der Entwurf sieht keine zufriedenstellende Rückwirkungsmöglichkeit vor. Für alle „Nodoption“-Familien muss gelten, dass die anhängigen Gerichtsverfahren begründet sind und die Kosten vom Staat übernommen werden. Nur so würde das Unrecht, das die Familien über viele Jahre erfahren haben, zumindest partiell anerkannt.

Schließlich kritisieren wir, dass die Reform des Abstammungsrechts mit dem Gesetzgebungsverfahren zur Verhinderung sogenannter missbräuchlicher Vaterschaften verknüpft wird.

Mehr lässt sich in der gemeinsamen Kurzeinschätzung zum Gesetzesentwurf für die Reform Abstammungsrechts nachlesen.

Wir fordern:

  • Samenspender dürfen bei der Elternschaftsanfechtung nicht mit leiblichen Vätern gleichgestellt werden.
  • Die Einführung der Kategorie „biologisches Geschlecht“ ist ersatzlos zu streichen. Selbstbestimmte Geschlechtsbezeichnungen sind auch bei der Bezeichnung des Elternstatus anzuerkennen.
  • Für anhängige gerichtliche Feststellungsverfahren ist im Gesetz vorzusehen, dass der Feststellungsantrag begründet ist und der Staat die Kosten der Verfahren trägt.
  • Das Abstammungsrecht muss unabhängig von dem Gesetz zur Verhinderung sogenannter missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen reformiert werden.

Weiterlesen:

Quelle: Pressemitteilung LSVD⁺ – Verband Queere Vielfalt e.V. vom 21.10.2024

Die Reformvorhaben im Familienrecht nehmen Fahrt auf: Nach Presseberichten wurden den Ländern Referentenentwürfe für eine Reform des Unterhalts-, des Kindschafts- und des Ab-stammungsrechts zur Stellungnahme übersandt. Hierzu erklärt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV):

„Es ist richtig, die Folgen von Umgangsmodellen auf den Kindesunterhalt gesetzlich zu regeln, statt diese weiter dem Richterrecht zu überlassen. Allerdings muss am Vorschlag des BMJ noch einiges nachgebessert werden. Die Reform muss an der Lebensrealität ansetzen, statt unrealistische Anforderungen an Alleinerziehende zu stellen: zentrale Stellschrauben sind 1. Übergangsfristen für die Barunterhaltspflicht bei familienbedingten Nachteilen im Beruf sowie 2. eine substanzielle Entlastung im Alltag.“ Jaspers erläutert: „Es ist viel zu früh, dass ab 30 Prozent Mitbetreuung beide Eltern für den Barunterhalt verantwortlich sein sollen. Mit 70 Prozent den Löwenanteil der Betreuung zu leisten und das Geld für sich und zusätzlich für das Kind zu verdienen, ist keine faire Lösung.“

Zu den Reformplänen im Kindschaftsrecht kritisiert Jaspers: „Hier gibt es viel Schatten und wenig Licht. Eine automatische gemeinsame Sorge mit der Vaterschaftsanerkennung halten wir für eine falsche Weichenstellung: Durch Heirat oder gemeinsame Sorgeerklärung treffen bereits über 91 Prozent der Eltern im Geburtsjahr des Kindes die Entscheidung, dass sie miteinander für gemeinsame Kinder sorgen wollen. Nicht miteinander verheiratete Eltern geben in der Regel beim Jugendamt gemeinsam die Vaterschaftsanerkennung und die Sorgeerklärung ab. Ist das nicht der Fall, sprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit hier gute Gründe dagegen wie Gewalt, Sucht oder eine hochstrittige Trennung. Eine automatische gemeinsame Sorge ist hier nicht der richtige Weg.“

Die gesetzliche Verankerung der Anordnung des Wechselmodells sowie dieses in den Mittelpunkt der Trennungsberatung zu stellen sind Pläne, die der VAMV scharf kritisiert: „Das Wechselmodell durch die Hintertür als Leitmodell zu etablieren, widerspricht den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen“, stellt Jaspers fest. „Nach der im August 2023 veröffentlichten Studie „Umgang und Kindeswohl“ ist die Wahl des Betreuungsarrangements nicht der wesentliche Faktor für das kindliche Wohlergehen, sondern nur einer von vielen. Beratung muss Eltern ergebnisoffen unterstützen, das für ihr Kind individuell beste Umgangsmodell zu finden.“

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 09.10.2024

SCHWERPUNKT II: Neuregelung Schwangerschaftsabbruch

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die heutige Petitionsübergabe des Bündnisses sexuelle Selbstbestimmung.

Leni Breymaier, familienpolitische Sprecherin:

„Schwangerschaftsabbrüche gehören nicht ins Strafgesetzbuch. Für uns ist das der richtige Schritt, um die Versorgungslage für ungewollt schwangere Frauen zu verbessern. Denn die Strafandrohung hat inzwischen zu einer massiven Unterversorgung, insbesondere in Süddeutschland, geführt. Ungewollt schwangere Frauen brauchen daher zeitgemäße Regelungen für den Schwangerschaftsabbruch. Was wir nicht brauchen, sind Regeln aus den 1990er Jahren, getragen von einer Geisteshaltung von vor hundert Jahren.“

Sonja Eichwede, rechtspolitische Sprecherin:

„Aktuell gelten selbstbestimmte Schwangerschaftsabbrüche als Unrecht. Das ist nicht mit dem grundrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrecht von Frauen vereinbar. Zu diesem Ergebnis kam auch die unabhängige Expert:innenkommission der Bundesregierung. Durch eine Regelung von selbstbestimmten Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafgesetzbuchs können wir das Selbstbestimmungsrecht der Frau und den Schutz des ungeborenen Lebens besser miteinander in Einklang bringen. Den Schutz des ungeborenen Lebens erreichen wir nicht durch Strafandrohung, sondern durch eine gute Unterstützung von ungewollt schwangeren Frauen und Familien.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 17.10.2024

Zur Vorstellung eines Gesetzentwurfs zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs und zur Übergabe der Petition „Legal, einfach, fair: Für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs in Deutschland“ erklären Maria Klein-Schmeink, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Der heutige Tag zeigt erneut: Die Regelung zum Schwangerschaftsabbruch in Deutschland muss reformiert werden. Fast 50.000 Menschen haben die Petition „Legal, einfach, fair: Für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs in Deutschland“ unterzeichnet. Eine große Mehrheit der Deutschen befürwortet es, eine zeitgemäße und liberale Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuchs einzuführen. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Familienministeriums.

Wir begrüßen es sehr, dass heute verschiedene zivilgesellschaftliche Gruppen einen Gesetzentwurf vorgestellt haben, in dem mit großer Expertise dargelegt wird, wie eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs in Deutschland aussehen kann. Die Autorinnen des Gesetzentwurfs, die Professorinnen Liane Wörner, Maria Wersig und Friederike Wapler, zeigen dafür einen rechtssicheren und gangbaren Weg auf.

Ein Großteil des Entwurfs bildet das ab, was die Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin bereits im April dieses Jahres als verfassungsrechtlich dringend geboten angesehen hat. Dies findet unsere grundsätzliche Unterstützung. In dieser Woche hat sich auch endlich der Ausschuss für Frauen, Senioren, Familie und Jugend mit den Empfehlungen der Kommission befasst. Hierfür haben wir uns mit Nachdruck eingesetzt und sind froh, dass die sehr klaren Empfehlungen der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung Thema der parlamentarischen Debatte sind.

Unsere Fraktion hat das Ziel, noch in dieser Legislaturperiode zu einer Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs zu kommen, bei der die reproduktiven Rechte von Frauen in den Vordergrund gestellt werden und mit der die Versorgungssicherheit langfristig verbessert werden kann. Das haben wir mit unserem einstimmigen Fraktionsbeschluss im September verdeutlicht.

Wir führen derzeit intensive Gespräche, um die Möglichkeit einer im Bundestag mehrheitsfähigen Lösung auszuloten. Wichtig ist uns, dass Frauen, die sich für eine Abtreibung in der Frühphase der Schwangerschaft entscheiden, diese legal und rechtssicher erhalten können und ihnen das unabhängig vom Wohnort ermöglich wird. Dafür muss sich die medizinische Versorgung in Deutschland deutlich verbessern. Die Entkriminalisierung ist dafür ein wichtiger Schritt.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 17.10.2024

Diskussion zur Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen

Der Deutsche Caritasverband und sein Fachverband Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) werben mit Nachdruck für die Beibehaltung der Beratungspflicht im Schwangerschaftskonflikt und für der geltenden Regelungen im Strafgesetzbuch. Das Handeln eines Arztes, der einen Schwangerschaftsabbruch ohne Vorliegen eines Beratungsscheins oder gegen den Willen der Frau vornimmt, darf auch innerhalb der ersten Wochen einer Schwangerschaft nicht als rechtmäßig gewertet werden. Es bedarf eines Rechtsrahmens, der die schwangere Frau und ihr Kind in ihren Rechten gleichermaßen ernst nimmt, so die Verbände.

Angesichts des Gesetzgebungsvorschlags, der heute von verschiedenen Frauenverbänden vorgestellt wurde, weist SkF-Vorständin Yvonne Fritz darauf hin, dass viele Frauen in Konfliktsituationen Unterstützung, Schutz und Zeit brauchen, um sich entscheiden zu können. „Schwangerschaftsberatungsstellen sind regelmäßig mit Frauen in Kontakt, die in schwierigen Beziehungen leben, von Partnerschaftsgewalt bedroht sind oder in Existenznöten stecken. Die Beratungspflicht bietet die Gewähr, dass sie den Zugang zu einer Beratung finden, die sie dabei unterstützt, in oftmals komplexen und scheinbar unlösbaren Konfliktsituationen eine für sie passende Entscheidung zu treffen.“

Für Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa wird die Beratungspflicht zunehmend unverzichtbar, um Paaren zur Seite zu stehen, die durch einen pränataldiagnostischen Befund von einer möglichen Behinderung ihres Kindes erfahren. „Die Art und Weise, wie Pränataldiagnostik immer früher und immer regelmäßiger zum Einsatz kommt, setzt Paare einem hohen Entscheidungsdruck aus. Hier manifestiert sich längst eine Diskriminierung gegenüber behinderten Menschen und ihren Familien“, so Welskop-Deffaa.

Bluttests zur Bestimmung von Geschlecht oder Behinderung sind ab der zehnten Schwangerschaftswoche möglich. „Eltern von Kindern mit Behinderung müssen sich heute für ihre Entscheidung für das Kind rechtfertigen. Stigmatisiert wird in diesen Fällen nicht der Schwangerschaftsabbruch, sondern die Familie mit Kind mit Behinderung. Wir müssen als Gesellschaft sicherstellen, dass Eltern sich frei für ihr behindertes Kind entscheiden können. Wir brauchen eine inklusive, diskriminierungsfreie Gesellschaft von Anfang an.“

Der Anteil der Kinder, die mit Trisomie 21 zur Welt kommen, geht durch die Einführung von Bluttests und deren Finanzierung durch die Krankenkassen schon jetzt deutlich zurück. Heute entscheiden die Mehrzahl der Eltern, denen einTrisomie-21-Befund für ihr Kind vorliegt, die Schwangerschaft abzubrechen. Dies ist umso dramatischer, als der Bluttest bei jüngeren Schwangeren häufig falsch-positiv ist.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. und Fachverband Sozialdienst katholischer Frauen vom 17.10.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat den heute vorgestellten Gesetzentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs intensiv begleitet. Der djb fordert seit langem die vollständige Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und sieht in dem heute vorgestellten Gesetzentwurf eine zukunftsweisende Lösung, die im Einklang mit den im Grundgesetz garantierten Grundrechten und internationalen Regelungen steht.

„Dieser Gesetzentwurf zeigt auf, wie ein selbstbestimmter Schwangerschaftsabbruch verfassungskonform entkriminalisiert werden kann. Spätestens jetzt hat der Gesetzgeber keine Ausrede mehr, die Reform weiter hinauszuzögern“, sagt Ursula Matthiessen-Kreuder, djb-Präsidentin.

Der Entwurf betont die eigenverantwortliche Entscheidung der Schwangeren und sieht den rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch bis zur 22. Schwangerschaftswoche vor. Die bestehende Beratungspflicht und andere Zugangshürden sollen abgeschafft werden, sodass schwangere Personen selbstbestimmt entscheiden können, welche Angebote sie in Anspruch nehmen wollen. Dies ist eine zentrale Forderung des djb, der bereits seit Jahren auf die dringend notwendige Reform hinweist.

„Wir fordern Parlamentarier*innen aller demokratischen Parteien auf, das Gesetz in den Bundestag einzubringen“, sagt Céline Feldmann, Vorsitzende der interkommissionellen Arbeitsgruppe Schwangerschaftsabbruch im djb.

Der Gesetzentwurf wurde federführend von den Juristinnen Prof. Dr. Liane Wörner, Prof. Dr. Maria Wersig und Prof. Dr. Friederike Wapler im Auftrag einer Gruppe von zu diesem Thema maßgeblichen Verbänden und Organisationen erstellt. Er basiert auf dem Bericht der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin, der die drei Autorinnen angehörten, und berücksichtigt zudem die Empfehlungen internationaler Menschenrechtsgremien und Gesundheitsleitlinien.

Der Grundstein für die Reform ist gelegt. Nun liegt es an den Abgeordneten des Deutschen Bundestages, den Gesetzentwurf einzubringen und damit für reproduktive Gerechtigkeit zu sorgen

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V.  (djb) vom 17.10.2024

26 Fachverbände legen Gesetzentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs vor

Heute stellen unsere Verbände und Organisationen einen Gesetzentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs vor, der Schwangere, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, durch verbesserte Beratung und medizinische Versorgung unterstützt und schützt.

Eine Gesetzesreform muss erfolgen – das macht die Arbeit der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin deutlich. Der Gesetzentwurf zeigt, dass und wie der Schwangerschaftsabbruch in Deutschland endlich im Einklang mit dem Grundgesetz, den Menschenrechten der Betroffenen und der internationalen Gesundheitsevidenz geregelt werden kann.

Der Gesetzentwurf wurde federführend von den an der Kommission beteiligten Juristinnen Prof. Dr. Liane Wörner, Prof. Dr. Maria Wersig und Prof. Dr. Friederike Wapler im Auftrag einer Gruppe von 26 der zu diesem Thema maßgeblichen Verbände und Organisationen und in Zusammenarbeit mit diesen erstellt. Die vorgeschlagenen Regelungen basieren auf den Empfehlungen der Kommission, internationaler Menschenrechtsgremien und internationaler Gesundheitsleitlinien und berücksichtigen die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung.

Der Gesetzentwurf rückt die eigenverantwortliche Entscheidung der Schwangeren in den Mittelpunkt. Die Beendigung einer Schwangerschaft auf ihr Verlangen wird bis zum Ende der 22. Woche der Schwangerschaft rechtmäßig gestellt. Die vorgeschlagenen Regelungen verankern das Recht Schwangerer, ohne Zwang zu entscheiden, welche Beratungsangebote und medizinischen Leistungen sie in Anspruch nehmen wollen.

Bislang bestehende Zugangsbarrieren zum sicheren Schwangerschaftsabbruch in Form von Beratungspflicht, Wartefrist und fehlender Kostenübernahme entfallen.

Rechtsansprüche Schwangerer auf Beratung und Versorgung und der Sicherstellungsauftrag der Länder diesbezüglich sind im Schwangerschaftskonfliktgesetz verankert, wie auch ihr Anspruch auf Sprachmittlung bei der Beratung und die Verpflichtung von Ärzt*innen und Fachkräften in der medizinischen und geburtshilflichen Versorgung, Schwangere auf professionelle Beratungsangebote hinzuweisen. Zum Schutz Schwangerer werden im Strafrecht neben der Nötigung zum Schwangerschaftsabbruch der Schwangerschaftsabbruch gegen oder ohne ihren Willen und die Nötigung zum Unterlassen eines Schwangerschaftsabbruchs neu geregelt.

Wir fordern den Bundeskanzler, die Bundesministerinnen und Bundesminister und die Bundestagsabgeordneten aller demokratischen Parteien auf, den Schwangerschaftsabbruch noch in dieser Legislaturperiode neu zu regeln. Den Gesetzentwurf sehen wir als Impuls hierfür.

Verbände:

  1. pro familia Bundesverband
  2. Deutscher Juristinnenbund e. V. (djb)
  3. Deutscher Frauenrat
  4. Doctors for Choice Germany
  5. medica mondiale e. V.
  6. Zentralrat der Konfessionsfreien
  7. Evangelische Konferenz für Familien- und Lebensberatung e. V. Fachverband für Psychologische Beratung und Supervision (EKFuL)
  8. Amnesty International Deutschland
  9. DaMigra Dachverband der Migrantinnenorganisationen
  10. TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e. V.
  11. UN Women Deutschland e. V.
  12. ver.di
  13. Nationales Netzwerk Frauen und Gesundheit
  14. Giordano Bruno Stiftung
  15. AWO Bundesverband e. V.
  16. Pro Choice Deutschland e. V.
  17. Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e. V.
  18. Institut für Weltanschauungsrecht
  19. Women on Web International
  20. Evangelische Frauen in Deutschland e. V.
  21. Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung (BfsS)
  22. Centre for Feminist Foreign Policy
  23. Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft – Landesverband Berlin
  24. Medical Students for Choice e. V.
  25. Familienzentrum Berlin e. V. – BALANCE
  26. Sozialdienst muslimischer Frauen

„Die Legalisierung von Abbrüchen, wie der Gesetzesentwurf sie vorschlägt, ist unabdingbar für eine Verbesserung der medizinischen Versorgung und der ärztlichen Aus- und Weiterbildung. Für uns Ärzt*innen und für die Schwangeren, die wir behandeln, ist es höchste Zeit, dass Abbrüche Teil der regulären Gesundheitsversorgung werden.“ Dr. Alicia Baier, Vorstand Doctors for Choice Germany

„Dieser Gesetzentwurf zeigt auf, wie ein selbstbestimmter Schwangerschaftsabbruch verfassungskonform entkriminalisiert werden kann. Spätestens jetzt hat der Gesetzgeber keine Ausrede mehr, die Reform weiter hinauszuzögern.“ Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb)

„Andere Länder haben es vorgemacht: Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert, liberalisiert und als Gesundheitsleistung anerkannt. Deutschland muss diesem Beispiel noch in dieser Legislaturperiode folgen – der vorgelegte Gesetzentwurf zeigt, wie es geht. Damit wäre ein großer Schritt in Richtung Geschlechtergerechtigkeit und für Frauenrechte in Deutschland getan. Es ist an der Zeit, dass die gesetzliche Diskriminierung durch §218 abgeschafft und die Selbstbestimmung von Frauen über ihren eigenen Körper endlich anerkannt wird!“ Sina Tonk, Bereichsleiterin Referate TERRE DES FEMMES e.V.

„Ein verfassungsrechtlich, menschenrechtlich und strafrechtlich fundierter Vorschlag zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs in Deutschland liegt auf dem Tisch. Die Zivilgesellschaft schafft, was die Legislative längst hätte auf den Weg bringen können. Last Call: JETZT ist es an der Regierung, zu handeln.“ Christiane von Rauch, Vorstandsvorsitzende Pro Choice Deutschland e.V.

„Immer noch werden Frauen diskriminiert & bevormundet. Eine Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und eine gute medizinische Versorgungslage sind überfällig – Politik muss endlich handeln.“ Silke Zimmer, Mitglied des Bundesvorstands ver.di

„pro familia will zusammen mit anderen Verbänden zeigen, wie eine gute gesetzliche Regelung zum Schwangerschaftsabbruch aussehen kann. Statt §218 StGB brauchen wir eine Regelung, die mit den Menschenrechten in Einklang steht und Schwangere nicht länger kriminalisiert. pro familia plädiert schon so lange für eine außerstrafrechtliche Regelung und ist begeistert, dass von zivilgesellschaftlichen Verbänden dieser Gesetzesentwurf erarbeitet wurde.“ Monika Börding, Bundesvorsitzende von pro familia

„Die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs ist rechtlich möglich, gesellschaftlich gefordert und politisch überfällig! Es ist die Aufgabe aller Demokrat*innen, Frauenrechte vor Angriffen der extremen Rechten grundlegend zu schützen. Dazu zählt vor allem, dass Frauen endlich frei über ihre Körper entscheiden können.“ Dr. Beate von Miquel, Vorsitzende Deutscher Frauenrat

„medica mondiale unterstützt seit über 30 Jahren Überlebende sexualisierter Kriegsgewalt. Weltweit sehen wir, wie die körperliche Selbstbestimmung von Frauen in Frage gestellt wird. Schwangere zu kriminalisieren, etwa durch Paragraf 218, setzt patriarchale Gewalt fort. Wir fordern, Schwangerschaftsabbrüche endlich zu entkriminalisieren!“ Dr. Monika Hauser, Gynäkologin und Gründerin der Frauenrechtsorganisation medica mondiale e.V.

„Dieser Gesetzentwurf zur Regelung von selbstbestimmten Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafrechts ist ein erster wichtiger Schritt zur Einhaltung menschenrechtlicher Standards, nämlich hin zu einer vollständigen Entkriminalisierung. Zu einer gleichberechtigten Gesellschaft gehört der Zugang zu einem sicheren Schwangerschaftsabbruch.“ Dr. Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland

„Wir als Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung erwarten, dass die Regierung und das Parlament noch in dieser Legislatur den Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch streichen. Dies ist menschenrechtlich und verfassungsrechtlich geboten und wird von der Mehrheit der Bevölkerung fordert.“ Dr. Ines P. Scheibe, Koordinierungskreis Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung

„Der Zentralrat der Konfessionsfreien begrüßt, dass laut Gesetzentwurf Krankenhäuser Abbrüche nicht mehr ablehnen können. Eine institutionelle Berufung auf Religionsfreiheit kann kein Grund sein, den Versorgungsauftrag nicht zu erfüllen. Zudem sollten nur Beratungsstellen staatlich gefördert werden, die ergebnisoffen und nicht- direktiv beraten.“ Ulla Bonnekoh, stellvertretende Vorsitzende, Zentralrat der Konfessionsfreien

„Die EKFuL unterstützt den vorliegenden Gesetzentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches. Der hier geregelte Rechtsanspruch auf eine umfassende, ergebnisoffene, psychosoziale Beratung schafft u.a. verbesserte Rahmenbedingungen für die gesetzlich anerkannten, qualifizierten Beratungsstellen und stärkt die niedrigschwellige, professionelle Beratung für Schwangere.“ Rainer Bugdahn, Vorstandsvorsitzender Evangelische Konferenz für Familien- und Lebensberatung e.V. Fachverband für Psychologische Beratung und Supervision (EKFuL)

„DaMigra e.V. fordert die Entkriminalisierung und Enttabuisierung von Abtreibungen. Medizinische Grundversorgung, auch bei Schwangerschaftsabbrüchen, ist ein Menschenrecht. Besonders mehrfachdiskriminierte Personen haben in Deutschland erschwerten Zugang. Statt Strafandrohungen fordert DaMigra kostenlose Verhütungsmittel, barrierefreie Beratungen und die AbschaVung des bestehenden §218.“ Duygu Bräuer, DaMigra Vorstandsfrau

„Der Gesetzesentwurf ist ein erster wichtiger und längst überfälliger Schritt zur Stärkung und Absicherung des Selbstbestimmungsrechts von ungewollt Schwangeren.

Wenngleich die AWO Positionen zur Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen wesentlich umfassender und progressiver sind und die AWO sich insbesondere auch für einen Verzicht von Fristen und Indikationen ausspricht, unterstützt die AWO diesen Gesetzesentwurf. Die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ist der einzige Schlüssel für Entstigmatisierung, Versorgungssicherheit und Kostenübernahme.“ Kathrin Sonnenholzner, Vorsitzende des Präsidiums, AWO-Bundesverband

„Ungewollt Schwangere und Ärzt*innen, die ihnen in dieser Situation helfen, dürfen nicht mit dem Strafgesetzbuch bedroht werden. Wir brauchen eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs noch in dieser Legislatur!“ Elke Ferner, Vorsitzende UN Women Deutschland e.V.

„Der AKF fordert die Ampel-Koalition auf, die Chance zu nutzen und das Versprechen einzuhalten, diesen längst überholten, frauenfeindlichen Paragraphen abzuschaffen, damit ungewollt Schwangere einen sicheren Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen haben als normaler Teil der Gesundheitsversorgung!“ Silke Koppermann, 2. Vorsitzende des Arbeitskreis Frauengesundheit

„Jährlich melden sich etwa 2500 ungewollt Schwangere aus Deutschland mit Hilfsanfragen bei Women on Web, einer internationalen Nichtregierungsorganisation. Die hohe Anzahl an Anfragen ist ein deutliches Warnsignal und zeugt von den Hürden beim Zugang zu adäquater Versorgung. Jetzt gilt es, die historische Chance für eine Neuregelung zu nutzen und Abtreibungen langfristig rechtlich abzusichern.“ Venny Ala-Siurua, Executive Director Women on Web International

„Die aktuellen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch sind verfassungswidrig und sollten durch den vorgeschlagenen Gesetzentwurf ersetzt werden. Wir hoVen sehr, dass die Ampelkoalition das historische Zeitfenster nutzt, um nach über 150 Jahren eines der zentralen Anliegen der Frauenbewegung endlich durchzusetzen.” Dr. Michael Schmidt-Salomon, Vorsitzender der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) Dr. Jessica Hamed, Co-Direktorin des Instituts für Weltanschauungsrecht (ifw)

Link zum Gesetzentwurf

Quelle: Pressemitteilung pro familia Bundesverband vom 17.10.2024

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Die erneute Einführung der Wohngemeinnützigkeit gehört zu den erklärten Zielen der Koalition. Für die „Neue Wohngemeinnützigkeit“ (NWG) wurden jetzt im Jahressteuergesetz 2024 wichtige steuerliche Voraussetzungen geschaffen. Die Wiedereinführung der NWG unterstützt die Schaffung und Sicherung dauerhaft bezahlbaren Wohnraums in Deutschland.

„Die Neue Wohngemeinnützigkeit stützt sich grundsätzlich auf zwei Säulen: die steuerliche Entlastung der Unternehmen und die Förderung von Investitionen. Mit der Erweiterung der Abgabenordnung schaffen wir die steuerliche Grundlage, um gemeinnützige Wohnungsunternehmen gezielt zu entlasten.

Die Förderung von Investitionen muss als nächster Schritt erfolgen, um Unternehmen den Start oder den Übergang in die NWG zu erleichtern. Auch wenn dies gegenwärtig noch nicht erfolgt, ist mit der Änderung der Abgabenordnung eine der beiden Voraussetzungen erfolgreich geschaffen.

Die NWG ermöglicht jetzt gemeinnützigen Organisationen, dauerhaft Wohnraum zu vergünstigten Mieten anzubieten und so insbesondere Haushalten mit geringen Einkommen Zugang zu bezahlbarem Wohnraum zu verschaffen. Auch der Betrieb von Einrichtungen für Nahversorgung sowie Versorgungsinfrastruktur ist berücksichtigt. Dadurch entsteht eine gesunde Mischung aus Wohn- und Geschäftsnutzung, die lebenswerte und lebendige Stadtviertel fördert. Überdies wurde auf bürokratische Einkommensprüfungen verzichtet und eine gute soziale Mischung in den Quartieren dauerhaft ermöglicht.

Die steuerlichen Anpassungen sehen eine Erweiterung des Katalogs gemeinnütziger Zwecke in der Abgabenordnung vor, wodurch die Wohngemeinnützigkeit als förderungswürdig anerkannt wird. Unternehmen, die diesen Status erlangen, profitieren unter anderem von einer Befreiung von der Körperschaftsteuer. Durch die steuerliche Entlastung wird das Engagement sozial orientierter Unternehmen im Wohnungsbau gestärkt. Die Änderungen geben das eindeutige Signal: Die Einführung der Neuen Wohngemeinnützigkeit ist gewollt – und sie wird umgesetzt.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 16.10.2024

Der Deutsche Bundestag beschließt heute, die Länder in den Jahren 2025 und 2026 weiterhin mit insgesamt rund vier Milliarden Euro bei der Verbesserung der Qualität der Kindertagesbetreuung zu unterstützen. Dabei sollen insbesondere Maßnahmen gefördert werden, die zur Qualitätsentwicklung und Verlässlichkeit der Kindertagesbetreuung beitragen und bundesweite Qualitätsstandards vorbereiten.

Leni Breymaier, familienpolitische Sprecherin:
„Mit dem Gesetz leistet der Bund einen weiteren spürbaren Beitrag zur Verbesserung der Qualität von Kitas. Unser Ziel ist es, bundesweit einheitliche Standards zu etablieren, um gleichwertige Lebensverhältnisse für Kinder zu schaffen. Gute Kitas sind essenziell für Chancengerechtigkeit und für die Vereinbarkeit von Familienarbeit und Beruf. Davon profitieren alle: Kinder, Eltern und die Wirtschaft. Gute frühkindliche Bildung ist der Schlüssel für bestmögliche Bildungs- und damit Lebenschancen von Kindern. Qualitativ hochwertige und verlässliche Betreuungsangebote sind für die Eltern eine wesentliche Voraussetzung dafür, berufstätig zu sein. Deshalb sind sie auch ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen den Fachkräftemangel.“

Erik von Malottki, zuständiger Berichterstatter:
„Das Gesetz wird zur Stabilisierung und weiteren Qualitätsentwicklung des Kitasystems beitragen. Im parlamentarischen Verfahren haben wir klare Vorgaben zur Förderung der sprachlichen Bildung festgelegt. Die Länder sind zukünftig zur Förderung der Sprachbildung verpflichtet. Damit schaffen wir als Bund die Voraussetzung, in den Ländern die Arbeit der Sprach-Kitas abzusichern. Darüber hinaus sollen Ausfallzeiten sowie Zeiten für mittelbare pädagogische Arbeit stärker berücksichtigt werden. Auch damit stärken wir die Verlässlichkeit des Systems. Zeitnah wollen wir bundesweite Qualitätsstandards für die frühkindliche Bildung, denn nur so wird es dauerhaft gelingen, unseren Kleinsten einen guten Start für ihre Bildungsbiografie zu ermöglichen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 10.10.2024

Zur 19. Shell Jugendstudie erklärt Emilia Fester, Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Die 19. Shell Jugendstudie zeigt klar: Das Interesse junger Menschen an Politik nimmt weiter zu. Es gibt bei jungen Menschen keine generelle Resignation oder Distanzierung von Demokratie. Im Gegenteil: 70 % glauben, dass sie trotz ihrer Sorgen vor Krieg, Klimawandel, Armut und der wirtschaftlichen Lage mit ihrem eigenen Engagement politische und gesellschaftliche Verhältnisse beeinflussen und verbessern können.

Um diesen jungen Menschen noch mehr demokratische Beteiligung zu ermöglichen, ist eine Absenkung des Wahlalters zur Bundestagswahl auf 16 Jahre unbedingt nötig.

Wir nehmen ihre Anliegen ernst und arbeiten mit ihnen gemeinsam daran, sie in Politik zu übersetzen, die ihre Lebensrealität spürbar verbessert. Es reicht nicht, nur zuzuhören. Ob durch im Grundgesetz verankerte Kinderrechte, mit bezahlbarer Mobilität durch ein vergünstigtes Deutschlandticket oder einer Stärkung von Freizeitangeboten und Jugendverbänden: Als Politik müssen wir dringend handeln, um die Verunsicherung junger Menschen ernster zu nehmen und ihre Lebensrealitäten nachhaltig zu verbessern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 15.10.2024

Zum Internationalen Weltmädchentag am 11. Oktober erklärt Beate Walter-Rosenheimer, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe:

Die Welt brennt. Konflikte und Kriege haben ein nie dagewesenes Ausmaß erreicht – von der Ukraine über Gaza bis hin zu Hungerkrisen in Afrika und Asien. Doch inmitten dieses Chaos gibt es eine Gruppe, die besonders leidet: Mädchen. Sie werden von der Welt vergessen, obwohl sie in den Krisengebieten die schwersten Lasten tragen.

Eine aktuelle Studie von Plan International zeigt alarmierende Zahlen. Fast 60 Prozent der befragten Mädchen in Konfliktgebieten leiden unter enormen psychischen Belastungen. Doch das ist nicht alles: Ein erschütterndes Drittel dieser Mädchen lebt täglich mit der Angst, Opfer sexualisierter Gewalt zu werden. Die Hoffnungen und Träume einer ganzen Generation drohen zu zerbrechen.

Gerade am Weltmädchentag müssen wir daran erinnern: Diese Mädchen dürfen nicht unsichtbar bleiben. Ihre Zukunft ist unsere Zukunft. Sie brauchen unsere Hilfe – nicht nur in Form von Nahrung und einem sicheren Dach über dem Kopf, sondern vor allem durch den Zugang zu Bildung. Denn Bildung ist der Schlüssel, um aus diesem Kreislauf aus Gewalt und Unterdrückung auszubrechen.

Das Beispiel Afghanistan macht die Dramatik deutlich: Seit der Machtübernahme der Taliban wird Mädchen der Zugang zu weiterführenden Schulen und Universitäten verweigert. Ihre Träume von einem besseren Leben, von Berufen wie Ärztin oder Richterin, werden brutal zerschlagen. Ein ganzes Land verliert das Potenzial einer Generation.

Wir dürfen das nicht hinnehmen. Kinder müssen Kinder sein dürfen, egal wo sie leben. Menschenrechte sind auch Mädchenrechte. Es ist unsere Pflicht, ihre Stimmen hörbar zu machen – in Krisengebieten und an den Verhandlungstischen dieser Welt. Nur so können wir ihnen die Zukunft geben, die sie verdienen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 10.10.2024

Trotz leichter Verbesserungen bleibt Jahressteuergesetz 2024 mangelhaft

Heute hat die Ampel das Jahressteuergesetz 2024 im Finanzausschuss beschlossen. Dazu erklären unsere finanzpolitische Sprecherin Antje Tillmann und der Berichterstatter Fritz Güntzler: 

Antje Tillmann: „Mit dem Kabinettsbeschluss zum Jahressteuergesetz 2024 hat die Bundesregierung massive Unruhe unter Sportvereinen und Musikschulen hervorgerufen, die heute zum Glück endet. Auf unseren Druck hin hat sie nichts an der bestehenden Umsatzsteuerfreiheit von Tanz- oder Musikunterricht geändert. Die enorme Unruhe der letzten Wochen hätte man sich sparen können. Die Ampel wollte Bildungsleistungen wie Klavier- oder Tanzunterricht, die der bloßen Freizeitgestaltung dienen, der Umsatzsteuer unterwerfen. Eine eindeutige Abgrenzung dazu, was zu Freizeitbildung zählt, hatte die Bundesregierung aber nicht vorgelegt. 

Im Regierungsentwurf wollte die Ampel auch die Vermietung von Sportanlagen umsatzsteuerfrei stellen. Damit wäre auch die bisherige Möglichkeit des Vorsteuerabzugs bei Investitionen in die jeweiligen Sportstätten entfallen.  Dies hätte bei Kommunen und Vereinen zu erheblichen Finanzierungsproblemen der Sportanlagen geführt. Nun hat sie die Umsatzsteuerbefreiung gestrichen. 

Wir begrüßen, dass die Ampel unsere Forderung zur Erhöhung der steuerlich abzugsfähigen Kinderbetreuungskosten zumindest teilweise aufgreift. So sind künftig bis zu 80 % der Kinderbetreuungskosten von maximal 6.000 Euro pro Kind, mithin 4.800 Euro als Sonderausgaben abzugsfähig. Wir hatten Anfang Juni 2024 gefordert, künftig 30% von maximal 6.000 Euro pro Kind als Steuerabzugsbetrag geltend machen zu können. 

Enttäuschend ist schließlich, dass die Wohnraumförderung nur halbherzig über eine misslungene Neue Wohngemeinnützigkeit eingeführt werden soll. Dabei kann die Ampel uns bis heute nicht erklären, wie sich künftig gemeinnützige Gesellschaften finanzieren sollen. Sie müssten zumindest kostendeckend vermieten, niedrigere Mieten führen indes zu Verlusten. Ohne Gewinne bedarf es aber auch keiner Steuerfreiheit durch Gemeinnützigkeit. Deshalb zeigt auch laut Sachverständigen kein Unternehmen Interesse an dieser Maßnahme.

Viel zeitnäher könnte man den Wohnungsmarkt durch eine Absenkung der steuerlichen Mietuntergrenze des § 21 Abs. 2 EStG entlasten. Diese Regelung erlaubt Vermietern nur dann ihre Kosten steuerlich vollständig geltend zu machen, wenn sie ihren Wohnraum zu mindestens 66 % der ortsüblichen Miete vermieten. Hier droht auch sozialverantwortlichen Vermietern mit jedem neuen Mietpreisspiegel eine Mieterhöhung.“

Fritz Güntzler: „Leider hat die Ampel überraschend auch wieder Verschlechterungen eingebracht: Endgültig nicht nachvollziehbar ist die wankelmütige Haltung der Ampel zur Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Konsortialkrediten. Widersprüchlich wird behauptet, dass die Verwaltung von Konsortialkrediten unionsrechtlich mal zwingend umsatzsteuerpflichtig, mal zwingend umsatzsteuerfrei sei – und das obwohl sich an EU-Rechtslage in dieser Legislaturperiode nichts geändert hat.   

Und schließlich sind wir maßlos enttäuscht, dass die Ampel trotz wiederholter Hinweise von uns, den Umsatzsteuersatz für pauschalierende Landwirte gleich zwei Mal innerhalb weniger Wochen von 9,0 über 8,4 auf 7,8 Prozent senken will. Damit verprellt sie wieder mal alle pauschalierenden Landwirte mit kleinen und mittleren Betrieben.

Die Ampel krönt ihr Unvermögen damit, dass sie künftig weitere Absenkungen des Umsatzsteuerpauschalsatzes feige aus der parlamentarischen Debatte raushalten will. Dazu ermächtigt sie das Bundesfinanzministerium, den Steuersatz in Zukunft per Verordnung festzulegen. Eine solche Missachtung des parlamentarischen Gesetzgebers ist selbst für die Ampel neu.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 16.10.2024

Der Bundesrat hat auf Initiative der Länder Schleswig-Holstein, Berlin, Rheinland-Pfalz und Thüringen beschlossen, die Bundesregierung mit einer Entschließung aufzufordern, auch für Pflegeeltern einen Anspruch auf Elterngeld gesetzlich zu verankern.

Pflegeeltern bekommen Elternzeit, aber kein Elterngeld

Pflegeeltern, die ein Kind in Vollzeitpflege nehmen, haben nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz zwar einen Anspruch auf Elternzeit, nicht aber auf Elterngeld. Sie sind damit gegenüber leiblichen Eltern und Adoptiveltern, die Anspruch auf Elterngeld haben, erheblich benachteiligt, heißt es in der Entschließungsbegründung. Auch Pflegeeltern benötigten im ersten Jahr nach der Aufnahme eines Kindes in die Familie einen Schonraum durch eine berufliche Auszeit mit einer finanziellen Unterstützung. Nur wenn die Pflegeeltern genügend Zeit für die Pflegekinder hätten, sei es ihnen möglich, auf deren soziale, psychische oder physische Besonderheiten einzugehen und dafür zu sorgen, dass diese sich sicher fühlen. Nur so könne eine Bindung zu den Kindern entstehen.

Anreiz für potentielle Pflegeeltern

Der Bundesrat weist darauf hin, dass einer sinkenden Zahl von Pflegeeltern ein stetig steigender Bedarf gegenübersteht. Der bisher fehlende gesetzliche Anspruch auf Elterngeld führe dazu, dass sich viele Familien oder Alleinstehende aus ökonomischen Gründen gegen die Aufnahme eines Pflegekindes entscheiden, da sie für die Betreuung des Kindes ihre Arbeit nur auf eigenes finanzielles Risiko minimieren oder aussetzen könnten. Mit Anspruch auf Elterngeld könnten mehr Pflegeeltern gewonnen und dabei unterstützt werden, ein Pflegekind aufzunehmen.

Wie es weitergeht

Die Entschließung wird der Bundesregierung zugeleitet. Es gibt keine gesetzlichen Fristen, innerhalb derer diese sich damit beschäftigen muss.

Quelle: Pressemitteilung Plenarsitzung Bundesrat vom 18.10.2024

Der Bundesrat hat am 18. Oktober 2024 auf Initiative der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Bremen, Saarland und Hamburg eine Entschließung zur Reform der Pflegeversicherung gefasst.

Gesetzliche Pflegeversicherung unter Druck

Die gesetzliche Pflegeversicherung gerate durch den demografischen Wandel, einige in der Vergangenheit verabschiedete Gesetze, wie das Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz, sowie allgemein steigende Kosten zunehmend unter Druck, heißt es in der Entschließung. Auf der einen Seite gebe es steigende Ausgaben, die unter anderem durch eine höhere Zahl an Pflegebedürftigen verursacht werden. Dem gegenüber stünden sinkende Einnahmen aufgrund des bevorstehenden Renteneintritts der sogenannten „Babyboomer“. Als Folge des demografischen Wandels kämen die Ressourcen der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen immer mehr an ihre Grenzen.

Reform der Pflegeversicherung gefordert

Der Bundesrat mahnt daher die Umsetzung einer baldigen und ausgewogenen Reform der sozialen Pflegeversicherung durch die Bundesregierung an, um sowohl ihre Finanzierung als auch die Pflege der Versicherten sicherzustellen. Er erwartet von der Bundesregierung, dass diese noch in dieser Legislaturperiode und unter umfassender Beteiligung der Länder einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegt.

Mehr Einnahmen, weniger Ausgaben

Zudem fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, Stellschrauben zur Entlastung der Ausgabenseite und zur Stärkung der Einnahmeseite der Pflegeversicherung zu entwickeln. Ziel müsse es sein, die finanziellen Belastungen der Beitragszahler, der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen sowie der sonstigen Kostenträger in ein gerechtes und ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Die Pflegebedürftigen dürften dabei nicht unzumutbar belastet werden.

Wie es weitergeht

Die Entschließung wird der Bundesregierung zugeleitet. Diese entscheidet, wann sie sich mit den Länderforderungen befasst. Feste Fristvorgaben gibt es hierfür nicht.

Quelle: Pressemitteilung Plenarsitzung Bundesrat vom 18.10.2024

Die Gruppe Die Linke hat eine Kleine Anfrage unter dem Titel „(Atypische) Arbeitszeiten und Überstunden in Deutschland“ (20/13520) vorgelegt. Darin erfragt sie von der Bundesregierung unter anderem die Zahl der in atypischen beziehungsweise in Normalarbeitsverhältnissen geleisteten Überstunden. Die Gruppe will auch Details zur Verteilung der Überstunden, unter anderem auf Wirtschaftszweige und Berufsfelder.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 742 vom 29.10.2024

Im Juni 2023 haben 11,4 Prozent der Beschäftigten ausschließlich geringfügig gearbeitet und weitere 8,6 Prozent haben zusätzlich zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung eine geringfügige Nebentätigkeit ausgeübt. Diese Zahlen nennt die Bundesregierung in einer Antwort (20/13313) auf eine Kleine Anfrage (20/12659) der Gruppe Die Linke unter Verweis auf Statistiken der Bundesagentur für Arbeit. Demnach gab es im Jahresdurchschnitt 2023 rund 271.000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte (ELB), die ausschließlich geringfügig beschäftigt waren, weitere Daten können dem umfangreichen tabellarischen Anhang der Drucksache entnommen werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 708 vom 16.10.2024

Rückwirkend für das Jahr 2024 sollen der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer um 180 Euro auf 11.784 Euro steigen und der steuerliche Kinderfreibetrag um 228 Euro auf 6.612 Euro. Den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung hat der Finanzausschuss gebilligt (20/12783). Im Plenum steht er als Zusatzpunkt 11 am Freitagnachmittag auf der Tagesordnung.

Aus der SPD-Fraktion wurde in der knappen Debatte im Ausschuss darauf hingewiesen, dass es sich um ein verfassungsrechtliches Gebot halte. Dem stimmte die CDU/CSU-Fraktion zu, kritisierte jedoch, dass die Erhöhung der Freibeträge erst so spät im Jahr komme. Das stelle eine bürokratische Belastung für die Unternehmen dar. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sprach hingegen von einer rechtzeitigen Verabschiedung des Gesetzentwurfs.

Solange die FDP in einer Regierung sei, würden auch die Tarifeckwerte in der Einkommensteuer verschoben, machte die FDP-Fraktion deutlich. Der Entwurf des Steuerfortentwicklungsgesetzes (20/12778) mit den entsprechenden Regelungen stand jedoch am Mittwoch nicht mehr auf der Tagesordnung des Ausschusses.

Die AfD-Fraktion forderte eine Dynamisierung in Richtung eines „Steuertarifs auf Rädern“ zum Ausgleich der sogenannten Kalten Progression. Aus Sicht der Gruppe Die Linke ist das Existenzminimum zu niedrig angesetzt.

Für den Gesetzentwurf zur Erhöhung der steuerlichen Freibeträge stimmten die Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und die Gruppe Die Linke. Die AfD-Fraktion enthielt sich.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 706 vom 16.10.2024

Der Petitionsausschuss unterstützt die Forderung nach einer Verlängerung des Elterngeldanspruchs für Eltern von frühgeborenen Kindern. In der Sitzung am Mittwoch verabschiedete der Ausschuss einstimmig die Beschlussempfehlung an den Bundestag, eine entsprechende Petition dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mit dem zweithöchsten Votum „zur Erwägung“ zu überweisen und sie den Fraktionen des Bundestages zur Kenntnis zu geben.

In der Petition wird eine Änderung des Paragrafen 4 Absatz 5 Nummer 1 des Bundeselterngeld- und Elternteilzeitgesetzes (BEEG) dahingehend gefordert, dass der Anspruch auf Elterngeld für Eltern von Kindern, die vier Wochen vor dem voraussichtlichen Tag der Entbindung geboren werden, auf 13 Monate verlängert wird. Derzeit gibt es die Verlängerung um einen Monat Elterngeld nur im Falle einer um sechs Wochen verfrühten Geburt. Begründet wird die Forderung unter anderen mit dem Verweis auf den mit einer Frühgeburt verbundenen erhöhten Pflegeaufwand für die Eltern aufgrund von zusätzlichen Arztbesuchen und Laboruntersuchungen.

Der Petitionsausschuss sei sich der verschiedentlichen und zum Teil erheblichen Belastungen bewusst, denen Eltern von frühgeborenen Kindern ausgesetzt sind, heißt es in der Begründung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses. Hierzu gehört seiner Auffassung nach auch ein erhöhter Pflegeaufwand, der unter anderem mit regelmäßig vermehrten Arztbesuchen verbunden ist. Vor diesem Hintergrund sei das der Eingabe zugrundeliegende Anliegen sehr gut nachzuvollziehen. Zugleich ist es den Abgeordneten der Vorlage zufolge ein zentrales Anliegen, „die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu stärken und Eltern zu ermöglichen, Erwerbs- und Sorgearbeit eigenverantwortlich und partnerschaftlich aufzuteilen“.

Daher sei es zu begrüßen, dass das BMFSFJ in Umsetzung einer entsprechenden Vereinbarung im Koalitionsvertrag den Entwurf eines Familienstartzeit-Gesetzes erarbeitet habe, das neben der Einführung einer Familienstartzeit im Mutterschutzgesetz auch eine Verbesserung im Elterngeld für Eltern von zu früh geborenen Kindern vorsehe, heißt es weiter. Danach sollen Eltern, deren Kind mindestens vier Wochen (statt bisher sechs Wochen) vor dem voraussichtlichen Tag der Entbindung geboren wird, künftig einen weiteren Elterngeldmonat erhalten. Die weitere Staffelung der Regelung solle unverändert bleiben, „so dass ab einer zu frühen Geburt von acht Wochen die Eltern auch weiterhin zwei weitere Basiselterngeldmonate erhalten, ab zwölf Wochen drei und ab 16 Wochen vier“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 705 vom 16.10.2024

Für das Ausmaß und die Struktur der Arbeitszeitflexibilisierung in Deutschland interessiert sich die Gruppe Die Linke in einer Kleinen Anfrage (20/13323). Die Bundesregierung soll unter anderem beantworten, wie vielen abhängig Beschäftigten es gelingt, bei der Arbeitszeitplanung auf familiäre und private Interessen Rücksicht zu nehmen. Diese und weitere ähnliche Fragen soll die Regierung differenziert nach Berufsbereichen und Anforderungsniveaus beantworten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 699 vom 15.10.2024

Die Gruppe Die Linke fordert in einem Antrag (20/13296) die Erhöhung des Mindestbetrag beim Elterngeld. Seit der Einführung des Elterngelds im Jahr 2007 sei dieser Betrag nicht angepasst worden, obwohl die Verbraucherpreise zwischen 2007 und 2023 um 37,78 Prozent gestiegen seien, rechnen die Abgeordneten in dem Antrag vor.

 

Weiter heißt es darin: „Von den Eltern, deren Kinder ab 2021 geboren wurden, erhalten rund 22 Prozent lediglich den Mindestbetrag. Besonders betroffen sind Frauen, von denen über 28 Prozent nur das Mindesteinkommen beziehen. Der hohe Anteil an Eltern, die nur den Mindestbetrag erhalten, zeigt, dass sie vor der Geburt in prekären oder schlecht bezahlten Arbeitsverhältnissen standen, da das Elterngeld als Lohnersatzleistung berechnet wird.“

 

Die Linke verlangt von der Bundesregierung deshalb die Anhebung des Mindestbetrags beim Elterngeld auf 420 Euro sowie des ElterngeldPlus auf 210 Euro. Zudem soll eine Dynamisierung des Mindest- und Höchstbetrags von Elterngeld und ElterngeldPlus eingeführt werden, die an die Entwicklung des allgemeinen Verbraucherpreisindex gekoppelt ist. Die Anrechnung von Mindest-Elterngeld und ElterngeldPlus auf Transferleistungen soll bis zur Einführung einer Kindergrundsicherung zurückgenommen werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 685 vom 10.10.2024

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (20/13255) vorgelegt, der zu einer „besseren Verhinderung missbräuchlicher Anerkennungen der Vaterschaft“ führen soll. Wie sie darin ausführt, zeichnen sich missbräuchliche Anerkennungen der Vaterschaft regelmäßig dadurch aus, dass Männer mit deutscher Staatsangehörigkeit oder unbefristetem Aufenthaltsrecht die Vaterschaft für ein ausländisches Kind anerkennen, um beim Kind den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit herbeizuführen und so mittels Familiennachzug „ein Aufenthaltsrecht der drittstaatsangehörigen Mutter zu begründen oder zu stärken“.

Zugleich betont die Bundesregierung, dass die Vaterschaft sowie die aufenthalts- und staatsangehörigkeitsrechtlichen Folgen erwünscht seien, „wenn der Anerkennende tatsächlich der leibliche Vater des Kindes ist oder zwischen dem Kind und dem anerkennenden Vater eine sozial-familiäre Beziehung besteht beziehungsweise der Anerkennende tatsächlich Verantwortung für das Kind übernimmt“. Erfolge die Anerkennung oder Zustimmung der Mutter jedoch gezielt zu dem Zweck, die Voraussetzungen für den erlaubten Aufenthalt eines der Beteiligten zu begründen, sei dies ein durch den Staat nicht zu tolerierender Missbrauch.

Erfahrungen der Ausländerbehörden, aber auch Erkenntnissen der Standesämter und der Auslandsvertretungen zufolge reiche das geltende Recht nicht aus, um missbräuchliche Anerkennungen der Vaterschaft effektiv zu verhindern, heißt es in der Vorlage weiter. Daher müssten die bisherigen Regelungen so angepasst werden, dass in einschlägigen Verdachtskonstellationen zielgenauer eine weitergehende Einbindung der Ausländerbehörden erfolgt. Die Voraussetzungen für eine Prüfung der Missbräuchlichkeit einer Anerkennung der Vaterschaft durch die Ausländerbehörden seien praxisnäher auszugestalten und die Bedeutung der Missbrauchsprüfung für das Wirksamwerden der Anerkennung der Vaterschaft sei zu stärken.

Künftig soll dazu die Zustimmung der Ausländerbehörde zur Anerkennung in Fällen eines „aufenthaltsrechtlichen Gefälles“ zwischen den Beteiligten erforderlich sein, in denen zum Beispiel der Anerkennende die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und die Mutter eine Aufenthaltsgestattung oder Duldung. Liegt die erforderliche Zustimmung der Ausländerbehörde nicht vor, soll das Standesamt den Antrag auf Eintragung des Vaters in den Geburtseintrag des Kindes zurückweisen.

Die Zustimmung der Ausländerbehörde soll nicht erforderlich sein, wenn der Anerkennende der leibliche Vater des Kindes ist. Besteht zwischen Vater und Kind eine sozial-familiäre Beziehung beziehungsweise übernimmt der Anerkennende tatsächlich Verantwortung für das Kind, liegt laut Bundesregierung ebenfalls keine missbräuchliche Anerkennung vor.

Durch den Gesetzentwurf sollen der Bundesregierung zufolge zugleich Asylsuchende besser geschützt werden, die Opfer von Gewalt sind. Sie sollen laut Vorlage „den festgesetzten Aufenthaltsbereich ohne Erlaubnis verlassen können, um in einer Schutzeinrichtung Unterkunft zu nehmen“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 682 vom 10.10.2024

„Kinder leiden am stärksten in allen Krisensituationen, obwohl sie keinerlei Verantwortung für das Entstehen dieser Krisen tragen.“ Das sagte Catherine M. Russell, Exekutivdirektorin des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF), am Mittwochabend vor dem Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung. Nur ein Drittel der kinderbezogenen Nachhaltigkeitsziele würden im Moment erreicht, beklagte sie während der Sitzung zum Thema „Kinder im Fokus der Agenda 2030“. Zugleich wies die UNICEF-Exekutivdirektorin auf positive Entwicklungen hin und forderte gemeinsame globale Handlungen. „Kinder sind unschuldig. Wir müssen uns um sie kümmern. Das ist die Aufgabe von uns allen“, betonte Russel.

Sie sprach von einer Welt mit vielen Konflikten – mit militärischen Auseinandersetzungen, dem Klimawandel, Gesundheitskrisen, Unterernährung und weltweiten Ungleichheiten. Die Konsequenzen all dessen für die Kinderrechte und für die Zukunft der Kinder seien massiv. Weltweit lebten derzeit 330 Millionen Kinder in extremer Armut. Die Hälfte davon in Gegenden, wo es bewaffnete Konflikte gibt. 200 Millionen Kinder könnten sich nicht angemessen entwickeln, weil sie unterernährt sind. 86 Millionen Mädchen könnten nicht in die Schule gehen. 59 Millionen Kinder seien von Hitzewellen betroffen. Zudem würden jedes Jahr Millionen von Kindern an vermeidbaren Krankheiten sterben.

In den nächsten Jahrzehnten, so die UNICEF-Vertreterin, würden 4,2 Millionen Kinder geboren. „Das sind 4,2 Millionen neue Leben, die das Potenzial in sich bieten, sich gut zu entwickeln.“ Die Frage sei: Welche Zukunft haben diese Kinder? Erwarten sie Krisen, Armut, Konflikte, Klimawandel, Diskriminierung und Krankheiten? Oder wird es für diese Kinder eine umweltfreundliche, bessere, friedliche Zukunft geben, in der ihre Kinderrechte geachtet werden? „Wir brauchen mehr Hoffnung für diese Kinder. Mit Mut, mit Aktionen, mit Engagement und mit nachhaltiger Finanzierung“, forderte Russel und verwies auf Erfolge in der Vergangenheit. So sei seit dem Jahr 2000 die Kindersterblichkeit um 50 Prozent zurückgegangen. Kinder unter fünf Jahren seien jetzt nur noch zu einem Drittel von Wachstumsstörungen betroffen. Die Polio-Erkrankungen seien um 99 Prozent zurückgegangen. Zwei Millionen Menschen hätten zusätzlich Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Aber: „Es braucht natürlich mehr Fortschritt in der Agenda 2030. Wir brauchen kosteneffiziente evidenzbasierte politische Regelungen und Initiativen aus den unterschiedlichsten Ländern“, sagte Russel. UNICEF fordere mehr Immunisierung und Impfkampagnen für Kinder. Alle müssten Zugang zu neuen Impfstoffen haben, wenn sie diese benötigten, sagte sie. Wichtig sei auch die Stärkung der sozialen Sicherungssysteme. Die von Deutschland mitfinanzierte Sahel-Partnerschaft sei dabei ein Flaggschiff, betonte sie.

„Wir können nicht länger warten bei der Umsetzung dieser politischen Maßnahmen“, machte Russel deutlich. Deutschland müsse dabei eine wichtige Rolle spielen. „Ihre Führung ist wichtig, um die globale Handlungsfähigkeit und die globale Umsetzung zu gewährleisten“, sagte die UNICEF-Exekutivdirektorin während der Beiratssitzung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 681 vom 10.10.2024

Die Bundesländer wollen Alleinerziehende im Jahressteuergesetz 2024 (20/12780) stärker finanziell entlasten. Dazu solle die Bundesregierung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens Maßnahmen prüfen, insbesondere für Alleinerziehende mit kleinen und mittleren Einkommen, heißt es in der allgemeinen Beurteilung der Stellungnahme des Bundesrats zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/13157).

Insgesamt führt die Länderkammer 86 Änderungsvorschläge auf. Die Bundesregierung erklärte in ihrer Gegenäußerung, dass sie „bereits verschiedene Maßnahmen umgesetzt und weitere aktuell mit dem Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs (20/12778) vorgesehen“ habe, um Alleinerziehende mit kleineren und mittleren Einkommen zu entlasten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 659 vom 08.10.2024

In Deutschland leben derzeit rund 1,1 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer, die vor dem russischen Angriffskrieg auf ihr Heimatland geflohen sind. Ihre Teilhabe am deutschen Arbeitsmarkt ist sowohl für die individuelle Lebensperspektive der Betroffenen als auch für Deutschland angesichts des bestehenden Fachkräftemangels ein zentrales Thema. Neue Daten des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) zeigen einen weiteren Anstieg der Erwerbstätigenquote unter den geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern. Diese hat sich von 16 Prozent im Sommer 2022 auf 30 Prozent im Frühjahr 2024 fast verdoppelt. Die Daten basieren auf einer neuen Befragung der BiB/FReDA-Studie, die seit 2022 die gleichen ukrainischen Geflüchteten in regelmäßigen Abständen zu ihrer Lebenssituation in Deutschland befragt.

Der neue BiB.Monitor Wohlbefinden zeigt: Die Stimmung in Deutschland hat sich gegenüber dem pandemiegeprägten Jahr 2021 verbessert. War die allgemeine Lebenszufriedenheit Anfang 2021 mit 6,7 Punkten sehr niedrig, stieg sie zwischenzeitlich auf 7,2 Punkte an (auf einer Skala von 0 bis 10). Zum Zeitpunkt der aktuellsten Daten Ende des Jahres 2022 sank die Lebenszufriedenheit wieder auf 6,9 Punkte, vermutlich vor dem Hintergrund der befürchteten Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und der steigenden Inflation. Im Fokus der Ausgabe 2024 des BiB.Monitors Wohlbefinden stehen regionale Unterschiede auf der Ebene von Bundesländern, Gemeinden, Stadt und Land bis hin zur direkten Wohnumgebung. Es zeigt sich, dass die allgemeine Lebenszufriedenheit sich zwischen den Regionen teilweise stark unterscheidet. Der BiB.Monitor untersucht aber nicht nur die durchschnittliche Zufriedenheit, sondern auch die Verteilung des Wohlbefindens. Dabei sind für die Politik insbesondere die Ränder, also die wenig und die sehr Zufriedenen, von Interesse.

Die Lebenszufriedenheit der Erwachsenen im jungen und mittleren Alter (18 bis 49 Jahre) ist im Süden des Landes mit durchschnittlich 7,0 Punkten etwas höher ausgeprägt als in den anderen Regionen Nord, West und Ost mit jeweils 6,9 Punkten. Wird die Verteilung des Wohlbefindens genauer betrachtet, so zeigt sich: Die Anteile der wenig Zufriedenen fallen mit jeweils 33 % im Norden und Osten Deutschlands am höchsten aus, während der Anteil im Süden am niedrigsten ist (29 %). „In diesen Werten spiegeln sich etwa die unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der jeweiligen Regionen wider, wenn auch die Unterschiede in der durchschnittlichen Lebenszufriedenheit zwischen den Großregionen nur gering sind“, ordnet BiB-Direktorin Prof. C. Katharina Spieß die Zahlen ein. Bemerkenswert sei, dass die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland bei Erwachsenen im jüngeren und mittleren Alter weniger ausgeprägt seien als bei älteren Bevölkerungsgruppen. „Ein Grund für die geringen Ost-West-Unterschiede in den betrachteten jüngeren Altersgruppen könnte sein, dass sich die Regionen ökonomisch angenähert haben und sich die Situation in Ostdeutschland heute besser darstellt als noch in den 1990er und 2000er Jahren“, so Spieß. Die neuen Analysen verdeutlichen gleichzeitig, dass Unterschiede in der Lebenszufriedenheit nicht per se mit Ost-West- oder Stadt-Land-Schablonen abgebildet werden können. So finden sich beispielsweise in ländlichen Räumen in Ostdeutschland sowohl Regionen mit sehr hoher als auch mit sehr niedriger Lebenszufriedenheit.

Geringeres Wohlbefinden in Regionen mit sozioökonomischen Nachteilen

Wenn Gemeinden nach dem sozioökonomischen Deprivationsindex (GISD) unterteilt werden, wird deutlich, wie regionale Benachteiligungen und das Wohlbefinden in Deutschland zusammenhängen. In Regionen etwa mit niedrigem Einkommen, hoher Arbeitslosenquote und geringen Steuereinnahmen ist die Lebenszufriedenheit tendenziell geringer. Dies trifft insbesondere auf die ostdeutschen Bundesländer und das Saarland zu. Die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg sowie Hamburg und Hessen sind die Regionen mit der geringsten sozioökonomischen Benachteiligung. Der BiB.Monitor verdeutlicht, dass in den benachteiligten Gebieten im Gegensatz zu den Regionen mit niedriger Deprivation der Anteil der wenig Zufriedenen mit 32 % besonders hoch ausfällt. In einigen stark deprivierten Regionen Ostdeutschlands fällt der Anteil der wenig Zufriedenen mit 35 % besonders hoch aus.

Umweltqualität in Metropolen beeinflusst Wohlbefinden

Betrachtet man die kleinräumliche Verteilung von Umweltfaktoren wie Luftqualität und Grünflächen, so wird deutlich, dass das Wohlbefinden der Menschen in Großstädten mit diesen zusammenhängt. Eine hohe Feinstaubbelastung steht in Zusammenhang mit einer geringeren Lebenszufriedenheit. Bei einer Überschreitung des WHO-Richtwerts ab 10 ?g/m³ ist der Anteil der wenig Zufriedenen deutlich höher (33 %) und der Anteil der sehr Zufriedenen niedriger (14 %). Bewohner in Metropolen mit einem grünen Wohnumfeld berichten hingegen von einer höheren Lebenszufriedenheit. In Nachbarschaften mit viel Grün liegt der Anteil der sehr Zufriedenen bei 17 %, während in weniger begrünten Gebieten dieser Anteil nur bei 13 % liegt. „Grünflächen bieten Raum für Erholung, soziale Interaktionen und sportliche Aktivitäten. Menschen, die hier leben, berichten über ein höheres subjektives Wohlbefinden“, erklärt Co-Autorin Anna Daelen vom BiB.

Regional differenzierte Betrachtung der Verteilung des Wohlbefindens ist nötig

Die an der Untersuchung beteiligten Autorinnen und Autoren heben hervor, wie wichtig das subjektive Wohlbefinden der Bevölkerung für viele Bereiche ist, die wiederum die Bevölkerungsentwicklung und -struktur beeinflussen. Dazu gehören etwa die Gründung einer Familie oder Umzugsentscheidungen. „Maßnahmen zur Stärkung von Regionen, wie die Förderung von Bildung und die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation, können zu einer Steigerung des subjektiven Wohlstands beitragen“, meint Spieß. Gezielte politische Maßnahmen seien nötig, um Unterschiede im subjektiven Wohlstandsgefälle auszugleichen und damit dem Ziel der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse näherzukommen. Es zeigt sich aber, dass neben regionalen Eigenheiten ebenso individuelle Merkmale der Bevölkerung wie Gesundheit und Bildung relevant sind. Insofern wird einmal mehr deutlich, dass Regionalpolitik immer auch die Gesamtheit der in einer Region lebenden Bevölkerung adressieren muss, wenn sie den subjektiven Wohlstand erhöhen will.

BiB.Monitor Wohlbefinden 2024

Der Monitor untersucht einmal jährlich die Lebenszufriedenheit und das subjektive Wohlbefinden der Menschen in Deutschland auf Grundlage von Daten des Familiendemografischen Panels (FReDA). Insgesamt werden bei FReDA über 30.000 Personen im Alter von 18 bis 49 Jahren in ganz Deutschland befragt. Ergänzt werden die Analysen durch Ergebnisse auf Basis von SHARE-Daten, welche die Bevölkerung ab 50 Jahren abbilden. Der BiB.Monitor untersucht nicht nur das durchschnittliche Wohlbefinden, sondern analysiert auch die Wohlbefindensverteilung von wenig bis sehr zufrieden. Die Ausgabe 2024 geht insbesondere auf regionale Unterschiede ein – beispielsweise innerhalb der vier Großregionen (Nord, Süd, West, Ost) und der Bundesländer. Auf Gemeindeebene werden verschiedene städtische und ländliche Raumtypen verglichen und Gemeinden nach ihrer sozialen und wirtschaftlichen Lage unterschieden. Innerhalb von Metropolen werden zudem die Luftqualität und der Grünflächenanteil im direkten Wohnumfeld der Befragten untersucht.

Die gesamte Studie ist hier nachzulesen:

https://www.bib.bund.de/DE/Presse/Mitteilungen/2024/2024-10-29-Lebenszufriedenheit-in-Deutschland-BiB-Monitor-Wohlbefinden-zeigt-vielfaeltige-regionale-Unterschiede.html

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 29.10.2024

In Deutschland leben derzeit rund 1,1 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer, die vor dem russischen Angriffskrieg auf ihr Heimatland geflohen sind. Ihre Teilhabe am deutschen Arbeitsmarkt ist sowohl für die individuelle Lebensperspektive der Betroffenen als auch für Deutschland angesichts des bestehenden Fachkräftemangels ein zentrales Thema. Neue Daten des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) zeigen einen weiteren Anstieg der Erwerbstätigenquote unter den geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern. Diese hat sich von 16 Prozent im Sommer 2022 auf 30 Prozent im Frühjahr 2024 fast verdoppelt. Die Daten basieren auf einer neuen Befragung der BiB/FReDA-Studie, die seit 2022 die gleichen ukrainischen Geflüchteten in regelmäßigen Abständen zu ihrer Lebenssituation in Deutschland befragt.

Weiterhin hoher Bedarf an Qualifizierung für Schutzsuchende und Betreuungsangeboten für ihre Kinder

Trotz der gestiegenen Erwerbstätigkeit bestehen weiterhin große Herausforderungen: 30 Prozent der befragten Schutzsuchenden gaben an, aktiv Arbeit zu suchen. Insbesondere die Betreuung jüngerer Kinder und ein noch bestehender Qualifizierungsbedarf erschweren jedoch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Dies betrifft vor allem Frauen: So liegt die Erwerbstätigenquote von Müttern mit kleinen Kindern gegenwärtig bei 22 Prozent, bei Müttern schulpflichtiger Kinder sind es 32 Prozent. „Für Männer zeigen sich hingegen keine signifikanten Zusammenhänge zwischen Erwerbstätigkeit und ihrer familiären Situation“, erklärt Prof. Dr. C. Katharina Spieß, Direktorin des BiB und Mitautorin der Studie. Die Erwerbstätigenquote von Vätern mit minderjährigen Kindern beträgt zum Zeitpunkt der aktuellen Befragung rund 41 Prozent.

Unzureichende Deutschkenntnisse nach wie vor Hauptgrund für Nichterwerbstätigkeit

Die meisten ukrainischen Schutzsuchenden, die derzeit nicht aktiv nach einer Arbeitsstelle suchen, geben als Grund dafür an, gegenwärtig einen Sprachkurs zu besuchen oder noch keine ausreichenden Deutschkenntnisse zu besitzen (92 Prozent). Weitere Gründe für die Zurückhaltung bei der Arbeitssuche sind die Betreuung der eigenen Kinder oder die Pflege von Angehörigen (37 %). „Die Ergebnisse verdeutlichen den großen Weiterbildungsbedarf, insbesondere im Bereich der Sprachkenntnisse“, resümiert Spieß. Eine gezielte Förderung sei weiterhin nötig, um eine noch stärkere Teilhabe am Arbeitsmarkt zu erreichen. Nach Abschluss der aktuell noch besuchten Sprachkurse und den dadurch verbesserten Deutschkenntnissen stehen dem Arbeitsmarkt somit perspektivisch weitere Personen zur Verfügung.

Schutzsuchende bringen Potenziale für den deutschen Arbeitsmarkt mit

Wie die Studie hervorhebt, verfügen etwa 50 Prozent der ukrainischen Schutzsuchenden über Berufserfahrungen in sogenannten „Engpassberufen“. Dazu gehören vor allem Pflege- und Gesundheitsberufe sowie das Handwerk. „Diese Tätigkeiten sind in Deutschland bereits heute durch einen Mangel an Fachkräften gekennzeichnet“, erklärt der Leiter der Forschungsgruppe Migration Dr. Andreas Ette vom BiB, der die Studie federführend betreute. Dennoch werden diese Potenziale der Schutzsuchenden noch nicht ausreichend genutzt, da bisher nur ein geringerer Teil in diesen Berufen tätig ist: „Hohe Sprachanforderungen oder komplizierte Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse erschweren den Einstieg in den Job“, stellt Ette fest. Während die Vermittlung in Engpassberufe im Bereich der Informationstechnik bereits besser gelingt, profitieren die Gesundheitsberufe trotz des bestehenden Fachkräftemangels noch deutlich seltener von den vorhandenen Qualifikationen der Ukrainerinnen und Ukrainer.

Integration verläuft schneller als bei anderen Gruppen

Aus Sicht der Forschenden gelingt die Integration von Ukrainerinnen und Ukrainern in den deutschen Arbeitsmarkt besser als bei anderen geflüchteten Gruppen. Dies liegt vor allem an dem überdurchschnittlich hohen Bildungs- und Qualifikationsniveau, dem erleichterten Zugang zum Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie den schnellen Fortschritten beim Erlernen der deutschen Sprache auch dank der großen Zahl verfügbarer Integrations- und Sprachkurse. Ein großer Anteil von Müttern mit minderjährigen Kindern, die geringeren Erwerbschancen von Schutzsuchenden im höheren Alter sowie bestehende gesundheitliche Einschränkungen erschweren hingegen die Arbeitsaufnahme. Auch die sich aktuell verschlechternde Wirtschaftslage, langwierige Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse und teilweise bestehende Wohnsitzauflagen wirken sich negativ auf die Beschäftigungschancen aus.

Die gesamte Studie ist in der aktuellen Ausgabe von BiB.Aktuell zu lesen:

https://www.bib.bund.de/Publikation/2024/BiB-Aktuell-2024-6.html

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 24.10.2024

In Deutschland herrscht in allen Bildungsbereichen ein Mangel an Fachkräften, der sich in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter verschärfen wird. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus dem Leibniz-Forschungsnetzwerk Bildungspotenziale (LERN) haben nun in einem Positionspapier konkrete Vorschläge erarbeitet, um dieser Problemlage entgegenzuwirken – in den Bereichen der frühen Bildung, der Schule, der Erwachsenen- und Weiterbildung sowie in Bezug auf das Thema Diversität. Das Forschungsnetzwerk diskutiert den Fachkräftemangel in der Bildung außerdem heute auf dem Bildungspolitischen Forum in Berlin.

„Wenn wir dem Fachkräftemangel in weiten Teilen des Bildungssystems begegnen wollen, reicht die langfristig angelegte Neuqualifizierung von Personal alleine nicht aus. Wir brauchen kreative Lösungen, um jetzt und unmittelbar auf die Entwicklung reagieren zu können“, so die Autoren und Autorinnen des Positionspapiers. Die Forschenden unterstreichen die Dringlichkeit dieses Anliegens: „Eine anhaltende Unterbesetzung im Bildungswesen erfolgt auf Kosten aller Lehrenden und Lernenden. Zum einen erhöht sie den Druck auf die bestehenden Beschäftigten und verschlechtert deren Arbeitsbedingungen. Zum anderen sinkt die Qualität der Bildungsangebote und damit die Gesamtqualifizierung der Bevölkerung. Insgesamt verschlechtern sich die Chancen durch Bildung.“

In dem Positionspapier stellen die Experten und Expertinnen des LERN-Forschungsnetzwerks unterschiedliche Vorschläge vor. Im Bereich der frühen Bildung sehen sie beispielsweise Potenzial für multiprofessionelle Teams, ältere Menschen vermehrt für Aufgaben in den Kitas zu gewinnen und Betreuungsumfänge, die von Kindern nicht genutzt werden, umzuverteilen. Für die Schule fordern sie unter anderem einen digital ganzheitlich weiterentwickelten Unterricht, der das Lehren und Lernen klug unterstützt, verstärkte professionsübergreifende Kooperationen und eine Entlastung der Lehrkräfte von Organisations- und Verwaltungsaufgaben. Im Weiterbildungsbereich betonen sie die Dringlichkeit, die Beschäftigungsbedingungen von Lehrkräften – was Bezahlung und Sicherheit angeht – zu verbessern. Das gelte vor allem für Bildungsbereiche von besonderem öffentlichem Interesse wie der sprachlichen Grundbildung von Zugewanderten. Zudem brauche es neue, übergreifende Strategien und Strukturen zur Rekrutierung und Fortbildung des Personals.

In Bezug auf das Thema Diversität sehen die Forschenden einen von den Bildungsabschnitten unabhängigen Weg, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. So sei es wichtig, vermehrt Personen aus bisher unterrepräsentierten Gruppen zu gewinnen und in der Berufsausübung verstärkt zu unterstützen. Das können beispielsweise Personen mit Zuwanderungsgeschichte sein. Hierfür bedürfe es jedoch gezielter Maßnahmen – zum Beispiel eine leichtere Anerkennung ausländischer Abschlüsse, eine kultursensible Berufsberatung in verschiedenen Sprachen, eine verbesserte soziale Integration in der Ausbildung und eine diversitätssensiblere Organisationskultur in den Bildungseinrichtungen.

Bildungspolitisches Forum und Forschungsnetzwerk

Unter dem Titel „Fachkräftemangel in der Bildung: Chancen und Perspektiven“ diskutiert das Forschungsnetzwerk das Thema heute auf dem Bildungspolitischen Forum in Berlin. Die jährliche Veranstaltung widmet sich stets aktuellen Herausforderungen im Bildungswesen und wendet sich an die Fachwelt in Politik, Forschung und Verwaltung. In diesem Jahr findet die Veranstaltung in Kooperation mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als Präsenzveranstaltung statt – inklusive Livestream ausgewählter Inhalte. Inhaltlich verantwortlich sind das DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) und das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V. (DIE). Das Forum umfasst unter anderem eine Keynote, vielfältige Diskussionsforen und einen moderierten Bildungsdialog.

Im Leibniz-Forschungsnetzwerk Bildungspotenziale (Leibniz Educational Research Network, LERN) haben sich Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Erziehungswissenschaft, Fachdidaktiken, Linguistik, Kultur-, Medien- und Neurowissenschaften, Ökonomie, Politikwissenschaft, Psychologie, Soziologie, Sprachwissenschaft sowie Informationswissenschaft und Informatik an 27 Einrichtungen zusammengeschlossen, um ihre Expertise zu bündeln und Entscheidungsträgern und Entscheidungsträgerinnen in der Bildungsadministration zu beraten. Gemeinsam arbeiten sie daran, wie die Potenziale von Bildung und für Bildung besser nutzbar gemacht werden können. Ziel ist es, auf individueller, institutioneller und gesellschaftlicher Ebene Ansatzpunkte für tragfähige Konzepte und erfolgversprechende Reformen zu finden.

Weitere Informationen:

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 11.10.2024

DIW-Wochenbericht: Besonders ärmere Haushalte tragen hohe Mietbelastung – Alleinerziehende und Einpersonenhaushalte am stärksten belastet – Unterschiede zwischen Ost und West, Großstädten und ländlichem Raum – Mehrheit trotzdem mit Wohnsituation zufrieden – Forschende empfehlen gezielte Unterstützung und mehr sozialen Wohnungsbau

Ärmere Haushalte in Deutschland müssen einen größeren Teil ihres Einkommens für Miete aufwenden als reichere – und die Schere öffnet sich weiter. Dennoch ist die Mehrheit der Menschen mit ihrer Wohnsituation zufrieden. Zu diesen Ergebnissen kommen zwei Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die auf Befragungen des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) basieren. „Wohnen entwickelt sich mehr und mehr zur sozialen Frage, da die unteren Einkommensgruppen eine überproportional hohe Mietbelastung tragen“, so Studienautor Konstantin Kholodilin. „Hier ist die Politik gefragt, mit gezielten Instrumenten für Ausgleich zu sorgen und den Einkommensschwachen unter die Arme zu greifen.“

Mietbelastung zuletzt konstant, aber ungleich verteilt

Die Mieten in Deutschland sind in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen. Angebotsmieten zogen allein zwischen 2010 und 2022 durchschnittlich um 50 Prozent an, in großen Städten sogar um 70 Prozent. Bestandsmieten kletterten im selben Zeitraum um durchschnittlich 20 Prozent. Setzt man die Mietkosten ins Verhältnis zu den Haushaltseinkommen, ergibt sich folgendes Bild: In den 1990er Jahren nahm die Mietbelastung stark zu – und zwar insbesondere in Ostdeutschland als Folge der Wiedervereinigung und des Übergangs zur Marktwirtschaft. Anfang der 2000er Jahre brach der Trend und die Quote stabilisierte sich allmählich auf einem hohen Niveau, seit 2015 ging sie leicht zurück.

Von den jüngsten Entwicklungen profitieren allerdings nicht alle Haushalte. Die Analyse zeigt, dass die 20 Prozent der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen die höchste Mietbelastung schultern müssen. Sie zahlten 2021 mehr als ein Drittel ihres Einkommens für Miete, die einkommensstärksten 20 Prozent lediglich rund ein Fünftel. Der Anteil der sogenannten überbelasteten Haushalte, die mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für Miete aufbringen müssen, wuchs innerhalb von 30 Jahren von fünf auf 14 Prozent. Der Sozialwohnungsbestand ist hingegen geschrumpft.

Besonders unter hohen Mieten leiden Alleinerziehende und Einpersonenhaushalte. Ihre Mietbelastung lag 2021 bei durchschnittlich 30 Prozent, bei Paaren oder Familien mit Kindern lediglich bei gut 20 Prozent. In Ostdeutschland ist die Belastung geringer als im Westen, in Großstädten höher als in ländlichen Regionen.

Die Studienautoren Konstantin Kholodilin und Pio Baake sehen verschiedene politische Instrumente, die Mieter*innen mit geringen Einkommen gezielt entlasten könnten. Außerdem sollte der soziale Wohnungsbau gestärkt werden. Eine Mietpreisbremse oder andere Mietpreiskontrollen würden hingegen nicht gezielt einkommensschwache Haushalte unterstützen.

Beengte Wohnverhältnisse größeres Problem als Mietbelastung

Eine weitere DIW-Studie nimmt ebenfalls basierend auf SOEP-Langzeitdaten die Wohnzufriedenheit unter die Lupe. Die Studienautor*innen Caroline Stiel, Tomaso Duso und Konstantin Kholodilin kommen zu dem Schluss, dass Wohnen im Gegensatz zum Einkommen oder zur Gesundheit eher eine untergeordnete Rolle für die allgemeine Lebenszufriedenheit spielt. Ein größeres Problem als die Wohnkosten stellen beengte Wohnverhältnisse dar. „Besonders Familien in Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten und aus den unteren Einkommensgruppen empfinden ihre Wohnungen als zu klein“, sagt Ökonomin Stiel. „Die Wohnkostenbelastung wird hingegen insgesamt als durchschnittlich wahrgenommen. Die meisten Menschen sind mit ihrer Wohnsituation zufrieden.“

Neben der Wohnungsgröße spielt auch eine Rolle, ob die Menschen zur Miete oder in den eigenen vier Wänden wohnen: Die Studie zeigt, dass Eigentümer*innen in der Regel mit ihrer Wohnsituation zufriedener sind als Mieter*innen. Besonders groß ist der Unterschied für die unteren Einkommensgruppen.

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Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 09.10.2024

Erstmalige Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Geschlecht der Unternehmer*innen und dem Gender Pay Gap – Finnische Daten zeigen: Lohnlücke in Unternehmen im Eigentum von Frauen um mehr als zwei Prozentpunkte niedriger als in Unternehmen von Männern – In vielen Dienstleistungsbranchen ist der Gender Pay Gap nahe Null, wenn Unternehmen im Eigentum von Frauen

In Unternehmen im Eigentum von Frauen ist der Verdienstunterschied zwischen weiblichen und männlichen Beschäftigten geringer – in Unternehmen in vielen Bereichen der Dienstleistungsbranche ist dieser Verdienstunterschied sogar nahe Null. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Erstmalig wurde der Zusammenhang zwischen dem Geschlecht von Unternehmer*innen und den Löhnen untersucht, die den weiblichen Beschäftigten im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen gezahlt werden. Im Durchschnitt ist die Lohnlücke in Unternehmen im Besitz von Frauen mehr als zwei Prozentpunkte niedriger als in Unternehmen von Männern. Dabei gibt es erhebliche Branchenunterschiede, hat Studienautor Alexander S. Kritikos, Vorstandsmitglied des DIW Berlin, festgestellt: „Im Dienstleistungsbereich sind die Verdienstabstände deutlich geringer, wenn Unternehmen im Eigentum von Frauen sind. In diesen häufig eher kleineren Unternehmen lassen es die Managementstrukturen zu, dass Unternehmerinnen die Löhne in ihren Betrieben ausgestalten.“

In kleinen Unternehmen mehr Einfluss von Unternehmerinnen

„Der Gender Pay Gap ist dagegen besonders groß in männerdominierten Branchen und bleibt es dort auch, selbst wenn die Unternehmen im Besitz von Frauen sind“, so DIW-Ökonom Kritikos. Gerade im Verarbeitenden Gewerbe hat das Geschlecht der Eigentümer*innen kaum Einfluss auf die Verdienstunterschiede zwischen Männer und Frauen. Die Studie macht weiterhin deutlich, dass der Einfluss von Unternehmerinnen auf den geschlechtsspezifischen Verdienstabstand in größeren Unternehmen ebenfalls begrenzt ist. „Insgesamt lohnt es, Frauen auf dem Weg in die Selbstständigkeit stärker zu unterstützen und bestehende Hürden zu reduzieren. Neben positiven Wirkungen für das wirtschaftliche Wachstum könnte sich dadurch auch der Gender Pay Gap reduzieren“, resümiert Alexander S. Kritikos.

Für die Studie werden Daten für Finnland verwendet, da für Deutschland eine solche Analyse aus Datenbeschränkungen nicht möglich ist. Finnland ist in diesem Zusammenhang durchaus vergleichbar mit Deutschland. Für den Beobachtungszeitraum findet sich ein ähnlich hoher Gender Pay Gap für beide Länder und die Frauenerwerbsquote ist in beiden Ländern ähnlich hoch. Auch ist der Anteil der Bevölkerung mit „traditionellem Rollenbild“ von Frauen in beiden Ländern ähnlich niedrig.

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Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 02.10.2024

Seit der Einführung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG) im Jahr 2020 ist der Anteil an Frauen und jüngeren Menschen unter den zu Erwerbszwecken aus Nicht-EU-Staaten Eingewanderten gestiegen. Der Anteil von Erwerbsmigrant*innen mit beruflichen Abschlüssen sank dagegen. Die Erwerbsmigrant*innen berichten häufig von hohen Einwanderungshürden und Diskriminierungen in Deutschland. Das zeigt eine am Freitag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Zwischen 2010 und 2019 stieg die Erwerbsmigration aus Drittstaaten von 30.000 auf 64.000 Personen pro Jahr und, nach einem Rückgang während der COVID-19-Pandemie, weiter auf 72.000 Personen im Jahr 2023. Der Anteil von jüngeren Personen zwischen 18 und 31 Jahren, die nach Einführung des FEG einen Aufenthaltstitel zu Erwerbszwecken erhielten, stieg von 42 Prozent auf 61 Prozent. Auch Frauen erhielten mit 39 Prozent häufiger einen Aufenthaltstitel zu Erwerbszwecken. Vor der Einführung des FEG lag dieser Wert noch bei 30 Prozent.

Der Anteil von Hochschulabsolvent*innen stieg von 38 Prozent in der Kohorte vor März 2020 auf 62 Prozent in der Kohorte danach, während der Anteil mit beruflichen Abschlüssen von rund 19 Prozent auf 11 Prozent sank. Dies deutet weiter auf höhere Einwanderungshürden für Personen mit beruflichen Abschlüssen hin. „Der Nachweis der Gleichwertigkeit für im Ausland erworbene Berufsabschlüsse, vor allem in nicht reglementierten Berufen, ist langwierig, während Hochschulabschlüsse international besser vergleichbar sind“, erläutert IAB-Forscherin Tanja Fendel.

Im ersten Jahr nach dem Zuzug sind insgesamt 92 Prozent der seit 2017 zu Erwerbszwecken eingewanderten Frauen und Männer sozialversicherungspflichtig beschäftigt oder in Ausbildung beziehungsweise Praktikum. Zu Erwerbszwecken zugezogene Frauen sind zudem deutlich häufiger in Vollzeit erwerbstätig als andere aus dem Ausland stammende oder auch deutsche Frauen. Auch fünf Jahre nach dem Zuzug bleiben die Beschäftigungsquoten hoch: Der Anteil der vollzeitbeschäftigten Frauen und Männer beträgt 75 beziehungsweise 86 Prozent. Mit 47 Prozent lag die Beschäftigungsquote der gesamten ausländischen Bevölkerung in Deutschland 2022 deutlich darunter. Auch die deutschen Staatsangehörigen erreichten mit 65,5 Prozent nicht den Wert der Erwerbsmigrant*innen.

Als häufigste Quelle, um sich über Deutschland als Einwanderungsland zu informieren, wurden persönliche Kontakte zu Personen genannt, die bereits in Deutschland leben. „Deren Erfahrungen können damit entscheidend zur Wahrnehmung Deutschlands als attraktives Ziel für Fachkräfte beitragen“, so IAB-Forscher Boris Ivanov. „Jedoch berichteten 56 Prozent der Erwerbsmigrant*innen von Diskriminierung in mindestens einem Lebensbereich.“ Unter ihnen fühlten sich 40 Prozent bei der Wohnungssuche diskriminiert, 21 Prozent nahmen Benachteiligungen am Arbeitsplatz wahr. Weniger häufig berichteten die Befragten im Umgang mit Institutionen wie Schulen, Einrichtungen des Gesundheitssystems oder der Polizei von Diskriminierungen. Gut ein Fünftel fühlte sich jedoch beim Umgang mit Ämtern oder Behörden benachteiligt.

Trotz der gesetzlichen Änderungen infolge des FEG existieren weiterhin bürokratische Hürden bei der Visumserteilung, der Anerkennung beruflicher Abschlüsse und der Einwanderung im Familienkontext. „Es ist wichtig anzuerkennen, dass Einwanderungsentscheidungen oft gemeinschaftlich von Familien getroffen werden“, so Ivanov.  „Eine ganzheitliche Betreuung des Einwanderungsprozesses, der auch die Jobsuche der Partner*innen, die Kinderbetreuung und Wohnungssuche berücksichtigt, könnte die Einwanderung nach Deutschland unterstützen“, resümiert Fendel.

Die Auswertungen basieren auf den Integrierten Erwerbsbiografien (IEB) des IAB und der IAB-SOEP-Migrationsstichprobe und beziehen sich auf Personen im Alter von 18 bis unter 65 Jahren, deren letzter Zuzug 2017 oder später erfolgte. Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-21.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 25.10.2024

Eine Anhebung des Mindestlohns auf 14 Euro könnte mehr als jeden zweiten Betrieb betreffen. Etwa ein Drittel der Betriebe, die Mitarbeiter*innen zum derzeitigen Mindestlohn von 12,41 Euro beschäftigen, geht davon aus, innerhalb der kommenden zwölf Monate Beschäftigung abbauen zu müssen. Das zeigt eine am Montag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Insgesamt gehen rund 19 Prozent aller befragten Betriebe von einem Beschäftigungsrückgang aus, sollte der Mindestlohn auf 14 Euro erhöht werden. Etwa 1 Prozent erwartet eine Zunahme der Beschäftigung, während 80 Prozent keine Änderung erwarten.

Dabei zeigt sich weiter: Je weniger die untersten Einkommensgruppen in den jeweils befragten Betrieben verdienen, desto eher gehen sie davon aus, dass eine Erhöhung des Mindestlohns auf 14 Euro zu einer Abnahme der Beschäftigung führen würde. Bei Betrieben, deren unterste Lohngruppe derzeit den Mindestlohn von 12,41 Euro verdient, würde fast jeder dritte einen Beschäftigungsrückgang erwarten. Bei Betrieben, in denen die unterste Lohngruppe bis zu zwei Euro über dem derzeitigen Mindestlohn verdient, sind es 28 Prozent. Bei Betrieben hingegen, deren unterste Verdienstgruppe schon heute mehr als zwei Euro über dem Mindestlohn verdient, sind es 6,5 Prozent.

„Es zeichnet sich ab, dass eine sprunghafte Erhöhung des Mindestlohns zumindest kurzfristig deutliche Auswirkungen auf die Lohnstruktur und die Beschäftigungserwartungen der Betriebe in Deutschland haben würde“, fasst IAB-Forscher Erik-Benjamin Börschlein die Ergebnisse der Studie zusammen.

Insgesamt beschäftigen 58 Prozent der Betriebe in Deutschland Arbeitskräfte, die weniger als 14,41 Euro verdienen. „Ein Mindestlohn von 14 Euro könnte über die Hälfte der Betriebe direkt betreffen – und damit auch weit mehr als die Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro“, so IAB-Forscher André Diegmann.

Die Studie beruht auf einer Stichprobe von 1.322 Betrieben aus der IAB-Stellenerhebung. Bei den Angaben handelt es sich um vorläufig hochgerechnete Werte, die mit einer gewissen Ungenauigkeit einhergehen. Die Studie ist abrufbar unter: https://www.iab-forum.de/14-euro-mindestlohn-rund-ein-fuenftel-der-betriebe-erwartet-einen-beschaeftigungsrueckgang/

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 21.10.2024

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Angesichts des starken Geburtenrückgangs insbesondere in den östlichen Bundesländern fordern die drei Sozial- und Wohlfahrtsverbände Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e.V., AWO Bundesverband e.V. und Volkssolidarität Bundesverband e.V. in einem gemeinsamen Papier die dringende Stärkung der Kindertagesbetreuung unverzüglich anzustoßen, um bereits begonnene negative Entwicklungen aufzuhalten.

Susanna Karawanskij, Präsidentin der Volkssolidarität: „Sinkende Kinderzahlen führen dazu, dass Träger immer häufiger gezwungen sind, ihre Angebote zu reduzieren oder gar Personal zu entlassen. Dieser Umstand ist untragbar. Aber es geht auch um die Lebensqualität durch Sicherung der Daseinsvorsorge für Kinder und ihre Familien in vielen Regionen.“

Kathrin Sonnenholzner, Vorsitzende des Präsidiums der AWO: „Die Entwicklungen in vielen ostdeutschen Kindertagesstätten brauchen unsere Aufmerksamkeit. Die Bundespolitik muss in enger Zusammenarbeit mit den Ländern dringend gezielte Maßnahmen ergreifen. Der aktuell stattfindende demographische Wandel muss als Chance für Verbesserungen bei der Kita-Qualität angesehen werden – er darf nicht dazu führen, dass die soziale Infrastruktur abgebaut wird.“

Dr. Uwe Martin Fichtmüller, Hauptgeschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland: „Wir fordern, dass die aktuellen demografischen Entwicklungen dafür genutzt werden, längst nötige Verbesserungen für einheitliche und kindgerechte Personalschlüssel einzuleiten. Eine gute und gesicherte frühkindliche Bildung ist eine Investition in die Zukunft, sowohl für die Kinder als auch für die Regionen, in denen sie aufwachsen.“

Die drei Wohlfahrtsverbände der Initiative #ZukunftKitaOst sind mit ihren Angeboten der Kindertagesbetreuung in allen ostdeutschen Bundesländern vertreten und spüren die rückgängigen Kinderzahlen in etlichen Regionen sowie deren bedenkliche Auswirkung auf viele Einrichtungen deutlich.

Zum Positionspapier: https://awo.org/pressemeldung/initiative-kita-ost

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 30.10.2024

Die AWO positioniert sich im Bündnis „Zusammen für Demokratie“ von 69 zivilgesellschaftlichen Organisationen gemeinsam gegen die populistischen Debatten zum Asylrecht und das so genannte „Sicherheitspaket“.  

In dem Statement heißt es unter anderem: „Das Recht auf Asyl zu untergraben und die Menschenrechte von Geflüchteten einzuschränken (…) widerspricht dem europäischen Gedanken, dem europäischen Recht und dem deutschen Grundgesetz. Besonders müssen wir die Würde von Menschen wahren, die auf Schutz angewiesen sind.“ 

Zur Stellungnahme: https://awo.org/pressemeldung/buendnis-statement-sicherheitspaket

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 17.10.2024

Im Rahmen eines Parlamentarischen Abends veröffentlicht die Arbeiterwohlfahrt (AWO) heute ihr Positionspapier mit zentralen Forderungen zu digitaler Teilhabe. Der Wohlfahrtsverband kritisiert, dass politische Versäumnisse in der Digitalisierung soziale Schieflagen verstärkten. Demnach müsse digitale Teilhabe deutlich stärker gefördert und verankert werden. Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt:

„Es ist ein Skandal, dass arme Eltern vor Gericht ziehen müssen, um einen Zuschuss zu einem Laptop für ihr Kind zu erstreiten, oder dass Rentner*innen in der Grundsicherung sich keinen Internetanschluss und Handyvertrag leisten können. Die Digitalisierung nimmt längst nicht alle Menschen in Deutschland mit, viele bleiben außen vor. Das muss ein Ende haben, der Sozialstaat muss digital inklusiv werden. Deshalb fordern wir unter anderem ein digitales Existenzminimum für alle Menschen in Deutschland: 60 Euro pro Monat Grundbedarf in allen Leistungssystemen und die Finanzierung einer digitalen Grundausstattung im Wert von 600 Euro. Das wäre ein guter Schritt in die richtige Richtung.“

Zu den wichtigsten Forderungen der AWO gehören:

Rechtsanspruch auf digitale Teilhabe: Die AWO fordert einen universellen Rechtsanspruch auf einen bezahlbaren und leistungsstarken Internetanschluss sowie auf digitale Grundausstattung. Dies soll insbesondere für Menschen in prekären Lebenssituationen über die Sozialgesetzgebung verankert werden.

Digitales Existenzminimum: Um Menschen in Armut vor digitaler Ausgrenzung zu schützen, fordert die AWO eine Anpassung der staatlichen Transferleistungen. Diese müssen ein „digitales Existenzminimum“ beinhalten, das die Kosten für Mobilfunk, Internet und digitale Geräte abdeckt.

Digitale Grundausstattung: Jede Person im Leistungsbezug soll Anspruch auf die Finanzierung einer digitalen Grundausstattung haben, die unter anderem Laptop, Smartphone und Internetanschluss umfasst.

Flächendeckende Förderung digitaler Kompetenzen: Die AWO fordert eine stärkere Investition in Bildungsangebote zur Förderung von Digital- und Medienkompetenz, insbesondere für sozial benachteiligte Gruppen.

Barrierefreiheit und digitale Souveränität: Digitale Angebote und Dienstleistungen müssen barrierefrei gestaltet werden, um Menschen mit Behinderungen nicht auszuschließen. Zudem setzt sich die AWO für den Schutz der persönlichen Daten und die Förderung von Open-Source-Technologien ein.

Unter dem Titel „Digitale Teilhabe im modernen Sozialstaat“ werden anlässlich der Veröffentlichung des Positionspapiers heute in Berlin diese und weitere zentrale Themen der Digitalisierung und ihre Bedeutung für soziale Gerechtigkeit und die gesellschaftliche Teilhabe von vulnerablen Gruppen diskutiert. Im Mittelpunkt stehen die Chancen und Herausforderungen eines digitalen Sozialstaats, der allen Bürger*innen – unabhängig von Alter, sozialem Status oder Beeinträchtigungen – Zugang zu digitalen Technologien und Diensten gewährt.

Zu den Gästen des Parlamentarischen Abends zählen Mitglieder der Bundesregierung, des Deutschen Bundestags, Vertreter*innen der Zivilgesellschaft und aus der Wirtschaft. Die Veranstaltung bietet Raum für einen offenen Dialog über die notwendigen Schritte zur Förderung der digitalen Teilhabe in Deutschland. Es wird eine Diskussionsrunde geben, in der Expert*innen über die Inhalte des Positionspapiers und mögliche politische Maßnahmen zur Umsetzung sprechen werden.

Zum Positionspapier: https://awo.org/artikel/digitale-teilhabe

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 17.10.2024

Der AWO Bundesverband kritisiert das System monetärer Familienförderung in Deutschland als zutiefst sozial ungerecht. Während Spitzenverdienende durch die Kinderfreibeträge bei der Einkommensteuer schon jetzt eine monatliche Entlastung von bis zu 370 Euro haben, beträgt das Kindergeld für alle lediglich 250 Euro, rechnet der Wohlfahrtsverband vor. Der Staat verzichtet durch diese Bevorteilung sehr wohlhabender Familien auf zusätzliche Einnahmen in Höhe von rund 3.5 Milliarden Euro pro Jahr, die für die Unterstützung bedürftiger Familien dringend nötig wären, kritisiert die AWO. 

Laut einer heute vorgestellten Studie des DIW Econ im Auftrag der Arbeiterwohlfahrt beziehen etwa 4,5 Millionen Haushalte in Deutschland allein das Kindergeld, während 4,2 Millionen Haushalte zusätzlich Kinderfreibeträge geltend machen. Während die durchschnittliche zusätzliche Entlastung durch die Kinderfreibeträge bei Familien mit mittleren Einkommen jedoch lediglich bei knapp unter 400 Euro im Jahr liegt, werden Familien mit gehobenem Einkommen mit zusätzlich rund 1000 Euro und die reichsten Haushalte mit 1400 Euro pro Jahr zusätzlich zum Kindergeld durch den Staat gefördert. Einkommensarme Familien und solche mit prekären Einkommen profitieren quasi nicht von Freibeträgen. Die Entlastung durch die Freibeträge fällt zudem besonders gering in Alleinerziehenden-Haushalten aus, die überdurchschnittlich häufig von Armut bedroht sind.

Der AWO Bundesverband fordert vor diesem Hintergrund die Absenkung des Kinderfreibetrags für “Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsaufwand” (BEA) bis auf das verfassungsmäßig gebotene Minimum und stattdessen die zielgenaue finanzielle Förderung von Familien mit wenig Einkommen. “Der aktuelle Familienlastenausgleich ist nicht nur familienpolitisch ungerecht, sondern auch verteilungspolitisch grob fahrlässig”, kritisiert Michael Groß, Präsident des AWO-Bundesverbands. “Es braucht endlich eine solidarische Neuausrichtung der Familienförderung, die auf Steuergeschenke für Reiche verzichtet und denjenigen hilft, die darauf angewiesen sind.” 

Eine Absenkung des BEA-Freibetrags auf 300 Euro würde laut Studie dazu führen, dass nur noch rund 1.2 Millionen Haushalte eine zusätzliche Entlastung bei der Einkommensteuer über das Kindergeld hinaus pauschal geltend machen könnten, die im Durchschnitt bei rund 26 Euro pro Monat läge. Für den Staat ergäben sich daraus schätzungsweise rund 3.48 Milliarden Euro Mehreinnahmen, die zur Stärkung von Familien mit kleinem Einkommen und im Kampf gegen Kinderarmut genutzt werden könnten, u.a. durch die Erhöhung des Kinderzuschlags und der Kinderregelsätze in der Grundsicherung.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sieht in dieser Reform ein Gebot ökonomischer Vernunft. “Es handelt sich um eine pragmatische Maßnahme, die sozial gerecht und wirtschaftspolitisch sinnvoll ist. Selbst ohne Steuererhöhungen und ohne Reform der Schuldenbremse können messbare Verbesserungen für Familien mit kleinen Einkommen erzielt werden, gleichzeitig sind durch diese solidarische Umverteilung positive wirtschaftliche Effekte durch eine bessere Teilhabe in Bildung und Gesellschaft für viele Kinder und Jugendliche zu erwarten.”

Pressekontakt:

Für Interviewanfragen: Pressestelle AWO Bundesverband, presse@awo.org, 030 26309 218

Für Rückfragen: Gwendolyn Stilling, pr@gks-consult.de, 0173 99 86 994

Zur Studie und allen Presse-Unterlagen: https://awo.org/pressemeldung/milliardengegenkinderarmut 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 15.10.2024

Zu Berichten über die drohende Pleite der Pflegeversicherung erklärt Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt: 

 

„Die Bundesregierung hat diese Eskalation nicht nur sehenden Auges zugelassen, sondern über Monate und Jahre hinweg die Ohren vor den dringenden Warnungen der Expert*innen verschlossen. Die Arbeiterwohlfahrt hat schon Anfang 2023 vor einem Kollaps der Pflegeversicherung gewarnt. Es wäre Zeit gewesen für eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung, Konzepte dafür liegen vor. Es kann nicht sein, dass die Beitragszahlenden jetzt den pflegepolitischen Stillstand der letzten Jahre ausbaden müssen.  Es gibt andere Lösungen als Beitragserhöhungen. Ohne eine echte Reform wird es die Pflegeversicherung nicht aus der Krise schaffen: Wir brauchen eine Deckelung der Kosten für Pflegebedürftige und vor allem die Bürger*innenversicherung, die alle Berufsgruppen und jede Einkommensart einbezieht. Zusätzlich dürfen versicherungsfremde Leistungen grundsätzlich nicht mehr über die Pflegeversicherung finanziert werden. Ein erster Schritt dahin – und eine schnelle finanzielle Entlastung – wäre die schnelle Rückzahlung der Pandemiekosten von 5,5 Mrd. Euro aus Steuermitteln.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 08.10.2024

Am Internationalen Tag zur Beseitigung der Armut fordern die Verbände der Wohnungslosen- und Mieterhilfen, die Nationale Armutskonferenz und die im ‚Bündnis AufRecht bestehen‘ Engagierten ein Umdenken hinsichtlich der politischen Prioritäten. „Statt die Ursachen von Armut zu bekämpfen, werden arme Menschen stigmatisiert. Die drängende Wohnungsfrage bleibt unbeachtet, obwohl bezahlbares Wohnen der Schlüssel zur sozialen Integration ist“, so die Verbände. In einer Zeit, in der soziale Gerechtigkeit mehr denn je gefordert ist, muss die Politik endlich wirksame Maßnahmen ergreifen, um die Lebenssituation der Betroffenen nachhaltig zu verbessern.

Diakonie-Experte Michael David, Mitglied im Koordinierungskreis der Nationalen Armutskonferenz: „Stigmatisierung, Ächtung und Diffamierung; ‚Armen-Bashing‘ ist in Deutschland Teil der normalen Alltagssprache und der Politik geworden. Wieder werden plan- und wirkungslose Bürgergeld-Verschärfungen im Schnellverfahren umgesetzt. Dagegen sind wirksame Integrationshilfen für Langzeitarbeitslose und die Gewährleistung von Wohnraum nötig.“ 
 
Die Debatte um zu hohe Bürgergeldleistungen sei substanzlos. Die diesjährige Erhöhung des Regelsatzes habe die Preissteigerungen der Vorjahre nicht einmal ganz aufgefangen. Zudem könnten immer mehr Leistungsbeziehende ihre Wohnkosten nicht decken. 
„Eine halbe Million wohnungsloser Menschen sowie der Anstieg von Zwangsräumungen sind ein Alarmsignal. Die für die Festsetzung der Wohnkosten zuständigen kommunalen Träger und die Bundesregierung bestreiten beharrlich den Handlungsbedarf“, kritisiert Helga Röller vom Bündnis ‚AufRecht bestehen‘. 
 
Sabine Bösing, Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe: „Wohnungsverlust muss mit allen Mitteln verhindert werden, daher tragen die Jobcenter eine wichtige Verantwortung. Die Auswertung unserer Daten zur Wohnungslosigkeit zeigt, dass Miet- und Energieschulden den häufigsten Auslöser von Wohnungsverlusten darstellen. Wir fordern, dass die Richtlinien zu den Kosten der Unterkunft die lokalen Wohnkosten realistisch abbilden.“ 
 
„Wir brauchen eine Schonfristregelung auch für ordentliche Kündigungen. Einmaliger Zahlungsverzug darf nicht zum Wohnungsverlust führen“, fordert Eva-Maria Winckelmann vom Mieterbund Hessen. 
 
Über zwölf Prozent der Bürgergeld-Haushalte müssten laut von der Bundesregierung vorgelegten Daten im Schnitt mindestens 100 Euro Wohnkosten aus dem Regelsatz bestreiten. „Ihre Wohnung gilt als ‚nicht angemessen‘, aber sie haben keine Chance auf einen Umzug in eine günstigere Wohnung“, berichtet Helga Röller, die in Frankfurt Leistungsbeziehende berät. 
 
Gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, dem Mieterbund, der Diakonie Deutschland und der Nationalen Armutskonferenz fordert das Bündnis ‚AufRecht bestehen‘, wie im Koalitionsvertrag angekündigt, „die Erstattung der Kosten der Unterkunft transparenter und rechtssicherer auszugestalten.“ 
 
Kommunale Angemessenheitsgrenzen müssten auf ein den realen Bedingungen des Wohnungsmarktes entsprechendes Niveau angehoben werden. Zugleich müsse der Wohnungsmarkt durch einen ausreichenden Bestand an sozialem Wohnraum wieder zugänglich und bezahlbar für alle werden.

Quelle: Pressemitteilung Bündnis ‚AufRecht bestehen‘, Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W), Deutsche Mieterbund – Landesverband Hessen e.V., Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. und Nationale Armutskonferenz (nak) vom 17.10.2024

  • Jährlich könnten 50.000 neue Wohnungen entstehen, ohne neu zu bauen.
  • Ein Drittel der Wohnungseigentümer:innen wollen umbauen, umziehen bzw. Teile ihrer Wohnung vermieten – wünschen sich aber Unterstützung.
  • Ein Bündnis aus Eigentums-, Wohlfahrts-, Fach- und Umweltverbänden sowie Wissenschaftler:innen zeigt auf, welche Reformen auf Bundes- und Länderebene notwendig sind.

Nach dem Auszug der Kinder werden große Wohnungen meist von ein bis zwei  
Personen bewohnt. Das gilt insbesondere auch für Einfamilienhäuser. Eine aktuelle Befragung des Verbands Wohneigentum zeigt, dass ein Drittel der befragten Wohnungseigentümer:innen im Alter ihre Wohnsituation verändern will und umziehen oder ihr Haus umbauen und einen Teil vermieten möchte. Laut der Befragung wohnen fünf Millionen Menschen allein in Wohnungen mit mehr als 80 Quadratmetern. Knapp sechs Millionen Wohnungen mit zum Teil deutlich über 100 Quadratmetern werden von lediglich zwei Personen bewohnt, so dass Wohnfläche nicht selten ungenutzt bleibt. Zahlreiche Wohnungseigentümer:innen sind grundsätzlich bereit, ihre Wohnsituation zu verändern, benötigen jedoch Unterstützung in Form von Beratungsangeboten und Fördermitteln. 
 
Mit verbesserten Rahmenbedingungen könnten so nur durch Umbauten, Wohnpartnerschaften und andere Formen der Untermiete deutschlandweit jährlich schätzungsweise zusätzlich 50.000 Wohnungen entstehen. Das sind 17 Prozent der 2023 neu gebauten Wohnungen – allerdings mit wesentlich geringerem Ressourceneinsatz.  
 
Im Rahmen eines breiten Bündnisses aus Eigentümer-, Wohlfahrts-, Fach- und Umweltverbänden sowie Wissenschaftler:innen setzt sich die Diakonie Deutschland daher für eine stärkere Mobilisierung von Wohnraum im Bestand ein.  
  
„Wir dürfen nicht ausschließlich auf Neubau setzen. Wohnraum im Bestand zu aktivieren, ist kostengünstiger und umweltschonender“, sagt Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch. „Dieses Potenzial bleibt bisher mehr oder minder ungenutzt. Es bedarf besserer Anreize und Unterstützung, um dieses heute so wertvolle Potenzial zu heben. Die Gesellschaft profitiert davon in mehrfacher Hinsicht: Klimakrise, Wohnraumnot, schwindendem sozialen Zusammenhalt und Einsamkeit – um nur ein paar Aspekte zu benennen – würden wir dadurch gleichzeitig begegnen. Diese Chance dürfen wir uns nicht entgehen lassen.“ 
 
Das Bündnis fordert daher: 
– Die Förderung von Wohnraumagenturen, die Eigentümer:innen beraten 
– Die Förderung von Umbaumaßnahmen, die zusätzlichen Wohnraum schaffen 
– Die Schaffung einer Koordinierungsstelle für intergenerationelle Wohnpartnerschaften 
– Einführung einer Wiedervermietungsprämie 
 
Das Positionspapier wurde von der Grünen Liga, dem Verband Wohneigentum und Architects 4 Future verfasst und neben der Diakonie Deutschland von zahlreichen weiteren Verbänden und Wissenschaftler:innen unterzeichnet.

Weitere Informationen:

Ergebnisse Befragung Wohnraum:  
www.verband-wohneigentum.de/bv/on243640 
 
Pressemitteilung der Grünen Liga und weiteren Verbänden: 
www.grueneliga.de

Quelle: Pressemitteilung Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. – Diakonie Deutschland vom 14.10.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) kritisiert in seiner aktuellen Stellungnahme den Entwurf des Gesetzes zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge (pAV-Reformgesetz) und warnt vor erheblichen gleichstellungspolitischen Risiken. Der djb lehnt die geplanten Änderungen ab, die die Altersvorsorge weiter auf freiwillige private Vorsorgemodelle verlagern sollen, da dies strukturelle Ungleichheiten, insbesondere für Frauen, verschärfen würde.

„Die Alterssicherung ist eine zentrale öffentliche Aufgabe, die nicht durch private Anlageprodukte ersetzt werden darf. Frauen drohen durch diese Reform noch größere Nachteile in der Altersversorgung,“ betont djb-Präsidentin Ursula Matthiessen-Kreuder.

Der djb verweist auf den Gender Pension Gap, der laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2023 bei 27,1 Prozent lag. Frauen erhielten im Alter durchschnittlich über ein Viertel weniger Einkünfte als Männer. Ohne Hinterbliebenenrenten steigt die Lücke sogar auf 39,4 Prozent. Dies liegt vor allem daran, dass Frauen im Laufe ihres Erwerbslebens oft geringere Rentenansprüche erwerben – bedingt durch Teilzeitarbeit, schlechter bezahlte Branchen und längere Betreuungszeiten. Der djb befürchtet, dass kapitalmarktorientierte Vorsorgeprodukte diese Ungleichheit weiter verstärken könnten, da sie vor allem finanzstarke Gruppen begünstigen.

Der djb kritisiert insbesondere, dass im Reformentwurf keine ausreichende Absicherung von Personen mit niedrigen Einkommen, überproportional häufig Frauen, vorgesehen ist. Risikobehaftete kapitalgedeckte Produkte gefährden die Lebensstandardsicherung, da sie keine Garantie für Mindestabsicherung bieten. Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dürften nicht dazu verpflichtet werden, Produkte zu subventionieren, die im schlimmsten Fall zu Verlusten führen können.

„Die Reform darf nicht dazu führen, dass die Absicherung im Alter zur Frage des persönlichen Risikos und der Finanzbildung wird,“ erklärt Prof. Dr. Susanne Dern, Vorsitzende der Kommission Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich im djb.

Der djb fordert daher, dass die gesetzliche Rentenversicherung als zentrale Säule der Altersvorsorge gestärkt und die Gleichstellung in der Alterssicherung gewährleistet wird. Die öffentliche Verantwortung für die Altersvorsorge darf nicht zugunsten privater Interessen aufgegeben werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 18.10.2024

Heute enden die bundesweiten Kidical Mass Aktionswochen #StrassenFürAlle. Das Kidical Mass Aktionsbündnis zieht eine positive Bilanz: An den mehr als 1.100 Veranstaltungen vom 16. September bis 27. Oktober 2024 und im Frühjahr haben insgesamt rund 200.000 Erwachsene und Kinder teilgenommen. In vielen Orten stand dabei die Forderung nach Schulstraßen und sicheren Schulwegen an erster Stelle.

Die Kidical Mass Aktionswochen 2024 haben in erster Linie für die Einrichtung von Schulstraßen demonstriert. Temporäre und dauerhafte Schulstraßen sind ein wichtiger Meilenstein für mehr Sicherheit im Straßenverkehr für Kinder. Bestenfalls werden sie in das Straßenverkehrsrecht (bzw. die StVO) integriert, ähnlich wie bereits in Österreich.

Zusätzlich fordert das Aktionsbündnis ein Gesamtkonzept für sichere Schulwege und ein umfassendes kindgerechtes Mobilitätsmanagement der Kommunen. Weitere wichtige Bausteine sind eine übergreifende Schulwegplanung, die breite, geschützte Fahrradwege, sichere Querungsmöglichkeiten und die Anordnung von Tempo 30 auf Schulwegen vorsieht.

Das Kidical Mass Aktionsbündnis hatte zu den Aktionswochen einen Leitfaden für Kommunen erstellt, der lokale Verwaltungen bei der Einrichtung von autofreien Schulstraßen unterstützt. Mit dem Leitfaden zeigt das Bündnis, wie Kommunen Schulstraßen rechtssicher und Schritt für Schritt einrichten können. Für eine Kommune bedeutet es viel Aufwand, den rechtlichen Rahmen bei neuen Maßnahmen einwandfrei auszuarbeiten. Der Leitfaden liefert diese Vorarbeit, die die Kommunen oft gar nicht leisten können.

Dass dieser Weg funktioniert, zeigen aktuelle Zahlen aus Nordrhein-Westfalen. Dort wurden im laufenden Jahr 24 neue Schulstraßen-Projekte in den Kommunen gestartet. Das Kidical Mass Aktionsbündnis sieht das als Ansporn, weiterhin bundesweit für neue Schulstraßen zu werben.

Alle Aktionsorte auf einen Blick finden Sie hier: https://kinderaufsrad.org/

Hier können Sie den Leitfaden für Schulstraßen herunterladen: Download

Hier finden Sie Fotos (redaktionell frei): Download

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 27.10.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert an die Bundesregierung, sich stärker bei der Förderung von guten, nicht-kommerziellen Kinder-Internetseiten zu engagieren, um eine kindgerechte Angebotslandschaft im Internet dauerhaft sicherzustellen. Eine vielfältige Kinderseiten-Landschaft muss Teil eines präventiven und ganzheitlichen, vom Kind aus gedachten sicheren und bereichernden Medienumfeldes sein. Sie fördert die Medienkompetenz von Kindern, indem das Erproben und Erkunden in einem sicheren digitalen Umfeld ermöglicht wird. Auch deshalb steht die Bundesregierung hier in der Verantwortung, durch eine projektunabhängige, langfristig planbare Förderung ein entsprechendes Angebot zu gewährleisten. Damit Kinder bereits unterhalb der laut Nutzungsbedingungen festgelegten Altersgrenzen ihren Bedürfnissen entsprechend auf Social-Media-Plattformen digitale Räume aktiv mitgestalten und sich in sicherem Umfeld mit Gleichaltrigen austauschen können, bedarf es zudem kindgerechter und sicherer Angebote, die frühzeitig soziale Kompetenzen für den digitalen Raum fördern und den Kindern medienpädagogische Kenntnisse für den Umgang im offenen Netz vermitteln.

 

„Wir sehen mit Schrecken, dass es immer weniger gute, nicht-kommerzielle Kinder-Internetseiten gibt. Bewährte Angebote wie die Kindersuchmaschine ,Blinde Kuh‘ mussten ihre Arbeit ganz einstellen, viele andere haben ihre Angebote stetig eingrenzen müssen. In den letzten 15 Jahren hat sich das Angebot nahezu halbiert. Dabei sind nicht-kommerzielle Kinder-Internetseiten ein unverzichtbarer Baustein, um die Medienkompetenz von Kindern zu entwickeln und auszubauen. Gleichzeitig sind sie, sofern sie als nichtkommerzielle Angebote den Ansprüchen von Werbefreiheit und ausreichendem Kinderschutz genügen sollen, wirtschaftlich kaum tragfähig und brauchen Unterstützung. Das normiert im Übrigen auch die UN-Kinderrechtskonvention, nach der Kindern der Zugang zu Medien ermöglicht und sichergestellt werden muss, dass die Kinderrechte auch im digitalen Raum zu ihrer vollen Entfaltung kommen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

„Da Kindern vielfach noch eine ausgeprägte kritische Urteilsfähigkeit und die Fähigkeit zur Orientierung innerhalb der Informationsgesellschaft fehlen, müssen sie beim Umgang mit dem Netz pädagogisch unterstützt, beraten und begleitet werden. Gerade das kommerzielle Internet birgt kinder- und jugendgefährdende Inhalte, vor denen es Kinder zu schützen gilt. Aber genau dahin wenden sich viele Kinder, wenn es keine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Angebote gibt, mit allen bekannten Inhalts- und Interaktionsrisiken. Demgegenüber sollte es für Kinder und Jugendliche möglich sein, das Internet möglichst frei und unbeschwert zu nutzen. Hier leisten viele Kinder-Internetseiten einen wertvollen Beitrag. Auch deshalb sehen wir bei der nachhaltigen Förderung guter Kinder-Internetseiten Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Kulturstaatsministerin Claudia Roth in der Pflicht“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

Der „Tag der Kinderseiten“ soll am 21. Oktober als jährlich wiederkehrender Ehrentag die Aufmerksamkeit auf das vielfältige Kinderseiten-Internetangebot lenken und diese bei Familien, Eltern, Kindern, Pädagoginnen und Pädagogen, Schulen, Journalistinnen und Journalisten sowie Medieninteressierten ins Gespräch bringen. An diesem Aktionstag sind alle dazu eingeladen, die Welt der Kinderseiten zu entdecken. Internetseiten wie kindersache.de, seitenstark.de und fragfinn.de, Initiativen, Schulen, Blogger, Kinderseiten selbst – alle sind aufgefordert und herzlich eingeladen, mitzumachen, sich zu vernetzen und Kinderseiten bekannter zu machen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 21.10.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte über die Mittagsversorgung in Kitas und Schulen den Zugang zu einem gesunden und ausgewogenen, täglichen Mittagessen für alle Kinder zu erleichtern. Zudem sollten die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für alle Bildungseinrichtungen verbindlich eingeführt werden. Bisher sind diese nur in fünf Bundesländern verpflichtend. Außerdem plädiert das Deutsche Kinderhilfswerk nachdrücklich für den Wegfall der Mehrwertsteuer für Kita- und Schulessen. Zudem sollten durch ein stärkeres finanzielles Engagement von Bund, Länder und Kommunen Schritte dahingehend unternommen werden, das Kita- und Schulessen für alle Kinder kostenfrei anzubieten.

 

„Das tägliche Essen in Kita und Schule ist für Kinder keine Kleinigkeit, sondern ein wichtiger Bestandteil des gesunden Aufwachsens. Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes braucht daher jedes Kind im Ganztagsbetrieb von Kita oder Schule eine gute, gesunde, warme Mahlzeit. Dazu zählt die Vielfalt der Speisen ebenso wie ihre nährstoffreiche Zubereitung, aber auch Vollkornprodukte und Fisch. Stattdessen werden derzeit oft Gerichte mit zerkochtem Gemüse, trockenen Kartoffeln und billigen Fertigsoßen serviert. Die seit vielen Jahren wiederholten Appelle und Ankündigungen haben an der Situation vor Ort flächendeckend nichts Substanzielles geändert. Dies zeigt sich auch immer wieder in der großen Unzufriedenheit, mit der Kinder und Jugendliche ihre Verpflegung insbesondere in Schulen beurteilen. Deshalb braucht es verbindliche bundesweite DGE-Qualitätsstandards“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

 

„Langfristig sollte das Mittagessen für alle Kinder in Kitas und Schulen kostenfrei angeboten werden. Besonders wichtig ist es auch, die Kita-Kinder bzw. die Schülerinnen und Schüler in die Gestaltung des Speiseplans mit einzubeziehen“, so Hofmann weiter. Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sollten möglichst regionale und biozertifizierte Produkte sowie Obst und Gemüse der Saison die Leitlinien für das Kita- und Schulessen sein. Das würde auch im Einklang mit der Ernährungsstrategie der Bundesregierung stehen. „Wer in der Kindheit nicht erfährt und erlebt, was gesunde Ernährung ist und dass sie gut schmeckt, wird dies im Erwachsenenalter kaum nachholen können. Insofern ist eine gesunde Ernährung auch eine Grundsteinlegung für ein gesundes Leben. An dieser Stelle zu sparen ist langfristig verheerend“, sagt Holger Hofmann.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 17.10.2024

Rahmenbestimmung der Diakonie Deutschland zum Schutz vor sexualisierter Gewalt beschlossen

Rechtsextremismus und Antisemitismus tragen zur Spaltung der Gesellschaft bei und beschädigen die Demokratie. Welche Auswirkungen dies auf diakonische Dienste und die Entwicklungszusammenarbeit hat, diskutierten die Delegierten der Konferenz Diakonie und Entwicklung am 16. und 17. Oktober in Berlin. Sie ist das oberste Entscheidungsgremium des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung (EWDE), in dem die Diakonie Deutschland, Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe zusammenarbeiten. Die Delegierten befürchten insbesondere eine Gefährdung der Angebote für Menschen mit Behinderungen, der Migrationsberatung und der Demokratieförderung. Der politische Rechtsruck in Deutschland sei eine ernste Situation für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende der Diakonie, die sich für eine offene, vielfältige und demokratische Gesellschaft engagieren. Weltweit ist eine besorgniserregende Einschränkung zivilgesellschaftlicher Handlungsspielräume zu beobachten. Das zeigt der von Brot für die Welt regelmäßig veröffentlichte Atlas der Zivilgesellschaft. Ein weiterer Schwerpunkt war die Rahmenbestimmung der Diakonie Deutschland zum Thema „Schutz vor und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt“.

In einem Impulsvortrag machte Abraham Lehrer, Präsident der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, auf die wichtige Aufgabe der Zivilgesellschaft im Kampf gegen Antisemitismus aufmerksam. „Ich wende mich mit einem Aufruf an die Mehrheitsgesellschaft, sich zu engagieren und eine einfache Form von Zivilcourage zu praktizieren. Widersprechen Sie am Stammtisch den rassistischen, ausländerfeindlichen oder antisemitischen Sprüchen. Das halte ich für jedermann leistbar!“

Rüdiger Schuch, EWDE-Vorstandsvorsitzender und Präsident der Diakonie Deutschland: 
„Rechtsextremismus und Antisemitismus gefährden unsere Demokratie und den Rechtsstaat, aber auch die gemeinnützige soziale Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege. Sie sind Gift für unser Zusammenleben. Die Abwertung und Ausgrenzung von Menschen sind mit dem christlichen Profil diakonischer Arbeit unvereinbar. Nicht politischer Extremismus, sondern ein starker, funktionierender Sozialstaat ist die richtige Antwort auf den gravierenden gesellschaftlichen Veränderungsdruck. Gerade Menschen, die auf Hilfe, Unterstützung und Beratung angewiesen sind, dürfen wir nicht allein lassen. Dafür steht die gesamte Arbeit der Diakonie, zum Beispiel in der Pflege älterer Menschen, in der Integration von Zugewanderten, in der Hilfe für Armutsbetroffene und in der Unterstützung von Menschen mit Behinderungen. Der Bundeshaushalt darf nicht auf dem Rücken der Schwachen in der Gesellschaft konsolidiert werden.“

Dr. Dagmar Pruin, stellvertretende EWDE-Vorstandsvorsitzende und Präsidentin Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe: 
„In Deutschland wird momentan erbittert über die Etats für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe im Bundeshaushalt gestritten. Bei den begleitenden Debatten und der Kritik an der Entwicklungszusammenarbeit geht es um viel mehr als nur Geld. Die Rolle Deutschlands soll neu definiert werden: Weg von Kooperation und weiter hinein ins nationale Schneckenhaus. Solidarität und Mitgefühl sind Fremdwörter für Populistinnen und Populisten, aber Werte, die es zu verteidigen gilt und die wir jeden Tag vermitteln müssen.“  

Ohne Gegenstimmen verabschiedet wurde die Rahmenbestimmung zum „Schutz vor und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt“. Damit werden Prävention und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt verbindlicher in der Diakonie verankert.  

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:  
„Die Rahmenbestimmung wurde in einem intensiven Prozess zusammen mit unseren Mitgliedern und unter Einbeziehung von Betroffenen sexualisierter Gewalt erarbeitet. Die Regelungen unterstützen eine konsequente und einheitliche Umsetzung von Strukturen und Maßnahmen zur Prävention, Intervention, Aufarbeitung und Anerkennung sexualisierter Gewalt in der Diakonie. Das ist ein wichtiger Schritt und trägt zu einer stärkeren Verankerung des Themas und einem nachhaltigen Schutz vor sexualisierter Gewalt in der Diakonie bei.“

Auf der Tagesordnung standen zudem Vorstands- und Ausschussberichte, die Genehmigung des Jahresabschlusses des EWDE zum 31. Dezember 2024 und des Wirtschaftsplans für das Jahr 2025. Zur Abstimmung stand neben der Rahmenbestimmung zum „Schutz vor und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt“ auch die Rahmenbestimmung „Mitbestimmung durch die Mitarbeitenden in Aufsichtsorganen Diakonischer Einrichtungen“. Außerdem die Übernahme der Mitarbeitsrichtlinie der Evangelischen Kirche in Deutschland. 

Quelle: Pressemitteilung Evangelisches Werk für  
Diakonie und Entwicklung e.V. vom 17.10.2024

Angesichts der gestrigen Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz stellt der Familienbund der Katholiken klar: Es ist irreführend, die geplanten fünf Euro Kindergelderhöhung, die Anhebung der Steuerfreibeträge und den Verzicht auf inflationsbedingte Steuererhöhungen als 300-Euro-Entlastung für Familien zu bezeichnen.

„Die Beachtung des verfassungsrechtlichen Verbots der Besteuerung des Existenzminimums und der Verzicht auf Steuererhöhungen durch kalte Progression sind keine Entlastung für Familien. Die Maßnahmen verhindern lediglich eine verfassungswidrige Besteuerung und eine zusätzliche steuerliche Belastung für Familien. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Familien steigt in keiner Weise“, erklärt Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes der Katholiken. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte in seiner gestrigen Regierungserklärung behauptet, die aktuellen Regierungspläne zur Anhebung der Steuerfreibeträge, zum Ausgleich der kalten Progression und zur Erhöhung des Kindergeldes würden eine vierköpfige Familie mit Durchschnittsverdienern um 300 Euro entlasten.

„Das Existenzminimum von Kindern und Erwachsenen darf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wegen der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes nicht besteuert werden. Dass die Regierung sich daran hält und in der Inflation den Grundfreibetrag und den Kinderfreibetrag anhebt, ist keine Wohltat für Familien und sollte auch nicht als solche verkauft werden“, so Ulrich Hoffmann. „Auch der Verzicht auf inflationsbedingte Steuererhöhungen durch kalte Progression ist nur recht und billig.“

Mit dem Begriff der kalten Progression wird das Phänomen beschrieben, dass Lohnsteigerungen in Höhe der Inflationsrate – ohne Erhöhung der Kaufkraft und der steuerlichen Leistungsfähigkeit – zu einer stärkeren Steuerbelastung führen. Will man diese impliziten Steuererhöhungen vermeiden, muss der Steuertarif regelmäßig an die Inflation angepasst werden. Der Familienbund hält dies für zwingend erforderlich. Er setzt sich dafür ein, die kalte Progression durch einen sogenannten „Tarif auf Rädern“, d.h. eine automatische Anpassung des Steuertarifs entsprechend dem Durchschnitt der Lohnsteigerungen („Tarifindex“) oder entsprechend der Inflation („Preisindex“), endgültig zu beseitigen.

Auch die Entlastung durch die geplante Kindergelderhöhung um 5 Euro pro Monat ist laut Ulrich Hoffmann sehr begrenzt: „Die geplante Kindergeldanhebung führt bei einer vierköpfigen Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern zu einer maximalen Entlastung von 120 Euro pro Jahr. Da das Kindergeld aber mit der Wirkung des Kinderfreibetrags verrechnet wird, fällt die tatsächliche Entlastung für viele Familien sehr viel niedriger aus. Mit Blick auf die starke Inflation der letzten Jahre wird das für 2025 geplante Kindergeld in Höhe von 255 Euro allenfalls die Kaufkraft des Kindergeldes vor der Pandemie erreichen. Großzügige Familienentlastung sieht anders aus.“

Zum Entwurf eines zweiten Jahressteuergesetzes 2024 hat der Familienbund eine Stellungnahme abgegeben. Diese finden sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 17.10.2024

Am 25. September präsentierte nestwärme e.V. Deutschland gemeinsam mit dem Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH (aQUa) sowie weiteren Partnern die Ergebnisse des Forschungsprojekts N.E.S.T. in Berlin. Die Veranstaltung fand im Rahmen des Tages des FamilienGesundheitsPartners – FORUM N.E.S.T. statt. nestwärme e.V. unterstützt seit über 20 Jahren Familien, die ein Kind mit einer chronischen oder lebensverkürzenden Erkrankung zu Hause pflegen. Das Forschungsprojekt untersuchte das Konzept einer neuen, regional verankerten Unterstützungsleistung durch sogenannte FamilienGesundheitsPartner (FGP). Diese speziell für das Forschungsprojekt geschulten Pflegefachkräfte begleiten Familien mit pflegebedürftigen Kindern in ihrem häuslichen Umfeld. Als Koordinatoren helfen sie den Familien, sich im oft undurchsichtigen Versorgungssystem mit seinen vielen Anlaufstellen zurechtzufinden. Die Studienergebnisse zeigen, dass FGP die Versorgung deutlich verbessern und betroffene Familien spürbar entlasten.

In Deutschland leben etwa 1,3 Millionen chronisch kranke Kinder, davon 320.000 bis 400.000 mit lebensbegrenzenden Erkrankungen. Fast alle dieser Kinder werden zu Hause versorgt, was ihre Familien vor enorme Herausforderungen stellt. Die Eltern müssen im Rahmen des Pflege- und Betreuungsaufwands nicht nur familiäre, berufliche und pflegerische Aufgaben vereinen, sondern auch die Bedürfnisse aller Familienmitglieder – von den Geschwistern bis zu den Großeltern – berücksichtigen. Dabei stehen sie häufig vor einem komplexen und schwer durchschaubaren Versorgungssystem mit vielen Anlaufstellen, das es erschwert, notwendige Hilfen rechtzeitig und koordiniert zu erhalten. Um die Gesundheit und das Wohlbefinden der gesamten Familie zu sichern, ist eine umfassende und vernetzte Unterstützung unerlässlich.

Evaluation des Forschungsprojekts N.E.S.T. abgeschlossen
Das vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) geförderte Projekt N.E.S.T. (NEtzwerk STrukturen) wurde 2021 gestartet, um die Wirksamkeit einer sektoren- und leistungsträgerübergreifende Koordination der FGP und deren Einfluss auf die Lebensqualität von Familien mit pflegebedürftigen Kindern zu evaluieren. Über einen Zeitraum von 18 Monaten wurden die Familien der Interventionsgruppe durch FGP intensiv begleitet, um eine bedarfsgerechtere und effizientere Versorgung aller Familienmitglieder als bisher zu realisieren. Die Wirksamkeit dieses zusätzlichen Unterstützungsangebotes wurden im Vergleich zu einer Kontrollgruppe untersucht, die nur die Regelversorgung erhielt. Hierzu wurden zu vier Zeitpunkten Online-Befragungen mit den Familien durchgeführt sowie Arbeitsprozesse und -strukturen der FGP analysiert. Das Projekt zeigt, dass der FGP zu einer deutlichen Verbesserung der Koordination der Hilfsangebote und zu einer spürbaren Entlastung der Familien beiträgt.

Die zentrale Rolle des FamilienGesundheitsPartners
Die FamilienGesundheitsPartner begleiten Familien mit chronisch kranken oder pflegebedürftigen Kindern in ihrem häuslichen Umfeld und helfen ihnen, sich im oft unübersichtlichen Versorgungssystem zurechtzufinden. Als Koordinatoren und Berater erfassen sie die individuellen Bedürfnisse der gesamten Familie, um den hohen Pflegeaufwand des Kindes mit dem Familienalltag in Einklang zu bringen. Sie koordinieren sektorenübergreifend medizinische, pflegerische sowie soziale Hilfen. Durch ihre enge Einbindung in regionale Versorgungsstrukturen und die Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen gewährleistet der FGP, dass die Familien die notwendige Unterstützung erhalten. Dies fördert die Gesundheit der gesamten Familie und stärkt ihre Selbsthilfekräfte.

Positive Ergebnisse: Entlastung und verbesserte Versorgung für Familien
Das Forschungsprojekt N.E.S.T. zeigt, dass der Einsatz des FGP die Koordination der Unterstützungsangebote für Familien deutlich verbessert und die Belastung der Eltern verringert. Auch Geschwisterkinder profitieren von der umfassenden und ganzheitlichen Betreuung. Elisabeth Schuh, geschäftsführende Vorständin von nestwärme e.V., betonte: „Die Ergebnisse verdeutlichen, dass das Projekt des FamilienGesundheitsPartners weit mehr ist als nur ein zusätzliches Angebot. Durch die sektorübergreifende Koordination und die individuelle Begleitung hilft der FGP Familien in schwierigen Lebenslagen, Stabilität zu finden. Er ermöglicht es ihnen, die komplexen Versorgungsstrukturen effizient zu nutzen und sorgt so für eine spürbare Entlastung.“

Diskussion über die Zukunft des FGP-Konzeptes
Neben der Präsentation der Forschungsergebnisse war es ein Ziel des Forums N.E.S.T., verschiedene Akteure aus Politik, Versorgung und sozialen Verbänden ins Gespräch zu bringen, um Optionen zur Umsetzung des FGP-Angebots außerhalb des Projektkontextes zu erörtern. Im Rahmen der Veranstaltung diskutierten daher Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Praxis und Politik, darunter Corinna Rüffer (MdB, Grüne) und Erwin Rüddel (MdB, CDU), die Potenziale und Herausforderungen des Konzepts des FamilienGesundheitsPartners. Albrecht Rohrmann, Professor für Sozialpädagogik an der Universität Siegen, erklärte: „Das Projekt N.E.S.T. zeigt, wie wichtig eine vernetzte und koordinierte Begleitung für Familien ist. Die Zusammenarbeit auf regionaler Ebene durch den FamilienGesundheitsPartner verbessert den Zugang zu Hilfen und bietet Familien eine echte Chance, die Qualität ihrer Unterstützung zu verbessern.“ Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, ergänzte: „Das Thema Pflege wird in politischen und gesellschaftlichen Debatten oft vernachlässigt oder zu wenig wertgeschätzt. Familien mit pflegebedürftigen Kindern brauchen jedoch ein Netz aus Liebe und Geborgenheit. Der FamilienGesundheitsPartner bietet genau diese wertvolle Unterstützung, die unbezahlbar ist.“ Das Forschungsprojekt kann somit wichtige Impulse für politische Entscheidungen liefern, um eine langfristige und flächendeckende Unterstützung von Familien mit pflegebedürftigen Kindern zu gewährleisten.

FGP als Modell für eine zukunftssichere Versorgung
Basierend auf den Erkenntnissen der Studie wurde ein Transfermodell in Form eines Handbuchs entwickelt, das als Leitfaden für die Einführung des FamilienGesundheitsPartners in die landesweite Versorgung von Familien mit pflegebedürftigen Kindern dient. Das Handbuch zeigt auf, wie die vielfältigen Hilfen, die durch die Sozialgesetzgebung bereitgestellt werden, sinnvoll und resilienzsteigernd genutzt und umgesetzt werden können. „Unser Ziel ist es, sicherzustellen, dass kein Kind und keine Familie durchs Netz fällt“, betonte Elisabeth Schuh. „Das Modell hat das Potenzial, die Versorgung der betroffenen Familien grundlegend zu verbessern. Deshalb ist es unser Ziel, dieses Modell nachhaltig in ganz Deutschland zu etablieren.“
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts N.E.S.T. können auf Anfrage bei nestwärme e.V. Deutschland unter ariane.gregetz@nestwaerme.de angefordert werden.

Quelle: Pressemitteilung nestwärme e.V. Deutschland vom26.09.2024

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 06. November 2024

Veranstalter: Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. –  Diakonie Deutschland 

Ort: Berlin und Digital

Die Probleme in der Pflege sind seit langem bekannt: Die bereits sehr hohen Eigenanteile für Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen steigen weiter, es fehlt an Personal und an Angeboten zur Entlastung von Angehörigen. Fünf Millionen Menschen sind in Deutschland pflegebedürftig; mehr als drei Viertel von Ihnen werden zuhause von Angehörigen versorgt. Ohne Gegensteuern droht der Pflegeversicherung 2025 die Zahlungsunfähigkeit – und den Versicherten eine Kostenexplosion.

Die Bundestagswahl 2025 eröffnet die Chance, die Pflege im Interesse von Millionen Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen zukunftsfest zu machen. Knapp ein Jahr vor der Wahl ziehen wir eine pflegepolitische Bilanz und stellen sechs Bausteine für eine gute Pflegereform vor. Die Pressekonferenz ist zugleich Auftakt einer bildstarken Kampagne mit Prominenz aus Film und Fernsehen. Die Botschaft: „Auch Du brauchst Pflege. Irgendwann.“ Im Rahmen der Pressekonferenz präsentieren wir Ihnen unsere Vision von guter Pflege und wer uns dabei unterstützt.  

mit: 
Rüdiger Schuch, Präsident Diakonie Deutschland 
Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik, Diakonie Deutschland 
Ricardo Lange, Intensivpfleger und Aktivist 

Es wird um Anmeldung unter pressestelle@diakonie.de bis zum 5. November, 12 Uhr gebeten. Bitte teilen Sie mit, ob Sie in Präsenz oder digital teilnehmen möchten. Die Einwahldaten werden Ihnen dann zugeschickt. 

Bei Rückfragen oder zur Vereinbarung von Interviews melden Sie sich gern.

Termin: 06. November 2024

Veranstalter: Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung in Kooperation mit Statistisches Bundesamt, Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Das Sozialökonomische Panel und Bundeszentrale für politische Bildung

Ort: Zoom

Am 6. November erscheint der neue Sozialbericht 2024 (bislang: Datenreport. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland). Er zeichnet ein detailliertes Bild der Lebensverhältnisse in Deutschland. Dafür kombiniert der Sozialbericht Daten der amtlichen Statistik mit Erkenntnissen der empirischen Sozialforschung.

Auf der Pressekonferenz werden Ergebnisse zu ausgewählten Lebensbereichen vorgestellt: Wie zufrieden sind die Menschen mit ihrem Leben, welche Sorgen haben sie? Wie haben sich Einkommen, Vermögen und Armutsrisiken entwickelt? Welche Unterschiede gibt es weiterhin zwischen Ost- und Westdeutschland? Ein weiteres Augenmerk liegt auf der Erwerbsbeteiligung von Frauen und von Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Welche Rolle spielen sie bei der Bekämpfung des Arbeitskräftemangels?

Der Sozialbericht wird herausgegeben vom Statistischen Bundesamt (Destatis), dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Zusammenarbeit mit dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP). Er erscheint als Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).

Ihre Gesprächspartnerinnen und -partner sind:

Prof. Dr. h.c. Nicola Fuchs-Schündeln, Ph.D.
Präsidentin Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)

Dr. Philip Wotschack
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)

Dr. Alexandra Roder
Vizepräsidentin Statistisches Bundesamt (Destatis)

Stephan Lüken
Gruppenleiter Demografie, Migration und Integration, Statistisches Bundesamt (Destatis)

Prof. Dr. C. Katharina Spieß
Direktorin Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB)

Prof. Dr. Martin Bujard
Stellvertretender Direktor Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB)

Thomas Krüger
Präsident Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)

Claudia Roth (Moderation)
Stellvertretende Leiterin Kommunikation, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)

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Für die Teilnahme an der virtuellen Pressekonferenz ist eine Anmeldung erforderlich.

Bitte akkreditieren Sie sich bis zum 5. November unter diesem Link: https://events.wzb.eu/sozialbericht24/

Termin: 14. November 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

In vielen Familien mit gewaltgeprägten Partnerschaften sind Kinder und Jugendliche involviert, die nicht nur Zeug*innen dieser Gewalt werden können, sondern zugleich auch Opfer der Partnerschaftsgewalt sind. Das Miterleben dieser Gewalt kann für sie dazu führen, dass sie sich in Folge oft hilflos, traurig, ohnmächtig oder sogar schuldig fühlen, weil sie der Gewalt gegenüber der Mutter nicht Einhalt bieten können. Da die Gewalt sich im Privaten vollzieht, sind es häufig die Akteure der sekundären Sozialisationsinstanzen (z.B. Kita, Schule, ASD, Jugendhilfeeinrichtungen, etc.), die als erste, wenn sie für die Thematik und die damit verbundenen Gewaltdynamiken von Partnerschaftsgewalt ausreichend sensibilisiert sind und sich als handlungsfähig erleben, im Sinne von Prävention und Intervention aktiv werden können.

Die mit diesen Gewalterfahrungen verbundenen Entwicklungsrisiken sowie die Gefahr der intergenerationellen Weitergabe der Gewalt machen ein abgestimmtes, aufgeklärtes, vernetztes sowie professionelles Handeln in der Antigewalt notwendig, wenn das Kindeswohl nicht gefährdet und Kinderschutz sichergestellt werden sollen. Daher ist es notwendig, für die spezifischen Bedürfnisse und Bedarfe der Kinder und Jugendlichen im Kontext von Partnerschaftsgewalt zu sensibilisieren, um Kindeswohlgefährdung entgegenzuwirken, das Kindeswohl zu unterstützen sowie ressourcenorientierte und Resilienz unterstützende Handlungsansätze in der pädagogischen Praxis nicht aus dem Blick zu verlieren (vgl. www.isjuf.de: „Kinder und Jugendliche in Familien mit Partnerschaftsgewalt“) .

An der Veranstaltung wirkt mit:
Prof. Dr. Angelika Henschel, Leuphana Universität Lüneburg

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:

Katrin Frank, Referentin Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-465, E-Mail: faf@paritaet.org.

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:

Stefanie Sachse, Sachbearbeitung Referat Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-323, E-Mail: stefanie.sachse@paritaet.org

Termin: 20. November 2024

Veranstalter: Friedrich Ebert Stiftung in Kooperation mit Hans-Böckler-Stiftung

Ort: Berlin oder im Livestream

die Debatte um die 4-Tage-Woche erhitzt die Gemüter. Seit Februar haben knapp 50 Unternehmen verschiedener Branchen in Deutschland unterschiedliche Modelle getestet – nun liegen die Ergebnisse vor.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Hans-Böckler-Stiftung laden Sie herzlich ein, am 20. November 2024 in Berlin gemeinsam die von der Universität Münster erhobenen Ergebnisse der Studie zu diskutieren. Dabei wollen wir zentrale Fragen beleuchten:

  • Kann die 4-Tage-Woche Gesundheit, Arbeitszufriedenheit und Produktivität steigern?
  • Kann sie die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit erleichtern?
  • Welche Auswirkungen hat sie auf die Arbeitgeberattraktivität und Fachkräftebindung?
  • Und gilt dies gleichermaßen für alle Branchen?

Anmelden können Sie sich entweder für die Veranstaltung in Präsenz oder für den Livestream des Abendteils ab 18 Uhr.

Das ausführliche Programm zur Veranstaltung finden Sie hier.

Es wird um eine Anmeldung bis zum 11. November 2024 gebeten.

Termin: 21. November 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Ein, zwei, drei oder mehr Elternteile, »Sponkel«, »MaPas«, schwangere Väter und lesbische Zeugungsakte – wer oder was Familie ist und wie sie gegründet wird, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vervielfältigt.

Zur Einführung gibt es einen Einblick in die Entstehung und den Alltag von Regenbogenfamilien mit ihren kreativen Arrangements von Familie und Verwandtschaft. Außerdem sollen die repronormativen Herausforderungen auf gesellschaftlicher und rechtlicher Ebene beleuchtet werden, mit denen lesbische, schwule, pansexuelle, aromantische, trans*, inter* und andere queere Menschen im Zuge ihres Elternwerdens und Elternseins konfrontiert sind – aber auch die Ressourcen, die in queeren Familiensystemen stecken.

Im anschließenden Fachgespräch steht die Frage im Zentrum, was das Gehörte für eine queersensible Familienberatung bedeutet.

An der Veranstaltung wirkt mit:
Birgit Buntgarten, rubicon e. V., Köln

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:

Katrin Frank, Referentin Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-465, E-Mail: faf@paritaet.org.

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:

Stefanie Sachse, Sachbearbeitung Referat Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-323, E-Mail: stefanie.sachse@paritaet.org

Termin: 27. November 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Der Deutsche Verein hat am 19. Juni 2024 Empfehlungen zur Weiterentwicklung eines inklusiven Kinderschutzes verabschiedet, die in dieser Ausgabe der Inforeihe vorgestellt und diskutiert werden.

Bereits aus dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) leitet sich der Auftrag ab, dass insbesondere Träger und Leistungserbringer der Kinder- und Jugendhilfe gerade mit Fokus auf ihre stationären Angebote und Beratungsleistungen von Kindern und jungen Men­schen mit Behinderungen, sich im Kinderschutz inklusiver aufstellen müssen. Daher ist eine umfassende Weiterentwicklung des Kinderschutzes notwendig.

Anspruch eines inklusiven Kinderschutzes sollte sein, alle Kinder (unabhängig von Behinderungen, aber auch unabhängig von sozi­aler Herkunft, Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, Staatsbürgerschaft oder anderer individueller Merkmale und Fähigkeiten) gleichberechtigt zu schützen.

U.a. mit

Yara-Katharina Andree, Wissenschaftliche Referentin, Arbeitsfeld II Kindheit, Jugend, Familie, Soziale Berufe, Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.,

N.N., Praxisbeispiel aus dem inklusiven Kinderschutz

Moderation

Borris Diederichs, Referent für Kinder- und Jugendhilfe / Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e.V.

Anmeldung bitte über Eveeno: https://eveeno.com/185052330.

Inhaltliche Rückfragen gerne an

Borris Diederichs, Referent für Kinder- und Jugendhilfe / Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e.V. (jugendhilfe@paritaet.org, 030-246 36-328)

Organisatorische Rückfragen gerne an

Sabine Haseloff, Sachbearbeiterin für Kinder- und Jugendhilfe / Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e.V.  (jugendhilfe@paritaet.org, 030-246 36-327)

Termin: 27. November 2024

Veranstalter: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Ort: Berlin und Online

Wir wollen gemeinnützige Kinder- und Jugendreisen aufgrund ihrer Bedeutung für die jungen Menschen sowie für die Gesamtgesellschaft fördern.

Unter dem Titel: „Junges Reisen – bezahlbar & nachhaltig!“ wollen wir gemeinsam mit Vertreter*innen der gemeinnützigen Träger sowie ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen beleuchten wie sich die Rahmenbedingungen für Junges Reisen verbessern lassen und gemeinsam diskutieren, an welchen Stellen wir politisch unterstützen können.

Die Veranstaltung soll Auftakt und Impuls für einen Aktionsplan zur Stärkung von gemeinnützigen Kinder- und Jugendreisen sein, den wir in der Fraktion erarbeiten und entwickeln wollen. Hierzu laden wir Sie herzlich ein!

Mit dabei:

Anja Liebert MdB, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion | Meike Rausch, Bundesjugendwerk der AWO e.V. | Carmen Witzel, Verband Deutscher Schullandheime e.V. | Gabi Rolland, Naturfreunde Deutschlands | Shari Kohlmeyer, Deutscher Bundesjugendring e.V. | Winfried Nesensohn, Bayerischer Landesverband des Deutschen Jugendherbergswerks | u.a.

Infos & Anmeldung

Termin: 28. November 2024

Veranstalter: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Ort: Zoom

Die Reform des Straßenverkehrsrechts eröffnet den Kommunen neue Möglichkeiten, Straßen sicher zu machen und den öffentlichen Raum zu gestalten. In unserer Veranstaltungsreihe beleuchten wir verschiedene Aspekte der Novelle und zeigen, wie Kommunen und Bürger*innen vor Ort diese bestmöglich nutzen können.

In diesem, den zweiten Teil der Reihe widmen wir uns den neuen Möglichkeiten, Kindern und Jugendlichen Raum für eine sichere und eigenständige Mobilität zu geben – insbesondere auf ihren Schulwegen.

Wir laden Sie herzlich ein, mit uns und unseren geladenen Expert*innen hierüber zu diskutieren!

Mit dabei:

Swantje Michaelsen MdB, Berichterstatterin Straßenverkehrsrecht im Verkehrsausschuss | Johannes Wagner MdB, Berichterstatter Kindergesundheit im Gesundheitsausschuss | Dr. Olaf Dilling, Rechtsanwalt

Anmeldung

Termin: 05. Dezember 2024

Veranstalter: Deutschen Jugendinstituts in Kooperation mit der Universität Ulm

Ort: Online

Die Fachtagung richtet sich mit einem starken Praxisbezug an Fachkräfte aus der Beratung von Paaren und Trennungsfamilien, die Anregungen für die Beratung suchen. 

Sie lernen die seit 2022 online gestellte Hilfeplattform STARK und den neuen Bereich für Fachkräfte kennen und erhalten Einblick in aktuelle Forschungsbefunde zu Trennung und Scheidung. In praxisorientierten Workshops mit interaktiven Formaten bekommen Sie die Gelegenheit, sich über relevante Themen und Lösungsansätze aus der Beratungspraxis zu informieren.

Erfahren Sie, wie die STARK-Webseite unterstützend in Ihrem Beratungsalltag eingesetzt werden kann. In einer Podiumsdiskussion wird abschließend zu Chancen und Grenzen von digitalen Unterstützungsangeboten diskutiert und wie diese in der Beratung eingesetzt werden können.

Nutzen Sie die Möglichkeit, mit einem Fachpublikum und mit Expertinnen und Experten aus den Bereichen Familienrecht, Ökonomie, Psychologie und Pädagogik zu diskutieren, sich auszutauschen und zu vernetzen. 

Informationen zur Tagung und zu Anmeldung finden Sie hier: STARK Fachtagung

WEITERE INFORMATIONEN

Die in Familien geleistete Fürsorge kommt sowohl ihren Mitgliedern als auch der Gesellschaft als Ganzes zugute. Die allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie nach §16 SGB VIII unterstütz und stärkt Familien in ihrem Alltag und bietet damit Antworten auf einige der zentralen Herausforderungen für die Gesellschaft.

Hier finden Sie die vom Präsidium des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. am 17. September 2024 verabschiedeten Empfehlungen „Familienförderung – Kommunale Infrastrukturen für Familien“.

Hier formuliert der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. Empfehlungen zur strukturierten Planung von Familienförderung, zum Finanzierungsrahmen sowie und Weiterentwicklung der Angebotsstruktur dieser Unterstützungsangebote. Die Empfehlungen richten sich an Entscheidungsträger/innen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene und haben das Ziel, die Familienförderung als Teil der Kinder- und Jugendhilfe verbindlich zu stärken.

Wir freuen uns, wenn Sie die Empfehlungen in Ihrer Tätigkeit berücksichtigen und an Interessierte in Ihren Arbeitszusammenhängen weiterleiten.

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ZFF-Info

ZFF-Info 13/2024 – Safe Abortion Day, Weltkindertag

AUS DEM ZFF

Im Vorfeld des Safe-Abortion-Day, dem internationalen Aktionstag für den sicheren Zugang zu Abtreibungen, am 28. September, hat die Arbeiterwohlfahrt (AWO) ein neues Positionspapier verabschiedet und gemeinsam mit dem Zukunftsforum Familie (ZFF) zu einer Kundgebung aufgerufen. Gemeinsam fordern sie den Gesetzgeber auf, den Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch zu streichen und den Schwangerschaftsabbruch in Deutschland endlich in bedarfsgerechten Gesetzen außerhalb des Strafrechts zu regeln.

Dazu kommentiert AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner: „Alle Menschen, die einen Schwangerschaftsabbruch benötigen, haben ein Recht auf wohnortnahen Zugang zu freiwilliger Beratung, angemessener medizinischer Versorgung und Kostenübernahme – bundesweit. Die derzeitige gesetzliche Regelung steht diesen menschenrechtlich relevanten Forderungen im Weg und hat schwerwiegende Auswirkungen für ungewollt Schwangere, die schnelle und niedrigschwellige Hilfe benötigen. Es wird Zeit, dass die Bundesregierung endlich den Empfehlungen ihrer eigenen Expert*innenkommission und anderer Fachverbände folgt, und den Schwangerschaftsabbruch legalisiert.“

Vorgestellt wurde das Positionspapier im Rahmen einer Kundgebung vor dem Justizministerium in Berlin. Dabei forderte der AWO Bundesverband gemeinsam mit dem Zukunftsforum Familie den Justizminister und die Ampel-Regierung auf, ihren Antrittsversprechen Folge zu leisten, und sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte zu stärken: „Alle Menschen sollten uneingeschränkt das Recht haben, über ihren Körper und ihre Familienplanung selbst zu entscheiden. Eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs kann daher nicht länger warten. Insbesondere angesichts des Erstarkens extrem rechter Parteien ist es unerlässlich, dass wir die reproduktiven Grundrechte stärken und in geltendes Recht gießen. Gemeinsam mit dem AWO Bundesverband fordern wir: Weg mit §218! Wir brauchen ein Ende der Stigmatisierung von ungewollt schwangeren Personen und Ärtz*innen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen,“ so Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF.

Das Positionspapier der AWO sowie weitere Hintergründe und Fotos zur Kundgebung gibt es unter:
https://awo.org/service/kampagnen/safe-abortion-day-2024/

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 27.09.2024

Anlässlich der heutigen öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss des im Deutschen Bundestag kritisiert das Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF) den Antrag der CDU/CSU – Fraktion „Familien steuerlich stärken – Von der Kinderbetreuung bis zur Seniorenpflege“ und fordert ein grundlegendes Umdenken in der Familienförderung, um nicht nur vermögende, sondern alle Familien zu unterstützen und zu stärken.

Sophie Schwab, Geschäftsführerin des ZFF, erklärt dazu: „Die alleinige Unterstützung von Familien bei der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf durch Steuererleichterungen ist aus unserer Sicht der falsche Ansatz. Steuerliche Vorteile wie Freibeträge oder steuerliche Abzugsbeträge begünstigen in erster Linie Menschen mit hohen Einkommen. Viele Familien, die diese Unterstützung ebenfalls dringend benötigen, werden dadurch nicht erreicht.

Das bestehende System der steuerlichen Familienförderung bevorzugt bereits jetzt Haushalte mit gutem Einkommen. Anstatt diese Ungerechtigkeit weiter zu verstärken, muss die Familienförderung grundlegend reformiert werden. Es ist an der Zeit, das System von Grund auf neu zu denken und auf eine sozial gerechte Förderung umzustellen. Das ZFF fordert daher seit langem, von der steuerlichen Förderung abzurücken und stattdessen endlich den Weg zu einer umfassenden und gerechten Kindergrundsicherung einzuschlagen.

Darüber hinaus braucht es wirksame Maßnahmen, um die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf für alle Familien zu erleichtern und die Gleichstellung zu fördern. Dazu gehören staatliche Anreize für eine gerechte Aufteilung der Erwerbs- und Sorgearbeit, der Ausbau und die Verbesserung der Infrastruktur sowie die Schaffung einer familienfreundlichen Arbeitswelt mit guten Arbeitsbedingungen.“

Sophie Schwab ist heute als Sachverständige zur öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses geladen. Sie findet heute am 23. September von 14 Uhr – 15:30 Uhr statt und wird live auf www.bundestag.de übertragen.

Die Stellungnahme des Zukunftsforum Familie e.V. anlässlich der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Finanzen des Deutschen Bundestages am 23. September 2024 zum Antrag der Fraktion der CDU/CSU „Familien steuerlich stärken – Von der Kinderbetreuung bis zur Seniorenpflege“ (Drucksache 20/11620) finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 23.09.2024

Vertreter verschiedener Interessenverbände haben am Montagnachmittag in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses ihre Sicht auf einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur steuerlichen Entlastung von Familien (20/11620) vorgetragen. Dabei warnte Sophie Schwab vom Zukunftsforum Familien (ZFF) davor, dass Steuererleichterungen und Steuerfreibeträge primär hohen Einkommen zugute kämen. Von steuerlichen Abzugsbeträgen könnten zwar auch mittlere Einkommen profitieren, aber nicht solche mit niedrigen, es sei denn, es gebe „echte Steuergutschriften, also Auszahlungsmöglichkeiten bei einer Steuerlast von Null“.

Den Vorschlag der Unionsfraktion, Kinderfreibeträge in der Einkommensteuer sowie das Kindergeld zu erhöhen, „lehnt das ZFF vehement ab“, hieß es in der schriftlichen Stellungnahme des Vereins. Das ZFF rechnet dabei vor, dass schon heute der steuerliche Kinderfreibetrag bei Spitzenverdienern zu einer Entlastung von bis zu 368 Euro monatlich führe, wohingegen Bezieher unterer und mittlerer Einkommen ein Kindergeld von lediglich 250 Euro bekämen. „Statt einer einseitigen Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen“ fordert das ZFF „die Zusammenlegung aller pauschal bemessenen kindbezogenen Transfers zu einer einkommensabhängigen ausgestalteten Leistung, die mit steigendem Einkommen sinkt“.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), ebenfalls auf Vorschlag der Sozialdemokraten geladen, warnte ähnlich wie das ZFF davor, dass steuerliche Förderungen, wie sie die Unionsfraktion vorschlägt, vor allem Gutverdienern zugute kämen. Dies gelte auch mit Blick auf sogenannte haushaltsnahe Dienstleistungen, die die Unionsfraktion in ein System für „familiennahe Dienstleistungen“ überführen will. „Was heißt das konkret?“, fragte DGB-Vertreter Raoul Didier. Er mahnte, dass die Förderung haushalts- oder familiennaher Dienstleistungen „unabhängig vom Einkommen“ erfolgen solle und bedauerte: „Die Gutschein-Diskussion ist leider stecken geblieben.“

Auch Iris Emmelmann von Deutschen Familienverband, geladen auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion, sagte, dass sie zum Vorschlag der familiennahen Dienstleistungen „noch etwas mehr wissen“ möchte. Anders als das ZFF und der DGB unterstützte sie jedoch die Forderung der Union nach höheren Steuerfreibeträgen. „Wir finden den Antrag wichtig, weil er endlich wieder Schwung bringt in die Diskussion über die steuerliche Entlastung von Familien“, sagte sie. Weitere Schritte seien nötig.

Emmelmann forderte, den Kinderfreibetrag auf das steuerliche Existenzminimum für Erwachsene zu erhöhen, auch solle das Kindergeld „deutlich“ steigen. In der schriftlichen Stellungnahme des Verbandes heißt es ferner: „Angesichts des zu niedrigen derzeitigen Kindergeldes halten wir auch die vorgeschlagene Rückkehr zur Kindergeldstufung für kinderreiche Familien für sinnvoll. Durch die Abschaffung gab es 2023 für kinderreiche Familien ab dem vierten Kind nicht einmal einen Inflationsausgleich.“

Miriam Hoheisel vom Verband der alleinerziehenden Mütter und Väter (VAMV) bewertete positiv, dass der Unionsantrag „eine soziale Komponente“ enthalte, nämlich die Umwandlung von Steuerfreibeträgen in Steuerabzugsbeträge für Ausgaben wie die Kinderbetreuung. In der schriftlichen Stellungnahme des auf Vorschlag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen geladenen VAMV heißt es dazu: „Ein Absetzbetrag von der Steuerschuld erreicht besser Familien mit mittleren und kleinen Einkommen und somit auch Alleinerziehende, die häufig nur kleine Einkommen zur Verfügung haben.“

Auch Hoheisel wies wie das ZFF darauf hin, dass Bezieher niedriger Einkommen nur dann von Steuergutschriften profitierten, wenn die Finanzämter auch negative Steuerschulden infolge der Abzugsbeträge auszahlten. Sie plädierte für eine Kindergrundsicherung.

Rainer Kambeck vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Sachverständiger auf Vorschlag der FDP-Fraktion, lobte zunächst, dass die CDU/CSU ihre Vorschläge unter Finanzierungsvorbehalt gestellt habe. Er verwies wiederholt auf Arbeiten der „Expertenkommission Bürgernahe Einkommensteuer“. Diese habe empfohlen, den jetzigen Paragraphen 35a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gänzlich abzuschaffen, der den Abzug von Ausgaben für haushaltsnahe Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen von der zu entrichtenden Einkommensteuer ermöglicht.

„Trotzdem ist Punkt 1 des Antrags sinnvoll“, sagte Kambeck mit Blick auf den Unionsvorschlag eines steuerlichen Abzugsbetrags von familiennahen Dienstleistungen. Dazu heißt es in der schriftlichen DIHK-Stellungnahme: „Allerdings: Der Begriff der ‚Familiennähe‘ muss zunächst genauer definiert werden, um klarzustellen, welche außerhäuslichen oder auch personenbezogenen Dienstleistungen erfasst werden sollen. Auch hier könnten sich – wie oben für die derzeitigen Tatbestände des Paragrafen 35a EStG dargestellt – erhebliche Abgrenzungsprobleme ergeben.“

Keine Probleme bei der Anwendung des Paragrafen 35a EStG sieht dagegen Uwe Rauhöft vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BVL), geladen auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion. „Der Abschaffung des Paragrafen 35a EStG widersprechen wir, letztendlich würde es sich lediglich um eine versteckte Steuererhöhung handeln“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme des BVL. Die von der Unionsfraktion vorgeschlagene Erhöhung der Höchstbeträge von bisher 4.510 auf 5.000 Euro, „die im Antrag für sogenannte ‚familiennahe Dienstleistungen‘ und der Pflege von Angehörigen vorgesehen ist, ermöglicht eine stärkere steuerliche Entlastung für Familien“, heißt es dort.

Die von der Unionsfraktion geforderte Anhebung des Kinderfreibetrags und des Kindergelds begrüßt der BVL, fordert allerdings darüber hinaus, den Kinderfreibetrag auf die Höhe des steuerlichen Existenzminimums für Erwachsene zu erhöhen. Denn: „Das stetig zunehmende Auseinanderfallen der Freibeträge für Kinder und des allgemeinen Existenzminimums ist nicht sachgerecht.“

Romy Ahner vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, geladen auf Vorschlag der SPD-Fraktion, mahnte die Unterstützung von allen Familien an, unabhängig von der Frage ob es sich um verheiratete oder unverheiratete Paare handele, gleichgeschlechtliche oder queere Eltern, Patchworkfamilien oder Alleinerziehende. „Bedarf ist bei allen Familienformen vorhanden“, sagte Ahner.

In seiner schriftlichen Stellungnahme schreibt der Verein: „Auch wenn die Anhebung der Freibeträge, die gleichlaufende Anhebung des Kindergeldes und damit die Berücksichtigung des Existenzminimums des Kindes befürwortet wird, wird mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass diese vorgesehenen Anhebungen von Freibeträgen beziehungsweise Kindergeld nicht allen Kindern zugutekommen.“

Zustimmung erhält die Unionsfraktion vom Familienbund der Katholiken, der auf ihren Vorschlag ebenfalls zu den geladenen Sachverständigen gehörte und von Matthias Dantlgraber vertreten wurde. Dieser hält die vorgeschlagene Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag zwar für richtig, sagte aber auch, dass das Kindergeld auf mehr als 268 Euro steigen müsse, damit man von einer Erhöhung sprechen könne. Die von der Ampel-Koalition geplante Erhöhung des Kinderfreibetrags von 6.384 auf 6.612 Euro für das Jahr 2024 decke in etwa die Kostensteigerungen des Jahres 2023 ab und entspreche ungefähr dem Unionsvorschlag einer Erhöhung von 5,7 Prozent, schreibt der Familienbund in seiner schriftlichen Stellungnahme.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 619 vom 24.09.2024

SCHWERPUNKT I: Safe Abortion Day

Gesetzesentwurf gegen „Gehsteigbelästigungen“
passiert Bundesrat

Das vom Bundestag beschlossene Zweite Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes hat heute den zweiten Durchgang im Bundesrat passiert. Damit kann das Gesetz nach der für den Herbst dieses Jahres geplanten Verkündung in Kraft treten.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Die Entscheidung über die Fortführung oder den Abbruch einer Schwangerschaft gehört zu den höchstpersönlichen Entscheidungen des Lebens. Sie ist von zentraler Bedeutung für die Selbstbestimmung und Identität von Frauen. Schwangere haben das Recht auf eine unvoreingenommene Beratung und eine selbstbestimmte Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch. Mit dem neuen Gesetz gegen Gehsteigbelästigungen haben wir für das Spannungsverhältnis zwischen den Grundrechten ratsuchender Frauen und dem Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit Dritter einen guten Kompromiss gefunden. Wir geben den Ländern jetzt klare, praxistaugliche und rechtssichere Instrumente an die Hand und schließen dadurch eine gesetzliche Lücke. Gleichzeitig stärken wir die Rechte der Frauen und beenden einen möglichen Spießrutenlauf auf dem Weg zur Beratungsstelle. Ich freue mich, dass das Gesetz nun in Kraft treten wird.“

Mit dem Gesetzesentwurf zu Gehsteigbelästigungen verfolgen Bund und Länder das Ziel, Schwangere vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wirksamer vor unzulässigen Belästigungen durch Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegner zu schützen. Dadurch sollen die Rechte der Schwangeren sowie das gesetzliche Beratungs- und Schutzkonzept gestärkt werden.

Durch das neue Gesetz wird das Schwangerschaftskonfliktgesetz wie folgt geändert:

  • Länder müssen ungehinderten Zugang zu Einrichtungen ermöglichen: Es wird gesetzlich klargestellt, dass die Länder den Auftrag haben, den ungehinderten Zugang zu Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und zu Arztpraxen, OP-Zentren oder Krankenhäusern, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, zu gewährleisten.
  • Ratsuchende Schwangere besser schützen: Durch die Änderungen wird untersagt, dass Schwangere im unmittelbaren Umkreis der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sowie vor Arztpraxen, OP-Zentren oder Krankenhäusern bedrängt, eingeschüchtert oder z.B. am Betreten gehindert werden.
  • Personal besser schützen: Das Personal der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und der Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wird ebenfalls geschützt. Ziel ist es, die ungestörte Ausübung der Tätigkeiten sicherzustellen.
    Konsequente Ahndung: Es wird ein Bußgeldtatbestand eingeführt, nach dem die Belästigungen und Behinderungen mit einer Geldbuße von bis zu fünftausend Euro geahndet werden können.
  • Datenlage verbessern: Zur verbesserten Übersicht über die regionale Versorgungslage – also die Anzahl an Einrichtungen, die Abbrüche vornehmen – ist eine Ergänzung der Bundesstatistik nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz vorgesehen. Erstmalig können nun auch unterhalb der Landesebene Auskünfte zur regionalen Versorgungslage getroffen werden.

Weitere Informationen finden Sie im Gesetzesentwurf: https://www.bmfsfj.de/SchKG

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 27.09.2024

Zum Safe Abortion Day 2024 am 28.9.2024 erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Weltweit sterben jährlich etwa 50.000 Frauen durch unprofessionelle oder unhygienische Schwangerschaftsabbrüche, weil in vielen Ländern Abtreibungen immer noch illegal sind oder der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen erschwert ist.

Doch Frauen haben ein Recht auf körperliche und reproduktive Selbstbestimmung. Für die weltweiten Kämpfe von Frauen und Aktivistinnen gegen rückschrittliche Gesetze steht der „Safe Abortion Day“. Erfolgreich: Immer mehr Länder erkennen die Bedeutung reproduktiver Rechte an und liberalisieren ihre Gesetze. In Frankreich wurde das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch sogar in der Verfassung verankert.

Deutschland hinkt dieser Entwicklung hinterher: Schwangerschaftsabbrüche sind laut Strafgesetzbuch verboten und nur unter bestimmten Voraussetzungen straffrei. Diese anachronistische Regelung ist im 21. Jahrhundert nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen, dass Frauen selbst entscheiden dürfen, ob sie eine Schwangerschaft austragen möchten oder nicht.

Noch in dieser Legislaturperiode wollen wir Schwangerschaftsabbrüche in der Frühphase der Schwangerschaft entkriminalisieren und den Zugang zur ärztlichen Versorgung verbessern. Eine Reform ist längst überfällig und wird von der großen Mehrheit der Bevölkerung unterstützt.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 27.09.2024

Die Gruppe Die Linke verlangt in einem Antrag (20/12984) die Streichung des Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch und damit eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.

In dem Antrag kritisieren die Abgeordneten: „Schwangerschaftsabbrüche sind noch immer verboten, strafrechtlich sanktioniert und nur unter bestimmten Bedingungen straffrei: Die ungewollt schwangere Person muss sich einer verpflichtenden Beratung mit einer anschließenden Wartezeit von mindestens drei Tagen unterziehen, und die Schwangerschaft darf die zwölfte Woche nicht überschritten haben. Damit gibt es de jure einen Zwang zur Fortführung einer Schwangerschaft, von dem nur unter bestimmten Umständen Ausnahmen gemacht werden dürfen.“

Die Gruppe verlangt deshalb von der Bundesregierung, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, das Recht, selbst zu entscheiden, ob ein Mensch ein Kind bekommt oder nicht, sowie das Recht auf ein gutes und sicheres Leben mit Kindern zu gewährleisten und reproduktive Gerechtigkeit zu garantieren. Außerdem müsse die Regierung die Empfehlungen der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin (Kom-rSF) in Bezug auf Schwangerschaftsabbrüche unverzüglich umsetzen und einen Gesetzentwurf für ein „Gesetz zur Sicherung reproduktiver Rechte“ vorlegen. Dieser müsse zum Ziel haben, Schwangerschaftsabbrüche zu legalisieren, indem die Paragrafen 218 ff im Strafgesetzbuch gestrichen werden, sowie das Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) ersetzt wird.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 638 vom 26.09.2024

Vielfältige Aktionen rund um den Safe Abortion Day fordern eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Nun muss die Politik handeln!

pro familia ruft am 28. September zusammen mit vielen Verbänden und Organisationen zur Teilnahme am Safe Abortion Day auf. Die gemeinsame Forderung: die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in Deutschland noch in dieser Legislaturperiode. Ungewollt Schwangere brauchen eine gute medizinische Versorgung und soziale Unterstützung statt Strafandrohung. Auch die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin, die von der Bundesregierung eingesetzt wurde, empfiehlt, den Schwangerschaftsabbruch in Deutschland anders zu regeln als bisher im Strafgesetzbuch. Wir brauchen eine Neuregelung und zwar legal, einfach und fair!

Das bedeutet: Allein die schwangere Person muss für oder gegen eine Schwangerschaft entscheiden können, frei von Strafandrohungen, staatlicher Einflussnahme und Stigmatisierung. Sie muss das Recht – nicht die Pflicht – haben, sich zu allen Fragen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit beraten zu lassen und zwar kostenlos. Der Schwangerschaftsabbruch muss Teil der medizinischen Grundversorgung werden und das Gesundheitssystem muss dafür Sorge tragen, dass er von Ärzt*innen schonend, sicher und ohne moralische Vorhaltungen flächendeckend und wohnortnah durchgeführt wird. Schließlich müssen die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch durch die Krankenkassen getragen werden.

Eine Regelung unter diesen Prämissen wird dazu beitragen, dass das Stigma Schwangerschaftsabbruch bald ein Ende hat. Dies ist notwendig, damit wieder mehr Ärzt*innen Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Zurzeit gibt es in etlichen Landesteilen gravierende Versorgungsengpässe. Eine außerstrafrechtliche Regelung könnte ein entscheidender Faktor sein, diese zu überwinden.

Dazu erklärt die Bundesvorsitzende von pro familia, Monika Börding: „Wir wünschen uns die Befassung des Bundestags mit einem Gesetzentwurf zur außerstrafrechtlichen Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs, vorgelegt von einer Regierung, die sich ein Herz fasst und sagt: ‚153 Jahre § 218 sind genug!‘ Es geht auch anders – und so viel besser ohne Druck und Bevormundung, mit einem Recht auf Zugang, Informationen und Beratung, mit Unterstützung für alle ungewollt Schwangeren.“

In der Woche vor dem Safe Abortion Day und am Tag selbst finden in ganz Deutschland kreative Aktionen unter dem Motto „Legal, einfach, fair – für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs in Deutschland!“ statt. Viele pro familia Beratungsstellen sind beteiligt. Eine Übersicht über die Aktionen sind hier zu finden: https://safeabortionday.noblogs.org/aktionen-2024/

Zeitgleich werden in einer Online-Petition Unterschriften für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs gesammelt: https://innn.it/wegmit218

Das Positionspapier von pro familia zu Schwangerschaftsabbruch ist hier abrufbar. https://www.profamilia.de/fileadmin/profamilia/verband/Neuregelung_SchwA_BV_07.05.2023.pdf

Quelle: Pressemitteilung pro familia Bundesverband vom 23.09.2024

SCHWERPUNKT II: Weltkindertag

Am Vortag des 70. Weltkindertags (20. September) fügte Bundesfamilienministern Lisa Paus gemeinsam mit Grundschüler*innen ein Kinderrechtepuzzle vor dem Deutschen Bundestag zusammen. Das Puzzle wurde von Kindern und Erwachsenen aus ganz Deutschland gestaltet und mit Wünschen und Forderungen beschrieben, beispielsweise zum Thema Kinderrechte, Klimaschutz oder Freizeit. Auch Bundesfamilienministerin Paus hatte zuvor gemeinsam mit Berliner Grundschüler*innen sechs Puzzleteile mitgestaltet.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Ich gratuliere allen Kindern und Jugendlichen von Herzen zum 70. Weltkindertag! Die Interessen unserer Kinder brauchen mehr Aufmerksamkeit. Wann immer es um Kinder geht, muss ihr Wohl im Mittelpunkt stehen. Das war nicht immer der Fall. Kinderrechte sind das Fundament einer gerechten Gesellschaft und ein Versprechen an die nächste Generation. Mir ist es wichtig, dass Kinder als Menschen mit eigener Stimme wahrgenommen werden. Wir sind als Gesellschaft und als Bundesregierung verpflichtet, alles zu tun, was ein gutes und sicheres Aufwachsen für Kinder und Jugendliche ermöglicht. Deswegen setze ich mich weiter dafür ein, Kinderrechte endlich ins Grundgesetz aufzunehmen!“

Das Kinderrechte-Puzzle wurde von UNICEF und dem Deutschen Kinderhilfswerk ins Leben gerufen, um zum 70. Jubiläum des Weltkindertags die Bedeutung der Kinderrechte hervorzuheben.

Der 20. September wurde von den Vereinten Nationen als „Weltkindertag“ empfohlen und wurde 1954 in der Bundesrepublik zum ersten Mal gefeiert. – In der DDR wurde dagegen der Internationale Kindertag nach sowjetischem Vorbild im Jahr 1948 eingeführt und traditionell am 1. Juni gefeiert. Seit der Wiedervereinigung werden in Deutschland beide Kindertage feierlich begangen.

Weitere Informationen finden Sie auf www.bmfsfj.de.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 19.09.2024

Die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag begrüßt, dass heute rechtzeitig zum Weltkindertag am 20. September der 17. Kinder- und Jugendbericht veröffentlicht wird. Darin geht es um die Lage junger Menschen und die Bestrebungen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe.

Leni Breymaier, familienpolitische Sprecherin:
„Wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen danken den Autorinnen und Autoren dafür, im Bericht als Zielsetzung für Kinder und Jugendliche auf Zuversicht, Vertrauen, Bessermachen, Ermutigung und Motivation zu setzen. Das ist in den aktuell herausfordernden Zeiten durch Krieg, Pandemie, Klimawandel und Digitalisierung wichtig und richtig. In solch stürmischen Zeiten hilft ein klarer Kurs: Kooperation gewinnt – Konfrontation verliert. Und jetzt geht es ans Bessermachen.“

Sarah Lahrkamp, zuständige Berichterstatterin:
„Wir wollen die Bedingungen für die jüngere Generation verbessern. Zum einen mit der eindeutigen Festschreibung der Kinderrechte auf Förderung und Beteiligung im Grundgesetz. Und zum anderen mit einer kinder- und jugendpolitischen Handschrift, die bei allen Maßnahmen des Bundes sichtbar wird. Aktuell investieren wir in frühkindliche und schulische Bildung, in Demokratieförderung, entwickeln die Kinder- und Jugendhilfe weiter und verbessern die finanzielle Unterstützung von Familien mit Kindern.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 18.09.2024

Zum 70. Weltkindertag am 20. September erklärt Denise Loop, Obfrau im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Täglich begeistern uns 14 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland mit ihrer Kreativität, Spielfreude und Neugier. Sie sind keine kleinen Erwachsenen – Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft, aber auch unsere Gegenwart. Die UN-Kinderrechtskonvention sichert ihnen Schutz, Förderung und Beteiligung zu. Doch oft werden die Bedürfnisse von Kindern noch immer hintenangestellt. Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Dafür setzen wir uns weiter ein. Kinderrechte gehören in eine moderne Verfassung und stärken junge Menschen.

Der am Mittwoch beschlossene 17. Kinder- und Jugendbericht zeigt, wie dringend eine starke Kinder- und Jugendpolitik nötig ist. Die junge Generation steht vor großen Herausforderungen: Krieg, Klimawandel, globale Migration, Pandemie-Nachwirkungen und der Druck auf die Demokratie. Wir müssen ihnen Vertrauen, Orientierung und Sicherheit geben, um gut aufzuwachsen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 20.09.2024

Heute ist der 70. Geburtstag des Weltkindertages. Diesmal lautet das Motto „Mit Kinderrechten in die Zukunft“. Dazu können Sie die jugendpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Silvia Breher, gerne wie folgt zitieren:

„Kinder sind unsere Zukunft und wir Erwachsenen haben dafür zu sorgen, dass ihre Rechte eingehalten und durchgesetzt werden. Doch Kinder sind nicht nur Zukunft, sie brauchen auch Zukunft und es ist an uns, ihren Weg dorthin bestmöglich zu gestalten. Ob beim Kinderschutz, bei der frühkindlichen oder schulischen Bildung, der Sicherstellung eines verlässlichen Kinderbetreuungsangebotes oder bei Teilhabemöglichkeiten an Freizeitangeboten – Investitionen in diese Bereiche sind Investitionen in unsere Zukunft. Gemeinsam tragen wir auf allen Ebenen dafür die Verantwortung. Wir haben dafür zu sorgen, dass Kinder und Jugendliche die bestmöglichen Startchancen und die Chance auf ein möglichst sorgenfreies Aufwachsen bekommen. Für mich als Familienpolitikerin haben die Rechte von Kindern und Jugendlichen bei politischen Entscheidungen absoluten Vorrang, denn Kinder sind das Beste, was wir haben. Ich wünsche allen Kindern und Jugendlichen einen tollen Weltkindertag.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 20.09.2024

Qualifizierte Förderung der Kinder im Kita-Alter braucht multidisziplinäre Teams, verlässliche Öffnungszeiten und eine vertrauensvolle Erziehungspartnerschaft mit den Eltern

Vor dem Hintergrund des jüngsten Kinder- und Jugendberichts der Bundesregierung und des OECD-Bildungsberichts fordert der Deutsche Caritasverband (DCV) mehr Verlässlichkeit bei der Betreuung von Kindern im Kita-Alter. „Eltern und Kindern nutzt ein Rechtsanspruch, der nur auf dem Papier steht, nicht. Gerade kleine Kinder brauchen sichere Rahmenbedingungen, um glücklich aufzuwachsen. Sie brauchen eine stabile Erziehungspartnerschaft zwischen Kita und Elternhaus, die ihre Fähigkeiten mutmachend stärkt,“ so Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes.

„Wenn die Kinder und ihre Eltern morgens nicht wissen, ob die Kita nur einen Notdienst fährt oder ob die Hälfte der Gruppe nach Hause geschickt wird, erzeugen das Enttäuschung und Stress, und legt den Grundstein für lang nachwirkende Defizite. Als Orte sozialen Lernens und gemeinsamer Entwicklung brauchen unsere Kitas von der Politik mehr als schöne Sonntagsreden.“

Grundvoraussetzung für eine gute Kultur des Aufwachsens seien engagierte multidisziplinäre Teams. „Die Zuwendung zu den Kindern mit ihren individuellen Entwicklungssprüngen und der Dialog mit den Eltern brauchen Verlässlichkeit. Erzieherinnen benötigen für Bindungsarbeit und Sprachförderung Zeit und Kompetenz“ so Welskop-Deffaa weiter.
Mirja Wolfs, Vorsitzende des Verbands Katholischer Tageseinrichtungen (KTK) – Bundesverband, ergänzt: „Angesichts der dramatischen Situation vielerorts greifen die politischen Maßnahmen zur Unterstützung des Kita-Systems immer noch zu kurz. Wir setzen uns daher für die Absicherung der Qualität durch bundesweite Standards etwa in der Fachkraft-Kind-Relation ein. Diese drängenden Fragen müssen endlich die nötige Aufmerksamkeit bekommen – nicht nur am Weltkindertag – damit unsere Kitas allen Kindern ein bestmögliches Bildungsangebot machen können.“

Der am Mittwoch vorgestellte 17. Kinder- und Jugendbericht weist erneut in aller Dringlichkeit auf den Fachkräftemangel als großes Problem für die Qualität der frühkindlichen Bildung hin. Die Konsequenzen insbesondere für die Förderung bildungsbenachteiligter Kinder hatten kürzlich 300 Wissenschaftler*innen und Kita-Expert*innen in einem offenen Brief an politisch Verantwortliche herausgestellt. Besonders Kinder mit Migrationshintergrund können ohne Unterstützung leicht den Anschluss verlieren, zeigten zuletzt Forschungsergebnisse des Instituts der deutschen Wirtschaft.

Der Deutsche Caritasverband und der Bundesverband Katholischer Tageseinrichtungen (KTK) – Bundesverband setzen sich seit langem für ein Kita-Qualitätsgesetz und den verlässlichen Ausbau der Kindertagesbetreuung mit einer Gesamtstrategie zur Sicherung der Fachkräftebedarfe ein.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. und Bundesverband Katholischer Tageseinrichtungen (KTK) vom 19.09.2024

Zum 70. Weltkindertag fordert Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes (DFV), das Wahlrecht für Kinder und Jugendliche.

Bis heute haben Kinder keine Stimme, wenn es um die politische Gestaltung des Landes geht. Es verwundert deshalb nicht, dass politische Entscheidungen oft an den Familien – und damit an den Kindern – vorbei gehen. Für Klaus Zeh ist das eine fatale Entwicklung: „Kinder sind die Zukunft, aber an der Wahlurne kommen sie nicht vor. 14,3 Millionen Bürger unter 18 Jahren sind vom Wahlrecht zum Bundestag und damit vom wichtigsten demokratischen Grundrecht ausgeschlossen.“

An dieser Stelle bestehe ein enormes Demokratiedefizit, das beseitigt werden müsse. Der Verbandspräsident: „Grundrechte gelten von Geburt an und nicht erst ab der Volljährigkeit. Wir benötigen deshalb ein Wahlrecht von Geburt an, das stellvertretend von den Eltern ausgeübt wird, bis die Kinder wahlmündig sind – wie es bereits in anderen Fragen wie z.B. im Erb- oder Aktienrecht selbstverständlich geschieht.“

Zeh ist überzeugt, dass ein Wahlrecht ab Geburt die Demokratie stärken und Zuversicht für die Zukunft signalisieren würde. „Ein Wahlrecht ab Geburt in der von uns vorgeschlagenen Form würde ein positives Zeichen setzen. Als demokratische Gesellschaft leben wir von einer Beteiligung aller, deshalb sollten auch alle Bundesbürger von Anfang wählen können. Erst das Wahlrecht ab Geburt macht die Demokratie lebendig“, so der Verbandspräsident. „Gleichzeitig ist es wichtig, dass demokratische Inhalte junge Menschen besser erreichen. Insbesondere in den Sozialen Medien muss die Meinungsbildung auf Basis objektiver und umfassender Informationen befördert werden.“

Für die Forderung haben sich längst zahlreiche prominente und fachkundige Persönlichkeiten wie die ehemalige Bundesfamilienministern Renate Schmidt und der bekannte Verfassungsrechtler Paul Kirchhof ausgesprochen. Zur Bundestagswahl 2017 legte der Deutsche Familienverband bereits eine entsprechende Kampagne auf (https://wahlrecht.jetzt).

Auch im kommenden Bundestagswahlkampf will sich der Verband überparteilich und auf breiter demokratischer Basis für das Wahlrecht ab Geburt einsetzen. Interessierte können sich an den Deutschen Familienverband wenden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 20.09.2024

Zum 70. Jubiläum des Weltkindertages, der in diesem Jahr unter dem Motto „Mit Kinderrechten in die Zukunft“ steht, äußert sich Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide:

„Das gute Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen ist nicht nur ein sozialpolitisches Thema unter vielen. Es ist eine Überlebensfrage in unserer alternden Gesellschaft. Darum ist ein Kinderrechte-Mainstreaming bei allen politischen Entscheidungen notwendig. Konkret heißt das: Wir brauchen Politikerinnen und Politiker, die sich bei jeder Entscheidung zuerst fragen, welche Auswirkungen ihr Handeln auf Kinder und Jugendliche hat. Alle hier lebenden Kinder und Jugendlichen müssen bestmöglich gefördert werden. Denn sie sind die Zukunft unserer Gesellschaft. Damit das gut gelingt, brauchen sie gute Freizeitangebote, Bildung und Förderung. Die Bekämpfung von Kinderarmut, das Vertrauen in Zukunftschancen und in den Sozialstaat sind unverzichtbar, um unsere Demokratie zu stärken. Dazu gehört eine wirksame und unbürokratische Kindergrundsicherung, die Startchancen gerecht verteilt. Denn wer Kinderarmut nicht wirksam bekämpft, nimmt Kindern ihre Zukunft.“ 

Hintergrund 
Der Weltkindertag rückt jedes Jahr die Rechte der Kinder in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit. Grundlage ist die UN-Kinderrechtskonvention. Die Vereinten Nationen begehen den Weltkindertag am 20. November. In Deutschland wird er seit 1954 am 20. September gefeiert. Seit der Wiedervereinigung 1990 hat Deutschland zwei Kindertage: den Internationalen Kindertag am 1. Juni und den Weltkindertag am 20. September.

Weitere Informationen:

www.diakonie.de/informieren/unsere-themen/armut-beteiligung/kinderarmut

www.weltkindertag.de

Quelle: Pressemitteilung Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 19.09.2024

70 Jahre Weltkindertag: UNICEF und Deutsches Kinderhilfswerk präsentieren mit Kindern und Jugendlichen vor dem Deutschen Bundestag großes Kinderrechte-Puzzle

Zum 70. Weltkindertag am 20. September rufen das Deutsche Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland Politik und Gesellschaft dazu auf, die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Kinderrechte in Deutschland endlich vollständig umzusetzen. Dafür müssen die notwendigen Strukturen geschaffen werden und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen im Fokus stehen. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisationen sind die Umsetzung der Kinderrechte und vor allem das Recht auf Partizipation für das Wohlergehen der jungen Menschen und für die Stärkung und den Erhalt der Demokratie sehr wichtig.

UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) präsentierten aus diesem Anlass heute zusammen mit Bundesfamilienministerin Lisa Paus sowie Kindern und Jugendlichen vor dem Bundestag in Berlin ein rund acht Quadratmeter großes Kinderrechte-Puzzle. Die Puzzleteile hatten Kinder und Jugendliche sowie verschiedenste Unterstützerinnen und Unterstützer der Kinderrechtsorganisationen in den letzten Monaten gestaltet, um ihre Sorgen und Wünsche kreativ auszudrücken. Mitglieder des Kinder- und Jugendbeirats des Deutschen Kinderhilfswerkes und des UNICEF-JuniorBeirats teilten in Berlin ihre Gedanken und Forderungen, zum Beispiel zum Recht auf Mitbestimmung junger Menschen und ihrem Wunsch nach einem friedvollen und gesunden Aufwachsen. Sie sprachen sich auch für die Aufnahme der Kinderrechte im Grundgesetz aus.

Das Kernstück des Puzzles hatte eine Schulklasse der Löcknitz-Grundschule aus Berlin in einem Workshop zum Thema Kinderrechte erarbeitet. Gemeinsam mit UNICEF-Pate Tobias Krell (bekannt als Checker Tobi) und DKHW-Botschafterin Enie van de Meiklokjes diskutierten die Kinder über Mitbestimmung im Alltag und setzten ihre Wünsche, Sorgen und Gedanken gemeinsam mit den Prominenten kreativ um.

Hinter den kreativen und meinungsstarken Botschaften auf den Puzzleteilen stehen die Anliegen und Ideen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zahlreicher (Kinderrechte-)Schulen, Kindertagesstätten, Kinder- und Jugendhäuser, Familienzentren, Bibliotheken, Kinderfreundlicher Kommunen sowie Einrichtungen für Geflüchtete aus ganz Deutschland. Neben Bundesfamilienministerin Lisa Paus unterstützen viele weitere Vertreterinnen und Vertreter der Politik sowie prominente Unterstützerinnen und Unterstützer die Aktion – darunter Model Eva Padberg, Musiker Sebastian Krumbiegel, Moderator Willi Weitzel, die ehemalige Tennisspielerin Ana Ivanović und Moderator Ingo Dubinski. Sie unterstützen damit das Recht junger Menschen auf Mitbestimmung, damit sie ihre Meinungen ausdrücken können und durch die Teilhabe an Entscheidungen Einfluss auf ihre Zukunft und ihre Umgebung nehmen können. Viele der an der Aktion Beteiligten wünschen sich zudem ein gutes und gesundes Aufwachsen in Frieden.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Die Interessen unserer Kinder brauchen mehr Aufmerksamkeit. Wann immer es um Kinder geht, muss ihr Wohl im Mittelpunkt stehen. Das war nicht immer der Fall. Kinderrechte sind das Fundament einer gerechten Gesellschaft und ein Versprechen an die nächste Generation. Mir ist es wichtig, dass Kinder als Menschen mit eigener Stimme wahrgenommen werden. Wir sind als Gesellschaft und als Bundesregierung verpflichtet, alles zu tun, was ein gutes und sicheres Aufwachsen für Kinder und Jugendliche ermöglicht. Deswegen setze ich mich weiter dafür ein, Kinderrechte endlich ins Grundgesetz aufzunehmen!“

„Kinder und Jugendliche haben das Recht auf eine Zukunft voller Chancen und Möglichkeiten, dafür müssen wir ihnen heute ein gutes Aufwachsen ermöglichen“, sagte Daniela Schadt, Vorstandsmitglied von UNICEF Deutschland und ehemalige First Lady Deutschlands. „Kinder sind Expertinnen und Experten in eigener Sache. Ihre Meinungen sind wichtig für die gesellschaftliche und politische Entwicklung in Deutschland und somit auch für die Stärkung unserer Demokratie. Kinder und Jugendliche, die heute ihre Rechte ausüben und ihre Ideen einbringen, sind die Demokratinnen und Demokraten von morgen.“

„Wir müssen den Kinderrechten in Deutschland mehr Geltung verschaffen. Dafür brauchen wir die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz, entschiedene Maßnahmen gegen die Kinderarmut in unserem Land, und auch einen verstärkten Ausbau der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen. Das alles muss einhergehen mit einem finanziellen Aufwuchs bei den Zukunftsinvestitionen, beispielsweise für eine chancengerechte Bildung, für mehr Umwelt- und Klimaschutz, für eine bessere öffentliche Infrastruktur, und auch für einen Schub bei der Digitalisierung mit Blick auf zukünftige Generationen. Wir dürfen es nicht länger hinnehmen, dass die Zukunftschancen der jungen Generation weiter verkümmern“, betonte Anja Siegesmund, Vorstandsmitglied des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Kinder finden – auch in Deutschland – immer noch viel zu selten wirklich Gehör. Nicht nur deshalb sind die Kinderrechte so wichtig und gehören endlich ins Grundgesetz. Auch unsere Demokratie braucht die Kinderrechte, gerade jetzt. Ich freue mich sehr, Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, genau diese Botschaft am Weltkindertag auf kreative Weise in die Welt zu tragen”, sagte UNICEF-Pate Tobias Krell.

„Wir müssen endlich Kinder als gleichberechtigte Mitglieder unserer Gesellschaft sehen und anerkennen. Deshalb ist es eine Herzensangelegenheit von mir, mich für ihre Rechte einzusetzen und sie stark zu machen, immer und überall“, so Enie van de Meiklokjes, Botschafterin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Bundesweite Aktionen zum 70. Geburtstag des Weltkindertages

Zum Weltkindertag werden – in diesem Jahr unter dem Motto „Mit Kinderrechten in die Zukunft” – wieder bundesweit Demonstrationen, Feste und andere Veranstaltungen mit bunten Straßenaktionen für Kinder und Familien stattfinden. Zahlreiche Vereine und Initiativen in vielen Städten und Gemeinden machen so auf die Lage von Kindern und Jugendlichen aufmerksam.

UNICEF Deutschland lädt Kinder jeden Alters und ihre Familien bundesweit dazu ein, an kreativen Mitmach-Aktionen teilzunehmen. Sie können selbst gestaltete Teile zu einem Kinderrechte-Puzzle beitragen oder mit bunten Kreidebildern auf Straßen, Bürgersteigen und in Garageneinfahrten ihre Sorgen, Wünsche und Ideen für eine bessere Zukunft für Kinder zum Ausdruck bringen.

Um den Forderungen der Kinder Nachdruck zu verleihen, können Eltern, Nachbar*innen und Passant*innen Fotos der Kreativaktion unter dem Hashtag #wiestarkwäredasdenn in den Sozialen Medien posten. Ausgewählte Beiträge der Kinder werden auf http://www.unicef.de/weltkindertag veröffentlicht. Dort gibt es auch weitere Informationen.

Das Deutsche Kinderhilfswerk feiert den Weltkindertag am 20. September digital mit einem großen „Kinderrechte-Spezial“ für Kinder in ganz Deutschland. Seit Anfang September dreht sich auf http://www.kindersache.de/weltkindertag den ganzen Monat alles um die Themen Kinderrechte, Zukunft, Teilhabe und Bildung für nachhaltige Entwicklung. Dabei können die Kinder auf kindersache.de in vielen interessanten Artikeln mehr über ihre Rechte erfahren und zudem selbst aktiv und kreativ werden. Der Fokus liegt dabei auf partizipativen Angeboten, die sich an der Lebenswelt von Kindern orientieren, um Kinderrechte nicht nur abstrakt zu erklären, sondern erlebbar zu machen.

So wird zum 70. Weltkindertag auf kindersache.de die Videoreihe „Kinder fragen – Expert*innen antworten“ fortgesetzt, die nominierten Projekte des Deutschen Kinder- und Jugendpreises werden vorgestellt, es gibt eine Video-Anleitung zum nachhaltigen Kochen und zum Schreiben eines eigenen Zukunftsliedes oder auch ein Legetrickfilm, der das Konzept Bildung für nachhaltige Entwicklung erklärt. Zudem können sich Kinder an verschiedenen Rätseln, Quizzen und Challenges ausprobieren oder sich mit der kindersache-Community über ihre Wünsche, Hoffnungen und Sorgen in der Zukunft austauschen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und UNICEF Deutschland vom 19.09.2024

Anlässlich des Weltkindertags am 20.09.2024 stellt der Kinderschutzbund seine neue Kampagne „Wen kümmert`s?“ vor. Mit drei Motiven macht der Kinderschutzbund auf die Krise der Kindheit und Jugend aufmerksam.

„In Deutschland fehlen 430 000 Kitaplätze, der Investitionsstau in den Schulen beträgt 55 Milliarden Euro, es fehlen Hebammen, Kinderärztinnen und Kinderärzte, die Kinderarmut ist seit Jahren auf gleichbleibend hohem Niveau. Ganz gleich, wohin wir schauen: Alle Systeme, auf die Kinder und Jugendliche angewiesen sind, stehen unter enormem Druck. Kindheit und Jugend in Deutschland sind in der Krise – und es scheint niemanden so recht zu kümmern“, sagt Prof. Dr. Sabine Andresen, Präsidentin des Kinderschutzbunds.

„Wen kümmert’s, wenn die Kita früher schließen muss? Wen kümmert’s, wenn die Turnhalle unbenutzbar ist und kein Sportunterricht stattfinden kann? Allzu oft wird das nur mit einem Schulterzucken beantwortet“, so Andresen weiter.

„Bei der Versorgung der jungen Generation und der für sie nötigen Infrastruktur müssen wir Prioritäten setzen. Mit unserer Kampagne „Wen kümmert’s?“ wollen wir Aufmerksamkeit schaffen und politische Verantwortungsträger in Bund, Ländern und Kommunen mit diesen Problemen konfrontieren,“ so Andresen weiter.

Alle Informationen zu den Motiven und Aktionsmöglichkeiten finden Sie unter:

www.kinderschutzbund.de/wenkuemmerts

Quelle: Pressemitteilung Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V. vom 19.09.2024

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Fachtagung zieht Zwischenbilanz zum Programm Mental Health Coaches

Angesichts zunehmender psychischer Belastungen bei Kindern und Jugendlichen hat das Bundesjugendministerium im September 2023 unter dem Motto „Sagen, was ist. Tun, was hilft.“ das Programm Mental Health Coaches gestartet. Nach einem Jahr ziehen das Ministerium und die Träger des bundesweit an mehr als 100 Schulen laufenden Programmes im Rahmen einer Fachtagung eine Zwischenbilanz. Dabei werden auch erste Ergebnisse der wissenschaftlichen Evaluation vorgestellt.

Bundesjugendministerin Lisa Paus: „Vor einem Jahr haben wir gesehen: Vielen jungen Leuten geht es nicht gut, sie standen nach Corona und angesichts weiterer Krisen unter enormem Stress, litten unter Einsamkeit und Ängsten. Genau da haben wir mit den Mental Health Coaches angesetzt. Sorgen offen ansprechen, Probleme benennen und Lösungen finden – das ist der Anspruch des Programmes. Die Mental Health Coaches schaffen sichere Räume für sensible Themen, helfen jungen Leuten beim Erkennen ihrer Stärken und zeigen, wo es Hilfe gibt, wenn man allein nicht mehr weiterkommt. Wir sind sehr überzeugt von dem Programm und möchten es weiterführen. Deshalb haben wir dem Bundestag im Haushaltsentwurf vorgeschlagen, uns auch für 2025 Mittel für die Mental Health Coaches zur Verfügung zu stellen.“

Um die Wirkungen des Programmes unabhängig beurteilen zu können, wurde die Universität Leipzig mit einer wissenschaftlichen Evaluation beauftragt. Ergebnisse sollen im Spätherbst 2024 vorliegen.

Prof. Dr. Julian Schmitz, Leiter des Forschungsteams: „Die vorläufigen Evaluationsergebnisse legen nahe, dass das Modellvorhaben im letzten Schuljahr erfolgreich an den beteiligten Schulen gestartet ist. In unseren wissenschaftlichen Befragungen berichten die Schulleitungen der Projektschulen und auch die Mental Health Coaches eine hohe Offenheit und Beteiligung ihrer Schülerinnen und Schüler an den Angeboten des Programmes. Die große Mehrheit der von uns befragten Gruppen – darunter auch Schülerinnen und Schüler – wünscht sich eine Fortsetzung und Ausweitung des Modellvorhabens. Bei der weiteren Projektplanung sollte die aktuell hohe Planungsunsicherheit für Schulen und andere Beteiligte, die aus der bisher kurzen Projektlaufzeit resultiert, berücksichtigt und verringert werden.“

Die Jugendmigrationsdienste (JMD) und Träger der Jugendsozialarbeit setzen das Programm Mental Health Coaches bundesweit an mehr als 80 ausgewählten Standorten um. Träger sind die Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Internationale Bund (IB) / Freie Trägergruppen, die Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit (BAG EJSA) und die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS).

Uwe Grallath, JMD-Bundestutor bei der BAG EJSA: „Mentale Gesundheit ist für junge Menschen ein besonders wichtiges Thema. Unsere Fachkräfte erleben in ihrer Arbeit täglich, wie vielfältig und umfangreich die Bedürfnisse und Problemlagen der Jugendlichen sind. Gleiches gilt für den Bedarf an Schulen. Die präventiven Gruppenangebote der Mental Health Coaches vermitteln Wissen rund um die eigene seelische Gesundheit und fördern die jungen Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Sie nehmen an den Angeboten aktiv teil und lernen, sich selbst bewusst wahrzunehmen und zu stärken. Das hilft ihnen dauerhaft! Sie erleben, dass sie mit diesem Thema nicht allein sind. An den Modellstandorten wird deutlich, dass diese wichtige Arbeit in Schulen erfolgreich umgesetzt werden kann und es dazu eines ganzheitlichen Ansatzes bedarf. Die Bedingungen sind in einem zeitlich begrenzten Projekt jedoch für alle Seiten ungünstig: Junge Menschen brauchen verlässliche Ansprechpartner, die Fachkräfte und ihre Anstellungsträger brauchen ebenfalls eine klare Perspektive.“

Weitere Informationen finden Sie auf www.mental-health-coaches.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 23.09.2024

Unter dem Titel „Vereinbarkeit verbessern – Fachkräfte sichern“ kommen heute Unternehmen und Politik im Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin beim Unternehmenstag „Erfolgsfaktor Familie“ zusammen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung mit Bundesfamilienministerin Lisa Paus und DIHK-Präsident Peter Adrian stehen die Ergebnisse der Studie „Familienfreundliche Arbeitgeber: Die Attraktivitätsstudie“ der Prognos AG. Die repräsentative Beschäftigtenbefragung von mehr als 2.500 Personen zeigt erstmals differenziert auf, was erwerbstätige Mütter, Väter und pflegende Angehörige für eine gelungene Vereinbarkeit brauchen und von ihren Arbeitgebern erwarten. Ergebnis: Wenn Arbeitgeber diese Bedarfe berücksichtigen, können sie ihre Arbeitgeberattraktivität deutlich steigern. Dabei geht es um eine sehr relevante Gruppe auf dem Arbeitsmarkt, denn mit rund 14 Millionen Menschen sind etwa ein Viertel der Erwerbstätigen in Deutschland Eltern mit Kindern unter 18 Jahren oder pflegende Angehörige. Für eine familienfreundliche Arbeitsgestaltung sind viele bereit, den Arbeitgeber zu wechseln oder auf Gehalt zu verzichten.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Die Studie zeigt: Arbeitgeber riskieren den Verlust von Fachkräften, wenn sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vernachlässigen. In Zeiten des Fachkräftemangels können wir es uns nicht leisten, dass 42 Prozent der Beschäftigten sich vorstellen können den Arbeitgeber zu wechseln, weil familiäre Belange zu wenig berücksichtigt werden. Das macht deutlich, wie wichtig die Arbeitskultur in den Unternehmen ist. Mütter, Väter und Pflegende brauchen die bestmöglichen Voraussetzungen, um Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Darum ist es entscheidend, dass wir nach 2023 und 2024 für die kommenden zwei Jahre wieder rund 4 Milliarden Euro für gute Kitas bereitstellen.“

DIHK-Präsident Peter Adrian: „Quer durch Branchen und Regionen stufen Betriebe jeder Größe den Fachkräftemangel als eines ihrer zentralen Geschäftsrisiken ein. Dem müssen wir mit großem Einsatz begegnen. Drei Viertel der Unternehmen setzen zur Bewältigung auf eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Neben dem Engagement der Betriebe ist aber eine verlässliche, gut ausgebaute und flexible Kinderbetreuung unerlässlich, um nicht zuletzt die Potenziale für eine höhere Arbeitszeit insbesondere bei Frauen und Müttern zu heben.“

Weitere Ergebnisse der Studie:

  • Mütter orientieren sich mit ihrer Arbeitszeit oft an externen Taktgebern. 60 Prozent halten daher eine arbeitgeberseitige Rücksichtnahme auf Öffnungszeiten von Betreuungseinrichtungen für sehr wichtig. Zeitliche Flexibilität soll nicht zu Nachteilen bei ihrer beruflichen Entwicklung führen. Daher sind Möglichkeiten, ihre Arbeitszeit bei Bedarf reduzieren oder aufstocken zu können, und Führung in Teilzeit attraktiv.
  • 45 Prozent der Väter würden gerne von ihrem Arbeitgeber aktiv zur Elternzeitnutzung ermutigt werden. Väter wünschen sich Freiräume für Arbeitszeit-Anpassungen an familiäre Aufgaben – dazu gehören insbesondere flexible Gestaltungsmöglichkeiten der wöchentlichen Arbeitszeit und des Arbeitsortes.
  • Pflegende wünschen sich die gleiche Anerkennung für ihre Betreuungssituation wie Eltern. Sie benötigen einerseits Rücksicht auf spontane Betreuungsbedarfe, zugleich sind zuverlässige Arbeitszeiten ohne Überstunden wichtig.

Die Beschäftigtenbefragung wurde durch eine Unternehmensbefragung ergänzt, die exklusiv auf dem Unternehmenstag vorgestellt wurde. Gut drei Viertel (77%) setzen zur Bewältigung des Fachkräftemangels auf eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Damit rangiert eine Vereinbarkeitsstrategie vor anderen Strategien zur Begegnung des Fachkräftemangels. Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Beschäftigten können für die Unternehmen noch weitere Potenziale bergen, gerade was die Aufstockung der Arbeitszeiten von Müttern angeht.

Das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“

Das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ ist mit über 8.900 Mitgliedern bundesweit die größte Plattform für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die sich für eine familienbewusste Personalpolitik engagieren oder interessieren. Das Netzwerk wurde 2007 vom Bundesfamilienministerium und der heutigen Deutschen Industrie- und Handelskammer gegründet. Mitglied können alle Unternehmen und Institutionen werden, die sich zu einer familienbewussten Personalpolitik bekennen und sich engagieren wollen. Die Mitgliedschaft ist kostenfrei.

Mehr Informationen zum Unternehmenstag und -netzwerk finden Sie unter: https://erfolgsfaktor-unternehmenstag.de/ 

Die Attraktivitätsstudie finden Sie hier: https://www.erfolgsfaktor-familie.de/erfolgsfaktor-familie/service/publikationen/familienfreundliche-arbeitgeber-die-attraktivitaetsstudie-241326

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.09.2024

Kinder und Jugendliche in Deutschland wachsen so vielfältig auf wie nie, dazu eint sie der Wunsch nach Sicherheit und Orientierung – das zeigt der 17. Kinder- und Jugendbericht, den Bundesjugendministerin Lisa Paus gemeinsam mit Sachverständigen vorgestellt hat. Der Bericht liefert ein umfassendes Bild von der Lage der jungen Generation und der Situation der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland.

Bundesjugendministerin Lisa Paus: „Zuversicht braucht eine Basis. Darum ist es so wichtig, dass junge Menschen frühzeitig auf vertrauenswürdige Menschen und Strukturen treffen – zum Beispiel auf zugewandte Erzieher und Erzieherinnen, auf Schulen, die mehr als Stoff vermitteln, oder offene Jugendclubs. Auf Menschen, die Krise können und ihnen beiseitestehen. Das ist ein deutlicher Auftrag aus dem Kinder- und Jugendbericht an Verantwortliche aller staatlichen Ebenen.
Mir ist wichtig, dass alle jungen Menschen solche Angebote kennen und nutzen können – egal, woher ihre Eltern kommen oder ob sie auf dem Land oder in der Stadt leben. Und: Junge Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Rechte und Stimmen bei politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen Gewicht haben. Deshalb arbeite ich an einem Nationalen Aktionsplan, der zeigt, wie verbindliche und wirksame Kinder- und Jugendbeteiligung in unserem Land aussehen kann.“

In Deutschland leben derzeit rund 22 Millionen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Der Bericht zeigt: Ihre Generation ist so vielfältig wie nie zuvor. Aber eins haben sie gemeinsam: Sicherheit und Orientierung sind notwendig für gutes Aufwachsen. Das ist jedoch aktuell geprägt von sich überlagernden Herausforderungen wie Krieg, Klimawandel, globale Fluchtmigration, Nachwirkungen der Pandemie, aber auch von Fachkräftemangel und dem Druck auf die Demokratie.

Die meisten jungen Menschen in Deutschland blicken mit Zuversicht auf die kommenden Jahre. Ihr Zukunftsvertrauen hat jedoch abgenommen. Von den aktuellen Krisen sind sie unterschiedlich stark betroffen – je nachdem, unter welchen Bedingungen und mit welchen Zugehörigkeiten und Zuschreibungen sie aufwachsen.

Die Gesellschaft verfügt über vielfältige Ressourcen für die junge Generation. Es gelingt ihr aber nicht, diese allen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen gleichermaßen zugänglich zu machen.

Die Berichtskommission sieht Politik und Gesellschaft gefordert, junge Menschen und künftige Generationen mit ihren Bedürfnissen stärker zu berücksichtigen.

Der Bericht betont, dass junge Menschen auch in schwierigen Zeiten vertrauenswürdige Rahmenbedingungen brauchen. Dafür ist eine starke Kinder- und Jugendhilfe unverzichtbar. Dazu gehören viele Arbeitsfelder und Aufgaben – etwa die Kinderbetreuung in Kitas und Schulen, Jugendzentren, Jugendverbände, der internationale Jugendaustausch, die Jugendsozialarbeit und die vielfältigen Leistungen der Jugendämter vor Ort.

Prof. Dr. Karin Böllert, Vorsitzende der Berichtskommission: „Die Kinder- und Jugendhilfe ist trotz der Ausnahmesituationen der letzten Jahre funktionsfähig, kommt aber zunehmend an ihre Grenzen. Zum guten Aufwachsen gehören Zuversicht und Vertrauen. Wenn die Kinder- und Jugendhilfe mit ihren Leistungen auch weiterhin dazu beitragen soll, muss sie verlässlich sein und noch besser werden als sie es ist.“

Bei der Erstellung des Berichts hat die Berichtskommission großen Wert auf eine umfängliche Beteiligung junger Menschen gelegt. Insgesamt hat sie rund 5.400 junge Menschen zwischen fünf und 27 Jahren zu verschiedenen Fragestellungen beteiligt.

Hintergrund:

Gemäß § 84 SGB VIII ist die Bundesregierung verpflichtet, dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat in jeder Legislaturperiode einen Kinder- und Jugendbericht vorzulegen und dazu Stellung zu nehmen. Mit der Ausarbeitung des Berichtes wird jeweils eine unabhängige Sachverständigenkommission beauftragt. Mit einer Stellungnahme der Bundesregierung wird der Bericht Bundestag und Bundesrat zugeleitet.

Den Bericht, eine Kurzbroschüre und weitere Informationen finden Sie auf www.bmfsfj.de/kinder-und-jugendbericht.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 18.09.2024

Die Zahl der Haushalte, die Wohngeld beziehen, ist gestiegen. Grund dafür ist das im Januar 2023 in Kraft getretene „Wohngeld-Plus-Gesetz“. Auf seiner Basis wurde erstens mehr ausgezahlt und zweitens haben mehr Menschen Anspruch auf Wohngeld erhalten.

„Die Belastung durch Wohnkosten ist für viele Haushalte mit niedrigem Einkommen hoch. Hier hilft das Wohngeld-Plus: Wohngeld ist ein staatlicher Zuschuss zu den Wohnkosten – sowohl für eine Mietwohnung als auch für selbstgenutztes Wohneigentum. Das Wohngeld-Plus unterstützt Haushalte mit niedrigen Einkommen oberhalb der Grundsicherung und sichert somit ein angemessenes und familiengerechtes Wohnen.

Um den steigenden Mieten und Wohnkosten entgegenzuwirken, sind Wohnneubau und ein soziales Mietrecht unerlässlich. Für den sozialen Wohnungsbau stellen wir den Ländern über 21 Milliarden Euro zur Verfügung.

Um den Betroffenen zeitnah zu helfen, hat die Koalition den Bezug des Wohngeldes deutlich ausgeweitet und damit vielen Haushalten konkret und unmittelbar geholfen. Wie sich jetzt zeigt, hat sich die Zahl der Haushalte, die Wohngeld beziehen, stark erhöht. Ende 2023 erhielten in Deutschland rund 1,2 Millionen Haushalte die Leistung, das waren 80 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Grund ist das zum 1. Januar 2023 in Kraft getretene Gesetz zur Erhöhung des Wohngeldes (Wohngeld-Plus-Gesetz): Auf seiner Basis wurde mehr ausgezahlt und mehr Menschen erhielten Anspruch auf Wohngeld. Die Höhe richtet sich nach Einkommen, Miete und der Zahl der Haushaltsmitglieder. Der durchschnittliche Anspruch betrug Ende 2023 bei reinen Wohngeldhaushalten 297 Euro – 106 Euro mehr als vor Inkrafttreten des Gesetzes.“

Hier kann jede/r prüfen, ob ein Anspruch auf Wohngeld besteht: https://www.bmwsb.bund.de/Webs/BMWSB/DE/themen/stadt-wohnen/wohnraumfoerderung/wohngeld/wohngeldrechner-2023-artikel.html

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 01.10.2024

Zum OECD-Bericht „Bildung auf einen Blick 2024“ erklären Anja Reinalter, Sprecherin für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, und Franziska Krumwiede-Steiner, Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung:

Die OECD-Studie zeigt erneut großen Handlungsbedarf in der Bildungspolitik auf. So ist fast jede oder jeder Sechste 25-34-Jährige ohne beruflichen Abschluss oder Hochschulreife. Mit dem Startchancen-Programm, das zum Schuljahresstart in Kraft getreten ist, steuern Bund und Länder nun gegen und sorgen für mehr Bildungsgerechtigkeit. Wir unterstützen gezielt Schulen in besonders herausfordernden Lagen mit zusätzlichen Mitteln. Dabei nehmen wir die Förderung der Basiskompetenzen an Grundschulen in den Fokus, da diese der Grundstein für die weitere Bildungsbiografie sind.

Zusätzlich investieren wir mit dem dritten Kitaqualitätsgesetz weiter in die frühkindliche Bildung: Ganz konkret in Fachkräftesicherung und -qualifizierung, in die Sprachförderung und die Entlastung von Kitaleitungen.

Auch im Bereich der Weiterbildung gibt es Handlungsbedarf. Zwar nehmen in Deutschland verhältnismäßig viele Menschen an Weiterbildungsmaßnahmen teil, doch stehen viele vor Herausforderungen wie Terminkonflikten, hohen Kosten oder fehlender Kinderbetreuung. Unser Ziel ist es, individuelle und qualitativ hochwertige Weiterbildung einfacher zugänglich zu machen.

Dennoch gibt es auch positive Entwicklungen: Die Arbeitslosenquote unter jungen Erwachsenen mit abgeschlossener Berufsausbildung liegt bei nur 2,9 Prozent. Dies unterstreicht, dass eine abgeschlossene Ausbildung nach wie vor die beste Garantie für gute Zukunftschancen ist.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 10.09.2024

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde mehrerer Frauen, die eine Fehlgeburt nach der 12., aber vor der 24. Schwangerschaftswoche erlitten haben, nicht zur Entscheidung angenommen. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde verfolgen sie das Ziel, wie Entbindende behandelt zu werden, die unter die Schutzfristen des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) fallen.

In § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 MuSchG sind unter anderem Schutzfristen geregelt, in denen Frauen nach einer „Entbindung“ nicht beschäftigt werden dürfen. Während dieser Schutzfristen haben Frauen, die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind, gegen die Krankenkassen Anspruch auf Mutterschaftsgeld und gegebenenfalls gegen den Arbeitgeber auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Zur Auslegung des Begriffs der „Entbindung“ nahm die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in einem anderen Kontext bisher auf Regelungen der Personenstandsverordnung Bezug. In den Fällen, in denen im personenstandsrechtlichen Sinne eine Fehlgeburt vorlag, wurde eine „Entbindung“ abgelehnt. Eine „Entbindung“ war danach nur gegeben, wenn ein Kind lebend oder tot nach der 24. Schwangerschaftswoche beziehungsweise mit einem Gewicht von mehr als 500 Gramm geboren wurde.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht fristgerecht eingelegt wurde und im Übrigen den Grundsatz der Subsidiarität nicht wahrt. Die Beschwerdeführerinnen hätten ihre Ansprüche vor Einlegung der Verfassungsbeschwerde vor den Sozial- beziehungsweise Arbeitsgerichten verfolgen können.

Sie können den Text im Internet über folgende URL erreichen:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/bvg24-080.html

Quelle: Pressemitteilung Bundesverfassungsgericht Nr. 80/2024 vom 25.09.2024

Die Unionsfraktion fordert, die Geburtshilfe und medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen zukunftsfest zu machen. Frauen, Familien und ihre Kinder müssten dort, wo sie wohnen, die für sie bestmögliche medizinische Versorgung und Unterstützung erhalten, heißt es in einem Antrag (20/12979) der Fraktion. Das gelte ganz besonders vor, während und nach der Geburt.

Es habe sich gezeigt, dass die Versorgungsbereiche Geburtshilfe sowie Kinder- und Jugendmedizin unter Druck stünden, was zum Abbau bestehender Strukturen geführt habe. So betreuten Ärzte, Hebammen und Pflegefachkräfte in den Geburtshilfestationen heute fast doppelt so viele Frauen wie vor 30 Jahren.

Im Hinblick auf die Krankenhausreform müsse klargestellt werden, dass es nicht zu einer Verschlechterung der Geburtshilfe und Pädiatrie kommen dürfe, sondern zu einer Verbesserung der Versorgung, da der Status quo unzureichend sei.

Die Abgeordneten fordern unter anderem, mithilfe eines Vorschaltgesetzes stationäre Geburtshilfeeinrichtungen und Kinderkliniken bis zum Greifen der Krankenhausreform zu stabilisieren, sodass Familien diese gesichert zur Verfügung stünden und eine langfristige Perspektive für das Personal geboten werde.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 645 vom 30.09.2024

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Fortsetzung und Weiterentwicklung des KiTa-Qualitäts- und Teilhabeverbesserungsgesetzes (20/12771) wird von Sachverständigen als nicht ausreichend empfunden, um die im Koalitionsvertrag angekündigte Qualitätsentwicklung mit bundesweiten Standards zu erreichen. Das wurde bei einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag deutlich. Positiv vermerkten die Sachverständigen, dass sich der Bund mit jeweils zwei Milliarden Euro im Jahr 2025 und in Jahr 2026 an den Kita-Kosten der Länder beteiligen will. Kritik gab es aber an der Höhe der Fördersumme und dem eingeschränkten Förderzeitraum, der keine langfristigen Planungen ermögliche.

Der Gesetzentwurf sei für die Beschäftigten in den Kitas eine Enttäuschung, befand Elke Alsago von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Bundesweit gleichwertige Standards ließen sich auf dieser Grundlage nicht herstellen. Notwendig sei eine Fördersumme von mindestens sechs Milliarden Euro und eine auf Dauer gestellte Finanzierung – „verbunden mit einem Stufenplan zur Erreichung von Standards insbesondere beim Personalschlüssel“, sagte sie.

Karola Becker vom Internationalen Bund, einem der großen freien Kita-Träger, bemängelte die Unterteilung von Bundesinvestitionen in die frühkindliche Bildung durch maximal Zwei-Jahres-Verträge „ohne Zusicherung von Kontinuität“. Immer wieder zeitlich begrenzte Unterstützungspakete verunsicherten das Personal und erhöhten die ohnehin bereits hohe Fluktuation der Kolleginnen und Kollegen in den Teams, sagte sie.

Kathrin Bock-Famulla von der Bertelsmann-Stiftung sagte, die Fortsetzung der Bundesförderung für zwei Jahre sei „besser als nichts“. Es sei aber zu wenig, „um nicht zu sagen inakzeptabel“. Gut sei aus Steuerungsperspektive, dass das Handlungsfeld Fachkräftesicherung und -gewinnung fokussiert werde. „Allerdings besteht eine hohe Unverbindlichkeit der Maßnahmen mangels bundeseinheitlicher Standards“, sagte Bock-Famulla.

Matthias Dantlgraber vom Familienbund der Katholiken hält mindestens eine Inflationsanpassung in Höhe von 2,4 Milliarden zusätzlich für erforderlich, „um das ursprüngliche Niveau der Förderung zu erhalten“. Dantlgraber begrüßte ebenfalls die im Gesetz enthaltene Priorisierung auf Fachkräfte und Qualitätsentwicklung. Verbindlicher festgelegt werden müsse aber, dass die Länder die Mittel auch so einsetzen müssen, „dass sich die Qualität in der Kindertagesbetreuung auch tatsächlich angleicht“.

Aus Sicht von Barbara Dorn von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) geht der Entwurf in die richtige Richtung. Es sei gut, dass der Einsatz der Bundesgelder für eine pauschale Beitragsfreiheit mit dem Gesetz ausgeschlossen werde. Damit profitierten die Kinder direkt von einer besseren Qualität.

Professorin Rahel Dreyer von der Alice Salomon Hochschule Berlin sieht durch den Gesetzentwurf dringende Probleme adressiert. Angesichts der aktuellen Herausforderungen und erheblichen Handlungsbedarfe reiche jedoch eine Aufrechterhaltung des Status quo nicht aus. „Nur durch eine kontinuierliche finanzielle Förderung des Bundes und mit einheitlichen Qualitätsstandards kann sichergestellt werden, dass alle Kinder – unabhängig von ihrer sozialen Herkunft – gleiche Chancen auf hochwertige Bildung, Betreuung und Erziehung erhalten“, sagte sie.

Ein Rückzug des Bundes aus der Finanzierung wäre laut Niels Espenhorst vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband eine Katastrophe gewesen. „Insofern ist es gut, dass der Worst Case nicht eingetreten ist.“ Der aktuelle Schritt sei aber zu klein, auch wenn die inhaltliche Fokussierung zu begrüßen sei, sagte Espenhorst. Die öffentlichen Ausgaben für Kitas stiegen jährlich um acht Prozent, machte er deutlich. Ohne eine Dynamisierung schmelze daher der Anteil des Bundes „wie Schnee im Frühling“.

Heiko Krause vom Bundesverband für Kindertagespflege gelangte zu der Einschätzung, dass das Ziel, einheitliche und verbindliche bundesweite Standards gesetzlich festzuschreiben, nicht erreicht werde. Trotz der Bemühungen des Bundes um eine stärkere Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit auch im Bereich der Kindertagespflege seien die Rahmenbedingungen in den einzelnen Bundesländern höchst unterschiedlich. „Wir nehmen sogar ein stärkeres Auseinanderdriften der Rahmenbedingungen wahr“, sagte Krause.

Irina Prüm von der Bundeselternvertretung für Kinder in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege kritisierte die im Entwurf vorgesehene Streichung des Handlungsfeldes 10, in dem die Zusammenarbeit mit den Eltern verbessert werden sollte. Es fehlten immer noch gesetzlich verankerte Landeselternvertretungen, bemängelte Prüm. Auch die Elterngremien auf Stadt-, Kreis- und Jugendamtsebene seien noch nicht flächendeckend vorhanden und würden noch nicht ausreichend unterstützt.

Waltraud Weegmann von Deutschen Kitaverband sagte, der Entwurf bleibe hinter der Erwartungshaltung der Kita-Träger zur Vorlage eines wirklichen Qualitätsentwicklungsgesetzes zurück. Entscheidend in der gesamten Qualitätsdebatte sei, „was am Ende beim Kind ankommt“. Um dem Anspruch an eine möglichst hochwertige frühkindliche Bildung gerecht zu werden und gleichzeitig dem Fachkräftemangel zu begegnen, sehe der Deutsche Kitaverband großes Potenzial in multiprofessionellen Teams, sagte Weegmann. Der Gesetzentwurf sollte ihrer Ansicht nach dem Wechsel hin zu multiprofessionellen Teams und der in der Praxis teilweise bereits gängigen Entwicklung mehr Rechnung tragen.

Durch den quantitativen und qualitativen Kitaausbau seien auch die Kosten in den letzten Jahren enorm angestiegen, sagte Ursula Krickl vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Sie hätten 2009 noch bei 15,5 Milliarden Euro gelegen. 2023 seien es mehr als 43 Milliarden Euro gewesen. Voraussetzung des Ausbaus sei immer gewesen, dass sich der Bund „dauerhaft und angemessen“ an der Kita-Finanzierung beteiligt, sagte Krickl. Dem komme der Gesetzentwurf „in keinster Weise nach“. Bei einer nur zweijährigen Beteiligung fehle es zudem Kommunen und Trägern an Planungssicherheit.

Auch Regina Offer vom Deutschen Städtetag forderte eine Verstetigung der Bundesmittel. Zugleich müssten sie sich durch eine Dynamisierung an die steigenden Kosten anpassen, um eine nachhaltige Verbesserung in der Praxis der Kindertagesbetreuung erzielen zu können.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 620 vom 24.09.2024

Die Forderung der Unionsfraktion nach einem Sexkaufverbot stößt bei Sachverständigen auf ein geteiltes Echo. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montag deutlich. Die CDU/CSU-Fraktion setzt sich in ihrem Antrag (20/10384) für eine allgemeine Freierstrafbarkeit ein und will zugleich sicherstellen, dass Prostituierte im Zuge der Neuregelung nicht durch die Tatsache der reinen Ausübung der Tätigkeit kriminalisiert werden. Das Prostitutionsgesetz von 2002 bezeichnen die Abgeordneten in dem Antrag als gescheitert. Unter dem Schutzmantel der vom Gesetzgeber geschaffenen Legalität der Prostitution, habe sich ein Handel mit Menschen unkontrolliert ausbreiten können, heißt es. Auch die neuen Schutzvorschriften des Prostituiertenschutzgesetzes von 2017 hätten an dieser Situation nichts geändert. Die Unionsfraktion fordert daher einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der nationalen Prostitutionsgesetzgebung nach dem Vorbild des sogenannten „Nordischen Modells“, bei dem die Strafbarkeit für den Kauf sexueller Dienstleistungen eine zentrale Säule sei.

Ein Sexkaufverbot, so sagte Johanna Weber, politische Sprecherin des Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen, schade denen am meisten, „denen es eigentlich helfen soll“. Das in dem Antrag geforderte Verbot des Betriebs von Bordellen und anderen Prostitutionsstätten würde ihrer Ansicht nach die Sexarbeitenden ins Unsichere und zum Teil auch in die Illegalität treiben. Keine wissenschaftlichen Nachweise oder sonstige Belege gebe es zudem dafür, dass die überwiegende Zahl der Prostituierten zu ihrer Tätigkeit gezwungen sei, wie es im Unionsantrag heiße.

Auch Stefanie Kohlmorgen, Vorständin beim Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter (bufas), kritisierte, dass in der Debatte Zwangsprostitution und Menschenhandel meist mit der gewählten Sexarbeit vermischt werde. Diejenigen, die ihre Beratungsstelle aufsuchen, seien „fast ausschließlich“ ohne Zwang in der Sexarbeit, sagte sie. In den anderen Stellen werde auf die Fachberatungsstellen für Menschenhandeln hingewiesen. Ein Sexkaufverbot führe nicht zu dem Erfolg, dass Menschen besser in der Prostitution geschützt werden oder gar nicht erst in diese Arbeit einsteigen, befand Kohlmorgen. Es verstoße vielmehr gegen die Berufsfreiheit und verstärke die Diskriminierung der Sexarbeitenden.

Die aktuelle Gesetzgebung werde den Realitäten in der Prostitution nicht gerecht, befand hingegen die Traumatherapeutin Brigitte Schmid-Hagenmeyer. Die sexuelle Benutzung einer Person gegen Geld schädige „in der Regel“ diese Person körperlich und psychisch. „Häufig stark und teilweise lebenslang“, sagte Schmid-Hagenmeyer. Gewalt sei der Prostitution inhärent, weil es Sex ohne Konsens sei. Ein derartiges Ausmaß an Gewalt und Verletzung der körperlichen Unversehrtheit sei in keinem anderen legalen Tätigkeitsfeld bekannt. Hier von einer „Dienstleistung“ zu sprechen sei eine unangemessene Verharmlosung, sagte die Psychotherapeutin, die auch aus Gleichstellungsgründen für das nordischen Modell plädierte.

Die ehemalige Prostituierte Huschke Mau, Gründerin des Netzwerks Ella, bezeichnete die Liberalisierung der Prostitution als gescheitert. Deutschland gelte inzwischen als das Bordell Europas. Die Liberalisierung habe zudem zur gesellschaftlichen Normalisierung des Frauenkaufs geführt, sagte sie. „Bordellbesuche werden als normaler Teil männlicher Sexualität akzeptiert, was Frauen zu käuflichen Objekten degradiert“, kritisierte Mau. Sie hält außerdem eine Trennung zwischen erzwungener und freier Prostitution für oft unmöglich und unterstützt nach eigener Aussage das nordische Modell als guten Ansatz.

Claire Quidet, Präsidentin der Nid-Bewegung (Mouvement du Nid) in Frankreich erläuterte, dass in ihrer Heimat Prostitution als Gewalt und nicht als Arbeit verstanden werde, weshalb sie die Begriffe „Sexarbeit“, „Sexarbeiterin“ oder „Sexarbeiter“ nicht verwende. In Frankreich sei es seit 2016 verboten, sexuelle Dienste zu kaufen. Zuwiderhandlungen könnten mit einer Geldstrafe und der Anordnung, an einem Sensibilisierungstraining teilzunehmen, geahndet werden, sagte sie. Prostitution gelte seitdem nicht mehr als Straftatbestand. Prostituierte müssten vielmehr durch Polizei und Gerichte geschützt werden. Quidet zog eine positive Bilanz der Gesetzesänderung. Mit ihr werde gezeigt, „dass man eine sexuelle Handlung nicht käuflich erwerben darf“.

Abgelehnt wurde das Sexkaufverbot von Andrea Hitzke vom bundesweiten Koordinierungskreis gegen Menschenhandel (KOK). Das nordische Modell würde ihrer Auffassung nach für ein nahezu vollständiges Prostitutionsverbot sorgen, „das Deutschland um mehrere Jahrzehnte zurückwerfen und Sexarbeit erneut in die rechtliche Grauzone drängen würde“. Hitzke lehnte die pauschale Viktimisierung von Sexarbeitenden ab. Die Darstellung aller Sexarbeitenden als unmündige Menschen und Opfer untergrabe ihre Selbstbestimmung und verstärke das gesellschaftliche Hurenstigma. „Stattdessen fordern wir Respekt und Anerkennung für die Autonomie und Entscheidungen der Sexarbeitenden“, sagte sie.

Die Tätigkeit als Prostituierte zähle zu den grundgesetzlich geschützten Berufen, sagte Margarete Gräfin von Galen, Fachanwältin für Strafrecht. Man könne also verfassungsrechtlich keinen Schnitt machen und sagen, „das darf in Zukunft nicht mehr stattfinden“. Ein Verbot des Sexkaufes führe aber eben in der Konsequenz dazu, dass Prostitution nicht mehr ausgeübt werden kann.

Für den Antrag der Union sprach sich Gerhard Schönborn, Vorsitzender des Vereins Neustart – Christliche Lebenshilfe, aus. Die aktuellen Regelungen hätten nicht verhindert, dass die bereits bestehenden menschenverachtenden Zustände sich noch weiter verschlechtert hätten. „Es hat eine zunehmende Verelendung stattgefunden, die nach wie vor anhält“, sagte er. Es sei klar, dass eine solche Gesetzgebung wie in Schweden, Frankreich, Kanada, Israel und weiteren europäischen Staaten das Problem Prostitution nicht vollständig beseitigen könne. „Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile, sehen wir aber in einer solchen Gesetzgebung die einzige Möglichkeit, langfristig positive Veränderungen zu bewirken“, so Schönborn.

Unterschiedliche Auffassungen vertraten Alexander Dierselhuis, Polizeipräsident in Duisburg, und Erika Krause-Schöne von der Gewerkschaft der Polizei. Dierselhuis war der Ansicht, dass die Bekämpfung der Rotlichtkriminalität mit einem Sexkaufverbot deutlich erfolgreicher gestaltet werden dürfte, als dies bisher der Fall sei. Allein die erwartbare Verkleinerung des Marktes dürfte den Strafverfolgungsbehörden eine Konzentration auf die schweren Fälle der Rotlichtkriminalität ermöglichen, ohne vergleichsweise weniger gewichtige Ermittlungsfälle außer Acht lassen zu müssen, sagte der Duisburger Polizeipräsident.

Krause-Schöne befürchtet hingegen bei einem Sexkaufverbot die Verlegung der Prostitution in das Dunkelfeld. Dies erschwere die Verfolgung von schwersten Straftaten, zum Nachteil von Menschen, insbesondere Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden. Ein Schritt zur Bekämpfung illegaler Prostitution und des Menschenhandels wäre es aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei jedoch, Freiern eine Mitverantwortung aufzuerlegen und die Unterstützung von Zwangsprostitution unter Strafe zu stellen.

Alexandra Sußmann, Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Stuttgart und Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen Städtetages, hält die aktuelle Gesetzgebung zur Prostitution nicht für gescheitert. Sußmann sprach sich gegen das Sexkaufverbot aus. Es gelte, die laufende Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes abzuwarten und dann gegebenenfalls nachzujustieren, sagte sie.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 620 vom 24.09.2024

Als Unterrichtung liegt der jüngste „Bericht über die Lage junger Menschen und die Bestrebungen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe“ einschließlich der entsprechenden Stellungnahme der Bundesregierung (20/12900) vor. Ein solcher Bericht ist dem Bundestag und dem Bundesrat in jeder Legislaturperiode vorzulegen. Beim jetzigen 17. „Kinder- und Jugendbericht“ handelt es sich laut Bundesregierung um einen sogenannten Gesamtbericht, der sich wie jeder dritte dieser Berichte „mit der Lage junger Menschen und den Bestrebungen, Leistungen und der Gesamtsituation der Kinder- und Jugendhilfe zu befassen“ hat. An seiner Erstellung, mit der die Bundesregierung eine unabhängige Sachverständigenkommission beauftragt hatte, wurden den Angaben zufolge knapp 5.400 junge Menschen zwischen fünf und 27 Jahren zu verschiedenen Fragestellungen beteiligt.

Der rund 600 Seiten umfassenden Unterrichtung zufolge leben in Deutschland leben etwa 22 Millionen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Dabei weist die Bundesrepublik einen „im internationalen Vergleich äußerst geringen Anteil von jungen Menschen und einen äußerst hohen Anteil von alten und sehr alten Menschen auf“, wie die Autoren ausführen. Danach stellten Kinder im Alter von bis zu 13 Jahren Anfang 2022 mit 10,9 Millionen einen Anteil von 13 Prozent der Bevölkerung. „Laut Mikrozensus stieg der Anteil der 0- bis 11-Jährigen zwischen 2015 bis 2021 von 10,51 auf 11,23 Prozent, der Anteil der 12- bis 17-Jährigen fiel hingegen von 5,71 auf 5,42 Prozent. Auch der Anteil der 18- bis 25-Jährigen fiel von 9,02 auf 8,48 Prozent“, heißt es in dem Bericht weiter.

Wie der Bericht laut Bundesjugendministerium deutlich macht, ist die heutige junge Generation „ die diverseste, die es je gab“. Allen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sei jedoch das Bedürfnis nach Orientierung und Sicherheit gemein. Politik und Gesellschaft sowie speziell die Kinder- und Jugendhilfe seien gefragt, „jungen Menschen vertrauenswürdige Rahmenbedingungen mit starken und resilienten Angeboten und Leistungen zu bieten“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 614 vom 20.09.2024

Die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben einen Gesetzentwurf „zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems“ (20/12805) vorgelegt, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Er sieht Änderungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht sowie im Waffenrecht und im Bundesverfassungsschutzgesetz vor und enthält die gesetzgeberischen Maßnahmen des von der Koalition nach dem Anschlag in Solingen vom 23. August beschlossenen „Sicherheitspakets“, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedürfen.

Danach soll Schutzsuchenden künftig die Schutzanerkennung verweigert beziehungsweise aberkannt werden, „wenn Straftaten mit einem antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen, geschlechtsspezifischen, gegen die sexuelle Orientierung gerichteten oder sonstigen menschenverachtenden Beweggrund begangen wurden“. Zugleich soll klargestellt werden, dass Heimreisen von anerkannt Schutzberechtigten in der Regel zur Aberkennung des Schutzstatus führen.

Des Weiteren „sollen ausreisepflichtige Ausländer, für deren Asylprüfung ein anderer Staat zuständig ist, angehalten werden, in den für die Prüfung ihres Antrags zuständigen Staat zurückzukehren“. Mit dem „Ausschluss von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für bestimmte Fälle der Sekundärmigration“ gefördert werden soll der Begründung zufolge die Durchsetzung einer EU-Verordnung von 2013 „zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist“.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), das laut Vorlage durch erkennungsdienstliche Maßnahmen die Identität eines Asylbewerbers sichern soll, erhält dem Gesetzentwurf zufolge künftig die Befugnis zum biometrischen Abgleich mit öffentlich zugänglichen Daten aus dem Internet. Erleichtert werden sollen ferner Ausweisungen in solchen Fällen, denen bestimmte Straftaten unter Verwendung einer Waffe oder eines sonstigen gefährlichen Werkzeugs begangen wurde.

Verschärft werden soll zudem das Waffenrecht. So ist unter anderem vorgesehen, dass bei Volksfesten und anderen öffentlichen Veranstaltungen, an kriminalitätsbelasteten Orten sowie im Öffentlichen Personenverkehr und seinen Haltestellen „der Umgang mit Messern unabhängig von der Klingenlänge künftig untersagt oder untersagbar“ wird, um Angriffen mit Messern und Gewalttaten besser vorzubeugen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 586 vom 10.09.2024

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (20/12771) zur Fortsetzung und Weiterentwicklung des KiTa-Qualitäts- und Teilhabeverbesserungsgesetzes (KiQuTG) vorgelegt. „Um für alle Kinder bis zum Schuleintritt im gesamten Bundesgebiet einen gleichwertigen Zugang zu hoher Qualität in der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung sicherzustellen, sind gezielte Verbesserungen der Qualität der Kindertagesbetreuung notwendig“, schreibt die Regierung darin.

Der mit dem KiQuTG angestoßene Prozess, die Qualität der Kindertagesbetreuung nach den Entwicklungsbedarfen der Länder bundesweit weiter zu entwickeln und die Qualitätsniveaus der Länder so schrittweise im Sinne einer Konvergenz nach oben anzugleichen, soll demnach fortgesetzt werden. Ziel ist es, langfristig anzustrebende bundeseinheitliche Qualitätsstandards weiterzuentwickeln. Die Regierung hält dabei eine stärkere Fokussierung auf bestimmte Handlungsfelder, für nötig. Dazu gehören die Verbesserung der Betreuungsrelation, die sprachliche Bildung sowie ein bedarfsgerechtes (Ganztags-)Angebot. „Mit dieser Weiterentwicklung des KiQuTG wird den Empfehlungen der Evaluation Rechnung getragen, eine Fokussierung auf weniger Handlungsfelder vorzunehmen sowie eine Budgetkonkurrenz von Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und solchen zur Beitragsentlastung zu vermeiden“, schreibt die Regierung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 584 vom 10.09.2024

Der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer soll für das Jahr 2024 um 180 Euro auf 11.784 Euro steigen. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor (20/12783). Der steuerliche Kinderfreibetrag soll um 228 Euro auf 6.612 Euro steigen.

Die Bundesregierung begründet die Notwendigkeit der Erhöhung damit, dass zum 1. Januar 2024 die Leistungen im Sozialrecht stärker gestiegen sind als noch 2022 im Existenzminimumbericht prognostiziert. „Dies wirkt sich auf die Höhe des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums für das Jahr 2024 aus“ erklärt sie und schreibt weiter: „Nach Aktualisierung der Datenbasis infolge der höheren Fortschreibung der sozialrechtlichen Regelbedarfe ergibt sich ein Anpassungsbedarf bei den steuerlichen Freibeträgen zur Freistellung des sächlichen Existenzminimums von Erwachsenen bzw. Kindern.“

Im Jahr 2025 werde die Erhöhung der steuerfreien Einkommen zu Steuermindereinnahmen von 3,3 Milliarden Euro führen, erwartet die Bundesregierung. 491 Millionen Euro entfallen der Kalkulation zufolge dabei auf die Kommunen und jeweils rund 1,4 Milliarden Euro auf die Länder und den Bund.

Die Stellungnahme des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf werde unverzüglich nachgereicht, schreibt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seinem Begleitbrief an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD).

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 582 vom 10.09.2024

Die Coronapandemie und die damit verbundenen Schutzmaßnahmen haben deutliche Spuren bei Kindern, Jugendlichen und Eltern hinterlassen: Einer aktuellen Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) zufolge sind die Verschlechterungen in der mentalen Gesundheit, der körperlichen Aktivität und dem allgemeinen Wohlbefinden auch weiterhin spürbar. Die Befunde der Studie basieren auf umfassenden Analysen europaweiter Befunde sowie Datenauswertungen auf Grundlage der repräsentativen COMPASS-Panelbefragung.

Erhöhte mentale Belastungen und weniger Bewegung bei Kindern und Jugendlichen

Wie aus den Untersuchungen hervorgeht, kam es während der Pandemie zu einem deutlichen Anstieg von Angstsymptomen und Depressionen bei Kindern und Jugendlichen. Besonders stark betroffen waren Schülerinnen und Schüler während der langen Phasen des Home-Schoolings, in denen soziale Kontakte weitgehend eingeschränkt waren. Vor allem im Alter von 11 bis 15 Jahren, in der Pubertät, nahm die Häufigkeit von Angst- und Depressionssymptomen deutlich zu. Darüber hinaus stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Rückgang der körperlichen Aktivität fest. Während und nach Schließungen von Schulen, Sportvereinen und Freizeiteinrichtungen war eine erhebliche Abnahme der körperlichen Aktivität bei jungen Menschen feststellbar. Die tägliche Bewegungszeit sank im Durchschnitt um 48 Minuten, die intensivere sportliche Aktivität um 12 Minuten pro Tag ab – was einem Rückgang der Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 20 % gleichzusetzen ist. Eine Normalisierung lässt sich bis heute nicht feststellen. „Die mentale und körperliche Gesundheit junger Menschen hat während der Pandemie stark gelitten und sich nur teilweise erholt“, fasst Dr. Helena Ludwig-Walz die Ergebnisse zusammen. „Es ist von besonderer Bedeutung, die mentale Gesundheit und das Bewegungsverhalten junger Menschen wieder gezielt zu fördern, um langfristigen negativen Auswirkungen entgegenzuwirken“, so Ludwig-Walz.

Elterliches Wohlbefinden stark beeinträchtigt

Wie aus der Studie weiter hervorgeht, hatten neben den Kindern und Jugendlichen auch Eltern unter den Einschränkungen zu leiden. Vor allem Mütter mit Kindern bis zehn Jahren berichteten über ein stark eingeschränktes Wohlbefinden. Besonders auffällig ist, dass ihre Lebenszufriedenheit nahezu über den gesamten Zeitraum unter dem Wert der Väter lag. Den niedrigsten Wert der Lebenszufriedenheit erreichten Mütter im April und Mai 2021, was mit den bis dahin bereits seit mehreren Monaten bestehenden starken Einschränkungen in den verschiedenen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen zusammenfällt. Erst nach dem Ende der Schutzmaßnahmen stieg das Wohlbefinden von Müttern wieder an, und die Unterschiede zwischen Müttern und Vätern verringerten sich. „Die Pandemie hat gezeigt: Einschränkungen in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen belasten Eltern stark, insbesondere Mütter“, meint Mitautor Dr. Mathias Huebener. „Diese Erfahrung sollte uns eine Lehre sein, gerade in aktuellen Zeiten von Personalmangel in Kitas und Schulen.“ Der Ausbau von verlässlichen Betreuungsangeboten und die Verbesserung der Personalsituation in Kitas und Schulen seien dabei essenziell.

Die Pressemitteilung basiert auf diesem Artikel:

Ludwig-Walz, Helena; Huebener, Mathias; Spieß, C. Katharina; Bujard, Martin (2024): Gesundheit und Wohlbefinden von Familien während und nach Corona. Was wir für die Zukunft lernen können. In: BiB.Aktuell 5/2024 (http://www.bib.bund.de/Publikation/2024/BiB-Aktuell-2024-5.html)

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 18.09.2024

Frauen, die im Pandemiejahr 2020 zum ersten Mal Mutter wurden, kehrten nach der Geburt ihres Kindes später in den Arbeitsmarkt zurück als Frauen, deren Kinder zwei Jahre zuvor geboren wurden. Das geht aus einer am Montag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervor.

Von allen Müttern, die ihr Kind zwischen März und Oktober 2018 bekamen, kehrten 40 Prozent ein Jahr nach der Geburt ihres Kindes in den Arbeitsmarkt zurück. Nach 18 Monaten lag der Anteil der Rückkehrerinnen in dieser Gruppe bei 62 Prozent. Bei Frauen hingegen, die zwischen März und Oktober 2020 Mutter wurden, lag der Anteil der Mütter, die ihre Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen hatten, nach einem Jahr bei 35 Prozent und nach 18 Monaten bei lediglich 50 Prozent.

Die Autorinnen untersuchten, ob insbesondere solche Mütter ihre Erwerbstätigkeit länger unterbrachen, die in stark von der Pandemie betroffenen Branchen tätig waren. Dabei zeigten sich keine Unterschiede in den Unterbrechungsdauern von Müttern, die in Branchen arbeiten, die über oder unterdurchschnittlich stark von Kurzarbeit betroffen waren. „Insgesamt gibt es keine Hinweise darauf, dass die längeren Unterbrechungsdauern der Frauen, die 2020 Mutter wurden, auf wirtschaftliche Faktoren zurückzuführen sind. Vielmehr könnte die erschwerte außerhäusliche Kinderbetreuung eine Ursache gewesen sein“, erklärt IAB-Forscherin Corinna Frodermann. „Insbesondere Mütter, deren Kinder im Frühjahr 2021 ein Jahr alt geworden sind, und die während der zweiten Kita-Schließungsphase überwiegend in Elternzeit waren, haben aufgrund der allgemeinen Unsicherheit und der rasch folgenden dritten Schließungsphase ihren Wiedereintritt ins Erwerbsleben verschoben und dadurch ihre Erwerbsunterbrechungen verlängert“, so IAB-Forscherin Ann-Christin Bächmann weiter.

„Die Situation der Kindertagesbetreuung bleibt auch nach dem Ende der Pandemie angespannt. Daher ist es wichtig, den weiteren Ausbau einer Infrastruktur mit verlässlicher Kindertagesbetreuung voranzutreiben“, ergänzt DIW-Forscherin Katharina Wrohlich.

Die Studie beruht auf der Stichprobe der Integrierten Arbeitsmarktbiografien (SIAB), einer 2 %-Stichprobe aus der Grundgesamtheit der Integrierten Erwerbsbiografien (IEB) des IAB. Die IEB bestehen unter anderem aus tagesgenauen Informationen zu allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland, die aus den Meldungen der Arbeitgeber an die Sozialversicherungsträger stammen.

Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-17.pdf    

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 09.09.2024

  • Betreuungsquote der unter Dreijährigen auf 37,4 % gestiegen
  • Männeranteil beim Personal hat sich seit 2014 fast verdoppelt
  • Zahl der Tagesmütter und -väter im vierten Jahr in Folge gesunken, Zahl der Kitas leicht gestiegen 

Die Zahl der Kinder unter drei Jahren in Kindertagesbetreuung ist zum 1. März 2024 gegenüber dem Vorjahr um rund 8 400 auf insgesamt 848 200 Kinder gesunken. Damit waren 1,0 % weniger unter Dreijährige in Kindertagesbetreuung als am 1. März 2023. Während in den letzten zwei Jahren die Zahl der unter Dreijährigen in Kindertagesbetreuung angestiegen war (2023: +2,1 %, 2022:  +3,6 %), ist nun erstmals seit 2021 wieder ein Rückgang zu verzeichnen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, stieg die Betreuungsquote zum Stichtag bundesweit jedoch auf 37,4 % (2023: 36,4 %). Diese Entwicklung ist auf die Bevölkerungsentwicklung und die rückläufige Zahl der Kinder unter drei Jahren zurückzuführen. Beim Personal gab es in den Kitas einen Zuwachs um 3,1 % gegenüber dem Vorjahr, während die Zahl der Tagesmütter oder -väter um 3,8 % zurückging. 

Anteil der männlichen Beschäftigten wächst weiter

Nach wie vor ist der Anteil der Männer, die in der Kindertagesbetreuung tätig sind, relativ gering. Am 1. März 2024 waren 66 500 Männer im pädagogischen, Leitungs- und Verwaltungsbereich in einer Kita beschäftigt oder als Tagesvater aktiv. Der Männeranteil – bezogen auf alle tätigen Personen in diesen Bereichen – lag damit bei 8,1 %. In den vergangenen zehn Jahren entschieden sich allerdings immer mehr Männer für eine Tätigkeit in der Kindertagesbetreuung: Die Zahl der männlichen Beschäftigten hat sich seit 2014 mehr als verdoppelt (2014: 27 300), der Männeranteil fast verdoppelt (2014: 4,8 %). 

Höhere Betreuungsquoten in Ostdeutschland

In den ostdeutschen Bundesländern (einschließlich Berlin) waren zum Stichtag 1. März 2024 durchschnittlich mehr als die Hälfte aller Kinder unter drei Jahren in einer Tagesbetreuung (55,2 %). In Westdeutschland war die Betreuungsquote mit 33,9 % nach wie vor deutlich niedriger als im Osten. Bundesweit hatten Mecklenburg-Vorpommern (60,3 %), Sachsen-Anhalt (59,4 %) und Brandenburg (59,1 %) die höchsten Betreuungsquoten. Unter den westdeutschen Bundesländern erreichte Hamburg mit 49,9 % die höchste Quote, mit deutlichem Abstand gefolgt von Schleswig-Holstein (40,0 %) und Niedersachsen (36,2 %). Bundesweit am niedrigsten waren die Betreuungsquoten in Bremen (30,0 %), Baden-Württemberg (32,0 %) und Nordrhein-Westfalen (32,2 %). 

1,0 % mehr Kitas, jedoch 3,8 % weniger Tagesmütter und -väter als im Vorjahr

Am 1. März 2024 gab es bundesweit 60 662 Kindertageseinrichtungen. Das waren 617 oder 1,0 % mehr als im Vorjahr. Die Zahl der dort als pädagogisches Personal oder als Leitungs- und Verwaltungspersonal beschäftigten Personen stieg um 24 400 oder 3,2 % auf 778 200. Demgegenüber sank die Zahl der Tagesmütter und -väter im vierten Jahr in Folge, und zwar um 1 569 auf 39 664 (-3,8 %). 

Methodische Hinweise:

Für die Statistiken der Kinder und tätigen Personen in Kindertageseinrichtungen und in öffentlich geförderter Kindertagespflege sowie in Großtagespflegestellen wurden alle Kinder angegeben, die am Stichtag ein Betreuungsverhältnis hatten, unabhängig davon, ob diese am Stichtag betreut wurden oder nicht. Beim Personal wurden alle Personen berücksichtigt, die am Stichtag in einem gültigen Arbeitsverhältnis tätig waren. 

Bei der Betreuungsquote handelt es sich um den Anteil der in Kindertageseinrichtungen (zum Beispiel Kindertagesstätte, Kinderkrippe, Hort) oder in öffentlich geförderter Kindertagespflege (zum Beispiel öffentlich geförderter Betreuungsplatz bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater) betreuten unter Dreijährigen an allen Kindern dieser Altersgruppe. 

Weitere Informationen:

Weitere Informationen bietet die Themenseite „Kindertagesbetreuung“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes. Basisdaten zur Kindertagesbetreuung in Deutschland sind zudem über die Tabellen Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen (22541)Kinder und tätige Personen in Kindertagespflege (22543) und Personen in Großtagespflegestellen und betreute Kinder (22545) in der Datenbank GENESIS-Online verfügbar. 

Das Angebot an Online-Tabellen zur Kindertagesbetreuung wurde in diesem Jahr umfangreich erweitert und ist neben weiterführenden Informationen auf der Themenseite „Kindertagesbetreuung“ verfügbar.

Wichtiger Hinweis zur Datenbank GENESIS-Online:

In der zweiten Oktoberhälfte 2024 geht die neue Nutzeroberfläche unserer Datenbank online und verlässt das Beta-Stadium. Die neue Oberfläche bietet schnellere Datenabrufe sowie intuitive Recherche- und Anpassungsmöglichkeiten von Tabellen. Zudem ändern sich auch die Struktur des maschinenlesbaren Flatfile-CSV-Formats und das Datenausgabeformat bei Tabellen-Downloads. Detaillierte Informationen dazu sowie weitere wichtige Hinweise zum Release bietet die Infoseite zum neuen GENESIS-Online.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 26.09.2024

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Sven Iversen, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF), wurde am 26. September 2024 in seinem Amt als Vizepräsident von COFACE Families Europe bestätigt. Vom 24. bis zum 26. September 20024 fand die Mitgliedsversammlung sowie weitere COFACE-Gremiensitzungen in Vilnius, Litauen, statt, die von einer internationalen Fachtagung zum Thema „Work-Life Balance“ begleitet wurde.

Das Präsidium der COFACE wird von der neu gewählten Präsidentin Antonia Torrens aus Griechenland angeführt, die zuvor Vize-Präsidentin war. Sie löste Annemie Drieskens aus Belgien ab, die den Verband viele Jahre erfolgreich vertreten hat. Neben Sven Iversen wurde auch die Schatzmeisterin Sylvia Stanic aus Kroatien in ihrem Amt bestätigt. Neu in den Vorstand gewählt wurde Amaia Echevarria aus Spanien, die künftig als zweite Vizepräsidentin agieren wird.

Ein zentrales Thema der COFACE-Gremiensitzungen war die Verabschiedung verschiedener strategischer Dokumente. So wurden die „Digitalisation Principles“ sowie die „Charter for Family Carers“ aktualisiert und verabschiedet. Ein neues Positionspapier zur Qualität in der frühkindlichen Bildung und Betreuung (ECEC) wurde intensiv diskutiert und wird in Kürze endgültig verabschiedet und veröffentlicht. Als weiteren Schwerpunkt der zukünftigen Arbeit plant COFACE- Families Europe, sich verstärkt mit den Auswirkungen des Klimawandels auf Familien und die Entwicklung familienfreundlicher Klimapolitiken zu beschäftigen.

Am 25. September 2024 fand eine Konferenz zu dem Thema „Work-Life Balance Strategies in Family Policy“ statt. Diese Veranstaltung bot Vertreter/innen von Organisationen und Ministerien europäischen Staaten eine Plattform, um über innovative und nachhaltige Lösungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu diskutieren. Zudem fand das jährlich stattfindende von der COFACE initiierte und moderierte Treffen von Vertreter/innen von Ministerien aus europäischen Staaten statt. 15 Staaten nahmen an dem Treffen teil.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 26.09.2024

Die Finanzierung eines Großteils der pandemiebedingten Maßnahmen des Bundes nicht aus Steuergeldern, sondern durch die Pflegekassen ist laut einem aktuellen Gutachten des DAK Dachverbandes verfassungswidrig. Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt, erklärt dazu:

“Die AWO fordert schon seit langem die Herausnahme versicherungsfremder Leistungen wie pandemiebedingte Kosten, Rentenversicherungsbeiträge für pflegende An- und Zugehörige und die Ausbildungskosten aus der sozialen Pflegeversicherung. Die Finanzierung der pandemiebedingten Maßnahmen über die Pflegekassen hat die ohnehin katastrophale finanzielle Lage der Pflege weiter verschärft. Aber statt das Defizit wie versprochen durch Steuermittel auszugleichen, setzt die Bundesregierung offenbar auf eine weitere Beitragserhöhung für die Pflegeversicherten. Eine nachhaltige Sicherung der Pflege geht so nicht, im Gegenteil müssen Pflegebedürftige voraussichtlich das destruktive Spardiktat des Bundesfinanzministeriums abfedern.”

Laut Pflegekassen wird zum Jahresende ein Defizit der sozialen Pflegeversicherung von rund 1,5 Milliarden, für 2025 ein Minus von 4,4 Milliarden Euro prognostiziert. Im Defizit „enthalten“ sind Pandemiekosten in Milliardenhöhe, die von Beitragsgeldern finanziert wurden und eigentlich aus Steuermitteln an die Pflegeversicherung zurückfließen sollten. Doch im Haushaltsplan 2025 steht dazu nichts. “Es drängt sich die Frage auf, wie die noch für dieses Jahr angekündigte Finanzreform überhaupt aussehen soll. Es ist bedauerlich, dass es wieder einmal nicht an Erkenntnis, sondern am politischen Umsetzungswillen mangelt. Dieses politische Versagen mit Beitragserhöhungen heilen zu wollen, verbittet sich nicht nur, sondern ist laut Gutachten sogar verfassungswidrig”, so Sonnenholzner abschließend.

Link zum Gutachten:

https://caas.content.dak.de/caas/v1/media/81308/data/1e2e9dd9f7ac5c564f68312071b3ab2a/20240930-download-gutachten-pflegekassen.pdf

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 01.10.2024

Vier Verbände der Freien Wohlfahrtspflege und die Klima-Allianz Deutschland fordern von der Bundesregierung ein neues Investitionsprogramm zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen im Sozialbereich. In einem gemeinsamen Papier verweisen Klima-Allianz Deutschland, AWO Bundesverband, Deutscher Caritasverband, Diakonie Deutschland und Paritätischer Gesamtverband auf die enormen Herausforderungen, vor denen soziale Einrichtungen etwa bei der Sanierung ihrer Gebäude stehen. 

Anlässlich der Haushaltsverhandlungen fordern die Verbände in einem gemeinsamen Papier von den Regierungsfraktionen mehr Unterstützung für notwendige Investitionen in energieeffiziente Gebäude und erneuerbare Energien. Ein Großteil der über 100.000 Gebäude in der Freien Wohlfahrtspflege müssen in den kommenden Jahren energetisch saniert und modernisiert werden. Das ist zur Einhaltung der Klimaziele zwingend erforderlich. Da die sozialen Einrichtungen die nötigen Investitionen nicht aus eigenen Mitteln tragen können, fordern sie Unterstützung von der Bundesregierung. 

„Die Bundesregierung hat ihre Gebäude-Klimaziele mehrfach verfehlt. Soziale Einrichtungen wie Pflegeheime, Kitas und Krankenhäuser sind bereit, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, doch ohne zusätzliche staatliche Investitionen wird das nicht gehen. Wir brauchen dringend ein bedarfsgerechtes Investitionsprogramm für soziale Einrichtungen, damit diese energetisch sanieren und auf erneuerbare Energien umsteigen können. Damit könnte die Bundesregierung unsere soziale Infrastruktur zukunftsfähig machen und den Klimaschutz entscheidend voranbringen”, sagt Stefanie Langkamp, Politische Geschäftsleiterin der Klima-Allianz Deutschland. 

Michael Groß, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege und Präsident des Arbeiterwohlfahrt Bundesverbandes: „Viele Pflegeheime, Krankenhäuser oder Kitas müssen dringend energetisch saniert und modernisiert werden. Das ist notwendig, um gerade ältere und kranke Menschen besser vor den gesundheitlichen Risiken durch die zunehmende Hitze zu schützen und um die Heiz- und Stromkosten der Einrichtungen langfristig zu reduzieren. Die bestehenden Förderprogramme gehen an unserem Bedarf vorbei. Wir fordern von der Bundesregierung maßgeschneiderte Lösungen mit deutlich geringeren Eigenanteilen und höherem Fördervolumen, damit auch soziale Träger endlich angemessen in Klimaschutz investieren können.”

Maria Loheide, Sozialvorständin der Diakonie Deutschland ergänzt: „Die Freie Wohlfahrtspflege steht vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits muss sie den steigenden sozialen Bedarf decken, andererseits ist sie mit immer höheren Betriebs- und Personalkosten konfrontiert. Wenn wir jetzt nicht handeln, zahlen sowohl die Einrichtungen als auch die von ihnen betreuten Menschen am Ende den Preis. Deswegen appellieren wir an die Bundesregierung, jetzt in die Modernisierung der sozialen Infrastruktur zu investieren. Ohne zusätzliche Finanzmittel wird das nicht gehen, daher halten wir eine Reform der Schuldenbremse für unumgänglich.”

Download

Das Forderungspapier „Klimaschutz im Sozialbereich vorantreiben” von Klima-Allianz Deutschland, AWO Bundesverband, Deutschem Caritasverband, Diakonie Deutschland und dem Paritätischen Gesamtverband können sie hier herunterladen:
https://www.klima-allianz.de/fileadmin/user_upload/Dateien/Daten/Publikationen/Hintergrund/Forderungspapier_Klimaschutz_im_Sozialbereich.pdf

Hinweis

Die zitierten Personen stehen gerne für Interviewanfragen zur Verfügung. 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 30.09.2024

Das Bundesarbeitsministerium hat der Zivilgesellschaft einen Arbeitstag Zeit eingeräumt, zu einer geplanten massiven Verschärfung der Situation von Bürgergeldempfänger*innen Stellung zu nehmen. Die Arbeiterwohlfahrt kritisiert das Vorgehen des Bundesministeriums scharf.

Am Freitag, dem 27.09.24 wurden der AWO Bundesverband und 64 weitere Organisationen aufgerufen, zu einer Formulierungshilfe des Arbeitsministeriums Stellung zu nehmen. Gegenstand des Beteiligungsprozesses ist ein Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zum sogenannten SGB III-Modernisierungsgesetz, der wesentliche Gesetzesänderungen im Bereich Grundsicherung und Arbeitsmarktpolitik vorsieht. Fraglich ist jedoch, für wie wesentlich das Ministerium selbst die Angelegenheit hält, denn: Den zu beteiligenden Organisationen wurde zur Rückmeldung eine Frist von gerade mal einem Arbeitstag gewährt: von Freitag 14:18 Uhr bis Montag 16:00 Uhr.

Aufgrund dieser kurzen Frist boykottiert die AWO – wie andere Organisationen auch – den formalen Beteiligungsprozess und wird keine Stellungnahme abgeben. Eine erste Prüfung des Entwurfs zeigt jedoch, dass die Regierungsfraktionen nun die Daumenschrauben für Bürgergeldberechtigte anziehen wollen, wie in der Wachstumsinitiative bereits angekündigt worden ist. Dazu erklärt AWO-Präsident Michael Groß pünktlich zum Ablauf der Frist:

„Zwangspraktika für Schutzsuchende, längere Pendelzeiten von bis zu drei Stunden täglich, Einschränkungen der Karenzzeit für Vermögen und drastische Verschärfungen der Sanktionen – das sind völlig falsche Ansätze. Diese Maßnahmen an ein Gesetz zur Modernisierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik “anzuhängen” und der Zivilgesellschaft für Stellungnahmen gerade einmal einen Arbeitstag einzuräumen, zeugt von einem zweifelhaften Verständnis von Beteiligung. Man muss sich nicht wundern, wenn solche Prozesse auch das Vertrauen in die Institutionen untergraben. Der Entwurf mag im Detail auch Sinnvolles enthalten. Da eine tiefgehende fachliche Prüfung aber in der Kürze der Zeit nicht möglich war, müssen wir auf Lob leider gänzlich verzichten. Wir fordern die politisch Verantwortlichen auf, eine Fristverlängerung von mindestens zwei Wochen für die Kommentierung einzuräumen, statt die Änderungen ohne demokratische Beteiligung der Zivilgesellschaft durchzuprügeln.“

Bereits im Mai hatte ein Verbändebündnis die Praxis immer kürzerer Fristen kritisiert: https://awo.org/pressemeldung/awo-bundesverband-kritisiert-zu-kurze-stellungnahmefristen-bei-gesetzesvorhaben-im-bereich-migration-und-flucht/

Darin hieß es u.A.: „Die Ministerien müssen sich aus demokratischem Interesse ausreichend Zeit nehmen, um die Auswirkungen der Gesetzesvorhaben aus Sicht der Zivilgesellschaft zu bewerten. Innerhalb der derzeitigen kurzen Fristen ist eine qualifizierte Stellungnahme und eine Auseinandersetzung nicht gewährleistet, was zu einem Mangel an Qualität und Praktikabilität in der Gesetzgebung führt.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 30.09.2024

Die Einführung der Neuen Wohngemeinnützigkeit wird heute im Bundestag in erster Lesung debattiert. Der AWO Bundesverband hat sich hierzu gemeinsam mit Gewerkschaften, Wohlfahrts-, Verbraucher- und Umweltverbänden in einem offenen Brief geäußert und umfangreiche Änderungen angemahnt. Der AWO Bundesverband setzt sich schon lange für die Einführung der Neuen Wohngemeinnützigkeit ein, doch der vorliegende Entwurf bleibt hinter den Erwartungen zurück.  

Michael Groß, Präsident des AWO Bundesverbands, kommentiert: „Mit einer neuen Wohngemeinnützigkeit verbinden wir die Hoffnung auf die Etablierung eines starken sozialen Wohnungssektors mit dauerhaft bezahlbaren Mieten. Immer mehr Menschen in Deutschland sind durch die hohen Wohnkosten übermäßig belastet oder finden keine bezahlbare Wohnung mehr. So kann es nicht weitergehen! Deswegen brauchen wir mehr gemeinnützigen Wohnungsbau und dafür ist der Gesetzesentwurf ein erster Schritt – doch ohne Investitionszulagen wird die Neue Wohngemeinnützigkeit nicht funktionieren.“ 

Der Gesetzesentwurf umfasst Steuererleichterungen für gemeinnützige Unternehmen sowie eine Anpassung der Rücklagenbildung. Doch es fehlen die im Koalitionsvertrag versprochenen Investitionszulagen. Michael Groß dazu: „Die Regierung hat versprochen, etwas gegen die steigenden Wohnkosten zu unternehmen. Hier hat sie jetzt ihre Chance, auf dem Wohnungsmarkt wirklich eine Veränderung anzustoßen.“ 

Den Offenen Brief finden Sie hier als Download: https://awo.org/wp-content/uploads/Pressemeldungen/2024/forderungspapier_wohngemeinnuetzigkeit_2024-1.pdf

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 25.09.2024

Im Bundestag wird heute in erster Lesung über die geplante Wiederauflage der Wohngemeinnützigkeit debattiert. Mit der Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit möchte die Bundesregierung einen Beitrag zur langfristigen Versorgung mit preisgünstigem Wohnraum leisten. Die Diakonie Deutschland begrüßt grundsätzlich die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit und die damit geplante Vermietung von Wohnungen unterhalb der Marktmiete an hilfsbedürftige Menschen. Für diakonische Unternehmen trägt sich eine solche Vermietung ohne weitere Fördermittel jedoch wirtschaftlich nicht, da sie nicht über die notwendigen Reserven verfügen, um die entstehenden Verluste auszugleichen. Die Diakonie Deutschland fordert daher in einem gemeinsamen Verbändebrief mit dem Deutschen Mieterbund und weiteren Organisationen Nachbesserungen am vorgelegten Konzept.

Dazu erklärt Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch: 
 
„Mieterinnen und Mieter in Deutschland geben durchschnittlich mehr als ein Viertel ihres Einkommens für die Miete aus. Besonders Menschen, die in Großstädten leben, haben eine überdurchschnittlich hohe Mietbelastung. Zudem fallen viele Wohnungen aus der Sozialbindung, während gleichzeitig zu wenig neue Sozialwohnungen gebaut werden. Eine bezahlbare Wohnung zu finden, ist für viele Menschen unmöglich geworden. Die Neue Wohngemeinnützigkeit kann ein Instrument sein, mit dem auch gemeinnützige Sozialunternehmen dauerhaft bezahlbaren Wohnraum in Deutschland schaffen. Allerdings sind dafür deutliche Nachbesserungen durch die Bundesregierung notwendig. Ohne angemessene Förderung wird die Neue Wohngemeinnützigkeit ins Leere laufen. Wohnungsunternehmen werden kaum ihre Immobilien in eine Wohngemeinnützigkeit einbringen. Bezahlbarer Wohnraum wird so nicht geschaffen. Die Neue Wohngemeinnützigkeit wird damit zu einer Nische in der Wohnungsvermietung. Damit wird eine Chance vertan, Menschen in Not mit Wohnraum zu versorgen.“ 
 
Hintergrund: 
Den Rahmen für die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit bildet das Jahressteuergesetz 2024. Danach wird die Förderung wohngemeinnütziger Zwecke als neuer gemeinnütziger Zweck in die Abgabenordnung (§52 AO) aufgenommen. Um an den Steuererleichterungen der Gemeinnützigkeit zu partizipieren, muss die angebotene Miete dauerhaft unterhalb der marktüblichen Miete liegen. Laut Bundesministerin Klara Geywitz seien die Einkommensgrenzen so festgelegt, dass rund 60 Prozent der Haushalte in Deutschland von der Neuen Wohngemeinnützigkeit profitieren könnten. Eine Prüfung der Einkommensgrenze soll nur am Anfang des Mietverhältnisses erfolgen.

Weitere Informationen:

Die Diakonie Deutschland hat ihre Forderungen an die Gestaltung der Neuen Wohngemeinnützigkeit in einem Positionspapier veröffentlicht:  
Positionspapier Neue Wohngemeinnützigkeit 
 
Verbändebrief von Diakonie Deutschland, Deutscher Mieterbund und weiteren Organisationen: 
Verbändebrief: Ohne Investitionszuschüsse kein gemeinnütziger Wohnungssektor!

Quelle: Pressemitteilung Evangelisches Werk für  Diakonie und Entwicklung e.V. vom 24.09.2024

Frankfurter Erklärung des Evangelischen Bundesfachverbands Existenzsicherung und Teilhabe e.V. (EBET)

Wir möchten Sie auf die Pressemitteilung des Evangelischen Bundesfachverbands Existenzsicherung und Teilhabe e.V. (EBET) hinweisen. 

Bezahlbarer Wohnraum wird vor allem in den Großstädten und Ballungszentren seit Jahren immer knapper. Insbesondere Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen können sich die gestiegenen Mietpreise nicht mehr leisten. Viele von ihnen zahlen schon jetzt mehr als die Hälfte ihres Einkommens für die Bruttokaltmiete. Sie leben oft in überbelegten und unsanierten Wohnungen. Wohnungslose Menschen haben auf diesem unsozialen freien Wohnungsmarkt keine Chance. Sie sind häufig von Diskriminierung betroffen und konkurrieren mit (zu) vielen anderen, um die wenigen verfügbaren bezahlbaren Wohnungen.  
Der Evangelische Bundesfachverband Existenzsicherung und Teilhabe e.V. (EBET) fordert daher anlässlich seines diesjährigen Bundeskongresses die Verwirklichung einer sozialen Wohnungspolitik, die den Zugang zu Wohnraum auch für wohnungslose Menschen gewährleistet.  

Dr. Jens Rannenberg, Vorstandsvorsitzender des EBET: „Die Wohnung ist ein besonderes Gut. Sie bietet Menschen einen geschützten Raum für Rückzug und Geborgenheit. Doch für viele Menschen in Deutschland wird das Menschenrecht auf Wohnen nicht eingelöst. Sie verfügen über keinen eigenen Wohnraum oder leben in äußerst prekären Wohnverhältnissen. Es bedarf daher dringend einer grundsätzlichen Neuorientierung hin zu einer sozialen Wohnungspolitik, die die soziale Wohnraumversorgung als eine zentrale Aufgabe staatlichen Handelns begreift. Die aktuellen Wohnungslosenzahlen sind ein Alarmzeichen für unsere Gesellschaft. Wir brauchen dringend zielgerichtete Maßnahmen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und auch den Zugang zu diesem Wohnraum für wohnungslose Menschen zu ermöglichen.  
Wir benötigen endlich ein größeres Wohnungsmarktsegment, das nicht allein einer Marktlogik unterliegt.“  

Als EBET fordern wir:  

➢ Bezahlbaren Wohnraum schaffen – im Neubau und im Bestand: Nach einer Studie des Bauforschungsinstituts ARGE fehlen in Deutschland schon heute etwa 800.000 Wohnungen – vor allem bezahlbare. Und der Bestand an Sozialwohnungen sinkt weiter. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus ist daher weiter deutlich zu erhöhen. Leerstehende Büroflächen sind in bezahlbaren Wohnraum umzuwandeln und effektive  
Maßnahmen gegen spekulativen Leerstand zu ergreifen. Zudem ist dauerhaft preisgünstiger Wohnraum zu schaffen, z.B. durch eine auch Investitionszuschüsse umfassende Neue Wohngemeinnützigkeit. Steigende Mieten sind kein Naturgesetz!

➢ Zugang zu Wohnraum für wohnungslose Menschen ermöglichen: Der akute Wohnungsmangel führt zu einer Ausgrenzung von wohnungslosen Menschen bei der Wohnungsversorgung. Es bedarf daher eines ausreichend großen Wohnungsmarktsegments, das speziell für diese Menschen vorzuhalten ist. In den Richtlinien zur sozialen Wohnraumförderung der Länder sind wohnungslose Menschen folglich als Personengruppe explizit zu nennen. Zudem sind Bemühungen der Kommunen zu intensivieren, um Wohnraum im Bestand für wohnungslose Menschen zu  
akquirieren, insbesondere auch bei privaten Vermieter*innen.  

➢ Prävention stärken – Mietverhältnisse sichern: Wer einmal seine Wohnung verloren hat, bekommt nur schwer eine neue. Umso wichtiger ist es, den Verlust von Wohnraum zu verhindern. Dies spart zudem nachweislich Kosten bei Städten und Gemeinden, da die Unterbringung wohnungsloser Menschen mit deutlich höheren Kosten als der Wohnungserhalt verbunden ist. Um Menschen besser vor dem Verlust ihrer Wohnung zu schützen, sind zentrale Fachstellen zur Vermeidung und Behebung von Wohnungslosigkeit flächendeckend auszubauen. Hierzu bedarf es finanzieller Anreize auf Bundes- und Landesebene. Zudem ist die Schonfristzahlung endlich auch auf die ordentliche Kündigung auszuweiten. Wer seine Mietschulden begleicht, muss in seiner Wohnung bleiben dürfen.  

➢ Wohnkostenlücke beseitigen: Durch die vielerorts unzureichend gedeckten Unterkunftskosten wird das soziokulturelle Existenzminimum zahlreicher Menschen unterschritten, denn sie müssen mitunter einen erheblichen Teil ihres Regelsatzes für die Unterkunft aufwenden. Zudem lassen sich in vielen Städten und Gemeinden kaum Wohnungen finden, deren Kosten als „angemessen“ anerkannt werden. Und wenn, dann lediglich in benachteiligten Quartieren, wodurch die sozialräumliche Segregation weiter zunimmt. Die Angemessenheitsgrenzen bei den Kosten der Unterkunft sind daher der Realität anzupassen. Zudem ist ein bundesweit einheitliches Konzept zur Ermittlung der Wohnkosten zu erstellen, bei dem die regionalen Unterschiede berücksichtigt werden.  

➢ Zugang zu Hilfe sichern: Auch wenn Menschen, deren besondere Lebenslage mit sozialen Schwierigkeiten verbunden ist, einen Rechtsanspruch auf Hilfe nach §§ 67ff. haben, können sie diesen Rechtsanspruch nicht überall in Deutschland geltend machen. Zudem werden mitunter rechtswidrige bürokratische Hürden errichtet, um den Hilfezugang zu verwehren. Ein Rechtsanspruch ist immer zu gewähren, wenn der konkrete Bedarf besteht. Bürokratische Hürden bei Antragsstellung und Leistungsgewährung sind zu beseitigen.  

➢ Wohnungslose menschenwürdig unterbringen: Noch immer leben viele wohnungslose Menschen in kommunalen Notunterkünften oft auf engstem Raum, mitunter unter menschenunwürdigen Bedingungen – und das teilweise über viele Jahre. Es braucht endlich verpflichtende Mindeststandards für die Notunterbringung in ganz Deutschland. Notunterkünfte sind abzuschaffen und bestehende Notunterkünfte in Sozialwohnungen umzuwandeln.  

➢ Obdach- und Wohnungslosigkeit bis 2030 beseitigen: Mit dem Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit (NAP W) hat die Bundesregierung das Ziel festgeschrieben, Obdach- und Wohnungslosigkeit bis zum Jahr 2030 zu beseitigen. Maßnahmen, die lediglich auf Wissensausbau zielen und Kooperationen fördern, werden dafür nicht genügen. Stattdessen bedarf es wirkungsvoller und nachhaltiger Maßnahmen, die das Ziel fokussieren. Ohne zusätzliche Fördergelder und notwendige Gesetzesänderungen wird der NAP W zum Papiertiger.  

Hintergrund:  
Unter dem Titel „Wohnst Du schon oder verzweifelst Du noch? Angemessenes Wohnen gewährleisten“ veranstaltet der EBET seinen dreitägigen Bundeskongress vom 16. bis 18. September 2024 in Frankfurt am Main.  
Auf der Veranstaltung diskutieren rund 180 Praktikerinnen und Praktiker der Wohnungsnotfallhilfe, Vertreterinnen und Vertreter der Verbände und Träger, Mitarbeitende der Verwaltung, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie  
wohnungslosigkeitserfahrene Menschen über geeignete Lösungsansätze zur Überwindung der Wohnungskrise und einen besseren Zugang zu Wohnraum speziell für wohnungslose Menschen.

Weitere Informationen:

www.ebet-ev.de

Quelle: Pressemitteilung Evangelisches Werk für  Diakonie und Entwicklung e.V. vom 16.09.2024

Anlässlich des Tages der Wohnungslosen am 11. September fordern die Diakonie Deutschland, die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe und weitere Organisationen die Bundesregierung auf, gezielte Maßnahmen zur Überwindung von Wohnungslosigkeit bis 2030 umzusetzen. Dazu gehören insbesondere ein verbesserter Schutz vor Wohnungsverlust, z.B. durch den Ausbau von zentralen Fachstellen zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit, sowie die Schaffung von Wohnraum speziell für wohnungslose Menschen.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Wohnungslosigkeit ist die extremste Form von Armut in unserer Gesellschaft und stellt eine soziale Notlage dar. Wir dürfen nicht zulassen, dass immer mehr Menschen auf der Straße verelenden und insbesondere Familien mit Kindern mangels eigener Wohnung in Notunterkünften untergebracht werden müssen. Der im April dieses Jahres verabschiedete Nationale Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit der Bundesregierung hat wichtige Leitlinien zur Überwindung der Wohnungslosigkeit bis 2030 festgeschrieben. Jetzt kommt es darauf an, diese Leitlinien in konkrete Maßnahmen zu übersetzen und sie schnellstmöglich umzusetzen. Das Recht auf Wohnen muss für alle Menschen in unserer Gesellschaft Wirklichkeit werden.“

Weitere Informationen:

Pressemitteilung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) und weiterer Partnerorganisationen „Die Not wohnungsloser Menschen erlaubt keinen Aufschub!“ 

Wissen kompakt: Wohnungs- und Obdachlosigkeit: 
www.diakonie.de/wissen-kompakt-wohnungs-und-obdachlosigkeit

Quelle: Pressemitteilung Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 11.09.2024

Im Zuge der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg ist der Anteil der Frauen unter den Abgeordneten in allen drei Parlamenten erneut merklich gesunken. Der Deutsche Juristinnenbund e. V. (djb) betrachtet mit Sorge, dass sich mit dem zum zweiten Mal in Folge sinkenden Frauenanteil ein besorgniserregender Trend verfestigt.

In Sachsen sank der Frauenanteil unter den Abgeordneten von 31,7 % im Jahr 2014 auf 27,7 % im Jahr 2019 und liegt aktuell bei nur noch 27,5 %. In Thüringen fiel der Anteil von 38,5 % im Jahr 2014 auf 31,1 % im Jahr 2019 und beträgt jetzt 30,7 %. Auch in Brandenburg zeigt sich ein deutlicher Rückgang: Dort lag der Frauenanteil 2014 bei 35,2 %, fiel 2019 auf 31,8 % und beträgt jetzt nur noch 29,5 %.

„Mit dem sinkenden Frauenanteil in den Landesparlamenten verliert die Politik einen wichtigen Talentpool genauso wie die weibliche Perspektive auf die großen Aufgaben, die wir bewältigen müssen. Es besteht akuter Handlungsbedarf, um eine Verfestigung dieses Trends zu verhindern“, stellt die Präsidentin des djb, Ursula Matthiesen-Kreuder, fest.

Bereits jetzt sind in nur wenigen Bundesländern mehr als ein Drittel der Abgeordneten in den Landesparlamenten weiblich. Der Rückgang in Sachsen, Thüringen und Brandenburg ist besonders besorgniserregend. Ein solcher Trend kann jedoch umgekehrt werden, wie das Beispiel des Bundestags zeigt: 2013 betrug der Frauenanteil im Bundestag 36,5 %, sank 2017 auf 30,7 % und liegt in der aktuellen Wahlperiode wieder bei 34,8 %.

Im Jahr 2019 erklärten die Landesverfassungsgerichte von Brandenburg und Thüringen die Paritätsgesetze der beiden Länder, mit denen eine gleiche Verteilung der Macht in den Parlamenten sichergestellt werden sollte, für verfassungswidrig. Daraus folgt jedoch nicht, dass Paritätsgesetze grundsätzlich verfassungswidrig sind. Der djb fordert die Gesetzgeber auf, verfassungskonforme Paritätsgesetze zu erarbeiten und zu erlassen, um Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes vollumfänglich Geltung zu verschaffen.

Die gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen wird auch durch eine politische Kultur gehemmt, die Menschen mit Care-Aufgaben benachteiligt. Solche Hindernisse können beseitigt werden, etwa durch Anreize in der Parteienfinanzierung für paritätische Kandidat*innenaufstellungen. Darüber hinaus muss das politische Ehrenamt familienfreundlicher gestaltet werden, um alle Menschen zur politischen Teilhabe zu befähigen. Parteien sind gefordert, durch gezielte Förderung mehr Frauen in Parteiämter, Kandidaturen und Parlamente zu bringen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 26.09.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) fordert, dass gesetzgeberische Maßnahmen im Gesellschaftsrecht im Zuge der Nachhaltigkeitsregulierung auch Geschlechtergerechtigkeit einbeziehen müssen. Anlässlich des 74. Deutschen Juristentags (djt) in Stuttgart, der vom 25. bis 27. September 2024 stattfindet, ruft der djb dazu auf, diesen Aspekt stärker zu berücksichtigen. Hintergrund ist die geplante Diskussion der wirtschaftsrechtlichen Abteilung, die sich lediglich auf den Klimawandel beschränkt. Der djb kritisiert, dass diese enge Fokussierung dem international verankerten sozial-ökologischen Nachhaltigkeitskonzept widerspricht, das für einen effektiven Klimaschutz erforderlich ist, sowie den nachhaltigkeitsfördernden Rechtsakten des Europarechts. Soziale Aspekte, die für eine umfassende Nachhaltigkeitstransformation nötig sind, insbesondere die Geschlechtergerechtigkeit, werden ignoriert. Diese ist jedoch ein zentraler Bestandteil der sozialen Nachhaltigkeit und als SDG Nr. 5 explizites Ziel der Agenda 2030 der Vereinten Nationen, sowie Gegenstand aller relevanten Unionsrechtsakte zur Nachhaltigkeitsförderung.

„Damit die Nachhaltigkeitstransformation der Wirtschaft im Einklang mit dem Europäischen Recht gelingt, muss der deutsche Gesetzgeber über klimafördernde Maßnahmen im Gesellschaftsrecht hinausgehen und Geschlechtergerechtigkeit berücksichtigen“, sagt die Präsidentin des djb, Ursula Matthiessen-Kreuder.

Der djb hat dies bereits mehrfach in seinen Stellungnahmen zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie in diversen Pressemitteilungen betont und konkrete Vorschläge gemacht, wie Geschlechtergerechtigkeit in Gesetzgebung und Praxis integriert werden kann. Risikomanagement, Berichtspflichten und Unternehmensstrategien können im Einklang mit den europäischen Vorgaben der CSRD und CSDDD entsprechend angepasst werden. Dieses Vorgehen basiert auf dem Konzept der regulierten Selbstregulierung, das auch Grundlage der djb-Konzeption für ein Gleichstellungsgesetz in der Privatwirtschaft ist und Wege zur Diskriminierungsfreiheit im Unternehmen aufzeigt.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 25.09.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt ein Jahr vor der Bundestagswahl eine klare Zukunftsvision für eine kinder- und jugendgerechte Politik an. Diese sollte aus Sicht der Kinderrechtsorganisation mit einer Kommunikation auf Augenhöhe mit den Kindern und Jugendlichen einhergehen. „Politische Kommunikation auf Augenhöhe mit der jungen Generation, insbesondere in den Sozialen Medien, wird immer wichtiger, findet aber kaum statt. Zudem werden politische Entscheidungsprozesse von Kindern und Jugendlichen als sehr intransparent erlebt. Obwohl sie eigentlich viel mehr beteiligt werden und ihre eigene Lebenssituation auch aktiv mitgestalten wollen, haben sie viel zu wenige Möglichkeiten dazu, was letztlich zu einem massiven Vertrauensverlust in die Politik und demokratische Prozesse führt und sie für vermeintlich einfache Lösungen empfänglich macht. Das haben wir bei der Europawahl, aber auch bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und zuletzt in Brandenburg deutlich gesehen. Wir schlagen deshalb ein 10-Punkte-Programm zur Demokratieförderung und Wiederherstellung des Vertrauens von Kindern und Jugendlichen in das politische System und für eine kinder- und jugendgerechtere Politik vor“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Es braucht eine eigene Kinder- und Jugendstrategie der demokratischen Parteien und Lösungen dafür, wie Kinder und Jugendliche sich besser gesehen fühlen und tatsächlich gehört werden. Zu einer solchen Strategie gehört auch die Verankerung ihrer Rechte im Grundgesetz. Diese sind ein unverzichtbarer Baustein, um die Rechtsposition von Kindern und Jugendlichen in Deutschland deutlich zu stärken, die Ausrichtung staatlicher Stellen am Kindeswohlvorrang zu etablieren, sowie damit einhergehend kindgerechtere Lebensbedingungen und bessere Entwicklungschancen für alle jungen Menschen zu schaffen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Kinderrecht auf Beteiligung zu. Mit der Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention besteht insgesamt die große Chance, langfristig eine tragfähige Grundlage für ein kinder- und familienfreundlicheres Land zu schaffen“, sagt Thomas Krüger.
 
Grundlegend ist für das Deutsche Kinderhilfswerk dabei eine solidarische Politik zugunsten aller Kinder und Jugendlichen, unabhängig von ihrem Wohnort, ihrer Herkunft oder ihrem Aufenthaltsstatus. Wörtlich heißt es im 10-Punkte-Programm: „Zielsetzung von guter, kind- und jugendgerechter Politik muss es sein, gesellschaftliche Spaltung aufzulösen und Sicherheit für alle Kinder zu schaffen, unabhängig von ihrer Herkunft. Die aktuelle Politik führt durch die Übernahme populistischer Narrative jedoch bei vielen Kindern zu Angst vor Anfeindungen auf offener Straße und einem Gefühl von Ungleichwertigkeit. Statt eines Ausspielens von Interessen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen gegeneinander braucht es eine solidarische Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, die Kindern und Jugendlichen wirtschaftliche, soziale und kulturelle Perspektiven gleichermaßen aufzeigt und Lust macht auf gemeinsame Gestaltung der Gesellschaft.“
 
In dem 10-Punkte-Programm wird zudem eine bessere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an politischen Entscheidungen und eine bessere Demokratiebildung schon für die Jüngsten gefordert. „Wichtig ist außerdem, endlich die Kinderarmut in Deutschland entschieden anzugehen, dafür braucht es eine Kindergrundsicherung, die die Armutszahlen spürbar senkt und sich damit an den tatsächlichen Bedarfen der Kinder und Jugendlichen orientiert. Wir müssen gleichzeitig die Strukturen der Kinder- und Jugendarbeit nachhaltig stärken, um Kinder und Jugendliche auch außerhalb der Schule und des Elternhauses pädagogisch zu begleiten und Extremismusprävention zu gewährleisten“, so Krüger weiter.
 
„Da kritische und konstruktive gesellschaftliche Teilhabe auch von einem gesunden gesellschaftlichen Diskurs lebt, braucht es heutzutage zudem mehr Medienbildung für Kinder und Jugendliche, sowie gleichermaßen für Eltern und Fachkräfte, damit diese insbesondere im Hinblick auf Problemfelder wie Desinformation und Hassrede besser für einen prodemokratischen Austausch gewappnet sind. Und für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes braucht es mehr als Lippenbekenntnisse, stattdessen muss schlichtweg mehr Geld in die Hand genommen werden, beispielsweise für massive Investitionen in Infrastruktur, Wohnraum, Bildungseinrichtungen, Kinder- und Jugendhilfe und Klimaschutz. Aber durch die Beibehaltung der Schuldenbremse in der aktuellen Form droht den Erwachsenen von morgen eine marode Infrastruktur von gestern“, sagt Thomas Krüger.

Das „10-Punkte-Programm zur Demokratieförderung von Kindern und Jugendlichen“ kann unter https://eur04.safelinks.protection.outlook.com/?url=http%3A%2F%2Fwww.dkhw.de%2F10-punkte-programm&data=05%7C02%7Cnikola.schopp%40awo.org%7Cb61b903fc3b24de0022f08dcdf83ccd3%7Cf026a523d5334b919b617289d1a292c3%7C0%7C0%7C638633833325762924%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C0%7C%7C%7C&sdata=YU3Pp8EOZyHIW2JKFtFZ6295jwE11F0OuN6leM%2BnmPM%3D&reserved=0 heruntergeladen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 28.09.2024

Morgen gehen die Aktionstage „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ zu Ende und bereits heute können die Organisatoren ein durchweg positives Fazit ziehen: Erneut haben zehntausende Kinder an den Aktionstagen teilgenommen. Schulklassen und Kitagruppen in ganz Deutschland waren zwei Wochen lang aufgerufen, selbstständig zu Fuß, mit dem Roller oder Fahrrad zur Schule und zum Kindergarten zu kommen. Gleichzeitig konnten die vom ökologischen Verkehrsclub VCD und dem Deutschen Kinderhilfswerk (DKHW) gemeinsam mit dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) organisierten Aktionstage einen Meilenstein erreichen: Seit 2007 haben mehr als eine Million Kinder an den Aktionstagen teilgenommen.

Jeden September sind bei den Aktionstagen „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ Kinder, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte und Eltern dazu aufgerufen, den Weg zu den Bildungseinrichtungen umweltschonend und sicher ohne Auto zurückzulegen. Dabei konnte mit verschiedenen Projekten gezeigt werden, dass es Alternativen zum Elterntaxi gibt, die einen sicheren Kita- und Schulweg ermöglichen und den Kindern zusätzlich Spaß an der Bewegung vermitteln.

Die an den Aktionstagen teilnehmenden Schulen und Kindergärten haben sich auch in diesem Jahr wieder viele kreative Aktionen einfallen lassen. Die besten Projektideen zeichnen die Verbände mit Preisen aus: Insgesamt 25 Laufräder, Roller und Kinderfahrräder wurden dafür vom Unternehmen PUKY zur Verfügung gestellt.

Der erste Platz geht an das „Kinderhaus St. Gallus” in Konstanz (Baden-Württemberg). Mit einem vielfältigen und interaktiven Programm förderte das Kinderhaus das Verständnis für Mobilität und Sicherheit im Straßenverkehr sowie den Spaß an der Bewegung. Zu den Aktivitäten zählten mit Fußabdrücken gekennzeichnete sichere Fußwege oder simulierte Zebrastreifen zur sicheren Überquerung der Einfahrt vom Parkplatz hin zur Einrichtung. Begleitet wurden die Mitmachaktionen durch tägliche Gesprächskreise über Nachhaltigkeit, Mobilität, Verkehrssicherheit sowie Mitbestimmungsmöglichkeiten von Kindern und eine abschließende Feedbackrunde mit den Kindern und ihren Eltern.

Den zweiten Platz belegt die Kindertagesstätte „Die kleinen Strolche“ in Lübs (Sachsen-Anhalt). Im Rahmen eines „Oma&Opa-Tages“ wurde eine gemeinsame Verkehrsrallye organisiert, bei der die Kinder verschiedene Fragen rund um das Thema Verkehrserziehung beantworten mussten. Zudem suchten sie im Dorf nach den „VerkehrsStrolchen” – bunt bemalten Konservendosen, die sie zuvor selbst gestaltet und zusammengebaut hatten.

Über den dritten Platz kann sich die Fred-Vogel-Grundschule aus Fredersdorf (Brandenburg) freuen. Vor der Aktionswoche wurden neue Schülerlotsinnen und Schülerlotsen ausgewählt und ausgebildet, um den gesamten Schulweg zu sichern. Jede Klasse führte während der Aktionswoche ein Schulwegtagebuch, das am Ende der Woche ausgewertet wurde. Die Klassen mit den besten Ergebnissen erhielten Prämien für ihre Pausen-Bewegungsbox. Für die Klassen 4 bis 6 gab es zudem einen Fotowettbewerb, um auf bessere Sichtbarkeit in der Dunkelheit aufmerksam zu machen.

Und es gibt noch weitere Preise zu gewinnen: Noch bis zum 11.10.2024 läuft der Mitmachwettbewerb der Aktionstage. Teilnehmen können alle Schulen, Kindergärten oder auch für den Schul- bzw. Kitaweg aktive (Sport-)Vereine und ähnliche Einrichtungen wie Kinderhäuser und Familienzentren. Infos dazu unter http://www.zu-fuss-zur-schule.de/mitmachen/mitmachaktion-2024.

Kerstin Haarmann, VCD-Bundesvorsitzende: „Für Kinder hat es so viele Vorteile, wenn sie ihre Wege selbstständig zurücklegen. Damit sich Eltern und ihr Nachwuchs dabei sicher fühlen können, brauchen wir kindgerechte Infrastruktur. Das bedeutet: gute Fuß- und Radwege, Tempo 30 und Schulstraßen, wo immer dies möglich ist. Kommunen haben dank der neuesten StVO-Reform endlich mehr Spielraum. Den müssen sie jetzt auch nutzen und unsere Straßen sicherer machen — für die Kinder und für uns alle!“

Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes: „Die vielen tollen Projekte während der Aktionstage zeigen, dass Kinder eine sehr gute Einschätzung davon haben, was sie für einen sicheren Weg zur Schule oder in die Kita brauchen. Zum Beispiel weniger chaotische Zustände vor den Eingängen, indem weniger Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule oder zur Kita bringen. Eltern können sich an den Kindern ein Beispiel nehmen und lernen, dass Zufußgehen, Radeln und Rollern Spaß macht und das Selbstbewusstsein der Kinder stärkt.“

Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des VBE: „Das Lernen beginnt nicht erst im Schulgebäude. Der Schulweg kann viel bieten, seien es Umwelteindrücke oder soziales Interagieren. Zudem stärkt das selbstständige Zurücklegen des Weges zu Fuß, mit dem Rad oder Roller die körperliche und geistige Gesundheit. Auch in diesem Jahr beweisen die Projekte, wie einfache Änderungen Großes bewirken können. Mögen sie auch bei schlechterem Wetter und bei Gegenwind ihr Engagement fortsetzen.“

Zum Hintergrund: Das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW), der ökologische Verkehrsclub VCD und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) haben vom 16. bis zum 27. September 2024 Schulen und Kindertageseinrichtungen in ganz Deutschland zur Teilnahme an den Aktionstagen „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ aufgerufen. Auf der Webseite http://www.zu-fuss-zur-schule.de/ können auch nach den Aktionstagen Aktions- und Spielideen eingesehen, konkrete Tipps heruntergeladen sowie Materialien bestellt werden. Die Aktionstage stehen unter der Schirmherrschaft der Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Christine Streichert-Clivot. Botschafterin der Aktionstage „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ ist die Fernsehmoderatorin Enie van de Meiklokjes.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V., VCD Verkehrsclub Deutschland und Verband Bildung und Erziehung (VBE) vom 26.09.2024

Die Kinder und Jugendlichen in Deutschland bewerten ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten bei Entscheidungen, die sie betreffen, sowohl im familiären Bereich als auch in den Schulen als ausbaufähig. 57 Prozent können in ihren Familien häufig mitbestimmen, in Schulen sind es hingegen nur noch 29 Prozent. Für 24 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die Mitglied in Vereinen sind, gehört Mitbestimmung dort häufig zum Alltag. 22 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die Freizeiteinrichtungen wie Jugendzentren oder Jugendclubs nutzen, sagen, dass sie dort häufig mitbestimmen können. Die Mitbestimmung bei kommunalen Entscheidungen ist auf einem katastrophalen Niveau: Hier geben nur 5 Prozent der Kinder und Jugendlichen an, dass sie häufig bei Entscheidungen, die sie betreffen, mitbestimmen können.

Dabei zeigen sich teils deutliche Unterschiede in den Meinungen der Kinder und Jugendlichen in den Bundesländern, beispielsweise bei der Mitbestimmung in den Kommunen. So sagen 19 Prozent der Befragten in Bremen, 9 Prozent in Nordrhein-Westfalen und 8 Prozent in Berlin, Hamburg und dem Saarland, dass sie häufig bei kommunalen Entscheidungen, die sie betreffen, mitbestimmen können. In Baden-Württemberg (1 Prozent) und Sachsen (3 Prozent) sind es hingegen deutlich weniger.

„Frühe Beteiligungserfahrungen fördern die sozialen Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen und leisten zugleich einen fundamentalen Beitrag zur langfristigen Stärkung unserer Demokratie. Aber trotz des großen Wunsches nach Mitsprachemöglichkeiten werden Kinder und Jugendliche in der Praxis regelmäßig übergangen. Hier muss dringend nachgebessert werden, Mitbestimmungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen müssen bei allen Angelegenheiten, die sie betreffen und auf allen Ebenen zum Standard werden“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Studien zeigen deutlich, dass für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen klare und verbindliche gesetzliche Regelungen und nachprüfbare Qualitätsstandards notwendig sind. Hierzu zählen insbesondere klare Verantwortlichkeiten und verbindliche Verfahren sowie ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen in den Kommunen. Es braucht aber auch ein gesellschaftliches Klima, das Kinder und Jugendliche ernst nimmt und ihnen Mitsprache auf Augenhöhe ermöglicht. Gerade bei der kommunalen Mitbestimmung liegt Vieles im Argen. Hier leistet beispielsweise das Vorhaben ,Kinderfreundliche Kommunen‘, dem sich bundesweit bereits rund 60 Kommunen angeschlossen haben, wertvolle Arbeit“, so Holger Hofmann.

Die Umfrage, für die vom Sozial- und Politikforschungsinstituts Verian deutschlandweit 3.218 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren online unter Nutzung eines Access-Panels befragt wurden, ist Teil des 2. „Kinderrechte-Index“ des Deutschen Kinderhilfswerkes. Den Index wird das Deutsche Kinderhilfswerk im nächsten Jahr veröffentlichen, die Umfrage geht als ein Teilaspekt in diese Studie ein. Beim Kinderrechte-Index wird der Stand der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in verschiedenen Lebensbereichen von Kindern und den damit verbundenen Politikfeldern in den deutschen Bundesländern gemessen und evaluiert. Weitere Informationen zum Kinderrechte-Index unter http://www.dkhw.de/kinderrechte-index und zur aktuellen Umfrage unter http://www.dkhw.de/kinderrechte-index-aktuell-beteiligung.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 09.09.2024

Kitas sind bedeutende Orte für die Entwicklung von Kindern. Was und wie sie hier lernen, prägt ihr weiteres Leben. Trotz regionaler Unterschiede ist der elterliche Bedarf an qualitativ hochwertiger Kindertagesbetreuung weiterhin hoch und kann nur mit einer Fachkräfteoffensive begegnet werden. Die Fortschreibung des Kita-Qualitätsgesetzes ist ein wichtiger Schritt. Nachhaltige Qualitätsverbesserungen lassen sich aber nur durch bundesweite Mindeststandards erreichen.

„Fast 3 Millionen Kinder unter 6 Jahren waren 2023 in einer Kindertagesbetreuung. Die Fortführung des Kita-Qualitätsgesetzes ist der richtige Schritt, damit der Mehrbedarf zu keinem Qualitätsabbruch führt und Voraussetzungen geschaffen werden, dass Kitas überall in Deutschland modern und qualitätsorientiert arbeiten können“ erklärte Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes.

In Zeiten der Kitakrise, in denen die elterlichen Bedarfe weiterhin die Angebote übersteigen, ist das Signal aus Berlin mit der Fortschreibung des Programmes für weitere zwei Jahre wichtig. Zukünftig können die Länder in sieben Handlungsfeldern Bundesmittel in Höhe von insgesamt 2 Milliarden Euro pro Jahr einsetzen. Das Gesetz legen einen Fokus auf die Fachkräftegewinnung und -sicherung. Die Priorisierung unterstreicht die Bedeutung der Fachkräfte als Grundvoraussetzung für eine gute Betreuung. Fachkräfte gewährleisten die Kompetenz im frühkindlichen System. Sie sichern die Qualität der pädagogischen Arbeit, die Chancen einer guten Bildung und sorgen infolgedessen für eine bessere Vereinbarkeit.

„Jetzt brauchen die Länder gute Strategien, denn ein Gesetz und Absichtserklärungen bringen noch keine Fachkräfte“, sagte Hoffmann und merkte an: „Allerdings bleiben die Gelder auf dem gleichen Niveau wie bisher. Aufgrund der allgemein bekannten Preissteigerungen der letzten Jahre bräuchte es einen Inflationsausgleich. Die jährlichen Bundesmittel müssten auf 2,4 Milliarden Euro pro Jahr angehoben werden.“

Nachhaltige Verbesserungen in der Kita-Qualität könnten aber nur durch bundesweite Mindeststandards in grundsätzlichen Qualitätsbereichen erreicht werden. Dies ließe eine Gleichwertigkeit von Kitas trotz regionaler Verschiedenheit zu. Im Zentrum müssen hier bessere Betreuungsschlüssel stehen. Diese stellen sicher, dass Kinder individueller gefördert werden können. Schlechte Betreuung bedeutet in der Regel Folgekosten, weil es zu schlechterer Bildung und geringeren Chancen kommt. Die Investitionen in die Kita-Qualität sind nicht nur eine wichtige Unterstützung für Familien, sondern auch ein zentraler Baustein, um langfristig gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Studien zeigen, dass eine qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung wesentliche Grundlagen für späteren schulischen und beruflichen Erfolg legt. Sie trägt zur Reduzierung sozialer Ungleichheit bei und fördert Integration und Teilhabe.

„Ziel unserer Gesellschaft muss es sein, Kindern einen bestmöglichen Start ins Leben und in ihre Bildungskarriere zu ermöglichen, Eltern mit ihrem jeweiligen Familienleben besser zu unterstützen und damit für mehr Vereinbarkeit zu sorgen“ betont Hoffmann.

Die Stellungnahme des Familienbundes zum aktuellen Gesetzentwurf finden sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 23.09.2024

Gerade einmal 40 Prozent der Mütter stillen ihre Babys bis zum Ende des vierten Monats ausschließlich, obwohl fast 90 Prozent der schwangeren Frauen stillen wollen [1]. Gründe dafür sind unter anderem fehlendes Wissen sowie mangelnde Beratung und Unterstützung während dieser wichtigen Lebensphase. Die diesjährige Weltstillwoche (30.09. – 06.10.2024) hat daher das Motto „Stillfreundliche Strukturen. Für alle.“ und wirbt dafür, Schwangere und stillende Mütter besser zu unterstützen. Mit vielfältigen Informations- und Bildungsangeboten tragen das Netzwerk Gesund ins Leben und 55 Partnerinstitutionen dazu bei, dass die Strukturen und Rahmenbedingungen stillfreundlicher werden.

Schwangere und Stillende werden idealerweise an den unterschiedlichsten Orten unterstützt: Bereits in der Schwangerschaft informieren die Frauenarztpraxis, Hebamme und Geburtsklinik zum Stillen. Nach der Geburt stehen im Krankenhaus individuelle Unterstützung für einen guten Stillstart und Bindungsförderung im Vordergrund, und vom Wochenbett bis zum Ende der Stillzeit begleiten fachkundige Hebammen, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger, Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte, Gesundheitsfachkräfte der Frühen Hilfen und Stillberaterinnen die Frauen mit ihrer Expertise. Aber auch Familienberatungsstellen, Mutter-Kind-Kurse, Elterncafés und Apotheken sind Anlaufstellen und können informieren und unterstützen. Davon profitieren alle Frauen, unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund und ihren persönlichen Möglichkeiten.

Gemeinsam mit seinen Partnerinstitutionen verbreitet das Netzwerk Gesund ins Leben Fachwissen für alle, die zum Stillen beraten, sowie Infomaterial für Familien. Eine wichtige Rolle spielen dabei die 44 Mitglieder des Akteursnetzwerks zur Stillförderung mit ihren vielfältigen Anknüpfungspunkten zu jungen Familien: Berufsverbände, Kostenträger, Selbsthilfeverbände, Beratungsinstitutionen, politische Akteurinnen und Akteure sowie Kommunikationsfachleute arbeiten gemeinsam daran, möglichst alle Schwangeren, Stillenden und jungen Familien zu erreichen. Mit gemeinsamen und aufeinander abgestimmten Kommunikationsmaßnahmen verfolgen sie das Ziel, die Stillfreundlichkeit in Deutschland nachhaltig zu verbessern. Dies ist ein Ziel der 2021 von der Bundesregierung verabschiedeten Nationalen Strategie zur Stillförderung, die auf die strukturelle Verbesserung der Rahmenbedingungen zum Stillen setzt.

Stillen fördert vielfältig und wirksam die Gesundheit von Mutter und Kind, das ist wissenschaftlich belegt: Bei Frauen, die gestillt haben, sinkt das Risiko für Krebserkrankungen der Brust und der Eierstöcke ebenso wie das für Typ 2-Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Säuglinge, die ausschließlich gestillt wurden, haben ein geringeres Risiko für den plötzlichen Kindstod und erkranken seltener an Mittelohrentzündungen, Magen-Darm- und Atemwegsinfekten sowie Typ 2-Diabetes als Kinder, die im ersten Lebensjahr mit industriell hergestellter Säuglingsnahrung ernährt werden. Jede Unterstützung des Stillens ist daher ein Beitrag zur Prävention und gesundheitlichen Chancengleichheit und senkt nachweislich die Gesundheitskosten.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sowie die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) unterstützen die Weltstillwoche und begrüßen Maßnahmen und Initiativen zur Verbesserung der Stillfreundlichkeit in Deutschland.


Aktionen und Materialien rund um die Weltstillwoche 2024 vom 30. September bis 6. Oktober:

Zudem finden bundesweit zahlreiche Presseaktivitäten und lokale Aktionen statt, z. B. in babyfreundlichen Krankenhäusern, stillfreundlichen Landkreisen oder auf Initiative von weiteren engagierten Menschen.

 

 

[1] Brettschneider A-K et al. Stillverhalten in Deutschland – Neues aus KiGGS Welle 2. In: Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 2018; 61: 920–925

 

Hintergrundinformation:
Unter Beteiligung von WHO und UNICEF ist die Weltstillwoche die größte gemeinsame Kampagne aller stillfördernden Organisationen weltweit. Ziel ist es, Stillen als natürliche und selbstverständliche Ernährung für Säuglinge in den Mittelpunkt zu stellen und sowohl Familien als auch die Gesellschaft über die positiven Effekte des Stillens zu informieren.

Gesund ins Leben ist ein Netzwerk von Institutionen, Fachgesellschaften und Verbänden zur Förderung der frühkindlichen Gesundheit – von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter. Das Netzwerk ist hauptverantwortlich für die Kommunikation der Nationalen Strategie zur Stillförderung der Bundesregierung. In enger Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle der Nationalen Strategie zur Stillförderung am Institut für Kinderernährung am Max Rubner-Institut wird das Ziel verfolgt, die Stillfreundlichkeit in Deutschland nachhaltig zu verbessern.

Das Netzwerk gehört zum Bundeszentrum für Ernährung. Dieses ist in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung angesiedelt, im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Das Netzwerk Gesund ins Leben ist Teil des Nationalen Aktionsplans IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung.

Quelle: Pressemitteilung Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) vom 11.09.2024

Ein Jahr vor der Bundestagswahl zeigt eine neue Umfrage im Auftrag von Save the Children, dass die von der Regierung beschlossene Erhöhung von Kindergeld und Kindersofortzuschlag der großen Mehrheit der Eltern nicht weit genug geht. Die Ergebnisse untermauern die Forderung der Kinderrechtsorganisation nach einem umfassenden Konzept zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit mit Blick auf Kinder und Familien in Deutschland.

„5 Euro mehr pro Monat und immer noch keine Kindergrundsicherung – die Bundesregierung enttäuscht im Kampf gegen Kinderarmut“, sagt Eric Großhaus, Experte für Kinderarmut und soziale Ungleichheit bei Save the Children. „Unsere Umfrage zeigt: Eltern befürworten mehrheitlich eine breite Palette von Maßnahmen. Es braucht keine Kosmetik, sondern ein umfassendes Konzept. In einem Jahr wird ein neuer Bundestag gewählt – noch kann die Regierung das Ruder herumreißen und sich als starke Kraft gegen Kinderarmut profilieren. Der Bundestag muss sich auf eine echte Kindergrundsicherung einigen, die wirklich etwas verändert – und zwar für alle Kinder in Deutschland.“

An der im August von forsa durchgeführten repräsentativen Befragung nahmen Eltern von Schulkindern zwischen sechs und 17 Jahren teil. 84 Prozent halten die ab 2025 geplante Erhöhung des Kindergeldes und des Kindersofortzuschlags um jeweils nur fünf Euro nicht für ausreichend, um Kinderarmut zu bekämpfen. Als geeignete Maßnahme zur Unterstützung armutsgefährdeter Kinder werden von 93 Prozent mehr Investitionen in Bildung bewertet. Hohe Zustimmung erhalten auch mehr kostenlose Freizeitangebote und mehr finanzielle Unterstützung. Bessere Informationen und einfachere Möglichkeiten, Sozialleistungen zu beantragen, finden 58 Prozent sinnvoll.

„Das Recht auf Freizeit und Teilhabe steht allen Kindern in Deutschland zu“, sagt Nicole Trieloff, Expertin für Kinderarmut und soziale Ungleichheit bei Save the Children. „Die Umfrage zeigt aber, dass 13 Prozent der Eltern nicht genug Geld haben, um ihren Kindern abwechslungsreiche Freizeitangebote zu ermöglichen. Hobbys und Freizeitspaß sind ein Schlüssel für Teilhabe, Integration und die kindliche Entwicklung. In einem reichen Land wie Deutschland darf die Herkunft nicht darüber entscheiden, ob Kinder ihre Potenziale ausschöpfen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.“

Während die Umfrage keine nennenswerten Unterschiede bei der Situation von Familien in Stadt und Land oder West- und Ostdeutschland zeigt, wird eine Benachteiligung von Frauen und alleinstehenden Elternteilen deutlich. So sagen mehr Frauen (17 Prozent) als Männer (10 Prozent), dass sie nicht über genügend finanzielle Mittel verfügen, um ihren Kindern abwechslungsreiche Freizeitaktivitäten und Hobbys zu ermöglichen. Mit der Zahl der Kinder steigt dieser Prozentsatz.

Forderungen von Save the Children:

  • eine einfach zugängliche Kindergrundsicherung für alle Kinder
  • eine Neuberechnung des Existenzminimums von Kindern, das soziale Teilhabe ermöglicht
  • mehr Investitionen in soziale Infrastruktur und Bildung
  • eine Gesamtanstrengung aller beteiligten Akteur*innen gegen Kinderarmut

Weitere wichtige Ergebnisse der Umfrage:

  • 13 Prozent der befragten Eltern haben nicht genug Geld, um ihren Kindern abwechslungsreiche Freizeitangebote zu ermöglichen. Unter den alleinlebenden Elternteilen sind es sogar 29 Prozent und bei Familien im unteren Einkommenssegment (unter 3.000 Euro netto) 37 Prozent.
  • Mehr kostenlose Freizeitangebote sind aus Sicht von 83 Prozent ein hilfreiches Instrument. 69 Prozent sagten, mehr finanzielle Unterstützung sei geeignet.
  • Fast drei Viertel der Eltern in Deutschland (73 Prozent) gehen davon aus, dass sich die finanzielle Situation für Familien in den nächsten Jahren verschlechtern wird. Im unteren Einkommenssektor wird die Lage besonders pessimistisch gesehen: Diejenigen mit einem Nettohaushaltseinkommen von weniger als 3.000 Euro im Monat gehen zu 79 Prozent von einer Verschlechterung für Familien aus.

Die Umfrage im Auftrag von Save the Children führte die forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH in einer repräsentativen bundesweiten Befragung unter Eltern zum Thema Kinderarmut sowie zu den Freizeitaktivitäten ihrer Kinder durch. Im Rahmen der Untersuchung wurden 1.000 nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählte Eltern von Schulkindern zwischen sechs und 17 Jahren befragt. Die Erhebung fand im August 2024 im Rahmen der täglichen telefonischen Mehrthemenumfrage forsa.omnitel statt. Die vollständige Studie stellen wir gerne auf Anfrage zur Verfügung.

Save the Children Deutschland gehört dem zivilgesellschaftlichen Bündnis Kindergrundsicherung an und vertritt mit 19 weiteren Organisationen ein eigenes Konzept für die Reform. Mehr zum Thema Kinderarmut in Deutschland erfahren Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Save the Children Deutschland e.V. vom 10.09.2024

Heute verhandelt der Deutsche Bundestag das Steuerfortwicklungsgesetz, das unter anderem Kindergelderhöhungen und für besserverdienende Familien höhere Kinderfreibeträge für 2025 und 2026 vorsieht. Eine Kindergrundsicherung für alle Kinder würde besonders alle Familien ohne oder mit kleinen Einkommen unterstützen. Über diese diskutieren die Ampel-Fraktionen dagegen weiterhin, Ausgang offen. „Wir appellieren dringend an die Verhandler*innen, zumindest die ursprünglich mit der Kindergrundsicherung geplanten Verbesserungen für Kinder von Al-leinerziehenden im SGB II umzusetzen“, mahnt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e. V. (VAMV).
„Alleinerziehende und ihre Kinder sind zu 41 Prozent armutsbetroffen. Vom Kinderfreibetrag profitieren Alleinerziehende wegen ihrer geringen Einkommen selten. Kindergelderhöhungen kommen bei ihnen kaum an, da das Kindergeld auf den Unterhaltsvorschuss und im SGB II voll angerechnet wird. Falls sich die Ampel nicht auf eine Kindergrundsicherung einigen kann, müssen zumindest die geplanten Verbesserungen für Alleinerziehende im SGB II verankert wer-den: Kindeseinkommen wie Unterhalt oder Unterhaltsvorschuss darf nur noch zu 45 Prozent auf den Bedarf eines Kindes angerechnet werden. Und damit es dadurch tatsächlich zu finanziellen Verbesserungen kommt, muss parallel der Kindergeldübertrag abgeschafft werden, das heißt, das Kindergeld darf auch nicht mehr bei dem al-leinerziehenden Elternteil angerechnet werden. Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel, Alleinerziehende stärker zu unterstützen, darf die Ampel nicht aus dem Blick verlieren“, fordert Jaspers.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. vom 26.09.2024

Der Bundestag berät heute in 1. Lesung das Jahressteuergesetz 2024 und morgen das Steuerfortentwicklungsgesetz. Weiter eine Leerstelle ist jedoch die im Koalitionsvertrag versprochene Steuergutschrift für Alleinerziehende. „Wir appellieren an den Finanzminister, die Verantwortung für die Finanzierung zu übernehmen und die letzte Gelegenheit für eine Umsetzung der Steuergutschrift nicht zu verpassen. Alleinerziehende haben die Steuergutschrift noch nicht abgeschrieben“, mahnt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e. V. (VAMV).

„Für Alleinerziehende mit kleinen und mittleren Einkommen ist die Steuergutschrift ein Gewinn. Selbstverständlich darf die Finanzierung nicht „kostenneutral“ durch eine Umverteilung zwischen Alleinerziehenden unterschiedlichen Einkommens erfolgen. „Versprechen müssen gehalten werden, und wer eine finanzielle Verbesserung verspricht, muss dafür Geld in die Hand nehmen“, betont Jaspers.
„Im Vergleich zu Ehepaaren mit Splittingvorteil zahlen Alleinerziehende bei vergleichbaren Einkommen deutlich mehr Steuern. Das ist ungerecht: Höhere Steuern trotz Mehrbelastung. Deshalb muss die steuerliche Entlastung von Alleinerziehenden verbessert werden: Eine Steuergutschrift kann besser als der jetzige steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende typische Mehrbelastungen ausgleichen, da sie für eine größere Gruppe von Alleinerziehenden eine spürbare Wirkung hat“, so Jaspers.

Aktuell steht Alleinerziehenden ein steuerlicher Entlastungsbetrag in Höhe von 4.260 Euro zu (§ 24b EStG). Dieser verringert das zu versteuernde Einkommen. Wie bei jeder Steuerentlastung gilt: Je höher das Einkommen, umso höher ist der finanzielle Vorteil. Die Steuergutschrift wird dagegen von der individuellen Steuerschuld abzogen. Das führt besonders bei kleinen Einkommen zu einer Verbesserung. Ist die Steuerschuld niedriger als die Steuergutschrift, wird die Differenz als Gutschrift ausgezahlt. Dabei darf es selbstverständlich zu keiner Verschlechterung kommen, auch nicht im Zusammenspiel mit anderen Leistungen. Somit muss die Steuergutschrift aktuell mindestens bei der maximalen Wirkung des heutigen Entlastungsbetrags von 2.028 Euro im Jahr liegen und sollte dynamisiert sein.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. vom 25.09.2024

Das Bundesjustizministerium hat einen Referentenentwurf zum FamFG veröffentlicht, der den Gewaltschutz im familiengerichtlichen Verfahren verbessern soll. Hierzu erklärt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV): „Viele im Entwurf geplanten Neuregelungen könnten zu einer Ver-besserung des Gewaltschutzes führen, allerdings müssen diese noch wei-ter gehen, um die Istanbul-Konvention tatsächlich umzusetzen.“

Jaspers kritisiert: „Den Neuregelungen muss der Gewaltbegriff der Istanbul-Konvention zugrunde gelegt werden. Es darf nicht an den engeren Gewaltbegriff des Gewaltschutzgesetzes angeknüpft werden. Andernfalls droht psychische Gewalt und wirtschaftliche Gewalt aus dem Blick zu geraten. Ein umfassender Gewaltschutz in umgangs- und sorgerechtlichen Verfahren, wie Artikel 31 Istanbul-Konvention ihn verlangt, kann so nicht gelingen. Mit der Ratifizierung dieser Konvention zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen hat Deutschland sich bereits 2018 zur Umsetzung verpflichtet.“

Geplant ist u.a. in Kindschaftssachen die Amtsermittlungspflichten des Gerichts zu konkretisieren, damit bei Anhaltspunkten für das Vorliegen von Partnerschaftsgewalt auch Ermittlungen zum Schutzbedarf und ein Gefahrenmanagement im familiengerichtlichen Verfahren erfolgen. Die Einführung eines Wahlgerichtsstands für Kindschafts-, Abstammungs- und Kindesunterhaltssachen soll für eine bessere Geheimhaltung des aktuellen Aufenthaltsorts eines von Partnerschaftsgewalt betroffenen Elternteils sorgen. Kritisch sieht der VAMV, diese Wahlmöglichkeit an das Einleiten eines Gewaltschutzverfahrens oder an das Bestehen einer Gewaltschutzanordnung zu knüpfen. „Diese Voraussetzungen sind zu eng und werden den Realitäten gewaltbetroffener Elternteile nicht gerecht“, erläutert Daniela Jaspers. „Der VAMV plädiert dafür, die Flucht in eine Schutzeinrichtung oder das Vorliegen anderer Anhaltspunkte für Partnerschaftsgewalt wie Ermittlungsakten oder medizinische Befunde als Anknüpfungspunkt für die Eröffnung eines Wahlgerichtsstandes gesetzlich zu verankern“.

„Der Referentenentwurf enthält wichtige Ansätze für einen besseren Gewaltschutz. Er kann aber nur ein Baustein sein, dem weitere folgen müssen, um die Istanbul-Konvention umfassend umzusetzen“, resümiert Jaspers.“ „Hierzu gehört eine Fortbildungspflicht, so dass alle am familien-gerichtlichen Verfahren beteiligten Professionen ausreichende Kenntnisse zu den Formen häuslicher Gewalt, ihrer Dynamiken, ihrer Auswirkungen auf gewaltbetroffene Elternteile und über Auswirkungen von miterlebter Gewalt auf Kinder haben. Auch das angekündigte Gewalthilfegesetz mit einem Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung und dem schrittweisen bedarfsgerechten Ausbau der Frauenunterstützungsstruktur muss dafür noch in dieser Legislatur verabschiedet werden.“

Die Stellungnahme des VAMV zum Referentenentwurf finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. vom 16.09.2024

  • Sozialverband VdK fordert einen starken Sozialstaat
  • Finanzierungprobleme wären durch Bekämpfung von Steuerhinterziehung gelöst

Von Dienstag an berät der Bundestag über den Haushalt 2025. Dazu sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele:

„Der Haushaltsentwurf birgt die Gefahr, die Gesellschaft weiter zu spalten. Die Regierungsparteien müssen dringend gemeinsam und ohne öffentlichen Streit einen Haushalt auf den Weg bringen, der den Sozialstaat stärkt. Kürzungen im Sozialbereich und drohende Beitragserhöhungen bei Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung führen zu noch mehr Unzufriedenheit bei vielen Menschen. Wir brauchen einen starken Sozialstaat, der alle unterstützt, die Unterstützung brauchen. So müssen Menschen mit geringen Löhnen und Arbeitssuchende, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sowie Menschen mit Behinderung auf die Solidarität der Gemeinschaft bauen können. Das kann der derzeitige Bundeshaushalt leider nicht leisten.

Die Bundesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag deutlich mehr versprochen. Der VdK vermisst zum Beispiel die Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige, für die kein Geld ausgegeben werden soll. Gespart wird hingegen bei den Bundeszuschüssen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung. Jetzt stehen steigende Versicherungsbeiträge und Leistungskürzungen bei Pflege- und Krankenversicherung im Raum, aufgrund der fehlenden Übernahme versicherungsfremder Leistungen. Der Staat kann die Beitragsstabilität sicherstellen, wenn er zum Beispiel notwendige Investitionen aus dem Bundeshaushalt finanziert.

Streichungen im Sozialbereich wären nicht nötig, würde sich die Regierung endlich nachdrücklich darum kümmern, Steuerhinterziehung und -vermeidung zu bekämpfen. Rund 100 Milliarden Euro Einnahmen gehen dem Staat nach Schätzungen von Expertinnen und Experten so jährlich verloren. Würde man Steuerschlupflöcher schließen, wäre also bei weitem genug Geld da, um einen starken Sozialstaat zu finanzieren.“

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland e.V. vom 10.09.2024

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 10. Oktober 2024

Veranstalter: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und Nationales Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule

Ort: digital via Webex

Beim Online-Fachtag „Küchen und Mensen für einen kindgerechten Ganztag“ am 10. Oktober 2024 werden vielfältige Aspekte der Umsetzung von Gemeinschaftsverpflegung für Kinder im Ganztag beleuchtet: (Um-)Bauvorhaben von Küchen und Mensen, über Verpflegungskonzepte bis zur pädagogischen Begleitung im Schul-und Hort-Alltag. Es werden ein Einblick in die Thematik vermittelt und praktische Umsetzungsbeispiele dargestellt. Der Fachtag richtet sich an Verantwortliche in Kommunen und Ländern: z.B. Schulträger, Schulämter, Fachreferate für Kinderbetreuung, Träger der Kinder und Jugendhilfe, Jugendämter und Jugendhilfeausschüsse.

Zum Hintergrund
Wenn Kinder im Grundschulalter ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote in Anspruch nehmen, gehört gesundes Essen und Trinken unter Berücksichtigung des DGE-Qualitätsstandards für die Verpflegung in Schulen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. dazu. Eine bedarfsgerechte Schulverpflegung leistet einen wichtigen Beitrag zum gesunden Aufwachsen von Kindern. Aus diesem Grund ist eine ausgewogene Ernährung in Schulen und Horten das Ziel der Ernährungsstrategie der Bundesregierung.
Auch die KMK, die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, empfiehlt, dass in ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangeboten für jedes Kind ein gesundes Mittagessen angeboten wird – ein wichtiger Beitrag zum Wohlbefinden der Kinder.
Ab 1. August 2026 wird durch das Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) stufenweise ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter eingeführt. Er gilt ab dem Schuljahr 2029/2030 für alle Kinder in den Klassenstufen 1 bis 4. Den erforderlichen Ganztagsausbau unterstützt der Bund mit Finanzhilfen in Höhe von bis zu 3,5 Milliarden Euro für Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur. Auch an den Betriebskosten wird sich der Bund beteiligen und durch eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung die Länder dauerhaft unterstützen. Die Mittel wachsen ab 2026 jährlich auf bis zu 1,3 Milliarden Euro pro Jahr ab 2030.
Für die steigende Anzahl an Schülerinnen und Schüler in Ganztagsbetreuung schaffen Kommunen, Schul- und Hortträger die baulichen Voraussetzungen. Häufig ist eine zentrale Aufgabe, Küchen und Mensen einzurichten, auszuweiten oder neu zu bauen.

Die Einladung und das ausführliche Programm finden Sie unter ganztagsschulen.org und recht-auf-ganztag.de

Termin: 17. Oktober 2024

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. und DeZIM-Instituts

Ort: Berlin

Fürsorge und Unterstützung sind zentrale Merkmale familiärer Beziehungen, insbesondere zwischen den Generationen. Die Familie nimmt damit eine herausragende Rolle für das wirtschaftliche, soziale und emotionale Wohlergehen von Menschen in Deutschland ein. Beispielweise wird die überwiegende Mehrheit pflegebedürftiger Personen von Angehörigen in häuslicher Umgebung gepflegt. Der Staat trägt dem durch gesetzliche Regelungen und Fördermaßnahmen Rechnung, die Familien bei ihren Fürsorgeaufgaben unterstützen sollen.

Gleichzeitig hat sich Familienleben in Deutschland durch Migration verändert. Zahlreiche Familien leben mittlerweile über staatliche Grenzen hinweg getrennt. Dies erschwert familiäre Fürsorge und Unterstützung in vielerlei Hinsicht. Forschungsergebnisse des DEZIM-Instituts zeigen: Jede zweite nach Deutschland zugewanderte Person hat Eltern im Ausland. Erwachsene Kinder unterstützen dabei ihre Eltern im Ausland in gleichem Maße wie jene mit Eltern im Inland. Sie erleben dies jedoch als stärker belastend, u.a. aufgrund bürokratischer und aufenthaltsrechtlicher Einschränkungen sowie höherer beruflicher und finanzieller Risiken.

Können aktuelle Regelungen, Maßnahmen und Institutionen die Herausforderungen einer zunehmenden diversen Bevölkerung hinreichend abdecken? Dies tangiert den Umgang mit sozialen Ungleichheiten, aber auch den enormen Fachkräftebedarf in Deutschland und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Diese und weitere Themen stehen im Fokus der gemeinsamen Veranstaltung der AGF und des DeZIM-Instituts. Die Grundlage bildet die Vorstellung von Ergebnissen eines aktuellen Forschungsprojekts des DeZIM-Instituts zu transnationaler intergenerationaler Fürsorge am Beispiel der Unterstützung von Eltern. Anschließend werden Vertreter*innen von Betroffenen, aus Politik und Zivilgesellschaft sowie der Wissenschaft gemeinsam ins Gespräch kommen und Implikationen für Regelungen und Maßnahmen in den verschiedenen betreffenden politischen Handlungsfeldern diskutieren.

Programm:

Begrüßung: Prof. Dr. Magdalena Nowicka, DeZIM-Institut, und Sven Iversen, Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen

Präsentation der Forschungsergebnisse: Dr. David Schiefer, DeZIM-Institut

Gesprächsrunde unter anderem mit

  • Andreas Schulze, Abteilungseiter „Demografischer Wandel, Ältere Menschen, Wohlfahrtspflege“ des BMFSFJ
  • Prof. Dr. Manuela Westphal, Universität Kassel
  • Dr. Annette Hilscher, Verband binationaler Familien und Partnerschaften
  • Dr. Mehmet Alpbek, Föderation Türkischer Elternvereine in Deutschland, Bundeselternnetzwerk
  • Gökay Akbulut, MdB Die Linke, Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
  • Donald Ilte, Leiter der Abteilung Pflege in der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege

Weitere Informationen und Updates zu unseren Veranstaltungen finden Sie hier: https://ag-familie.de/de/aktuelle-veranstaltungen/

Anmeldung bis 16.10.2024, 12:00 Uhr über folgenden Link: https://dezim.limequery.com/781238?newtest=Y&lang=de

Termin: 18. Oktober 2024

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

In der sog. Täterarbeit setzen sich meist gewaltausübende Männer im Kontext häuslicher Gewalt mit ihren Gewaltausübungen und deren Auswirkungen auf die Familienmitglieder, also die Kinder und Partner*innen, auseinander. Sie ist essenziell für deren Schutz. Die Männer erarbeiten dabeigewaltfreie Strategien, um ein partnerschaftliches, fürsorgliches und verantwortungsvolles Miteinander in Familie zu leben. Täterarbeit kann am besten in einem Kooperationsbündnis von mehreren Institutionen, wie z. B. auch der Kinder- und Jugendhilfe, den Frühen Hilfen und der Familienhilfe, gelingen. In dieser Veranstaltung gehen wir den Fragen nach wie Täterarbeit gerade auch mit Blick auf Kinder umgesetzt wird und die Einbettung im Kooperationsbündnis aussehen kann.

An der Veranstaltung wirkt mit:
Referentin: Daniela Hirt, Diplom-Sozialarbeiterin/-Sozialpädagogin (FH), Systemische Familientherapeutin (SG), Traumapädagogin/traumazentrierte Fachberaterin (DeGPT/BAG-TP) und Fachkraft für Täterarbeit Häusliche Gewalt BAG TäHG (FTHG) arbeitet als Projektleitung, Fachberaterin und Fortbildnerin im Bereich Restorative Justice in der Justiz und führt Gewaltpräventionsangebote Häusliche Gewalt im In- und Ausland durch
Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:

Katrin Frank, Referentin Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-465, E-Mail: faf@paritaet.org.

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:

Stefanie Sachse, Sachbearbeitung Referat Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-323, E-Mail: stefanie.sachse@paritaet.org

Termin: 15. und 16. November 2024

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung

Ort: Online

Mach dich fit für die nächste Kommunalwahl in NRW 2025

Noch immer sind nur ein Drittel der Mandatsträger*innen in der Kommune Frauen. Frauen und marginalisierte Gruppen sind nicht ausreichend repräsentiert, Mehrheiten für ihre Perspektiven fehlen.

  • Wir brauchen mehr Frauen in verantwortlichen Funktionen.
  • Wir brauchen mehr Netzwerke und Empowerment untereinander.
  • Wir brauchen eine Neuausrichtung.

Hierarchische Machtgefüge und überholte Rollenbilder müssen hinterfragt und abgebaut werden, um gleichen Zugang zu Ressourcen für alle zu gewährleisten. Und natürlich muss sich auch die politische Kultur ändern. Leichter gesagt als getan.

Wir möchten Frauen in ihrer Vielfalt unterstützen und den Austausch untereinander fördern. Gemeinsam erreichen wir mehr!

Mach dich geballt fit für die nächste Kommunalwahl! Sei dabei, damit deine Anliegen und Ideen nicht verloren gehen! Nutze den Austausch mit anderen Frauen bei unserer online Tagung, auch wenn du schon ein kommunales Mandat hast. Werde ein Vorbild für andere.

Du bist schon ehrenamtlich aktiv, und strebst ein politisches Mandat in der Kommune an? Du kannst dir vorstellen, ganz neu in die Kommunalpolitik einzusteigen, um mitzumischen? Du bist bereits im Rat oder Kreistag und benötigst einen Motivationsschub durch den gemeinsamen Austausch, oder möchtest anderen gerne kollegiale Tipps geben?

Dann haben wir genau das Richtige für dich! Es erwarten dich zwei Tage mit zahlreichen Workshops, kollegialem Austausch und Vernetzung, alles online.
So kannst du entspannt von zu Hause aus Fortbildung genießen, und dich mit anderen außerhalb deiner Kommune vernetzen. Auch Gleichstellungsbeauftragte sind herzlich willkommen.

Wir laden dich ein, in jeweils zweistündigen Workshops zu den Themen Zeitmanagement, Resilienz, Interview-Training, Best-Practice, Networking, kreative Wahlkampfideen, Wissenssnack Basics Kommunalpolitik und vieles mehr.

Die Teilnahmegebühr beträgt 40 Euro.
Das vollständige Programm und unsere Speakerinnen/Teamerinnen findest du auf der Homepage, wo du dich auch anmelden kannst:

Mehr Frauen in die (Kommunal) Politik (fes.de). 

Nach der Anmeldung erhältst du eine Rechnung und ein Formular für deine Workshop-Wünsche.

Anmeldung

Programm

Termin: 16. November 2024

Veranstalter: Bundeselternvertretung der Kinder in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege (BEVKi) in Kooperation mit Landeselternausschuss Rheinland-Pfalz (LEA RLP)

Ort: Mainz

Die Bundeselternvertretung der Kinder in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege (BEVKi) feiert in diesem Jahr ihr 10-jähriges Bestehen. Obwohl wir in den vergangenen Jahren bereits vieles bewegt haben, stehen wir weiterhin vor immensen Herausforderungen im Bereich der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE): Fachkräftemangel, fehlende KiTa-Plätze, KiTa-Gebühren, fehlende Bildungs- und Chancengerechtigkeit, zu große Gruppen, aber auch zu geringer oder unflexibler Betreuungsumfang prägen derzeit die KiTa-Landschaft. Auch die mangelnde Zuverlässigkeit der KiTa-Betreuung belastet Familien, zerstört Lebensentwürfe und nimmt Bildungschancen.

Die Themen drängen und belasten – daher packen wir’s an! Gemeinsam mit Ihnen diskutieren wir bereits vorhandene Lösungsansätze, entwickeln neue Ideen und betrachten positive Beispiele. Wir möchten alle Engagierten im Bereich der FBBE zusammenbringen, unterschiedliche Perspektiven beleuchten und daraus Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung ableiten. Dabei soll insbesondere das ehrenamtliche Eltern-Engagement gewürdigt und die Elternmitwirkung gestärkt werden.
Denn: Eine gute KiTa gibt es nur mit einer guten Elternmitwirkung!

Rheinland-Pfalz ist im KiTa-Bereich in vielen Aspekten Vorreiter: Komplette Beitragsfreiheit ab dem 2. Lebensjahr bis zum Schuleintritt, Gestaltung der KiTa in der Verantwortungsgemeinschaft des Beirats, eine starke gesetzliche Elternmitwirkung auf allen Ebenen – dies sind nur einige positive Beispiele, an denen wir uns orientieren können. Deshalb wird sich die Politik hochrangig an diesem Kongress beteiligen: Neben Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Mitgliedern der Landesregierung Rheinland-Pfalz wird u. a. auch der Mainzer Oberbürgermeister Haase vor Ort sein. Wir werden zeigen, dass eine gute KiTa und Beitragsfreiheit kein Gegensatz sind und dass die aktive Mitsprache der Eltern eine wesentliche und wichtige Voraussetzung für gute KiTas ist.

Der Bundeselternkongress richtet sich an Eltern und Elternvertretungen, Fachkräfte, Trägerorganisationen, Verbände und Vereine, Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft, Politikerinnen und Politiker sowie die interessierte Öffentlichkeit.

Es erwartet Sie ein vielfältiges Angebot an Fachvorträgen und Workshops mit viel Raum für Vernetzung und Erkenntnisgewinn. Während eines ganztägigen „Marktes der Begegnungen“ gibt es die Möglichkeit, mit Organisationen, Trägern, Verbänden und Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartnern ins Gespräch zu kommen und sich über ihre Arbeit zu informieren.

Der Kongress ist für alle Teilnehmenden kostenlos. Für das leibliche Wohl ist gesorgt.
Das Hauptprogramm wird in die deutsche Schriftsprache überführt.
Für Kinder bis 12 Jahre wird eine kostenlose Betreuung vor Ort zur Verfügung stehen.

Für eine Kongressteilnahme bitten wir um eine Anmeldung bis 18. Oktober 2024.

Termin: 29. Januar 2025

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung in Kooperation mit Deutschen Gewerkschaftbund

Ort: Berlin

Seit dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn. Seine Einführung war kontrovers diskutiert worden: Manche Seiten prognostizierten den Verlust von Millionen Arbeitsplätzen sowie das Ende der Tarifautonomie.

Nach 10 Jahren lässt sich jedoch feststellen: Die Einführung des Mindestlohns ist ein Erfolgsmodell. Millionen Menschen haben mehr im Geldbeutel. Vor allem Frauen und Beschäftigte in Ostdeutschland profitieren von ihm. Auch hat er, das belegt die Forschung, keine Arbeitsplätze gekostet.

Aber auch Erfolgsmodelle müssen sich weiterentwickeln, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Wir möchten mit Dir und Ihnen am 29. Januar 2025 im DGB-Haus Berlin darüber diskutieren, welche Auswirkungen der gesetzliche Mindestlohn über die letzten 10 Jahre hatte, welche Herausforderungen sich heute stellen und wie er auch in Zukunft als Mindeststandard den deutschen Arbeitsmarkt verlässlich nach unten absichert.

Wir bitten darum, den Termin schon einmal vorzumerken.

Ein detailliertes Programm folgt diesen Herbst.

WEITERE INFORMATIONEN

Im Jahr 2024 hat das Bündnis „Sorgerarbeit fair teilen“ einen Newsletter ins Leben gerufen. Jeweils zum Quartalsende wird von den neuesten Bündnisaktivitäten berichtet und Relevantes zum Thema Sorgearbeit aus Wissenschaft, Forschung, Politik sowie den Mitgliedsorganisationen des Bündnisses und anderer Verbände zusammentragen.

Die Anmeldung erfolgt auf der Website: https://www.sorgearbeit-fair-teilen.de/

Der Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung im Grundschulbereich, der ab 2026 jahrgangsweise in Kraft tritt, wird den Bildungs- und Lebensraum Schule spürbar und nachhaltig verändern. Neben der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf soll er gute und zeitgemäße Bildung für alle ermöglichen und dazu beitragen, den in Deutschland weiterhin starken Zusammenhang zwischen familiärer Herkunft und Bildungserfolg zu entkoppeln.

Was nötig ist, um die mit dem Recht auf Ganztag verbundenen bildungspolitischen Ziele zu erreichen, ist Gegenstand der im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung erarbeiteten Expertise „Ganztag als Chance“. Ein zentrales Ergebnis: Ganztag muss gestaltet werden. Entscheidend für die Wirkung ist nicht das bloße Vorhandensein entsprechender Angebote, sondern ihre Qualität. Zusätzlich zu dem bereits herausfordernden Ausbau entsprechender Kapazitäten in vielen Bundesländern braucht es deshalb große Anstrengungen mit Blick auf die Steuerung, Planung und Durchführung ganztägiger Angebote.

Was macht gute Ganztagsangebote aus? Wie müssen sie gestaltet sein, um erfolgreiche Lernprozesse zu unterstützen und damit auch Bildungsungleichheit zu reduzieren? Ansatzpunkte hierfür identifiziert die vorliegende Expertise in Form konkreter Handlungs- und Entwicklungsfelder und benennt spezifische – vor allem pädagogische und organisatorische – Stellschrauben und Qualitätskriterien für eine gelingende Gestaltung schulischer Ganztagsangebote.

Den komplette Diskurs finden Sie hier: FES diskurs | Ganztag als Chance

Das ESF Plus-Programm „ElternChanceN – Mit Elternbegleitung Familien stärken“ des BMFSFJ startet in die 2. Förderphase vom 01.06.2025 bis zum 31.05.2028. Für jedes geförderte Projekt – unter Beteiligung von qualifizierten Elternbegleiterinnen und Elternbegleitern – sollen in der 2. Förderphase Personal- und Sachkosten bei einer dreijährigen Projektlaufzeit zur Verfügung gestellt werden. Der Eigenanteil der Träger beträgt 10 Prozent.

Im Rahmen von ElternChanceN werden Bausteine gelingender Elternzusammenarbeit/ -begleitung in der (frühen) Kindheit konzipiert und unter Einbezug von sozialen Einrichtungen in der Region umgesetzt. Dabei sollen Netzwerke im Sinne kommunaler Präventionsketten entstehen. Um Familien in besonderen Lebenslagen zu unterstützen, werden mit dem Programm passgenaue, am Bedarf der Familien orientierte Bildungsangebote realisiert – von niedrigschwellig bis in formalisierter Form. Gefördert werden eine Koordinierungsstelle mit 0,5 VZÄ sowie Elternbegleiter:innen bis zu 1,0 VZÄ pro Projekt. Aufgabe der Koordinierungsstelle ist der Auf- bzw. Ausbau des Netzwerkes Elternbegleitung sowie die Gesamtkoordination des Projekts vor Ort. Die geförderten Elternbegleiter:innen arbeiten Hand in Hand mit der Koordinierungsstelle und setzen Angebote für Familien vor Ort um.

Die Auswahl der Projekte erfolgt über ein zweistufiges Verfahren und besteht aus einem Interessenbekundungsverfahren (Stufe 1) und einem sich daran anschließenden Antragsverfahren (Stufe 2). Antragsberechtigt sind Kommunen und freie Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Die Teilnahme steht Trägern der 1. Förderphase sowie neue Interessenten offen. Das Interessenbekundungsverfahren zur 2. Förderphase läuft vom 09. September bis zum 04. November 2024.

Weitere Informationen finden Sie im „Aufruf Interessenbekundungsverfahren“ auf www.elternchancen.de

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ZFF-Info

ZFF-Info 11/2024

AUS DEM ZFF

Das ZFF hat die Möglichkeit wahrgenommen, eine Stellungnahme zum Referent*innenentwurfs eines zweiten Jahressteuergesetzes 2024 (2. Jahressteuergesetz 2024 – JStG 2024 II) zu verfassen.

In unserer Stellungnahme kritisieren wir, dass das, was uns nun mit dem zweiten Jahressteuergesetz vorliegt, zu einem großen Teil eine massive Förderung von einkommensstarken Familien über Steuerentlastungen darstellt. Die im Vergleich zum Kindergeld stärkere Anhebung der Kinderfreibeträge, von denen besonders vermögende Haushalte profitieren, steht aus Sicht des ZFF in einem starken Missverhältnis zur weiterhin fehlenden Förderung von Familien, die Leistungen aus dem SGB II erhalten, weil sie bspw. kleine Gehälter aufstocken müssen.

Darüber hinaus fehlt uns, wie schon im ersten Jahressteuergesetz, die Einführung einer Steuergutschrift für Alleinerziehende. Gemeinsam mit einem großen Verbändebündnis haben wir gefordert, das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag endlich umzusetzen und eine Steuergutschrift als Abzugsbetrag von der Steuerschuld einzuführen.

Die Umsetzung der im Koalitionsvertrag angekündigten Überführung der Steuerklassen III/V ins Faktorverfahren hingegen begrüßen wir, da dadurch insbesondere die Nettolöhne der meist weniger verdienenden Frauen besser ihre tatsächlichen Einkommensverhältnisse abbilden.

Unsere Stellungnahme finden Sie hier: https://www.zukunftsforum-familie.de/wp-content/uploads/20240717_ZFF_SN_2.-JSG_final.pdf

Anlässlich des heute im Kabinett beschlossenen Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2025 sind das Zukunftsforum Familie (ZFF) e. V. und das Bundesjugendwerk der AWO e. V. zutiefst bestürzt: In Anbetracht der gegenwärtigen Situation, in der die Gesellschaft zunehmend auseinander driftet, immer mehr junge Menschen von der Politik enttäuscht sind und sich abgehängt fühlen und rechte bis rechtsextreme, demokratiegefährdende Kräfte immer mehr Zuwachs erfahren, sind die Mittel, die im sogenannten Kinderpaket – also Leistungen für Familien, Kinder und Jugendliche – angemeldet wurden, viel zu gering. Dies sendet fatale Signale. Gerade jetzt müssen wir Kindern und Jugendlichen Mut machen, nicht über sie, sondern mit ihnen sprechen und ihre Anliegen ernst nehmen. Nur so können sie zuversichtlich in die Zukunft schauen können. Dieses Ziel wird mit den angekündigten Maßnahmen weit verfehlt werden.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF erklärt dazu: „Dieser Haushaltsentwurf zeigt allen, die seit Jahren vor den verheerenden Folgen des Aufwachsens innerhalb struktureller Benachteiligung durch Armutserfahrung warnen, die kalte Schulter. Die Schieflage zwischen der Bevorteilung vermögender Familien und der Vernachlässigung von Haushalten mit kleinen oder keinem Erwerbseinkommen wird manifestiert. Eine traurige Tradition wird durch die verhältnismäßig großzügige Aufstockung der Kinderfreibeträge im Vergleich zu der geringen Anhebung des Kindergeldes und des Kindersofortzuschlages fortgeführt. Es macht mich fassungslos mit wie wenig Herz und Verstand hier vorgegangen wird. Fünf Euro mehr im Monat für Kinder, die im permanenten Mangel aufwachsen ist angesichts der gestiegenen Kosten eine Farce. Wir müssen das System vom Kopf auf die Füße stellen – das hatten wir mit der Einführung der Kindergrundsicherung erwartet. Von diesem Vorhaben ist nun nichts mehr zu erkennen. Dabei ist es jetzt nötiger denn je: Wir brauchen eine #EchteKindergrundsicherung, deren Höhe armutsvermeidend ist, durch eine automatische Auszahlung auch verdeckte Armut verhindert und zudem sozial gerecht ausgestaltet ist.“

Sophie Friederike Schmitz, Vorsitzende des Bundesjugendwerks der AWO e.V. ergänzt: „Das sogenannte ’starke Kinderpaket‘ ist eine Mogelpackung, womit die Koalition abermals das Vertrauen junger Menschen verspielt. Als Jugendverband setzen wir uns seit Jahren gegen Kinderarmut und für soziale Gerechtigkeit ein. Wir erleben in unserem Verbandsleben immer wieder die Auswirkungen von Armut auf die Teilhabemöglichkeiten betroffener Kinder und Jugendlicher. Jungen Menschen in Armut wurde die Einführung einer Kindergrundsicherung versprochen, welche die größte Sozialreform der Ampel werden und endlich den ernsthaften Kampf gegen Kinderarmut in Deutschland beginnen sollte. Stattdessen ist in der Haushaltseinigung für 2025 von ihr nicht mehr viel geblieben. Bundesfinanzminister Lindner hat der Kindergrundsicherung für diese Wahlperiode eine klare Absage erteilt. Für uns heißt das übersetzt: Sie wird auf unbestimmte Zeit verschoben. Der Kampf gegen Kinderarmut kann jedoch nicht länger warten. Hinzukommt, dass sowohl beim Kinder- und Jugendplan als auch bei den Freiwilligendiensten keine ausreichenden Mittel bereitgestellt wurden, um den steigenden Kosten gerecht zu werden. Vielmehr soll insbesondere bei den Freiwilligendiensten gekürzt werden. Eine nachhaltige Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft und für junge Menschen sieht anders aus. Wir appellieren an die Mitglieder des Bundestages, bei den Haushaltverhandlungen im Herbst nachzusteuern und sich ernsthaft für Kinder und Jugendliche einzusetzen. Weder Kürzungen noch Stillstand sind im Interesse junger Menschen. Sparpolitik kostet uns die Zukunft!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 17.07.2024

Die Spitzen der Bundesregierung haben sich auf Eckpunkte für den Bundeshaushalt 2025 geeinigt. Während Details noch weitgehend unbekannt sind, enthält die Einigung bereits eine klare Absage an eine echte Kindergrundsicherung.  

„Die vorgelegten Eckpunkte sind für uns enttäuschend”, fasst AWO-Präsident Michael Groß das Ergebnis der nächtlichen Haushaltseinigung zusammen. „Statt mit einer Reform der Schuldenbremse oder zumindest einem Sondervermögen dringend notwendige Investitionen in die soziale Infrastruktur anzustoßen, verliert sich die Regierung im Klein-Klein.” Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) fordert schon seit Jahren ein Ende der Sparpolitik von Finanzminister Lindner, um soziale Dienste und Einrichtungen nachhaltig finanzieren zu können. Da der Kompromiss der Ampel-Parteien an der Schuldenbremse festhält, bleibt der große Wurf auch diesmal aus.  

Einzelne Punkte aus der Einigung seien aber durchaus zu begrüßen: Die angekündigte Anschubfinanzierung für Langzeitarbeitslose, die wieder in Arbeit kommen, sowie die Neuregelung der Arbeitserlaubnis für Geflüchtete seien Schritte in die richtige Richtung. “Uns freut, dass der Bund sich mit zwei Milliarden Euro weiterhin für die Kita-Qualität einsetzt, dass der Kinder- und Jugendplan immerhin auf aktuellem Niveau abgesichert sein soll und bei den Freiwilligendiensten nicht so drastisch gekürzt wird wie befürchtet. Aber auch hier gilt: Wir müssen abwarten, was am Ende konkret im Haushaltsentwurf steht und wie es um andere wichtige Bereiche bestellt sein wird, zu denen noch nichts bekannt ist”, so Groß 

Besonders schwer wiegt die Enttäuschung bei der Kindergrundsicherung: Hier scheint nun nicht einmal eine Verwaltungsreform übrig geblieben zu sein, die Familien dabei unterstützt, leichter an die ihnen zustehenden Leistungen zu kommen. Dazu kommt, dass die vereinbarte Erhöhung des Kindergeldes um fünf Euro sozial ungerecht ist, da sie arme Kinder und Jugendliche nicht erreicht. Die Erhöhung des Kindersofortzuschlags um fünf Euro ist derweil nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.  

Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie (ZFF), erklärt dazu: „Es ist frustrierend, dass weder die Regierung noch das Parlament im Stande zu sein scheinen, grundlegende Verbesserungen im Kampf gegen die Armut von Kindern und Jugendlichen auf den Weg zu bringen. Die nun vorgestellten Eckpunkte erfüllen nicht im Ansatz das, was es braucht, um Kinderarmut dauerhaft und substanziell zu beenden.”  

Gemeinsam haben AWO und ZFF nochmals ihre Grundperspektiven auf eine notwendige Reform hin zu einer Kindergrundsicherung in einem kurzen Papier dargelegt. Dieses finden Sie hier. 

AWO und ZFF sind seit der Gründung Mitglied im Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG. Weitere Informationen zum Konzept des Bündnisses und seinen Forderungen finden Sie hier. 

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 05.07.2024

SCHWERPUNKT: Kabinettsbeschluss Haushalt 2025

Bundeskabinett beschließt Etat des Bundesfamilienministeriums für 2025

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf des Regierungshaushalts 2025 beschlossen. Der Entwurf für den Etat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sieht für 2025 Ausgaben in Höhe von rd. 14,44 Mrd. Euro vor. Damit steigt der Etat im Vergleich zu 2024 um rund vier Prozent. Dem Bundesfamilienministerium steht im Jahr 2025 ein Plus von 570 Mio. Euro zur Verfügung.

Bundesministerin Lisa Paus: „Der Etat des Bundesfamilienministeriums entwickelt sich trotz starker Sparvorgaben positiv mit einem deutlichen Aufwuchs. Wir stärken Kinder, Familien und die Demokratie in unserem Land. Mit einem umfangreichen Kinderpaket setzen wir Signale für gutes Aufwachsen in Deutschland. Unser Ziel ist, Kinderarmut zu bekämpfen und für gute frühkindliche Bildung zu sorgen. Die Erhöhung von Kindergeld, Kindersofortzuschlag und Kinderfreibetrag bereitet die erste Stufe der Kindergrundsicherung vor. Wir investieren in den kommenden zwei Jahren rund vier Milliarden Euro in die Qualität der Kitas. Denn Kinderbetreuung in hoher Qualität ist der Türöffner für die Kleinsten zu mehr Chancen im Leben, unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern.

Und auch das ist mir besonders wichtig: Zivilgesellschaftliches Engagement und den Einsatz für unsere Demokratie, gerade auch von jungen Menschen, unterstützen wir weiterhin. Bei den Freiwilligendiensten und dem Bundesfreiwilligendienst haben wir die Mittel sicherstellen können auf dem gleichen Niveau, wie sie bis Ende 2023 abgerufen wurden. Unser friedliches demokratisches Miteinander erhält gerade in diesen Zeiten einen hohen Stellenwert im Haushalt.“

Schwerpunkte im Haushalt 2025 und Kinderpaket:

Für die Bekämpfung von Kinderarmut und eine bessere Betreuungsinfrastruktur nimmt der Bund mehr Geld in die Hand.

  • Für den Kinderzuschlag für Familien mit kleinem Einkommen sind rd. 3,3 Mrd. Euro veranschlagt. Die beträchtliche Erhöhung des Ansatzes für den Kinderzuschlag (rd. 1,15 Mrd. Euro) resultiert aus einer zuletzt deutlich vermehrten Inanspruchnahme der Leistung.
  • Ab dem Jahr 2025 steigen sowohl das Kindergeld als auch der Kinder-Sofortzuschlag um 5 Euro je Kind und Monat an. Außerdem steigt der Kinderfreibetrag um 60 Euro im Jahr. Ab 2026 wird gesetzlich sichergestellt, dass Kindergeld und Kinderfreibetrag weiter zeitgleich steigen.
  • Kita-Qualitätsgesetz: Der Bund stellt den Ländern außerhalb des EP 17 jeweils 1,993 Mrd. Euro in den Jahren 2025 und 2026 (also insgesamt rd. 4 Mrd. Euro) über die Erhöhung ihres Umsatzsteueranteils für Qualitätsentwicklung in der frühkindlichen Bildung zur Verfügung.

Weitere Schwerpunkte im Haushalt 2025 des BMFSFJ:

  • Der Kinder- und Jugendplan (KJP) als zentrales Förderinstrument der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland wird mit 243 Mio. Euro in der gleichen Höhe wie 2024 fortgeschrieben.
  • Insgesamt stehen für die vielfältigen Programme in den Bereichen Familie, Jugend, Senioren, Frauen und Zivilgesellschaft des BMFSFJ im Jahr 2025 insgesamt rund 1,1 Mrd. Euro (inkl. KJP) zur Verfügung. Das sind rund 27 % mehr gegenüber dem geltenden Finanzplan.
  • Für Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie stellt das BMFSFJ in 2025 erneut 200 Mio. Euro bereit. Zivilgesellschaftliche Akteurinnen und Akteure erhalten insbesondere über das Programm „Demokratie leben!“ weiter Unterstützung bei ihrer wertvollen Arbeit.
  • Für die Freiwilligendienste sind in 2025 rund 106 Mio. Euro und für den Bundesfreiwilligendienst rund 184 Mio. € eingeplant. Die Soll-Zahlen orientieren sich an der Höhe der abgerufenen Mittel im Jahr 2023. Damit sind gute Voraussetzungen für eine Fortschreibung in der Zukunft geschaffen.

Das Elterngeld stellt mit einem Ansatz von rund 7,8 Mrd. Euro in 2025 weiterhin die größte gesetzliche Leistung im Einzelplan des BMFSFJ dar.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 17.07.2024

Verfassungsrechtliche Fragen ungeklärt

Das Kabinett hat am heutigen Mittwoch den Entwurf für den Haushalt 2025, den Finanzplan des Bundes bis 2028 sowie den Nachtragshaushalt 2024 beschlossen. Dazu erklärt der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Haase:

„Es ist zutiefst unseriös, dass die Regierung einen Haushaltsentwurf für 2025 verabschiedet, obwohl ein Betrag in zweistelliger Milliardenhöhe nicht gedeckt ist und elementare verfassungsrechtliche Fragen im Raum stehen. Mit Scheinlösungen versucht die Regierung, Handlungsfähigkeit vorzutäuschen. 

Der Entwurf ist kein ‚Gesamtkunstwerk‘, wie der Bundeskanzler sagt, sondern nur der kleinste gemeinsame Nenner. Die Probleme des Landes und der Menschen werden weiterhin nicht adressiert – etwa bei der Migration, der Verteidigung und dem Bürgergeld. Dieser Haushalt dient einzig dem Machterhalt, und dabei ist der Ampel jedes Mittel recht. So ist die Umgehung der Schuldenbremse zu befürchten, die Schuldenpolitik wird mit fast 150 Mrd. Euro in vier Jahren expansiv fortgesetzt und die Finanzplanung enthält ungedeckte Schecks von mindestens 65 Mrd. Euro. 

Der Haushalt ist eine üble Mixtur aus Luftbuchungen, Tricks und haushaltsrechtlich fragwürdigen Praktiken. Die in Rede stehende Umwandlung von Zuschüssen in Darlehen und damit die Bildung von quasi ‚Schattenhaushalten‘ sowie das Verfügbarmachen von nicht benötigten Notlagenkrediten über das KfW-Verrechnungskonto werfen erhebliche verfassungsrechtliche Fragen auf. 

Ebenso werden Mehreinnahmen in Milliardenhöhe verbucht, obwohl nicht sicher ist, ob das unterstellte Wachstum überhaupt zustande kommt. Schöngerechnet werden auch die Ausgaben für das Bürgergeld. Erfolgen hier nicht im parlamentarischen Verfahren realistische Anpassungen, steuert die Ampel auf ihren nächsten Nachtragshaushalt zu. Es wäre der dritte Nachtragshaushalt in Folge.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 17.07.2024

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat am Mittwochmittag den Haushaltsausschuss über den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2025 informiert. Der am Mittwochmorgen vom Kabinett beschlossene Entwurf sieht für das kommende Jahr Ausgaben in Höhe von 480,6 Milliarden Euro vor. Die Nettokreditaufnahme von 43,8 Milliarden Euro liegt dem Entwurf zufolge im Rahmen der Schuldenregel des Grundgesetzes.

Der Minister sprach vor dem Ausschuss von einem „Gestaltungshaushalt“. Die Schwerpunkte des Haushaltsentwurfs lägen bei der inneren und äußeren Sicherheit, beim sozialen Zusammenhalt, bei der steuerlichen Entlastung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen, beim ambitionierten Klimaschutz und bei den Investitionen in die verschiedenen Infrastrukturen. Lindner hob zudem hervor, dass die Investitionen mit 78 Milliarden Euro über dem Ansatz für dieses Jahr lägen und im Finanzplanungszeitraum bis 2028 auf hohem Niveau blieben.

Lindner erläuterte, dass die ebenfalls vom Kabinett in Eckpunkten beschlossene „Wirtschaftsinitiative“ im Entwurf des Haushalts 2025 und der Finanzplanung abgebildet sei. Ziel der Initiative sei es, das Potentialwachstum der deutschen Wirtschaft deutlich zu erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.

Unter dem Stichwort Konsolidierung verwies der Finanzminister auf die Erhöhung der Treffsicherheit des Sozialstaates. Es sei notwendig, den dynamischen Anstieg der Sozialausgaben zu begrenzen.

Lindner ging auch auf die sogenannte „Bodensatz-GMA“ (GMA: Globale Minderausgabe) ein. Diese betrage im Haushaltsentwurf übergangsweise 17 Milliarden Euro, müsse aber zur Vermeidung von Risiken im Haushaltsvollzug noch in Richtung acht bis neun Milliarden Euro reduziert werden. Dazu würden derzeit Vorschläge des Bundeskanzleramtes rechtlich und wirtschaftlich geprüft. Unter anderem wird geprüft, ob bisher als Zuschüsse verbuchte Zahlungen an die Bahn oder die Autobahn GmbH als Darlehen ausgegeben werden könnten. Diese würden dann als finanzielle Transaktion verbucht und nicht auf die Schuldenregel angerechnet.

Vertreter der Oppositionsfraktionen CDU/CSU und AfD sowie der Gruppen Die Linke und BSW äußerten sich im Ausschuss kritisch zu dem Entwurf. Zum einen wurde die politische Schwerpunktsetzung des Entwurfs bemängelt, zum anderen wurde die Beratungsreife des Entwurfs mit Verweis auf die Bodensatz-GMA in Frage gestellt. Seitens der Vertreter der Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP fiel die Bewertung des Entwurfs positiver aus. Es wurde jedoch betont, dass es sich um einen Entwurf handele, der im parlamentarischen Verfahren noch Änderungen erfahren werde.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 519 vom 17.07.2024

Die Bundesregierung hat ihren Entwurf für den Bundeshalt 2025 beschlossen. Auch wenn soziale Dienste und Angebote in Teilen nicht weiter gekürzt werden, blickt die Arbeiterwohlfahrt (AWO) ernüchtert auf das Ergebnis: Statt entscheidende Investitionen in Menschen zu tätigen, verpasst die Regierung erneut die Chance, die gemeinnützige Freie Wohlfahrtspflege zu stärken. 

 

“Auch wenn wir froh sind, dass im Bereich der Freien Wohlfahrtspflege nicht wieder der Kürzungshammer ausgepackt wurde, sind wir von diesem Haushalt nicht begeistert”, fasst AWO-Präsident Michael Groß die Lage zusammen. Eine Umfrage der Wohlfahrtsverbände hatte im Juni ergeben, dass knapp zwei Drittel der sozialen Träger in den letzten beiden Jahren bereits Angebote einschränken oder einstellen mussten. Ein Haushalt, der Kostensteigerungen nicht gerecht wird, ermöglicht keine Trendwende, so Groß: “Die Regierung hat zwar verstanden, dass unsere sozialen Dienste schon jetzt an der Belastungsgrenze sind. Gleichzeitig fehlt ihr offensichtlich der Mut, uns konsequent zu entlasten – denn dafür wäre deutlich mehr Geld nötig gewesen, um Inflation und Tarifsteigerungen in unseren Einrichtungen auszugleichen”. 

 

Während im Bereich der Migrationssozialarbeit im Vergleich zum letzten Jahr keine Kürzungen im Raum stehen, ist die psychosoziale Betreuung von Geflüchteten Gegenstand von massiven Kürzungen. Hier soll fast die Hälfte der Mittel wegfallen. Auch bei den Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt soll im dreistelligen Millionenbereich gekürzt werden. „Von den sieben Milliarden Euro, die der gesamte Haushalt im Vergleich zum Vorjahr schrumpft, um die Schuldenbremse zu halten, holt sich die Regierung mehr als die Hälfte auf dem Rücken der Ärmsten, vor allem durch härtere Sanktionen im Bürgergeld. Dort zu sparen, wo die Schmerzgrenze längst überschritten ist, scheint der Markenkern von Christian Lindners Finanzpolitik zu sein. Für die Zukunft unserer sozialen Demokratie braucht es eine Abschaffung der Schuldenbremse und eine höhere Besteuerung großer Vermögen, Erbschaften und Einkommen“, so Groß abschließend.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 17.07.2024

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erwartet Nachbesserungen beim Haushalts- und Wachstumspaket, das heute von der Bundesregierung beschlossen wurde. Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi sagte am Mittwoch in Berlin:

„Es ist gut, dass eine politische Einigung gelungen ist. Das sorgt für Stabilität und gibt den Menschen Sicherheit. Der Kanzler hat Wort gehalten und die von der FDP immer wieder ins Spiel gebrachten Sozialkürzungen abgewendet. Das ist eine große Erleichterung für hunderttausende Haushalte in ganz Deutschland und entspricht auch den Interessen der Beschäftigten, die Kürzungen beim Sozialstaat mehrheitlich ablehnen.

Positiv sind darüber hinaus die Vorschläge zur Begrenzung der Energiekosten sowie Sonderabschreibungen und gezielte steuerliche Förderungen von Investitionen und Forschung. Allerdings fehlen jegliche soziale Konditionierungen, etwa Standortgarantien und Zusagen tariflicher Entlohnung, um Mitnahmeeffekte zu minimieren und für nachhaltige Arbeitsplätze zu sorgen. 

Zweifelhaft ist allerdings, ob die arbeitspolitischen Maßnahmen im Begleitbeschluss „Wachstumsinitiative“ überhaupt irgendwelche Wachstumsimpulse setzen. In jedem Fall schafft es neue Ungerechtigkeiten, wenn Einkommen künftig unterschiedlich besteuert werden sollen. Steuerfreie Zuschüsse für Mehrarbeit und hohe Steuerfreibeträge ausländischer Fachkräfte werden ein Strohfeuer bleiben. Um das wirkliche Arbeitskräftepotential in Deutschland zu heben, bräuchte es vor allem endlich eine bessere Infrastruktur für Kinderbetreuung und Altenpflege, eine geförderte Ausbildung junger Erwachsener ohne bisherigen Abschluss und einen Rechtsanspruch auf Aufstockung der Teilzeitbeschäftigung. 

Die aktuell anhaltenden Versuche der Politik, sich beim Thema Arbeitszeit in das Kerngeschäft von Tarif- und Betriebspolitik einzumischen, weisen wir aufs Schärfste zurück. Das Arbeitszeitgesetz ist ein Schutzgesetz auf der Basis arbeitsmedizinischer Erkenntnisse und darf nicht zum Spielball der Politik werden. Wer mehr Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung will, soll mit uns Gewerkschaften faire Tarifverträge abschließen. Die Begrenzung der Arbeit dient dem Gesundheitsschutz und darf angesichts der wachsenden Zahl von erwerbsgeminderten Personen und Langzeitarbeitslosen nicht weiter abgebaut werden. Eine Politik für die Fleißigen erkennt als erstes ihre bereits bestehenden Belastungen an. 

Wir werden die genaue Ausgestaltung im parlamentarischen Prozess eng begleiten. Es liegt noch einige Arbeit vor den Abgeordneten, um aus dem Haushaltsentwurf einen Zukunftsplan für Beschäftigte und Wirtschaft zu machen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 17.07.2024

Der Paritätische Gesamtverband kritisiert geplante Kürzungen im sozialen Bereich.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband übt scharfe Kritik am Haushaltsentwurf 2025, der heute vom Kabinett verabschiedet werden soll: „Die getroffene Einigung geht zu Lasten besonders unterstützungsbedürftiger Menschen. Das fördert die soziale Spaltung, statt Zusammenhalt zu stärken“, so Dr. Joachim Rock, designierter Hauptgeschäftsführer des Paritätischen.

Während die Ampel mit den geplanten Verschärfungen im Bürgergeld drastische und völlig unverhältnismäßige Maßnahmen auf Kosten von Leistungsbeziehenden plane, drohe die Beschäftigungsförderung mit den geplanten Kürzungen vielerorts zum Erliegen zu kommen: „Das mit dem Bürgergeld verbundene Versprechen, Beschäftigung durch Qualifizierung und Weiterbildung zu fördern und Sanktionen zu reduzieren, wird mit dem vorliegenden Entwurf auf den Kopf gestellt“, so Rock. Der sogenannte Eingliederungstitel für Qualifizierung und öffentlich geförderte Beschäftigung werde nochmal reduziert, ein großer Teil davon drohe in Verwaltungausgaben der Jobcenter zu fließen und stünde dann nicht mehr für notwendige Hilfen zur Verfügung. Damit drohe vielerorts der Wegfall gerade von Hilfen für Langzeitarbeitslose.

Die angekündigte Erhöhung des Kindergeldes und des Sofortzuschlages um lediglich fünf Euro stehe in keinem Verhältnis zu der durch den Bundesfinanzminister geplanten Privilegierung einkommensstarker Familien, die durch höhere Freibeträge weitaus stärker profitierten: „Jedes Kind sollte der Bundesregierung gleich viel wert sein, stattdessen werden einkommensstarke Gruppe zusätzlich privilegiert. Soziale Ungleichheit wird zusätzlich verstärkt“, so die Befürchtung des Paritätischen.

Mit den geplanten Kürzungen drohten den bestehenden Angeboten für hilfsbedürftige Menschen massive Einschnitte. Die Förderung der Beratung und Versorgung Geflüchteter in Psychosozialen Zentren drohe nahezu halbiert zu werden, auch die Ansätze für die Asylverfahrensberatung lägen weit hinter den Bedarfen zurück. „Die Bundesregierung verkennt, dass so deutliche Kürzungen nicht nur zu einer weiteren Reduzierung von Angeboten, sondern zur Schließung von Einrichtungen und Diensten gerade in ländlichen Regionen führen können. Was einmal wegfällt, ist nur schwer wieder aufzubauen. Wir befürchten deshalb langfristige Schäden für die vielfältige, bürgernahe und gemeinnützige Infrastruktur im ganzen Land“, so Rock. Soziale Angebote drohten auch unter den angekündigten Reduzierungen im Bundesfreiwilligendienst und weiteren Freiwilligendiensten zu leiden. Hier seien Minderausgaben von 40 Millionen Euro vorgesehen.

Positiv hob der Paritätische hervor, dass zwei Milliarden Euro an Förderung für die Qualität in Kitas vorgesehen seien. Das sei ein Erfolg der Bundesfamilienministerin. Wichtig sei, dafür Sorge zu tragen, dass die Mittel auch direkt den Kindertagesstätten zugutekämen.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 17.07.2024

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

8. Jährliche Information vom Kabinett beschlossen

Die Bundesregierung hat heute die von der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Bundesminister der Justiz gemeinsam vorgelegte Achte Jährliche Information der Bundesregierung über die Entwicklung des Frauenanteils in Führungsebenen und in Gremien der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes sowie der Unternehmen mit unmittelbarer Mehrheitsbeteiligung des Bundes beschlossen. Danach ist der Frauenanteil in Führungspositionen in der Privatwirtschaft, im öffentlichen Dienst, bei Bundesunternehmen sowie in den Gremien des Bundes insgesamt kontinuierlich gestiegen.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Ich freue mich sehr darüber, dass es immer mehr Frauen in Führungspositionen gibt: ob in der Privatwirtschaft, im öffentlichen Dienst des Bundes, bei Bundesunternehmen oder in den Gremien des Bundes. Diese Entwicklung zeigt: Die gesetzlichen Vorgaben wirken. Der Bund geht mit seinen eigenen Unternehmen, den Bundesgremien und der Bundesverwaltung mit gutem Beispiel voran: derzeit liegt der Anteil der Frauen in den Führungspositionen im öffentlichen Dienst des Bundes bei 45 Prozent – bis 2025 will der Bund bei sich eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führung erreichen. Das erwarte ich ebenso von der Privatwirtschaft. Ich bin überzeugt, dass Gleichberechtigung auf Führungsebenen den wirtschaftlichen Erfolg stärkt.“

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann: „Frauen und Männer verdienen gleiche Chancen auf Führungspositionen. Die Offenlegung von Informationen über die Wirksamkeit bereits umgesetzter Maßnahmen ist dabei hilfreich, da sie den Wandel in der Unternehmens- und Verwaltungskultur fördert. Aus diesem Grund veröffentlichen wir auch in diesem Jahr erneut Daten zu Frauen- und Männeranteilen in Führungsebenen und Gremien der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes. Die Zahlen für das Jahr 2021 zeigen, dass der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der analysierten Unternehmen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Obwohl der Kulturwandel noch nicht abgeschlossen ist, befinden wir uns auf einem vielversprechenden Weg.“

Die Zahlen der 8. Jährlichen Information im Überblick:

In der Privatwirtschaft ist der Frauenanteil im Geschäftsjahr 2021 für die 2.109 betrachteten Unternehmen weitergewachsen. In den Aufsichtsräten erhöhte sich der Frauenanteil von 2015 bis 2021 von 18,6 Prozent auf 26 Prozent. In den Unternehmen, die unter die feste Quote für den Aufsichtsrat fallen, ist der Frauenanteil seit 2015 deutlich um mehr als 10 Prozentpunkte gestiegen. Bei den börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen wurde die gesetzlich vorgegebene Mindestquote von 30 Prozent im Geschäftsjahr 2021 im Durchschnitt um 5,7 Prozent übertroffen. In den Unternehmensvorständen waren Frauen im selben Zeitraum unterrepräsentiert: Ihr Anteil lag 2021 bei 11,5 Prozent. Auffällig ist der hohe Anteil an Unternehmen, die für den Frauenanteil auf Vorstandsebene die Zielgröße Null festgelegt und veröffentlicht haben. 62,1 Prozent der betrachteten Unternehmen haben Zielgrößen für den Vorstand veröffentlicht. Davon haben wiederum 53 Prozent die Zielgröße Null festgelegt.

Das Ziel im öffentlichen Dienst des Bundes lautet: Gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen bis Ende 2025. Erreicht haben wir bisher eine Steigerung des Frauenanteils auf 45 Prozent insgesamt. Die bisherigen Anstrengungen zeigen Wirkung. Ein Hebel ist der Ausbau des Führens in Teilzeit. Dazu hat das BMFSFJ einen Handlungsleitfaden vorgelegt.

Bei einer Gesamtbetrachtung aller vom Bund bestimmten Gremienmitglieder wurde ein nahezu paritätisches Verhältnis erreicht. Der Blick auf die einzelnen Gremien des Bundes zeigt, dass dies nach wie vor erst auf zwei Drittel der Gremien zutrifft. Deshalb dürfen die Anstrengungen hier nicht reduziert werden.

Bei den 54 Bundesunternehmen in unmittelbarer Mehrheitsbeteiligung lag der Anteil von Frauen in den Überwachungsgremien bei 44,8 Prozent. Die Geschäftsführungspositionen wurden zu 29,2 Prozent durch Frauen besetzt.

Erneut wurden Daten zum Frauenanteil an Führungspositionen bei landes- und bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträgern sowie Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung (z.B. Krankenkassen) erfasst. Der Frauenanteil an den Führungspositionen hat sich binnen eines Jahres bei den landes- wie den bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträgern um zwei bzw. vier Prozentpunkte erhöht. Davon ausgehend, dass in diesem Bereich der Frauenanteil an den Beschäftigten bei über 70 Prozent liegt, könnten die Bemühungen zur Steigerung des Frauenanteils an den Führungspositionen intensiviert werden.

Über das Führungspositionen-Gesetz

Das Führungspositionen-Gesetz (FüPoG) gibt seit 2015 eine Quote von 30 Prozent vor, mit der Frauen in den Aufsichtsräten börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen beteiligt werden müssen. 2021 trat das Folgegesetz (FüPoG II) in Kraft.

Weiterführende Informationen und aktuelle Daten aus allen Teilbereichen sowie den vollständigen Bericht der Bundesregierung finden Sie hier: https://www.bmfsfj.de/frauen-in-fuehrungspositionen

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 17.07.2024

8. Jährliche Information vom Kabinett beschlossen

Am dritten Tag ihrer Kinderchancen-Tour war die Nationale Kinderchancen-Koordinatorin und Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium, Ekin Deligöz, zu Gast in Gera beim OTEGAU Arbeitsförder- und Berufsbildungszentrum GmbH. Gemeinsam mit Elisabeth Kaiser, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, und Sandra Wanzar, Dezernentin für Jugend und Soziales der Stadt Gera, besichtigte Deligöz die Werkstatt und Räumlichkeiten des Projektes „Jugendliche unterstützen, Kompetenzen ausbauen“ („JuKa“) bei der OTEGAU. Dort informierte sie sich über die vielfältigen Angebote und erörterte mit jungen Erwachsenen und Fachkräften die aktuellen Herausforderungen für den Einstieg ins Berufsleben. Außerdem gewann Deligöz Einblicke in die Arbeit des JUGENDHAUS Gera.

Die Nationale Kinderchancen-Koordinatorin und Parlamentarische Staatssekretärin, Ekin Deligöz: „Jugendliche und junge Erwachsene, die bisher keinen Abschluss einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schule erreichen konnten, sind hier in Gera sehr gut aufgehoben. Eine praxisnahe Ausbildung ebnet Jugendlichen den Einstieg auf dem Arbeitsmarkt. Wir müssen allen die bestmögliche Grundlage für einen guten Start ins Berufsleben ermöglichen. Die OTEGAU GmbH und das JUGENDHAUS Gera sind hierfür gute Beispiele, denn sie ebnen jungen Menschen den Weg in ein eigenständiges Leben. Die persönlichen Geschichten der jungen Menschen haben mich inspiriert und bestärken mich, bei den gemeinsamen Anstrengungen von Bund, Ländern, Kommune und Zivilgesellschaft nicht nachzulassen, um Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg zu unterstützen.“

Über die OTEGAU GmbH und das JUGENDHAUS Gera

Die OTEGAU Arbeitsförder- und Berufsbildungszentrum GmbH Ostthüringen/Gera ist ein arbeitsmarktpolitisches Dienstleistungsunternehmen. Sie kooperiert erfolgreich mit zahlreichen Partnern der Ostthüringer Wirtschaft, mit der IHK, der Handwerks- und der Landwirtschaftskammer. Gemeinsam mit der Agentur für Arbeit Altenburg-Gera und dem Jobcenter Gera schafft die OTEGAU optimale Integrationsmöglichkeiten für Arbeitssuchende aller Altersgruppen.

Das Jugendhaus Gera ist eine Anlaufstelle speziell für Menschen bis zum Alter von 27 Jahren, die vor der Herausforderung stehen, den für sich geeigneten beruflichen Weg zu finden. Im Jugendhaus werden die Angebote der Agentur für Arbeit Thüringen Ost, des Jobcenters Gera sowie einer Beratungsstelle des Jugendamtes gebündelt. Das erspart den Jugendlichen und jungen Erwachsenen lange Wege und fördert die Abstimmungsprozesse der beteiligten Einrichtungen.

Über den Nationalen Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“

Der am 5. Juli 2023 vom Bundeskabinett beschlossene Nationale Aktionsplan soll benachteiligten Kindern und Jugendlichen bessere Zugänge zu Betreuung, Bildung, Gesundheit, Ernährung und angemessenem Wohnraum ermöglichen. Im Fokus stehen dabei die Koordinierung aller verantwortlichen Ebenen, die Kooperation mit der Zivilgesellschaft und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen.

Zugänge zu sozialer Infrastruktur ebnen den Weg für ein chancengerechtes Aufwachsen aller Kinder und Jugendlichen. Ein Schwerpunkt der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans ist daher die kommunale Armutsprävention. Denn gerade Kommunen leisten als Orte der sozialen Daseinsvorsorge einen wertvollen Beitrag für die Chancengleichheit und Teilhabe vor Ort. Im Nationalen Aktionsplan wird die kommunale Armutsprävention als nationale Aufgabe verstanden: Der Aktionsplan stärkt das gemeinsame Handeln von Bund, Ländern und Kommunen, um Kindern und Jugendlichen ein sorgenfreies und chancengerechtes Aufwachsen zu ermöglichen. Mehr unter: www.neue-chancen-fuer-kinder.de 

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 11.07.2024

Für die Entwicklung des sozialen Arbeitsmarktes interessiert sich die Gruppe Die Linke in einer Kleinen Anfrage (20/12253). Sie möchte von der Bundesregierung unter anderem wissen, wie viele Personen seit 2019 von den Jobcentern Leistungen zur „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ bekommen haben. Außerdem interessieren sich die Abgeordneten für die individuellen Fördersummen sowie für die Gesamtkosten des sozialen Arbeitsmarktes im SGB II (Zweites Buch Sozialgesetzbuch).

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 518 vom 17.07.2024

Die drei kürzesten Fristen für Verbände und Länder zur Erarbeitung von Stellungnahmen zu Gesetzesprojekten des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben zwischen zwei und fünf Arbeitstagen, die vier längsten zwischen 14 bis 23 Arbeitstagen gelegen. Diese Zahlen, bezogen auf die 20. Wahlperiode, nennt die Bundesregierung in einer Antwort (20/12248) auf eine Kleine Anfrage (20/11927) der Gruppe Die Linke. In keinem Fall seien Referentenentwürfe erst am Freitag verschickt worden mit der Frist für eine Stellungnahme bis zum darauffolgenden Montag, so die Regierung weiter.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 518 vom 17.07.2024

Am heutigen 19. Oktober 2020 findet der 12. Integrationsgipfel im Bundeskanzleramt statt, an dem rund 130 Vertreter*innen von Bund, Ländern, Kommune, der Zivilgesellschaft und Migrantenverbänden teilnehmen. Bei dem Treffen soll auch die Fortentwicklung des Nationalen Aktionsplanes Integration Thema sein. Darin werden verschiedene „Phasen der Integration“ benannt, denen verschiedene Themenforen zugeordnet werden.

Studie von DIW Berlin und BiB vergleicht Einstellungen zu Erwerbskonstellationen bei Eltern mit Realität – Viele Erwachsene sehen egalitärere Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit als ideal an, ungleiche Aufteilung jedoch finanziell meist attraktiver – Änderungen im Steuersystem und bei Minijobs sowie mehr Kita-Angebote nötig

Mütter und Väter teilen sich die Erwerbs- und Sorgearbeit in Deutschland nach wie vor sehr ungleich auf. Mit den Einstellungen in der Bevölkerung deckt sich das jedoch kaum: Nach den aus ihrer Sicht idealen Erwerbskonstellationen gefragt, sprechen sich viel mehr Personen für eine gleichberechtigte Aufteilung von Kinderbetreuung, Hausarbeit und Berufstätigkeit aus, als Eltern dies in der Realität umsetzen. Zu diesem Schluss kommt eine gemeinsame Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) auf Basis des familiendemografischen Panels FReDA.

So würden deutlich mehr Personen das Erwerbs- und Sorgemodell bevorzugen, in dem beide Elternteile etwa 30 Stunden pro Woche erwerbstätig sind. Auch das universale Erwerbstätigenmodell, in dem beide in Vollzeit einen Beruf ausüben, wird häufiger als ideal erachtet, als es gelebt wird. Beim sogenannten Familienernährermodell, in dem der Vater in Vollzeit erwerbstätig ist und die Mutter gar nicht, und beim Zuverdienermodell, in dem die Mutter maximal in Teilzeit erwerbstätig ist, verhält es sich umgekehrt: Diese beiden Erwerbskonstellationen werden deutlich seltener als ideal angesehen, als sie in der Realität vorkommen.

„Ideale und die Realität klaffen bei der Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit in Deutschland teils deutlich auseinander,“ sagt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics im DIW Berlin. Die Studie hat Wrohlich gemeinsam mit Annica Gehlen aus der Abteilung Staat des DIW Berlin sowie C. Katharina Spieß, Ludovica Gambaro und Elena Ziege vom BiB in Wiesbaden erstellt.

Erwerbskonstellationen in Ostdeutschland egalitärer

Dabei haben die Studienautorinnen die Daten getrennt für West- und Ostdeutschland ausgewertet. Demnach gibt es im Osten mehr Anhänger*innen der egalitären Erwerbskonstellationen als im Westen. Vor allem eine Vollzeiterwerbstätigkeit beider Elternteile wird in Ostdeutschland mit – je nach Alter des Kindes – bis zu 62 Prozent deutlich häufiger befürwortet als in Westdeutschland mit bis zu 38 Prozent. Zwar setzen deutlich weniger Eltern dieses Modell letztlich um, mit bis zu 43 Prozent im Osten aber immerhin deutlich mehr als im Westen mit maximal 16 Prozent. Das Erwerbs- und Sorgemodell, in dem Vater und Mutter jeweils 30 Stunden ihrem Beruf nachgehen, sehen im Osten bis zu 30 Prozent als ideal an und im Westen bis zu 27 Prozent. In der Realität spielt es in beiden Landesteilen mit einem Anteil von höchstens sechs Prozent an allen Erwerbskonstellationen aber kaum eine Rolle.

Steuer- und Transfersystem macht Zuverdienermodell finanziell besonders attraktiv

„Ein wichtiger Grund für die Diskrepanzen ist das deutsche Steuer- und Transfersystem, insbesondere das Zusammenspiel von Ehegattensplitting und Minijobs sowie der beitragsfreien Mitversicherung von Ehepartner*innen in der gesetzlichen Krankenversicherung“, erklärt Wrohlich. Hinzu kommt der Gender Pay Gap, also der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern. All dies macht ein Zuverdienermodell, in dem der Mann in Vollzeit erwerbstätig ist und die Frau einen Minijob hat, mit Blick auf das Nettoeinkommen pro geleisteter Arbeitsstunde finanziell am attraktivsten: Unter der Annahme durchschnittlicher Löhne bleiben in diesem Modell netto pro Stunde 17,26 Euro hängen. Wenn beide Elternteile in Vollzeit arbeiten oder beide gleich viel in Teilzeit, sind es mit 14,02 Euro beziehungsweise 14,74 Euro deutlich weniger. Auch die Relation von gemeinsamer Arbeitszeit und dem Nettoeinkommen eines Paares ist im Zuverdienermodell mit Minijob am attraktivsten: Im Vergleich zur Konstellation „Beide Elternteile in Vollzeit erwerbstätig“ gibt es 71 Prozent des Nettoeinkommens für nur 57 Prozent der Arbeitszeit.

Vielfältige Reformen nötig, damit Erwerbs- und Sorgearbeit egalitärer aufgeteilt wird

Wenn die Politik eine gleichere Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit fördern will, müsste den Studienautorinnen zufolge gleich auf mehreren Feldern gehandelt werden. Neben einer Reform des Ehegattensplittings und einer weitgehenden Abschaffung von Minijobs ginge es vor allem auch um eine „bedarfsgerechte Kinderbetreuungsinfrastruktur für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr bis zum Alter von zwölf Jahren“, betont BiB-Direktorin C. Katharina Spieß. „Fehlende Kita-Plätze halten trotz Rechtsanspruch bis heute viele Mütter davon ab, in größerem Umfang erwerbstätig zu sein. Zudem muss der Ausbau von Ganztagsgrundschulen deutlich beschleunigt werden – sonst wird der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Grundschulkinder ab August 2026 kaum einzulösen sein“, so Spieß.

LINKS

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 17.07.2024

Eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) zeigt: Mit der Ablösung des Erziehungsgeldes durch das Elterngeld verlängerten sich zunächst die Abwesenheiten von Müttern nach der Geburt des Kindes. Zwar sank dadurch kurzfristig die Beschäftigung in betroffenen kleinen und mittleren Betrieben, es ergeben sich jedoch dauerhaft keine negativen Effekte auf Beschäftigung, Löhne oder den Fortbestand der Betriebe.   

Während unter den Regelungen des Erziehungsgeldes etwa 40 Prozent der Mütter innerhalb von 12 Monaten nach der Geburt in den Betrieb zurückkehrten, waren es unter den Regelungen des Elterngeldes nur 20 Prozent. In diesem Zeitraum ging infolge der längeren Abwesenheit der Mütter die Gesamtanzahl der Beschäftigten im Betrieb um drei Prozent zurück. Kurzfristige Beschäftigungslücken blieben aber ohne negative langfristige Konsequenzen wie dauerhaft niedrigere Beschäftigung oder häufigere Betriebsschließungen. „Überproportionale Belastungen für Betriebe durch längere Elternzeiten scheinen somit kein stichhaltiges Argument gegen diese wichtige familienpolitische Maßnahme zu sein“, erklärt Michael Oberfichtner, Leiter des Forschungsbereichs „Betriebe und Beschäftigung“ am IAB und Mitautor der Studie.

Etwa ein Drittel aller Mütter wurden von Betrieben durch Neueinstellungen in den Monaten vor der Geburt ersetzt. Der Anstieg an Neueinstellungen war dabei größer, wenn nur wenige andere Beschäftigte im Betrieb den gleichen Beruf ausübten und somit die Arbeit der Mütter teilweise übernehmen konnten. In den Monaten vor dem Geburtstermin stellten Betriebe vermehrt Personen mit ähnlichen demografischen Merkmalen wie die werdenden Mütter ein, also insbesondere jüngere Frauen. Jene Neueingestellten, die als Vertretung für die anstehenden Elternzeiten in den Betrieb eintraten, hatten im Schnitt die gleiche Wahrscheinlichkeit, länger als 12 Monate im Betrieb zu bleiben wie andere Neueingestellte. „Demnach könnten Elternzeitvertretungen in vielen Fällen ein Weg in eine dauerhafte Beschäftigung sein“, so Mathias Huebener, Leiter der Forschungsgruppe „Bildung und Humanvermögen“ am BiB und Mitautor der Studie.

Die längere Erwerbsunterbrechung wirkte sich darüber hinaus auch nicht negativ auf die Erwerbsverläufe der Mütter aus. Ab dem Ende der maximalen Bezugszeit des Elterngeldes waren die Anteile der Mütter, die zu ihrem früheren Betrieb zurückgekehrt sind, sehr ähnlich wie vor der Einführung des Elterngeldes. Zudem hatte dessen Einführung keine negativen Konsequenzen für die Beschäftigungsaussichten junger Frauen. In den Betrieben veränderten sich weder die Anzahl an Neueinstellungen, der Anteil an jungen Frauen an den Neueingestellten noch die Löhne von jungen Frauen bei ihrer Anstellung.

Die Studie ist abrufbar unter: https://www.iab-forum.de/laengere-elternzeiten-haben-langfristig-keine-negativen-auswirkungen-auf-die-betriebe/

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 18.07.2024

  • Geburtenhäufigkeit sinkt weiter, rückläufiger Trend seit 2017 in den Jahren 2022 und 2023 deutlich verstärkt
  • Rückgang der Geburtenziffer in Sachsen mit -10 % am stärksten, im Saarland mit -1 % am schwächsten
  • Mütter bei der ersten Geburt durchschnittlich 30,3 Jahre alt, Väter 33,2 Jahre

Im Jahr 2023 kamen in Deutschland 692 989 Kinder zur Welt. Das waren 45 830 oder 6 % Neugeborene weniger als im Jahr 2022 (738 819 Neugeborene). Weniger Kinder als im Jahr 2023 waren in Deutschland zuletzt 2013 geboren worden (682 069). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, sank die häufig auch als Geburtenrate bezeichnete zusammengefasste Geburtenziffer 2023 gegenüber dem Vorjahr um 7 % von 1,46 auf 1,35 Kinder je Frau. Bereits 2022 war die Geburtenziffer im Vorjahresvergleich um 8 % gesunken. Damit verstärkte sich der bereits seit 2017 zu beobachtende und nur im Jahr 2021 im Kontext der Corona-Pandemie unterbrochene Rückgang der Kinderzahl je Frau in den vergangenen beiden Jahren deutlich. Zuvor war die Geburtenziffer von 2011 bis 2016 infolge verbesserter Rahmenbedingungen für Familien mit Kindern und der Zuwanderung von 1,39 auf 1,59 gestiegen. Die vorläufigen Geburtenzahlen für die ersten vier Monate des Jahres 2024 zeigen einen weiteren, jedoch deutlich abgeschwächten Geburtenrückgang um 3 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Rückgang der Geburtenziffer je nach Bundesland zwischen 1 % und 10 %

Die zusammengefasste Geburtenziffer sank 2023 in allen Bundesländern. Besonders stark nahm sie in den nördlichen und östlichen Bundesländern, darunter in Sachsen (-10 %), Mecklenburg-Vorpommern (-9 %) und Brandenburg (-8 %), sowie in Schleswig-Holstein (-8 %) ab. Im Saarland war der Rückgang mit -1 % am schwächsten. Die höchste Geburtenziffer mit 1,46 Kindern je Frau verzeichnete Bremen. Am niedrigsten war die Geburtenhäufigkeit in Berlin mit 1,17 Kindern je Frau.

Geburtenziffer sinkt bei deutschen Frauen und bei Ausländerinnen um jeweils 7 %

Die zusammengefasste Geburtenziffer sank 2023 sowohl bei Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit als auch bei Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit um 7 % gegenüber dem Vorjahr, allerdings ausgehend von unterschiedlichen Niveaus: So sank die Geburtenziffer bei deutschen Frauen von 1,36 auf 1,26 und bei Ausländerinnen von 1,88 auf 1,74 Kinder je Frau.

Auswirkungen des Zensus 2022 auf die Geburtenziffern

Die am 25. Juni 2024 auf Basis des Zensus 2022 veröffentlichte Korrektur der Bevölkerungszahl zum Stichtag 15. Mai 2022 wird sich auch auf die Geburtenziffern auswirken. Nach einer ersten vorläufigen Schätzung mit dieser neuen Basis würde die Geburtenziffer im Jahr 2022 bei knapp 1,5 Kindern je Frau und damit etwa 2 % höher liegen als bisher auf Basis des vorangegangenen Zensus 2011 ausgewiesen (1,46 Kinder je Frau im Jahr 2022). Damit die Bevölkerung eines Landes – ohne Zuwanderung – nicht schrumpft, müssten in hoch entwickelten Ländern rein rechnerisch etwa 2,1 Kinder je Frau geboren werden.

Frauenjahrgang 1974 brachte durchschnittlich 1,58 Kinder zur Welt

Die sogenannte endgültige Kinderzahl lässt sich aktuell für Frauen bis zum Geburtsjahrgang 1974 ermitteln. So brachten die im Jahr 1974 geborenen Frauen, die 2023 mit 49 Jahren das Ende des statistisch definierten gebärfähigen Alters erreicht haben, durchschnittlich 1,58 Kinder zur Welt. Die endgültige Kinderzahl war zuvor bei den Frauen der 1960er Jahrgänge kontinuierlich gesunken und hatte beim Jahrgang 1968 mit 1,49 Kindern je Frau ihr historisches Minimum erreicht. Die in den 1970er Jahren geborenen Frauen bringen durchschnittlich mehr Kinder zur Welt. Vor allem im Alter über 30 Jahren bekommen beziehungsweise bekamen die zwischen 1970 und 1979 geborenen Frauen deutlich häufiger Kinder als die Frauen älterer Jahrgänge.

Durchschnittsalter der Eltern bei Geburt stagniert seit 2021

Mütter waren im Jahr 2023 bei einer Geburt – unabhängig davon, ob es die Geburt des ersten Kindes oder eines weiteren Kindes war – im Durchschnitt 31,7 Jahre und Väter 34,7 Jahre alt. Damit nahm das Alter der Mütter bei Geburt im Vergleich zu 2021 (31,8 Jahre) leicht ab, während das Alter der Väter konstant blieb. Zuvor war das Durchschnittsalter der Eltern bei Geburt mit Ausnahme einer Stagnation in den Jahren von 2014 bis 2016 kontinuierlich gestiegen. Zwischen 1991 und 2023 nahm es bei Müttern um 3,9 Jahre (1991: 27,9 Jahre) und bei Vätern um 3,7 Jahre zu (1991: 31,0 Jahre).

Das durchschnittliche Alter der Mütter bei der Geburt ihres ersten Kindes sank sogar leicht von 30,5 Jahren im Jahr 2021 auf 30,3 Jahre im Jahr 2023. Auch die Väter sind beim ersten Kind der Mutter etwas jünger geworden: Zwischen 2021 und 2023 sank bei ihnen das Durchschnittsalter von 33,3 auf 33,2 Jahre. Damit waren die Väter beim ersten Kind durchschnittlich 2,9 Jahre älter als die Mütter. In den vergangenen zehn Jahren sind Eltern beim ersten Kind jedoch tendenziell älter geworden. Im Jahr 2014 waren die Mütter im Durchschnitt erst 29,6 Jahre und die Väter 32,8 Jahre alt.

In vielen anderen europäischen Staaten sinken die Geburtenziffern ebenfalls

Vergleichbare internationale Angaben zur Entwicklung der zusammengefassten Geburtenziffer im Jahr 2023 liegen derzeit noch nicht vor. Die Angaben der Europäischen Statistikbehörde Eurostat bis zum Jahr 2022 zeigen jedoch, dass die Geburtenziffern in den meisten Staaten der Europäischen Union (EU) teilweise deutlich im Vergleich zu den Jahren 2021 und 2020, aber auch zum Vor-Corona-Jahr 2019 gesunken sind. Einen besonders starken Rückgang von 10 % und mehr im Vergleich zu 2021 verzeichneten im Jahr 2022 die EU-Staaten Estland, Irland, Tschechien, Dänemark und Finnland. Deutlich schwächer als in Deutschland (-8 %) sanken die Geburtenziffern in Italien und Zypern (-1 %) sowie in Frankreich, Spanien, Polen, Ungarn und Kroatien (jeweils -3 %). Ein Anstieg wurde 2022 in der EU nur in Portugal (+6 %) und Bulgarien (+4 %) registriert.

Methodische Hinweise:

Die zusammengefasste Geburtenziffer wird zur Beschreibung des aktuellen Geburtenverhaltens herangezogen. Sie gibt an, wie viele Kinder eine Frau im Laufe ihres Lebens bekäme, wenn ihr Geburtenverhalten so wäre wie das aller Frauen zwischen 15 und 49 Jahren im betrachteten Jahr. Die zusammengefasste Geburtenziffer ist die Summe (und damit Zusammenfassung) der für jedes Alter von 15 bis 49 Jahren berechneten altersspezifischen Geburtenziffern eines Jahres. Dabei stellt eine altersspezifische Geburtenziffer die Relation zwischen den Lebendgeborenen der Mütter eines bestimmten Alters und der Zahl der Frauen in diesem Alter dar. Angaben zur endgültigen Kinderzahl der Frauen eines Jahrgangs (Kohorte) liegen ab dem Jahrgang 1930 vor. Diese kohortenbezogene Geburtenziffer wird als Summe der altersspezifischen Geburtenziffern berechnet, die in den Jahren nachgewiesen wurden, in denen der entsprechende Jahrgang seine fertile Phase von 15 bis 49 Jahren durchlief.

Weitere Informationen:

Weitere Ergebnisse zur Geburtenentwicklung stehen in der Datenbank GENESIS-Online (Tabellen 12612) sowie auf der Themenseite „Geburten“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes zur Verfügung. Ausführliche Ergebnisse zu Geburtenziffern auf Basis des Zensus 2022 werden voraussichtlich im 1. Halbjahr 2025 veröffentlicht.

Informationen zur Kinderlosigkeit und zu den Müttern nach Zahl der Kinder bieten die Pressemitteilung Nr. 185 vom 8. Mai 2024, der Webartikel „Kinderlosigkeit und Mutterschaft“ sowie der Statistische Bericht „ Frauen nach Zahl der geborenen Kinder“.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 17.07.2024

  • 40 % der untergebrachten wohnungslosen Personen sind jünger als 25 Jahre
  • 31 % sind Ukrainerinnen und Ukrainer
  • Nach der Haushaltskonstellation bilden Paare mit Kindern die größte Gruppe unter den untergebrachten wohnungslosen Personen

Zum Stichtag 31. Januar 2024 waren in Deutschland nach den Meldungen von Kommunen und Einrichtungen rund 439 500 Personen wegen Wohnungslosigkeit untergebracht. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, hat sich damit die Zahl gegenüber den Vorjahren weiter erhöht (2023: 372 000, 2022: 178 100). Der Anstieg der Zahl der untergebrachten wohnungslosen Menschen ist jedoch vor allem auf Verbesserungen der Datenmeldungen im dritten Jahr seit der Einführung der Statistik zurückzuführen.

Die Statistik erfasst wohnungslose Personen, die in der Nacht vom 31. Januar zum 1. Februar 2024 beispielsweise in überlassenem Wohnraum, Sammelunterkünften oder Einrichtungen für Wohnungslose untergebracht waren. Obdachlose Personen, die ohne jede Unterkunft auf der Straße leben, sowie Formen von verdeckter Wohnungslosigkeit (zum Beispiel bei Bekannten oder Angehörigen untergekommene Personen) werden nicht in der Statistik berücksichtigt, sind aber Teil der begleitenden Wohnungslosenberichterstattung, die alle zwei Jahre vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen durchgeführt wird. Der nächste Wohnungslosenbericht erscheint gegen Ende des Jahres 2024.

Staatsangehörigkeiten: 136 900 Ukrainerinnen und Ukrainer größte Gruppe

Zum Stichtag 31. Januar 2024 wurden 136 900 geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer in der Statistik erfasst (2023: 130 000). Mit knapp einem Drittel (31 %) aller untergebrachten Wohnungslosen bildeten sie – unterschieden nach der Staatangehörigkeit – wie bereits im Vorjahr die größte Gruppe in der Statistik (2023: 35 %). Insgesamt wurden 377 900 und damit deutlich mehr Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gemeldet als im Vorjahr (2023: 311 900), ihr Anteil an allen untergebrachten wohnungslosen Personen erhöhte sich auf 86 % (2023: 84 %). Die Zahl der Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit nahm dagegen nur leicht zu auf 61 500 (2023: 60 200). Ihr Anteil an der Gesamtzahl der untergebrachten Wohnungslosen sank dadurch auf 14 % (2023: 16 %).

Geschlechterverteilung: untergebrachte Wohnungslose mehrheitlich Männer

40 % der gemeldeten Personen waren jünger als 25 Jahre (2023: 38 %). Der Anteil der Personen im Alter ab 65 Jahren blieb mit 5 % unverändert gegenüber dem Vorjahr. Im Durchschnitt waren die am Stichtag 31. Januar 2024 untergebrachten Personen 31 Jahre alt. 55 % der untergebrachten wohnungslosen Personen waren Männer und 43 % Frauen (2023: 50 % Männer und 42 % Frauen). Für 2 % der Fälle wurde das Geschlecht mit „unbekannt“ angegeben.

Haushaltskonstellationen: Paare mit Kindern am häufigsten

Die wohnungslosen Personen sind in verschiedenen Haushalts- beziehungsweise Familienkonstellationen untergebracht. Personen in Paarhaushalten mit Kindern bildeten mit 34 % (150 100 Personen) die größte Gruppe. 32 % (139 000) der gemeldeten Personen waren alleinstehend, 17 % (73 300) waren Alleinerziehenden-Haushalte, 8 % (33 500) sonstige Mehrpersonenhaushalte und 4 % (16 500) Paarhaushalte ohne Kinder. Bei 24 300 Personen (6 %) war der Haushaltstyp unbekannt.

105 100 untergebrachte Wohnungslose in Nordrhein-Westfalen

Im Bundesländervergleich waren im bevölkerungsreichsten Land Nordrhein-Westfalen mit 105 100 Personen die meisten Personen wegen Wohnungslosigkeit untergebracht, gefolgt von Baden-Württemberg mit 92 700 Personen und Berlin mit 47 300 Personen. Am wenigsten untergebrachte Wohnungslose wurden im Saarland (2 600), Sachsen-Anhalt (1 000) und Mecklenburg-Vorpommern (700 Personen) gemeldet.

Methodische Hinweise:

Die Statistik erfasst Personen, denen zum Stichtag 31. Januar Räume oder Wohnungen überlassen oder Übernachtungsgelegenheiten zur Verfügung gestellt worden sind, ohne dass dies durch einen eigenen Mietvertrag, einen Pachtvertrag oder durch ein dingliches Recht abgesichert war.

Zu den erfassten Personen zählen Wohnungslose, die in Not- und Gemeinschaftsunterkünften oder gegebenenfalls auch gewerblichen Unterkünften (Pensionen, Hotels, gewerbliche Gemeinschaftsunterkünfte etc.) und Normalwohnraum (in der Regel Privatwohnungen) untergebracht sind, sofern er ihnen vorübergehend überlassen wird, ohne dass dadurch die Wohnungslosigkeit beendet wird. Dies betrifft auch Personen, die in (teil-)stationären Einrichtungen beziehungsweise im betreuten Wohnen der Wohnungslosenhilfe freier Träger untergebracht sind.

Geflüchtete werden in der Statistik berücksichtigt, wenn ihr Asylverfahren positiv abgeschlossen wurde (z. B. Asylberechtigung, Flüchtlingseigenschaft, subsidiärer Schutz) und sie weiterhin untergebracht werden, etwa weil sie keinen Mietvertrag haben.

Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis über das Chancen-Aufenthaltsrecht erhalten haben, und Geflüchtete aus der Ukraine, die im Schnellverfahren anhand einer humanitären Aufenthaltserlaubnis nach Aufenthaltsgesetz (AufenthG) oder einer Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG aufgenommen wurden, sind ebenfalls in der Statistik zu berücksichtigen, wenn sie untergebracht sind und nicht über einen Mietvertrag oder Ähnliches verfügen. Personen aus der Ukraine, die bei Privatpersonen unterkommen, werden nicht in der Statistik berücksichtigt, da den beteiligten Stellen hierüber in der Regel keine Nachweise vorliegen.

Generell nicht in die Erhebung einbezogen sind Personen, die im Freundeskreis, bei Familien oder Bekannten unterkommen, sowie Obdachlose, die ohne jede Unterkunft auf der Straße leben. Personen, die zwar in einer Einrichtung untergebracht sind, deren Ziel aber nicht die Abwendung von Wohnungs- oder Obdachlosigkeit ist (beispielsweise Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen, von Heimen für Menschen mit Behinderung, von Frauenhäusern, Suchtkliniken oder betreuten Wohnungen der Jugendhilfe), sind ebenfalls nicht in der Statistik erfasst. Darüber hinaus werden auch solche Personen nicht einbezogen, die Beratungsangebote zum Thema Wohnungslosigkeit in Anspruch nehmen, aber am Stichtag nicht untergebracht sind, und Personen, die beispielsweise aufgrund einer angedrohten Zwangsräumung von Wohnungslosigkeit bedroht, aber (noch) nicht betroffen sind.

Weitere Informationen:

Weitere Ergebnisse zur Statistik untergebrachter wohnungsloser Personen sind in der Datenbank GENESIS-Online (Tabellen 22971) verfügbar. Ausführliche methodische Hinweise bietet der Qualitätsbericht.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 15.07.2024

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

439.500 wohnungslose Menschen waren laut Statistischem Bundesamt zum Stichtag am 31. Januar 2024 in Einrichtungen von Kommunen und Wohlfahrtsverbänden untergebracht. Das sind 67.500 Menschen mehr als noch im Vorjahr (372.000). Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) fordert angesichts dieser Zahlen, den Nationalen Aktionsplan Wohnungslosigkeit konsequent umzusetzen. Er beschreibt, wie Wohnungslosigkeit in Deutschland bis 2030 beenden soll.

Dazu AWO-Präsident Michael Groß: „Nachhaltig wirksame Maßnahmen sind dringend geboten. Die Werkzeuge, um Wohnungslosigkeit in Deutschland zu beenden, liegen längst auf dem Tisch. Dazu zählt mehr bezahlbarer Wohnraum mit langfristigen oder dauerhaften Sozialbindungen und ein wirksamer Schutz von Mieter*innen vor steigenden Mieten und Wohnungskündigungen. Zusätzlich braucht es weitreichende präventive Maßnahmen und Begleitungsangebote. Ist eine Wohnung verloren, gibt es kaum Chancen auf dem vorhandenen Wohnungsmarkt eine neue Wohnung zu finden.“

Die AWO kritisiert weiter, dass die Regierung noch keinen Gesetzesentwurf für die Reform der Schonfristzahlungen und der Absenkung der Kappungsgrenze vorgelegt hat, obwohl diese im Koalitionsvertrag festgelegten Vorhaben Wohnungslosigkeit verhindern und keine Finanzmittel des Bundes, der Länder oder der Kommunen erfordern. Auch die Verlängerung der Mietpreisbremse lässt auf sich warten. Dazu Michael Groß abschließend: „Wir brauchen eine massive Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen, um wohnungslose Menschen mit adäquatem Wohnraum zu versorgen.

Die Forderungen der AWO finden sich auch im Positionspapier Wohnen.Menschen.Recht: https://awo.org/awo-fordert-mehr-tempo-fuer-einen-gerechten-wohnungsmarkt und

in der AWO-Stellungnahme zum Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit: https://awo.org/position/awo-stellungnahme-zum-nationalen-aktionsplan-wohnungslosigkeit/

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 15.07.2024

Das Bundesfinanzministerium hat sein Papier „Wachstumsinitiative – neue wirtschaftliche Dynamik für Deutschland“ vorgestellt. Die darin vorgesehenen Reformen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende verschärfen Sanktionen und Mitwirkungspflichten. Regeln zur Zumutbarkeit bei der Arbeitsaufnahme werden verschärft. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) befürchtet, dass so soziale Sicherheit abgebaut und Ressentiments weiter geschürt werden, statt lösungsorientiert Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. 

Dazu AWO-Präsident Michael Groß: „Seit Jahren werden Bürgergeldsätze kleingerechnet. Darauf mit Sanktionen und Strafmaßnahmen zu reagieren, statt sinnvoll zu reformieren, ist für betroffene Menschen blanker Hohn.“ Wer als alleinstehende Person einen einzigen Termin verpasst, dem droht in Zukunft eine Minderung um fast 170 Euro im Monat, bisher sind es unter 60 Euro. Auch wer aufgrund der eigenen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses eine Sperrzeit für das Arbeitslosengeld I erhält und zur Sicherung seines Lebensunterhalts Bürgergeld beantragt, soll in Zukunft pauschal eine Sanktion in Höhe von 30 Prozent erhalten. Personen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, sollen monatlich in Präsenz beim Jobcenter vorstellig werden und Menschen, die als Totalverweiger*innen abgestempelt werden, verstärkt mit 1-Euro-Jobs in den Arbeitsmarkt reintegriert werden. „Damit wird ein Arbeitsmarktinstrument, das zu einer Eingliederung in den Arbeitsmarkt beitragen kann, zu einem Bestrafungsinstrument degradiert,“ so Groß weiter.  

„Die einzig innovative Idee, die wir in dem Papier finden können, ist die sogenannte Anschubfinanzierung, mit der Bürgergeldbeziehende für die Aufnahme einer Erwerbsarbeit finanziell belohnt werden sollen. Aber auch hier liegt der Teufel im Detail: wer mit seinem Einkommen aus Erwerbsarbeit weiter bürgergeldberechtigt ist, kommt nicht in den Genuss der Prämie. Das kann zum Beispiel Mehrkindfamilien in Regionen mit hohen Wohnkosten betreffen, weil der Lohn nicht für den Lebensunterhalt und die Miete der ganzen Familie reicht und weiter aufstockend Bürgergeld bezogen werden muss. Die Bundesregierung sollte sich daher besser auf eine Reform der Freibeträge für Erwerbseinkommen konzentrieren, von der alle Leistungsberechtigten profitieren können, wenn sie ihre Erwerbsarbeit ausweiten oder eine neue Stelle antreten,“ so Groß.  

Die vorgeschlagenen Reformen konterkarieren den positiven Grundgedanken des Bürgergelds, Menschen zu fördern und zu qualifizieren. Dabei sind Einsparpotenziale für den Haushalt nur gering. „Statt nachhaltiger Arbeitsmarktpolitik setzt die Bundesregierung damit auf Symbolpolitik auf Kosten des Sozialstaats. Die Ampel hat nun die Wahl: setzt sie die Pläne um und beschließt damit eine Neuauflage von Hartz IV oder entwickelt sie das Bürgergeld zu einer solidarischen Grundsicherung weiter, die fördert, statt zu bestrafen?“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 11.07.2024

Die Abschaffung des Ehegattensplittings verstößt nach Ansicht des Deutschen Familienverbandes (DFV) gegen das Grundgesetz. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums würden Familien durch ein Aus des Ehegattensplittings jedes Jahr mit 25 Milliarden Euro belastet werden.

„Die Abschaffung des Ehegattensplittings wäre eine familienpolitische Bankrotterklärung, die Familien mit einer der größten Steuererhöhungen in der Geschichte der Bundesrepublik bezahlen müssten“, sagt Klaus Zeh, DFV-Präsident und Thüringer Finanzminister a.D. „Das Ehegattensplitting ist eine Vorgabe unserer Verfassung zur sachgerechten Besteuerung einer Erwerbs-, Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft. Das gilt insbesondere für die Ehe, in der sich Paare gegenseitig rechtlich in besonderem Maße verpflichtet haben.“

Die Forderung der Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) nach Abschaffung des Ehegattensplittings kommt nicht zufällig zum Zeitpunkt des politischen Tauziehens zur Kindergrundsicherung.

„Mit erheblichen Steuererhöhungen bei Familien durch die Abschaffung des Ehegattensplittings soll auf dem Rücken der Familien die Kindergrundsicherung finanziert und gerettet werden. Die Kindergrundsicherung war ein Prestigeprojekt, dem von Anfang an die Idee und eine mutige Finanzierung fehlte, um Familienarmut in Deutschland nachhaltig bekämpfen zu können“, so Zeh weiter. „Aus der Kindergrundsicherung ist nichts anderes als eine Reform des Kinderzuschlages geworden, der nur einem Teil der Familien zugutekommt. Änderungen beim Kindergeld – außer einem Namenswechsel – sind nicht vorgesehen.“

Auch die angekündigte Entbürokratisierung und Digitalisierung bei der Kindergrundsicherung hat nicht zu Einsparungen, sondern zu jährlichen Mehrkosten von 500 Millionen Euro geführt.

„Das Ende des Ehegattensplittings wird zu mehr Kinderarmut in Deutschland führen. Im doppelten Sinne: Familien werden mit neuen Steuern belastet. Das wird ihnen keinen Mut zu mehr Kindern machen. Ganz im Gegenteil“, so der ehemalige Finanzminister.

Der DFV spricht sich für die Entwicklung der Ehegattenbesteuerung hin zu einem Familiensplitting aus, das auf dem bisherigen Ehegattensplitting basiert und Kinder deutlich besserstellt. Dies wäre beispielsweise bereits jetzt durch ein neues Kindergeld in Höhe der maximalen Wirkung des Gesamtkinderfreibetrages möglich.

„Eine solche familienorientierte Reform des Kindergeldes würde allen Familien eine monatliche Steuergerechtigkeit gewährleisten, eine Förderung von Eltern und Kindern sicherstellen und das Existenzminimum von armutsgefährdeten Familien deutlich besser absichern“, so Zeh. „Legt man die Höhe des Grundfreibetrags für Erwachsene zugrunde, würde das einem auskömmlichen Kindergeld in Höhe von 362 Euro pro Kind und Monat entsprechen.“

Der DFV fordert im Kontext der Bekämpfung der Familienarmut, die weiterhin bestehende Benachteiligung von Familien – vor allem in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung – endlich zu beenden. Vorschläge hierfür liegen im Rahmen der Elternklagen-Kampagne bereits vor (www.elternklagen.de).

Zur Person: 

Dr. Klaus Zeh ist Präsident des Deutschen Familienverbandes. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Von Beruf Ingenieur, engagiert er sich seit 1989 politisch. Er war stellvertretender Vorsitzender des Demokratischen Aufbruchs und von 1990 bis 2012 Mitglied im Thüringer Landtag.

m Freistaat Thüringen war Dr. Klaus Zeh Finanzminister (1990-94) und Familienminister (2003-2008) sowie Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei (2008-2009). Seit Juni 2011 bekleidet er das Amt des Präsidenten des Deutschen Familienverbandes. Von Juli 2012 bis Mai 2017 war er Oberbürgermeister der Stadt Nordhausen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 18.07.2024

Das Statistische Bundesamt hat heute die neue Statistik zu den untergebrachten wohnungslosen Menschen veröffentlicht. Danach lebten zum Stichtag 31. Januar dieses Jahres 439.500 Menschen in Einrichtungen der Kommunen und der Freien Wohlfahrtspflege. Das ist ein Anstieg von 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dieser Anstieg ist vor allem auf verbesserte Datenmeldungen zurückzuführen.

Dazu erklärt Maria Loheide, Sozialvorständin der Diakonie Deutschland: „Die weiterhin sehr hohe Anzahl an wohnungslosen Menschen in Deutschland ist ein deutliches Alarmsignal für unsere Gesellschaft. Insbesondere Paare mit Kindern haben keinen eigenen Wohnraum, der zu den Grundbedürfnissen des Menschen gehört. Für eines der reichsten Länder der Welt ist das ein Skandal! Es muss dringend gehandelt und gegengesteuert werden. Die Bundesregierung hat im April dieses Jahres den Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit beschlossen, der eine wichtige Grundlage für notwendige Aktivitäten staatlicher und gesellschaftlicher Akteure bildet. Dieser Aktionsplan muss mit konkreten Maßnahmen zügig umgesetzt werden. Der Schutz vor Wohnungsverlust muss ausgebaut und mehr bezahlbarer Wohnraum speziell für wohnungslose Menschen geschaffen werden. Wohnen ist und bleibt ein Menschenrecht.“

Hintergrund

Die Wohnungslosenstatistik gibt Auskunft darüber, wie viele Menschen zum Stichtag 31. Januar in Einrichtungen der Kommunen und der Wohnungsnotfallhilfe untergebracht waren. Nicht erfasst sind Menschen, die auf der Straße leben oder vorübergehend bei Freundinnen, Bekannten oder der Familie untergekommen sind. Auch andere Gruppen, wie geflüchtete Menschen, die trotz ihrer Anerkennung in Flüchtlingsunterkünften leben, Frauen in Frauenhäusern oder Menschen in Haftanstalten werden nicht gezählt.

Ende des Jahres soll der neue Wohnungslosenbericht veröffentlicht werden, der neben den untergebrachten Wohnungslosen auch die auf der Straße lebenden Menschen sowie die verdeckt Wohnungslosen erfassen wird.

Die Bundesregierung hat am 24. April 2024 den Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit – Gemeinsam für ein Zuhause beschlossen. Als Dach für die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans gegen Wohnungslosigkeit hat die Bundesregierung zudem das Nationale Forum gegen Wohnungslosigkeit eingerichtet. Im Nationalen Forum werden neben Bund, Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden weitere an der Mitarbeit interessierte Institutionen auf der Basis der freiwilligen Zusammenarbeit gemeinsam und kontinuierlich an der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans arbeiten. Ziel ist die Überwindung von Obdach- und Wohnungslosigkeit bis zum Jahr 2030.

Weitere Informationen: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/07/PD24_282_229.html

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 15.07.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) fordert in einer aktuellen Stellungnahme zum Entwurf für das zweite Jahressteuergesetz 2024 das Bundesfinanzministerium auf, die finanzielle Benachteiligung von Frauen schnellstmöglich zu beseitigen. Der Entwurf sieht einige gleichstellungspolitisch wichtige steuerliche Anpassungen vor, darunter die Anhebung von Grundfreibetrag, Kinderfreibetrag und Kindergeld sowie die Überführung der Steuerklassen III/V in das Faktorverfahren bis Ende 2029.

„Die geplante Überführung der Steuerklassenkombination III/V in das Faktorverfahren ist ein längst überfälliger Schritt zur Beendigung der mittelbaren Benachteiligung von Frauen, die in Steuerklasse V derzeit einen unverhältnismäßig hohen Steueranteil tragen müssen,“ so Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb. „Allerdings ist es nicht akzeptabel, dass diese Reform erst Ende 2029 in Kraft treten soll.“

Neben der Reform der Lohnsteuerklassen begrüßt der djb auch die geplanten Anhebungen des Kinderfreibetrags und des Kindergelds, warnt jedoch vor einer weiteren Vergrößerung der Entlastungsschere zwischen Familien, die nur Kindergeld beziehen, und solchen, die zusätzlich von den Kinderfreibeträgen profitieren. Der djb fordert daher eine klare gesetzliche Regelung, um diese Schere zu schließen und eine Abschmelzung des Freibetrags für die Betreuung, Erziehung und Ausbildung eines Kindes.

Prof. Dr. Susanne Dern, Vorsitzende der djb-Kommission Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich, ergänzt: „Der Entwurf zeigt, dass gleichstellungsrelevante Reformen wie die Umgestaltung des Lohnsteuerverfahrens dringend erforderlich sind. Es ist bedauerlich, dass diese Reformen immer wieder durch vermeintliche technische Hürden verzögert werden. Eine schnelle und konsequente Umsetzung dieser Maßnahmen ist unerlässlich, um die strukturelle Diskriminierung von Frauen nachhaltig zu beseitigen.“

Der djb fordert das Bundesfinanzministerium auf, sachlich nachvollziehbare Erläuterungen zur langen Umsetzungsfrist und den konkreten finanziellen Verteilungswirkungen der Reformen zu liefern und die Maßnahmen zur Schließung der Entlastungsschere zwischen verschiedenen Einkommensgruppen zu intensivieren.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 17.07.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) startet pünktlich zur parlamentarischen Sommerpause eine Social-Media-Kampagne, um die Notwendigkeit einer Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs zu verdeutlichen. Unter dem Titel „218 kennt keine Sommerpause“ wird der djb jeden Dienstag vom 16. Juli 2024 bis zum 3. September 2024 Beiträge veröffentlichen, die den rechtlichen Rahmen und die Notwendigkeit der Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs beleuchten. Die Beiträge bieten zudem Einblicke in die beratende Praxis und vergleichen die Situation in Deutschland mit der in anderen EU-Ländern.

„Über die Strafbarkeit des Abbruchs einer ungewollten Schwangerschaft ist die Zeit hinweggegangen. Nun geht es darum, Schwangere selbstbestimmt entscheiden zu lassen und sie in einer als schwierig empfundenen Lebenslage zu unterstützen“, betont Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb.

Die durch die Bundesregierung eingesetzte Expertinnenkommission hat im April 2024 in ihrem Bericht deutlich gemacht, dass eine Neuregelung nicht nur möglich, sondern insbesondere in den ersten 12 Schwangerschaftswochen zwingend erforderlich ist. Die aktuelle Regelung des § 218 StGB besteht seit über 30 Jahren unverändert. Nachdem bereits die Streichung von § 219a StGB und das Verbot von Gehsteigbelästigungen Frauen und schwangere Personen in ihren reproduktiven Rechten gestärkt haben, muss nun auch die Regelung des Schwangerschaftsabbruchs selbst reformiert werden.

Der djb fordert schon lange eine gesetzgeberische Initiative zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und bleibt in seinem Einsatz für die reproduktiven Rechte konsequent. „Eine Rechtslage, die die Rechte der schwangeren Person missachtet, ist kein akzeptabler Kompromiss“, erklärt Céline Feldmann, Vorsitzende der interkommissionellen Arbeitsgruppe Schwangerschaftsabbruch im djb. „Die aktuelle Regelung stellt eine reale Gefahr für schwangere Personen dar, die einen Abbruch vornehmen möchten. Sie führt zu einer unzureichenden Versorgungslage und zu fehlender Kostenübernahme durch die Krankenkassen.“

Die Bundesregierung darf die Neuregelung nicht länger aufschieben. Der Schwangerschaftsabbruch muss entkriminalisiert und die reproduktiven Rechte müssen ernst genommen werden. Der djb fordert, die Neuregelung direkt nach der Sommerpause umzusetzen und bis dahin unter Verwendung des Hashtags #218kenntkeineSommerpause Druck zu machen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 12.07.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt die am Freitag vom Bundestag beschlossene Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes zur Stärkung der reproduktiven Selbstbestimmung von schwangeren Personen. Die neuen Regelungen sehen Verbotsnormen und Sanktionsmechanismen gegen sogenannte Gehsteigbelästigungen vor und stärken damit das grund- und menschenrechtlich geschützte Recht auf reproduktive Selbstbestimmung.

„Gehsteigbelästigungen sind keine harmlosen Zwischenfälle, sondern gravierende Eingriffe in die Selbstbestimmung von Schwangeren,“ betont Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb. „Mit der nun verabschiedeten Gesetzesänderung schaffen wir einen rechtlichen Rahmen, der schwangere Personen effektiv schützt und im Einklang mit nationalen und internationalen Verpflichtungen steht.“

In einer Stellungnahme im Dezember 2023 und in der Anhörung zum Gesetzentwurf im Mai diesen Jahres hatte sich der djb ausführlich zum nun beschlossenen Gesetzentwurf geäußert und dabei insbesondere die Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Regelung betont. Bisher sehen sich Frauen und andere schwangere Personen mit einer uneinheitlichen Anwendungspraxis konfrontiert, die erhebliche Rechtsunsicherheit schafft. Die neuen Regelungen sind vor dem Hintergrund der bereits defizitären Versorgungslage von Schwangerschaftsabbrüchen besonders relevant. Die Klarstellung, dass der Sicherstellungsauftrag der Länder auch den ungehinderten Zugang zu Beratungsstellen umfasst, ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Versorgungslage.

Besonders zu begrüßen ist, dass das einschränkende Tatbestandsmerkmal „entgegen ihrem erkennbaren Willen“ entsprechend der Forderung des djb gestrichen wurde. Trotz der positiven Entwicklungen sieht der djb einige Einzelheiten des Gesetzes kritisch. Unter anderem könnten die erhöhten subjektiven Anforderungen insbesondere bei der effektiven Durchsetzung der Verbotsnormen Hürden schaffen.

Mit der Gesetzesänderung wird ein wesentlicher Beitrag zum Schutz und zur Unterstützung von schwangeren Personen geleistet, damit sie ihre Rechte in einer sicheren und respektvollen Umgebung wahrnehmen können. „Dieses Gesetz ist ein bedeutender Schritt in die richtige Richtung, aber darf nicht der letzte Schritt sein. Unser Ziel bleibt die vollständige Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen“, erklärt Céline Feldmann, Vorsitzende der interkommissionellen Arbeitsgruppe Schwangerschaftsabbruch im djb.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 08.07.2024

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) freut sich außerordentlich, dass seine Vizepräsidentin Lucy Chebout heute zur Richterin des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin ernannt wurde und gratuliert sehr herzlich. Diese Berufung ist eine würdige Anerkennung ihrer herausragenden fachlichen Kompetenz und ihres Engagements für die Rechte von Frauen und queeren Menschen.

Im djb ist Lucy Chebout seit 2011 Mitglied und engagiert sich seit 2021 in der Kommission Familien-, Erb- und Zivilrecht. Seit vielen Jahren ist sie eine wegweisende Figur im Bereich des Familienrechts und setzt sich mit großer Leidenschaft insbesondere für die Rechte queerer Familien ein. Ihre Arbeit als Fachanwältin für Familienrecht in der Berliner Kanzlei Raue hat zahlreiche juristische Erfolge hervorgebracht, insbesondere im Kampf gegen die diskriminierenden Regelungen des geltenden Abstammungsrechts. 2023 wurde Lucy Chebout zur Vizepräsidentin gewählt.

Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb, sagt: „Lucy Chebout hat auch durch ihre Arbeit im djb maßgeblich dazu beigetragen, die rechtliche Stellung von queeren Familien zu stärken. Ihre Ernennung zur Verfassungsrichterin in Berlin ist ein bedeutender Schritt für die Gleichstellung der Geschlechter.“

Lucy Chebout wird für sieben Jahre am Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin tätig sein. Der djb ist sehr stolz, eine so engagierte und kompetente Juristin in seinen Reihen zu haben, und überzeugt, dass Lucy Chebout in ihrer neuen Rolle als Richterin des Landesverfassungsgerichts bedeutende Impulse für die Rechtsentwicklung geben wird.

Der djb gratuliert außerdem sehr herzlich seinem Mitglied Rosanna Sieveking, Richterin am Bundesverwaltungsgericht, die neben Lucy Chebout und vier weiteren in den Landesverfassungsgerichtshof des Landes Berlin gewählt wurde.

Der djb, der sich seit langem im Rahmen der Initiative „Frauen in die Roten Roben“ für mehr Richterinnen engagiert, begrüßt zudem die insgesamt paritätische Besetzung der Kandidat*innen für die neuen Stellen am Landesverfassungsgericht Berlin.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 04.07.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert einen Ausbau der Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche in Deutschland auf allen föderalen Ebenen. Dazu zählen aus Sicht der Kinderrechtsorganisation die Verankerung von Kinderrechten und damit einhergehend von Beteiligungsrechten im Grundgesetz und in den Verfassungen der Bundesländer, der Ausbau bestehender Beteiligungsrechte in Fachgesetzen sowie der flächendeckende Ausbau von beteiligungsfördernden Strukturen. Auch die Einsetzung von Kinder- und Jugendbeauftragten, die Einrichtung von Fach- und Servicestellen der Kinder- und Jugendbeteiligung und der Ausbau unmittelbarer Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche sind nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes zu forcieren. Die Forderungen basieren auf Ergebnissen einer Studie zur Umsetzung des Art. 12 UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland auf der Basis des Child Participation Assessment Tools (CPAT) des Europarates, die heute vom Deutschen Kinderhilfswerk veröffentlicht wurde. Die Studie zeigt den aktuellen Stand zur Umsetzung der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen in Deutschland sowie bestehende Leerstellen und Handlungsbedarfe auf.

„Beim Ausbau der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen müssen nach wie vor dicke Bretter gebohrt werden. Es muss endlich gelingen, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an sie betreffenden Entscheidungen zu einer Selbstverständlichkeit werden zu lassen. Deshalb sollten aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes verbindliche Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen systematisch ausgebaut und strukturell verankert werden, zuvorderst im Grundgesetz“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Kinder und Jugendliche werden durch frühe Beteiligungserfahrungen auch in ihren sozialen Kompetenzen gefördert, gleichzeitig leistet frühe Beteiligung von Kindern einen fundamentalen Beitrag zur langfristigen Stärkung unserer Demokratie. Kinder und Jugendliche haben bisher viel zu selten die Möglichkeit, ihre Meinung kundzutun und sich aktiv in Vorhaben einzubringen, so dass ihre Perspektive oftmals keine Beachtung findet. Das muss sich ändern“, so Hofmann weiter.

„Sowohl der Bund als auch die Bundesländer und die Kommunen sind aufgefordert, umgehend alle geeigneten Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen zur Verwirklichung der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen zu treffen. Zudem sollte die Einführung eines Verbandsklagerechts für Jugendverbände und Kinderrechtsorganisationen geprüft werden, um die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gegenüber den Kommunen einfordern zu können, denn die Beteiligung vor Ort ist für die Herstellung eines Lebensweltbezugs für junge Menschen unabdingbar. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen muss endlich bundesweit in den Gemeindeordnungen und Kommunalverfassungen verbindlich festgeschrieben werden, Beteiligungskonzepte für Kommunen sowie Jugend- und Bildungseinrichtungen müssen zum Standard werden. Zudem braucht es auch eine lebendige Beteiligungskultur von Kindern und Jugendlichen in Kitas und Schulen. Und schließlich gehört eine Absenkung des Wahlalters weiter auf die Tagesordnungen in Bund und Ländern“, sagt Holger Hofmann.

Mit der Studie „Die Umsetzung des Rechts auf Beteiligung nach Art. 12 UN-Kinderrechtskonvention“ hat das Deutsche Kinderhilfswerk erstmals für Deutschland eine Analyse der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen auf der Basis des Child Participation Assessment Tools (CPAT) durchgeführt.

Das CPAT wurde vom Europarat entwickelt, um seinen Mitgliedsstaaten ein Werkzeug an die Hand zu geben, Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen zu messen. Auf der Basis von zehn Indikatoren legt das CPAT den Blick auf sehr verschiedene Regelungsbereiche, bei denen die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen eine Rolle spielt, oder die dazu beitragen, geltendes Recht umzusetzen. Daher umfasst die Analyse sowohl Struktur- als auch Prozessindikatoren. Diese legen zum einen die Grundlage für gelingende Beteiligung, also die Strukturen, oder sie zielen auf Maßnahmen (Prozesse) ab, die Beteiligung fördern. Damit bietet die Studie einen umfassenden Überblick zur Umsetzung des Art. 12 UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland. Die Ergebnisse basieren auf Recherchen, Gesetzesanalysen, breit angelegten Abfragen unter Ministerien, der Auswertung vorhandener Daten sowie qualitativen Interviews mit verschiedenen Stakeholdern sowie Fokusgruppen mit Kindern und Jugendlichen zu einzelnen Themenbereichen.

Die Studie „Die Umsetzung des Rechts auf Beteiligung nach Art. 12 UN-Kinderrechtskonvention“ wurde im Rahmen eines Projekts der Koordinierungsstelle Kinderrechte des Deutschen Kinderhilfswerkes erstellt.

Mehr Informationen unter https://eur04.safelinks.protection.outlook.com/?url=http%3A%2F%2Fwww.dkhw.de%2Fcpat-bericht&data=05%7C02%7Cj.oers%40awo.org%7C404cb84f81374775822e08dca70fb7bd%7Cf026a523d5334b919b617289d1a292c3%7C0%7C0%7C638568933162162240%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C0%7C%7C%7C&sdata=C9%2FQdRpj952XpUEimdeykvBRbeAqG6xSRLBtt3zd7Fs%3D&reserved=0. Dort kann die gesamte Studie auch kostenfrei heruntergeladen werden. Die Koordinierungsstelle Kinderrechte begleitet die Umsetzung der Europaratsstrategie für die Rechte des Kindes und die EU-Kinderrechtsstrategie. Sie wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 18.07.2024

Der Entwurf des Haushaltes für das Jahr 2025 sieht moderate Anpassungen der familienpolitischen Leistungen vor. Ein Ersatz für die angekündigte Vereinfachung und Verbesserung der Familienförderung können diese jedoch nicht sein.

„Der Haushalt soll Impulse für ein sicheres, wettbewerbsfähiges und zukunftsfähiges Deutschland geben. Das sind wichtige Signale für alle Familien, die genau das für ein sicheres, zukunftsfähiges Aufwachsen benötigen. Aber es sollte in der Familienpolitik um mehr gehen als um systembedingte Erhöhungen und Programmfortschreibungen“, erklärt Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes der Katholiken.

Die Kernpunkte des Haushaltsentwurfs in der Familienpolitik sind die Erhöhung des Kindergeldes, des Kindersofortzuschlags und der Kinderfreibeträge. Um Familien finanziell zu entlasten, werden ab 2025 das Kindergeld und der Kindersofortzuschlag pro Kind um 5 Euro pro Monat erhöht. Zusätzlich werden die Kinderfreibeträge 2024 und 2025 angehoben. „Hier ist zu fragen, warum nicht auch in diesem Jahr das Kindergeld erhöht wird, da Familien in allen Lebenslagen durch steigende Preise betroffen sind“, führt Hoffmann aus. „Aus guten Gründen wurden in der Vergangenheit der Kinderfreibetrag und das Kindergeld immer gleichzeitig angehoben, um alle Familien im Blick zu behalten. Und auch 2025 findet keine wirkliche Erhöhung des Kindergeldes statt, sondern eine Anpassung, damit es nicht zu drastischen Kaufkraftverlusten kommt. Um den Status quo für Familien zu erhalten, ist insgesamt mindestens eine Kindergelderhöhung um 10 Euro erforderlich.“

Die im Haushalt bereitgestellten Mittel in Höhe von zwei Milliarden Euro für den qualitativen Ausbau der Kinderbetreuung deuten auf eine Fortführung des Kita- Qualitätsgesetzes hin. Das reicht Ulrich Hoffmann nicht: „Diese Investitionen sind wichtige Signale, aber auch hier braucht es mehr Ehrgeiz und Innovation. Ein Kita-Qualitätsgesetz existiert bisher nur dem Namen nach. In der Sache handelt es sich um ein verwaltungsaufwendiges Förderprogramm des Bundes. Nötig ist eine Verbesserung durch echte, verbindliche Qualitätsstandards.“

Der angekündigte Haushaltsentwurf signalisiert, dass Familien auf der politischen Agenda nicht vergessen sind und alle Familien unterstützt werden. „Dieses positive Signal darf aber kein Ersatz für angekündigte Reformen der familienpolitischen Leistungen sein“, so Ulrich Hoffman. „Damit alle Kinder mehr Teilhabemöglichkeiten und Bildungschancen erhalten, braucht es eine realistische Neuberechnung des Existenzminimums. Ein pragmatischer Weg, um Familien mit kleinen Einkommen zielgenau zu unterstützen und die positiven Ansätze der Kindergrundsicherungsdebatte aufzunehmen, wäre zudem eine Reform des Kinderzuschlages.“

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 10.07.2024

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 10. September 2024

Veranstalter: AWO Bundesverband e.V., Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und KTK-Bundesverband

Ort: Berlin

Trotz erneuter Deklaration und einem „Schulterschluss für mehr Qualität in der Kindertagesbetreuung“ mit den Ländern ist es immer noch nicht gelungen, dass sich der Bund durch eine auskömmliche, dauerhafte und damit verlässliche Mitfinanzierung an der Strukturqualität und damit Schaffung guter Rahmenbedingen in der Kindertagesbetreuung einsetzt.

Seit mehr als zehn Jahren steht unser Bündnis für mehr Qualität in der Kindertagesbetreuung mit der Forderung nach bundeseinheitlichen und strukturellen Standards für die frühe Bildung.

Gemeinsam möchten wir die Chance nutzen, für eine Verbesserung der prekären Situation in der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung einzustehen und politische Entscheidungsträger*innen erneut auf ihre Verantwortung hinzuweisen.

An diesem Abend möchten wir deshalb mit Ihnen und euch einen pointierten Blick auf die Lage in der Kindertagesbetreuung werfen.

Es freut uns ganz besonders, dass wir Prof. Dr. h.c. Jutta Allmendinger für einen Kommentar gewinnen konnten

und wir an diesem Abend an einem so besonderen Ort zusammenkommen: in einer Berliner Kita.

Bitte melden Sie sich bis zum 03.09.2024 unter folgendem Link an: 

 https://www.gew.de/anmeldung-dialogworkshop#c109830

Termin: 19. September 2024, 07. November 2024 und 28. November 2024

Veranstalter: DGB-Projekt Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestalten

Elternzeit, Wiedereinstieg, Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf ihr als Betriebs- und Personalräte seid gefragt: Wie könnt ihr gut mitgestalten?

Geballtes Fachwissen und konkrete Erfahrungen von Betriebs- und Personalrät*innen in einem digitalen Format Vereinbarkeit kompakt.

In Vereinbarkeit kompakt wird eingeladen zu einem Online-Meeting mit Expert*innen aus Wissenschaft, Gewerkschaft, Betrieb und Verwaltung. In kompakten 90 Minuten wird Expertise, Erfahrung und Austausch in Sachen Vereinbarkeit zusammen gebracht.

Kostenlos, freistellungsfähig und digital für

  • Betriebsrät*innen,
  • Personalrät*innen,
  • Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte

aller Branchen. Die Themenschwerpunkte und die Infos zur Anmeldung findet ihr unten. Die Module finden immer von 10:00 bis 11:30 Uhr statt.

19.09.2024: Elternzeit

Die Geburt eines Kindes bringt viel Freude, aber auch Unsicherheit für Beschäftigte mit sich. Was wünschen sich Beschäftigte vor und in der Phase der Elternzeit? Welche betrieblichen Rahmenbedingungen sind nötig, um eine partnerschaftliche Aufteilung der Elternzeit zu fördern? Wo liegen die Ansatzpunkte für Interessenvertretungen und Gewerkschaften in der betrieblichen Praxis? In diesem Modul finden wir Antworten mit unseren Gästen:

  • Prof. Dr. Katharina Wrohlich, DIW Berlin
  • Jennifer Mansey, Bundesfrauensekretärin IGBCE
  • Betriebsrat Henkel (angefragt)

Zur Anmeldung

07.11.2024: Wiedereinstieg 

Der Wiedereinstieg nach der Elternzeit ist ein wichtiger Punkt, an dem Beschäftigte und Interessenvertretungen merken, wie familienfreundlich ihr Unternehmen oder ihre Dienststelle ist. Wie kann der partnerschaftliche Wiedereinstieg von Eltern auf betrieblicher Ebene gestaltet werden? Wo können Interessenvertretung und Gewerkschaften in der betrieblichen Praxis ansetzen? In diesem Modul finden wir Antworten mit unseren Gästen:

  • Dr. Corinna Frodermann, IAB
  • Stefanie Geyer, Bundesfrauensekretärin IG Metall
  • Katja Pilz, Mitglied des Betriebsrats GESTRA AG

Zur Anmeldung

28.11.2024: Partnerschaftlichkeit

Immer mehr Väter möchten ihre Arbeitszeit zu Gunsten der Familie reduzieren. Familien-gerechte Strukturen sind ein wichtiges Kriterium für den Verbleib in Unternehmen oder Dienststellen. Damit partnerschaftliche Vereinbarkeitsmodelle gelingen, müssen Väter als Zielgruppe adressiert werden – auch von Betriebs- und Personalrät*innen. Welche Maßnahmen möglich sind und wo Interessenvertretungen ansetzen können, besprechen wir mit unseren Gästen:

  • Jelena Büchner,M.A. Vertretungsprofessorin Hochschule Hannover
  • Meret Matthes, Gewerkschaftssekretärin Frauen- und Gleichstellungspolitik ver.di
  • Väter.In.Motion, Väternetzwerk der Sparkasse Berlin

Zur Anmeldung

Termin: 30. September 2024

Veranstalter: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Ort: Berlin

Bühne frei für die Zukunft: Die Welt von Morgen braucht zentrale Weichenstellungen heute. Wir richten deshalb den Blick nach vorn und wollen abseits des politischen Tagesgeschäfts mit Ihnen und Euch zentrale politische Fragen diskutieren: Wie führen wir Europa in eine sichere, demokratische Zukunft? Wie schaffen wir die klimaneutrale Modernisierung unserer Wirtschaft und sichern auch morgen unseren Wohlstand? Welchen Schutz braucht unsere Demokratie gegen zersetzende Kräfte von innen wie außen? Wie können wir Zusammenhalt, Miteinander und Teilhabe in einer vielfältigen und älter werdenden Gesellschaft weiter stärken?

Wir werden auf dem Zukunftskongress in Podien und Workshops unsere Ideen und Impulse für unsere zukünftige parlamentarische Arbeit zur Debatte stellen und wollen mit unseren bündnisgrünen Ministerinnen und Ministern, mit unseren Bundestagsabgeordneten, mit unseren Podiumsgästen und Ihnen und Euch darüber diskutieren.

Termin: 14. Oktober 2024

Veranstalter: Internationale Sozialdienst (ISD)

Die digitale Veranstaltung richtet sich an Fach- und Führungskräfte der Kinder- und Jugendhilfe, die in ihrer Arbeit mit grenzüberschreitenden Kinderschutzfällen in Berührung kommen. Gegenstand der Veranstaltung sind Handlungsmöglichkeiten und Zuständigkeiten in Kinderschutzfällen mit Auslandsbezug. Wir beschäftigen uns mit den Verpflichtungen und Möglichkeiten Kinderschutzfälle über Ländergrenzen hinweg durch die Einschaltung dortiger Fachstellen weiterzuverfolgen und somit den Schutz betroffener Kinder sicherzustellen. Ein besonderes Augenmerk wird auf das Erkennen von Kinderschutzfällen gelegt, in denen Kinder und Jugendliche von Menschenhandel und kommerzieller Ausbeutung betroffen sind und eine Abklärung im Ausland für die Gefährdungseinschätzung und Perspektivklärung benötigt wird.

Anmeldeschluss ist spätestens am 17. September 2024.

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter:

https://www.deutscher-verein.de/de/va-24-handel-mit-ausbeutung-kind-jugend

Termin: 28. – 30. Oktober 2024

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Ort: Berlin

Die Fachtagung „Aktuelle Fragen der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ hat in diesem Jahr ein breitgefächertes Themenspektrum. Neben der Umsetzung des  Bürgergeld-Gesetzes wird die bedarfsgerechte Leistungsgewährung für Kinder und Familien ein weiteres zentrales Thema sein. Hierzu wird der aktuelle Verfahrenstand zur Einführung der Kindergrundsicherung mit den Teilnehmenden erörtert. Praxisbeispiele zur Netzwerkarbeit vor Ort zur Verbesserung der Beratung und der Leistungsgewährung für Familien und Kinder werden vorgestellt und diskutiert.

Die Fachtagung wird sich mit Praxisfragen der Gewährung von Wohnkosten im Hinblick auf die durch das Bürgergeld-Gesetz verstetigten Regelungen der einjährigen Karenzzeiten beschäftigen. Zudem wird auf die Auswirkungen des Wegfalls des sognannten Nebenkostenprivilegs bezüglich der Kosten für den Kabel-TV-Anschluss eingehen.

Der Prozess der Kooperation zwischen Jobcenter und Arbeitsagentur bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung und Reha ab 01.01.2025 wird erörtert und aktuelle Empfehlungen des Deutschen Vereins hierzu vorgestellt und diskutiert. Erfahrungen mit der Mediation im sozialgerichtlichen Güterichterverfahren werden vorgestellt und erörtert.

Nach gut einem Jahr Job-Turbo soll mit den Teilnehmenden diskutiert werden, welche Maßnahmen erfolgreich waren und was in Zukunft notwendig ist, um Flüchtlinge schnell und nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Ebenfalls wird die aktuelle Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit vorgestellt.

AKTUELLE FRAGEN DER GRUNDSICHERUNG FÜR ARBEITSUCHENDE F 3445/24

Diese Veranstaltung richtet sich an Fach- und Leitungskräfte aus Jobcentern, freien Trägern und Verbänden sowie Kommunalverwaltungen, die mit der Umsetzung des SGB II befasst sind.

Anmeldungen bitte bis spätestens 28. August 2024.

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter: https://www.deutscher-verein.de/events/detail/aktuelle-fragen-der-grundsicherung-fuer-arbeitsuchende/

 

WEITERE INFORMATIONEN

Vorbemerkung
Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass Kinder mit Behinderungen im öffentlichen wie im privaten Umfeld einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, unterschiedliche Formen von Gewalt zu erfahren. Gleichzeitig zeigen sich im Kinderschutz Teilhabebarrieren und Schutzlücken für Kinder mit Behinderungen4, trotz erheblicher Anstrengungen, dies zu vermeiden. In Deutschland obliegt nach Art. 6 Abs. 2 GG den Eltern das Recht und die Pflicht zur Erziehung der Kinder. Über Ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG, § 1 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII). Der örtliche Träger der Kinder- und Jugendhilfe hat nach § 8a SGB VIII das staatliche Wächteramt bei Kindeswohlgefährdungen auszuüben. Der Begriff Kinderschutz in diesem Kontext umfasst alle rechtlichen Regelungen und Maßnahmen, die dem Schutz von Kindern und jungen Menschen dienen. Das Kindeswohl ist jedoch kein abschließend definierter Begriff und eine unbestimmte Rechtsnorm. Der Begriff impliziert jedoch das gesamte Wohlergehen und gesunde Aufwachsen von jungen Menschen. Maßnahmen des Kinderschutzes sowie die entsprechenden Rechtsnormen umfassen schon immer alle Kinder und jungen Menschen. Bereits aus dem KJSG leitet sich der Auftrag ab, dass insbesondere Träger und Leistungserbringer der Kinder- und Jugendhilfe gerade mit Fokus auf ihre stationären Angebote und Beratungsleistungen von Kindern und jungen Menschen mit Behinderungen,5 sich im Kinderschutz inklusiver aufstellen müssen. Dafür wird es notwendig sein, den Blick auf andere Rechtskreise und Leistungssysteme sowie bereits vorhandene Angebote der Eingliederungshilfe zu richten und im Interesse des Kinderschutzes eine kooperative Zusammenarbeit mit einer gemeinsamen und gegenseitig wertschätzenden Haltung zu entwickeln.

Daher ist eine umfassende Weiterentwicklung des Kinderschutzes notwendig. Anspruch eines inklusiven Kinderschutzes im Verständnis des Deutschen Vereins ist, alle Kinder (unabhängig von Behinderungen, aber auch unabhängig von sozialer Herkunft, Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, Staatsbürgerschaft oder anderer individueller Merkmale und Fähigkeiten) gleichberechtigt zu schützen. Entsprechend muss sich inklusiver Kinderschutz am individuellen Bedarf und den spezifischen Rahmenbedingungen ausrichten. Dabei kann das Wissen um die Lebenswirklichkeit und erhöhte Risiken bestimmter Zielgruppen eine zentrale Ressource sein, weil es für vielfältige Schutzbedürfnisse sensibilisiert. Dieses Wissen darf jedoch nicht zu vorschnellen Rückschlüssen führen: Wirksamer Kinderschutz muss sich immer am Einzelfall orientieren und darf nicht (aufgrund von Kategorisierungen nach Zielgruppen und Diagnosen) pauschalisieren und stigmatisieren. Daher werden in diesen Empfehlungen Kinder und Jugendliche mit Behinderungen sowie ihre Eltern bzw. Sorgeberechtigten als eine der Zielgruppen zur Weiterentwicklung eines inklusiven Kinderschutzes in den Fokus gestellt.

Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) hat der Gesetzgeber Inklusion als Leitgedanken auch im Kinderschutz gestärkt. Mit den vorliegenden Empfehlungen möchte der Deutsche Verein praktische Orientierung für eine gelingende Gestaltung zur Weiterentwicklung eines inklusiven Kinderschutzes bieten. Ziel ist, die spezifischen Bedarfe von Kindern mit Behinderungen und ihrer Familien im Kinderschutz ins Bewusstsein zu rücken, Ansatzpunkte für Weiterentwicklungen im Bereich der Gestaltung von Angeboten, der Entwicklung einer entsprechenden Fachlichkeit, der Risikoeinschätzung und Intervention sowie des institutionellen Kinderschutzes aufzuzeigen und Umsetzungsempfehlungen zu geben. So soll ein Beitrag zur Selbstverständlichkeit einer inklusiven Ausrichtung des Kinderschutzes geleistet werden.

Die Empfehlungen richten sich an alle Fach- und Führungskräfte der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe sowie der Eingliederungshilfe, Lehrkräfte und weiteres Fachpersonal an Schulen, Eltern(-verbände) sowie an verantwortliche Akteur/innen der Fachpolitik und der Fachverbände sowie Verantwortliche von Hochschulen, Fachschulen und Weiterbildungsträgern.

DV-17-23_inklusiver_Kinderschutz.pdf [PDF, 369 KB] Download

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ZFF-Info

ZFF-Info 10/2024

AUS DEM ZFF

Bündnis aus 20 Verbänden und 13 Wissenschaftler*innen ist erschüttert, dass die Bundesregierung sich zu keiner echten Kindergrundsicherung für arme Kinder durchringen kann.  

Seit Monaten hängt der Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung im Bundestag fest. Dabei wurde die ursprüngliche Reformidee in der Koalition sowieso schon gemeinsam auf eine Schmalspurversion heruntergeköchelt. An ausreichenden Leistungshöhen für Kinder fehlt es im aktuellen Gesetzentwurf hingegen weiterhin gänzlich. Die Neuberechnung des sogenannten „kindlichen Existenzminimums“ geht man weiterhin nicht an.

Verena Bentele, Präsidentin des VdK und Sprecherin des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG mahnt:

„Während in der Politik die Sommerpause eingeläutet wird und die Mitglieder der Regierung und des Parlaments in den Urlaub gehen, fällt der Urlaub für arme Kinder dieses Jahr mal wieder ins Wasser. Armen Familien fehlt es an Geld für Urlaubsreisen, für Besuche im Freibad oder für eine Kugel Eis. Wir setzen uns dafür ein, dass jedes Kind gut aufwachsen und an der Gemeinschaft teilhaben kann. Die Regierung muss jetzt handeln und endlich eine gute Kindergrundsicherung verabschieden.“

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, ergänzt: „Mit dem Verbleib der sozialrechtlichen Geldleistungen auf dem minimalsten Niveau verabschieden sich die Bundesregierung und die Ampelfraktionen von dem Ziel, armen Kindern und Jugendlichen den Anschluss an die Mehrheitsgesellschaft zu ermöglichen. Dafür verdienen die politisch Verantwortlichen zum Ende des Schuljahres im Zeugnis eine glatte sechs! Es wäre in dieser Legislatur dringend notwendig gewesen, zumindest eine umfassende Neuberechnung des Existenzminimums ins Rollen zu bringen. Stattdessen legen die politisch Verantwortlichen die Hände in den Schoß und schieben ihren Koalitionspartner*innen wechselseitig die Schuld für das Nichtgelingen einer #EchtenKindergrundsicherung zu!“

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG macht sich seit 2009 mit inzwischen 20 Mitgliedsverbänden und 13 wissenschaftlichen Unterstützer*innen für eine echte Kindergrundsicherung stark. Weitere Infos zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG und das eigene Kindergrundsicherungskonzept finden Sie hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 03.07.2024

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des Factsheets „Alleinerziehende in Deutschland“ der Bertelsmann Stiftung appelliert das ZFF eindringlich an die Politik, endlich die Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und Alleinerziehende zu stärken.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Die veröffentlichten Daten und Fakten der Bertelsmann Stiftung zeigen zum wiederholten Male ganz deutlich: Allleinerziehende in Deutschland brauchen dringend mehr Unterstützung. Über 70 Prozent der alleinerziehenden Mütter sind erwerbstätig und sie arbeiten häufiger in Vollzeit als Mütter in Paarfamilien. Dennoch reicht das Einkommen hinten und vorne nicht, um die Familie zu ernähren. Hinzu kommen fehlende Unterhaltszahlungen und häufig nicht ausreichende Kinderbetreuungsangebote. Der Teufelskreis nimmt damit seinen Lauf: Viel zu viele Alleinerziehende und ihre Kinder sind armutsbetroffen und beziehen SGB II-Leistungen.“

Altenkamp ergänzt: „Um Alleinerziehende zu stärken und ihnen und ihren Kindern mehr Zeit, Chancen und gute Lebensbedingungen zu schaffen, sind die nächsten Wochen rund um die Haushaltsverhandlungen entscheidend: Denn neben einer Kindergrundsicherung, die im aktuellen Gesetzentwurf zumindest für Alleinerziehende im SGB II Verbesserungen bereithalten würde, hat der Koalitionsvertrag auch noch eine Steuergutschrift für Alleinerziehende sowie Verbesserungen der Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur versprochen! Wir appellieren daher an die politisch Verantwortlichen: Kinder sind unsere Zukunft. Einsparungen dürfen nicht auf dem Rücken von Alleinerziehenden vorgenommen werden, die jeden Tag vor besonderen Herausforderungen stehen, um ihre Existenz eigenständig zu sichern. Gleichzeitig müssen angedachte Reformen im Umgangs-, Sorge und Unterhaltsrecht noch einmal dringend überdacht werden, damit hier keine Verschlechterungen für Alleinerziehende entstehen. Darüber hinaus fordern wir eine #EchteKindergrundsicherung, bei der u. a. die Höhe des Existenzminimums neu bestimmt wird. Nur so können wir zukünftig sicherstellen, dass alle Familien und ihre Kinder dem Armutskreislauf entkommen.“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 25.06.2024

SCHWERPUNKT I: SPD-Positionspapier zum Schwangerschaftsabbruch

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich heute mit einem Positionspapier klar für eine Stärkung des Selbstbestimmungsrechts, eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und eine bessere medizinische Versorgung von betroffenen Frauen ausgesprochen.

Sonja Eichwede, rechtspolitische Sprecherin:
„Die aktuelle Regelung berücksichtigt das Selbstbestimmungsrecht von Frauen nicht ausreichend. Die Regelung im Strafrecht bringt zum Ausdruck, dass ein selbstbestimmter Schwangerschaftsabbruch Unrecht ist. Das halten wir – wie die unabhängige Expert:innenkommission – für nicht vereinbar mit den Grundrechten der Schwangeren. Deshalb wollen wir den § 218 StGB in seiner jetzigen Form streichen und klare Voraussetzungen für einen selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch jenseits des Strafrechts regeln.

Zur Unterstützung der selbstbestimmten Entscheidung der Frau als auch für den Schutz des ungeborenen Lebens gibt es bessere und wirksamere Maßnahmen als das Strafrecht. Mit unserem Vorstoß wollen wir das Selbstbestimmungsrecht der Frau und den Schutz des ungeborenen Lebens besser in Einklang bringen.

Leni Breymaier, frauenpolitische Sprecherin:
„Wir wollen die Versorgungslage von ungewollt schwangeren Frauen in Deutschland verbessern. Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte, die bereit sind, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen, hat sich – auch aufgrund der Stigmatisierung – innerhalb der letzten 20 Jahre fast halbiert. In Regionen wir Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ist eine wohnortnahe medizinische Versorgung nicht mehr gewährleistet. Das wollen wir durch die Entkriminalisierung und mittels verschiedener konkreter Regelungen ändern.

Um das ungeborene Leben wirksam zu schützen, müssen wir zudem ungewollt schwangere Frauen gut unterstützen. Das ist durch Strafandrohung nicht zu erreichen. In den vergangenen Jahrzehnten haben wir bereits Verbesserungen erreicht: unter anderem den Rechtsanspruch auf einen KiTa-Platz, die Einführung des Mindestlohns und des Bürgergelds, des Elterngeldes und der Elternzeit sowie die Ausweitung des Wohngelds. Durch weitere Maßnahmen wie den Einsatz für bezahlbares Wohnen, die Abschaffung des Ehegattensplittings sowie verlässliche Kinderbetreuung auch in der Grundschule können wir den Frauen die Entscheidung für die Schwangerschaft weiter erleichtern. Wir brauchen eine kinderfreundliche Gesellschaft und keine Strafandrohungen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 25.06.2024

In ihrer Fraktionssitzung am 25. Juni hat sich die SPD für eine Stärkung des Selbstbestimmungsrechts, eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und eine bessere medizinische Versorgung ausgesprochen. Die AWO begrüßt diesen Vorstoß ausdrücklich und fordert die Ampelparteien auf, den Koalitionsvertrag umzusetzen und unverzüglich einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung stärkt.  

 

Dazu AWO-Präsident*in Kathrin Sonnenholzner: „Gerade jetzt, da antifeministische und rechtsautoritäre Kräfte erstarken, stehen die demokratischen Parteien in der Verantwortung, diesen historischen Moment zu nutzen, um die Rechte von ungewollt Schwangeren zu stärken. Wir brauchen endlich einen sicheren und legalen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen. In unseren Beratungsstellen erleben wir täglich, welche weitreichenden Auswirkungen die strafrechtliche Verortung von Schwangerschaftsabbrüchen hat. Nicht nur werden ungewollt Schwangere diskriminiert und stigmatisiert, sie sind außerdem von medizinischen Versorgungslücken, fehlender Kostenübernahme und einer grundsätzlich unsicheren Rechtslage betroffen.“ 

 

Zuletzt kam auch die von der Bundesregierung eingesetzten Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin in ihrem Abschlussbericht zu dem Schluss, dass eine außerstrafrechtliche Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland verfassungs-, völker- und strafrechtlich nicht nur möglich, sondern auch geboten wäre. Seit über 150 Jahren wird der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch in §218 unter Strafe gestellt. Die AWO fordert die Bundesregierung daher auf, nicht länger zu zögern und den Schwangerschaftsabbruch endlich außerhalb des Strafgesetzbuches zu regeln. 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 27.06.2024

Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, äußert sich zum Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion zum §218:

Die SPD-Bundestagsfraktion hat Vorschläge vorgelegt, wie die Empfehlungen der Regierungskommission für reproduktive Gesundheit umgesetzt werden könnten. Der Deutsche Caritasverband misst dieser Debatte über eine Neugestaltung des Schwangerschaftskonfliktrechts große Bedeutung zu. Denn Schwangerschaft und Geburt sind nicht immer ein „freudiges Ereignis“. Wenn zum Beispiel Arbeitslosigkeit oder Ehekrisen Frauen und Paare belasten, ist Unterstützung dringend notwendig.

Beratungspflicht und Beratungsschein sind Indiz für Entschluss aus freiem Willen

„Die SPD plant ernsthaft ein Aussetzen der Beratungspflicht für ungewollt schwangere Frauen. Das enttäuscht uns sehr“, kommentiert Caritaspräsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. „Die Beratungspflicht hat sich für alle Beteiligten bewährt: Sie verschafft den ungewollt schwangeren Frauen in einer belastenden Stresssituation verlässlich Zugang zu allen wichtigen Informationen. Und für Ärztinnen und Ärzte ist der Beratungsschein ein wichtiges Indiz, dass die Frau sich aus freiem Willen für eine Abtreibung entschieden hat und damit also die Vornahme der Abtreibung legal ist.“ 

Das Positionspapier der SPD sieht ausdrücklich vor, Ärzte weiter mit strafrechtlichen Sanktionen zu belegen, wenn sie einen rechtswidrigen Abbruch vornehmen. Das sei gut, betont Welskop-Deffaa.

„Wenig nachvollziehbar ist allerdings die geplante Fristenverschiebung: Ein Abbruch soll nach den Vorstellungen der SPD strafbar sein, wenn er gegen den Willen der Frau vorgenommen wird oder sobald eine Überlebenschance des Fötus außerhalb des Uterus in Einzelfällen besteht. Die Orientierung an der Überlebensfähigkeit eines Kindes außerhalb des Uterus ist lebensfremd in einer Zeit, in der ein Ultraschall längst vorher zeigt, dass das Kind im Bauch der Mutter lebt, und in der wir wissen, wie viel Zeit, Aufmerksamkeit und Sorge ein Neugeborenes noch lange nach der Geburt braucht, um zu überleben.“

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erhalten

Die SPD betone zu Recht den Wert von Verhütung und Unterstützung. Warum allerdings in dem Papier kein Wort zur Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu lesen sei, irritiere. Denn Bundesgesundheitsminister Lauterbach sei zur gleichen Stunde dabei, die BZgA in seinem Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit bis zur Unkenntlichkeit zu schwächen. „Die BZgA war über Jahre – auf der Grundlage des Schwangerschaftskonfliktgesetzes – die Garantin der reproduktiven Selbstbestimmung von Frauen und sollte das auch weiter bleiben“, so Welskop-Deffaa.

Selbstbestimmung der Frau und Schutz von Kindern

Es sei dringend notwendig, sowohl das für das Schwangerschaftskonfliktgesetz zuständige Ressort von Bundesministerin Paus als auch das Bundesjustizministerium in die Debatten um die Stärkung der reproduktiven Selbstbestimmung und die Hilfen für schwangere Frauen einzubeziehen. „Eine besserer Zugang zu Verhütungsmitteln oder eine Erleichterung der Kostenerstattung bei Abtreibungen könnten und sollten ohne Abschaffung der Strafrechtsnormen im Schwangerschaftskonfliktgesetz gesetzlich geregelt werden“, betont die Caritaspräsidentin.

„Wir brauchen eine Kultur der Kinder- und Familienfreundlichkeit in unserer Gesellschaft, in der die Selbstbestimmung der Frau und der Schutz von Kindern keine Gegensätze sind.“ 

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 25.06.2024

SCHWERPUNKT II: Factsheet Alleinerziehend Bertelsmann Stiftung

Alleinerziehende Familien sind nach wie vor die am stärksten von Armut betroffene Familienform in Deutschland. Fast 700.000 von ihnen oder 41 Prozent gelten als einkommensarm, und damit deutlich mehr als bei Paarfamilien. Das geht aus dem heute veröffentlichten Faktenblatt „Alleinerziehende in Deutschland“ der Bertelsmann Stiftung hervor.

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Die Daten der Bertelsmann Stiftung zeigen einmal mehr: Alleinerziehende Frauen haben nach wie vor das höchste Armutsrisiko. Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung die Armut von Familien und deren Kindern nicht endlich beendet. Alleinerziehende, die den Großteil der Kinderbetreuung und -erziehung schultern, sind ganz besonders auf ausreichende und bedarfsgerechte Betreuungsangebote in Kitas und Schulen angewiesen. Daran mangelt es und auch an auskömmlich bezahlten Arbeitsangeboten. Alleinerziehende arbeiten häufig in frauentypischen Berufen mit untypischen Arbeitszeiten, im Schichtdienst und an Wochenenden.“

Wichtig seien familienfreundliche Arbeitszeiten, endlich eine finanzielle Entlastung für berufstätige Alleinerziehende und ein Umgangsmehrbedarf für getrenntlebende alleinerziehende Eltern, wie ihn die Diakonie Deutschland seit langem fordert. „Das alles wäre eine echte Unterstützung für Alleinerziehende“, so Loheide.

Factsheet „Alleinerziehende in Deutschland“: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2024/juni/trotz-arbeit-haben-alleinerziehende-noch-immer-das-hoechste-armutsrisiko

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 25.06.2024

Das Deutsche Kinderhilfswerk plädiert für eine verstärkte Förderung von Alleinerziehenden und ihren Kindern, um die Kinderarmut in Deutschland zu bekämpfen. „Die heute von der Bertelsmann Stiftung vorgelegten Daten zeigen, dass Alleinerziehende und ihre Kinder weiterhin äußerst stark von Armut betroffen sind. Die Leidtragenden sind vor allem die Kinder. Um hier Abhilfe zu schaffen, muss in erster Linie gewährleistet sein, dass Alleinerziehende ihren Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder durch eigene Erwerbstätigkeit sicherstellen können. Hierzu braucht es armutsfeste Löhne und bezahlbaren Wohnraum ebenso wie ausreichende und flexible Kinderbetreuungsmöglichkeiten sowie eine stärkere Unterstützung von Alleinerziehenden bei Weiterbildungen oder dem Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. Und da, wo der Staat finanziell einspringen muss, um den Lebensunterhalt zu gewährleisten, braucht es armutsfeste Leistungen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, anlässlich der Veröffentlichung des Factsheets „Alleinerziehende in Deutschland“ der Bertelsmann Stiftung.

„Knapp die Hälfte aller Kinder, die in einer Familie mit Bürgergeldbezug aufwachsen, leben mit nur einem Elternteil zusammen. Sie brauchen dringend mehr Unterstützung, denn Kinderarmut darf keine Frage der Familienform sein. Um Kindern eine gerechtere Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen, muss das Recht auf ihr soziokulturelles Existenzminimum gesichert sein. So gibt es auch die UN-Kinderrechtskonvention in den Artikeln 26 und 27 vor. Dafür braucht es eine Neubemessung des kindlichen Existenzminimums, das nicht mit willkürlichen Abschlägen künstlich kleingerechnet werden darf“, so Hofmann weiter. Um den Armutskreislauf zu durchbrechen, braucht es neben der materiellen Absicherung, aber auch die entsprechende Infrastruktur für Alleinerziehende und ihre Kinder. Hier ist Bildung ein wesentlicher Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe und für den chancengerechten Zugang zu einer angemessenen beruflichen Entwicklung.

In Deutschland hängt der Bildungserfolg von Kindern jedoch nach wie vor sehr stark von den Eltern und ihren Möglichkeiten ab. Das hat der in der letzten Woche veröffentlichte Nationale Bildungsbericht zum wiederholten Male klar aufgezeigt. Bildung beginnt dabei nicht erst in der Schule. Nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes muss bereits im Bereich der frühkindlichen Bildung ein wesentlicher Fokus liegen. Neben einem Ganztagsangebot und flexiblen Öffnungszeiten, die insbesondere für Alleinerziehende von zentraler Bedeutung sind, brauchen wir für die Sicherung der Rechte von allen Kindern, gleich welcher Herkunft, eine qualitativ hochwertige Bildung, Erziehung und Betreuung sowie ein Qualitätsmanagement in der Kindertagesbetreuung, das auch den gestiegenen Anforderungen und Erwartungen an das Fachpersonal Rechnung trägt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 25.06.2024

Das aktuelle Factsheet der Bertelsmann Stiftung zur Situation von Alleinerziehenden unterstreicht erneut einen dringenden Handlungsbedarf: Trotz einer guten Integration in den Arbeitsmarkt sind Alleinerziehende weiter mit über 40 Prozent besonders häufig von Armut betroffen. An dieser oftmals prekären Situation hat sich trotz einzelner Reformen in vergangenen Jahren wenig geändert. Familienverbände wie der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e. V. (VAMV) und die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) fordern deshalb, die Steuergutschrift für Alleinerziehende umzusetzen.

„Die Steuergutschrift wäre besonders für Alleinerziehende mit kleinen oder mittleren Einkommen ein Gewinn. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es wichtig, diese als Negativsteuer auszugestalten: Ist die Steuerschuld niedriger als die maximale Steuergutschrift, wird die Differenz als Gutschrift ausgezahlt, betont Miriam Hoheisel, Bundesgeschäftsführerin des VAMV. „Die Umsetzung ist bürokratiearm, da im Gegensatz zu Sozialleistungen keine weitere aufwändige Einkommensprüfung notwendig ist.“

„Im Vergleich zu Ehepaaren mit Splittingvorteil zahlen Alleinerziehende bei vergleichbaren Einkommen deutlich mehr Steuern. Das ist ungerecht: Höhere Steuern trotz Mehrbelastung. Deshalb muss die steuerliche Entlastung von Alleinerziehenden verbessert werden: Eine Steuergutschrift kann besser als der jetzige steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende typische Mehrbelastungen ausgleichen, da sie für eine größere Gruppe von Alleinerziehenden eine spürbare Wirkung hat“, erläutert  Svenja Kraus, Bundesgeschäftsführerin der eaf.

Aktuell steht Alleinerziehenden ein steuerlicher Entlastungsbetrag in Höhe von 4.260 Euro zu (§ 24b EStG). Dieser verringert das zu versteuernde Einkommen. Wie bei jeder Steuerentlastung gilt: Je höher das Einkommen, umso höher ist der finanzielle Vorteil. Die Steuergutschrift wird dagegen von der individuellen Steuerschuld abzogen. Dabei darf es selbstverständlich zu keiner Verschlechterung kommen, auch nicht im Zusammenspiel mit anderen Leistungen. Somit muss die Steuergutschrift aktuell mindestens bei der maximalen Wirkung des heutigen Entlastungsbetrags von 1.920 Euro im Jahr liegen und sollte dynamisiert sein.

Beide Verbände betonen, dass bessere Politik für Alleinerziehende Entlastung an vielen Stellen bedeutet, z. B. durch Investitionen in Infrastruktur, verlässliche und flexible Kinderbetreuung oder flexible Arbeitszeiten. Auch bei der geplanten Kindergrundsicherung sehen eaf und VAMV noch viel Luft nach oben für Alleinerziehende, z. B. durch das Anerkennen von Mehrbedarfen aufgrund erweiterten Umgangs, statt tageweise zu kürzen, was gar nicht eingespart wird.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.  V. (eaf) und Verband Alleinerziehender Mütter und Väter e.V. vom 25.06.2024

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Anlässlich eines Gesellschaftstages hat Bundesfrauenministerin Lisa Paus die schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel besucht. Gemeinsam mit der Landesministerin für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung, Aminata Touré besuchte Paus ein baulich erweitertes Frauenhaus für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder in Kiel. Bei einem Rundgang mit der Leitung der Einrichtung erhielten die Ministerinnen Einblick in die Arbeit des Hauses. Sie informierten sich über den Umbau und tauschten sich mit Bewohnerinnen aus.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Gewalt gegen Frauen ist ein leider alltägliches Phänomen in unserer Gesellschaft: In jeder Stunde werden 15 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt. Jeden 2. Tag stirbt eine Frau durch Partnerschaftsgewalt. Diesen Zustand dürfen wir nicht länger hinnehmen. Mein Ziel ist es, dass jede Frau frei von Gewalt leben kann. Und wenn Frauen Gewalt erfahren, brauchen sie schnellen Schutz und Hilfe. Mit vereinten Kräften arbeiten wir daran, die Versorgungslücken im Bereich der Frauenhäuser und Beratungsstellen zu schließen. Mit dem Gewalthilfegesetz wollen wir das Recht jedes Gewaltopfers auf Schutz und Beratung bei Gewalt gesetzlich festschreiben und einen verlässlichen Rahmen zur Finanzierung des Hilfesystem schaffen. Ich freue mich, dass wir mit Mitteln aus unserem Bundesförderprogramm ‚Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen‘ bundesweit bereits Baumaßnahmen an rund 70 Frauenhäuser und Beratungsstellen für gewaltbetroffene Frauen finanziell fördern konnten. Das Frauenhaus in Kiel ist ein gutes Beispiel für ein solches Projekt, bei dem durch den Neubau entscheidende Verbesserungen für die Bewohnerinnen sowie Raum für 26 neue Plätze geschaffen wurde. Ich danke dem Team des Frauenhauses in Kiel stellvertretend für die unschätzbar wichtige Arbeit, die die Frauenhäuser im ganzen Land zum Schutz von Frauen und ihren Kindern leisten.“

Ministerin Aminata Touré: „Wir wollen die Frauenhäuser bei ihrer wichtigen Aufgabe bestmöglich unterstützen und stellen deshalb ihre Finanzierung unabhängig von individuellen und sozialrechtlichen Leistungsansprüchen sowie der Belegungssituation über das Finanzausgleichsgesetz sicher. In diesem Jahr stehen so rund 6,1 Mio. Euro für die Einrichtungen zur Verfügung.
Doch Gewalt gegen Frauen hört nicht an der Landesgrenze auf. Deshalb ist es wichtig, dass die Bundesregierung einen Rahmen finden will, um allen Frauen zu helfen. Wichtig ist uns als Schleswig-Holstein, dass unser funktionierendes Finanzierungssystem, das Frauen und Kindern einen Platz ermöglicht, dabei bestehen bleibt. Mit unserem guten System in Schleswig-Holstein setzten wir hohe Standards, die hier sicherlich als Vorbild dienen können.
Gleichzeitig müssen wir die Täter stärker in den Blick nehmen und dafür sorgen, dass Gewalt gegen Frauen gar nicht erst entsteht. Deshalb wollen wir in unserem Kompetenzzentrum gegen geschlechtsspezifische Gewalt unter anderem die gewaltpräventive Jungen- und Männerarbeit stärker in den Fokus rücken.“

Die Erweiterung des Frauenhauses in Kiel war möglich durch das Bundesinvestitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt“. Mit dem Programm fördert der Bund von 2020 bis Ende 2024 mit 30 Mio. Euro jährlich innovative Modellvorhaben wie den Bau und Umbau sowie den Erwerb von Frauenhäusern und Schutzeinrichtungen. Durch die investive Förderung setzt sich die Bundesregierung im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Zuständigkeiten für den Ausbau des Hilfesystems für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder ein und arbeitet aktiv an der Umsetzung der Istanbul-Konvention. Ziel ist es, bekannte Lücken im Hilfesystem zu schließen. Das Programm ist von Beginn an auf große Resonanz gestoßen. Es wurden 70 Projekte mit guter regionaler Verteilung auf das gesamte Bundesgebiet bewilligt. Davon konnten 33 Projekte bereits abgeschlossen werden.

Über das Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“

Mit dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ fördert das Bundesfrauenministerium mit Mitteln des Bundes den Ausbau von Hilfseinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen und den Erwerb geeigneter Immobilien für innovative Wohnprojekte. Außerdem können Modellprojekte gefördert werden, um Fachkräfte zu qualifizieren oder Beratungsangebote weiterzuentwickeln.

Das Bundesförderprogramm des Bundesfrauenministeriums ist Teil des Gesamtprogramms der Bundesregierung, um das „Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention)“ umzusetzen. Es gliedert sich in ein Bundesinvestitionsprogramm und in ein Bundesinnovationsprogramm.

Auch nach Abschluss des Programms „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ können der Bau- und Umbau von Schutz- und Beratungseinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) über Finanzhilfen des Bundes investiv gefördert werden. Dies ist möglich in den bestehenden Förderprogrammen der Länder im sozialen Wohnungsbau und der Städtebauförderung. Die Umsetzung erfolgt durch die Länder, die bei der Städtebauförderung auch über Art und Umfang der Maßnahmen in den Kommunen entscheiden.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 02.07.2024

Zum heutigen Tag gegen antimuslimischen Rassismus traf Bundesfamilienministerin Lisa Paus Vertreterinnen und Vertreter des Kompetenznetzwerks Islam- und Muslimfeindlichkeit sowie von muslimischen Modellprojekten, die vom BMFSFJ gefördert werden, um sich über aktuelle Fragen auszutauschen.

Bundesministerin Lisa Paus: „Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel haben neben vielfachen antisemitischen auch antimuslimische Vorfälle in Deutschland deutlich zugenommen. Zum heutigen Tag gegen Antimuslimischen Rassismus sage ich deshalb deutlich: Musliminnen und Muslime sind Teil unserer Gesellschaft – Vorverurteilungen müssen wir entgegentreten. Mit dem Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘ und zahlreichen Modellprojekten tragen wir als Bundesfamilienministerium dazu bei, antimuslimischen Rassismus zu bekämpfen. Für ihre Arbeit möchte ich den zivilgesellschaftlichen Organisationen danken. Tagtäglich engagieren sie sich überall in Deutschland, oft unter schwierigen Bedingungen, für eine friedliche, vielfältige, demokratische Gesellschaft und gegen jede Form von Menschenfeindlichkeit. Wir setzen uns mit aller Kraft dafür ein, dass sie für ihre wichtige Arbeit auch künftig die nötige Unterstützung erhalten.“

Musliminnen und Muslime sowie als muslimisch gelesene Menschen werden in Deutschland täglich beleidigt, bedroht und angegriffen. Durchschnittlich fünf antimuslimische Vorfälle pro Tag dokumentiert das zivilgesellschaftliche Lagebild der Organisationen CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit und ZEOK e.V. für das Jahr 2023. Das Lagebild wird innerhalb des vom BMFSFJ geförderten Kompetenznetzwerks Islam- und Muslimfeindlichkeit erarbeitet.

Weitere Informationen zum Kompetenznetzwerk unter: https://www.demokratie-leben.de/projekte-expertise/kompetenzzentren-und-netzwerke/kompetenznetzwerk-im-themenfeld-islam-und-muslimfeindlichkeit

Hintergrund: Ausgangspunkt für den Tag gegen antimuslimischen Rassismus am 1. Juli ist der Mord an Marwa El-Sherbini, die am 1. Juli 2009 im Landgericht Dresden aus antimuslimischen Motiven getötet wurde.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 01.07.2024

Bundesfamilienministerin Paus und Unabhängige Beauftragte Claus eröffnen Sommertagung des Nationalen Rats

Auf der Sommertagung des Nationalen Rates gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen kommen vom 27. bis 28. Juni 2024 erstmals mehr als 200 Mitglieder persönlich in Berlin zusammen. Die Mitglieder tauschen sich interdisziplinär und ressortübergreifend in verschiedenen Gesprächsformaten und Fachforen aus, bilanzieren bisherige Entwicklungen und beraten neue Positionen und Empfehlungen.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus und die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) Kerstin Claus würdigen die Arbeit des 2019 eingesetzten Nationalen Rats. Das Gremium bringt im Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen und deren Folgen staatliche und nichtstaatliche Akteurinnen und Akteure zusammen.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Mit dem Kabinettbeschluss für ein „Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ hat die Bundesregierung gesetzliche Klarheit geschaffen und damit zum besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen beigetragen. Ich freue mich daher sehr, dass die Mitglieder des Nationalen Rates hier so zahlreich zusammenkommen. Denn echte Fortschritte im Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen lassen sich nur gemeinsam erarbeiten. Alle Akteure, ob staatlich oder nichtstaatlich, müssen in ihrem Verantwortungsbereich alles dafür tun, Kinder und Jugendliche besser zu schützen. Dafür müssen wir interdisziplinär denken, Systemgrenzen überwinden und auch unabhängig von direkten Zuständigkeiten Zusammenhänge verstehen. Der Nationale Rat schafft dafür seit 2019 einen geeigneten Rahmen.“

Die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) Kerstin Claus: „Bei Prävention und Hilfen haben wir in den letzten Jahren in Bund und Ländern einiges erreicht. Damit die Umsetzung vor Ort aber wirklich flächendeckend gelingen kann, ist es wichtig, konsequent ressortübergreifend zusammenzuarbeiten. Nur so können wir Rahmenbedingungen schaffen, in denen sich zum Beispiel Fachkräfte besser qualifizieren und inklusive Angebote weiter ausgebaut werden. Daher freue ich mich, dass auf der heutigen Sommertagung so viele Mitglieder des Nationalen Rats dabei sind und ihre vielfältigen Perspektiven einbringen. Die Empfehlungen und Positionen des Nationales Rates werden auch zukünftig dazu beitragen, den Kampf gegen sexuelle Gewalt und deren Folgen weiter und auf allen Ebenen – in Bund, Ländern und Kommunen – voranzubringen.“

Hintergrund:

Der Nationale Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen wurde 2019 gemeinsam vom Bundesfamilienministerium und UBSKM eingesetzt. Er bietet ein Forum für den Dialog und die Zusammenarbeit von Vertreterinnen und Vertretern aller staatlichen Ebenen sowie von Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Fachpraxis, darunter auch Mitglieder des Betroffenenrates bei der UBSKM sowie der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs. Den Vorsitz haben die Bundesfamilienministerin und die Unabhängige Beauftragte.

Eine Woche zuvor hat die Bundesregierung den Gesetzesentwurf zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen beschlossen. Durch das Gesetz sollen mit einem oder einer vom Parlament gewählten Unabhängigen Bundesbeauftragten sowie dem 2015 eingerichteten Betroffenenrat und der 2016 eingerichteten Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs wichtige Strukturen gesetzlich verankert und verstetigt werden. Das Gesetz soll insgesamt den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung verbessern und betroffene Menschen bei ihrer individuellen Aufarbeitung des erlittenen Unrechts unterstützen. Zudem sollen die Prävention sexueller Gewalt sowie die Qualitätsentwicklung im Kinderschutz gestärkt werden.

Weitere Informationen finden Sie hier:

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 27.06.2024

Schätzungen zufolge gibt es zwei bis drei Millionen Kinder in Deutschland mit einem psychisch kranken oder suchtkranken Elternteil. Diese Kinder leiden oft sehr. Außerdem sind sie stark gefährdet, selbst zu erkranken. Die Ampelfraktionen haben darum gemeinsam mit der CDU/CSU in einem Antrag (Donnerstag im Plenum) Maßnahmen formuliert, die das Hilfesystem für die betroffenen Familien stärken und die Lebenssituation der Kinder verbessern sollen.

Leni Breymaier, familienpolitische Sprecherin:

„Alle Kinder haben ein Recht, gut aufzuwachsen. Wir brauchen darum mehr Prävention für Kinder mit psychisch kranken oder suchtkranken Eltern. Dazu gehört auch eine bessere Ausstattung psychiatrischer Kliniken mit Eltern-Kind-Settings, mehr Investitionen in das Bundesprogramm ‚Frühe Hilfen‘ und ein aufsuchendes Angebot für Familien mit Kindern, die älter als drei Jahre und damit den ‚Frühen Hilfen‘ entwachsen sind.“

Ulrike Bahr, zuständige Berichterstatterin:

„Weil in unserem Hilfesystem für problembelastete Familien sowohl der Bund, die Länder als auch die Kommunen verantwortlich sind, wollen wir den Austausch zwischen diesen Ebenen verbessern. Das ist wichtig, damit Angebote gezielt dort aufgebaut werden, wo sie noch fehlen. Hilfreich wären hier Gesamtkonzepte, eine Wissensplattform und ein bundesweites Monitoring der Beratungs- und Hilfsangebote. So können sich diejenigen, die die Hilfen anbieten, besser vernetzen, Erfahrungen austauschen und ihre Angebote zielgerichteter gestalten. Kinder psychisch und suchterkrankter Eltern brauchen diese Angebote dringend, damit auch sie gesund groß werden können.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion  vom 03.07.2024

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat am Mittwoch einer Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes zugestimmt. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie der Gruppe Die Linke stimmte der Ausschuss einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/10681) in geänderter Fassung zu. Dagegen stimmten die CDU/CSU-Fraktion und die AfD-Fraktion.

Die Bundesregierung will Schwangere vor Schwangerschaftsberatungsstellen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wirksamer vor sogenannten Gehsteigbelästigungen durch Abtreibungsgegner schützen. Die Rechte der Schwangeren sowie das Beratungs- und Schutzkonzept soll in seiner Gesamtheit gestärkt werden, in dem auch sichergestellt werden soll, dass das Fachpersonal der Beratungsstellen seine Arbeit ungestört ausüben kann. Durch die geplanten Änderungen sollen bestimmte, nicht hinnehmbare Verhaltensweisen untersagt werden, wenn diese geeignet sind, die Inanspruchnahme der Beratung oder den Zugang zu Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, zu beeinträchtigen. Das geplante Gesetz enthält außerdem Änderungen zur Bundesstatistik zu Schwangerschaftsabbrüchen. Sie dienen einem genaueren Überblick über die Versorgungssituation in den Ländern. Durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen wurde klargestellt, dass der Beratungsprozess in seiner Gesamtheit abgesichert werden muss und es keines aktiven Gegenwirkens der Schwangeren bedarf, um von belästigendem Verhalten anderer auszugehen.

Die Koalitionsfraktionen betonten in der Beratung, dass man durch die nachträglichen Änderungen ein gutes Gesetz noch besser gemacht habe. Man nehme so die Last von den Schultern der Schwangeren und sichere das Recht der reproduktiven Selbstbestimmung ab. Es sei gut, nun eine bundesweite Regelung zu schaffen, damit der Gang zur Beratungsstelle kein Spießrutenlauf werde. Denn Belästigungen verletzten die Grundrecht der Frauen.

Deutliche Kritik kam von Union und AfD. Die Unionsfraktion hatte zwar gegen das Ziel des Entwurfs an sich nichts einzuwenden, bezweifelte aber die Notwendigkeit. Es gebe keine statistisch relevanten Zahlen für die von der Koalition angeführten Gehsteigbelästigungen. Grundsätzlich sei es auch nicht möglich, Menschen vor jeder Meinungsäußerung zu schützen. Die AfD-Fraktion warf der Koalition vor, sich mit diesem Gesetz auf eine gänzliche Legalisierung von Abtreibungen vorzubereiten. Es gebe kein Recht darauf, vor der Konfrontation mit anderen Meinungen geschützt zu werden, betonte die Fraktion. Die Gruppe Die Linke sagte, die größte Einschränkung der Schwangeren bestehe immer noch in der Existenz des Paragrafen 218 an sich. Es ändere sich erst etwas, wenn Beratungszwang und Kriminalisierung aufhörten, so Die Linke.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 481 vom 03.07.2024

Die Gruppe Die Linke interessiert sich für den Umgang mit Stellungnahmen von Verbänden und Ländern bei Gesetzgebungsverfahren im Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Sie hat deshalb eine Kleine Anfrage (20/11927) gestellt, in der sie die Bundesregierung unter anderem fragt, wie viele Arbeitstage die drei kürzesten und die vier längsten Fristen für die Stellungnahme durch Verbände und Länder im BMFSFJ in der 20. Wahlperiode waren.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 471 vom 01.07.2024

Die geplante Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit ist in einer Sitzung des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen am Mittwoch von den Koalitionsfraktionen begrüßt worden, in der Opposition aber auf Kritik gestoßen. In der von der Vorsitzenden Sandra Weeser (FDP) geleiteten Sitzung erinnerte die SPD-Fraktion an die große Bedeutung des sozialen Wohnungsbaus noch vor einigen Jahrzehnten. Die Koalition schaffe jetzt die Möglichkeit, wieder eine neue Wohngemeinnützigkeit zu begründen. Die vorgesehenen Maßnahmen seien ein wichtiger und großer Schritt.

Nach Angaben der Bundesregierung ist im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 vorgesehen, für sozial orientierte Unternehmungen künftig einen praktikablen Rahmen zu schaffen, um vergünstigen Wohnraum bereitzustellen und dabei von den umfassenden Steuererleichterungen der Gemeinnützigkeit profitieren zu können. Hierdurch könne neben der sozialen Wohnraumförderung ein weiteres Segment bezahlbaren Wohnens etabliert werden, in dem die Mietpreis- und Belegungsbindungen dauerhaft Bestand hätten. Das Einkommen der Mieter dürfe das Fünf- bzw. (bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden) das Sechsfache des Regelsatzes der Sozialhilfe im Sinne des Paragraf 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch nicht überschreiten.

Damit kann nach Angeben der Regierung die Vermietung an rund 60 Prozent der Haushalte in Deutschland unter den Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit steuerbefreit erfolgen. Die vergünstigte Miete müsse dauerhaft unter der marktüblichen Miete angesetzt werden. Die Prüfung der Einhaltung der Einkommensgrenze soll nur noch am Anfang des Mietverhältnisses erfolgen. Ein „Herauswachsen“ der Mietenden durch Einkommenszuwächse sei damit für den Erhalt der Gemeinnützigkeit unschädlich. Mit dem Jahressteuergesetz erfolge der erste Schritt zur Wohngemeinnützigkeit, weitere Schritte sollten folgen.

Die CDU/CSU-Fraktion wies darauf hin, dass selbst eine Vertreterin von Bündnis 90/Die Grünen davon gesprochen habe, dass von der Maßnahme kein neuer Schwung im Wohnungsmarkt zu erwarten sei. Das liege auch daran, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarten Investitionszulagen nicht eingeführt würden. Die Unionsfraktion kritisierte zudem, dass nur zu Beginn des Mietverhältnisses eine Prüfung der Einhaltung der Einkommensgrenzen stattfinden solle. Damit würden Zweifel an der Zielgenauigkeit der Maßnahme bestehen. Diesen Punkt griff auch die AfD-Fraktion auf. Die zu erwartenden Fehlbelegungen der Wohnungen seien eine soziale Ungerechtigkeit und keine soziale Mischung, wie von der Koalitionsseite behauptet werde.

Von der Fraktion Bündnis/90 Die Grünen wurde die Kritik der Unionsfraktion zurückgewiesen. Es sei doch die CDU gewesen, die eine neue Wohngemeinnützigkeit mit Steuervorteilen gefordert habe. Es werde jetzt ein neuer Sektor auf dem Wohnungsmarkt geschaffen, der nicht profitorientiert sei, sondern dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stelle. Die Maßnahmen im Jahressteuergesetz seien ein erster wichtiger Schritt.

Von der Gruppe Die Linke wurde kritisiert, dass die neue Regelung viel zu eng gesteckt sei. Es würden bestenfalls 0,24 Prozent aller Mieter davon profitieren. Damit komme man nicht weit. Die frühere Wohngemeinnützigkeit habe 30 Prozent des Wohnungsmarktes abgedeckt. Da müsse man wieder hinkommen.

Die FDP-Fraktion erklärte, mit der neuen Wohngemeinnützigkeit werde die etablierte Wohnungswirtschaft ergänzt, aber auf keinen Fall benachteiligt. Dieses Ziel werde mit der jetzt geplanten Regelungen erreicht.

Zu Beginn der Sitzung hatte die AfD-Fraktion beantragt, die Abgeordnete Carolin Bachmann (AfD) zur stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses zu bestimmen. Dies wurde in einer Abstimmung von allen anderen Fraktionen abgelehnt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 453 vom 26.06.2024

In der Sitzung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Mittwoch haben die geladenen Sachverständigen eindringlich an die Abgeordneten appelliert, die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen stärker in den Blick zu nehmen. So erläuterte Silvia Schneider, Professorin für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie und Direktorin des Forschungs- und Behandlungszentrums für psychische Gesundheit (FBZ) an der Ruhr-Universität Bochum: „Neue Studien belegen, dass zwei Drittel aller psychischen Erkrankungen bis zum Alter von 24 Jahren auftreten. Danach ist das Risiko deutlich geringer.“ Dies allein zeige, wie groß der Handlungsdruck in dieser Altersgruppe sei.

Die psychische Gesundheit habe eine große gesellschaftliche Relevanz, da mittlerweile die größte Krankheitslast durch psychische Störungen entstehe. „Sie bedeuten nicht nur individuelles Leid, sondern auch große volkswirtschaftliche Kosten. Es ist klar, dass viel mehr getan werden muss“, so Schneider weiter. Denn psychische Störungen setzten eine negative Entwicklungskaskade in Gang, die bei schlechten schulischen Leistungen anfange und bei geringer Arbeitsqualifikation und Frühverrentung ende. Bisher werde zwar viel in stationäre Behandlung investiert, aber kaum in Prävention, dabei gebe es genug Interventionen, „von denen wir wissen, dass sie funktionieren. Wir müssen ins Handeln kommen, wir brauchen ein kontinuierliches Monitoring und eine Entstigmatisierung“, ergänzte die Wissenschaftlerin.

Thomas Dirscherl, Geschäftsführer der Triple P Deutschland GmbH („Positive Parenting Program“: Programm zur Stärkung elterlicher Erziehungs- und Beziehungskompetenz), erklärte: „Wir leben in Zeiten multipler Krisen. Die Covid-19-Pandemie war eine solche Krise, die einen besonders spürbaren Einfluss auf unseren Alltag und unser Zusammenleben hatte und in ihren Folgen auch jetzt noch hat.“ Sie habe Schwächen in verschiedenen Unterstützungssystemen offengelegt und bereits bestehende Probleme verschärft. „Wir sehen belastete Kinder und Jugendliche, sowohl körperlich wie psychisch. Wir sehen verstärkt ungünstige Mediennutzung und einen Anstieg von Kindeswohlgefährdungen“, so Dirscherl.

Er verwies weiter darauf, dass auch Eltern stark belastet seien, aufgrund von Mehrfachbelastungen durch Arbeit, Kinderbetreuung und Familienleben, aber auch durch Spannungen innerhalb der Familie. „Dieser Stress der Eltern ist ein wesentlicher Risikofaktor für das Wohlbefinden von Kindern, während der Pandemie und auch heute.“ Dirscherl appellierte daran, aus den Folgen der Pandemie zu lernen: Teil der Lösung könne, neben der notwendigen Stärkung von Kitas und Schulen, eine Public Health Strategie sein, „bei der evidenzbasierte Ansätze zur Stärkung der elterlichen Beziehungs- und Erziehungskompetenz inklusiver digitaler Komponenten in der Fläche umgesetzt werden.“

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 450 vom 26.06.2024

Die Gruppe Die Linke interessiert sich für die Umsetzung von Gesetzesvorhaben im Bereich Arbeit und Soziales. Sie hat deshalb eine Kleine Anfrage (20/11901) gestellt, in der sie die Bundesregierung unter anderem fragt, welche Gesetzesprojekte in dieser Legislaturperiode vom Kabinett gebilligt und in den Bundestag eingebracht worden sind und welche Projekte bis zur nächsten Bundestagswahl noch abgeschlossen werden sollen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 445 vom 26.06.2024

Vielfach bekannt ist, dass Kita-Plätze fehlen – allerdings gibt es nicht nur einen Mangel dabei, sondern auch für diejenigen, die einen Platz haben, fehlt es an Betreuungszeiten am Nachmittag und in den längeren Schließzeiten über den Sommer. Zwar ist der Anteil ganztägig betreuter Kita-Kinder in Deutschland während der vergangenen Jahre stark angestiegen, dennoch bestehen weiterhin erhebliche Unterschiede zwischen gewünschtem und tatsächlich genutztem Betreuungsumfang. Wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) berechnet hat, besteht bei 29 Prozent aller Familien mit Kindern unter drei Jahren ein zusätzlicher Betreuungsbedarf von mindestens fünf Wochenstunden. Bei Familien mit Kindern über drei Jahren wünschen sich sogar 37 Prozent eine längere Betreuung. Diese fehlende Passung hat nach Ansicht der Studie gesellschaftliche Folgen – für Kinder, für Eltern und letztlich für den Arbeitsmarkt. Die Autorinnen empfehlen deshalb, die Öffnungszeiten stärker an den Bedarfen der Familien zu orientieren, gerade auch wegen des Fachkräftemangels in Deutschland.

Die Untersuchung, die kürzlich veröffentlicht wurde, zeigt auf Datenbasis der DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS), dass es bei ganztägigen Betreuungsangeboten einen beträchtlichen Mismatch zwischen Angebot und Nachfrage gibt. „Unter den derzeitigen Bedingungen finden viele Eltern keinen Bildungs- und Betreuungsplatz für ihr Kind, der ihren gewünschten Anforderungen entspricht“, fasst Prof. C. Katharina Spieß, Direktorin am BiB und Mitautorin der Studie, die Ergebnisse zusammen. So gaben im Jahr 2019 knapp 50 Prozent der Eltern von betreuten Kindern unter drei an, dass die Öffnungszeiten ein wesentlicher Grund für die Wahl der aufgesuchten KiTa waren. Bei den über Dreijährigen lagen sie mit 43 Prozent ebenfalls weit vor vielen anderen Kriterien. „Eine bessere Passung der Angebote an die Bedarfe der Eltern ist notwendig“, resümiert Spieß. „Dies betrifft die Schließung von Betreuungslücken beispielsweise über die Mittagszeit oder bei langen Schließzeiten der Einrichtungen im Sommer.“

Ganztagsbetreuung fördert Teilhabe der Eltern am Arbeitsmarkt

Ungedeckte Betreuungsbedarfe der Eltern können sich zudem unmittelbar auf den Arbeitsmarkt auswirken. „Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass die Bereitstellung ganztägiger Betreuungsangebote die Erwerbstätigkeit und den Erwerbsumfang von Müttern positiv beeinflussen kann“, weiß Spieß. Die Folge: Eine steigende Teilhabe von Müttern auf dem Arbeitsmarkt trägt zu einem steigenden Einkommen und einem erhöhten Rentenniveau bei, gleichzeitig reduziert sich die Gefahr, auf Sozialtransfers angewiesen zu sein. „Eltern benötigen flexiblere und längere Öffnungszeiten, um insbesondere Müttern den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Auch Fachkräfte aus dem Ausland legen Wert auf eine gute Kita-Infrastruktur vor Ort.“

Bundesweite Standards wären hilfreich

Wie aus der Studie weiter hervorgeht, gehen die in den Bundesländern geltenden Regelungen für ein bedarfsorientiertes Angebot stark auseinander. Dementsprechend gibt es regional erhebliche Unterschiede zwischen tatsächlichen, gewünschten und vertraglich vereinbarten Betreuungszeiten. Auch abweichende gesetzliche Regelungen, was den Betreuungsumfang angeht für unter bzw. über dreijährige, Kinder sind kontraproduktiv. Die Untersuchung empfiehlt deshalb, die für den U3-Bereich geltende „Bedarfsorientierung“ auf Kinder bis zum Schuleintritt auszudehnen und gesetzlich zu verankern. „Um allen Kindern in Deutschland vom ersten Lebensjahr bis zur Einschulung und allen Eltern ein bedarfsorientiertes Angebot in der Kindertagesbetreuung bereitzustellen, bedarf es bundesweiter Standards“, meint Spieß. Dies könne dazu beitragen, die Teilhabemöglichkeiten von allen Kindern zu sichern – und Eltern die Vereinbarkeit zwischen Familie mit dem Job zu erleichtern.

Die gesamte Studie finden Sie unter diesem Link:

https://www.fruehe-chancen.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/AG_Fr%C3%BChe_Bildung_Bericht/Expertise_Bedarfsgerechte_Ganztagsangebote_Schmitz_et_al._2023.pdf

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 03.07.2024

Der Anteil von Frauen unter den nach Deutschland Schutzsuchenden hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Waren 2016 etwa 36 Prozent der Schutzsuchenden in Deutschland weiblich, so stieg nach Angaben des Ausländerzentralregisters ihr Anteil bis Jahresende 2023 auf rund 45 Prozent an. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) geht davon aus, dass rund die Hälfte aller Schutzsuchenden weltweit weiblich ist. Anlässlich dieser Entwicklung wirft das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni einen Blick auf die Familien- und Beziehungskonstellationen von schutzsuchenden Frauen zum einen aus der Ukraine und zum anderen aus Syrien und aus Eritrea bei ihrer Ankunft in Deutschland – und zeigt, wie sehr sich die Situation der Frauen aus den verschiedenen Herkunftsländern unterscheidet. Zu diesen Flüchtlingsgruppen erhebt das BiB repräsentative Daten.

 

Höchster Frauenanteil bei Geflüchteten aus der Ukraine

 

Mit rund 977.000 Menschen stellen ukrainische Staatsangehörige Ende 2023 die zahlenmäßig größte Herkunftsgruppe unter den Schutzsuchenden in Deutschland. Gleichzeitig weisen sie den höchsten Frauenanteil auf: 61 Prozent der vor dem russischen Angriffskrieg in Deutschland Schutzsuchenden sind Frauen oder Mädchen. „Im Gegensatz zu anderen Herkunftsländern ist die Einreise aus der Ukraine in die EU ohne Visum möglich. Die Entfernung nach Deutschland ist vergleichsweise gering und der Weg für Frauen mit Kindern einfacher und sicherer, während Männer im wehrfähigen Alter mehrheitlich an der Verteidigung ihres Landes beteiligt sind“, erklärt die Migrationsforscherin Dr. Lenore Sauer vom BiB. Die Flucht der Frauen aus der Ukraine erfolgte meistens nicht alleine – 69 Prozent der vom BiB im Jahr 2022 befragten Ukrainerinnen, die nicht alleine ankamen, sind mit einem oder mehreren Kindern, 29 Prozent mit mindestens einem Elternteil und 20 Prozent mit dem Partner nach Deutschland gekommen. „Kinder und Jugendliche, die zumeist mit ihren Müttern nach Deutschland geflüchtet sind, brauchen Kita- und Schulplätze, damit sie auch mit Gleichaltrigen zusammenkommen und damit ihre Mütter Integrationskurse besuchen können und in den Arbeitsmarkt einsteigen können“, sagt Direktorin Prof. Dr. C. Katharina Spieß.

 

Syrerinnen sind häufig mit ihrer Familie geflohen, Frauen aus Eritrea häufiger alleine

 

Die zweitgrößte Gruppe unter den Schutzsuchenden in Deutschland bilden Menschen aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Ähnlich wie bei den Ukrainerinnen ist nur ein kleiner Teil der syrischen Frauen alleine in Deutschland angekommen, die meisten der syrischen Frauen, die nicht alleine angekommen sind, kamen laut einer repräsentativen Befragung des BiB aus dem Jahr 2020 mit ihren Kindern (71 %) oder mit dem Partner (40 %) in Deutschland an. Die Flucht von Frauen aus Syrien nach Europa findet somit häufig im Familienverbund statt, auch Eltern oder Geschwister leben oftmals in Deutschland oder in anderen europäischen Ländern.

Ganz anders ist die Situation von Frauen aus Eritrea, dem zahlenmäßig wichtigsten afrikanischen Herkunftsland von Schutzsuchenden in Deutschland. „Fast die Hälfte der von uns befragten eritreischen Frauen ist alleine in Deutschland angekommen“, weiß die Migrationsforscherin Dr. Elisabeth Kraus vom BiB zu berichten. „Im Gegensatz zu Frauen aus der Ukraine oder aus Syrien flohen Eritreerinnen auch oft zusammen mit außerfamiliären Personen, zum Beispiel mit Bekannten oder Leuten aus der Nachbarschaft.“ Und auch in Hinblick auf die Dauer der Flucht unterscheiden sich Frauen aus Eritrea von den anderen beiden Gruppen: Bei rund der Hälfte der befragten Frauen aus Eritrea lagen eineinhalb Jahre zwischen dem Verlassen Eritreas und der Ankunft in Deutschland, wohingegen die Hälfte der befragten Syrerinnen nur rund drei Monate unterwegs war und Ukrainerinnen nur wenige Tage.

 

Unterschiedliche Lebenssituationen führen zu besonderen Bedarfen

 

Die Befunde des BiB verdeutlichen, wie unterschiedlich die Situation weiblicher Schutzsuchender in Deutschland ist. Sie bilden keine homogene Gruppe, sondern zeigen eine Vielfalt an unterschiedlichen Lebenssituationen und familiären Kontexten. Unterschiede bestehen dabei nicht nur bei den Herkunftsländern, selbst Menschen aus demselben Herkunftsland weisen unterschiedliche familiäre Hintergründe auf. „Das bedeutet auch, dass geflüchtete Frauen – und insbesondere Mütter – vor unterschiedlichen Herausforderungen stehen und entsprechend sehr verschiedene Bedürfnisse und Unterstützungsbedarfe haben, gerade zu Beginn ihres Lebens in Deutschland“, fasst Dr. Elisabeth Kraus die Ergebnisse zusammen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 20.06.2024

Zwei DIW-Studien beschäftigen sich mit Treibhausgasemissionen der Haushalte in Deutschland und nachhaltigem Konsum ­– Insbesondere Flugreisen vergrößern CO2-Fußabdruck der Haushalte mit hohem Einkommen beträchtlich ­– Bei Ernährung und Wohnen machen Einkommen kaum einen Unterschied – Soll Konsum nachhaltiger Produkte zunehmen, müssen einkommensschwache Haushalte berücksichtigt werden

Jeder in Deutschland lebende Mensch verursacht mit 6,5 Tonnen im Schnitt jährlich mehr als doppelt so viel Treibhausgasemissionen, wie nach Berechnungen von Klimaexperten mit bis zu drei Tonnen als klimaverträglich eingestuft wird. Menschen aus den einkommensstärksten Haushalten haben dabei mit mehr als zehn Tonnen durchschnittlich einen doppelt so großen CO2-Fußabdruck wie Menschen aus Niedrigeinkommenshaushalten (5,6 Tonnen pro Kopf). Der größte Treiber des Unterschieds sind Flugreisen. Das sind die Hauptergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Die DIW- Forscherinnen Sandra Bohmann und Merve Kücük haben dafür auf Basis von Vorabdaten aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) aus dem Jahr 2023 nicht nur den CO2-Fußabdruck pro Kopf in Deutschland in den Bereichen Wohnen, Ernährung und Mobilität berechnet, sondern auch die Verteilung der Emissionen nach dem Einkommen der Haushalte betrachtet.

„Ob arm oder reich: Unser CO2-Fußabdruck ist auf jeden Fall zu groß. Die Höhe des Haushaltseinkommens spielt für die Emissionen im Bereich Ernährung oder Wohnen kaum eine Rolle – beim Mobilitätsverhalten dagegen schon“, fasst Studienautorin Merve Kücük aus der Abteilung Klimapolitik des DIW Berlin die Ergebnisse zusammen. In der Regel verursachen Menschen mit hohen Haushaltseinkommen beim Wohnen sogar etwas weniger Emissionen als Menschen mit niedrigen Einkommen, weil sie beispielsweise häufiger in energieeffizienteren Gebäuden leben.

Heizen und Mobilität sind die größten CO2-Treiber

Während das Mobilitätsverhalten mit durchschnittlich zwei Tonnen Kohlendioxid (CO2) pro Kopf zu Buche schlägt, fallen für das Wohnen, also Strom, Heizen und Warmwasser, rund 2,9 Tonnen CO2 jährlich an. Die Anzahl der Personen im Haushalt macht dabei einen großen Unterschied: Während ein Vierpersonenhaushalt pro Kopf nur 1,7 Tonnen CO2 verursacht, sind es in einem Einpersonenhaushalt mehr als vier Tonnen. Auch die Wohnfläche macht einen Unterschied. Jeder Quadratmeter Wohnfläche, der pro Person mehr zur Verfügung steht, bedeutet 22 Kilogramm mehr Emissionen pro Kopf.

Bei der Ernährung ist vor allem der Fleischkonsum entscheidend. Wer kein Fleisch isst, verursacht in diesem Bereich nur 1,2 Tonnen pro Kopf und Jahr an Treibhausgasemissionen, während es bei mäßigem bis hohem Fleischkonsum zwischen 1,6 und 2,1 Tonnen sind.

Flugreisen verursachen am meisten Emissionen

Weder beim Wohnen noch bei der Ernährung lassen sich Unterschiede bei den durchschnittlichen Emissionen nach dem Einkommen beobachten. Anders sieht es bei der Mobilität aus. „Insbesondere das Fliegen vergrößert den CO2-Fußabdruck und ist einer der Hauptgründe, warum Menschen aus Haushalten mit höheren Einkommen einen doppelt so großen Fußabdruck haben wie diejenigen mit niedrigem Einkommen“, fasst SOEP-Studienautorin Sandra Bohmann zusammen. „Eine einzige Langstreckenflugreise führt zu mehr Emissionen pro Kopf als Wohnen und Ernährung in einem ganzen Jahr zusammen.“ 

„Eine einzige Langstreckenflugreise führt zu mehr Emissionen pro Kopf als Wohnen und Ernährung in einem ganzen Jahr zusammen.“ Merve Kücük

Mehr Umverteilung nötig, wenn Wunsch nach nachhaltigem Konsum steigt 

Das Bestreben, nachhaltiger zu konsumieren, birgt aber auch Fallstricke, so das Ergebnis der zweiten Studie. Einkommensschwache Haushalte können sich umweltfreundlichen Konsum oft nicht leisten. Das Gefühl von Einkommensungleichheit wird durch das Bedürfnis nach nachhaltigen, aber teureren Produkten verstärkt. Der Staat steht also vor einem Dilemma: Er will einerseits klimagerechtes Verhalten fördern, andererseits damit verbundene größere Unterschiede zwischen armen und reichen Haushalten aber abmildern.

Studienautorin Sonja Dobkowitz kommt anhand von Modellberechnungen zu dem Ergebnis, dass die richtige Balance zwischen Umverteilung – etwa indem die Einkommensteuer erhöht wird – und Umweltsteuern beziehungsweise -abgaben wie einem CO2-Preis gefunden werden muss, um die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt nicht zu schmälern. Was die richtige Balance ist, hängt dabei sowohl von der Einkommensungleichheit in einem Land als auch vom Preisunterschied zwischen nachhaltigen und nichtnachhaltigen Produkten ab. „In jedem Fall muss die finanzielle Situation einkommensschwacher Haushalte bedacht werden, wenn der Konsum nachhaltiger Produkte zunehmen soll“, sagt DIW-Ökonomin Dobkowitz.

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Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 03.07.2024

Fast 26 Millionen Beschäftigte haben mehr als 52 Milliarden Euro als Inflationsausgleichsprämien erhalten. Das hat die Wirtschaft stabilisiert und die Sorgen der Menschen verringert, zeigt eine neue Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung: Rund zwei Drittel der Arbeitnehmer*innen, die eine Prämie zum Inflationsausgleich erhalten, empfinden die Einmalzahlung als mittlere bis große Entlastung in Zeiten hoher Preise. Beschäftigte mit Prämie wollen spürbar seltener ihren Konsum einschränken als solche ohne. In Betrieben mit Tarifvertrag und mit Betriebs- oder Personalrat werden deutlich häufiger und höhere Inflationsausgleichsprämien gezahlt, so die Untersuchung, die auf einer repräsentativen Befragung basiert.*

Um die wirtschaftlichen Folgen des Ukrainekriegs abzufedern, hatte die Bundesregierung im Herbst 2022 Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt, ihren Beschäftigten bis Ende 2024 bis zu 3000 Euro steuer- und abgabenfrei zusätzlich zum Lohn auszuzahlen. Ziel war es, angesichts der Rekordinflation die Kaufkraft zu stabilisieren, ohne eine Preis-Lohn-Spirale in Gang zu setzen. Laut der IMK-Studie ist das tatsächlich gelungen: „Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Inflationsausgleichsprämie einen relevanten Beitrag zur finanziellen Entlastung vieler Beschäftigter, zur Stabilisierung der Kaufkraft in Deutschland, zur Begrenzung des Kostendrucks durch Zweitrundeneffekte bei den Löhnen und zur Verbesserung des Vertrauens in politische Institutionen in der Hochinflationsphase 2022 bis 2023 geleistet hat“, schreiben der IMK-Forscher Dr. Jan Behringer und Prof. Dr. Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK. Gesamtwirtschaftlich entspreche die fiskalische Entlastung durch die Prämie etwa einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die Lohnstückkosten seien um rund 1,5 Prozent gesenkt worden.

Für ihre Untersuchung haben die Ökonomen Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von rund 9600 Personen ausgewertet, die im Januar und Februar dieses Jahres im Auftrag des IMK durchgeführt worden ist. 69 Prozent der befragten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten geben an, dass sie seit Herbst 2022 mindestens einmal eine Inflationsausgleichsprämie bekommen haben, im Schnitt wurden ihnen insgesamt 1953 Euro gezahlt. Hochgerechnet auf alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland ergäbe das unter Einbeziehung von Beamt*innen 25,8 Millionen Begünstigte, die insgesamt 52,5 Milliarden Euro erhalten haben.

77 Prozent der Beschäftigten mit Tarifvertrag bekommen Inflationsausgleichsprämie, ohne sind es 61 Prozent

Erheblichen Einfluss auf die Zusatzzahlung hat der Analyse zufolge unter anderem die Tarifbindung: Von den Beschäftigten mit Tarifvertrag bekamen 77 Prozent mindestens eine Inflationsausgleichsprämie, wobei die Auszahlungssumme bei Vollzeit durchschnittlich 2272 Euro betrug. Ohne Tarif beträgt die Quote 61 Prozent und die Summe im Schnitt 1838 Euro. Auch Mitbestimmung spielt eine Rolle: Während 77 Prozent der Beschäftigten mit Betriebs- oder Personalrat eine Prämie ausgezahlt wurde, sind es bei denjenigen ohne eine solche Vertretung 59 Prozent. Erstere haben im Schnitt 2225 Euro bekommen, Letztere 1822 Euro.

In der Einkommenspyramide haben die oberen Etagen häufiger profitiert: In der Gruppe ab 4500 Euro Haushaltsnettoeinkommen beträgt der Anteil 77 Prozent, in der Gruppe bis unter 2000 Euro hingegen 50 Prozent. Auch bei der absoluten Höhe liegen die Einkommensstarken mit 2356 Euro vor den Geringverdienenden mit 1398 Euro.

Geschlechterunterschiede gibt es bei der Verbreitung nicht, allerdings rund 10 Prozent Vorsprung der Männer bei der Höhe – was unter anderem daran liegen dürfte, dass Frauen häufiger in Betrieben ohne Mitbestimmung und Tarif oder in Branchen arbeiten, in denen die Prämien generell niedriger ausfielen.

Bei denjenigen, denen eine Sonderzahlung zuteil wurde, lässt sich ein klarer Effekt feststellen: „Unsere Umfrage liefert Hinweise, dass die Inflationsausgleichsprämie die finanziellen Auswirkungen der hohen Inflation bei vielen Haushalten abmildern konnte“, so Behringer und Dullien. Rund zwei Drittel der Begünstigten gaben an, dass die Prämie für ihren Haushalt eine mittlere oder große finanzielle Entlastung darstellt.

Das wirkt sich offenbar auch auf die Zuversicht aus: Befragte ohne Inflationsausgleichsprämie machen sich zu 45 Prozent große Sorgen um die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und zu 40 Prozent um die eigene Situation, diejenigen mit Prämie zu 41 beziehungsweise 30 Prozent. Die Entwicklung der Lebenshaltungskosten betrachten mehr als die Hälfte derjenigen, die leer ausgegangen sind, mit großer Sorge, bei den Begünstigten nur 42 Prozent. Eine Folge: 42 Prozent der Befragten ohne Prämie haben überhaupt kein Vertrauen in die Regierung, bei den Befragten mit Prämie rund ein Drittel.

Spürbar weniger Sorgen um die finanzielle Zukunft, niedrigere Inflationserwartung und geringerer Spardruck beim Konsum

„Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die finanzielle Entlastung durch die Inflationsausgleichsprämie dazu beigetragen hat, die Sorgen der Beschäftigten hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Situation sowie der Entwicklung der Lebenshaltungskosten zu mindern. Zudem scheint die Maßnahme das Vertrauen der Menschen in die Handlungsfähigkeit des Staates und der Regierung etwas verbessert zu haben, was sich auch in geringeren Inflationserwartungen widerspiegelt. Dabei dürfte auch eine Rolle spielen, dass Beschäftigte mit geringen Einkommen von dieser pauschalen Sonderzahlung prozentual (wenn auch nicht absolut) stärker profitieren als Beschäftigte mit hohen Einkommen und gerade untere und mittlere Einkommensgruppen durch die gestiegenen Kosten für Energie und Lebensmittel finanziell besonders stark belastet waren“, erklären die IMK-Forscher.

Die Kauflaune hat sich dadurch stabilisiert: Bei allen abgefragten Konsumkategorien hatten die Befragten mit Prämie seltener vor, sich künftig einzuschränken. Besonders stark war der positive Effekt bei Reisen und Urlaub, Freizeit, Unterhaltung und Kultur, Gaststätten- und Restaurantbesuchen sowie bei Wohnungsinstandhaltung. In diesen Kategorien ist der Anteil der Befragten, die sich einschränken wollen, zwischen elf und sieben Prozentpunkte niedriger, wenn sie eine Entlastung erhielten. „Die Inflationsausgleichsprämie dürfte die Konsumnachfrage dabei einerseits direkt über die Erweiterung der finanziellen Spielräume der Privathaushalte und andererseits indirekt über ihre dämpfende Wirkung auf die Inflationserwartungen und die Reduktion der Unsicherheit beeinflusst haben“, erklären die Autoren.

Die gezahlten Summen seien tatsächlich „gesamtwirtschaftlich relevant“ gewesen, heißt es in der Studie. In den Jahren 2022 und 2023 entsprachen sie jeweils 1,8 und 1,5 Prozent der Nettolöhne. Auch die Auswirkung auf den Fiskus – und spiegelbildlich die Entlastung von Unternehmen und Beschäftigten – war erheblich: Den Schätzungen des IMK zufolge hätte der Staat 33 Milliarden Euro mehr eingenommen, wenn die Beschäftigten statt der Inflationsausgleichsprämie steuer- und abgabenpflichtige Zahlungen in gleicher Höhe bekommen hätten. Wenn die Löhne so weit erhöht worden wären, dass die Beschäftigten netto dasselbe wie mit den Prämien erhalten hätten, wären es 58,1 Milliarden mehr gewesen. Zum Vergleich: Die Energiepreisbremsen dürften den Staat etwa 40 Milliarden Euro gekostet haben. Um den gleichen Nettoeinkommenseffekt ohne Steuer- und Abgabenfreiheit zu erreichen, wären die Arbeitskosten um rund 68 Milliarden Euro zusätzlich gestiegen. Das heißt: Die Lohnstückkosten waren dank der Inflationsausgleichsprämie in den Jahren seit 2022 rund 1,5 Prozent niedriger.

Die Ergebnisse zeigten, dass eine konzertierte Aktion von Staat, Gewerkschaften und Arbeitgebern externe Schocks abfedern und die Wirtschaft stabilisieren könne, so die IMK-Forscher. Einziges Manko der Inflationsausgleichsprämien: Als Einmalzahlung läuft ihr Effekt zum Jahresende aus. „Die Tarifparteien sind jetzt gefragt, für Lohnerhöhungen zu sorgen, die die Kaufkraft auch ohne weitere Inflationsausgleichsprämien stärken“, sagt IMK-Direktor Dullien. „Denn ohne ein spürbares Wachstum des privaten Konsums wird die deutsche Wirtschaft sich nicht aus der aktuellen Stagnation befreien können.“

IMK Policy Brief Nr. 171, Juli 2024

Inflationsausgleichsprämie erhöht Einkommen von 26 Millionen Beschäftigten um 52 Milliarden Euro.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 03.07.2024

Anteil im Jahr 2023 deutlich über EU-Durchschnitt von 16,1 %

In Deutschland leben anteilig deutlich mehr Menschen allein als in den meisten anderen Staaten der Europäischen Union. Im Jahr 2023 betrug der Anteil Alleinlebender an der Bevölkerung hierzulande 20,3 % – und lag damit deutlich über dem EU-Durchschnitt von 16,1 %, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis von Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat mitteilt. Nur in den fünf nord- beziehungsweise nordosteuropäischen Staaten Finnland (25,8 %), Litauen (24,6 %), Schweden (24,1 %), Dänemark (23,5 %) und Estland (21,5 %) wohnten im EU-Vergleich anteilig noch mehr Menschen allein. In der Slowakei (3,8 %), Zypern (8,0 %) und Irland (8,3 %) lebten im EU-Vergleich anteilig die wenigsten Menschen allein.

Anteil Alleinlebender in fast allen EU-Staaten gestiegen

Der Anteil der alleinlebenden Personen stieg zwischen 2013 und 2023 in fast allen Staaten der EU an. Lebten 2013 im EU-Durchschnitt 14,2 % der Bevölkerung allein, waren es 2023 bereits 16,1 %. Den größten Anstieg in diesem Zeitraum verzeichneten Bulgarien (+9,3 Prozentpunkte von 8,5 % auf 17,8 %), gefolgt von Litauen (+8,5 Prozentpunkte von 16,1 % auf 24,6 %) und Finnland (+6,2 Prozentpunkte von 19,6 % auf 25,8 %). In Deutschland blieb der Anteil der Alleinlebenden in diesem Zeitraum nahezu konstant bei rund 20 %. Lediglich in der Slowakei lebten 2023 anteilig weniger Menschen allein als 2013 (-4,3 Prozentpunkte von 8,1 % auf 3,8 %).

Ältere Menschen leben fast doppelt so häufig allein wie die Gesamtbevölkerung

Ältere Menschen leben fast doppelt so häufig allein wie der Durchschnitt der Bevölkerung. Im Jahr 2023 lebten in der EU 31,6 % der Menschen ab 65 Jahren allein in einem Haushalt. In Deutschland lag der Anteil in dieser Altersgruppe mit 34,6 % etwas über dem EU-Durchschnitt. In Litauen lebte gut die Hälfte aller mindestens 65-Jährigen allein – mit 51,0 % war der Anteil im EU-Vergleich hier am höchsten. Am niedrigsten war er in der Slowakei. 2023 lebten dort lediglich 11,6 % aller Menschen ab 65 Jahren allein.

Methodische Hinweise:

In der Erhebung werden Menschen in privaten Hauptwohnsitzhaushalten berücksichtigt. Menschen in Gemeinschaftsunterkünften oder in Einrichtungen wie beispielsweise Alten- oder Pflegeheimen sind nicht erfasst.

Alleinlebende sind Personen, die in einem Einpersonenhaushalt leben. Nicht berücksichtigt wird hierbei der Familienstand der alleinlebenden Person. Zusätzliche Informationen zum Mikrozensus und zur Bewertung der Ergebnisse sind unter „Die Neuregelung des Mikrozensus ab 2020“ zu finden.

Bei den Angaben handelt es sich um Ergebnisse der europäischen Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC). Die Erhebung ist in Deutschland seit dem Erhebungsjahr 2020 als Unterstichprobe in den Mikrozensus integriert. Aufgrund der mit dieser Integration verbundenen umfangreichen methodischen Änderungen ist ein Vergleich der Ergebnisse ab Erhebungsjahr 2020 mit den Vorjahren nicht möglich. Ausführliche Informationen zu den methodischen Änderungen sowie deren Auswirkungen auf EU-SILC sind auf einer Sonderseite verfügbar.

Damit zwischen dem Ende des Erhebungsjahres und der Ergebnisbereitstellung möglichst wenig Zeit vergeht, werden in Deutschland seit dem Erhebungsjahr 2020 zunächst Erstergebnisse und mit einigem zeitlichen Abstand Endergebnisse veröffentlicht. Bei den hier angegebenen Ergebnissen für 2023 handelt es sich um Endergebnisse.

Weitere Informationen: 

Weitere Ergebnisse zu Alleinlebenden in der EU finden Sie in unserem Webartikel zum Thema. 

Daten zur Betroffenheit von Einsamkeit in Deutschland liefert die Zeitverwendungserhebung (ZVE) 2022. Die Ergebnisse finden Sie in unserem ausführlichen ZVE-Webartikel mit vielen Grafiken und Erläuterungen.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 02.07.2024

  • 2022 wendeten Kitas in freier Trägerschaft durchschnittlich 12 300 Euro je Kind auf
  • Personalausgaben machten mit knapp 80 % den Großteil der Gesamtausgaben aus
  • Finanzierung erfolgt mehrheitlich durch die öffentliche Hand

In Deutschland gaben Kitas in freier Trägerschaft im Jahr 2022 für die Betreuung eines Kindes durchschnittlich rund 12 300 Euro aus. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren das nominal (nicht preisbereinigt) etwa 59 % beziehungsweise 4 600 Euro mehr als im Jahr 2010, dem letztmaligen Berichtsjahr einer vergleichbaren Erhebung.

Mit 18 600 Euro wurde für Kinder in der Altersgruppe der unter Dreijährigen (Krippenkinder) am meisten ausgegeben. Das entspricht einem Anstieg der Ausgaben gegenüber 2010 von etwa 70 % beziehungsweise 7 700 Euro. Für Kindergartenkinder im Alter von 3 Jahren bis zum Schuleintritt haben die privaten Kindertageseinrichtungen insgesamt 10 900 Euro ausgegeben und damit knapp 50 % mehr als 2010 (7 300 Euro). Am niedrigsten waren die Kosten für Schulkinder unter 14 Jahren in der Hortbetreuung. Hier stiegen die Ausgaben im Jahr 2022 gegenüber 2010 um 32 % auf 8 100 Euro.

Insgesamt gaben Kindertageseinrichtungen in freier Trägerschaft 2022 in Deutschland 27,7 Milliarden Euro aus und nahmen mit 27,7 Milliarden Euro ungefähr gleich viel ein.

Großteil der Ausgaben entfällt auf Personalkosten

Von den Gesamtausgaben entfiel der größte Anteil mit knapp 80 % beziehungsweise 21,9 Milliarden Euro auf das Personal. Für den Sachaufwand, wozu zum Beispiel Spielmaterial und Verbrauchsgüter, aber auch Energiekosten zählen, wurden weitere 5,2 Milliarden Euro (einschließlich Verpflegungskosten von 970 Millionen Euro) ausgegeben, dies entspricht 18 % der Gesamtausgaben. Nur 2 % beziehungsweise 650 Millionen Euro entfielen auf Investitionen.

Die öffentliche Finanzierung steigt auf knapp 80 %

Auf der Einnahmenseite stieg der Anteil öffentlicher Mittel insgesamt von 74 % im Jahr 2010 auf knapp 80 % beziehungsweise 21,8 Milliarden Euro im Jahr 2022 an. Der Finanzierungsanteil der Länder erhöhte sich dabei von 21 % auf 31 % und lag 2022 bei 8,6 Milliarden Euro. Die Kommunen steuerten mit 46 % beziehungsweise 12,7 Milliarden Euro am meisten bei. Weitere 2 % der Einnahmen beziehungsweise 490 Millionen Euro entfielen auf den Bund. Der Anteil privater Mittel, also Elternbeiträge (einschließlich Verpflegungsgeld) und Eigenmittel der Träger, ging hingegen von 26 % auf 20 % zurück und lag 2022 insgesamt bei 5,6 Milliarden Euro.

Methodische Hinweise:

Die dargestellte Finanzierung basiert auf den gemeldeten Einnahmen der Träger. Eine trennscharfe Zuordnung zu den Mittelgebern ist hier nicht immer möglich. So können beispielweise Landesmittel den Kommunen zugeordnet und Bundesmittel bei den Landesmitteln verbucht worden sein.

Die Ergebnisse basieren auf einer Erhebung, die auf freiwilliger Basis bei allen freien Trägern von Kindertageseinrichtungen von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder im Zeitraum von September bis Dezember 2023 für das Berichtsjahr 2022 durchgeführt wurde. Beauftragt wurde die Erhebung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung nach § 7 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz. An der Erhebung haben sich 3 600 freie Träger mit insgesamt 9 300 Kindertageseinrichtungen beteiligt.

Der Projektbericht „Finanzen der Kindertageseinrichtungen in freier Trägerschaft 2022“ mit detaillierten Ergebnissen sowie der Beschreibung des Erhebungskonzeptes und der Hochrechnung ist auf der Themenseite „Bildungsfinanzen- und Ausbildungsförderung“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes verfügbar.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 27.06.2024

  • Knapp die Hälfte der Homeoffice-Nutzenden arbeitete genauso oft oder häufiger am Arbeitsplatz als von zu Hause aus
  • Vereinbarkeit von Familie und Beruf: 25- bis 34-Jährige am häufigsten im Homeoffice
  • Homeoffice-Anteil in Deutschland mit 23,5 % leicht über dem EU-Durchschnitt

Homeoffice hat sich in Deutschland auch nach der Covid-19-Pandemie etabliert, wird jedoch an weniger Arbeitstagen genutzt. 23,5 % aller Erwerbstätigen waren im Jahr 2023 zumindest gelegentlich im Homeoffice, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Damit war der Anteil nur geringfügig niedriger als im Jahr 2022 mit 24,0 % und im Jahr 2021 mit 24,9 %. Im März 2022 war die aufgrund der Corona-Pandemie eingeführte Homeoffice-Pflicht ausgelaufen. Wie stark sich das Arbeiten von zuhause aus inzwischen etabliert hat, zeigt der Vergleich mit dem Vor-Corona-Niveau: 2019 hatten lediglich 12,8 % der Erwerbstätigen im Homeoffice gearbeitet.

Homeoffice wird inzwischen jedoch weniger umfänglich genutzt als zu Pandemiezeiten. Im Jahr 2023 arbeitete knapp die Hälfte (44 %) der Erwerbstätigen, die Homeoffice nutzten, genauso oft oder häufiger am Arbeitsplatz als von zu Hause aus. Gut ein Viertel (26 %) war vollständig im Homeoffice. 2022 waren 39 % der Erwerbstätigen genauso oft oder häufiger am Arbeitsplatz als im Homeoffice und 31 % arbeiteten ausschließlich von zu Hause aus. Im von der Pandemie stark geprägten Jahr 2021 waren die Anteile noch deutlicher in Richtung Homeoffice-Nutzung verschoben: Damals arbeiteten lediglich 31 % genauso oft oder weniger im Homeoffice als am Arbeitsplatz, 40 % waren dagegen vollständig im Homeoffice.

Beschäftigte in größeren Unternehmen arbeiten häufiger von zu Hause aus

Betrachtet man nur die abhängig Beschäftigten, so war der Homeoffice-Anteil 2023 mit 22,0 % etwas niedriger als bei den Erwerbstätigen insgesamt. Wie häufig Angestellte Homeoffice nutzen, wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, etwa von der Größe des Unternehmens oder dem Alter der Beschäftigten. So steigt der Homeoffice-Anteil mit der Größe des Unternehmens: Arbeiteten in kleinen Unternehmen (bis 49 Beschäftigte) 13,1 % der Angestellten von zu Hause aus, so waren es in mittleren Unternehmen (50 bis 249 Beschäftigte) 22,9 %. In großen Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten war der Homeoffice-Anteil mit 33,8 % am höchsten.

25- bis 34-Jährige am häufigsten im Homeoffice

Dass Homeoffice auch genutzt werden dürfte, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten, zeigt ein Blick auf die Verteilung nach Altersgruppen. Den höchsten Homeoffice-Anteil unter den abhängig Beschäftigten hatten 2023 die 25- bis 34-Jährigen mit 26,4 %, gefolgt von den 35- bis 44-Jährigen mit 26,2 %. Die Notwendigkeit einer Kinderbetreuung könnte ein Grund für den vergleichsweise hohen Anteil in dieser Altersgruppe sein. Am seltensten nutzten Homeoffice die 15- bis 24-jährigen Angestellten (12,3 %) sowie die mindestens 65-jährigen (13,1 %).

In Gesundheitswesen (6,4 %) und Einzelhandel (8,3 %) wird besonders selten Homeoffice genutzt
Wie häufig Homeoffice genutzt wird, hängt auch stark von der jeweiligen Branche ab. Am höchsten war der Anteil 2023 im Bereich IT-Dienstleistungen: Hier arbeiteten knapp drei Viertel (74,7 %) der abhängig Beschäftigten zumindest gelegentlich von zu Hause aus. In der Verwaltung und Führung von Unternehmen sowie in der Unternehmensberatung nahmen 72,5 % Homeoffice in Anspruch, bei Versicherungen, Rückversicherungen und Pensionskassen waren es gut zwei Drittel der Beschäftigten (68,6 %). Im Gesundheitswesen konnten mit 6,4 % anteilig die wenigsten Beschäftigten ihre Arbeit auch zu Hause ausüben. Auch eine Tätigkeit im Einzelhandel (8,3 %) oder etwa im Bau- und Ausbaugewerbe (8,4 %) war nur selten im Homeoffice möglich.

Homeoffice-Anteil in Deutschland leicht über EU-Durchschnitt

Im europäischen Vergleich lag Deutschland im Jahr 2023 über dem EU-weiten Durchschnitt. In den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) arbeiteten durchschnittlich 22,4 % aller Erwerbstätigen ab 15 Jahren zumindest gelegentlich von zu Hause aus. In den Niederlanden (52,0 %), in Schweden (45,8 %) und in Finnland (42,0 %) war der Homeoffice-Anteil im vergangenen Jahr EU-weit am höchsten. In Bulgarien (2,9 %), Rumänien (3,3 %) und Griechenland (7,4 %) arbeiteten anteilig die wenigsten Berufstätigen von zu Hause aus.

Methodische Hinweise:

Die Daten zum Anteil der Erwerbstätigen in Deutschland, die 2023 von zu Hause aus arbeiteten, basieren auf den Erstergebnissen des Mikrozensus. Der Anteil umfasst jeweils die Erwerbstätigen, die angaben, zum Zeitpunkt der Befragung in den vergangenen 4 Wochen mindestens einmal oder häufiger von zu Hause aus gearbeitet zu haben. Hierzu gehören beispielsweise auch Lehrerinnen und Lehrer, die zu Hause Unterrichtsstunden vorbereiten oder Klassenarbeiten korrigieren. Beim Homeoffice-Anteil der abhängig Erwerbstätigen in Deutschland sowie bei der Betrachtung nach unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen (WZ 2008) sind die Auszubildenden nicht eingeflossen.

Für den EU-Vergleich wurden alle Erwerbstätigen ab 15 Jahren zusammengefasst, die manchmal oder gewöhnlich von zu Hause aus arbeiteten. Daher kann es vereinzelt zu geringfügigen Abweichungen der aufsummierten Anteile durch Rundungen kommen.

Weitere Informationen:

Daten und Fakten rund um das Thema Fachkräfte bündelt das Statistische Bundesamt auf einer eigenen Sonderseite (www.destatis.de/fachkraefte). Das Datenangebot umfasst die Bereiche Demografie, Erwerbstätigkeit, Bildung und Zuwanderung. Es reicht von Vorausberechnungen zur künftigen Zahl von Erwerbspersonen über Analysen zum Arbeitskräfteangebot bis hin zu Daten zu Arbeitsmigration und Ausbildungsmarkt.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 26.06.2024

WZB-Studie zeigt Zusammenhang zwischen AfD-Unterstützung und Wohlbefinden

Menschen, die sich der AfD zuwenden, erleben laut einer neuen WZB-Studie eine Verschlechterung ihres Wohlbefindens. Erstmals weisen die WZB-Ökonomin Maja Adena und ihr Kollege Steffen Huck nach, dass die negative Rhetorik rechtspopulistischer Parteien wie der AfD die persönliche Lebenszufriedenheit verringern kann. Vor allem neue Anhänger der AfD sind unzufriedener.

In einer großen Umfrage-Studie mit über 5.000 Teilnehmenden in vier Wellen über die Jahre 2019 bis 2021 wollten die Forschenden herausfinden, ob es einen Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und den Präferenzen für politische Parteien gibt. Dabei zeigt sich ein klares Muster: Menschen, die die AfD unterstützen, sind unzufriedener mit ihrem persönlichen Leben und ihrer finanziellen Situation als die Unterstützer anderer Parteien. Dieser Zusammenhang ist besonders stark ausgeprägt für neue Anhängerinnen und Anhänger der AfD. Wer sich von der Partei wieder abwendet, empfindet dagegen eine Verbesserung im Wohlbefinden.

Der Zusammenhang zwischen Wohlbefinden und Unterstützung der AfD ist eindeutig und lässt sich nicht durch sozioökonomische Variablen wie Einkommen oder Bildung erklären. Er ist darüber hinaus ökonomisch bedeutsam und lässt sich beziffern. Schätzungen der Autoren legen nahe, dass ein neuer Unterstützer der AfD ein zusätzliches Monatseinkommen von rund 2.500 Euro bräuchte, um wieder das gleiche Wohlbefinden zu erreichen, das er vor seiner Entscheidung, die AfD zu unterstützen, empfand.

Ob die Entscheidung, die AfD zu unterstützen, ursächlich dazu führt, dass sich Menschen unzufriedener fühlen, untersuchten Adena und Huck mit Hilfe von zwei Experimenten. Im ersten Experiment befragten sie Wählerinnen und Wähler vor, während und nach dem AfD-Bundesparteitag im November 2020. Insbesondere neue Unterstützer der AfD, die während des Bundesparteitags an der Umfrage teilnahmen, berichten von schlechterem Wohlbefinden als neue AfD-Unterstützer, die vor oder nach dem Parteitag an der Umfrage teilnahmen, oder auch als Anhänger anderer Parteien.

Auch im zweiten Experiment, das 2021 stattfand, wurden die Teilnehmenden gebeten, Fragen zu ihrem Wohlbefinden zu beantworten. Zusätzlich erhielten sie Fragen zur Partei, die sie unterstützen. Die Forschenden teilten die Teilnehmenden in zwei Gruppen. Eine Gruppe musste vor den Fragen zum Wohlbefinden Fragen zur Partei beantworten. Für die andere Gruppe wurde die Reihenfolge der Fragenblöcke umgekehrt.

Es ergibt sich das gleiche Muster wie für das erste Experiment. Neue Unterstützer der AfD, die sich gerade intensiv mit AfD-Themen befasst haben, sind weniger zufrieden als die Kontrollgruppe, die Fragen zum persönlichen Wohlbefinden vor den Fragen zu AfD-Themen beantworten musste. Für Unterstützer anderer Parteien ergibt sich kein vergleichbares Muster. Wer sich seine neue Unterstützung der AfD stärker bewusst macht, nimmt sowohl seine persönlichen als auch seine finanziellen Umstände als schlechter wahr.

Die Gründe für diesen Kausalzusammenhang vermuten die Forscher in der negativen Rhetorik der AfD. Wer sich der Partei zuwendet, setzt sich dieser Negativität stärker aus, und das schadet dem Wohlbefinden.

Die Forscher empfehlen daher anderen Parteien, positive Themen zu betonen, anstatt sich auf die negativen Themen der AfD zu konzentrieren. „Die erfolgreiche Rückgewinnung von Wählern braucht andere, idealerweise positive Themen“, sagt Maja Adena.

Die Studie ist in der Zeitschrift PLOS ONE erschienen.
Maja Adena, Steffen Huck: Support for a right-wing populist party and subjective well-being: Experimental and survey evidence from Germany

Dr. Maja Adena ist stellvertretende Direktorin der Abteilung Ökonomik des Wandels am WZB.

Prof. Dr. Steffen Huck ist Forschungsprofessor Behavioral Economics and Human Agency am WZB.

Quelle: Pressemitteilung Wissenschaftszentrum Berlin
für Sozialforschung vom 27.06.2024

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Die Arbeiterwohlfahrt kritisiert den heutigen Kabinettsbeschluss über den Bericht der Bundesregierung für eine zukunftssichere Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung. AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner erklärt dazu:

„Uns droht offenbar, dass die wirklich längst überfällige Finanzreform der Pflegeversicherung erneut in die nächste Legislaturperiode verschoben wird, während die Lage sich rapide zuspitzt. Die Pflegekassen stehen kurz vor dem finanziellen Kollaps, pflegebedürftige Menschen wissen angesichts der rasant steigenden Eigenanteile nicht mehr, wie sie sich ihre Pflege leisten sollen, pflegende An- und Zugehörige werden in der Folge noch stärker belastet.

Was muss denn noch passieren, damit eine Bundesregierung endlich handelt? Das Mindeste wäre es gewesen, die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen zur kurzfristigen Stabilisierung der Finanzsituation der Pflegeversicherung durch Steuerzuschüsse für versicherungsfremde Leistungen umzusetzen. Aber nicht einmal das gelingt.

Es bedarf nun dringend eines breiten gesellschaftlichen Konsenses zum Wert der Pflege als Zeichen des Zusammenhalts und der Wertschätzung. Wir brauchen Sofortmaßnahmen, um die Pflege zu sichern. Klatschen war gestern, heute muss gehandelt werden! Die AWO ist bereit, ihren Beitrag zu leisten.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 03.07.2024

Gemeinsam mit Sozial- und Umweltverbänden, Kirchen und Gewerkschaften fordert die Arbeiterwohlfahrt (AWO) die Bundesregierung zu einem Kurswechsel bei der Haushaltsaufstellung auf. Der nächste Bundeshaushalt müsse Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz und soziale Sicherheit ermöglichen. Dazu erklärt AWO-Präsident Michael Groß:

“Die Krisen unserer Zeit sind zu groß für falsche Dogmen wie die Schuldenbremse. Statt so lange zu sparen, bis auch die letzte soziale Einrichtung vor dem finanziellen Aus steht, muss die Bundesregierung endlich in mehr Zusammenhalt investieren. 75 Prozent der Organisationen in der sozialen Arbeit rechnen damit, aufgrund finanzieller Not im nächsten Jahr Angebote einschränken zu müssen – das ist ein Armutszeugnis für die politisch Verantwortlichen. Dabei darf nicht aus dem Blick geraten, dass auch die Klimakrise eine soziale Krise ist, denn benachteiligte und arme Menschen leiden unter ihren Folgen am schwersten. Es braucht daher schnell ein sozial gestaffeltes Klimageld, um das Vertrauen der Menschen in die Bewältigung der Klimakrise wieder herzustellen. Die “Priorisierung” von Investitionen, von der der Finanzminister gerne spricht, ist jedenfalls ein Luftschloss: Man kann Bürgergeld und Windkraft, gute Pflege und mehr ÖPNV nicht gegeneinander ausspielen. Wir brauchen beides – starke soziale Infrastrukturen und eine lebenswerte Zukunft für nachfolgende Generationen! Wer sich Fortschritt auf die Fahnen schreibt, kann diese Wahrheit nicht leugnen.”

Zum Offenen Brief: https://awo.org/sozial-oekologisches-buendnis-fordert-zukunftsinvestitionen-statt-schuldenbremse

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 30.06.2024

Anlässlich des 55. Jahrestages der Stonewall Riots ruft die Arbeiterwohlfahrt (AWO) zu Solidarität und Wachsamkeit auf. Dazu erklärt Claudia Mandrysch, Vorständin des AWO-Bundesverbandes:

„Die Stonewall Riots waren ein Wendepunkt im Kampf für die Rechte von LSBTIQ*. Seit mehr als einem halben Jahrhundert kämpfen queere Menschen weltweit erfolgreich für ihre Rechte. Auch in Deutschland hat sich die rechtliche Situation inzwischen deutlich verbessert, und doch sind homo- und bi*-sexuelle Menschen sowie Inter*- und trans* Personen auch hierzulande immer noch Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt. 55 Jahre nach den Stonewall Riots, sehen wir uns erneut mit gezielten Angriffen auf die hart erkämpften Rechte von queeren Menschen konfrontiert. Deshalb müssen wir wachsam bleiben und uns an die Seite derer stellen, denen Rechte entzogen werden sollen. Queere Menschen sind bei uns nicht nur willkommen, sondern eine Selbstverständlichkeit. Wir schützen sie vor Diskriminierung – ob als Mitarbeitende oder in den Einrichtungen und Diensten der AWO.“

Die Arbeiterwohlfahrt zeigt das auch gesellschaftspolitisch in ihrem Engagement in diversen Bündnissen und Aktionen. Damit sich z. B. ältere LSBTIQ* in AWO-Pflegeeinrichtungen und -diensten sicher und willkommen fühlen können, gibt es das Vorreiterprojekt „Queer im Alter“ für queer-inklusive Pflege und Dienste. “Ältere queere Personen sind bewusst unsichtbar in unserer Gesellschaft. Aus Angst und Scham vor Diskriminierung, oftmals kinder- und angehörigenlos ziehen sie sich zurück. Doch natürlich haben sie Anspruch auf eine Pflege, die ihnen gerecht wird und sich für sie öffnet“, so Mandrysch, „Mit ‚Queer im Alter‘ möchten wir sicherstellen, dass ältere LGBTIQ+-Menschen die Unterstützung und Anerkennung erhalten, die sie verdienen. Wir wollen Barrieren und Vorurteile abbauen und ein Umfeld schaffen, in dem sie sich sicher und respektiert fühlen. Deshalb ist das Projekt “Queer im Alter” eine wichtige Innovation für unsere Arbeit.” Die Koordinierungsstelle www.queer-im-alter.de stellt ihre Expertise allen Trägern und Einrichtungen zur Verfügung, vermittelt Informationen sowie Kontakte zu queer-sensiblen Einrichtungen, Selbsthilfe- und anderen Organisationen.

Die Erfahrungen aus dem Projekt zeigen immer wieder, dass es eine bewusste Auseinandersetzung für mehr Akzeptanz und einen bedürfnisgerechten Umgang mit queeren Menschen in der sozialen Arbeit und Gesundheitspflege braucht. So Mandrysch: “Vorurteile queeren Menschen gegenüber sind in unserer Gesellschaft und damit auch im Gesundheitssystem immer noch weit verbreitet. Gerade im Alter ist man auf Hilfe angewiesen, fühlt sich schwach und verletzlich, sucht nach Räumen, in denen man sich sicher und vollständig angenommen fühlt. So werbe ich im Bereich der Sterbebegleitung für mehr AWO-Angebote wie zum Beispiel Hospize, die sich kultur- und diversitätssensibel für Menschen unterschiedlicher Lebensentwürfe ausgestalten und den Menschen eine Alternative anbieten, die sich ganz bewusst von religiös, ideologisch oder normiert geprägten Angeboten distanzieren wollen. Hier haben wir innerhalb der AWO noch Potential und sehr viele Regionen, die leider keine Angebote besitzen.”

Die AWO verfolgt mit ihren Grundwerten Toleranz und Solidarität das Ziel, alle Menschen willkommen zu heißen und ihre Rechte zu erstreiten. „Eine weltoffene Zivilgesellschaft ist keine Selbstverständlichkeit, das sehen wir gerade in diesen Zeiten. Wir alle sind täglich gefordert, an unserem persönlichen Weltbild zu arbeiten und andere Lebensentwürfe zu akzeptieren. Gemeinsam können wir eine Welt gestalten, in der Vielfalt und Respekt die Grundlage unseres Zusammenlebens bilden.“, so Mandrysch abschließend.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 27.06.2024

Anlässlich des heutigen Kabinettsbeschlusses über den Bericht der Bundesregierung für eine zukunftssichere Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung fordern die im Bündnis zusammengeschlossenen Organisationen Sofortmaßnahmen zur Sicherung der Pflege an. Die Bundesregierung muss handeln.

Der vorgelegte Bericht zeigt, dass es keinen Mangel an Ideen zur Finanzierung der Pflege gibt. Es mangelt an politischer Umsetzung. Genau wie schon ihre Vorgängerregierungen droht auch diese Bundesregierung die Entscheidung um die Pflegefinanzierung auf die nächste Legislatur zu verschieben. Das schafft kein Vertrauen in die Lösungsfähigkeit der Politik. Die Lage ist ernst. Das zeigt die aktuelle Finanzsituation der Pflegekassen, die rasant steigenden finanziellen Eigenanteile für pflegebedürftige Menschen und die wachsende Pflegetätigkeit von An- und Zugehörigen.

Die Regierung muss jetzt ins Handeln kommen. Um die Finanzsituation der Pflegeversicherung kurzfristig zu stabilisieren, muss die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag ausgehandelten Maßnahmen zügig umsetzen. Besonders wichtig sind die angekündigten Bundeszuschüsse zu versicherungsfremden Leistungen und gesamtgesellschaftlichen Aufgaben.

Darüber hinaus sind weitere grundlegende Schritte für eine Finanzreform zwingend notwendig. Die Entscheidung darf dabei nicht nach aktueller Kassenlage getroffen werden. Gute Ansätze finden sich dazu im Bericht der Bundesregierung zu den Erwartungen der Bevölkerung und begleitenden Maßnahmen, wie der Stärkung der Prävention zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit.

Zum Hintergrund:

Das Bündnis für Gute Pflege ist ein Zusammenschluss von 25 bundesweit aktiven Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften, Berufsverbänden sowie Selbsthilfeorganisationen mit über 14 Mio. Mitgliedern.

www.buendnis-fuer-gute-pflege.de

Quelle: Pressemitteilung Bündnis für Gute Pflege vom 03.07.2024

Stellungnahme des Deutschen Familienverbandes (DFV) zum Regierungsentwurf für das Gesetz zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zum Aufbau eines Generationenkapitals für die gesetzliche Rentenversicherung

Aus Sicht des DFV enthält der Gesetzesentwurf gravierende Mängel, die eine grundlegende Überarbeitung notwendig machen. Dies betrifft insbesondere die fehlenden Verbesserungen bei der Berücksichtigung der Erziehungsleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung. „Angesichts des angekündigten verkürzten Verfahrens fürchtet der DFV, dass die Belange der Familien nicht mehr vor der Verabschiedung des Gesetzes ernsthaft beraten und in das Gesetzgebungsverfahren einbezogen werden“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes.

Die Kritik des DFV bezieht sich sowohl auf die Leistungs- als auch auf die Beitragsseite der Rentenversicherung. Auf der Leistungsseite ist zwar eine Festschreibung des Rentenniveaus für den Standardrentner vorgesehen. Von diesem Niveau sind Versicherte, die mehrere Kinder erzogen haben, aber meist weit entfernt. Hier fehlt eine Ausweitung der rentenrechtlichen Kindererziehungszeiten, auf die weitere Reformschritte aufbauen können.

Auf der Beitragsseite ist ein deutlicher Anstieg der Beitragssätze zu erwarten, der auch im Entwurf dargestellt wird. Auch hier sind Familien in besonderer Weise belastet, denn weil der Rentenversicherung ein Kinderfreibetrag fehlt, zahlt ein Versicherter mit vier Kindern den gleichen Rentenbeitrag wie der kinderlose Kollege – auch auf das Existenzminimum seiner Kinder.

Insgesamt wird im Entwurf die auch vom Bundesverfassungsgericht mehrfach hervorgehobene Bedeutung des generativen Beitrags Kindererziehung für die Bestandssicherung der gesetzlichen Rentenversicherung völlig ausgeblendet, obwohl die Bundesregierung mit dem Rentenpaket II ausdrücklich das Ziel verbindet, die demografische Entwicklung zu berücksichtigen und Menschen Vertrauen in die gesetzliche Rente zu geben.

„Stattdessen baut die Bundesregierung auf ein schuldenfinanziertes ‚Generationenkapital‘ und hofft, man könne mit Aktien für die Zukunft der Rentenversicherung vorsorgen. Zukunft gibt es aber nur mit Kindern – und ausgerechnet die Kinder und damit das eigentliche Generationenkapital der gesetzlichen Rentenversicherung kommen im Regierungsentwurf gar nicht vor“, so Heimann. „Anstatt mit einer Politik, die mehr Mut zu mehr Kindern macht, wird versucht, mit Aktienpaketen die gesetzliche Rentenversicherung zu retten.“

In der Stellungnahme will der DFV Perspektiven aufzeigen, wie eine nachhaltige und familienorientierte Rentenreform gelingen kann und dass sie finanzierbar ist, wenn der Gesetzgeber den Mut aufbringt, die vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Spielräume zu nutzen. Das gilt sowohl für eine Neuordnung der Hinterbliebenenversorgung als auch für die maßvolle Umverteilung von Rentenansprüchen hin zu Familien mit mehreren Kindern.

„Im Sinne einer grundsätzlichen Aufforderung zum Neudenken weisen wir außerdem darauf hin, dass eine familienpolitische Strukturreform der Rente erleichtert wird, wenn sie mit der Einbeziehung weiterer Bevölkerungsgruppen und Einkunftsarten in die gesetzliche Rentenversicherung einhergeht. Auch hierfür finden Sie in der DFV-Stellungnahme detailliertere Vorschläge“, sagt Heimann.

Stellungnahme zum Gesetz zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zum Aufbau eines Generationenkapitals für die gesetzliche Rentenversicherung

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 02.07.2024

Zu den Arbeitsmarktzahlen sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied:

„Hetzkampagnen ändern nichts an der Tatsache: Es ist die gebremste wirtschaftliche Entwicklung, die mehr Menschen arbeitslos werden lässt und nicht das Bürgergeld. Im Vergleich zum Vormonat Mai nimmt die Zahl der Arbeitslosen, die Bürgergeld beziehen, übrigens ab.

Im Vergleich zu den Vorjahreszahlen ist die Zahl der Arbeitslosengeldempfänger deutlich mehr angestiegen als die Zahl der Bürgergeldbeziehenden.

Der DGB fordert, die menschenverachtenden Hetzkampagnen gegen das Bürgergeld einzustellen. Menschen im Bürgergeld generell zu unterstellen, dass sie nicht arbeiten wollen, verdreht Ursache und Wirkung.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 28.06.2024

Auch 7 Jahre nach Öffnung der Ehe sind Kinder queerer Eltern noch immer unzureichend rechtlich abgesichert. Bereits im Januar wurden Eckpunkte für die Reform des Abstammungsrechts vorgestellt, der Referent*innenentwurf war für diesen Sommer angekündigt. Doch bald beginnt die parlamentarische Sommerpause und noch immer liegt kein Entwurf vor. Dabei liegen die Vorschläge für die Reform längst auf dem Tisch. Ein Bündnis aus der Initiative Nodoption, dem Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD), dem Deutschen Juristinnenbund (djb) und dem Bundesarbeitskreis Schwuler Jurist*innen (BASJ) hat bereits im Mai 2023 unterstützt von mehr als 30 weiteren Organisationen und Einzelpersonen Leitplanken für die Reform des Abstammungsrechts vorgelegt. Das Leitplankenbündnis erklärt:

In unseren Leitplanken haben wir unter anderem die automatische rechtliche Zuordnung des zweiten Elternteils unabhängig vom Geschlecht sowie die Einführung vorgeburtlicher Elternvereinbarungen gefordert. Zudem hat das Bundesjustiz-ministerium im Januar 2024 Eckpunkte für die Reform vorgestellt, die wesentliche Verbesserungen für queere Eltern und ihre Kinder vorsehen. Es ist deshalb umso unverständlicher, dass sich die Reform nun weiter verzögert.

Dazu erklärt Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand des LSVD: „Kinder wachsen selbstverständlich in vielfältigen Familienkonstellationen auf. Das Recht bildet diese gesellschaftliche Realität insbesondere von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, inter und weiteren queeren (LSBTIQ*) Eltern nicht ab. Angesichts des deutlichen Rechtsrucks muss die Bundesregierung jetzt Verantwortung übernehmen und die Rechte queerer Familien und insbesondere ihrer Kinder noch in dieser Legislaturperiode sichern. Unter keinen Umständen darf die Legislatur verstreichen, ohne dass dieses zentrale queer- und gleichstellungspolitische Vorhaben ausbleibt.“

Christina Klitzsch-Eulenburg, Gründerin der Initiative Nodoption, ergänzt: „Queere Familien werden nach wie vor wie Familien zweiter Klasse behandelt. Die Kinder vieler LSBTIQ* haben, selbst wenn sie in eine bestehende Ehe geboren werden, keinen zweiten Elternteil. Auch eine Anerkennung der Elternschaft bei Nicht-Bestehen einer Ehe ist ­­­­­­­­­– anders als bei allen anderen Elternpaaren – nicht möglich. Die Adoptionsverfahren sind intransparent und gespickt mit Diskriminierungen.“

Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb, betont die Gefahren der bestehenden Rechtslage für die Kinder: „Die Kinder werden aufgrund des Geschlechts ihrer Eltern massiv benachteiligt, ihnen wird der zweite Elternteil mit Sorge- und Unterhaltspflichten verwehrt. Das ist aus gleichheitsrechtlicher, vor allem aber aus Perspektive des Kindes nicht zu rechtfertigen. Das Recht von Kindern auf zwei Eltern muss gewahrt werden.“

Dirk Siegfried von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwuler Jurist*innen ergänzt: „Vorschläge für die Reform des Abstammungsrechts liegen seit Jahren auf dem Tisch: Die Zuordnung unabhängig vom Geschlecht der Eltern, die Ermöglichung der verbindlichen Übernahme von Verantwortung schon vor der Zeugung, die Absicherung gelebter Elternschaft. Die Reform darf jetzt nicht weiter verzögert werden!“

 

Weiterlesen:

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 03.07.2024

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 16. Juli 2024

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.

Ort: Webex

Thema: Jenseits der Kernfamilie: Neue Daten zu Verwandtschaftsnetzwerken zeigen matrilineare Neigungen, Auswirkungen von Scheidungen und die Bedeutung erweiterter Verwandtschaftsbeziehungen

Referent:  Prof. Dr. Thomas Leopold, Universität Köln 

Alle Informationen zum Vortrag finden Sie hier.

Termin: 30. Juli 2024

Veranstalter: Evangelische Konferenz für Familien- und Lebensberatung e.V. Fachverband für psychologische Beratung und Supervision (EKFuL)

Ort: Frankfurt am Main

Welche Familienformen gibt es? Welche Entwicklungsprozesse durchlaufen Familien und wie wirkt sich dies auf jedes Familienmitglied aus? Welche gesellschaftlichen Einflüsse gibt es? Wie wirkt sich all das auf den Beratungsprozess aus?

Freuen Sie sich auf spannende Vorträge, die den Wandel von Familienbeziehungen aufzeigen und diskussionsreiche Workshops mit vielen Expert*innen.

Unter folgendem Link finden Sie die Veranstaltung und den Anmeldebogen.

Termin: 27. – 28. September 2024

Veranstalter: Pestalozzi-Fröbel-Verband e. V. in Kooperation Thüringer Institut für Kindheitspädagogik der FH Erfurt 

Ort: Erfurt

Heute wachsen Kinder in materielle wie digitale Welten hinein, die einander zunehmend durchdringen.

Wir beleuchten dieses Spannungsfeld aus theoretischer wie praktischer Perspektive und fragen nach den Auswirkungen auf die Beziehung zwischen Kind und Fachkraft.

Sollen pädagogische Fachkräfte Kinder bei ihren frühen digitalen Medienerfahrungen unterstützen und ihnen im pädagogischen Alltag einen Raum geben?

Welche Fragestellungen ergeben sich daraus für pädagogische Konzeptionen und für die pädagogische Interaktion im Alltag? Individuelle Medienkompetenz wie auch die Einbindung in das pädagogische Konzept des Teams sind wichtige Voraussetzungen. Wir werfen in diesem Zusammenhang einen kritischen Blick auf die Vielzahl der digitalen Projekte, Angebote und Einsatzmöglichkeiten.

In Vorträgen, Workshops und persönlichen Gesprächen entsteht Raum für einen kritischen Diskurs.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

WEITERE INFORMATIONEN

Mehrfachbelastungen von Kitas mit Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien

Die frühkindliche Bildung legt den Grundstein für die gesamte weitere Bildungsbiografie. Die Kindertagesbetreuung als erster gemeinsamer Bildungsort ist zentral dafür, allen Kindern unabhängig von ihrem familiären Hintergrund gleiche Chancen auf eine gute Entwicklung zu ermöglichen. Der Zugang zu früher Bildung gilt deshalb als wesentlicher Faktor für die Vermittlung von Bildungschancen und die Ermöglichung von Teilhabe.

Doch die Bedingungen, unter denen Kindertageseinrichtungen dieser wichtigen Aufgabe nachkommen, unterscheiden sich teilweise stark. Die im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung erstellte Studie „Kitas 2. Klasse? – Mehrfachbelastungen von Kitas mit Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien“ des Instituts für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit | Rheinland-Pfalz (IBEB) kommt zu dem Ergebnis, dass systematische Mehrfachbelastungen und Ressourcennachteile die Situation gerade in den Kitas prägen, die einen höheren Anteil von Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien betreuen. Gerade dort also, wo sich Herausforderungen mit Blick auf Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit ballen, stehen hierfür vergleichsweise schlechtere Rahmenbedingungen zur Verfügung.

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 15/2023

AUS DEM ZFF

In dieser Woche wird der Gesetzentwurf zur Einführung einer Kindergrundsicherung im Bundestag und Bundesrat beraten. Ein Bündnis aus 20 Verbänden mahnt, jetzt mutig zu sein und einen echten Systemwechsel im Sinne der Kinder und Familien zu wagen. Die Kindergrundsicherung darf keine Mogelpackung werden!

Verena Bentele, Präsidentin des VdK und Sprecherin des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG:

Die Kindergrundsicherung ist und bleibt für uns Hoffnungsträger im Kampf gegen Kinderarmut. Als Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG appellieren wir deswegen an die Verantwortlichen in Bundestag und Bundesrat, umfangreich am Gesetzentwurf nachzubessern. Die Regierung muss den Mut haben, einen echten Systemwechsel einzuläuten. Dafür brauchen wir eine Kindergrundsicherung, die hoch genug ist, damit Kinder wirklich gut davon leben können. Die geplanten 2,4 Milliarden Euro reichen bei Weitem nicht aus. Wir müssen endlich neu berechnen, was Kinder für ein gutes Aufwachsen brauchen. Außerdem darf es nur noch eine einzige Anlaufstelle für Eltern geben, die die Leistungen für Kinder und Jugendliche proaktiv den bedürftigen Familien anbietet. Derzeit wissen unzählige Menschen nicht, welche Gelder ihnen zustehen oder wohin sie sich dafür wenden müssen. Der Antragswahnsinn muss aufhören. Der Staat muss endlich erkennen, dass alle von einer guten Kindergrundsicherung profitieren. Teilhabe am Leben und an der Bildung ist eine Investition in eine gute Zukunft.“

Prof. Dr. Sabine Andresen, Präsidentin des Kinderschutzbundes und Koordinatorin des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG:

„Vielleicht besteht noch die Chance, die drängendsten Probleme von armen Familien anzugehen. Erstens: Kinder von Alleinerziehenden trifft Armut besonders häufig. Diese Gruppe ist dringend auf Verbesserungen angewiesen, um nicht fortwährend in Existenzangst leben zu müssen. Zweitens ist für Kinder aus Familien mit wenig oder keinem Einkommen die Mitgliedschaft im Sportverein oder die Teilnahme in der Musikschule meist zu teuer. Das sind Bildungsmöglichkeiten, die wir ihnen nicht weiter vorenthalten dürfen. Deshalb müssen die umständlichen Anträge für das sogenannte Teilhabegeld abgeschafft werden. Drittens sieht der bisherige Plan eine Kürzung von Mitteln für Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern vor. So kann die Integration nicht gelingen. Armut wirklich zu bekämpfen, dafür steht das Konzept der Kindergrundsicherung. Auch Bundestag und Bundesrat werden sich daran messen lassen müssen, ob sie es ernst meinen mit sozialer Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in unserem Land.“

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG macht sich seit 2009 mit inzwischen 20 Mitgliedsverbänden und 12 wissenschaftlichen Unterstützer*innen für eine echte Kindergrundsicherung stark. Dabei sollen möglichst viele Leistungen gebündelt, automatisiert sowie in ausreichender Höhe ausgezahlt werden.

Weitere Infos zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG und das eigene Kindergrundsicherungskonzept finden Sie hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de

Quelle: Pressemitteilung Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG vom 09.11.2023

Rund 3.000 Menschen versammelten sich am 8. November vor dem Deutschen Bundestag, um gemeinsam gegen den Sparhaushalt der Bundesregierung zu protestieren.

Die Arbeiterwohlfahrt, das Bundesjugendwerk der AWO und das Zukunftsforum Familie (ZFF) hatten gemeinsam zur Kundgebung aufgerufen. Der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland drohen Kürzungen und Streichungen in Höhe von insgesamt 25 Prozent, mit fatalen Folgen für den Sozialstaat und die Gesellschaft, so die Organisator*innen. Im Rahmen der Kampagne „Die Letzte macht das #LichtAus“ fordert das Bündnis den Bundestag auf, die von der Bundesregierung geplanten Sozialkürzungen zurückzunehmen, den Koalitionsvertrag einzuhalten und die Finanzierung essenzieller Einrichtungen und Dienste sicherzustellen. Auch Vertreter*innen aller anderen Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege sowie die Gewerkschaft ver.di schlossen sich der Kundgebung an.

Die Verbände warnen, dass nach den aktuellen Plänen unter anderem jede dritte Migrationsberatungsstelle schließen muss, 35.000 Freiwilligenplätze gestrichen werden, Programme zur Demokratieförderung an Schulen gänzlich wegfallen und die Beratung und Begleitung von Geflüchteten um die Hälfte eingekürzt werden. Im Kinder- und Jugendplan sollen 40,6 Millionen Euro gekürzt werden; auch die Pflegeversicherung und der soziale Wohnraum sind massiv betroffen.

„Der von der Bundesregierung vorgelegte Haushaltsentwurf macht fassungslos“, kommentiert AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner. „Zentrale Dienste und Einrichtungen, die in der Bewältigung der derzeitigen Krisen dringend benötigt werden, werden kaputtgespart oder komplett gestrichen. So entstehen neue Härten im Alltag, der gesellschaftliche Zusammenhalt wird geschwächt und der Polarisierung weiter Vorschub geleistet. In Relation zum Gesamthaushalt werden hier nur kleine Summen gespart: Minimale Einsparungen sorgen für maximalen Schaden.“ AWO-Präsident Michael Groß ergänzt: „Die schwarze Null ist nicht in Stein gemeißelt – Nebelkerzen wie die Schuldenbremse gehören kritisch hinterfragt. Ob gespart wird oder ob mehr Geld in die Staatskassen gelenkt wird, ist eine Frage des politischen Willens. Als AWO akzeptieren wir nicht, dass die Krisen auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werden.“

„Skandalös ist zudem, wie viele Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nicht im Haushalt zu finden sind“, so die stellvertretende Vorsitzende des ZFF, Meike Schuster. „Große Vorhaben mit den Zielen mehr Gleichstellung, mehr Zeit für Familie und die Bekämpfung von Kinderarmut fallen unter den Tisch oder werden nicht mit ausreichend Mitteln hinterlegt.“ Senihad Sator, Vorsitzender des Bundesjugendwerks der AWO, sagt: „Der aktuelle Haushaltsentwurf ist ein fatales Signal an junge Menschen. Durch die Kürzungen verlieren junge Menschen wichtige Unterstützung und werden ihrer Chancen beraubt, sich selbst verwirklichen zu können. Nach den Krisenjahren ist es endlich an der Zeit, umzusteuern und in junge Menschen zu investieren.“

Neben der zentralen Kundgebung in Berlin schlossen sich auch zahlreiche AWO-Mitarbeitende und Ehrenamtliche aus dem ganzen Bundesgebiet mit lokalen Protest-Aktionen an. Ein offener Brief mit den Forderungen von AWO, Bundesjugendwerk und ZFF an den deutschen Bundestag wurde von fast 55.000 Menschen in Deutschland unterstützt.

Hintergründe

Zur Kampagne die Letzte macht das #LichtAus:
https://lichtaus.awo.org

Zur Kundgebung am 8. November:
https://awo.org/kundgebung-gegen-die-sparplaene-der-bundesregierung

Offener Brief gegen die Sparpläne der Bundesregierung: https://weact.campact.de/petitions/offener-brief-gegen-die-sparplane-der-bundesregierung

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 08.11.2023

Am Donnerstag, den 16. November, diskutieren die ZFF-Referentin, Lilly Schön und Dr. Lisa Yashodhara Haller über die Adressat*innen von familienpolitischen Maßnahmen – der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Elterngeld. Mit der Geburt von Kindern spezialisiert sich ein Elternteil, auf die Versorgung der Kinder, der andere auf Erwerbsarbeit zur Finanzierung der Familie. Weil der deutsche Arbeitsmarkt auf einem Geschlechterarrangement basiert, das die Gewährleistung der Fürsorge stillschweigend voraussetzt, entstehen für diejenigen, die die Versorgung übernehmen, Nachteile auf dem Arbeitsmarkt mit den entsprechenden finanziellen Einbußen. Das Elterngeld soll als politisches Instrument finanzielle Einbußen infolge der Familiengründung abfedern und Anreize zur raschen Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt setzen. Da das Elterngeld als Lohnersatzleistung ausgezahlt werden steht es seit seiner Einführung als sozial ungerecht in der Kritik. Darüber hinaus setzt es Anreize zur Aufschiebung des Kinderwunsches, denn um Elterngeld als Lohnersatzleistung in einer Höhe beziehen zu können, mit der die Lebenshaltungskosten (trotz Inflation) bezahlt werden können, erfordert in der Regel recht lange Berufserfahrung, mit steigendem Alter sinkt aber die menschliche Fertilität. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Körper, Kinder, Kassensturz“ statt.

Weitere Informationen und Anmeldung: https://programm.bildungswerk-boell.de/index.php?kathaupt=11&knr=23-1104&kursname=Politiken+der+Verhuetung+neu+denken&katid=0#inhalt

Hier kann die Veranstaltung als Livestream verfolgt werden: https://youtube.com/live/qylu_XLhSWk?feature=share

Am 19. Oktober diskutierte die ZFF-Geschäftsführerin, Sophie Schwab, mit Dr. Lisa Yashodhara Haller über das meist kommentierte sozialpolitische Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen: die Kindergrundsicherung. Dr. Lisa Yashodhara Haller Autorin des Policy-Papers „Finanzierung von Familien neu denken“ sprach mit Sophie Schwab über Möglichkeiten und (verpasste) Chancen der anstehenden Reform sprechen. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Veranstaltungsreihe ‚Körper, Kinder, Kassensturz‘  statt.

Hier kann die gesamte Veranstaltung nochmal angesehen werden: https://www.youtube.com/watch?v=Ju1Hk1CyiGI

SCHWERPUNKT I: Migrationsgipfel

Deutliche Kritik zu Migrationsbeschlüsse, Fragezeichen beim Deutschlandticket

„Das, was Bund und Länder beschlossen haben, wird niemanden, der in der Heimat verfolgt wird, der keine Perspektive für sich und seine Kinder sieht, davon abhalten, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen“, kommentiert Caritas-Vorstand Steffen Feldmann die Beschlüsse des gestrigen Bund-Länder-Treffens in Sachen Migration.  

Leistungen zu kürzen, die bereits unter dem Existenzminimum liegen, trifft besonders die Schutzbedürftigsten: Alte, Kranke, Kinder. Studien zeigen zudem, dass Leistungskürzungen nicht abschreckend wirken. Der geringe finanzielle Einspareffekt, der durch Leistungskürzungen erzielt wird, hat hingegen langfristig negative Folgen für unsere Wirtschaft und Gesellschaft: mehr Armut, schlechtere Bildungschancen für die geflüchteten Kinder, soziale Ausgrenzung und mehr Armutskriminalität.

Sparmaßnahmen mit enormen Folgekosten werden als Erfolg verkauft

 „Als Erfolg werden stattdessen Gängelungen und Sparmaßnahmen angekündigt, die langfristig enorme gesellschaftliche Folgekosten verursachen. Das ist kontraproduktiv“, konstatiert Steffen Feldmann.

Die Idee, Asylprüfungen in Drittländer außerhalb der EU zu verlegen, kann nicht unter angemessenen Standards umgesetzt werden und ist wieder ein Zeichen des in der Debatte allgegenwärtigen Populismus.

Der Deutsche Caritasverband begrüßt, dass sich Bund und Länder zumindest auf eine neue Regelung zur Übernahme der flüchtlingsbezogenen Kosten geeinigt haben.

Deutschlandticket für Familien mit kleinem Einkommen attraktiv halten

Auch positiv bewertet die Caritas, dass sich Bund und Länder auf eine hälftige Weiterfinanzierung des Deutschlandtickets geeinigt haben.

„Das Ticket ist ein wichtiger Bestandteil einer klimafreundlichen Mobilitätspolitik. Es muss allerdings für alle bezahlbar bleiben,“ moniert der Deutsche Caritasverband. „Für Familien und Menschen mit geringen Einkommen sind 49 Euro pro Monat schon jetzt abschreckend hoch“, so Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa, „wenn im Raum steht, dass das Deutschlandticket noch 2024 teurer werden soll, steigen viele buchstäblich aus – das wäre ein herber Schlag für die Verkehrswende.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 07.11.2023

Die Diakonie Deutschland kritisiert die geplanten Leistungskürzungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber.

Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland: „Es ist ein Trugschluss, das niedrigere Leistungen oder Bezahlkarten Menschen davon abhalten werden, Schutz zu suchen. Auch wird in der Diskussion vergessen, dass bestimmte Leistungen dazu dienen, zum Beispiel die Integration von Geflüchteten mit Behinderungen zu ermöglichen. Zur kurz in der Debatte kommt jetzt auch: Wir brauchen Zuwanderung und sollten uns deshalb auch um die Verbesserung von regulären Zugangswegen bemühen. Und selbstverständlich brauchen wir eine schnellere und bessere Integration und dafür eben die erforderlichen Mittel. Wer hier gut integriert arbeitet, bereichert unsere Gesellschaft in vielfacher Hinsicht und hilft uns, auch unsere Sozialsysteme zu stabilisieren. Begrüßenswert ist die Idee einer Kommission für Migration, in der auch Kirchen, Gewerkschaften und Organisationen aus der Zivilgesellschaft dringend einbezogen werden sollen. Dieses Erfolgsmodell hat schon 2015 funktioniert und wir fordern schon lange, dass an diese guten Erfahrungen angeknüpft wird. Nur im Zusammenschluss von Politik und Zivilgesellschaft werden wir überzeugende Lösungen finden können.“

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 07.11.2023

Ein breites Bündnis von 28 Verbänden, Stiftungen und Organisationen fordert in einem Appell vor dem Flüchtlingsgipfel am Montag Bund, Länder und Kommunen eindringlich auf, bei den Beratungen einen besonderen Fokus auf die Situation der geflüchteten Kinder und Jugendlichen in Deutschland zu legen. Deren Rechte nach den Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention, beispielswiese auf angemessene Lebensbedingungen, auf Schutz vor Gewalt oder auf Zugang zu Bildung und Gesundheit, müssen nach Ansicht der Unterzeichner Richtschnur in der aktuellen Migrationsdebatte sein. Das übergeordnete Ziel aller politisch verantwortlichen Stellen muss demnach darin bestehen, geflüchteten Kindern eine Perspektive auf eine normale Kindheit zu eröffnen.

„Kinder brauchen eine verlässliche Lebensperspektive, ungeachtet ihres Herkunftslandes und Aufenthaltsstatus. Während die politische Debatte droht, auf Abschottung und Abschiebungen verengt zu werden und Fragen der besseren Integration eine untergeordnete Rolle spielen, leben sowohl begleitete Kinder in Sammelunterkünften als auch unbegleitete Kinder in Obhut der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe unter prekären Bedingungen mit begrenzten Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe“, heißt es in dem Appell. „Der Flüchtlingsgipfel bietet eine Chance, die gemeinsame Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen für die Aufnahme von schutzsuchenden Kindern mit ihren Familien und von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten neu zu gestalten.“

Die unterzeichnenden Verbände, Organisationen und Stiftungen fordern, eine dezentrale Unterbringung von geflüchteten Kindern und ihren Familien zu ermöglichen, den Zugang aller Kinder zur öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe sicherzustellen, für den Zugang aller Kinder zu frühkindlicher Bildung und Regelschulen zu sorgen, besondere Bedarfe frühzeitig zu identifizieren und den Zugang zur Gesundheitsversorgung sicherzustellen.

„Die UN-Kinderrechtskonvention gilt uneingeschränkt für jedes Kind. Das gilt auch für die darin normierte Vorrangstellung des Kindeswohls. Auch bei erhöhter Fluchtmigration und steigenden Zahlen minderjähriger Geflüchteter sollte stets gewährleistet sein, dass die Kinder zu ihren Rechten kommen. Dazu gehören neben ihren Schutz- auch die Beteiligungsrechte sowie die Einhaltung von Standards, die im Kinder- und Jugendhilfegesetz normiert sind. Bei Rechtsangelegenheiten, die sich aus dem Flüchtlingsstatus der Kinder und Jugendlichen ergeben, beispielsweise bei der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften direkt nach der Einreise, beim Familiennachzug oder Integrationsangeboten, braucht es zudem migrationssensible und kinderspezifische Regelungen, die das Kindeswohl an die erste Stelle stellen. Dazu gehören passende Angebote zum Erlernen der deutschen Sprache, Bildungsintegration über einen ungehinderten Zugang zu Kindertageseinrichtungen und Ausbildungsstätten sowie eine Schulpflicht für alle geflüchteten Kinder von Anfang an, und zwar unabhängig von der Bleibeperspektive. Diese muss nach der EU-Aufnahmerichtlinie spätestens drei Monate nach Asylantragstellung an der Regelschule erfolgen. Und auch die Teilnahme an niedrigschwelligen Kultur- und Freizeitangeboten mit gleichaltrigen Kindern in der Nachbarschaft sind als Schlüsselfaktoren unabdingbar“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Den vollständigen Appell finden Sie hier: http://www.dkhw.de/fluechtlingsgipfel2023

Der Appell wird von folgenden Verbänden, Organisationen und Stiftungen unterstützt (in alphabetischer Reihenfolge):

. Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendhilfe – AGJ . Ärzte der Welt e. V.

. AWO Bundesverband e. V.

. Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen (BNS) . Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e. V.

. Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Jugendhilfe e. V.

. Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer – BAfF e. V.

. Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e. V. (Bündnis KJG) . Der Kinderschutzbund Bundesverband e. V.

. Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e. V. – DGSF . Deutscher Kitaverband – Bundesverband freier unabhängiger Träger von Kindertagesstätten e. V.

. Deutsches Kinderhilfswerk e. V.

. Deutsches Komitee für UNICEF e. V.

. Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V.

. djo – Deutsche Jugend in Europa Bundesverband e. V.

. Handicap International e. V.

. Internationaler Bund (IB) Freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e.V.

. JUMEN e. V. – Juristische Menschenrechtsarbeit in Deutschland . KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e. V.

. Lesben- und Schwulenverband in Deutschland e. V. (LSVD) . National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention . Plan International Deutschland e. V.

. PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.

. Save the Children Deutschland e. V.

. Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention . Stiftung SPI – Sozialpädagogisches Institut Berlin »Walter May« . terre des hommes Deutschland e. V.

. World Vision Deutschland e. V.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 03.11.2023

Statt Herausforderungen zu lösen, würden Probleme verschräft.

Die Beschlüsse von Bundeskanzler und Regierungschef*innen zur Flüchtlingspolitik beim Migrationsgipfel kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband scharf. So richtig es sei, Länder und Kommunen finanziell zu unterstützen, so wenig sachgerecht seien die sonstigen Verabredungen. Statt konkrete Herausforderungen zu bewältigen, drohe eine Verschärfung sozialer Probleme, warnt der Verband. Insbesondere die Pläne, Asylbewerber künftig erst nach drei Jahren existenzsichernde Sozialleistungen zu gewähren sowie die geplanten massiven Verschärfungen in der Abschiebepraxis seien inhuman und das Gegenteil einer lösungsorientierten, vorausschauenden Flüchtlingspolitik, kritisiert der Paritätische.

“Asylbewerbern erst nach drei Jahren eine Leistung wenigstens auf Sozialhilfeniveau zu gewähren, und sie in Armut zu halten, ist inhuman und unvernünftig. Die Zahl der Geflüchteten wird dadurch nicht abnehmen, wohl aber werden sich die sozialen Probleme verschärfen”, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Was es brauche, sei eine gestaltende und vorausschauende Flüchtlingspolitik, die am Schutz von Menschen sowie der Stärkung der Unterstützungsstrukturen ausgerichtet ist. Der Zugang zu regulären Sozialleistungen, die Abschaffung aller bestehender Arbeitsverbote sowie die Ermöglichung privater Unterbringung helfe den Schutzsuchenden und der Aufnahmegesellschaft, mahnt der Paritätische und verweist auf die positiven Erfahrungen in der Aufnahme und Integration geflüchteter Menschen aus der Ukraine.

“Abschiebehaft und eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten sind Scheinlösungen und haben nichts mit einer humanen mutigen und in die Zukunft gerichteten Flüchtlingspolitik zu tun, die den Schutz von Menschenrechten und die Chancen für unsere Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt”, so Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 07.11.2023

Paritätischer mahnt Rückkehr zu faktenbasierter Debatte an.

Mit Vorschlägen für eine Neuausrichtung der Asyl-, Aufnahme- und Integrationspolitik wendet sich der Paritätische Gesamtverband heute gemeinsam mit einem Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen und Wohlfahrtsverbände an die Politik. In einem Fünf-Punkte-Plan zeigt das Bündnis: Ein konstruktiver und menschenrechtskonformer Umgang mit der Aufnahme und Integration von Schutzsuchenden ist möglich, notwendig und entlastet die Kommunen. Das Bündnis besteht neben dem Paritätischen Wohlfahrtsverband unter anderem aus Amnesty International, Pro Asyl, Caritas und dem Deutschen Anwaltverein.

Von der Bundesregierung erwartet der Paritätische nun eine gestaltende und vorausschauende Flüchtlingspolitik. Nach Monaten der rhetorischen Verschärfung in der politischen Debatte brauche es dringend eine lösungsorientierte Politik, die am Schutz von Menschen sowie der Stärkung der Unterstützungsstrukturen ausgerichtet ist. Der Zugang zu regulären Sozialleistungen, die Abschaffung aller bestehender Arbeitsverbote sowie die Ermöglichung privater Unterbringung helfe den Schutzsuchenden und der Aufnahmegesellschaft.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands: “Die asylpolitische Debatte der vergangenen Wochen strotzt nur so vor Scheinlösungen und Vorurteilen. Wir können allen nur dringend raten, zu einer faktenbasierten Diskussion um die Aufnahme und Integration von schutzsuchenden Menschen zurückzukehren. Die Bundesregierung muss sich jetzt einer mutigen, in die Zukunft gerichteten Flüchtlingspolitik annehmen, die den Schutz von Menschenrechten und die Chancen für unsere Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt.“

Der Fünf-Punkte-Plan des Bündnisses umfasst:

  1. eine zukunftsorientierte Aufnahme für Asylsuchende, 
  2. den Fokus auf Integration und Partizipation, 
  3. sozialrechtliche Eingliederung statt Ausgrenzung, 
  4. den Erhalt und die Anpassung von Unterstützungsstrukturen, 
  5. eine Sozialpolitik, die alle mitdenkt.

Das Bündnis verweist beispielhaft auf die gelungene Aufnahme von einer Million geflüchteter Menschen aus der Ukraine. Sie sei eine Erfolgsgeschichte und zeige: Die Gesellschaft kann viel, wenn die Politik die richtigen Rahmenbedingungen schafft.

Dokumente zum Download

5-Punkte-Plan für eine funktionierende Asyl- und Aufnahmepolitik (668 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 03.11.2023

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Kabinettsmitglieder unterstützen Bekämpfung von Sexismus

Auf Initiative von Bundesfrauenministerin Lisa Paus sind die Mitglieder des Bundeskabinetts heute dem breiten Bündnis „Gemeinsam gegen Sexismus“ beigetreten. Im Koalitionsvertrag hatten sich die Koalitionspartner zuvor auf ein gemeinsames Bekenntnis zu einem „starken Bündnis gegen Sexismus“ geeinigt. Bundesfrauenministerin Paus gründete das Bündnis „Gemeinsam gegen Sexismus“ im Februar 2023. Es umfasst bereits jetzt über 480 Mitglieder und wird mit einem Begleitprojekt von der Europäischen Akademie für Frauen in Wirtschaft und Politik (EAF Berlin) unterstützt.

Bundesministerin Lisa Paus, Schirmherrin des Bündnisses:
„Ich freue mich sehr, dass heute alle Kabinettsmitglieder meiner Einladung gefolgt und dem Bündnis ‚Gemeinsam gegen Sexismus‘ beigetreten sind. Mit den Ministerien und in den Ressorts zeigen wir gemeinsam klare Kante. Sexuelle Belästigung hat keinen Platz in unserer offenen, vielfältigen Gesellschaft – dafür setzen alle Ressorts des Bundeskabinetts heute ein starkes Signal! Ich rufe Unternehmen, Verbände und staatliche Stellen auf, es uns gleich zu tun, dem Bündnis beizutreten und Sexismus gemeinsam entschieden den Kampf anzusagen. Zusammen stehen wir ein für eine gleichberechtigte Gesellschaft!“

Das Bündnis „Gemeinsam gegen Sexismus“ hat sich zum Ziel gesetzt, Sexismus und sexuelle Belästigung zu erkennen und mit wirksamen Maßnahmen zu beenden. Sexismus zeigt sich zum Beispiel in Form von Herabwürdigungen oder Machtmissbrauch aufgrund des Geschlechts. Als Massenphänomen kann Sexismus am Arbeitsplatz, im Öffentlichen Raum, auch in Kultur und Medien stattfinden. Die vielen Ausprägungen, von scheinbar harmlosen bis zu gewaltvollen Grenzverletzungen, sind durch die internationale #metoo-Bewegung eindrucksvoll sichtbar geworden.

Sexismus schadet Betroffenen, aber auch Unternehmen, Organisationen und der Gesamtgesellschaft. Unter den über 480 Mitgliedern finden sich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Deutsche Städtetag, der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft und der Deutsche Caritasverband. Bündnispartner sind auch Unternehmen wie Volkswagen, die BMW Group, die Charité, das ZDF und die Deutsche Bahn AG sowie Städte wie Hamburg, Bremen, Bochum, Dortmund oder Erlangen.

Das Bündnis verfolgt einen intersektionalen Ansatz: Es bindet vielfältige Gruppen ein, die mehrfach von Diskriminierung beispielsweise aufgrund ethnischer Herkunft, Behinderung oder auch durch Antisemitismus betroffen sind. Mit öffentlichen Veranstaltungen, Aktionstagen, Ausstellungen oder Handreichungen sind im Kreise der Bündnismitglieder bereits vielfältige Maßnahmen entstanden. Viele gute Beispiele werden auf der Bündnis- Webseite www.gemeinsam-gegen-sexismus.de und im Newsletter des Bündnisses regelmäßig veröffentlicht.

Das von Lisa Paus geführt Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) selbst ergreift bereits eine Vielzahl an Maßnahmen: Ab dem Onboarding-Prozess erhalten Beschäftigte umfassende Informationen über Anlaufstellen, Beschwerdemöglichkeiten und Vorgehen bei Sexismus, sexueller Belästigung und Mobbing. Die Handreichung „Hilfestellung für Betroffene bei sexuellen/sexualisierten Belästigungen und anderen Formen der Belästigung sowie Mobbing im BMFSFJ“ zeigt den Beschäftigten, welche Ansprüche, Unterstützungsangebote und Beratungsstellen es gibt, wenn sie mit sexueller Belästigung oder Mobbing in Kontakt kommen. Das BMFSFJ bietet für alle Beschäftigten Schulungen zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und auch zu Sexismus und sexueller Belästigung an. Für Führungskräfte sind diese Schulungen verpflichtend.

Liste der Bündnispartnerinnen und -partner: https://www.gemeinsam- gegen-sexismus.de/gemeinsame-erklaerung/unterzeichnerinnen/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 08.11.2023

Bessere Rahmenbedingungen für Freiwillige in Jugendfreiwilligendiensten und Bundesfreiwilligendienst

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf des Gesetzes zur Erweiterung der Teilzeitmöglichkeit in den Jugendfreiwilligendiensten sowie im Bundesfreiwilligendienst für Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahres und zur Umsetzung weiterer Änderungen (Freiwilligen-Teilzeitgesetz) beschlossen. Mit dem Gesetzentwurf werden die Rahmenbedingungen für Freiwillige im Bundesfreiwilligendienst (BFD) und in den Jugendfreiwilligendiensten Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) verbessert.

Bundesjugendministerin Lisa Paus: „Ich freue mich, dass wir mit dem Freiwilligen-Teilzeitgesetz sehr konkret auf die Wünsche der Freiwilligen nach mehr Flexibilität eingehen können. Außerdem schaffen wir den Rahmen für ein höheres Taschengeld. So stellen wir die Weichen für eine Zeit, in der die Freiwilligendienste wieder ausgeweitet werden können. Die Freiwilligendienste sind uns wichtig und das Engagement der Freiwilligen ist uns jede Wertschätzung wert.“

Die Freiwilligen erhalten für ihr Engagement ein Taschengeld, dessen Höhe individuell mit den Einsatzstellen vereinbart wird. Dabei gilt eine Obergrenze, die zwar dynamisch ist und jedes Jahr angepasst wird, deren Berechnungsgrundlage jedoch seit Einführung des BFD nicht angepasst wurde.

Das Freiwilligen-Teilzeitgesetz sieht diese Anpassung nun vor. Damit wird auch dem Koalitionsvertrag nachgekommen, in dem die Koalitionsparteien die Erhöhung des Taschengeldes vereinbart haben.

Konkret soll die Obergrenze – auf Basis der für 2023 geltenden Werte – von 438 Euro monatlich auf 584 Euro monatlich, also um 146 Euro, steigen. Zusätzlich sollen Einsatzstellen Mobilitätszuschläge zahlen dürfen. Im Ergebnis können Freiwillige damit deutlich mehr Taschengeld erhalten als bisher.

Mit dem Freiwilligen-Teilzeitgesetz soll für Freiwillige unter 27 Jahren die Möglichkeit geschaffen werden, einen Freiwilligendienst in Teilzeit zu leisten, ohne dass sie dafür persönliche, gesundheitliche oder familiäre Gründe nachweisen müssen, wie es bisher erforderlich ist. Damit werden die Rahmenbedingungen für Freiwillige unter 27 Jahren an diejenigen für lebensältere Freiwillige angepasst. Weiterhin gilt, dass sich der Dienst auf mehr als 20 Stunden die Woche belaufen muss und alle Beteiligten, das betrifft insbesondere die Einsatzstellen, mit der Teilzeit einverstanden sein müssen.

Die Bundesregierung unterstützt damit die Wünsche der Freiwilligen sowie der Einsatzstellen, Träger und Zentralstellen nach besseren Teilzeit-Regelungen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 01.11.2023

Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Lisa Paus, hat sich heute mit dem Kompetenznetzwerk gegen Antisemitismus (KOMPAS) getroffen. Anlässlich des terroristischen Angriffs der Hamas auf Israel und die Auswirkungen auf die in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden, tauschte sich die Ministerin mit KOMPAS zur Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen gegen Antisemitismus aus.

An dem Treffen nahmen teil: Veronika Nahm, Direktorin des Anne Frank Zentrums, Prof. Dr. Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank e.V., Dr. Deborah Schnabel, Direktorin der Bildungsstätte Anne Frank e.V., Derviş Hızarcı, Vorstand der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA) e.V., Benjamin Steinitz, Leiter des Bundesverbands RIAS e.V. sowie Marina Chernivsky, Leiterin des Kompetenzzentrums für Prävention und Empowerment der ZWST und der Beratungsstelle OFEK e.V.

Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: „Zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus ist unverzichtbar. In Anbetracht der terroristischen Angriffe auf Israel und die antisemitischen Auswirkungen, die wir auch in Deutschland erleben, bin ich sehr dankbar für die wichtige Arbeit des Kompetenznetzwerks gegen Antisemitismus. Es ist gut, dass wir als Gesellschaftsministerium über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ diese Arbeit unterstützen können. Situationen wie wir sie derzeit sehen, zeigen die Unverzichtbarkeit antisemitismuskritischer Bildungsarbeit. Es wird deutlich wie sehr wir uns weiterhin dafür einsetzen müssen, dass zivilgesellschaftliche Organisationen auch in Zukunft ihre Arbeit fortführen können und die entsprechende Unterstützung erhalten.“

Veronika Nahm, Direktorin des Anne Frank Zentrums und Koordinierungsstelle des Kompetenznetzwerks Antisemitismus: „Der Terrorangriff auf die Menschen in Israel erschüttert uns zutiefst. Die Gewalt übersteigt unsere Vorstellungskraft, hinterlässt uns fassungslos und traurig: Hunderte Tote, Dutzende Verschleppte, Tausende Verletzte und Traumatisierte. Wir machen uns Sorgen um die Zukunft der gesamten Region, um Freiheit, Sicherheit und Frieden. Unsere Freunde und Kooperationspartner*innen in Israel haben große Sorgen und Ängste. Für Deutschland sehen wir Auswirkungen, die uns noch in den nächsten Jahren begleiten werden: antisemitische Attacken nehmen zu, es gibt Solidarität mit Jüdinnen und Juden in Deutschland, aber oft werden ihre Erfahrungen nicht gesehen und nicht beachtet. Im Kompetenznetzwerk arbeiten wir seit Jahren bundesweit auf verschiedenen Ebenen gegen Antisemitismus. Es ist ein langfristiges Phänomen, auch wenn antisemitische Deutungsmuster in Krisenzeiten Konjunktur haben. Wir brauchen die Voraussetzungen, um langfristig und ausreichend ausgestattet gegen Antisemitismus arbeiten zu können. Die Politik muss diese Voraussetzungen schaffen, für eine funktionierende Demokratie in Deutschland.“

Die Zielgruppen des Kompetenznetzwerks sind Kinder und Jugendliche, aber auch pädagogische Fachkräfte. Entsprechend hoch ist die Anzahl an Beratungsanfragen von betroffenen Jüdinnen und Juden, von Schulen, Sportvereinen und anderen Einrichtungen, die derzeit bei den Trägern des KOMPAS eingehen. Oft handelt es sich um die Frage, wie mit Konfliktsituationen in Schulklassen umgegangen und wie mit Schülerinnen und Schülern über die aktuelle Situation in Israel gesprochen werden kann.

Das Kompetenznetzwerk besteht aus dem Anne Frank Zentrum, der Bildungsstätte Anne Frank, dem Bundesverband der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus, dem Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment sowie der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus. 2020 haben sich die fünf Institutionen zusammengeschlossen, die über eine langjährige Erfahrung im Bereich der Antisemitismusprävention, der antisemitismuskritischen Bildungsarbeit, der Beratung sowie der Dokumentation und Analyse antisemitischer Vorfälle verfügen. Gefördert wird KOMPAS über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“.

https://kompetenznetzwerk-antisemitismus.de/
https://www.demokratie-leben.de/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 18.10.2023

Auf die schwierige Situation von Eltern in Regenbogenfamilien haben Experten in einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Mittwochvormittag hingewiesen. Insbesondere kritisierten die geladenen Sachverständigen die fehlende rechtliche Absicherung der Elternschaft des zweiten Elternteils, also jenes, der das Kind nicht geboren hat.

Die sogenannte Stiefkindadoption als derzeit einzige Möglichkeit gleichgeschlechtlicher Paare, auch die Elternschaft des zweiten Elternteils anerkennen zu lassen, sei keine gute Option und mit vielen Unwägbarkeiten verbunden, betonte unter anderem Gesa Teichert-Akkermann von der Initiative „nodoption“, die sich für die Anerkennung der Elternschaft in Regenbogenfamilien einsetzt. Es könne sein, dass diese Adoption einfach und schnell gehe, meistens dauere das Verfahren jedoch sehr lange, das Privatleben der Familien werde, auch durch das Jugendamt, durchleuchtet und bewertet. Für diesen Prozess gebe es keine einheitlichen Kriterien und solange die zweite Elternschaft nicht anerkannt sei, lebten die Familien in großer Unsicherheit. Durch die derzeitige Rechtslage sei „unser Wunschkind zu einem Kind einer Alleinerziehenden“ gemacht worden, das nicht so abgesichert und geschützt sei wie ein Kind mit Vater und Mutter, erläuterte sie.

Auch Lyci Chebout, Vizepräsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, und Dirk Siegfried von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ) forderten eindringlich eine juristische Klärung zugunsten der betroffenen Familien. Es gehe dabei nicht um Biologie, sondern um eine einfache rechtliche Absicherung, die durch eine Reform des Abstammungsrechts auch einfach umzusetzen sei, sagte die Juristin. Das Geschlecht dürfe bei der Eltern-Kind-Zuordnung keine Rolle spielen, forderte sie. Dirk Siegfried kritisierte, dass die Gesellschaft offenbar immer noch glaube, lesbische Mütter seien die schlechteren Mütter. Anders sei die Ungleichbehandlung nicht zu erklären und leider habe auch die „Ehe für alle“ daran nichts geändert. Er forderte unter anderem, dass Eltern schon vor der Zeugung ihre Verantwortung rechtlich absichern können. Dadurch, dass dies bisher noch nicht möglich sei, entstünden viele Konflikte, so Siegfried.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 827 vom 08.11.2023

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen), rechnet mit jährlichen Ausgaben in Höhe von 7,5 Milliarden Euro für die geplante Kindergrundsicherung. Während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montag sagte Lehmann, die immer wieder genannte Ausgabenhöhe von 2,4 Milliarden Euro beziehe sich auf eine Inanspruchnahme-Quote von 50 Prozent. „Wir hoffen, dass die Quote irgendwann bei mindestens 90 Prozent liegen wird“, sagte er. Dann sei von einer Investition von etwa 7,5 Milliarden Euro auszugehen. Das gehe dann auch stärker in die Richtung der von Familienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) ursprünglich genannten zwölf Milliarden Euro.

Diese zwölf Milliarden Euro „als absolute Untergrenze“ für die Kindergrundsicherung fordert die Petentin Anne Dittmann in einer öffentlichen Eingabe (ID 153338), die 54.960-mal innerhalb der in den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses vorgegebenen Vier-Wochenfrist mitgezeichnet und daher öffentlich beraten wurde. Nur so könne die Kinderarmut in Deutschland bekämpfen werden, heißt es in der Petition. „Wir fordern nicht mehr als das Versprechen im aktuellen Koalitionsvertrag ein, auf das sich die Ampel mal geeinigt hat“, schreibt Dittmann.

Kinderarmut, so die Petentin, werde strukturell erzeugt und sei kein Zeichen mangelnder Bildung. Sie beträfe vor allem Einelternfamilien und Familien mit drei und mehr Kindern. Die Ursachen seien vielschichtig: Alleinerziehende würden etwa in der Steuerklasse II ähnlich besteuert wie Singles in Steuerklasse I, „obwohl sie nicht nur Lohnarbeiten, sondern sich auch gleichzeitig um Kinder kümmern“. Dazu komme das Fehlen von 380.000 Kita-Plätzen in diesem Jahr. Die vorhandene Betreuung sei zudem in weiten Teilen Deutschland kostenintensiv. „Der Gender-Pay-Gap und die Orientierung an der 40-Stunden-Woche als Standard benachteiligen vor allem Menschen mit Fürsorgeverantwortung, insbesondere Mütter“, macht die Petentin deutlich.

Während der Sitzung äußerte sich Dittmann auch zur Finanzierbarkeit der Maßnahme. Aus dem Kreis der Abgeordneten gefragt, ob sie denn angesichts leerer Haushaltskassen die Neuverschuldung oder die Steuern erhöhen wolle, verwies die Petentin auf die Folgekosten der Kinderarmut, die laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bei jährlich 120 Milliarden Euro lägen. „Wer bezahlt die denn?“, fragte sie. Die aktuelle Sparpolitik sei Unsinn, befand sie.

Die die Petentin begleitende Vorstandsvorsitzende des Vereins SOS Kinderdorf, Sabina Schutter, machte auf den Kinderfreibetrag aufmerksam, der in der aktuellen Reform nicht angefasst werde. Auch bei den 2014 beschlossenen familienbezogenen Leistungen fänden sich zahlreiche Leistungsbereiche, die keine armutsbekämpfende Wirkung entfalten aber Kosten verursachen würden. „Die könnte man wunderbar in eine Kindergrundsicherung integrieren“, sagte sie mit Blick auf die Finanzierungsfrage.

Familien-Staatssekretär Lehmann zeigte sich überzeugt, dass die Kindergrundsicherung die Situation von bedürftigen Familien verbessern werde. Insbesondere für Familien, die derzeit im Bürgergeldbezug seien, gäbe es viele Vorteile. Lehmann nannte es ungerecht, dass derzeit das Kindergeld auf Sozialleistungen angerechnet werde. „Das ändert sich jetzt“, sagte er. Alle Kinder- und Jugendlichen hätten Anspruch auf einen Kindergarantiebetrag, der das Kindergeld ersetze, sowie auf einen Zusatzbetrag. Je geringer das Einkommen der Eltern ist, desto höher sei diese Leistung.

Lehmann verwies zugleich auf den bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) anzusiedelnden Familienservice. Das werde die zentrale Stelle für die Leistungen für Familien werden, die derzeit noch sehr zersplittert seien. Familien seien künftig nicht mehr auf ihr eigenes Wissen angewiesen oder auf Sozialarbeiter, die ihnen erklären, welche Ansprüche sie haben und wie sie diese einfordern müssen. Das nehme der Familienservice den Familien ab, „wenn sie zustimmen“, sagte der Staatssekretär.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 814 vom 06.11.2023

Die „Wohnkostenlücke 2022“ ist Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (20/8931). Darin führt die Fraktion aus, dass die Wohnkosten in den Grundsicherungen in tatsächlicher Höhe übernommen würden, sofern sie als angemessen bewertet werden. Richtwerte für die Angemessenheit würden kommunal berechnet, was extrem schwierig sei und immer wieder zu Lücken beim Existenzminimum führt. Diese „Wohnkostenlücke“ bestritten die Betroffenen oft aus dem Regelsatz, weil es keinen günstigeren Wohnraum gebe. Das Geld fehle dann etwa für Nahrungsmittel oder Kleidung.

Seit 2023 werde bei neuen Leistungsbeziehern im ersten Jahr die Miete nicht auf Angemessenheit überprüft, sondern immer voll übernommen, schreibt die Fraktion weiter. Damit werde die Wohnkostenlücke „aber nur verkleinert, nicht geschlossen“: Wissen will die Fraktion unter anderem, in welcher Höhe die Kosten der Unterkunft und Heizung, „die für Leistungsberechtigte des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch im Jahr 2022 tatsächlich angefallen sind“, nicht übernommen wurden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 795 vom 25.10.2023

Die CDU/CSU-Fraktion will das Kindergeld und den Kinderfreibetrag und erhöhen. Sie hat dazu einen Antrag (20/8861) mit dem Titel „Arbeitende Mitte stärken – Steuerbelastung senken“ vorgelegt.

Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel sollen der Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum um zwölf Prozent steigen, fordert die Unionsfraktion. Das Kindergeld für 2024 sei entsprechend anzuheben und die bis 2022 bestehende Stufung für kinderreiche Familien ab dem dritten und vierten Kind wiedereinzuführen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 787 vom 19.10.2023

Finanzielle Unterstützung für schwangere Frauen ohne Versicherungsschutz

Im Frühjahr 2022 ist der Gesundheitsfonds der Region an den Start gegangen, der Menschen ohne Krankenversicherung aus der Region Hannover unterstützt und notwendige Behandlungen, Heil- und Hilfsmittel, Medikamente und Zuzahlungen finanziert. Jetzt legt die Region speziell für schwangere Frauen ohne Krankenschutz nach: Der Geburtenfonds richtet sich an mittellose schwangere Frauen, die seit mindestens drei Monaten in der Region Hannover leben und für die kein Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Versorgung aus einer Krankenversicherung oder dem Sozialleistungsrecht ermittelt werden konnte. Dafür sind zunächst insgesamt 180.000 Euro bis 2026 eingeplant. Heute (5. September) hat der Ausschuss für Soziales, Wohnungswesen, Gesundheit und Teilhabe der Region einstimmig grünes Licht für die Einrichtung des Fonds gegeben, final entscheidet am 14. November die Regionsversammlung.

„Frauen ohne Versicherungsschutz fehlt nicht nur eine übliche Vor- und Nachsorge in der Schwangerschaft, sie können auch keine regulären Geburtstermine in den Kliniken vereinbaren, sondern werden nur als Notfälle versorgt. Die Krankenhäuser stellen die Geburt den Frauen in Rechnung. Das kann materiell und psychisch schwer belastend für die Frauen sein, wenn sie die Rechnung nicht bezahlen können“, so Sozialdezernentin Dr. Andrea Hanke. „Der Geburtenfonds soll die Frauen in der ohnehin anstrengenden Situation die finanziellen Sorgen nehmen und den Zugang zur notwendigen Gesundheitsversorgung ermöglichen.“

Der Geburtenfonds soll vor allem die Kosten für die Geburt abdecken. Er greift dann, wenn die Mitarbeiter*innen der Clearingstelle keinen individuellen Anspruch auf Versicherungsschutz oder Hilfen zur Gesundheit ermitteln konnten. Mit der Bescheinigung der Clearingstelle können die Frauen regulär in den Kliniken des Regionsgebiets entbinden, ohne dass sie hierfür als Notfall eingeliefert werden müssen. Die Kliniken wiederum können ein Drittel der abrechenbaren Kosten über den Fonds abrechnen.

Für die notwendige medizinische Beratung, Betreuung und Versorgung der Schwangeren während der Schwangerschaft oder der nachgeburtlichen Phase hat sich das Gesundheitsamt der Region Hannover bereits als fachliche Ergänzung zur Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung etabliert. „Oft sind dies Frauen ohne Aufenthaltsstatus und ohne Zugang an die reguläre Gesundheitsversorgung. Mit dem Angebot der Beratungssprechstunde wollen wir verhindern, dass Frauen aufgrund von unter anderem Sprachbarrieren oder sozialer Hintergrundproblematik größeren gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind“, sagt Gesundheitsdezernentin Christine Karasch.

Kontakt:

Beratungsstelle für sexuelle Gesundheit, Weinstraße 2, 30171 Hannover, Telefon (0511) 616-43148, E-Mail: Aids.STD-Beratung@region-hannover.de.

Clearingstelle für Gesundheitsversorgung, Große Packhofstraße 27-28, 30159 Hannover, Telefon (0511) 21 33 91 66, E-Mail: info@clearing-gesundheit-hannover.de

Zur Clearingstelle
Die Clearingstelle hat seit 2021 ihren Sitz in Hannovers Innenstadt Die Mitarbeiter*innen helfen Menschen ohne Krankenversicherung, den individuellen Anspruch auf eine Versicherung oder Hilfen zur Gesundheit zu ermitteln – von der Aufnahme in eine gesetzliche oder private Krankenversicherung bis zu Leistungen der Sozialhilfe oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Die Beratungen finden in den Sprachen Deutsch, Arabisch, Französisch, Englisch und Rumänisch statt, bei Bedarf können auch weitere Sprachen abdeckt werden.

Quelle: Pressemitteilung Region Hannover vom 05.09.2023

Nicht nur die Bildungschancen, sondern auch die Gesundheit von Kindern werden wesentlich vom Elternhaus geprägt – mit lebenslangen Folgen für das Wohlbefinden. Neue Analysen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) haben den engen Zusammenhang zwischen der Gesundheit im Erwachsenenalter und dem Bildungsabschluss der Eltern mit aktuellen Daten belegt. Demnach sind Menschen aus bildungsfernen Familien noch im Erwachsenenalter häufiger übergewichtig und schätzen ihre eigene Gesundheit schlechter ein als Kinder höher gebildeter Eltern. Die Daten der Untersuchung basieren auf der familiendemografischen Langzeitbefragung FReDA.

So hat fast die Hälfte der Befragten im Alter zwischen 18 und 50 Jahren, deren Eltern kein Abitur haben, einen Body-Mass-Index von über 25 und gilt damit als übergewichtig. Bei Personen, deren Eltern beide das Abitur haben, beträgt der Anteil der Übergewichtigen nur knapp ein Drittel. Gleichzeitig fühlen sich Menschen aus einem gebildeten Elternhaus gesünder: 77 Prozent beurteilen ihren eigenen Gesundheitszustand als gut oder sehr gut, bei Kindern von Eltern ohne Abitur sind es mit 66 Prozent weniger. „Unsere Analysen belegen eine deutlich schlechtere Gesundheit bei Menschen mit niedrig gebildeten Eltern“, erklärt Dr. Mathias Huebener vom BiB die Ergebnisse.

Für die ausgeprägten gesundheitlichen Unterschiede, die sich nach dem Bildungsniveau der Eltern abzeichnen, gibt es zahlreiche Erklärungen: Zunächst erzielen Kinder aus gebildeteren Familien häufig bessere Bildungsergebnisse sowie höhere Einkommen in körperlich weniger beanspruchenden Tätigkeiten, was bereits zu einer besseren Gesundheit beitragen kann. Des Weiteren unterscheidet sich mit dem Bildungsstand der Eltern auch das soziale Umfeld, in dem Kinder aufwachsen und durch gesundheitsbezogene Lebensweisen geprägt werden. Bessere Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten, die in der Familie und dem Umfeld mitgeprägt werden, könnten bis ins Erwachsenenalter positiv nachwirken.

Die Autorinnen und Autoren der Studie empfehlen, Bildungsdefizite rechtzeitig zu vermeiden. „Langfristig wird sich die schlechtere gesundheitliche Verfassung in einer geringeren Lebenserwartung ausdrücken“, meint Mitautorin Dr. Mara Barschkett. Daher sei es wichtig, bestehenden Nachteilen früh im Leben entgegenzuwirken. „Ein Ansatz ist, Kindern unabhängig vom elterlichen Hintergrund den Zugang zu qualitativ guter Bildung zu ermöglichen.“ Derartige Investitionen begünstigen nicht nur den eigenen Lebensverlauf, sondern verbessern auch die Chancen nachfolgender Generationen und nutzen das Potenzial der Menschen unserer Gesellschaft besser, worauf es beim demografischen Wandel immer mehr ankommen wird.

Die Originalpublikation kann hier heruntergeladen werden:

http://www.bib.bund.de/Publikation/2023/Eltern-ohne-Abitur-Kinder-langfristig-weniger-gesund.html?nn=1213826

Quelle: Pressemitteilung Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) vom 07.11.2023

Studie analysiert Einkommen und Vermögen von Pflegehaushalten in Deutschland und vergleicht sie mit übriger Bevölkerung – Einkommen haben sich angeglichen, Vermögen weiter sehr unterschiedlich – Leistungen der Pflegeversicherung sollten erhöht und an Inflation gekoppelt werden

Seit der Pflegereform des Jahres 2017 profitieren deutlich mehr Pflegehaushalte von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Dabei handelt es sich um Haushalte, in denen eine pflegebedürftige Person ab 60 Jahren zu Hause betreut wird, meist von Angehörigen. Einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zufolge haben Personen in diesen Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen von durchschnittlich gut 2.000 Euro mittlerweile ähnlich viel zur Verfügung wie Personen ab 60 Jahren in anderen Haushalten. Nicht zuletzt die Erhöhung des Pflegegeldes, das fast 59 Prozent aller Pflegebedürftigen erhalten (im Durchschnitt gut 530 Euro pro Monat), hat dazu beigetragen, die Einkommenslücke zu schließen. „Die Pflegereform hat die Leistungen für die ambulante Betreuung von Pflegebedürftigen klar verbessert“, sagt Johannes Geyer, stellvertretender Leiter der Abteilung Staat im DIW Berlin. „Mehr Haushalte können Leistungen der Pflegeversicherung beanspruchen und tun dies auch – für viele Betroffene ist die Reform eine dringend benötigte Erleichterung.“ Die Studie stellt der jüngsten Pflegereform mit Blick auf die finanzielle Situation betroffener Haushalte also ein zumindest in Teilen positives Zwischenzeugnis aus, zeigt aber auch weiteren Handlungsbedarf auf.

Vor allem alleinlebende Pflegebedürftige häufig mit geringen finanziellen Rücklagen

So gibt es etwa mit Blick auf die Vermögen nach wie vor große Unterschiede zwischen Pflege- und anderen Haushalten, wie die Berechnungen auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ebenfalls zeigen. Insbesondere alleinlebende Pflegebedürftige, die insgesamt über 40 Prozent aller Pflegehaushalte in Deutschland ausmachen und oft Frauen sind, haben ein vergleichsweise dünnes finanzielles Polster – wenn überhaupt: Fast ein Drittel von ihnen hat gar kein Vermögen oder ist sogar verschuldet. Zum Vergleich: Unter allen Pflegehaushalten trifft das nur auf gut jeden fünften zu, unter den Haushalten ohne eine pflegebedürftige Person ist die Quote mit 18 Prozent nochmals geringer. „Für das Wohlergehen im Alter spielt neben dem Einkommen auch das Vermögen eine zentrale Rolle“, betont Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat im DIW Berlin. „Viele Pflegehaushalte haben langfristig keine ausreichenden finanziellen Rücklagen, um angesichts steigender Pflegekosten dauerhaft über die Runden zu kommen.“

„Der Staat verlässt sich hierzulande immer noch sehr stark darauf, dass Angehörige die Pflege übernehmen. Angesichts unserer alternden Bevölkerung kann das aber nicht ewig gut gehen.“ Johannes Geyer

Im Durchschnitt müssen Pflegehaushalte jeden Monat rund sieben Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Pflege aufbringen – aufgrund der aktuellen Preisentwicklung dürfte dieser Anteil sogar noch höher sein, denn die massive Inflation der vergangenen Monate ist in den für die Studie verwendeten Daten noch gar nicht enthalten. Kosten fallen in Pflegehaushalten beispielsweise für ambulante Pflegedienste an, aber auch für den pflegegerechten Umbau der Wohnung, für Medikamente, Hilfsmittel und Therapien.

Finanzbedarf der Pflegeversicherung könnte auch durch private Zuzahlungen gedeckt werden

Die Studienautoren empfehlen daher einen weiteren Ausbau der sozialen Pflegeversicherung. Dazu zählt mehr finanzielle Unterstützung, etwa durch eine zeitnahe Kopplung des Pflegegeldes an die Inflation, ebenso wie mehr professionelle Pflege. „Der Staat verlässt sich hierzulande immer noch sehr stark darauf, dass Angehörige die Pflege übernehmen“, sagt Geyer. „Angesichts unserer alternden Bevölkerung kann das aber nicht ewig gut gehen.“ Familienangehörige müssten viel Zeit und Kraft aufbringen und könnten währenddessen entweder nicht erwerbstätig sein, was wiederum das Haushaltseinkommen schmälere, oder litten unter der Doppelbelastung. „Die Folge ist oft Überforderung“, so Geyer.

Eine Leistungsausweitung der Pflegeversicherung würde den Finanzbedarf deutlich erhöhen – zumal angesichts der steigenden Zahl der Leistungsempfänger*innen. Allein in der ambulanten Pflege dürften zu den zuletzt rund vier Millionen Personen jedes Jahr etwa 300.000 hinzukommen. Eine Möglichkeit zur Deckung des zusätzlichen Finanzbedarfs wären Geyer und Haan zufolge einkommens- und vermögensabhängige private Zuzahlungen. Auch der Vorschlag einer Bürgerversicherung, also die Verbindung von privater und gesetzlicher Pflegeversicherung, sei sinnvoll, da das Pflegerisiko von besser situierten Menschen mit privater Pflegeversicherung deutlich geringer ist. „Bei allen Reformen muss darauf geachtet werden, dass Menschen mit hohem Pflegerisiko, aber geringem Einkommen die gleiche Pflegequalität erhalten wie Menschen mit höherem Einkommen“, so Haan.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 26.10.2023

Neue Forschungsergebnisse zum Thema „Jungsein in unsicheren Zeiten“ werden auf der DJI-Jahrestagung am 7. und 8. November 2023 in Berlin vorgestellt

Die Coronapandemie, Kriege, Preissteigerungen und die Klima-Krise haben Unsicherheiten und Sorgen junger Menschen verschärft. Hinzu kommen Krisen in besonderen Lebenslagen, etwa durch Flucht und Migration, bei Armut, aber auch durch Instabilität von Partnerschaften, die Familien und ihren Mitgliedern eine Neuorientierung abverlangen. Vor welchen Herausforderungen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene angesichts der aktuellen Ereignisse stehen und welche Probleme in der Kinder- und Jugendhilfe, in Kommunen und Politik zu bewältigen sind, diskutierten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Fachpraxis auf der Jahrestagung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) am 7. und 8. November in Berlin.

Die wissenschaftliche Tagung ist gleichzeitig Anlass, das 60-jährige Bestehen des DJI zu feiern. Am ersten Abend der Fachtagung hielt Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), ein Grußwort. DJI-Direktorin Prof. Dr. Sabine Walper präsentierte Einblicke in die Geschichte des DJI und erläuterte Forschungsthemen und Herausforderungen der Zukunft. Auch der neu eingerichtete Jugendbeirat des DJI wurde vorgestellt.

Am 8. November, stellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Forschungsprojekte und -ergebnisse vor, unter anderem zu den Themen „Folgen der Pandemie und anderer Krisen für Schulen“, „Kommunale Unterstützungsstrukturen und Perspektiven junger Geflüchteter und Migrantinnen und Migranten“, „Langzeitstudien für die Kinder- und Jugendhilfe“, „Familien in Umbruchsituationen“, „Armutserfahrungen von Kindern und Jugendlichen“ und „Politische Sozialisation“. Im Folgenden eine Auswahl an Forschungsthemen und -ergebnissen.

Ergebnisse der Ukraine-Forschung am DJI

Aktuelle Forschungsbefunde des DJI geben Einblick in die Lebenslagen von Kindern, Jugendlichen und Müttern, die aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet sind, und analysieren die Unterstützungsstrukturen, vor allem in der Kinder- und Jugendhilfe sowie in den kommunalen Verwaltungen.

Die Befunde zeigen: Die Kommunen bieten vielfältige Hilfen an und versuchen, durch Netzwerkarbeit ihre zu geringen Ressourcen und Kapazitäten zu kompensieren. Helferinnen und Helfer aus der Zivilgesellschaft sind eine wesentliche Säule der Integration. Die Jugendlichen betonen die Bedeutung von Freunden, Familie und Lehrkräften als wichtiges Unterstützungsnetzwerk. Mitarbeitende der Kommunen heben die Bildungsmotivation der Geflüchteten hervor, sehen aber Hindernisse in der angespannten Situation des deutschen Bildungssystems. Jugendliche spüren die Limitationen durch die begrenzten Ressourcen der Schulen. Sprach-, Kultur- und Freizeitangebote seien essentiell für Integration und Normalitätserfahrungen.

Auch zum Thema Gesundheit liegen Ergebnisse der DJI-Ukraine-Forschung vor: Laut der Mitarbeitenden der Kommunen ist der allgemeine Gesundheitszustand Geflüchteter bei ihrer Ankunft gut. Interviews zeigen jedoch einen hohen psychischen Beratungsbedarf bei den Jugendlichen. Auch die Frage der Ungleichbehandlung zwischen Geflüchteten-Gruppen, also Geflüchteten aus der Ukraine und Geflüchteten, die unter den Rahmenbedingungen des Asylbewerberleistungsgesetzes in Deutschland leben, beschäftigt die jungen Menschen. Die Ungleichbehandlung ist den Mitarbeitenden der Kommunen bewusst. Sie suchen nach Lösungen und werfen die Frage auf, ob Angebote für alle gleich zugänglich gemacht und bedarfsgerecht gestaltet werden könnten.

Trotz vieler Koordinationsanstrengungen aller Beteiligten fehlt es an Platzangeboten, Fachkräften und finanziellen Ressourcen sowie teilweise auch an ausreichender Angebotskenntnis seitens der Zielgruppe. Positiv bewertet werden die zügige Unterbringung der Geflüchteten sowie die Möglichkeit, ihre Bildungskarrieren möglichst bruchlos fortzusetzen. Zudem erweisen sich niedrigschwellige, mehrsprachige Angebote der Zivilgesellschaft häufig als Schlüssel für eine gelungene Integration.

Unsichere Zeiten: Gestaltungsmuster und Beratungsbedarfe von Familien in Umbruchsituationen

Trennung, Scheidung oder Flucht stellen Umbruchsituationen dar, die das Familienleben stark verändern können. DJI-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen in einer Vielzahl von Projekten die Lebenslagen der Familienmitglieder, ihren Zugang zu Unterstützungsangeboten und deren Wirkung – von der Kindertagesbetreuung über Frühe Hilfen bis zur Beratung von konfliktbelasteten Nachtrennungsfamilien. Ob und welche Unterstützungsangebote gesucht und angenommen werden, erweist sich dabei oft als selektiv, das heißt als abhängig von Ressourcen der Betroffenen, aber auch von regionalen Faktoren.

Alleinerziehende sind im Alltag besonders gefordert und haben oft nur eingeschränkte Möglichkeiten, zusätzliche Erschwernisse abzufedern. In der Coronapandemie verloren insbesondere alleinerziehende Mütter an Wohlbefinden und waren weniger mit ihrem Leben zufrieden als Mütter in Paarhaushalten. Aktuell sind viele aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtete Mütter alleinerziehend. Sie tragen neben der Alleinverantwortung für die Kinder auch die Sorge um zurückgelassene Angehörige und müssen oft belastende Kriegs- und Fluchterfahrungen verarbeiten. Trotz überwiegend mäßiger Deutschkenntnisse sind die Erwerbswünsche der Mütter hoch. Unkenntnis, Sprachdefizite und fehlende Kitaplätze stehen der Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten entgegen.

Armutserfahrungen bei Kindern und Jugendlichen

Mit dem Nationalen Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“ (NAP) setzt Deutschland die EU-Ratsempfehlung zur Ein­füh­rung einer Europäischen Garantie für Kinder um. Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, bis zum Jahr 2030 Zugang zu hochwertiger frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung, zu schulbezogenen Aktivitäten, einer hochwertigen Gesundheitsversorgung, ausreichender und gesunder Ernährung sowie angemessenem Wohnraum zu gewährleisten. Dabei sollen Kinder und Jugendliche kontinuierlich als Experten in eigener Sache an der Umsetzung des NAP beteiligt werden.

Forscherinnen und Forscher der am DJI angesiedelten Service- und Monitoringstelle (ServiKiD), die die Ausgestaltung und Umsetzung des NAP unterstützt, erörtern im Rahmen der wissenschaftlichen Jahrestagung unterschiedliche Blickwinkel von Kindern und Jugendlichen auf gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten. Sie zeigen, wie wichtig es ist, die befragten Kinder und Jugendliche über ihre Bedürfnisse, Wünsche und Bedarfe im Kontext von Armutslagen zu Wort kommen zu lassen. Kinder und Jugendliche, die von Armut betroffen sind, berichten häufig von familialen Konflikten sowie gesundheitlichen und psychischen Belastungen in Familien, die ihre gesellschaftliche Teilhabe maßgeblich beeinträchtigen. Eines von vielen Beispielen sind hierbei die Perspektiven aus einer Jugendeinrichtung aus dem Münchner Norden. Sowohl die pädagogische Leitung als auch die Jugendlichen selbst berichten – als wahre Expertinnen – über ihre Erfahrungen.

Folgen der Pandemie und andere Krisen verändern Schule

Gesellschaftliche Wandlungsprozesse der vergangenen Jahre haben im Leben und der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen deutliche Spuren hinterlassen. Umfassende wissenschaftliche Befunde zeigen, wie sehr Kinder und Jugendliche unter den Zeiten strenger Einschränkungen der Sozialkontakte während der Pandemie gelitten haben und dass die anhaltenden Krisen wie Kriege, Inflation sowie Klimakrise zu Unsicherheit, Frustration und Resignation bis hin zu deutlichen Beeinträchtigungen des Wohlbefindens führen. Wenngleich sich in einigen Bereichen des psychischen Wohlbefindens eine leichte Erholung gegenüber den Einschränkungen der Pandemie abzeichnet, bestehen in anderen Bereich doch bedenkliche mittelfristige Folgen.

Dazu zählen gravierende Lernrückstände, fehlende Lern- und Arbeitstechniken sowie Auffälligkeiten in der Selbstregulationsfähigkeit und im Sozialverhalten für substanzielle Anteile der jetzigen Generation von Schülerinnen und Schülern. Die Forscherinnen und Forscher kombinieren Befunde aus der Wissenschaft, der Bildungsadministration und der Schulpraxis, um zu überlegen, welche Konsequenzen dies für die Gestaltung von Bildungsprozessen haben muss und wie Forschung, Steuerung und Fachpraxis darauf reagieren können.

Kinder- und Jugendhilfe im Wandel – 30 Jahre Forschung zur Kinder- und Jugendhilfe

Die Kinder- und Jugendhilfe hat in den vergangenen dreißig Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen und ist heute für junge Menschen und ihre Familien ein normaler Bestandteil des Aufwachsens und der Unterstützungsinfrastruktur. Im DJI-Projekt „Jugendhilfe und sozialer Wandel“ werden seit dreißig Jahren Angebote, Strukturen und Verfahren der Kinder- und Jugendhilfe empirisch abgebildet und analysiert. Dazu werden Jugendämter sowie Einrichtungen und Dienste in öffentlicher und freier Trägerschaft verschiedener Arbeitsfelder, zum Beispiel in der Kinder- und Jugendarbeit oder auch den Hilfen zur Erziehung, wiederholt befragt. Hinsichtlich vieler Aspekte zeigt sich in der Kinder- und Jugendhilfe Stabilität. Veränderungen werden oft erst über einen längeren Zeitraum sichtbar.

Ein Beispiel für Neuerungen insbesondere als Folge der Fachdiskussion und der Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben des Sozialgesetzbuches SGB VIII sind Mitbestimmungsgremien in Einrichtungen der stationären Hilfen zur Erziehung. Im Jahr 2019 haben fast zwei Drittel der größeren Einrichtungen ein solches Gremium und damit doppelt so viele wie im Jahr 2004. An diesem Beispiel zeigt sich auch, dass die Umsetzung gesetzlicher Regelungen in der Praxis Zeit benötigt. Ein anderes Beispiel für längerfristige Veränderungen ist die Trägerstruktur. Im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit, vor allem in Jugendzentren, ist über einen langen Zeitraum eine Abnahme der Trägerpluralität erkennbar. An der Entwicklung der Aufnahmehindernisse und Ausschlusskriterien, die von Einrichtungen der stationären Hilfen zur Erziehung benannt werden, ist erkennbar, wie die Bearbeitbarkeit von Problemkonstellationen eingeschätzt wird und sich das Ausmaß der Spezialisierung von Einrichtungen entwickelt.

Politische Sozialisation, Demokratie und Engagement im Jugendalter

Das Jugendalter ist geprägt von zahlreichen Entwicklungen der Selbstwahrnehmung, Selbstpositionierung und Verselbstständigung. Auch in Bezug auf ihre Haltungen zu Politik und Engagement durchlaufen Jugendliche zahlreiche Veränderungen, die sie teils für lange Zeit prägen. Der Begriff politische Sozialisation beschreibt diese Entwicklungen und verweist auf empirische Befunde und Forschungen, die diese Prozesse sichtbar und verstehbar machen wollen. Schule, Kinder- und Jugendhilfe, außerschulische politische Bildung sind Systeme und Ansätze, in und mit denen politische Sozialisation verläuft. DJI-Forscherinnen und Forscher begleiten diese Entwicklungsschritte und empirischen Befunde und machen die unterschiedlichen Facetten sichtbar. Im Mittelpunkt steht zum einen die Frage, wie die politische Sozialisation von Jugendlichen verläuft. Zum anderen werden aber auch institutionelle Sozialisationskontexte betrachtet. Mit Blick auf verschiedene Bundesprogramme des BMFSFJ wird analysiert, wie Sozialisationskontexte gezielt gestaltet werden sollen, um die politische Sozialisation von Jugendlichen zu beeinflussen. Dabei wird deutlich, dass sich die Schwerpunktsetzungen wie auch die Ziele der Programme im Laufe der Zeit verändert haben.

Pressemeldung

https://www.dji.de/veroeffentlichungen/aktuelles/news/article/jungsein-in-unsicheren-zeiten.html

60 Jahre Deutsches Jugendinstitut

https://www.dji.de/ueber-uns/60-jahre-dji.html

Programm der wissenschaftlichen Jahrestagung des DJI

https://www.dji.de/ueber-uns/veranstaltungen/detailansicht/veranstaltung/new643525be0b8a6629565294-jungsein-in-unsicheren-zeiten.html

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut (DJI) vom 07.11.2023

Gesellschaftliche Debatten und politische Reformen haben die Forschung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) geprägt, seit es im Jahr 1963 seine Arbeit aufgenommen hat – das zeigt die aktuelle Ausgabe des Forschungsmagazins DJI Impulse. Und umgekehrt haben auch Forschungsergebnisse des Instituts politische Prozesse und Einstellungsänderungen in der Bevölkerung angeregt, wie etwa das Autor:innenteam um Dr. Felix Berth und Prof. Dr. Bernhard Kalicki aus der Abteilung „Kinder und Kinderbetreuung“ in einem Beitrag über die Entwicklung der Kindertagesbetreuung veranschaulicht.

So evaluierten Wissenschaftler:innen des DJI in den 70er-Jahren das Modellprojekt „Tagesmütter“ und bilanzierten, dass die Kleinkinder – entgegen großer gesellschaftlicher Vorbehalte gegenüber außerfamiliärer Betreuung – in ihrer sozialen Entwicklung davon profitierten. Und Anfang der 2000er Jahre belegte eine DJI-Studie erstmalig empirisch den Betreuungsbedarf der Eltern ein- und zweijähriger Kinder, der damals nicht annährend gedeckt war und zur Zielmarke für den folgenden Krippenausbau wurde: 30 Prozent der Eltern artikulierten für ihre einjährigen Kinder Bedarf an Betreuungsplätzen; bei Zweijährigen erreichte dieser Wert sogar 60 Prozent. Heute erhebt die DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS) für alle Bundesländer die aktuelle Betreuungssituation und den elterlichen Betreuungsbedarf für Kinder bis zum Grundschulalter. Die Ergebnisse zeigen, dass das Angebot trotz massiven Ausbaus immer noch nicht ausreicht: 49 Prozent der befragten Eltern äußerten im Jahr 2022 den Wunsch nach einem Platz in der Kindertagesbetreuung für ihre Kinder unter drei Jahren. Doch nur rund 36 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe wurden tatsächlich in einer Kindertageseinrichtung oder in der Tagespflege betreut.

Mütter im Balanceakt

„Obwohl sich Mütter heute stärker am Arbeitsmarkt beteiligen, sind sie nach wie vor die Familienmacherinnen – und ihre Herausforderungen im Wesentlichen dieselben wie vor 60 Jahren“, schreibt PD Dr. Christina Boll, Leiterin der DJI-Familienabteilung in ihrem Artikel über die Familienforschung am DJI. Denn ungeachtet der gestiegenen Bildung und Erwerbsintegration der Mütter leisten diese noch immer den Löwenanteil der unbezahlten Care- und Hausarbeit. Dass es die Frauen sind, die im Job kürzertreten oder ihn ganz aufgeben, wenn sich Nachwuchs ankündigt oder die Pflege von Angehörigen ansteht, erweise sich angesichts hoher Scheidungsraten und Armutsrisiken von Frauen als Alleinerziehende und im Alter als kurzsichtig. Jede fünfte Frau ab 65 Jahren war im Jahr 2022 armutsgefährdet. Die Familien- und Arbeitsmarktforscherin Christina Boll fordert vor diesem Hintergrund nicht nur ein funktionierendes Betreuungssystem, „sondern auch eine lebensformunabhängige soziale Absicherung durch familientaugliche Erwerbsmöglichkeiten und eine stärkere Honorierung von Care-Arbeit, insbesondere von geleisteter Pflegearbeit, im sozialen Sicherungssystem“.

Väter zwischen alten Idealen und neuen Rollen

Dass die vielfach – und verstärkt von jungen Eltern – geäußerten Wünsche nach einer gleichmäßigeren Aufteilung bezahlter und unbezahlter Arbeit derzeit kaum realisiert werden, zeigt auch der Artikel über Väter von Dr. Anna Buschmeyer und Dr. Claudia Zerle-Elsäßer. Das zu Beginn der Coronapandemie gestiegene Engagement von Vätern bei der Kinderbetreuung sei mit dem Ende des „Notfallmodus“ wieder zu den Ursprungswerten zurückgekehrt. Die DJI-Wissenschaftlerinnen erklären dies mit beharrlichen Vorstellungen von Mutter- und Vaterschaft, aber auch mit unzureichenden Rahmenbedingungen, etwa in der Kindertagesbetreuung, die für eine gleichberechtigte Teilhabe von Müttern und Vätern an Erwerbsarbeit essentiell ist. Und wegen des Ehegattensplittings lohne sich unter finanziellen Gesichtspunkten eine stärkere Beteiligung von Müttern an der Erwerbsarbeit oft nicht.

Kinderschutz mit blinden Flecken

Zum Kinderschutz und der Einschätzung von Kindeswohlgefährdungen schreiben Prof. Dr. Heinz Kindler, Dr. Susanne Witte und Dr. Regine Derr aus der Fachgruppe „Familienhilfe und Kinderschutz“ am DJI: Gewalt gegenüber Kindern könne erst besser bekämpft werden, wenn sowohl das Ausmaß von Vernachlässigung, Missbrauch und Misshandlung als auch die Wirksamkeit von Schutzkonzepten umfassend empirisch geklärt werden. Bislang lassen sich die Daten verschiedener Institutionen wie Jugendämter und Krankenhäuser weder vergleichen noch zusammenführen. Auch sei die Entwicklung des Dunkelfelds, das heißt die Differenz zwischen den der Polizei und den Jugendämtern bekannt gewordenen und den tatsächlich geschehenen Fällen, aufgrund fehlender Forschung unklar. DJI-Forschende entwickeln im Rahmen eines von der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) geförderten Projekts zurzeit Vorschläge für ein Zentrum für Prävalenzforschung im Kinderschutz. In diesem Rahmen erarbeiten sie Empfehlungen für ein nationales Monitoring, mit dem es künftig besser gelingen soll, Präventionsmaßnahmen gegen sexuelle Gewalt am tatsächlichen Bedarf auszurichten und passgenau einzusetzen.

Neue Barrieren beim Berufseinstieg

Wie sich die Herausforderungen für junge Menschen am Übergang von der Schule in Ausbildung und Erwerbsarbeit seit den 1950er Jahren verändert haben, beschreibt das Autor:innenteam um Prof. Dr. Birgit Reißig, Leiterin des Forschungsschwerpunkts „Übergänge im Jugendalter“ am DJI. Aktuell stehen einer hohen Zahl unbesetzter Lehrstellen fast ebenso viele Ausbildungssuchende ohne Ausbildungsplatz gegenüber. Die demografisch bedingt rückläufige Zahl der Schulabgänger:innen können das Problem der Ausbildungslosigkeit von Jugendlichen allerdings allein nicht lösen, schreiben die Autor:innen. Unterstützende Faktoren für einen gelingenden Übergang seien neben dem sozialen Status günstige regionale Rahmenbedingungen, aber vor allem auch Berufsberatung, die an Bedeutung gewinnt. Denn (scheinbar) vielfältige berufliche Optionen und deren fragliche Passung zum regionalen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt führen zu einer steigenden Verunsicherung bei Jugendlichen. Das zeigte das „Übergangspanel“ des DJI, mit dem Jugendliche, die höchstens über einen Hauptschulabschluss verfügen, zu mehreren Erhebungszeitpunkten befragt wurden.

Weitere Beiträge der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins DJI Impulse thematisieren die Vermessung des Wohlergehens von jungen Menschen, die Kinder- und Jugendhilfeforschung sowie die diversitätsorientierte Jugendforschung, die die Lebensbedingungen junger Menschen mit Behinderung und Fragen der Geschlechtsidentität berücksichtigt. Nicht zuletzt stellt ein Beitrag die Geschichte der Surveyforschung dar, in dessen Zentrum die umfangreiche Erhebung „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“ (AID:A) steht. Daten daraus fließen unter anderem in die nationale Bildungsberichterstattung, den DJI-Kinder- und Jugendmigrationsreport sowie in die Familienberichte und die Kinder- und Jugendberichte der Bundesregierung ein.

Im Forschungsmagazin DJI Impulse berichten Wissenschaftler:innen über relevante Themen aus den Bereichen Kindheit, Jugend, Familie sowie Bildung und liefern Impulse für Politik, Wissenschaft und Fachpraxis. In einer Videoreihe, die die thematischen Schwerpunkte in DJI Impulse begleitet, benennen DJI-Forschende auf Basis der Analysen im Forschungsmagazin zentrale Herausforderungen.

Die DJI Impulse-Ausgabe 2/23 mit dem Schwerpunkt „60 Jahre Forschung über Kinder, Jugendliche, Familien und die Institutionen, die sie im Leben begleiten“ kann kostenlos bestellt und heruntergeladen werden: www.dji.de/impulse 
Folge 3 der Videoreihe mit DJI-Direktorin Prof. Dr. Sabine Walper: www.dji.de/videocast-perspektiven-folge3 
Mehr Angebote zum DJI Impulse-Schwerpunkt: www.dji.de/60jahre

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut (DJI) vom 02.11.2023

Das neue Fachkräftebarometer Frühe Bildung präsentiert aktuelle Befunde zu Personal, Arbeitsmarkt und Ausbildung in der Kindertagesbetreuung

Zehn Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz für unter Dreijährige erscheint das Arbeitsfeld Kita stark wie nie: Die amtliche Statistik zu Einrichtungen, Personal und Auszubildenden verzeichnet jährlich neue Höchstwerte. Trotz beeindruckender Zahlen herrscht Krisenstimmung. Die Personalnot in den Einrichtungen wächst ebenso wie die Sorge um eine Absenkung fachlicher Standards sowie Ausfälle in der Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder. Zusätzlich erhöht der 2026 beginnende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder den Druck auf das System der Kindertagesbetreuung. Welche Hinweise liefern die amtlichen Daten bereits heute in Hinblick auf das Krisenszenario? Wie attraktiv ist eine Beschäftigung in der Kindertagesbetreuung für den dringend benötigten pädagogischen Nachwuchs? Kann die Institution Kita ihrem Bildungsauftrag auch zukünftig gerecht werden? Diese Fragen ordnet das neu erschienene Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2023 der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) empirisch ein und gibt Hinweise auf Entwicklungspotenziale.

Personalwachstum in Kitas hält an

Die Covid-19-Pandemie hat das Personalwachstum in Kindertageseinrichtungen nicht zum Stillstand gebracht. 2022 arbeiteten in Deutschland in knapp 59.500 Kindertageseinrichtungen fast 842.000 Beschäftigte. Dies entspricht einen Anstieg um 7% seit 2019. 722.000 Personen sind pädagogisch und leitend tätig; 257.800 Personen mehr als noch zehn Jahre zuvor. Mit einem Männeranteil von lediglich 8% ist das Arbeitsfeld nach wie vor weiblich dominiert. Dennoch ist es zuletzt gelungen, verstärkt männliche Nachwuchskräfte zu gewinnen. So liegt der Männeranteil bei den unter 30-Jährigen bei knapp 13% und ist damit deutlich höher als bei den über 30-Jährigen mit 6%.

Rückgänge bei der Kindertagespflege

In der Kindertagespflege setzt sich der Wachstumstrend nicht mehr fort. Zwischen 2020 und 2022 ist die Zahl der Tagespflegepersonen sogar von rund 44.800 auf 41.900 gesunken. Anders als in den Vor-Corona-Jahren nahm auch die Zahl der betreuten Kinder ab. Zuletzt waren es noch 166.300 gegenüber rund 174.000 Kindern im Jahr 2020 (-4%). Eine Tagespflegeperson betreut aktuell im Schnitt vier Kinder. Damit liegt die Betreuungsrelation auf dem gleichen Niveau wie bei Krippenkindern in Kitas. Mit dem Rückgang in der Tagespflege erhöht sich der Druck auf das Kita-System, den U3-Ausbau weiter voranzutreiben.

Das Arbeitskräftereservoir ist weggeschmolzen

Der arbeitnehmerfreundliche Arbeitsmarkt hat sich positiv auf die Beschäftigungsbedingungen ausgewirkt. Waren 2015 noch 15% aller pädagogisch und leitend Tätigen befristet angestellt, lag dieser Wert 2022 nur noch bei 11%. Zwischen 2012 und 2021 sind die Gehälter in der Frühen Bildung um 26% gestiegen. Dennoch wächst die Lücke zwischen offenen Stellen und Personen, die diese besetzen könnten. Kamen im Jahr 2012 noch 142 arbeitslos gemeldete Erzieherinnen und Erzieher auf 100 offene Stellen, so waren es zuletzt nur noch 62. Die Zahl der Stellenangebote für diese Berufsgruppe ist in den letzten drei Jahren um 20% gestiegen, während die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen um 4% zurückgegangen ist. Die berufsspezifische Arbeitslosenquote liegt in der Frühen Bildung bei gerade mal 1,1%.

Ausbildungssystem stößt an Kapazitätsgrenzen

In den letzten zwei Jahren wurden 44 Fachschulen für Sozialpädagogik neu gegründet. Die dort angebotene Ausbildung zur Erzieherin und zum Erzieher verzeichnete im selben Zeitraum ebenfalls steigende Zahlen von Anfängerinnen und Anfängern. Die jährlichen Zuwächse lagen mit jeweils 3% allerdings deutlich unter denen von vor 10 Jahren (+9%). Für den weiteren Ausbau fehlen zunehmend Räumlichkeiten und Lehrkräfte, wie Studien der WiFF zeigen. Die akademisch ausgebildeten Kindheitspädagoginnen und -pädagogen bilden im Arbeitsfeld weiterhin eine kleine Gruppe. Im Jahr 2022 verfügten nur 1,5% der Kita-Fachkräfte über ein entsprechendes Studium. Dieser Befund korrespondiert mit dem Umstand, dass die Ausbaudynamik kindheitspädagogischer Studiengänge in den vergangenen fünf Jahren zum Stillstand gekommen ist. Im Jahr 2021 haben 3.800 Studierende ein Bachelor- und 423 ein Master-Studium aufgenommen. Die Zahlen der Absolventinnen und Absolventen eines Bachelor-Studiengangs sind seit 2019 rückläufig: 2021 schlossen 2.162 Personen ein solches Studium ab – 10% weniger als im Vorjahr.

„Bei der Fachkräftegewinnung muss eine höhere Aufmerksamkeit darauf liegen, dass Schülerinnen und Schüler sowie Studierende die einschlägigen Ausbildungsgänge auch erfolgreich abschließen. Dafür benötigen wir eine engere individuelle Begleitung während Ausbildung und Studium, aber auch in der Phase der Einmündung in den Beruf“, sagt Professorin Dr. Kirsten Fuchs-Rechlin, Leitung der WiFF und der Autorengruppe Fachkräftebarometer.

Bildungs- und Betreuungsqualität hängt weiterhin vom Wohnort ab

Immer noch gibt es große regionale Unterschiede hinsichtlich der Qualität in den Einrichtungen. So variiert die Zeit, die Leitungskräften in Einrichtungen vergleichbarer Größe für ihre Tätigkeit zur Verfügung steht, in den Bundesländern um bis zu 15 Wochenstunden. Auch der Personal-Kind-Schlüssel unterscheidet sich – trotz erzielter Verbesserungen – stark. Pro Fachkraft liegt die Varianz in Krippengruppen bei bis zu drei Kinder, in Kindergartengruppen bei bis zu fünf und in Schulkinder-gruppen bei bis zu elf Kindern. Unterschiedliche Wege gehen die Länder zudem beim Qualifikationsniveau des Personals und dem Einsatz von Assistenz- und Hilfskräften.

„Insgesamt zeigt das Fachkräftebarometer Frühe Bildung einmal mehr, wie wichtig es ist, eine Grundlage an verlässlichen und fortschreibbaren Daten zur Verfügung zu haben, die dabei behilflich sind, Erfolge und Errungenschaften ebenso zu würdigen wie ausstehende Herausforderungen klar beim Namen zu nennen. Nur so lassen sich Krisen konstruktiv bewältigen“, bilanziert Professor Dr. Thomas Rauschenbach, der die Autorengruppe Fachkräftebarometer gemeinsam mit Professorin Dr. Fuchs-Rechlin leitet.

Fachkräftebarometer Frühe Bildung

Das Fachkräftebarometer Frühe Bildung liefert alle zwei Jahre auf Basis amtlicher Daten ausführliche Informationen über Personal, Arbeitsmarkt, Erwerbssituation sowie Ausbildung und Qualifizierung in der Frühpädagogik sowie im Ganztag. Mit dem aktuellen Band erscheint die nunmehr fünfte Ausgabe des Berichts.

Die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) ist ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts (DJI). WiFF wird in Kooperation mit dem Forschungsverbund DJI/TU Dortmund durchgeführt und aus Mitteln des BMBF gefördert.

Pressemitteilung

https://www.dji.de/veroeffentlichungen/aktuelles/news/article/personalkrise-in-der-kindertagesbetreuung-spitzt-sich-zu.html

Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2023

https://www.fachkraeftebarometer.de

Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF)

https://www.weiterbildungsinitiative.de

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut (DJI) vom 25.10.2023

Die Einkommen in Deutschland sind heute sehr ungleich verteilt, wenn man die Entwicklung seit Ende der 1990er Jahre vergleicht. Zudem gibt es Indizien dafür, dass die Einkommensungleichheit während der Coronajahre erneut gestiegen ist und 2022 fast auf diesem Höchststand verharrte. Auch die Armutsquote liegt mit 16,7 Prozent 2022 spürbar höher als vor Beginn der Pandemie, gegenüber 2021 ist sie geringfügig gesunken. Insbesondere dauerhafte Armut (mindestens fünf Jahre in Folge) hat die gesellschaftliche Teilhabe schon vor der jüngsten Teuerungswelle stark eingeschränkt: Dauerhaft Arme müssen etwa deutlich häufiger auf Güter des alltäglichen Lebens wie neue Kleidung oder Schuhe verzichten, sie können seltener angemessen heizen. Und sie machen sich zudem deutlich häufiger Sorgen um ihre Gesundheit und sind mit ihrem Leben unzufriedener. Auch das Gefühl, anerkannt und wertgeschätzt zu werden und das Vertrauen in demokratische und staatliche Institutionen hängen stark mit dem Einkommen zusammen. Arme empfinden weitaus häufiger als Menschen mit mehr Geld, „dass andere auf mich herabsehen“, wobei das Problem unter Menschen in dauerhafter Armut noch weitaus ausgeprägter ist als bei temporärer Armut: Fast jede*r Vierte unter den dauerhaft Armen sagt, von anderen geringgeschätzt zu werden. Mit materiellen Einschränkungen und dem Gefühl geringer Anerkennung geht bei vielen Betroffenen eine erhebliche Distanz zu zentralen staatlichen und politischen Institutionen einher: Mehr als die Hälfte der Armen hat nur wenig Vertrauen in Parteien und Politiker*innen. Rund ein Drittel vertraut dem Rechtssystem allenfalls in geringem Maße. Zu diesen Ergebnissen kommt der neue Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

„Wenn sich Menschen gesellschaftlich nicht mehr wertgeschätzt fühlen und das Vertrauen in das politische System verlieren, dann leidet darunter auch die Demokratie“, ordnen die Studienautor*innen Dr. Jan Brülle und Dr. Dorothee Spannagel ihre Befunde ein. „Wir sehen in Befragungen, dass Menschen mit niedrigen Einkommen von weiter wachsenden finanziellen Belastungen berichten – das geht bis in diesen Sommer hinein. Der Verteilungsbericht macht deutlich, welche Folgen das haben kann“, ergänzt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, die wissenschaftliche Direktorin des WSI. „Gleichzeitig reichen Sorgen über die soziale Ungleichheit weit über den Kreis der unmittelbar Betroffenen hinaus: Für 44 Prozent der Erwerbspersonen, die wir im Juli befragt haben, war das ein großes Thema. Mehr und wirksameres politisches Engagement gegen Armut und Ungleichheit ist ein wesentlicher Ansatz, um die Gesellschaft zusammen- und funktionsfähig zu halten, gerade in Zeiten großer Veränderungen und der Herausforderung durch Populisten.“

Im Verteilungsbericht werten die WSI-Fachleute Brülle und Spannagel die aktuellsten vorliegenden Daten aus zwei repräsentativen Befragungen aus: Erstens aus dem Mikrozensus, für den jährlich etwa 800.000 Personen befragt werden. Die neueste Befragungswelle liefert – noch vorläufige – Daten für 2022. Zweitens aus dem sozio-oekonomischen-Panel (SOEP), für das rund 15.000 Haushalte jedes Jahr interviewt werden, und das aktuell bis 2021 reicht.

Die vollständige Pressemitteilung finden Sie hier: Studie: Armut ist Risiko für Demokratie – Indizien für Zunahme der Einkommensungleichheit in der Krise – Hans-Böckler-Stiftung (boeckler.de)

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 02.11.2023

Vollzeitbeschäftigte würden gern kürzer arbeiten, zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).  Im Jahr 2021 wollten 49 Prozent der Frauen und 58 Prozent der Männer ihre Arbeitszeit reduzieren. Insgesamt sind die gewünschten Arbeitszeiten über die Jahrzehnte aber bemerkenswert stabil geblieben.

Vollzeitbeschäftigte Frauen würden gern ihre tatsächliche Arbeitszeit von 40,9 Stunden um 6,2 Stunden reduzieren. Vollzeitbeschäftigte Männer hatten eine durchschnittliche tatsächliche Arbeitszeit 42,3 Stunden und würden diese gern um 5,5 Stunden reduzieren. Bei teilzeitbeschäftigten Frauen gab es bis zur Coronapandemie einen Aufwärtstrend bei den Arbeitszeitwünschen. 2021 wollten teilzeitbeschäftigte Frauen mit 25 Stunden 2 Stunden länger arbeiten als noch vor 20 Jahren.

 Enzo Weber, Leiter des Bereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ am IAB betont: „Beim Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten müssen auch die veränderten Erwerbskonstellationen in den Familien berücksichtigt werden.“ So gehöre das männliche Alleinernährermodell der Vergangenheit an. „Nicht jedes Arbeitsmodell ist in jeder Lebensphase gleich gut geeignet. Die Arbeitszeitwünsche fächern sich immer weiter auf. Deshalb sollten Arbeitszeiten individuell angepasst werden können“, empfiehlt Weber. „Das Potenzial mehr Arbeitsstunden zu mobilisieren ist bei den Arbeitszeitwünschen begrenzt. Wenn aber die Rahmenbedingungen wie Kinderbetreuung, Mobilarbeit und Erwerbsanreize verbessert würden, dürften auch die Arbeitszeitwünsche nach oben gehen“, erklärt Ökonom Weber.

In der IAB-Studie haben die Forschenden auch untersucht, wie sich die Arbeitszeitwünsche in den verschiedenen Altersgruppen entwickeln. Ein Trend zu mehr Freizeit wird oft an den Wünschen der jüngeren Generationen festgemacht. Bei Frauen unter 25 Jahren, die zur sogenannten Generation Z gehören, sind die Arbeitszeitwünsche seit dem Jahr 2009 um sieben Stunden zurückgegangen. Es zeigt sich allerdings, dass dies auf einen deutlich gestiegenen Anteil von Minijobberinnen und Studentinnen unter den jungen Frauen zurückgeht. „Eine Sonderrolle der angeblich arbeitsunwilligen Generation Z gibt es nicht“, erklärt IAB-Forscher Weber.

Die IAB-Studie beruht auf Daten des Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), einer jährlich durchgeführten Befragung von 30.000 Personen.

Der IAB-Forschungsbericht ist online abrufbar unter: https://doku.iab.de/forschungsbericht/2023/fb1623.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 06.11.2023

  • Bettenauslastung in Kinderfachabteilungen rückläufig
  • Kinder- und Jugendpsychiatrie einzige Fachrichtung in der Kindermedizin mit Ausbau der Bettenkapazität
  • Zahl der Kinderärztinnen und -ärzte gestiegen, aber 22 % sind 60 Jahre oder älter

In den Krankenhäusern hierzulande stehen immer weniger Betten für Kinder zur Verfügung. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, wurden in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland insgesamt gut 1 100 Krankenhausbetten in speziellen Kinderfachabteilungen abgebaut. Das entspricht einem Rückgang von 4 %. Nimmt man die Kinder- und Jugendpsychiatrie aus, fällt der Abbau mit insgesamt rund 2 000 Betten noch größer aus. In diesem Bereich kamen im genannten Zeitraum gut 900 Betten hinzu. Im Jahr 2022 wurden somit gut 25 800 Betten zur Behandlung von Kindern registriert – der niedrigste Stand der vergangenen zehn Jahre. Im Jahr 2012 hatte es noch gut 26 900 Krankenhausbetten in der Kindermedizin gegeben. Die Bettenauslastung in den Kinderfachabteilungen ist in diesem Zeitraum ebenfalls gesunken, auch in Folge der Covid-19-Pandemie.

Die Zahl der Intensivbetten in Kinderfachabteilungen ist in den vergangenen zehn Jahren hingegen nur geringfügig zurückgegangen, unterlag jedoch – teils pandemiebedingten – Schwankungen. Im Jahr 2022 gab es mit knapp 2 800 Intensivbetten gut 20 weniger als zehn Jahre zuvor. Intensivbetten machten damit zuletzt 11 % aller Krankenhausbetten in der Kindermedizin aus.

Kleinere Fachrichtungen häufig stärker von Bettenabbau betroffen

In kleineren Fachrichtungen macht sich der Rückgang der Bettenkapazitäten in der Kindermedizin deutlicher bemerkbar. So sank etwa in der Kinderchirurgie von 2012 bis 2022 die Zahl der Betten von gut 1 900 auf rund 1 500. Die Kinderkardiologie verzeichnete im selben Zeitraum einen Rückgang von knapp 600 auf zuletzt gut 500 Betten, in der Neonatologie beziehungsweise der Neugeborenenmedizin wurden von gut 2 400 Betten knapp 300 eingespart. Die Pädiatrie stellte 2022 mit gut 14 900 Betten mehr als die Hälfte (58 %) der gesamten Bettenkapazität in der Kindermedizin. 2012 waren es noch knapp 16 200 Betten gewesen. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie konnte als einzige Fachrichtung einen Zuwachs verzeichnen: Im vergangenen Jahr gab es hier knapp 6 800 Betten für Kinder – gut 900 mehr als zehn Jahre zuvor.

Bettenauslastung in Kinderfachabteilungen unterdurchschnittlich

Die Klinikbetten in der Kindermedizin sind weniger ausgelastet als Krankenhausbetten insgesamt: Während die Kinderfachabteilungen im Jahr 2022 Auslastungsquoten zwischen 56 % (Kinderchirurgie) und 64 % (Neonatologie) verzeichneten, lag die Bettenauslastung in den Krankenhäusern insgesamt bei 69 %. Eine Ausnahme bildet die Kinder- und Jugendpsychiatrie: Hier waren die Betten zu 83 % ausgelastet. Im Zehn-Jahres-Vergleich ist die Bettenauslastung in allen Fachbereichen der Kindermedizin zurückgegangen. So sank etwa die Auslastungsquote in der Pädiatrie als größter Kinderfachabteilung von 62 % im Jahr 2012 auf 58 % im Jahr 2022. Die niedrigere Bettenauslastung der vergangenen Jahre steht dabei auch im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Mehr Kinderärztinnen und -ärzte in Krankenhäusern und Praxen

Eine wichtige Rolle für die gesundheitliche Versorgung von Kindern spielt auch das ärztliche Personal. Die Zahl der Kinderärztinnen und -ärzte in Deutschland hat in den vergangenen zehn Jahren deutlich zugenommen: Ende 2022 waren nach Daten der Bundesärztekammer in den Krankenhäusern und Praxen hierzulande gut 14 800 Ärztinnen und Ärzte behandelnd in der Kindermedizin tätig – 55 % davon ambulant und 45 % stationär. Zehn Jahre zuvor hatte die Zahl bei gut 12 000 gelegen. Das entspricht einem Anstieg von 24 %. Dieser geht jedoch nicht immer mit einer Zunahme der Behandlungskapazitäten einher. Gründe hierfür sind neben der steigenden Arbeitsbelastung in der Kindermedizin auch strukturelle Änderungen wie etwa eine zunehmende Teilzeittätigkeit in der Ärzteschaft. Viele der Kinderärztinnen und -ärzte in Krankenhäusern und Praxen dürften in den nächsten Jahren zudem aus dem Berufsleben ausscheiden: Ende 2022 war gut jede oder jeder fünfte (22 %) von ihnen 60 Jahre oder älter. Ende 2012 hatte der Anteil bei 16 % gelegen.

Zahl der Kinder in Deutschland hat zugenommen

Die vermehrte Arbeitsbelastung in der Kindermedizin hängt auch mit der steigenden Zahl von Kindern in Deutschland zusammen: Während es Ende 2012 noch knapp 10,7 Millionen Kinder im Alter bis einschließlich 14 Jahren gab, waren es Ende 2022 gut 11,9 Millionen. Die Zahl der Kinder hierzulande ist damit innerhalb von zehn Jahren um 12 % gestiegen.

Methodische Hinweise:

Die Daten zur Zahl der Krankenhausbetten in speziellen Kinderfachabteilungen stammen aus der Krankenhausstatistik. Zu den Kinderfachabteilungen werden in dieser Auswertung die Pädiatrie, die Kinderkardiologie, die Neonatologie, die Kinderchirurgie sowie die Kinder- und Jugendpsychiatrie gezählt. Darüber hinaus können Kinder auch in anderen Fachabteilungen eines Krankenhauses behandelt werden.

Die Daten zur Zahl der Kinderärztinnen und -ärzte stammen aus der Ärztestatistik der Bundesärztekammer und sind im Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes abrufbar.

Weitere Informationen:

Detaillierte Daten und lange Zeitreihen zur Zahl der Kinder in Deutschland sind auch über die Tabelle 12411-0005 in der Datenbank GENESIS-Online abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 19.10.2023

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Am 1. November startet in vielen Städten und Gemeinden in Deutschland die Kältehilfe für obdachlose Menschen. Unter anderem stellt die Diakonie von November bis April bundesweit zusätzliche Übernachtungs- und Aufenthaltsplätze zur Verfügung. Darüber hinaus haben Diakonie und Kirche auch in diesem Jahr den #wärmewinter ausgerufen. In Kirchengemeinden und diakonischen Einrichtungen finden nicht nur wohnungslose Menschen wärmende Orte und weitere Angebote.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Obdachlose Menschen brauchen bei eiskalten Temperaturen warme Orte. Denn Minustemperaturen sind für sie eine Gefahr für Leib und Leben. Städte und Gemeinden sind aufgerufen, ausreichend viele Übernachtungs- und Aufenthaltsplätze bereitzustellen. Wir brauchen in Deutschland eine gut ausgebaute soziale Infrastruktur für alle Menschen. Ihre Versorgung und Unterstützung, wie zum Beispiel durch die Kältehilfe, muss auskömmlich finanziert werden.

Auch in diesem Winter belasten die hohen Energie- und Lebensmittelpreise viele Menschen in Deutschland. Mit dem #wärmewinter setzt die Diakonie in diesem Winter wieder ein Zeichen für mehr Zusammenhalt und gegen soziale Kälte. Gemeinsam mit den evangelischen Kirchen öffnen wir die Türen von Kirchen und diakonischen Einrichtungen und schaffen in ganz Deutschland wärmende Orte, an denen Bedürftige und Einsame Gemeinschaft finden und Hilfe, Unterstützung und Beratung bekommen können.“

Hintergrund:

In Deutschland leben nach einer bundesweiten repräsentativen empirischen Erhebung etwa 37.400 Menschen ohne jede Unterkunft auf der Straße (Stand 2022).* Insbesondere im Winter sind sie den Witterungsbedingungen schutzlos ausgesetzt. Bei eisigen Temperaturen kann es sogar lebensgefährlich für sie werden. In den vergangenen Wintern sind immer wieder wohnungslose Menschen in Deutschland erfroren. Sie starben unter Brücken, auf Parkbänken, in Hauseingängen, Abrisshäusern oder in scheinbar sicheren Gartenlauben, weil sie sich nicht gegen die Kälte schützen konnten.

*Gesellschaft für innovative Sozialplanung und Sozialforschung e. V. und Kantar Public im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (2022): Empirische Untersuchung zum Gegenstand nach § 8 Absatz 2 und 3 Wohnungslosenberichterstattungsgesetz. https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Forschungsberichte/fb-605-empirische-untersuchung-zum-wohnungslosenberichterstattungsgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Themenschwerpunkt Kältehilfe: https://www.diakonie.de/kaeltehilfe

Kältehilfe der Diakonie – unsere Angebote bundesweit: https://www.diakonie.de/journal/kaeltehilfe-der-diakonie-unsere-angebote-bundesweit

Wissen Kompakt Wohnungs- und Obdachlosigkeit: https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/obdachlosigkeit

Themenschwerpunkt zu Wohnungslosigkeit: https://www.diakonie.de/wohnungslosigkeit

Aktion #wärmewinter

Die hohen Energiepreise brachten viele Menschen im Winter 2022/23 in eine soziale Notlage. Die Antwort von Diakonie und Evangelischer Kirche: #wärmewinter. Und die Aktion geht ins zweite Jahr: Mit dem #wärmewinter öffnen Diakonie und Kirche erneut ihre Räume und Herzen – für alle, die Unterstützung brauchen. Denn nach wie vor sind viele Menschen in ihren Lebenssituationen von Energiearmut sowie Arbeits- und Wohnungslosigkeit bedroht. Und auch in diesem Jahr sollen wieder Orte entstehen, an denen ganz praktisch geholfen und wo ein Zeichen gegen soziale Kälte gesetzt wird.

Weitere Infos: https://www.diakonie.de/waermewinter

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 31.10.2023

Mit einem Online-Spiel erleben, wie Bürgergeld-Beziehende wirtschaften müssen

In der Debatte über das Bürgergeld werden Betroffenen oft mit Vorurteilen und falschen Behauptungen konfrontiert. Mit dem heute veröffentlichen Online-Spiel „Bürgergeld-Bingo“ wollen die Diakonie Deutschland, die Selbstorganisation von Menschen mit Armutserfahrung Armutsnetzwerk e.V., der Evangelische Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt und der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt Bayern zur Versachlichung der Diskussion beitragen. Mit dem Spiel können Interessierte ausprobieren, was es heißt, mit dem Bürgergeldsatz auszukommen. Sie müssen ihre Ausgaben so einschränken, dass der aktuell geltende Regelsatz von 502 Euro eingehalten wird. Nur wer das schafft, für den heißt es „Bingo“.

„Wir erleben täglich, wie von Armut betroffene Menschen zur politischen und medialen Zielscheibe werden. Entgegen dem Bild von der sozialen Hängematte ist das Leben mit weniger als dem Existenzminimum in Wirklichkeit ein belastender Zustand. Das wollen wir ganz konkret erfahrbar machen“, erläutert Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

Philip Büttner vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt Bayern hat das Spiel konzipiert. Er möchte „mit ein paar Mausklicks einen Perspektivwechsel ermöglichen und den Mangel nachvollziehbar machen.“ Lange Erklärungen würden wenig helfen, so Büttner. „Wer aber einmal selbst ernsthaft versucht, mit 502 Euro im Monat die nötigsten Ausgaben zu bestreiten, wird merken, wie schnell sie oder er ins Minus gerät. Wer sich gesund ernähren, die Stromrechnung bezahlen und ein Minimum an Mobilität und sozialer Teilhabe genießen will, kommt mit dem Geld nicht aus.“

Jeden Euro umzudrehen und dann zu entscheiden, wo noch am ehesten gekürzt werden kann, das sei für in Armut Lebende bittere Realität, so Jürgen Schneider vom Armutsnetzwerk. „Wer mit dem Bürgergeld lebt, kann nicht wählen, was er oder sie will. Wir können entscheiden, was wir uns jeden Tag sparen, damit wir etwas Anderes, was wir brauchen, wenigstens zum Teil finanzieren können. Das heißt zum Beispiel: keine neue Hose, damit ich dann nicht noch mehr als ohnehin am Essen sparen muss.“

Gudrun Nolte vom Evangelischen Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt kritisiert: „Es wird oft über Bürgergeldbeziehende gesprochen, als wären sie eine fremde und schwer bewegliche, homogene Gruppe. Aber wir haben es nicht mit anonymen Wesen, sondern mit Menschen zu tun, mit Erwerbstätigen und Erwerbslosen, mit Alleinerziehenden, mit Kindern und Jugendlichen, die täglich darum kämpfen, durchzukommen. Wir hoffen, dass wir mit unserem Spiel einen Anreiz geben, sich etwas besser in deren Lage hineinzuversetzen.“

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Irene Becker verweist auf die Mängel der Regelbedarfsermittlung: „Da ist zunächst eine statistische Vergleichsgruppe, die selbst im absoluten Mangel lebt. Die so ermittelten Ausgaben werden dann noch willkürlich gekürzt. Jetzt kommt zwar eine Erhöhung des Bürgergeldes, die aber lediglich inflationsbedingte Verluste der Vorjahre ausgleicht.“

Weniger Populismus, weniger Patentrezepte, weniger Fake News; dafür mehr Faktenwissen und Empathie, das sei das Ziel dieses – bitteren – Spiels, so die Initator:innen. Mit dem Spiel sei die Hoffnung verbunden, dass die Erfahrung der Spielenden vieles nachvollziehbar macht, was abstrakt kaum zu begreifen sei. „Schließlich geht es uns um die Menschen, um mehr Respekt und Verständnis“, so die Macher:innen des Onlinespiels.

Bürgergeld-Bingo: www.buergergeld-bingo.de

Weitere Informationen: https://www.diakonie.de/menschenwuerdiges-existenzminimum

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V., Armutsnetzwerk e.V., Evangelischer Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt und Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt Bayern vom 25.10.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zur Halbzeit der Ampel-Koalition bei der Bundesregierung die Absenkung des Wahlalters bei Bundestagswahlen auf 16 Jahre an. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation wäre eine solche Absenkung ein wichtiger Schritt, um die Demokratie in Deutschland zu stärken und langfristig zu erhalten. Um die Interessen von Kindern und Jugendlichen stärker in politische Entscheidungsprozesse einzubinden, tritt das Deutsche Kinderhilfswerk dafür ein, die Wahlaltersgrenze auf allen Ebenen zunächst auf 16 Jahre und in einem zweiten Schritt auf 14 Jahre abzusenken.

„Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist festgelegt, dass das aktive Wahlalter für die Wahl zum Deutschen Bundestag auf 16 Jahre abgesenkt wird. Die Absenkung des Wahlalters bei Landtags- und Kommunalwahlen in zahlreichen Bundesländern hat gezeigt, dass unsere Demokratie von der politischen Partizipation Jugendlicher durch das Wahlrecht stark profitiert. Junge Menschen interessieren sich für die Entwicklung unserer Gesellschaft und wollen diese mitgestalten. Sie sorgen sich angesichts der Klimakrise und des Krieges in Europa um die Zukunft – auch, weil sie ihre Interessen nicht wahrgenommen sehen. Wir sollten unsere Zukunft nicht länger ohne die Stimmen der Jugendlichen gestalten und ihnen wie auf der europäischen Ebene das Wahlrecht ermöglichen. Die Bundesregierung ist hier für die notwenige Grundgesetzänderung zusammen mit Bundestag und Bundesrat in der Pflicht“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die heute noch junge Generation wird schon bald unsere Demokratie gegen alle Angriffe von innen und außen verteidigen müssen. Deshalb ist es wichtig, unsere Kinder und Jugendlichen in die Lage zu versetzen, diese für unsere Gesellschaft existenzielle Aufgabe übernehmen zu können und ihre Ansichten zu berücksichtigen. Dazu gehört auch eine Absenkung des Wahlalters, durch die Jugendliche die Möglichkeit erhalten, ihre Meinungen, Wünsche und Vorstellungen in den politischen Prozess besser einzubringen“, so Krüger weiter.

Neben einer Absenkung des Wahlalters braucht es nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes eine Stärkung der Beteiligungsstrukturen in Kita, Schule und Jugendhilfe, und zudem den Ausbau kommunalpolitischer Instrumente, etwa durch Kinder- und Jugendparlamente mit verbindlichen Beteiligungskonzepten und Mitwirkungsrechten. Eine Begleitung dieses Ausbaus durch Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe sichert die Qualität der stattfindenden Beteiligungsprozesse. Und weil Beteiligung von früh an sowie gute politische Bildung Voraussetzungen sind zum Erwerb von Beurteilungs- und Entscheidungskompetenzen, sollte ein Wahlrecht für Jugendliche zu einer Kultur der Demokratieerziehung führen, durch die die Legitimation unseres demokratischen Systems nachhaltig gestärkt wird.

Außerdem sollte der vom Bundesfamilienministerium angekündigte Nationale Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung der Bundesregierung (NAP) schnell auf den Weg gebracht werden. Darin sollten möglichst alle Beteiligungsformate Berücksichtigung finden: Kinder- und Jugendparlamente, Jugendbeiräte und Kinderforen ebenso wie Beteiligungsnetzwerke und Jugendverbände. „Der Nationale Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung sollte die vielfältigen Potentiale der Kinder- und Jugendbeteiligung insbesondere auf der lokalen Ebene, aber auch auf Bundes- und Länderebene stärker zusammenführen und sichtbar machen. So gibt es beispielsweise mehrere hundert Kinder- und Jugendparlamente in Deutschland, bei gleichzeitig rund 11.000 Kommunen in unserem Land sehen wir aber noch große Lücken, die es zu schließen gilt. Dazu gehört es auch, über die Notwendigkeit der Kinder- und Jugendbeteiligung mehr als bisher zu informieren. Dabei sind auch die kommunalen Spitzenverbände gefragt. Schließlich sollte der Aktionsplan auch Aussagen über notwenige Qualitätsstandards der Kinder- und Jugendbeteiligung treffen, und dabei vor allem auf praxisdienliche Methoden und Arbeitsformen abheben“, sagt Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 06.11.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zur Halbzeit der Ampel-Koalition bei der Bundesregierung eine stärkere Berücksichtigung des Kindeswohls in Justiz- und Verwaltungsverfahren an. Dafür sollte nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation die Kinderrechte sowohl in der juristischen als auch in der Verwaltungsausbildung eine sehr viel stärkere Rolle spielen. Besondere Bedeutung kommt auch der verpflichtenden Qualifikation aller Fachkräfte zu, die im Kontext von Gerichts- und Verwaltungsverfahren mit Kindern zu tun haben. Dafür muss das Schulungs- und Beratungsangebot für Fachkräfte im Hinblick auf die Ermittlung und Gewichtung des Kindeswohls umfassend ausgebaut werden.

„Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist festgelegt, dass die Bundesregierung den Kinderschutz in Justiz- und Verwaltungsverfahren stärkt sowie einen Fortbildungsanspruch für Familienrichterinnen und Familienrichter gesetzlich verankert. Zudem soll für eine kindersensible Justiz und Verwaltung gesorgt werden, die Kindern Gehör schenkt. Wir müssen demgegenüber in der Gesamtschau feststellen, dass dieses Thema in der Politik und an den Gerichten noch viel zu wenig Berücksichtigung erfährt. Ziel muss es insgesamt sein, die Einhaltung und wirksame Umsetzung aller Kinderrechte in justiziellen und Verwaltungsverfahren zu erreichen. Denn zahlreiche Studien zeigen auf, dass die Situation von Kindern und Jugendlichen in behördlichen und gerichtlichen Verfahren in Deutschland oftmals weder den internationalen menschenrechtlichen Anforderungen noch den Leitlinien des Europarates für eine kindgerechte Justiz entspricht. So werden Kinder häufig nicht kindgerecht beteiligt und angehört, obwohl Verfahren ihre Interessen betreffen und die Entscheidungen weitreichende Folgen für ihr Leben haben“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Gerichtliche Verfahren, beispielsweise im Bereich des Strafrechts, des Familienrechts oder des Asylrechts, sind für die betroffenen Kinder und Jugendlichen häufig sehr schwer verständlich, belastend und haben nicht selten existentielle und höchstpersönliche Fragen zum Gegenstand. Deshalb muss das Schulungs- und Beratungsangebot für Fachkräfte im Hinblick auf die Ermittlung und Gewichtung des Kindeswohls umfassend ausgebaut werden. So sind Kinder zum Beispiel Beteiligte in familienrechtlichen Verfahren bei einer Scheidung der Eltern, Zeuginnen und Zeugen in strafrechtlichen Verfahren oder Betroffene in Asylverfahren. Laut Umfragen wünschen sich Kinder besser gehört, informiert und mit Respekt behandelt zu werden. Das müssen wir ernst nehmen und umsetzen, um Kindern den vollen Zugang zum Recht zu garantieren. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist ein wesentlicher Bestandteil zur Bestimmung des Kindeswohls, nur so können sach- und kindgerechte Lösungen beispielsweise in Familienverfahren getroffen werden“, so Lütkes weiter.

„Deshalb sollten die Kinderrechte sowohl in der juristischen als auch in der Verwaltungsausbildung eine viel stärkere Rolle spielen. Darüber hinaus braucht es beispielsweise die gesetzliche Pflicht zu Fortbildungen für alle Familienrichterinnen und -richter, eine einheitliche Zertifizierung der Qualifikation von Verfahrensbeiständen, und damit einhergehend die Schaffung ausreichender räumlicher und zeitlicher Ressourcen sowie technischer Voraussetzungen für eine kindgerechte Verfahrensgestaltung. Es braucht also eine verpflichtende Qualifikation aller Fachkräfte, die im Kontext von Gerichts- und Verwaltungsverfahren mit Kindern zu tun haben. Hierzu gehört neben einer gesetzlichen Verpflichtung zur spezifischen Qualifikation auch die verpflichtende Überprüfung, dass die Qualifikation mit Aufnahme der Tätigkeit vorliegt und durch Fort- und Weiterbildungen dem rechtlich und wissenschaftlich aktuellen Stand entspricht. Wichtig sind zudem dauerhaft vom Bund finanzierte Förderprogramme für Pilotprojekte und Pilotprozesse zur Umsetzung des Kindeswohlvorrangs im kommunalen Handeln. Dabei braucht es auch Anreizsysteme zur Nutzung dieser Programme“, sagt Anne Lütkes.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 30.10.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zur Halbzeit der Ampel-Koalition bei der Bundesregierung eine Stärkung der Medienbildung in Kindertagesstätten und Schulen an. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation sollte auch der Bund eine dauerhafte Finanzierung und Verzahnung der zahlreichen medienpädagogischen Projekte für Kinder und Jugendliche unterstützen. Vor allem dadurch müssen Kinder und Jugendliche in die Lage versetzt werden, Medien aktiv selbst zu gestalten, um damit eigene Ideen, Vorstellungen und Interessen zum Ausdruck zu bringen und die von ihnen konsumierten Medien kritisch zu hinterfragen.

 

„Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist festgelegt, dass der fachlich fundierte Einsatz von digitalen Medien mit angemessener technischer Ausstattung bereits in der frühkindlichen Bildung gefördert und die Medienkompetenz gestärkt wird. Das ist in Zeiten von Fake News, Desinformation und Propaganda im Internet zunehmend wichtig. Online-Plattformen beginnen frühzeitig Datenprofile aufzubauen, wodurch Kinder schon in sehr jungen Jahren Zielgruppe von Werbung und Desinformation werden. Nicht zuletzt sind Kinder durch Online-Kommunikation möglichen Kontaktversuchen durch Fremde ausgesetzt. Auch deshalb brauchen Kinder und Jugendliche, Eltern und pädagogische Fachkräfte mehr denn je Orientierung im Dschungel der digitalen Angebote. Kinder müssen sich möglichst frühzeitig Wissen darüber aneignen, welche Quellen und Akteure im Netz vertrauens- und glaubwürdig sind. Insbesondere die Eltern sind hier in der Pflicht, die Mediennutzung ihrer Kinder aktiv zu begleiten. Aber auch unser Bildungswesen trägt eine Mitverantwortung, um junge Menschen für Risiken zu sensibilisieren und kindgerechte Informationsquellen aufzuzeigen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Medienpädagogische Projekte lassen sich nur schwer ohne öffentliche Mittel durchführen, wenn man sie weder kostenpflichtig anbieten noch durch Werbung finanzieren will. Zugleich sind die Entwicklung und das Angebot von qualitativ standardisierten medienpädagogischen Projekten viel zu oft allein vom Wohnort abhängig. Einige Bundesländer und Kommunen haben hier hervorragende Strukturen ausgebildet, in anderen Regionen herrscht heute noch immer medienpädagogisches Ödland. Es braucht aber auch eine systematische Evaluierung und Begleitforschung bestehender Projekte und Initiativen, um deren Konzepte auf neue Regionen übertragbar zu machen und damit eine Zusammenarbeit von Bund und Ländern zu erleichtern“, so Krüger weiter.

„Im komplexen Geflecht des Bildungsföderalismus müssen gerade bundesweite Träger und Zentralstellen besser ausgestattet werden, damit sie bundesweit einsetzbare, zeitgemäße medienpädagogische Angebote entwickeln, Akteurinnen und Akteure vernetzen sowie Initiativen vor Ort fördern können. Länder wie beispielsweise Finnland sind hier schon wesentlich weiter als wir. Zugleich dürfen bundeslandesspezifische Anstrengungen zur finanziellen Förderung von Medienkompetenz bei einem stärkeren finanziellen Engagement des Bundes nicht zurückgefahren werden“, sagt Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 23.10.2023

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert von der Bundesregierung zum heutigen „Tag der Kinderseiten“ eine nachhaltige Finanzierung von guten Kinder-Internetseiten. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation soll damit ein aktiver Beitrag zum Kinder- und Jugendmedienschutz geleistet und die Teilhabe an einer kindgerechten Angebotslandschaft im Internet dauerhaft sichergestellt werden. Eine vielfältige Kinderseiten-Landschaft ist Teil eines präventiven und ganzheitlichen, vom Kind aus gedachten Kinder- und Jugendmedienschutzes. Zudem fördert sie die Medienkompetenz von Kindern, indem das Erproben und Erkunden in einem sicheren digitalen Umfeld ermöglicht wird. Auch deshalb steht die Bundesregierung hier in der Verantwortung, durch eine projektunabhängige, langfristig planbare Förderung ein entsprechendes Angebot zu gewährleisten.

„Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sind Kinder-Onlineangebote ein unverzichtbarer Schritt, die Medienkompetenz von Kindern zu entwickeln und auszubauen. Diese sind, sofern sie als nichtkommerzielle Angebote den Ansprüchen von Werbefreiheit und ausreichendem Kinderschutz genügen sollen, wirtschaftlich kaum tragfähig. Da Kindern vielfach noch eine ausgeprägte kritische Urteilsfähigkeit und die Fähigkeit zur Orientierung innerhalb der Informationsgesellschaft fehlen, müssen sie beim Umgang mit dem Netz pädagogisch unterstützt, beraten und begleitet werden. Gerade das kommerzielle Internet birgt kinder- und jugendgefährdende Inhalte, vor denen es Kinder zu schützen gilt. Demgegenüber sollte es für Kinder und Jugendliche möglich sein, das Internet möglichst frei und unbeschwert zu nutzen. Hier leisten viele Kinder-Internetseiten einen wertvollen Beitrag. Auch deshalb sehen wir bei der nachhaltigen Förderung guter Kinder-Internetseiten Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Kulturstaatsministerin Claudia Roth in der Pflicht“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fördert seit rund 30 Jahren zahlreiche Medienkompetenz-Projekte in ganz Deutschland, die Kindern Spaß, Wissen und kritisches Bewusstsein zum Thema Medien vermitteln. Das vom Deutschen Kinderhilfswerk geförderte Projekt „Level Up!“ des Seitenstark-Netzwerkes ist hier ein Beispiel unter vielen guten Projekten. Zudem bietet das Deutsche Kinderhilfswerk Kindern und Eltern verschiedene Möglichkeiten, Sicherheit im Umgang mit Medien zu gewinnen, die Medienwelt aktiv mitzugestalten, Inhalte kritisch zu hinterfragen und sich Meinungen zu bilden, beispielsweise mit der Seite www.kindersache.de oder dem Magazin „Genial Digital“, veröffentlicht vom Deutschen Kinderhilfswerk in Kooperation mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. (FSM), der Kindersuchmaschine fragFINN.de und O2 Telefónica. Das Magazin beantwortet wichtige Fragen aus der digitalen Lebenswelt von Kindern rund um die Themen Erstes Smartphone und Internet. Es gibt informative Hilfestellungen und spielerisch-interaktive Anregungen, was Kinder bei der Nutzung von Apps, Games und sozialen Netzwerken beachten sollten, wie sie verantwortungsbewusst mit privaten Daten umgehen, Fake News im Internet erkennen oder sich vor Cybermobbing schützen können.

Der „Tag der Kinderseiten“ soll am 21. Oktober als jährlich wiederkehrender Ehrentag die Aufmerksamkeit auf das vielfältige Kinderseiten-Internetangebot lenken und diese bei Familien, Eltern, Kindern, Pädagoginnen und Pädagogen, Schulen, Journalistinnen und Journalisten sowie Medieninteressierten ins Gespräch bringen. An diesem Aktionstag sind alle dazu eingeladen, die Welt der Kinderseiten zu entdecken. Internetseiten wie kindersache.de, seitenstark.de und fragfinn.de, Initiativen, Schulen, Blogger, Kinderseiten selbst – alle sind aufgefordert und herzlich eingeladen, mitzumachen, sich zu vernetzen und Kinderseiten bekannter zu machen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 21.10.2023

Arbeit mit und für Familien gefährdet

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) kritisiert die vorgesehenen Einsparungen bei familienpolitischen Leistungen. Die Forderung des Präsidenten der eaf, Martin Bujard, lautet deshalb: „Deutschland muss weiter in Familien investieren. Es genügt nicht immer nur davon zu reden, dass Kinder unsere Zukunft seien. Die vorgesehenen Kürzungen im Haushalt des Bundes­familienministeriums konterkarieren die Ziele guter Familienpolitik.“

Einige Entscheidungen im Bundeshaushalt gefährden die Familien-Infrastruktur in Deutschland. Hierunter fallen auch die massiven Kürzungen der Baumittel zur Errichtung und zum Erhalt von Stätten der Familienerholung und des Müttergenesungswerks. „Diese wichtigen Orte der Erholung, der gesundheitlichen Prävention und der Unterstützung von Eltern und Familien werden gerade wegen der langfristigen Folgen der Corona-Pandemie für die mentale Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und Eltern dringender als je zuvor gebraucht“, so eaf-Präsident Martin Bujard.

Mit den Mitteln für bauliche Maßnahmen sind auch Personalstellen verknüpft, die bei einer Streichung ebenfalls entfallen würden.

Lina Seitzl MdB, Vorständin der Evangelischen Familienerholung führt aus:

„Die Familienerholung ist zu einem unverzichtbaren Bestandteil der sozialstaatlichen Infra­struktur geworden. Dies zeigte sich nicht nur in Folge der Corona-Pandemie mit über 4,5 Mio. Übernachtungen im letzten Jahr, sondern auch in der anhaltenden Krisenzeit, die Auszeiten für Familien dringender denn je machen. Denn immer mehr Familien können sich Urlaube während der Hauptreisezeiten nicht mehr leisten. Die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt stellen für die gemeinnützigen Familienferienstätten eine große Herausforderung dar. Neben wichtigen bauinvestiven Maßnahmen, steht insbesondere auch die Geschäftsstelle der Bundesarbeits­gemeinschaft für Familienerholung (BAG FE) vor dem Aus. Mit ihrem Wegfall stünden die Ferienstätten vor einer kaum bewältigbaren zusätzlichen bürokratischen Belastung.“

Die angekündigte 35 Prozent-Kürzung der Mittel für das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und den Bundesfreiwilligendienst (BFD) ist für die Arbeit der Familienerholungs- und Familienbildungs­einrichtungen ebenfalls keine gute Nachricht. Viele Angebote könnten ohne die wertvolle Unterstützung von Freiwilligendienstleistenden nicht aufrechterhalten werden. „Familienzeit, Raum und Hoffnung in Verbindung mit konkreten Angeboten zu geben, stärkt die Familien nach innen und außen und macht sie zu machtvollen und starken Pfeilern für die Gesellschaft und Demokratie. An dieser Stelle zu sparen hat langfristige Folgen. Wenn im Sozialbereich jede vierte Einsatzstelle wegfällt, stehen unsere Angebote auf tönernen Füßen“, verdeutlichen Bujard und Seitzl die angespannte Lage.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 08.11.2023

Ausbau des Elterngeldes und zehntägige Freistellung des zweiten Elternteils nach der Geburt endlich umsetzen

Der Koalitionsvertrag verspricht Familien die Verbesserung ihrer Situation, Entlastung in der Rushhour des Lebens, Unterstützung bei der Gründung einer Familie. Ganz konkret sind im Vertrag die Erweiterung des Elterngeldes um einen zusätzlichen Partnermonat und eine zweiwöchige vergütete Freistellung für den zweiten Elternteil nach der Geburt eines Kindes angekündigt.

„Wir erwarten von der Regierung jetzt die Umsetzung genau dieser klar beschriebenen Vorhaben und keinen Rückschritt hinter bisher erreichte familienpolitische Erfolge“, so Martin Bujard, Präsident der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf).

Gleichstellungspolitisch gehen die Forderungen der eaf schon lange über die Pläne der Koalition hinaus. Der Vorschlag des evangelischen Familienverbandes ist, die Ausweitung der Elterngeldmonate für Paare nicht um nur einen Monat, sondern eine 6+6+6 Regelung: 6 Monate pro Elternteil, weitere 6 Monate frei aufteilbar, maximal 3 Monate parallel. „Nur so kann eine stärkere Inanspruchnahme der Väter – jenseits der aktuell durchschnittlichen 2-3 Monate – erreicht werden“, erklärt Bujard. „Die Zahlen der jüngsten Studien wie FReDA zeigen deutlich: Väter mit kleinen Kindern halten geringere wöchentliche Arbeitszeiten für ideal und wollen mehr Zeit für die Familie, mit den Kindern und mehr Erziehungsverantwortung übernehmen.“

Die eaf bewertet finanzpolitische Überlegungen, die Gruppe der Anspruchsberechtigten im Elterngeldbezug zu begrenzen, ebenso als falsch wie den letzten Vorstoß der FDP-Bundes­tagsfraktion, den Bezug in der Dauer zu beschneiden. Bujard ist sich sicher: „Damit würden Anreize für Väter, Elternzeit zu nehmen, reduziert und das erklärte Ziel der partnerschaftlich aufgeteilten Care-Arbeit ausgehebelt. Diese Vorschläge bedeuten einen massiven gleich­stellungspolitischen Rückschritt.“

Die eaf wiederholt zudem ihre Forderung nach zügiger Einführung der zehntägigen Freistellung für zweite Elternteile. „Im Vorstoß der FDP versteckt sich wieder Klientelpolitik“, so Martin Bujard: „Während das geplante Gesetz zur Familienstartzeit über die Arbeitgeberumlage finanziert werden soll, will die FDP einen Parallelbezugsmonat nach der Geburt wieder über Steuermittel finanzieren.“

Gemeinsam mit anderen Akteuren fordern wir:

Koalitionsvertrag umsetzen: Partnermonate ausweiten! Väter-/Partnerfreistellung realisieren!

Link zur PM

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 03.11.2023

LSVD appelliert im Bündnis für AGG-Novellierung

Bei der heutigen Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags nehmen Sachverständige zur Stärkung des Diskriminierungsschutzes Stellung. Angesichts der derzeitigen Zunahme von Diskriminierungs- und Gewaltvorfällen betonen Antidiskriminierungsverbände die Dringlichkeit einer Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Dazu erklärt das Bündnis „AGG Reform Jetzt!“ unter Beteiligung des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD):

„Mit einer Reform des Gesetzes und der Stärkung des Diskriminierungsschutzes kann die Bundesregierung ein wichtiges gesellschaftspolitisches Signal setzen: Diskriminierung ist nicht hinnehmbar und wird konsequent bekämpft,“ so Vertreter*innen des Bündnis AGG Reform – Jetzt!.

Das derzeitige Ausmaß an Diskriminierung gefährde die Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die aktuellen Debatten liefen Gefahr, die Gesellschaft weiter zu polarisieren und die Rechte und Perspektiven der Betroffenen aus dem Blick zu verlieren.  Eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) könne den Fokus wiederherstellen, nämlich den Diskriminierungsschutz aller Menschen in allen Lebensbereichen zu gewährleisten. Diskriminierung verletze Grund- und Menschenrechte und sei niemals hinnehmbar.

„Die Politik muss endlich ein Zeichen setzen, dass Diskriminierung in unserer Gesellschaft nicht geduldet und konsequent bekämpft wird. Es ist nicht hinnehmbar, dass Jüd*innen in Deutschland stigmatisiert werden und immer wieder um ihre Sicherheit bangen müssen. Es ist nicht hinnehmbar, dass homosexuelle Menschen, queere Menschen und Trans* Personen angegriffen oder am Arbeitsplatz diskriminiert werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen mit Behinderung  und chronischen Erkrankungen immer und überall gegen Barrieren ankämpfen müssen und stets Ausgrenzung erfahren. Es ist nicht hinnehmbar, dass Sinti*zze und Rom*nja in allen Lebensbereichen diskriminiert und stigmatisiert werden.  Es ist nicht hinnehmbar, dass Muslim*innen diskriminiert, unter Generalverdacht gestellt und kriminalisiert werden. Ebenso darf Anti-Schwarzer Rassismus, der in Deutschland weit verbreitet ist, nicht weiter hingenommen werden. Aktuell nehmen wir ein beängstigendes Ausmaß an Diskriminierung wahr, das unserer Demokratie, dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und schließlich uns allen schadet. Die Bundesregierung muss die Reform des Antidiskriminierungsgesetzes endlich angehen und den rechtlichen Diskriminierungsschutz effektiver machen“, appellieren Vertreter*innen des Bündnis AGG Reform – Jetzt!

Die Anhörung im Rechtsausschuss findet am 8.11.2023 von 14 bis 16 Uhr statt. Eva Andrades vom Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd), Remzi Uyguner von Fair mieten – Fair wohnen Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt und Vera Egenberger vom Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung (BUG) nehmen als Sachverständige und Mitglieder des Bündnis AGG Reform-Jetzt! an der Anhörung teil.

Pressekontakt – Bündnis AGG Reform – Jetzt! 
Nadiye Ünsal (advd), nadiye.uensal@antidiskriminierung.org, +4917688093113

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 08.11.2023

LSVD-Leitplankenbündnis als Sachverständige geladen

Heute diskutiert der Familienausschuss des Bundestags über die Situation der Regenbogenfamilien. Das Bündnis inklusive LSVD, das im Mai Leitplanken für eine Abstammungsrechtsreform dem Bundestag überreicht hat, ist als Sachverständiger zu dem Fachgespräch eingeladen. Trotz zahlreicher Versprechen im Koalitionsvertrag wurden in dieser Legislatur für Regenbogenfamilien noch keine Verbesserungen erreicht. Dazu erklärt Henny Engels aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Es ist höchste Zeit, dass die Legislative die versprochenen Reformen für Regenbogenfamilien angeht. Über sechs Jahre nach der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und über vier Jahre nach Einführung des dritten positiven Geschlechtseintrags bleibt das Familien- und Abstammungsrecht weiter ohne Reform. Bisher liegen weder Eckpunkte noch ein Gesetzentwurf aus dem federführenden Bundesjustizministerium vor. Wenn in dieser Legislaturperiode nichts passiert, dürfte die Reformchance auf Jahre vertan sein. Dies wäre aus zivilgesellschaftlicher Perspektive eine Bankrotterklärung für den versprochenen queerpolitischen Aufbruch.

Heute spricht der Familienausschuss in einem Fachgespräch unter anderem mit der Initiative nodoption und der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Jurist*innen (BASJ) über die notwendigen Reformen für Regenbogenfamilien. Gegenstand werden auch die bereits erwähnten Leitplanken für eine Reform des Abstammungsrechts sein, die von über 30 Organisationen unterstützt wurden. Darin haben wir konkrete, einfach umsetzbare Lösungsvorschläge für eine interessengerechte Abstammungsrechtsreform erarbeitet.

Die gelebte Realität von zwischenmenschlichen Beziehungen, Partnerschaften und Familien muss nun endlich rechtlich abgesichert werden! Weiterhin müssen Familien mit queeren Elternkonstellationen, beispielsweise mit zwei Müttern, ihre Kinder in einem gerichtlichen Adoptionsverfahren annehmen, um rechtlich abgesichert zu sein. Diese Adoptionsverfahren finden zwingend unter Beteiligung des Jugendamtes oder der Adoptionsvermittlungsstelle statt. Die behördliche Überprüfung erleben viele Familien als enorme Belastung, weil sie fürchten müssen, von staatlicher Seite (abermals) in ihrer Lebensform abgewertet und diskriminiert zu werden. Zahlreiche Erfahrungsberichte von Familien, die das Stiefkindadoptionsverfahren durchlaufen haben, zeigen, dass diese Sorge leider nicht unbegründet ist.

Zum Hintergrund

Das geltende Abstammungsrecht verwehrt Kindern aus Regenbogenfamilien den zweiten Elternteil. Es diskriminiert zudem weibliche, trans*, inter* und nicht-binäre Personen als Elternteile. Bereits in ihrem Abschlussbericht von 2017 empfahl die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz berufene Fachkommission nach dreijähriger Beratung Reformen.

Mehrere Oberlandesgerichte haben die aktuellen Regelungen zum Abstammungsrecht schon dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, weil sie an deren Verfassungsmäßigkeit zweifeln. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus. Es gibt mehrere Petitionen mit insgesamt über 80.000 Unterschriften, die eine unverzügliche Abstammungsrechtsreform fordern.

Die Ampelregierung hat im Koalitionsvertrag eine umfassende Reform des Abstammungs- und Familienrechts zur besseren rechtlichen und gesellschaftlichen Absicherung von Regenbogenfamilien versprochen. Angekündigt sind präkonzeptionelle Elternschaftsvereinbarungen, die Aufwertung der sozialen Elternschaft, die Öffnung des Samenspenderregisters für private Spenden und die automatische Elternschaft beider Mütter, wenn ein Kind in die Ehe zweier Frauen geboren wird, sofern nichts anderes vereinbart ist. Außerdem soll die künstliche Befruchtung diskriminierungsfrei auch bei heterologer Insemination förderfähig sein. Bisher hat die Bundesregierung weder Eckpunkte noch einen Gesetzentwurf für die versprochenen Reformen vorgelegt.

Weiterlesen

Die Live-Übertragung zwischen 11 und 12 Uhr im Bundestagsfernsehn: Deutscher Bundestag – 49. Sitzung
Bündnis für Gleiche Rechte für Regenbogenfamilien
Aktuelle Petition zum Thema „Abstammungsrecht“ auf AllOut unterschreiben
Leitplanken des „Bündnis für gleiche Rechte für Regenbogenfamilien“
Regenbogenfamilienpapier des LSVD

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 19.10.2023

LSVD kritisiert neuerliche Asylverschärfung im Innenausschuss und überreicht Petition

Am heutigen Montagnachmittag hat der Innenausschuss des Bundestags über die Einstufung weiterer Staaten als „sichere Herkunftsländer“ beraten. Die grüne Bundestagsfraktion hatte Patrick Dörr dazu eingeladen, für den Lesben- und Schwulenverband (LSVD) eine Stellungnahme zu den Gesetzesentwürfen von Bundesregierung und Unionsfraktion abzugeben. Die Bundesregierung plant die Einstufung von Georgien und Moldau, CDU/CSU und AfD möchten ebenfalls die Verfolgerstaaten Marokko, Algerien und Tunesien listen, in denen queeren Menschen mehrjährige Haftstrafen drohen. Im Nachgang der Ausschusssitzung überreichte der LSVD – vertreten durch Mara Geri – zusammen mit AllOut dem geschäftsführenden Vorsitzenden des Innenausschusses, Lars Castellucci (SPD), die Petition gegen die geplante Erweiterung der Liste, die fast achttausend Personen unterschrieben haben und den Brief des LSVD mit 27 weiteren Organisationen an Budnestagspräsidentin Bärbel Bas gegen das Gesetz. Hier das Eingangsstatement von Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand des LSVD, in dem er vor allem die geplante Einstufung Georgiens scharf kritisierte, im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Abgeordnete,
vielen Dank für die Möglichkeit zu einer Stellungnahme, die ich für den LSVD gern wahrnehme. Das Bundesverfassungsgericht hat festgelegt, dass nur solche Staaten als sichere Herkunftsländer eingestuft werden dürfen, in denen alle Bevölkerungs- und Personengruppen vor Verfolgung sicher sind, und zwar in allen Landesteilen.

Die Bundesregierung missachtet seit Jahren diese höchstrichterlichen Vorgaben, indem sie an der Listung von Ghana und Senegal festhält – beides Länder, in denen LSBTIQ* vom Staat systematisch verfolgt werden. Daher hat auch das höchste französische Verwaltungsgericht 2021 entschieden, dass Ghana und Senegal nicht als sichere Herkunftsländer gelistet werden dürfen. Auch Georgien und Moldau sind nicht sicher. Teile beider Staaten werden de facto von Russland kontrolliert, was eine Einstufung ganz offensichtlich verfassungswidrig macht. Während darüber hinaus mit Bezug auf Moldau vor allem auch die Lage von Rom*ja und Sinti*zze einer Einstufung im Wege steht, worauf Prälat Dr. Jüsten noch eingehen wird, ist dies mit Bezug auf Georgien vor allem die LSBTIQ*-feindliche Verfolgung.

So hat Dr. Julia Ehrt, die Geschäftsführerin des globalen queeren Dachverbandes ILGA, noch im Mai dieses Jahres im Menschenrechtsausschuss des Bundestags berichtet, dass es in Georgien zwar rechtliche Fortschritte gibt, sich die Lage vor Ort aber sogar verschlechtert hat. Danach, im Sommer dieses Jahres, ist der CSD in Tiflis von mehreren hundert queerfeindlichen Demonstrierenden gestürmt worden – und das, ohne dass die Polizei dies unterbunden hätte. Die georgische Präsidentin Surabishwili beklagte noch am selben Tag, dass – ich zitiere – „dieser Gegenprotest durch die Social-Media-Beiträge, die nicht nur von verschiedenen Zweigen der Regierungspartei, sondern auch direkt von den amtierenden Abgeordneten der Partei verbreitet wurden, angezettelt, erprobt und offen unterstützt wurde“.

Dem LSVD sind zwölf Gerichtsurteile und ein OVG-Beschluss bekannt, in denen die Gerichte das BAMF dazu verpflichtet haben, georgischen LSBTIQ* Asylsuchenden aufgrund der queerfeindlichen Verfolgung Schutz zu gewähren. Noch im August begründete das Verwaltungsgericht Halle ein positives Asylurteil folgendermaßen – ich zitiere: „Die Stigmatisierungen und Diskriminierungen der LGBTIQ-Personen durch die georgische Öffentlichkeit haben aber ein solches Maß erreicht, und eine Aufklärung und Verfolgung dieser Taten findet in einem nur derart geringen Umfang statt, dass nicht nur von einzelnen Übergriffen und vereinzelten Schutzlücken, sondern zur Überzeugung der Einzelrichterin einem systemischen Schutzproblem auszugehen ist […].“

Wie die Bundesregierung in der Begründung ihres Gesetzesentwurfes nun behaupten kann, dass es in Georgien durchgängig keine Verfolgung gäbe, ist daher vollkommen unverständlich. Noch im April hat Belgien übrigens Georgien von der dortigen Liste sicherer Herkunftsstaaten gestrichen, wohl auch aufgrund der queerfeindlichen Verfolgung.

Eine Einstufung Georgiens als sicheres Herkunftsland würde nicht nur die Verfolgung vor Ort bagatellisieren, sondern auch queere Asylsuchende, die bei uns Schutz suchen, in akute Gefahr bringen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

Der Lesben- und Schwulenverband freut sich über Spenden, um so seinen Einsatz für die Rechte von LSBTIQ*, besonders von geflüchteten LSBTIQ* aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, leisten zu können. Zum Spendenformular.

Weiterlesen:
Aufzeichnung und Stellungnahmen: Anhörung zur Bestimmung Georgiens und Moldaus als sichere Herkunftsstaaten

Schreiben an Bundestagspräsidentin Bas zusammen mit 27 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Deutschland, Europa und der Welt

Die Stellungnahme wird mitunterzeichnet von den folgenden zivilgesellschaftlichen Organisationen:

  • 6Rang (Iranian Lesbian and Transgender Network)
  • Aktionsbündnis gegen Homophobie e.V.
  • AllOut
  • BumF – Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V.
  • Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer
  • – BAfF e.V.
  • CSD Deutschland e.V.
  • Deutsche Aidshilfe e.V.
  • International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA –World )
  • European Region of the International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex
  • Association (ILGA-Europe)
  • Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz
  • Just Human e.V.
  • Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
  • Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
  • Katholisches LSBT+ Komitee
  • Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V., Köln
  • Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e. V.
  • PROUT AT WORK
  • Rainbow Railroad
  • Rainbow Refugees Mainz
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Dossier zum Maghreb (LSVD)

Länderanalyse der Schweizerischen Flüchtlingshilfe – „, Georgien: LGBTQI+“ vom 06.09.2023

Petition mit AllOut gegen die Einstufung von Georgien und Moldau als „sichere Herkunftsstaaten“ (ca. 8.000 Unterschriften) – Diese Petition kann weiterhin unterschrieben werden!

Die folgenden Organisationen der Zivilgesellschaft haben sich bereits beim Referent*innenentwurf gegen die Listung von Georgien und Moldau ausgesprochen:

Amnesty International Deutschland e.V., AWO Bundesverband e.V., Deutscher Caritasverband e.V., Deutscher Anwalt Verein, Diakonie Deutschland, Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS), Gemeinsame Stellungnahme des Kommissariats der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro in Berlin – und der Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V., Neue Richtervereinigung e.V., Der Paritätische Gesamtverband, Pro Asyl

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 19.10.2023

LSVD startet Kampagne für ein diskriminierungsfreies Selbstbestimmungsgesetz

Nachdem im August der Kabinettsentwurf für ein Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) veröffentlicht wurde, wird der Bundesrat am kommenden Freitag darüber beraten. Dazu erklärt Alva Träbert aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Wir begrüßen, dass mit der morgigen Sitzung im Bundesrat zum Selbstbestimmungsgesetz der erste parlamentarische Schritt auf dem Weg zur geschlechtlichen Selbstbestimmung getan ist. Die Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates für Familien, Arbeit, Inneres und Recht zum vorliegenden Gesetzesentwurf sind jedoch auch in Teilen durchwachsen.

So fordert nur der Rechtsausschuss des Bundesrats eine Art neue Glaubhaftmachung der trans*, inter* oder nichtbinären Identität, bevor eine Personenstandsänderung vorgenommen werden kann. Diese Empfehlung führt das Ziel einer geschlechtlichen Selbstbestimmung und den Namen „Selbstbestimmungsgesetz“ vollkommen ad absurdum. Dies würde die erneute Einführung unwürdiger Begutachtungsverfahren bedeuten.

Erfreulich ist, sich einige Ausschüsse deutlich gegen die vorgesehene Informationsweitergabe an Sicherheitsbehörden und gegen Warte- und Sperrfristen aussprechen. Mehrere Ausschüsse fordern zudem die Streichung des Hausrechtsparagrafen da dieser transfeindliche Einstellungen befördert. Zudem fordert der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik für alle, die sich normalerweise in Deutschland aufhalten, eine einheitliche Möglichkeit der Personenstandsänderung. Der LSVD unterstützt dies – eine misstrauische Grundhaltung gegenüber Menschen mit ungesichertem Aufenthalt sollte in einem Gesetzestext keinen Platz haben.

Der aktuelle Gesetzesentwurf zum SBGG sieht vor, dass junge Menschen unter 18 Jahren die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertretungen für eine Änderung des Personenstandes oder des Vornamens bedürfen. Zwischen 14 und 17 Jahren sollen Familiengerichte angerufen werden können, wenn es die Zustimmung der Sorgeberechtigen nicht gibt. Der Vorschlag des Rechtsausschusses, diese Hürden für Personen unter 18 Jahren noch einmal zu erhöhen, ist absolut unverhältnismäßig und bedeutet einen massiven Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht Jugendlicher. Darüber hinaus würden diese Empfehlungen der zunehmenden Entscheidungs- und Verantwortungsfähigkeit, die Jugendlichen in anderen Rechtsbereichen, wie beispielsweise der Wahl der Religion oder des Berufes, widersprechen.

Wir fordern die demokratischen Parteien auf, die trans*, inter* und nichtbinären Lebensweisen gegenüber verständnisvollen Haltungen der Bundesrat-Ausschüsse bei der weiteren Ausarbeitung des Selbstbestimmungsgesetzes im parlamentarischen Prozess zu beachten und ebenfalls auf die Expert*innenpositionen der Zivilgesellschaft einzugehen.

Weiterlesen:

Mehr Informationen zum Selbstbestimmungsgesetz

Anlässlich des parlamentarischen Prozesses über das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“ startet heute die LSVD-Kampagne „Stimmen für ein diskriminierungsfreies Selbstbestimmungsgesetz“. Dabei werden Positionen von Personen des öffentlichen Lebens, zivilgesellschaftlichen LSBTIQ*-Organisationen und ihren Verbündeten verstärkt.

Unterschreiben Sie die Petition für ein Selbstbestimmungsgesetz, das den Namen verdient, welche der LSVD erstunterzeichnet hat. Wir brauchen 50.000 Unterschriften, damit sich der Petitionsausschuss des Bundes darüber berät.

Broschüre „Soll Geschlecht jetzt abgeschafft werden?“ 
Gesetzesentwurf mit zivilgesellschaftlichen Stellungnahmen
Bundesrat-Ausschussempfehlungen
LSVD-Stellungnahme: Referentenentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz (lsvd.de)

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 19.10.2023

Rund hundert Erwachsene und Kinder mit Armutserfahrung formulieren Forderungen an die Politik

Auf dem heutigen 16. Treffen der Menschen mit Armutserfahrung in Berlin kamen mehr als 100 Beteiligte sowie Kinder und Jugendliche aus ganz Deutschland zusammen, um sich über ihre Situation auszutauschen, gesellschaftliche Probleme zu besprechen und ihre Forderungen auszu-arbeiten. Ein Ergebnis des Treffens: Die Kinder und Jugendlichen formulierten einen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz.

„Viele Teilnehmende schilderten ihre Wahrnehmung, dass die aktuellen politischen Debatten völlig an der realen Lebenssituation und der täglich erlebten Not von in Armut lebenden Menschen vorbeigehen“, berichtet Renate Antonie Krause aus Kiel, die das Treffen mit vorbereitet hat. „Statt wirksame Hilfen umzusetzen, werden Menschen in Armut ständig diskreditiert.“ So sei es völlig unklar, welche der mit dem Bürgergeld und der Grundsicherung verbundenen großen Versprechen überhaupt umgesetzt werden. „Im Bundeshaushalt sind die Mittel rapide zusammengekürzt worden, mit denen die individuelle Förderung ermöglicht werden sollte. Und die Menschen in der Grundsicherung im Alter sind überhaupt aus dem Blick geraten“, kritisiert Krause.

Die Teilnehmenden erarbeiteten ihre Forderungen in Workshops zu den Themen Wohnen, Existenzsicherung und Zugang zu Sozialleistungen.
Dorothea Starker aus Oldenburg berichtet aus dem Workshop Zugang zu Sozialleistungen, dass die Zugangsprobleme für die Bürgerinnen und Bürger zu Leistungen und Hilfen oft schwierig gestaltet seien. „Da fehlt es an allen Ecken und Enden. Den als Helfenden in den Behörden angestellten Personen fehlen oft fachliche Grundlagen, um Armutslagen richtig erkennen und einordnen zu können. Und sie müssen gute Instrumente an der Hand haben, um Hilfen auch schnell und unkompliziert umsetzen zu können. Der Personalmangel ist überall spürbar, oft stehen formelle Vorgänge im Vordergrund, statt die Gewährleistung wirksamer Unterstützung“. Es fehle aber auch an vorgelagerten Hilfen. So seien Beratungsstellen oft unterfinanziert oder überhaupt nicht vorhanden, Qualitätsstandards in Sozialbehörden und Jobcentern im Sinne einer langfristigen Verbesserung der Lebensperspektiven seien unterentwickelt.

„Außerdem kommen viele Menschen überhaupt nicht mehr an die Hilfen ran, weil sie mit den digitalen Zugängen nicht klarkommen, das höre ich immer wieder“, betont Starker. Aber auch die Stellung derjenigen, die Leistungen in Anspruch nehmen oder benötigen müsse an sich verbessert werden. „Da geht es auch hier ganz stark um Empowerment. Zum einen klar sagen und sich trauen: Ich benötige Hilfe, ich nehme aber auch die mir zustehenden sozialen Rechte in Anspruch. Zum Zweiten: Die Hilfesuchenden müssen ernst genommen und respektiert werden. Sie haben ihre eigenen Kompetenzen und Erfahrungen, die für die Verbesserung der sozialen Angebote auch genutzt werden sollten, etwa durch die Mitwirkung in Jobcenter-Beiräten und durch die flächendeckende Schaffung von Ombudsstellen.“ Dorothea Starker fordert: „Aus Sicht der Menschen mit Armutserfahrung gilt aber auch: Sie müssen an sich arbeiten, offensiv auftreten, ihre Rechte einfordern und die Scham überwinden. Ich sage: Schäme Dich nicht für Deine Armut – werde aktiv!“

Fragen der Existenzsicherung wurden in einem weiteren Workshop kritisch diskutiert. „Viele Leistungsbeziehende erleben noch nicht konkret, wie durch das Bürgergeld die Agenda 2010 überwunden wird“, berichtet Peter Ring aus Schwabach in Mittelfranken. Nach wie vor werde viel über die Armen gesprochen, weniger über die Armut und kaum mit den Menschen mit Armutserfahrung. „Da muss sich die Sozialpolitik ändern. Politikerinnen und Politiker müssen diejenigen, für die die sozialen Leistungen entwickelt werden, intensiv in Gespräche über die Ausgestaltung mit einbeziehen. Da sind die Beteiligungsformate des Ministeriums für Arbeit und Soziales ein guter erster Schritt, aber das muss für alle Ministerien und auch für die parlamentarische Arbeit einfach ein selbstverständlicher und ständiger Standard werden.“

Die am Workshop Beteiligten entwickelten deutliche Forderungen an die Ermittlung des Existenzminimums und die Ausgestaltung der Existenzsicherung. „Es muss ganz klar sein: Jeder und jede in Deutschland Lebende muss das Existenzminimum auch tatsächlich sicher zur Verfügung haben“ betont Ring. „Am Lebensnotwendigen darf nicht herumgestrichen und es darf nicht vorenthalten werden. Für ein menschenwürdiges Leben darf es keine Bedingungen geben, das ist ein soziales Grundrecht.“

Auch die Höhe der Leistungen stand zur Debatte. Dabei wurde kritisiert, dass der Gesetzgeber immer noch Elemente eines Statistik- und eines Warenkorbmodells für das Existenzminimum vermische. Peter Ring: „Da wird erst in einer Vergleichsgruppe ermittelt, was Menschen mit geringen Einkommen ausgeben, dann soll das Maßstab für den Regelsatz sein, aber schließlich werden bestimmte Ausgaben relativ willkürlich gestrichen, wie zum Beispiel Grünpflanzen oder Haustierfutter. Darum fordern wird, dass es endlich eine einheitliche Methode gibt und diese zeitnah angewendet wird. Hierfür gibt es gute und wissenschaftlich gesicherte Vorschläge. Bedarfe müssen klar benannt und nicht beliebig festgesetzt und die so ermittelte Höhe des Existenzminimums auch tatsächlich ausgezahlt werden. Und das muss für das Bürgergeld wie für die Grundsicherung im Alter gleichermaßen gelten.“

Im Workshop Wohnen wurde deutlich, wie existenzbedrohlich die aktuelle Lage am Wohnungsmarkt für Menschen mit wenig Geld ist. „Millionen von Menschen sind von Wohnungsnot betroffen. Das ist ein ganz zentrales Problem und muss endlich zur Kenntnis genommen werden. Die Politik muss ihrer Verantwortung nachkommen, dagegen endlich wirksame Maßnahmen umzusetzen“, fasst Elvira Prescher aus Oberhausen im Ruhrgebiet das Anliegen der Beteiligten zusammen. Es gehe hier nicht um irgendeine Angelegenheit neben anderen, sondern ganz basal um ein menschenwürdiges Leben in Würde: „Wohnen ist ein Schutzraum und zugleich Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben“, so Prescher.

„Das Vertrauen darauf, dass alle Menschen guten und ausreichenden Wohnraum bekommen, hat aber auch noch eine weitere Bedeutung“, erläutert Guido Heinemann aus Ludwigsburg bei Stuttgart. „Wenn ich jeden Tag befürchten muss, gar nicht mehr sicher Wohnen zu können, bedroht das die Menschen ganz existentiell. Nicht zuletzt erodiert so das Vertrauen in den Staat. Das kann bis zu Wahlerfolgen der AfD führen, obwohl deren Programm die Situation der Menschen noch weiter verschlechtern würde. Wohnen ist ein Grundrecht.“

Laut Guido Heinemann und Elvira Prescher formulierten die Workshopteilnehmenden als Kernforderungen:

  • Die Antwort auf Wohnungslosigkeit muss immer eine Wohnung sein.
  • Leerstand durch Spekulationen beenden!
  • Funktionierende Mietdeckelung – selbst für den Mittelstand sind die Mieten zu hoch.
  • Digitalisierung und damit Wohnraumzugänge auch für Obdachlose ausbauen, zum Beispiel durch kostenloses und ständig verfügbares Internet, Stromzugang und Hilfe bei der Nutzung.
  • Die Macht der SchuFa wirksam begrenzen.
  • Mehr Unterstützung bei Mietschulden oder fehlenden Bescheinigungen.

Nicht nur Erwachsene trugen auf dem 16. Treffen der Menschen mit Armutserfahrung ihre Forderungen zusammen. In einer Kinder- und Jugendwerkstatt formulierten Kinder und Jugendliche aus ganz Deutschland einen Brief an den Bundeskanzler. Darin heißt es: „Lieber Olaf, Wir wollen, dass die Lebensmittel günstiger sind und die Klamotten auch. Das Schulessen müsste besser gemacht werden – die meisten sind darauf angewiesen, weil nicht jeder Geld hat, am Nachmittag zu essen. Die Klassenfahrten sollten im Voraus übernommen werden. Bitte gehen Sie gegen Mobbing vor – viele wissen nicht, wie sich Mobbing anfühlt. Sie können etwas tun, damit unser Leben besser wird! Danke, dass Sie diesen Brief gelesen haben! Wir müssen reden, Olaf!“

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales fördert dieses Beteiligungsformat.

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz vom 19.10.2023

Protest gegen geplante Kürzungen im Bundeshaushalt 2024.

Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege sehen den Sozialstaat in Deutschland angesichts der Kürzungspläne im Bundeshaushalt 2024 ernsthaft gefährdet. Eine Woche vor der abschließenden Sitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, in der die Abgeordneten letzte Änderungen am Bundeshaushalt erwirken können, fordern die Spitzen von Arbeiterwohlfahrt Bundesverband (AWO), Deutschem Caritasverband (DCV), Deutschem Roten Kreuz (DRK), der Diakonie Deutschland, dem Paritätischen Gesamtverband und der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) eine Rücknahme der Kürzungspläne. Auf der heutigen von der AWO organisierten Kundgebung in Berlin warnten sie vor massiven Einschnitten in eine Vielzahl sozialer Angebote und einer damit einhergehenden nachhaltigen Schwächung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Der zu beschließende Haushaltsplan sieht aktuell für Leistungen der Freien Wohlfahrtspflege eine Kürzung von insgesamt etwa 25 Prozent vor.

Was ist geplant und mit welchen Folgen?

  • Kürzungen in Höhe von etwa 30 Prozent im Bereich der Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE), obwohl die Nachfrage nach qualitativer Beratung unverändert hoch ist. Damit geraten die etablierten und bewährten Strukturen des Beratungsangebotes massiv unter Druck.
  • Kürzungen für das Programm der bundesweiten, behördenunabhängigen Asylverfahrensberatung (AVB). Durch den Wegfall von 50 Prozent der für das nächste Jahr mindestens benötigten Mittel wird der zugesagte Aufbau torpediert. Es drohen Insolvenzen und eine Verschlechterung des Beratungsangebots durch Wegfall der Landesfinanzierungen.
  • Ein weiteres betroffenes Bundesprogramm ist das der Psychosozialen Zentren (PSZ). Es soll eine Kürzung von 17 Millionen auf sieben Millionen Euro geben. Die Verbände sehen die Versorgung und Teilhabe von geflüchteten sowie anderen zugewanderten Menschen massiv gestört und damit auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Gefahr.
  • Die Mittel für die Freiwilligendienste sollen über alle Formate hinweg um 23,7 Prozent gekürzt werden. Die geplanten Kürzungen hätten zur Folge, dass jeder vierte Freiwilligenplatz wegfallen würde – das wären bundesweit rund 30.000 Freiwillige. 
  • Im Bereich Digitalisierung hebeln Einsparungen in Höhe von 3,5 Millionen Euro das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aufgesetzte Förderprogramm zur Zukunftssicherung der Freien Wohlfahrtspflege durch Digitalisierung komplett aus. Hier werden die Verbände mitten im Aufbruch und in wichtigen strategischen Entwicklungen stark beeinträchtigt.

BAGFW-Präsident Michael Groß (Arbeiterwohlfahrt Bundesverband) betont: „Der Entwurf zum Bundeshaushalt bedeutet für viele unserer Einrichtungen und Angebote schmerzhafte Einschnitte, bis hin zur Schließung. In einer so unsicheren Weltlage, in der viele Menschen massiv verunsichert sind und große Sorgen haben, stehen jetzt die letzten Anlaufpunkte auf dem Spiel, die den Menschen noch Sicherheit und Orientierung geben können. Die Arbeitsbereiche der Freien Wohlfahrtspflege machen nur einen minimalen Bruchteil des Bundeshaushalts aus – minimale Einsparen sorgen für maximalen Schaden!“

Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes (DCV): „Die Grenze zwischen „Drinnen“ und „Draußen“ wird heute über digitale Zugangsbarrieren bestimmt: Die Kluft zwischen Arm und Reich wird größer, wo Menschen digital abgehängt werden. Passgenaue Angebote der Wohlfahrtsverbände müssen analog und digital gestaltet werden, um diese Kluft zu schließen. Das gilt etwa für unsere Beratungsstellen, die auch online erreichbar sein müssen. Wenn die Förderung der digitalen Transformation der Wohlfahrtsverbände von der Bundesregierung auf Null gesetzt wird, geht das zulasten der Zukunft des Sozialen.“

Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes: „Es ist erschütternd, dass die Bundesregierung in einer Zeit wachsender sozialer Spaltung bei solchen Strukturen kürzt, die Menschen in Armut und prekären Lebenslagen helfen – von Hilfen für Arbeitslose bis zur Unterstützung Geflüchteter. Die Haushalts- und Finanzpolitik der sozialen Kälte muss gestoppt werden! Es steht nichts weniger als der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Stabilität unserer Demokratie auf dem Spiel.“

Gerda Hasselfeldt, Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK): „Migrationsberatungsstellen helfen Zugewanderten, sich zu orientieren und ihre Ansprüche wahrzunehmen. Sie sorgen langfristig dafür, dass Menschen, die zu uns kommen, Fuß fassen, sich einbringen und selbstverständlich alle Möglichkeiten haben, die andere auch haben. So kann Zuwanderung die Gesellschaft bereichern. Sie in Zeiten steigender Zuwanderung zu streichen ist schlicht unverantwortlich.“

Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland: „Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, die Freiwilligendienste zu stärken. Die Kürzungen stehen dazu in klarem Widerspruch und dürfen auf keinen Fall beschlossen werden. Notwendig wäre eine Aufstockung der Mittel und mehr Unterstützung für die Freiwilligen: zum Beispiel durch die kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs oder die Anerkennung von Freiwilligenzeiten als Vorbereitung auf ein Studium oder eine Ausbildung. Wer hier heute kürzt, zahlt morgen drauf!“

Abraham Lehrer, Präsident der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST): „Die globalen Krisen der letzten Jahre zeigen: Eine resiliente und krisenfeste Wohlfahrtspflege ist wichtiger denn je. Krisen werden von Populisten als Nährboden missbraucht, die meinen, auf komplexe Fragestellungen einfache Antworten finden zu können. Das damit einhergehende Auseinanderdriften des gesellschaftlichen Zusammenhalts gefährdet die Demokratie. Die Freie Wohlfahrt muss eine verlässliche Anlaufstation für vulnerable Gruppen bleiben. Integration, ehrenamtliches Engagement und digitale Teilhabe sind unabdingbar für gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 08.11.2023

Anlässlich des Inkrafttretens des Asylbewerberleistungsgesetzes vor 30 Jahren fordert ein breites Bündnis die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes.

Anlässlich des Inkrafttretens des Asylbewerberleistungsgesetzes vor 30 Jahren (1. November 1993) fordert ein breites Bündnis von mehr als 150 Organisationen, darunter auch der Paritätische, die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Das Bündnis kritisiert die aktuelle Debatte über immer weitere Einschränkungen bei Sozialleistungen für Geflüchtete in einem gemeinsamen Appell scharf und fordert, die Betroffenen in das reguläre Sozialleistungssystem einzubeziehen.

„Mit Bestürzung verfolgen wir die aktuelle politische Debatte über Asylsuchende, die zunehmend von sachfremden und menschenfeindlichen Forderungen dominiert wird. (…) Die im Raum stehenden Forderungen reichen von einer generellen Umstellung von Geld- auf Sachleistungen über diskriminierende Bezahlkarten und eine Kürzung des Existenzminimums bis hin zur Forderung, dass kranken Menschen eine medizinische Grundversorgung vorenthalten werden soll“, heißt es in dem heute veröffentlichten Appell. Argumentiert werde mit Behauptungen, die wissenschaftlich bereits widerlegt seien und mit “Scheinlösungen”, die Geflüchtete zu “Sündenböcken” für eine verfehlte Sozialpolitik machen, so die Kritik.

“Das Asylbewerberleistungsgesetz ist ein Sondersozialhilfesystem, das das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum missachtet. Die Würde des Menschen aber ist unteilbar, ebenso wie das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum”, mahnt Kerstin Becker, Leiterin der Abteilung Migration und Internationale Kooperation im Paritätischen Gesamtverband. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2012 entschieden, dass eine Kürzung von Sozialleistungen zur Abschreckung von Schutzsuchenden gegen das Grundgesetz verstößt. Die aktuellen Forderungen nach weiteren Einschränkungen seien zynisch. 

Das Asylbewerberleistungsgesetz sei von Anfang an dazu gedacht gewesen, über Leistungseinschränkungen und schlechte soziale Bedingungen Menschen von der Flucht nach Deutschland abzuhalten. Doch das funktioniere nicht und habe auch nichts mit der Realität zu tun, wie es in dem Appell heißt: „Wenn in diesem Jahr 2023 das Bundesamt in über 70 Prozent aller Asylanträge, die bis September inhaltlich entschieden wurden, einen Schutzstatus feststellt, wird nur allzu deutlich, dass die Menschen nicht wegen der Sozialleistungen kommen, sondern hier Schutz suchen.“

Dokumente zum Download

Appell Asylbewerberleistungsgesetz (457 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 31.10.2023

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 13. November 2023

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ

Ort: Online

Gesetzesreformen, wie das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG), liefern positive fachliche Impulse für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe. Zugleich ist die Umsetzung der gesetzlichen Neuregelungen mit einem steigenden fachlichen Anspruch an die Fachkräfte der Sozialen Dienste verbunden. Zudem stellen Krisen, wie die Corona-Pandemie, besondere Herausforderungen an die Sozialen Dienste und wirken mitunter verstärkend auf bestehende Problemlagen, können aber auch Chancen für neue Wege bieten.

Im Rahmen der AGJ-Fachveranstaltung soll das Spannungsfeld zwischen einerseits sozialpolitischem Auftrag und steigendem fachlichen Anspruch sowie andererseits spürbarem Fachkräftemangel, Krisenmanagement und zunehmendem Finanzierungsdruck näher beleuchtet und diskutiert werden. Mit Blick auf die Bedeutung der Kinder- und Jugendhilfe für die Gesellschaft als Teil der sozialen Daseinsvorsorge, wird der Frage nachgegangen, was es braucht, damit die Anforderungen an die Sozialen Dienste adäquat umgesetzt werden (können). Welche Weiterentwicklung und Verbesserung der Praxisbedingungen bedarf es hierfür, z. B. in Hinblick auf die Gewinnung und Bindung von Personal, Digitalisierungspotentiale in Sozialen Diensten sowie auf eine krisenfeste Ausgestaltung von Kooperationen zwischen öffentlichen und freien Trägern?

Zur Anmeldung geht es >> hier

Termin: 15. November 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Im Mittelpunkt dieser Veranstaltung steht zunächst die Frage, warum Familien mit Migrationsbezug keine homogene Bevölkerungsgruppe sind. Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften stellt vor, weshalb es mehr Wissen über diese Heterogenität braucht, um diskriminierungskritisch und diversitätssensibel in den unterschiedlichen Bereichen der sozialen Arbeit agieren zu können. Die Beratungserfahrungen des Verbandes zeigen ein sehr diverses Bild von Familien im Migrationskontext. Wir sprechen darüber, welchen Personenkreis „migrantische“ Familien umfassen und wer „binationale“ Familien und „transnationale Familien“ eigentlich sind.

Ein weiterer Schwerpunkt wird das Themenfeld Mehrsprachigkeit in Familien sein, denn ein erfolgreiches mehrsprachiges Aufwachsen von Kindern in Deutschland ist eng mit der Anerkennung und Wertschätzung von Mehrsprachigkeit verbunden. Im gesellschaftlichen Kontext sind die „migrantischen“ Familiensprachen sowohl Marker für Vielfalt als auch für Diskriminierung.

An der Veranstaltung wirkt mit:
Dr. Carmen Colinas und Dr. Marie Leroy, Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.
Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.
Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:

Borris Diederichs, Referent Kinder- und Jugendhilfe
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-328, E-Mail: jugendhilfe@paritaet.org

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:

Sabine Haseloff, Sachbearbeitung, Kinder- und Jugendhilfe
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-327, E-Mail: jugendhilfe@paritaet.org

Termin: 17. November 2023

Veranstalter: Bundesforum Männer – Interessenverband für Jungen, Männer und Väter e. V.

Ort: Zoom

Welche Einstellungen haben Männer zu Fragen von Gleichstellung und Gleichstellungspolitik? Welche Rollenvorstellungen haben und leben sie? Diesen und weiteren Fragen gehen wir in einer neuen repräsentativen Befragung nach, für die wir Prof. Dr. Carsten Wippermann, Leiter des DELTA-Instituts für Sozial- und Ökologieforschung, beauftragt haben.

Dabei handelt es sich um eine (Teil-) Folgebefragung zu den Vorgängerstudien „Rolle vorwärts – Rolle rückwärts“ von 2007 sowie „Auf dem Weg zu mehr Gleichstellung?“, die 2016 veröffentlicht wurde. Zentrale Befunde vor sechs Jahren waren unter anderem, dass sich 55 Prozent der Männer für das Thema Gleichstellung interessieren. 60 Prozent gaben an, dass sich Gleichstellungspolitik noch nicht ausreichend mit den Anliegen und Bedürfnissen von Männern befasse. Sollen beide Partner:innen berufstätig sein? 2007 stimmten dem 71 Prozent der Männer zu. In der Folgebefragung waren es mit 82 Prozent bereits deutlich mehr. 

Wie haben sich diese Werte seitdem entwickelt? Ist ein gesellschaftlicher Backlash feststellbar, wie er vor dem Hintergrund hoher Zustimmungswerte für rechte Parteien zu erwarten sein könnte? Oder aber sind Männer heute progressiver als noch vor sieben Jahren eingestellt?

Antworten liefert unsere neue Erhebung, die Bundesforum Männer Geschäftsführer Dr. Dag Schölper und der Vorstandsvorsitzende Thomas Altgeld am 17. November 2023, 12:00 Uhr, im Vorfeld des Internationalen Männertages am 19. November vorstellen werden.

Jetzt zur Online-Präsentation anmelden!

Eine Registrierung zur Online-Präsentation via Zoom ist ab sofort unter diesem Link möglich. Wir freuen uns über Ihr Interesse!

Termin: 17. November 2023

Veranstalter: Gisela Notz

Ort: Berlin

Im Jahr 2024 erscheint der Kalender Wegbreiterinnen in der 22. Ausgabe. Seit der Kalender 2003 zum ersten Mal erschienen ist, haben wir 264 Frauenbiografien angesammelt. Mehr als 100 HistorikerInnen, PolitikwissenschaftlerInnen, NaturwissenschaftlerInnen, HandwerkerInnen, LehrerInnen und viele andere haben daran geschrieben. Der Wandkalender 2024 gibt wieder Auskunft über zwölf Wegbereiterinnen der emanzipatorischen Frauenbewegung aus zwei Jahrhunderten.

Termin: 21. November 2023

Veranstalter: Netzwerk Familien | eaf Landesverband in der Nordkirche

Ort: Frankfurt

Wie mehrsprachig ist Kunst? Welche vielfältigen Ausdrucksformen bieten Zugänge zu Kunst oder ermöglichen gesellschaftliche Mitsprache?  

Unsere „Sprachzeugen“ sind: 

Jasmin Siddiqui alias Hera of Herakut, Streetart-Künstlerin aus Frankfurt, deren Bilder mittlerweile in vielen Metropolen sichtbar sind. 

Martin Piekar, Lyriker + Schriftsteller, schreibt mehrsprachig deutsch-polnisch. Er wurde 2023 bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt mit dem KELAG-Preis und dem BKS-Bank-Publikumspreis ausgezeichnet. 

Thusjanthan Manoharan, Bildender Künstler & Rapper, Hochschule für Gestaltung in Offenbach.  

Sie alle gehen über „Sprachgrenzen“, brechen mit Konventionen und schaffen wunderbares, irritierendes und interessantes.  

Es moderiert Aida Ben Achour. 

Die Teilnahme ist kostenfrei und ohne Anmeldung möglich.

https://www.verband-binationaler.de/home/detailansicht-slider/save  

Diese Veranstaltung findet im Rahmen des Jubiläumsjahres zum 175-jährigen Bestehen der Frankfurter Paulskirche statt.

Termin: 23. November 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Teilhabe. Die Umsetzung von Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist für ein gutes Aufwachsen essenziell. Derzeit können nicht alle Kinder und Jugendliche in Deutschland diese Teilhabe uneingeschränkt leben. Dies hat vor allem auch monetäre Gründe. Bei der Diskussion um die Kindergrundsicherung ging es in den vergangenen Monaten u. a. darum, ob und wie Teilhabe und Chancengerechtigkeit erreicht werden kann. Infrastrukturelle und monetäre Förderinstrumente wurden gegeneinander ausgespielt. Wir wollen im Rahmen dieser Inforeihe-Veranstaltung aufzeigen, warum das bestehende System kinderbezogener finanzieller Leistungen in Deutschland defizitär ist und welche Stellschrauben insbesondere bei der Einführung einer Kindergrundsicherung gedreht werden können, um im Ergebnis Kinderarmut zu reduzieren und Teilhabe zu ermöglichen.

Mit Dr. Irene Becker, Empirische Verteilungsforschung

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Fragen

Katrin Frank, faf@paritaet.org, Tel 030 / 246 36 465

Verantwortlich für organisatorische Fragen

Mandy Gänsel, mandy.gaensel@paritaet.org, Tel 030 / 246 36 476

Termin: 29. November 2023

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung in Kooperation mit dem Projekt Zeitenwende – Kongress der Utopien

Ort: Berlin

Arbeit spielt für die meisten Menschen eine wichtige und zentrale Rolle. Die oft gestellte Frage „Was machst du?“ wird überwiegend auf die (Erwerbs-)Arbeit bezogen. Wenn Arbeit unseren Alltag und die Art und Weise bestimmt wie wir als Gesellschaft funktionieren, dann müssen wir uns spätestens in dieser Zeit der Transformation durch künstliche Intelligenz, Automatisierung, sozio-demographische Veränderungen und Klimawandel die Frage stellen: Wie und wofür wollen wir in Zukunft eigentlich noch arbeiten? Dazu sollten wir uns zunächst damit beschäftigen, was Arbeit überhaupt ist und welchen Sinn sie uns Menschen gibt. Welche Bedürfnisse müssen befriedigt und welche Bedingungen gegeben sein, um ein zukunftsweisendes und ganzheitliches Konzept von guter Arbeit zu ermöglichen?
Gute Arbeit, die eben nicht zwingend Erwerbsarbeit meint. Wie stellen wir uns die Arbeit der Zukunft vor?
Wir wagen den mutigen Blick nach vorne und diskutieren über Arbeits-Utopien und den Wert von guter Arbeit in unserer Gesellschaft mit: Barbara Prainsack (Professorin für Vergleichende Politikfeldanalyse an der Universität Wien und Buchautorin von „Wofür wir arbeiten“, 2023), Christian Kellermann (Professor für Arbeit und Digitalisierung an der University of Labour in Frankfurt a. M. und
Buchautor „Adam und Ada“, 2023) und Jan Dieren (MdB SPD, u.a. ordentliches Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales).

Moderiert von Mirjam Stegherr (Journalistin und Beraterin für Kommunikation).

Programm

18.30 Uhr Einlass/Ankommen

19.00 Uhr Beginn des Gesprächs bis ca. 20.30 Uhr

Bis ca. 22.00 Uhr: Ausklang mit Imbiss, Getränken und Musik
von Lilah Amar b2b Sean Steinfeger

Anmeldung

Bitte melden Sie sich bei Interesse bis zum 15.11.23 hier an.

Mehr Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier auf der Webseite.

Die Veranstaltung ist kostenlos.

Termin: 30. November 2023

Veranstalter: Kooperation zwischen Zentraler Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST), Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment (KoZe) und Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. (AWO).

Ort: Zoom

in Kitas und der Kindertagespflege kommen Kinder und Erwachsene aus unterschiedlichsten Kontexten tagtäglich zusammen. Sie sind Orte der Vielfalt. Auch die Familien, in denen die Kinder leben, weisen unterschiedliche Vielfaltsdimensionen auf.

Doch wie kann Vielfalt gestaltet und gelebt werden? Kinder unterscheiden sich in ihren individuellen Eigenschaften, Bedürfnissen und Entwicklungsaufgaben. In der pädagogischen Arbeit ist der Anspruch, die Zielgruppe der Kinder mit ihren individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erkennen und ihnen individuelle Angebote zu machen, besonders ausgeprägt.

Als Ort der gelebten Vielfalt gehört es im Bereich der Kitas und Kindertagespflege auch dazu, die vielfältigen gesellschaftlichen Lebensrealitäten aufzugreifen und sichtbar zu machen.

Zentral für den Umgang mit Vielfalt in den Einrichtungen ist die Vielfaltskompetenz der Fach- und insbesondere auch der Führungskräfte. Zur Vielfaltskompetenz gehören Wissen über die Entstehung und Wirkung von Stereotypen und Vorurteilen sowie der systematischen Privilegierung und Benachteiligung gesellschaftlicher Gruppen ebenso wie Kenntnisse zu relevanten Konzepten, Strategien und Gesetzen zur Förderung von Vielfalt und zum Abbau von Diskriminierungen.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 30. November 2023

Veranstalter: Kooperationsveranstaltung Deutscher Frauenrat (DF) und Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)

Ort: Berlin

Vor zwei Jahren wurde der Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien in der Zivilgesellschaft als gleichstellungspolitischer Erfolg gelobt. Doch nach der Hälfte ihrer Amtszeit hat die Koalition die meisten ihrer ambitionierten Vorhaben noch nicht umgesetzt. Das feministische Fortschrittsversprechen der Ampel wartet in vielen politischen Bereichen weiter auf Einlösung.

Gemeinsam mit Vertreter*innen aus Politik und Zivilgesellschaft wollen wir eine Zwischenbilanz ziehen und diskutieren, wie wir gleichstellungspolitisch in der zweiten Halbzeit endlich vorankommen.

Wir freuen uns auf die Teilnahme von Vertreter*innen der demokratischen Parteien: Leni Breymaier (SPD), Silvia Breher (CDU/CSU) angefragt, Maria Klein-Schmeink (Bündnis 90/DIE GRÜNEN), Nicole Bauer (FDP) angefragt und Heidi Reichinnek (DIE LINKE). Sie diskutieren mit Vertreter*innen aus den Mitgliedsorganisationen des Deutschen Frauenrats und des DGB-Bundesvorstands.

Programm

Anmeldung (bis 23. November 2023)

Die Veranstaltung wird in Echtzeit per Video übertragen und über die Webseite des DGB abrufbar sein.

Termin: 30. November 2023

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Ort: Online

Schutzkonzepte in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sind wirksame Instrumente der Praxis, um Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu verhindern oder diese zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Was für betriebserlaubnispflichtige Einrichtungen eine Pflicht ist, bleibt in den sonstigen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe bisher eine Kür. Aber Grenzverletzungen, Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt kommen überall dort vor, wo sich Kinder und Jugendliche aufhalten: neben der eigenen Familie oder der Schule etc. erleben junge Menschen dies auch in Einrichtungen und bei Angeboten der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit. Umso wichtiger ist ein bewusster Umgang und eine klare Haltung, die Grenzen anspricht und für Ihre Einhaltung Sorge trägt. Damit der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Ort nachhaltig wirken und in den Organisationen auch strukturell verankert werden kann, braucht es aber einen vereinbarten und verbindlichen Plan: ein Schutzkonzept.
Der Paritätische Landesverband NRW hat sich dieser Aufgabe angenommen und eine entsprechende Fachlichkeit für den Bereich der Kinder- und Jugendarbeit aufgebaut. Es wird anhand der Arbeitshilfe zu Schutzkonzepten in der Kinder- und Jugendarbeit eine Einführung in die Thematik gegeben und der Prozess der Erstellung eines Schutzkonzeptes in einem Bericht aus der Praxis sichtbar gemacht.

An der Veranstaltung wirken mit:
– Katharina Henrichs, Fachreferentin Jugend- und Kulturarbeit, Sonderprogramm Prävention sexualisierte Gewalt, Der Paritätische NRW, Paritätisches Jugendwerk NRW
– Lisa Katzensteiner, Sozialarbeiterin/ Sozialpädagogin B.A., Bereichsleitung Jugend, Jugend- u. Kulturzentrum Druckluft, Oberhausen

Hier geht es zur Anmeldung.

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:

Borris Diederichs, Referent Kinder- und Jugendhilfe
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.:  030/24636-328, E-Mail: jugendhilfe@paritaet.org

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:

Sabine Haseloff, Sachbearbeitung Kinder- und Jugendhilfe
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-327, E-Mail: jugendhilfe@paritaet.org

Termin: 01. Dezember 2023

Veranstalter: efas – Das Ökonominnen-Netzwerk

Ort: Berlin

Lilly Schön, Referentin des ZFF, wird neben anderen Expert*innen ebenfalls an der Podiumsdiskussion „Wie kann Angehörigenpflege ökonomisch abgesichert werden?“ teilnehmen. Wir freuen uns auf einen spannenden Fachtagung.

Sie versammelt Vorträge im Spannungsfeld von Gesundheit, Ökonomie und Geschlecht. Es werden u.a. care-ethische Theorien und alternative Praktiken im Bereich der Pflege- und Gesundheitsökonomie mit einer feministischen Ausrichtung vorgestellt, aktuelle pflegepolitische Rahmenbedingungen analysiert und die Frage nach einer gerechten Verantwortungsverteilung im Bereich der häuslichen Pflege gestellt. Im Anhang finden Sie das ausführliche Tagungsprogramm.

Sie können sich über diesen Link zur Tagung anmelden: https://htwb.de/anmeldung-efas-tagung 

Termin: 07. Dezember 2023

Veranstalter: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

Ort: Berlin

Als Ampelkoalition haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass häusliche Gewalt in Umgangsverfahren zwingend zu berücksichtigen ist. Die Umsetzung soll nun im Rahmen der Kindschaftsrechtsreform erfolgen. Mit diesem Fachgespräch wollen wir als grüne Bundestagsfraktion das parlamentarische Verfahren vorbereiten. Wie kann das Kindeswohl und der Gewaltschutz für Kinder und den gewaltbetroffenen Elternteil in sorge- und umgangsrechtlichen Verfahren gewährleistet werden? Gibt es hier weiteren gesetzlichen Handlungsbedarf und wie sieht dieser aus? Wie sind die Erfahrungen aus der Praxis? Diese Fragen wollen wir Im Rahmen des Fachgesprächs  mit Expert*innen, Fachpublikum und einer interessierten Öffentlichkeit diskutieren.

Die Veranstaltung findet auch online als Videokonferenz statt. Die Moderation informiert Sie während der Veranstaltung, in welcher Form Sie Fragen stellen und sich beteiligen können. Beachten Sie bitte auch unseren Datenschutzhinweis zur Verwendung von Zoom: https://www.gruene-bundestag.de/zoom-hinweis

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmedldung finden Sie hier.

WEITERE INFORMATIONEN

Kinderarmut in Deutschland

Kinder und Jugendliche, die in Armut aufwachsen, haben nicht die gleichen Bildungschancen, sind öfters gesundheitlich eingeschränkt und müssen materielle Entbehrungen erleiden. Rund ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland, mit wachsender Tendenz, sind davon betroffen.1 Zudem belegen Studien der OECD seit Jahren, dass in unserem Land die soziale Herkunft eines Kindes deutlich stärker über seinen Lebensweg bestimmt als in vielen anderen Ländern. Um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen, müssen sich Investitionen in die soziale Infrastruktur sowie monetäre Leistungen an armutsbetroffene Familien gegenseitig ergänzen.
Die Landesarbeitsgemeinschaft der AWO in NRW kritisiert, dass im Bereich der Infrastrukturförderung viele
Maßnahmen weitgehend wirkungslos bleiben und so finanzielle Ressourcen vergeudet werden.

Der sozialpolitische Auftrag sozialer Infrastruktur

Frühe Hilfen, Kindertagesstätten, Ganztagsangebote an Schulen, Jugendfreizeiteinrichtungen, Hilfen zur Erziehung, Erziehungsberatungsstellen, Familienbildungs- und Familienerholungsstätten sowie weitere Angebote der Kinder- und Jugendhilfe haben einen wichtigen sozialpolitischen Auftrag. Gerade für armutsbetroffene Kinder, Jugendliche und Familien, darunter viele alleinerziehende und kinderreiche Familien, sind solche soziale Einrichtungen wichtige Anlaufstellen. Sie sind Begegnungs-, Bildungs-, und Erfahrungsorte, die an nachbarschaftliche Lebenszusammenhänge anknüpfen und für viele den Stellenwert eines „zweiten“ Wohnzimmers haben. Dort, wo Familien unter Druck geraten und die Folgen der Armut spürbar werden, können diese Einrichtungen und ihre vielfältigen Angebote gezielt entlasten und durch frühzeitige Unterstützung einen wichtigen Beitrag zum präventiven Kinderschutz leisten.2

Unzweckmäßige Förderstrukturen

Darüber, dass Kinder unabhängig von ihrer familiären Herkunft die gleichen Bildungs- und Aufstiegschancen haben sollten, besteht eigentlich ein gesellschaftlicher Konsens. Auf der anderen Seite fehlt es offensichtlich noch an dem politischen Willen, die Folgen der Kinderarmut tatsächlich konsequent zu bekämpfen. Denn viele einschlägige Förderprogramme und Sozialleistungen sind strukturell so angelegt, dass sie ihre Ziele weitgehend verfehlen.

Konkret lassen sich folgende Mängel feststellen.

  • Unangemessene Befristungen: Viele Fördermaßnahmen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe sind zeitlich befristet. Ein gutes Verhältnis von Aufwand und Ertrag ergibt sich aber oftmals erst nach einiger Zeit, wenn sich Verfahren und Abläufe in der Praxis eingespielt haben. Gerade wenn Fördermaßnahmen anfangen, ihre größte Wirkung zu entfalten, werden sie oftmals wieder eingestellt.
  • Verspätete Bewilligungen: Aufgrund langwieriger politischer Entscheidungsprozesse erfolgen Bewilligungen innerhalb befristeter Förderprogramme oftmals so kurzfristig (teilweise sogar erst nach dem Start eines eng begrenzten Bewilligungszeitraumes), dass keine ausreichende Zeit für die Planung und Vorbereitung der Angebote bleibt. Beispielhaft für diese Problematik kann hier das „Helfer*innenprogramm für die Ganztags- und Betreuungsangebote – Aufholen nach Corona“ des Landes NRW genannt werden.
  • Mangelnde inhaltliche Flexibilität: Die konkreten Förderbedarfe armutsbetroffener Kinder und Jugendlicher sind regional und je nach Zielgruppe unterschiedlich und nicht zuletzt zeitlichen Schwankungen unterworfen. Viele Förderrichtlinien bieten Trägern der Kinder- und Jugendhilfe inhaltlich zu wenig Flexibilität, um passgenau auf die jeweiligen Bedarfe ihrer Zielgruppe reagieren zu können.
  • Überbordender bürokratischer Aufwand: Der zeitliche und personelle Aufwand zur Verwaltung der Fördermittel (Antragstellung, rechnerische Verwendungsnachweise, Berichtswesen etc.) ist oftmals so umfangreich, dass dies in keinem angemessenen Verhältnis zum Ertrag steht und darüber hinaus angesichts der Personalnot bei vielen Trägern schlicht nicht leistbar ist. Insbesondere Förderprogramme im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) sind bekannt dafür, dass sie mit einem hohen administrativen Aufwand verbunden sind.
  • Defizitorientierung: Ein weiteres Manko vieler Förderprogramme ist ihre Defizitorientierung. Anstatt die sozialen Folgen der Kinderarmut frühzeitig und präventiv zu bekämpfen, werden Fördermittel nur unter der Voraussetzung gewährt, dass bereits entstandene Defizite detailliert nachgewiesen werden können. Exemplarisch kann hier das Segment der Lernförderung nach dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) benannt werden.
  • Wildwuchs und Parallelität verschiedener Förderstränge: Stiftungen, Ministerien und andere Geldgeber haben offensichtlich ein Interesse daran, in der Öffentlichkeit eigene Akzente zu Bekämpfung der Kinderarmut setzen. So werden ohne engere Abstimmung mit anderen Geldgebern neue Förderprogramme aufgesetzt und es entstehen fragwürdige Parallelstrukturen. Ein Beispiel hierfür sind die beiden Förderprogramme für Familiengrundschulzentren in NRW, von denen eines im Schul- (MSB)und ein zweites im Jugendministerium (MKJFGFI) verortet ist.
  • Brüche in der Bildungsbiografie: Im Übergang von der Kindertagesstätte zur Grundschule oder von der Grundschule zur weiterführenden Schule, aber auch innerhalb einzelner Lebensabschnitte, ergeben sich für armutsbetroffene Kinder häufig schädigende Brüche. Beispielhaft kann in diesem Kontext die Finanzierung sogenannter „Inklusionshelfer*innen“ für Kinder mit sozial-emotionalen Förderbedarfen an Grundschulen erwähnt werden. Während die Finanzierung der Inklusionshelfer*innen für viele Kinder im schulischen Vormittagsbetrieb gesichert ist, endet sie quasi mit dem Mittagessen und entsprechend bedürftige Kinder sind am Nachmittag auf sich allein gestellt. Auch der Übergang der Integrationshilfe von Kindern von der Kita in die Primarschulen ist nicht „anschlusssicher“ geregelt.
  • Überhöhte Trägeranteile: Die Höhe der „angemessenen Eigenleistung“, die ein Träger der Jugendhilfe nach § 74 (4) SGB VIII zu erbringen hat, variiert von Kommune zu Kommune erheblich. Finanzschwache Kommunen, in denen der Anteil armer Kinder häufig überproportional hoch ist, sind gezwungen, vergleichsweise hohe Trägeranteile einzufordern und machen damit beispielsweise den Betrieb von Kindertagesstätten ungewollt unattraktiv. Im Ergebnis ist der Mangel an Kita-Plätzen ausgerechnet in sozial besonders belasteten Kommunen am größten.
  • Chronischer Unterfinanzierung der sozialen Infrastruktur auf der einen, üppig ausgestattete Leuchtturmprojekte auf der anderen Seite: Einerseits gibt es in unserem Land Angebote der sozialen Infrastruktur, die in dramatischer Weise und dauerhaft unterfinanziert sind (exemplarisch kann hier die Finanzierung Offener Ganztagsschulen genannt werden). Andererseits werden immer wieder, insbesondere von Seiten privater Stiftungen, für neue „Leuchtturmprojekte“ großzügig Gelder bereitgestellt.

Zusammenfassend muss festgehalten werden: Viele Förderprogramme und -strukturen zur Bekämpfung der Kinderarmut verfehlen ihr Ziel. Halbherzig aufgelegte Förderprogramme mit zeitlichen Befristungen und einer überbordenden Bürokratie sorgen letztlich dafür, dass finanzielle Ressourcen vergeudet werden, die im Bereich der basalen Infrastruktur so dringend fehlen.

Nötig sind nachhaltige Investitionen in die soziale Infrastruktur

Um Kindern, die in Armut aufwachsen, mehr Perspektiven, Chancen und soziale Teilhabe zu ermöglichen, ist eine auskömmliche Finanzierung der sozialen Infrastruktur im direkten Lebensumfeld der Kinder und Familien das A und O. Entscheidend ist eine frühzeitig und präventiv ansetzende Unterstützung und Förderung. Übergänge in der Bildungsbiografie sind stärker zu beachten. Gesetzliche Förderstrukturen und Förderprogramme, die sich speziell der Bekämpfung der Folgen von Kinderarmut widmen, sind so aufzusetzen, dass sie für Träger plan- und umsetzbar sind und der zu erwartende Ertrag in einem angemessenen Verhältnis zum Aufwand steht. Dies beinhaltet nicht zuletzt

  • bewährte Förderstrukturen zu entfristen,
  • die Verwaltung der Fördermittel zu verschlanken,
  • parallele Förderstrukturen abzubauen
  • Förderrichtlinien und -verfahren formal so weit wie möglich zu vereinheitlichen,
  • in der Umsetzung der Fördermaßnahmen mehr inhaltliche Flexibilität zu gewähren.

Impressum

Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeiterwohlfahrt NRW (AWO NRW)
c/o Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Mittelrhein e. V.
Rhonestraße 2a | 50765 Köln

Verantwortlich:
Michael Mommer | Geschäftsführer LAG AWO NRW
Dr. Michael Maas | Abteilungsleiter Jugendhilfe des AWO Bezirksverbands Niederrhein e. V.
E-Mail: michael.maas@awo-niederrhein.de

Illustration:
pixabay.com/Bru-nO & lalapronyk
Erscheinungsjahr: 2023

Das Jugendalter ist eine Phase, in der junge Menschen ihre Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung erkunden, die Gestaltung von Beziehungen austarieren und Identitätsentwürfe für sich entwickeln. Obwohl die gesellschaftliche Akzeptanz für queere Identitäten wächst, erfahren viele junge queere Menschen immer noch alltäglich Herausforderungen und Diskriminierung. Denn die gesellschaftlichen Rollenvorstellungen sind oft stereotyp und führen zu sozialem Anpassungsdruck und der Angst vor Ablehnung bei queeren jungen Menschen. Insbesondere die Familie, die Schule/Ausbildungsorte und der Freundeskreis sind wichtige Orte für das Aufwachsen junger Menschen und in dieser Hinsicht genauer zu betrachten. Coming-Out-Prozesse variieren stark und finden zu verschiedenen Zeitpunkten statt. Für queere junge Menschen ist der gesamte Prozess mit vielen Verunsicherungen, Ängsten und Ungewissheiten verbunden und es braucht vorhandene Ansprechpersonen, Informationen sowie Unterstützung und Begleitung. 

Die Jugendarbeit sowie weitere Beratungsstellen können in dieser Zeit und darüber hinaus ein wichtiger Raum hierfür sein. Dabei nimmt die Jugendarbeit junge Menschen mit ihren Bedürfnissen und Interessen wahr. Die Begleitung der Entwicklung von Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung ist ein integraler Bestandteil des Auftrags und Selbstverständnisses der Jugendarbeit. Dennoch fehlt es teilweise in der Jugendarbeit noch an der Auseinandersetzung mit queeren jungen Menschen und ihren spezifischen Bedarfen und Bedürfnissen und am Selbstverständnis als queer-sensibler Ort. 

Im vorliegenden Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ wird die Bedeutung der Anliegen und Interessen von queeren jungen Menschen für die Praxis der Jugendarbeit betont und konkrete fachliche Erfordernisse zur Weiterentwicklung von Angeboten unter Berücksichtigung eines queer-sensiblen Ansatzes in der Jugendarbeit formuliert.
Neben den Ausführungen zu Identitätsarbeit als Entwicklungsaufgabe in der Jugendphase, beschreibt das Papier die Herausforderungen, denen queere junge Menschen in dieser Phase gegenüberstehen. Darauffolgend geht das Papier auf den Anspruch einer queer-sensiblen Jugendarbeit ein und setzt den Fokus auf eine diversitätsbewusste Haltung, queer-sensibles Handeln in der Jugendarbeit, queere junge Menschen als Zielgruppe, Räume und Angebote sowie die Beteiligung und den Schutz queerer junger Menschen. 

Abschließend formuliert die AGJ fachliche Erfordernisse an die verschiedenen Ebenen der Jugendarbeit: Die AGJ betont die Notwendigkeit, Diversität in der Jugendarbeit zu fördern und sich für queere junge Menschen zu öffnen. Dies erfordert die Entwicklung einer queer-sensiblen Haltung bei Fachkräften, die Einbindung von queeren Jugendlichen als Zielgruppe sowie die Schaffung und Weiterentwicklung von inklusiven Angeboten. Zudem ist es wichtig, tragfähige Netzwerke zu entwickeln, Diskriminierung wahrzunehmen und Schutzkonzepte zu implementieren, um queeren Jugendlichen eine sichere Umgebung zu bieten. Die Beteiligung queerer junger Menschen ist für all das die Grundlage.

Das 15-seitige Positionspapier finden Sie >> hier.

Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ beschäftigte sich bereits in verschiedenen Kontexten mit dem Übergang von Schule zu Beruf. Die Corona-Pandemie hat dieses Thema erneut in den Fokus gerückt, da das bestehende Übergangssystem sich in der Krise fragil zeigte. Viele junge Menschen verloren den Anschluss, Übergangsprozesse funktionierten nicht wie sie sollten. In einer Zeit, in der aufgrund von Fachkräftemangel und Arbeitsmarktveränderungen, der Blick besonders auf junge Menschen gerichtet werden muss, ist dies gesamtgesellschaftlich besonders gravierend, da insbesondere benachteiligte junge Menschen mehr Unterstützung bräuchten, um ihre Chancen auf Ausbildung und Beschäftigung zu verbessern und ihre Potentiale einzubringen. Die AGJ diskutiert in diesem Positionspapier, wie Ausbildungsförderungsangebote gestaltet werden müssen, um zu einem kohärenten Übergangssystem zu kommen. Es werden konkrete Forderungen an diejenigen Akteur*innen im Übergangssystem abgeleitet, die sich mit Fragen eines verbesserten Übergangssystems beschäftigen und hier Entscheidungsträger*innen sind.

Das 16-seitige Positionspapier finden Sie >> hier

Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ nimmt die Veröffentlichung des General Comment No. 26 on children’s rights and the environment with a special focus on climate change durch den UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes zum Anlass, sich mit den Inhalten und den sich daraus ableitenden Verpflichtungen der Staaten sowie weiterer Akteur*innen zu beschäftigen. 
Das Positionspapier verdeutlicht zunächst die Relevanz der ökologischen Kinderrechte und macht deutlich, dass insbesondere Kinder und Jugendliche von der Klimakrise in besonderer Weise betroffen sind. Ein schnelles, entschlossenes Handeln der Weltgemeinschaft ist immens wichtig ist, um die Schäden der Klimakrise abzumildern und heutigen wie zukünftigen Generationen ein lebenswertes Leben auf der Erde zu ermöglichen. Dabei spielt die Einhaltung und Umsetzung ökologischer Kinderrechte bzw. der UN-Kinderrechtskonvention insgesamt eine entscheidende Rolle. Die Bedeutung des General Comment No. 26, der als Leitlinie und Konkretisierung für ökologische Kinderrechte genutzt werden kann, wird im Papier zunächst dargestellt. Nachfolgend werden die Inhalte und die im General Comment No. 26 formulierten Verpflichtungen der Staaten erläutert. In einem abschließenden Kapitel formuliert die AGJ Empfehlungen und Forderungen an alle staatlichen Ebenen: 1) die Anerkennung des Rechts auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt für Kinder in nationalen Gesetzen, 2) die politische Ausrichtung aller Ressorts an den Leitlinien des General Comment No. 26, 3) die Verantwortungsübernahme für vorhersehbare umweltbezogene Bedrohungen, 4) umfassende Maßnahmen um die Würde und den Schutz von jungen Menschen zu sichern, 5) die Beteiligung junger Menschen an politischen Entscheidungen sowie 6) die enge Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und der Zivilgesellschaft, um für ökologische Kinderrechte zu kämpfen.
Des Weiteren formuliert die AGJ Maßnahmen und Empfehlungen für die Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe. Sie macht deutlich, dass die Kinder- und Jugendhilfe zur Verbreitung und Zugänglichkeit des GC 26 für junge Menschen beitragen kann. Zudem kann sie in ihren Programmen Umwelt- und Bewusstseinsbildung vorantreiben und den Blick auf globale Herausforderungen und Ungerechtigkeiten bei jungen Menschen erweitern. Des Weiteren sollte die Kinder- und Jugendhilfe in all ihren Angeboten junge Menschen beteiligen, aber auch dafür einstehen, dass junge Menschen bei Fragen und Maßnahmen, die das Klima betreffen, gehört und beteiligt werden – und ihre Rechte, falls nötig, einklagen können. Abschließend gibt die AGJ Hinweise für ein Weiterdenken des General Comments und regt unter anderem an, diesen im Staatenberichtsverfahren der UN-KRK zum ständigen Gegenstand zu machen. 

Das 11-seitige Positionspapier finden Sie >> hier