Kategorien
ZFF-Info

ZFF-Info 06/2020

SCHWERPUNKT: Corona Krise

Angesichts der Weiterführung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Benachteiligungen armer Kinder und Jugendlicher fordert das ZFF in einer gemeinsamen Erklärung mit anderen Organisationen, diese kurzfristig mit Soforthilfen zu unterstützen.

Dazu erklärt Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF: „Die Corona-Pandemie trifft diejenigen am härtesten, die schon vor der Krise viel zu wenig hatten: Arme Familien und ihre Kinder. Das kostenfreie Mittagessen in Schule und Kita fällt schon seit mehreren Wochen für die meisten Kita-Kinder und Schüler*innen aus, in vielen armen Haushalte fehlt es an technischen Voraussetzungen, um an digitalen Lernformaten teilzunehmen und kostengünstige Lebensmittel im Supermarkt sind häufig vergriffen. Armut in Corona-Zeiten grenzt aus und hängt Kinder und Jugendliche weiter ab. Politisch Verantwortliche sind mehr denn je gefragt, arme Kinder und ihre Familien mit Soforthilfen kurzfristig materiell abzusichern.“

Reckmann fährt fort: „Die Krise macht aber auch deutlich, dass wir dringend tragfähige Lösungen für die Zukunft brauchen: Langfristig setzen wir uns gemeinsam mit einem breiten Bündnis für die Einführung einer Kindergrundsicherung ein, die die Existenz von Kindern und Jugendlichen, unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern, sichert. Nur so können wir Kinder- und Familienarmut auch über die Krise hinaus nachhaltig bekämpfen!“

Den Wortlaut der gemeinsamen Erklärung finden Sie u>.

Folgende Organisationen haben die Erklärung unterzeichnet:

AWO Bundesverband e.V.

Deutsches Kinderhilfswerk e.V.

Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V.

Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.

Nationale Armutskonferenz (nak)

VAMV-Bundesverband e.V.

Zukunftsforum Familie e.V.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V.vom 23.04.2020

„In Zeiten der Corona-Krise werden die bereits bestehenden Ungerechtigkeiten umso deutlicher. Die Krise trifft die Schwächsten am stärksten. Das muss verhindert werden“, erklärt Birke Bull-Bischoff, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die aktuellen Pläne von Bundesbildungsministerin Karliczek für die digitale Bildung. Birke Bull-Bischoff weiter:

„Die derzeitige Krisen-Beschulung zu Hause stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Viele Eltern kommen schnell an ihre Grenzen. Schüler und Lehrkräfte müssen ihre eigenen elektronischen Geräte nutzen. Und wer kein entsprechendes Gerät hat, ist raus. Das trifft besonders Familien in ohnehin schon sehr schwierigen Lebenslagen – die schlechten sozialen Bedingungen und Ausgrenzungen werden also verstärkt.

Die digitale Ausstattung aller Schülerinnen und Schüler muss sichergestellt werden. Wir erwarten, dass die Jobcenter aufgrund der drastischen Isolationsmaßnahmen und Ausgangsbeschränkungen die digitale Lernteilhabe oder das häusliche Lernen durch internetfähige Geräte sicherstellen. Deshalb müssen Menschen, die im SGB II-, SGB XII-, AsylbLG – Bezug sind, Leistungen zum Kauf eines Laptops oder Computers gewährt werden. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür gibt es im SGB II § 21 Abs. 6 SGB II (Mehrbedarf), im SGB XII § 73 SGB XII und im AsylbLG § 6 AsylbLG (sonstige Leistungen). Dies hatten verschiedene Sozialgerichte bereits 2018 den Jobcentern aufgegeben.

Wir können es uns nicht länger leisten, nicht überall schnelles Internet zu haben. Mittlerweile muss es zur öffentlichen Daseinsvorsorge zählen. Jeder Haushalt sollte ein Anrecht auf einen bezahlbaren, schnellen Breitbandinternet-Anschluss haben.

Für die digitale Ausstattung der Schülerinnen und Schüler wäre auch die Auflegung von Bund-Länderprogrammen unter hälftiger Beteiligung denkbar. Darüber könnte abgesichert werden, dass Tablets kostenlos zur Verfügung stehen und auch zu Hause genutzt werden können. “

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 02.04.2020

7,4% der Bevölkerung lebten in zu kleinen Wohnungen – EU-Durchschnitt 15,5%

Um die Ausbreitung des neuen Coronavirus zu verlangsamen, verlängern viele Regierungen in der Europäischen Union (EU) die Zeiträume von Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren. Zuhause bleiben fällt nicht immer leicht, vor allem dann, wenn viele Menschen auf engem Raum zusammenwohnen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, lebten 6 Millionen Menschen in Deutschland im Jahr 2018 in einer überbelegten Wohnung. Das waren 7,4% der Bevölkerung. Im europäischen Vergleich war das ein geringer Anteil: Der EU28-Durchschnitt lag bei 15,5%. Als überbelegt gilt eine Wohnung dann, wenn sie über zu wenige Zimmer im Verhältnis zur Personenzahl verfügt.

Bei den Alleinerziehenden war dieser Anteil besonders hoch: 20% von ihnen lebten hierzulande mit ihren Kindern auf beengtem Raum mit dem damit einhergehenden Mangel an Privatsphäre (EU 28-Durchschnitt: 22,4%). Das Internetangebot „Europa in Zahlen“ informiert darüber, welche weiteren Personengruppen besonders betroffen sind.

In den meisten anderen EU-Staaten ist der Anteil der Bevölkerung in überbelegten Wohnungen noch deutlich größer als in Deutschland. So lebten in Bulgarien und Rumänien jeweils über 40% der Bevölkerung in einer überbelegten Wohnung. In den gegenwärtig von der Corona-Pandemie besonders betroffenen Staaten Italien (27,8%), Frankreich (8,2%) und Spanien (4,7%) weisen die Anteile der Menschen in überbelegten Wohnungen an der Gesamtbevölkerung ebenfalls große Unterschiede auf.

Beispiele für eine Überbelegung wären Wohnungen, in denen:

– sich drei Kinder ein Kinderzimmer teilen,
– sich Bruder und Schwester, beide im Teenageralter, ein Kinderzimmer teilen,
– Eltern das Wohnzimmer gleichzeitig als ihren Schlafraum nutzen.

Als überbelegt gilt eine Wohnung, wenn es mindestens einen der folgenden Räume nicht gibt:
– einen Gemeinschaftsraum,
– einen Raum pro Paar, das in dem Haushalt lebt,
– einen Raum pro weiterer Person ab 18 Jahren,
– einen Raum für zwei Kinder unter 12 Jahren,
– einen Raum für zwei Kinder desselben Geschlechts zwischen 12 und 17 Jahren,
– einen Raum je Kind zwischen 12 und 17 Jahren, wenn sie unterschiedlichen Geschlechts sind.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 07.04.2020

Die Dienste und Einrichtungen der Hilfen im Wohnungsnotfall sind in großer Sorge um die Menschen in Wohnungslosigkeit und Wohnungsnot, um die Mitarbeitenden derHilfeangebote und zuweilen auch um dieExistenz der Einrichtungen.

Die BAG Wohnungslosenhilfe e. V. (BAG W) fordert ein 10-Punkte-Sofortprogramm

1. Die Belegungsdichte in ordnungsrechtlicher Unterbringung der Kommunen und

sonstigen Notunterkünften muss umgehend reduziert werden. Dazu müssen zusätzliche Räumlichkeiten von den Kommunenakquiriert und angemietetwerden: leerstehenderWohnraum, Pensions- und Hotelzimmer, Ferienwohnungen und weitere geeignete Immobilien.

2. Um Quarantänemaßnahmen für wohnungslose Menschen sicherzustellen, müssen von den Kommunen abgeschlossene Wohneinheiten in ausreichender Zahl vorgehalten werden. Stationäre Angebote der Wohnungsnotfallhilfe richten nach ihren Möglichkeiten abgetrennte Einheiten zur Quarantäne ein und sollten dafür auch die nötige Unterstützung durch die Leistungsträger zugesichert bekommen.

3. Die basale Versorgung der Menschen, die ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben,

mit Aufenthaltsmöglichkeiten während desTages, Mahlzeiten, Kleidung, sanitären Anlagen, Händehygiene etc. muss abgesichert sein. Dazu beitragen kann die 24 / 7 Öffnungvon ordnungsrechtlichen Unterkünften, d.h. die Menschen sollten auch tagsüber in Unterkünften verbleiben können, damit sie sich nicht im öffentlichen Raum aufhalten müssen. Dazu müssen (siehe Punkt 1.) ggf.von den Kommunen zusätzliche geeignete Räumlichkeiten akquiriert werden.

4. Die medizinische Versorgung der wohnungslosen Patientinnen und Patienten muss gewährleistet werden. Eine Mindestvoraussetzung ist die Ausstattung der medizinischen Projekte der Wohnungslosenhilfe mit allen benötigten Schutzutensilien.

5. Den wohnungslosen Menschen in ordnungsrechtlichen Unterkünften der Kommunen, in stationären Einrichtungen und anderen Unterkunftsangeboten freier Träger der Wohnungsnotfallhilfe sowie den Mitarbeitenden dieser Dienste und Einrichtungen müssenregelmäßige COVID-19-Testungen ermöglicht werden, um die Infektionsgefahr in diesen Gemeinschaftseinrichtungen einzudämmen.

6. Für besonders vulnerable Gruppen von wohnungslosen Menschen müssen abgeschlossene Wohneinheiten vorgehalten werden, um sie besser schützen zu können. Dazugehören u. a. Alleinerziehende und Familien, psychisch oder somatisch schwer beeinträchtigte Menschen, von Gewalt bedrohte oder betroffene wohnungslose Frauen.

7. Junge Menschen in Jugendhilfeeinrichtungen sollten jetzt keinesfalls mit dem Erreichen der Volljährigkeit diese Einrichtungen verlassen müssen.

8. Es bedarf gesetzlicher Regelungen zur Aussetzung von Zwangsräumungen aus Wohnraum: Schon lange vor der CORONA-Krise sind Räumungsverfahren eingeleitet worden, die jetzt unbedingt und verbindlich ausgesetzt werden müssen. Vollstreckungsschutzanträgen gemäß § 765a der Zivilprozessordnung (ZPO) muss stattgegeben werden, denn das Rechtauf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art.2 Abs.2 Satz 1 des Grundgesetzes muss geschützt werden. Die Justizbehörden der Länder sollten mit den Amtsgerichten vereinbaren, Zwangsräumungen auszusetzen.

9. Es bedarf eines unbürokratischen und niedrigschwelligen Zugangs zum Bezug von Leistungen der Jobcenter und der Agentur für Arbeit. Tagessätze sind durch monatliche Zahlweisenzuersetzen.

10. In die Erlasse der Länder und Kommunen zur Bestimmung kritischer Infrastrukturen

müssen die Dienste und Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe aufgenommen werden. Die Träger und Einrichtungen der Hilfen im Wohnungsnotfall müssen beiBedarf kurzfristig und unbürokratisch zusätzliche Mittel von Kommunen, den Bundesländern und dem Bund zur Verfügung stehen, um den Herausforderungen gewachsen zu sein.

Den vollständigen Brief finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. (BAG W) vom 03.04.2020

Am stärksten unter Armut leiden laut einer Studie Kinder, die bei Alleinerziehenden oder in komplexen Patchwork-Familien aufwachsen. Die Corona-Krise dürfte deren Situation noch verschärfen

Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut oder ist von Armut bedroht. Doch wie wirkt sich die finanzielle Situation einer Familie auf das Wohlbefinden und das Verhalten der Kinder aus? Das untersuchten Dr. Valerie Heintz-Martin und Dr. Alexandra Langmeyer vom Deutschen Jugendinstitut (DJI). Die beiden Wissenschaftlerinnen verglichen verschiedene Familienformen und stießen auf deutliche Unterschiede.

In ihrer Studie analysierten die Forscherinnen Daten des DJI-Surveys „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“, kurz: AID:A. Die Stichprobe umfasst Datensätze aus dem Jahr 2014 zum Wohlergehen und Verhalten von mehr als 12.000 Kindern unter 17 Jahren. Diese basieren auf Elternbefragungen, aber auch auf Aussagen von etwa 4.000 Kindern zwischen 9 und 17 Jahren. Die Auswertung erfolgte unter Berücksichtigung des international anerkannten Family Stress Models (FSM). Anhand des Modells kann gezeigt werden, wie sich Armut und finanzielle Sorgen auf die Qualität von Elternbeziehungen auswirken und wie diese wiederum das Wohlbefinden der Kinder beeinflusst.

Nötig ist eine gezielte Unterstützung für betroffene Eltern und Kinder

Der Studie zufolge ist Geld alleine für Kinder häufig gar nicht so wichtig. Solange sie in einem intakten Umfeld leben, fühlen sie sich wohl und vermissen wenig. Doch materielle Armut ist meist folgenreich: Finanzielle Sorgen belasten die Eltern, setzen sie unter Druck, schaffen Konflikte in der Beziehung, so die Forschungsergebnisse – und derart belastete Eltern sind selten gute Eltern. „Wenn Eltern ihren Alltag als überfordernd erleben, können sie ihre Kinder meist nicht mehr angemessen erziehen und unterstützen“, erklärt Psychologin Langmeyer. Alleinerziehende, aber auch getrennte Elternteile in neuen Beziehungen seien davon besonders häufig betroffen. „Die aktuelle Corona-Krise dürfte diese negativen Folgen von Armut noch verstärken, nicht nur, weil Existenzängste zunehmen, sondern auch, weil Ausgangsbeschränkungen und Schulschließungen besonders für arme Familien zur Belastungsprobe werden“, warnt sie.

Vor dem Hintergrund ihrer Studienergebnisse fordern die beiden Wissenschaftlerinnen unter anderem gezielte Unterstützung für betroffene Eineltern- und Stieffamilien, bei der die persönlichen Ressourcen der Eltern und der Kinder für die Bewältigung der familiären Belastungen gefördert werden. „Solche Unterstützungsangebote können nicht nur Leid von den betroffenen Kindern abwenden, sondern auch psychosoziale Folgekosten vermindern“, betont Heintz-Martin.

Ausführliche Pressemitteilung

Bericht der Süddeutschen Zeitung (Politikteil, S.6)

Interview mit Valerie Heintz-Martin auf WDR 5 (Morgenecho)

Bericht im Weser Kurier zur Erweiterung der Kita-Notbetreuung in Bremen

Artikel „Economic Situation, Financial Strain and Child Wellbeing in Stepfamilies and Single-Parent Families in Germany“ im Journal of Family and Economic Issues

DJI-Survey „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“, kurz: AID:A

Nationales Zentrum Frühe Hilfen, Projekt der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Kooperation mit dem DJI

Mehr zum Thema Familie

Mehr zum Thema Kinderschutz

Quelle: Pressemitteilung DeutschesJugendinstitute.V. vom 02.04.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert Bund, Länder und Kommunen auf, die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Kinderrechte auch in Zeiten der COVID-19-Pandemie zu gewährleisten. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation ist es wichtig, in der derzeitigen Krise die Interessen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen nicht aus dem Blick zu verlieren. Bei allen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erlassenen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen sowie deren Auswirkungen muss das Kindeswohl vorrangig beachtet werden. Dabei müssen insbesondere Kinder in verletzlichen Lebenslagen und ihre Familien besonders aufmerksam in den Blick genommen werden, beispielsweise Kinder, die in Armut oder hochkonfliktreichen Situationen aufwachsen, geflüchtete Kinder und Kinder mit Behinderungen. Dies ergibt sich aus der Verpflichtung der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention, die seit 5. April 1992 als verbindliches Recht in Deutschland gilt.

"Die Einhaltung der Kinderrechte auf Schutz, Förderung, Beteiligung und Teilhabe von Kindern muss gerade in dieser Ausnahmesituation höchste Priorität haben. Wie es in einer Notsituation gelingt, zum einen Ungleichheiten nicht weiter zu verstärken, und zum anderen sogar Maßnahmen zu treffen, um niemanden in dieser Krisensituation zurückzulassen, ist entscheidender Maßstab für die Bewertung der Bekämpfungsstrategien und letztlich für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Die vorrangige Berücksichtigung der kindlichen Interessen bei staatlichen Entscheidungen, so auch bei allen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, braucht es in Notsituationen wie dieser mehr denn je. Darauf zielt auch die überfällige Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ab", betont Thomas Krüger Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes muss die Funktionsfähigkeit der Kinder- und Jugendhilfe gerade in Krisenzeiten im Sinne eines klaren Bekenntnisses zum Kinderschutz gewährleistet werden. Dazu gehört auch, Flüchtlingskinder und ihre Familien nicht mehr in Massenunterkünften, sondern in dezentralen, kleineren Unterkünfte unterzubringen. Überlegungen, wonach unbegleitete Flüchtlingskinder vorerst in Erstaufnahme-Einrichtungen für Erwachsene untergebracht werden sollen, da notwendige Corona-Tests nicht in jedem Fall vorgenommen werden können, sind strikt abzulehnen.

Die von der Bunderegierung bisher auf den Weg gebrachten finanziellen Unterstützungsleistungen für Familien mit Kindern, beispielsweise der Notfall-Kinderzuschlag, sind ein Schritt in die richtige Richtung, um Armut zu verhindern. An vielen Stellen werden diese aber nicht ausreichen und müssen entsprechend ausgeweitet werden. Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert daher, den Hartz-IV-Regelsatz um 100 Euro für Kinder und Jugendliche zu erhöhen, zumindest solange Schulen und Kitas geschlossen sind. Außerdem sollten die Sanktionen für Familien im Grundsicherungsbezug für sechs Monate ausgesetzt werden.

Zudem braucht es eine bundeseinheitliche Regelung zur Notbetreuung an Kindertageseinrichtungen und Schule. Neben den sogenannten systemrelevanten Berufen, sollte die Notbetreuung für Kinder aus prekären häuslichen Situationen und für Kinder mit Behinderungen geöffnet werden. Auch Alleinerziehenden sollte die Notbetreuung unabhängig von ihrem Beruf zur Verfügung stehen. Aufgrund ihrer Bedeutung für den Kinderschutz sollten zudem die Kinder der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendhilfe Notbetreuung in Anspruch nehmen können.

Ein ausführliches Positionspapier des Deutschen Kinderhilfswerkes mit Ausführungen zu den Kinderrechten auf Schutz, auf Gesundheit, auf soziale Sicherheit und angemessenen Lebensstandard, auf Bildung sowie auf Ruhe und Freizeit, Spiel und Erholung mit dem Titel "Kinderrechte in Zeiten von Corona wichtiger denn je!" findet sich unter www.dkhw.de/kinderrechte-corona.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 06.04.2020

Der prozentuale Anteil der Kinder und Jugendlichen in Hartz-IV-Haushalten steigt immer weiter an. Nach aktuellen Berechnungen des Deutschen Kinderhilfswerkes erhöhte sich der Anteil der Unter 18-jährigen in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften auf jetzt 33,9 Prozent. Vor fünf Jahren hatte dieser Wert noch bei 31,8 Prozent, im letzten Jahr bei 33,4 Prozent gelegen. Zum Jahresende 2019 waren von 5.547.473 Personen in Bedarfsgemeinschaften 1.878.373 Kinder und Jugendliche. Deshalb braucht es aus Sicht der Kinderrechtsorganisation dringend eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland und eine bedarfsgerechte Kindergrundsicherung.

Nach Einschätzung des Deutschen Kinderhilfswerkes wird die Corona-Krise die Zahl armer Kinder in Deutschland deutlich erhöhen. Es ist damit zu rechnen, dass durch die zu erwartende wirtschaftliche Krise die Arbeitslosigkeit und damit auch die Zahl der Hartz-IV-Haushalte steigen werden, und dass die durch Kurzarbeit sinkenden Löhne und Gehälter trotz Kurzarbeitergeld viele Familien in die Armut treiben werden. Gerade für Alleinerziehende, die jetzt aufgrund der Schul- und Kitaschließungen vielfach neben ihren beruflichen Verpflichtungen auch noch Kinderbetreuung in Vollzeit leisten müssen, wird die finanzielle Situation angespannter. Die von der Bunderegierung bisher auf den Weg gebrachten finanziellen Unterstützungsleistungen für Familien mit Kindern sind ein Schritt in die richtige Richtung, um Armut zu verhindern, werden aber an vielen Stellen Armut nicht verhindern können und müssen entsprechend ausgeweitet werden.

"Auch wenn die absoluten Zahlen der Kinder und Jugendlichen im Hartz-IV-Bezug im letzten Jahr etwas zurückgegangen sind, ist ihr prozentualer Anteil weiter angestiegen. Jeder dritte Hartz-IV-Empfänger ist ein Kind, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung in Deutschland nur bei rund 16 Prozent liegt. Damit sind Kinder und Jugendliche mit ihren Familien in besonderem Maße von Armut betroffen. Deshalb brauchen wir eine Kindergrundsicherung, die ihren Namen verdient. Die Förderung armer Familien und ihrer Kinder sowie unbürokratische Zugänge zu armutsvermeidenden Leistungen gehören auf der Prioritätenliste ganz nach oben. Mittelfristig kann die Lösung nur sein, die gesellschaftliche Teilhabe jedes Kindes eigenständig und unabhängig von der Hartz-IV-Gesetzgebung abzusichern", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert angesichts der aktuellen Situation eine Aufstockung des Regelsatzes um 100 Euro für Kinder und Jugendliche, zumindest solange Schulen und Kitas geschlossen sind. Langfristig tritt das Deutsche Kinderhilfswerk für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung in Höhe von 637 Euro nach dem Modell des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG ein, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, bestehende kindbezogene Leistungen bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem bedarfsgerecht gewährleistet.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 02.04.2020

Die Corona-Krise lässt uns nicht nur im Beruf und Familienalltag vieles anders machen, sondern sie offenbart noch ganz andere Schieflagen für bestimmte Bevölkerungsgruppen.

Gerda Holz, Kinderarmutsforscherin am ISS-Frankfurt a. M., und Antje Richter-Kornweitz von der Landesvereinigung Gesundheit Niedersachsen haben aus gegebenem Anlass das Statement „Arme Kinder in der Corona-Krise nicht länger übersehen!“ erarbeitet, um eine zentrale Versorgungsfrage von Hartz IV-Familien familien-/sozialpolitisch deutlich zu machen.

Zentral ist die Frage: Wie wird die Essenversorgung der Hartz IV-Kinder nach Schließung der Kitas, Horte und Schulen öffentlich gesichert?

Mit der Schließung der o. g. Einrichtungen ist faktisch auch die 2. Säule der Versorgung in Form von Leistungen zur Bildung und Teilhabe (BuT) von einem Moment zum anderen weggebrochen. Daraus ergeben sich folgende dringende Probleme:

1. Faktisch ist staatliche Verantwortung ersatzlos auf die Eltern übergegangen, die diese Grundversorgung nun aus dem normalen Regelsatz finanzieren müssen, es aber finanziell gar nicht können. (Beispiel: Für ein 5-Jähriges Kind gilt ein SGB II-Regelsatz von 250 € im Monat, davon rund 88 € für Nahrung und Getränke.)

2. Faktisch wird staatliche Verantwortung nun als eine lokale Krisen-Versorgung – so gut es geht – durch bürgerschaftlich Engagierte, durch Spenden und Wohltätigkeit oder durch Einzelaktivitäten der Fachkräfte/Träger/Kommunen anzugehen versucht. Das mag für einen Moment individuell helfen, löst aber nicht das strukturelle Problem.

Wie wird damit weiter umgegangen, welche politischen Entscheidungen und staatliche Sofortmaßnahmen werden ergriffen?

Das Statement formuliert und fordert solche konkreten Sofortmaßnahmen und wirft einen kurzen Ausblick in die Zukunft.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V. vom 14.04.2020

Die Beschlüsse des Koalitionsausschusses für weitere Hilfen in der Corona-Krise kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband als armutspolitisch enttäuschend. So richtig und wichtig die beschlossenen Nachbesserungen beim Kurzarbeitergeld, die angekündigte Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes und die Unterstützung von Schulen und bedürftigen Schüler*innen seien, so empörend sei es, dass erneut keine zusätzlichen Leistungen für die große Gruppe armer Menschen vorgesehen seien. Diese seien durch die deutlichen Preissteigerungen für Lebensmittel, durch weggefallene Unterstützungsangebote und Mehrausgaben für Hygiene- und Gesundheitsbedarfe massiv belastet. Der Verband unterstreicht seine Forderung nach einem Notprogramm für Menschen in Hartz IV und in der Altersgrundsicherung.

„Es ist beschämend, dass die Bundesregierung ausgerechnet für arme Menschen in ihrer Not in dieser Krise offenbar im wahrsten Sinne des Wortes so gut wie nichts übrig hat“, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Die angekündigten Zuschüsse für bedürftige Schüler*innen zur Anschaffung von Computern seien zwar unbedingt zu begrüßen, richteten sich aber nur auf eine kleine Gruppe und nur ein spezifisches Problem, in diesem Fall die Sicherstellung der Bildungsteilhabe. Nicht gelöst werde die existenzielle Not, die sich für Millionen von Familien in Hartz IV und Menschen in der Altersgrundsicherung mit Beginn der Corona-Krise tagtäglich verschärfe.

Der Paritätische fordert ein armutspolitisches Notprogramm, konkret die sofortige Erhöhung der Regelsätze in der Grundsicherung um 100 Euro pro Monat und Haushaltsmitglied, um insbesondere angesichts der Preisexplosion für Lebensmittel eine ausgewogene Ernährung sicherzustellen. Zusätzlich sei eine Einmalzahlung von 200 Euro notwendig für coronakrisenbedingte Mehraufwendungen. „Der Staat ist in der Pflicht, sofort eine Lösung in der Fläche zu organisieren. Es geht um die Existenzsicherung von armen Menschen in Deutschland.“

Positiv bewertet der Verband die neuen Regelungen zur Verbesserung des Kurzarbeitergeldes und der verlängerten Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes. Auch die Hilfen, um Schulen und Schüler*innen kurzfristig fit für digitalen Fernunterricht zu machen, um die aktuelle Krise zu bewältigen, seien im Grundsatz zu begrüßen. „Es braucht kreative, kluge und vor allem machbare digitale Formate und Lösungen, um alle Schüler*innen auch in den Zeiten des erzwungenen Heim- bzw. Fernunterrichts optimal zu fördern. Kein Kind darf zurückbleiben, weder weil sich die Familie nicht die nötige technische Ausstattung leisten kann, noch weil es an geeigneten Tools und Qualifikation bei den Lehrenden fehlt“, so Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 23.04.2020

Familien als Fundament unserer Gesellschaft stehen in Zeiten von Schul- und Kitaschließungen, Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, aber auch vielfach existenziellen Sorgen aufgrund von Einkommensverlusten oder drohender Arbeitslosigkeit als Folge der Corona-Pandemie vor deutlich verschärften Herausforderungen. Viele Familien bedürfen daher mehr noch als sonst der Unterstützung und Beratung, um unter diesen erschwerten Bedingungen ihre familialen Beziehungen zu leben, Erwerbstätigkeit und Familienarbeit zu vereinbaren, ihr alltägliches Familienleben und ihre Versorgung zu organisieren sowie ihre anspruchsvollen Bildungs- und Betreuungsaufgaben zu bewältigen. Da auch die meisten familienbegleitenden Leistungen derzeit heruntergefahren werden müssen, sind die Familien dabei vielfach auf sich selbst gestellt.

Der AWO Bundesverband e.V. und das Zukunftsforum Familie e.V. haben den gemeinsamen u> formuliert, in welchem wir auf die Bedeutung der Familienbildung gerade in diesen Zeiten hinweisen und dazu auffordern, diese Infrastruktur vor Ort zu sichern – zum Wohle der Familien.

Quelle: Appell Zukunftsforum Familie e. V. und AWO Bundesverband e.V. vom 14.04.2020

„Wir unterstützen Franziska Giffeys Forderung nach einer schrittweisen Öffnung der Kindertageseinrichtungen ausdrücklich. Die bisherige Regelung, wonach es nur für jene Kinder eine Notbetreuung gibt, deren Eltern in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten, ist unzureichend“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, zur heutigen Telefonkonferenz der Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) mit ihren Länderkollegen zur Kita-Notbetreuung und der schrittweisen Öffnung. Norbert Müller weiter:

„Die bisherige Regelung lässt soziale Problemlagen völlig außer Acht. Diese müssen wir mehr in den Fokus rücken. Kitas sind aber auch wichtige Bildungseinrichtungen und können helfen, soziale Ungleichheit abzubauen. Kinder brauchen den Kontakt zu gleich- und unterschiedlichaltrigen Kindern. Das ist für das soziale Lernen wichtig. Verlorene Monate können in den ersten Lebensjahren nicht einfach aufgeholt werden.

Bundesweit sind weniger als zehn Prozent der Kita-Kinder in Notbetreuungen. Das reicht bei Weitem nicht. Wir fordern eine Anhebung um ein Drittel der Plätze. Die zusätzlichen Kita-Plätze sollen prioritär für Alleinerziehende und Kinder in schwierigen Bedingungen bereitgestellt werden. Dazu zählen etwa Kinder, die durch die Jugendhilfe betreut werden oder bei denen ein Elternteil eine psychische Erkrankung oder Behinderung hat. DIE LINKE appelliert an die Länder, nun schnellstmöglich Kriterien zu erarbeiten, wie die Kinderbetreuung unter Wahrung des Gesundheitsschutzes von Kindern und Erziehern möglich ist. Weiterhin muss die Erhebung von Kita-Gebühren für alle Eltern so lange ausgesetzt werden, wie die Notbetreuung aufrechterhalten wird. Wo Eltern weiterhin ihre Kinder nicht in Kitas schicken können, muss es die Möglichkeit geben, dass Eltern in Gruppen gegenseitig ihre Kinder betreuen können."

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 17.04.2020

Die Corona-Pandemie hat das Leben vieler Familien auf den Kopf gestellt. Kitas und Schulen sind geschlossen, viele Kinder sind nun tagsüber zu Hause – genau wie viele Eltern, die etwa vom Home-Office aus arbeiten. Was bedeutet diese Konstellation für Eltern und deren Zeiteinteilung mit Blick auf Kinderbetreuung, Erwerbsarbeit und Hausarbeit? Aktuelle repräsentative Daten zu diesen Aspekten gibt es noch nicht, allerdings geben frühere Zeitverwendungsdaten für Eltern mit Kita-Kindern und Eltern mit Kindern, die nicht in einer Kita betreut werden, Hinweise zu erwartenden Effekten. Alles deutet darauf hin: Die Hauptlast tragen wohl vielerorts die Mütter.

Am 15. April 2020 waren UN-Angaben zufolge weltweit mehr als 90 Prozent der SchülerInnen und Kita-Kinder von Schließungen betroffen. In Deutschland werden nach Jahren des Kita-Ausbaus nahezu alle Kinder über drei Jahren in einer Kita betreut und auch bei den unter Dreijährigen ist es inzwischen mehr als jedes dritte Kind, das eine Kita besucht. Nicht umsonst wird nach der jüngsten Stellungnahme und den Empfehlungen der Leopoldina[1] (Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina) zur weiteren Schließung von Kitas bis zu den Sommerferien – zumindest für Kinder unter fünf Jahren – heftig über die Folgen einer solchen andauernden Schließung diskutiert. Diese kann sich nicht nur in der Entwicklung der Kinder widerspiegeln, sondern auch im Haushaltseinkommen aufgrund veränderter Erwerbskonstellationen, der Gleichstellung der Geschlechter und dem Wohlbefinden der Familienmitglieder.

Aufgrund des Mangels an repräsentativen Daten über die aktuelle Situation ist es unmöglich, die tatsächlichen Auswirkungen auf die Zeitverwendung von Eltern zu messen. Daher wird die neueste Welle der Zeitverwendungsdaten des Statistischen Bundesamtes aus den Jahren 2012/2013 analysiert, um Anhaltspunkte für mögliche Auswirkungen der aktuellen Kita-Schließungen zu erhalten. Es wird die Zeitverwendung von Eltern, deren jüngstes Kind (unter sechs Jahren) nicht in eine Kita geht, verglichen mit der Zeiteinteilung von Eltern, deren jüngstes Kind eine Kita besucht.[2] Dabei kann angenommen werden, dass der Unterschied in der Zeitverwendung beider Gruppen Hinweise darauf gibt, welche Auswirkungen die coronabedingten Kita-Schließungen haben (werden). Allerdings sind diese Ergebnisse nicht eins zu eins auf die jetzige Situation übertragbar: Kitas sind derzeit nur vorübergehend und nicht dauerhaft geschlossen, hinzu kommen aber Einschränkungen bei sozialen Kontakten und Reisen sowie die Tatsache, dass viele Eltern im Home-Office ihrer Erwerbsarbeit nachgehen müssen oder – etwa wenn sie in Kurzarbeit sind – finanzielle Einbußen verkraften müssen.

Vor allem Mütter verbringen deutlich mehr Zeit mit ihrem Kind, wenn es nicht in die Kita geht

Eltern verbringen mehr Zeit mit ihrem Kind, wenn es keine Kita besucht – dies ist zwar zu erwarten, aber nicht unbedingt zwingend, da in „Normalzeiten“ auch eine Betreuung durch Großeltern oder andere Personen erfolgen kann. Der Zusammenhang ist für Mütter deutlich größer als für Väter (Abbildung 1): Mütter verbringen im Durchschnitt täglich 134 Minuten oder 36 Prozent mehr Zeit mit ihrem Kind, wenn es keine Kita besucht, als Mütter mit einem Kita-Kind. Bei den Vätern beträgt der Unterschied nur 19 Minuten pro Tag oder neun Prozent.

Jedoch ist nicht die gesamte Zeit, die mit Kindern verbracht wird, Zeit, in der Eltern direkt mit dem Kind interagieren und sich aktiv dem Sohn oder der Tochter zuwenden, also beispielsweise gemeinsam spielen. Vielmehr zeigt sich, dass der zeitliche Unterschied mit Blick auf die „aktive“ Zeit mit dem Kind zwischen Müttern ohne und mit Kita-Kind nicht so groß ist wie die zuvor dargestellte Differenz mit Blick auf die Zeit, in der das Kind anwesend ist. So sinkt die Differenz zwischen „Kita-Müttern“ und „Nicht-Kita-Müttern“ im Mittel auf 63 Minuten täglich. Mütter ohne Kita-Kinder verbringen also nur 29 Prozent mehr Zeit aktiv mit ihrem Kind, obwohl sie 36 Prozent mehr Zeit mit ihrem Kind zusammen sind. Bei Vätern ist sogar zu beobachten, dass sie etwas weniger Zeit (im Durchschnitt fünf Minuten) aktiv mit ihrem Kind verbringen, wenn es nicht in eine Kita geht.

Das lässt erwarten, dass es auch während der derzeitigen Kita-Schließungen Eltern nicht möglich ist, sich die gesamte zusätzliche Zeit aktiv mit ihrem Kind zu beschäftigen – zumal viele Eltern derzeit im Home-Office bezahlter Arbeit nachgehen müssen. Eine alternative Betreuung über Großeltern fällt wegen besonderer Infektionsrisiken für ältere Menschen in vielen Fällen weg.

Ohne Kita-Besuch sinkt die Erwerbsarbeit und steigt die Hausarbeit

Mütter, deren jüngstes Kind keine Kita besucht, wenden erwartungsgemäß weniger Zeit für bezahlte Erwerbsarbeit auf, im Mittel 57 Minuten pro Tag (Abbildung 2). Dagegen verbringen sie mehr Zeit mit Hausarbeit: im Durchschnitt zusätzliche 31 Minuten pro Tag. Die geringere Zeit für Erwerbsarbeit steht im Einklang mit Untersuchungen, die zeigen, dass der Kita-Ausbau in Deutschland die Erwerbstätigkeit von Müttern und auch ihr Arbeitsvolumen erhöht hat.[3] Mütter, deren Kind keine Kita besucht, kombinieren zudem häufiger Hausarbeit und Kinderbetreuung. Die Zunahme der Hausarbeit kann zum Teil darauf zurückzuführen sein, dass sie mehr Zeit für die Zubereitung von Essen und Reinigungsarbeiten brauchen, wenn das Kind mehr Zeit zu Hause verbringt. Bei Vätern unterscheidet sich der zeitliche Umfang ihrer Erwerbs- und Hausarbeit nicht danach, ob ihr Kind in eine Kita geht oder nicht.

Mit Blick auf die aktuellen Kita-Schließungen ist allerdings zu erwarten, dass sich die Auswirkungen auf die bezahlte Erwerbsarbeit weniger deutlich darstellen. Insbesondere die betroffenen Mütter werden versuchen, ihre Erwerbsarbeit im Home-Office beispielsweise auf die Schlafzeiten des Kindes zu verlegen oder auf Zeiten, in denen das Kind zwar anwesend ist, sie sich aber nicht mit ihm beschäftigen. Zudem dürften viele Mütter versuchen, sich die Kinderbetreuung mit ihrem Partner aufzuteilen. Inwiefern das gleichberechtigt gelingt, ist allerdings nicht sicher. Wie bisherige Studien vermuten lassen, spricht einiges dafür, dass die Hauptbetreuungsaufgabe bei den Müttern verbleibt. Auch die vorliegende Analyse unterstreicht dies, da der Kita-Besuch eines Kindes die Zeit, die Väter mit ihren Kindern verbringen, nur geringfügig ändert und auch für die Erwerbsarbeit und die Hausarbeit von Vätern keinen signifikant großen Unterschied macht.

Damit lassen diese Analysen einmal mehr vermuten, dass Frauen und insbesondere Mütter besonders stark von den Folgen der aktuellen Corona-Krise betroffen sind. Viele Mütter werden wohl ihre bezahlten Arbeitsstunden reduzieren müssen, was sich auf ihr eigenes Erwerbseinkommen und das Haushaltseinkommen auswirkt.[4] Dies wird insbesondere Mütter betreffen, die nicht von zu Hause arbeiten können und nicht in systemrelevanten Berufen beschäftigt sind. Mütter, die in der Lage sind, abends im Home-Office zu arbeiten, werden wahrscheinlich weniger Freizeit haben und/oder weniger schlafen.[5] Schließlich kann sich in einigen Fällen die Aufteilung der elterlichen Kinderbetreuung mit dem Partner als kostspieliger Verhandlungsprozess erweisen. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die coronabedingten Kita-Schließungen erhebliche Auswirkungen auf die elterliche Zeitverwendung haben werden. Hinzu kommen negative Effekte auf das Einkommen der Haushalte, das Wohlergehen der Haushaltsmitglieder[6] und auf die Gleichstellung beider Geschlechter[7].

Fazit: Befunde sollten in Diskussionen um Lockerung der Einschränkungen einbezogen werden

Diese Analyse lässt darauf schließen, dass infolge der coronabedingt geschlossenen Kitas insbesondere Mütter erheblich mehr Zeit für Kinderbetreuung und Hausarbeit aufwenden müssen. Gleichzeitig können sie aber nur einen Bruchteil der zusätzlichen Zeit mit ihrem Kind aktiv mit diesem verbringen, etwa mit Spielen oder anderen gemeinsamen Aktivitäten. Das ist auch dann der Fall, wenn die Zeit, in der das Kind anwesend ist, überproportional zunimmt. Dies kann die Entwicklung der Kinder, die sonst mit anderen Kindern in einer Kita zusammen wären, beeinflussen. Welcher Natur diese Veränderungen sind, wird sich insbesondere in der Zeit nach der Krise zeigen. Sie sollten jedoch bereits jetzt bedacht werden.

Durch die Kita-Schließungen kommt auf Mütter signifikant mehr Hausarbeit zu – während Väter sich vermutlich im geringeren Maße an zusätzlichen Aufgaben beteiligen. Dies lassen zumindest die Analysen von Zeitverwendungsdaten vor der Krise vermuten. Auch die Erwerbstätigkeit von Müttern wird nur verbunden mit stärkeren Einschränkungen möglich sein. Zwar reagieren Väter in ihrem Erwerbsverhalten in der Regel kaum auf die die Kita-Nutzung ihrer Kinder, aber auch sie können krisenbedingt von Kündigungen oder Arbeitszeitverkürzungen betroffen sein.

Befunde wie die vorliegenden, die aus Zeitverwendungsdaten abgeleitet sind, sollten bei Diskussionen über mögliche Lockerungen der Corona-Einschränkungen einbezogen werden. Das gilt insbesondere für Überlegungen, wie Familien mit jungen Kindern gezielt unterstützt werden können. Arbeitsmarkt-, Bildungs- und FamilienökonomInnen sowie Gleichstellungsforscherinnen des DIW Berlin haben jüngst dazu Anregungen gegeben.[8] Sie schlagen konkret vor, eine Corona-Elternzeit und ein Corona-Elterngeld einzuführen. Kindertageseinrichtungen sollten schrittweise für mehr Kinder geöffnet werden, damit Kindern zumindest tageweise ein Kita-Besuch ermöglicht wird.

Quelle: Publikation DIW aktuell -Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 20.04.2020

Die von Bund und Ländern gestern angekündigten Lockerungen der Corona-Maßnahmen sind zwar unter epidemiologischen und politischen Gesichtspunkten sinnvoll und weitsichtig, stellen aber berufstätige Eltern vor große Probleme. Die Wiederöffnung von Schulen soll frühestens Anfang Mai erfolgen und dann auch nur schrittweise. Für Kitas gibt es noch keine Perspektive. Zwölf DIW-ÖkonomInnen aus den Abteilungen Bildung und Familie, Staat, Gender Economics und SOEP fordern jetzt, auch die Probleme der erwerbstätigen Eltern entschieden anzugehen und sie mit einem Corona-Elterngeld zu entlasten.

Die zeitlich nicht eingegrenzte Verlängerung der Schul- und Kitaschließungen bietet erwerbstätigen Eltern mit jüngeren Kindern keine Perspektive auf eine baldige Entlastung in ihrer häufig schwierigen Situation. Betroffen sind in etwa 4,2 Millionen Familien mit Kindern bis zu zwölf Jahren, bei denen beide oder alleinerziehende Elternteile erwerbstätig sind. Für viele dieser Familien ist das täglich genutzte System zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch die Corona-Maßnahmen ausgefallen. Insbesondere für Eltern von Kita-Kindern ist keine Verbesserung der Lage in Sicht. Es steht außer Frage, dass die Gesundheit aller zentral ist. Aber bei der Priorisierung von gesundheitspolitischen Zielen entstehen Zielkonflikte zu bildungs-, arbeitsmarkt- und vereinbarkeitspolitischen Zielen, die jetzt ebenso politisch mitgestaltet werden müssen.

Es muss anerkannt werden, dass nicht alle erwerbstätigen Alleinerziehenden und Familien mit zwei beschäftigten Elternteilen über Monate ihre Erwerbstätigkeit in gewohntem Umfang aufrechterhalten können, wenn sie „nebenbei“ Kinder betreuen und Home-Schooling organisieren müssen. Ist gesundheitspolitisch keine Öffnung der Kitas absehbar, sollten erwerbstätige Eltern nicht nur von ihren Arbeitgebern, sondern auch von staatlicher Seite unterstützt werden. Denkbar wäre eine Corona-Elternzeit und ein Corona-Elterngeld, das heißt, sie haben einen Rechtsanspruch auf Arbeitszeitreduzierung mit entsprechendem Kündigungsschutz und erhalten gegebenenfalls eine Einkommensersatzleistung. Bei einer solchen Maßnahme könnten Alleinerziehende sowie Familien, in denen beide Eltern gemeinsam mehr als 40 Stunden arbeiten, jeweils eine Reduzierung der individuellen Arbeitszeit zur Kinderbetreuung beim Arbeitgeber beantragen und dafür einen staatlichen Einkommensersatz erhalten. Um Geschlechterunterschiede bei der Erwerbs- und Sorgearbeit nicht zu verschärfen, könnte die Leistung bei Paaren an die Bedingung geknüpft werden, dass beide Elternteile ihre Arbeitszeit reduzieren.

Da Kitas und Schulen neben der Betreuungsfunktion essentielle Bildungsaufgaben übernehmen, sollten parallel Konzepte erarbeitet werden, die eine Teil-Öffnung der Kitas bei maximaler Infektionsvorbeugung ermöglichen. Wünschenswert wäre etwa die tageweise Betreuung in kleinen Gruppen von Kindern. Da Kitas ein zentraler Ort frühkindlicher Bildung sind, sollte der dosierte und schrittweise Besuch der Kita nicht an die Erwerbstätigkeit der Eltern gekoppelt sein. Dazu sollten die Jugend- und Familienministerkonferenz mit den Vertretern der kommunalen Spitzenverbänden Vorschläge erarbeiten.

Es ist jetzt unerlässlich, Eltern und Kindern in der derzeitigen Situation eine Perspektive zu geben. Andernfalls wird riskiert, dass Eltern sich aufgrund fehlender Betreuungs- und Bildungsmöglichkeiten und einer beruflichen Überlastung anderweitige Betreuungs- und Interaktionsumgebungen für das Kind suchen. In solch selbstorganisierten Alternativen (zum Beispiel wechselnde Spielgruppen) wären Infektionen schlechter nachzuverfolgen und eventuell Risikogruppen wie Großeltern eingebunden. Eine Arbeitszeitreduzierung von Eltern kombiniert mit einem Einkommensausgleich – sowie eine schrittweise Kita-Öffnung – ermöglicht dagegen Betreuung und Bildung des Kindes und gleichzeitig den Erhalt der Erwerbstätigkeit. Die geordnete Betreuung in Kleingruppen in der gewohnten Kita-Umgebung gewährleistet zumindest minimalen Zugang zu dieser frühkindlichen Bildungseinrichtung für Kita-Kinder. Zur besseren Steuerung einer schrittweisen, partiellen Wiederaufnahme des Bildungs- und Betreuungsangebots wären digitale Instrumente denkbar, die sowohl den tatsächlichen Betreuungsaufwand als auch mögliche Infektionsketten nachvollziehbar machen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 16.04.2020

Um die Ausbreitung des Corona-Virus zu begrenzen, wurden ab März deutschlandweit die Schulen geschlossen. Seitdem sollen die SchülerInnen überwiegend zu Hause lernen – in welcher Form genau, wird von Schule zu Schule sehr unterschiedlich gehandhabt. Diese Analyse zeigt, dass sich Schulkinder je nach Leistungsniveau signifikant in der schulischen Motivation, den häuslichen Bedingungen und in den Unterstützungsmöglichkeiten durch die Eltern unterscheiden. Da es auf diese Faktoren für den Lernerfolg in der derzeitigen Situation stärker denn je ankommt, drohen Bildungsungleichheiten und Leistungsunterschiede noch zuzunehmen. Etwa, wenn leistungsschwächere SchülerInnen weniger motiviert sind und schlechtere häusliche Lernbedingungen vorfinden. Auch vor dem Hintergrund bevorstehender, wichtiger Übergänge von SchülerInnen an weiterführende Schulen sollten daher dringend Angebote geschaffen werden, die es allen Kindern ermöglichen, zuhause effektiv lernen und individuelle Unterstützung beim Aufholen erhalten zu können. Das gilt auch für die Zeit, wenn die Schulen wieder geöffnet haben und regulärer Unterricht stattfindet.

Schulen unterstützen ihre Schülerinnen und Schüler beim häuslichen Lernen derzeit sehr unterschiedlich: Während einige Schulen Teile ihres Unterrichts, Lernstandsabfragen und Unterstützung über spezielle Onlinemedien anbieten, schicken andere per E-Mail Aufgaben an ihre SchülerInnen. Wieder andere haben am bisher letzten Schultag einen ganzen Katalog an Aufgaben verteilt und deren Bearbeitung und den Lernerfolg gänzlich in die Hände und die Selbstmotivation der SchülerInnen und Eltern gelegt.

Wie gut kann das häusliche Lernen gelingen und von welchen Faktoren hängt es ab? Neben der Unterstützung durch die Schulen und LehrerInnen spielen auch die Unterstützungsmöglichkeiten der Eltern, die Motivation der Kinder und die Bedingungen zu Hause eine Rolle. Bei Ausgangsbeschränkungen, Kontaktsperren und aufgrund der Schließung von Bibliotheken und Treffpunkten von Kindern und Jugendlichen sind diese umso mehr auf die häuslichen Bedingungen und ihre Eigenmotivation angewiesen. Eine große Gefahr der Schulschließungen ist, dass leistungsschwächere SchülerInnen in dieser Zeit den Anschluss verlieren, der ohne zusätzliche, bedarfsorientierte Angebote in der Zeit nach den Schulschließungen nicht ohne weiteres aufgeholt werden kann.

Für die nachfolgende Analyse wurden Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) verwendet.[1] In dieser wiederholten repräsentativen Haushaltsbefragung werden Eltern, insbesondere Mütter, zu den schulischen Leistungen ihrer Kinder, der Schulmotivation, der Unterstützung bei den Hausaufgaben und zu Aspekten der häuslichen Lernumgebung befragt. Den Analysen liegen Aussagen zu 2.167 neun- und zehnjährigen Kindern zugrunde, die in den Jahren 2015 bis 2018 erhoben wurden. Kinder dieser Altersgruppe sind hier deshalb im Fokus, da sie einen höheren Betreuungsbedarf haben als ältere Kinder und vor dem Übergang von der Grundschule an weiterführende Schulen stehen. Dieser Übergang beziehungsweise die Entscheidung über den Schultyp, den ein Kind künftig besucht, hat einen großen Einfluss auf die weitere Bildungs- und spätere Erwerbsbiografie. Ist diese Entscheidung erst einmal gefallen, wird sie im weiteren Schulverlauf nur selten geändert.

Verglichen werden zwei Gruppen von SchülerInnen, leistungsstärkere und leistungsschwächere. Anhand der durchschnittlichen Schulnote in den Fächern Deutsch und Mathematik gelten SchülerInnen mit einer Durchschnittsnote von 1 bis 2 als leistungsstärker und SchülerInnen mit einem Notendurchschnitt darüber als leistungsschwächer (der Median der Durchschnittsnoten ist 2).

Leistungsstärkere SchülerInnen sind deutlich motivierter

Insgesamt geht etwa jedes zehnte Kind nicht gern zur Schule oder empfindet Schule eher als Zeitverschwendung. Jedes siebte Kind nimmt die Arbeit in der Schule nicht ernst und fast jedes vierte Kind lernt eher ungern. Etwa sieben Prozent der Kinder kommen im Unterricht eher schwer mit.

Wenn nun nach der schulischen Leistung der Kinder differenziert wird, zeigen sich starke Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen in der schulischen Motivation (Abbildung 1). Während nur vier Prozent der leistungsstärkeren SchülerInnen eher nicht gern zur Schule gehen, beträgt der Anteil unter den leistungsschwächeren SchülerInnen fast 14 Prozent. Ähnlich verhält es sich mit dem Empfinden, dass Schule Zeitverschwendung sei. Während nur etwa fünf Prozent der leistungsstärkeren SchülerInnen dies so empfinden, sind es unter den leistungsschwächeren über 15 Prozent. Etwa acht Prozent der leistungsstärkeren SchülerInnen verneinen die Frage, ob sie die Arbeit in der Schule ernst nehmen. Der Anteil unter den leistungsschwächeren SchülerInnen ist mit fast 19 Prozent mehr als doppelt so hoch. Etwa 13 Prozent der leistungsstarken SchülerInnen lernen eher nicht gern, aber über 38 Prozent der leistungsschwächeren. Und wenn es um die Frage geht, ob Kinder Probleme haben im Unterricht mitzukommen, stimmt fast niemand der leistungsstärkeren Kinder der Aussage zu, während über 13 Prozent der leistungsschwächeren von Schwierigkeiten berichten.

Kurzum: In der schulischen Motivation bestehen signifikante Unterschiede zwischen leistungsstärkeren und leistungsschwächeren SchülerInnen, die auch mit dem Erfolg des häuslichen Lernens zusammenhängen dürften.

Leistungsschwächere SchülerInnen lernen zu Hause unter ungünstigeren Bedingungen

Neben Faktoren der schulischen Motivation dürften auch die Unterstützungsmöglichkeiten durch die Eltern, Rückzugsmöglichkeiten und die häusliche Lernumgebung eine wichtige Rolle für den Lernerfolg der Kinder in Zeiten von Schulschließungen darstellen (Abbildung 2). So hängen die Schulleistungen auch signifikant mit der Bildung der Eltern zusammen. Während unter den leistungsstärkeren SchülerInnen 35 Prozent der Mütter einen akademischen Abschluss haben, beträgt der Anteil unter den leistungsschwächeren SchülerInnen 13 Prozent.

Dabei benötigen Leistungsschwächere viel häufiger Unterstützung bei den Hausaufgaben: 47 Prozent der leistungsschwächeren Kinder erhalten täglich von mindestens einem Elternteil Unterstützung bei den Hausaufgaben. Unter den leistungsstärkeren Kindern sind es 30 Prozent. Mit Blick auf die häusliche Infrastruktur haben 90 Prozent der Kinder einen eigenen Schreibtisch. Bei Kindern ohne eigenen Schreibtisch handelt es sich eher um die leistungsschwächeren. 88 Prozent aller SchülerInnen haben ein eigenes Zimmer.[2] Unter jenen, bei denen das nicht der Fall ist, könnte das Lernen insbesondere dann beeinträchtigt werden, wenn Eltern selbst von zu Hause arbeiten müssen, etwa aufgrund der fehlenden Betreuung in Schulen oder Kitas oder auf Empfehlung des Arbeitgebers. Zumindest zeigen sich hier kaum Unterschiede nach der Schulleistung der Kinder. Allerdings wird ein Drittel der Wohnungen, in denen leistungsschwächere SchülerInnen leben, von den Eltern als zu klein oder sogar viel zu klein eingeschätzt. Unter den leistungsstärkeren SchülerInnen gilt dies für ein Viertel der Familien.

Ein Internetzugang und auch der Zugang zu einem PC oder Laptop sind aktuell sehr bedeutend für viele SchülerInnen, insbesondere wenn der Kontakt zur Schule und der Unterricht in Teilen online fortgeführt wird. Insgesamt haben über 96 Prozent der betrachteten SchülerInnen Zugang ins Internet und 88 Prozent haben einen PC oder Laptop im Haushalt. Allerdings ist in Zeiten von Corona nicht gesagt, dass die SchülerInnen all dies auch nutzen können. So dürften die Kapazitäten zumindest teilweise durch Home-Office-Tätigkeiten der Eltern belegt sein. Erneut zeigen sich leichte Unterschiede in diesen Ausstattungsmerkmalen, wenn nach dem Leistungsniveau der SchülerInnen differenziert wird. Während zum Beispiel weniger als zwei Prozent der leistungsstärkeren SchülerInnen über keinen Internetzugang zu Hause verfügen, gilt dies für gut sechs Prozent der leistungsschwächeren SchülerInnen. Ebenfalls haben 13 Prozent der leistungsschwächeren SchülerInnen keinen PC oder Laptop im Haushalt, bei den leistungsstärkeren SchülerInnen beträgt dieser Anteil elf Prozent.

Schulische Leistungen hängen nicht mit Systemrelevanz des Berufs der Eltern zusammen

Abschließend wird betrachtet, wie Schulleistungen mit der Systemrelevanz des Berufs der Eltern zusammenhängen.[3] Üben die Eltern systemrelevante Berufe aus, können sie für ihre Kinder im Kita- und Schulalter eine Notbetreuung beanspruchen. Daraus ergeben sich insbesondere für Eltern in nicht systemrelevanten Berufen Vereinbarkeitsprobleme ihrer eigenen beruflichen Tätigkeit mit der Kinderbetreuung und der Lernunterstützung. Kinder aus Haushalten mit mindestens einem Elternteil in einem systemrelevanten Beruf zeigen aber keine Leistungsunterschiede im Vergleich zu anderen Kindern. Sowohl etwa 40 Prozent der leistungsstärkeren SchülerInnen als auch 40 Prozent der leistungsschwächeren SchülerInnen haben mindestens ein Elternteil mit einem als systemrelevant definierten Beruf. Es treten auch keine signifikanten Unterschiede zu Tage, wenn andere Faktoren rausgerechnet werden, etwa das Bildungsniveau oder der akademische Abschluss der Eltern. Während andere Analysen gezeigt haben, dass systemrelevante Berufe mit einem geringeren Einkommen und niedrigerem Berufsprestige verbunden sind,[4] ist an dieser Stelle anzumerken, dass die Trennung nach Systemrelevanz keinen bedeutsamen Zusammenhang mit der schulischen Leistung der Kinder aufweist.

Fazit: Bildungsungleichheit wird zunehmen, wenn SchülerInnen nicht gezielt unterstützt werden

Leistungsstärkere und leistungsschwächere SchülerInnen unterscheiden sich signifikant in Bezug auf ihre schulische Motivation und die häusliche Lernumgebung. Beide Aspekte beeinflussen den Lernerfolg der Kinder in Zeiten von Schulschließungen. Aufgrund der Datenlage hier noch nicht berücksichtigt werden konnten die aktuelle Lernunterstützung durch die Schulen und LehrerInnen der Befragten. Wie groß die Zahl der SchülerInnen ist, bei denen aktuell das Lernen de facto ausgesetzt ist, dazu gibt es noch keine Schätzungen oder gar verlässliche Zahlen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit kann aber davon ausgegangen werden, dass das derzeitige Lernen zu Hause für viele Kinder nicht so effektiv ist wie das Lernen in der Schule – und das trifft insbesondere die leistungsschwächeren SchülerInnen.

Bei der Wiederaufnahme des Schulbetriebs werden sowohl LehrerInnen als auch SchülerInnen vor einer großen Herausforderung stehen – denn dann gilt es, Inhalte aufzuholen. Eine vorübergehende Erhöhung der Schulstunden wäre eine Möglichkeit, aber das allein wird nicht reichen. Die G8-Reform[5] hat gelehrt, dass eine Komprimierung der Lehrinhalte die Leistungsunterschiede zwischen leistungsstärkeren und leistungsschwächeren GymnasiastInnen verstärkt hat. Leistungsschwächere SchülerInnen haben größere Probleme, bei einer schnellen Abfolge des Lehrplans Inhalte zu verarbeiten.[6] Es sollte also auch davon ausgegangen werden, dass Lernziele insbesondere von Leistungsschwächeren häufiger nicht beziehungsweise nicht in vollem Umfang erreicht werden. Andere Forschungsarbeiten zeigen zudem, dass Leistungsunterschiede im weiteren schulischen Werdegang eher noch weiter zunehmen.[7]

Da nicht abzusehen ist, ob die Schulen nach den Osterferien wieder öffnen, sollten verschiedene Szenarien berücksichtigt werden, um allen Kindern erfolgreiches Lernen zu ermöglichen und Leistungsschwächeren besondere Unterstützung anzubieten. Öffnen die Schulen nach den Ferien wieder, wären kostenlose Lernangebote in den Sommerferien und Nachhilfeoptionen im Sinne von Sommerakademien (gegebenenfalls über E-Learning) durchaus sinnvoll, um Kindern individualisierte Angebote zum Aufholen zu unterbreiten.

Bestehen die Schulschließungen noch über das Ende der Osterferien hinaus, sollte man sich an „Leuchtturm“-Beispielen orientieren: Schulen, die es innerhalb kürzester Zeit geschafft haben, den Unterricht weitgehend online abzudecken. Da es anders als im Klassenraum beim E-Learning keine Platzknappheit gibt, könnten die Länder koordiniert zentrale Online-Lernangebote schaffen. So könnten elektronische Lernformate auch SchülerInnen zugänglich gemacht werden, die weniger motiviert sind, zu Hause eine ungünstigere Lernumgebung vorfinden oder deren Schulen kaum eigene Lösungen anbieten. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass sich für viele Kinder entscheidet, welche weiterführende Schulform sie künftig besuchen, sollten individuelle Haushaltslagen und Bedürfnisse – auch noch in den nachfolgenden Jahren – besonders berücksichtigt werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 06.04.2020, gekürzt

Trotz der Bereitstellung von Lehrmaterialen durch die Schulen wenden viele Schüler der Sekundarstufe II nur wenig Zeit für die Schule auf. Zugleich macht sich fast die Hälfte der Befragten Sorgen um ihre schulischen Leistungen. Das zeigen aktuelle Daten aus einer Schülerbefragung während der Schulschließungen, die das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) durchgeführt hat.

Das Der allergrößte Teil der befragten Jugendlichen empfängt mindestens einmal wöchentlich Lehrmaterialien durch die Schule. Bei 47 Prozent der Befragten erfolgt dies täglich, bei weiteren 47 Prozent zumindest einmal wöchentlich. Lediglich sechs Prozent der Befragten geben an, seltener als einmal wöchentlich Lehrmaterialien zu bekommen. Der Kontakt zwischen Lehrern und den Jugendlichen findet über verschiedene Kanäle statt, die teils parallel eingesetzt werden. Vor allem Onlineplattformen und E-Mails werden von Seiten der Schulen genutzt.

Unter der Woche verbringen 27 Prozent der Jugendlichen täglich vier oder mehr Stunden mit schulischen Aktivitäten wie beispielsweise der Aufgabenbearbeitung oder digitalem Unterricht. 35 Prozent wenden zwei bis unter vier Stunden täglich auf, 37 Prozent weniger als zwei Stunden. Die Befragten des Abiturjahrgangs geben mit 46 Prozent sogar noch häufiger an, weniger als zwei Stunden täglich für die Schule aufzuwenden. „Bei der letztgenannten Gruppe hat möglicherweise die Ankündigung der Verschiebung der Abiturprüfungen eine Unterbrechung der Abiturvorbereitung verursacht“, heißt es in der IAB-Studie.

45 Prozent der Schüler machen sich große oder sehr große Sorgen, dass sich die Schulschließungen negativ auf ihre Schulleistungen auswirken. Weniger häufig besorgt sind die Befragten um ihre berufliche Zukunft (28 Prozent). Die Sorgen der Jugendlichen hinsichtlich ihrer Schulleistung und der beruflichen Zukunft weisen starke geschlechtsspezifische Unterschiede auf. Unter den Schülerinnen geben 51 Prozent an, große oder sehr große Sorgen hinsichtlich einer Beeinträchtigung ihrer Schulleistungen zu haben. Bei den männlichen Schülern traf dies auf 37 Prozent zu. Bei der beruflichen Zukunft lagen die entsprechenden Anteile bei 33 bzw. 22 Prozent.

Die Studie ist im Online-Magazin IAB-Forum kostenfrei abrufbar unter www.iab.de/forum/schulschliessungen-wegen-corona. Die Analysen basieren auf einer Online-Befragung von rund 1.000 Schülern der Vorabschluss- und Abschlussklassen in Gymnasien und Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe in 195 Schulen aus den acht Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Schleswig-Holstein. Die Daten wurden zwischen dem 24. März und dem 6. April erhoben.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit vom 23.04.2020

Schulschließungen stellen weltweit eine bedeutende Maßnahme dar, um die Ausbreitung der Corona-Pandemie zu verlangsamen. In der Debatte um die Wiederöffnung der Schulen rückt die Sekundarstufe II in den Fokus, da die Abiturprüfungen in den meisten Bundesländern noch anstehen. Trotz der regelmäßigen Bereitstellung von Lehrmaterialien durch die Schulen wenden viele Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II nur wenig Zeit für die Schule auf. Zugleich machen sie sich Sorgen um ihre schulischen Leistungen und ihre berufliche Zukunft. Das zeigen aktuelle Daten aus einer bundesweiten Schülerbefragung während der Schulschließung.

In Deutschland wurden ab dem 13. März 2020 innerhalb kürzester Zeit Schulen aller Schulformen bundesweit geschlossen. Der Debatte um die Wiederöffnung der Schulen folgte am 15. April der Beschluss der Bundesregierung und der Kultusministerien, die Schulen stufenweise wieder zu öffnen. So soll der reguläre Schulbetrieb schnellstmöglich wiederhergestellt werden, ohne zugleich die Ausbreitung der Pandemie zu beschleunigen.

Die darin enthaltene Entscheidung, die Sekundarstufe II früher als andere Klassenstufen wieder zu öffnen, wird unter anderem damit begründet, dass nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts die Einhaltung von Abstandsregeln bei Schülerinnen und Schülern der Oberstufe zuverlässiger funktioniert und die Ansteckungsgefahr damit geringer sein dürfte als bei jüngeren Schülern.

Im Unterschied dazu hat die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in einer Stellungnahme vom 13. April 2020 eine spätere Rückkehr der höheren Stufen zum gewohnten Unterricht empfohlen. Danach könne bei Schülerinnen und Schülern der gymnasialen Oberstufen stärker auf das selbstorganisierte Lernen mithilfe digitaler und analoger Lernmedien gesetzt werden. Die Auswirkungen einer Schulschließung auf den Lernerfolg von älteren Schülerinnen und Schülern seien deswegen weniger gravierend als bei jüngeren.

Allerdings ist denkbar, dass die Schulschließungen auch für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II erhebliche negative Auswirkungen mit sich bringen. Diese werden dadurch verschärft, dass die Abschlussklassen vor entscheidenden Prüfungen stehen und Versäumnisse in der Lernentwicklung nicht zu einem späteren Zeitpunkt in der Schule nachgeholt werden können.

Eine Beeinträchtigung des Lernerfolgs dürfte sich darin begründen, dass die elterliche Unterstützung und der elterliche Einfluss in der Oberstufe deutlich geringer sind als in den niedrigeren Klassenstufen. Zweitens verfügen auch Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II nicht immer über ausreichende Fähigkeiten zur Selbstorganisation. Das mag auch daran liegen, dass die für ein Homeschooling unabdingbaren Fähigkeiten in der Sekundarstufe II bisher nicht als erforderlich eingeschätzt und vermittelt wurden. Drittens dürfte die ohnehin bestehende Unsicherheit während der Pandemie bei Abiturienten durch die Unklarheit über die Verschiebung von Abiturprüfungen noch verstärkt worden sein.

Im Folgenden wird anhand einer aktuellen Schülerbefragung aufgezeigt, wie Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II die temporären Schulschließungen wahrnehmen, wie sie damit umgehen und welche Unterstützungsangebote sie von den Schulen erhalten. Die Befragungsergebnisse liefern damit eine empirische Grundlage zur derzeitigen Lernsituation an gymnasialen Oberstufen und geben Anhaltspunkte dafür, wie stark Schülerinnen und Schüler ihre Lernaktivitäten in Zeiten von Homeschooling reduzieren.

Die Analysen basieren auf einer Online-Befragung von 1.027 Schülerinnen und Schülern der Vorabschluss- und Abschlussklassen in Gymnasien und Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe in 195 Schulen aus den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Sachsen. Die Fragen zur Schulschließung wurden in der ersten Folgeerhebung der Studie „Berufliche Orientierung: Berufs- und Studienwahl (BerO)“ ergänzt. Die vorliegenden Auswertungen basieren auf Angaben von Schülerinnen und Schülern, die zwischen dem 24. März und dem 6. April 2020 an der Befragung teilgenommen haben.

Die Mehrzahl der befragten Jugendlichen erhält mindestens einmal wöchentlich Lehrmaterialien von den Schulen

Die Schulen sahen sich aufgrund der Schließungen gezwungen, ihren Unterricht in kürzester Zeit auf die neuen Gegebenheiten umzustellen. Dennoch hat ein Großteil der Schülerinnen und Schüler seit der Schulschließung regelmäßig Lehrmaterialien oder sonstige Informationen zum Unterricht erhalten (siehe Abbildung 1). Die Befragten werden in den meisten Fällen täglich (47 %) oder zumindest einmal wöchentlich (47 %) von der Schule mit Unterrichtsmaterial versorgt. Lediglich 6 Prozent der Befragten geben an, seltener als einmal wöchentlich Lehrmaterialien zu erhalten. Bei den Vorabschlussklassen ist dieser Anteil mit 2 Prozent noch geringer.

Der Kontakt zwischen Lehrkräften und Jugendlichen findet über verschiedene Kanäle statt, die teils parallel eingesetzt werden. Dabei werden vor allem Onlineplattformen und E-Mails genutzt. Jeweils rund ein Drittel der Befragten erhält täglich Informationen, weitere etwa 50 Prozent erhalten zumindest wöchentlich Informationen über diese beiden Kanäle. Seltener findet der Kontakt zwischen Lehrpersonal und Jugendlichen über Onlinekurse oder digitalen Unterricht statt: 15 Prozent der Jugendlichen geben an, dass sie täglich ein solches Angebot bekommen, bei 33 Prozent ist das mindestens einmal pro Woche der Fall.

Insgesamt scheint der Kontakt zwischen Lehrkräften und Jugendlichen nach der Schulschließung weiterhin zu bestehen, wenn auch in unterschiedlichem Umfang. Allerdings lässt sich aus der Kontakthäufigkeit nicht zwingend ableiten, wie intensiv die Schülerinnen und Schüler die Lernangebote nutzen. Außerdem ist unklar, ob die erhaltenen Materialien die Breite des Unterrichts oder lediglich einzelne Unterrichtsfächer abdecken und ob sie bezüglich ihres Umfangs, Schwierigkeitsgrad und Inhalt auf die Anforderungen des Lehrplans und die Bedürfnisse der Jugendlichen abgestimmt sind.

Die befragten Schülerinnen und Schüler wenden unterschiedlich viel Zeit für die Schule auf

Neben den erhaltenen Lehrmaterialien wurde erfasst, wie viel Zeit die befragten Schülerinnen und Schüler an einem Homeschooling-Tag für schulische Aktivitäten aufwenden (siehe Abbildung 2). Die Analysen zu dieser Frage basieren auf den Angaben von 844 Befragten, deren Antworten sich auf einen Wochentag beziehen. Jugendliche, deren Zeitangaben für ein Wochenende oder einen Schulferientag vorliegen, wurden zur besseren Vergleichbarkeit ausgeschlossen, obwohl die meisten Schülerinnen und Schüler nach eigenen Angaben am Wochenende ebenfalls etwas für die Schule tun – wenn auch mit geringerem Zeitumfang. Dies könnte auf eine flexiblere Verteilung des Lernens in Zeiten von Homeschooling hinweisen.

An einem Wochentag verbringt gut ein Viertel der Gymnasiastinnen und Gymnasiasten täglich mehr als vier Stunden Zeit mit schulischen Aktivitäten wie der Aufgabenbearbeitung oder digitalem Unterricht. Dagegen wendet weitaus mehr als jeder dritte Jugendliche weniger als zwei Stunden pro Tag für Schulaktivitäten auf, also deutlich weniger als an einem regulären Schultag.

Die Befragten des Abiturjahrgangs geben mit fast 46 Prozent an, weniger als zwei Stunden täglich etwas für die Schule zu tun. Bei der letztgenannten Gruppe hat möglicherweise die Ankündigung der Verschiebung der Abiturprüfungen eine Unterbrechung der Abiturvorbereitung verursacht.

Allerdings besagt die reine Stundenzahl noch nichts über die Intensität und Qualität des Lernens. Es wäre theoretisch möglich, dass leistungsstarke Jugendliche den vorgesehenen Lernstoff mit einem geringeren Stundenpensum als im Schulkontext bewältigen können. Gegen diese Annahme spricht, dass Befragte mit geringerem Leistungsniveau (unter einem Notendurchschnitt von 2,5 in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch) weniger Zeit für die Schule aufwenden. Auch verbringen männliche Schüler weniger Zeit mit schulischen Aktivitäten als Schülerinnen. Dagegen scheint der Lernumfang in den gymnasialen Oberstufen hier nicht vom Bildungsstand der Eltern abzuhängen (Eltern mit/ohne Abitur).

Setzt man den Zeitaufwand für Lernaktivitäten in Bezug zum digitalen Lernangebot der Schule, zeigt sich, dass Schülerinnen und Schüler, die häufiger Lehrmaterialien bekommen, mehr Zeit für die Schule aufwenden. Von den Jugendlichen, die nach eigenen Angaben seltener als einmal pro Woche Material oder Lernangebote von der Schule erhalten, verwendet über die Hälfte weniger als zwei Stunden pro Tag für die Schule. Unter denjenigen, die täglich Lehrmaterialien erhalten, gilt dies nur für ein knappes Drittel der Befragten. Allerdings ist denkbar, dass manche Schülerinnen und Schüler selbst bei regelmäßiger Versorgung mit Unterrichtsmaterial weiterhin wenig Zeit in die Schule investieren.

Diese Befunde könnten dafür sprechen, dass Schulen nicht nur Lehrmaterialien bereitstellen, sondern auch verstärkt in Interaktion mit den Jugendlichen treten sollten. So könnte nicht nur der Lernerfolg kontrolliert, sondern auch die Motivation, gerade der leistungsschwächeren und der weniger engagierten Schülerinnen und Schüler erhöht werden. Allerdings könnten sich dabei etwa zeitliche Restriktionen der Lehrkräfte oder die technische Ausstattung von Schulen und Jugendlichen als limitierende Faktoren erweisen.

Gut ein Drittel der befragten Abiturientinnen und Abiturienten macht sich wegen der Schulschließung Sorgen um die berufliche Zukunft

Die Schulschließungen lösen bei einem beträchtlichen Teil der Jugendlichen Sorgen um ihre schulischen Leistungen und ihre berufliche Zukunft aus. Die Befragten haben dies auf einer Skala von 1 (gar nicht besorgt) bis 10 (sehr besorgt) eingeschätzt: 45 Prozent der Schülerinnen und Schüler machen sich große oder sehr große Sorgen (Skalenwerte 7 bis 10), dass sich die Schulschließungen negativ auf ihre Schulleistungen auswirken könnten. Die Sorgen sind bei der Vorabschlussklasse und Befragten mit schlechterem Notendurchschnitt noch etwas stärker ausgeprägt. Unterschiede nach elterlicher Bildung lassen sich auch hier nicht erkennen (siehe Abbildung 3).

Um die berufliche Zukunft sorgt sich ein kleinerer Teil der Befragten: Etwas mehr als ein Viertel macht sich große oder sehr große Sorgen, dass die Schulschließung ihre berufliche Zukunft gefährdet. Abiturientinnen und Abiturienten machen sich mit 34 Prozent deutlich häufiger große oder sehr große Sorgen um ihre berufliche Zukunft als Schülerinnen und Schüler des Vorabschlussjahrgangs (24 %). Auch Leistungsschwächere und Jugendliche, deren Eltern keine Hochschulreife besitzen, zeigen sich hier etwas stärker besorgt.

Männliche Schüler machen sich im Schnitt deutlich weniger Sorgen als weibliche. Während sich 51 Prozent der Schülerinnen große oder sehr große Sorgen um ihre schulischen Leistungen machen, trifft dies nur auf 37 Prozent der Schüler zu. Ein Unterschied von 11 Prozentpunkten zwischen den Geschlechtern findet sich auch bei denjenigen Jugendlichen, die sich große oder sehr große Sorgen um ihre berufliche Zukunft machen.

Diese Sorgen und Unsicherheiten der Jugendlichen sollten auf jeden Fall aufgegriffen werden und mit konkreten und zeitnahen Informationen darauf eingegangen werden. Eindeutige Hinweise zur Durchführung der Abiturprüfungen und anderer Formen der Leistungsmessung während und nach der Schulschließung sowie Hilfestellungen zur Planung der beruflichen Zukunft durch Lehrkräfte oder die Berufsberatung könnten hier sehr hilfreich sein.

Fazit

Eine umfangreiche Befragung von mehr als 1.000 Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe II in acht Bundesländern zeigt, dass die Schulen in den gymnasialen Oberstufen trotz der sehr kurzfristig beschlossenen Schulschließungen bereits regelmäßig Lehrmaterialien zur Verfügung stellen, wenn auch nicht alle Schülerinnen und Schüler ein tägliches Angebot erhalten.

Dennoch verwenden die meisten Jugendlichen durchschnittlich nur wenig Zeit (unter vier Stunden pro Tag) für schulische Aktivitäten. Insbesondere Schüler, die nach eigenen Angaben nur selten mit Lehrmaterialien versorgt werden, wenden weniger Zeit für die Schule auf. Zudem machen sich nicht wenige Jugendliche Sorgen, dass die Schulschließungen ihre schulischen Leistungen beeinträchtigen und ihre berufliche Zukunft gefährden könnten.

Diese Befunde machen deutlich, dass es selbst in den gymnasialen Oberstufen für viele Schülerinnen und Schüler eine Herausforderung ist, ihren Lernalltag mittels Homeschooling zu gestalten. Hier könnte erstens ein stärkerer persönlicher Austausch zwischen Lehrern und Schülern – sei es über E-Mail, Telefonate oder Videokonferenzen – und die tägliche Bereitstellung von Lehrmaterialien hilfreich sein. Dabei gilt es, die bestehenden Angebote auf Basis der bislang gesammelten Erfahrungen weiterzuentwickeln. Beim Ausbau der digitalen Interaktion zwischen Lehrkräften und Jugendlichen müssen allerdings die technischen und zeitlichen Restriktionen auf beiden Seiten berücksichtigt werden.

Zweitens sollte der bereitgestellte Unterrichtsstoff nicht nur bezüglich Umfang, Schwierigkeitsgrad und Inhalt auf den Lehrplan und auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler abgestimmt sein. Er sollte auch in einem geeigneten Format, zum Beispiel mit Hilfe von Videos oder digitalem Unterricht, vermittelt werden. Drittens würden manche Schülerinnen und Schüler von Zeitvorgaben für die bereitgestellten Lehrmaterialen zur besseren Orientierung im Lernalltag profitieren.

Darüber hinaus sollten Schulen und Lehrkräfte auf die Sorgen der Schülerinnen und Schüler eingehen. Eine regelmäßige und klare Kommunikation, beispielsweise zu den Abiturterminen, bietet Schülerinnen und Schülern mehr Planungssicherheit. Dies gilt auch für die Planung der beruflichen Zukunft, insbesondere der Abiturjahrgänge. Neben den Schulen könnte hier auch die Berufsberatung dazu beitragen, den Jugendlichen in dieser unsicheren Zeit Perspektiven aufzuzeigen.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit vom 23.04.2020

Durch die Corona-Krise wird der Alltag vieler Familien auf eine harte Probe gestellt. Mit Homeoffice, Homeschooling und der Beschränkung sozialer Kontakte ist es nötig, neue Routinen zu entwickeln. Dies betrifft alle Familienmitglieder: Kinder, Mütter und auch Väter.

Die Väter gGmbH hat eine Webseite entwickelt, die speziell für Väter Informationen, Hilfsangebote, Materialien u.v.m. rund um Vaterschaft und Familienleben in Corona-Zeiten bereitstellt.

Hier finden sich weiterführende Hinweise

Quelle: Hinweis vom Bundesforum Männer – Interessenverband für Jungen, Männer und Väter e.V. vom 24.04.2020

Deutsche Liga für das Kind fordert schrittweise Öffnung der Kitas und Kindertagespflegestellen

Nach einer langen Zeit des Shutdown öffnen wieder kleinere Geschäfte, und der Schulbeginn ist für die Schülerinnen und Schüler absehbar. Kitas und Kindertagespflegestellen demgegenüber bleiben weiterhin – abgesehen von einer Notbetreuung – geschlossen. Die meisten Eltern mit jungen Kindern sind demnach weiterhin darauf angewiesen, die Versorgung ihrer Kinder ohne Unterstützung zu leisten, auch dann, wenn sie erwerbstätig sind. Den Kindern fehlen Spielkameraden, eine anregungsreiche Umgebung und die Förderung durch pädagogische Fachkräfte. Eltern können die Kita nicht ersetzen, zumal Spielplätze, Schwimmbäder, der Zoo etc. geschlossen sind.

„Vor allem betroffen sind Kinder in Familien, in denen die Beziehungen ohnehin angespannt sind, in denen die Nerven der Eltern blank liegen, in denen die Eltern aufgrund wirtschaftlicher Sorgen nicht ansprechbar sind. Bei den von Armut betroffenen Familien kommt hinzu, dass nun auch noch die kostenfreie oder kostengünstige Essensversorgung in Kitas und Kindertagespflegestellen wegfällt. Vielfältige Belastungslagen verschärfen sich. Schon seit einigen Wochen macht die Kinder- und Jugendhilfe auf die erhöhten Risiken von häuslicher Gewalt sowie Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung von Kindern aufmerksam. Das muss uns alle beunruhigen“, sagt Prof’in Dr. Sabine Walper, Präsidentin der Deutschen Liga für das Kind. „Zudem ist die Befundlage zur Rolle der Kinder im Infektionsgeschehen, die eine fortgesetzte Schließung der Kitas begründen könnte, erstaunlich schwach.“

Vor diesem Hintergrund sollte eine schrittweise Öffnung der Kitas und Kindertagespflegestellen im Interesse der Eltern und Kinder bereits in den kommenden Wochen erwogen werden. Hierbei muss der notwendige Gesundheitsschutz für Kinder und Fachkräfte durch geeignete, mit den Eltern abgestimmte Maßnahmen bestmöglich gewahrt werden.

Als erster Schritt sollte die Notbetreuung auf Kinder aus Familien mit erhöhtem Bedarf ausgeweitet werden. Neben Kindern, deren Eltern in systemrelevanten Bereichen tätig sind, betrifft dies vor allem Kinder erwerbstätiger Alleinerziehender und vollzeiterwerbstätiger Paare, Kinder aus belasteten Familien sowie Kinder mit erhöhtem sozialpädagogischen Förderbedarf oder mit erhöhtem Sprachförderbedarf vor der Einschulung.

Weiterhin sollte sichergestellt werden, dass Kitas und Kindertagespflegestellen auch während der Sommerferien durchgehend geöffnet sind. Dafür ist bei Bedarf eine Ausweitung der Finanzierung notwendig.

Um noch mehr Handlungssicherheit zu gewinnen, sollten die Statistiken zu den Infektionsraten von Kindern und zu deren Rolle bei der Ausbreitung des Virus detailliert altersbezogen ausgewertet und kontinuierlich in politische Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Außerdem sollte geprüft werden, welche Erfahrungen in den verschiedenen Bundesländern und im Ausland (z.B. Dänemark) mit der allmählichen Wiedereröffnung von Kitas und Kindertagespflegestellen gemacht werden und inwieweit diese für Deutschland genutzt werden können.

Die ausführliche Stellungnahme (www.liga-kind.de) wird vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), dem Bundesverband für Kindertagespflege (BVKT), der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGKJP), der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ), dem Deutschen Familienverband (DFV), dem Deutschen Juristinnenbund (djb), der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie (eaf), dem Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) sowie von zahlreichen Fachleuten aus Wissenschaft, Praxis und Verbänden unterstützt.

Quelle: PressemitteilungDeutsche Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft e.V. vom 20.04.2020

Während in der Bundesrepublik vieles still steht, geht die juristische Ausbildung ihren Gang. Diese Woche hat an vielen Universitäten die – digitale – Vorlesungszeit begonnen. Die Ausbildung der Referendar*innen wird bereits seit März im Remote-Modus organisiert. Juristische Staatsprüfungen dieser Kampagne werden nun abgehalten, nachdem sie in einigen Bundesländern verschoben werden mussten.

Diese besondere Situation stellt für alle eine Herausforderung dar, vor allem aber für Studierende und Referendar*innen mit betreuungsbedürftigen Kindern. "Bei der Frage, wie die juristische Ausbildung angesichts der derzeitigen Lage gestaltet werden kann, müssen die Belange von Studierenden und Referendar*innen mit Sorgeverantwortung und anderen zusätzlichen Belastungen berücksichtigt werden.", fordert Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb).

Eltern minderjähriger Kinder erleben die gegenwärtige Situation als besonders belastend. Für sie ist es derzeit nahezu ausgeschlossen, an Studium oder Referendariat regulär teilzunehmen,geschweige denn, sich adäquat auf anstehende Prüfungen vorzubereiten. WeilSchulen und Kindergärten geschlossen sind, müssen sie ihre Kinder zu Hause betreuen und unterrichten. Rückzugsmöglichkeiten zum konzentrierten Lernen und Arbeiten fehlen, weil die Universitäten und Bibliotheken vorerst geschlossen sind. Die Kontaktbeschränkungen haben zur Folge, dass private Betreuungsnetzwerke wegbrechen. Etwaige Notbetreuung deckt nicht den regulären Betreuungsbedarf ab und ist nicht gleichermaßen verlässlich. "Die gegenwärtige Situation macht besonders deutlich, wie problematisch es ist, dass das Referendariat bislang nicht in Teilzeit absolviert werden kann.", bemerkt Prof. Dr. Maria Wersig.

Die gegenwärtige Krise trifft indes nicht nur Care-Verantwortliche besonders hart, sondern vertieft und verfestigt alle strukturellen Ungleichheitslagen in der juristischen Ausbildung. Die Unsicherheit, wann der normale Lehrbetrieb wieder aufgenommen wird und unter welchen Voraussetzungen und wann Prüfungen abgelegt werden können (oder müssen), erhöht den psychischen Druck, der in der Examensvorbereitung ohnehin schon besteht. Diese Effekte treffen Examenskandidat*innen unterschiedlich hart, je nachdem, welche zusätzlichen Belastungen sie nebenher zu bewältigen haben. Besonders betroffen sind beispielsweise auch diejenigen Studierenden, die sich ihre Ausbildung selbst finanzieren müssen und deren Einnahmequellen nun wegfallen.

Das Problem der fehlenden Kinderbetreuung und Unterstützung bei anderen Belastungssituationen darf nicht privatisiert werden, indem die Betroffenen damit allein gelassen werden. Einige Universitäten und Justizprüfungsämter haben bereits angemessene Lösungen gefunden oder arbeiten daran. Das ist zu begrüßen. Andere hingegen ignorieren die Belange von Care-Verantwortlichen und Angehörigen strukturell benachteiligter Gruppen oder erklären sie zur Privatsache, statt Chancengleichheit in der Ausbildung zu garantieren.

Der djb fordert:
– jetzt die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Referendariat in Teilzeit zu schaffen und Teilzeitmodelle in allen Bundesländern einzuführen;
– die Möglichkeit einzuräumen, Termine für die staatlichen Examensprüfungen um die Dauer der Einschränkungen fakultativ zu verschieben, mindestens aber um sechs Monate;
– eine Regelung zu schaffen, nach der das Sommersemester 2020 flächendeckend nicht auf den Freiversuch und das BAföG angerechnet wird;
– asynchrone Lehrangebote zu schaffen, die zeitlich flexibel genutzt werden können, und bestehende Anwesenheitspflichten während der andauernden Schul- und Kitaschließungen aufzuheben.

Quelle: PressemitteilungDeutscher Juristinnenbund e.V. vom 24.04.2020

In dieser Woche entscheidet die Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsident*innen der Bundesländer über die weiteren Maßnahmen im Krisenmanagement der Corona-Pandemie. Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) spricht sich für eine demokratische Debatte über das weitere Vorgehen und die Berücksichtigung der Gender-Perspektive bei der Abwägung der gesellschaftlichen, sozialen und gesundheitspolitischen Wirkungen von Maßnahmen aus.

"Frauen schultern einen Großteil der systemrelevanten bezahlten und unbezahlten Arbeit in unserer Gesellschaft. Die Krise hat das einmal mehr sichtbar gemacht.

Dafür gebührt ihnen nicht nur Dank oder Applaus. Frauen brauchen Entgeltgleichheit, Unterstützungsinfrastruktur und vor allem gleiche Teilhabe an allen politischen Entscheidungsprozessen. Es gilt zu verhindern, dass wie in den sogenannten guten alten Zeiten, Männer Entscheidungen über das Leben und den Alltag von Frauen und Kindern treffen.", so die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Maria Wersig.

Die anstehenden Entscheidungen über die nächsten Schritte in der Corona-Pandemie müssen mit Blick auf die Geschlechtergerechtigkeit getroffen werden. Frauen übernehmen auch in der Krise den überwiegenden Teil der unbezahlten Care-Arbeit. Sie arbeiten oft in schlechtbezahlten systemrelevanten Berufen, zum Beispiel als Kassiererin oder als Pflegerin. Nicht nur in Krisenzeiten braucht es weitere Maßnahmen zur Entgeltgleichheit und der Aufwertung der Sozial-, Pflege- und Gesundheitsberufe.

Darüber hinaus formuliert der djb drei Empfehlungen für den Weg durch die Corona-Pandemie:

1. Sowohl die politischen Gremien, als auch die wissenschaftlichen Beratungsgremien der Bundesregierung und der Bundesländer leiden unter einer deutlichen Männerdominanz. Dies ist ein Spiegel der Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen der Wissenschaft, Forschung, Verwaltung und Politik. Eine Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung steht ebenfalls noch aus. Der Weg aus der Krise muss unter gleicher Repräsentation von Frauen gefunden werden. Der djb fordert die sofortige geschlechterparitätische Besetzung aller Beratungsgremien und die gleichstellungspolitische Folgenabschätzung aller beschlossenen Maßnahmen.

2. Der djb spricht sich dafür aus, die öffentliche Kinderbetreuung so bald wie möglich für Kita- und Grundschulkinder (unter Berücksichtigung hygienischer Standards, sowie Anpassungen von Gruppengrößen) wieder aufzunehmen.

Dies ist aus Gründen des Kindeswohls und der Verwirklichung von Entwicklungs- und Sozialisationsmöglichkeiten junger Kinder, aber auch zur Entlastung der Familien und der Gesundheit der die Hauptlast der Betreuungsarbeit (in den letzten Wochen häufig in Doppelbelastung mit Homeoffice und Betreuung) schulternden Mütter erforderlich. Für Phasen und Bereiche, in denen die alleinige Betreuung in den Familien erforderlich bleibt, muss Unterstützung oder Kompensation/Entlastung erfolgen.

3. Die aus Gründen des öffentlichen Gesundheitsschutzes notwendigen Einschränkungen des öffentlichen Lebens haben negative Folgen für Opfer von (häuslicher) Gewalt. Trotz bereits ergriffener Maßnahmen ist absehbar, dass es ein Umsetzungsproblem bei Unterstützungsmaßnahmen und Versorgungsengpässe bei der Unterbringung geben wird, insbesondere wenn Kontaktverbote auf absehbare Zeit weiter bestehen bleiben.

Der djb fordert, die Kapazitäten für Maßnahmen des Gewaltschutzes zu erhöhen, den Zugang vulnerabler Gruppen in unterschiedlichen Lebenssituationen zu Hilfsangeboten und Gewaltschutzunterkünften sicherzustellen und niedrigschwellige Informationsangebote den neuen Gegebenheiten anzupassen.

Quelle: PressemitteilungDeutscher Juristinnenbund e.V. vom 15.04.2020

Bund und Länder beraten aktuell, wie eine schrittweise Wiederöffnung von Kitas aussehen und wie die Betreuungssituation in der Corona-Krise gestaltet werden kann. Momentan ist eine Ausweitung der Notbetreuung vorgesehen, einheitliche Regelungen dazu fehlen aber.

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Nach wie vor werden am Kindergarten-Tag morgen viele Kinder in Deutschland nicht wie üblich in ihre Kita gehen können. Was ihnen fehlt, sind die Freundinnen und Freunde und die pädagogische Förderung. Was wir brauchen, ist ein klarer, eng mit den Einrichtungen abgestimmter Fahrplan, wie unsere Kinder möglichst bald wieder in ihr gewohntes Kita-Umfeld zurückkehren können – natürlich unter der Voraussetzung von ausreichend Hygiene- und Schutzmaßnahmen.

Der Infektionsschutz für die betreuten Kinder und die Mitarbeitenden in den Einrichtungen hat selbstverständlich Priorität. Dazu tragen kleine, homogene Gruppen, ausreichende, auch alternative Räumlichkeiten und vorerst nur tageweise Betreuung bei. Selbstverständlich müssen Mitarbeitende vor einer Ansteckung geschützt werden, die selber zu den Risikogruppen gehören.

In der sechsten Woche mit Kontakteinschränkungen müssen wir uns vor Augen führen, was die strengen Corona- Regelungen auch für die Kinder bedeuten. Es gibt keine Treffen mit Oma und Opa und den Freundinnen und Freunden. Die Kinder sind allein mit ihren Eltern oder Geschwistern zusammen. Der wichtige Kontakt zu gleichaltrigen Kindern aus der Kita fehlt, das gemeinsame Singen, Basteln, Toben und Lernen in geeigneten Räumen und Gärten. Das gemeinsame Spiel und Freundschaften sind neben der pädagogischen und professionellen Erziehung, Bildung und Betreuung unheimlich wichtig und wertvoll für die Entwicklung von Kindern. Wir müssen die Folgen sozialer Isolation auch für unsere Jüngsten bedenken und dürfen ihre Perspektive in der Corona-Krise nicht vergessen."

Hintergrund: Bereits als "National Kindergarten Day" in den USA gefeiert, soll der 21. April auch in Deutschland zum Gedenken und Mitmachen anregen. Der Kindergarten-Tag erinnert jährlich an den deutschen Pädagogen Friedrich Wilhelm August Fröbel, den Begründer des "Kindergartens".

Corona-Informationsseite der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 20.04.2020

Die Bundesregierung hat gestern beschlossen, die Notbetreuung in Kindertagesstätten fortzusetzen und schrittweise für weitere Berufs- und Bedarfsgruppen zu öffnen. Welche Berufs- und Bedarfsgruppen es sein sollen und unter welchen Schutzbedingungen die Öffnung erfolgen kann, blieb offen.

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie-Deutschland:

"Viele Familien kommen durch die Kontaktsperren und die Schließung von Kindergärten und Schulen an ihre physische und psychische Belastungsgrenze. Wir dürfen die Familien in dieser Ausnahmesituation nicht allein lassen. Familien in engen Wohnverhältnissen und ohne Ausweichmöglichkeiten sind hoch gefährdet.

Deshalb brauchen wir die schrittweise Öffnung der Einrichtungen. Bei der Ausweitung der Notbetreuung müssen vor allem Kinder von Alleinerziehenden und auch aus besonders belasteten Familien berücksichtigt werden. Dazu gehören auch Kinder aus Familien, in denen Angehörige zu pflegen oder Menschen mit Behinderung begleitet werden müssen. Wenn beide Eltern im Homeoffice arbeiten müssen, ist ebenfalls wieder eine Betreuung der Kinder notwendig.

Für die Betreuung der Kinder in den Tageseinrichtungen müssen nicht nur Hygienepläne vorliegen, sondern auch Rahmenbedingungen und pädagogische Konzepte angepasst werden. Kleine, homogene Gruppen, Schutzmasken und Desinfektionsmittel sowie Konzepte, wie spielerisch die Gefährdungen und die notwendigen Schutzmaßnahmen vermittelt werden können, sind jetzt das Gebot der Stunde. Insbesondere kleine Kinder suchen die Nähe und es ist für sie schwierig, das Abstandsgebot einzuhalten. Für den notwendigen Infektionsschutz in den Einrichtungen muss auf jeden Fall gesorgt sein."

Über die konkrete Ausgestaltung der schrittweisen Öffnung von Schulen und Kindergärten wird in den kommenden Wochen zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern beraten. Das nächste Treffen ist am 30. April angesetzt.

Mehr Infos: Corona-Informationsseite der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 16.04.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert an Länder und Kommunen, die öffentlichen Spielplätze in Deutschland schrittweise wieder zu öffnen. Dabei sollte in enger Abstimmung mit dem Robert Koch-Institut vorgegangen werden, insbesondere wenn es um die Gefahr von möglichen Infektionen über Oberflächen von Spielgeräten geht. Denkbar wäre aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes, zunächst mit Spielplätzen ab einer bestimmten Quadratmeterzahl zu beginnen. Dabei könnte dann eine anhand der Quadratmeterzahl bestimmte Anzahl von Kindern zur gleichzeitigen Nutzung zugelassen werden, um dem Infektionsschutz zu genügen. Sollte eine Öffnung der Spielplätze aus Infektionsschutzgründen weiterhin nicht möglich sein, müssen Länder und Kommunen dringend Lösungsvorschläge erarbeiten, welche alternativen Möglichkeiten für ausreichend Spiel und Bewegung im Freien geschaffen werden können. Denkbar wäre beispielsweise die exklusive, ggf. auch reglementierte Öffnung von Zoos und Abenteuerspielplätzen oder Sondernutzungszeiten für überfüllte Parkanlagen für Familien mit Kindern.

"Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt die jetzt begonnene Diskussion um die Öffnung von Kinderspielplätzen. Wir freuen uns, dass wir in dieser Frage Bundesfamilienministerin Giffey auf unserer Seite wissen. Insbesondere für Familien in beengten Wohnverhältnissen ohne Ausweichmöglichkeiten in den eigenen Garten oder auf andere Spielflächen sowie in stark verdichteten Innenstadtquartieren ohne ausreichende Freiflächen im Wohnumfeld ist die Situation inzwischen sehr angespannt. Hier sind Spielplätze besonders wichtig, damit die Kinder sich auch im unmittelbaren Wohnumfeld an der frischen Luft bewegen können und so ihr Immunsystem stärken", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Natürlich können Kinder auch außerhalb eines Spielplatzes draußen sein und im Park austoben oder bei der Fahrradtour im Wald. Und sicherlich kann man auch in der Wohnung spielen oder ein wenig Sport treiben. Doch nicht alle Familien haben auf Dauer neben Homeoffice und Homeschooling verbunden mit den existentiellen Sorgen die Energie oder schlicht solche Möglichkeiten. Gerade für Kinder ohne Zugang zum eigenen Garten oder zum nahen Stadtpark, die in beengten Wohnverhältnissen mit mehreren Geschwistern ausharren müssen, und wo es neben dem öffentlichen Spielplatz im unmittelbaren Wohnumfeld kaum Platz zum Spielen im verdichteten Innenstadtquartier gibt, müssen einfach endlich Lösungen her. Das kann man doch nicht die nächsten Wochen und Monate aussitzen", so Hofmann weiter.

"Man sollte gerade die großen, weitläufigen Spielplätze zuerst wieder öffnen. Hier wäre es aus unserer Sicht durchaus möglich, anderen Kindern beim Spiel aus dem Weg zu gehen und damit nicht dicht gedrängt zum Beispiel auf einem Klettergerüst zu sitzen. Aber natürlich wären dann die Eltern stärker gefordert als bisher. Sie müssten sehr penibel darauf achten, dass es zur Einhaltung der Abstandsregeln kommt. Aber die Kinder lernen das Abstandhalten ja auch im Alltag, sie sehen die Warteschlangen vor den Geschäften. Das kann man Kindern plausibel erklären, warum das wichtig ist. Wir müssen den Kindern auch in dieser Hinsicht mehr zutrauen, dann werden wir sehen, dass sie sich wie die meisten Erwachsenen an diese Regeln halten", so Hofmann.

Aufgrund der derzeitigen Beschränkungen des öffentlichen Lebens mangelt es vielen Kindern inzwischen an Bewegung und Begegnung mit anderen Kindern, an Möglichkeiten zum Stressabbau, aber auch an frischer Luft und natürlichen Lichtverhältnissen. Negativ wirkt sich auch der fehlende Vereins- und Schulsport aus, der wichtig für die psychosoziale Entwicklung von Kindern ist. Kinder mit besonderen Herausforderungen, wie etwa einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, sind dabei durch den Bewegungsmangel in besonderer Weise betroffen.

Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert an alle Eltern, auch in der jetzigen Situation auf ausreichend Bewegung, im Idealfall draußen, zu achten. Neben Parks, Wiesen und Wäldern kann hier auch der Hof, der Gehweg oder das Abstandsgrün für Spiel und Bewegung von Kindern genutzt werden. Für ältere Kinder bieten sich zudem sportliche Aktivitäten wie Joggen, Fahrrad fahren oder Rollerbladen an, denn der notwendige Mindestabstand zu anderen Personen kann hierbei beachtet werden. Neben der Bewegung im Freien ist es ebenso sinnvoll und notwendig, in der Wohnung für Bewegungseinheiten zu sorgen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 22.04.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert an Bund, Länder und Kommunen, bei der Diskussion über eine Exit-Strategie zur Beendigung des Shutdown aufgrund der Corona-Pandemie die Interessen von Kindern und Jugendlichen besonders in den Blick zu nehmen. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation sollten insbesondere Schulen, Kitas und öffentliche Spielplätze in Deutschland baldmöglichst schrittweise wieder geöffnet werden. Denkbar wäre aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes, in Schulen und Kitas mit geteilten kleinen Gruppen, und bei Spielplätzen ab einer bestimmten Quadratmeterzahl zu beginnen. Hier könnte dann eine anhand der Quadratmeterzahl bestimmte Anzahl von Kindern zur gleichzeitigen Nutzung zugelassen werden, um dem Infektionsschutz zu genügen. Außerdem sollte geprüft werden, wo Sportplätze und Vereinsflächen geöffnet werden können, um Einzelsport wie beispielsweise Leichtathletik insbesondere in Ballungsgebieten wieder möglich zu machen.

"Insbesondere die Schulen müssen so schnell wie möglich wieder zu einem Unterricht zurückkehren. Das strukturelle Problem der schlechten Bildungschancen für Kinder aus benachteiligten Verhältnissen hat sich schon nach drei Wochen Schulschließung weiter verschärft. Für Familien in beengten Wohnverhältnissen ohne Ausweichmöglichkeiten in den eigenen Garten oder auf andere Spielflächen sowie in stark verdichteten Innenstadtquartieren ohne ausreichende Freiflächen im Wohnumfeld ist die Situation sehr angespannt. Hier sind Spielplätze besonders wichtig, damit die Kinder sich an der frischen Luft bewegen und so ihr Immunsystem stärken. Auch auf Spielplätzen können Abstandsregeln eingehalten werden, Eltern haben dabei eine besondere Verantwortung, die sie aber zum Schutz ihrer Kinder und ihrer Familien sicherlich wahrnehmen werden. Oder man beauftragt städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor Ort auf die Umsetzung der geltenden Hygienestandards zu achten. Denkbar wäre auch der Einsatz von Erzieherinnen und Erziehern, die derzeit keine Betreuungsaufgaben wahrnehmen oder die Kommunen prüfen verstärkt, wo freiwilliges Engagement von Bürgerinnen und Bürgern einbezogen werden kann", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Sollte eine Öffnung der Spielplätze aus Infektionsschutzgründen weiterhin nicht möglich sein, müssen Länder und Kommunen dringend Lösungsvorschläge erarbeiten, welche alternativen Möglichkeiten für ausreichend Spiel und Bewegung im Freien geschaffen werden können. Denkbar wäre beispielsweise die exklusive, gegebenenfalls auch reglementierte Öffnung von Zoos oder Sondernutzungszeiten für überfüllte Parkanlagen für Familien mit Kindern. Und auch Sportplätze und Vereinsflächen sollten für Einzelsportarten wieder zur Verfügung stehen", so Hofmann weiter.

Die aktuellen Regelungen zur Pandemieprävention treffen Kinder unverhältnismäßig hart. Aufgrund der derzeitigen Beschränkungen des öffentlichen Lebens mangelt es vielen Kindern inzwischen an Bewegung und Begegnung mit anderen Kindern, an Möglichkeiten zum Stressabbau, aber auch an frischer Luft und natürlichen Lichtverhältnissen. Negativ wirkt sich auch der fehlende Vereins- und Schulsport aus, der wichtig für die psychosoziale Entwicklung von Kindern ist. Kinder mit besonderen Herausforderungen, wie etwa einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, sind dabei durch den Bewegungsmangel in besonderer Weise betroffen.

Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert an alle Eltern, auch in der jetzigen Situation auf ausreichend Bewegung, im Idealfall draußen, zu achten. Neben Parks, Wiesen und Wäldern kann hier je nach geltenden Infektionsschutzmaßnahmen auch der Hof, der Gehweg oder das Abstandsgrün für Spiel und Bewegung von Kindern genutzt werden. Für ältere Kinder bieten sich zudem sportliche Aktivitäten wie Joggen, Fahrrad fahren oder Rollerbladen an, denn der notwendige Mindestabstand zu anderen Personen kann hierbei beachtet werden. Neben der Bewegung im Freien ist es ebenso sinnvoll und notwendig, in der Wohnung für Bewegungseinheiten zu sorgen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 10.04.2020

Anlässlich der gestern angekündigten Anpassungen beim Elterngeld vor dem Hintergrund der Corona-Epidemie unterstützt das ZFF die geplanten kurzfristigen gesetzlichen Änderungen ausdrücklich, mahnt aber Verbesserungsbedarf für arme Eltern an.

Die Bekämpfung der Corona-Epidemie stellt unsere Gesellschaft und die in ihr lebenden Familien zunehmend vor Herausforderungen: Eltern arbeiten in Kurzarbeit, werden entlassen oder stehen als Selbstständige vor dem wirtschaftlichen Ruin. Um werdende Eltern und junge Familien in dieser Situation zu unterstützen, haben sich die Koalitionsfraktionen auf kurzfristige gesetzliche Anpassungen beim Elterngeld geeinigt. Konkret sollen Eltern, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, ihre Elterngeldmonate aufschieben können. Der Anspruch auf einen Partnerschaftsbonus, welcher die parallele Teilzeittätigkeit junger Eltern finanziell unterstützt, soll nicht verloren gehen, wenn der verpflichtende Stundenkorridor nicht eingehalten werden kann. Außerdem sollen Eltern und werdende Eltern keine Nachteile bei der Familienleistung auf Grund von Einkommensverlusten haben: Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld I sollen sich nicht negativ auf die Elterngeldhöhe auswirken.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Die aktuellen Auswirkungen der Corona-Epidemie lösen auch bei werdenden Eltern und jungen Familien Zukunftsängste aus. In dieser Situation begrüßen wir die geplanten gesetzlichen Änderungen beim Elterngeld ausdrücklich! Ziel der Familienförderleistung ist es, einen Schonraum in der Frühphase der Elternschaft zu gewähren, damit Familien ohne finanzielle Nöte in ihr Familienleben hineinfinden können. Die nun vorgeschlagenen Regelungen sind wichtige Bausteine, damit Eltern und junge Familien auch angesichts der aktuellen Krise von der Leistung profitieren können.“

Reckmann fährt fort: „So wichtig die geplanten Maßnahmen sind, sie lassen eine Gruppe weiter außen vor: Arme Familien. Eltern, die aufgrund der Krise in den SBG-II-Bezug geraten, werden die Regelung leider nicht nutzen können. Auch Vorschläge zur Unterstützung prekär arbeitender Selbstständiger fehlen bisher. Diese müssen dringend ergänzt und der Kreis der Berechtigten ausgeweitet werden.“

Die Stellungnahme des ZFF zur Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen für einen aus der Mitte des DeutschenBundestages einzubringenden Entwurf eines Gesetzes für Maßnahmen im Elterngeld aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V.vom 08.04.2020

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Epidemie haben auch zur Folge, dass eine steigende Zahl von Eltern die Voraussetzungen nicht mehr einhalten können, die für den Bezug des Elterngeldes vorgesehen sind. So werden Eltern, die bestimmten Berufsgruppen angehören (z. B. Pflegepersonal, Ärztinnen und Ärzte, Polizistinnen und Polizisten) an ihrem Arbeitsplatz dringend benötigt und können weder über den Arbeitsumfang noch über die Arbeitszeit selbst bestimmen. Andere Berufsgruppen sind von Kurzarbeit oder Freistellungen betroffen und geraten in wirtschaftliche Notlagen während des Elterngeldbezugs. Werdende Eltern befürchten Nachteile bei der späteren Elterngeldberechnung durch die Corona-bedingte Kurzarbeit oder Freistellung während der Elternzeit.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey hat daher kurzfristige Anpassungen vorgeschlagen, auf die sich nun auch die Koalitionsfraktionen geeinigt haben. Folgenden Regelungen sollen gesetzlich geändert werden: Anpassungen beim Elterngeld für Eltern, die in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten. Da sie jetzt besonders gebraucht werden, können sie ihre Elterngeldmonate aufschieben. Außerdem sollen Eltern den Partnerschaftsbonus – eine zusätzliche Leistung, die Mütter und Väter bekommen, die gleichzeitig Teilzeit arbeiten, um sich die Kindererziehung zu teilen – nicht verlieren, wenn sie aufgrund der Corona-Krise aktuell mehr oder weniger arbeiten als geplant. Zudem sollen Eltern und werdende Eltern, die aktuell Einkommensverluste haben, z. B. weil sie in Kurzarbeit sind, keinen Nachteil im Elterngeld haben. Konkret: Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld I wegen Corona reduzieren das Elterngeld nicht und fließen auch bei der späteren Berechnung des Elterngeldes für ein weiteres Kind nicht mit ein.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Deutschlands bekannteste und beliebteste Familienleistung ist auch in Corona-Zeiten krisenfest. Wir wollen Eltern und denen, die es demnächst werden, die Sorge nehmen, dass sie wegen der Corona-Epidemie Nachteile beim Elterngeld haben könnten. Mit den drei Regelungen, die ich vorgeschlagen habe und auf die wir uns mit den Koalitionsfraktionen nun geeinigt haben, berücksichtigen wir Situationen, in denen Eltern anders als sonst nicht alle Voraussetzungen für den Bezug des Elterngeldes erfüllen können. Wir wollen die Anpassungen so zügig wie möglich durch das Kabinett und das parlamentarische Verfahren bringen.“

Informationen zum Elterngeld allgemein:

Das Elterngeld unterstützt Eltern nach der Geburt des Kindes durch einen Ersatz des Erwerbseinkommens für den Elternteil, der sich um die Betreuung des neugeborenen Kindes kümmert. Beide Eltern haben einen Anspruch auf 14 Monate Elterngeld, wenn sie sich die Betreuung aufteilen. Immer mehr Väter und Mütter nutzen die reservierten Partnermonate, das ElterngeldPlus mit der Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten und das Elterngeld länger zu erhalten. Auch der Partnerschaftsbonus, der beiden Eltern 4 ElterngeldPlus-Monate zusätzlich sichert, wenn sie sich in einem vorgegebenen Stundenumfang Beruf und Betreuung gleichermaßen teilen, kommt gut an. Das Elterngeld errechnet sich aus dem Durchschnitt des Nettoeinkommens der letzten 12 Monate vor der Geburt des Kindes und ersetzt das bisherige Nettoeinkommen des Betreuenden zu mindestens 65%.

Das Bundeselterngeld und -elternzeitgesetz ist seit seiner Einführung 2007 mehrfach weiterentwickelt worden und eine wirkungsvolle Unterstützung für Familien mit neugeborenen Kindern: Rund 1,8 Mio. Elternteile sind jährlich im Bezug, mehr als 40% der Väter beteiligen sich an der Betreuung der Kinder, Mütter gehen früher wieder zurück in die Erwerbstätigkeit nach der Elternzeit. Das Elterngeld wird als verlässliche, gerechte und flexible Unterstützung bei den Beziehenden und in der gesamten Bevölkerung hochgeschätzt und erreicht sein Ziel, den Lebensstandard der Familie auch während der Elternzeit zu sichern.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 07.04.2020

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich mit Union und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey auf kurzfristige Anpassungen beim Elterngeld verständigt. So wird sichergestellt, dass Eltern und werdende Eltern aufgrund der Corona-Pandemie keine Nachteile bei der Leistung entstehen.

„Wegen der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie müssen gerade Familien ihren Alltag neugestalten. Hinzu kommen häufig finanzielle Sorgen und Unsicherheiten. Nicht alle Eltern erfüllen aktuell die geltenden Voraussetzungen für den Bezug von Elterngeld. Diese Eltern lassen wir mit ihren Sorgen nicht allein. Mit kurzfristigen Anpassungen des Elterngeldes schaffen wir Sicherheit und Planbarkeit. Vorgesehen ist, dass Einkommensverluste, die auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind, keine finanziellen Nachteile beim Elterngeld bedeuten. Kurzarbeiter- und Arbeitslosengeld I, das aufgrund der aktuellen Situation gezahlt wird, soll bei der Berechnung des Elterngeldes ausgeklammert werden.

Eltern, die in systemrelevanten Berufen tätig sind, können ihre Partnermonate auch zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen. So können etwa Pflegekräfte oder Polizisten in ihren Job zurückkehren und das Elterngeld zu einem späteren Zeitpunkt beziehen. Mütter und Väter, die in Teilzeit arbeiten und sich die Kinderbetreuung teilen, können im Rahmen des Elterngeldes den sogenannten Partnerschaftsbonus erhalten. Sofern sie aufgrund der aktuellen Situation weniger oder mehr arbeiten, soll der Anspruch auf diese Leistung weiter bestehen bleiben.

Mit diesen kurzfristigen Anpassungen wollen wir sicherstellen, dass Eltern und werdende Eltern sich auf die Familienleistung Elterngeld verlassen können. Damit nehmen wir Eltern zumindest an dieser Stelle ihre Sorgen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 09.04.2020

Zum heute veröffentlichten Forderungskatalog des Angehörigenverbands "wir pflegen" erklären Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, und Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Alten- und Pflegepolitik:

Die Situation in der ambulanten Pflege ist angespannt. Wir wollen Menschen, die ihre Angehörigen pflegen, weil kurzfristig Unterstützungsstrukturen entfallen, deshalb stärker unter die Arme greifen. Es ist ein starkes Zeichen unserer gesellschaftlichen Solidarität, wenn Menschen bereit sind, sich für hilfsbedürftige Menschen einzusetzen. Es ist allerdings nicht hinnehmbar, dass Menschen unbezahlten Urlaub und damit finanzielle Einbußen in Kauf nehmen, um systematische Mängel auszugleichen. Für diese Menschen fordern wir mit der Pflegezeit Plus eine Lohnersatzleistung, die es ermöglicht, drei Monate die Pflege in der eigenen Häuslichkeit zu organisieren.

Drei Viertel der häuslichen Pflege wird von Zu- und Angehörigen erbracht. Sie sind eine wichtige Stütze der Pflege in Deutschland. In der aktuellen Situation ist nicht auszuschließen, dass aber auch diese Menschen eine Pause brauchen. Deshalb ist es uns wichtig, die Verhinderungspflege auszubauen und die Kurzzeitpflege auf die Verhinderungspflege übertragbar zu machen.

Es ist traurig, dass es zu Todesfällen in stationären Pflegeeinrichtungen gekommen ist. Wir setzen alles daran, um weitere Fälle zu vermeiden, vollständige Sicherheit kann aber niemand garantieren. Wir setzen uns daher dafür ein, dass sterbende Menschen im Kreise nahestehender Personen sterben können. Wir glauben, dass das sowohl für den sterbenden Menschen als auch für die Angehörigen und engen Freunde von existenzieller Bedeutung ist. Der Tod schafft Tatsachen, die unumkehrbar sind. Die Sterbebegleitung kann man nicht nachholen, weshalb das Trauern und Bedauern die Angehörigen ein Leben lang begleiten könnte. Es ist wichtig, diese Möglichkeit vorzusehen und bei der Verteilung von persönlicher Schutzausrüstung zu berücksichtigen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 20.04.2020

Die Linksfraktion fordert in der Coronakrise mehr Unterstützung für die häusliche Pflege und pflegende Angehörige. Die häusliche Pflege durch ambulante Pflegedienste, pflegende Angehörige und meist osteuropäische 24-Stunden-Kräfte sei nicht nur unterfinanziert, es fehle auch ein ganzheitliches Netz von Unterstützungsangeboten, heißt es in einem Antrag (19/18749) der Fraktion.

Die Abgeordneten fordern unter anderem ein frei verfügbares Entlastungsbudget zur Finanzierung der häuslichen Pflege und einen Anspruch auf Pflegezeit mit Lohnersatzleistung in Höhe des Elterngeldes für beschäftigte pflegende Angehörige.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.426 vom 24.04.2020

Für pflegende Angehörige sollte es nach Ansicht der FDP-Fraktion in der Coronakrise eine Soforthilfe geben. Mehr als 3,8 Millionen Menschen seien pflegebedürftig, die weitaus meisten von ihnen würden zu Hause betreut, oft nur von Angehörigen, heißt es in einem Antrag (19/18676) der Fraktion.

Die Angehörigen seien in der aktuellen Krise oft auf sich allein gestellt. Der akute Versorgungsnotstand müsse schnell durch kurzfristig zu schaffende Angebote behoben werden.

Die Abgeordneten fordern unter anderem, das Budget für die Verhinderungs- und Kurzzeitpflege zusammenzulegen und die Möglichkeit zur Schaffung von Kurzzeitpflegeplätzen in stationären Rehabilitationseinrichtungen umgehend umzusetzen.

Auf einem digitalen Portal solle bundesweit über freie Kurzzeitpflegeplätze informiert werden. Für akute Notsituationen solle eine Hotline eingerichtet werden. Pflegende Angehörige bräuchten auch einen vereinfachten Zugang zur Covid-19-Testung und zu Schutzmaterial.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.416 vom 22.04.2020

In der Corona-Krise zeigen sich Ungerechtigkeiten besonders deutlich: Während Menschen allabendlich von Balkonen systemrelevante Berufe beklatschen, sind es diese Berufe, die in Deutschland besonders schlecht bezahlt werden. Nicht zufällig sind es Berufe, in denen überwiegend Frauen arbeiten. Der AWO Bundesvorstandsvorsitzende Wolfgang Stadler meint hierzu:

„Es sind Frauen, die in der gegenwärtigen Krise mal wieder die Kohlen aus dem Feuer holen. Sie arbeiten etwa in der Pflege oder im Supermarkt. Selbstverständlich arbeiten dort auf Männer, doch: Der Frauenanteil in systemrelevanten Berufen liegt bei knapp 75 Prozent. Und diese Berufe werden zu schlecht bezahlt. Wir fordern daher: Unsere Anerkennung muss sich auch auf dem Konto widerspiegeln!“

Finanzielle Ungerechtigkeiten zeigen sich insbesondere für die Pflegeberufe. Wolfgang Stadler führt hierzu aus: „Sie pflegen alte und junge Menschen, sie versorgen sie angemessen, wohlwissend, dass sie ein persönliches Risiko eingehen. Noch dazu geben sie diesen pflegebedürftigen Menschen noch mehr Halt, als sie das sonst ohnehin tun, weil diese Menschen derzeit nicht ihre Verwandten treffen dürfen.

Die finanzielle Anerkennung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Seit vielen Jahren kämpfen wir für angemessene und verbindliche Tarife in der Pflege. Die gesetzlichen Grundlagen sind längst geschaffen, jetzt müssen wir alle handeln.“

Der AWO Bundesverband fordert in Tarifverhandlungen zu gehen, um die aktuelle besondere Leistung finanziell zu honorieren. Klar ist aber auch: Lohnerhöhungen sollten nicht zu Lasten der Pflegenden oder ihrer Angehörigen führen. Zusätzliche Personalkosten müssen vollständig finanziert, Eigenanteile dürfen nicht erhöht werden.“

Hintergrund: Frauen leisten den Großteil der schlechten oder gar nicht bezahlten Arbeit im Bereich Pflege, Erziehung und Betreuung, privat wie beruflich. Die Lohn- und Rentenlücke zwischen den Geschlechtern ist in Deutschland höher als in den meisten anderen Ländern Europas. Frauen sind daher deutlich armutsgefährdeter als Männer, vor allem im Alter.

Hierzu der aktuelle AWO Video-Podcast mit Wolfgang Stadler: https://youtu.be/6uk-JkIryL4

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 02.04.2020

Bundesfrauenministerium sagt Unterstützung zur besseren technischen Ausstattung für Telefon- und Onlineberatung zu

Die Frauenhäuser und Fachberatungsstellen sind in der Corona-Krise unter Druck. Die direkte, persönliche Beratungssituation ist in Zeiten von Kontaktsperre und Infektionsschutzauflagen schwer umzusetzen. Zudem sind die Kapazitäten von Frauenhäusern oftmals durch Quarantänemaßnahmen reduziert. Bundesfrauenministerin Giffey hat sich dazu am 8. April 2020 mit Vertreterinnen der Frauenhäuser und Fachberatungsstellen in Deutschland ausgetauscht und dabei Unterstützung angeboten. So wird das Bundesfrauenministerium mit einer neuen Förderleitlinie weitere Maßnahmen zur Anpassung des Hilfesystems und zur Bewältigung der akuten Corona-Krise möglich machen.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Die Frauenhäuser und Fachberatungsstellen sind die wichtigen Einrichtungen, um Frauen zu helfen, die häusliche Gewalt erfahren. Ihre Arbeit ist systemrelevant. In der Corona-Krise muss diese Arbeit gesichert werden. Die Beschäftigten müssen Zugang zur Notfallbetreuung für ihre Kinder haben und sie müssen die notwendige Infektionsschutzausstattung bekommen. Nur so kann die Arbeit in den Hilfesystemen aufrechterhalten werden. Die Länder müssen darauf ein Auge haben. Gemeinsam müssen wir unser Möglichstes tun, um die Rahmenbedingungen für die Arbeit in den Frauenhäusern und Fachberatungsstellen zu verbessern und von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen zu helfen. Wie sehr sich die Lage in den eigenen vier Wänden in den vergangenen Wochen verschärft hat, wissen wir womöglich erst nach Ende der Krise. Alle Expertinnen erwarten dann eine vermehrte Beanspruchung von Hilfs- und Beratungsangeboten. Häufig melden sich Betroffene erst mit einer Verzögerung. Darauf müssen wir uns jetzt vorbereiten."

Im Rahmen der neuen Förderleitlinie des BMFSFJ kann Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen eine bessere technische Ausstattung ermöglicht werden, um gerade in Krisen-Zeiten die notwendige sichere Telefon-, Online- und Videoberatung anzubieten. Wir wollen auf die Bedarfe vor Ort eingehen. Das wird auch nach der Corona-Krise von Bedeutung sein. Gemeinsam mit den Koordinierungsstellen der Hilfesysteme soll die Infrastruktur für die Beratung verbessert werden. Dabei ist auch die Unterstützung eines bundesweiten Angebotes für Telefon-Dolmetsch-Dienste denkbar. Es gibt sowohl den Bedarf an Übersetzung von Fremdsprachen als auch an leichter Sprache.

Bundesfamilienministerin Giffey: „Ich habe großen Respekt vor der Arbeit in den Frauenhäusern und Fachberatungsstellen. Dort sind vor allem Frauen im ständigen Einsatz. Gemeinsam mit den Vernetzungs- und Koordinierungsstellen können wir wichtige Unterstützung für diese Arbeit auf den Weg bringen. Mit unserem Bundesprogramm ‚Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen‘ sind wir hier schon unterwegs. Insgesamt 120 Millionen Euro stehen für den Ausbau und die Modernisierung von Frauenhäusern in den nächsten vier Jahren zur Verfügung. Aufgrund der besonderen Situation haben wir die Anfragefristen verlängert. Die Mittel können bis zum 30.6. oder 30.9. beantragt werden."

Hintergrund:

Bereits gestartet ist das Bundesprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen", das Investitionen in das Hilfesystem fördert. Mit dem 120 Millionen Euro-Programm trägt der Bund von 2020 bis 2023 zum Ausbau der Hilfseinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen bei. Fachberatungsstellen, Frauenhäuser und andere Hilfseinrichtungen können damit ausgebaut und modernisiert werden. Mit den Bundesmitteln soll zum Beispiel der barrierefreie Ausbau gefördert werden können. Außerdem sollen neue räumliche Kapazitäten und innovative Wohnformen für Frauen geschaffen werden, die gemeinsam mit ihren Kindern Schutz suchen. Die neue Förderleitlinie ergänzt das Investitionsprogramm und fördert innovative Projekte, die z. B. den Zugang zur Versorgung und Beratung für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder verbessern.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 09.04.2020

Telefon- und Online-Beratung ab sofort länger erreichbar

Um Kinder, Jugendliche und Eltern während der Corona-Krise bei Problemen besser unterstützen zu können, verstärkt das Bundesfamilienministerium die Beratungsangebote der „Nummer gegen Kummer“. Im März wurde ein deutlicher Anstieg bei der telefonischen und der Online-Beratung der „Nummer gegen Kummer“ verzeichnet. So fanden beim Elterntelefon 22 Prozent mehr Beratungen statt als im Vormonat. Bei der Chat-Beratung für Kinder und Jugendliche lag der Anstieg bei 26 Prozent.

Um dem steigenden Bedarf schnell zu begegnen, erweitert die „Nummer gegen Kummer“ kurzfristig ihre Beratungszeiten durch längere Erreichbarkeit am Telefon und in der Online-Beratung. Dafür stellt das Bundesfamilienministerium in diesem Jahr 225.000 Euro zusätzlich zur Verfügung. Damit sind es 2020 insgesamt 656.000 Euro.

Ab sofort ist das Kinder- und Jugendtelefon unter der Nummer 116 111 von Montag bis Samstag wie bisher von 14 bis 20 Uhr und ab sofort zusätzlich Montag, Mittwoch und Donnerstag von 10 bis 12 Uhr erreichbar. Das Elterntelefon berät unter der Nummer 0800 – 111 0 550 wie bisher von Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr und zusätzlich am Dienstag und Donnerstag von 17 bis 19 Uhr. Die Online-Beratung steht Kindern und Jugendlichen unter www.nummergegenkummer.de im Chat am Mittwoch und Donnerstag von 15 bis 17 Uhr und zusätzlich am Dienstag und Freitag von 10 bis 12 Uhr zur Verfügung. Die E-Mail-Beratung ist rund um die Uhr erreichbar.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Kummer, Sorgen und Nöte können in diesen Tagen viele Facetten haben: Bei Kindern und Jugendlichen kann dies von Langeweile über Verunsicherung bis zu Konflikten oder sogar Gewalterfahrungen in der Familie reichen. Eltern suchen Unterstützung, wenn sie verunsichert oder überfordert sind oder Wege finden wollen, um Konflikte zu Hause zu lösen. Die ‚Nummer gegen Kummer‘ mit ihren Beratungsangeboten steht jungen Menschen und Eltern in diesen herausfordernden Zeiten ganz besonders mit Rat und Unterstützung zur Seite. Und wenn nötig, öffnet sie Türen zu weiteren Angeboten der Hilfe und der Unterstützung. Möglich machen dies die vielen ehrenamtlichen Beraterinnen und Berater, die sich heute mehr denn je engagieren. Ihnen gilt wie all den anderen Bürgerinnen und Bürgern, die gerade in der Corona-Krise anderen Menschen helfen, mein Dank.“

Weitere Beratungsangebote werden gestärkt

Neben der „Nummer gegen Kummer“ verstärkt das Bundesfamilienministerium weitere Beratungsangebote wie die JugendNotmail, die Beratungsangebote von jmd4you, das Angebot Sofahopper.de oder die Online-Jugend- und Elternberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V.

Weitere Informationen zur Nummer gegen Kummer finden Sie hier:https://www.nummergegenkummer.de/

Mehr Informationen zu weiteren Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor häuslicher Gewalt finden Sie hier:https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/atuelles/presse/pressemitteilungen/schutz-von-kindern-und-jugendlichen-vor-haeuslicher-gewalt/154262

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 08.04.2020

Anlässlich des heutigen Austauschs von Ministerin Giffey mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern erklärt Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Die Bundesregierung muss endlich anerkennen, dass auch die Kinder- und Jugendhilfe systemrelevant ist. Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe sind unter erheblich erschwerten Bedingungen gefordert, Kinder vor Gewalt und Vernachlässigung zu schützen. Sie nehmen Inobhutnahmen vor und halten stationäre Einrichtungen für Kinder und Jugendliche am Laufen, die nicht in ihrer Herkunftsfamilie leben können. Vielerorts fehlen Schutzmaterialien oder diese müssen überteuert erworben werden. Das ist nicht aktzeptabel. Es ist wichtig, im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe zu vereinheitlichten Standards in der Krise zu kommen. Dies betrifft auch die Regularien der Kindernotbetreuung. Kindernotbetreuung sollte grundsätz lich Alleinerziehenden und allen anderen Familien zur Verfügung stehen, wenn ein Elternteil in einem systemrelevanten Beruf tätig ist. Zudem sollten Kinder, deren Schutz und Wohlergehen in der Familie nicht sichergestellt ist, auf Hinweis des Jugendamts ebenfalls die Möglichkeit haben, an der Notbetreuung teilzunehmen. Die Kinder- und Jugendhilfe wird aber auch nach Corona Kinder und Jugendliche auf dem Weg in die Zeit nach der Krise unterstützen. Dafür ist es unerlässlich, die vielfältige Infrastruktur der sozialen Dienste und ihrer Trägerorganisationen finanziell zu sichern – damit der Jugendtreff oder die Beratungsstelle vor Ort tatsächlich noch da ist, wenn die Kinder und Jugendlichen dort wieder hingehen können.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 17.04.2020

Missbrauchsbeauftragter Rörig: „Kinder müssen wissen: Sie sind jetzt nicht alleine!“

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, und sein Team haben heute die Website www.kein-kind-alleine-lassen.de gestartet.

Hier finden Kinder und Jugendliche direkten Kontakt zu Beratungsstellen und auch Erwachsene bekommen Informationen, was sie bei sexueller und anderer familiärer Gewalt in der Corona-Krise tun können.

"Mit der Aktion „Kein Kind alleine lassen“ verbinde ich den dringenden Appell an die Bevölkerung, in der aktuellen dramatischen Situation Kinder nicht aus den Augen zu verlieren“, sagt der Missbrauchsbeauftragte. „Wir geben mit der Website den Menschen die Möglichkeit aktiv mitzuhelfen. Auf der Seite sind neben Infos und weiteren Weblinks auch Flyer und Plakate zum Ausdrucken. Wir wollen klarmachen: Schon das Aufhängen eines Flyers im Hausflur kann helfen, die Nachbarschaft daran zu erinnern, sich um Kinder und Jugendliche aus dem eigenen Umfeld zu kümmern und aufeinander aufzupassen.“

Auf www.kein-kind-alleine-lassen.de gibt es darüber hinaus viele Materialien, die auch für die Verbreitung auf Social Media genutzt werden können.

Die Seite hat einen Bereich für Erwachsene, in dem Interessierte nicht nur Materialien zum Teilen und Verbreiten finden, sondern auch Informationen zum richtigen Verhalten bei einem Verdacht auf sexuelle und andere familiäre Gewalt im Umfeld. Außerdem gibt es ein Verzeichnis wichtiger Anlaufstellen, die auch während der Corona-Krise erreichbar sind.

Der Bereich für Kinder und Jugendliche bietet Direktkontakt per Chat, Mail oder Telefon zu Hilfeangeboten. Kinder finden hier auch Tipps, was sie tun können, wenn sie von Gewalt bedroht sind. Ergänzt wird das Angebot mit den Kontaktdaten wichtiger Kinder- und Jugendberatungsstellen.

Für den Notfall, dass ein Täter oder eine Täterin in das Zimmer kommt, während ein Kind auf der Seite Hilfe sucht, gibt es einen Exit-Knopf, der www.kein-kind-alleine-lassen.de sofort verschwinden lässt.

„Zahlreiche Expertinnen und Experten aus Fachberatungsstellen weisen auch angesichts der aktuellen Situation eindringlich darauf hin, wie wichtig es ist, Kinder und Jugendliche direkt anzusprechen und ihnen zu vermitteln: Es gibt Hilfe!“, erklärt der Missbrauchsbeauftragte. „Dazu gehört auch, dass wir ihnen sagen: Wenn du es nicht mehr aushältst, lauf aus dem Haus, bitte jemanden um Hilfe oder geh zur Polizei. Kinder müssen wissen: Das ist auch in der Corona-Krise erlaubt.“

Die Aktion „Kein Kind alleine lassen“ ist eine Reaktion auf die begründeten Sorgen und erschütternden Berichte über die Zunahme von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen in der aktuellen Krise. Zuletzt hatte der UN-Generalsekretär António Guterres vor einer „schrecklichen Zunahme" familiärer Gewalt während der Corona-Pandemie gewarnt. Das Risiko ist auch deshalb sehr hoch, weil Bereiche, in denen sonst die Möglichkeit besteht, dass innerfamiliäre Gewalt bemerkt wird (in Schulen und Kitas, bei Tagesmüttern, in Sportvereinen) in der momentanen Situation wegfallen. Besonders tragisch: Erste Rückmeldungen von Beratungsstellen zeigen, dass Anrufe eher rückläufig sind. Die Erklärung der Expert*innen: Von Missbrauch und anderer Gewalt gefährdete oder betroffene Kinder können nicht unbeobachtet telefonieren, wenn Täter und Täterinnen ganztägig zuhause sind. Auch deshalb ist ein Online-Angebot wie www.kein-kind-alleine-lassen.de zur Zeit der richtige Weg, um Kinder und Jugendliche zu erreichen.

Der Missbrauchsbeauftragte fordert in dieser Situation die unbedingte Solidarität mit den Ungeschützten in der Gesellschaft: „Ich möchte erreichen, dass der Kampf gegen sexuelle und andere familiäre Gewalt gerade jetzt als nationale Aufgabe von gesamtgesellschaftlicher Dimension verstanden wird. Jede und jeder muss auf Kinder im Umfeld achten. Alle können handeln, wenn sie sich Sorgen machen! Wir möchten, dass diese Informationen und unsere Flyer in möglichst vielen Hausfluren, Supermärkten, Apotheken, bei Ärztinnen und Ärzten und in Krankenhäusern hängen. Damit Erwachsene wachsam und handlungsfähig bleiben und Kinder und Jugendliche erfahren: Du bist nicht alleine.“

Auch der Betroffenenrat beim UBSKM macht vor dem Hintergrund der Corona-Krise klar, wie wichtig Hilfeangebote wie www.kein-kind-allein-lassen.de für Kinder sind: „Als von sexualisierter Gewalt Betroffene wissen wir, wie sehr Kinder darauf angewiesen sind, dass ihre Signale wahrgenommen und dass sie gesehen und gehört werden. Wir brauchen noch mehr Online-Beratungsangebote für sexuell missbrauchte Kinder und ihre Freund*innen. Beratungsstellen gegen sexuelle Gewalt und andere Themen des Kinderschutzes müssen unbürokratisch Sonderzulagen erhalten.“

Wir bitten Sie in der jetzigen Situation eindringlich, Ihre medialen Kanäle zu nutzen, um uns dabei zu unterstützen, www.kein-kind-alleine-lassen.de bekannt zu machen.

Quelle: Pressemitteilung Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 09.04.2020

Die jüngsten Berichte aus Städten wie z.B. Ellwangen, Bielefeld oder Bremen zeigen, dass ein wirksamer Schutz vor dem Coronavirus in Aufnahmeeinrichtungen und Sammelunterkünften derzeit kaum realisierbar ist und sich Infektionen zunehmend ausbreiten. Die Unterbringung in kleinen Mehrbettzimmern, zentrale Essensausgaben und sanitäre Anlagen, die von vielen Bewohner*innen geteilt werden müssen, machen es unmöglich Quarantänemaßnahmen und Abstandsregelungen einzuhalten. Die Gesundheitsämter sind derzeit zu überlastet, um die Umsetzung und Anpassung der Hygienekonzepte der Einrichtungen entsprechend der Verpflichtung nach § 36 Abs. 1 Nr. 4 IfSG zu kontrollieren. Geflüchtete in Sammelunterkünften verstoßen so gezwungenermaßen gegen Kontaktsperren und Abstandsgebote, die die Verbreitung des Virus eindämmen sollen. Auch Menschenansammlungen, wie sie aktuell über die Infektionsschutzverordnungen der Länder verhindert werden sollen, sind in den Unterkünften für Geflüchtete unumgänglicher Alltag. Damit sind Infektionsketten vorprogrammiert. Diese Einschätzung teilt auch das Verwaltungsgericht Leipzig in einem Beschluss vom 22.04.2020 (3 L 204/20), mit dem es die Verpflichtung eines Antragstellers, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, beendete.

"Der Schutz vor Corona darf nicht vor den Türen von Einrichtungen für geflüchtete Menschen aufhören.", fordert Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbund e.V. (djb). "Eine Unterbringung auf derart engem Raum ist nicht nur aber vor allem auch für schwangere Frauen, Neugeborene und Familien mit Kleinkindern unzumutbar. In dieser Situation nicht zu handeln, ist mehr als ein Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz, es gefährdet Menschenleben. Dezentrale Unterbringungen müssen hier schnellstmöglich Abhilfe schaffen."

Die Bewohner*innen von Aufnahmeeinrichtungen werden schon durch das Zusammenleben auf engstem Raum in der derzeitigen Lage einer völlig unzumutbaren Situation ausgesetzt. Durch die Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitsschutzes ist in der aktuellen Situation zudem völlig offen, wann sie weiterverteilt werden. Frauen leben in diesen Einrichtungen angesichts der Enge und der situationsbedingten aufgeladenen und aggressiven Stimmung mit einem deutlich höheren Risiko, Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt zu werden.

Kommt eine angeordnete Quarantäne hinzu, dürfen sie ihre winzigen, häufig überbelegten Räume gar nicht mehr verlassen, ausgenommen, um die gemeinschaftlichen sanitären Anlagen aufzusuchen. Sie können nichts mehr kaufen – falls sie überhaupt Bargeld erhalten – keine ergänzenden Nahrungsmittel, vor allem für die Kinder, aber auch keine Handy-Karten, um noch Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen. Das Thema Gewaltschutz wurde in den Aufnahmeeinrichtungen bisher nur schleppend vorangetrieben. Die baulichen Voraussetzungen sowie Fortbildungen der Mitarbeitenden zu sexualisierter Gewalt und einem geschlechtergerechten Ansatz wurden weitgehend nicht institutionalisiert. Die Frauen sind dieser zusätzlichen Ausnahmesituation schutzlos ausgeliefert. Ohne eigenes Handy können sich Frauen in Gewaltsituationen nicht eigenständig an das Nottelefon oder eine Beratungsstelle wenden. Nicht zuletzt fehlt es häufig bereits an der notwendigen Information über Beratungs- und Hilfsangebote in der jeweiligen Sprache.

Diese Situationen, die sich so in den allermeisten Aufnahmeeinrichtungen finden, sind unvereinbar mit dem Gebot einer menschenwürdigen Existenzsicherung, dem Schutz des Kindeswohls und einer angemessenen Gewaltschutzprävention. Der effektive und vollumfängliche Schutz vor Gewalt – auch für geflüchtete Frauen – wird nicht zuletzt von der Istanbul-Konvention gefordert, die auch in Deutschland verbindlich gilt und umzusetzen ist. Die Länder sind nach § 3 AsylbLG verpflichtet, eine menschenwürdige Unterkunft bereitzustellen und den Ernährungsbedarf angemessen zu decken.

Der djb fordert, Geflüchtete aus Aufnahmeeinrichtungen dezentral in abgrenzbaren Wohneinheiten unterzubringen. Familien müssen über eine eigene Nasszelle und eine Kochmöglichkeit verfügen. Auch Alleinstehende benötigen eigenständige Appartements oder Zimmer. In Hotels, Jugendherbergen, Tagungshäusern steht derzeit ausreichend Wohnraum zur Verfügung. Die rechtliche Grundlage hierfür besteht: § 49 Abs. 2 AsylG ermöglicht ausdrücklich die sofortige Entlassung aus der Aufnahmeeinrichtung "aus Gründen der öffentlichen Gesundheitsfürsorge". In einer nie dagewesenen Situation wie der gegenwärtigen Pandemie wird daraus eine zwingende Handlungspflicht.

Quelle: PressemitteilungDeutscher Juristinnenbund e.V. vom 23.04.2020

Zu den Vorschlägen des DGB zur Anhebung des Kurzarbeitergeldes erklären Dr.WolfgangStrengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik, und BeateMüller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte und aktive Arbeitsmarktpolitik:

Wer Kurzarbeit macht, sollte nicht deswegen mit Arbeitslosengeld II aufstocken müssen. Wir fordern deshalb Nachbesserungen beim Kurzarbeitergeld, um Beschäftigte mit geringen Einkommen vor Armut zu schützen.

Das Kurzarbeitergeld ist ein wirksames Mittel in der Krise. Wir haben deswegen auch die Erleichterungen zum Bezug des Kurzarbeitergeldes unterstützt. Das Problem ist aber, dass das Kurzarbeitergeld in seiner jetzigen Form zu Nettolohneinbußen von 33 Prozent (mit Kind) bzw. 40 Prozent (ohne Kind) führt. Wenn die Beschäftigten wenig verdienen oder hohe Wohnkosten haben, kommen sie mit 60 Prozent des Nettolohns nicht über die Runden. Viele sind dann von heute auf morgen auf aufstockendes Arbeitslosengeld II angewiesen. Deshalb besteht an dieser Stelle dringender Handlungsbedarf.

Wir schlagen deswegen vor, dass das Kurzarbeitergeld für geringe und mittlere Einkommen bis zu einem Nettoeinkommen von 2300 Euro erhöht wird. Den Höchstsatz von 90 Prozent erhalten Beschäftigte bis zu einem Nettoentgelt von 1.300 Euro. Wer wenig verdient, erhält im Vergleich zu heute ein höheres Kurzarbeitergeld und wird so vor Armut geschützt. Wie beim jetzigen Kurzarbeitergeld erhalten Beschäftigte mit Kindern jeweils 7 Prozent mehr. Die Unternehmen sind weiterhin aufgefordert, das Kurzarbeitergeld auf 100 Prozent per Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglich aufzustocken.

Außerdem sollen die Arbeitgeber auch für Auszubildende zu jedem Zeitpunkt Kurzarbeitergeld in Höhe von 100 Prozent beantragen können. Damit entfällt für das Unternehmen die Pflicht, vor Antragstellung sechs Wochen lang die Ausbildungsvergütung zu tragen. Das ist notwendig, denn es wäre fatal, wenn Unternehmen aus krisenbedingten Gründen Auszubildende entlassen müssten. Das Ende einer Ausbildung darf keine Option sein, denn es geht um die Zukunft der jungen Menschen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 09.04.2020

"Das ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die ihre Gesundheit schon jetzt täglich für uns alle riskieren. Anstatt aber die Arbeitsbedingungen für unsere Heldinnen und Helden in den systemrelevanten Berufen durch z.B. mehr Personal oder durch den Schutz eines Tarifvertrags zu verbessern, werden die ohnehin schon überlasteten Beschäftigten wie Zitronen ausgequetscht. Offensichtlich ist es der Bundesregierung wichtiger, den Arbeitgebern vorgezogene Ostereier ins Nest zu legen, als sich um den Schutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu kümmern", kommentiert Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, die von Arbeitsminister Heil unterzeichnete Verordnung, welche Arbeitstage bis 12 Stunden zulässt, Ruhezeiten verringert und das grundsätzliche Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen aufhebt. Ferschl weiter:

„Damit stellt der Arbeitsminister die Gewerkschaften kalt. Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz waren bisher immer nur durch Tarifverträge möglich. Hier bereitet ein SPD-Arbeitsminister den generellen Angriff auf das Arbeitszeitgesetz mit vor und macht sich damit – gewollt oder ungewollt – zum Steigbügelhalter der Wirtschaft. Auch in einer Notlage, die durch die Sparpolitik und Privatisierungen verschlimmert wurde, dürfen die arbeitsmedizinisch zwingend notwendigen Grenzen der Arbeitszeitgestaltung nicht aufgehoben werden. Die Last der Bewältigung darf nicht einseitig auf die Beschäftigten übertragen werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 08.04.2020

Die Corona-Krise in Deutschland macht sehr deutlich, wie unterschiedlich Beschäftigte in beruflich und wirtschaftlich schwierigen Situationen abgesichert sind oder auf unterstützende Regeln vertrauen können. Das gilt beispielsweise bei der Höhe des Kurzarbeitergeldes oder der Organisation von mobiler Arbeit und Homeoffice. Durch die Pandemie können sich bestehende Ungleichheiten am deutschen Arbeitsmarkt verschärfen – etwa zwischen höher und niedriger bezahlten Beschäftigtengruppen, aber auch zwischen den Geschlechtern. Generell sind Beschäftigte mit niedrigeren Einkommen, in Betrieben ohne Tarifvertrag oder Betriebsrat sowie Frauen derzeit überproportional belastet. Das zeigen erste Ergebnisse einer neuen Online-Befragung, für die im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung 7.677 Erwerbstätige interviewt wurden. Die von Kantar Deutschland durchgeführte Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. 94 Prozent der Befragten unterstützen die Forderung nach besserer Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen für Beschäftigte in „systemrelevanten“ Berufen wie Pflege oder Einzelhandel (siehe auch Abbildung 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

„Bestimmte gesellschaftliche Gruppen sind vor den Auswirkungen der Krise schlechter geschützt als andere. Das kann langfristig negative Auswirkungen auf den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft haben“, warnt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch. Die Soziologin an der Universität Paderborn und designierte Wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hat die neue Befragung ausgewertet. 74 Prozent der Befragten äußern Sorgen um den sozialen Zusammenhalt in Deutschland, 70 Prozent sorgen sich um ihre eigene wirtschaftliche Situation (siehe auch Abbildung 2 in der pdf-Version). Diese Sorgen sind in den unteren Einkommensgruppen stärker ausgeprägt.

„Die Corona-Krise verstärkt die soziale Ungleichheit im Land weiter – das spüren auch die Menschen. Nach milliardenschweren Rettungsschirmen für die Wirtschaft müssen wir nun entschieden gegen die Spaltung der Gesellschaft angehen. Wir brauchen ein klares Signal an die Menschen, dass auch sie jetzt über diese schwierige Zeit gebracht werden und nicht in der Sozialhilfe landen. Und wir müssen dafür sorgen, dass die Arbeit all jener Menschen, die in diesen schwierigen Zeiten unser Land am Laufen halten, angemessen gewürdigt wird und sie anständige Arbeitsbedingungen haben. Das geht am besten mit Tarifverträgen“, sagt Reiner Hoffmann, Vorsitzender des DGB und des Vorstands der Hans-Böckler-Stiftung.

– Kurzarbeitergeld: Mit Tarifvertrag mehr als doppelt so oft Aufstockung –

14 Prozent der zwischen dem 3. und dem 14. April Befragten in abhängiger Beschäftigung gaben an, momentan in Kurzarbeit zu sein. Rechnet man diese Zahl auf die Gesamtzahl der Beschäftigten hoch, entspräche dies ca. 4 Millionen Beschäftigter, die momentan in Kurzarbeit sind. Beschäftigte in niedrigeren Einkommensgruppen sind häufiger in Kurzarbeit als Arbeitnehmer mit höherem Einkommen, zeigt die Auswertung der Befragungsdaten durch Bettina Kohlrausch.

Von den Befragten in Kurzarbeit erklärt rund ein Drittel (32 Prozent), dass ihr Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld aufstocke, gut die Hälfte (52 Prozent) berichtet hingegen, es gebe in ihrem Betrieb keine Aufstockung, der Rest konnte das (noch) nicht sagen. Personen, die in einem Unternehmen mit Tarifvertrag arbeiten, erhalten nach der Umfrage mehr als doppelt so häufig (45 Prozent) eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes wie Personen, die nicht nach einem Tarifvertrag bezahlt werden (19 Prozent). Eine aktuelle Übersicht des WSI zeigt, dass die DGB-Gewerkschaften derzeit in knapp zwei Dutzend Branchen und Großbetrieben tarifvertraglich Aufstockungszahlungen vereinbart haben.

Ebenfalls groß ist der Unterschied nach Einkommensgruppen und Geschlecht: Befragte, die über ein Haushaltsnettoeinkommen von weniger als 1500 Euro verfügen, arbeiten nur knapp halb so oft in Betrieben, die Aufstockung anbieten, wie Personen, die über ein Haushaltsnettoeinkommen von über 4500 Euro verdienen (21 Prozent vs. 39 Prozent). Frauen und Männer sind zwar ungefähr im gleichen Maße von Kurzarbeit betroffen, doch bei Frauen wird das Kurzarbeitergeld etwas seltener aufgestockt. „Ein Teil dieser Unterschiede dürfte sich ebenfalls auf unterschiedliche Tarifabdeckung zurückführen lassen“, sagt Bettina Kohlrausch, „es ist ja bekannt dass in tarifgebundenen Unternehmen generell besser bezahlt wird und dass Frauen häufiger in kleineren Dienstleistungsbetrieben ohne Tarifvertrag arbeiten.“

– 40 Prozent schätzen, mit aktuellem Kurzarbeitergeld maximal drei Monate über die Runden zu kommen –

Von den Befragten, die in Kurzarbeit sind und keine Aufstockung erhalten, geben 40 Prozent an, in dieser Situation maximal drei Monate finanziell durchhalten zu können. Auch viele Beschäftigte, die derzeit ihre Arbeitszeit noch nicht reduzieren mussten, sind skeptisch, mit dem zum Zeitpunkt der Befragung zu erwartenden gesetzlichen Kurzarbeitergeld (60 bzw. 67 Prozent) über die Runden zu kommen: Insgesamt geben etwa 32 Prozent aller Befragten (unabhängig von der aktuellen Arbeitssituation) an, bei Kurzarbeit Null mit Kurzarbeitergeld ohne Aufstockung höchstens drei Monate auskommen zu können. Weitere 20 Prozent schätzen, höchstens zwischen 3 und 6 Monaten auskommen zu können (siehe auch Abbildung 3).

Analog zur stärkeren Betroffenheit durch Kurzarbeit geben Befragte mit geringerem Einkommen deutlich häufiger an, dass sich die Krise bereits negativ auf das Haushaltseinkommen ausgewirkt hat. Zudem glauben sie auch seltener, dass die Krise keinerlei Auswirkungen auf ihr Einkommen haben wird. Das sagen 36 Prozent in der unteren Einkommensgruppe gegenüber 58 Prozent in der obersten. Allerdings geben in allen Einkommensgruppen Personen seltener an, Einkommenseinbußen zu erleben oder dies zu befürchten, wenn ihr Arbeitsverhältnis einem Tarifvertrag unterliegt. Das gilt sowohl für das eigene Einkommen als auch für das für das Haushalteinkommen.

– Krise forciert traditionelle Arbeitsteilung bei Paaren –

Während männliche und weibliche Beschäftigte ähnlich oft von Kurzarbeit betroffen sind, haben spürbar mehr Frauen (24 Prozent) als Männer (16 Prozent) die Arbeitszeit auf anderem Wege reduziert. Sie sind deutlich häufiger freigestellt und befinden sich geringfügig häufiger im krisenbedingten Urlaub. Leben Kinder im Haushalt, übernehmen ganz überwiegend Frauen den größten Teil der nach Kita- oder Schulschließungen anfallenden Betreuungsarbeit. Nach Beobachtung von Forscherin Kohlrausch setzen sich dabei in vielen Familien schon vorher bestehende Muster der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung fort, allerdings zugespitzt. Und auch von den Elternpaaren, die sich die Erziehungsarbeit zuvor ungefähr gleich aufgeteilt haben, tun das nur noch rund 62 Prozent auch während der Krise. „Bei diesen Paaren zeigt sich eine Tendenz, dass häufiger Frauen einen größeren Anteil übernehmen. Wir sehen also eine Verfestigung der Rollenmuster“, erklärt die Wissenschaftlerin.

– Homeoffice: Klare Regeln in mitbestimmten Betrieben entlasten –

Die Befragungsergebnisse spiegeln auch den Schub wieder, den mobile Arbeit und Homeoffice in der Krise erhalten haben: Während vor der Krise rund 4 Prozent der Befragten überwiegend zu Hause gearbeitet haben, tun dies jetzt 27 Prozent. Von diesen empfinden etwa 31 Prozent ihre Arbeitssituation als äußerst stark belastend oder stark belastend. Dieser Wert liegt niedriger als bei Beschäftigten, die weiter im Betrieb arbeiten. Allerdings gibt es bei der Bewertung der Arbeit zu Hause deutliche Unterschiede zwischen Beschäftigten mit und ohne Kinder: Von den Personen mit Kindern unter 14 Jahren im Haushalt schätzen 40 Prozent die Tätigkeit im Homeoffice als äußerst oder stark belasten ein, gegenüber 28 Prozent der Befragten ohne Kinder. Insgesamt 47 Prozent der Befragten, die im Homeoffice sind, geben an, dass es in ihrem Betrieb Regelungen zur Arbeit daheim gibt. Personen mit solchen Regelungen empfinden die Arbeit zu Hause als weniger belastend. Solche Regelungen gibt es deutlich häufiger in Betrieben, die einen Betriebsrat haben.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 21.04.2020

Das Arbeiten von zu Hause erlebt angesichts der Corona-Krise einen ungeahnten Schub. Tatsächlich wurde das Potenzial an beruflichen Tätigkeiten, die auch im Homeoffice erledigt werden könnten, schon zuvor keineswegs ausgeschöpft und kann auch gegenwärtig noch nicht voll genutzt werden. Neben den aktuell in den Hintergrund rückenden Vorbehalten von Arbeitgebern als auch Beschäftigten könnte auch der Abbau technischer Hürden dazu beitragen, die Möglichkeiten für Homeoffice zu erweitern.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben die Arbeitswelt mit voller Wucht erreicht. Mehr und mehr Arbeitgeber schicken ihre Beschäftigten zumindest temporär ins Homeoffice. Das gilt in zunehmendem Maße auch dort, wo bisher nicht von zu Hause aus gearbeitet wurde. Die Zahl der im Betrieb anwesenden Beschäftigten wird teils stark reduziert und rotierende Anwesenheit eingeführt, um den Vorgaben des Gesundheitsschutzes möglichst zu entsprechen. Mancherorts werden gar ganze Betriebe geschlossen und die noch anfallende Arbeit ins Homeoffice verlegt.

Homeoffice hat in den letzten Jahren generell weiter an Bedeutung gewonnen. Dennoch wurde das Potenzial bislang bei Weitem nicht ausgeschöpft. Denn ein erheblicher Teil der Tätigkeiten, die prinzipiell ortsunabhängig durchgeführt werden könnten, wurde immer noch in den Betrieben erledigt. Dies liegt neben technischen Hürden unter anderem an der Anwesenheitskultur bei manchen Arbeitgebern und dem Wunsch vieler Beschäftigter, Beruf und Privatleben zu trennen (lesen Sie hierzu auch den IAB-Kurzbericht 11/2019 oder die ZEW-Kurzexpertise 19-03). Diese Hürden dürften angesichts der Corona-Krise schnell fallen, wenn auch zum Teil wohl nur vorübergehend.

Ob Homeoffice möglich ist, hängt entscheidend von der Art der Tätigkeit ab

Entscheidend für die Möglichkeit, zu Hause zu arbeiten, ist letzten Endes die Art der Tätigkeit. Homeoffice ist keine Option für die überwiegende Mehrheit der Jobs in denjenigen Bereichen, die derzeit von den Einschränkungen des öffentlichen Lebens ganz oder stark betroffen sind – wie etwa Gastronomie und Einzelhandelsgeschäfte, Sportstätten und Unterhaltungsbetriebe. Dies gilt aber auch für die meisten als systemrelevant eingestuften Tätigkeiten im Gesundheitssektor und im Bereich der Grundversorgung.

Weniger eindeutig ist die Situation indes bei Arbeitsplätzen in größeren privatwirtschaftlichen Betrieben. Ob Homeoffice dort möglich ist oder nicht, hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab: Handelt es sich um Tätigkeiten in der Produktion? Wird an Maschinen und Anlagen gearbeitet? Ist ein direkter, persönlicher Kundenkontakt notwendig? In solchen Fällen ist Homeoffice in der Regel nicht umsetzbar.

Bei Tätigkeiten, die sich prinzipiell für Homeoffice eignen, weil sie beispielsweise überwiegend am Computer stattfinden, können technische Hürden eine Rolle spielen: Verfügen Beschäftigte zu Hause über die notwendige Hard- und Software? Sind die Datenzugänge sicher? Stehen Internetverbindungen mit ausreichender Bandbreite sowohl auf Seite der Unternehmen als auch der Beschäftigten zur Verfügung?

Gut ein Fünftel der Beschäftigten arbeitet gelegentlich von zu Hause aus

Im Jahr 2017 haben 22 Prozent der Beschäftigten aus privatwirtschaftlichen Betrieben mit mindestens 50 Beschäftigten (zur genauen Abgrenzung siehe Infokasten „Daten und Methoden“) zumindest gelegentlich von zu Hause gearbeitet. Dabei variieren die Anteile je nach Berufssegment.

Am stärksten wird Homeoffice mit 43 Prozent in den unternehmensnahen Dienstleistungsberufen genutzt (siehe Abbildung 1). Auch in weiteren, eher administrativen Berufen sowie in IT- und naturwissenschaftlichen Berufen ist Homeoffice vergleichsweise häufig. In Fertigungsberufen und dort, wo Dienstleistungen direkt beim oder auf dem Weg zum Kunden erbracht werden, fällt dieser Anteil dagegen wesentlich geringer aus. Im Bereich von Verkehr und Logistik arbeiten sogar nur 3 Prozent ab und zu von zu Hause aus.

Einen wesentlichen Unterschied macht das Tätigkeitsniveau. Die Mehrheit der Beschäftigten arbeitet in Jobs mit fachlichen Tätigkeiten. Dies betrifft vor allem Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung. 23 Prozent der Beschäftigten aus dieser Gruppe haben im Jahr 2017 von zu Hause gearbeitet. Bei den Beschäftigten mit Spezialisten– oder Experten-Tätigkeiten, etwa Meister oder Akademiker, ist der Anteil mit 61 Prozent mehr als doppelt so hoch.

Die entscheidende Frage für die nächsten Wochen und Monate wird sein, in welchem Ausmaß der Anteil der Beschäftigten, die im Homeoffice arbeiten, gesteigert werden kann. Die in vielen Unternehmen nach wie vor vorherrschende Anwesenheitskultur oder Vorbehalte und Präferenzen der Beschäftigten dürften diesem Ziel zumindest derzeit kaum mehr entgegenstehen. Damit bleiben die generelle Eignung der Tätigkeiten sowie technische Voraussetzungen als wesentliche Hürden.

Dabei ist klar: Bei Tätigkeiten, die nicht ortsunabhängig durchgeführt werden können, ist Homeoffice keine Option. Allerdings kann es dabei auf die Kombination der Tätigkeiten ankommen. Momentan überlegen viele Unternehmen, ihre Beschäftigten zumindest zeitweise zu Hause arbeiten zu lassen, um einerseits die Anzahl der anwesenden Personen zu reduzieren und andererseits sicherzustellen, dass die ortsgebundenen Tätigkeiten weiterhin erledigt werden können.

In klassischen Bürojobs könnten bis zu 30 Prozent der Beschäftigten zusätzlich im Homeoffice arbeiten

Die Zahl der Beschäftigten, die Homeoffice nutzen könnten, übersteigt deutlich die Zahl der Beschäftigten, die es bislang tatsächlich genutzt haben (siehe Abbildung 1, zur näheren Erläuterung siehe Infokasten “Daten und Methoden”). Dies gilt vor allem in denjenigen Berufssegmenten, in denen Homeoffice schon recht verbreitet war. So könnten – verglichen mit dem Stand vor der Corona-Krise – in den klassischen Bürojobs noch einmal bis zu 30 Prozent der Beschäftigten zusätzlich von zu Hause arbeiten. In der Gruppe der Spezialisten und Experten lässt sich Homeoffice ebenfalls noch deutlich ausbauen.

Zugleich verhindern derzeit an vielen Stellen noch technische Hürden einen schnellen Umstieg auf Homeoffice. Das aus diesen Gründen ungenutzte Potenzial scheint zwar aus der Sicht der Beschäftigten selbst verhältnismäßig gering zu sein. Allerdings können vermutlich nicht alle Beschäftigten richtig einschätzen, welche technischen Voraussetzungen für das Arbeiten von zu Hause nötig sind. Selbst wenn Beschäftigte zu Hause mit der erforderlichen Hardware ausgestattet sind, könnten immer noch technische Hindernisse bestehen. So könnte es an der nötigen Software oder einer ausreichenden Infrastruktur für eine intensive Nutzung fehlen. Außerdem könnte die Arbeit im Homeoffice an datenschutzrechtlichen Hürden scheitern. Andere Hürden wie der Wunsch, Arbeit und Freizeit zu trennen oder der direkte Austausch mit Kolleginnen und Kollegen sowie den Vorgesetzten, dürften aktuell allerdings keine große Rolle mehr spielen.

88 Prozent der Beschäftigten nutzen digitale Informations- und Kommunikationstechnologien

Manche Tätigkeiten können grundsätzlich ortsunabhängig durchgeführt werden. Dies gilt zumindest dann, wenn die dafür notwendigen mobilen Endgeräte und eine Remote-Verbindung zur Verfügung stehen. Das betrifft die Kommunikation mit Kolleginnen und Kollegen, Kundinnen und Kunden oder Auftraggebern sowie die Erledigung von Aufgaben mittels Computer. Bereits 88 Prozent der Beschäftigten nutzen digitale Informations- oder Kommunikationstechnologien wie Computer, Laptops, Tablets oder Smartphones.

Ein weiterer Hinweis auf das noch ungenutzte Homeoffice-Potenzial ergibt sich aus der Befragungswelle von 2019. Dort sollten Beschäftigte den Umfang verschiedener Tätigkeiten für einen repräsentativen Tag benennen. Diese Tätigkeiten wiederum lassen sich in drei Kategorien zusammenfassen: Kommunikation, Arbeit am Computer sowie Arbeit mit Werkzeugen und an Maschinen und Anlagen.

Die ersten beiden Tätigkeitsarten erfolgen vergleichsweise häufig entweder bereits digital (zum Beispiel E-Mails) oder lassen sich schnell und unbürokratisch digitalisieren (zum Beispiel in Form von Web-Meetings). Bei der Arbeit mit Werkzeugen und an Maschinen oder Anlagen ist dies meist nicht oder noch nicht möglich. Obwohl der technische Fortschritt auch hier neue Möglichkeiten eröffnen wird, ist das Potenzial für Homeoffice in produktionsnahen Tätigkeiten gegenwärtig noch relativ gering.

Dies zeigen auch die vorliegenden Daten: Je mehr Zeit ein Beschäftigter mit Kommunikation oder Arbeit am Computer verbringt, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie oder er von zu Hause arbeitet. Bei einem höheren Anteil der Arbeit an Maschinen und Geräten ist diese Wahrscheinlichkeit dagegen geringer.

Die durchschnittlichen Anteile der drei Tätigkeits-Kategorien fallen je nach Berufssegment sehr unterschiedlich aus (siehe Abbildung 2). Ein Arbeitstag kann allerdings auch aus weiteren Tätigkeiten bestehen, die nicht erhoben wurden und daher hier nicht dargestellt werden können. Darunter fallen zum Beispiel das Steuern eines Lastwagens oder Autos oder persönlicher Kundenkontakt. Insofern dürften die in Abbildung 2 dargestellten Anteile an „Homeoffice-nahen“ Tätigkeiten tendenziell etwas zu hoch sein. Nichtsdestotrotz liefern sie einen wichtigen Hinweis auf das Potenzial an Tätigkeiten, die zu Hause erledigt werden könnten.

Das Potenzial für Homeoffice ist insbesondere bei Spezialisten- und Expertentätigkeiten sehr hoch

Der Anteil der Tätigkeiten, die auf Kommunikation und Arbeit am Computer entfallen, ist bei Beschäftigten, die bislang nicht im Homeoffice arbeiten, erwartungsgemäß geringer als bei solchen, die bereits von zu Hause arbeiten. Dies gilt auch innerhalb eines Berufssegments. Ein geringes Potenzial dürften solche Berufssegmente aufweisen, die für die Erledigung ihrer Arbeit in hohem Maße auf Maschinen und Anlagen angewiesen sind. Dies betrifft zuvorderst Berufe aus den Bereichen Bau/Ausbau und Fertigung.

Demgegenüber ist der Anteil Homeoffice-naher Tätigkeiten in den Bereichen Handel, Unternehmensbezogene Dienstleistungen sowie Unternehmensführung und -organisation vergleichsweise hoch. Das Potenzial zur Verlagerung ins Homeoffice fällt auch hier bei Spezialisten- und Expertentätigkeiten besonders hoch aus.

Fazit

Vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie gab es in Deutschland ein bislang ungenutztes Potenzial an Homeoffice-Möglichkeiten, das nun für einen Anstieg bei Arbeiten von zu Hause führen dürfte. Diese Möglichkeiten hängen jedoch stark von der Tätigkeitsstruktur der Arbeitsplätze ab. Dort, wo verstärkt mit Maschinen und Anlagen gearbeitet wird, sind die Hürden zumindest bislang noch relativ hoch. Dies zeigt sich auch in der aktuellen Krise. So haben die großen Automobilhersteller ihre Produktionswerke bereits geschlossen oder die Produktion stark heruntergefahren. Dies könnte in der Folge auch dazu führen, dass Arbeitsplätze in der Administration in dieser Zeit unbesetzt bleiben, obwohl diese Tätigkeiten nach Hause verlagert werden könnten.

Ein Abbau der technischen Hürden, etwa durch eine bessere Ausstattung mit Hard- und Software und eine bessere Breitbandversorgung, könnte dennoch dazu beitragen, einen Teil der deutschen Wirtschaft in Gang zu halten.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit vom 25.03.2020

DerDeutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt die Überlegungen in der Bundesregierung, das Kurzarbeitergeld zeitweise zu erhöhen, um die durch Kurzarbeit entstehenden finanziellen Einbußen von Beschäftigten aufzufangen. Nach dem Vorschlag des DGB, den Bundesminister Hubertus Heil unterstützt, soll das Kurzarbeitergeld von bisher 60 bzw. 67 Prozent (mit Kindern) auf 80 bzw. 87 Prozent des Nettolohns angehoben werden.

Das Kurzarbeitergeld wird allerdings pauschal anhand des Nettolohns und bei verheirateten Frauen damit häufig anhand der Steuerklasse V berechnet. "Das ist eine mittelbare Diskriminierung von Frauen, die in Lohnsteuerklasse V hohe Abzüge beim Nettolohn und daraus resultierende Nachteile bei Lohnersatzleistungen in Kauf nehmen müssen.", kritisiert die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Maria Wersig. Sie betont weiter: "Geschlechtergerecht durch die Krise bedeutet auch, dass wir solche alten Zöpfe endlich abschneiden."

In Steuerklasse V – in der überwiegend Frauen sind – fällt der Nettolohn aufgrund der hohen Steuerabzüge sehr gering aus. Der Grund ist die Konzeption der Steuerklassenkombination III/V, die dazu führt, dass die Person in Steuerklasse V einen Teil der Lohnsteuer der Person in Steuerklasse III trägt. Der vergleichsweise niedrige Nettolohn wirkt sich dann auf Lohnersatzleistungen aus, die in der Regel anhand des Nettolohns berechnet werden. Zu diesen Leistungen gehören nicht nur das Elterngeld oder das Arbeitslosengeld, sondern auch die finanziellen Unterstützungen im Rahmen der Corona-Krise, z.B. die Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz, das nach Ablauf von sechs Wochen greifende Krankengeld und das Kurzarbeitergeld.

Bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2.000 Euro werden Beschäftigten ohne Kinder in Steuerklasse V bei "Kurzarbeit Null" beispielsweise 700 Euro ausgezahlt, in Steuerklasse IV 850 Euro, in Steuerklasse III sind es 960 Euro. Selbst bei einem erhöhten Leistungssatz von 67 Prozent für Beschäftigte mit Kindern fällt das Kurzarbeitergeld in Steuerklasse V mit 783 Euro geringer aus als das reguläre Kurzarbeitergeld in Steuerklasse IV und III.[1]

Nach Daten des statistischen Bundesamtes sind Frauen beim Bezug von Lohnersatzleistungen überwiegend Steuerklasse V zugeordnet. Demzufolge erhalten verheiratete Frauen bei gleichem Bruttoeinkommen erheblich niedrigere Leistungen als verheiratete Männer, deren Lohnersatzleistungen sehr viel häufiger nach Steuerklasse III berechnet werden. Die Leistungen in Steuerklasse V sind dabei sogar niedriger alsbei ledigen Beschäftigten, deren Lohnersatzleistungen anhand der Steuerklasse I (=IV) berechnet werden. Da Kinderfreibeträge nur in den Steuerklassen I, II, III und IV eingetragen werden dürfen, setzt der Anspruch auf das Leistungsentgelt in Höhe von 67 Prozent in Steuerklasse V zudem einen besonderen Antrag voraus, in dem der Eintrag der Kinderfreibeträge beim Ehepartner nachgewiesen werden muss.[2] Ein rechtlicher Anspruch auf innerehelichen Ausgleich fehlt.

Diese finanzielle Schlechterstellung von Frauen ist mittelbar diskriminierend und verstößt gegen Art. 3 Abs. 2 GG. (Längerfristige) Abhilfe schafft die Streichung der Steuerklasse V und die Berechnung aller Lohnersatzleistungen nach Steuerklasse I bzw. IV. Kurzfristig bietet die Anhebung des Kurzarbeitergelds die Chance, jetzt die Nachteile verheirateter Frauen auszugleichen, indem das Kurzarbeitergeld in Höhe von 80 bzw. 87 Prozent anhand der Steuerklasse IV berechnet wird.

Das gilt erst recht, wenn die Anhebung über die Rücklagen der Bundesagentur für Arbeit finanziert werden soll, denn: diese Rücklagen resultieren aus Beiträgen. Diese werden anhand des Bruttoeinkommens berechnet und fallen damit – im Gegensatz zum Kurzarbeitergeld – bei gleichem Bruttoeinkommen gleich hoch aus.

Quelle: PressemitteilungDeutscher Juristinnenbund e.V. vom 20.04.2020

Zur laufenden Debatte um das Kurzarbeitergeld erklärt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsgeführer des Paritätischen Gesamtverbandes:

"Die von Hubertus Heil und Manuela Schwesig ins Spiel gebrachte Erhöhung des Kurzarbeitergeldes während der Corona-Pandemie ist richtig und wichtig. Viele Menschen stehen vor den Scherben ihrer Existenz, vor allem wenn sie jahrelang unverschuldet im Niedriglohnsektor arbeiten mussten und kaum Rücklagen bilden konnten. Das zusätzliche Geld ist nicht nur eine kurzfristige und dringend benötigte Finanzspritze, sondern kann bestenfalls auch Menschen davor schützen, in die Grundsicherung abzurutschen. Leider längst aber nicht alle. Der Paritätische fordert daher eine pauschale Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf mindestens 80 Prozent des Netto-Einkommens. Und gleichzeitig fordern wir ein Mindestkurzarbeitergeld, das ein Einkommen auf der Höhe oberhalb der Grundsicherung sicherstellen soll. In Übrigen sollten Unternehmen angehalten sein, derzeit auf Bonizahlungen und Dividendenausschüttungen zu verzichten. Aber ob während oder nach Corona: Die Grundsicherung muss prinzipiell armutssicher sein."

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 20.04.2020

Heute hat Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey das BMFSFJ-Online-Angebot www.freiwillige-helfen-jetzt.de freigeschaltet. Die Online-Plattform will lokale und regionale Kontakte erleichtern zwischen Freiwilligendienstleistenden aus BFD, FSJ und FÖJ (Bundesfreiwilligendienst, Freiwilligem Sozialen Jahr und Freiwilligem Ökologischen Jahr), die im Moment nicht an ihren eigentlichen Einsatzorten tätig sein können, weil diese eingeschränkt oder geschlossen sind. Wenn die Freiwilligen gerne außerhalb ihrer eigentlichen Einsatzstelle helfen möchten, dann können sie das in gemeinwohlorientierten Einrichtungen, die aktuell jede hilfsbereite Hand willkommen heißen – sei es in kommunalen Bereichen, im öffentlichen Gesundheitswesen, in der Pflege oder bei den großen Lebensmittel-Verteilstellen der Tafeln. Es gibt unzählige kleine und große Tätigkeiten, bei denen die Zahl der Helferinnen und Helfer und die Flexibilität ihres Einsatzes ganz wesentlich darüber entscheiden, wie gut unser Land diese Tage und Wochen bewältigt.

Ziel von www.freiwillige-helfen-jetzt.de ist es, dass die Freiwilligen und ihre möglichen neuen Einsatzbereiche vor Ort durch eine lokale Vermittlung ihrer Online-Einträge möglichst einfach zusammenfinden.

Viele Einsatzstellen in den Freiwilligendiensten BFD, FSJ und FÖJ haben wegen der Corona-Pandemie derzeit ihren Betrieb stark eingeschränkt oder ganz geschlossen. Damit dies nicht zulasten der Freiwilligen geht, laufen die Zahlungen des Bundes für Taschengeld und Sozialversicherung grundsätzlich genauso weiter, als ob diese ihren Dienst regulär leisten würden. Gleichzeitig besteht bei vielen Freiwilligen der Wunsch, trotz der geschlossenen Einsatzstelle an anderer Stelle auszuhelfen.

Deshalb hat Bundesfamilienministerin Giffey eine Ausnahmeregelung in Kraft gesetzt, wonach Bundesfreiwilligendienstleistende, sofern sie das möchten, nicht nur in ihrer angestammten Einsatzstelle, sondern auch in einem sogenannten „erweiterten Einsatzbereich“ helfen dürfen. Zahlreiche Bundesländer sind für ihre Freiwilligendienste FSJ und FÖJ diesem Beispiel gefolgt.

Bundesfamilienministerin Giffey: „Der oberste Grundsatz bei der Nutzung von www.freiwillige-helfen-jetzt.de ist und bleibt: Ein Freiwilligendienst muss unbedingt freiwillig sein. Und die Sicherheit aller Beteiligten hat immer Vorrang. Wir möchten aber denen, die aus eigenem Entschluss und im Einvernehmen mit ihrer Einsatzstelle gerne an anderer Stelle helfen wollen, dies auch ermöglichen.Unser Land braucht gerade jetzt an vielen Stellen Hilfe und Unterstützung, Deutschland lebt derzeit langsamer, es arbeitet anders, aber es steht nicht still.“

In den Freiwilligendiensten BFD, FSJ und FÖJ sind im laufenden Jahrgang deutlich über 90.000 Freiwillige aktiv, davon 39.000 im BFD, 52.000 im FSJ und 3.000 im FÖJ. Mehr als 25.000 von ihnen haben sich von Anfang an für eine Einsatzstelle des Gesundheits- und Pflegebereichs entschieden. Sie helfen beispielsweise in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder im Rettungsdienst. Damit sind sie also in Bereichen tätig, die aktuell ganz besonders wichtig sind und die deshalb auch ganz besonders unter Druck stehen. Andere sind beispielsweise im Zivil- und Katastrophenschutz eingesetzt oder im Kulturbereich, der Denkmalpflege oder im Umweltschutz.

Bundesfamilienministerin Giffey: „Mit www.freiwillige-helfen-jetzt.de bringen wir die Hilfsbereitschaft zahlreicher Freiwilligendienstleistender leichter dorthin, wo sie willkommen ist. Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Gesundheitseinrichtungen, Pflegeeinrichtungen – alle gemeinwohlorientierten Infrastrukturen und Einrichtungen verdienen unsere helfende Hand und sind eingeladen, bei www.freiwillige-helfen-jetzt.de mitzumachen.“

So funktioniert die Vermittlungsarbeit

Die Freiwilligen und Einrichtungen suchen sich ihre lokale Vermittlungsstelle auf der Startseite heraus und tragen sich dort in ein Online-Formular ein. Das Matching der Einträge erfolgt anschließend durch die lokalen Vermittlungsstellen mittels persönlicher Sichtung durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Kontakte werden gesichtet, auf ein „Match“ geprüft, danach werden Freiwillige und Einsatzstellen per Email informiert. Anschließend können beide Seiten entscheiden, ob sie Kontakt zueinander aufnehmen wollen.

Wenn die Region noch nicht abgedeckt ist, steht für die Freiwilligen und Einrichtungen am unteren Ende der Seite eine allgemeine Hinweistafel zur Verfügung mit der Aufschrift: „Ihr Ort ist nicht dabei, Sie möchten trotzdem dabei sein? Dann bitte hier anmelden!“ Dort laufen dann alle Einträge auf, die noch nicht lokal vermittelt werden können, im BMFSFJ zusammen, bis eine möglichst hohe lokale und regionale Abdeckung erreicht ist.

Der Online-Betreiber hinter der Plattform heißt „freinet“. Er betreibt mit derselben Software bereits mit über 100 lokalen Vermittlungsstellen das Angebot „hilf-jetzt.de“, über das Corona-Nachbarschaftshilfe vermittelt wird.

Lokale Vermittlungsstellen schließen sich an

Die über 100 lokalen Vermittlungsstellen von „hilf-jetzt.de“ sind von „freinet“ und dem BMFSFJ eingeladen worden, auch bei „freiwillige-helfen-jetzt.de“ mitzumachen und Einträge von Freiwilligen und Einrichtungen zu vermitteln. Bis heute früh haben 22 dieser lokalen Vermittlungsstellen diese Einladung zur Zusammenarbeit angenommen.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 07.04.2020

Müntefering: Alle müssen jetzt mitmachen!

Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen begrüßt die Beschlüsse von Bund und Ländern, die geltenden coronabedingten Einschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens in verantwortlichen Schritten zu lockern. Sie unterstreicht die Notwendigkeit, nachdrücklich daran zu arbeiten, die Gefahr von Neuinfektionen zu reduzieren und das Gesundheitswesen im nötigen Umfang voll handlungsfähig zu halten bzw. zu machen. „Die Beschlüsse überzeugen, jetzt kommt es auf die Praxis an und darauf, dass alle mitmachen“, so der BAGSO-Vorsitzende Franz Müntefering.

Es ist wichtig, dass die Politik die Notwendigkeit des Schutzes von Bewohnerinnen und Bewohnern in Pflegeheimen betont hat. Genauso wichtig ist aber auch, schnell Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, um eine vollständige soziale Isolation dieser Menschen zu verhindern. Die BAGSO mahnt zur Eile, denn erzwungene Einsamkeit bedeutet für Menschen in Heimen nicht nur eine Einschränkung von Lebensqualität, sondern auch eine erhebliche gesundheitliche Gefährdung.

Die Politik muss den Blick aber auch auf die häuslichen Pflegesituationen richten. Das Wegbrechen von Unterstützungsangeboten wie z.B. der Tagespflege setzt pflegende Angehörige, die häufig bereits am Rande ihrer Kräfte sind, massiv zusätzlich unter Druck. Als systemrelevante Personen müssen auch sie einen Anspruch auf Schutzausrüstung und auf Notbetreuung ihrer Angehörigen haben.

Die BAGSO hält es für richtig und wichtig, dass in regelmäßigen Abständen von wenigen Wochen der Stand der Entwicklung gebündelt geklärt wird und mögliche Konsequenzen gezogen werden. „Den letzten Rest Hemmung, mit Schutzmasken durchs Leben zu gehen, besonders im ÖPNV oder beim Einkaufen, sollten wir alle ablegen“, so Franz Müntefering. „Es bleibt bei der Mitverantwortung aller für alle und Schutzmasken schützen.“

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. vom 16.04.2020

Die Parship Group mit ihren Services Parship und ElitePartner unterstützt in den kommenden Wochen das Deutsche Kinderhilfswerk mit zahlreichen TV-Spendenaufrufen. Dazu nutzt das Unternehmen einen Teil seiner Werbeplätze, um auf den Kindernothilfefonds des Deutschen Kinderhilfswerkes hinzuweisen und die Spendentrommel für die Kinderrechtsorganisation zu rühren. Mit dem Kindernothilfefonds wird aktuell Kindern und Jugendlichen aus sozial und finanziell benachteiligten Familien geholfen, die in der Corona-Krise unter besonderen Problemen leiden. Für sie hat das Deutsche Kinderhilfswerk drei Hilfspakete in den Bereich "Digitales Lernen", "Nachhilfe" und "Ausgewogene Ernährung" aufgesetzt.

Die Spots werden ab heute auf reichweitenstarken Sendern der ProSiebenSat.1-Gruppe jeweils im wöchentlichen Wechsel mit Spots für Tafel Deutschland e.V. ausgestrahlt. Das Media-Invest beläuft sich auf ein wöchentliches Volumen von etwa 250.000 Euro brutto. Für Kreation und Umsetzung der Kampagne zeichnet die Hamburger Produktionsfirma 27km Entertainment verantwortlich.

"Für uns als Unternehmensgruppe hat Liebe oberste Priorität. Dazu gehört auch die Nächstenliebe", erklärt Tim Schiffers, Geschäftsführer und CEO der Parship Group. "Wir sind überzeugt, dass unsere Gesellschaft nur dann unbeschadet aus dieser Krise hervorgeht, wenn jeder Verantwortung übernimmt und seinen Beitrag leistet. Aus diesem Grund fühlen wir uns verpflichtet, diejenigen zu unterstützen, die sich für die Schwächsten in unserer Gemeinschaft besonders stark machen."

"Arme Kinder leiden besonders stark unter den aktuellen Einschränkungen. Wenn plötzlich das Mittagessen in Schule und Kita wegfällt oder digitales Lernen in der Familie nicht möglich ist, muss zügig und vor allem unbürokratisch geholfen werden. Wir haben entsprechende Pakete geschnürt, die gesunde Ernährung und Bildung für arme Kinder sichern und die über Spenden an unseren Kindernothilfefonds finanziert werden. Ein großes Dankeschön an die Parship Group, die mit ihrer Aktion unsere Corona-Hilfe für Kinder und Jugendliche großzügig unterstützt", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Der Kindernothilfefonds des Deutschen Kinderhilfswerkes hat mit seiner Einzelfallhilfe seit seiner Gründung in Not geratenen Familien mit mehr als zwei Millionen Euro geholfen. Zur Koordinierung der Hilfen steht das Deutsche Kinderhilfswerk in regelmäßigem Austausch mit seinen deutschlandweiten Kontaktstellen und Kinderhäusern.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 21.04.2020

Die Corona-Krise bedeutet für die Menschen eine Herausforderung ohne jeden historischen Vorläufer. Insbesondere für Mehrkindfamilien wirken sich die zur Eindämmung der Pandemie getroffenen Maßnahmen vielfältig aus. „Zeitgleich müssen mehrere SchülerInnen in verschiedenen Fächern und Schultypen von ihren Eltern unterrichtet oder zumindest begleitet werden“, erläutert Dr. Elisabeth Müller, Bundesvorsitzende des KRFD die Situation. „Was die Familien permanent umtreibt, sind die Erschwernisse beim notwendigen Familieneinkauf, der ohne Verpflegung in KiTa und Schule natürlich noch umfangreicher ausfällt, das familiäre Budget deutlich stärker belastet und dazu noch von Misstrauen und Verständnislosigkeit beim Personal der Supermärkte und anderen Kunden führt“, erklärt Müller.

Der KRFD hat umgehend gehandelt und stellt den Mitgliedsfamilien mit der „Corona-Karte“ eine schriftliche Bescheinigung über ihre Kinderzahl aus. Innerhalb weniger Tage wurden über 1000 „Corona-Karten“ ausgestellt. „Der Zuspruch zu unserem Angebot hat uns gefreut und zugleich erschrak uns, welche Not hinter der großen Nachfrage steckt“, führt Müller aus. Zeitgleich wurden alle großen Discounter angeschrieben und auf die besondere Situation der Mehrkindfamilien hingewiesen. „Mit Verständnis für die Dringlichkeit hat Aldi umgehend und wirksam reagiert“, stellt Müller den Discounter heraus.

Die Situation der Mehrkindfamilien in Deutschland bestätigt sich europaweit. Die Vereinigung der Großfamilien in Europa (ELFAC) hat sich deshalb aktuell zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie und den Einschränkungen des öffentlichen Lebens geäußert:

ELFAC-Statement

In diesen Tagen wärmen Bilder von großen Familien, die beherzt und sympathisch ihren Alltag meistern, die Herzen vieler Menschen. Doch hinter der Stärke und Kreativität von Familien mit drei und mehr Kindern verbergen sich handfeste und der Öffentlichkeit oft verborgene Schwierigkeiten.

Erfahrungen von Intoleranz bei den täglichen Einkäufen berichten Familien aus Deutschland. Sie müssen ihren erhöhten Bedarf nachweisen und werden von anderen Kunden misstrauisch beäugt.

Aus Spanien berichtet ein Vater vom Einkauf für seine zehnköpfige Familien, die Großeltern und Urgroßeltern. Weil er im Auto von seinem Sohn begleitet wurde, wurde er mit einer Strafe belegt denn in Spanien ist derzeit nur eine Person pro Auto erlaubt. Die prinzipiell begrüßenswerte digitale Unterstützung und Vernetzung beim Home-Schooling stellt Mehrkindfamilien vor Probleme. So unterstützte in Lettland das Unternehmen SAMSUNG Familien mit Tablets, damit die SchülerInnen an den „E-Klassen“ teilnehmen konnten. Dasselbe Problem bestätigen Verbände aus Italien und sogar aus Estland, das gemeinhin als digitaler Vorreiter in Europa gilt. Viele Mehrkindfamilien können ihre Kinder nicht zeitgleich an Computern arbeiten lassen, denn Familien haben oft zwei, aber nicht fünf Computer zur Verfügung.

Diese Beispiele stellen eine Auswahl der für Mehrkindfamilien in der Corona-Krise sich stellenden Belastungen dar. Dabei wächst laut Eurostat Data jedes dritte Kind in Europa in einer Mehrkindfamilie auf und die Mehrkindfamilien sind keine exotische Minderheit.

„Wir sind in Sorge“, so ELFAC-Präsidentin Regina Maroncelli, „denn auch in der aktuellen Ausnahmesituation sind es erneut die großen Familien, die besonders belastet und zugleich am wenigsten gesehen werden; die einen Mangel an Fairness erleben in einer ohnehin schwierigen Lage. Aus ökonomischer Sicht könnte dies sehr ernste Auswirkungen haben“.

Die Vereinigung der Mehrkindfamilien in Europa (ELFAC) repräsentiert 25 Vereinigungen in 23 europäischen Ländern. Die ELFAC ruft die Europäische Kommission, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Vice-Präsidentin Dubravka Šuice dazu auf, die Arbeit an einer „Kinder-Garantie“ zu intensivieren. Die sogenannte „Child Guarantee“ versteht sich als Garantie gegen Kinderarmut und soll bei staatlichen Leistungen für Familien die Anzahl der Kinder berücksichtigen und das Recht auf Bildung sicherstellen. Die ELFAC bestärkt die nationalen Regierungen, bereits eingeführte Mehrkindfamilienkarten als hilfreiche Maßnahme zu unterstützen, Mehrkindfamilien den wirtschaftlichen Aufstieg zu erleichtern und sie damit auch wirtschaftlich zu stabilisieren. Auf lange Sicht müsse das Ziel eine Europäische Mehrkindfamilienkarte sein.

„Die Institutionen sollten die Stimme der Familien beachten und Familienorganisationen aktiv in die Erarbeitung notwendiger und nützlicher Maßnahmen zur Überwindung der Situation einbeziehen. Wer Familien und Kinder unterstützt, der investiert in die Zukunft, die uns nach dem Corona-Virus erwartet“, so ELFAC-Präsidentin Regina Maroncelli.

Weitere Informationen finden Sie unter https://www.kinderreichefamilien.de

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e. V. vom 08.04.2020

Der §219a StGB muss endlich gestrichen werden!

Vor einem Jahr ist die Gesetzesänderung des §219a StGB zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch in Kraft getreten. Seit Juli 2019 sind Listen von Ärzt*innen auf der Website der Bundesärztekammer und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit einem Informationsangebot online zugänglich. Von Verbesserung der Information kann jedoch keine Rede sein, betonen der Berufsverband für Heilprakterinnen Lachesis e.V., das Netzwerk Frauengesundheit Berlin und der pro familia Bundesverband.

Gerade jetzt, in Zeiten der Corona Pandemie, suchen viele Frauen verlässliche Informationen zum Schwangerschaftsabbruch noch stärker über das Internet. Nur evidenzbasierte, verständliche, zutreffende und vollständige Gesundheitsinformationen entsprechen den Menschenrechten.

Umfassende Gesundheitsinformationen zum Schwangerschaftsabbruch im Internet zur Verfügung zu stellen, gilt nach wie vor als Werbung und bleibt den Ärzt*innen verboten.

Die Liste entspricht nicht den Informationsrechten der Frauen. Denn Ärzt*innen dürfen nur informieren, ob sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen, nicht wie und zu welchem Preis. Medizinische Informationen über einen sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruch fehlen.

Mittlerweile haben sich zwar mehrere Hundert Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland durchführen, freiwillig eintragen lassen. Die Liste bleibt allerdings unvollständig, unübersichtlich und im Internet schwer zu finden. Solange Schwangerschaftsabbrüche im Strafgesetzbuch stehen, fürchten Ärzt*innen zu Recht, dass Gegner*innen der sexuellen und reproduktiven Rechte sie nach einer öffentlich zugänglichen Bekanntgabe verfolgen und/oder belästigen.

Schwangerschaftsabbruch ist eine Leistung der gesundheitlichen Versorgung für Frauen. Die Ärzt*innenliste ist eine Hürde im Zugang zum Schwangerschaftsabbruch.

Die einzige Lösung, um den Zugang zu Information zu gewährleisten, ist die Streichung des § 219a StGB!

Quelle: Pressemitteilung pro familia Bundesverband vom 22.04.2020

pro familia sieht eine Zuspitzung der Lage, die die reproduktive Gesundheit von Frauen bedroht

Ungewollt schwangere Frauen geraten während der Corona-Pandemie in große Bedrängnis. Die Hürden zum Schwangerschaftsabbruch haben sich verdoppelt. Die schon vorher deutlich sichtbaren Defizite in der Versorgung führen nun zu gravierenden Engpässen in der Versorgung. pro familia fordert, den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch der Krise angepasst niedrigschwelliger zugänglich zu machen und die Versorgung in allen Regionen in Deutschland gleichermaßen sicherzustellen.

Eine ungewollte Schwangerschaft stellt Frauen in Corona-Zeiten vor große Probleme. Hürden wie die Wahrnehmung von mehreren Terminen unter Kontaktsperre, Homeoffice und ohne Kinderbetreuung müssen genommen und die Pflichtberatung per Telefon oder Videochat absolviert werden. Der Beratungsschein kommt womöglich Tage später per Post und die Kostenübernahme kann sich aufgrund geschlossener Krankenkassen verzögern. Einen Ort zu finden, an dem der Schwangerschaftsabbruch dann stattfinden kann, ist noch schwieriger als sonst, da manche Ärzt*innen, die zur Risikogruppe gehören, die Praxis geschlossen haben und Kliniken darauf verweisen, dass sie nur Notfälle behandeln dürfen.

pro familia sieht die reproduktive Gesundheit von Frauen bedroht und fordert das Bundesfamilienministerium und das Bundesgesundheitsministerium auf, weiterhin alles dafür zu tun, dass Frauen in allen Landesteilen einen guten Zugang zur Versorgung haben. Insbesondere geht es um die folgenden Punkte:

  • Wirken Sie auf die Länder ein, damit überall in Deutschland eine telefonische, videobasierte und persönliche Beratung (je nach Möglichkeit der Beratungsstelle und der Frau) erlaubt ist und Frauen angeboten werden kann. Unabhängig davon, wie die Beratung durchgeführt wird: die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zur Beratung ist Voraussetzung und selbstverständlich.
  • Die Identifikationsprüfungen verkomplizieren den Beratungsvorgang und könnten bundesweit entfallen, da sie erst beim Schwangerschaftsabbruch zum Tragen kommen. Bitte empfehlen Sie den Ländern auch hier ein einheitliches Vorgehen.
  • Die Zustellung der Beratungsbescheinigung sollte bundesweit einheitlich digital erfolgen können, um eine zum Teil mehrtägige Verzögerung zu vermeiden.
  • Durch die Schließung der Krankenkassen für den Publikumsverkehr ist es notwendig geworden, dass Formulare zur Kostenübernahme beim Schwangerschaftsabbruch online verfügbar sind. Eine große Erleichterung wäre ein bundesweit einheitliches Formular, das Beratungsstellen den Frauen auf Wunsch mitgeben können. Sprechen Sie mit den Verantwortlichen und bahnen Sie bitte einen Weg dafür.
  • Last but not least: Die zu geringe Zahl an Ärzt*innen und Kliniken in Deutschland, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, führt in der aktuellen Krise zu einer prekären Situation. Sei es, weil Praxen aus Sicherheitsgründen schließen, sei es, weil Ärzt*innen und Kliniken nur noch Covid19-Patient*innen behandeln. Schwangerschaftsabbrüche sind keine elektiven* Eingriffe, das heißt sie müssen auch während der Corona-Krise zeitnah durchgeführt werden. Wir müssen Hürden abbauen, damit Frauen in der vorgesehenen Frist einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen können, wenn sie das wollen. Ein Beitrag dazu ist der Home-Use des medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs, die Einnahme des Medikaments zuhause. England und Irland haben es vorgemacht und den Home-Use für die Dauer der Pandemie erlaubt. Auch Deutschland sollte hier seinen Frauen zur Seite stehen.

*Elektive Eingriffe: nicht zwingend notwendige Eingriffe, da therapeutische Alternativen möglich sind.

Quelle: Pressemitteilung pro familia Bundesverband vom 07.04.2020

SCHWERPUNKT II: Aufnahme Geflüchtete

Anlässlich der heute anstehenden Entscheidung des Bundeskabinetts 50 Kinder aus Flüchtlingslagern in Griechenland nach Deutschland aufzunehmen, fordert das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) ein deutlich größeres Zeichen der Solidarität und Mitmenschlichkeit.

Das Bundeskabinett will heute dem Beispiel Luxemburgs folgen und 50 unbegleitete Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingslagern in Griechenland aufnehmen. In den vergangenen Wochen hat sich die Situation dort zunehmend verschärft, da viele Menschen von der Türkei zur Ausreise in Richtung EU aufgefordert wurden. Nun sind erste Corona-Infektionen in den Lagern nachgewiesen worden.

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, fordert: „In den vergangenen Wochen der Corona-Pandemie war viel von Solidarität und Mitmenschlichkeit die Rede. Doch wo bleibt diese, wenn es um Menschen geht, die vor einem schrecklichen Krieg flüchten und nun in völlig überfüllten Lagern in Griechenland oder der Türkei festsitzen? Die Aufnahme von 50 unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten und deren Rettung aus den unsäglichen Lagern in Griechenland sind ein erster und längst überfälliger Schritt. Es müssen viele weitere folgen.“

Reckmann bemerkt weiter: „Für viele Familien ist die Sorge um ihre Kinder eine der Hauptursachen für die Flucht aus einem Kriegsgebiet oder auch Beweggrund, ihre Kinder alleine auf die gefährliche Reise zu schicken. Aber auch die Versorgung älterer Angehöriger ist eine Fluchtursache. Es reicht daher nicht aus, unbegleitete minderjährige Geflüchtete aufzunehmen. Ihre Familien müssen so schnell wie möglich auf legalem und sicherem Weg folgen dürfen!“

Das Positionspapier des ZFF zum „Familiennachzug“ (Mai 2017) finden Sie u>.

Quelle: PressemitteilungZukunftsforum Familie e.V. vom 08.04.2020

Nicht erst seit der Corona-Krise leiden geflüchtete Menschen unter der katastrophalen Situation in Griechenland. Nun droht eine Tragödie, wenn nicht schnell gehandelt wird. Eine Aufnahme von 50 Minderjährigen ist völlig unzureichend. Wir können und müssen deutlich mehr tun: #WirHabenPlatz

Seit dem 5.12.2019 ist die Zahl junger Geflüchteter die im Rahmen der Kinder und Jugendhilfe betreut und versorgt werden von 30.408 auf 26.432 gesunken. Zahlreiche Plätze in Jugendwohngruppen sind damit erst kürzlich frei geworden. Eine Blitzumfrage des Bundesfachverbandes umF unter seinen Mitgliedsorganisationen hat zudem ergeben, dass in kürzester Zeit hochgerechnet etwa 2000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unter Wahrung des Infektionsschutzes in Jugendwohngruppen aufgenommen werden könnten – mit Vorlauf könnten es deutlich mehr sein.

Nach dem Rückgang der Zugangszahlen verfügt die Jugendhilfe über ausreichende Kapazitäten und bietet aufgrund der noch vorhandenen sehr guten Infrastruktur beste Voraussetzungen für eine nachhaltige Integration. Die große Mehrheit der in den Jahren 2015 und 2016 aufgenommenen geflüchteten unbegleiteten Minderjährigen weist bereits beachtliche Integrationserfolge auf und lebt vielfach unabhängig von Transferleistungen. Wozu hat die Jugendhilfe in Deutschland teils jahrzehntelange Erfahrungen und fachliche Kompetenzen in der Versorgung und Betreuung junger geflüchteter Menschen gesammelt, wenn sie nicht genau in diese Krisensituation helfen darf?

Eine Aufnahme von 50 Minderjährigen, ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Circa 40.000 Geflüchteten leben unter völlig menschenrechtswidrigen Bedingungen auf den griechischen Inseln. Sie müssen umgehend evakuiert werden. Die Jugendhilfe in Deutschland kann und will hierzu ihren Beitrag leisten, die Bundesregierung darf diese Hilfsbereitschaft nicht länger blockieren.

Quelle: Pressemitteilung Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. vom 09.04.2020

Die Bundesregierung will in der kommenden Woche 50 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln aufnehmen. Die Aufnahme soll heute im Bundeskabinett beschlossen werden. Dazu erklärt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie:

"Es ist erfreulich, dass die Bundesregierung nach einer Initiative von gut 50 Bundestagsabgeordneten der CDU-Fraktion signalisiert hat, 50 Flüchtlingskinder aus griechischen Flüchtlingslagern aufzunehmen. Dies kann aber allenfalls ein Anfang sein. Ein Ausbruch von Covid-19 in den griechischen Elendslagern auf den Inseln ohne Zugang zu medizinischer Versorgung wäre eine humanitäre Katastrophe – um diese noch zu verhindern, müssen Deutschland und die EU jetzt handeln und wesentlich mehr Menschen direkt von den Inseln ausfliegen. Zwei Lager auf dem Festland sind bereits betroffen, die Evakuierung dorthin ist keine Option mehr.

Den Menschen, die teils seit Monaten unter menschenunwürdigen Bedingungen in den Lagern leben, läuft die Zeit davon. Wie so oft werden die Schwächsten am stärksten leiden – und dies sind leider zumeist die Kinder und Alten. Wenn wir es als 500 Millionen Europäer auch nach wochenlangen Verhandlungen zusammen nicht schaffen, Elendslager auf unserem Territorium zum Schutz vor Corona aufzulösen, verraten wir selbst unsere eigenen europäischen Werte und Menschenrechte. Die von Deutschland für 2020 zugesagten Resettlement-Aufnahmen werden bedauerlicherweise vorerst nicht mehr stattfinden. Dann sollten wir die freiwerdenden Kapazitäten jetzt für die sofortige Evakuierung der griechischen Hotspots nutzen."

Zehn EU-Länder haben in einer "Koalition der Willigen" vereinbart, gemeinsam bis zu 1600 Flüchtlingskinder aufzunehmen. Bisher hat nur Luxemburg konkrete Pläne dafür vorgelegt, das Bundesinnenministerium will nun zunächst mit 50 Kindern folgen. In Deutschland haben Wohlfahrtsorganisationen wie die Diakonie und viele Kommunen schon vor Wochen ihre Bereitschaft signalisiert, die Flüchtlinge sofort aufnehmen zu können. Auch das Erstaufnahmelager Friedland hat wegen der coronabedingten Aussetzung der Resettlement-Aufnahmen aus Libanon, Jordanien, Ägypten, Kenia, Niger und Türkei Kapazitäten frei.

Mehr Infos:

https://www.diakonie.de/gemeinsam-helfen-hilfe-fuer-fluechtlinge

https://resettlement.de/eu-resettlement-2/

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 08.04.2020

Das Bundeskabinett hat diese Woche die Aufnahme von 50 Kindern aus den griechischen Lagern beschlossen. Bundesaußenminister Maas kündigte zudem an, in den nächsten Wochen zwischen 350 und 500 unbegleitete Minderjährige aufzunehmen. „Echte Humanität und Asylpolitik drückt sich anders aus", sagt Christiane Götze, Vorstand des Kinderschutzbundes Thüringen. Thüringer Familienverbände (NaturFreunde Thüringen, Der Kinderschutzbund Thüringen, Deutscher Familienverband Landesverband Thüringen, pro familia Thüringen und der Verband alleinerziehender Mütter und Väter Thüringen) fordern gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat Thüringen e.V. daher die sofortige Evakuierung aller Menschen aus den überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln. Die Schutz suchenden Menschen müssen sicher in den Ländern der EU untergebracht werden. Die Bundesrepublik muss dabei beispielhaft vorangehen. Länder und Kommunen haben bereits teilweise Bereitschaft zur Aufnahme erklärt. Wir fordern, dass sich der Bund der Aufnahme weiterer Menschen endlich nicht mehr in den Weg stellt! Die bedingungslose Wahrung der Menschenrechte ist eine Grundfeste unserer Demokratie. Der Zugang zu Schutz und Asylverfahren in der Europäischen Union muss umgehend wiederhergestellt werden", sagt Sabine Blumenthal vom Thüringer Flüchtlingsrat.

Seit Monaten ist die unmenschliche Situation in den Lagern von Griechenland bekannt. Viele tausend Menschen, darunter auch ein hoher Anteil an Kindern und Familien, harren in den vollkommen überfüllten Lagen aus. Wir bedauern, dass diese Situation aufgrund der CoronaPandemie in der öffentlichen Diskussion in den Hintergrund gerückt ist. Denn dort ist weder eine medizinische Grundversorgung, noch der Zugang zu Trinkwasser und Wasser für Grundhygiene im ausreichenden Maße gegeben. Mit der Corona-Pandemie verschärft sich diese Situation extrem. Die betroffenen Menschen werden in den Lagern mit diesem Problem allein gelassen. Die hygienischen Bedingungen sind katastrophal und gefährden viele Menschenleben.

Anfang März bekundete der Bund die Aufnahme von 1.500 Minderjährigen. Bis heute sind kaum nennenswerte Maßnahmen dahingehend getroffen. „Die Auflösung der Lagerstruktur hin zu einer dezentralen Unterbringung ist auch ein wesentlicher Schritt, um die Infektionsgefahr zu reduzieren. Aktuelle Bestrebungen der Thüringer Landesregierung, Landkreise und kreisfreien Städte, dezentrale Unterbringung zu organisieren, würden wir begrüßen. Diese bietet mehr Schutz, Sicherheit und Privatsphäre für Familien", so Susanne Zwiebler vom Deutschen Familienverband, LV Thüringen.

Quelle: Pressemitteilung NaturFreunde Thüringen vom 09.04.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Rechtsextreme nehmen immer stärker Jugendliche ins Visier und versuchen die Corona-Krise zu instrumentalisieren

Rechtsextreme Gruppen verlagern ihre Aktivitäten zunehmend auf Social-Media-Kanäle und nehmen damit gezielt Jugendliche ins Visier. Über alle verfügbaren Dienste locken sie mit Angeboten, die an die Lebenswelt junger Menschen anknüpfen und deren Emotionen wecken – zum Beispiel durch Musik: von Rock bis Hip-Hop. Das zeigt der Lagebericht „Rechtsextremismus im Netz 2018/19“, den Bundesjugendministerin Dr. Franziska Giffey heute vorgestellt hat. Erarbeitet und herausgegeben wurde der Bericht von jugendschutz.net, dem Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für den Jugendschutz im Internet.

„Ob in sozialen Netzwerken, auf Youtube oder in der digitalen Spiele-Welt: Kinder und Jugendliche sind heutzutage ganz selbstverständlich im Netz unterwegs – umso erschreckender ist es, wie leicht sie von Rechtsextremisten kontaktiert und geködert werden können“, sagt Bundesjugendministerin Giffey“. Für mich ist der Lagebericht ein Alarmzeichen, gerade auch in Zeiten von Corona. Denn mit kruden Verschwörungstheorien und Fake News versucht die rechtsextreme Szene derzeit auch junge Menschen für sich zu gewinnen. Über das Internet können sie sich nahezu ungehindert direkten Zugang in die Kinderzimmer verschaffen.“

„Gefährliche Echokammern“ durch Schutzlücken

Der Lagebericht von jugendschutz.net macht einmal mehr deutlich, dass Social-Media-Dienste ein zentrales Aktionsfeld von Rechtsextremen ist. Gerade dort, wo Schutzmaßnahmen durch Plattformbetreiber nicht vorhanden oder zu wenig wirksam seien, entstünden gefährliche „Echokammern“.

„Um Jugendliche auch vor diesen Gefahren im Netz wirksam zu schützen, werden wir noch in diesem Jahr das Jugendschutzgesetz reformieren“, betont Bundesjugendministerin Giffey: „Für stärkeren Schutz, mehr Orientierung und eine effektive Rechtsdurchsetzung bei Verstößen – auch gegenüber Anbietern mit Sitz im Ausland. Zugleich brauchen wir mehr Medienkompetenz. Schon jetzt fördern wir über das Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘ zahlreiche Initiativen, die junge Menschen für ideologische Inhalte im Netz und ihre Gefahren sensibilisieren.“

„Rechtsextreme tummeln sich in Social-Media. Sie stacheln dort zum Hass gegen Menschengruppen auf, huldigen rechtsterroristischen Attentätern und greifen unsere Demokratie an. Über Musik, Videos und Memes erreicht ihre Hetze ein Millionenpublikum, darunter unzählige Kinder und Jugendliche“, erläutert Stefan Glaser, Leiter von jugendschutz.net. „Deshalb ist es wichtig, dass bei Rechtsverstößen schnell gehandelt wird. Wir brauchen mehr Betreiber, die bereit sind, junge Userinnen und User auch proaktiv vor rechtsextremer Propaganda zu schützen. Es ist unbegreiflich, warum einschlägig bekannte Bands ihre hasserfüllte Musik noch auf reichweitenstarken Plattformen promoten können. Und wieso schlagen mir die Algorithmen dann auch noch ähnliche Beiträge vor? Mit Meinungsfreiheit hat das nichts zu tun“, so Glaser weiter.

Fast 1.500 Verstöße registriert

jugendschutz.netdokumentierte 2018 und 2019 im Themenfeld Rechtsextremismus 1.486 Verstöße. Meist handelte es sich um die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung. 2.248 Maßnahmen wurden eingeleitet; in über 80 Prozent der Fälle wurde eine Löschung oder Sperrung erreicht. Der Großteil der gesichteten rechtsextremen Propaganda befand sich auf Social-Media-Plattformen wie YouTube, Facebook, Twitter und Instagram.

Instrumentalisierung der Corona-Krise

Auch jugendschutz.net und das Kompetenznetzwerk Rechtsextremismus im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ beobachten, dass Rechtsextreme aktuell versuchen, die Corona-Krise für ihre Propaganda zu instrumentalisieren.

Das führe zu einer „Hass- und Rassismus-Pandemie in den sozialen Netzwerken“, die teilweise auch mit realer Gewalt ende, warnt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung als Koordinierende Stelle des Kompetenznetzwerks Rechtsextremismus: “Asiatisch aussehende Menschen werden angegriffen, italienische Restaurants mit Farbe beschmiert, Rechtsextreme bedrohen Flüchtlinge, Einwanderer und Repräsentanten unserer Demokratie. Dem müssen wir uns entgegenstellen und fake news, gezielter Desinformation und rechtsextremen Narrativen präventiv und pädagogisch begegnen. Gerade Jugendliche müssen hier unterstützt werden, richtige Informationen von falschen zu unterscheiden und zum Widerspruch gegen Verschwörungserzählungen ermutigt werden. Hierzu geben wir Trägern der Jugendarbeit und pädagogischem Fachpersonal Informationen und Methoden an die Hand, wir entwickeln gemeinsam mit Jugendlichen digitale Argumentationstrainings, bieten Online-Seminare zu Moderationstechniken an, stehen für Rückfragen, Begleitung und Coaching im Chat zur Verfügung und erarbeiten Angebote und Handreichungen für die Erwachsenenbildung“.

Zusätzliche Informationen und Materialien:

Der Bericht: "Rechtsextremismus im Netz 2018/19" und die Praxis-Info „Corona-Pandemie und rechtsextreme Onlinepropaganda: Verschwörungstheorien, Hasskampagnen und rechtsextremes Framing“ stehen zum Download bereit.

Hier finden Sie ergänzende Videostatements von Bundesjugendministerin Franziska Giffey: www.bmfsfj.de/lagebericht

und von Flemming Ipsen (jugendschutz.net): https://drive.google.com/file/d/1bL2WKW8ASg8y2j4pcovhO9Q7s1vi2ckF/view

Zusätzliches Material des Kompetenznetzwerks Rechtsextremismus (KOMPREX): https://twitter.com/BMFSFJ/status/1230773980144885762

Interview mit Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung als Koordinierende Stelle des KOMPREXhttps://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/netzwerk-rechtsextremismus-1725458

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 16.04.2020

Die FDP-Fraktion hat den Entwurf eines "Gesetzes zur Änderung des Ehe- und Geburtsnamensrechts – Echte Doppelnamen für Ehepaare und Kinder" vorgelegt (19/18314). Durch Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) soll für Ehegatten eine weitere Wahlmöglichkeit bezüglich ihres Ehenamens und für Eltern hinsichtlich des Geburtsnamens des gemeinsamen Kindes geschaffen werden. Es soll zukünftig möglich sein, einen Doppelnamen als Ehenamen, zusammengesetzt aus den Geburtsnamen, den aktuell geführten Namen oder einer Kombination aus Geburtsname und aktuell geführten Namen, zu bestimmen. Weiterhin soll es möglich sein, dass als Geburtsname des gemeinsamen Kindes ein Doppelname bestimmt werden kann, sofern die Elternteile keinen Ehenamen führen.

Hintergrund ist dem Entwurf zufolge, dass nach der gegenwärtigen Fassung des BGB nur der Geburtsname oder der aktuell geführte Name eines Ehegatten zum Ehenamen bestimmt werden kann. Derjenige Partner, dessen Geburtsname oder aktuell geführter Name nicht als Ehename bestimmt worden ist, könne diesen Namen als Begleitnamen vor oder nach dem Ehenamen führen. Die Möglichkeit einen "echten" Ehedoppelnamen aus den Geburtsnamen oder den aktuell geführten Namen beider Ehepartner zu bestimmen, bestehe nicht. Sofern kein gemeinsamer Ehename bestimmt worden ist, trage jeder Ehepartner seinen bisherigen Namen weiter. Bei der Geburt eines Kindes müsse, sofern Vater und Mutter keinen gemeinsamen Ehenamen führen, entschieden werden, welchen Geburtsnamen das Kind trägt. Auch hier könne kein Doppelname als Geburtsname bestimmt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.376 vom 07.04.2020

Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort (19/18211) auf die Kleine Anfrage der FDP (19/17458) zur Ursache und gesellschaftlichen Folgen von Schulabsentismus auf das Statistische Bundesamt. Zu vielen in der Anfrage gefragten Daten liegen der Bundesregierung nach eigenem Bekunden keine Zahlen vor. Die Voraussetzungen und Grenzen der Schulpflicht sowie die Art ihrer Erfüllung seien in den für den schulischen Bildungsbereich zuständigen Ländern festgelegt.

Dennoch unterstütze der Bund die Länder mit zwei Programmen: Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend setze sich mit dem ESF-Programm JUGEND STÄRKEN im Quartier unter anderem für die Behebung beziehungsweise Verringerung von Schulabsentismus ein. Das Programm gibt es laut Antwort seit 2015, an der aktuellen Förderphase von 2019 bis Mitte 2022 nehmen 160 Kommunen teil. Standorte von JUGEND STÄRKEN finden sich in allen Bundesländern außer Hamburg. Zwölf Prozent der Programmteilnehmenden (rund 1.700 jährlich) sind schulabsente Jugendliche/Schulverweigernde. Nach deren Teilnahme besuchen 68 Prozent wieder den regulären Schulunterricht.

Mit der Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur "Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen (VerA)" werden laut Bundesregierung Jugendliche während der Ausbildung von ehrenamtlichen Senior-Expertinnen und -Experten begleitet. VerA richtet sich an Auszubildende mit oder ohne Schulabschluss, die während der Ausbildung Unterstützung benötigen. Seit 2008 wurden über 15.000 Jugendliche begleitet.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.373 vom 07.04.2020

Wohnungen zur Wiedervermietung sind in Deutschland im vergangenen Jahr für durchschnittlich 8,67 Euro pro Quadratmeter angeboten worden. Im Jahr 2012 waren es 6,53 Euro pro Quadratmeter. Dies geht aus der Antwort (19/18230) auf eine Kleine Anfrage (19/17465) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Die Bundesregierung beruft sich auf Zahlen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung. In der Antwort listet sie zudem die Mietenentwicklung in den 100 größten deutschen Städten auf.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.373 vom 07.04.2020

Um die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Steuerrecht geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/18127), nach deren Auffassung Frauen im Hinblick auf die Verteilung von Geld und Macht immer noch benachteiligt seien, obwohl die Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Artikel 3 des Grundgesetzes verankert sei. Die Bundesregierung soll angeben, wie sich das durchschnittliche Vermögen unterteilt nach Frauen und Männern in Deutschland in den letzten zehn Jahren entwickelt hat und wie sich das Vermögen auf die verschiedenen Assetklassen verteilt. Auch wird nach Kapitalerträgen unterteilt nach Frauen und Männern in Deutschland in letzten zehn Jahren gefragt. In weiteren Fragen geht es darum, wie viele Frauen und Männer den Spitzensteuersatz zahlen und wie viele Frauen und Männer einen geldwerten Vorteil aus der privaten Nutzung eines Dienstwagens versteuert hätten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 357 vom 02.04.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Der Deutsche Familienverband kritisiert den Vorstoß von Abgeordneten, Kinderlose stärker in der Rentenversicherung zu belasten, und erinnert an die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, die gesetzlichen Sozialversicherungen familiengerecht zu gestalten.

„Die Forderung von einigen in der ‚Jungen Gruppe’ organisierten Unionsabgeordneten, Kinderlose stärker zur Kasse zu bitten, sendet ein falsches gesellschaftliches Signal“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes (DFV). „Eine zukunftsfeste gesetzliche Sozialversicherung muss in erster Linie Eltern bei den Beiträgen entlasten. Das ist Verfassungsvorgabe.“

Eltern zahlen derzeit genau so hohe finanzielle Beiträge in die Rentenversicherung ein, wie Versicherte ohne Kinder. Gleichzeitig sorgen Familien durch die Erziehung von Kindern dafür, dass das umlagefinanzierte Rentensystems überhaupt erst bestehen kann. Das Bundesverfassungsgericht stuft die Kindererziehung seit dem Pflegeversicherungsurteil 2001 als „generativen Beitrag“ ein, der genauso zu bewerten ist wie Geldeinzahlungen in die Sozialversicherung. „Die Vorgabe der Karlsruher Richter nach Beitragsentlastung für Familien wird seit 19 Jahren bei jeder Rentenreform ignoriert“, sagt Zeh. „Kindererziehung darf künftig nicht gleichbedeutend mit Altersarmut sein.“

Der DFV fordert, dass der generative Beitrag von Eltern endlich anerkannt wird und Familien auf der Beitragsseite der Renten-, aber auch Kranken- und Pflegeversicherung entlastet werden. Hierfür wird die Einführung eines Kinderfreibetrags analog zu Paragraf 32 Absatz 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorgeschlagen, der von der Beitragsbemessungsgrundlage abgezogen wird.

Zusammen mit dem Familienbund der Katholiken (FDK) unterstützt der DFV Familien, die eine familiengerechte Gestaltung der Sozialversicherungsbeiträge fordern. Die Verbände haben Verfassungsbeschwerde gegen die rechtswidrige Belastung von Familien eingelegt. Das Bundesverfassungsgericht hat inzwischen die Bundesregierung, mehrere Ministerien und alle Landesregierungen aufgefordert, zur Causa Stellung zu nehmen. „Wenn es den jungen Politikern darum geht, Familien zu unterstützen und das Rentensystem zu stärken, dann müssen Familien und eine Beitragsentlastung zur Debatte stehen. Denn ohne Familie ist kein Staat zu machen“, so Zeh.

Weiterführende Informationen

DFV-Positionen für eine familiengerechte Rente und einen verlässlichen Generationenvertrag

„Wir jammern nicht, wir klagen!“ – Kampagne von DFV und FDK für Familiengerechtigkeit in den Sozialversicherungen

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 06.04.2020

Die rückläufige Zahl vermisster Flüchtlingskinder bis 13 Jahren in Deutschland gibt nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Gleichzeitig müssen aus Sicht der Kinderrechtsorganisation aber die Aufklärungsmaßnahmen zum Schutz dieser Kinder unvermindert mit Hochdruck weiterlaufen. Nach aktuellen Angaben des Bundeskriminalamtes sind derzeit 708 Kinder (bis 13 Jahre) und 1.037 Jugendliche (von 14 bis 17 Jahren) im Informationssystem der Polizei (INPOL) als vermisst eingetragen. Zu Jahresbeginn waren das noch 801 Kinder und 1.143 Jugendliche.

"Der relativ starke Rückgang der Zahl der vermissten Flüchtlingskinder bis 13 Jahre ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes ein Zeichen der Hoffnung, dass sich das Schicksal möglichst aller Kinder aufklären lässt. Zugleich zeigt aber beispielsweise der aktuelle Bericht der Sachverständigengruppe des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels, dass es nach wie vor eine Verbesserung grenzübergreifender und nationaler Kinderschutzsysteme geben muss, um Kinder, die nach Europa flüchten, von Anfang an besser zu schützen und zu unterstützen", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Kriminelle Netzwerke üben psychischen oder physischen Druck auf unbegleitete minderjährige Flüchtlingskinder aus, damit sie die Betreuungseinrichtungen verlassen. Deshalb ist es gerade angesichts der aktuellen Corona-Pandemie wichtig, dass die bestehenden Kinderschutz- und Jugendhilfemaßnahmen für unbegleitete Flüchtlingskinder aufrechterhalten werden. Das Fehlen von Fachkräften darf nicht dazu führen, dass die besondere Aufmerksamkeit, die diese Kinder brauchen, nachlässt", so Hofmann weiter.

Quelle: PressemitteilungDeutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 08.04.2020

Anlässlich der Publikation „Armutszeugnis. Wie das Fernsehen die Unterschichten vorführt“ der Otto-Brenner-Stiftung und des damit verbundenen Appells an Journalist*innen und Sozialverbände, gemeinsam mit Betroffenen einen Leitfaden zur respektvollen Armutsberichterstattung zu erstellen, kommentiert Gerwin Stöcken, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz:

„Die Nationale Armutskonferenz verfolgt den öffentlichen und medialen Armutsdiskurs schon länger mit großer Besorgnis. Neben vielen Positivbeispielen stellen wir auch immer wieder fest, dass der Versuch unternommen wird, abwertende Zerrbilder von armutsbetroffenen Menschen zu konstruieren. Damit werden Klischees und Vorurteile über hilfebedürftige Menschen in der öffentlichen Wahrnehmung bedient. Das trägt zu einem gesellschaftlichen Klima bei, das armen Menschen Hilfewürdigkeit abspricht, die Solidarität untergräbt und Menschen gegeneinander aufhetzt. Wir lehnen es entschieden ab, mit der Würde der Menschen zu spielen. Armut sollte nicht in Unterhaltungsformaten verhandelt werden. Das ist nicht unsere Vorstellung von einem gesellschaftlichen Miteinander, bei dem sich alle Menschen auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt begegnen.“

Im Rahmen eines Diskussionspapiers der Otto-Brenner-Stiftung wurde die Darstellung von armutsbetroffenen Menschen in mehreren Formaten im Privatfernsehen sowie in öffentlich-rechtlichen Programmen untersucht. Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass insbesondere in privaten Formaten die Berichte häufig „einseitig, klischeehaft, manipulativ und diffamierend“ ausfielen. In der kritischen Öffentlichkeit würden diese Formate kaum beachtet. In öffentlich-rechtlichen Programmen, so die Analyse, werde das Thema Armut zwar in einzelnen Reportagen und Berichten thematisiert, komme aber insgesamt zu kurz.

Gerwin Stöcken weiter: „Wir brauchen einen ernsthaften und sachlichen Diskurs darüber, welche sozialpolitischen Maßnahmen notwendig sind, um Armut endlich wirksam zu überwinden! Daher sind wir über den Diskussionsanstoß durch die Otto-Brenner-Stiftung sehr dankbar und begrüßen die Erarbeitung eines Leitfadens für respektvolle Armutsberichtserstattung. Die Nationale Armutskonferenz steht für eine solche Initiative zur Verfügung.“

Mehr Informationen zur Publikation:
https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/informationsseiten-zu-studien/armutszeugnis-wie-das-fernsehen-die-unterschichten-vorfuehrt/

Quelle: PressemitteilungNationale Armutskonferenz (nak)vom 07.04.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 29. April 2020

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung

Ort: FES LiveChat 3zu1

Mit der Schließung von Schulen und Kindertagesstätten Mitte März ergaben sich viele Herausforderungen. Eltern mussten plötzlich Heimunterricht oder eine Notbetreuung organisieren. Schulen waren oft nicht ausreichend auf eine komplette Umstellung auf Fernunterricht vorbereitet. Lehrende fühlten sich damit allein gelassen, sich in kürzester Zeit in neue digitale Systeme einzuarbeiten und den Unterrichtsstoff entsprechend aufzubereiten. Und Schüler_innen fehlte der soziale Kontakt.

Ein Problem ist bei all den neuen Aufgaben unübersehbar: Soll der Unterricht zu Hause stattfinden, sind die Schüler_innen noch abhängiger von den heimischen Gegebenheiten. Dies verschärft die soziale Ungerechtigkeit im Bildungssystem. Kinder aus einem wirtschaftlich schwachen Elternhaus besitzen oft nicht die technische Ausstattung. In manchen Fällen fehlt es auch an einer grundlegenden Tagesstrukturierung oder einer warmen Mahlzeit. Im schlimmsten Fall nimmt häusliche Gewalt zu. Wie sieht die Situation momentan aus und was kann dagegen getan werden?

Darüber sprechen wir mit unseren Expertinnen und laden Sie herzlich ein, sich im Live-Chat zu beteiligen. Bitte melden Sie sich vorab an. Am Morgen des 29.4. erhalten Sie den Link, um sich ins zoom-Meeting einzuloggen (siehe den Datenschutz-Hinweis unten).

Hier geht es direkt zur Anmeldung
Hier geht es zum Einladungsflyer

Termin: 19. – 20.Oktober 2020

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Ort: Berlin

Mit Vorträgen, Diskussionsrunden und mehreren Workshops wollen wir gemeinsam mit Ihnen und internationalen Referentinnen und Referenten, aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen der Internationalen Sozialen Arbeit, der länderübergreifenden Kindschaftskonflikte, des Kinderschutzes sowie migrationsspezifischer Fragestellungen zukunftsweisend diskutieren. Weitere Details entnehmen Sie bitte dem beigefügten Veranstaltungsüberblick.

Diese Veranstaltung richtet sich an Fach- und Führungskräfte der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe, Familienrichter/innen, Vormünder, Verfahrensbeistände, Familien- und sozialpolitische Expert/innen, Interessierte aus der Politik, Vertreter/innen von Wissenschaft und Fachverbänden, Vertreter/innen ausländischer Botschaften und Kooperationspartner/innen.

Details zum Programm und Angaben zur Anmeldung folgen in Kürze und werden auf folgender Seite veröffentlicht: https://www.deutscher-verein.de/de/fachveranstaltungen-1158.html.

AKTUELLES

Unter dem Motto „Anspruch und Wirklichkeit – Wie gelingt Teilhabe für alle?“ fand am 18.-19. November 2019 das jährliche Treffen der Menschen mit Armutserfahrung in Berlin zum nunmehr 14. Mal statt. Mit über 100 Teilnehmenden hat die Nationale Armutskonferenz erneut ein Zeichen im Armutsdiskurs gesetzt. Die Treffen sind eine Plattform für politischen Austausch und Vernetzung und stärken die politische Teilhabe von Menschen, die in Armut leben. Im politischen Raum kommen ihre Anliegen häufig zu kurz. In den vielen Workshops, in Podiumsdiskussionen, Vorträgen sowie in Gesprächen mit Politiker*innen standen die Perspektiven von Menschen mit Armutserfahrung daher im Mittelpunkt. Zudem gestalteten Menschen mit Armutserfahrung das Treffen in einer Vorbereitungsgruppe mit und beteiligten sich aktiv an der Umsetzung und Ergebnissicherung der Workshops.

Die vielen Perspektiven und Diskussionen sind nun in der Dokumentation des Treffens festgehalten. Diese fügen wir Ihnen und euch im Anhang bei. Die Dokumentation kann auch auf der Website der nak unter: https://www.nationale-armutskonferenz.de/2020/04/08/nationale-armutskonferenz-veroeffentlicht-die-dokumentation-des-14-treffens-der-menschen-mit-armutserfahrung/ abgerufen werden.

Kategorien
ZFF-Info

ZFF-Info 05/2020

SCHWERPUNKT I: Corona-Schutzpaket

Anlässlich der heutigen Kabinettsbefassung einer Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung aufgrund des Coronavirus (Sozialschutz-Paket) begrüßt das ZFF ausdrücklich die schnelle Unterstützung durch die Bundesregierung. Da arme Familien jedoch weit gehend auf sich alleine gestellt bleiben, mahnt das ZFF dringend zu weiteren Schritten.

Immer stärker setzt die „Corona-Krise“ unser Land, und damit auch die Familien, unter Druck: Eltern arbeiten in Kurzarbeit, werden entlassen oder stehen als Selbstständige vor dem wirtschaftlichen Ruin. Um krisenbedingte Einbußen schneller abfedern zu können, bietet das Sozialschutz-Paket einfachere und schnellere Zugänge zu Leistungen an. Hierzu zählen u.a. die Verringerung des Einkommensbemessungszeitraums für den Kinderzuschlag sowie eine fortlaufende Gewährung für Beziehende des höchstmöglichen Kinderzuschlags ohne weitere Prüfung. Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf leichtere Zugänge zu SGB II Leistungen u.a. durch die Aussetzung von Vermögensanrechnungen sowie die weitere Annahme der Angemessenheit bei tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im SGB II.

Dazu erklärt Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF: „Geschlossene Schulen und Kindergärten sind nicht nur eine Herausforderung für Familien, die nun Kinderbetreuung, Hilfe bei den Hausaufgaben und Home-Office unter einen Hut bringen müssen, sie verschärfen vor allem die Situation von armutsbedrohten oder betroffenen Familienhaushalten. Das tägliche Mittagessen in Schule, Hort und Kindertagesbetreuung fällt weg und auch der Computer, den die Kinder und Jugendlichen nun dringend bräuchten, um die notwendigen digitalen Schulaufgaben zu bearbeiten, fehlt häufig. Hinzu kommt, dass vielerorts die günstigeren Lebensmittel seit Tagen vergriffen sind. Für Familien im SGB II-Bezug oder mit kleinen Einkommen ist das eine Katastrophe, denn sie können sich so den täglichen Bedarf an Lebensmitteln schlicht nicht mehr leisten. Gerade jetzt sind politisch Verantwortliche gefragt, Familien unbürokratisch zu unterstützen, wenn es um die Existenzsicherung und die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen geht.

Die nun vorliegenden Maßnahmen sind gut und richtig, denn sie können Familien in der aktuellen herausfordernden Situation unterstützen, ihre wirtschaftliche Not abfedern und den Zugang zu sozialen Sicherungssystemen erleichtern. Sie kommen aber vielfach nicht bei Familien an, die von SGB II-Leistungen leben.

Wir unterstützen daher die Forderung des Deutschen Kinderschutzbundes, eine Pauschale von 90 Euro pro Monat und Kind für alle Familien, die Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket erhalten, unbürokratisch auszubezahlen. So könnte zumindest das fehlende Mittagessen in Schule, Hort und Kita kompensiert werden. Zudem muss sichergestellt werden, dass alle Schulkinder durch die Übernahme der entsprechenden Anschlusskosten Zugang zum Internet haben sowie die Anschaffung von digitalen Endgeräten oder Computern ermöglicht wird, sofern diese nicht vorhanden sind. Hierfür wird ein zusätzliches „Schulbedarfspaket“ dringend benötigt. Die Idee einiger Verbände, krisenbedingte Erhöhungen des Regelsatzes sowie entsprechende Zuschläge zu gewähren, hält das ZFF ebenso für einen guten Weg.

Um ein weiteres Abrutschen in Armut aufgrund von Sorgeverantwortung zu verhindern, braucht es darüber hinaus dringend sofortige bezahlte Freistellungen für Familien, besonders für Alleinerziehende, die durch die Betreuung ihrer Kinder nicht in der Lage sind, zu arbeiten.

Seit langem fordern wir gemeinsam mit einem breiten Bündnis die Einführung einer Kindergrundsicherung, die die Existenz von Kindern und Jugendlichen, unabhängig vom Geldbeutel Ihrer Eltern, sichert. Auch wenn dies keine kurzfristige Maßnahme darstellt, so zeigt sich die Dringlichkeit der Forderung mehr denn je!“

Die Stellungnahme des ZFF zur Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen für einen aus der Mitte des Deutschen Bundestages einzubringenden Entwurf eines Gesetzes für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutz-Paket) finden Sie u>

Für den heutigen Tag, den 23.03.2020, war darüber hinaus eine Anhörung des Familienausschusses im Deutschen Bundestag zum Thema Kindergrundsicherung geplant, die auf Grund der aktuellen Corona-Krise verschoben werden musste. Die Stellungnahme des ZFF finden Sie u>

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 23.03.2020

Ministerin Giffey stimmt sich mit Ländern über Maßnahmen in der Corona-Krise ab

Kontaktbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Ausbreitung sind für viele Familien eine enorme Herausforderung. Druck, Existenzängste und Konflikte können insbesondere in bereits belasteten Familien in Gewalt gegen Kinder und Jugendliche münden. Wir im Bundesfamilienministerium nehmen bereits wahr, dass die Beratungsangebote stärker nachgefragt werden. Beim Elterntelefon der „Nummer gegen Kummer“ unter der Rufnummer 0800 111 0550 gibt es aktuell einen Anstieg von 21 Prozent gegenüber den Vormonaten. Bei der Chat-Beratung für Kinder und Jugendliche liegt der Anstieg bei 26 Prozent. Bundesjugendministerin Dr. Franziska Giffey steht im intensiven Austausch mit den Jugend- und Familienministerinnen und -ministern der Länder, um Hilfsmaßnahmen in der Corona-Krise abzustimmen.

Bundesjugendministerin Giffey: „Bund, Länder und Kommunen müssen jetzt alles tun, damit Kinder und Jugendliche auch während der Corona-Krise vor Missbrauch und Gewalt geschützt sind. Deshalb ist eine funktionsfähige Kinder- und Jugendhilfe in der derzeitigen Lage von ganz erheblicher Bedeutung. Denn Kinder- und Jugendschutz ist Gesundheits- und Lebensschutz. Gemeinsam mit meinen Länderkolleginnen und -kollegen berate ich über flexible Lösungen für einen funktionierenden Kinderschutz, etwa konkrete Maßnahmen zur Durchführung ambulanter Hilfen und die Stärkung der Online- und Telefonberatungsangebote. Wir brauchen dafür dringend die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendhilfe. Sie sind systemrelevant, weshalb es für ihre Kinder eine Notbetreuung in Kitas und Schulen geben sollte. Wir als Bundesjugendministerium unterstützen Länder und Kommunen bei ihren Anstrengungen vor Ort, um Leid zu verhindern. Wo die Belastung zu groß wird, muss geholfen werden. Wo Gefahr droht, muss konsequent gehandelt werden.“

Kindeswohlsichernde Hilfen fortsetzen, jeden Einzelfall prüfen

Einrichtungen und Dienste der Kinder- und Jugendhilfe, die Kindeswohl sichern, müssen ihre Arbeit weiterführen. Das gilt auch für ambulante Hilfen, sofern es um die Abwehr von Kindeswohlgefährdungen geht. In jedem Einzelfall muss geprüft werden, in welchem Rahmen die Hilfe fortgesetzt werden kann. Hier sind flexible Lösungen gefragt: Die Fachkräfte können beispielsweise durch telefonischen Kontakt oder Video-Gespräche mit den Familien wichtige Unterstützungsarbeit leisten.

Hilfe über das Sozialschutz-Paket

Dabei ist von zentraler Bedeutung, dass auch die freien Träger weiterhin ihre für den Kinderschutz relevanten Leistungen erbringen und den Betrieb ihrer Einrichtungen aufrechterhalten. Sie erhalten Sicherheit mit dem gerade beschlossenen Sozialschutz-Paket. Der Bund hat darin einen Sicherstellungsauftrag geregelt, durch den soziale Dienstleister und Einrichtungen weiterhin Zahlungen vom öffentlichen Träger erhalten, unabhängig davon, ob diese ihre ursprünglich vereinbarte Leistung tatsächlich ausführen oder nicht. Die freien Träger sind zugleich angehalten, ihre Ressourcen dort einzusetzen, wo es im Moment dringend nötig ist. Dazu gehört alles, was für einen funktionierenden Kinderschutz notwendig ist.

Beschäftigte der Kinder- und Jugendhilfe sollten Notbetreuung nutzen

Die Kinder- und Jugendhilfe ist nach Auffassung des Bundesfamilienministeriums systemrelevant. Deshalb sollte es für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglich sein, ihre Kinder in eine Notbetreuung in Kitas und Schulen zu geben. Zu dem Kreis der Berechtigten sollte die stationäre Kinder- und Jugendhilfe, die Notbetreuung und die sonst kindeswohlsichernde Kinder- und Jugendhilfe gehören.

Online-Angebote für Kinder, Jugendliche und Eltern

„Wir verstärken die Beratungsangebote, die wir bereits fördern und bauen sie aus, wo es geht,“ so Ministerin Giffey weiter. „Viele Jugendliche sind im Netz unterwegs, deswegen eignen sich Online-Angebote zur Beratung in Krisensituationen besonders gut. Hier konnten wir eine Reihe von Projekten ausbauen. “Geplant ist der Ausbau der Jugend Notmail (jugendnotmail.de), bei der Kinder und Jugendliche von 10 bis 19 Jahren per E-Mail, im Gruppenchat oder in offenen Foren Unterstützung, Rat und Austausch finden. Die Beratungsangebote der „Nummer gegen Kummer“ für Kinder und Jugendliche (Rufnummer: 116 111) sowie für Eltern (Rufnummer 0800 111 0550) und von jmd4you (Beratung von jungen Menschen mit Migrationshintergrund) werden erweitert. Der BMFSFJ-Projektpartner Off Road Kids baut sein Angebot Sofahopper.de, Hilfe für junge Menschen auf der Straße weiter aus: Off Road Kids bietet jetzt Live-Chat- und Telefonberatung bis in die Abendstunden hinein an. Zudem sind dann alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Streetwork-Stationen als Online-Berater bei „sofahopper.de“ im Einsatz. Das BMFSFJ hat ad hoc die Online-Jugend- und Elternberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V. (www.bke.de) ausgebaut. Das erweiterte Angebot steht seit Anfang letzter Woche zur Verfügung. Das Nationale Zentrum Frühe Hilfen hat auf der Seite elternsein.info bundesweit verfügbare Beratungsangebote für Eltern zusammengestellt und stellt Fachkräften in den Frühen Hilfen in Kürze FAQ zur Bewältigung der besonderen Situation zur Verfügung.Bei der Bundesstiftung Mutter und Kind wird schwangeren Frauen in einer Notlage jetzt vorübergehend eine formlose Antragstellung per Post nach telefonischer Beratung ermöglicht. Zudem stellen die Schwangerschaftsberatungsstellen vielfach auf Videoberatung um.

Unterstützung für die Fachkräfte in Kitas, Jugendämtern und freien Trägern

Das BMFSFJ wird durch das Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz, die Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen und die Universität Hildesheim Online-Angebote bereitstellen, die Jugendämter und freie Träger darin unterstützen, flexible Lösungen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben in der gegenwärtigen Situation zu finden. Dafür wird eine Kommunikations- und Transferplattform eingerichtet, die Informationen zum Umgang mit den aktuellen Herausforderungen bündelt und Best-Practice-Beispiele sammelt.Im Bundesprogramm Fachkräfteoffensive Erzieherinnen und Erzieher wird Im April die Online-Lernplattform „Praxisanleitung digital“ freigeschaltet. Damit können Fachkräfte aus Kitas die Zeit der Schließungen für ihre Weiterbildung nutzen.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 31.03.2020

Eltern mit Verdienstausfällen können Anspruch auf Zusatzleistung prüfen

Die Ausbreitung des Corona-Virus‘ stellt viele Familien vor große organisatorische und finanzielle Probleme: Eltern müssen wegen Kita- und Schulschließungen die Betreuung ihrer Kinder selbst organisieren, können ihrer Arbeit nicht in vollem Umfang nachgehen, sind in Kurzarbeit oder haben wegen ausbleibender Aufträge gravierende Einkommenseinbußen. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey startet deshalb einen Notfall-KiZ für Familien mit kleinen Einkommen.

Die bereits bestehende Familienleistung Kinderzuschlag, kurz KiZ, unterstützt Familien, in denen der Verdienst der Eltern nicht für die gesamte Familie reicht. Der Wirkungsbereich des Kinderzuschlags wurde im vergangenen Jahr mit dem Starke-Familien-Gesetz ausgedehnt, etwa 2 Millionen Kinder sind anspruchsberechtigt, weil ihre Eltern kleine Einkommen haben. Pro Kind kann das monatlich bis zu 185 Euro zusätzlich bedeuten.

Bisher war das Durchschnittseinkommen der letzten sechs Monate die Berechnungsgrundlage. Für den Notfall-KiZ wird nun der Berechnungszeitraum deutlich verkürzt. Ab April müssen Familien, die einen Antrag auf den KiZ stellen, nicht mehr das Einkommen der letzten sechs Monate nachweisen, sondern nur das Einkommen des letzten Monats vor der Antragstellung. Diese Regelung soll befristet bis zum 30. September 2020 gelten.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey:

„Für viele Familien im Land sind Verdienstausfälle derzeit eine existenzielle Sorge. Dieses Problem ist keine reine Privatsache, es braucht auch die Unterstützung des Staates. Deshalb machen wir den Kinderzuschlag leichter zugänglich und öffnen ihn kurzfristig für diejenigen, die jetzt erhebliche Einkommenseinbrüche haben. Damit helfen wir Familien in krisenbedingten Lebenslagen ganz konkret. Eltern sollten deshalb prüfen, ob sie Anspruch auf den Kinderzuschlag haben. Die Beantragung geht ganz einfach online unter www.notfall-kiz.de. Wir schaffen damit ein Schutzschild für die Familien: Neben dem Kurzarbeitergeld, das für Familien höher ausfällt als für Kinderlose, und den Regelungen zur Entgeltfortzahlung bei geschlossener Kita oder Schule ist der KiZ ein wichtiger Baustein für die Familien im Schutz vor den Corona-Folgen.“

Weitere Informationen zum KiZ

Die Berechnungsgrundlage für den KiZ wird vom 01.04.2020 bis zum 30.09.2020 das Einkommen des jeweils letzten Monats vor Antragsstellung, nicht mehr der Durchschnitt der vergangenen sechs Monate. Antragsteller belegen ihr Einkommen anhand der Einkommensbescheinigung des Monats vor Antragstellung.

Der Kinderzuschlag (KiZ) ist eine Leistung für Eltern, die zwar für sich selbst genug verdienen, deren Einkommen aber nicht oder nur knapp für ihre gesamte Familie reicht. Die Familien werden mit bis zu 185 Euro pro Kind monatlich unterstützt, damit die Kinder besser gefördert werden und Kinderarmut vermieden wird. Mit der zweiten Stufe des Starke-Familien-Gesetzes, das am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist, besteht für noch mehr Familien Anspruch auf diese wichtige Leistung.

Durch den „Kinderzuschlag Digital“ ist der Zugang zu der Leistung schneller und unbürokratischer geworden. Das ist in Zeiten der Corona-Verbreitung besonders wichtig, weil die Eltern den Antrag nicht persönlich in der Familienkasse abgeben müssen. Ein Online-Antragsassistent spart mit zahlreichen Komfortfunktionen den Gang zur Behörde und unterstützt Eltern bei der Antragstellung.

Informationen zum Notfall-KiZ finden Sie hier:

www.notfall-kiz.de

Eltern und andere Interessierte finden hier Informationen zur Beantragung und können zudem prüfen, ob sie die Voraussetzungen erfüllen:

www.kinderzuschlag.de

Weitere Informationen erhalten Sie auch unter:

www.infotool-familie.de

www.familienportal.de

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 23.03.2020

Heute wird der Deutsche Bundestag voraussichtlich ein Sozialschutzpaket beschließen. Hierzu können Sie den familienpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg, gerne wie folgt zitieren:

„Ich bin sehr stolz auf unser Land und besonders auf unsere Familien, die jetzt noch mehr Verantwortung füreinander übernehmen. In Not und Sorge brauchen wir starke Familien. Die Bewältigung der Pandemie mit allen Auswirkungen bedarf familiärer Sicherheit. Wir beschließen deshalb – den Herausforderungen angemessen – heute im Bundestag ein historisches Paket in einem historischen Schnellverfahren, das bepackt ist mit vielen wichtigen und zielgenauen Maßnahmen für die Menschen und damit für diese Familien in unserem Land. Mit einer Maßnahme, dem so genannten ‚Notfall-KiZ‘ wollen wir Familien mit dem Kinderzuschlag unbürokratisch und zielgenau unterstützen, bei denen das Geld aufgrund der Corona-Pandemie-Krise knapp ist. Eltern können ab sofort unkompliziert und per digitalem Antrag im erleichterten Verfahren bis zu 185 Euro Kinderzuschlag erhalten. Wichtig ist, dass mit dem Anspruch auf Kinderzuschlag auch der Anspruch auf das Bildungs- und Teilhabepaket verbunden ist. Der Notfall-KiZ fügt sich in eine Reihe von weiteren Maßnahmen ein. Dazu gehört auch die Möglichkeit eines finanziellen Ausgleichs für Eltern, die aufgrund der Kita- oder Schulschließung ihr Kind betreuen und nicht arbeiten können. Es ist ein Paket, das den Namen verdient – ein echtes Sozialschutzpaket!“

Wichtig für Familien: Alle wichtigen Informationen finden sie online unterwww.notfall-kiz.de.

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 25.03.2020

Zum heutigen Kabinettsbeschluss für ein Sozialschutz-Paket in der Corona-Krise erklärt SvenLehmann, Sprecher für Sozialpolitik:

Es ist richtig, jetzt einen milliardenschweren Sozialschutz auf den Weg zu bringen, um existentielle Notlagen in Folge der Corona-Krise abzufedern. Eine klaffende Leerstelle im Gesetzentwurf ist allerdings der Schutz der Ärmsten in unserer Gesellschaft, deren Situation sich durch die Krise verschärfen wird. Angesichts der zu erwartenden sozialen Probleme ist das Sozialschutz-Paket der Regierung zu zaghaft.

Die größte Leerstelle des Gesetzentwurfs trifft aber leider die Ärmsten. Dass der Regelsatz für Kinder und Erwachsene in Hartz IV seit vielen Jahren auf Kante genäht ist, fällt uns jetzt auf die Füße. Denn günstige Lebensmittel sind schnell vergriffen und mehr als die Hälfte der Tafeln hat geschlossen. Familien, die bereits jetzt in Hartz IV leben, gehen bei diesem Maßnahmenpaket leer aus. Dabei trifft sie die aktuelle Krise besonders hart. Wenn es kein Mittagessen in der Schule oder Kita gibt, keine Angebote in Freizeiteinrichtungen, dann steigen die Kosten zu Hause. Es ist die Aufgabe des Staates, jetzt schnelle Hilfen zu sichern. Wir brauchen dringend eine Erhöhung des Regelsatzes fü r Kinder und Erwachsene, mindestens als Aufschlag im Rahmen eines Mehrbedarfs.

Die Bundesregierung geht mit der Vereinfachung der Grundsicherung richtige Schritte, um jetzt schnell und unbürokratisch Leistungen zu gewähren und den Betroffenen zu helfen. So werden auch die Beschäftigten in den Jobcentern und Sozialämtern entlastet. Aber diese Maßnahmen müssen für alle Leistungsempfänger gelten, um ein Zwei-Klassen-System zu verhindern. Außerdem müssen alle bestehenden Sanktionen ausgesetzt werden, damit das Existenzminimum immer gesichert ist und zusätzliche Notlagen in dieser Krise verhindert werden.

Es ist gut, dass die Bundesregierung nach dem berechtigten Aufschrei der Sozial- und Wohlfahrtsverbände nun doch soziale Dienste und Einrichtungen, die in dieser Zeit nur eingeschränkt angeboten werden können, in die Schutzschirme von Bund und Ländern einbezieht. Denn die gemeinnützige Sozialwirtschaft ist ein Garant für die soziale Infrastruktur in unserem Land.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 23.03.2020

Zur Forderung des Kinderschutzbunds nach sofortiger Erhöhung existenzsichernder Leistungen für Familien in der Corona-Krise erklären Katja Dörner, kinder-und familienpolitische Sprecherin, und Sven Lehmann, sozialpolitischer Sprecher.

Die Corona-Krise trifft Familien und Alleinerziehende in Armut besonders hart. Der Hartz IV-Regelsatz reicht hinten und vorne nicht, um den Wegfall von Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket aufzufangen. Denn die Schließung von Schulen, Kitas und Freizeiteinrichtungen bedeutet oft nicht nur den Wegfall der Tagesbetreuung der Kinder, die nun zuhause geleistet werden muss. Für viele Kinder fällt damit auch das kostenlose Mittagessen in der Kita oder Schule weg. Auf diese Mahlzeit waren viele arme Familien schon vor der Corona-Krise angewiesen, ihre Zahl dürfte jetzt erst recht weiter steigen. Und das in Zeiten, in denen günstige Produkte in den Supermärkten vergriffen und viele Tafeln als letzter Notnagel schließen müssen.

Deshalb ist der Vorstoß des Kinderschutzbundes richtig. Familien in Armut, denen aufgrund von Kita- und Schulschließungen höhere Lebenshaltungskosten entstehen, brauchen sofort Unterstützung. Die Erhöhung existenzsichernder Leistungen für Familien wie des Hartz IV Regelsatzes kann da eine rasche und unbürokratische Hilfe sein. Wir müssen jetzt schnell handeln, um zusätzliche Notsituationen für Kinder in Familien zu verhindern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 20.03.2020

Angesichts der Coronakrise werden aktuell etliche Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene beschlossen. Cornelia Möhring, stellvertretende Vorsitzende und frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, und Doris Achelwilm, Sprecherin der Fraktion für Gleichstellungspolitik, fordern, dass es dabei einen stärkeren Blick auf die spezifischen Belange von Frauen und ihre Situationen und Bedarfe braucht. Sie haben deshalb heute ein Positionspapier mit Maßnahmen veröffentlicht, die notwendig sind, um auf die drängendsten Probleme zu reagieren.

Cornelia Möhring erklärt: „Nicht für alle bedeuten die eigenen vier Wände Schutz und Geborgenheit. Unter den Bedingungen von Isolation, gepaart mit Existenzsorgen, können schwelende Konflikte leicht eskalieren und in Gewalt münden. Beratungsstellen warnen vor einem Anstieg häuslicher Gewalt. Der Bund muss den Ländern schnellstmöglich finanzielle Mittel zur Schaffung von Notunterbringungsplätzen für gewaltbetroffene Frauen und Kinder bereitstellen und sie in die Lage versetzen, Hotels, Hostels oder andere ungenutzte Gebäude, die eine individuelle Unterbringung ermöglichen, für diesen Zweck anzumieten.“

Doris Achelwilm ergänzt: „Diese Krise hat bereits an vielen Stellen die Systemrelevanz von Tätigkeiten gezeigt, die wesentlich Frauen erledigen. Ungerechte Bewertungen gesellschaftlich notwendiger Arbeit müssen nicht nur gesehen, sondern korrigiert werden. Ein Kurzarbeitergeld von 60 Prozent greift allgemein zu kurz, reproduziert aber auch geschlechtsspezifische Lohnunterschiede und bedeutet für Erwerbstätige mit überschaubarem Einkommen – vielfach Frauen – einen Armutslohn und neue Abhängigkeiten vom Jobcenter. Hier muss nachgestellt werden. Zudem brauchen wir dringend eine gesellschaftliche Aufwertung der Berufe, die überproportional von Frauen ausgeübt werden. Pflege, Erziehung, Einzelhandel, Reinigungsdienste – sie alle müssen mehr bekommen als Applaus und Danksagungen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 27.03.2020

Bei der Höhe des gesetzlich gezahlten Kurzarbeitergeldes ist Deutschland Schlusslicht unter den europäischen Ländern mit vergleichbaren Regelungen. Während in Deutschland die Beschäftigten lediglich 60 bzw. (in Haushalten mit Kindern) 67 Prozent des Nettoentgelts erhalten, wird in vielen europäischen Ländern ein deutlich höheres Kurzarbeitergeld von 80 bis zu 100 Prozent bezahlt. Um die Einkommenslücke in Deutschland zu reduzieren, schließen die Gewerkschaften in immer mehr Branchen Tarifverträge ab, in denen das Kurzarbeitergeld auf teilweise bis zu 100 Prozent aufgestockt wird. Angesicht der niedrigen Tarifbindung, insbesondere in Niedriglohnbranchen, profitiert jedoch nur eine Minderheit der Beschäftigten von diesen Regelungen. Zu diesem Ergebnis kommt eine heute vorgelegte Untersuchung über „Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise“, die vom Leiter des WSI-Tarifarchivs der Hans-Böckler-Stiftung, Prof. Dr. Thorsten Schulten, und Dr. Torsten Müller vom Europäischen Gewerkschaftsinstitut in Brüssel verfasst wurde.*

Von den 15 europäischen Ländern, die in der Untersuchung berücksichtigt wurden, zahlen vier Staaten (Irland, Dänemark, die Niederlande und Norwegen) ein Kurzarbeitergeld, das bis zu 100 Prozent des Lohnausfalls kompensiert (siehe auch Abbildung 1 in der pdf-Version dieser Pressemitteilung; Link unten). In Schweden variiert das Kurzarbeitergeld zwischen 92,5 und 96 Prozent je nach Umfang der Kurzarbeit. In fünf Ländern (Österreich, Großbritannien, Italien und die Schweiz) liegt das Kurzarbeitergeld bei 80 Prozent, wobei in Österreich die unteren Lohngruppen einen höheren Aufschlag auf bis zu 90 Prozent erhalten. In Spanien, Belgien und Frankreich wird der Lohnausfall zu 70 Prozent ausgeglichen, während in Portugal zwei Drittel (66,66 Prozent) gezahlt werden. Das Kurzarbeitergeld wird je nach Land auf Netto- oder Bruttobasis gezahlt. In Ländern mit einer Kompensation des Bruttoentgelts kann die Nettozahlung sogar noch deutlich höher ausfallen. Dies ist z.B. in Frankreich der Fall, wo aufgrund der Steuerbefreiung ein Kurzarbeitergeld von brutto 70 Prozent einer Nettokompensation von 84 Prozent entspricht.

Neue Abschlüsse zur Aufstockung in der Corona-Krise**

In Deutschland wird der bei Kurzarbeit bestehende Einkommensverlust teilweise durch tarifvertragliche Regelungen kompensiert, die das Kurzarbeitergelt in der Regel auf Werte zwischen 75 und 100 Prozent des Entgeltes aufstocken (siehe auch Abbildung 2). Zu den Branchen, die schon seit längerem eine tarifvertragliche Aufstockung haben, gehören unter anderem die chemische Industrie, die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie in Sachsen, der Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen oder das Kfz-Handwerk in Bayern. Entsprechende Regelungen gibt es außerdem bei der Deutschen Telekom und der Deutschen Bahn. Bei der Bahn erhalten die Beschäftigten 80 Prozent des Bruttogehalts. Beim Volkswagen-Konzern sind in Abhängigkeit der Entgeltstufen Aufstockungen auf 78 bis 95 Prozent vereinbart, wobei Beschäftigte in den unteren Entgeltgruppen die höchsten Zuschläge erhalten.

In der Metall- und Elektroindustrie besteht schon seit Jahren eine flächendeckende Regelung in Baden-Württemberg, wo das Kurzarbeitergeld je nach Umfang der Kurzarbeit auf 80,5 bis 97 Prozent des Nettogehalts erhöht wird. In Nordrhein-Westfalen haben sich IG Metall und Arbeitgeberverband kürzlich auf eine Regelung geeinigt, die die Nettoentgelte der Beschäftigten bei Kurzarbeit auf dem Niveau von etwa 80 Prozent absichert. Das geschieht durch eine Abschmelzung der Sonderzahlungen und einen Arbeitgeberzuschuss von 350 Euro je Vollzeitbeschäftigtem. Dieser Abschluss wurde in anderen Tarifbereichen übernommen, die bislang noch keine Regelung hatten. In der Filmbranche und in der Systemgastronomie haben die Tarifparteien nach Beginn der Corona-Krise ebenfalls Vereinbarungen getroffen. So ist in Schnellrestaurants festgelegt, dass das Kurzarbeitergeld der Beschäftigten auf 90 Prozent des Nettoentgelts aufgestockt wird. In der Filmbranche wird das Kurzarbeitergeld bis zur Beitragsbemessungsgrenze sogar auf 100 Prozent der Netto-Tarifgage erhöht. Erstmals wurde auch im öffentlichen Dienst für den Bereich der Kommunen eine tarifvertraglich Regelung getroffen, wonach das Kurzarbeitergeld für die Beschäftigten in den Entgeltgruppen 1-10 auf 95 Prozent und ab Entgeltgruppe 11 auf 90 Prozent des Nettoentgelts angehoben wird.

Auch wenn es in immer mehr Branchen tarifvertragliche Regelungen zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes gibt, werden sie nach Einschätzung der Autoren Schulten und Müller insgesamt nur für eine Minderheit der Tarifbeschäftigten gelten. „Insbesondere in den klassischen Niedriglohnsektoren gibt es oft keine tarifvertraglichen Zuschüsse zum staatlichen Kurzarbeitergeld“, so Schulten und Müller. Hinzu kommt, dass in Niedriglohnbereichen die Tarifbindung meist besonders niedrig ist. „Gerade Beschäftigte mit geringem Einkommen können jedoch bei einem Nettoeinkommensverlust von 40 Prozent nicht lange über die Runden kommen. Für diese würde der Weg direkt zu Hartz IV führen.“ Für die Zeit der Corona-Krise sollte deshalb nach Ansicht der Wissenschaftler ähnlich wie in Österreich eine generelle Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf mindestens 80 Prozent vorgenommen werden, mit einer höheren Aufstockung von bis zu 90 Prozent für Beschäftigte im Niedriglohnsektor.

**Redaktioneller Hinweis: Die Darstellung der tariflichen Regelungen im Text und in Abbildung 2 aktualisiert die Darstellung aus unserer Pressemitteilung vom 18. März.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 01.04.2020

Zur Situation wohnungsloser Menschen in Deutschland erklärt das Deutsche Institut für Menschenrechte:

"Angesichts der Corona-Pandemie hat sich die Situation wohnungsloser Menschen in Deutschland weiter verschärft. Sie haben keine Möglichkeit, sich in die eigenen vier Wände zurückzuziehen. Sie haben oftmals nur unzureichenden Zugang zu Duschen oder Toiletten, ihr Zugang zum Gesundheitssystem ist – oftmals bei schlechter Gesundheit – kaum gegeben. Leben sie in Notunterkünften, wohnen dort viele Menschen auf engstem Raum.

Bei allen Maßnahmen zur Verlangsamung der Pandemie muss die Situation schutzbedürftiger Personengruppen besonders in den Blick genommen werden. Das bedeutet, wie von Sozialverbänden gefordert, wohnungslosen Menschen dieselben Maßnahmen zur Gesundheitsversorgung und zum Schutz vor Ansteckung zu eröffnen und zusätzliche Wohnmöglichkeiten und Anlaufstellen für sie im öffentlichen Raum zur Verfügung zu stellen. Angesichts der neuen Restriktionen wie den Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum muss auch sichergestellt werden, dass auf der Straße in Gemeinschaft lebende Menschen nicht wegen ihres Status als Wohnungslose bestraft werden.

Jetzt ist es entscheidend, dass nicht noch mehr Menschen wohnungslos werden. Deshalb ist der von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Kündigungsschutz für Mieter zu begrüßen. Zudem sollten für den Zeitraum der Pandemie alle Zwangsräumungen ausgesetzt werden.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte unterstützt damit den aktuellen Appell der UN-Sonderberichterstatterin zum Recht auf Wohnen, Leila Farhani. Diese hatte am 18. März zum besonderen Schutz wohnungsloser Menschen während der Corona-Pandemie aufgefordert.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat sich in einer Studie mit der kommunalen Unterbringung wohnungsloser Menschen in Deutschland befasst.

Weitere Informationen:
Claudia Engelmann, Claudia Mahler, Petra Follmar-Otto (2020): Von der Notlösung zum Dauerzustand. Recht und Praxis der kommunalen Unterbringung wohnungsloser Menschen in Deutschland

Statement der UN-Sonderberichterstatterin zum Recht auf Wohnen, Leilani Farha (18. März 2020): "Housing, the front line defence against the COVID-19 outbreak"

Statement der UN-Sonderberichterstatterin zum Recht auf Wohnen, Leilani Farha (18. März 2020)- Deutsche Übersetzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Menschenrechte vom 26.03.2020

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) begrüßt den heutigen Beschluss des Bundeskabinetts, die Arbeit ihrer gemeinnützigen Träger unter den Schutz des Corona-Rettungsschirms zu nehmen. „Das sichert die Existenz unserer Angebote und Einrichtungen, aber vor allem nützt es den Millionen Menschen, denen wir täglich Hilfe leisten“, sagt BAGFW-Präsidentin Gerda Hasselfeldt.

„Die rund zwei Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Freien Wohlfahrtspflege sind das Rückgrat des Sozialstaats“, unterstreicht Hasselfeldt. „Im Gesundheits- und Pflegebereich arbeiten sie unmittelbar im Kampf gegen das Corona-Virus. In anderen Feldern der sozialen Arbeit – etwa in der Arbeit mit wohnungslosen Menschen oder in Sozialberatungsstellen – stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor großen Herausforderungen, um für die Klienten und Klientinnen weiter erreichbar zu sein. Ihre soziale Arbeit wird dringend gebraucht und muss in der aktuellen Krise gesichert werden.“ Die Verbände der BAGFW bringen alle Kapazitäten ein, um mit aller Kraft bei der Bewältigung der Krise zu helfen.

Durch den Schutzschirm, der noch in dieser Woche durch Bundestag und Bundesrat verabschiedet wird, ist eine Brücke gebaut und vieles positiv geregelt, um soziale Einrichtungen vor der Auflösung zu retten. Einen Bedarf zur Nachbesserung sieht die BAGFW u.a. noch im Bereich von Einrichtungen für Mutter-Kind-Kuren. An dieser Stelle müsse das Gesetz in der parlamentarischen Beratung noch ergänzt werden.

Es ist eine vernünftige Lösung, bei der jetzt alle Partner von den Ländern bis zu den Leistungsträgern mitspielen müssen. Die gemeinnützigen Einrichtungen und Hilfeangebote sind auf besondere Unterstützung angewiesen, weil sie keine großen Rücklagen bilden dürfen und daher ihre Liquidität und wirtschaftliche Existenz stärker bedroht ist als bei vielen privatwirtschaftlichen Unternehmen. „Wir hoffen, dass wir damit die Infrastruktur des Sozialstaats für die Krise und darüber hinaus sichern können“, sagt die BAGFW-Präsidentin.

In der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) sind die Arbeiterwohlfahrt, der Deutsche Caritasverband, der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonie Deutschland und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland zusammengeschlossen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 23.03.2020

Empfehlungen der BAGSO in Zeiten der Ausbreitung des Coronavirus

Die Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 in Deutschland hat den Alltag der Menschen in kurzer Zeit radikal verändert. Ältere Menschen zählen ebenso wie Menschen mit Vorerkrankungen zu den Risikogruppen. Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen begrüßt alle angesichts der Corona-Pandemie ergriffenen Maßnahmen zum Schutz von Menschenleben. Als Interessenvertretung der älteren Generationen hat sie Empfehlungen vorgelegt, wie der gesundheitliche Schutz, die Versorgung und die soziale Situation älterer Menschen in der derzeitigen Lage verbessert werden können.

Dringend notwendig ist nach Ansicht der BAGSO eine umfassende Information aller Menschen über die Krankheit, die Ansteckungswege, die neuen Verhaltensregeln und örtliche Hilfsangebote – in allen relevanten Sprachen und barrierefreien Formaten. Bei allen Bring- und Lieferdiensten von Supermärkten und Apotheken sollten ältere und in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen Vorrang haben. Auch die Versorgung mit Desinfektionsmitteln und Hygieneartikeln muss sichergestellt sein.

Nachdem bereits zahlreiche Maßnahmen für den Bereich der stationären Pflege beschlossen wurden, muss die Politik das Augenmerk nun verstärkt auf die häusliche Pflegesituation richten. Auch hier geht es darum, alle Beteiligten bestmöglich zu schützen und die Versorgung auch bei weiter steigenden Infektionsfällen sicherzustellen.

Viele ältere Menschen benötigen derzeit dringend Angebote zur Aktivierung und zur Teilhabe innerhalb der eigenen vier Wände. Die BAGSO bestärkt Organisationen und Initiativen vor Ort, die mit Kreativität neue Wege der Unterstützung erproben. In Pflegeheimen helfen neben regelmäßigen Telefonkontakten auch Video- und Skype-Telefonie die Zeit ohne Besuche von Angehörigen zu überbrücken.

Stellungnahme Menschenleben schützen – Zusammenhalt stärken

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. vom 25.03.2020

Der Deutsche Frauenrat begrüßt den vom Bundestag beschlossenen Entschädigungsanspruch für Eltern, mit dem Verdienstausfälle wegen der Schließung von Kitas und Schulen kompensiert werden sollen. „Es ist ein wichtiges Signal, dass die Bundesregierung Doppelbelastung und finanzielles Risiko erwerbstätiger Eltern in der aktuellen Situation schnell anerkennt und in ihren Maßnahmen berücksichtigt: Wer viele Stunden täglich erwerbstätig sein muss, kann unmöglich gleichzeitig Kinder betreuen. Leider wirkt die Entschädigungsleistung aber aufgrund der hohen Anspruchsvoraussetzungen eher wie eine Härtefallregelung, nicht wie eine flächendeckende Unterstützung betroffener Eltern,“ sagt Anja Weusthoff, Mitglied im Vorstand des Deutschen Frauenrats.

Der Bundestag hatte gestern umfangreiche Hilfsmaßnahmen zur Abmilderung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie beschlossen. Dazu zählt ein Entschädigungsanspruch für Eltern, die Gehaltsausfälle durch die Schließung von Kitas und Schulen in Kauf nehmen müssen, weil sie ihre Kinder nun zuhause betreuen und nicht ihrem Job nachgehen können. Entschädigt werden jedoch nur Eltern von Kindern bis zum 12. Lebensjahr, die die Betreuung nicht mithilfe von Familie, Freund*innen oder Notfallangeboten anderweitig realisieren können, die kein Homeoffice nutzen können und auch keine Möglichkeiten mehr haben, bezahlt der Arbeit fernzubleiben, beispielsweise durch Überstundenabbau oder der Nutzung ihres gesamten Erholungsurlaubs*. Wer Kurzarbeitergeld bezieht, kann ebenfalls keine Entschädigung erwarten. Die Entschädigung in Höhe von 67 Prozent des Nettoeinkommens wird höchstens für sechs Wochen gewährt und beträgt maximal 2.016 Euro.

„Vielen erwerbstätigen Eltern und im Übrigen auch nicht wenigen pflegenden Angehörigen droht in der jetzigen Situation ein Verdienstausfall. Wenn nur zwei Drittel des Monatseinkommens kompensiert werden, ist das insbesondere für Frauen mit geringen Einkommen kaum zu verkraften. Und so wie die Voraussetzungskriterien gestaltet sind, bleibt zu befürchten, dass deutlich weniger Eltern von der Leistung profitieren werden, als Unterstützung nötig haben“, so Weusthoff weiter. „Deshalb fordern wir eine Entgeltersatzleistung, die bei all denjenigen tatsächlich ankommt, die sich durch Schließung von Kitas, Schulen und Tagespflegeeinrichtungen empfindlichen Lohnausfällen gegenübersehen.“

*Update, 30. März 2020: Der ursprüngliche Gesetzesentwurf war in der Frage uneindeutig, ob Arbeitnehmer*innen zunächst ihren gesamten Erholungsurlaub zur Kinderbetreuung aufbrauchen müssen, bevor sie die Leistung in Anspruch nehmen können. Nun hat das Bundesarbeitsministerium mit einem Papier klargestellt, dass Urlaub nur in gewissem Umfang zur Kinderbetreuung eingesetzt werden kann. Resturlaub aus dem Vorjahr darf beispielsweise herangezogen und bereits beantragter Urlaub muss genommen werden. Es sei aber nicht zumutbar, dass Arbeitnehmer*innen ihren gesamten Jahresurlaub aufbrauchen müssten, um den Entschädigungsanspruch geltend machen zu können, schreibt das BMAS.

Offizielle Information des BMAS

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenratvom 26.03.2020

Zu den aktuellen Arbeitsmarktzahlen sagt Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied:

„Rund 470.000 Betriebe in Deutschland haben vorübergehend Kurzarbeit angezeigt – das ist eine immens hohe Zahl, die zeigt, wie groß die Auswirkungen der Corona-Krise auf das Arbeitsleben sind. Erschrecken sollte uns die Zahl aber nicht: Kurzarbeit ist ein Mittel, um Einbrüche zu überbrücken und Beschäftigung zu halten. Wer jetzt Kurzarbeit beantragt, setzt darauf, dass es nach der Krise weitergeht, deshalb ist es gut, dass das Instrument genutzt wird. Gut ist in dieser Situation auch, dass die Bundesagentur ihre Kapazitäten so schnell hochzieht, um den Andrang gut und effektiv bewältigen zu können.

Aber nicht nur die Betriebe, auch die Beschäftigten sollen ohne Absturz durch die Krise kommen. Deshalb müssen sich Arbeitgeber und Bundesregierung jetzt endlich bewegen und das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent anheben. Denn für viele tausend Beschäftigte, die nicht unter dem Schutz von aufstockenden Tarifverträgen stehen, bedeutet Kurzarbeit, mit 60 beziehungsweise 67 Prozent ihres bisherigen Nettolohns auszukommen, wobei nicht einmal die sonst gezahlten Zuschläge mit einberechnet werden. Bei den wenigsten Familien reicht das zum Leben und für die Miete. Wer als alleinstehender Beschäftigter vor der Krise nicht mindestens 2.750 Euro brutto pro Monat verdient hat, hat bei Kurzarbeit null – also einem Arbeitsausfall von 100 Prozent –einen Anspruch auf aufstockende Hartz-IV-Leistungen. Die Hälfte aller Beschäftigten, rund 16,5 Millionen, verdient nur bis zu dieser Grenze und einem Teil davon droht jetzt der Gang zum Jobcenter. Jetzt rächt sich, dass die Politik dem Wuchern des Niedriglohnsektors jahrelang tatenlos zugesehen hat.

In einer Reihe von Branchen sind Tarifverträge abgeschlossen worden, um das Kurzarbeitergeld aufzustocken – davon braucht es mehr! Außerdem muss da, wo Tarifverträge nicht ziehen, der Gesetzgeber die Arbeitgeber in die Pflicht nehmen: Sie werden durch die neuen Regelungen von den Sozialabgaben befreit. Einen Teil dieser Entlastung sollten sie verpflichtend an die Beschäftigten weitergeben müssen, um deren Einkommen aufzustocken. Die Bundesregierung muss die entsprechende Verordnung jetzt anpassen – das wäre gelebte Solidarität in der Krise.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 31.03.2020

Die Corona-Krise stellt Eltern, die ihre Kinder aufgrund geschlossener Kitas und Schulen nun zu Hause betreuen müssen, vor besondere Herausforderungen. Um diese Familien finanziell zu entlasten und den Verdienstausfall zumindest teilweise zu kompensieren, will die Bundesregierung das Infektionsschutzgesetz anpassen. Dazu sagte Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied, am Mittwoch in Berlin:

„Es ist gut, dass die Große Koalition das Problem angepackt hat. Die geplanten Änderungen gehen aber nicht weit genug, um den betroffenen Familien ausreichend zu helfen. Hier muss dringend nachgebessert werden, um die Familien nicht in Existenznöte zu bringen. Einkommenseinbußen müssen abgesichert werden. Der Erholungsurlaub muss geschützt bleiben – er wird für die Erholung dringend gebraucht!“

Wir fordern Nachbesserungen insbesondere bei diesen Punkten:

  • Wir fordern mindestens 80 Prozent des bisherigen Nettoeinkommens für die Eltern, die von Schul- oder Kitaschließungen betroffen sind! Die jetzt geplanten 67 Prozent sind viel zu wenig; gleiches gilt für die monatliche Deckelung auf 2.016 €. Wer bisher nur den Mindestlohn erhalten hat, wäre auf aufstockende Leistungen angewiesen.
  • Der Erholungsurlaub darf nicht angerechnet werden! Jetzt ist vorgesehen, dass Eltern erst ihren kompletten Jahresurlaub aufbrauchen und Überstunden abbauen müssen, bevor sie Anspruch auf die vorgesehene ohnehin niedrige Leistung hätten.
  • Zudem sieht das Gesetz vor, dass Arbeit im Home Office eine „zumutbare Betreuungsmöglichkeit“ darstelle, so dass Eltern im Homeoffice keinen Anspruch auf die Entschädigung haben sollen. Das ist inakzeptabel insbesondere für Eltern mit Kindern im Kita- und Grundschulalter. Auch das muss dringend geändert werden.
  • Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Anspruch nur für Eltern mit Kindern unter 12 Jahren gelten soll – die Altersgrenze muss auf mindestens 14, eher 16 Jahre angehoben werden.

Im Übrigen fehlt bislang in diesem Gesetz komplett die Absicherung von Verdienstausfällen jener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die aufgrund der behördlich angeordneten Schließung ihrer Betriebe von ihren Arbeitgebern nach Hause geschickt wurden und nicht bezahlt werden. Hierfür werden dringend Lösungen benötigt!

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 25.03.2020

Der von der Bundesregierung aufgespannte Corona- Schutzschirm für die deutsche Wirtschaft lässt die Einrichtungen für Mutter/Vater-Kind-Kuren bisher außen vor. Auch andere Träger von Reha-Maßnahmen werden nach den bisherigen Plänen nicht gestützt. Dazu zählen etwa die medizinische Rehabilitation für Kinder und Jugendliche, die neurologische Rehabilitation, die geriatrische oder die Sucht- beziehungsweise psychosomatische Rehabilitation in Trägerschaft der Krankenkassen.

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland und Kuratorin des Müttergenesungswerks: "Die Träger von Mutter/Vater-Kind-Kuren und von anderen Reha-Einrichtungen etwa für alte oder suchtkranke Menschen haben durch ihre Schließung dramatische Einnahmeverluste zu verzeichnen. Zahlreiche Kliniken dürften die Krise ohne staatliche Hilfe nicht überleben. Noch lässt sich ein Kollaps der in Jahrzehnten bewährten Mutter/Vater-Kind-Reha- Einrichtungen und vieler anderer Einrichtungen für rehabilitationsbedürftige Menschen abwenden, wenn die Kliniken doch noch unter den Rettungsschirm genommen werden. Wir dürfen auf keinen Fall sehenden Auges zulassen, dass die Reha- Einrichtungen insbesondere für belastete Familien wegbrechen. Denn was einmal geschlossen ist, wird nach der Krise nur schwer wiederaufzubauen sein."

Mehr Infos:

Corona-Informationsseite der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 24.03.2020

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) begrüßt die geplante Sicherung der sozialen Infrastruktur mit Hilfe eines Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes. Damit verbessern sich die Chancen, dass Strukturen der Familienbildung, Familienberatung und Familienerholung die Corona-Krise überstehen können. Es sind allerdings sind noch weitere Maßnahmen zu treffen.

Die eaf begrüßt die Initiative der Bundesregierung, die soziale Infrastruktur insbesondere auch im Hinblick auf Familienbildung, Familienberatung und Familienerholung abzusichern. Damit zeigt der gemeinsame Appell der katholischen und evangelischen Arbeitsgemeinschaften für Familienbildung zur bedrohlichen Lage für die Familienbildung in Deutschland erste Wirkung (https://www.eaf-bund.de/gallery/news/news_291/200320_appell_corona_pandemie_eaf_bag.pdf). Mit dem geplanten Sozialdienstleister-Einsatzgesetz wird eine Rechtsgrundlage für die weitere Förderung der Einrichtungen nach §16 SGB VIII geschaffen.

Allerdings sind diese Regelungen nicht ausreichend, so betont Andreas Zieske, der Leiter der Servicestelle Familienbildung und stellv. Geschäftsführer der eaf. „Für die Einrichtungen der Familienbildung besteht das größte Problem im Wegbrechen der Teilnehmendenbeiträge, die teilweise über 30 % des Gesamthaushalts ausmachen. Wenn jetzt über alternative, online-basierte Angebote für Familien nachgedacht wird und diese umgesetzt werden sollen, müssen die entstehenden Einnahmeausfälle durch Fördermittel kompensiert werden.“

„Zudem wird ein großer Teil der Familienbildungsangebote über die Weiterbildungsgesetze der Länder finanziert. Die Länder sind in der Pflicht und müssen die förderrechtlichen Bedingungen an neue Angebote und Formate anpassen. Bereits zugesagte Fördermittel dürfen durch krisenbedingten Ausfall von Veranstaltungen nicht gestrichen werden.

Große Sorgen machen wir uns um die vielen selbstständigen Honorarkräfte, die die Kurse in der Familienbildung durchführen. Allein in den Einrichtungen der evangelischen Familienbildung sind schätzungsweise mehr als 9.000 Honorarkräfte tätig. Der allergrößte Teil der vorgehaltenen Angebote wird von diesen Personen geleistet. Sie alle müssen jetzt existenzgefährdende Einnahmeverluste hinnehmen. Um die Strukturen während und nach der Krise aufrechterhalten zu können, müssen auch für diese Fachkräfte Übergangslösungen gefunden werden.“, so Zieske.

Dr. Martin Bujard, Präsident der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie (eaf) betont: „Familienbildung, Familienberatung und Familienerholung sind wichtige und systemrelevante Unterstützungsstrukturen für alle Familien. Ihre Leistungen müssen während und auch langfristig nach der aktuellen Krisensituation abgesichert werden. Bund UND Länder sind hier in der Pflicht.“

Mehr Infos: Hinweise und Tipps für den Familienalltag in Zeiten von Corona https://www.eaf-bund.de/de/informationen/coronavirus_und_familienalltag

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 25.03.2020

Zur geplanten Entschädigungsregelung für Eltern, die aufgrund der Corona-Pandemie ihre Kinder zuhause betreuen müssen, erklärt Dr. Martin Bujard, Präsident der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie (eaf):

Es ist ein gutes Zeichen, dass die Bundesregierung nun auch Eltern von unter 12-jährigen Kindern, die aufgrund der Schul- und Kita-Schließungen nicht arbeiten können und Verdienst­ausfälle haben, entschädigen will. Der bislang (Stand: 23. März 20, 15 Uhr) geplante Entschädigungsanspruch ist allerdings völlig unzureichend, da er auf sechs Wochen begrenzt ist. Viele Familien befürchten, dass sie bei möglichen längeren Schul- und Kitaschließungen in finanzielle Existenznöte geraten. Die geplante nur kurzfristige Regelung gibt den Familien keine Sicherheit in dieser Krise. Wenn man bei der Unterstützung der Wirtschaft die „Bazooka zückt“, um im Bild des Bundesfinanzministers zu bleiben, sollte ihr bei der Existenzsicherung von Familien mit kleinen Kindern nicht nach sechs Wochen bereits die Puste ausgehen.

Eine Begrenzung des Anspruchs auf sechs Wochen ist unzumutbar, sollten die Kita- und Schulschließungen länger dauern. Die bislang geplanten Schließungen umfassen bereits einen Zeitraum von fünf Wochen, in bestimmten Regionen bestehen sie auch schon länger. Wie die betroffenen Eltern, insbesondere Alleinerziehende, bei einer Verlängerung der Schließzeit ihre Existenz sichern sollen, bleibt offen. Eine Laufzeit des Anspruchs bis zu den Sommerferien – bei ggf. weiterführender Schließung – ist notwendig. Sollten Kitas und Schulen tatsächlich weniger als sechs Wochen geschlossen sein, würde ein länger reichender Schutz keine zusätzlichen Kosten verursachen.

Zudem plant die Bundesregierung offensichtlich, den Entschädigungsanspruch während der Schulferien auszusetzen. Aber auch während der Ferien müssen Familien ihren Lebensunterhalt sichern, viele Familien hatten auch für diese Zeit Ferienbetreuung organisiert gehabt. Der Anspruch muss daher für diese Familien auch in dieser Zeit weiterlaufen.

Familien mit kleinen Kindern sehen sich momentan mit erheblichen Einschränkungen ihres Lebens konfrontiert. Außerhäusliche Bewegungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für Kinder sind stark eingeschränkt, der persönliche Kontakt zu Gleichaltrigen weitgehend unmöglich. Viele berufstätige Eltern übernehmen die Betreuung der Kinder und müssen dabei oft noch die Funktion von Lehrerinnen und Lehrern übernehmen und ihre Kinder beim häuslichen Lernen unterstützen. Diese schwierige Situation darf für Eltern keinesfalls noch zusätzlich mit Sorge um die eigene Existenz verbunden sein.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 23.03.2020

Der Paritätische fordert ein sofortiges Notprogramm für Menschen in Hartz IV und in der Altersgrundsicherung. Die mit der Corona-Krise verbundene Schließung von Tafeln und anderen Unterstützungssystemen stürze arme Menschen in existentielle Krisen. Der Verband fordert finanzielle Soforthilfen für Bedürftige, darüber hinaus müssten alle Leistungskürzungen, etwa durch Sanktionen, sofort beendet werden.

Konkret fordert der Paritätische eine sofortige Erhöhung der Regelsätze in der Grundsicherung um 100 Euro pro Monat und Haushaltsmitglied, um insbesondere eine ausgewogene Ernährung sicherzustellen. Zusätzlich sei eine Einmalzahlung von 200 Euro notwendig für coronakrisenbedingte Mehraufwendungen, wie etwa für Arzneimittel oder auch erhöhte Energiekosten. „Die Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung sind so kleingerechnet, dass man mit ihnen nicht anständig über den Monat kommt. Es sind Armutssätze. Die Tafeln haben sich, ebenso wie kostenlose Verpflegung in Schulen und Kitas, für viele längst zum notwendigen Baustein der Grundversorgung entwickelt. Bei Tafeln und selbst in Schulen geht es um echte Armenspeisung, die nun ausfällt“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Hinzu komme, dass im Zuge von Hamsterkäufen oder möglichen Lieferengpässen die Ausgaben für Lebensmittel praktisch steigen.

Der Paritätische unterstützt ausdrücklich die heute von sanktionsfrei.de gestartete Hilfsaktion, mit der ab sofort notleidende Familien in Hartz IV-Bezug unterstützt werden sollen. Dies entlasse den Staat aber nicht aus seiner Pflicht, das soziokulturelle Existenzminimum für alle zu garantieren: „Der Staat bleibt in der Verantwortung. Es braucht sofort eine Lösung in der Fläche. Es geht um die Existenzsicherung von armen Menschen in Deutschland“, so Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 31.03.2020

Der Paritätische Wohlfahrtsverband zeigt sich erleichtert, dass soziale Dienste und Einrichtungen unter die Regelungen des krisenbedingten Sozialschutzpaketes fallen, das morgen im Bundestag beraten wird. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sei es nach schwierigen Verhandlungen gelungen, einen Weg zu ebnen, wie soziale Infrastruktur größtenteils auch über die Corona-Krise hinaus gerettet werden kann. Der Verband mahnt zusätzliche Lösungen für die medizinische Reha, Jugendherbergen und Bildungswerke an. Zentral sei grundsätzlich eine möglichst unbürokratische und konstruktive Umsetzung auf Länderebene. Notwendig sei zudem eine sofortige finanzielle Unterstützung für arme Menschen in der Grundsicherung.

„Wenn alle relevanten Akteure auf Bundes- und Landesebene jetzt konstruktiv zusammenarbeiten, kann es gelingen, die soziale Infrastruktur zu retten“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Nach den aktuellen Plänen wären 75 Prozent der durchschnittlichen Ausgaben der betroffenen sozialen Dienste und Einrichtungen über den Schutzschirm abgesichert. „Wo dies nicht reicht, um die laufenden Kosten zu decken, müssen die Länder nachsteuern“, so Schneider.

Blinde Flecken gebe es noch im Bereich der Rehaeinrichtungen und Erholungsstätten, wie bspw. Mutter-Kind-Kurheime sowie bei den Jugendherbergen, für die bisher kein Schutzschirm greife. Auch für die Bildungswerke gebe es noch keine einheitliche Lösung, hier seien qua föderaler Zuständigkeit vor allem die Bundesländer in der Verantwortung, geeignete Hilfen zu organisieren.

Auch die Maßnahmen, die zur Unterstützung armer Menschen im Kabinett beschlossen wurden, wie vereinfachte Verfahren in Hartz IV bei Antragstellung und Vermögensprüfung oder auch das Verbot von Mietkündigungen und Zwangsräumungen begrüßt der Paritätische ausdrücklich. Was jedoch fehle, sei konkrete finanzielle Unterstützung. „Mit Blick auf die steigenden Lebenshaltungskosten durch Hamsterkäufe und Lieferengpässe sowie den Wegfall von Angeboten der Schulspeisung oder Tafeln, braucht es dringend eine sofortige Erhöhung der Regelsätze“, so Schneider. Konkret fordert der Paritätische einen Zuschlag in Höhe von 100 Euro pro Monat ab sofort auf die Grundsicherungsleistungen bis zur ohnehin anstehenden Neufestsetzung der Regelsätze zum 1.1.2021. Darüber hinaus sei eine sofortige Einmalzahlung für Grundsicherungsbeziehende in Höhe von 200 Euro für krisenbedingte Mehraufwendungen wie etwa für Medikamente zu gewähren.

Schließlich weist der Verband auf die vielerorts sich zuspitzende Lage bei den Hilfen für Obdachlose und Menschen in anderen existenziellen Notlagen hin, für die vor Ort zwingend Lösungen organisiert werden müssten. Insbesondere auch der Mangel an Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln sei auch in allen Bereichen der sozialen Arbeit, gerade auch bei den niedrigschwelligen Hilfsangeboten, ein Riesenproblem.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 24.03.2020

Angesichts der Corona-Krise will die Bundesregierung vorübergehende Entschädigungen für berufstätige Eltern auf den Weg bringen, die mangels Kinderbetreuung ihrer Arbeit nicht nachgehen können. Für den Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) ist das ein Schritt in dierichtige Richtung. Der VAMV zeigt sich jedoch enttäuscht, dass Einkommenseinbußen für Alleinerziehende nicht vollständig mit einer Lohnfortzahlung abgefedert werden.

„Die geplante Entschädigung für Verdienstausfälle hilft berufstätigen Alleinerziehenden angesichts geschlossener Kitas und Schulen etwas über die kommenden sechs Wochen", erklärt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des VAMV. „Bei vielen Alleinerziehenden klafft aber trotz dieser Leistung von 67 Prozent des Nettolohns eine Lücke im Budget. Denn Alleinerziehende und ihre Kinder leben schon jetzthäufig von kleinen Einkommen. 42 Prozent sind sogar armutsgefährdet. Da wird jeder Cent fürs Notwendigste gebraucht.Auch weiß zurzeit niemand, ob Schulen und Kitas nach dem Osterferien wirklich wieder öffnen können. Viele Einelternfamilien fürchten deshalb weiterhin, in absehbarer Zeit mit Grundsicherungsleistungen am untersten Existenzminimum zu leben. Denn für den „NotfallKinderzuschlag" brauchen Alleinerziehende ein eigenes Einkommen, zur Arbeit gehen können sie aber nur, wenn eine Kinderbetreuung zur Verfügung steht."

Jaspers fordert deshalb: „Um soziale Härten abzufedern, müsste die Entschädigungsrate für Familien mit kleinen Einkommen höher als 67 Prozent ausfallen. Damit Alleinerziehende wegen der gegenwärtigen Situation nicht ins SGB II rutschen, sollte die Entschädigung für Geringverdienende auf bis zu 100 Prozent angehoben werden. Denn es ist zu befürchten, dass angesichts der Corona-Krise eine Welle von Anträgen auf die Ämter zurollt und Anspruchsberechtigte in akuter Not auf die Auszahlung ihrer Leistungen warten müssen. Auch vereinfachte Sozialleistungen bleiben kompliziert und für Familien schwer zu durchschauen."

Der VAMV hat angesichts der Kita- und Schulschließungen in der vergangenen Woche im Internet eine Petition gestartet: https://weact.campact.de/petitions/berufstatige-alleinerziehende-inder-corona-krise-nicht-vergessen

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. vom 24.03.2020

VPK fordert Einstufung der Kinder- und Jugendhilfe als Teil der „kritischen Infrastruktur“

Die Ausbreitung des Coronavirus hat auch für die Kinder- und Jugendhilfe gravierende Folgen. Darauf weist der Präsident des Bundesverbandes privater Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe (VPK), Martin Adam, in einer aktuellen Pressemitteilung hin. Es gibt zunehmende Verwerfungen durch Covid-19 für die stationären und ambulanten Hilfesysteme der Kinder- und Jugendhilfe, die dringend mehr Flexibilität erfordern.

Gemeinsames Ziel müsse nun eine umfassende Sicherstellung der Grundversorgung sein, ohne dass der notwendige Kinderschutz in Einrichtungen gefährdet würde. Deutlich ansteigende krankheitsbedingte Ausfallzeiten von Mitarbeitenden in den stationären Hilfen lassen dieses Ziel aber nicht mehr hinreichend gewährleistet sein. Zudem treten zunehmend Krankheitsfälle bei den zu betreuenden Kindern und Jugendlichen auf, die eine über das übliche Maß hinaus erforderliche Aufmerksamkeit benötigen. Unter diesen Umständen sei die Sicherstellung der stationären Betreuung von Kindern und Jugendlichen und im schlechtesten Fall der gesamte Betrieb von Einrichtungen gefährdet, so Adam weiter.

Der VPK-Bundesverband hält deshalb unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes nachfolgende Schritte für dringend geboten:

  1. Die Lockerung des Fachkräftegebots hinsichtlich einer zeitlich befristeten Beschäftigung von Nichtfachkräften zur Sicherstellung der erforderlichen Betreuung bei Ausfall von Fachkräften.
  2. Das Aussetzen der Vorgaben aus dem Arbeitszeitgesetz, um die Betreuung der Kinder und Jugendlichen in den Einrichtungen weiter aufrechterhalten zu können.
  3. Abweichungsmöglichkeiten von den Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsvereinbarungen hinsichtlich Mindeststandards, der Belegung, dem Personal, den Gruppenstrukturen sowie den Räumlichkeiten, um mit der notwendigen Flexibilität auf besondere Herausforderungen von Covid-19 angemessen und situationsgerecht reagieren zu können.
  4. ​​​​​​​Die Einstufung der stationären Erziehungshilfen als Teil der „kritischen Infrastruktur“ und somit als „systemrelevant“. Nur so kann die Versorgung der Einrichtungen mit notwendigen Infektionsschutz- und anderen Materialien abgesichert werden. Ein Zusammenbruch von stationären Leistungssystemen führt zu nachhaltigen gesellschaftlichen Folgeproblemen.
  5. ​​​​​​​​​​​​​​Die Herstellung von klarstellenden Verfahrensweisen durch die Obersten Jugendhilfebehörden der Länder hinsichtlich von sehr unterschiedlichen Erfordernissen durch befristete Übertragung von Regelungsnotwendigkeiten in den Sachverstand der Leistungserbringer vor Ort auf Grundlage deren fachlichen Ermessens.

​​​​​​​Ziel dieser Regelungen sind größtmögliche Flexibilität, Transparenz und Klarheit für die Arbeit der Jugendhilfeträger, um eine weitgehende Sicherstellung des Kinderschutzes zu erreichen und die Aufrechterhaltung von Jugendhilfeeinrichtungen zu gewährleisten. Grundlage eines in dieser Krise notwendigen Handelns ist das wechselseitige Vertrauen auf Basis einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit von freien und öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe zum Zwecke der Sicherstellung des Kindeswohls, so Präsident Adam abschließend.

Quelle: Pressemitteilung Bundesverband privater Träger der freien Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe e.V. (VPK) vom 25.03.2020

SCHWERPUNKT II: Corona-Krise

Ausgehbeschränkungen, Sorgen um die Gesundheit, Existenzängste und ein Familienleben dauerhaft auf engstem Raum: Angesichts der Corona-Krise befürchten Expertinnen und Experten eine Zunahme von Fällen häuslicher Gewalt. Umso wichtiger ist es, dass die Hilfestrukturen funktionieren – allen voran auch das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ (08000-116 016).

Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey dankt den Mitarbeiterinnen des Hilfetelefons für ihren Einsatz, der gerade auch in der gegenwärtigen Corona-Krise unverzichtbar sei. Zugleich stellt sie eine Studie zur Wirksamkeit des Hilfetelefons vor. „Das seit 2013 bestehende Hilfetelefon ‚Gewalt gegen Frauen’ ist fest verankert und inzwischen aus dem Hilfesystem nicht mehr wegzudenken“, so Ministerin Giffey. „Die Studie zeigt, dass die Qualität des Beratungsangebots hoch ist und dass die Anonymität, die Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit sowie die Beratung in insgesamt 18 Sprachen gesichert sind. Belegt ist außerdem, dass die Vermittlung von Anrufenden in das örtliche Hilfesystem gut angenommen wird. Das sind erfreuliche Nachrichten in dieser schwierigen Zeit, in der das Hilfesystem besonders herausgefordert ist.“

Im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat die INTERVAL GmbH Berlin das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ nach fünfjähriger Betriebszeit auf seine Wirksamkeit hin untersucht. Als Basis nutzten die Forscherinnen und Forscher die Vorgangsdaten des Hilfetelefons, Befragungen und Interviews mit Fachkräften des Hilfetelefons, repräsentative Bevölkerungsbefragungen von Frauen und Männern sowie spezifischer Zielgruppen, Online-Erhebungen und Interviews bei/von Nutzerinnen und Nutzern sowie von Fachkräften des Hilfe- und Unterstützungssystems vor Ort.

Kernergebnisse der Studie: Mit dem rund um die Uhr erreichbaren Hilfetelefon ist es gelungen, eine Leerstelle im Unterstützungssystem zu schließen, das Angebot fachpolitisch einzubetten und im bestehenden Hilfe- und Unterstützungssystem fest zu verankern. Der Bekanntheitsgrad des Angebots ist laut der Studie vergleichsweise hoch. Laut Befragungen würden über 60 Prozent der Frauen im Internet nach Beratungsangeboten suchen und somit auf das Hilfetelefon stoßen. Auch stieg die Zahl der Kontaktaufnahmen in den ersten fünf Jahren des Hilfetelefons kontinuierlich an. Über 90 Prozent erfolgen telefonisch, der Rest per Internet. Über drei Viertel der Beratungskontakte sind Erstkontakte. Der Großteil der Beratungen wird mit von Gewalt betroffenen Frauen, der eigentlichen Zielgruppe, geführt (70 Prozent). In weit geringerem Maße werden Unterstützerinnen und Unterstützer (21 Prozent) sowie Fachkräfte (6 Prozent) beraten. In sieben Prozent der Beratungen war es nötig, eine Dolmetscherin hinzuzuziehen. Rund ein Viertel der Beratungen fand in den Abend- und Nachtstunden zwischen 20.00 und 8.00 Uhr statt. Weitervermittlungen erfolgten in rund zwei Dritteln der Beratungen.

Bundesfrauenministerin Franziska Giffey: „Auch in Zeiten von Corona müssen Frauen, die von Gewalt betroffen sind, die Hilfe bekommen, die sie benötigen. Ich freue mich, dass die offene und auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtete Beratung des Hilfetelefons so positiv bewertet wird. Betroffene Frauen bekommen hier wichtige erste Hilfe: Wie kann ich mich aus der Gewaltsituation befreien? Wer unterstützt mich dabei vor Ort? Welche Angebote des Unterstützungssystems gibt es überhaupt? Mit dem Hilfetelefon ist es uns gelungen, einen niedrigschwelligen und zentralen Zugang in das örtliche Hilfe- und Unterstützungssystem zu schaffen, der auch von den Fachkräften der Angebote vor Ort sehr wertgeschätzt wird. Auch während der aktuellen Corona-Krise setzen wir alles daran, um den Betrieb und die Funktionsfähigkeit des Hilfetelefons aufrecht zu erhalten. Mit den Bundesländern haben wir verabredet, dass, sollten Frauenhauskapazitäten erschöpft sein, unbürokratisch Hotels oder leerstehende Ferienwohnungen durch Länder und Kommunen für die Unterbringung ausgeweitet werden können.“

Das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter der kostenfreien Nummer 08000 116 016 leistet Erst- und Krisenunterstützung, bei Gewalt gegen Frauen gibt es Rat und Hilfe rund um die Uhr, anonym, in insgesamt 18 Sprachen, barrierefrei. Seit März 2013 wurden mehr als 200.000 Personen beraten, darunter auch Ratsuchende aus dem sozialen Umfeld gewaltbetroffener Frauen sowie Fachkräfte. Das Hilfetelefon ist online zu erreichen unter www.hilfetelefon.de.

Angesichts der Corona-Krise könnten Druck und Konflikte in Familien auch in Gewalt gegen Kinder und Jugendliche münden. Das BMFSFJ wird deshalb unter anderem die vorhandenen telefonischen Beratungsangebote stärken. Dazu gehören die „Nummer gegen Kummer“ (116 111) für Kinder und Jugendliche oder das Elterntelefon (0800 111 0550). Zudem werden im Netz niedrigschwellige Hilfsangebote für Kinder, Jugendliche und Eltern ausgebaut.

Die komplette Studie der INTERVAL GmbH Berlin zum Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ wird in Kürze veröffentlicht.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 26.03.2020

Ministerin Giffey und der BAGSO-Vorsitzende Müntefering appellieren an alle Generationen

Die Bundesseniorenministerin Dr. Franziska Giffey und der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO), Franz Müntefering, appellieren gemeinsam an alle Bürgerinnen und Bürger, gefährdete Gruppen vor Corona-Infektionen zu schützen.

Das Coronavirus mit dem Namen COVID-19 ist für ältere Menschen und für Personen mit Vorerkrankungen besonders gefährlich. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko einer schweren Erkrankung stetig an. Wenn Alter und eine schon bestehende Grunderkrankung zusammenkommen, ist die Gefährdung besonders hoch. Gerade in Pflegeeinrichtungen ist der Schutz von Menschen daher besonders wichtig.

Bundesseniorenministerin Dr. Franziska Giffey: „Ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen brauchen jetzt die Solidarität aller Generationen. Ich begrüße es, dass Alten- und Pflegeheime weitgehend für Besucherinnen und Besucher geschlossen werden, nur so können die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen in der derzeitigen Situation geschützt werden. Wir müssen auch auf die vielen zu Hause lebenden Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen achten. Auch Familien, in denen Pflegebedürftige leben und versorgt werden, brauchen unsere Unterstützung. Nachbarn, die hier unkompliziert den Einkauf oder Botengänge übernehmen, sind „Engel des Alltags“. Wenn wir alle aufeinander achten, dann leben wir Solidarität im Alltag.“

BAGSO-Vorsitzender Franz Müntefering: „Ich bitte alle Betroffenen, Pflegebedürftige und Angehörige: Tragen Sie die Vorgaben, die die Pflegeheime bekommen haben, mit. Gleichzeitig ist es wichtig, dass Perspektiven entwickelt werden, wie Begegnungen und Austausch in Heimen bald wieder ermöglicht werden können. Sehr gut ist es, wenn Einrichtungen und Pflegekräfte Kontakte mit den Familien derzeit zum Beispiel über Telefon oder Skype ermöglichen.“

Nicht nur in der professionellen Pflege, auch im Alltag älterer Menschen müssen alle ihren Beitrag leisten.

BAGSO-Vorsitzender Franz Müntefering: „Ältere Menschen, Großeltern und ihre Familien sind aufgerufen, sich selbst zu schützen und Risiken zu meiden. Panik hilft nicht, unabhängig vom Alter. Aber handeln müssen wir Älteren und Alten in Sachen Corona doch. Das Risiko der Ansteckung wollen und können wir reduzieren helfen, für uns, für unsere Familien, für Kontaktpersonen. Der Staat muss handeln, wir als Gesellschaft auch. Händeschütteln und Umarmen lassen wir mal. Gedränge meiden wir. Versammlungen verschieben wir. Verschoben ist nicht aufgehoben. Und helfen, dass niemand einsam und hilflos bleibt, ohne die Sicherheit von Menschen aufs Spiel zu setzen, das ist das Gebot der Stunde. Eine solidarische Gesellschaft wird da ganz konkret und bewährt sich. Das ist gut für alle.“

Ministerin Dr. Franziska Giffey: „Ältere Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen und ihre Familien sollten ihre Gewohnheiten jetzt überdenken. Sie sollten Einschränkungen in Kauf nehmen, um ihre Gesundheit zu schützen. Dazu gehört, sich für eine Zeit aus dem öffentlichen Leben soweit es geht zurückzuziehen, unbedingt persönlichen Abstand von mindestens zwei Metern zu halten, Freizeitveranstaltungen nicht zu besuchen, den öffentlichen Personennahverkehr zu meiden und auch private Kontakte soweit wie möglich zu reduzieren. Telefon, Handy und Internet helfen, in Kontakt zu bleiben. Familiäre und nachbarschaftliche Unterstützungsangebote zum Beispiel beim Einkaufen sind hilfreich und wichtig.“

Folgende Maßnahmen sollten ältere Menschen ergreifen, um sich zu schützen:Reduzieren Sie soziale Kontakte soweit möglich, auch zu Gleichaltrigen, denn auch sie können Überträger sein.Meiden Sie derzeit jeden unmittelbaren Kontakt zu Enkelkindern. Die Großeltern sollten möglichst nicht in die Betreuung einbezogen werden. Gehen Sie nicht in Arztpraxen, rufen Sie im Bedarfsfall dort an, und fragen, wie Sie sich verhalten sollen. Gehen Sie, falls möglich, nicht in Apotheken, bestellen Sie benötigte Arzneimittel per Telefon und lassen Sie sich diese liefern oder nehmen Sie, wenn möglich, Hilfe aus der Familie oder der Nachbarschaft an.Nehmen Sie Bring- und Lieferangebote an: durch Familie und Nachbarn, durch Supermärkte.Halten Sie ihre sozialen Kontakte über Telefon oder, wenn möglich, über Skype aufrecht.Begrenzen Sie die Zahl der Personen, die in Ihre Wohnung kommen, auf ein Minimum.Nutzen Sie das schöne Wetter, um spazieren zu gehen. Das stärkt Ihre Abwehr. Halten Sie auch dort mindestens zwei Meter Abstand, wenn Sie Bekannte treffen!

Auch in der aktuellen Situation ist Wachsamkeit vor „falschen Helfern“ notwendig. So fragen Betrüger besonders ältere Menschen nach Geld für teure Medikamente und medizinische Behandlungen; angebliche Handwerker behaupten, Haus und Wohnung zu überprüfen und desinfizieren zu wollen.

Das BMFSFJ und die BAGSO empfehlen daher dringend, Unbekannten kein Geld zu geben und sie nicht in die Wohnung zu lassen.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 19.03.2020

Aus aktuellem Anlass möchten wir Sie im Auftrag der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration , Frau Staatsministerin Widmann-Mauz, auf das mehrsprachige Informationsangebot der Bundesregierung zu Regelungen und Verhaltensweisen im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 hinweisen. Wir bitten Sie, diese insbesondere an die Ihnen bekannten Netzwerke, Communities sowie Multiplikatoren z.B. über Ihre Social Media-Kanäle weiterzuleiten.

WEBSITE
Auf der Website der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration finden Sie gesammelte Hinweise aus der Bundesregierung in verschiedenen Sprachen. Hier finden Sie – sobald sie online sind – auch Übersetzungen der für heute Abend angekündigten Fernsehansprache der Bundeskanzlerin. Wir aktualisieren und ergänzen die Informationen fortlaufend auch über Gesundheitsfragen hinausgehend. Aktuell werden mehrsprachige Informationen zu arbeitsrechtlichen Auswirkungen und wirtschaftlichen Sofortmaßnahmen vorbereitet.Zur Website: https://www.integrationsbeauftragte.de/ib-de/amt-und-person/amt-und-aufgaben/corona-virus-1730818

SOCIAL MEDIA
Wir freuen uns, wenn Sie unsere Tweets und Instagram-Post mit Verlinkung zu mehrsprachigen Informationen über Ihre Social-Media-Auftritte weitertragen und teilen:

Twitter: https://twitter.com/IntegrationBund/status/1239595687907594249
Instagram: https://www.instagram.com/p/B9zdqEcKUvW/

UMGANG MIT FAKE NEWS
Leider kommt es in diesen Tagen vermehrt auch zu Fake News im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Bitte weisen Sie uns auf solche falschen Quellen hin und unterstützen Sie uns durch die Weiterleitung der geprüften und offiziellen Informationen dabei, der Ausbreitung des Coronavirus bestmöglich entgegenzuwirken und richtig zu informieren.

MELDUNG WEITEREN INFORMATIONSBEDARFS
Gerne nehmen wir Ihre Hinweise zu weiterem Informationsbedarf bezüglich des Themas Corona auf. Bitte senden Sie uns Ihre Anregungen an folgende Email-Adresse: integrationsbeauftragte@bk.bund.de

Quelle: Pressemitteilung der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration vom 18.03.2020

Zu den Auswirkungen der Coronakrise auf den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen erklären Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik, und Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Gesundheitsförderung:

Schwangerschaftsabbrüche sind nicht aufschiebbar, auch in Zeiten des Coronavirus nicht. Der Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen ist medizinisch notwendig. Dies gilt auch für Schwangere mit Verdacht auf oder Diagnose von Coronavirus. Der in Teilen des Landes bestehende Versorgungsnotstand zum Schwangerschaftsabbruch verschlimmert sich in dieser Krisensituation. Keine ungewollt Schwangere darf sich selbst überlassen werden, wenn sie Unterstützung benötigt. Bund, Länder und Kommunen müssen sicherstellen, dass ungewollt Schwangere weiterhin Zugang zu Beratungsleistungen und zum sicheren Schwangerschaftsabbruch haben. Mit dem Ziel der Infektionsprävention müssen persönliche Kontakte, Reisewege un d bürokratisch bedingte Verzögerungen dabei so weit wie möglich reduziert werden. Um die direkten Kontakte mit Klientinnen sicher durchführen zu können, muss Beraterinnen und Beratern, Ärztinnen und Ärzten Schutzausrüstung und -kleidung zur Verfügung gestellt werden. Die Beratungsstellen werden bisher nicht prioritär mit Schutzkleidung ausgestattet, das muss sich ändern.

Dazu erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

„Gerade in Zeiten dieser Krise müssen Schwangerschaftskonfliktberatungen weiter angeboten werden können. Mit Blick auf die Ansteckungsgefahr müssen sie sicher für alle sein. Darum ist es wichtig, jetzt auch telefonische und Onlineberatungen anzubieten und flexible Beratungsangebote auszubauen. Viele Beratungsstellen haben dazu bereits gute Angebote erarbeitet. Wir begrüßen, dass fast alle Bundesländer diese Form der Beratung online oder telefonisch anerkennen. Der Bund muss darauf dr&# 228;ngen, dass dies in allen Bundesländern erfolgt und sich kein Land verweigert. Eine ortsgebundene Beratungspflicht in Krisenzeiten aufrechtzuerhalten, ist unverantwortlich. Jetzt ist die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gefragt, schnellstmöglich über Änderungen des Beratungsangebotsin verschiedenen Sprachen aufzuklären. Die Anonymität, der Datenschutz und die Vertraulichkeit von Beratungen und Schwangerschaftsabbrüchen dürfen nicht gefährdet werden.“

Dazu erklärt Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Gesundheitsförderung:

„Schwangerschaftsabbrüche dürfen nicht daran scheitern, dass die Kostenübernahme wegen Schließungen oder Engpässen in Krankenkassen nicht rechtzeitig gewährleistet wird. Schwangere, die auf die Kostenübernahmeangewiesen sind, müssen diese schnell bekommen, notfalls auch rückwirkend. Kliniken müssen sich darauf einstellen, auch ihre Kapazitäten für Schwangerschaftsabbrüche auszubauen. Ärztinnen und Ärzte müssen darin unter stützt werden, medikamentöse Schwangerschaftssabbrüche mittelemedizinischerBegleitung entsprechend der Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation anbieten zu können. Es ist gut möglich, dass die häusliche Isolation mehr ungewollte Schwangerschaften zur Folge hat. Die betroffenen Frauen brauchen Hilfe. Das Schlimmste wäre ein Rückfall zu in der Not selbst durchgeführten Abbrüchen ohne medizinischen Beistand. Wer das verhindern will, muss jetzt Vorkehrungen treffen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 26.03.2020

Die FDP-Fraktion fordert in einem Antrag (19/18221) eine umfassende Initiative, um das Online-Lernen von Schülern zu stärken. So solle vermieden werden, dass das derzeitige Schuljahr verloren ist, da zurzeit wegen des Coronavirus in ganz Deutschland die Schulen geschlossen sind. Nach Ansicht der Abgeordneten ist das Ende der Schulschließungen im Moment nicht absehbar. Im Zusammenwirken mit den Ländern soll deshalb sichergestellt werden, dass Teile der finanziellen Mittel des Digital-Pakts von den Ländern für entsprechende Online-Lösungen genutzt werden können und eine White-List (Positiv-Liste) qualitativ hochwertiger qualitätsgeprüfter Online-Anbieter zusammengestellt wird. Ferner soll sich die Bundesregierung bei den Ländern dafür einsetzen, dass diese mit entsprechenden qualitätsgeprüften Online-Anbietern Rahmenverträge abschließen, aus denen die Schulen unkompliziert die besten Angebote für sich auswählen können. Im Bedarfsfall soll mit den Ländern vereinbart werden, dass der Bund die Länder beim Erwerb von Lizenzen dieser Anbieter auch finanziell unterstützt und im Zusammenwirken mit qualitätsgeprüften Online-Anbietern und den Ländern umfassende Angebote für Lehrerweiterbildung, zum Beispiel in sogenannten Webinaren entwickelt und rasch zur Verfügung stellt. So sollen insbesondere auch bisher technikferne Lehrerinnen und Lehrer die digitalen Angebote schnellstmöglich nutzen und bedienen können.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 352 vom 01.04.2020

Aus ganz Deutschland melden Pflegeeinrichtungen einen eklatanten Mangel an Schutzkleidung. Schutzkleidung ist dringend notwendig zum Schutz der Mitarbeitenden und derjenigen, die gepflegt werden. Sie sind besonders verletzlich.

Wenn der Bedarf an Schutzkleidung nicht schnell gedeckt wird, drohen Schließungen ambulanter Dienste und Menschen bleiben zu Hause unversorgt. Betroffen sind aber nicht nur Pflegeeinrichtungen und –dienste. Auch Einrichtungen und Dienste, die Menschen mit Behinderungen betreuen, Rehabilitationseinrichtungen oder Einrichtungen der Suchthilfe, die z. B. im Rahmen der Substitutionstherapie Medikamente verabreichen müssen, haben vielerorts nicht mehr ausreichend Schutzkleidung. Wird diesem Mangel nicht schnell abgeholfen, droht diesen Einrichtungen die Schließung – mit dramatischen Folgen für deren Klient*innen.

Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes, erklärt dazu: „Wir fordern die Bunderegierung zum sofortigen Handeln auf: Es muss Material besorgt und von öffentlichen Stellen verteilt werden. Die Produktion muss gefördert und angekurbelt werden. Und wir brauchen für den Notfall gesicherte Handlungsempfehlungen von einer fachlich berufenen Stelle zum sachgerechten Mehrfachgebrauch von Einwegartikeln sowie zur Verwendung und Aufbereitung von Mehrwegmaterial! Wir dürfen die Mitarbeitenden in dieser Situation nicht alleine lassen und sie vor die Wahl stellen, Menschen nicht zu versorgen oder sich selbst in Gefahr zu bringen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 24.03.2020

Die Arbeiterwohlfahrt fordert mit Blick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie Maßnahmen zum Erhalt der sozialen Infrastruktur in Deutschland. Diese sei in der Krise massiv gefährdet und müsse im Interesse der ganzen Gesellschaft geschützt werden. Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, erklärt:

„Die Freie Wohlfahrtspflege garantiert hierzulande einen funktionierenden Sozialstaat. Sie betreibt vom Pflegeheim über die Beratungsstelle bis zur Kita Einrichtungen, die das Zusammenleben in unserer Gesellschaft überhaupt erst ermöglichen. Sie unterstützt und versorgt Hilfsbedürftige und bietet menschliche Zuwendung. Kurz: Sie sichert einen wichtigen Teil der Daseinsfürsorge, der nicht pausieren kann. In der derzeitigen Krise steht sie vor gewaltigen Herausforderungen: Sie soll die steigenden Bedarfe an ihren Diensten zuverlässig erfüllen, gerät aber durch den Wegfall von Einnahmen und Förderungen bereits jetzt an ihre wirtschaftlichen Grenzen. Als gemeinnützige Anbieter dürfen diese Träger praktisch keine Rücklagen bilden. Deshalb können die Ausfälle sehr schnell in Insolvenzen münden“, warnt Stadler.

Die Auswirkungen für den gesamten sozialen Sektor sind massiv: Ambulante Pflegedienste müssen den Dienst einstellen, weil die Schutzkleidung fehlt. Reha-, Kur- und Erholungseinrichtungen fürchten um ihre Existenz, weil sie den Betrieb einstellen müssen. Inklusionsbetriebe beispielsweise in der Gastronomie stehen vor dem Aus, weil sie keine Aufträge mehr erhalten. Absagen von Maßnahmen und Aktivitäten häufen sich (z.B. Schließungen durch das Gesundheitsamt, Ausbleiben von Teilnehmenden, Erkrankungen von Mitarbeitenden und Verantwortlichen).

Auch das Ehrenamt und die Freiwilligendienste sind stark betroffen. Zwar entwickeln sich überall neue ehrenamtliche Initiativen, die häufig digital gestützt sind. Aber derzeit kommt es zu Freistellungen von Freiwilligen und Ehrenamtlichen wegen Einrichtungsschließungen. Durch die Absage von Freiwilligenseminaren, Fortbildungen und Veranstaltungen entstehen den Trägern hohe Stornokosten und Ausfallgebühren. Bund, Länder und Kommunen werden aufgefordert, hier im Rahmen ihrer Förderzuständigkeit entsprechende Kosten zu übernehmen und das bürgerschaftliche Engagement unbürokratisch zu unterstützen.

Auf Einrichtungen und Dienste der Kinder und Jugendhilfe kommen zudem enorme zusätzliche Belastungen zu, die sich aus der aktuellen Situation ergeben. Kitas und Kindertagespflegestellen fehlen die Einnahmen aus Elternbeiträgen, bereits jetzt häufig bestehende Betreuungsengpässe werden sich verschärfen. Die Einrichtungen müssen aber nach der Krise in der Lage sein, nahtlos wieder ihre Arbeit aufzunehmen. Einzelfallfinanzierte ambulante und teilstationäre Leistungen der Jugendhilfe brechen weg, Heime stehen durch die massiv erhöhten 24/7-Betreuungspflichten vor Herausforderungen, auf die sie personell in keiner Weise vorbereitet sind, geschweige denn auf krankheitsbedingte Isolierungsmaßnahmen. Das gilt auch für Frauenhäuser. Familienbildungsstätten und Familienferienstätten sind existentiell durch ausfallende Kurse und Maßnahmen bedroht. Ähnliches gilt für Wohnangebote für behinderte Menschen, weil deren Bewohner tagsüber nicht mehr ihren Tätigkeiten in den Werkstätten nachgehen können.

Die Arbeiterwohlfahrt fordert deshalb Maßnahmen zum Erhalt der Sozialwirtschaft.

Stadler appelliert: „Die Politik muss jetzt schnell gemeinsam mit den betroffenen Verbänden Maßnahmen ergreifen, die ihre Arbeitsfähigkeit in der aktuellen Krise sichern und erhalten. Die Sozialwirtschaft braucht staatliche Hilfe – umgehend. Dazu gehört eine klare Erklärung der Bundes- und Landesbehörden, dass zugesagte Förderungen beibehalten werden, auch wenn derzeit keine oder nur eingeschränkte Leistungen erbracht werden können. Es braucht darüber hinaus zur zusätzlichen Absicherung rasche, unbürokratische finanzielle Unterstützung, die den Ausfall von Leistungsentgelten und erhöhte Ausgaben kompensiert.

Der Bedarf nach den Leistungen der Wohlfahrt wird wachsen. Die Menschen brauchen jetzt – und wenn wir die Krise rund um COVID-19 gemeinsam überstanden haben – verlässliche Anlaufstellen im Land, an die sie sich wenden können.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 20.03.2020

Der neuartige Corona-Virus Covid-19 ist vor Wochen in Deutschland angekommen. Die AWO begrüßt die von der Bundesregierung und den Ländern bisher getroffenen Maßnahmen und kontinuierliche Kommunikation. Der AWO Bundesverband mahnt aber mehr Aufmerksamkeit für Barrieren an, so Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes.

„Jeder Mensch ist in dieser Zeit auf laufende Informationen und Hinweise angewiesen. Diese klären auf und geben den Menschen damit Sicherheit im Alltag. Zudem beugen sie dem Entstehen von Angst und Panik vor. Deshalb macht die AWO darauf aufmerksam, dass bestehende Barrieren in der politischen und behördlichen Notfall-Kommunikationen kaum beachtet werden. Das verunsichert viele Menschen in Deutschland“, stellt Döcker fest. „Insbesondere Menschen mit Behinderungen, die auf Leichte Sprache, einfache Sprache oder Gebärdensprache angewiesen sind, sind derzeit von allgemeinen, aber insbesondere tagesaktuellen Informationen und Handlungsempfehlungen abgeschnitten. Auch Menschen, deren Deutschkenntnisse noch nicht ausreichend sind, sind angewiesen auf einfache und verständliche Informationen.“ Um dieser globalen Krise lokal effektiv präventiv zu begegnen, müssen alle Menschen mit ausreichenden und notwendigen Informationen versorgt werden. Wir dürfen niemanden vergessen“, mahnt Brigitte Döcker.

Die AWO fordert daher, dass ab sofort Barrierefreiheit und Mehrsprachigkeit in allen öffentlich-rechtlichen Kommunikationsformaten zu beachten ist.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 19.03.2020

Bund, Länder und Kommunen verstärken täglich ihre Maßnahmen, um die Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus zu verlangsamen. Dennoch erkranken derzeit immer mehr Menschen. In dieser Situation erklärt Wolfgang Stadler, Bundesvorstandsvorsitzender der AWO:

„Die Corona-Pandemie stellt unsere Gesellschaft vor ungeahnte Herausforderungen. Es zeigt sich: nur eine solidarische Gesellschaft kann eine solche Krise meistern. Wir beobachten bisher einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt. Viele Menschen sind bemüht, zu helfen. Wir rufen dazu auf, vor allem diejenigen zu unterstützen, die in Quarantäne sind, und die Hilfen in der unmittelbaren Nachbarschaft zu stärken. Die Menschen sollten kleine Hilfe-Tandems bilden, statt vielen zu helfen, damit sie nicht im Ernstfall selbst unbeabsichtigt zur Verbreitung des Virus beitragen.“

Der Verband bestärkte außerdem die Aufrufe, soziale Kontakte möglichst zu reduzieren: „Es geht nicht darum, ob man selbst Angst vor einer Infektion hat oder nicht, sondern dass man mit Verhalten, das zur Ausbreitung des Virus beiträgt, auch die Verantwortung trägt für hunderte bis tausende Menschen, die schwer erkranken werden und ggf. nicht mehr ausreichend versorgt werden können. Infektionsschutz ist keine Frage von Angst, sondern von Solidarität!“

Stadler betonte, es brauche jetzt vor allem zweierlei: Solidarität und Besonnenheit, um diejenigen zu entlasten, die erkrankt oder in Berufen tätig seien, die nicht entbehrlich sind.

„In dieser schwierigen Zeit sind es Menschen in der Pflege, im Einzelhandel und der Kinderbetreuung, die unsere Gesellschaft zusammenhalten“, so Stadler, „Sie bringen sich selbst in Gefahr, um uns allen einen Dienst zu erweisen. Dafür sagen wir Danke. Am Ende der Pandemie müssen wir uns daran erinnern, wer als „systemrelevant“ gilt – und diese Berufe endlich angemessen honorieren.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 18.03.2020

Anlässlich des Tags der älteren Generation am 1. April fordert die BAGSO die Politik auf, bei der Bekämpfung der Folgen der Corona-Epidemie die Anstrengungen zum Schutz älterer Menschen zu Hause, in der ambulanten Pflege und in Pflegeeinrichtungen zu verstärken. Die bekannt gewordenen Infektionsfälle mit vielen Todesfällen in Pflegeheimen zeigen, dass auch die Altenpflege nur unzureichend auf die Epidemie vorbereitet ist. Die derzeitige Ausnahmesituation stellt die Gesellschaft vor Fragen von hoher ethischer Relevanz. Dies betrifft den Umgang mit begrenzten Ressourcen wie Schutzausrüstung und Beatmungsgeräten ebenso wie die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen zur Reduzierung sozialer Kontakte in Pflegeheimen.

Überall wo Menschen pflegerisch versorgt werden, braucht es dringend und in ausreichendem Umfang Atemschutzmasken und Schutzkleidung. In der häuslichen Pflege geht es zudem um die Sicherstellung der Versorgung. Für osteuropäische Pflegekräfte müssen in bilateralen Gesprächen Lösungen gefunden werden, die ihnen Reisefreiheit garantieren. Pflegende Angehörige müssen schnell und unbürokratisch unterstützt werden.

Die BAGSO hält es für richtig und wichtig, dass die in Deutschland erst vor einer Woche in Kraft getretenen Regelungen zur Einschränkung physischer Kontakte bis auf Weiteres unverändert gelten. Ein besonderes Augenmerk muss aber auf die Situation allein lebender älterer Menschen sowie auf die Situation in Alten- und Pflegeheimen gelegt werden. Für allein lebende Menschen braucht es überall lokale „Anrufstationen“ und die Betroffenen müssen davon erfahren. Die Einschränkungen persönlicher Kontakte zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern in Pflegeeinrichtungen und mit ihren Angehörigen bergen selbst gesundheitliche Risiken und müssen so bald wie möglich durch mildere Maßnahmen wie besondere Hygienevorkehrungen ersetzt werden.

Stellungnahme "Menschen in der Pflege nicht allein lassen!"

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. vom 31.03.2020

Die Präsidenten der Caritas und Diakonie haben heute gemeinsam die enormen Herausforderungen unterstrichen, vor denen die Träger der sozialen Infrastruktur in Deutschland angesichts der aktuellen Coronakrise jetzt stehen. Auf der einen Seite sollen soziale Kontakte so weit wie möglich reduziert werden, gleichzeitig sollen Caritas und Diakonie ihrem Auftrag und Selbstverständnis gemäß "nah bei den Nächsten" sein. Das ähnelt der Quadratur des Kreises. Die Träger und Einrichtungen der Caritas und der Diakonie suchen auf allen Ebenen kreativ nach Lösungen, um die Arbeit aufrecht zu erhalten. In Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Jugendhilfe, in der Wohnungslosen- und in der Behindertenarbeit – überall sind Mitarbeitende bereit, täglich trotz der Infektionsgefahr ihre Arbeit zu tun. Gleichzeitig bringen die Refinanzierungsbedingungen in der sozialen Arbeit und im Gesundheits- und Pflegebereich nicht wenige Dienste jetzt schon an den Rand einer Insolvenz.

Caritas und Diakonie fordern deshalb gemeinsam, dass die Hilfsmaßnahmen, die die Bundesregierung zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise beschließt, die soziale Arbeit der gemeinnützigen Träger berücksichtigen, damit diese weiterhin hilfsbedürftigen Menschen versorgen und begleiten können – jetzt und auch nach der Krise.

Dienste brauchen ausreichende wirtschaftliche Sicherheit

"Um unsere Arbeit für die Menschen, die auf Unterstützung und Hilfe angewiesen sind, als Einrichtungen der sozialen Infrastruktur leisten zu können, und das auch über die aktuelle Krise hinaus, brauchen wir ein ausreichendes Maß an wirtschaftlicher Sicherheit für unsere Dienste und Einrichtungen", so Caritas- Präsident Peter Neher. "Dies ist aktuell und trotz vieler richtiger und wichtiger Schritte seitens der Politik noch nicht in ausreichendem Maße gegeben."

Aktuell sind viele Augen besonders auf die Einrichtungen des Gesundheitswesens und der stationären Altenpflege gerichtet. Das Netz sozialer Dienste, das die Wohlfahrtspflege vorhält, geht aber weit darüber hinaus. Betroffen sind zum Beispiel in vielen Bundesländern Tagespflegeeinrichtungen, Werkstätten für Menschen mit Behinderung, auch Beratungsstellen und Weiterbildungsakademien.

Ambulante Dienste – nicht nur in der Pflege – können aufgrund fehlender Schutzausrüstung ihre Leistungen nicht mehr erbringen; auch Reha-, Kur- und Erholungseinrichtungen müssen ihren Betrieb reduzieren oder gar einstellen. Die Liste ließe sich ergänzen.

Große Verantwortung der Wohlfahrtspflege

"Der sozialen Wohlfahrt in Deutschland droht wegen der Corona-Krise ein schwerer struktureller Schaden, den wir unbedingt vermeiden müssen. Die für das Funktionieren unseres Sozialsystems relevanten Einrichtungen von den Beratungsstellen bis zu den Kitas müssen deshalb mit unter den Rettungsschirm genommen werden. Dazu muss die Politik im Gespräch mit den Wohlfahrtsverbänden jetzt wirkungsvolle Instrumente entwickeln und diese schnell umsetzen", sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie.

Beide Präsidenten appellieren deshalb: "Mehr denn je brauchen jetzt viele Menschen unsere Hilfe. Die Wohlfahrtspflege ist sich dieser Verantwortung bewusst und erwartet das gleiche von der Politik, die bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen darauf achten muss, die Arbeitsfähigkeit des Sozialwesens zu erhalten. Wir wollen und werden in unseren Einrichtungen alles dafür tun, dass wir diese Herausforderung gemeinsam so meistern, dass auch die besonders Schutzbedürftigen keinen Schaden nehmen."

Wichtig ist in dieser Zeit auch, die Notbetreuung der Kinder für all unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den sozialen Diensten unbürokratisch und unabhängig vom Beruf des Partners oder der Partnerin möglich zu machen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. und Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 18.03.2020

Der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt, die Diakonie Bayern und weitere kirchliche wie gewerkschaftliche Akteur*innen haben eine Online-Petition für eine 100-€-Soforthilfe für Arme wegen der Corona-Krise gestartet.

Die Petition ist hier zu finden: Petition 100 Euro

Die fachlichen Hintergründe dieser Petition werden im folgenden Podcast näher erläutert: https://www.diakonie-bayern.de/medien-publikationen-downloads/mika-der-podcast.html

Wir freuen uns über aktive Unterstützung, eine weite Verbreitung und viele Unterschriften!

Informationsangebote der Diakonie zur Corona-Krise finden Sie hier: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 01.04.2020

Wir alle befinden uns momentan im beruflichen und familiären Ausnahmezustand. Jede und jeder sieht sich konfrontiert mit den unterschiedlichsten Herausforderungen.

Ganz nach dem Motto „Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen“ sind innerhalb kürzester Zeit tolle Ideen und Projekte entstanden, von denen sich Fachkräfte und Familien inspirieren lassen können. Ab sofort sammeln wir Empfehlungen und kreative Fundstücke und stellen diese auf unserer Website zur Verfügung:

>>> https://www.eaf-bund.de/de/informationen/coronavirus_und_familienalltag

Wir rufen hiermit auf, die Sammlung zahlreich zu teilen. Besondere Fundstücke werden wir auch bei Facebook teilen und sind dankbar für jede Unterstützung (in Form von Teilen und/oder Likes).

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 24.03.2020

Angesichts der Corona-Pandemie fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband sofortige und umfassende Finanzhilfen für gemeinnützige Einrichtungen und Anbieter sozialer Dienstleistungen. Der Verband warnt davor, dass in relativ kurzer Zeit eine Welle von Insolvenzen den gemeinnützigen Sektor erfassen könnte, wenn nicht frühzeitig staatliche Hilfen gewährt werden.

Der Verband weist darauf hin, dass gemeinnützige Träger anders als kommerzielle Anbieter kaum Risikorücklagen bilden dürfen. „Alles, was hereinkommt, muss auch wieder für den guten Zweck ausgegeben werden. Auf möglicherweise längere Schließungen oder Ausfallzeiten können gemeinnützige Einrichtungen strukturell nicht vorbereitet sein. Kredite sind daher in vielen Fällen kein geeignetes Instrument zur Unterstützung, da sie letztlich zu einer Überschuldung und damit ebenfalls zum Konkurs der Einrichtungen führen können“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Betroffen sei das gesamte Spektrum sozialer Arbeit: Werkstätten für Menschen mit Behinderung, die nicht mehr arbeiten dürfen, Kindergärten, die geschlossen bleiben, Beratungsstellen aller Art, Rehabilitationseinrichtungen wie etwa Kur- und Erholungseinrichtungen bis hin zu Jugendzentren, Altenclubs, Begegnungsstätten und sogar Pflegeeinrichtungen.

Der Paritätische fordert, dass grundsätzlich die öffentliche Finanzierung für die Einrichtungen und Dienste in den nächsten Wochen weiterlaufen muss, unabhängig von Ausfällen oder temporären Schließungen. „Wenn jetzt nicht gegengesteuert wird, wird gewachsene soziale Infrastruktur zerstört. Dann könnte in einem Monat vielleicht der Coronavirus weg sein, aber mit ihm gleich auch der Kindergarten oder die Behinderteneinrichtung“, warnt Schneider. Es gehe um die Aufrechterhaltung der sozialen Daseinsvorsorge. „Wir brauchen jetzt mutige und wirksame politische Entscheidungen im Bund und in den Ländern.“

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 18.03.2020

Kita- und Schulschließungen in der Coronakrise sind für Alleinerziehende existenzbedrohend. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) fordert deshalb in einer Petition schnelle Maßnahmen von der Politik, von denen auch berufstätige Alleinerziehende profitieren.

„Keine Kinderbetreuung zu haben, ist für Alleinerziehende ein Notfall", erklärt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des VAMV. „Auch die Großeltern fallen in der Regel aus, da sie zu den Risikogruppengehören. Anders als Paarfamilien können Alleinerziehende nicht zuzweit jonglieren, um fehlende Betreuung auszugleichen. Niemand weiß, wie lange diese Ausnahmesituation anhält – Urlaub zu nehmen ist deshalb keine Lösung. Dieser ist sowieso schon kürzer als die regulären Ferien der Kinder. So manche Alleinerziehende treibt nicht nur die Sorge um die Gesundheit um, sondern auch Existenzängste. Denn für unbezahlte Freistellungen fehlt vielen der Sparstrumpf."

Alleinerziehende brauchen deshalb schnell Gewissheit darüber, wie sie ihre Betreuungsprobleme kurz- und mittelfristig in der gegenwärtigen Situation lösen können.    

„Wir fordern, die Notfallbetreuungen für Alleinerziehende unabhängig von ihrem Beruf zu öffnen", so Jaspers. „Arbeitgeber rufen wir dazu auf, Alleinerziehende bezahlt frei zu stellen, wenn es keine andere Möglichkeit der Kinderbetreuung gibt. Wir regen hierfür staatliche Hilfen für kleine Betriebe an verbunden mit der Verpflichtung, Eltern in Not durch bezahlte Freistellungen zu helfen."

Die Petition des VAMV-Bundesverbandes kann unter diesem Link gezeichnet werden: https://weact.campact.de/petitions/berufstatigealleinerziehende-in-der-corona-krise-nicht-vergessen

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. vom 18.03.2020

SCHWERPUNKT III: Internationaler Tag gegen Rassismus

Anlässlich des Welttags gegen Rassismus am 21. März erklärt Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte:

"Das Institut begrüßt die Einsetzung des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus. Die hochrangige Zusammensetzung des Gremiums unter dem Vorsitz der Bundeskanzlerin ist ein außerordentlich wichtiges Zeichen für die von Rassismus betroffenen Menschen in Deutschland.

Nach den rassistischen und antisemitischen Anschlägen in Halle und Hanau und nach der Aufdeckung rechtsextremer und rechtsterroristischer Gruppierungen und Netzwerke, in die auch Beamte aus Sicherheitsbehörden involviert sind, stellen Betroffene von Rassismus und Antisemitismus zu Recht mit hoher Dringlichkeit die Frage, ob sie in Deutschland ausreichend vor Gewalt, Übergriffen und Hetze geschützt werden.

Der Kabinettsausschuss sollte jetzt einen flächendeckenden Struktur- und Mentalitätswandel in Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden sowie in der Justiz initiieren. Behörden sollten zur Transparenz und zur Reflektion der eigenen Praxis unter Einbeziehung der Perspektive betroffener Menschen verpflichtet werden.

Die Regierungen von Bund und Ländern sollten rasch Maßnahmen ergreifen, die die Sicherheitsbehörden in die Lage versetzen, Bedrohungslagen durch rassistische und rechtsextreme Gewalt angemessen einzuschätzen. Rassistische, antisemitische und rechtsextreme Taten müssen konsequent ermittelt und verfolgt werden. Nur so können Menschen, die von Rassismus betroffen sind, das Vertrauen in Polizei und Justiz zurückgewinnen.

Zudem sollte ein Monitoring etabliert werden, das heißt, ein Verfahren zur fortlaufenden Überprüfung der Umsetzung und Wirksamkeit der politischen Maßnahmen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus und zur Prävention. Der Sachverstand wissenschaftlicher und zivilgesellschaftlicher Institutionen und Selbstorganisationen, insbesondere die Expertise der von Rassismus betroffenen Menschen, ist hierbei unabdingbar und sollte systematisch einbezogen werden.

Über die Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt und zum Schutz der Betroffenen und die Forderungen der migrantischen Organisationen und Selbstorganisationen der von Rassismus betroffenen Menschen braucht es eine eingehende politische Debatte. Und es braucht die dauerhafte und wirkungsvolle Einbeziehung ihrer Vertretungen in Beratungs- und Entscheidungsgremien.

Der Ausgangspunkt aller politischen Maßnahmen gegen rassistische, antisemitische und rechtsextreme Gewalt muss Solidarität mit den betroffenen Menschen und ein klares Bekenntnis zu einer vielfältigen Gesellschaft sein."

Weitere Informationen

Stellungnahme (19. März 2020): Nach den Morden in Hanau. Menschenrechtliche Verpflichtungen zum Schutz vor und zur effektiven Strafverfolgung von rassistischer und rechtsextremer Gewalt umsetzen. Berlin: Deutsches Institut für Menschenrechte.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Menschenrechte vom 20.03.2020

Am heutigen Internationalen Tag gegen Rassismus mahnt die Arbeiterwohlfahrt, rechte Hetze und Gewalt deutlich zu ächten. Vorstandsmitglied Brigitte Döcker erklärt dazu:

„Auch wenn es sich surreal anfühlt: Der grauenhafte rechtsterroristische Anschlag in Hanau ist erst einen Monat her. Solidarität mit Betroffenen und klare Ächtung rechter Hetze sind immer noch zwingend nötig, um unsere vielfältige, offene Gesellschaft und alle Menschen in ihr zu schützen. Zwar können wir im Moment nicht alle zusammen im öffentlichen Raum ein Zeichen für Vielfalt und gegen Rassismus setzen – aber online ist das möglich!"

Zum Schutz der Bevölkerung hat der AWO Bundesverband alle geplanten Veranstaltungen von „AWO gegen Rassismus – AWO für Vielfalt“ abgesagt. Er ruft stattdessen dazu auf, Solidarität zu zeigen, ohne die wichtige soziale Distanz zu unterschreiten: Online mit Fotos und Statements unterstützt er unter dem Motto #AwoGegenRassismus das ad-hoc-Bündnis #ZusammenGegenRassismus.

„Für die Menschen, denen Rassismus entgegenschlägt, ist ereine massive existenzielle Bedrohung und erweckt Angst und Schrecken. Dem muss unsere gesamte Gesellschaft entgegentreten. Rassistische Einstellungen, Gewalt und Hetze sind mit demokratischen Grundwerten wie Toleranz und Achtung der Menschenwürde unvereinbar, aber zunehmend Alltag. Das zeigte sich auf erschütternde Art in den rechtsterroristischen Anschlägen in Hanau und Halle. Es beginnt aber schon viel früher bei rassistischer Diskriminierung im täglichen Leben. Die Versuche der Hetzer am rechten Rand, Gewalt und Ausgrenzung gegen bestimmte Menschengruppen zu normalisieren, dürfen auf keinen Fall unwidersprochen bleiben – ob im Bundestag, in der Stammkneipe oder im Netz.“

Die Arbeiterwohlfahrt schult deshalb Mitarbeitende und Ehrenamtliche im Umgang mit Rechtspopulismus und -extremismus. So hat der Bundesverband unter Anderem eine Handreichung für die Soziale Arbeit erarbeitet und bietet Trainings an, bei deren Entwicklung durch die Ludwig-Maximilians-Universität München die AWO mitgewirkt hat.

AWO gegen Rassismus – AWO für Vielfalt!

Gemeinsam mit vielen Organisationen, Initiativen und Einrichtungen engagiert sich die AWO im Rahmen der Internationalen Aktionswochen vom 16. März bis 29. März 2020 gegen Rassismus. Diesjähriges Motto ist „Gesicht zeigen – Stimme erheben“.

Alle Informationen und Materialien zur Kampagne

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 21.03.2020

Weltweit werden Menschen diskriminiert wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft, Kultur oder Religion. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind noch immer ein drängendes Problem. Daran erinnert der 21. März als "Internationaler Tag zur Beseitigung der Rassendiskriminierung".

Dazu erklärt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: „Nicht erst nach den rechtsterroristischen Anschlägen in Halle und Hanau und bei der derzeitigen unerträglichen humanitären Situation an den europäischen Außengrenzen muss unsere Botschaft sein: Keinen Millimeter dem Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit. Bei allen öffentlichen Debatten, ob im deutschen Bundestag oder den Landesparlamenten, bei jeglichen Veranstaltungen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft dürfen wir keine Form von Verächtlichmachen oder Verunglimpfung der Demokratie und Menschlichkeit tolerieren. Wer Hass auf andere schürt, der muss auf Unverständnis aller anderen treffen in einem Land wie Deutschland, in dem ein Viertel der Menschen einen Migrationshintergrund haben. Auch im Internet darf es keine rechtsfreien Räume geben, wo Menschenrechte missachtet werden.

Die Diakonie setzt sich mit zahlreichen Projekten, engagierten Mitarbeitenden und Freiwilligen täglich für eine offene, vielfältige und solidarische Gesellschaft ein. Rassismus und Hass dürfen nicht unwidersprochen bleiben. Daher qualifizieren wir Mitarbeitende und freiwillig Engagierte, damit sie selbstbewusst gegen Rassismus und für eine Gesellschaft in Vielfalt eintreten können.“

Als Kompetenzstelle zum Umgang mit Rechtspopulismus und zur Förderung einer vielfältigen Gesellschaft bietet die Diakonie Deutschland Beratung und Qualifizierung für ihre Mitgliedstrukturen und erarbeitet didaktische Materialien. In den Projekten im Zentrum Engagement, Demokratie und Zivilgesellschaft wurden seit 2018 In-House-Seminaren rund 300 Leitungskräfte geschult, 35 Fachkräfte der sozialen Arbeit als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren qualifiziert sowie bei zahlreichen Vorträgen und Fachtagungen mehr als 2.000 Interessierte erreicht.

Mehr Informationen zu unserem Modellprojekt gegen Rechtspopulismus

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 20.03.2020

Am 21. März wird weltweit der Opfer rassistischer Gewalt gedacht und gegen jede Form rassistischer Diskriminierung protestiert und mobilisiert. 1966 wurde dieser Tag von den Vereinten Nationen als „Internationaler Tag gegen Rassismus“ ausgerufen.

Auch wenn die Herausforderungen durch Covid-19 gerade die Aufmerksamkeit beanspruchen: Am 21. März sollte dennoch an die gemeinsame Verantwortung Aller, die Menschenrechte zu schützen, erinnert werden. "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Das gilt besonders in Zeiten von Krisen.

So werden zurzeit als „asiatisch“ gelesene Menschen ausgegrenzt, durften in einige Länder nicht einreisen, auch wenn sie nie in China gelebt haben. Studierende wurden nicht zu Prüfungen zugelassen. Rassismus wirkt auf allen gesellschaftlichen Ebenen und basiert auf einer Praxis der Ungleichheit. Rassismus zeigt sich in verletzenden Bemerkungen und damit in der Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen, denen bestimmte Merkmale zugeschrieben werden. Diese Praxis der Ungleichheit ist die Grundlage der Zunahme rassistischer Sprache im öffentlichen Raum, derer sich nationalistische Populisten und Akteur*innen der neuen Rechten seit einigen Jahren völlig ungeniert und offen bedienen, und ebenso die Grundlage der Zunahme rassistischer Gewalttaten. Hanau kam nicht von ungefähr. Rassismus ist ein strukturelles Problem.

Rassistische Diskriminierungsmerkmale sind variabel und können sich auf Aussehen, Herkunft, Kultur, Religion oder andere soziale Kategorien beziehen. Die Absicht dahinter ist immer Ausgrenzung und diese Praxis der Ungleichheit betrifft die ganze Gesellschaft. Denn welches zufällige Merkmal zu Diskriminierung und Ausgrenzung führt ist jederzeit veränderbar. Und es kann jede*n treffen. Rassismus geht uns alle an.

Dieser Gedanke muss immer handlungsleitend sein, denn er kann in Krisenzeiten unter Druck geraten. Fangen wir an, unsere diverse Gesellschaft inklusiv für Alle zu denken und zu gestalten. Politik muss dafür die Rahmenbedingungen schaffen und zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützen.

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V. vom 21.03.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

„Obwohl die Zahlen der Elterngeldempfänger steigen, gibt es immer noch Stellschrauben, an denen gedreht werden kann, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf voranzubringen. Wir brauchen endlich ein Elterngeld, das es auch für Männer normal macht, längere Zeit aus dem Beruf auszusteigen, denn sie beziehen durchschnittlich nur 2,9 Monate Elterngeld”, sagt Katrin Werner, familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die aktuellen Zahlen zum Elterngeld. Werner weiter:

„Daher fordern wir jeweils zwölf Monate Elterngeld für beide Elternteile, die nicht auf den anderen Elternteil übertragbar sind. Für Alleinerziehende entsprechend 24 Monate. Darüber hinaus muss das Elterngeld für Familien mit geringen oder ohne Einkommen erhöht werden. Der Mindestbetrag wurde seit 2007 nicht mehr angehoben.”

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 19.03.2020

Ob die Bundesregierung plant, einen Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen, der einen Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Kindesmutter nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vorsieht, will die FDP-Fraktion wissen. Hintergrund ihrer Kleinen Anfrage (19/18069) ist, dass die Bundesregierung im August 2016 einen Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Scheinvaterregresses vorgelegt hat (18/10343), der aber keinen Auskunftsanspruch zu Gunsten eines Scheinvaters enthielt. Diesen Umstand hätten bereits die Justizministerinnen und Justizminister der Länder auf der Frühjahrskonferenz am 5. und 6. Juni 2019 für äußerst unbefriedigend gehalten und eine entsprechende Änderung angemahnt. Die Abgeordneten fragen, warum der Gesetzentwurf nicht in den Bundestag eingebracht wurde, wie ein Auskunftsanspruch ausgestaltet werden soll, der das Persönlichkeitsrecht der Mutter wahrt, und inwieweit der Gesetzentwurf bei der Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 472/14) als Grundlage dienen soll.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr.343 vom 30.03.2020

Die Gleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften ist Thema einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion (19/17653). Unter anderem wird danach gefragt, welche fiskalischen Auswirkungen aufgrund der im Jahr 2019 geschaffenen Möglichkeit zur rückwirkenden gemeinsamen Veranlagung gleichgeschlechtlicher Ehepaare entstehen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 316 vom 23.03.2020

ForscherInnen des DIW Berlin untersuchen Unterschiede in der Kita-Nutzung unter Dreijähriger und deren Gründe nach Bildungsgrad der Mutter und Migrationshintergrund beider Eltern – Kinder von Müttern ohne Abitur oder mit Migrationshintergrund beider Eltern gehen seltener zur Kita – Gute-KiTa-Gesetz will Teilhabe im Kita-Bereich verbessern – Schaffung zusätzlicher Kita-Plätze hilft, aber auch zielgruppenspezifische Maßnahmen wie geringere Kosten und mehrsprachige ErzieherInnen sind wichtig

Seit einigen Jahren nimmt der Anteil von Kindern unter drei Jahren in Kitas beständig zu. Wird näher betrachtet, wer die Kita-Plätze in Anspruch nimmt, zeigen sich erhebliche Unterschiede: Kinder von Müttern ohne Abitur besuchen seltener eine Kita als diejenigen, die eine Mutter mit höherem Bildungsgrad haben. Das gleiche gilt für unter Dreijährige mit Migrationshintergrund beider Eltern. Sie werden seltener in einer Kindertagesstätte betreut als Kinder, von denen höchstens ein Elternteil einen Migrationshintergrund hat.

Kinder aus unterrepräsentierten Gruppen sollten mehr von früher Bildung in Kitas profitieren

Ein Ziel des im vergangenen Jahr von der Bundesregierung verabschiedeten Gute-KiTa-Gesetzes ist, die Teilhabe aller gesellschaftlichen Gruppen in der Kindertagesbetreuung zu verbessern, um so die frühkindliche Bildung zu fördern. Ob diese Strategie aufgeht, kann unter anderem anhand der unterschiedlichen Kita-Nutzungsquoten von Kindern unter drei Jahren nach Bildung der Mutter und Migrationshintergrund der Eltern abgelesen werden.

Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) beleuchtet eben diese Unterschiede der Kita-Nutzung bei unter Dreijährigen (U3) und die Gründe dafür. Die DIW-ÖkonomInnen C. Katharina Spieß, Jonas Jessen und Sevrin Waights analysieren, wie insbesondere Kinder aus bislang unterrepräsentierten Gruppen mehr von früher Betreuung und Bildung in Kitas profitieren könnten. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Schaffung weiterer Kita-Plätze zwar Abhilfe schaffen würde, aber noch weitere zielgerichtete Maßnahmen notwendig sind. Die Untersuchung basiert auf der Kinderbetreuungsstudie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) der Jahre 2012 bis 2016.

„Die Kita-Nutzung von Kindern im ersten Lebensjahr ist bei allen untersuchten Gruppen in etwa gleich gering“, sagt Studienautor Jessen. „Wenn ab dem zweiten Lebensjahr mehr Kinder in Kitas gehen, ändert sich dies fundamental: In den Kitas sind Kinder mit höher gebildeten Müttern über- und Kinder, deren Eltern beide einen Migrationshintergrund haben, unterrepräsentiert.“ So unterscheidet sich die Kita-Nutzungsquote nach dem Bildungsabschluss der Mutter über die Jahre um durchschnittlich 14 Prozentpunkte. 38 Prozent der Kinder von Müttern mit Abitur besuchen eine Kita, in der anderen Gruppe sind es lediglich 24 Prozent. Bei Kindern mit Migrationshintergrund beider Eltern und ihrer Vergleichsgruppe beträgt der Abstand im Mittel der Jahre zwölf Prozentpunkte.

Eine Ursache für die Nutzungsunterschiede ist, dass Mütter ohne Abitur seltener eine Kita-Betreuung wünschen als ihre Vergleichsgruppen. Bemerkenswert ist, dass sich Eltern mit Migrationshintergrund im gleichen Maß wie andere Eltern eine Betreuung in einer Kita wünschen. Eltern, die beide einen Migrationshintergrund haben und deren Kinder noch keine Kita nutzen, erhoffen sich einfachere Anmeldeformalitäten. Eine zu große Entfernung zur Einrichtung hält zudem einige von ihnen von einer Kita-Betreuung ab. Sie würden sich insbesondere auch mehrsprachige ErzieherInnen und mehr Rücksicht auf Kultur und Religion wünschen.

Wenn regional nicht ausreichend Kita-Plätze vorhanden sind, haben der Untersuchung zufolge oft Mütter mit einem niedrigeren Schulabschluss das Nachsehen: Konkurrieren sie mit Müttern mit Abitur um einen Kita-Platz, gehen sie eher leer aus. Bei Kindern mit Migrationshintergrund scheint der Aspekt des Wettbewerbs um Betreuungsplätze zwar auch eine Rolle zu spielen, aber hier sind zudem andere Faktoren sehr wichtig.

Allein die Schaffung weiterer Kita-Plätze reicht nicht aus

Insgesamt legt die Studie nahe, dass nach wie vor gerade Kinder aus sozial schlechter gestellten Familien mit geringerer Wahrscheinlichkeit eine Kita nutzen als beispielsweise diejenigen aus einem bildungsstärkeren Umfeld. Hier setzen die Empfehlungen der StudienautorInnen an: So sollten nicht nur generell mehr Betreuungsmöglichkeiten geschaffen werden. Wichtig ist auch, mehr auf die Bedürfnisse der in Kitas unterrepräsentierten Gruppen einzugehen, um die Unterschiede in der Kita-Nutzung zu verringern.

„Ein weiterer Ausbau der Kita-Plätze für den U3-Bereich kann dabei helfen, Unterschiede zu verringern, aber es sind auch weitere zielgruppenspezifische Maßnahmen erforderlich“, sagt C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin. Für Mütter ohne Abitur wären etwa Informationen über die Bedeutung der Kita-Betreuung denkbar. Auch bessere Betreuungszeiten, geringere Kosten für bestimmte Gruppen und eine leichtere Anmeldung könnten zu einer größeren Teilhabe ihrer Kinder führen. Darüber hinaus dürften mehrsprachige ErzieherInnen dafür sorgen, dass mehr Kinder mit einem Migrationshintergrund beider Eltern die Kindertagesbetreuung besuchen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 01.04.2020

Forscherinnen von DIW Berlin und Wirtschaftsuniversität Wien analysieren Befragungsdaten von Wiener Schülerinnen und Schülern – Befragte 12- bis 14-Jährige haben bereits ausgeprägte geschlechterstereotype Denkweisen in Bezug auf Technik, bei Mädchen gehen diese mit geringerem Interesse an Technik einher – Großes Potential, mehr Frauen für MINT-Berufe zu interessieren

Frauen sind in Berufen des MINT-Bereichs – also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Wie eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien) zeigt, ist das Interesse an Technik und an einem Beruf in diesem Bereich schon unter 12- bis 14-jährigen Schülerinnen und Schülern äußerst unterschiedlich ausgeprägt. Und dies wiederum hat auch mit Geschlechterstereotypen zu tun. Wie die Analyse eines Berufsorientierungsworkshops zeigt, können geschlechterstereotype Denkweisen jedoch reduziert werden: Bereits nach einem halbtägigen Workshop, in dem die Schülerinnen und Schüler insbesondere mit weiblichen Rollenvorbildern, also im MINT-Bereich tätigen Frauen und Studentinnen, konfrontiert werden, zeigen sich entsprechende Effekte – und zwar noch mehrere Wochen nach der Befragung.

Die Studie basiert auf einer Befragung von rund 250 Schülerinnen und Schülern im Alter von 12 bis 14 Jahren an Wiener Schulen. Da die geschlechterspezifischen Unterschiede in Ausbildungswegen und Berufswünschen in Deutschland und Österreich eine ähnliche Größenordnung haben, können die Ergebnisse auf Deutschland übertragen werden. So ist beispielsweise speziell im MINT-Bereich der Frauenanteil unter den Studierenden mit rund einem Drittel in etwa vergleichbar.

Jungen interessieren sich deutlich häufiger für einen MINT-Beruf als Mädchen

In ihrer Untersuchung haben Julia Schmieder aus der Forschungsgruppe Gender Economics des DIW Berlin sowie Simone Häckl und Katharina Drescher von der WU Wien eine Reihe von Faktoren unter die Lupe genommen, die das Interesse an einem MINT-Beruf potentiell beeinflussen. Von den Befragten können sich 38 Prozent der Schüler sehr gut vorstellen, später einen technischen Beruf auszuüben. Unter den Schülerinnen sind es nur fünf Prozent. Eine Rolle spielt dabei, wie Jungen und Mädchen ihre eigenen MINT-Fähigkeiten einschätzen. Es zeigt sich, dass Schülerinnen diese vor allem in Relation zu anderen Fähigkeiten signifikant geringer einschätzen als Schüler. Ein über die Befragung hinausgehendes Experiment bestätigt, dass Mädchen ihre Leistung zudem tendenziell niedriger einschätzen, als sie in Wahrheit ist.

„Dass Mädchen ihre Leistungen unterschätzen, deutet auf ein geringeres Selbstvertrauen im Vergleich zu Jungen hin“, sagt Studienautorin Häckl. „Und das wiederum kann Geschlechterunterschiede auf dem Arbeitsmarkt mit erklären, wenn Frauen weniger Vertrauen in sich haben und deshalb beispielsweise den Wettbewerb mit Männern in gewissen Situationen meiden.“

Geschlechterstereotype Denkweisen sollten auch bei Eltern in Blick genommen werden

Geschlechterstereotype Denkweisen können dazu führen, dass Mädchen weniger mit MINT-Themen in Berührung kommen als Jungen. So zeigt sich beispielsweise, dass Schülerinnen in der Familie weitaus seltener mit technischen Themen konfrontiert werden als Jungen. Auf die Frage, ob ihre Eltern mit ihnen über Technik sprechen, antworteten 41 Prozent der Schüler und nur 21 Prozent der Schülerinnen, dass dies der Fall sei. Auch die Zustimmung zur Aussage „Jungen interessieren sich mehr für Technik als Mädchen“ von 52 Prozent unter Schülerinnen und 68 Prozent unter Schülern deutet auf Geschlechterstereotype hin. „Und diese vorhandenen geschlechterstereotypen Denkweisen gehen mit einem geringeren Interesse an Technik aufseiten der Mädchen einher“, erklärt Drescher.

Doch das Potential, stereotype Denkweisen zu ändern, scheint groß: Bereits ein halbtägiger von der Wirtschaftsagentur Wien veranstalteter Workshop, in dem Schülerinnen und Schüler mit insbesondere weiblichen Rollenvorbildern konfrontiert werden und an Erfindungen arbeiten, zeigt nachhaltige Effekte. Noch mehrere Wochen nach dem Workshop lag die Zustimmung zu geschlechterstereotypen Aussagen bei Jungen um 7,7 Prozent niedriger als vor dem Workshop. Bei Mädchen sank die Zustimmungsrate um immerhin 4,7 Prozent.

„Das Potential für Maßnahmen, die Mädchen für MINT-Berufe interessieren sollen, ist also groß“, so Schmieder. „Wenn man die Kürze des untersuchten Programms bedenkt, ist der Effekt umso bemerkenswerter – durch eine wiederholte Konfrontation der Schülerinnen und Schüler mit Rollenvorbildern könnte man also noch weitaus mehr bewirken. Dabei dürfen die Eltern jedoch nicht außen vorgelassen werden. Auch bei ihnen sollten geschlechterstereotype Denkweisen in den Blick genommen werden, damit sie diese gar nicht erst an ihre Kinder weitergeben.“

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 25.03.2020

Rund 1,9 Millionen Frauen und Männer in Deutschland haben im Jahr 2019 Elterngeld erhalten. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren das insgesamt 2,0% mehr Personen als im Jahr 2018. Während die Anzahl der Elterngeld beziehenden Frauen um 0,9% auf 1,41 Millionen zunahm, stieg die Zahl der Männer um 5,3% auf rund 456000.

32,5% der berechtigten Frauen und 13,3% der Männer wählen Elterngeld Plus

Seit seiner Einführung wird das Elterngeld Plus immer stärker nachgefragt. Eltern, deren Kinder ab dem 1. Juli 2015 geboren wurden, können zwischen dem Bezug von Basiselterngeld (bisheriges Elterngeld) und dem Bezug von Elterngeld Plus wählen oder beides kombinieren. Zwar fällt das Elterngeld Plus in der Regel niedriger aus, wird dafür aber erheblich länger gezahlt (bis zu 36 Bezugsmonate für beide Elternteile zusammen). Insbesondere Frauen nutzen das Elterngeld Plus. Mit 32,5% entschied sich im Jahr 2019 fast jede dritte berechtigte Frau in Deutschland im Rahmen ihres Elterngeldbezuges für Elterngeld Plus (2017: 25,9%; 2018: 30,1%), bei den Männern waren es 13,3% (2017: 11,2%; 2018: 12,6%). Die Spanne reichte bei den Frauen von 22,1% in Mecklenburg-Vorpommern bis zu 43,8% in Thüringen. Unter den Männern wurde das Elterngeld Plus besonders häufig in Berlin in Anspruch genommen (23,0%).

Geplante Bezugsdauer bei Frauen wesentlich länger als bei Männern

Die geplante Bezugsdauer bei Frauen, die ausschließlich Basiselterngeld beantragten, betrug durchschnittlich 11,7 Monate, bei geplantem Bezug von Elterngeld Plus betrug sie 19,9 Monate. Die von Männern angestrebte Bezugsdauer war mit durchschnittlich 2,9 Monaten bei ausschließlichem Basiselterngeld beziehungsweise mit durchschnittlich 8,6 Monaten bei Bezug von Elterngeld Plus vergleichsweise kurz.

Diese und weitere Ergebnisse für das Jahr 2019 sowie für das 4. Quartal 2019 sind abrufbar im Bereich "Eltern- und Kindergeld".

Umfangreiches Datenmaterial zur Elterngeldstatistik ist auch in der Datenbank GENESIS-Online verfügbar. Hier stehen auch Daten zu beendeten Leistungsbezügen für im 3.Quartal 2017 geborene Kinder (Tabellen 22922-0002 ff.) inklusive der neuesten ermittelten Väterbeteiligungen auf Länderebene bereit (Tabelle 22922-0012).

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 19.03.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Anlässlich des heutigen Equal Pay Days erklärt der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes, Wolfgang Stadler:

„Man könnte vielleicht denken, dass unsere Gesellschaft im Angesicht der Pandemie schwerwiegendere Probleme hat als die Ungleichbezahlung von Männern und Frauen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Lohnlücke entsteht auch dadurch, dass Frauen in Berufen arbeiten, die weniger hohe Gehälter mit sich bringen. In der Pflege, den Kindergärten, den Supermärkten, den Schulen – überall dort sind Frauen in der Überzahl. Wie kann es sein, dass ihr Beitrag systemrelevant ist, aber ihr Lohn zum Teil nicht einmal zum Leben reicht? Jetzt zeigt sich: Die – überwiegend- Männer in den Werkshallen bekommen Kurzarbeitergeld, die – vor allem – Frauen in den Pflegeheimen müssen ihren Job machen, trotz Angst vor Ansteckung. Denn ohne sie würde es nicht gehen.

Frauen machen Berufe, auf die wir nicht verzichten können. Jetzt in der Krise zeigt sich, wie sehr wir ihren Beitrag brauchen. Wir sollten ihnen jetzt mit Stolz und Respekt angesichts ihres Einsatzes begegnen. Der Wert ihrer Arbeit für die Gesellschaft und unseren Zusammenhalt muss sich endlich auch in der Bezahlung und den Arbeitsbedingungen wiederspiegeln!

„Frauen“-Berufe müssen besser bezahlt und insgesamt aufgewertet werden. Wir brauchen existenzsichernde Mindestlöhne und eine Verbesserung des Familienlastenausgleichs im Steuer-, Sozial- und Familienrecht: u. a. durch Einführung einer neuen bedarfsdeckenden einheitlichen Geldleistung für alle Kinder. Das Ehegattensplitting sollte durch eine Individualbesteuerung mit einem übertragbaren Grundfreibetrag ersetzt werden und eine stärkere Berücksichtigung von Betreuungs- und Pflegezeiten bei der Bemessung der Rente erfolgen.“

Zum Hintergrund:

Angenommen Männer und Frauen bekommen den gleichen Stundenlohn, markiert der Equal Pay Day den Tag, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten, während Männer schon seit dem 1. Januar eines Jahres für ihre Arbeit bezahlt werden. Dieser symbolisch markierte geschlechtsspezifische Entgeltunterschied beträgt laut Statistischem Bundesamt in Deutschland 20 Prozent. Wie das Statistische Bundesamt aufzeigt, sind rund drei Viertel des Verdienstunterschieds zwischen Männern und Frauen strukturbedingt. Die Lohnlücke ist vielfach darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger in Branchen und Berufen arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird und sie seltener Führungspositionen erreichen. Auch arbeiten Frauen häufiger als Männer in Teilzeit und in Minijobs und verdienen im Durchschnitt pro Stunde weniger. Ein weiter wesentlicher Grund für die fortbestehenden Unterschiede ist die ungleiche Aufteilung der unbezahlten Arbeit in Familie und Haushalt – etwa für Kinderbetreuung und Pflege. Durch den deutlich geringeren Verdienst im Lebensverlauf sind Frauen in der Folge auch häufiger von Altersarmut bedroht oder betroffen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 17.03.2020

Familien leisten einen unverzichtbaren Beitrag für das umlagefinanzierte Rentensystem. Eltern müssen deshalb bei den Beiträgen zur Rentenversicherung deutlich entlastet werden.

Das fordern vier Verbände in einem gemeinsamen rentenpolitischen Positionspapier anlässlich des Abschlussberichts der von der Bundesregierung eingesetzten Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ am Freitag (27.3.).

Darin will die Kommission ihre Strategie zur nachhaltigen Sicherung und Fortentwicklung der Alterssicherungssysteme vorstellen. Der Bund Katholischer Unternehmer (BKU), der Verband von Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung (KKV), der Deutsche Familienverband (DFV) und der Familienbund der Katholiken (FDK) legen dazu in ihrer veröffentlichten Positionierung einen sozial ausgewogenen und zukunftsweisenden Vorschlag für eine familien- und generationengerechte Rente vor.

„Der richtige Weg, Gerechtigkeit zwischen den Generationen herzustellen, ist eine Reduzierung der Rentenbeiträge für Familien in Abhängigkeit von der Kinderzahl“, stellt der BKU-Vorsitzende Ulrich Hemel klar. Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann sagt in Berlin: „Zur Anerkennung der Leistungen von Familien braucht es eine unmittelbare Beitragsentlastung in der Zeit, in der Familien am stärksten belastet sind.“ Dies dürfe nicht zu einer Minderung der Rentenansprüche führen.

„Das derzeitige Rentensystem stellt überwiegend auf die monetären Beiträge der aktuell Erwerbstätigen ab. Dabei wird der generative Beitrag von Familien durch die Geburt, Erziehung und Ausbildung von Kindern nahezu völlig außer Acht gelassen“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes. Josef Ridders, Vorsitzender des Verbandes von Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung, stellt heraus: „Die Leistungen von Familien werden in der Rentenversicherung nicht gerecht bewertet. Die sich daraus ergebende Gerechtigkeitslücke muss geschlossen werden.“

Ohne die Generationengerechtigkeit lasse sich kein Fundament für einen neuen, verlässlichen Generationenvertrag schaffen, wie ihn die Rentenkommission zum Auftrag habe, betonen die Verbände in ihrem Positionspapier. Wer viele Kinder erziehe und daher weniger Erwerbsarbeit leisten könne, erhalte regelmäßig nur eine niedrige Rente. Bei denen, die keine Kinder erziehen und in der Folge viel Erwerbsarbeit leisten können, sei das Verhältnis meist umgekehrt: Nur wer viel Erwerbsarbeit leiste, bekomme heute auch eine angemessene Rente. Familienarbeit bleibe bei dieser Rechnung unberücksichtigt. Das müsse sich ändern.

Durch die Berücksichtigung des generativen Beitrags bei den Rentenversicherungsbeiträgen müssen systemimmanente Fehlanreize in der Rentenversicherung abgebaut werden, fordern die Verbände. So lasse sich Transparenz über die Funktionsweise des Generationenvertrags herstellen und mehr Gerechtigkeit für Familien und zwischen den Generationen schaffen.

Weiterführende Informationen

Die gesamte Verbändepositionierung findet sich hier zum Download (PDF)

Die Rentenposition des Deutschen Familienverbandes findet sich hier zum Download (PDF)

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 26.03.2020

Hierzu kommentiert das ZFF:

Das ZFF stimmt mit dem Verbändebündnis darin überein, dass Familien neben monetären Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung auch einen generativen Beitrag leisten, indem sie Kinder und damit künftige Beitragszahlende großziehen. Diesem über eine beitragsseitige Entlastung zu begegnen, halten wir jedoch für den grundsätzlich falschen Weg, denn er lässt die soziale Gerechtigkeit außen vor: Von geringeren Beiträgen können nur diejenigen entlastet werden, die eine sozialversicherungspflichtige Erwerbsarbeit haben und darüber hinaus wird umso mehr entlastet, je höher die Beiträge und damit auch die Einkommen insgesamt sind.

Gemeinsam mit dem AWO Bundesverband haben wir 2019 die gemeinsame Erklärung „Für einen Ausbau der Leistungen zur Kindererziehung!“ veröffentlicht. Darin fordern wir u.a. die Weiterentwicklung der erziehungsbezogenen Zuschläge bei der Rente, d.h. eine Förderung auf der Seite der Leistungen und nicht der Beiträge. Ebenfalls weisen wir darauf hin, darauf hat auch das Bundesverfassungsgericht aufmerksam gemacht, dass eine Entlastung ebenso außerhalb des Systems der Rentenversicherung stattfinden kann. Dieses gilt es, sozial und geschlechtergerecht auszugestalten: Zum einen durch die Förderung partnerschaftlicher Vereinbarkeit bspw. in Form von Familienarbeitszeit-Modellen, dem Ausbau des Elterngeldes, der Anschaffung des Ehegattensplittings sowie dem quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung und zum anderen durch die Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung.

Die gemeinsame Erklärung von AWO und ZFF finden Sie hier: https://www.zukunftsforum-familie.de/infocenter/publikationen/positionspapiere/

Das Elterngeld ist eine sehr beliebte Leistung. Immer mehr Väter nehmen es auch in Anspruch, das Statistische Bundesamt verzeichnet im vergangenen Jahr bei ihnen einen Anstieg von 5,3 %. Aktuell liegt ein Gesetzentwurf des Bundesfamilienministeriums mit einigen wichtigen Ansätzen zur Flexibilisierung und Neustrukturierung von Basiselterngeld und Elterngeld Plus vor, der jedoch die Bedürfnisse vieler Familien unzureichend berücksichtigt.

„Ziel einer modernen Regelung zu Elterngeld und Elternzeit muss es sein, die gleichberechtigte Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen den Partnern zu fördern und Familien in der Phase mit kleinen Kindern mehr Zeit zu geben.“, so Dr. Martin Bujard, der Präsident der eaf.

In diesem Sinne sollten die Partnermonate auf sechs Monate ausgeweitet werden, wobei nur drei davon von beiden Elternteilen parallel genommen werden können. Eine solche Regelung würde häufiger als bisher dazu führen, dass auch Väter über einen längeren Zeitraum hauptverantwortlich für die alltägliche Sorgearbeit sind und gleichzeitig den Müttern den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern. Vermutlich würde das auch langfristig zu einer besser ausbalancierten Sorgearbeit zwischen Müttern und Vätern führen.

„Es bedarf weiterhin eines umfassenden zeitpolitischen Angebots zwischen der durch das Elterngeld finanzierten Elternzeit und dem sechsten Geburtstag bzw. der Einschulung des (jüngsten) Kindes. Denn viele Eltern befinden sich in dieser Familienphase in der ‚Rushhour des Lebens‘, einer zeitlichen Überlastung. Diese Rushhour soll entzerrt werden. Denkbar wäre die Einführung einer Dynamischen Familienarbeitszeit, mit der das Angebot einer qualifizierten vollzeitnahen Teilzeitarbeit für Väter und Mütter geschaffen wird. Hierfür bedarf es einer umfassenden Gesetzesreform auch über das BEEG hinaus, die konzeptionell die neusten Erkenntnisse aus der Familienforschung berücksichtigen muss“, so Dr. Martin Bujard, der Präsident der eaf.

eaf Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes

Quelle: Pressemitteilungevangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. eaf vom 19.03.2020

Das Rentenbündnis der katholischen Verbände kritisiert die Empfehlungen der Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag" als nicht zukunftsweisend

Die im Rentenbündnis zusammengeschlossenen katholischen Verbände teilen die Enttäuschung darüber, dass es der Rentenkommission der Bundesregierung nicht gelungen ist, sich auf zukunftsweisendeEmpfehlungen zu verständigen. Die Ergebnisse hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am vergangenen Freitag nach fast zweijährigen Beratungen überreicht bekommen.

Im Wesentlichen hat die Rentenkommission gemäß ihrem Auftrag Empfehlungen für die Entwicklung von Beitragssätzen und dem Rentenniveau gemacht. Diese bieten jedoch keine zukunftsfähige Lösung für die anstehenden Probleme der Rentenversicherung. Gerade für von Altersarmut bedrohte Rentnerinnen und Rentner ist das Auskommen im Alter nicht gesichert und das Vertrauen in ein gerechtes Rentensystem wird so nicht wiederhergestellt.

Das Rentenbündnis der katholischen Verbände hat sich während der Beratungsphase der Rentenkommission immer wieder geäußert und ihr Modell einer Sockelrente in der Diskussion vorgeschlagen. Dienun vorliegenden Ergebnisse machen aber deutlich, dass die Rentenkommission weitreichende Ansätze zur Weiterentwicklung des deutschen Rentensystems nicht aufgegriffen hat. Mit ihren weitestgehend nur vagen Handlungsempfehlungen verweigert die Rentenkommission die Verantwortung vor ihrem ursprünglichen Auftrag, ein zukunftsweisendes und sozial ausgewogenes Rentenkonzept vorzulegen. Stattdessen wird einmal mehr die große Zukunftsfrage Rente in unserer Gesellschaft auf unbestimmte Zeit vertagt. Die Politik ist aber eindringlich zum Handeln aufgefordert – jetzt!

Auch mit Blick auf das Hauptziel des Rentenmodells der katholischen Verbände – der Bekämpfung von Altersarmut – hat die Kommission keine weiterreichenden Vorschläge entwickelt. Sie ruht sich stattdessen auf den aktuellen Plänen zur Einführung einer Grundrente aus, die nur zum Teil dazu beitragen werden, Altersarmut zu vermeiden. Auch die rentenpolitische Stellung von Familien ist die Rentenkommission nicht angegangen: Hier mahnt das Bündnis insbesondere eine bessere Anerkennung von Kindererziehung und Pflege in der Rentenversicherung an.

Das Rentenbündnis der katholischen Verbände setzt sich für eine solidarische, existenzsichernde Sockelrente für alle Einwohnerinnen und Einwohner ohne Prüfung ein. Nur im Rentenmodell der katholischen Verbände ist eine eigenständige leistungsgerechte Alterssicherung mit einer solidarischen Existenzsicherung für alle systematisch miteinander verbunden. Zusätzlich zur Sockelrente erhalten auch weiterhin alle Versicherten Rentenansprüche – entsprechend ihrer im Lebensverlauf erworbenen Anwartschaften. Weitere Anwartschaften aus privater und betrieblicher Altersvorsorge bleiben zudem bestehen:

www.buendnis-sockelrente.de

Quelle: PressemitteilungFamilienbund der Katholiken – Bundesverband,Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Deutschlands,Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) – Bundesverband e.V.,Katholische Landvolkbewegung Deutschland (KLB) undKolpingwerk Deutschlandvom 01.04.2020

AKTUELLES

Trotz der angespannten Situation aufgrund der Corona-Pandemie freuen wir uns, Ihnen heute eine neue Veröffentlichung aus der Schwerpunktreihe „KiTa-Leitung“ der Bertelsmann Stiftung vorstellen zu dürfen.

Leitungskräfte in Kindertageseinrichtungen haben eine Schlüsselfunktion im System der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE). Empirisch fundierte Kenntnisse über diese Berufsgruppe existierten lange Zeit jedoch kaum. In der Schwerpunktreihe "Kita-Leitung" der Bertelsmann Stiftung wurde dieser Forschungslücke mit vier Studien begegnet.

Das Forschungsprojekt „Kontextbedingungen des Leitungshandelns in KiTas. Gegenwärtige und antizipierte Wirklichkeiten“, durchgeführt von Susanne M. Nagel-Prinz, Peter Paulus, Anne Münchow und Günther Gediga, stellt die vierte Veröffentlichung in der Schwerpunktreihe „KiTa-Leitung“ dar. Die Studie wurde in einem Mixed-Methods-Design angelegt und hat zum Ziel, die Kontextbedingungen des Leitungshandelns aus einer systemischen Perspektive darzustellen. An der quantitativen Studienphase beteiligten sich mehr als 1.500 KiTa-Leiter*innen.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass das Leitungshandeln in einem komplexen, sich wechselseitig beeinflussenden Gesamtgefüge eingebettet ist und durch das Handeln verschiedener Akteursgruppen sowohl positiv als auch negativ beeinflusst wird. Die Autor*innen arbeiten sowohl die gegenwärtig förderlichen und hemmenden Bedingungen sowie die für die Zukunft förderlich beschriebenen Einflüsse auf das Leitungshandeln anschaulich heraus. Deutlich wird, dass es ein dialogisch ausgehandeltes Ineinander-Übergreifen der Handlungen verschiedener Akteursgruppen bedarf, um die Leitungspraxis dauerhaft zu stärken.

Hier können Sie die Studie downloaden und kostenfrei bestellen. Allerdings sind aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Corona-Pandemie Auslieferungen unserer Publikationen leider nicht möglich. Gerne nehmen wir jedoch Ihre Bestellung entgegen und versenden diese sobald als möglich. Vielen Dank für Ihr Verständnis!

Weitere Informationen zu unserer Schwerpunktreihe „KiTa-Leitung“ erhalten Sie unter www.bertelsman-stiftung.de/lfb.

Kategorien
ZFF-Info

ZFF-Info 03/2020

Gute Nachrichten für 2020: Der neue Kinderzuschlag (KiZ) unterstützt ab dem 1. Januar 2020 noch mehr Familien, bei denen es trotz eigenen Einkommens am Ende des Monats finanziell eng wird. Der Kinderzuschlag geht zudem mit weiteren Verbesserungen wie den Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket und der Befreiung von den Kita-Gebühren einher – damit es jedes Kind packt!

Unsere Botschaft an die Familien lautet: Schauen Sie, ob Sie Anspruch auf den Kinderzuschlag haben. Es lohnt sich. Der KiZ-Lotse der Familienkasse im interaktiven Video-Format hilft dabei.

Der neue Kinderzuschlag reicht von ganz kleinen Einkommen bis zu mittleren Einkommen mit mehreren Kindern oder hohen Wohnkosten. Ab Februar 2020 wird auch der Kinderzuschlag digital zugänglich sein. Mehr dazu erfahren Sie in der aktualisierten Beratungsbroschüre.

Gemeinsam sorgen wir dafür, dass Familien mit kleineren Einkommen die Unterstützung erhalten, die ihnen zusteht. Helfen Sie den Familien, ihren Anspruch geltend zu machen.

Familienleistungen einfach erklärt

Infobroschüre „KiZ – Der Zuschlag zum Kindergeld”

Welche Leistungen gibt es speziell für Familien mit kleinem Einkommen? Die aktuelle Broschüre erklärt den neuen Kinderzuschlag und gibt einen Überblick zu den wichtigsten Familienleistungen rund um den KiZ – wie das Bildungs- und Teilhabepaket und die Befreiung von den Kitagebühren.Mit allen Änderungen ab 2020.

Hier bestellen

„Leistungen für Familien mit kleinem Einkommen“ in Leichter Sprache

Die Broschüre in Leichter Sprache liefert alle wichtigen Infos zum neuen Kinderzuschlag und den weiteren Leistungen für Familien mit kleinem Einkommen – von der Kinderbetreuung, über das Wohngeld bis hin zum Unterhaltsvorschuss.

Hier bestellen

Starke-Familien-Checkheft

Zum Jahreswechsel erscheint eine überarbeitete Auflage mit den wichtigsten Änderungen ab 2020. Das Checkheft gibt einen schnellen Überblick, auf welche staatliche Unterstützung Familien bauen können. Übersichtlich, einfach erklärt und mit heraustrennbaren Informationen zum Erinnern.

Hier bestellen

Postkarte „KiZ Digital“

Den Kinderzuschlag digital checken und beantragen, das können Familien ab Februar 2020. Die farbenfrohe Postkarte mit Familienadler Freddi erinnert daran. Sie führt mit einem QR-Code direkt zum KiZ Digital.

Hier bestellen

Infoplakat „Kinderzuschlag“

Was ist der KiZ und mit welchen Leistungen unterstützt er Familien mit kleinem Einkommen?Egal wie man es dreht und wendet – das Infoplakat erklärt auf zwei Seiten alles Wichtige zum Kinderzuschlag.

Hier bestellen

Infotool für Familien

Unterwww.infotool-familie.de können Familien in wenigen Schritten ermitteln, auf welche Familienleistungen oder -hilfen sie voraussichtlich bauen können. Teilen Sie dieses hilfreiche digitale Werkzeug gerne in Ihrem Newsletter oder über Ihre Social-Media-Kanäle.

Zum Infotool für Familien

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 16.12.2019

Familien mit geringem Einkommen können jetzt noch einfacher Unterstützung bekommen. Durch den „Kinderzuschlag Digital“ wird der Zugang zu dieser Leistung schneller und unbürokratischer. Gemeinsam stellten Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey und der Leiter der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit (BA), Karsten Bunk, den KiZDigital vor.

Der Kinderzuschlag (KiZ) unterstützt geringverdienende Familien einkommensabhängig mit bis zu 185 Euro monatlich und hilft dadurch, Kinder besser zu fördern und Kinderarmut zu vermeiden. Mit der zweiten Stufe des Starke-Familien-Gesetzes, das am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist, besteht für noch mehr Familien Anspruch auf diese wichtige Leistung.

Mit der Freischaltung von Kinderzuschlag Digital ist nun der Zugang zum Kinderzuschlag einfacher geworden. Ein Online-Antragsassistent, welcher von der Familienkasse im Auftrag des BMFSFJ entwickelt wurde, spart mit zahlreichen Komfortfunktionen den Gang zur Behörde, vermeidet komplizierte Papierformulare und unterstützt Eltern bei der Antragstellung. „Durch den Kinderzuschlag erhalten die Familien, die trotz ihrer Berufstätigkeit aufgrund geringer Einkommen das höchste Armutsrisiko tragen, die nötige zusätzliche Unterstützung. Durch digitale Angebote wie dem Familienportal, dem Infotool Familie, ElterngeldDigital und nun auch dem Kinderzuschlag Digital senken wir Hürden und machen Leistungen einfacher zugänglich. Wir wollen, dass alle, die einen Anspruch haben, ihr Recht auch wahrnehmen können, damit Familien aus der verdeckten Armut rauskommen.“ erklärt Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey.

Bereits seit Mitte Januar können Eltern unter www.kinderzuschlag.de mit wenigen Schritten ermitteln, ob die grundlegenden Voraussetzungen für den KiZ erfüllt werden. Im Online-Antrag selbst werden Eltern dann Schritt für Schritt durch den Antrag geführt. Infoboxen bieten bei Bedarf hilfreiche Erklärungen zu den notwendigen Angaben und Nachweisen. Durch die Angabe von Kontonummer oder Kindergeldnummer werden Antragstellende als Bestandskunden identifiziert und die weitere Antragstellung erleichtert. Ein intelligenter Antragsassistent ergänzt Namen von Kindern, um die Übersichtlichkeit zu verbessern und Fehler zu vermeiden, und erkennt nicht plausible Angaben und fordert zur Korrektur auf. So wird die Antragstellung einfacher und frustrierende Nachfragen vermieden.

Der Kinderzuschlag Digital kommt bereits gut an. In den ersten Wochen seit der stillen Freischaltung, dem sogenannten „Silent-Go-Life“, wurden bereits rund 140.000 Anträge gestellt und 520.000 Nachweise hochgeladen. „Die große Resonanz auf unsere Angebote macht deutlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Viele Menschen haben Anspruch auf den Kinderzuschlag, aber wissen es nicht. Nur 30% der Anspruchsberechtigten rufen diese Leistung überhaupt ab. Deshalb haben wir den KiZDigital geschaffen: damit mehr Menschen einfach und schnell zu ihrem Recht kommen“ sagte Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey bei der Vorstellung des KiZDigital. Auch der Leiter der Familienkasse, Karsten Bunk, zeigte sich erfreut über die starke Nutzung des Online Angebotes: „Ich freue mich, mit dem Online-Antrag jetzt einen unbürokratischen und einfacheren Weg zum KiZ anbieten zu können. Noch nie war es so einfach, KiZ zu beantragen.“

Der Kinderzuschlag ist eine Leistung, die einkommensschwache Familien unterstützen soll. Eine Vielzahl erwerbstätiger Eltern ist auf den Kinderzuschlag als zusätzliche finanzielle Unterstützung angewiesen, da ihr Einkommen nicht ausreicht, um den Unterhalt ihrer Kinder zu sichern. Mit dem Kinderzuschlag können anspruchsberechtigte Familien bis zu 185 Euro pro Kind zusätzlich zum Kindergeld erhalten.

Gemeinsam mit dem KiZDigital wurde auch das Innovationsbüro des Bundesfamilienministeriums vorgestellt. Das Innovationsbüro besteht seit Anfang 2019 und begleitet das BMFSFJ bei der Entwicklung und Skalierung innovativer digitaler Angebote. „Mit dem Innovationsbüro unterstützen wir das BMFSFJ auf dem Weg hin zu einem Digitalen Gesellschaftsministerium – strategisch und praktisch. Gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern, organisierter Zivilgesellschaft und Bundesministerium entwickeln wir konkrete Innovationen mit erfahrbarem Mehrwehrt“ betonte Philipp Otto, Leiter des i.Rights.Lab, Dienstleister des Innovationsbüros.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 24.02.2020

KiZ – Der Zuschlag zum Kindergeld

Der Kinderzuschlag ist eine Leistung für Familien mit kleinem Einkommen.

Den Kinderzuschlag können Eltern nur bekommen, wenn sie genug für sich selbst verdienen, aber das Einkommen nicht oder nur knapp für ihre gesamte Familie reicht. Wenn die Wohnkosten besonders hoch sind oder mehrere Kinder im Haushalt wohnen, kann auch bis in mittlere Einkommensbereiche hinein ein reduzierter Kinderzuschlag bezogen werden.

Der Kinderzuschlag beträgt monatlich bis zu 185 Euro je Kind. Ihr Einkommen und Vermögen und das Ihres Kindes werden auf den Kinderzuschlag teilweise angerechnet und reduzieren die Höhe des Kinderzuschlags.Der Kinderzuschlag wird für 6 Monate bewilligt. Ändern sich in diesen 6 Monaten Ihr Einkommen oder Ihre Wohnkosten, hat das keinen Einfluss auf den Kinderzuschlag.

Sie Kinderzuschlag bekommen, stehen Ihnen auch Bildungs- und Teilhabeleistungen – wie das kostenlose Mittagessen in KiTa und Schule oder das Schulbedarfspaket in Höhe von 150 Euro pro Schuljahr – zu. Außerdem müssen Sie keine KiTa-Gebühren zahlen.

Dieses Merkblatt soll Ihnen einen Überblick über die gesetzlichen Regelungen zum Kinderzuschlag geben.

Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.familienkasse.de bzw. www.kinderzuschlag.de

Quelle: Merkblatt der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit Stand: Januar 2020

– Informationen für Eletern mit kleinem Verdienst –

Warum sollte ich mich jetzt mit dem neuen Kinderzuschlag beschäftigen?
Seit dem 1. Januar 2020 gelten neue Regeln beim Kinderzuschlag (KiZ). Der KiZ wird stark verbessert und attraktiver. Mehr Haushalte, insbesondere nun auch mehr Alleinerziehende, haben künftig einen Anspruch. Die Leistung wurde zudem erhöht und die Anspruchsprüfung vereinfacht. Deshalb kann es sich auch für Sie lohnen, sich über den KiZ zu informieren und gegebenenfalls einen Antrag zu stellen.

„Der neue Kinderzuschlag unterstützt Geringverdienende mit Kindern spürbar. Wer den Kinderzuschlag bekommt, kann zudem von den KiTa-Gebühren befreit werden und weitere Leistungen, etwa die 150 Euro für Schulmaterialen pro Jahr, erhalten. Unterm Strich bringt der Kinderzuschlag deutlich mehr Geld in die Haushaltskasse. Zwar sind weitere, beherzte Schritte nötig, um allen Kindern ein gutes Aufwachsen und soziale Teilhabe zu ermög lichen. Jetzt kommt es aber darauf an, dass möglichst viele Familien von den Verbesserungen erfahren und den Zuschlag auch beantragen.“ Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied

Weitere Informationen vom DGB zum Kinderzuschlag finden Sie hier.

Quelle: Information Deutscher Gewerkschaftsbund vom 31.01.2020

Der Kinderzuschlag (KiZ) wurde mit dem „Starke-Familien-Gesetz“ für Alleinerziehende und Familien mit mittleren Einkommen geöffnet, indem die Anrechnung von Kindes- und Elterneinkommen verbessert wurde.

Wurde Ihr Antrag bisher abgelehnt? Möglicherweise könnte es sich jetzt für Sie lohnen, den Antrag neu zu stellen!

Der KiZ ist ein Zuschlag zum Kindergeld von bis zu 185 Euro pro Kind (jährliche Erhöhung ab 2021). Der KiZ soll Eltern unterstützen, die mit ihrem Einkommen zwar für sich selbst, aber nicht ausreichend für ihre Kinder sorgen können.

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem Flyer.

Quelle: Flyer Verband alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e.V. 2020

Was ist neu beim Kinderzuschlag und den Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket? Wer bekommt den Kinderzuschlag? Wo kann ich ihn beantragen und was ändert sich ab Juli 2019? Der Flyer der Volkssolidarität beantwortet alle Fragen auf einen Blick.

Zum Flyer

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Es besteht weiterhin Handlungsbedarf bei der Gleichstellung der Geschlechter in den obersten Bundesbehörden. Zu diesem Ergebnis kommt der Gleichstellungsindex 2019, den das Statistische Bundesamt heute (Dienstag) im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veröffentlicht hat. Der Gleichstellungsindex untersucht die Geschlechteranteile an Führungspositionen in den obersten Bundesbehörden.

2019 betrug der Frauenanteil an Führungspositionen 36 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr konnte eine Steigerung von zwei Prozentpunkten erzielt werden. 18 von insgesamt 24 obersten Bundesbehörden erhöhten ihren Frauenanteil in Führungspositionen. Gleichzeitig beschäftigten 21 Behörden immer noch mehr Männer als Frauen in Führungspositionen.

Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey: „Der öffentliche Dienst muss als Arbeitgeber mit gutem Beispiel vorangehen und Frauen und Männern gleiche Chancen ermöglichen. Schließlich fordern wir auch von der Wirtschaft die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Führungspositionen. In acht der 24 obersten Bundesbehörden liegt der Frauenanteil bereits über 30 Prozent, in weiteren acht Behörden liegt der Frauenanteil über 40 Prozent und in drei Behörden sogar über 50 Prozent. Viele hervorragend qualifizierte Frauen kommen nach und nach in leitende Funktionen. Wenn wir bis 2025 das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel der gleichberechtigten Teilhabe im öffentlichen Dienst des Bundes erreichen wollen, dürfen wir jetzt nicht nachlassen und müssen noch mehr für die Gleichstellung in den obersten Bundesbehörden tun Dazu gehört zum Beispiel der Ausbau der mobilen und flexiblen Arbeit, um bessere Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen.“

Seit 2015 ist der Frauenanteil an Führungspositionen in den obersten Bundesbehörden um 3,4 Prozentpunkte gestiegen. Auf Ebene der Referatsleitungen waren 2019 knapp 38 Prozent weiblich. Auf Unterabteilungsleitungs- und Abteilungsebene (einschließlich Direktorinnen und Direktoren) waren es jeweils noch 31 Prozent, während der Anteil an beamteten Staatssekretärinnen nur noch 19 Prozent betrug.

Bei Betrachtung der Teilzeitbeschäftigten bei der Besetzung von Führungspositionen zeigt sich außerdem, dass das verfügbare Potenzial überwiegend weiblicher Teilzeitbeschäftigter noch nicht ausreichend genutzt wird. 2019 befanden sich knapp 2.000 Beschäftigte im höheren Dienst, der eine wichtige Auswahlgrundlage für die Besetzung von Führungspositionen darstellt, in Teilzeit. 80 Prozent hiervon waren Frauen. Lediglich 305 Personen von diesen im höheren Dienst in Teilzeit Beschäftigten waren mit Führungsaufgaben betraut.

Die Daten im Gleichstellungsindex beziehen sich auf den Zeitraum vom 01.07.2018 bis zum 30.06.2019 bzw. auf den Stichtag 30.06.2019.

Der Gleichstellungsindex wird im Auftrag des BMFSFJ erstellt und ist Teil des Gesetzespaketes zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst.

Der Gleichstellungsindex ist abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/OeffentlicherDienst/_inhalt.html#sprg236406

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 25.02.2020

Hamburg unterzeichnet als erstes Land die Vereinbarung zur Förderung

Das Bundesinvestitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ ist gestartet. Bundesfrauenministerin Dr.Franziska Giffey und die Senatorin für Arbeit, Soziales, Familie und Integration der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Melanie Leonhard, haben dazu heute die erste Vereinbarung zur Förderung zwischen dem Bund und einem Bundesland unterzeichnet. Mit dem Bundesinvestitionsprogramm werden bauliche Maßnahmen z.B. in Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen gefördert.

Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey: „Der Kampf gegen Hass und Gewalt geht uns alle an. Mit unserem Bundesinvestitionsprogramm legen wir einen besonderen Fokus auf den Kampf gegen Gewalt an Frauen. Für den Ausbau der Hilfe- und Unterstützungseinrichtungen übernehmen Bund und Länder gemeinsam Verantwortung. Ich freue mich, dass Hamburg die Vereinbarung zur Förderung als erstes Bundesland unterzeichnet hat. Damit wird der Grundstein für eine enge Zusammenarbeit gelegt. Zum Wohle aller von Gewalt betroffenen Frauen und ihrer Kinder. Mit dem Bundesinvestitionsprogramm stellt der Bund bis 2023 insgesamt 120 Millionen Euro zur Verfügung, um bauliche Maßnahmen in Frauenhäusern oder Fachberatungsstellen zu unterstützen. Durch die Vereinbarung wird es möglich, auch die Interessen der Länder zu berücksichtigen. Genau diese enge Zusammenarbeit ist mir sehr wichtig.“

Dr. Melanie Leonhard, Senatorin für Arbeit, Soziales, Familie und Integration: „Keine Frau soll Gewalt erleiden müssen. Mit der Förderung eines sechsten Frauenhauses haben wir in Hamburg die Schutzplätze für Frauen weiter ausgebaut. Diesen Weg wollen wir weiter beschreiten. Ich bin froh, gemeinsam mit dem Bund das Hilfesystem für von Gewalt betroffene Frauen und ihrer Kinder auch in Hamburg in den kommenden Jahren weiter stärken zu können!“

Für das Bundesinvestitionsprogramm stehen im Bundeshaushalt 30 Mio. Euro für das Jahr 2020 zur Verfügung. In der Bundeshaushaltsplanung sind darüber hinaus jeweils 30 Mio. Euro für die Jahre 2021 – 2023 vorgesehen. Insgesamt stellt der Bund so 120 Millionen Euro zur Verfügung.

Das Investitionsprogramm ist eine von zwei Säulen des Bundesförderprogramms „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“

Mit dem Förderprogramm trägt der Bund zum Ausbau und zur Weiterentwicklung der Hilfseinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen bei. Fachberatungsstellen, Frauenhäuser und andere Hilfseinrichtungen sollen ausgebaut und besser ausgestattet, der Zugang zum Hilfesystem soll erleichtert werden, auch für Frauen, die bislang nicht gut erreicht wurden. Mit den Bundesmitteln soll zum Beispiel der barrierefreie Ausbau gefördert werden können. Außerdem sollen neue räumliche Kapazitäten und innovative Wohnformen für Frauen geschaffen werden, die gemeinsam mit ihren Kindern Schutz suchen. Die Umsetzung des Investitionsprogramms wird in enger Kooperation mit den Ländern durchgeführt.

Die zweite Säule des Förderprogramms sind innovative Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung von gewaltbetroffenen Frauen. Hierfür stehen dieses Jahr 5 Mio. Euro zur Verfügung. Die Bundesfinanzplanung sieht auch für die Jahre 2021-2022 jeweils weitere 5 Mio. Euro vor.

Mit dem Innovationsprogramm sind bereits im vergangenen Jahr fünf Bundes-Projekte gestartet, die gewaltbetroffenen Frauen helfen und der Unterstützung von Fachkräften im gesamten Hilfesystem bundesweit zu Gute kommen.

Initiative „Stärker als Gewalt“

Dazu gehört auch die Initiative „Stärker als Gewalt“, die am 25. November 2019 erfolgreich gestartet ist. Auf der Internetseite sind erstmals eine Vielzahl an Hilfs- und Beratungsangeboten gebündelt: www.stärker-als-gewalt.de.

Die Initiative ist eingebettet in ein Gesamtprogramm der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegenüber Frauen und ihren Kindern im Rahmen der Umsetzung der Istanbul-Konvention und des Koalitionsvertrags. Seit 2018 arbeitet der von Ministerin Giffey eingerichtete Runde Tisch von Bund, Ländern und Gemeinden, mit dem das Hilfenetz verstärkt und verbessert werden soll.

Hilfetelefon berät rund um die Uhr in 17 Fremdsprachen

Hilfe und Rat gibt es auch beim bundesweiten Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“. Unter der Nummer 08000 116 016 bekommen Betroffene und ihr Umfeld Unterstützung und Informationen, zum Beispiel über Beratungsstellen in ihrer Nähe.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.02.2020

Die Grundrente kommt – und zwar wie geplant ab 2021. Es ist gut, dass nun alle strittigen Fragen geklärt sind und das Kabinett heute den Weg für die Grundrente frei gemacht hat. Denn darauf haben jene Menschen, die im Alter zu wenig haben, weil sie viele Jahre für wenig Geld gearbeitet haben, lange gewartet.

„Ein nachträglicher Ausgleich für langjährige Geringverdiener im Alter ist gerechtfertigt. Für uns ist klar: Friseurinnen, Servicekräfte, Kabinenpersonal bei Billigfliegern oder Paketboten arbeiten genauso hart wie andere. Deshalb haben sie auch den Anspruch auf eine vernünftige Rente erworben. Und deshalb ist die Grundrente ein Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Das ist für die ganze Gesellschaft von hohem Wert. Entsprechend ist es auch richtig, dass die Grundrente aus Steuermitteln finanziert wird.

Dank der SPD-Bundestagsfraktion werden bis zu 1,3 Millionen Menschen die Grundrente erhalten – davon rund 70 Prozent Frauen. Mit dem Gesetzesentwurf, der jetzt auf dem Tisch liegt, werden harte Abbruchkanten vermieden: Statt wie ursprünglich geplant nach 35 Beitragsjahren soll es schon nach 33 Beitragsjahren einen Grundrentenzuschlag geben. Dafür muss niemand zum Sozialamt gehen, denn die Grundrente wird ganz automatisch von der Rentenversicherung ausgezahlt.

Begleitet wird die Grundrente durch Freibeträge im Wohngeld und bei der Grundsicherung. So ist gewährleistet, dass das Alterseinkommen auch zum Leben reicht – vor allem dort, wo die Lebenshaltungskosten hoch sind.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 19.02.2020

Mit der heutigen Verabschiedung einer weiteren Mietrechtsnovelle tragen wir der Mietenrealität in unseren Land Rechnung. Ohne den Einsatz der SPD-Bundestagsfraktion wäre die Mietpreisbremse zum Jahresende ausgelaufen. Wir verlängern diese jetzt bis 31. Dezember 2025 und sorgen dafür, dass Wohnen bezahlbar bleibt beziehungsweise gerade in Großstädten wieder bezahlbar wird. Wohnen ist für die SPD ein Grundrecht. Deswegen setzen wir uns vehement für Verbesserungen ein. Wir sind die Partei für die Mieterinnen und Mietern.

„Die Mietpreisbremse wird gebraucht, weil sie ein wirksames Instrument gegen überhöhte Mieten ist. Zahlreiche Studien sowie alle bisherigen Rechtsverfahren belegen das eindrucksvoll. Wir stärken die Rechte der Mieterinnen darüber hinaus an einer ganz entscheidenden Stelle. Künftig können Mieter zu viel gezahlte Miete rückwirkend ab Beginn des Mietverhältnisses bis zu 30 Monate zurückfordern. Dies stärkt noch einmal mehr die Regelungen zur Mietpreisbremse und wird dazu führen, dass Menschen wegen ihrer Miete nicht mehr in finanzielle Schieflagen geraten.

Aber uns geht das alles nicht schnell genug. CDU und CSU stehen zu oft auf der Bremse in Mietrechtsfragen. Wir bleiben hartnäckig und wollen in dieser Legislatur weitere Mieterrechte stärken. Wir wollen den Mietspiegel gerechter gestalten und Mietenwucher noch härter sanktionieren.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 14.02.2020

Im Bundestag wurde heute ein Gesetz zur Stiefkindadoption beschlossen. Damit wird die Stiefkindadoption auch für unverheiratete Paare möglich, wenn sie in einer verfestigten Lebensgemeinschaft leben. Das Bundesverfassungsgericht hatte den vollständigen Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31.3.2020 eine Neuregelung zu schaffen.

„Eine verfestigte Lebensgemeinschaft liegt regelmäßig vor, wenn das Paar entweder seit mindestens vier Jahren zusammenlebt oder ein gemeinsames Kind hat. Eine formal noch bestehende Ehe mit einer dritten Person ist nach einer von der SPD-Fraktion verfolgten Änderung des Gesetzentwurfes auch kein Ausschlussgrund für das Adoptionsverfahren. Hierfür haben wir uns eingesetzt.

Diese Änderung ist sinnvoll, da es Fälle gibt, in denen Ehegatten seit Jahren getrennt sind, und aus bestimmten Gründen verheiratet bleiben. So zum Beispiel die Härtefallklausel des §1568 BGB im Eherecht, nach der die Ehe nicht geschieden werden darf. Außerdem gibt es den praktischen Anwendungsfall, in denen sich Angestellte von kirchlichen Organisationen nicht scheiden lassen, weil sie dann um ihren Job fürchten müssten. Hier wäre der absolute Ausschluss der Adoption für rein formal noch Verheiratete unverhältnismäßig, wenn die Adoption dem Kindeswohl entspräche.

Nach guter Zusammenarbeit in der Koalition schließen wir innerhalb der gesetzten Frist des Bundesverfassungsgerichts ab. Dieses Gesetz schafft klare rechtliche Regelungen und Möglichkeiten für viele betroffene Familien, in denen ein Stiefelternteil Verantwortung für das Kind des Partners oder der Partnerin übernehmen möchte.

Die SPD-Fraktion wird sich weiterhin für die sogenannte ‚große Lösung‘ einsetzen, bei der die Fremdkindadoption für unverheiratete Paare in einer verfestigten Lebensgemeinschaft ermöglicht werden soll.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 13.02.2020

Hierzu kommentiert das ZFF:

Der Bundestag hat eine Reform des Stiefkindadoptionsrechts beschlossen. Danach können künftig auch Paare, die in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben, ein Stiefkind adoptieren. Der Bundestag setzt damit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 26. März 2019 um.

Das ZFF begrüßt die Intention des Gesetzes, denn das Wohlergehen der Kinder und die Bereitschaft der Übernahme von Sorgeverantwortung muss im Mittelpunkt aller Reformüberlegungen und zwar unabhängig von der gewählten Lebensform der Eltern stehen.

Die Stiefkindadoption für nichteheliche Familien darf aber nur ein erster Schritt sein: in der gegenwärtigen Situation sind lesbische Ehepaare bzw. die nicht austragende Mutter immer auf eine Stiefkindadoption angewiesen. Vor allem für diese Familien trägt dies, zusammen mit der Pflichtberatung im neuen Adoptionshilfe-Gesetz und dem veralteten Abstammungsrecht, zu einer weiteren Verschärfung ihrer ohnehin schwierigen rechtlichen Situation bei.

Die Pressemitteilung zur Öffentlichen Anhörung des Gesetzes und die Stellungnahme zum Referentenentwurf finden Sie hier.

„Auf vier Staatssekretäre der Bundesregierung kommt großzügig gerechnet eine Staatssekretärin. Nur jede zehnte Führungskraft kann sich Teilzeitarbeit erlauben. Die Bundesregierung ist weit entfernt von ihrem Ziel, in den nächsten fünf Jahren in ihrer eigenen Verwaltung für eine gleichberechtige Teilhabe von Frauen in Führungspositionen zu sorgen“, erklärt Doris Achelwilm, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zum heute vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Gleichstellungsindex 2019. Achelwilm weiter:

„Warme Worte der Regierung helfen den Beschäftigten in den Bundesministerien nicht. Sie brauchen endlich ein Gleichstellungsgesetz mit Durchsetzungskraft. Die Gleichstellungsbeauftragten benötigen ausreichend Stellen und Befugnisse, wie zum Beispiel eigene Klagerechte. Nur so können sie darauf einwirken, dass offene Führungspositionen mit Frauen besetzt werden. Außerdem müssen Führungspositionen in Teilzeit möglich sein. Dann wird es auch was mit der Gleichstellung in den obersten Bundesbehörden bis 2025.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 25.02.2020

Der Bundesrat hat sich am 14. Februar 2020 kritisch zu den Plänen der Bundesregierung geäußert, den Ländern zur Umsetzung des für 2025 geplanten Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen Finanzhilfen über zwei Milliarden Euro zu gewähren. Der beabsichtige Zuschuss für die Jahre 2020 und 2021 über ein Sondervermögen könne nur ein erster Schritt sein, unterstreicht er in seiner Stellungnahme.

Zu vieles noch ungeklärt

Derzeit sei noch viel zu unklar, wie der Rechtsanspruch umgesetzt werden kann. Völlig offen sei beispielsweise, wie er inhaltlich genau aussehen soll. Gleiches gelte für die finanzielle Beteiligung des Bundes bei den Investitions- und Betriebskosten. Vor diesem Hintergrund könne die von der Bundesregierung beabsichtigte Einrichtung des Sondervermögens nicht abschließend sein, unterstreicht der Bundesrat.

Investitions- und Betreuungskosten über 10 Milliarden

Bereits jetzt sei klar, dass auf die Länder und Kommunen durch den Rechtsanspruch dauerhafte Kosten in Milliardenhöhe zukämen. Das Deutsche Jugendinstitut schätze allein die Investitionskosten auf bundesweit 7,5 Milliarden Euro. An Betriebskosten kämen ca. weitere 4,5 Milliarden Euro hinzu.

Finanzierung klären

Die Länder halten es deshalb für zwingend erforderlich, dass die Finanzierung des Rechtsanspruchs im laufenden Gesetzgebungsverfahren geklärt wird.

Chancengleichheit soll gestärkt werden

Mit dem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder setzt die Bundesregierung ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um. Hierdurch soll die Chancengleichheit der Kinder gestärkt werden.

Nächste Stationen: Bundesregierung, Bundestag

Die Stellungnahme wurde der Bundesregierung zugeleitet, die in den nächsten Wochen dazu eine Gegenäußerung verfasst und dann alle Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt.

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates vom 14.02.2020

Der Bundesrat möchte, dass Täter, die wegen Kindesmissbrauchs verurteilt wurden, lebenslang registriert bleiben. Er beschloss am 14. Februar 2020, einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen.

Verurteilungen werden nicht mehr getilgt

Danach sollen Verurteilungen wegen Sexual- und Kinderpornografiedelikten grundsätzlich immer im erweiterten Führungszeugnis erscheinen. Laut Bundeszentralregistergesetz werden sie bislang nach Ablauf einer Frist von drei bis zehn Jahren nicht mehr in das erweiterte Führungszeugnis aufgenommen. Die genaue Länge der Frist bestimmt sich nach der jeweiligen Straftat und Höhe der Freiheitsstrafe.

Derzeitige Regelung gefährdet Minderjährige

Nach Ansicht der Länder ermöglicht die derzeitige Fristenregelung, dass Sexualstraftäter in manchen Fällen schon nach wenigen Jahren wieder mit Kindern etwa in Kitas und Vereinen arbeiten könnten. Minderjährige seien aber besonders schutzbedürftig, ihre Gefährdung dürfe nicht hingenommen werden.

Über die Bundesregierung in den Bundestag

Der Gesetzentwurf wird nun zunächst der Bundesregierung zugeleitet, die eine Stellungnahme dazu verfasst. Anschließend legt sie beide Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vor.

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates vom 14.02.2020

Rund zehn Prozent derjenigen Arbeitslosengeld-II-Beziehenden, die im Jahr 2018 wieder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begonnen haben, erhielten diese durch direkte Vermittlung der Jobcenter. Das führt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/17226) auf eine Kleine Anfrage (19/16519) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aus. Demnach habe es durch die Aufnahme einer nicht geförderten Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt rund 515.000 Abgänge aus Arbeitslosigkeit gegeben, rund 54.000 davon durch Vermittlung eines Jobcenters.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 211 vom 24.02.2020

Die "Fachkräfteoffensive für Erzieherinnen und Erzieher" thematisiert die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/17066). Wie die Fraktion darin ausführt, hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Dezember 2018 ein entsprechendes Bundesprogramm angekündigt. Gefördert werden sollten die zwei Ausbildungsjahrgänge 2019/20 und 2020/21. Ziel der Initiative sei es, mehr Fachkräfte im Bereich der Kinderbetreuung zu gewinnen und die Fluktuation in diesem Beruf zu verringern.

Wissen wollen die Abgeordneten, wie viele der im Ausbildungsjahr 2019/2020 gestarteten Fachschülerinnen und Fachschüler nach Kenntnis der Bundesregierung ihre Ausbildung im zweiten Ausbildungsjahr fortsetzen werden und wie viele dies nicht machen werden. Auch erkundigten sie sich unter anderem danach, ob "die für das Ausbildungsjahr 2020/2021 geplante zweite Ausbildungswelle zur Förderung der übrigen 2.500 von insgesamt 5.000 vergüteten Ausbildungsplätzen im Rahmen des Bundesprogramms ,Fachkräfteoffensive für Erzieherinnen und Erzieher‘ wie geplant im Jahr 2020 starten" wird.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 196 vom 18.02.2020

Um Personenstands- und Namensänderungen durch trans- und intergeschlechtliche Personen geht es in der Antwort der Bundesregierung (19/17050) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/16640). Wie die Fraktion darin ausführte, haben Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung seit Dezember 2018 die Möglichkeit, im Personenstandsregister neben den Geschlechtseinträgen "männlich" und "weiblich" auch die dritte Option "divers" zu wählen, und können anhand einer Erklärung im Standesamt ihren Vornamen ändern sowie die Angabe zu ihrem Geschlecht im Personenstandseintrag ersetzen oder streichen.

In der Gesetzesbegründung zu Paragraf 45b des Personenstandsgesetzes (PStG) werde die Anwendbarkeit der neuen Regelung auf Menschen beschränkt, "deren Geschlecht über die vorgeschlagene Klassifikation ,Variante der Geschlechtsentwicklung‘ definierbar ist", schrieb die Fraktion weiter. Damit seien nach Auffassung der Bundesregierung transgeschlechtliche Personen von einer Personenstands- und Namensänderung nach Paragraf 45b PStG ausgeschlossen. Transgeschlechtliche Personen müssten ihren Personenstand und ihren Namen demnach weiterhin über das Transsexuellengesetz (TSG) von 1981 anpassen lassen.

Laut Bundesregierung kann in Verfahren nach dem Transsexuellengesetz der Geschlechtseintrag nicht gelöscht oder "divers" gewählt werden. Wie die Bundesregierung ferner ausführt, hat der Gesetzgeber zur Umsetzung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Personenstandsgesetz eine Regelung getroffen, die es Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung ermöglicht, neben den Angaben "weiblich" oder "männlich" auch "divers" zu wählen. "Hinsichtlich einer Reform des Transsexuellenrechts ist der politische Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen", heißt es in der Antwort weiter.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 195 vom 17.02.2020

In Puncto Bildung, Erwerbstätigkeit und soziale Absicherung haben Frauen in den vergangenen Jahren aufholen können. Dazu haben auch bessere gesellschaftliche Rahmenbedingungen beigetragen, beispielsweise der Ausbau öffentlicher Kinderbetreuung. Doch auch wenn die Abstände vielfach kleiner geworden sind, ist die durchschnittliche berufliche, wirtschaftliche und soziale Situation von Frauen weiterhin oft schlechter als die von Männern. Wo es Fortschritte gegeben hat und wo nicht, beleuchtet anhand von 29 Indikatoren und aktueller Daten ein neuer Report zum Stand der Gleichstellung, den das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung heute vorlegt.

Die Auswertung im Vorfeld des internationalen Frauentags zeigt: Bei schulischer und beruflicher Qualifikation haben Frauen weitgehend mit den Männern gleichgezogen. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen liegt aktuell um knapp 8 Prozentpunkte niedriger – vor knapp 30 Jahren war die Differenz noch fast dreimal so groß. Ein wesentlicher Grund für fortbestehende Unterschiede ist die ungleiche Aufteilung der unbezahlten Sorgearbeit, etwa bei familiärer Kinderbetreuung, Pflege oder Haushalt (Gender Care Gap): Bei Frauen macht unbezahlte Arbeit nach den neuesten verfügbaren Zahlen 45 Prozent an der Gesamtarbeitszeit aus. Bei Männern sind es hingegen nur 28 Prozent, auch wenn Männer zum Beispiel bei der Pflege langsam mehr Aufgaben übernehmen. Um Familie und Erwerbsarbeit unter einen Hut zu bringen, arbeiten Frauen gut viermal so häufig Teilzeit wie Männer (46 Prozent gegenüber gut 11 Prozent 2018), von den Beschäftigten, die ausschließlich einen Minijob haben, sind 62 Prozent weiblich. Dieses Ungleichgewicht trägt, unter anderem wegen geringerer Karrieremöglichkeiten, wesentlich dazu bei, dass der durchschnittliche Stundenlohn von Frauen knapp 21 Prozent unter dem von Männern liegt.

Eine weitere Ursache für den Verdienstrückstand sind sehr stabile geschlechtsspezifische Präferenzen bei der Berufswahl, verbunden damit, dass „typisch weibliche“ Berufe, etwa im Pflege- und Gesundheitsbereich, meist schlechter bezahlt werden als technische Berufe, in denen Männer dominieren. 25 Prozent der weiblichen Beschäftigten mit Vollzeitstelle verdienen weniger als 2000 Euro brutto im Monat, bei den Männern sind es 14 Prozent. Immerhin wurde der Abstand bei den Entgelten in den vergangenen Jahren etwas kleiner, wozu auch der gesetzliche Mindestlohn beigetragen hat.

Noch deutlich gravierender ist die Lücke bei der Absicherung im Alter: Nimmt man gesetzliche Rente, betriebliche und private Alterssicherung zusammen, beziehen Frauen durchschnittlich ein um 53 Prozent niedrigeres Alterseinkommen als Männer. Anfang der 1990er Jahre lag der Gender Pension Gap sogar bei 69 Prozent. „Diese Entwicklung zeigt beispielhaft: Der Rückstand der Frauen wird in wichtigen Bereichen kleiner. Aber Fortschritte bei der Gleichstellung vollziehen sich meist sehr langsam“, sagt WSI-Forscherin PD Dr. Karin Schulze Buschoff, die die Studie zusammen mit Dr. Yvonne Lott vom WSI sowie Svenja Pfahl und Dietmar Hobler vom Berliner Forschungsinstitut Sowitra erstellt hat.

Schneller voran gehe es, wenn die Politik mit Investitionen und/oder verbindlichen Regulierungen für Dynamik sorge, so die Wissenschaftlerinnen und der Wissenschaftler. Das gelte etwa für die Ganztagesbetreuung von Kindern, wo sich die Quote bei den 3- bis 6-jährigen zwischen 2007 und 2017 knapp verdoppelte und bei den Kindern unter 3 Jahren sogar fast verdreifachte – freilich ohne den noch deutlich höheren Betreuungsbedarf von Eltern bislang abdecken zu können. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der 160 größten börsennotierten Unternehmen stieg mit der Einführung einer Geschlechterquote bis 2018 auf gut 30 Prozent, wenn auch Vertreterinnen und Vertreter der Beschäftigten im Kontrollgremium sitzen. In nicht mitbestimmten Unternehmen, in denen keine Quote gilt, lag der Anteil bei knapp 20 Prozent. In den Unternehmens-Vorständen, für die es bislang keine gesetzlichen Regeln gibt, war 2018 nicht einmal jedes zehnte Mitglied weiblich – 9 Prozent in mitbestimmten, knapp 6 Prozent in nicht-mitbestimmten Firmen (das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung rechnet auf etwas anderer Datenbasis mit 10,4 Prozent weiblichen Vorstandsmitgliedern 2019). Besser sieht es nach der WSI-Analyse auf der zweiten Führungsebene aus, wo der Frauenanteil mit 40 Prozent nur wenig niedriger war als der Anteil an allen Beschäftigten (44 Prozent). Ganz ähnlich fiel die Relation von weiblichen Betriebsratsmitgliedern und Belegschaftsanteil aus.

Verpflichtende Vorgaben für Geschlechteranteile in Vorständen sind nach Analyse der Forscherinnen und des Forschers ebenso notwendig wie ein erweiterter Geltungsbereich der Geschlechterquote in Aufsichtsräten, die bislang nur greift, wenn Unternehmen börsennotiert und zugleich paritätisch mitbestimmt sind. Um die Gleichstellung von Frauen und Männern auf breiter Linie wirksam zu fördern, empfehlen sie darüber hinaus unter anderem:

  • Stärkere Anreize für Männer, Sorgearbeit zu übernehmen, etwa durch eine schrittweise Erweiterung der Partnermonate im Elterngeld auf sechs Monate.
  • Mehr Möglichkeiten für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene geschlechteruntypische Berufe/Berufsfelder kennenzulernen.
  • Eine finanzielle Aufwertung von frauendominierten Berufen im Sozial-, Erziehungs- und Gesundheitsbereich, um diese für beide Geschlechter attraktiver zu machen.
  • Schaffung von Arbeitsplätzen in kurzer Vollzeit und Abkehr von der Vollzeit- bzw. Überstundenkultur. Voraussetzung dafür seien unter anderem eine ausreichende Personalbemessung, verbindliche Vertretungsregelungen und Beförderungskriterien, die sich nicht an der Präsenz am Arbeitsplatz bzw. Überstunden orientieren.
  • Weiterer Ausbau der institutionellen Betreuung von Kleinkindern.

*Dietmar Hobler, Yvonne Lott, Svenja Pfahl, Karin Schulze Buschoff: Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland. WSI-Report Nr. 56, Februar 2020 (pdf)

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 26.02.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Neuauflage des „Wegweiser durch die digitale Welt – für äl-tere Bürgerinnen und Bürger“ erschienen

Das Internet ist für die meisten aus ihrem Alltag nicht mehr wegzudenken. Und doch sind zwölf Millionen Menschen in Deutschland noch offline – die meisten von ihnen 50 Jahre und älter. Der kostenlose „Wegweiser durch die digitale Welt – für ältere Bürgerinnen und Bürger“ der BAGSO – Bundesarbeitsge-meinschaft der Seniorenorganisationen ist ein leicht verständli-cher Ratgeber für alle, die erste Schritte ins Internet machen wollen oder dort bereits unterwegs sind. Die Broschüre liegt nun in überarbeiteter und aktualisierter Neuauflage vor.

Der „Wegweiser durch die digitale Welt“ zeigt auf anschauliche Weise, welche unterschiedlichen Wege ins Internet führen. Er gibt einen Überblick über die Möglichkeiten des Internets und beantwortet zahlreiche Fragen: Wie halte ich online den Kon-takt zu meiner Familie? Wie kaufe ich im Internet eine Fahrkarte oder buche eine Reise? Und wie bewege ich mich sicher im Netz? In der Neuauflage finden sich erstmals Kapitel zu den The-men „Digitaler Nachlass“ und „Unterhaltung im Netz“. Der Rat-geber kann auch in einer Hörversion bestellt werden.

Die Neuausgabe des 2008 erstmals erschienenen „Wegweiser durch die digitale Welt“ wurde vom Bundesministerium für Ver-braucherschutz (BMJV) unterstützt und liegt in einer Auflage von rund 200.000 Exemplaren vor. In die Überarbeitung wurdenältere Verbraucherinnen und Verbrauchern ebenso wie Multi-plikatorinnen und Multiplikatoren einbezogen.

Die Broschüre kann kostenlos über den Publikationsversand der Bundesregierung bezogen und im Internet heruntergeladen werden:
Per Post: Postfach 48 10 09, 18132 Rostock
E-Mail: publikationen@bundesregierung.de
Tel.: 030 / 18 27 22 721 (0,14 €/Min, abweichende Preise aus den Mobilfunknetzen möglich)
Fax: 030 / 18 10 27 22 721
Internet: www.bagso.de/publikationen

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. vom 13.02.2020

Hartz IV und Co.: Mit dem Online-Rechner der Caritas können Menschen selbst ermitteln, welche Leistungen ihnen zustehen

Können Menschen nicht für ihren eigenen Lebensunterhalt sorgen, springt in Deutschland der Staat ein. Unter gewis-sen Voraussetzungen erhalten Menschen bei Arbeitslosigkeit ALG-II- oder (umgangssprachlich) Hartz-IV-Leistungen. Wie hoch diese sind, ermittelt jetzt ein neuer Online-Rechner der Caritas – ganz einfach, anonym und werbefrei!

Grundlage für die Berechnung ist der aktuelle Basis-Regelsatz von 432 Euro seit dem 1. Januar 2020, der maßgeblich für die gesamte Berechnung der Leistungen ist. Die Höhe des ALG-II-Anspruchs ist zum Beispiel abhängig von den Kosten für Kalt- und Warmmiete, dem Alter und der Anzahl der Kinder sowie dem Einkommen und das der Partnerin oder des Partners.

Zudem werden die jeweiligen Lebensumstände – zum Beispiel alleinerziehend – berücksichtigt. Einberechnet in die Bedarfsermittlung werden auch Faktoren wie: Schwangerschaft, Behinderungen oder Krankheit.

„Die Rechner, die das Internet bisher bereithält, sind eher kompliziert oder tendenziös und voller Werbung“, sagt Michaela Hofmann, Referentin für Armutsfragen im Diözesan-Caritasverband. „Wir wollten ein seriöses Angebot schaffen, dass den betroffenen Menschen eine verlässliche Orientierung gibt, wie hoch ihr Anspruch ist“.

Rund um den Online-Rechner finden sich auf der Website viele Fragen und Antworten zum Thema Arbeitslosengeld II. Zudem werden wohnortnahe Beratungsstellen der Caritas und ihrer Fachverbände aufgelistet.

Den neuen ALG-II-Rechner der Caritas finden Sie unter: www.caritasnet.de/alg2

Quelle: Pressemitteilung Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e. V. vom 03.02.2020

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie äußert sich entsetzt über die Morde von Hanau. "Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Angehörigen und den Menschen in Hanau", sagt er am Donnerstag. Dass die Behörden bei ihren Ermittlungen von einem rechtsextremistischen Hintergrund der Tat ausgehen, sei schockierend. Die Gesellschaft müsse für ihren Zusammenhalt kämpfen: "Es reicht.

Spätestens jetzt muss jedem klar sein: Wer mit den Höckes spielt und auf Hass und Ausgrenzung setzt, schürt Gewalt und solchen Irrsinn", sagte der Theologe.

"Die Diakonie steht für ein Deutschland in Vielfalt und Menschlichkeit", sagt der Präsident des evangelischen Sozialverbands. "Wir setzen uns dafür ein, dass sich hier jeder Mensch willkommen und sicher fühlt – unabhängig von Herkunft, Rasse, Religion oder Geschlecht." Dafür stehe die Diakonie im Bündnis mit allen Demokraten ein.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 20.02.2020

Die Bundesregierung bringt heute die Grundrente auf den Weg. Dazu sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Mit der Grundrente bekommen wirksame Maßnahmen gegen Altersarmut endlich Priorität. Vielen Rentnerinnen und Rentnern bleibt zukünftig der Gang zum Sozialamt erspart. Ihre Rentenansprüche aus mindestens 33 Beitragsjahren werden einfach und unbürokratisch aufgewertet. Auch Pflege- und Erziehungszeiten begründen in diesem Rahmen Ansprüche auf die Grundrente. Das ist ein großer Schritt nach vorne. Bisher machen rund die Hälfte aller Leistungsberechtigten ihre Ansprüche auf Sozialleistungen im Alter nicht geltend. Dass zukünftig bei niedrigen Rentenansprüchen automatisch geprüft wird, ob ein Anspruch auf Grundrente besteht, ist ein Zeichen des Respekts gegenüber Älteren und wird bei vielen Betroffenen Altersarmut wirksam verhindern. In Zukunft kommt es darauf an, auch für diejenigen, die keine 33 Beitragsjahre erreichen konnten, einfache und unbürokratische Freibetragslösungen zu verwirklichen."

Mehr Infos: https://www.diakonie.de/stellungnahmen/einfuehrung-der-grundrente

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 19.02.2020

Der Bundestag hat am Donnerstagabend eine Reform des Stiefkindadoptionsrechts beschlossen. Danach können künftig auch Paare, die in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben, ein Stiefkind adoptieren. Der Bundestag setzt damit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 26. März 2019 um.

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Das Gesetz ist längst überfällig. Das Kindeswohl muss entscheiden, nicht der Trauschein. Viel wichtiger ist, dass Kinder in einem stabilen, sicheren Umfeld aufwachsen. Die gesellschaftliche Realität hat sich verändert, die Familienmodelle sind vielfältig. Entscheidend ist, dass Eltern Verantwortung übernehmen, Kinder sich auf stabile Beziehungen verlassen können und die Kinder bestmöglich unterstützt und auf ihrem Lebensweg begleitet werden."

Darüber hinaus sieht die Diakonie beim Adoptivrecht den Bedarf einer grundlegenden, in sich stimmigen Reform des Sorge- und Umgangsrechts bezogen auf die Vielzahl unterschiedlicher Familienmodelle, die in unserer Gesellschaft Realität sind.

Zur Stellungnahme der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/stellungnahmen/stiefkinderadoption-in-nichtehelichen-familien

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 14.02.2020

Bundesfamilienministerin Giffey will das Elterngeld reformieren. Danach sollen Eltern von kleinen Frühchen künftig einen Monat länger Elterngeld erhalten. Zudem sollen Mütter und Väter, die während des Elterngeldbezugs in Teilzeit arbeiten wollen, mehr Möglichkeiten dazu bekommen.

Das geht aus einem jetzt bekanntgewordenen Entwurf für eine Elterngeldreform hervor. Dazu sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

"Es ist richtig Eltern mit kleinen Frühchen bestmöglich zu unterstützen und Elterngeld länger zu gewähren. Zu früh geborene Kinder brauchen viel Liebe und intensive Betreuung von Vater und Mutter für ihren Start ins Leben. Eltern brauchen dafür mehr Zeit. Zudem sind Vater und Mutter körperlich und auch psychisch enorm gefordert. Das Elterngeld auf noch mehr Partnerschaftlichkeit auszurichten und es zu flexibilisieren ist ein wichtiger Schritt. Den erlaubten Stundenumfang einer Teilzeittätigkeit auf 32 Stunden zu erhöhen reicht allerdings bei weitem nicht aus. Insgesamt brauchen wir mehr Flexibilität auch bei der Aufteilung der Elternzeitmonate zwischen Väter und Mütter. Außerdem dürfen bei allen Überlegungen von Ministerin Giffey die Belange von Alleinerziehenden nicht aus dem Blick geraten. Auch Alleinerziehende müssen alle Vorteile dieser Neuregelungen beim Elterngeld und Partnerschaftsbonus für ihre persönliche Lebenssituation nutzen können. Es dürfen nicht diejenigen benachteiligt werden, die dringend der Unterstützung bedürfen. Ich wünsche mir, dass die Pläne hier noch ehrgeiziger werden."

Seit dem Jahr 2007 hat keine Anpassung des Mindestbetrages beim Elterngeld stattgefunden. So beträgt er bei Eltern ohne oder mit geringem Einkommen 300 Euro, beim Elterngeld Plus 150 Euro. Angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten plädiert die Diakonie Deutschland dafür, im Zuge der geplanten Elterngeldreform, die Mindestbeiträge beim Elterngeld künftig dynamisch an die steigenden Verbraucherpreise anzupassen.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 17.02.2020

Der 14. Februar wird auch der "Tag der Liebe" genannt, mit Milliardenumsätzen im Einzelhandel. Für viele Frauen ist aber auch der 14. Februar ein Tag der Gewalt. Durchschnittlich wird jeden Tag eine Frau von ihrem (Ex-)Partner lebensbedrohlich attackiert; jede Woche sterben dabei drei Frauen. Jede vierte Frau in Deutschland hat mindestens einmal in ihrem Leben körperliche und/oder sexuelle Übergriffe durch einen Beziehungspartner erlebt. Gewalt gegen Frauen ist ein globales Problem. Weltweit erleiden, laut Schätzungen der Vereinten Nationen, eine Milliarde Mädchen und Frauen in ihrem Leben Gewalt.

Seit 2013 mobilisiert die Kampagne "One Billion Rising" deshalb am 14. Februar in bis zu 190 Ländern zu Protestaktionen, die Solidarität mit von Gewalt betroffenen Frauen ausdrücken sollen. Auch in mehr als 130 deutschen Städten fordern heute Frauen ein Ende von Gewalt gegen Frauen. In Berlin findet von 16-18 Uhr am Brandenburger Tor eine große Tanzdemo statt.

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) fordert die vollständige Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) in Deutschland. Trotz der bereits existierenden Regelungen und Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt (Sexualstrafrechtsreform, Gewaltschutzgesetz) besteht in Deutschland noch erheblicher Handlungsbedarf, auf den der djb regelmäßig in Stellungnahmen, Themenpapieren und Fachvorträgen hinweist. "Gewaltschutz ist eine staatliche Pflichtaufgabe, denn die Freiheit von Gewalt ist die Voraussetzung für die Ausübung aller Menschen- und Bürger*innenrechte", so Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb. "Trotz etlicher erfreulicher Ansätze müssen Bund und Länder weiterhin entschlossen handeln, um die Vorgaben der Istanbul-Konvention zeitnah umzusetzen!"

Ausführliche Stellungnahmen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention: https://www.djb.de/themen/thema/ik/

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 14.02.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert zum heutigen Welttag der sozialen Gerechtigkeit ein Umdenken in der Familienförderung und mehr Anstrengungen bei der Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland. Dabei sollten vor allem armutsfeste Hartz-IV-Regelsätze für Kinder und Jugendliche sowie perspektivisch die Reform des Familienlastenausgleichs aus Kindergeld und Kinderfreibeträgen ganz nach oben auf die Prioritätenliste. Nach Berechnungen des Deutschen Kinderhilfswerkes ist der Kinderfreibetrag, von dem nur Gutverdienende profitieren, in den letzten 20 Jahren proportional stärker gestiegen als das Kindergeld im gleichen Zeitraum. Und bei den Regelsätzen für Kinder und Jugendliche hat es seit dem Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes im Jahre 2010 zwar Erhöhungen gegeben, die jedoch teils kaum die Inflationsrate ausgleichen konnten.

Der Kinderfreibetrag (incl. Freibetrag für Betreuung/Erziehung/Ausbildung) ist vom Jahr 2000 bis 2020 von 5.080 Euro auf 7.812 Euro gestiegen. Das entspricht einer Erhöhung um knapp 54 Prozent. Im gleichen Zeitraum ist das Kindergeld von 138 Euro auf 204 Euro gestiegen, was nur einer Erhöhung um knapp 48 Prozent entspricht.

Beim Hartz-IV-Regelsatz in der Regelbedarfsstufe 4 (Jugendliche von 14 bis 17 Jahre) wird die Erhöhung von 2011 bis 2019 komplett durch die Inflationsrate aufgezehrt, in der Regelbedarfsstufe 5 (Kinder von 6 bis 13 Jahre) ist inflationsbereinigt ein Plus von rund 19 Euro zu verzeichnen, in der Regelbedarfsstufe 6 (Kinder bis 5 Jahre) inflationsbereinigt ein Plus von rund 3 Euro.

"Wir müssen uns bei der finanziellen Förderung von Kindern und Jugendlichen endlich auf diejenigen konzentrieren, die es am nötigsten haben. Durch die steuerlichen Kinderfreibeträge fällt die monatliche Nettoentlastung für Spitzenverdienerinnen und Spitzenverdiener um rund 100 Euro höher aus als das Kindergeld. Dabei wird diese Lücke immer größer. Hier brauchen wir dringend eine Reform, damit dem Staat in diesem Bereich zukünftig jedes Kind gleich viel wert ist. Bei den ärmsten Kindern wird die Hartz-IV-Regelsatzerhöhung fast vollständig von der Inflationsrate aufgefressen. Dabei müssten wir gerade diese Kinder besonders unterstützen.

Inzwischen sind eine halbe Million Kinder und Jugendliche auf die Tafeln angewiesen. Das sind 30 Prozent aller Tafelkundinnen und -kunden, und das, obwohl der Anteil der Kinder und Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung in Deutschland nur bei rund 16 Prozent liegt", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Nach wie vor alarmierend sind auch die aktuellen Pisa-Ergebnisse, nach denen Kinder aus armen Verhältnissen in ihren Leistungen deutlich hinter denen von finanziell privilegierten zurückbleiben, und dass Kinder aus armen Haushalten besonders häufig mit Lehrermangel zu kämpfen haben. An vielen Stellen gibt es Aufstiegsmöglichkeiten vor allem für Kinder aus finanziell gut gestellten Haushalten, während Bildungskarrieren für arme Kinder nahezu systematisch verhindert werden. Vor dem Hintergrund, dass Bildung als Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe und für den chancengerechten Zugang zu einer angemessenen beruflichen Entwicklung nachweislich von entscheidender Bedeutung ist, stellt dies eine himmelschreiende Ungerechtigkeit dar", so Hofmann weiter.

Die den Berechnungen zugrunde liegenden Daten und dazugehörige Grafiken finden sich unter www.dkhw.de/welttag-soziale-gerechtigkeit-2020.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 20.02.2020

Für Initiativen, Vereine und Projekte der Kinder- und Jugendarbeit aus dem gesamten Bundesgebiet besteht noch bis zum 31. März 2020 die Möglichkeit, Anträge bei den Förderfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes zu stellen und bis zu 5.000 Euro zu erhalten. In Ausnahmefällen können Projekte sogar mit bis zu 10.000 Euro gefördert werden. Ziel der Förderfonds ist die Bekanntmachung der Kinderrechte und die Verbesserung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen unter dem Aspekt der Mitbestimmung. Anträge können Vereine, freie Träger, Initiativen, Elterngruppen, Kinder- und Jugendgruppen sowie Schülerinitiativen für noch nicht begonnene Projekte stellen.

Das Deutsche Kinderhilfswerk hat in den letzten fünf Jahren durch seine Förderfonds 1.956 Projekte mit insgesamt rund 6.602.000 Euro unterstützt. Durch die Fonds erhalten Projekte, Einrichtungen und Initiativen finanzielle Unterstützung, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, zum Grundsatz ihrer Arbeit gemacht haben. Dabei geht es vor allem um Beteiligung in Bereichen demokratischer Partizipation, um Chancengerechtigkeit und faire Bildungschancen für benachteiligte Kinder, gesunde Ernährung oder kinder- und jugendfreundliche Veränderungen in Stadt und Dorf, auf Schulhöfen, Kita-Außengeländen oder Spielplätzen. Die Schaffung sinnvoller Freizeitangebote und Möglichkeiten zur Entwicklung einer kulturellen Identität, zu kultureller Bildung und Medienkompetenz sind ebenso Förderschwerpunkte.

So werden zum Beispiel Projekte gefördert, die das demokratische und politische Engagement von Kindern und Jugendlichen unterstützen, deren Mitbestimmung an Prozessen in Jugendeinrichtungen, Schule und Stadtteil ermöglichen, den Zugang zu Medien verbessern bzw. den kompetenten Umgang mit diesen befördern, oder Kinder und Jugendliche bei der kreativen Auseinandersetzung mit für sie relevanten Themen fördern. Ferner sollen Projekte Unterstützung erhalten, die bewegungsfördernde und interessante Spielorte im Wohnumfeld oder auf dem Schulgelände schaffen oder der Vernetzung, Sicherung bzw. Rückgewinnung von Spiel- und Aufenthaltsmöglichkeiten dienen. Voraussetzung für eine Bewilligung ist auch hier, dass die Kinder und Jugendlichen an der Planung und Durchführung des Projektes aktiv beteiligt werden.

Weitere Informationen zu den Förderfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes unter www.dkhw.de/foerderfonds.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 18.02.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert die Städte und Gemeinden in Deutschland zur strengeren Beachtung der Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention auf. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation ist es zwingend die Aufgabe der Kommunen, selbstständig Richtlinien und Prozesse zu entwickeln, um die UN-Kinderrechtskonvention einzuhalten. Auch die Kommunalaufsichten müssen die Kinderrechte endlich in den Fokus nehmen, indem sie kommunale Fortbildungen anregen, Handlungsempfehlungen für Kommunen entwerfen und letztendlich Verstöße gegen kinderrechtswidriges Handeln ahnden.

Ein im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes erstelltes Rechtsgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention in verschiedensten Bereichen des kommunalen Handelns angewandt werden müssen. Die Umsetzung der Konvention ist somit eine kommunale Querschnittsaufgabe und das gesamte Personal muss ressortübergreifend entsprechend geschult und informiert werden. Dazu empfiehlt das Gutachten zudem die Einrichtung einer koordinierenden Stelle in jeder kommunalen Gebietskörperschaft, die Wissen bündelt und als Ansprechpartner sowohl für die kommunalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch für die Kinder und Jugendlichen selbst dienen kann.

"Die Interessen von Kindern müssen stärker im alltäglichen Verwaltungshandeln berücksichtigt werden. Deshalb sollten betroffene Kinder und Jugendliche direkt in Verwaltungsentscheidungen einbezogen werden. Hier muss man systematisch prüfen, inwiefern die Interessen der Kinder betroffen sind und wie diese Interessen im Verwaltungsverfahren vertreten werden, beispielsweise durch speziell geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kommunen oder auch durch Kinder- und Jugendbeiräte oder -parlamente. Wir fordern zudem die Kommunalaufsichten dazu auf, bei Verstößen gegen Kinderrechte gegen die kommunalen Gebietskörperschaften vorzugehen. Dazu haben die Kommunalaufsichten die rechtlichen Mittel", betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das Gutachten "Kinderrechte im kommunalen Verwaltungshandeln" wurde im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes von Dr. Philipp B. Donath von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main erstellt. Es geht insbesondere der Frage nach, welche Rechtsfolgen und welche Verpflichtungen sich aus Artikel 3 (Vorrang des Kindeswohls) und Artikel 12 (Recht auf Beteiligung) der UN-Kinderrechtskonvention für das kommunale Verwaltungshandeln ergeben. Es kann unter www.dkhw.de/kinderrechte-verwaltungshandeln heruntergeladen werden. Die Erstellung des Gutachtens erfolgte im Rahmen eines Projekts der Koordinierungsstelle Kinderrechte des Deutschen Kinderhilfswerkes. Die Koordinierungsstelle Kinderrechte begleitet die Umsetzung der aktuellen Strategie des Europarates für die Rechte des Kindes (Sofia-Strategie 2016-2021) und wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 13.02.2020

Ausnahmeregelungen hinsichtlich des Werbeverbots und der Strafbarkeit streichen

In seiner heutigen Sitzung hat der Bundesrat das Gesetz der Bundesregierung zum Verbot von sogenannten Konversionsbehandlungen behandelt und Nachbesserungen empfohlen. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Sogenannte Konversionsbehandlungen sind gefährlich und führen zu großem Leid bei den Betroffenen. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt daher die vom Bundesrat empfohlenen Nachbesserungen beim Gesetz zum Verbot von Konversionsbehandlungen. Wir fordern Bundesregierung und Bundestag dazu auf, sich im weiteren Gesetzgebungsverfahren für notwendige Änderungen stark zu machen. Ziel muss ein effektives Verbot und die konsequente Ächtung dieser Angebote sein.

Der LSVD stimmt mit dem Bundesrat darin überein, dass sowohl die vorgesehenen Ausnahmeregelungen im Werbeverbot und als auch hinsichtlich der Strafbarkeit zu streichen sind. Sorgeberechtigte sollten niemals straffrei in Behandlungen von Minderjährigen einwilligen können dürfen. Die von der Bundesregierung vorgesehene Ausnahmeregelung hinsichtlich der Strafbarkeit für Erziehungsberechtigte ist verfehlt und muss ersatzlos gestrichen werden. Denn mit einer Einwilligung wird die Fürsorge- und Erziehungspflicht nicht nur in Ausnahmefällen, sondern immer gröblich verletzt.

Der Bundesrat bittet ebenfalls um eine Überprüfung der vorgesehenen Schutzaltersgrenze. Der Regierungsentwurf soll die Durchführung von Behandlungen an Volljährigen erlauben, wenn eine informierte Einwilligung vorliegt. Das hält der LSVD für verfehlt. Die Idee der wirksamen informierten Einwilligung in eine Konversionsbehandlung begegnet ohnehin grundsätzlich erheblichen rechtlichen Bedenken. Zumindest sollte in Anlehnung an die Sozialgesetzgebung eine Schutzaltersgrenze von 26 Jahren vorgesehen werden. Bei jungen Menschen in der Altersgruppe zwischen 18 und 26 Jahren ist vielfach ein vergleichbarer Schutzbedarf wie bei Minderjährigen gegeben, gerade auch was Coming-out-Verläufe und familiäre Abhängigkeiten angeht. Der LSVD unterstützt auch die empfohlenen flankierenden Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit.

Die Sicherstellung des psychischen und physischen Wohlergehens von Lesben, Schwulen, bisexuellen und transgeschlechtlichen Menschen und der Schutz vor Schäden durch Konversionsbehandlungen sind Aufgabe des Staates. Der LSVD und das Bündnis #HomoBrauchtKeineHeilung haben die Landesregierungen mit der Bitte angeschrieben, sich im Bundesrat für notwendige Veränderungen am Gesetzestext stark zu machen. Wir danken allen Landesregierungen, die für die Nachbesserungen gestimmt haben.

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 14.02.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 05. – 06. März 2020

Veranstalter: Evangelische Akademie Loccum

Ort: Rehburg-Loccum

Tagungsgebühren: Regulär 120 €, Ermäßigt 60 €

Seit 01.01.2019 sind mit Inkrafttreten des Teilhabechancengesetzes die Möglichkeiten öffentlich geförderter Beschäftigung für Langzeitarbeitslose stark ausgeweitet worden. Was haben der Soziale Arbeitsmarkt und andere Initiativen – auch auf regionaler Ebene – bislang gebracht, was hat sich als förderlich, was als hinderlich erwiesen, sind unerwünschte Nebenwirkungen eingetreten? Welche Lehren können für die Praxis und die künftigen politischen und administrativen Weichenstellungen gezogen werden?

Weitere Informationen zum Programm und die Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 07. März 2020

Veranstalter: Familien Freundlich Lichtenberg, Lichtenberger Frauen*beirat und Lesben Leben Familie (LesLeFam) e. V.

Ort: Berlin

Die Verleihung des Frauen*preises durch den Bezirksbürgermeister Michael Grunst ist Höhepunkt und Abschlussveranstaltung der Lichtenberger Frauen*woche. Unter dem Motto Lichtenberg in Frauen*hand – Sexismus hat keine Chance möchten wir Sie herzlich einladen, mit uns in den 8. März hinein zu feiern und die Träger*in des Lichtenberger Frauen*preises 2020 zu würdigen.

Es spricht Claudia von Gèlieu als Clara Zetkin über Regeln für ein gemeinsames politisches Wirken von Frauen* und Männern*, das Recht auf Arbeit und ökonomische Unabhängigkeit von Frauen* sowie die Entlastung von Care-Arbeit und Arbeitszeitverkürzung.

Es erwartet Sie ein musikalisches Programm mit:

Judiths Krise Frauen Chor
FaulenzA Trans*female Rap
Duo Akcordis Cello und Akkordeon

Ein Imbiss wird gereicht.

Auf Grund der begrenzten Plätze ist eine Anmeldung unter majel.kundel@lichtenberg.berlin.de erwünscht.

Anschließend:

Frauen*party in den 8. März, 21 Uhr
Havanna Bar, Schostakowitsch Saal
Stolzenfels Str. 1, 13018 Berlin

Termin: 04. – 06. Mai 2020

Veranstalter: AWO-Bundesakademie

Ort: Berlin

Armut in der Kindheit muss als schwerwiegende Problemlage angesehen werden, aktuell gelten rund 3 Millionen Kinder und Jugendliche als arm. Hierunter befinden sich auch viele Kinder im Krippen- und Kindergartenalter. Auch in jungen Jahren wird Armut – und damit Entbehrungen in unterschiedlichen Bereichen – zum zentralen Merkmal in der Kindheit. Für die Arbeit in Kindertageseinrichtungen stellt sich der Umgang mit armutsbelasteten Kindern und Familien als Herausforderung dar. Gleichwohl muss die Kita als wichtige Ressource zur Stärkung von armutsbetroffenen Kindern angesehen werden.

Fragen und Themen der Weiterbildung:

  • Wissen zu Einkommensarmut und deren Auswirkungen
  • Reflexion der eigenen Bilder zu Armut
  • Auswirkungen von Armut
  • Belastungen der Kinder/Familien erkennen und Umgang damit in der Kita
  • Wie kann das Thema in der Kita behandelt werden? (Konzeption der Kita, Umgang mit den Familien, Vernetzung und Kooperation)
  • Ressourcen der Kinder stärken.

Weitere Informationen zum Programm und die Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 04. – 05. Mai 2020

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Ort: Weimar

Veranstaltungskosten Deutscher Verein:
Mitglieder: 145,00 € | Nichtmitglieder: 181,25 €

Tagungsstättenkosten (incl. Unterkunft/ Verpflegung/ Raum- und Technikkosten und gesetzl. Ust.):
Mitglieder: 142,00 € | Nichtmitglieder: 142,00 €

Für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Jobcentern, Kommunen und Beratungsstellen stellen die Leistungsgewährung an Unionsbürgerinnen und -bürger sowie deren Beratung eine Herausforderung dar. Der Deutsche Verein möchte daher praxisrelevante Rechtsfragen vorstellen und diskutieren, nachdem es in den vergangenen Jahren mehrere Gesetzesänderungen und eine dynamische Rechtsprechung gegeben hat. Dafür sollen Grundlagen des Freizügigkeitsrechts, der Begriff des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin und des bzw. der selbständig Erwerbstätigen i.S.d. Sozialgesetzbuchs (SGB) II, Leistungsausschlüsse im SGB II und im SGB XII sowie ihre verfassungskonforme Auslegung, Gesundheitsversorgung sowie Umgang mit Obdachlosigkeit und damit zusammenhängende Fragen des SGB VIII aufgegriffen werden.

Diese Veranstaltung richtet sich an Fach- und Leitungskräfte öffentlicher und freier Träger, die mit der Beratung von Unionsbürgerinnen und -bürgern, der Gewährung von Leistungen an sie oder der Wahrnehmung von Integrationsaufgaben befasst sind.

Anmeldeschluss ist am 5. März 2020.

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter: www.deutscher-verein.de/de/va-20-sozialleistungen-unionsbuergerinnen

Termin: 15. Mai 2020

Veranstalter: Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V.

Ort: Frankfurt am Main

Sie werden eingeladen, familienpolitische Leistungen mal durch die Brille migrantischer Familien
anzuschauen. Kennen die Familien diese Leistungen, das Elterngeld und Kindergeld sowie den
Kinderzuschlag? Können die Familien daran partizipieren? Und welche Voraussetzungen müssen sie erbringen? Welche Rolle spielen Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsstatus?

Die Veranstaltung richtet sich an Eltern, an pädagogische Fachkräfte und Multiplikator*innen sowie
an die interessierte Öffentlichkeit.

Mitwirken wird u.a.:
Claudius Voigt, Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e. V., Münster,
Projekt Q – Büro zur Qualifizierung der Flüchtlings- und Migrationsberatung.

Gesprächsrunde mit Praktiker*innen von Beratungsstellen, Familienzentren und
Migrant*innenorganisationen.

Weitere Informationen über die Webseite www.verband-binationaler.de oder über Facebook.

AKTUELLES

Erste Ergebnisse der Nacht der Solidarität hat Senatorin Elke Breitenbach am 7. Februar 2020 auf einer Pressekonferenz vorgestellt. Sie bilden die Grundlage für eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung der bisherigen Angebote für Obdachlose. Einen Überblick über die Ergebnisse können Sie hier herunterladen.

Straßenzählung

Nacht der Solidarität – Erste Ergebnisse 07.02.2020, PDF-Dokument (1.5 MB)

Download

Befragung Kältehilfeunterkünfte – Vergleich zur Straßenzählung

Befragung Kältehilfeunterkünfte – Vergleich zur Straßenzählung 19.02.2020, PDF-Dokument (943.7 kB)

Download

Ergebnisse des dritten Regenbogenparlaments in Hamburg

Wie lässt sich Akzeptanz von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen und queeren Kindern und Jugendlichen (LSBTI) in der Jugendarbeit und Bildung, in der Kinder- und Jugendhilfe, in Schule und Medien fördern und LSBTI-Feindlichkeit entgegentreten? Die presse@lsvd.de kostenfrei bestellt werden.

Beim dritten bundesweiten Regenbogenparlament „Akzeptanz von LSBTI* in Jugendarbeit und Bildung“ diskutierten Lehr- und Fachkräfte aus den Bereichen Bildung, Kinder- und Jugendhilfe, Verwaltung und Jugendverbandsarbeit sowie Politiker*innen, Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen aus dem Inland und Ausland darüber, wie Regenbogenkompetenz in der Kinder- und Jugendarbeit, in Schule und Medien erhöht werden kann.

Aus dem Inhalt

Queering Jugendarbeit – Sichtbarkeit, Empowerment und Diskriminierungsschutz für eine demokratische Gesellschaft. Keynote von Prof. Dr. Melanie Groß (Professur für Erziehung und Bildung mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit an der FH Kiel)

Fachforum 1: Jugendverbandsarbeit queer gedacht?!
mit Julia Niedermayer (Bundesleitung, Katholische junge Gemeinde KjG), Oliver Ohm (Fachvorstand Vielfalt, Landesjugendring Niedersachsen), Michael Rogenz (DLRG-Jugend – Referent für allgemeine und politische Jugendbildung), Nora Meduri (Projektkoordinator*in und Bildungsreferent*in Jugendnetzwerk Lambda)

Fachforum 2: Vielfältige Geschlechter in der Kinder- und Jugendhilfe
mit Mirja Janine Sachs (Vorstand von Trans* in Niedersachsen), Andreas Schröder – Fachl. Leitung Queer Leben), Ursula Rosen (2. Vorsitzende_r, Intersexuelle Menschen e.V.)

Fachforum 3: Vielfalt in Schule und Unterricht stärken
mit Frank Thies (Bisexuelles Netzwerk / Julius-Leber-Schule), Svea Meyer-Nixdorf (Magnus-Hirschfeld-Zentrum, Schulaufklärungsprojekt „Soorum”), Jean Matthias Dilg & Tom Oberle (Landesschüler*innenvertretung Rheinland-Pfalz), Silke Arndt-Olejarz (1. Vorsitzende_r Intersexuelle Menschen e.V.)

Fachforum 4: Jugend international – jung & engagiert für Vielfalt und Menschenrechte
mit Ruslan (Coming-Out St. Petersburg), Hanna Schüßler (Fachreferentin Inclusion & Diversity, JUGEND für Europa) & Inge Linne (Projektreferentin Europäische Projekte und Veranstaltungen, JUGEND für Europa), Anton (T-Action St. Petersburg), Lara Maibaum (Teilnehmende aus dem Jugendaustausch „For our Rainbow Future“), Andrea Arnemann (Aufsichtsratsvorsitzende von AFS Interkulturelle Begegnungen / Mitbegründerin von QueerTausch/QueerExchange)

Fachforum 5: Queer und sicher im Netz
mit Dr. Claudia Krell (Deutschen Jugendinstitut), Sarah Bast (Gorizi – Bundesweites Portal für junge Lesben – Frauenzentrum Mainz), Pavlo Hrosul (Kampagne”#NoHateMe – Stoppt digitales Mobbing”)

Podiumsdiskussion „Jugendpolitik queer gedacht“
mit Hetav Tek (Stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Bundesjugendrings), Caroline Lentz (Stadträtin für Die Linke in Dresden / Linksjugend Sachsen), Timo Hackemann (Jusos Hamburg / SPDqueer Hamburg), Joe Goldyn (Jugendnetzwerk lambda::nord)

Was sind die Regenbogenparlamente?

Das Regenbogenparlament ist Teil des LSVD-Projekts „Miteinander stärken. Rechtspopulismus entgegenwirken“ und finden seit 2018 als bundesweite Foren statt, um dem fachlichen Austausch zum Thema „Regenbogenkompetenz“ in den wichtigsten Gesellschafts- und Politikbereichen zu intensivieren. Gleichzeitig will dieses Format Impulsgeber sein für neue Allianzen und Bündnisse zwischen LSBTI*-Vereinen, Multiplikator*innen und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen. Das erste Regenbogenparlament fand in Berlin, das zweite Regenbogenparlament in Köln statt.rene.mertens@lsvd.de anmelden.

Das Regenbogenparlament in Hamburg war eine Veranstaltung des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) in Kooperation mit der Hamburger Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung (BWFG) sowie der Universität Hamburg. Die Veranstaltung wurde unterstützt von: Lesben- und Schwulenverband (LSVD) Hamburg, LSVD-Landesverband LSBTI* Mecklenburg-Vorpommern „Gaymeinsam“ und German Rainbow Golfers sowie – im Rahmen einer Mobilitätspartnerschaft – von FlixMobility GmbH (Flixbus). Moderiert wurde das Regenbogenparlament von Alfonso Pantisano (LSVD-Bundesvorstand).

Der Familien- und Sozialverein des LSVD als Projektträger wird gefördert in der Strukturentwicklung zum bundeszentralen Träger im Themen- und Strukturfeld „Akzeptanzförderung und Empowerment für lesbische, schwule, bi- und intersexuelle beziehungsweise intergeschlechtliche Menschen und ihre Angehörigen“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“.

Weiterlesen

Aktuell stehen zehn Kitas und zehnlokaleBündnisse für frühe Bildung im Finale des Deutschen Kita-Preises und fiebern der Jury-Entscheidung entgegen.Sie alle zeigen, wieguteQualität in der frühen Bildung, Betreuung und Erziehung aussehen kann.

Deutschlandweit engagieren sich aber noch viele weitere Einrichtungen und Initiativen dafür, dass Kinder bestmöglich gefördert werden.Aus diesem Grund loben das Bundesfamilienministerium und die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung gemeinsam mit weiteren Partnern auchim nächsten Jahrden Deutschen Kita-Preis aus. Ab sofort können alleinteressiertenKitas und Bündnissemit ihrer Bewerbung um den Deutschen Kita-Preis 2021 beginnen.

Wie läuft die Bewerbung ab? Unterwww.deutscher-kita-preis.de/bewerbungkönnen sie sich registrieren, die Bewerbungsfragen beantworten und ihr Motivationsschreiben erstellen. Der Bearbeitungsstand kann jederzeit gespeichert werden. Die fertigen Unterlagenkönnen die Teilnehmendenzwischen dem 15. Mai und 15. Juli 2020 einreichen– mit etwas Vorarbeit reicht dann ein einfacher Klick auf den Absende-Button.

Preisverdächtig sind Kitas und lokale Bündnisse, die die Kinder überzeugend in den Mittelpunkt ihrer pädagogischen Arbeit stellen, Fachkräfte, Eltern und Nachbarschaft einbinden sowie aus ihren Erfahrungen lernen. Bei der Auswahl werden ganz bewusst nicht nur gute Ergebnisse in den Blick genommen – auch gute Prozesse und die Gegebenheiten vor Ort werden berücksichtigt. Denn Qualität in der frühen Bildung hat viele Gesichter. Fünf Kindertageseinrichtungen und fünf Bündnisse werden mit dem Preis geehrt. Die Auszeichnung ist mit insgesamt 130.000 Euro dotiert. In den beiden Kategorien „Kita des Jahres“ und „Lokales Bündnis für frühe Bildung des Jahres“ wartet ein Preisgeld von jeweils 25.000 Euro auf die Erstplatzierten. Zudem werden pro Kategorie vier Zweitplatzierte mit jeweils 10.000 Euro ausgezeichnet.Informationen zur Bewerbung, den Kriterien und dem Auswahlverfahren finden Sie auf www.deutscher-kita-preis.de.

Kategorien
ZFF-Info

ZFF-Info 02/2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt über eine Vorlage des Oberlandesgerichts Hamm. Die Vorlage betrifft den Versorgungsausgleich bei Ehescheidung, hier in der Form der sogenannten externen Teilung von Betriebsrenten nach § 17 VersAusglG. Der Versorgungsausgleich wird heute grundsätzlich im Wege der sogenannten internen Teilung durchgeführt, bei der das Familiengericht für die ausgleichsberechtigte Person ein Anrecht bei dem Versorgungsträger überträgt, bei dem auch das im Versorgungsausgleich zu teilende Anrecht der ausgleichspflichtigen Person besteht. Nach § 17 VersAusglG ist hingegen auf Wunsch des Versorgungsträgers auch gegen den Willen der ausgleichsberechtigten Person die sogenannte externe Teilung vorzunehmen. Dies gilt für Anrechte aus einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse, sofern sie nicht die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten. Bei der externen Teilung begründet das Familiengericht für die ausgleichsberechtigte Person ein Anrecht bei einem anderen Versorgungsträger. Hierbei kann es nach Einschätzung des vorlegenden Gerichts zulasten der ausgleichsberechtigten Person zu erheblichen Transferverlusten kommen. Die Ausgleichsberechtigten, überwiegend Frauen, erhalten danach unter Umständen eine geringere Altersversorgung aus Betriebsrenten als bei interner Teilung und als die Ausgleichspflichtigen. Hintergrund ist die Zinsentwicklung der vergangenen Jahre. Diese schlägt sich bei der Berechnung der Höhe des für die ausgleichsberechtigte Person bei dem anderen Versorgungsträger zu begründenden Anrechts nieder, weil es aufgrund der Zinsentwicklung bei externer Teilung zu einem für die ausgleichsberechtigte Person ungünstigen Rechnungszinsgefälle zwischen Quell- und Zielversorgung kommen kann.

Das vorlegende Gericht sieht in der Regelung des § 17 VersAusglG eine Verletzung des sich aus Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 GG ergebenden Halbteilungsgrundsatzes und des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG), da insoweit eine annähernd gleiche Aufteilung des Erworbenen zwischen den geschiedenen Ehepartnern nicht gewährleistet sei.

Quelle: Pressemitteilung Bundesverfassungsgericht vom 17.01.2020

Deutsches Institut für Menschenrechte erstellt konkretes Konzept mit Fördermitteln des BMFSFJ

Bundesfrauenministerin Giffey hat den Startschuss zum Aufbau einer Monitoringstelle gegen Gewalt an Frauen und zur Bekämpfung des Menschenhandels gegeben. Das BMFSFJ fördert dazu seit Januar 2020 mit rund 500.000 Euro ein Projekt des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR). Ziel ist es, bis Ende des Jahres ein konkretes Konzept für die neue Monitoringstelle fertig zu stellen. Das Vorhaben ist Teil der Umsetzung der sogenannten Istanbul-Konvention („Europaratsübereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“) sowie der Europaratskonvention zur Bekämpfung des Menschenhandels.

Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey: „Im Kampf gegen Gewalt an Frauen ist die 2018 in Deutschland in Kraft getretene Istanbul-Konvention ein Meilenstein. Deutschland ist der Konvention beigetreten und hat sich damit dazu bekannt, konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Der Aufbau der Monitoringstelle ist ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der Konvention. Mithilfe der Monitoringstelle können wir Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt und gegen Menschenhandel künftig noch effektiver steuern und neue Strategien entwickeln, damit Unterstützung, Schutz und Beratung auch wirklich bei den Betroffenen ankommen. Als Frauenministerin arbeite ich mit aller Kraft daran, dass von Gewalt betroffene Frauen und auch Männer Hilfe erhalten und dass die Prävention gestärkt wird: Gewalt gegen Frauen geht uns alle an – gemeinsam sind wir stärker als Gewalt.“

Am 1. Februar 2020 jährt sich für Deutschland zum zweiten Mal das Inkrafttreten der sogenannten Istanbul-Konvention. Deutschland hat sich mit der Konvention dazu verpflichtet, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, Betroffenen Schutz und Unterstützung zu geben und Gewalt zu verhindern.

Die Bundesregierung setzt mit der geplanten unabhängigen Monitoringstelle nicht nur die Vorgaben der Istanbul-Konvention noch gezielter um, sondern greift zugleich auch die Empfehlungen des Europarates zur Bekämpfung von Menschenhandel auf. Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) wird daher auch ausarbeiten, wie die Monitoringstelle zur effektiveren Bekämpfung aller Formen des Menschenhandels beitragen kann.

Das DIMR hat die Aufgabe, die Umsetzung der menschenrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands zu beobachten und zu befördern. Das Institut ist bereits seit 2009 bzw. 2015 mit dem unabhängigen Monitoring der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und der UN-Kinderrechtskonvention beauftragt und hat dafür entsprechende Monitoringstellen eingerichtet.

Das DIMR ist eine unabhängige nationale Menschenrechtsinstitution nach den Pariser Prinzipien der Vereinten Nationen sowie dem Gesetz über die Rechtsstellung und Aufgaben des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMRG).

Weitere Maßnahmen des BMFSFJ gegen Gewalt an Frauen

Im November 2019 hat Bundesfamilienministerin Giffey die bundesweite Initiative „Stärker als Gewalt“ gestartet, in der sich Organisationen zusammengeschlossen haben, die im Bereich Hilfe und Unterstützung aktiv sind. Die Initiative wendet sich ausdrücklich an betroffene Frauen und Männer, aber auch an ihr Umfeld. Die Internetseite der Initiative bündelt eine Vielzahl an Hilfs- und Beratungsangeboten: https://staerker-als-gewalt.de/.

Die Initiative ist eingebettet in das Gesamtprogramm der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegenüber Frauen und ihren Kindern im Rahmen der Umsetzung der Istanbul-Konvention und des Koalitionsvertrags. Seit 2018 arbeitet der von Ministerin Giffey eingerichtete Runde Tisch von Bund, Ländern und Gemeinden, mit dem das Hilfenetz deutlich verstärkt und verbessert werden soll. Mit dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ will das Bundesfrauenministerium in den nächsten vier Jahren ab 2020 insgesamt 120 Millionen Euro zusätzlich für den Ausbau von Beratungsstellen und Frauenhäusern bereitstellen. Die entsprechenden Fördergrundlagen und das Förderverfahren werden in den kommenden Wochen auf der Internetseite des BMFSFJ veröffentlicht.

Hilfetelefon berät rund um die Uhr in 17 Sprachen

Hilfe und Rat gibt es auch beim bundesweiten Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“. Unter der Nummer 08000 116 016 bekommen Betroffene und ihr Umfeld Unterstützung und Informationen, zum Beispiel über Beratungsstellen in ihrer Nähe.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 31.01.2020

Bundesfamilienministerin Giffey würdigt die Verdienste der Stiftung: Über vier Millionen Mütter profitierten von den Kuren – Zahl der unterstützten Väter steigt

Das Müttergenesungswerk (MGW) feiert heute seinen 70. Geburtstag. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey gratuliert zum Jubiläum und würdigt die Verdienste der Stiftung: „Über 4 Millionen Mütter konnten in den vergangenen 70 Jahren von den Kuren profitieren und kehrten gestärkt in den Alltag zurück. Frauen sind auch heute noch meistens diejenigen, die sich – oft neben beruflicher Tätigkeit – besonders um die Familie kümmern: um die Kinder, um den Haushalt, zunehmend auch um pflegebedürftige Angehörige. Eine Kur in einer Klinik des Müttergenesungswerks gibt ihnen Zeit zum Luftholen und Auftanken. Sie hilft ihnen, sich wieder stärker auf sich selbst zu konzentrieren. Erfreulicherweise bringen sich aber auch Väter immer stärker in die Familien- und Erziehungsarbeit ein. Das Müttergenesungswerk hat diese gesellschaftliche Entwicklung aufgegriffen und bietet heute auch spezielle Angebote für Väter an. Mittlerweile gehen jährlich etwa 2.000 Väter in Kur –Tendenz steigend. Diese Entwicklung werden wir weiter unterstützen. Denn auch Papas brauchen neue Energie“, so Franziska Giffey.

Jahrzehntelang setzte sich das Müttergenesungswerk dafür ein, dass Kurmaßnahmen gesetzlich geregelt werden. Heute gehören sie zu den Pflichtleistungen der Gesetzlichen Krankenkassen. Belastete Mütter und Väter haben damit, sofern auch eine entsprechende medizinische Indikation besteht, ein Recht auf Vorsorgemaßnahmen mit oder ohne Kinder in den Kliniken des MGW. In keinem Land der Welt hat die Genesung von Müttern und Vätern einen vergleichbar hohen Stellenwert – es ist das Verdienst von Generationen von Frauen, die sich als Vertreterinnen des Müttergenesungswerkes hartnäckig für die Belange von gesundheitlich belasteten Eltern engagiert haben.

Mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz wurde 2012/2013 die Grundlage geschaffen, dass auch pflegende Angehörige Kurangebote in Einrichtungen des MGW in Anspruch nehmen können. Der Bedarf wächst stetig für pflegende Frauen, aber auch für pflegende Männer.

Dazu Ministerin Giffey: „Ich bin sehr froh, dass wir Bau- und Umbaumaßnahmen in Einrichtungen des Müttergenesungswerkes fördern können. Die mittlerweile sechs Millionen Euro jährlich, die das Bundesfamilienministerium dem Müttergenesungswerk gewährt, sind eine gute Investition für die Gesundheit von Müttern, Vätern, Kindern und pflegenden Angehörigen“.

Elly Heuss-Knapp, die Frau des ersten Bundespräsidenten, gründete 1950 die nach ihr benannte Stiftung „Elly Heuss-Knapp-Stiftung – Müttergenesungswerk“. Zu Beginn standen die Belastungen der Familien durch die Kriegsfolgen im Vordergrund. Elly Heuss-Knapp erreichte, dass im Kriegshilfenfolgengesetz das Wort „Mütter“ aufgenommen wurde. Dadurch kamen viele Kriegswitwen zur Kur aber auch Mütter von behinderten Kindern oder Landfrauen. Erst später kamen Angebote für Mütter mit ihren Kindern dazu.

Unter dem Dach des MGW sind 74 Kliniken zusammengeschlossen, die Vorsorge- und Rehamaßnahmen für die unterschiedlichen Zielgruppen anbieten. Jährlich nehmen fast 50.000 Mütter sowie 2.000 Väter an Kurmaßnahmen in den Kliniken des MGW teil. Dazu kommen rund 70.000 Kinder, die mit ihren Müttern oder Vätern zur Kur fahren. Zum Netzwerk des MGW gehören mehr als 1.000 Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände, die Interessierte unter anderem bei der Antragsstellung unterstützen.

Mehr Informationen über das Müttergenesungswerk finden Sie hier: www.muettergenesungswerk.de

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 31.01.2020

Ministerin Giffey und DIW-Professorin Spieß stellen Gutachten zur Auswirkung der Ganztagbetreuung vor

Welche Auswirkungen hat der Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder auf die Erwerbstätigkeit der Eltern und insbesondere der Mütter? Welche Mehreinnahmen bei Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sowie Einsparungen bei Sozialleistungen sind zu erwarten? Dieser Frage ist das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) im Auftrag des BMFSFJ in einem Gutachten nachgegangen. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey und Prof. Dr. C. Katharina Spieß (Leiterin der Abteilung Bildung und Familie im DIW Berlin) haben die Ergebnisse heute im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt.

Kernergebnis des Gutachtens ist: Die Erwerbstätigkeit und das Erwerbsvolumen von Müttern steigt, wenn es mehr Ganztagsangebote für Grundschulkinder gibt. Je nach durchgerechnetem Szenario steigt dem Gutachten zufolge die Erwerbsquote von Müttern um 2 bis 6 Prozentpunkte. Familien haben dadurch ein höheres Einkommen und sind seltener auf Sozialtransfers angewiesen. Und auch die öffentlichen Haushalte profitieren von höheren Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen und müssen weniger für Sozialtransfers ausgeben. Die Mehreinnahmen liegen je nach Szenario zwischen einer und zwei Milliarden Euro pro Jahr.

Bundesfamilienministerin Giffey:

„Für uns als Familienministerium geht es beim Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung vor allem um die Chancengerechtigkeit für alle Kinder und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Davon profitieren Kinder, Eltern und auch die Arbeitgeber. Was bisher aber kaum diskutiert wird: Die Ganztagsbetreuung hat auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen – und der liegt unserem Gutachten zufolge bei bis zu 2 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist also ein weiteres, gutes Argument, um intensiv am Ausbau der Ganztagsbetreuung zu arbeiten.“

Frau Prof. Dr. Spieß (DIW Berlin) erläutert:

„Unser Gutachten zeigt, dass der Ausbau der Betreuungsangebote sich zu einem nicht unerheblichen Teil selbst finanziert. Der Ausbau ermöglicht Frauen, überhaupt erwerbstätig zu sein oder ihre Arbeitszeit aufstocken. Das kommt nicht nur den Familien zugute. Unter dem Strich verzeichnen Staat und Sozialversicherungen deutliche Mehreinnahmen. Das sorgt dafür, dass sich der Ausbau von Ganztagsangeboten zum Teil selbst finanziert – je nach Szenario und Kostenschätzung zu 30 bis 90 Prozent."

Weitere Ergebnisse des Gutachtens:

Der Hauptfokus des DIW-Gutachtens liegt darauf, die fiskalischen Effekte des Ausbaus der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder abzuschätzen. Vergleicht man diese fiskalischen Mehreinnahmen mit den Gesamtkosten des Ausbaus, die in früheren Studien geschätzt wurden, ergibt sich ein „Selbstfinanzierungsanteil“ von 32 bis 72 Prozent. Setzt man die jährlichen Mehreinnahmen in Relation zu den jährlichen Betriebskosten der zusätzlich nachgefragten Ganztagsplätze, so ergibt sich ein Selbstfinanzierungsanteil je nach Szenario von etwa 40 bis 89 Prozent.

Unter dem folgenden Link finden Sie das DIW-Gutachten: http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.702895.de/diwkompakt_2020-146.pdf

Umsetzung des Rechtsanspruchs bis 2025

Im Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode wurde vereinbart, dass bis 2025 der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter eingeführt werden soll. Dazu unterstützt der Bund die Länder mit Finanzhilfen in Höhe von zwei Milliarden Euro. Diese werden über ein Sondervermögen des Bundes zur Verfügung gestellt, dass das Bundeskabinett am 13. November 2019 auf den Weg gebracht hat. Die Regelungen zum Rechtsanspruch und für die Finanzhilfen an die Länder folgen noch in diesem Jahr.

Bund und Länder haben sich bereits in einer Arbeitsgruppe über den Umfang des Rechtsanspruchs verständigt: Der Rechtsanspruch soll eine Betreuung von 8 Stunden an 5 Tagen pro Woche für die Klassen 1 bis 4 regeln. Auch die Ferienbetreuung soll abgedeckt sein, höchstens 4 Wochen Schließzeiten sollen noch möglich sein.

Nach Berechnungen des Deutschen Jugendinstituts liegen die Kosten bei einer Betreuungsquote von 75% für die Investitionskosten zwischen 4,4 und 6,5 Milliarden Euro und bei den Betriebskosten pro Jahr zwischen 2,6 und 3,9 Milliarden Euro.

Weitere Informationen zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung finden Sie auf unserer Internetseite: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/familie/kinderbetreuung/ganztagsbetreuung/betreuungsluecken-fuer-grundschulkinder-schliessen/133604

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.01.2020

Vorschläge zur Weiterentwicklung der Präventionsarbeit sollen bis Frühjahr 2020 erarbeitet und dem Bundeskabinett vorgelegt werden

Bundesfamilienministerin Giffey und Bundesinnenminister Seehofer haben heute mit Fachleuten über die aktuelle Präventionsarbeit der Bundesregierung beraten. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie bestehende Programme langfristig weiterentwickelt werden müssen, um die Qualität und Wirkung der Präventionsarbeit insbesondere in den Themenfeldern Rechtsextremismus und Antisemitismus langfristig zu stärken.

Das Fachgespräch ist ein wichtiger Beitrag zur Umsetzung des Maßnahmenpakets der Bundesregierung zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität, das am 30. Oktober 2019 im Bundeskabinett beschlossen wurde. Wesentlicher Bestandteil des Maßnahmenpakets sind der Ausbau und die Verstetigung der vorhandenen Präventionsprogramme, beispielsweise „Demokratie leben!“ und „Zusammenhalt durch Teilhabe“.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Die Attacken auf engagierte Demokratinnen und Demokraten vor Ort, die Einschüchterungen und Angriffe, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den Kommunen erleben, all das zeigt, dass der Rechtsextremismus eine reale Gefahr für unsere Demokratie ist. In dieser Situation müssen wir die Kräfte bündeln und die Arbeit der Bundesregierung eng abstimmen – genau dazu dient der Schulterschluss zwischen dem Bundesinnenministerium und dem Bundesfamilienministerium heute. Es braucht beides: Einerseits konsequente Strafverfolgung und null Toleranz für rechtsextreme Angriffe. Andererseits die Unterstützung der Menschen, die vor Ort Hass und Menschenfeindlichkeit entgegentreten. Wir stehen für Beides: die ausgestreckte Hand und das Stoppsignal. Das Stoppsignal geht dabei an all diejenigen, die die Grenzen der freiheitlichen Grundordnung überschreiten. Um die engagierten Demokratinnen und Demokraten noch besser zu fördern, müssen wir die rechtlichen Grundlagen anpassen. Mit dem heute gestarteten Dialog werden wir herausarbeiten, welche konkreten Schritten dazu nötig sind.“

Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Horst Seehofer: „Als Bundesinnenminister ist es mir wichtig, dass alle Menschen in Deutschland sicher leben können. Sicherheit und Prävention gehören zusammen. Neben dem Staat kommt der Gesellschaft heute mehr denn je eine zentrale Rolle im Kampf gegen Extremismus und Antisemitismus zu. Vereine und Verbände sind gerade im ländlichen Raum besonders wichtige Partner. Sie sind oft das verbindende Element in unserer Gesellschaft. Mit dem Programm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ wollen wir ihnen sinnbildlich den Rücken stärken. Mein Haus wird zudem zu einem Bund-Länder-Austausch einladen, um die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden mit staatlichen und zivilgesellschaftlichen Trägern der Prävention im gemeinsamen Einsatz gegen Rechtsextremismus auszubauen.“

Tragende Säulen der „Strategie der Bundesregierung zur Extremismusprävention und Demokratieförderung“ sind Maßnahmen der politischen Bildung, das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und das Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Die Bundesprogramme starten 2020 in eine neue Förderperiode.

Stärkung der politischen Bildung und des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“

Die Stärkung politischer Kompetenz und Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger sowie die Auseinandersetzung mit extremistischem Denken und Handeln ist eine der wichtigsten Aufgaben der Arbeit der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB). 2020 wird die Arbeit der BpB durch einen deutlichen Personalzuwachs von mehr als 20% und zusätzliche Haushaltsmittel für Maßnahmen der politischen Bildung gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus sowie neue Ansätze in ländlichen Räumen und im Netz gestärkt. Ein Schwerpunkt in der Arbeit der BpB liegt in der Durchführung des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ mit einem jährlichen Fördervolumen von 12 Mio. Euro. https://www.bmi.bund.de/DE/themen/heimat-integration/gesellschaftlicher-zusammenhalt/zusammenhalt-teilhabe/zusammenhalt-teilhabe-node.html

Weiterentwicklung des Bundesprogramms „Demokratie leben!“

Das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ wird auch in den kommenden Jahren mit über 115 Mio. Euro pro Jahr ausgestattet. Für die Förderperiode 2020-2023 stehen insgesamt über 460 Millionen Euro zur Verfügung. Schwerpunkte des Bundesprogramms sind die Arbeit gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus sowie die Stärkung des lokalen Engagements in den 300 lokalen „Partnerschaften für Demokratie“ und der Teams der Mobilen, Opfer- und Ausstiegsberatung vor Ort. Ab 2020 werden außerdem eine Vielzahl von Modellprojekten und erstmals 14 bundesweit arbeitende, themenbezogene Kompetenznetzwerke und Kompetenzzentren gefördert, um verschiedenen Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegen zu wirken und Demokratie zu fördern.

https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/presse/pressemitteilungen/-demokratie-leben—erfolgreicher-start-in-die-neue-foerderperiode-2020-2023/144394

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 15.01.2020

Bundesministerin Giffey startet Bundesprogramm gegen Gewalt an Frauen und kündigt Gleichstellungstrategie der Bundesregierung an

Das Jahr 2020 steht ganz im Zeichen der Gleichstellung – für entsprechende Projekte stehen dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) insgesamt 21 Millionen Euro zur Verfügung und damit 3,5 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Hinzu kommen im Jahr 2020 35 Millionen Euro aus dem neuen Bundesprogramm „Gegen Gewalt an Frauen“ zur Stärkung der Beratungsstellen und Frauenhäuser.

Bundesministerin Dr. Franziska Giffey betonte auf ihrer ersten Pressekonferenz des neuen Jahres: „Von echter Gleichstellung sind wir noch weit entfernt – solange Frauen viel schlechter bezahlt werden als Männer, solange sie in Führungspositionen unterrepräsentiert sind und viel häufiger Opfer von Partnerschaftsgewalt werden, braucht es den besonderen Fokus auf die Frauenpolitik. Aber auch Männer brauchen Unterstützung, zum Beispiel wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Deshalb müssen auch sie Adressaten und Nutznießer unserer Gleichstellungspolitik sein. Denn nur partnerschaftlich kommen wir wirklich weiter.“

Die Ministerin kündigte noch für dieses Jahr die Verabschiedung einer Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung an. Außerdem sei die Gründung eines Gleichstellungsinstituts geplant. Auch auf europäischer Ebene werde das BMFSFJ Impulse setzen. Die EU-Ratspräsidentschaft ab Sommer solle dafür genutzt werden, um in Deutschland und in Europa die Frauenrechte und die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern ein Stück voranzubringen.

Als Beispiele für die konkrete Gleichstellungspolitik hierzulande stellte Bundesministerin Giffey zwei Förderprojekte vor: Das Digitale Deutsche Frauenarchiv (DDF) und das Projekt „Männer stärker in die Gleichstellungspolitik“ vom Bundesforum Männer.

Das Digitale Deutsche Frauenarchiv wird ab 2020 institutionell und damit verlässlich gefördert. „Hierfür nehmen wir jährlich 1,85 Millionen Euro in die Hand. Mit dem Digitalen Deutschen Frauenarchiv wird sichtbar, was die deutsche Frauenbewegung erkämpft hat. Denn: Gute Politik – auch in der Gleichstellung -braucht Erinnerung. Ohne Kenntnis der Vergangenheit ist keine Politik für heute und morgen möglich“, so Franziska Giffey.

Im Digitalen Deutschen Frauenarchiv werden erstmals weiterführende Informationen zur Frauenbewegungsgeschichte in der Form eines Fachportals präsentiert, darunter zahlreiche Originaldokumente wie Briefe, Fotos oder historische Tonaufnahmen. Interessierte Nutzerinnen und Nutzer mit wissenschaftlichem oder pädagogischem Hintergrund, aber auch die Medien bekommen somit dauerhaften Zugriff auf die einzigartigen Materialien der Archive des i.d.a.-Dachverbands. Darin sind 40 Frauen- und Lesbenarchive, -bibliotheken und -dokumentationsstellen aus Deutschland, Österreich, Luxemburg, Italien und der Schweiz organisiert.

Auch Männer stehen vor besonderen Herausforderungen, Konflikten und Problemsituationen – wenn dies auch nicht vergleichbar ist mit dem Unterstützungsbedarf, den Frauen haben. Das BMFSFJ fördert ab Februar bis Mitte 2022 das Projekt „Männer stärker in die Gleichstellungspolitik – Vernetzung, Beratung, Ansprache und Unterstützung“ vom Bundesforum Männer (Gesamtfördersumme: 1,15 Mio. Euro). Ziel ist die qualitative Weiterentwicklung der Männerberatung und -arbeit, flächendeckende Vernetzung und Unterstützung des Auf- und Ausbaus der männerfokussierten Beratung. Weitere Informationen auf www.bundesforum-maenner.de.

„Ich möchte auch Männer, die sich in Problem- und Krisensituationen befinden, besser unterstützen“, unterstrich Bundesministerin Giffey. “Beispielsweise haben Männer im Schnitt eine um fünf Jahre kürzere Lebenserwartung als Frauen. Dreiviertel der Suizide werden von Männern und Jungen begangen. 610.000 Männer werden jährlich Gewaltopfer im öffentlichen und privaten Raum. Und auch die meisten Wohnungslosen sind Männer. Deshalb bauen wir in einem Stufenplan das Beratungs- und Hilfesystem für Jungen und Männer stärker aus, vernetzen uns bei Männergewaltschutzprojekten mit den Ländern und wollen auch die Fakten zur Gewaltbetroffenheit verbessern.“

Als ein weiteres Projekt wird die Weiterbildung von Multiplikatoren für männerfokussierte Beratung durch den Sozialdienst katholischer Männer – SKM Bundesvorstand e.V. gefördert. Es baut die Beratungskompetenzen von Männern in vorhandenen Beratungseinrichtungen aus und hilft Fachkräften, ihre beruflichen Kompetenzen für die beratende Praxis mit Jungen und Männern in Krisensituationen zu erweitern. Dieses Projekt wird vom BMFSFJ bis Oktober 2022 mit insgesamt rund 800.000 Euro gefördert.

Weitere Informationen auf www.skmev.de.

Aufgebaut wird außerdem die bundesweite Fach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz. Sie soll u.a. Kommunen und Ländern dabei helfen, neue Unterstützungsstrukturen zu etablieren und bestehende Männerschutzprojekte fachlich zu begleiten. Die Landesarbeitsgemeinschaft Jungen- und Männerarbeit Sachsen e.V. (Dresden) erhält dafür bis September 2022 eine Förderung in Höhe von mehr als 1,5 Millionen Euro.

Weitere Informationen auf www.maennergewaltschutz.de.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 14.01.2020

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die Arbeit des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig. Dieser hat zehn Jahre nach dem Bekanntwerden des sogenannten Missbrauchsskandals eine kritische Bilanz der bisherigen Anstrengungen gegen Missbrauch in Deutschland gezogen. Er fordert mehr politische Initiativen, eine Stärkung von Beratungs- und Ermittlungsstrukturen sowie den Ausbau von Prävention und Sensibilisierung der Öffentlichkeit.

„Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten unterstützen den Unabhängigen Beauftragten darin, Maßnahmen zu initiieren, um Gewalt aufzudecken und Kinder besser zu schützen. Darüber hinaus ist dafür eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung erforderlich, die insbesondere auch das Gesundheitswesen und die Internetwirtschaft umfasst. Unser gemeinsames Ziel muss sein, die Fallzahlen von sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen deutlich zu reduzieren. Alle Kitas, Schulen, Gemeinden und Sportvereine sollen Schutzorte für Kinder sein und entsprechende Präventionskonzepte entwickeln, einführen und umsetzen.

Auch auf Bundesebene waren wir in den vergangenen zehn Jahren aktiv. So haben wir unter anderem einen Runden Tisch ‚Sexueller Kindesmissbrauch‘, das Amt des Unabhängigen Beauftragten und einen Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen eingerichtet.

Aber wir wissen, dass darüber hinaus weitere Anstrengungen erforderlich sind. Denn noch immer werden tausende Kinder jährlich Opfer von sexualisierter Gewalt und Mobbing, Cybergrooming oder Kinderpornografie.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 29.01.2020

Zum heutigen Safer Internet Day erklären Tabea Rößner, Sprecherin für Netzpolitik, und Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Tabea Rößner, Sprecherin für Netzpolitik:

„Trotz der unendlichen Möglichkeiten des Internets gibt es noch eine Vielzahl an Fragen, die einer Klärung bedürfen. So muss die Bundesregierung etwa endlich das Netzwerkdurchsetzungsgesetz überarbeiten, damit Hass und Hetze und die Verbreitung von Desinformationen effektiv eingedämmt werden können. Nutzerinnen und Nutzer müssen zudem in Zeiten von IT-Angriffen, von denen die Gefahr ausgehen kann, ganze Kleinstädte lahmzulegen, einfache und hilfreiche Informationen und Unterstützungsangebote finden. Hierfür muss das Bundesamt in der Informationstechnik gestärkt und unabhängig gestellt werden. Auch für die Marktmacht großer Plattformen, die über immense Nutzerdatenmengen verfügen und durch ihre Algorithmen mitbesti mmen, welche Nachrichten sich am schnellsten verbreiten, müssen wir Regulierungsmechanismen finden, die die Meinungs- und Medienvielfalt bewahren. Viele dieser Fragen bedürfen einer europäischen Lösung, daher schauen wir aufmerksam nach Brüssel, wo in diesem Jahr über den „Digital Services Act“ beraten wird, der viele der angesprochenen offenen Fragen adressieren könnte. Eine breite Debatte über ein besseres Internet für alle ist überfällig, wir haben bereits zahlreiche Vorschläge vorgelegt und werden uns weiterhin konstruktiv einbringen.“

Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

„Kommunikation im Netz ist die Lebensrealität junger Menschen. Kinder und Jugendliche haben das Recht auf Teilhabe, Förderung und Schutz im digitalen Raum. Es ist unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass alle Kinder und Jugendlichen die Potenziale der Digitalisierung für sich nutzen können. Gerade der Schutzaspekt aber sollte an einem Tag wie heute besonders hervorgehoben werden. Wir wollen die Regelungen im Jugendmedienschutz endlich vereinheitlichen und transparenter und verständlicher machen. Für uns gilt: Voreinstellungen bei digitalen Diensten sollten für Minderjährige maximal sicher sein. Kinder und Jugendliche müssen vor kommerziellem Datensammeln geschützt werden. Für Kinder sind die kommerziellen Interessen von Influencern oft n icht erkennbar. Darum sollte Schleichwerbung im Netz neu definiert und eingeschränkt werden."

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 11.02.2020

Zur morgigen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur Aufnahme der sexuellen Identität in das Grundgesetz erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Queerpolitik:

Auf Initiative der Grünen Bundestagsfraktion diskutiert der Rechtsausschuss des Bundestages über die Ergänzung des Gleichbehandlungsartikels des Grundgesetzes (Artikel 3 Absatz 3 GG) um ein Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Identität. Dazu haben die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, der FDP und der Linken eine gemeinsame Gesetzesinitiative gestartet.

70 Jahre nach der Verabschiedung des Grundgesetzes muss darin endlich auch die letzte von den Nationalsozialisten verfolgte Gruppe explizit genannt werden und im Schutz unserer Verfassung stehen.

Das Fehlen der „sexuellen Identität“ im Artikel 3 Absatz 3 GG schreibt auch in heutiger Zeit zentrale Mechanismen von Homophobie fort: Das Unsichtbarmachen von Lesben und Schwulen und das Bagatellisieren der gegen sie gerichteten Diskriminierungen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 11.02.2020

Anlässlich der heute veröffentlichten Arbeitsmarktzahlen für den Monat Januar erklärt Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik:

Es reicht nicht aus, auf die Zahl der Arbeitslosen zu schauen. Viel wichtiger ist ein Blick auf die sogenannte Unterbeschäftigung, denn die spiegelt die Situation auf dem Arbeitsmarkt realistischer wider und sollte in der Berichterstattung eine größere Rolle spielen. In Wirklichkeit sind über 3,3 Millionen Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen und nicht nur die 2,4 Millionen, also fast eine Million mehr als häufig suggeriert wird.

Weggelassen in der Berichterstattung werden auch ältere Langzeitarbeitslose, vorübergehend krankgemeldete Arbeitslose oder Menschen, die derzeit eine Arbeitsmarktmaßnahme durchführen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Arbeitslose, die seit über einem Jahr kein Angebot erhalten haben, aus der Statistik fallen, wenn sie über 58 Jahre alt sind. Auch diese Gruppen sind Arbeitslose und sollten in der Statistik auch so bezeichnet werden.

Die aktuelle Erhebung der Arbeitsmarkzahlen schließt viel zu viele Menschen aus und muss endlich realitätsnaher werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 30.01.2020

Anlässlich der Verbraucherbefragung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) erklärt Renate Künast, MdB:

Ob Comicfiguren in Cornflakespackungen oder Prämienversprechen beim Kauf von Nuss-Nougat-Aufstrichen; Kindermarketing für zu süße, fettige und salzige Produkte findet sich in unserem Konsumalltag ständig und fast überall.

Seit langem fordern wir Grüne – genau wie der Verbraucherzentrale Bundesverband – dass beim Kindermarketing die Produkte den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation für ausgewogene Ernährung entsprechen müssen. Denn bereits 15 Prozent der drei- bis 17-Jährigen in Deutschland sind übergewichtig und 5,9 Prozent sogar adipös. Fehlernährung ist eine der Hauptursachen dafür.

Jetzt hat eine vom vzbv in Auftrag gegebene Umfrage ergeben, dass 83 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher ebenfalls für eine Einschränkung von Kindermarketing sind. Sie wollen, dass Lebensmittel, die sich durch ihre Aufmachung und Werbung an ihre Kinder richten, bestimmte Obergrenzen für Zucker, Fett und Salz nicht überschreiten.

Die Bundesregierung hat eine verbindliche Regulierung seit Jahren abgelehnt und nur auf die Interessen der Lebensmittelindustrie gehört. Die Selbstverpflichtungen der Unternehmen reichen nicht aus. Unser Auftrag lautet aber: Kinder schützen statt Konzerne.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 23.01.2020

Zur Aufklärung und Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen im kirchlichen Bereich erklärt Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinderpolitik:

Vor zehn Jahren begann mit dem Bekanntwerden des Missbrauchsskandals im Canisius-Kolleg der Prozess der umfassenden Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in Deutschland.

Die Schaffung des Amtes des Missbrauchsbeauftragten, die Einsetzung der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs und die kürzlich erfolgte Einrichtung des Nationalen Rates gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen, die Akteure auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen zusammenbringt, sind ganz relevante Entwicklungen im Prozess um die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs. Wichtig ist, dass daraus politische Maßnahmen folgen, die zukünftiges Leid durch sexuellen Missbrauch verhindern.

Alle Einrichtungen mit Bezug zu Kindern, alle zivilgesellschaftlichen und alle relevanten politischen Ebenen und Kräfte in diesem Land müssen den Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern zu einem zentralen Thema machen. Es gilt, Täterstrukturen zu erkennen und Schutzkonzepte zu entwickeln.

Zu tun gibt es viel. Nur als Beispiele: Wir brauchen eine flächendeckende Sensibilisierung durch Fortbildung von Fachkräften in Einrichtungen der Kinder- und Jugendbetreuung und in Schulen sowie die Entwicklung von Schutzkonzepten. Auch im digitalen Raum muss mehr für den Schutz von Kindern und Jugendlichen getan werden. Eine Erhöhung der Polizeipräsenz im Netz und das Schaffen neuer Ermittlungsansätze wären zentrale Ansätze für den Schutz vor sexuellem Missbrauch. Wir brauchen endlich einen transparenten Jugendmedienschutz. Anbieter von Diensten sollten stärker in die Pflicht genommen werden, Kinder und Jugendliche zu schützen und beispielsweise die Kommunikation zwischen Unbekannten und Kindern standardmäßig zu blockieren.

Politik und Gesellschaft müssen hier an einem Strang ziehen. Niemand darf mehr wegsehen. Es muss eine Kultur des Hinsehens geben, in der jeder Verantwortung trägt.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 28.01.2020

Zum Oxfam-Ungleichheitsbericht „Time to care“ erklären UweKekeritz, Sprecher für Entwicklungspolitik, und LisaPaus, Sprecherin für Finanzpolitik:

Oxfam zeichnet erneut ein erschütterndes Bild über das Ausmaß der weltweiten Ungleichheit. Es ist ein Armutszeugnis für die internationale Staatengemeinschaft. Gleichzeitig ist der diesjährige Bericht ein eindringlicher Weckruf für mehr Geschlechtergerechtigkeit. Weltweit sind Einkommen und Vermögen auf der einen und unbezahlte Arbeit auf der anderen Seite extrem ungleich zwischen Männern und Frauen verteilt.

Die Zahlen zeigen, dass dies auch hierzulande ein großes Problem ist: Deutschland hat unter den OECD-Ländern mit über 50 Prozent die größte Rentenlücke zwischen Männern und Frauen. Und auch die Einkommensunterschiede sind besonders hoch. Für ein so reiches Land wie Deutschland ist das besonders beschämend.

Doch weder die globale Ungleichheit noch die Ungerechtigkeiten zwischen Frauen und Männern hierzulande sind in Stein gemeißelt.

Was wir brauchen, sind gerechtere Steuersysteme und mehr gezielte Investitionen. Superreiche und internationale Konzerne sollten wieder einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwohls leisten. Eine echte Finanztransaktionsteuer gegen Armut ist längst überfällig. Über ein Lieferkettengesetz muss die Ausbeutung von Menschen in den globalen Lieferketten verhindert werden. Außerdem sollte die Entwicklungszusammenarbeit gerade die am wenigsten entwickelten Länder unterstützen und Frauen und Mädchen ins Zentrum der Bemühungen rücken. Es gilt aber auch, vor der eigenen Haustür zu kehren: Mehr Investitionen in Kinderbetreuung, Pflegeeinrichtungen und andere öffentliche Infrastruktur tragen entscheidend zu mehr Geschlechtergerech tigkeit bei. Das Ehegattensplitting gehört für Neuehen abgeschafft und die Familienförderung dafür mit einer Kindergrundsicherung neu aufgestellt.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 20.01.2020

Zur erneuten Debatte über den Mindestlohn erklärt Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte und aktive Arbeitsmarktpolitik:

Der Mindestlohn ist viel zu niedrig, denn er schützt nicht vor Armut. Und doch hört Frau Kramp-Karrenbauer den Warnschuss aus Europa nicht. Die Initiative der EU-Kommission zu europäischen Mindestlöhnen ist eindeutig ein Aufruf zum Handeln und eben kein Freibrief für weiteres Nichtstun beim Mindestlohn. Denn auch die EU-Kommission kritisiert den Mindestlohn in Deutschland als Armutsrisiko. Die Bundesregierung darf das nicht weiter ignorieren und die das Thema Mindestlohn einfach weiter auf die lange Bank schieben.

Was wir brauchen, ist ein Mindestlohn, der vor Armut schützt. Deshalb muss der Mindestlohn als Sofortmaßnahme auf zwölf Euro steigen. Nur so wird sichergestellt, dass Beschäftigte in Vollzeit von ihrer Arbeit auch tatsächlich leben können. Außerdem ist eine Reform der Mindestlohnkommission dringend notwendig. Bei der Erhöhung des Mindestlohns darf sich die Mindestlohnkommission künftig nicht nur an der Tarifentwicklung orientieren. Das muss die Bundesregierung im Mindestlohngesetz korrigieren und den Schutz vor Armut als hartes Kriterium gesetzlich verankern. Die Mindestlohnkommission braucht für die Zukunft Gestaltungsspielraum, wenn eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns ökonomisch möglich und sozialpolitisch geboten ist.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 15.01.2020

„Giffeys große ‘Offensive‘ droht zu verpuffen. Wir brauchen jeden, der Erzieher werden will. Die Einsparungen von Bundesfamilienministerin Giffey sind eine Farce, ihre Beweggründe nicht nachvollziehbar“, erklärt Birke Bull-Bischoff zu den jüngsten Kürzungen für die Fachkräfteoffensive Erzieherinnen und Erzieher. Die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE weiter:

„Die Bundesregierung plant eine Verankerung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Also steht sie auch in der Verantwortung und kann jetzt nicht einfach einknicken und den Schwarzen Peter den Ländern zuschieben. Wir müssen in gemeinsamer Verantwortung jedes Mittel nutzen, um eine Erzieherausbildung so attraktiv wie möglich zu gestalten. Der Erzieherberuf sollte als Mangelberuf eingestuft werden. Wenn es hier keine gemeinsame Kraftanstrengungen von Bund und Ländern gibt, bleibt der Rechtsanspruch nur Theorie.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 28.01.2020

„Endlose Probezeiten und Kettenbefristungen statt Zukunftsperspektiven und beruflicher Sicherheit prägen die Situation einer zunehmenden Zahl von Beschäftigten. Die Regierung muss jetzt wenigstens ihren Koalitionsvertrag schleunigst umsetzen und dem Missbrauch von Befristung auf Kosten von Beschäftigten einen Riegel vorschieben“, erklärt Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, zur DGB-Studie „Den Missbrauch bei Befristungen abschaffen“. Ferschl weiter:

„Arbeitgeber nutzen das Instrument der Befristung inzwischen systematisch, um Mitarbeiter zu erproben oder zu motivieren. Das ist nichts anderes als Disziplinierung von Beschäftigten, die Gegenwehr im Betrieb unterdrückt. Denn wer Hoffnung auf eine Festanstellung hat oder wem aufgrund zu kurzer Versicherungszeit infolge befristeter Jobs bei Arbeitslosigkeit Hartz IV droht, der wird schlechte Arbeits- und Lohnbedingungen eher akzeptieren.

DIE LINKE will die Befristungsgründe auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Sachgrundlose Befristungen sowie Kettenbefristungen müssen verboten werden. Das unbefristete Arbeitsverhältnis muss wieder zur Regel werden. Um befristet Beschäftigte bei Arbeitslosigkeit besser abzusichern, fordern wir, dass Beschäftigte schon nach vier Monaten sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung Ansprüche auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung haben und nicht in Hartz IV fallen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 21.01.2020

„Die Pläne von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey sind noch zu dünn für eine reale Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung. Das Personal können sich die Länder ja schließlich nicht einfach backen“, erklärt Birke Bull-Bischoff, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zur heute vorgestellten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zu den fiskalischen Wirkungen eines weiteren Ausbaus ganztägiger Betreuungsangebote für Grundschulkinder. Bull-Bischoff weiter:

„Giffey bleibt die Antwort darauf schuldig, wie die Ganztagsbetreuung inhaltlich und pädagogisch ausgestaltet werden soll. Es kann nicht sein, dass Ganztagsbetreuung lediglich als familienpolitisches Instrument gebraucht und unter dem Blickwinkel des volkswirtschaftlichen Nutzens betrachtet wird. Konkrete bildungspolitische Ansätze fehlen aber derzeit. Der Ruf nach mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung darf nicht als hohle Phrase enden. Es muss vor allem über die Qualität der Ganztagsbetreuung als Bildungsangebot gesprochen worden.

Völlig außen vor bleibt die Frage nach dem Fachkräftebedarf an gut ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern sowie Lehrkräften angesichts Giffeys Prognose von etwa einer Million zusätzlichen Ganztagsbetreuungsplätzen. Bloße Betreuung ist noch keine Bildung. Ohne das notwendige Bildungspersonal wird das Ganze schlichtweg nicht umsetzbar sein. Die Fachkräfteoffensive für Erzieherinnen und Erzieher ist da leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Das gemeinsame Lernen in der Ganztagsschule ist ein wesentlicher Schritt hin zu mehr Bildungsgerechtigkeit, nicht nur für Schüler und Schülerinnen aus problembelasteten Familien mit wenig Geld und wenig Schulerfolg. Deshalb brauchen wir eine Gemeinschaftsaufgabe Bildung im Grundgesetz und eine Fachkräfteoffensive, die ihren Namen auch verdient.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 20.01.2020

Auf die einhellige Zustimmung der Sachverständigen ist ein gemeinsamer Gesetzentwurf der Fraktionen von FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Grundgesetzes (19/13123) bei einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Mittwoch gestoßen. Die Vorlage sieht die Einfügung des Merkmals der sexuellen Identität in Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes vor. Die rechtliche Situation von Lesben, Schwulen und Bisexuellen habe sich stark verbessert, heißt es in dem Entwurf. Dennoch stoße die Lebensführung etwa von Homosexuellen noch immer auf Vorbehalte, was sich in rechtlicher und sozialer Diskriminierung niederschlage. Das allgemeine Diskriminierungsverbot biete dabei keinen ausreichenden Schutz.

Für die vorgeschlagene Verfassungsänderung sprächen gewichtige Gründe, sagte Sigrid Boysen von der Universität der Bundeswehr in Hamburg. Der Entwurf benenne einen klassischen Diskriminierungsgrund, der den übrigen Merkmalen des Grundgesetzartikels gleichrangig sei. Demgegenüber vermöge insbesondere das Argument, es handele sich angesichts der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um "reine Symbolpolitik", nicht zu überzeugen. Offen bleibe aber die Frage, mit welcher Begründung der Gesetzentwurf die Anstrengung einer Verfassungsänderung auf Fragen der sexuellen Orientierung beschränke, während trans- und intergeschlechtliche Personen wiederum auf bereits bestehenden Diskriminierungsschutz unter der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung verwiesen würden.

Petra Follmar-Otto vom Deutschen Institut für Menschenrechte erklärte, trotz großer rechtlicher und faktischer Fortschritte bei der Verwirklichung der Menschenrechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen sowie transsexuellen, transgeschlechtlichen und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) in Deutschland stellten diese nach wie vor eine strukturell diskriminierungsgefährdete Gruppe dar. Eine Ergänzung des Diskriminierungsverbots im Grundgesetz um die Merkmale sexuelle Orientierung sowie körperliche Geschlechtsmerkmale und Geschlechtsidentität wäre deshalb zu begrüßen.

Axel Hochrein vom Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) erklärte, die Ergänzung der speziellen Diskriminierungsverbote sei eine vom LSVD seit Jahrzehnten immer wieder an den Gesetzgeber herangetragene Forderung. Obgleich die einfache Gesetzgebung in den letzten Jahrzehnten viele diskriminierende Ungleichbehandlungen von LSBTI-Menschen beseitigt habe, bleibe die Ergänzung des Grundgesetzes um den Begriff der sexuellen Identität sowohl aus Gründen der historischen Erfahrung als auch wegen des fortbestehenden Diskriminierungsrisikos dringend geboten.

Ulrike Lembke von der Humboldt Universität Berlin betonte, dass Diskriminierungen auf Grund der sexuellen Identität traurige Realität darstellten und dass diese Realität grundsätzlich rechtliche Gegenmaßnahmen erfordere. Sie verwies darauf, dass für bestimmte politische Richtungen, die in Europa zunehmend stärker würden, die aggressive Ablehnung nicht-heterosexueller Lebensweisen zum politischen Programm gehörten. Diskriminierungsschutz als Minderheitenschutz sei im demokratischen Rechtsstaat zuvörderst die Aufgabe des Gesetzgebers.

Anna Katharina Mangold von der Europa-Universität Flensburg erklärte, die vorgeschlagene Grundgesetz-Erweiterung diene einer expliziten Klarstellung, dass nämlich in Deutschland niemand mehr aufgrund der sexuellen Identität Diskriminierung erfahren soll. Allen demokratisch orientierten Parteien im Bundestag müsse es Anliegen sein, Schutz vor Diskriminierung für vulnerable Personengruppen in der Verfassung zu verankern. Es sei unbedingt geboten, für klare Verhältnisse zu sorgen und den Schutz von gleichgeschlechtlich liebenden Menschen in das Grundgesetz aufzunehmen. Gleiches gelte für alle Menschen, die nicht dem binären Geschlechtsmodell entsprechen können oder wollen, insbesondere trans- und intergeschlechtliche Personen.

Joachim Wieland von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer sagte, das verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes erstrecke sich bislang nicht auf die sexuelle Orientierung beziehungsweise sexuelle Identität. Die vom Gesetzentwurf beabsichtigte Einfügung dieses Merkmals schließe daher eine Schutzlücke. Dies sollte vor allem deswegen erfolgen, weil nicht nur die Nationalsozialisten Menschen wegen ihrer sexuellen Identität verfolgt haben, sondern auch unter der Geltung des Grundgesetzes das Bundesverfassungsgericht 1957 und 1973 die Verfassungsmäßigkeit der Strafbarkeit homosexueller Handlungen bestätigt und damit Homosexuelle staatlich diskriminiert hat.

Ferdinand Wollenschläger von der Universität Augsburg erklärte, zwar bewirke die vorgesehene Ergänzung aus verfassungsrechtlicher Sicht keine nennenswerte Verstärkung des Schutzes vor Diskriminierungen im Vergleich zur aktuellen Rechtslage und erscheine insoweit nicht erforderlich. Vor dem Hintergrund namentlich der Leitbildfunktion der Verfassung seien die im Gesetzentwurf betonte "Symbolfunktion" der Verfassungsänderung und deren "Signalwirkung in die Gesellschaft hinein" jedoch legitime Anliegen. Dies sei das gewichtigste der im Gesetzentwurf angeführten Argumente. Insoweit sei politisch zu entscheiden, ob eine entsprechende Ergänzung angezeigt ist.

Auch der Berliner Rechtsanwalt Dirk Siegfried, der vor dem Bundesverfassungsgericht wichtige Urteile für die Gleichstellung von Eingetragenen Lebenspartnerschaften errungen hat, unterstützte den Entwurf der drei Parteien. Die Leitsätze des Bundesverfassungsgerichts seien angesichts von weiterhin in der Gesellschaft propagierten Familienbildern wenig wert, sagte Siegfried. Deswegen werde eine grundgesetzliche Absicherung der sexuellen Identität und anderer Lebensweisen dringend gebraucht.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 12.02.2020

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt Auskunft über die soziale und gesundheitliche Situation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) in Deutschland. In einer Großen Anfrage (19/16992) will sie unter anderem wissen, welche Regelungen im deutschen Recht nach Kenntnis der Regierung LSBTI direkt oder indirekt diskriminieren, welche Regelungen in der Kritik internationaler Organisationen wie Europarat oder Vereinte Nationen stehen und welche dieser Regelungen die Regierung zu reformieren beziehungsweise zu beseitigen beabsichtigt. Zudem erkundigen sich die Grünen nach Diskriminierungen von LSBTI am Arbeitsmarkt und bei der Wohnungssuche, nach der Erkrankungs- und Suizidrate sowie sexuellem Missbrauch.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 174 vom 12.02.2020

Die FDP-Fraktion verlangt Auskunft über den geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter. In einer Kleinen Anfrage (19/16997) will sie unter anderem wissen, wie hoch nach Ansicht der Bundesregierung die benötigten Investitionskosten für den Ausbau der Ganztagsbetreuung sind und auf welche Studien oder Gutachten sich die Regierung bei der Berechnung der Kosten stützt. Zudem möchte sie erfahren, auf welcher Grundlage die Regierung den Investitionsbedarf in den Jahren 2020 und 2021 auf zwei Milliarden Euro beziffert und warum sie die Einrichtung eines Sondervermögens auf zwei Jahre befristen will.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 170 vom 12.02.2020

Nach dem Willen der Länder soll der Bund seine Finanzmittel für die Bundesinitiative Frühe Hilfen in diesem Jahr von 51 auf 65 Millionen Euro anheben und in den Folgejahren an die Entwicklung der Geburtenrate und des Verbraucherpreisindexes anpassen. Dies geht aus einem Gesetzentwurf des Bundesrates (19/17036) zur Änderung des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz hervor. Der Bundesrat begründet seine Gesetzesinitiative unter anderem mit dem Anstieg der Geburtenrate um 16,9 Prozent und dem Anstieg der Tariflöhne um über zehn Prozent seit 2012 sowie dem erhöhten Unterstützungsbedarf im Bereich der Frühen Hilfen aufgrund der Häufung von psychischen Belastungen und Erkrankungen von Eltern. Die Länderkammer weist in ihrem Gesetzentwurf zudem darauf hin, dass die Bundesmittel trotz der gestiegenen Anforderungen an die Frühen Hilfen seit 2014 unverändert bei 51 Millionen Euro liegen. Obwohl die Konferenz der Jugend- und Familienminister und die Konferenz der Gesundheitsminister wiederholt eine Erhöhung und Dynamisierung des finanziellen Anteils des Bundes gefordert habe, sei die Bundesregierung dem nicht nachgekommen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 162 vom 11.02.2020

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Öffnung der Stiefkindadoption für nichteheliche Paare geht aus der Sicht von Sachverständigen nicht weit genug. In der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz am Mittwoch erklärte beispielsweise die Familienrechtsexpertin Nina Dethloff von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, zwar würde der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) beanstandete Verstoß beseitigt, vor allem bleibe aber unverheirateten Partnern nach wie vor die gemeinschaftliche Adoption verwehrt.

Die Bundesregierung will mit ihrem Gesetzentwurf (19/15618) erreichen, dass die Stiefkindadoption durch eine Person zugelassen wird, die mit dem Elternteil in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt. Eine solche liege in der Regel vor, wenn die Personen seit mindestens vier Jahren oder als Eltern eines gemeinschaftlichen Kindes mit diesem eheähnlich zusammenleben. Mit dem Gesetz soll eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. März 2019 umgesetzt werden (1 BvR 673 /17). Das Gericht hatte den vollständigen Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31. März 2020 eine Neuregelung zu treffen. Nach dem Willen der FDP-Fraktion, die einen Antrag zu diesem Thema vorgelegt hat (19/15772), sollen nichteheliche Lebensgemeinschaften und Ehe bei der Adoption eines Kindes gleichstellt werden. Auch müsse es Ehegatten ermöglicht werden, als Einzelperson zu adoptieren.

Dethloff bemängelte wie auch andere Sachverständige den Begriff der verfestigten Lebensgemeinschaft. Dieser sei unglücklich gewählt, da er bereits im Unterhaltsrecht verwendet werde, wo ihm eine andere Bedeutung zukomme. Vorzugswürdig wäre die Verwendung eines anderen, neuen Begriffs, wie etwa der faktischen Lebensgemeinschaft, erklärte Dethloff. Sie forderte den Gesetzgeber auf, mit der Beseitigung gravierender Ungleichbehandlungen von Kindern, die in nichtehelichen Familien aufwachsen, nicht zu warten, bis das Bundesverfassungsgericht den nächsten Verstoß feststellt.

Anne Sanders von der Universität Bielefeld unterstützte die von der FDP vorgeschlagene große Lösung und meinte, der Begriff "verfestigte Lebensgemeinschaft" solle ersetzt werden durch "stabile eheähnliche Lebensgemeinschaft". Sie befürworte eine Regelung, sagte Sanders, nach der Ehepaare und Lebensgefährten entweder gemeinsam oder gar nicht adoptieren können. Andernfalls werde es zu einer Ungleichbehandlung von Ehegatten gegenüber Lebensgefährten kommen. Sollte der Gesetzgeber an der im Entwurf vorgeschlagenen kleinen Lösung festhalten, würde sie kleinere Änderungen anregen. Dazu zähle auch eine Ausnahmeregelung für eine Adoption in einer stabilen eheähnlichen Lebensgemeinschaft, wenn ein Partner mit einem Dritten verheiratet ist.

Die Familienrechtlerin Hildegund Sünderhauf von der Evangelischen Hochschule Nürnberg sprach sich dafür aus, wünschenswerte Adoptionen nicht an rechtlichen Hürden scheitern zu lassen. So sollte die Adoption für elternlose Kinder ermöglicht werden, und zwar auch in Fällen, in denen die Eltern nicht verheiratet sind, und auch dann, wenn sie zwar verheiratet sind, aber nur einer der beiden Eheleute das Kind adoptieren will. Adoption schaffe Eltern-Kind-Bindungen und verfestige sie durch rechtliche Familienbeziehungen, sagte Sünderhauf.

Katharina Hilbig-Lugani vom Deutscher Juristinnenbund (djb) bemängelte, dass der Entwurf nur eine Regelung zur Stiefkindadoption enthalte und den nichtehelichen Lebensgemeinschaften nicht die Möglichkeit der gemeinschaftlichen Adoption eröffne. Kritisch sehe sie auch die Anhebung der Mindestdauer einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft von zwei auf vier Jahre für die Annahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft. Der Entwurf zeige, so Hilbig-Lugani, dass eine Insellösung nur wenige Probleme löst, aber viele Probleme provoziert. Im Bereich des Adoptions- und Abstammungsrechts bedürfe es daher bald einer großen Lösung, die auch andere Expertinnen anmahnten.

Für überzeugend hält dagegen Ursula Hennel vom Sozialdienst katholischer Frauen den Entwurf. Hennel, die aus der Sicht einer Praktikerin sprach, erklärte, es sei richtig, dass sich die Vorlage auf die Öffnung der Stiefkindadoption für nichteheliche Partner beschränkt. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass bei einer gleichzeitigen Öffnung der Fremdadoption für nichteheliche Paare adoptionsspezifische Qualitätskriterien und Erfahrungen gegenüber dem Beweggrund der Gleichstellung von nichtehelichen und ehelichen Familien aus dem Fokus gerieten.

Gernot Kintzel, Richter am Oberlandesgericht Bamberg, erklärte, mit dem Gesetzentwurf werde dem Beschluss des BVerfG grundsätzlich in geeigneter Weise nachgekommen. Insbesondere bei der Terminologie – wie bei dem Begriff der verfestigten Lebensgemeinschaft – bestehe jedoch noch Verbesserungsbedarf. Maßgeblich für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen wem eine Adoption eröffnet werden sollte, müsse das Kindeswohl sein, betonte Kitzel in seiner Stellungnahme. Gleichbehandlungsgesichtspunkte der Adoptivbewerber hätten hinter Belangen des Kindeswohls zurückzutreten. Weitergehende Regelungen wie von der FDP gefordert seien nicht angezeigt.

Insa Schöningh, Bundesgeschäftsführerin der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Familie, begrüßte ebenfalls das Ziel des Gesetzentwurfes, Stiefkindadoptionen auch in nichtehelichen, aber stabilen Partnerschaften zuzulassen. Die vom BVerfG geforderte Gleichstellung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Ehen spiegele im Hinblick auf Stabilität und Kindeswohl die gesellschaftliche Realität wider und sei daher überfällig. Gleichzeitig sprach sie sich für eine umfassende Reform des Abstammungs- und Sorgerechts auch für weitere Familienkonstellationen aus.

Constanze Körner vom Berlin Verein Lesben-Leben-Familie sagte, es sei grundsätzlich zu begrüßen, dass sich ein verändertes, vielfältigeres Familienbild Schritt für Schritt in den Gesetzen durchsetze und Familie längst nicht mehr zwingend an die Ehe gebunden sein müsse. Jedoch sei für lesbische Mütterfamilien noch immer die Stiefkindadoption in der Ehe beziehungsweise der Eingetragenen Lebenspartnerschaft nach der Geburt der einzige Weg, um rechtlich Eltern ihres in die lesbische Beziehung hineingeborenen Kindes zu werden. Dringend notwendig sei daher die Abschaffung der Stiefkindadoption in gleichgeschlechtlichen Ursprungsfamilien sowie grundsätzlich eine Reform des Abstammungsrechts.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 131 vom 29.01.2020

"Gewalt gegen Frauen in Familie und Partnerschaft und die polizeiliche Erfassung entsprechender Straftaten" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/16340). Darin erkundigt sich die Fraktion danach, ob es "eine Bewertung der Bundesregierung bezüglich der Tatsache" gibt, dass gemäß der Polizeilichen Kriminalstatistik 2018 von 126 weiblichen Opfern eines vollendeten Totschlags "92 mit dem polizeilich ermittelten Tatverdächtigen durch eine Ehe, Partnerschaft oder die Familie verbunden waren", von 207 weiblichen Opfern eines vollendeten Mordes 94 und von 21 weiblichen Opfern einer vollendeten Körperverletzung mit Todesfolge zwölf. Auch will sie unter anderem wissen, inwiefern "dieser Befund in den letzten fünf Jahren Anlass zu innenpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung gewesen" ist.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 56 vom 14.01.2020

Die Thesen einer im April 2018 im Bundesjustizministerium eingesetzten Arbeitsgruppe zum Sorge- und Umgangsrecht werden derzeit von der zuständigen Fachabteilung des Ministeriums geprüft und bewertet. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/16184) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/15663). Der Meinungsbildungsprozess in der Bundesregierung sei dementsprechend noch nicht abgeschlossen. Genaue zeitliche und inhaltliche Planungen bezüglich eines Referentenentwurfs stünden daher noch nicht fest. Die Fragesteller wollten unter anderem wissen, ob die Bundesregierung beabsichtigt, die Ergebnisse der Arbeitsgruppe ganz oder teilweise umzusetzen. Zudem fragten die Abgeordneten nach der Haltung der Bundesregierung zu den in dem Papier aufgestellten Thesen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 56 vom 14.01.2020

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Vielfalt der Lebensformen und Lebensentwürfe soll der Bundestag nach dem Willen der FDP-Fraktion die Bundesregierung auffordern, selbstbestimmte Lebensentwürfe zu stärken. Menschen, die außerhalb einer Ehe oder von Verwandtschaft Verantwortung füreinander übernehmen wollen, sollen besser anerkannt und gefördert werden, heißt es in einem Antrag der Fraktion (19/16454). Dazu soll neben der Ehe das Modell der Verantwortungsgemeinschaft im Bürgerlichen Gesetzbuch gesetzlich verankert werden.

Wie es in dem Antrag unter anderem heißt, soll eine Verantwortungsgemeinschaft durch mindestens zwei oder mehrere volljährige Personen, die nicht miteinander verheiratet, verpartnert oder in gerader Linie verwandt sind, möglichst unbürokratisch geschlossen werden können. Grundvoraussetzung der Verantwortungsgemeinschaft sei ein tatsächliches persönliches Näheverhältnis. Ein Zusammenleben sei hingegen nicht erforderlich.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 56 vom 14.01.2020

Bruttostundenlöhne sind zwischen 2013 bis 2018 deutlich gestiegen, Ungleichheit nimmt ab – Daten deuten erstmals auf Schrumpfen des Niedriglohnsektors hin – 2,4 Millionen Anspruchsberechtigte erhalten aber immer noch keinen Mindestlohn – Geplantes Gesetz zur Arbeitszeiterfassung könnte Umgehung des Mindestlohns entgegenwirken

Nach einer langen Phase des Rückgangs oder der Stagnation sind die Bruttostundenlöhne in Deutschland zwischen 2013 und 2018 im Schnitt um mehr als acht Prozent real gestiegen. Gerade das unterste Dezil, also die zehn Prozent der Beschäftigten mit den geringsten Stundenlöhnen, verzeichnete mit der Einführung des Mindestlohns 2015 einen überdurchschnittlichen Anstieg, was die Lohnungleichheit spürbar zurückgehen ließ. Zudem gibt es erste Anzeichen dafür, dass der Niedriglohnsektor langsam schrumpft. Das zeigt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), für die die DIW-ÖkonomInnen Alexandra Fedorets, Markus M. Grabka, Carsten Schröder und Johannes Seebauer Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) für die Jahre 1995 bis 2018 ausgewertet haben. Zugrunde liegt jeweils der vereinbarte Bruttostundenlohn in einer Haupttätigkeit – also das Bruttomonatsgehalt dividiert durch die vereinbarte Arbeitszeit.

„Die steigenden Bruttostundenlöhne gerade bei den Geringverdienenden haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass die Lohnungleichheit in Deutschland abgenommen hat“, sagt Studienautor Markus M. Grabka. „Der starke Anstieg der Lohnungleichheit Ende der neunziger Jahre bis 2006 wurde insbesondere durch die sinkenden Stundenlöhne in den beiden unteren Lohndezilen getrieben.“ Danach stagnierte die Ungleichheit bis zum Jahr 2013 auf hohem Niveau. Seitdem ist sie rückläufig und liegt inzwischen wieder auf dem Niveau von Beginn der 2000er Jahre.

Vor allem in der unteren Hälfte der Lohnverteilung geht die Ungleichheit im Zeitraum von 2006 bis 2018 zurück – zwischen dem untersten Dezil und dem mittleren Lohn (Median) um zwölf Prozent. Besonders ausgeprägt ist die Abnahme von 2014 auf 2015, als der gesetzliche Mindestlohn eingeführt wurde.

Weniger Geringverdienende – Mindestlohn wird aber nicht immer gezahlt

Gleichzeitig deuten die SOEP-Daten erstmals darauf hin, dass der Niedriglohnsektor schrumpft. Zwischen 2015 und 2018 sank der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten – gemessen an ihren Bruttostundenlöhnen – von 23,7 auf 21,7 Prozent. Es sind aber mithin immer noch 7,7 Millionen Beschäftigte, die weniger als zwei Drittel des Medianlohns bekommen.

Im Niedriglohnsektor erhielten den Daten zufolge auch im Jahr 2018 auf Basis des vereinbarten Stundenlohns rund 2,4 Millionen Beschäftigte noch keinen Mindestlohn. Zieht man den tatsächlichen Stundenlohn, also inklusive Überstunden heran, sind es sogar 3,8 Millionen Beschäftigte. Das deutet darauf hin, dass der Mindestlohn häufig auch mit Hilfe von Überstunden umgangen wird.

„Die steigenden Bruttostundenlöhne gerade bei den Geringverdienenden haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass die Lohnungleichheit in Deutschland abgenommen hat.“ Markus M. Grabka, Studienautor

„Unsere Beobachtung der fallenden Ungleichheit bezieht sich auf Stundenlöhne“ erläutert Wissenschaftlerin Alexandra Fedorets die Ergebnisse. „Damit sich dieser Trend auch in Monatslöhnen widerspiegelt, wäre es wichtig, dass über die Zeit hinweg die bezahlte Arbeitszeit gerade im Niedriglohnsektor nicht zurückgeht. Dazu würde beitragen, dass alle Überstunden, die diese Beschäftigten leisten, auch bezahlt werden.“ Daher begrüßen die AutorInnen der Studie den Vorstoß der Bundesregierung zur effektiveren Kontrolle der Arbeitszeiten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bereitet derzeit als Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs einen Gesetzentwurf zur verpflichtenden Erfassung der Arbeitsstunden vor. „Die vom Europäischen Gerichtshof geforderte systematische Erfassung der Arbeitszeit wäre ein wichtiger Schritt, unbezahlter Mehrarbeit bei Mindestlohnempfängern entgegenzuwirken“, sagt Johannes Seebauer.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 12.02.2020, gekürzt

In der Grundsicherung für Arbeitsuchende („Hartz IV“) sind die Jobcenter gesetzlich verpflichtet, mit allen erwerbsfähigen Arbeitslosengeld-II-Empfängern eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Diese regelt, welche Bemühungen Arbeitslose erbringen sollen und mit welchen Leistungen das Jobcenter die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unterstützt. „In ihrer gegenwärtigen Form sind Eingliederungsvereinbarungen aus Sicht der Vermittlungsfachkräfte nicht jederzeit und nicht für alle erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gleichermaßen sinnvoll“, geht jedoch aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

Bei einer anonymisierten Online-Befragung von 360 Vermittlungsfachkräften bewertete die Mehrheit Eingliederungsvereinbarungen als weniger sinnvoll für motivierte Personen, Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder Personen mit geringen Deutschkenntnissen.

In den Eingliederungsvereinbarungen nehmen juristisch formulierte Informationen zu möglichen Kürzungen des Arbeitslosengeldes II bei unzureichender Pflichterfüllung viel Raum ein. „Unter anderem deshalb ist die Eingliederungsvereinbarung nach Meinung der Vermittlungsfachkräfte zu lang und insbesondere für Arbeitsuchende mit geringen Deutschkenntnissen schwer verständlich“, schreiben die Autorinnen der IAB-Studie Monika Senghaas, Sarah Bernhard und Carolin Freier.

Die Eingliederungsvereinbarung und speziell die Rechtsfolgenbelehrung sei „von Juristen für Juristen geschrieben“, erklärten Vermittlungsfachkräfte in Gruppendiskussionen, die die Online-Befragung ergänzten. Um Rechtssicherheit für die Jobcenter zu erreichen, hätten sich die Eingliederungsvereinbarungen im Laufe der Zeit zu mehrseitigen Dokumenten entwickelt. Eine Vermittlungsfachkraft brachte das in einer Gruppendiskussion mit der Aussage zum Ausdruck, Form und Inhalt der Eingliederungsvereinbarung habe „nicht die Ministerialbürokratie geschaffen, hat auch nicht der Gesetzgeber geschaffen, das haben die Gerichte geschaffen“.

Neben einer Flexibilisierung des Einsatzes von Eingliederungsvereinbarungen halten die Studienautorinnen für überlegenswert, ihre Funktionen auf verschiedene Dokumente zu verteilen. Dokumentation des Vereinbarten und Transparenz über die Unterstützungsangebote des Jobcenters wären dann nicht mehr im selben Dokument wie die juristisch gehaltenen Ausführungen, die als rechtliche Grundlage für Sanktionen erforderlich sind.

Die Studienautorinnen betonen zudem, dass es für die Zusammenarbeit zwischen Arbeitslosen und Jobcentern günstig sei, wenn Arbeitslose in den Jobcentern eine feste Ansprechperson haben und ihre berufliche und private Situation ausführlich besprechen können. Dies zeigen Analysen der IAB-Panelbefragung Arbeitsmarkt und soziale Sicherung (PASS), in der Arbeitslosengeld-II-Empfänger gezielt berücksichtigt werden.

Die IAB-Studie ist online abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2020/kb0520.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 11.02.2020

Homeoffice kann Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern helfen, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, aber das ist kein Selbstläufer. Arbeitgeber und Vorgesetzte müssen die richtigen Voraussetzungen schaffen, zeigt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.*

Wer die Möglichkeit hat, einen Teil der Arbeit von zu Hause aus zu erledigen, ist zufriedener als Beschäftigte ohne Homeoffice. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann leichter fallen. Das hängt allerdings stark von den Rahmenbedingungen ab. So kommt es beispielsweise darauf an, wie ausgeprägt die Präsenzkultur im Unternehmen ist und wie die Beschäftigten ihr Verhältnis zum Vorgesetzten einschätzen. Eine wichtige Rolle spielt auch, ob Homeoffice vertraglich geregelt ist oder nicht. Außerdem sollten für alle Beschäftigten die gleichen Regeln gelten, nach denen Leistung bewertet wird. Das geht aus einer Studie von Dr. Yvonne Lott hervor. Die WSI-Forscherin stützt sich auf Befragungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung aus den Jahren 2014 und 2015 zu den Erfahrungen von Beschäftigten mit Homeoffice. Diese liefern die aktuellsten verfügbaren Daten, um detailliert zu untersuchen, von welchen Faktoren es abhängt, dass Beschäftigte Homeoffice wirklich als Entlastung bei der Vereinbarkeit empfinden.

Die Vorteile der Arbeit im Homeoffice liegen auf der Hand: Wer Kinder betreuen oder einen Angehörigen pflegen muss, der hat dafür mehr Zeit. Auch für Weiterbildung und Ehrenämter vergrößern sich die Spielräume. Der Studie zufolge geben 52 Prozent der Beschäftigten an, dass sich die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben durch Homeoffice verbessert. Heimarbeit kann aber auch zusätzlichen Druck erzeugen. Vor allem, wenn sie im Unternehmen als nicht selbstverständlich gilt und nur in Ausnahmefällen gewährt wird. Dann können sich Beschäftigte im Homeoffice verpflichtet fühlen, höhere Leistungen zurückzugeben, über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu arbeiten und auch außerhalb dieser Zeit erreichbar zu sein. Knapp 50 Prozent der Befragten sagen, dass die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmt.

Ob die positiven oder negativen Erfahrungen überwiegen, ist laut Lott in hohem Maße abhängig von den betrieblichen Voraussetzungen und der Unternehmenskultur. In Betrieben, die sich durch eine Reihe von Maßnahmen aktiv für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzen, profitieren Beschäftigte stärker von der Heimarbeit. So beträgt die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit, ausschließlich gute Erfahrungen mit Homeoffice zu machen, in Betrieben, die Aufstiegsmöglichkeiten für Teilzeitkräfte bieten, 49 Prozent. In Betrieben, die den Frauenanteil in Führungspositionen durch flexible Arbeitszeiten fördern, liegt die Wahrscheinlichkeit bei 42 Prozent. Ohne diese Maßnahmen sind es im Durchschnitt knapp 31 beziehungsweise 28 Prozent.

Vorgesetzte haben ebenfalls einen großen Einfluss darauf, wie Beschäftigte im Homeoffice die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Privatleben erleben. Geben Arbeitnehmer an, dass sie ihr Vorgesetzter überhaupt nicht gerecht behandelt, beträgt die Wahrscheinlichkeit für eine ausschließlich gute Erfahrung mit Homeoffice im Durchschnitt knapp vier Prozent. Stimmen sie der Aussage voll und ganz zu, dass ihr direkter Vorgesetzter sie bei allen Aspekten der Arbeit gerecht behandelt, liegt die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit für eine „gute Vereinbarkeitserfahrung“ hingegen bei knapp 53 Prozent.

Auch die Arbeitszeiten sind wichtig: Homeoffice innerhalb der normalen Arbeitszeit ist der Work-Life-Balance erwartungsgemäß deutlich zuträglicher als in der Freizeit. Und ganze Tage zu Hause zu arbeiten, ist förderlicher als stundenweise. Die Wahrscheinlichkeit für ausschließlich gute Erfahrungen beträgt 53 Prozent mit ganzen Tagen gegenüber 29 Prozent mit einzelnen Stunden im Homeoffice. „Beschäftigte, die nur stundenweise zu Hause arbeiten, nutzen Homeoffice wahrscheinlich eher um Arbeit nachzuholen oder vorzubereiten“, schreibt Lott. Bedenklich sei dabei, dass nur 15 Prozent der Beschäftigten ganze Tage zu Hause arbeiten und lediglich 22 Prozent innerhalb der normalen Arbeitszeit arbeiten.

Daneben spielt die Formalisierung eine Rolle: Ist Homeoffice vertraglich geregelt, machen 46 Prozent der Arbeitnehmer durchweg gute Erfahrungen, ohne vertragliche Regelung – etwa bei informellen Absprachen – sind es 32 Prozent. Allerdings arbeiten bisher nur 17 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice auf Basis einer vertraglichen Regelung.

„Die bisherige Forschung zeigt, dass Beschäftigte, die im Homeoffice arbeiten, einsatzbereiter und zufriedener mit ihrem Job sind“, lautet das Fazit der Wissenschaftlerin. Bereits die Möglichkeit, zu Hause arbeiten zu können, erhöhe Zufriedenheit und Produktivität, da durch das Angebot das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten gestärkt werde. Allerdings komme es stark auf die betrieblichen Rahmenbedingungen an.

Führungskräfte sollten für ein Arbeitsumfeld sorgen, das von Fairness geprägt ist. Sie sollten Beschäftigte, die ihre Arbeitszeiten an außerberufliche Bedarfe anpassen, als gleichwertige Mitarbeiter anerkennen. Was selbstverständlich klingt, ist in der Praxis nach wie vor oft ein Problem: Vorgesetzte beurteilten Beschäftigte im Homeoffice häufig nicht nach ihrer tatsächlich erbrachten Leistung. Wer zu Hause arbeitet, werde oft als „Minderleister“ stigmatisiert und müsse negative Bewertungen fürchten – häufig seien davon Frauen betroffen, schreibt Lott. Wichtig sei daher, dass für alle Beschäftigten innerhalb eines Betriebs – egal ob vor Ort oder im Homeoffice – allgemeingültige Kriterien gelten, nach denen die Arbeit beurteilt wird. Betriebsvereinbarungen und ein gesetzliches Recht auf Homeoffice könnten dabei helfen, die Akzeptanz zu steigern – und damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass Beschäftigte eine bessere Work-Life-Balance erleben.

*Yvonne Lott: Work-Life-Balance im Homeoffice: Was kann der Betrieb tun?, WSI-Report Nr. 24, Januar 2020

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 31.01.2020

Rörig: „Die Fallzahlen sind unverändert hoch. Die Bekämpfung sexuellen
Missbrauchs, dem tausende Kinder jährlich in Familien, Einrichtungen und
vor laufenden Kameras ausgesetzt sind, muss in Deutschland endlich als
nationale Aufgabe verstanden werden.“

Neuer Spot „Anrufen hilft!“ von Regisseurin Caroline Link appelliert an Menschen aus dem Umfeld von Kindern aktiv zu werden.

Berlin, 28.01.2020. Heute zog der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, gemeinsam mit Matthias Katsch, Philosoph und Sprecher der Betroffeneninitiative Eckiger Tisch e.V., der den sogenannten „Missbrauchsskandal“ am Berliner Canisius-Kolleg vor zehn Jahren maßgeblich ins Rollen brachte, und mit Silke Noack, Sozialpädagogin und Leiterin des bundesweiten „Hilfetelefon Sexueller Missbrauch“, eine kritische Bilanz der bisherigen Anstrengungen gegen Missbrauch in Deutschland. Zum Abschluss der Pressekonferenz stellte die Regisseurin Caroline Link den neuen Spot „Anrufen hilft!“ gegen Kindesmissbrauch vor.

Rörig: „Die Gesellschaft muss erkennen, dass es sich um ein Megathema handelt, das alle angeht. Ich bin immer wieder erschrocken darüber, mit welcher Gelassenheit sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche von Teilen der Gesellschaft hingenommen wird. Tausende Kinder werden jährlich Opfer von sexuellem Missbrauch, sexuellem Mobbing, Cybergrooming oder Kinderpornografie. Missbrauchsabbildungen durchfluten mittlerweile in Terrabyte-Dimensionen das Netz. Wir brauchen klare Ziele, verbindliche Maßnahmen und ausreichend Geld, um Missbrauch aufzudecken und Kinder endlich besser zu schützen.“

Zentrales Ziel: Maximale Reduzierung der Fallzahlen

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) verzeichnet jährlich über 20.000 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch und Missbrauchsabbildungen von Kindern, sogenannte Kinderpornografie. Hinzu kommen tausende Fälle, von denen wir keine Kenntnis haben. „Sexuelle Gewalt kann nur dann wirkungsvoll bekämpft werden, wenn sich alle gesellschaftlichen Kräfte verbünden, um sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche den Kampf anzusagen. Wir brauchen für Deutschland einen Pakt gegen Missbrauch. Einen Pakt für ein gemeinsames großes Ziel: Maximale Reduzierung der Zahl der Fälle von sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen“, so Rörig. „Dieser Pakt braucht die uneingeschränkte Unterstützung von allen Bürgerinnen und Bürgern, von Bund, Ländern und Kommunen, den politischen Parteien, der Zivilgesellschaft wie Kirchen, Wohlfahrt, Sport, aber auch des Gesundheitswesens oder der Internetwirtschaft, die alle auf dieses Ziel hinarbeiten.“ Der neue Nationale Rat, das von Bundesministerin Dr. Giffey und Rörig im Dezember 2019 einberufene Spitzengremium aus Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Praxis und Betroffenen, biete eine starke Plattform für diesen Pakt.

Rörig wiederholte heute seine Forderungen nach

  1. einer programmatischen Verantwortung der politischen Parteien,
  2. Stärkung von Beratungs- und Ermittlungsstrukturen und
  3. Ausbau von Prävention und Sensibilisierung der Öffentlichkeit.

„Ich erwarte eine deutlichere Haltung der Politik. Für mich gehören klare Forderungen, Vorgaben und finanzielle Untermauerung in jedes Parteiprogramm und in jeden Koalitionsvertrag, auf Bundes- und auf Länderebene“, so Rörig. Mit Blick auf Jugendämter, Fachberatungsstellen und Ermittlungsbehörden fordert Rörig eine personelle und finanzielle Stärkung. Zudem müssten alle Ermittlungsinstrumente geschärft werden. Es brauche eine EU-rechtskonforme Vorratsdaten-speicherung, gesetzliche Meldepflichten zu Missbrauchsabbildungen im Netz und in diesem Zusammenhang auch einen gesellschaftspolitischen Diskurs zum Verhältnis Datenschutz und Kinderschutz. Außerdem sollten alle Einrichtungen, denen Kinder anvertraut sind, künftig gesetzlich zur Entwicklung und Anwendung von Schutzkonzepten gegen sexuellen Missbrauch verpflichtet und ihnen hierfür die notwendige Unterstützung zugesichert werden. Rörig: „Wir brauchen eine 100-Prozent-Lösung! Es darf in den kommenden Jahren keine Kitas, Schulen, Gemeinden oder Sportvereine mehr geben, die sich nicht als Schutzorte für Kinder verstehen und entsprechende Präventionskonzepte umsetzen.“ Mit Blick auf die Schulen, dem einzigen Ort, an dem alle Kinder erreicht werden können, hoffe er, dass die Länder ihre Schulgesetze entsprechend ändern. Wer dauerhaft verantworte, dass nichts oder viel zu wenig für Schutz und Hilfe getan werde, laufe in letzter Konsequenz Gefahr, sich dem Vorwurf der Duldung auszusetzen, so Rörig.

Um die Erreichung der Ziele messbar zu machen, brauche es zudem eine regelmäßige Prävalenz- und Wirkungsforschung. „Wir müssen noch viel genauer wissen, wie viele Kinder betroffen sind und welche Wirkung Maßnahmen der Prävention konkret entfalten“, so Rörig. Er hoffe sehr, dass im Rahmen des Nationalen Rates bald eine nationale Forschungsstrategie entwickelt werde.

Matthias Katsch, Betroffeneninitiative Eckiger Tisch e.V., bilanzierte: „Auch zehn Jahre nach der Aufdeckung sexueller Gewalt in zahlreichen Bildungseinrichtungen und einer verstärkten Debatte über Missbrauch von Kindern im Kontext ihrer Familie wird sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche noch immer nicht als zentrale gesellschaftliche Herausforderung für unser Land angenommen. Beide Kirchen haben in den vergangenen Jahren Aufklärung und Aufarbeitung über den Umgang ihrer Institutionen mit Verbrechen ihrer Mitarbeitenden vielfach verschleppt. Erst jetzt beginnen sie, sich ihrer Verantwortung zu stellen und machen sich an unabhängige und umfassende Aufarbeitungsprozesse. Immer noch werden die Opfer eher stigmatisiert, als dass ihnen notwendige Hilfe und Unterstützung angeboten wird. Das Bewusstsein für die „Normalität“ von sexuellem Kindesmissbrauch in unserer Gesellschaft ist zwar – vor allem durch die Hartnäckigkeit von Betroffenen und ihre neugewonnenen Unterstützer*Innen – gestiegen, aber wir sind institutionell wie als Gesellschaft noch weit davon entfernt, diese Gewaltform in der kommenden Generation zu überwinden.“

Mehr Aufklärung und Sensibilisierung

Abschließend forderte Rörig eine breit angelegte Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagne. Es sei wichtig, dass offen über das Thema gesprochen werde und Alle Bescheid wüssten. Betroffene berichteten immer wieder, wie häufig vor allem das nahe Umfeld versagt habe, weil Mitwissende weggesehen und nicht geholfen hätten. „Taten verhindern heißt auch, Anbahnungsprozesse von Tätern und Täterinnen und Signale von Kindern überhaupt wahrnehmen zu können.“ Leider habe er bis heute keine Gelder, um eine solche Kampagne umzusetzen.

Mit dem neuen Spot „Anrufen hilft!“ möchte Rörig auf das bundesweite Angebot des „Hilfetelefon Sexueller Missbrauch“ (0800 22 55 530) hinweisen und Menschen aktivieren, dort anzurufen, wenn sie sich Sorgen um ein Kind machen. Silke Noack, Leiterin „Hilfetelefon Sexueller Missbrauch“: „Es ist wichtig, dass Menschen aufmerksam werden und sich trauen hinzuschauen, damit sexuelle Gewalt an Kindern aufgedeckt und schneller beendet wird. Viele Menschen aus dem Umfeld von Kindern haben ein komisches Gefühl, wissen aber nicht, was sie machen sollen. Wir bieten Menschen Rat und Unterstützung, die einem Kind helfen wollen oder selbst von sexuellem Missbrauch betroffen sind.“ Am Hilfetelefon arbeiten über 20 psychologisch und/oder pädagogisch ausgebildete Fachkräfte mit jahrelanger Erfahrung in der Beratung und Begleitung bei sexuellem Kindesmissbrauch. Seit Beginn des Hilfetelefons in 2010 wurden über 43.000 Beratungsgespräche geführt. Die Beratung erfolgt bundesweit, kostenfrei und anonym.
Den Spot „Anrufen hilft!“, bei dem Regisseurin Caroline Link (u. a. „Nirgendwo in Afrika“, „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“) pro bono Regie führte, stellte sie heute persönlich in Berlin vor: „Zu erfahren, wie viele Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft unter sexuellem Missbrauch leiden, hat mich überrascht und schockiert. Wenn es uns mit dem Spot gelingt, Kindern in dieser beklemmenden Lebenssituation zu helfen, wäre ich sehr froh. Kinder sollen Kinder sein dürfen. Ihre körperliche und seelische Unversehrtheit ist mir ein großes Anliegen.“

Der Spot wird ab heute auf zahlreichen TV-Sendern, in Kinos, auf Social Media und auf der gleichnamigen Website zum Spot www.anrufen-hilft.de sichtbar sein. Umgesetzt wurde er von der Claussen + Putz Filmproduktion GmbH und der Agentur ressourcenmangel.

Quelle: Pressemitteilung Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 28.01.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

„Den Menschen im Blick. Kompetenzen gegen Rassismus und Diskriminierung in Beruf & Alltag“: Das Training der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) unter Mitarbeit der Arbeiterwohlfahrt ist veröffentlicht.

Das Training „Den Menschen im Blick. Kompetenzen gegen Rassismus und Diskriminierung in Beruf & Alltag“ ist an der LMU gemeinsam mit Wissenschaftler*innen, Bildungspraktiker*innen, sowie mit staatlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen entwickelt worden. Es ist Ergebnis einer dreijährigen Zusammenarbeit. Entstanden ist ein Fortbildungsprogramm für die Mitarbeitenden und Führungskräfte von städtischen Verwaltungen, Wohlfahrtsverbänden und Polizei.

Die AWO war eine der Partner-Institutionen dieses Projektes. Einerseits arbeitete der Verband im Fachbeirat mit. Andererseits wirkte die AWO bei der Erprobung zweier Fortbildungs-Bausteine für Kompetenzen gegen Rassismus und Diskriminierung in Beruf und Alltag mit.

„Rassismus und Diskriminierung machen nicht halt: nicht vor Menschen, nicht vor Institutionen und deren Mitarbeitenden, nicht vor deren Ratsuchenden. Ob Städtische Verwaltungen, Wohlfahrtsverbände, Religionsgemeinden, Polizei – keine Organisation ist gegen dieses Problem immun“, sagt Dr. Britta Schellenberg, Projektleiterin, Ludwig-Maximilians-Universität München.

Brigitte Döcker, Vorstandsmitglied des AWO Bundesverbandes hebt hervor: „Das Hauptziel ist und bleibt: Rassistische Mechanismen bewusst machen und Haltung zeigen! Jeder Mensch muss Verantwortung übernehmen für den Erhalt des demokratischen Gesellschaftssystems und des friedlichen Zusammenlebens. Dabei hilft dieses Training ganz praktisch im Arbeitsalltag. Die AWO plant das Bildungskonzept – mit wissenschaftlicher Begleitung durch die LMU – bundesweit umzusetzen.“

Das Training der LMU reagiert auf den gewachsenen Bedarf in vielen Organisationen, Antworten auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen zu finden, Hass entgegenzutreten, Menschen vor Rassismus und Diskriminierung zu schützen und menschenfeindliche Aggression in die Schranken zu weisen. Ziel ist es, Grundlagen und praktisches Material dafür zu schaffen, Führungskräfte und Mitarbeitende von staatlichen und zivilgesellschaftlichen Institutionen zu befähigen, souverän und professionell mit Beschäftigten, Ratsuchenden und Klienten in einer zunehmend diversen Gesellschaft umzugehen und sie fit zu machen für einen sicheren Umgang mit rassistischen und andere menschenfeindlichen Orientierungen.

Das Projekt zur Kompetenzstärkung gegen Rassismus und Diskriminierung im Beruf und Alltag war von 2017 bis 2019 am Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München angesiedelt und wurde im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ vom BMFSFJ gefördert.

Publikation https://www.den-menschen-im-blick.de/aktuell/2019/training-antidiskriminierung

Kompetenz-Portal https://www.den-menschen-im-blick.de

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 07.02.2020

Angesichts der Debatte um Ungleichheiten im Steuer- und Abgabensystem betont Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Wir sehen dringenden Handlungsbedarf bei der Ausgestaltung von Steuern und Abgaben. Im Moment beteiligen sich Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen überproportional an der Finanzierung des Gemeinwesens und des Sozialstaates. Unser Verständnis von Gerechtigkeit und Solidarität ist ein anderes: Wichtig ist es, die Sozialversicherungsbeiträge nicht isoliert zu betrachten. Stattdessen müssen wir die Verteilungswirkung des Gesamtpaketes aus Steuern und Abgaben in den Blick nehmen.

Angesichts der Ungleichheiten von Einkommen und Vermögen und den überproportionalen Beiträgen kleiner und mittlerer Einkommensgruppen fordern wir eine generelle Überarbeitung des Steuer- und Abgabensystems. Hierzu gehören steuerliche Entlastungen in unteren Einkommensgruppen und eine regelmäßige Anhebung der Freibeträge.

Top-Verdiener und Vermögende sollen endlich ihren fairen Beitrag leisten! Um die Sozialversicherung zu stärken, sollten Schritte hin zu einer Bürgerversicherung unternommen und die Beitragsbemessungsgrenze erhöht werden. Eine isolierte Entlastung kleiner und mittlerer Einkommensgruppen bei den Sozialversicherungsbeiträgen halten wir für problematisch. Die günstige Haushaltslage sollte stattdessen genutzt werden, um Investitionen in Zukunft und Zusammenhalt, sprich, in die öffentliche und soziale Infrastruktur zu tätigen.“

Hintergrund:

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, bilden Personen mit einem Einkommen bis 70.000 Euro zwei Drittel des Gesamteinkommens, tragen jedoch mehr als 80 Prozent der Sozialabgaben. Demgegenüber tragen Personen mit einem Einkommen über 110.000 Euro nur etwa fünf Prozent der Sozialabgaben, obwohl diese Gruppe über mehr als 20 Prozent des Gesamteinkommens verfügt. Neben den Sozialversicherungsabgaben bestehen auch im Steuersystem Ungerechtigkeiten: So erhöhte sich in den letzten 20 Jahren die Steuerlast der unteren und mittleren Einkommen, während die Steuern der oberen Einkommensgruppen effektiv gesenkt wurden. Neben der Absenkung des Spitzensteuersatzes wurden weitere Veränderungen in der Besteuerung vorgenommen, von denen Wohlhabende und Reiche besonders profitieren. Dies trifft auf eine Situation, in der die Top-Einkommen überproportional gestiegen sind, untere Einkommen stagnieren, Mieten steigen und Armutslagen sich zunehmend verfestigen. Zudem ist in Deutschland die Vermögensungleichheit hoch: Die oberen 10 Prozent besitzen fast 60 Prozent des Vermögens, das oberste 1 Prozent sogar 25 Prozent. Währenddessen besitzt die untere Hälfte nur rund 1 Prozent des Vermögens.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 03.02.2020

Das Präsidium der Arbeiterwohlfahrt berief Prof. Dr. Jens Schubert (50) zum neuen Vorstandsvorsitzenden des AWO Bundesverbandes. Er folgt ab dem 01. Januar 2021 dem derzeitigen Vorsitzenden Wolfgang Stadler (66) in diesem Amt.

Nach intensiver Beratung in der vom Präsidium eingesetzten Findungskommission unter Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten wurde Professor Dr. Jens Schubert am vergangenen Freitag in einer Sondersitzung des höchsten Beschlussgremiums der AWO, dem Präsidium, gewählt.

Jens Schubert ist zurzeit Leiter des Bereichs Recht und Rechtspolitik in der Bundesverwaltung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Er ist ehrenamtlicher Richter am Bundesarbeitsgericht und am Bundessozialgericht und beschäftigt sich u.a. mit den Themen Pflege, Recht der schwerbehinderten Menschen, Entgeltgleichheit, Fragen zu Migration, ALG I und II und Grundrente. Er übt eine Forschungs- und Lehrtätigkeit aus als Professor an der Leuphana Universität Lüneburg, Leuphana Law School.

Prof. Dr. Jens Schubert: „Nahezu in jeder Familie gibt es irgendwann Berührungspunkte zu Einrichtungen oder Leistungen der Wohlfahrt. Verwunderlich ist demgegenüber, wie wenig ihre Bedeutung, und zwar nicht nur für den einzelnen Menschen selbst, sondern für die Gesellschaft insgesamt, über alle Schichten hinweg bekannt ist. Wichtig ist es mir deshalb, die Rolle und den Wert der Angebote der AWO und die Arbeit all unserer Haupt- und Ehrenamtlichen stärker in den Fokus zu rücken.“

Wilhelm Schmidt, Präsident der Arbeiterwohlfahrt: „Ich freue mich, dass wir mit Jens Schubert einen Nachfolger für Wolfgang Stadler gewonnen haben, der dessen erfolgreichen Einsatz für eine gute Zukunft der AWO und für eine aktive kritisch-konstruktive Arbeit in der Sozialpolitik fortsetzen kann.“

Wolfgang Stadler, amtierender Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Ich schätze Jens Schubert sehr und weiß, dass er mit seiner Expertise und seinem Engagement die AWO und auch den AWO Bundesverband weiter stärken wird.“

Mit Jens Schubert wurde ein Vorstandsvorsitzender gefunden, der mit seiner Expertise das fachpolitische Profil der AWO weiter stärken kann. Er wird mit seiner Einsatzbereitschaft die vom bisherigen Präsidium und vom Vorstand eingeleiteten Prozesse der Stärkung des Verbandes, der sauberen und fairen Arbeit in der AWO und der kritisch-konstruktiven Partnerschaft in der Sozialpolitik an der Seite des im Dezember 2020 gewählten Präsidiums fortsetzen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 03.02.2020

Morgen feiert das Müttergenesungswerk sein 70jähriges Bestehen. Die Arbeiterwohlfahrt gratuliert zu diesem Anlass und betont die Bedeutung der Stiftung in der heutigen Gesellschaft.

„Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Kuren zur Vorsorge und Rehabilitation für Mütter, Väter und pflegende Angehörige in Deutschland sind weltweit einzigartig – das ist ein großer Verdienst der fachlichen und politischen Arbeit der Elly Heuss-Knapp-Stiftung“, erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes, und ergänzt: „Auch heute noch wird der Alltag vieler Familien und insbesondere der Mütter von vielfältigen Belastungen durch die Vereinbarung von Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, Haushaltsführung, Beruf und Partnerschaft geprägt. Wenn keine Reserven mehr übrig sind und es an der Zeit für eine Auszeit ist, dann helfen Kurmaßnahmen des Müttergenesungswerks.“

In diesem Sinne konnte das Müttergenesungswerk seit seiner Gründung viele politische Erfolge, wie die gesetzliche Verankerung von Kurmaßnahmen für Mütter als Regelleistungen der gesetzlichen Krankenkasse im Sozialgesetzbuch (SGB V), erzielen. Jährlich nehmen ca. 50.000 Mütter, 2.000 Väter und mehr als 70.000 Kinder an Mütterkuren, Mutter-Kind-Kuren und Vater-Kind-Kuren teil. Rund 700 pflegende Angehörige nehmen spezielle Kuren in Anspruch. Trotzdem sieht sich das Müttergenesungswerk auch in Zukunft zahlreichen Herausforderungen ausgesetzt. So sinken Anzahl und Kapazitäten der Beratungsstellen kontinuierlich. Auch ist der Zugang zu Vorsorge-Kuren für pflegende Angehörige erschwert.

„Bei diesen und weiteren hochaktuellen Themen muss das Müttergenesungswerk Trendsetter sein und bleiben. Innerhalb des Verbunds wird sich die AWO auch in Zukunft mit Nachdruck dafür engagieren, die Interessen von Müttern, Vätern und ihren Familien zu vertreten, und sich für bessere Rahmenbedingungen einsetzen“ erklärt Döcker abschließend.

Hintergrund:

In einer Rundfunkansprache am 31. Januar 1950 gab Elly Heuss-Knapp, als Geburtstagsgeschenk für ihren Ehemann Theodor Heuss, die Gründung der Elly Heuss-Knapp-Stiftung Deutsches Müttergenesungswerk (MGW) bekannt. Unter dem Dach der gemeinnützigen Stiftung setzen sich die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege für die Gesunderhaltung von Müttern, Vätern und pflegenden Angehörigen ein. Im Rahmen der sogenannten „Therapeutischen Kette“ unterstützen bundesweit über 1.000 Kurberatungsstellen bei allen Fragen rund um das Thema Kurmaßnahmen in den über 70 vom MGW anerkannten Kliniken. Nachsorgeangebote vor Ort runden die ganzheitliche Unterstützung ab.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 30.01.2020

Heute werden erstmals in Berlin „in einer Nacht der Solidarität“ obdachlose Menschen gezählt und befragt, die nachts auf der Straße schlafen. Berlin wird auf Grundlage der Zahlen, die im Februar erwartet werden, seine Hilfs- und Beratungsangebote ausweiten und spezialisieren.

Der AWO Bundesverband begrüßt das Vorgehen der Stadt Berlin außerordentlich.

Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes: „Das 2019 auf den Weg gebrachte und inzwischenvom Deutschen Bundestag verabschiedete Wohnungslosenberichterstattungsgesetz ist ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Darin werden aber nur Menschen ohne gültigen Mietvertrag erfasst, die in Notunterkünften untergebracht sind. Auf der Straße lebende Obdachlosebleibendarin unberücksichtigt.

Der AWO Bundesverband fordert seit vielen Jahren eine bundesweite Wohnungslosenstatistik aller wohnungslosenMenschen, ob in Einrichtungen,vorübergehend bei Freunden, Bekannten und Verwandten untergekommenoder auf der Straße lebend. Je genauer die erfasste Anzahl der insbesondere auf der Straße lebenden Menschen und ihrer individuellen Lage ist, desto besser können entsprechende Hilfen organisiert werden. Beispielsweise brauchen obdachlose Frauen mit Kindern besondere Angebote, Menschen mit Behinderungen sind auf barrierefreie Einrichtungen angewiesen, und für Obdachlosemit geringen Deutschkenntnissen müssten Dolmetscher in der Straßensozialarbeit eingesetzt werden. Dem Beispiel Berlins müssen aus Sicht der AWO weitere Bundesländer folgen, um diese Menschen nicht durch die Lücken des Systems fallen zu lassen. Wir können und dürfen es uns als wohlhabende Gesellschaft nicht leisten, diese Menschen zu ignorieren.“

Döcker betont aber auch: „Diesem ersten wichtigen Schritt des Zählens müssen weitere Schritte folgen. Die zunehmende Wohnungslosigkeit in den Städten ist auch eine direkte Folge wohnungsbaupolitischer Fehlentscheidungen, z.B. des starken Rückgangs des sozialen Wohnungsbaus, der jetzt mühsam wieder in Gang gebracht werden muss. Wenn Wohnraum zum Luxusgut wird und soziale Anlaufstellen weichen müssen, gibt es eine grundsätzliche Schieflage in unserer Gesellschaft. Die aus den Zählungen gewonnenen Erkenntnisse dürfen deshalb nicht nur zur Linderung von Symptomen genutzt, sondern müssen als deutliches Signal zunehmender sozialer Ausgrenzung mit langfristigen Folgen für die Menschen verstanden werden.“

AWO-Positionspapier "Wohnen.Menschen.Recht. Wohnraum ist Lebensgrundlage und keine Ware." (PDF)

Hintergrund:

Nach Paris und New York ist Berlin die erste deutsche Stadt, die eine solche Zählung vornimmt. Etwa 3.700 ehrenamtliche Helfer werden in dieser Nacht in 500 Teams unterwegs sein und obdachlose Menschen erfassen. Die Senats-Sozialverwaltung, die die Zählung organisiert hat, will auch wissen, welche Sprache die Obdachlosen sprechen, wie viele Frauen und Minderjährige darunter sind.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 29.01.2020

Die Arbeiterwohlfahrt hat auf einer Sonderkonferenz am 14. Dezember 2019 ein neues Grundsatzprogramm verabschiedet, das heute veröffentlicht wurde. In einem vier Jahre andauernden Prozess hat der Verband im Rahmen von Sozialkonferenzen und Regionaltreffen das zuletzt 1998 beschlossene Grundsatzprogramm neu gefasst. Dazu der Vorstandsvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, Wolfgang Stadler:

„Die Arbeiterwohlfahrt hat am ersten Tag nach ihrem 100. Jubiläum in Berlin ein neues Grundsatzprogramm verabschiedet und damit zugleich den Anspruch des gesamten Verbandes unterstrichen, in Deutschland und Europa weiterhin für soziale Gerechtigkeit und Solidarität einzutreten.

Von zentraler Bedeutung für den Verband ist der Einsatz für eine demokratische Gesellschaft, die allen Menschen mit Respekt begegnet. Aus der Motivation heraus entstanden, die Mauern der Klassengesellschaft zu durchbrechen, arbeitet die AWO auch in Zukunft daran, Diskriminierung und Ungleichheit abzuschaffen. Der gesamte Verband bekennt sich mit dem Grundsatzprogramm dazu, jede Form von Feindlichkeit, Diskriminierung, Extremismus und Rassismus gegen Menschen und soziale Gruppen zu bekämpfen.

Weiter schafft das neue Programm auch ein Bewusstsein für die ausgrenzende Wirkung sozialer Ungleichheit für Teile der Gesellschaft. Dass die Ungleichheit nicht nur den sozialen Zusammenhalt gefährdet, sondern auch den Einzelnen ohne Perspektive zurück lässt und zu geringer Lebensqualität sowie Gesundheit führt, ist für die Arbeiterwohlfahrt untragbar. Der Verband wird hier seine Aktivitäten weiter ausbauen und sich alleine und in Partnerschaft mit anderen Organisationen gegen diese Entwicklung stemmen.

Folgerichtig wird darüber hinaus der Grundwert Gerechtigkeit ins Zentrum gestellt. Dieser weist nun stärker als zuvor auf die Notwendigkeit eines sozialen Ausgleichs hin und fordert einen nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen. Die AWO verdeutlicht damit, dass sozialer Fortschritt zugleich den Schutz der Natur und Umwelt im Blick haben muss.

Das Grundsatzprogramm richtet den Blick auch auf die eigenen Strukturen und Aktivitäten und führt dabei aus, dass diese sich einzig an den Bedürfnissen der Mitglieder, der Engagierten, der Klient*innen und den politischen Zielen der AWO ausrichten. Dazu wurden unter dem Kapitel „Wir verpflichten uns“ weitreichende Beschlüsse gefasst, die den Verband und die Verantwortlichen selbst in die Pflicht nehmen wertegebunden zu handeln.

Nicht zuletzt ist das Grundsatzprogramm auch eine Einladung, sich der Arbeiterwohlfahrt anzuschließen und mit uns die Gesellschaft zu gestalten: für Freiheit, für Gleichheit, für Gerechtigkeit für Solidarität und für Toleranz im 21. Jahrhundert.“

Das Grundsatzprogramm ist in einer Lang- und einer Kurzfassung hier abrufbar.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 24.01.2020

Der AWO Bundesverband begrüßt die Forderung der niedersächsischen Sozialministerin Carola Reimann nach Steuerzuschüssen für die Pflegeversicherung. Der Verband fordert zudem, Kommunen und Bundesländer in ihrer Verantwortung für die Pflege zu stärken.

Die steigenden Kosten in der Pflege führen zu einem stetigen Anstieg des Eigenanteils der Versicherten im Pflegeheim. In der Folge können die Eigenanteile aus eigenem Einkommen nicht mehr aufgebracht werden. Das führt dazu, dass Menschen Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen.

Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO-Bundesvorstandes: „Die steigenden pflegebedingten Kosten allein den Pflegebedürftigen aufzubürden, ist ihnen gegenüber unwürdig. Sie führt auch bei den Angehörigen zu extremen Unsicherheiten. Und auch rein rechnerisch ist die bisherige Regelung nicht sinnvoll: Die Haushalte der Kommunen, die die Kosten aus der Sozialhilfe übernehmen, werden weiter belastet. Die Entlastung der Kommunen war aber ein Gründungsmotiv für die Pflegeversicherung. Wir müssen die Kommunen darin stärken, den Aufbau und die Finanzierung ihrer Struktur-, Bedarfsplanung und Unterstützungsstruktur vor Ort zu gewährleisten. Die Bundesländer wiederum müssen zukünftig die Investitionskosten übernehmen. Auch das war bei der Einführung der Pflegeversicherung so vorgesehen, geschieht aber nicht im vorgesehenen Umfang.“

Döcker weiter: „Wir brauchen eine Pflegeversicherung, die das finanzielle Risiko bei Pflegebedürftigkeit verlässlich absichert. Eine Pflegeversicherung muss Betroffenen und ihren Angehörigen Sicherheit geben. Dazu muss die Höhe des Eigenanteils, den die Pflegebedürftigen zahlen, begrenzt werden. Der Eigenanteil muss zudem über die gesamte Dauer der stationären Pflege verlässlich planbar sein. Die Arbeiterwohlfahrt hat dieses bereits vor einem Jahr in einer Petition gefordert – und die Zustimmung von über 74.000 Unterzeichnenden bekommen.

Hintergrund: Im Bundesdurchschnitt lagen die Kosten, die ein Versicherter selbst übernehmen musste, im Schnitt monatlich bei 1.750 Euro. Zum Vergleich: Ende 2017 lag das durchschnittliche Netto-Renteneinkommen in den alten Bundesländern bei monatlich 1.231 Euro und in den neuen Bundesländern bei monatlich 1.169 Euro. Aufgrund der gestiegenen Kosten in den letzten Jahren, waren und werden zukünftig immer mehr Rentenbeziehende gezwungen sein, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, um ihre Pflege bezahlen zu können. Die Ursache liegt in einer gesetzlichen Regelung. Als 1995 die Pflegeversicherung eingeführt wurde, wurden die Leistungsbeträge der Pflegekassen gesetzlich festgeschrieben und nicht dynamisiert. Die Erhöhungen der Leistungsbeträge der Pflegekassen in den nachfolgenden Jahren waren bei Weitem nicht ausreichend. Somit tragen die pflegebedürftigen Menschen alle Kostensteigerungen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 23.01.2020

Gestern Abend feierte der AWO Bundesverband seinen Neujahrsempfang. Rund 200 geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft läuteten in der Berliner Kalkscheune das neue Jahrzehnt ein. AWO Präsident Wilhelm Schmidt begrüßte die Gäste und betonte, dass die Arbeiterwohlfahrt auch 100 Jahre nach der Gründung eine wichtige Rolle in Beantwortung sozialer Fragen spielt.

Autorin Jagoda Marinić würdigte in ihrer Festrede das Engagement der AWO für die Gesellschaft. Sie freue sich auf eine innovative AWO, die Zukunft mitgestaltet. Sie betonte die Bedeutung von Solidarität in Zeiten tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen, die Entsolidarisierungstendenzen mit sich bringen. Unter dem Stichwort „Solidarität mit sich selbst“ mahnte sie: „Wer die Härte gegen sich stählt, der wird die Ellbogen gegen andere noch schneller ausfahren. Es muss dem Trend zur schicken Selbst- und Daueroptimierung von Individuum, Gesellschaft und Ökonomie etwas Menschliches entgegengesetzt werden. Etwas, in dem der Mensch als Ganzes und nicht der perfekte Mensch seinen Platz hat.“

Ein Höhepunkt des Abends war die Verleihung des Lotte-Lemke-Engagementpreises 2020. Damit wurde außergewöhnliches Engagement gewürdigt. Bei 59 Bewerbungen von kreativen Projekten fiel der Jury die Wahl alles andere als leicht. Der Lotte-Lemke-Engagementpreis 2020 ging an die Universität der 3. Generation. Das Projekt des AWO Kreisverbands Bremen ermöglicht Menschen in ihrer dritten Lebensphase nachberufliche Bildung. Das Angebot ist überwiegend kostenlos und ermöglicht auch Menschen nachberufliche Bildung, die sie sich bei anderen Bildungsträgern nicht leisten könnten. Drei weitere Projekte wurden ehrenhalber gewürdigt.

Die Premiere eines filmischen Rückblick auf das vergangene Jubiläumsjahr verdeutlichte eindrücklich, wie die AWO ihre Grundwerte auch 100 Jahre nach ihrer Gründung mit Leben füllt. Impressionen der Jubiläumsaktivitäten von Gliederungen und Einrichtungen in ganz Deutschland zeigten, dass nicht nur die die Erfolge der Vergangenheit gefeiert werden, sondern der Verband sich vor allem ganz nach dem Jubiläumsmotto mit „Erfahrung für die Zukunft“ aufstellt.

Abgerundet wurde das Programm durch Darbietungen aus dem ebenfalls prämierten Musical über die Gründerin der Arbeiterwohlfahrt, Marie Juchacz. Das Publikum würdigte die bewegende künstlerische Leistung mit Standing Ovations.

Der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler sieht im Neujahrsempfang einen gelungenen Auftakt für das nächste Jahrzehnt: „Das Jubiläumsjahr hat die AWO genutzt, um sich auf ihre Grundwerte zu besinnen und ihre Bedeutung für unsere heutige Gesellschaft ins Bewusstsein zu rufen. Nun starten wir nicht nur in ein neues Jahr, sondern hoffentlich in die nächsten 100 Jahre Arbeiterwohlfahrt“.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 15.01.2020

Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen und der Betreuungsgerichtstag (BGT) fordern, dass der Einsatz von freiheitsentziehenden Maßnahmen in der häuslichen Pflege mit höheren Hürden als bisher verbunden sein muss. Sie appellieren an den Gesetzgeber, den Schutz von Pflegebedürftigen vor dem Einsatz freiheitsentziehender Maßnahmen zu Hause zu stärken. Auf keinen Fall dürfen Bettgitter und Fixiersysteme zur „Erleichterung der Pflege“ eingesetzt werden. Unter dieser Überschrift werden die Hilfsmittel derzeit im Katalog des GKV-Spitzenverbandes geführt. Die BAGSO und der BGT fordern dringend, die sachlich falsche und unangemessene Verbindung von Bettgittern und Fixiersystemen zur „Erleichterung der Pflege“ aufzuheben.

Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege sind immer ein starker Eingriff in die Menschenrechte von Schutzbedürftigen. Deshalb dürfen sie in stationären Einrichtungen nur mit gerichtlicher Genehmigung eingesetzt werden (§ 1906 Abs. 4 BGB). Dies gilt bislang jedoch nicht für die häusliche Pflege. Fixiersysteme und Bettgitter sind frei verkäuflich und auf Anordnung des Arztes werden sie von den Krankenkassen ohne weitere Auflagen bezahlt. Insbesondere der Einsatz von Fixiersystemen, bei denen die Bewegung von Armen, Beinen und Kopf mit Gurten unterbunden werden kann, ist zudem mit einer hohen Verletzungsgefahr verbunden. Er bedarf daher der ständigen Aufsicht durch geschultes Personal. Dies kann in der häuslichen Pflege in der Regel nicht sichergestellt werden. Die BAGSO und der BGT fordern deshalb eine Regelung, die für Fixierungen in der häuslichen Pflege klare Anforderungen stellt und einen Erwerb dieser Hilfsmittel ohne Rezept ausschließt.

Der Hilfsmittelkatalog des GKV-Spitzenverbandes legt fest, welche Kosten von den Krankenkassen erstattet werden können. Dieser Katalog wird zurzeit in Teilen überarbeitet. Die BAGSO wurde eingeladen, dazu Stellung zu nehmen.

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. und Betreuungsgerichtstag e.V. vom 05.02.2020

Kinder mit suchtkranken Eltern benötigen nach Ansicht der Diakonie dringend eine größere Aufmerksamkeit und eine stärkere Lobby, da sie Hilfen nicht selber anfordern und ihre suchtkranken Eltern häufig die nötige Unterstützung nicht leisten können. Anlässlich der bundesweiten Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien plädiert Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, für regionale Netzwerke und eine bessere Finanzierung der Hilfen für Familien mit suchtkranken Eltern:

"Wir dürfen Kinder aus Suchtfamilien nicht alleine lassen! Wir weisen seit langem darauf hin, dass Kinder aus Suchtfamilien hoch belastet und oft vollständig überfordert sind. Die gesamte Familie benötigt Unterstützung, wenn ein Elternteil suchtkrank ist. Besonders dramatisch ist die Situation für Kinder in Alleinerziehendenfamilien. Kinder können, gerade wenn sie sehr klein sind, sich nicht selber Hilfe holen. Viele fürchten sich auch vor den Konsequenzen, die eintreten können, wenn die Probleme bekannt werden. Und ihre suchtkranken Eltern suchen oft nicht aktiv Hilfe. Auch deshalb führten Kinder aus Suchtfamilien viel zu lang ein Schattendasein und standen nicht auf der politischen Agenda. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Kinder und Familien Unterstützung erhalten. Es sind regionale Netzwerke aus verschiedenen Akteure der Suchthilfe, der Kinder- und Jugendhilfe sowie des Gesundheitssystems notwendig, die eng zusammenarbeiten und verlässlich finanziert werden. Nur so können wir dafür sorgen, dass Kinder aus Suchtfamilien bestmöglich für die Zukunft gestärkt sind und nicht selbst hochgefährdet sind in eigene Sucht- sowie psychische Krankheiten abzurutschen."

Weitere Informationen:

https://www.diakonie.de/journal/kinder-von-suchtkranken-in-den-blick-nehmen

https://hilfe.diakonie.de/crystal-meth-rausch-der-muetter

https://www.diakonie.de/diakonie-texte/072012-klientinnen-und-klienten-in-ihrer-elternrolle-staerken

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 12.02.2020

Für Kinder mit einer lebensverkürzenden Erkrankung und ihre Familien reicht eine gute medizinische und pflegerische Versorgung alleine nicht aus. Für die herausfordernde Lebenssituation sind die Begegnungen mit den ehrenamtlich Engagierten in der Hospizarbeit, die ein Stück Normalität in die von Krankheit bestimmte Lebenswelt der Betroffenen bringen, genauso wichtig wie das Gespräch mit psychosozialen Fachkräften und Seelsorgenden für die Geschwisterkinder, Mütter und Väter.

"In der Kinderhospizarbeit geht es um mehr als Medizin und Pflege. Hier geht es auch vor allem darum, in der verkürzten Lebenszeit Augenblicke der Freude zu schaffen, Kinderwünsche zu erfüllen, und Selbstbestimmung für die betroffenen Familien zu ermöglichen. Den schwerkranken Kindern und ihren Familien muss es ermöglicht werden, auch die Krankheits- und Sterbezeit als eine Zeit voller Leben und Freude zu erfahren", sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland anlässlich des bundesweiten Tages der Kinderhospizarbeit.

Familien, in denen ein Kind mit einer lebensverkürzenden Erkrankung lebt, sind nicht selten über Jahre äußert belastet und brauchen Unterstützung durch ein multidisziplinäres Team, in dem auch psychosoziale Fachkräfte, Seelsorgende und geschulte ehrenamtlich Engagierte einen festen Platz haben. Aus Sicht der Diakonie Deutschland muss der Zugang zu psychosozialen und spirituellen Unterstützungs- und Beratungsleistungen für die betroffenen Familien erleichtert werden, damit sie die dringend notwendige Entlastung und Stärkung erfahren können.

Deshalb setzt sich die Diakonie Deutschland auch bei den aktuell laufenden Bundesrahmenvertragsverhandlungen für die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) dafür ein, dass die Finanzierung von psychosozialen Fachkräften flächendeckend gesichert wird.

Laut Kinderhospizverein leben derzeit circa 50.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit einer lebensverkürzenden Erkrankung in Deutschland.

Weitere Informationen:

https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/hospizarbeit-und-palliativversorgung-1

https://www.diakonie.de/journal/tod-und-sterben-gehoeren-zum-leben

https://www.deutscher-kinderhospizverein.de/kinder-und-jugendhospizarbeit-in-deutschland/tag-der-kinderhospizarbeit/

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 09.02.2020

Jeder dritte Wohnungssuchende mit Migrationshintergrund erlebt Benachteiligung und Diskriminierung bei der Wohnungssuche. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hervor, die heute veröffentlicht wurde.

Dazu sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: "Der Befund der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist erschreckend. Rassismus hat viele Gründe, aber nie eine Rechtfertigung. Bezahlbarer Wohnraum für alle ist eine der zentralen sozialen Fragen unserer Zeit und eine Grundbedingung für Teilhabe in einer immer diverseren Gesellschaft. Gerade Menschen mit Migrationserfahrung, aber auch Arbeitslose, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderung oder Senioren mit kleiner Rente haben es bei der Wohnungssuche besonders schwer. Der Wohnungsbau gehört deshalb ganz oben auf die politische Agenda – genauso wie die Überwindung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus."

Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt ist gesetzlich verboten. Gegen Diskriminierung gibt es das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Es verbietet Diskriminierung im Arbeitsleben sowie bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen. Dazu zählt auch Wohnraum. Betroffene sollten sich über die Rechtslage informieren und bei erfahrenen Benachteiligungen Rat bei Antidiskriminierungsstellen und Mietervereinen suchen.

Die Diakonie Deutschland setzt sich für Vielfalt und Begegnung in der Gesellschaft ein und tritt Ausgrenzung entschieden entgegen. Die Diakonie sieht die regelmäßigen Erhebungen der Antidiskriminierungsstelle als wichtigen Beitrag an, da sie mit wissenschaftlichen Daten zur Aufklärung über Diskriminierungserfahrungen beitragen. Daten zu erfahrenen Benachteiligungen zeigen Missstände auf und machen politischen Handlungsbedarf deutlich.

Zur Umfrage "Rassistische Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt": https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/Umfragen/Umfrage_Rass_Diskr_auf_dem_Wohnungsmarkt.html?nn=6570036

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 29.01.2020

· Pilotprojekt startet in fünf Bundesländern · Auftaktveranstaltung in Berlin · Diakonie-Vorstand Loheide: Digitaler Dorfplatz ist Chance für mehr Teilhabe am öffentlichen Leben

Mit einer Auftaktveranstaltung in Berlin fällt heute der Startschuss für das Projekt "Dörfer mit Zukunft", das die Diakonie Deutschland gemeinsam mit der Nachbarschaftsplattform nebenan.de im ländlichen Raum initiiert.

"Ziel ist ein digitaler Dorfplatz als Chance für mehr Teilhabe von Dorfbewohnern am öffentlichen Leben. Das Projekt erprobt in Reallaboren, ob und wie sich das soziale Miteinander in ländlichen Räumen durch neue digitale Möglichkeiten ergänzen und verbessern lässt. Dreh- und Angelpunkt bleiben die persönliche Begegnung, die nachbarschaftliche Unterstützung und das ehrenamtliche Engagement, die durch die Plattform erleichtert und gefördert werden", sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

Im Rahmen von "Dörfer mit Zukunft" werden fünf kirchlich-diakonische Einrichtungen mit Unterstützung des bundesweit größten sozialen Nachbarschaftsnetzwerkes nebenan.de, individuelle digitale Nachbarschaften für ihre Gemeinde aufbauen. Innerhalb dieser Nachbarschaften können sich alle Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner digital vernetzen. Die digitale Vernetzung soll den persönlichen Austausch initiieren und fördern.

Ein Jahr lang werden die Einrichtungen von nebenan.de und der Diakonie aktiv unterstützt und beraten, wie sie die digitalen Strukturen optimal für die Praxis vor Ort nutzen können.

Beteiligt sind Einrichtungen in Züssow (Mecklenburg-Vorpommern), Weilrod (Hessen), Hörstel (NRW), Bischofswerda (Sachsen) und Ratzeburg (Schleswig- Holstein). Sie erhalten ein sogenanntes Organisationsprofil bei nebenan.de, über das sie die auf der Plattform registrierten Personen im Dorf über Neuigkeiten, Veranstaltungen und Aktionen informieren und in Dialog treten können. So entsteht ein digitaler Dorfplatz, an dem sich alle Akteure in einem geschützten Raum vernetzen können.

Michael Vollmann, Mitgründer von nebenan.de: "Digitale Nachbarschaftsnetzwerke ergänzen herkömmliche Nachbarschaftsbegegnungen und ermöglichen eine unkomplizierte Kontaktaufnahme. Sie stärken die positiven sozialen und gesellschaftlichen Effekte von Nachbarschaft und fördern zivilgesellschaftliches Engagement vielerorts bereits heute in hohem Maße."

Während Nachbarschaftsplattformen in der Stadt bereits erfolgreich genutzt werden, sind sie im ländlichen Raum noch selten. Diakonische Einrichtungen vor Ort kennen die Situation auf dem Land und können den Aufbau einer digitalen Nachbarschaft koordinierend mitgestalten. Denn digitale Nachbarschaftsnetzwerke bieten gerade für kleine Ortschaften und weit verstreut lebende Menschen enormes Potenzial.

Mehr zum Projekt finden Sie unter https://www.diakonie-kennenlernen.de/doerfer-mit-zukunft/

Über nebenan.de

nebenan.de ist das größte soziale Netzwerk für Nachbarn in Deutschland mit 1,4 Mio. aktiven Nutzern. Über die kostenlose, lokale Plattform können sich Nachbarn unkompliziert kennenlernen, helfen, zu Aktivitäten verabreden, Dinge teilen und verschenken. Nur verifizierte Nachbarn haben Zugang zu nebenan.de. Die Plattform wurde 2015 in Berlin als Sozialunternehmen gegründet und ist TÜV- geprüft. Bereits seit 2018 können lokale, gemeinnützige Organisationen, Kommunen und Stadtverwaltungen über ein sogenanntes Organisationsprofil Teil der Nachbarschaft werden.

Weitere Informationen: https://presse.nebenan.de/

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 24.01.2020

Im Rahmen einer Verbändeanhörung im Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird heute über den Gesetzentwurf zur Grundrente diskutiert. Die Diakonie Deutschland begrüßt den Entwurf des Bundesarbeitsministeriums zur Einführung einer Grundrente.

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Dass Rentnerinnen und Rentner, die nach 33 Beitragsjahren mit ihren Rentenansprüchen unter dem Existenzminimum liegen, zukünftig einen Anspruch auf Grundrente haben, ist ein echter Fortschritt der sozialen Sicherung in Deutschland. Da der Anspruch auf Grundrente ohne Antrag von Amts wegen ermittelt wird, kommt die Grundrente direkt bei den Betroffenen an. Damit wird endlich etwas gegen verdeckte Altersarmut getan, die entsteht, wenn Menschen aus Scham oder Unwissen ihre Ansprüche auf Grundsicherung nicht einlösen. Insbesondere Frauen werden von der Grundrente profitieren, für die das größte Risiko besteht, in Altersarmut zu geraten."

Die Diakonie Deutschland sieht über den Gesetzentwurf hinaus Bedarf an der Weiterentwicklung der Gesetzlichen Rentenversicherung. Die Grundrente erreicht beispielsweise keine Menschen mit weniger Beitragsjahren und sehr geringen Rentenansprüchen, oftmals eine Folge von längeren Familienphasen und Pflegezeiten. Die Diakonie setzt sich deshalb für erweiterte Freibetragsregelungen für gesetzliche Rentenansprüche in der Grundsicherung im Alter ein.

Zur Stellungnahme der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/stellungnahmen/einfuehrung-der-grundrente

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 22.01.2020

Ein heute vom DIW vorgelegtes Gutachten über den Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder belegt, dass Investitionen in Ganztagsschulen und gute Kinderbetreuung insgesamt der Gesellschaft einen volkswirtschaftlichen Nutzen bringen und sich dadurch zu einem erheblichen Teil selbst refinanzieren.

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Wichtig ist, dass alle Kinder und Familien von dem geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung profitieren können. Vor allem auch die Kinder, deren Bildungschancen durch qualitativ hochwertige Ganztagsbetreuung verbessert werden können. Das Gutachten lässt leider außen vor, dass mit dem geplanten Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung ab 2025 zunächst immense Investitionen verbunden sind, die mit dem vorgesehenen Investitionsprogramm des Familienministeriums nicht gedeckt sind. Dafür müssen jetzt die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Dass mütterliche Erwerbstätigkeit dadurch erleichtert wird und sich fiskalisch gegenrechnet, sollte daher nicht das entscheidende Argument für den Ausbau sein. Jetzt muss die Chance genutzt werden, eine Ganztagsbetreuung zu etablieren, die qualitativ hochwertig ist, Bildungsbiographien positiv fördert und allen Bevölkerungsschichten zugutekommt."

Das Gutachten des DIW schätzt ab, welche fiskalischen Effekte durch den Ausbau ganztägiger Betreuung zu erwarten sind. Als Folge des Ausbaus steigt demnach Erwerbstätigkeit und Erwerbsvolumen von Müttern. Das erhöht einerseits das Einkommen im familiären Haushalt und verringert Sozialtransferleistungen, während andererseits Mehreinnahmen bei Steuern und Sozialversicherungen zu erwarten sind.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 20.01.2020

Das Weltwirtschaftsforum mahnt in einer aktuellen Studie bessere soziale Aufstiegschancen in Deutschland an. Ungleichheit bestehe vor allem bei den Bildungschancen, beim Zugang zu Technologie sowie bei den Löhnen.

Dazu erklärt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: "Eine gute Bildungspolitik ist nicht nur wichtig für künftigen Wohlstand, sondern auch die beste Sozialpolitik.

Für den Zusammenhalt der Gesellschaft ist entscheidend, dass alle Menschen unabhängig von Alter, Herkunft oder Geschlecht die gleichen Aufstiegschancen haben. Hier hat Deutschland erheblichen Nachholbedarf. Das Einkommen und der Bildungsgrad von Eltern darf nicht länger über die Aufstiegschancen entscheiden.

Darum brauchen wir mehr frühkindliche Förderung, besser bezahlte Erzieherinnen und Erzieher und eine flächendeckend digitale Ausstattung an allen Schulen."

Auf dem jährlichen Weltwirtschaftsforum treffen sich ab Dienstag rund 3.000 Top- Manager, Spitzenpolitiker, Wissenschaftler und Vertreter der Zivilgesellschaft, darunter US-Präsident Donald Trump, die neue EU-Kommissionchefin Ursula von der Leyen und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bei dem diesjährigen 50. Treffen stehen auch Fragen der sozialen Verantwortung im Mittelpunkt.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 20.01.2020

Am 29. Januar 2020 findet im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages die Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. März 2019 zum Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien (BT-Drucks. 19/15618) statt.

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) unterstützt den Entwurf grundsätzlich, hält ihn aber nicht für ausreichend oder gar zielführend. Denn er regelt nur einen Einzelfall und lenkt vom eigentlichen Kernthema, nämlich der Reform des Abstammungsrechts, ab.

Dass beispielsweise die Partnerin der Geburtsmutter das Kind nach wie vor als "Stiefkind" adoptieren muss, ist verfassungsrechtlich bedenklich, da gleichgeschlechtliche Frauenpaare damit anders als heterosexuelle Ehepaare nach einer Samenspende behandelt werden. "Das Wohl des Kindes gebietet es jedoch, dass auch das Kind lesbischer Eltern unmittelbar von Geburt an zwei rechtliche Eltern hat", so Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb.

Der jetzt vorliegende Regierungsentwurf versäumt die Gelegenheit, eine umfassende Lösung anzugehen und beschränkt sich auf das vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Minimum, d.h. verfestigten nichtehelichen Familien die (Stiefkind-)Adoption zu ermöglichen. Verknüpft wird dies mit einer "Bewährungszeit" von vier Jahren. Die gemeinschaftliche Adoption nichtehelicher Lebenspartner bleibt außen vor.

"Unabhängig davon, dass die Frist den Eindruck von Willkür aufkommen lässt, bleibt es bei einer verpassten Chance, den Lebenswirklichkeiten in Familien gerecht zu werden", so Brigitte Meyer-Wehage, Vorsitzende der djb-Kommission Zivil-, Familien- und Erbrecht, Recht anderer Lebensgemeinschaften, ergänzend.

Stellungnahmen des djb dazu:

https://www.djb.de/verein/Kom-u-AS/K2/st20-03/

https://www.djb.de/verein/Kom-u-AS/K2/st19-21/

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 28.01.2020

Im Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird heute der Referentenentwurf zur Grundrente diskutiert. Mit dem Gesetzesvorhaben soll die Rente von Personen mit geringen Rentenanwartschaften und langen Versicherungsverläufen durch einen Zuschlag an Entgeltpunkten aufgestockt werden. Dabei, so der Gesetzentwurf, soll insbesondere auch den Biographien von Frauen Rechnung getragen werden.

"Aufgrund der extrem kurzen Frist für eine Stellungnahme war eine fachlich fundierte Auseinandersetzung mit dem Gesetzentwurf kaum möglich. Bereits ohne vertiefte Prüfung wird jedoch deutlich, dass den gleichstellungsrelevanten Belangen von Frauen mit dem Entwurf nicht ausreichend Rechnung getragen wird.", so die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb) Prof. Dr. Maria Wersig.

In seiner Stellungnahme kritisiert der djb insbesondere, dass Zeiten geringfügiger Beschäftigung, sogenannte Minijobs, die in der Mehrzahl von

(verheirateten) Frauen ausgeübt werden, nicht zu den anwartschaftsbegründenden Zeiten zählen. Begründet wird diese Entscheidung im Entwurf explizit damit, dass Minijobs lediglich die Bedeutung eines ergänzenden Einkommens hätten.

"Deutschland weigert sich seit Jahren den Empfehlungen der Europäischen Union nachzukommen und Fehlanreize im Steuer- und Sozialrecht abzubauen, die Frauen in geringfügiger Beschäftigung halten und die eigenständige Existenzsicherung behindern. Gleichzeitig sollen die Folgen der Fehlanreize Frauen bei der Grundrente zum Verhängnis werden.", kritisiert Wersig.

Dennoch sollen Frauen dem Referentenentwurf zufolge in besonderem Maße von der Grundrente und den parallel dazu eingeführten Freibetragsleistungen im Sozialhilferecht profitieren. Im Einführungsjahr sollen Frauen sogar 70 Prozent der Menschen sein, die von der Grundrente profitieren. Wie diese Einschätzung zustande kommt, bleibt allerdings – trotz der Verpflichtung zu einer differenzierten gleichstellungsorientierten Gesetzesfolgenschätzung – offen.

In seiner heute veröffentlichten Stellungnahme setzt sich der djb für eine transparente Darstellung der Datenbasis für die genannten Zahlen und eine geschlechterdifferenzierte Einschätzung der Auswirkungen aller Anspruchsvoraussetzungen der Grundrente ein.

Ausführliche Stellungnahme: https://www.djb.de/verein/Kom-u-AS/K4/st20-02/

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 22.01.2020

»Parität kann nur gelingen, wenn alle Frauen an einem Strang ziehen.«, kommentiert die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb) Prof. Dr. Maria Wersig die erste Debatte des Bundestags über Geschlechterparität in den Parlamenten. »Die Parlamentarierinnen sollten ihre Stimme nutzen, um gemeinsam für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen einzustehen. Sie haben dabei unsere vollste Unterstützung.«, so Wersig. Allerding sind keineswegs nur die Frauen in der Pflicht. »Alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier stehen in der Verantwortung, die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in politischen Entscheidungsprozessen umfassend zu gewährleisten und so Art. 3 Abs. 2 GG im 101. Jahr nach Einführung des Frauenwahlrechts endlich hinreichend Geltung zu verschaffen. Sie haben die verfassungsrechtlichen Handlungsspielräume auszuschöpfen.«, so Wersig.

»Mehr Frauen in den Bundestag« hatten Abgeordnete von DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen gefordert. Sie sehen den Bundestag in der Pflicht und hatten deshalb einen Antrag für die Einsetzung einer Paritätskommission gestellt. Die Union befürwortete in Redebeiträgen stattdessen die Einsetzung einer Enquete-Kommission zum Thema. Hintergrund der Debatte ist der geringe Frauenanteil im Bundestag, den der djb immer wieder angemahnt und verfassungsrechtliche Handlungsspielräume aufgezeigt hatte. Offenbar ist es den Parlamentarierinnen nicht gelungen, eine gemeinsame Position zu bilden und in ihren jeweiligen Fraktionen durchzusetzen. »Wir sind sehr enttäuscht, dass keine fraktionsübergreifende Position gefunden wurde. Parität muss weiterhin Thema bleiben, gerade auch im Bundestag. Wir bekräftigen den Wunsch der Parlamentarierinnen nach Einsetzung einer Paritätskommission, die wir als einen weiteren Schritt der parlamentarischen Befassung mit diesem wichtigen Thema nur befürworten können. Leider haben wir derzeit nur wenig Hoffnung.«, kommentiert Wersig.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 20.01.2020

Als einen "Schritt in die richtige Richtung, doch in der Ausgestaltung enttäuschend" bezeichnet die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V (djb), Prof. Dr. Maria Wersig, den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten "Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität". Zwar sei es zu begrüßen, dass der Gesetzgeber der Verrohung der Kommunikation im Netz wirkungsvolle Maßnahmen entgegensetzen will. Zu Recht wird die Möglichkeit, die eigene Meinung frei, unbeeinflusst und offen zu sagen, als wesentlicher Grundpfeiler der demokratischen, pluralistischen Gesellschaft verstanden, die der Staat mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen hat. Leider wird der Gesetzentwurf nach Einschätzung der heute veröffentlichten Stellungnahme des djb diesem Anspruch jedoch nicht gerecht.

"Es gibt grundlegende Mängel des Entwurfs", so Wersig. "Er blendet die Geschlechterdimension aus und greift in seinem Regelungsgehalt zu kurz! Dabei besteht eine Verpflichtung, bei allen Gesetzesvorhaben die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen auf Frauen und Männer in den Blick zu nehmen."

Neben Rassismus und Antisemitismus ist auch Frauenfeindlichkeit eine wesentliche Motivationslage für Hass und Rechtsextremismus im Netz. Ähnlich wie bei anderen Terrorakten hat der Täter in Halle/Saale, dessen Tat digital vorbereitet, begleitet und inszeniert war, das Feindbild »Feminismus« explizit benannt. "Frauen werden nicht die gleichen Rechte wie Männern zugebilligt, sie werden auf eine angeblich ,natürliche‘ Geschlechterordnung verwiesen und, äußern sie sich öffentlich, politisch oder gar geschlechterpolitisch, mundtot gemacht", so Wersig.

Frauen werden im Netz, anders als Männer, typischerweise sexistisch angegriffen, pornografisch angepöbelt und riskieren – neben den sonst üblichen Drohungen – explizite und detaillierte Vergewaltigungsankündigungen. Damit werden sie vom öffentlichen Diskurs ausgeschlossen. "Diese geschlechterpolitische Dimension muss unbedingt in dem Gesetzentwurf Berücksichtigung finden, damit die vorgesehenen Maßnahmen auch zielgenau sind!", fordert Wersig.

Es ist zudem angesichts der Dringlichkeit des Problems nicht nachvollziehbar, dass sich der Entwurf auf die Umsetzung des vom Kabinett am 30. Oktober beschlossenen Maßnahmepakets beschränkt. Dies lässt dringend notwendige Reformen etwa beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), die der djb bereits in seinem Policy Paper zum Thema Hate Speech gefordert hat, außen vor. Zudem sind auch die im Entwurf enthaltenen Änderungen des NetzDG mangelbehaftet:

Beispielsweise macht es wenig Sinn, das Meldeverfahren auf das geltende Beschwerdeverfahren nach dem NetzDG zu stützen, ohne dass dessen Mängel zumindest zeitgleich beseitigt werden.

Auch bei den strafrechtlichen Vorschriften besteht erheblicher Nachholbedarf:

Gegen Frauen gerichtetes Cyber Harassment beschränkt sich typischerweise nicht auf die Bedrohung bzw. die Ankündigung von Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit. Vielmehr fokussieren sich entsprechende Ankündigungen in der Regel auf die Ausübung sexualisierter Gewalt. Dies muss sich auch im Katalog des § 126 Abs. 1 StGB widerspiegeln. Ebenso müssen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in § 241 StGB aufgenommen werden. "Ansonsten bleiben Frauen außen vor und profitieren nicht von der angestrebten Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes im digitalen Raum", kommentiert Wersig.

Der djb unterstützt die im Entwurf vorgesehene explizite Aufnahme antisemitischer Motive in die Vorschrift des § 46 StGB. In die Aufzählung, die dann neben rassistischen und »fremdenfeindlichen« Motiven auch antisemitische Motive umfasst, müssen allerdings auch sexistische Motive aufgenommen werden. Nur so wird ein umfassendes Bild von Vorurteilskriminalität abgebildet. Die geschlechtsspezifische Dimension hier zu ignorieren, wäre eine verheerende Botschaft an die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt. Die Aufnahme sexistischer Motive könnte zudem zu einer Sensibilisierung der Rechtsanwender*innen hinsichtlich der geschlechtsspezifischen Dimension von Straftaten beitragen.

Ausführliche Stellungnahme vom 17.1.2020: https://www.djb.de/verein/Kom-u-AS/K3/st20-01/

Policy Paper vom 4.11.2019: https://www.djb.de/verein/Kom-u-AS/ASDigi/st19-23/

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 17.01.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt die für heute geplante Änderung des Strafgesetzbuches zur Versuchsstrafbarkeit des Cybergroomings als einen guten ersten Schritt. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation müssen Kinder im Internet mit allen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln vor Cybergrooming geschützt werden. Das Strafrecht muss bei Cybergrooming früher als bisher greifen. Dabei sollte jeder Versuch des Cybergroomings strafbar sein, wie vom Bundesrat in einer Stellungnahme gefordert.

"Zum besseren Schutz von Kindern vor Cybergrooming im Internet braucht es neben den Strafverschärfungen ebenso mehr Ermittlerinnen und Ermittler bei Polizei und Staatsanwaltschaften. Verstärkte Kontrollen können dazu beitragen, dass Kinder soziale Netzwerke ebenso wie Apps mit Kommunikationsfunktionen angstfreier nutzen können. Allen potentiellen Täterinnen und Täter muss klar sein, dass bereits jeder Versuch des Cybergroomings ausnahmslos strafbar ist", betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Neben den notwendigen Verschärfungen im Strafrecht braucht es aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes auch eine bessere Förderung der Medienkompetenz von Kindern. Neben den Eltern sind hier auch die Schulen in der Pflicht. "Eine Umfrage des Deutschen Kinderhilfswerkes hat ergeben, dass bei nur 20 Prozent der befragten Grundschülerinnen und Grundschüler Cybergrooming Thema im Unterricht war. Hier müssen Schulen wesentlich früher als bisher im Unterricht aufklären und mit den Kindern besprechen, was sie zur Vermeidung tun können und wie sie im Fall der Fälle reagieren sollten", so Lütkes weiter.

Das Deutsche Kinderhilfswerk plädiert zugleich dafür, bei den aktuellen Bestrebungen der Bundesregierung zur Reform des Kinder- und Jugendmedienschutzes in Deutschland die Anbieter von Apps und sozialen Medien stärker als bisher in die Verantwortung zu nehmen. Kinder müssen Apps ungefährdet nutzen können, ohne in Chats von Fremden belästigt zu werden. Hierfür haben die Anbieter Sorge zu tragen, indem sie ein effizientes Meldesystem vorhalten sowie Kinder auf mögliche Risiken und ihre Handlungsoptionen hinweisen. Kontakt- und Interaktionsrisiken müssen in die Alterskennzeichnungen medialer Angebote einfließen", so Lütkes.

Eine in dieser Woche vorgestellte repräsentative Umfrage im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes zeigt deutlich, dass Eltern von den Online-Anbietern fast einhellig Maßnahmen zum besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen einfordern. Eine besonders hohe Zustimmung erfahren härtere Strafen bei Verstößen gegen den Kinder- und Jugendmedienschutz, eine verlässliche Altersfeststellung bei für Kinder ungeeigneten oder schädigenden Angeboten sowie ein effizientes Melde- und Beschwerdesystem bei Verstößen gegen den Kinder- und Jugendmedienschutz (jeweils 93 Prozent). Knapp dahinter rangieren die Verpflichtung zur Bereitstellung von verständlichen bzw. transparaten Informationen über die Risiken der Mediennutzung (91 Prozent), sichere Voreinstellungen des eigenen Dienstes (90 Prozent), sowie Maßnahmen, die den Kontakt mit unbekannten Erwachsenen unterbinden (89 Prozent).

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 17.01.2020

Zu einem Fachgespräch zum Thema „Drei Kinder und mehr – Mehrkindfamilien in der Mitte der Gesellschaft“ hat die Konrad -Adenauer-Stiftung am Mittwoch, 29. Januar 2019, in die Akademie der KAS nach Berlin eingeladen. Gekommen war auch die Bundesvorsitzende der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, die sich in ihrem Statement klar zu Familien bekannte. „Keine Familie soll sich rechtfertigen müssen, ob sie ihr Kind eher oder später in eine Betreuung gibt“, so Kramp-Karrenbauer. Familien sollen „Stabilität, Zuwendung und Schutz“ für Kinder sein und das könnten sie am besten „bei entspannten Eltern“. Mehr als 100 Gäste aus Politik, Verwaltung und Verbänden waren gekommen, darunter Abgeordnete des Bundestages und Fachleute aus Ministerien. „Der große Zuspruch freut uns sehr und bestärkt uns in unserer Arbeit, die Leistung kinderreicher Familien, den Wert von Erziehung, Bildung und Zuwendung im familiären Bereich, wieder als nachhaltigen Beitrag für die Zukunft unseres Landes ins Gespräch zu bringen“, resümiert Dr. Elisabeth Müller, Bundesvorsitzende des Verbandes kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD). „Mit einer solchen Veranstaltung wird deutlich, dass die Politik die Mehrkindfamilie als Thema neu entdeckt und ihr Potential wieder bewusster wahrnehmen will“, so Müller.

Moderiert wurde die Diskussion von Dr. Dorothea Siems, Chefökonomin der Tageszeitung DIE WELT. Es diskutierten Silvia Breher, stellvertretende Vorsitzende der CDU, Dr. Markus Kerber, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat, Dr. Martin Bujard (BIB), Dr. Elisabeth Müller, Vorsitzende des KRFD sowie Patrick A. Hauns, Leiter des Fachbereichs Bildung, Soziales und Sport der Stadtverwaltung Bruchsal.

Annegret Kramp-Karrenbauer sah Familie als „zuerst emotionales Thema“, das häufig nur technokratisch betrachtet werde. In ihrem konkreten politischen Alltag habe sie erfahren, wie verbindend und vertrauensstiftend es sein kann, wenn Menschen sich auch auf der gemeinsamen Basis ihrer Elternschaft begegneten. Politik müsse auf den Gebieten Infrastruktur, Zeit und Flexibilität tätig werden. Schon jetzt verlange der sich abzeichnende Fachkräftemangel „innovative Lösungen“.

Impulsgebend war der Vortrag von Prof. Dr. Nobert F. Schneider, Direktor des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung (BIB). Jüngste Studien zur aktuellen Lebenssituation von Mehrkindfamilien, ihrer demographischen Relevanz und ihrer gesellschaftlichen Leistung trugen erstmalig systematisches Datenmaterial über die bislang kaum erforschte Mehrkindfamilie zutage. In Deutschland leben 1,4 Millionen Familien mit drei und mehr Kindern im Haushalt und gelten damit als kinderreich. Jedes dritte Kind in Deutschland wächst in einer Mehrkindfamilie auf. Die Mehrkindfamilien seien demnach ein Schlüsselfaktor der demographischen Entwicklung.

Aus der kommunalpolitischen Praxis berichtete Patrick A. Hauns und stellte fest, dass es häufig schon helfe, „sich in Erinnerung zu rufen, was Familien brauchen“. Dann sei es ein Leichtes, „etwa vor Schwimmbädern oder vor Rathäusern Familienparkplätze einzurichten“.

Dass der Staat eine aktivere Rolle in der Förderung von Infrastruktur, der Bereitstellung von Wohnraum übernehmen und als Arbeitgeber mehr Innovation wagen sollte, bestätigte auch Markus Kerber.

Eindrücklich war der Appell von Hermann Gröhe, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU Bundestagsfraktion und stellvertretender Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, wonach auch an „Althergebrachtes und Bewährtes“ erinnert werden müsse. So rief er das Ehegattensplitting und die Familienversicherung als europaweit einzigartig in Erinnerung.

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. vom 30.01.2020

Hierzu kommentiert das ZFF:
Zur Vielfalt Familie gehören für das Zukunftsforum Familie auch Mehrkindfamilien. Mehrkindfamilien sind keine homogene Gruppe: Einige Familien mit mehreren Kinder haben einen Migrationshintergrund und ein nicht unerheblicher Anteil der Mehrkindfamilien insbesondere mit vier oder mehr Kindern sind Patchwork-Familien, bei denen ein oder beide Partner Kinder in die bestehende Partnerschaft einbringen. Einige dieser Familien gehören dem Mittelstand an, anderen sind wegen ihrer Kinder von Armut bedroht. Aus Sicht des ZFF ist es daher wichtig, den besonderen Bedarf von Mehrkindfamilien ernst zu nehmen. Gerade deshalb halten wir es jedoch für den falschen Weg, auf „Althergebrachtes und Bewährtes“ zu setzen. Viele Mütter von mehreren Kindern geben ihre Erwerbstätigkeit auf oder arbeiten nur in kleiner Teilzeit, während die Väter weiterhin in Vollzeit arbeiten. Das ist nicht nur für ihre Alterssicherung fatal, sondern auch gleichstellungspolitisch das falsche Signal. Wir plädieren daher für mehr Partnerschaftlichkeit, denn eine zeitgemäße Familienpolitik muss nach Auffassung des ZFF die geschlechtergerechte Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit für alle Familien ins Zentrum rücken. Dazu gehört für uns auch die Abschaffung des Ehegattensplittings und der beitragsfreien Mitversicherung von Ehegatt*innen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Auch in den Genuss von Kinderfreibeträgen kommen kinderreiche Familien nur sehr selten, da sie dafür ein deutlich höheres Einkommen erzielen müssten, als Familien mit weniger Kindern. Neben einer gut ausgebauten und armutssensiblen Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur und bezahlbarem und ausreichendem Wohnraum, braucht es dringend mehr Geld in den Familien in Form einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung.

Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert im Bundestag Ergänzung von Artikel 3

Heute fand im Deutschen Bundestag eine Anhörung zum Gesetzesentwurf der Fraktionen FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes – Änderung des Artikels 3 Absatz 3 – Einfügung des Merkmals sexuelle Identität“ (19/13123) im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz statt. Für den LSVD war Axel Hochrein aus dem LSVD-Bundesvorstand als Sachverständiger geladen.

„Die Ergänzung des Artikels 3, Absatz 3 würde endlich verfassungsrechtlich festschreiben, dass die Ungleichbehandlung von Menschen aufgrund der sexuellen Identität nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Dass haben heute die Sachverständigen im Bundestag einhellig bestätigt. Jetzt ist der Gesetzgeber am Zug zu handeln und das Grundgesetz zu ergänzen“, erklärt Axel Hochrein aus dem LSVD-Bundesvorstand.

Seit mehr als 20 Jahren fordert der LSVD die Ergänzung des Grundgesetzes. Die sexuelle Identität ist im Gleichstellungsgebot nicht genannt. Wer dort nicht erwähnt wird, läuft Gefahr, in der gesellschaftlichen und politischen Wirklichkeit ignoriert zu werden. Die Diskriminierung und Ungleichbehandlung von Lesben, Schwulen und Bisexuellen würde ohne die Ergänzung weiter legitimiert werden.

„Das Fehlen dieses Diskriminierungsgrundes im Text des Grundgesetzes hat in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu menschenrechtswidriger Behandlung von homosexuellen und bisexuellen Menschen geführt. Die Korrektur dieses Anfangsfehlers durch eine Ergänzung der sexuellen Identität würde auch dazu beitragen, dass zukünftig den bedrohlichen Entwicklungen von Rechts klare und sichtbare Verfassungsschranken entgegengestellt werden“, so LSVD-Bundesvorstand Hochrein weiter.

Bei einer Umfrage zur letzten Bundestagswahl hatten sich noch CDU/CSU und die AfD gegen eine Ergänzung ausgesprochen. Im Gegensatz zur AfD scheinen sich Teile der CDU/CSU in dieser Frage zu bewegen.

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 12.02.2020

Kabinettsbeschluss erhöht Handlungsbedarf im Abstammungsrecht

Der LSVD hat zusammen mit allout eine Petition an Bundesjustizministerin Christine Lambrecht gestartet. Denn wenn die Reform des Abstammungsrechts nicht endlich kommt, wird sich die Situation zum 1. Juli 2020 verschlechtern. Zwei-Mütter-Familien dürfen nicht zu den Leidtragenden einer verschleppten Abstammungsreform werden. Hier kannst du die Petition "Gleiche Rechte für Regenbogenfamilien" unterschreiben. Danke!

Wir fordern: Beide Mütter müssen von Geburt an gleichberechtigte Eltern ihres Kindes sein können. Ein modernes Abstammungsrecht muss alle Regenbogenfamilien zudem in ihrer Vielfalt endlich rechtlich anerkennen und absichern! Die jetzige rechtliche Diskriminierung geht zu Lasten der Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien. Kein Kind darf jedoch aufgrund seiner Familienform benachteiligt werden.

Die Stiefkindadoption ist bis heute für lesbische Paare die einzige Möglichkeit, die gemeinsame rechtliche Elternschaft und die damit verbundene Absicherung zu erreichen. Denn auch zweieinhalb Jahre nach der Eheöffnung gibt es für sie noch keine Gleichstellung im Abstammungsrecht. Das Bundeskabinett hat das Adoptionshilfegesetz verabschiedet. Damit soll unter anderen eine weitere Hürde für das Verfahren der Stiefkindadoption eingeführt werden. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Der Kabinettsbeschluss zum Adoptionshilfegesetz verschärft den Handlungsbedarf für eine Reform des Abstammungsrechts. Er bedeutet im Klartext: Wenn die Reform des Abstammungsrechts nicht endlich kommt, wird sich die Situation von lesbischen Familien zum 01. Juli 2020 weiter verschlechtern und sich ihre Diskriminierung und Bevormundung verschärfen. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert Justizministerin Lambrecht dazu auf, endlich dafür zu sorgen, dass lesbische Mütter nicht länger die Leidtragenden der verschleppten Reform im Abstammungsrecht sind. Die Notwendigkeit der Stiefkindadoption für Frauenpaare ist langwierig, diskriminierend und nicht im Interesse des Kindeswohls.

Hintergrund

Mit dem Adoptionshilfegesetz soll unter anderem die Vorschrift des § 9a Adoptionsvermittlungsgesetz (AdVermiG) und § 196a Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) neu gefasst werden. Vorgesehen ist eine verpflichtende Beratung bei den Adoptionsvermittlungsstellen. Ohne den Nachweis dieser Beratung des abgebende Elternteils, des annehmenden Elternteils, des Ehegatten des annehmenden Elternteils und des Kindes muss das Gericht den Adoptionsantrag zurückweisen.

Bereits bislang müssen lesbische Mütter mangels Alternativen den Weg der Stiefkindadoption gehen, um beide rechtlich als Eltern anerkannt zu werden Jugendämter und Familiengerichte prüfen die Gesundheit der Frauen, ihre Vermögensverhältnisse, ihren polizeilichen Leumund und vieles andere mehr und bestehen mindestens zum Teil darauf, dass die Stiefkindadoption frühestens nach Ablauf eines Probejahres stattfinden darf. Diese Überprüfung ist für die Lebenspartnerinnen entwürdigend. Sie sind die einzigen Eltern, in deren Partnerschaften Kinder hineingeboren werden, die gegenüber dem Jugendamt und dem Familiengericht ihre Eignung als Eltern nachweisen müsse

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 22.01.2020

Zum ersten Mal werden heute in Berlin „in einer Nacht der Solidarität“ obdachlose Menschen gezählt und befragt, die nachts auf der Straße schlafen. Nach dem Vorbild anderer Metropolen wie Paris und New York ist Berlin die erste deutsche Stadt, die eine solche Zählung vornimmt. Hierzu erklärt der Sprecher der nak, Gerwin Stöcken:

„Grundsätzlich ist es wichtig und richtig, dass die Situation obdachloser Menschen eine hohe Aufmerksamkeit erfährt, denn ohne jede Unterkunft auf der Straße zu leben ist die schärfste Form von Armut und sozialer Ausgrenzung. Ein entsprechend armutssensibler Zugang während der Zählung ist daher unerlässlich.“

Die nak und ihre Mitgliedsverbände fordern seit vielen Jahren die Einführung einer bundesweiten Wohnungslosenstatistik in Deutschland. Mit dem aktuellen Gesetz zur Einführung einer Wohnungslosenberichterstattung, dem der Deutsche Bundestag am 16. Januar 2020 in 2. und 3. Lesung zugestimmt hat, wurde hierfür erstmals eine gesetzliche Grundlage geschaffen. Die große Gruppe wohnungsloser Personen, die auf der Straße nächtigen, wird in den erhobenen Daten jedoch nicht sichtbar. Eine Möglichkeit, diese Gruppe zu erfassen ist es, Straßenzählungen durchzuführen, wie die nak auch in ihrer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf angemerkt hat.

„Diesem ersten wichtigen Schritt des Zählens müssen jedoch weitere Schritte nachfolgen: Neben den unmittelbaren Hilfe für obdachlose Menschen muss vor allem die Aufgabe der Schaffung von bezahlbaren Wohnungen für wohnungslose Menschen in Angriff genommen werden. Die aus der heutigen Zählung gewonnenen Erkenntnisse dürfen deshalb nicht nur zur Linderung von Symptomen genutzt, sondern müssen als deutliches Signal zunehmender sozialer Ausgrenzung mit langfristigen Folgen für die Menschen verstanden werden“, so Stöcken.

Zum Hintergrund:

Etwa 3.700 ehrenamtliche Helfer werden heute Nacht auf festgelegten Routen durch die Berliner Bezirke laufen und die Menschen zählen, die auf der Straße leben. Organisiert wird die Zählung von der Senatsverwaltung für Soziales unter dem Titel "Nacht der Solidarität". Der Senat erhofft sich u. a. Erkenntnisse darüber, welche Sprache die Obdachlosen sprechen, wie viele Frauen und Minderjährige darunter sind.

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 29.01.2020

Mit Erschrecken hat der Paritätische Wohlfahrtsverband eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zur Kenntnis genommen, nach der jede*r dritte Wohnungssuchende mit Migrationshintergrund schon einmal Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt erfahren hat. Gleichzeitig kommen die Ergebnisse der heute vorgestellten Studie für den Gesamtverband wenig überraschend. Der Verband fordert eine Aufklärungskampagne zur Rechtslage und den Ausbau örtlicher Antidiskriminierungsstellen.

„Menschen wegen ihrer Hautfarbe oder ihres Namens nicht einmal zu einer Wohnungsbesichtigung einzuladen, ist traurige Realität auf dem Wohnungsmarkt. Das hören wir immer wieder und das seit langem aus unserer praktischen Arbeit“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. Vorbehalte und auch offener Rassismus sind leider weit verbreitet, so Schneider. Auch dies belegt die Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes: 41 Prozent hätten Bedenken, eine eigene Wohnung an Menschen mit Migrationshintergrund zu vermieten.

Der Paritätische macht darauf aufmerksam, dass Diskriminierung bei der Wohnungsvermietung bereits seit längerem rechtlich untersagt ist. Das Antidiskriminierungsgesetz sieht für solche Fälle Schadensersatz und Schmerzensgeld vor. „Das Problem ist allerdings, dass davon kaum jemand weiß“, stellt Schneider fest. „Es bewahrheitet sich der alte Spruch: Wo kein Kläger, da kein Richter.“ Der Verband fordert umfassende Aufklärungskampagnen.

Dass es sich lohnt, sich zu wehren, zeige ein aktuelles Beispiel aus Berlin, wo die Deutsche Wohnen zu einer Zahlung von 3.000 Euro Entschädigung an ein Diskriminierungsopfer verurteilt wurde.

„Aber nicht jeder wird den individuellen und umständlichen Klageweg bestreiten“, fürchtet Schneider. Der Verband regt daher an, Antidiskriminierungsstellen flächendeckend auszubauen und für die Belange von Migrant*innen zu qualifizieren. „In jeder Kommune brauchen wir eine Stelle, die niedrigschwellig berät und hilft, auch juristisch. Das ist auch ein Signal an Vermieter: Diskriminierung kann teuer werden. Schaut euch lieber den Menschen an und gebt ihm oder ihr eine Chance in eurem Haus“, so Ulrich Schneider.

Der Paritätische Gesamtverband ist ein Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege und hat über 200 Migrant*innenorganisationen im Forum der Migrantinnen und Migranten unter seinem Dach.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 29.01.2020

Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert die CDU und den deutschen Bundestag auf, das Gesetz zur Einführung einer Grundrente nicht zu blockieren. In einer Stellungnahme zum vorliegenden Gesetzesentwurf bezeichnet der Verband die Grundrente als einen wichtigen Schritt zur Reform der Alterssicherung. Der Paritätische wertet es als großen sozialpolitischen Fortschritt, Mindestsicherungselemente in das Rentensystem zu integrieren und dabei erstmalig auf eine möglichst unbürokratische Lösung zu setzen. Gleichwohl kritisiert der Verband, dass die Hürden zur Erlangung der Grundrente noch deutlich zu hoch seien. Zudem fordert er Freibeträge auf Renteneinkommen für alle Altersgrundsicherungsbeziehenden unabhängig von den geleisteten Beitragsjahren.

„Die Grundrente geht in die richtige Richtung. Es wäre töricht, diesen mühsam errungenen Kompromiss jetzt mit kleinlichen Argumenten kaputtzumachen“, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, „die Union muss sich einen Ruck geben.“ Bei aller Kritik, die man im Detail üben könne, dürfe nicht übersehen werden, dass das Grundrentenkonzept von Bundesarbeitsminister Heil erstmalig Türen aufstößt zu einer einfachen und unbürokratischen Mindestsicherung für alte Menschen mit kleinen Renten. „Der automatische Abgleich zwischen Finanzbehörden und Rentenversicherung stellt einen sozialpolitischen Meilenstein dar, was Abbau von Bürokratie und Schaffung von Bürgerfreundlichkeit anbelangt. Menschen, die jetzt noch von der Bürokratie abgeschreckt werden, können so erreicht werden und bekommen endlich Unterstützung“, so Schneider.

Der Paritätische fordert, das Gesetz nun zügig auf den Weg zu bringen. Der Verband empfiehlt jedoch, über den automatischen Abgleich der Behörden hinaus auf jegliches Antragsprozedere zu verzichten. Armutspolitisch seien darüber hinaus deutliche Nachbesserungen unumgänglich. Der Verband setzt sich für eine Ausweitung der Grundrente auf alle Rentenbeziehende mit geringem Einkommen ein. Auch sei der Freibetrag in der Sozialhilfe für alle Rentner*innen vorzusehen und nicht nur für solche mit 33 und mehr Beitragsjahren. „Bei der Diskussion um die Grundrente dürfen wir nie aus den Augen verlieren: Es muss letztlich darum gehen, wie wir allen Menschen einen würdigen und guten Lebensabend ermöglichen können. Niemand hat Armut verdient“, so Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 20.01.2020

pro familia unterstützt deutschen CEDAW-Alternativbericht

Zusammen mit 65 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützt pro familia einen Bericht zur aktuellen Situation der reproduktiven Rechte in Deutschland. Die German Alliance for Choice (GAfC) hat diesen Bericht beim zuständigen UN-Ausschuss für die Umsetzung der UN Frauenrechtskonvention (CEDAW) in Genf eingereicht, um internationalen Druck auf die Bundesregierung auszuüben. Der Bericht beschreibt, welche weitreichenden Folgen für Frauen die Tatsache hat, dass die rechtlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch angesiedelt sind. Dies hat massive Auswirkungen auf die Möglichkeit, sich zum Schwangerschaftsabbruch zu informieren sowie auf das Procedere vor einem Schwangerschaftsabbruch.

Der Bericht verweist zudem auf eine zunehmende Verschärfung der ärztlichen Versorgungslage. Diese trifft Frauen in ländlichen oder katholisch geprägten Regionen besonders hart. Zudem fehlen evidenzbasierte Leitlinien und medizinische Qualitätsstandards zum Schwangerschaftsabbruch, sodass die Qualität der gesundheitlichen Versorgung von Frauen nicht gesichert ist. Schließlich ist die Behandlung des Themas Schwangerschaftsabbruch in der Mediziner*innenausbildung nicht gewährleistet.

Die GAfC kommt zu dem Schluss, dass die benannten Defizite zu einer anhaltenden Verletzung der international verbrieften Rechte aller Frauen in Deutschland führen. Dabei hat sich die Bundesregierung mit der Ratifizierung von CEDAW im Jahr 1985 verpflichtet, die international verbrieften Rechte von Frauen zu respektieren, zu schützen und sie zu gewährleisten, betont die GAfC.

Diesen Verpflichtungen sei die Bundesregierung bisher nicht nachgekommen. So seien die letzten Empfehlungen des CEDAW-Ausschuss von 2017 nicht umgesetzt worden: Sicherung des Zugangs zu Verhütungsmitteln für Frauen in prekärer wirtschaftlicher Situation, Sicherung des Zugangs zu von der Krankenversicherung bezahlten Schwangerschaftsabbrüchen sowie die Abschaffung der Pflichtberatung vor einem Schwangerschaftsabbruch und der vorgeschriebenen Wartezeit.

Durch den GAfC-Bericht soll im anstehenden Dialog zwischen dem CEDAW-Ausschuss und der Bundesregierung angestoßen werden, was bisher nicht erreicht ist: eine menschenrechtskonforme gesetzliche und institutionelle Ausgestaltung im Bereich reproduktiver Rechte, Entkriminalisierung und Entstigmatisierung des Schwangerschaftsabbruchs sowie adäquate gesundheitliche Versorgung von Frauen.

Quelle: Pressemitteilung pro familia Bundesverband vom 04.02.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 18. Februar 2020

Veranstalter: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Ort: Berlin

Die Digitalisierung verändert viele Lebensbereiche, auch das Leben im Alter und den Alltag in der Pflege. Neue Chancen tun sich auf. So kann der Einsatz neuer Technik ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden unterstützen, etwa wenn man im Alter vergesslicher wird oder sich nicht mehr so bewegen kann wie früher. Pflegekräfte können von zeitaufwendigen Schreibarbeiten befreit oder bei schweren körperlichen Tätigkeiten wie Heben entlastet werden. Im Idealfall wird ihr Beruf dadurch attraktiver und sie haben mehr Zeit für die Menschen, die ihnen anvertraut sind. Es entstehen aber auch neue Risiken. Digitale Technologien verarbeiten jede Menge Daten und längst ist nicht immer gewährleistet, dass diese Daten sicher sind und dass Anwenderinnen und Anwender einen Überblick und die Kontrolle über die Verwendung haben.

Viele weitere Fragen tun sich auf: Was soll künftig der Mensch, was kann die Technik übernehmen? Wie kann der Tatsache Rechnung getragen werden, dass es sich bei älteren und pflegebedürftigen Menschen um besonders schutzbedürftige Personen handeln kann? Wie bleiben deren Bedürfnisse jederzeit Taktgeber für die Entwicklung und Anwendung digitaler Technik? Und welche besonderen Herausforderungen entstehen durch lernende Systeme, Anwendungen künstlicher Intelligenz oder der Robotik?

Wir wollen diskutieren, welche Werte und Ziele uns anleiten müssen, um die Digitalisierung in diesem Lebensbereich zu gestalten. Aber vor allem: was muss politisch getan werden, um die Chancen für ältere und pflegebedürftige Menschen zu nutzen und die Risiken für sie zu minimieren?

Weitere Informationen finden Sie hier.

Termin: 24. Februar 2020

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung

Ort: Berlin

»Mut zu Macht«, so hat Anke Fuchs selbst ihren politischen Weg in ihrer Autobiografie* beschrieben. Sie wusste als Mutter von zwei Kindern, was es bedeutet, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Von »gläsernen Decken« ließ sie sich nicht beeindrucken. Aus Überzeugung ermutigte sie Frauen, in die Politik zu gehen und förderte sie nach Kräften.

Das war – nicht nur damals – vorbildlich. Wir wollen in einem Generationendialog, der sich an den Wirkungsfeldern von Anke Fuchs orientiert, gemeinsam mit unterschiedlichen Gesprächspartner_innen herausfinden: Braucht es diesen speziellen Mut, um als (weibliche) Führungsfigur bestehen zu können? Kann der »Wille zur Macht« ein Beispiel sein für kommende Generationen? Spielt der Faktor Macht noch eine Rolle, oder gelten mittlerweile andere Regeln, die andere Strategien erfordern, um politisch und gesellschaftlich wirksam werden zu können?

Anmeldung per Link unter https://www.fes.de/lnk/3ou bis zum 19. Februar 2020.

Termin: 29. Februar 2020

Veranstalter: Sozialverband DeutschlandLandesverband Berlin-Brandenburg e. V.

Ort: Berlin

Wie wollen wir in der zweiten Lebenshälfte leben? Wie muss sich das Erwerbs- und Familienleben, das soziale Miteinander gestalten, damit alle ein erfülltes Leben führen können? Das sind die zentralen Fragen der Veranstaltung.

Die Veranstaltung richtet sich vor allem an Menschen 50plus, die sich für Gleichstellungs-, Sozial-, Engagement-, Familien-, Senior*innen- und Pflegepolitik interessieren – aus dem Sozialverband Deutschland, aus Verwaltungen und Betrieben, aus Verbänden, Projekten und Initiativen.

Weitere Informationen und Anmeldung :

Einladung Equal Care Day

Equal Care Day am 29. Februar 2020

Veranstalter: Projekt ElternStärken

Ort: Berlin

Für Fachkräfte ist die diversitätsorientierte Arbeit mit Eltern und Kindern eine große Herausforderung: Wie kann mit Eltern gearbeitet werden, die sich abwertend über Familien und Erzieher*innen aufgrund von Herkunft und Religion äußern? Wie lässt sich ein tragfähiges Arbeitsbündnis mit ihnen herstellen, ohne solch problematisches Verhalten zu verharmlosen? Was tun, wenn Kinder Kinder wegen ihres Aussehens oder ihrer Mehrsprachigkeit ausgrenzen? Wie lassen sich unsere pädagogischen Ziele kindgerecht thematisieren, wie sprechen wir mit den Eltern darüber? Wie gehe ich mit diskriminierenden Äußerungen von Kolleg_innen um?

Mit diesem Weiterbildungsangebot sollen Träger, Einrichtungen und Teams dabei unterstützt werden, mit Vorurteilen und Diskriminierungen von Eltern, Kindern und Kolleg_innen souverän und professionell umzugehen. Hierfür werden Fachkräfte als Multiplikator_innen zu Fragen einer vielfältigen und vorurteilsbewussten Einrichtungskultur qualifiziert. In Krisen- und Konfliktfällen können sie als Ansprechpersonen, Moderator_innen oder Berater_innen im Rahmen von Fallbesprechungen und Leitbildentwicklungen aktiv werden.

Wir unterstützen im Anschluss an die Weiterbildung interessierte Fachkräfte bei der Implementierung in der Funktion als Vielfaltsbeauftragte*r in der jeweiligen Einrichtung.

Termine & Themen der Weiterbildung

03. 03. 20 Modul I: Berufsethische, rechtliche Grundlagen Sozialer Arbeit, Elternrechte und Kinderrechte I Methoden zur Reflexion der eigenen Arbeit(sorte)/ Einrichtungen

22. 04. 20 Modul II: Auseinandersetzung mit Ungleichwertigkeitsideologien und Diskriminierungen | Handlungssicherheiten in der pädagogischen Arbeit mit Eltern und Kindern und im Team erlangen

19. 05.20 Modul III: Vielfalt respektieren – Ausgrenzung widerstehen, Ansatz der Vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung I Reflexion und Entwicklung einer kulturellen Vielfalt in der Einrichtung

09. 06. 20 Modul IV: Ansprechperson für Demokratiefragen – was sind meine ersten Schritte? Rollenverständnis, Konzeptentwicklung I Grenzen und Möglichkeiten gemeinsam einschätzen und erkennen

Die Fortbildungen beginnen jeweils um 9.30 und enden um 16.00 Uhr. Sie finden uns im Stadtteilzentrum am Teutoburger Platz, Fehrbelliner Str. 92, 10119 Berlin.

Rahmenbedingungen: Die Qualifizierung beinhaltet vier Module. Neben der Wissensvermittlung durch Expert*innen verschiedener Fachgebiete geht es vor allem auch um Diskussionen, kollegiale Fallberatung und praktische Übungen, etwa durch Rollenspiele. Die Fortbildung ist kostenlos und schließt mit einem Zertifikat für die Teilnahme ab.

Im Anschluss an die Weiterbildung wird den ausgebildeten Vielfaltsbeauftragten prozessbegleitend der Rahmen für eine kollegiale Beratung angeboten.

Information und Anmeldung: Eva Prausner, Projekt ElternStärken, eva_prausner@elternstaerken.de; 030/99270555 oder 0177/6843959, http://www.elternstaerken.de

Termin: 16. März 2020

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Ort: Stuttgart

Im Zentrum unseres Fachtags steht die Frage, inwieweit Pass-Systeme das Potenzial haben, die Nutzung der bestehenden BuT-Leistungen zu vereinfachen, sie sinnvoll zu ergänzen und auszubauen. Gelingende gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen benötigt zwei tragende Säulen: die materielle Absicherung ihres soziokulturellen Existenzminimums und ein bedarfs- und chancengerechtes Infrastrukturangebot in ihrem Umfeld. Bisher ist es in weiten Teilen Deutschlands noch nicht gelungen, Kindern aus armutsbetroffenen Familien gleiche Chancen zu ermöglichen. Es scheitert am fehlenden Angebot, den Kosten oder den bürokratischen Hürden.

Ausgehend von der Bestandsaufnahme des gleichnamigen böll.briefs wollen wir die Potenziale der existierenden Pass-Systeme für die Verbesserung von Kinderteilhabe darstellen und umsetzungskritische Aspekte ebenso diskutieren wie gute Praxisbeispiele.

Wir fragen danach, wie Pass-Systeme dazu beitragen können, vor Ort ein breiteres und zielgruppengerechteres Angebot zu bieten und ob die Idee eines bundesweit einsetzbaren Kinderteilhabepasses hilfreich wäre. Zudem überprüfen wir, welche Faktoren in den Bereichen Information, Antragsverfahren, Gültigkeitsbereich, Technik sowie Datenschutz relevant sind, damit Pass-Systeme wirksamer eingesetzt werden können.

Das komplette Programm finden Sie hier.

Die Teilnahme ist kostenlos. Wir bitten um Anmeldung bis zum 10. März 2020 unter folgendem Anmeldelink:

Jetzt anmelden

Termin: 16. – 18. März 2020

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Ort: Berlin

Die Leistungen der Eingliederungshilfe grenzen an Leistungen anderer Sozialleistungssysteme an. In der Abgrenzung und Verzahnung dieser Leistungen gibt es viele Herausforderungen und offene Fragen. Die Veranstaltung legt den Schwerpunkt auf die Schnittstellen der Eingliederungshilfe zur Hilfe zur Pflege und gesetzlichen Pflegeversicherung, zur Kinder- und Jugendhilfe, zur Bundesagentur für Arbeit und zur Gesetzlichen Krankenversicherung (Interdisziplinäre Frühförderung).

Während am ersten Veranstaltungstag eine Einführung in die Schnittstellen der Eingliederungshilfe zu anderen Leistungsgesetzen erfolgt, steht am zweiten Tag die Diskussion der Herausforderungen und Lösungsansätze für konkrete Schnittstellen in Arbeitsgruppen im Fokus. Am dritten Veranstaltungstag wird das Schnittstellenmanagement in der Praxis beispielhaft vorgestellt.

Ziele

  1. Sie kennen die wesentlichen Inhalte, die Phasen des Inkrafttretens und den aktuellen Umsetzungsstand des Bundesteilhabegesetzes.
  2. Sie erhalten einen Überblick über die die Schnittstellen der Eingliederungshilfe zu Leistungen anderer Sozialleistungssysteme vor dem Hintergrund der Regelungen des BTHG.
  3. Sie diskutieren Herausforderungen einzelner Schnittstellen und erarbeiten Lösungsansätze für den Umgang mit diesen Schnittstellen in der Praxis.
  4. Es werden Ansätze des Schnittstellenmanagements in der Praxis beispielhaft vorgestellt und diskutiert.

Die Veranstaltung richtet sich an Mitarbeiter/innen der Träger der Eingliederungshilfe, an Mitarbeiter/innen anderer Rehabilitations- und Leistungsträger, an Mitarbeiter/innen der Leistungserbringer sowie an Leistungsberechtigte bzw. deren rechtliche Vertreter/innen.

Anmeldeschluss: 31. Januar 2020

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter: https://umsetzungsbegleitung-bthg.de/veranstaltungen/termine/vv-schnittstellen-maerz-20/

Termin: 20. März 2020

Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung

Ort: Berlin

Gewalt gegen (BIPoC-)Frauen* hat durch das Internet eine neue, erweiterte Dimension erfahren. Für viele von ihnen ist digitale Gewalt an der Tagesordnung. Diskriminierungsstrukturen setzen sich ungehindert fort und gefährden somit Leben.

Unterschiedliche Akteur*innen sind, wie das Beispiel #netzohnegewalt zeigt, schon länger damit beschäftigt, Strategien im Umgang und in der Bekämpfung digitaler Gewalt gegen (BIPoC-) Frauen* zu erarbeiten und anzuwenden. Dabei zeigt sich, dass vor allem politische Ansätze, in Form von Gesetzen gegen digitale Gewalt vorzugehen, bisher entweder kaum vorhanden oder komplett unbefriedigend sind. So hat sich das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) wie erwartet als unzulängliches Gesetz erwiesen, um Betroffene besser zu schützen. Schlimmer noch, das Gesetz wird sogar missbraucht, um vor allem marginalisierte Menschen aus dem Netz zu verdrängen oder antirassistische Aktivist*innen zu bedrohen.

Die Konferenz knüpft an die langjährige Arbeit des Gunda-Werner-Institutes zu digitaler Gewalt an. Gemeinsam wollen wir in den Austausch kommen, Erarbeitetes fortführen und neue Strategien entwickeln. Das komplette Programm wird Mitte Februar veröffentlicht.

Anmeldung und Programm

Termin: 20. März 2020

Veranstalter: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Ort: Berlin

Sozialer Zusammenhalt ist die Qualität, die eine Gesellschaft lebenswert und zukunftsfähig macht. Dafür gibt es in der Bundesrepublik ein umfassendes System der Hilfe und Unterstützung, in dem die verschiedenen Felder der sozialen Arbeit eine wichtige Funktion haben. Und die SozialarbeiterInnen sind die tragende Säule. Egal ob im Jugendzentrum, in der Obdachlosenhilfe, in der Familienberatung oder im Stadtteilzentrum ermöglicht ihre Arbeit gesellschaftliche Teilhabe, eröffnet Perspektiven und neue Chancen. Soweit das Ideal der solidarischen Gesellschaft.

Aber wie ist es um diese Ideale im praktischen Alltag bestellt? Wie geht es unserem Land aus Sicht derer, die jeden Tag für den sozialen Zusammenhalt arbeiten? Welche Erfolge und Hürden sehen sie bei ihrer Arbeit? Und welchen Blick haben sie auf den Zusammenhalt in unserem Land? Wie kann Politik soziale Arbeit besser wertschätzen und stärken?

Diese Fragen wollen wir zusammen mit SozialarbeiterInnen und Interessierten aus den verschiedensten Tätigkeitsbereichen und aus allen Ecken der Republik diskutieren und fragen, welche Reformen zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts notwendig sind. Sie sind die ExpertInnen und wir hören zu.

Anmeldung und Programm

Termin: 29. April 2020

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.

Ort: Berlin

Konflikte gehören zum Familienleben. In etwa einem Drittel der Ehen erscheinen die Konflikte den Partner*innen so gravierend, dass sie durch Scheidung aufgelöst werden. Davon sind in Deutschland jährlich auch etwa 120.000 minderjährige Kinder betroffen.

Zur Unterstützung für Eltern und Kinder in familiären Konfliktsituationen existieren verschiedene psychosoziale Beratungsangebote, therapeutische Interventionen und Bildungsmaßnahmen. In der Regel besteht bei diesen Angeboten u.a. das Ziel, die Interessen der Kinder im Trennungsprozess zu wahren und ihre Belastungen möglichst gering zu halten. Falls es zur Trennung der Eltern kommt, sollen diese in die Lage versetzt werden, die Trennung auf einem möglichst niedrigen Konfliktniveau zu vollziehen und für die sich stellenden Fragen der Kinder-Sorge und des Umgangs zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen.

Gerichtliche Scheidungs- oder Sorgerechtsverfahren stellen in Trennungsprozessen wichtige Ereignisse mit weitreichenden Folgen für das Leben der Ex-Partner und ihrer Kinder dar. Eine gelingende Kooperation zwischen beratenden / unterstützenden Angeboten für Familien und gerichtlichen Akteuren ist für möglichst konfliktarme Trennungs-/ Scheidungsprozesse von hoher Bedeutung.

Vor diesem Hintergrund unternimmt die Tagung eine Bestandsaufnahme, wie erfolgreich die Strukturen und Maßnahmen der psychosozialen Unterstützungsangebote und Gerichtsverfahren im Hinblick auf die Kinderzentrierung und die Konfliktreduzierung im Trennungsprozess sind.

Weitere Fragen, die beleuchtet werden sollen, sind: Wie gut gelingt die
Kooperation zwischen den professionellen außergerichtlichen und gerichtlichen Akteuren und welche Folgen hat dies für die betroffenen Familien? Wie gut sind die existierenden unterstützenden Maßnahmen geeignet, unterschiedliche
Konfliktniveaus (hochstrittige vs. weniger strittige) in Trennungsprozessen gezielt zu bearbeiten?

Die Veranstaltung ist kostenfrei. Bitte melden Sie sich bis zum 17. April 2020 an.

Anmeldung und Programm

Termin: 30. April 2020

Veranstalter: Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V.

Ort: Berlin

Am 6. Juli 2000 wurde das Gesetz zur Ächtung der Gewalt verabschiedet. In zwei Jahrzehnten ist viel geschehen, um Kindern und Jugendlichen ein gewaltfreies Aufwachsen zu ermöglichen. Die vielen Anstrengungen von Eltern, von Lehr- und Fachkräften, von der Wissenschaft und Verantwortlichen in Politik und Zivilgesellschaft sollen und müssen anerkannt werden.

Doch wir sehen, dass auch nach zwanzig Jahren Kinder und Jugendliche körperliche und seelische Gewalt erfahren und Gewalt in Erziehungsverhältnissen bagatellisiert wird, dass Kinder und Jugendliche sexuellen Missbrauch erleben, Mobbingerfahrungen machen, Rassismus und Diskriminierung ausgesetzt sind. Und nicht zuletzt die Möglichkeiten der neuen Medien, Gewalt anzubahnen und auszuüben, verweist auf einen hohen Diskussions-, Klärungs- und Handlungsbedarf.

Die historische Bedeutung des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt gegen Kinder ist Ausgangspunkt der Fachtagung. Davon ausgehend sollen insbesondere die nach wie vor drängenden Herausforderungen bei der Umsetzung des Rechts thematisiert werden.

In der Betrachtung der Langzeitstudie von Prof. Kai Bussmann aus dem Jahr 2010 und den darauffolgenden Untersuchungen des Kompetenzzentrums Kinderschutz Ulm durch Prof. Dr. J.M. Fegert (2016 und 2019) sind Rückschlüsse über die gesellschaftliche Akzeptanz der gewaltfreien Erziehung möglich.

Die Befragung von Kindern und Jugendlichen in der Studie von Sabine Andresen, „Children’s Worlds“, hat erstens gezeigt, wie hoch der Anteil an Kindern und Jugendlichen ist, die in der Schule Gewalt und Ausgrenzung erleben. Zweitens wie wichtig für Kinder und Jugendliche sichere Räume und vertrauensvolle Beziehungen zuhause und vor allem in Schule und anderen Einrichtungen sind. Diese Befunde geben aufschlussreiche Informationen, wie junge Menschen Erwachsene erleben. Die Fachtagung möchte daher den Raum öffnen für eine gesellschaftliche Diskussion über ein wirksames Zusammenspiel von Schutz und Recht, von Sorge und Beteiligung, von Sicherheit und Freiheit für Kinder und Jugendliche.

Dabei stellt sich vor allem die Frage nach dem gesellschaftlichen Klima, das durch extreme Polarisierung, durch Rechtspopulismus und einer Schmähung demokratischer Werte und Beteiligungsformen vor allem Kinder und Jugendliche in der Konsequenz in ihren Rechten beschnitten werden.

Die Fachtagung findet am Donnerstag, den 30. April 2020 von 09:30 bis 16:30 Uhr in der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen beim Bund, Hiroshimastraße 12 – 16, 10785 Berlin statt.

Ihr Anmeldung können Sie unter folgendem Link bis zum Dienstag, den 31.03.2020 vornehmen: https://anmeldungfachtagung2020.questionpro.eu

Die Teilnahme an der Fachtagung ist für Sie kostenfrei. Der Kinderschutzbund Bundesverband übernimmt keine Reise- und Übernachtungskosten.

Wir haben für Sie Abrufkontingente für Hotelzimmer gebucht. Diese können Sie unter folgendem Link abrufen: https://www.zimmerkontingente.de/DKSB

AUS DEM ZFF

Anlässlich der heutigen öffentlichen Anhörung zum Thema „Stiefkindadoptionen in nichtehelichen Familien“ im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz befürwortet das ZFF die schrittweise Abkehr vom Primat der Ehe. Gleichzeitig mahnt es jedoch weitere Schritte an, um der Vielfalt Familie gerecht zu werden.

Hierzu erklärt Christiane Reckmann, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF): „Nichteheliche Lebensformen dürfen gegenüber der Ehe nicht benachteiligt werden. Für das ZFF ist das Wohlergehen der Kinder und die Bereitschaft der Übernahme von Sorgeverantwortung Mittelpunkt aller Reformüberlegungen und zwar unabhängig von der gewählten Lebensform der Eltern. Das ZFF begrüßt daher die Intention des Gesetzentwurfs, denn die Familienpolitik und das Familienrecht müssen die geänderten Lebensbedingungen von Familien stärker berücksichtigen und sich dabei an Bedürfnissen von Eltern und Kindern orientieren.“

Reckmann fährt fort: „Wir können jedoch nicht nachvollziehen, warum der Orientierungsrahmen für die Adoptionsvermittlungsstellen bezüglich der Kriterien zur Prüfung der Paarbeziehungsstabilität weiter verschärft wurde. Unverheiratete Paare müssen nicht mehr nur zwei Jahre, wie ursprünglich im Referentenentwurf vorgesehen, sondern vier Jahre zusammenleben, bevor sie eine Stiefkindadoption durchführen können.

Daneben sind in der gegenwärtigen Situation lesbische Ehepaare bzw. die nicht austragende Mit-Mutter auf eine Stiefkindadoption angewiesen. Vor allem für diese Familien trägt dies, zusammen mit der Pflichtberatung im neuen Adoptionshilfe-Gesetz und dem veralteten Abstammungsrecht, zu einer weiteren Verschärfung ihrer ohnehin schwierigen rechtlichen Situation bei. Das ZFF setzt sich dafür ein, dass sich Familienpolitik und Familienrecht an allen Familienformen orientieren. Dazu gehört auch die automatische Mitmutterschaft im Rahmen einer Reform des Abstammungsrechts. Nur so schaffen wir gute Rahmenbedingungen für die Vielfalt Familie!“

Die Stellungnahme des ZFF vom 26.09.2019 anlässlich des Referentenentwurfs des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26.März 2019 zum Ausschluss der Stiefkindadoptionen in nichtehelichen Familien finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 29.01.2020

Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt e.V. (AWO) und das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) veröffentlichen heute ein umfangreiches Positionspapier zu Chancen, Wirkungsweisen und Herausforderung der Familienbildung und fordert deren flächendeckenden Ausbau.

Kinder in dieser komplexen und globalisierten Welt zu erziehen und sie auf ihrem Weg hin zum Erwachsensein zu begleiten, ist eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe und Herausforderung zugleich. Tagtäglich erbringen Eltern und Familien durch die Bewältigung umfassender Erziehungs-, Bildungs-, Sozialisations- und Fürsorgeaufgaben vielfältige Leistungen, die für den Zusammenhalt und die Zukunft unserer Gesellschaft grundlegend sind. Unabhängig von Bildungsstand oder sozioökonomischem Status haben Familien in unterschiedlichen Phasen ihres Familienlebens Fragen, das Bedürfnis nach Begegnung und Austausch mit anderen, aber auch nach konkreter Begleitung und Beratung.

Hierzu erklärt der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler: „Unbestritten trägt Familienbildung mit ihren vielfältigen Angeboten über alle Familienphasen hinweg dazu bei, dass Familienleben gelingen kann und Kinder im Wohlergehen aufwachsen können. Für uns sind Erziehung und Bildung auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Gute Familienbildung braucht entsprechende Rahmenbedingungen: verbindliche Finanzierung, zeitgemäße Förderstrukturen und gute Arbeitsbedingungen für ihre Fachkräfte. Mit dem vorliegenden Positionspapier machen sich AWO und ZFF stark für ein flächendeckendes, qualitativ hochwertiges und auskömmlich finanziertes Bildungs- und Unterstützungsangebot für alle Familien in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld: Familienbildung als Chance und Maßnahme universeller Prävention muss ernstgenommen und gestärkt werden!“

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, fährt fort: „Ein gutes Familienleben bietet Kindern, Jugendlichen und Eltern Halt und sorgt für ein gesellschaftliches Miteinander. Gleichzeitig stehen Familien heute vielfach vor der Herausforderung, Veränderungen in Gesellschaft, Arbeitswelt und Geschlechterverhältnissen zu leben. Deswegen brauchen Familien neben geeigneten ökonomischen Rahmenbedingungen auch die unterstützende, stärkende Aufmerksamkeit in ihren nahräumlichen Lebenswelten. Die Familienbildung kann einen Beitrag dazu leisten. Sie muss Familien zuverlässig vor Ort zur Verfügung stehen!“

Das Positionspapier „Familien begleiten – von Anfang an!“ finden Sie hier. (PDF)

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. und Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V. vom 28.01.2020

Anlässlich des 100. Geburtstages der AWO hat das ZFF in Zusammenarbeit mit dem AWO Bundesverband auf „100 Jahre Arbeiterwohlfahrt – 100 Jahre Kinder und Familien im Blick“ zurückgeschaut und eine Broschüre erarbeitet, welche die prägenden Familienleitbilder innerhalb des Wohlfahrtsverbands im Kontext politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen nachzeichnet.

Hier können Sie die Broschüre herunterladen oder gerne auch bestellen.

AKTUELLES

Ohne Reform wird sich Diskriminierung zum 1. Juli 2020 verschärfen

Heute ist die erste Anhörung im Bundestag zum Adoptionshilfegesetz. Das Verfahren der Stiefkindadoption soll neu geregelt werden. Die Stiefkindadoption ist bis heute für Zwei-Mütter-Familien die einzige Möglichkeit, die gemeinsame rechtliche Elternschaft und die damit verbundene Absicherung zu erreichen. Denn auch zweieinhalb Jahre nach der Eheöffnung gibt es für sie noch keine Gleichstellung im Abstammungsrecht. Das wollen wir mit Deiner Hilfe ändern!

Anders als bei heterosexuellen Paaren wird bei Familien mit zwei Müttern bei der Geburt des gemeinsamen Kindes nur eine der beiden Frauen auch als Elternteil anerkannt. Die andere Frau muss das leibliche Kind ihrer Partnerin als Stiefkind adoptieren und dafür gegenüber den Ämtern ihre Eignung als Mutter nachweisen. Diese Überprüfung dauert Monate und ist für diese Familien entwürdigend, belastend und diskriminierend. Lesbische Mütter sind die einzigen Eltern, in deren Partnerschaften Kinder hineingeboren werden, die gegenüber dem Jugendamt und dem Familiengericht ihre Eignung als Eltern nachweisen müssen. Die jetzige rechtliche Diskriminierung geht dabei auch zu Lasten der Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien.

Gleiche Pflichten, aber nicht gleiche Rechte – das muss sich endlich ändern! Unterschreibe unsere Petition und fordere die rechtliche Gleichstellung von Regenbogenfamilien.

Durch eine für den 1. Juli 2020 geplante Reform soll das Verfahren der Stiefkindadoption noch weiter erschwert werden. Neben einer zusätzlichen verpflichtenden Beratung drohen noch längere Wartezeiten bis der Adoptionsantrag überhaupt gestellt werden darf. Das heißt: Die Diskriminierung und Bevormundung wird sich sogar noch verschärfen! Wenn die Reform des Abstammungsrechts nicht endlich kommt, wird sich die Situation zum 1. Juli 2020 weiter verschlechtern. Zwei-Mütter-Familien werden zu den Leidtragenden einer verschleppten Abstammungsreform.

Die Zeit drängt: Unterstütze jetzt unsere Forderung an Bundesjustizministerin Lambrecht mit deiner Unterschrift.

Wir fordern: Die Reform des Abstammungsrechts darf nicht weiter verschleppt werden! Beide Mütter müssen von Geburt an gleichberechtigte Eltern ihres Kindes sein können. Ein modernes Abstammungsrecht muss alle Regenbogenfamilien zudem in ihrer Vielfalt endlich rechtlich anerkennen und absichern! Die jetzige rechtliche Diskriminierung geht zu Lasten der Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien. Kein Kind darf jedoch aufgrund seiner Familienform benachteiligt werden.

Vor knapp einem Jahr gab es aus dem Bundesjustizministerium einen ersten Diskussionsentwurf zum Abstammungsrecht. Dieser würde auch die Situation von Zwei-Mütter-Familien verändern. Seit diesem Diskussionsentwurf ist nun fast ein Jahr vergangen. Die neue Justizministerin Christine Lambrecht hat sich bislang zu diesem Thema noch nicht geäußert. Laut Bundesjustizministerium gibt es auch keinen Zeitplan für die Reform. Die Zeit drängt aber.

Ohne Abstammungsreform wird sich zum 1. Juli 2020 die Lage von Regenbogenfamilien weiter verschlimmern. Bitte unterschreibe die Petition und fordere eine schnelle Reform des Abstammungsrechts!

Die Beobachtungsstelle hat jüngst ein umfassendes Arbeitspapier zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Europa veröffentlicht: Lange, Katrin / Molter, Sarah / Wittenius, Marie (2020): Gewalt gegen Frauen – Zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Dänemark, Finnland und Österreich, Arbeitspapier Nr. 21.

Mit der Studie gibt es erstmals einen detaillierten Einblick in deutscher Sprache in die Funktionsweise von Gewalt- und Hilfeschutzsystemen in anderen europäischen Ländern. Konkret geht es dabei um spezialisierte Hilfsdienste (IK Art. 22), Schutzunterkünfte (IK Art. 23) und Unterstützung für Opfer bei sexueller Gewalt (IK Art. 25).

Aufgrund des Umfangs der Studie wurde begleitend eine Kurzfassung veröffentlicht. Zudem werden extrahierte Papiere zu den einzelnen Ländern veröffentlicht. In Kürze werden auch entsprechende englische Übersetzungen publiziert.

Weitere Arbeiten der Beobachtungsstelle zum Thema: Digitale Gewalt gegen Frauen: Neue Gewaltformen und Ansätze zu ihrer Bekämpfung in Europa, Newsletter Nr. 2/2019

Kategorien
ZFF-Info

ZFF-Info 19/2019

SCHWERPUNKT I: Ausbau Ganztagsbetreuung Grundschule

Bundeskabinett beschließt Errichtung eines Sondervermögens zum Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder

Das Bundeskabinett hat heute das Gesetz zur Errichtung des Sondervermögens zum „Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter" (Ganztagsfinanzierungsgesetz) auf den Weg gebracht. Damit unterstützt der Bund in dieser Legislaturperiode die Länder mit 2 Milliarden Euro beim Ausbau der kommunalen Bildungsinfrastruktur für die Ganztagsbetreuung.

Die Investitionen dienen der Vorbereitung eines bundesweiten Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter, der ab 2025 in Kraft treten soll. Gefördert werden soll der quantitative und qualitative Ausbau von Ganztagsangeboten über Finanzhilfen für Investitionen an die Länder.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey betont: „Heute sind wir auf dem Weg zum Rechtsanspruch einen großen Schritt weitergekommen – wir wollen mehr Chancengerechtigkeit für alle Kinder und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Eltern. Das wird gerade bei den Frauen zu einer höheren Erwerbsquote und damit auch zu besseren Einkommen und später höheren Renten beitragen. Und es wird dafür sorgen, die Voraussetzungen zu schaffen, dass jedes Kind bestmöglich gefördert wird. Das Sondervermögen ist das Instrument dafür. Die nächsten Schritte hin zur Umsetzung bereiten wir jetzt vor. Und wir fangen ja nicht bei null an – über 50 Prozent der Grundschulkinder in Deutschland sind bereits in einer Ganztagsbetreuung.

Dass es geht, haben wir schon beim Kitaausbau bewiesen: Bund, Länder, Kommunen, Träger und Fachkräfte haben gemeinsam einen Rechtsanspruch möglich gemacht und Hunderttausende zusätzliche Plätze geschaffen. Das muss in der Grundschule weitergehen. Denn da stehen die Erstklässler oft schon um 12 Uhr wieder vor der Haustür, mit leerem Magen, aber mit einem Ranzen voller unerledigter Hausaufgaben. Dass Eltern dann einer geregelten Arbeit nachgehen, ist schlicht nicht möglich. Deshalb brauchen wir den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Mehr Ganztagsbetreuung bedeutet aber natürlich auch mehr Bedarf an Fachkräften. Hier sind jetzt vor allem die Länder gefordert, die Kapazitäten weiter zu erhöhen und gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Der Bund verpflichtet sich mit dem heute beschlossenen Gesetzentwurf, zwei Milliarden Euro an Investitionsmitteln beizusteuern. Das ist ein großer Beitrag des Bundes zu den Gesamtkosten – ich gehe davon aus, dass es nach 2021 weitergehen muss. Wir haben jetzt fünf Jahre Zeit, die Bund, Länder und Gemeinden nutzen müssen, um dieses Vorhaben gemeinsam anzugehen.“

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek erklärt: „Ich freue mich sehr, dass wir heute im Kabinett das Sondervermögen zur Finanzierung des Ganztagsausbaus auf den Weg gebracht haben. Der Bund setzt damit ein klares Signal für den Ganztagsausbau. Die Länder werden in den nächsten Jahren mit 2 Milliarden Euro beim quantitativen und qualitativen Ausbau von Ganztagsangeboten unterstützt. Das neue Gesetz ist ein wichtiger Baustein zur Umsetzung des entsprechenden Auftrages des Koalitionsvertrages von CDU/CSU und SPD.

Der Ganztagsausbau wird vielen Familien weiterhelfen – insbesondere den Kindern und Müttern. Eines ist mir als Bundesbildungsministerin besonders wichtig: Die Qualität der Ganztagsangebote in den Schulen und Horten muss stimmen! Die Talente und Leidenschaften jedes Kindes sollen gefördert werden. Konkret bedeutet das: qualitativ hochwertige Bildungs- und Betreuungsangebote müssen die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler ermöglichen: Die einen brauchen besondere Unterstützung beim Lernen, die anderen sollten durch zusätzliche Angebote gefördert werden. Der Ganztag muss für die Kinder einen echten Mehrwert bringen. Nur dann werden Kinder und Eltern die Ganztagsangebote nutzen.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung engagiert sich seit vielen Jahren für Qualität im Ganztag und bei der Qualifizierung und Professionalisierung des pädagogischen Personals. Denn Fachkräftesicherung und Qualitätssicherung sind aufs Engste verknüpft. Nun müssen Bund und Länder an einem Strang ziehen, um den Rechtsanspruch zu schaffen und den Ganztagsausbau zu ermöglichen.“.

Hintergrund: Ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter erhöhen die Teilhabechancen und individuelle Förderung der Kinder und unterstützen die Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Trotz des Ausbaus der Betreuungsinfrastruktur in den Ländern wird der Bedarf an Ganztagsangeboten für Kinder im Grundschulalter noch nicht gedeckt. Während in manchen Bundesländern die Betreuungsquote bei über 80 Prozent liegt, liegt sie in vielen Regionen deutlich darunter. Der Ausbau der Ganztagsbetreuung im Grundschulalter ist daher auch ein Beitrag zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse.

Im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode ist vereinbart, dass bis 2025 ein bundesweiter Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter eingeführt werden soll. Um dies vorzubereiten, unterstützt der Bund die Länder mit Finanzhilfen in Höhe von zwei Milliarden Euro für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden in den quantitativen und qualitativen Ausbau von Ganztagsangeboten.

Der heute vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf dient dazu, die Finanzmittel für den Ganztagsausbau längerfristig zu sichern. In den Jahren 2020 und 2021 sind dafür jeweils 1 Milliarde Euro für das Sondervermögen vorgesehen, die jeweils zur Hälfte im Haushalt des BMFSFJ und des BMBF etatisiert werden. Die Mittel können bis Ende 2028 für Investitionen verausgabt werden.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 13.11.2019

Zum heutigen Beschluss des Bundeskabinetts zur Errichtung eines Sondervermögens zum Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder erklären Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Ekin Deligöz, Mitglied im Haushaltsausschuss:

Wir unterstützen das Vorhaben der Bundesregierung, einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder zu schaffen. Ein solcher Rechtsanspruch würde Kindern wie Eltern helfen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist gerade für Frauen und insbesondere für Alleinerziehende die zentrale Voraussetzung, um nicht in Armut zu rutschen. Mit Blick auf die Kinder kann der Ganztag dabei helfen, bessere Startchancen zu ermöglichen. Dafür braucht der Ganztag aber eine hohe pädagogische Qualität, die über Mindeststandards verbindlich zu gewährleisten wäre, am besten über das Kinder- und Jugendhilferecht. Bund und Länder müssen die Verhandlungen zum Rechtsanspruch forcieren und möglichst bald zum Abschluss bring en. Um den Rechtsanspruch 2025 zu ermöglichen, müssen erhebliche bauliche Maßnahmen unmittelbar in Angriff genommen werden. Angesichts prognostizierter Investitionsbedarfe von über 7,5 Milliarden Euro kann die von der Bundesregierung jetzt bereitgestellte eine Milliarde Euro für 2020 in einem Sondervermögen nur ein Anfang sein. Wir fordern deshalb im Haushaltsverfahren des Bundes als nächsten Schritt für das kommende Jahr die Verdopplung der Mittel, die dann ab Jahresbeginn beantragt werden können. Das ermöglicht es, frühzeitig in die Vorhaben einzusteigen und schafft Planungssicherheit.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 13.11.2019

„Das Bundeskabinett hat heute erste Regelungen zur Ganztagsbetreuung beschlossen. Das wird auch höchste Zeit, denn angesichts der immer größer werdenden Nachfrage nach Ganztagsplätzen besteht dringender Handlungsbedarf“, erklärt Birke Bull-Bischoff anlässlich der aktuellen Beschlüsse der Bundesregierung. Die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE weiter:

„Das gemeinsame Lernen in der Ganztagsschule ist ein wesentlicher Schritt in Richtung mehr Bildungsgerechtigkeit, nicht nur für Schüler aus problembelasteten Familien mit wenig Geld und wenig Schulerfolg. Es ist also zu begrüßen, dass die Bundesregierung endlich erkannt hat, dass der Ausbau der Ganztagsbetreuung mehr als überfällig ist.

Das Ganze bleibt jedoch nur ein Pappkamerad, wenn nicht neben den Investitionen in die Gebäude für die Ganztagsbetreuung auch eine Beseitigung des dramatischen Fachkräftemangels stattfindet. Nach Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung fehlen im Jahr 2025 über 26.000 Absolventen für das Grundschullehramt, die Zahl der in den nächsten Jahren zusätzlich benötigten Erzieherinnen und Erzieher in der Kita und im Hort gibt das Institut der deutschen Wirtschaft Köln mit 215.000 an. Diese Zahlen zeigen, wie dramatisch die Situation in diesem Bereich ist.

Deshalb brauchen wir eine Gemeinschaftsaufgabe Bildung. Die Grundgesetzänderung muss genutzt werden, um eine Fachkräfteoffensive auf den Weg zu bringen, die ihren Namen auch verdient.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 13.11.2019

Bund beteiligt sich am Ausbau der Betreuungsplätze

Heute hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Errichtung des Sondervermögens "Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter" beschlossen. Dazu erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Nadine Schön:

"Ob Rechtsanspruch auf Kita-Platz oder Elterngeld – Große familienpolitische Meilensteine kommen meistens von der Union. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist aber nicht nur im Kleinkindalter ein Problem, sondern auch in der Schulzeit. Eltern wünschen sich eine verlässliche Betreuung von Schulkindern. Das zu realisieren muss ein gemeinsames Anliegen von Bund, Ländern und Kommunen sein. Genau das gehen wir nun an: Ab 2025 soll es einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz am Nachmittag geben. Dafür wird der Bund die Länder beim Ausbau finanziell unterstützen. Heute haben wir dafür einen wichtigen ersten Schritt getan: Der Bund stellt seinen finanziellen Beitrag für den Ausbau bereit: 1 Mrd. EUR für 2020, eine weitere Mrd. EUR für 2021.

Das ist ein wichtiger Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und ein weiteres Beispiel dafür, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hält, was sie verspricht."

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 13.11.2019

Das Bundeskabinett hat gestern der Errichtung eines Sondervermögens über 2 Milliarden Euro zum Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter zugestimmt. Aus Sicht der AWO ist das nur ein kleiner Fortschritt. Der Verband fordert die schnelle Einführung des Rechtsanspruchs. Hierzu erklärt Wolfgang Stadler, Bundesvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt:

„Die Entscheidung des Bundeskabinetts hat eine rein haushaltsrechtliche Relevanz und ist daher eher technischer Natur. Die bereits für diese Legislaturperiode im Bundeshaushalt eingeplanten 2 Milliarden Euro an Investitionshilfen für die Länder würden ansonsten am Ende der Legislaturperiode verfallen, wenn sie nicht bis dahin verausgabt sind. Um diese Unsicherheit zu beseitigen und die bereits vorhandenen Bundesmittel für spätere Zeiträume zu sichern, war die Errichtung eines Sondervermögens erforderlich. So sind die Mittel bis Ende 2028 dem Zugriff des Bundesfinanzministers entzogen. Damit ist leider in der Sache selbst kein qualitativ neuer Fortschritt erreicht! Dies sieht offensichtlich auch die Bundesregierung so, wenn sie darauf hinweist, dass jetzt weitere gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht werden müssen, die den eigentlichen Rechtsanspruch festschreiben. Und dies ist noch ein sehr schwieriger Weg.

Denn eines ist klar: Der Rechtsanspruch weckt bei allen Beteiligten hohe Erwartungen, denn die Qualität der Ganztagsangebote in den Schulen und Horten muss stimmen! Seriöse Berechnungen des Deutschen Jugendinstituts gehen von einer Bedarfsquote von bis zu 79 % der anspruchsberechtigten Kinder ab 2025 aus. Um diesen Bedarf zu decken, müssen bis zu 1.130.000 neue Ganztagsplätze geschaffen werden, mit einem voraussichtlichen Investitionsbedarf bis 2025 von bis zu 7,5 Milliarden Euro und laufenden Betriebskosten pro Jahr ab 2025 von bis zu 4,5 Milliarden Euro. Diese Berechnungsgrundlage ist inzwischen auch von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für weitere Verhandlungen akzeptiert.

Wir ahnen: Hier sind noch dicke Bretter zu bohren! Fehlende Grundstücke für Schulerweiterungen, fehlende Baufirmen, schleppende Baugenehmigungsverfahren, fehlendes qualifiziertes Personal sind einige der Hürden, die bis 2025 genommen werden müssen. Nur wenn Bund, Länder und Kommunen diese Mammutaufgabe gemeinsam angehen und solidarisch die hohen Kosten teilen, ist der Weg für die Umsetzung eines gut gemachten Rechtsanspruchs auf Ganztagsangebote vorbereitet. Die AWO ist überzeugt davon, dass diese große bildungs- und sozialpolitische Herausforderung in die Zukunft unserer Kinder, in eine gerechtere Gesellschaft, den Mut aller zu guten Lösungen erfordert. Wir sagen hierzu unsere Unterstützung zu. Die AWO wird sich weiterhin für eine richtungsweisende gesetzliche Regelung im Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie in den flankierenden Regelungen für Ganztagsangebote im schulischen Kontext einsetzen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 14.11.2019

SCHWERPUNKT II: Internationaler Tag der Kinderrechte / Kinderrechte ins Grundgesetz

Vor 30 Jahren, am 20.11.1989, wurde die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet, mit der zum ersten Mal überhaupt die Rechte von Kindern festgelegt wurden: darunter das Recht auf Schutz vor Gewalt, auf Bildung und auf Beteiligung. Anlässlich des 30. Jahrestags der Verabschiedung der Konvention hat Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey heute den „Zweiten Kinderrechtereport“ von Kindern und Jugendlichen entgegengenommen. In dem Bericht bewerten Kinder und Jugendliche die Umsetzung der Kinderrechte und stellen ihre Forderungen vor. Unter anderem werden Beteiligungsprojekte zu Kinderrechten aufgeführt, die Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis 17 Jahren umgesetzt haben. Außerdem enthält der Kinderrechtereport Ergebnisse einer deutschlandweiten Online-Umfrage unter Kindern und Jugendlichen. Schwerpunkte des Berichts sind die Rechte von Kindern auf Nicht-Diskriminierung, Beteiligung, Schutz vor Gewalt und angemessene Lebensbedingungen.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Die Zeit ist reif dafür, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Deshalb wollen wir noch in diesem Jahr ein Gesetzgebungsverfahren anstoßen. Denn Kinder haben eigene Bedürfnisse und brauchen deshalb besondere Rechte. Uns geht es darum, dass die Interessen von Kindern und Jugendlichen bei allen Entscheidungen des Staates berücksichtigt werden, die sie betreffen. Und auch die Beteiligung soll verbessert werden: Junge Menschen sollen künftig ganz selbstverständlich in Entscheidungen von Politik, Verwaltung und Justiz einbezogen werden. Auch die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre halte ich für sinnvoll. Das Ziel: Deutschland zu einem noch kinderfreundlicheren Land zu machen, in dem alle Kinder gut aufwachsen und ihren Weg gehen können.“

Kinder und Jugendliche fordern Recht auf Beteiligung

Zu den Kernforderungen der Kinder und Jugendlichen in dem Bericht gehört die Stärkung ihres Rechts auf Mitbestimmung, etwa durch die Herabsenkung des Wahlalters und die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz. Wichtig ist den Kindern und Jugendlichen auch mehr Aufklärung über das Recht auf gewaltfreie Erziehung und klare Anlaufstellen, an die sie sich bei Gewalterfahrungen wenden können. Sie wünschen sich außerdem, dass alle Kinder gleiche Chancen haben und niemand aufgrund der Herkunft schlechter behandelt wird.

Mehr Informationen über die Forderungen und Inhalte des „Zweiten Kinderrechtereports“ finden Sie hier: www.kinderrechtereport.de

Der Kinderrechtereport dokumentiert zum zweiten Mal nach 2010 den Stand der Kinderrechte in Deutschland. Erarbeitet wurde er von Kindern und Jugendlichen gemeinsam mit der vom BMFSFJ geförderten „National Coalition – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention“. Der Bericht gibt Kindern und Jugendlichen eine Stimme im Berichtsverfahren der Vereinten Nationen zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention in Deutschland.

Bereits am 4. April hat die Bundesregierung den Fünften und Sechsten Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland zur Kinderrechtskonvention eingereicht. Dieser informiert über die wichtigsten Schritte zur Stärkung der Rechte von Kindern in Deutschland seit 2014.

Damit Kinderrechte bekannter werden, hat das Bundesfamilienministerium außerdem einen Kinderrechte-Bus auf Deutschland-Tour geschickt. Mehr Informationen dazu finden Sie hier: www.kinder-ministerium.de

Hintergrund zur Kinderrechtskonvention:

Am 20. November 2019 wird die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen 30 Jahre alt. Das Menschenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen gilt für alle Kinder unter 18 Jahren und besteht aus insgesamt 54 Artikeln. Basis der Konvention sind vier Grundprinzipien: das Diskriminierungsverbot, das Recht auf Leben und persönliche Entwicklung, das Beteiligungsrecht und der Vorrang des Kindeswohls.

In Deutschland gilt die Kinderrechtskonvention seit dem 5. April 1992. Deutschland hat sich damit verpflichtet, dem Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes gemäß Artikel 44 der Kinderrechtskonvention regelmäßig Berichte über die Umsetzung der Kinderrechte und die dabei erzielten Fortschritte vorzulegen. Auf Grundlage des Staatenberichts sowie ergänzender Berichte der Zivilgesellschaft wird der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes der Bundesrepublik Deutschland Empfehlungen zur weiteren Umsetzung der Kinderrechte aussprechen.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 15.11.2019

Heute werden die Kinderrechte der Vereinten Nationen 30 Jahre alt. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist das ein guter Anlass, für starke Rechte für starke Kinder und Jugendliche zu werben. Wir begrüßen, dass Justizministerin Christine Lambrecht noch in diesem Jahr einen Gesetzesentwurf für Kinderechte im Grundgesetz vorlegen wird.

„Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen die Kernelemente der VN-Kinderechtskonvention im Grundgesetz festschreiben. Nur in unserer wichtigsten Wertesammlung, dem Grundgesetz, können sie die erforderliche Strahlkraft in unsere gesamte Gesellschaft entfalten.

Alle Kinder und Jugendlichen sollen einen grundgesetzlich verbrieften Anspruch darauf haben, gefördert, beteiligt und geschützt zu werden. Wir unterstützen Familienministerin Franziska Giffey in dem Ziel, Deutschland noch kinderfreundlicher zu machen.

Viele starke Kinder und Jugendliche sind heute sehr aktiv. Sie setzen sich für wichtige Zukunftsfragen, wie Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit ein. Sehr viele sind zuversichtlich und fordern, unsere gemeinsame Zukunft bestmöglich zu gestalten. Das geht auch aus der aktuellen Shell-Jugendstudie 2019 mit dem Untertitel ‚Eine Generation meldet sich zu Wort‘ hervor.

Kinder und Jugendliche sind Expertinnen und Experten in eigner Sache. Deshalb wollen wir, dass sie gehört werden. Damit sie früher unsere gemeinsame Zukunft mitgestalten können, fordern wir darüber hinaus eine Absenkung des Wahlalters.

Mit unseren Forderungen für starke Kinderrechte stärken wir auch die Rechte und die Verantwortung der Eltern. Denn gerade auch die Eltern profitieren von kinderfreundlichen Bedingungen im Alltag.

Mit ausdrücklich im Grundgesetz niedergeschriebenen Kinderrechten würde Deutschland zu einem besseren Ort für Kinder und Jugendliche.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 20.11.2019

Zum morgigen 30. Jahrestag der UN-Kinderrechtskonvention erklären Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Kai Gehring, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe:

Vor genau dreißig Jahren hat die Weltgemeinschaft ein Übereinkommen vorgelegt, das in 54 Artikeln die Menschenrechte für die spezielle Situation von Kindern definiert. Ein zivilisatorischer Meilenstein, der aber in der Umsetzung noch längst nicht Realität geworden ist.

Auch in Deutschland werden die Rechte von Kindern nicht umfassend beachtet. Kinderrechte gehören ins Grundgesetz, damit der Staat endlich dazu verpflichtet wird, die Interessen und Bedürfnisse von Kindern zur Chefsache zu machen. Parlamente, Verwaltung und Gerichte müssen dann bei all ihren Entscheidungen das Kindeswohl maßgeblich berücksichtigen. Der Kampf gegen das beschämende Ausmaß an Kinderarmut, die ungleichen Startchancen im Bildungssystem und die Ungleichbehandlung in der Gesundheitsversorgung müsste dann endlich nach oben auf die Agenda der politischen Entscheider.

Eines ist klar: Starke Kinder brauchen starke Kinderrechte. Und starke Kinderrechte gibt es nur mit einer starken Formulierung in der Verfassung. Die Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention, das Recht auf Schutz, Förderung und Beteiligung sowie die Orientierung des Staates am Kindeswohl müssen explizit aufgenommen werden. Das fordern wir von einem Gesetzentwurf der Bundesregierung ein. Denn eine schwache Formulierung hilft niemandem und findet auch nicht unsere Unterstützung.

Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz hätte auch international eine positive Signalwirkung.

Deutschland hat eine globale Verantwortung, die zu beherztem Handeln führen muss. Trotz einzelner Fortschritte ist die dreißigjährige Zwischenbilanz und Lage der Kinderrechte weltweit alles andere als zufriedenstellend, denn noch immer sind viel zu viele Kinder arm, unterernährt oder werden versklavt. 385 Millionen Kinder leben in extremer Armut, 150 Millionen Kinder sind chronisch unterernährt, 420 Millionen Kinder sind von Kriegen und Konflikten betroffen, jeder vierte Todesfall in einem Alter von unter fünf Jahren ist laut WHO auf Umweltverschmutzung zurückzuführen.

2020 wird Deutschland eine besonders exponierte Rolle haben: Wir werden weiterhin dem UN-Sicherheitsrat und ab nächstem Jahr wieder dem UN-Menschenrechtsrat angehören sowie die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. Diesen Dreiklang muss die Regierung nutzen, um Kinderrechte weltweit zu verbessern. Deutschland braucht eine menschenrechtsbasierte und endlich auch kindgerechte Außenpolitik.

Kinder sind in besonderem Maße von Krisen und Konflikten betroffen. Sie müssen hierzulande und weltweit breiter über ihre Rechte informiert, in Problemlösungen einbezogen und bei der Ausübung ihrer Rechte unterstützt werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 19.11.2019

„Die Kinderrechtskonvention ist ein Meilenstein in der Verankerung von Schutz, Förderung und Beteiligung von Kindern und Jugendlichen weltweit. Die UN hat es in einer mehr als außergewöhnlichen Weltlage 1989 geschafft, diese Prinzipien zu verabschieden und mahnt seitdem zu ihrer Erfüllung. Umso erschreckender ist, dass die Bundesrepublik ihrer Verantwortung immer noch nicht nachgekommen ist: Sie hat weder die Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen, noch ist sie dem Massenphänomen Kinderarmut wirksam begegnet“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den 30. Jahrestag der UN-Kinderrechtskonvention am 20. November. Müller weiter:

„Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz könnte der nächste Meilenstein sein, der mit einer Debatte um die Belange junger und künftiger Generationen unweigerlich einherginge. Stattdessen duckt die Bundesregierung sich weg und hat offensichtlich den Geist der Kinderrechtskonvention auch nach 30 Jahren nicht verstanden. Die Bundesregierung muss endlich mit dem Herumlavieren aufhören und einen Gesetzentwurf zur Aufnahme umfassender Kinderrechte in das Grundgesetz vorlegen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 19.11.2019

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages teilt mit:

„Am 20. November 1989 wurden die Kinderrechte von der Vollversammlung der Vereinten Nationen in der Konvention über die Rechte des Kindes festgeschrieben. In 54 Artikeln werden allen Kindern auf der Welt völkerrechtlich die gleichen verbindlichen Mindeststandards verbrieft. Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages als Interessenvertretung der Kinder und Jugendlichen in Deutschland setzt sich mit ihrem Arbeitsprogramm aktiv für die Einhaltung und Stärkung der Rechte der Kinder ein.

Gerade zum 30. Jahrestag der Konvention ist es für die Kinderkommission noch einmal besonders wichtig, den mit dem Übereinkommen verbundenen Auftrag ins Zentrum von Politik und Gesellschaft zu stellen und Verbesserungen bei der Umsetzung der Kinderrechte einzufordern.

Der Vorsitzende der Kinderkommission des Deutschen Bundestags, Johannes Huber, erklärt hierzu im Namen des Gremiums: ‚Kinder haben das Recht auf ein gewaltfreies Aufwachsen. Hier haben wir auch in Deutschland noch erheblichen Nachholbedarf. Wie die jüngsten Vorfälle in Lügde zeigen, sind die Strukturen für das Erkennen von Missbrauch und für die Durchführung ordnungsgemäßer Ermittlungen mangelhaft.

Es ist unser gemeinsames Anliegen, dieses Thema zu beleuchten und das Recht auf ein gewaltfreies Aufwachsen für jedes Kind zu stärken.

Darüber hinaus wollen wir uns aber auch dafür einsetzen, dass die Prävention verbessert und Kinder in ihren Rechten gestärkt werden. Die Bemühungen mehrerer Fraktionen des Deutschen Bundestages, die Kinderrechte gemäß den Empfehlungen der UN-Kinderrechtskonvention stärker im Grundgesetz zu verankern, begrüßt die Kinderkommission daher grundsätzlich‘.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 18.11.2019

Im Jahr 2018 waren 2,4 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Im Vergleich zum Vorjahr waren das 6% weniger. Gleichzeitig haben die Jugendämter bei rund 50400 Kindern und Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung aufgrund von Gewalt oder Vernachlässigung festgestellt, 10% mehr als 2017. Anlässlich des Internationalen Tages der Kinderrechte am 20. November 2019 trägt das Statistische Bundesamt (Destatis) exemplarisch Fakten zur Situation der rund 13,6 Millionen minderjährigen Kinder und Jugendlichen in Deutschland für das Jahr 2018 zusammen.

30 Jahre UN-Kinderrechtskonvention

Am 20. November 1989 – also vor 30 Jahren – hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Übereinkommen über die Rechte des Kindes angenommen: die UN-Kinderrechtskonvention. Sie besteht aus insgesamt 54 Artikeln, die minderjährigen Kindern und Jugendlichen grundlegende Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte zusichern. Unter anderem ist dort das Recht auf Familie, Fürsorge und ein sicheres Zuhause festgehalten. Auch wenn der Großteil der Kinder und Jugendlichen in Deutschland mit mindestens einem Elternteil in einer der rund 8,0 Millionen Familien zusammenwohnt, ist dies nicht für alle Kinder selbstverständlich.

Das Recht auf eine Familie, Fürsorge und ein sicheres Zuhause

Wird ein Kind vorübergehend oder dauerhaft von seiner Familie getrennt, sichert die Kinderrechtskonvention den Betroffenen verschiedene alternative Formen von Betreuung zu. So waren 95000 Kinder oder Jugendliche im Jahr 2018 in einem Heim untergebracht. Weitere 81400 Kinder oder Jugendliche lebten in einer Pflegefamilie, darunter 28 % in Verwandten- und 72% in Fremdpflege.

Können, dürfen oder wollen die Eltern das Kind nicht selbst groß ziehen, besteht – sofern dies dem Kindeswohl dient – die Möglichkeit einer Adoption: Von den rund 3700 Adoptionen im Jahr 2018 wurde der Großteil, (61%) von Stiefeltern vorgenommen. In 171 Fällen (5%) handelte es sich um eine internationale Adoption.

Recht auf Leistungen der sozialen Sicherheit und angemessene Lebensbedingungen

In Artikel 26 und 27 der UN-Kinderrechtskonvention ist zudem das Recht jeden Kindes auf einen Lebensstandard festgehalten, der ihn in seiner körperlichen und sozialen Entwicklung fördert. Nach der EU-weiten Haushaltserhebung EU-SILC (European Survey on Income and Living Conditions) waren in Deutschland im Jahr 2018 mit 17,3% etwas weniger Kinder und Jugendliche von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht als im Vorjahr (18,0%) – es konnten sich auch wieder mehr Haushalte mit Kindern eine einwöchige Urlaubsreise leisten: Während 2017 noch 15,5% der in Haushalten mit Kindern lebenden Personen angaben, dass dies für sie finanziell nicht möglich sei, waren es zuletzt 13,4% dieser Personen.

Schutz vor Gewalt, Misshandlung, Missbrauch und Verwahrlosung

Nach der UN-Kinderrechtskonvention stehen Kinder unter dem besonderen Schutz des Staates. Im Jahr 2018 haben die Jugendämter in Deutschland im Rahmen ihres Schutzauftrages bei rund 50 400 Kindern und Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung aufgrund von Vernachlässigung, psychischer, körperlicher oder sexueller Gewalt festgestellt – das waren 10% mehr als im Vorjahr.

2018 wurden in diesem Zusammenhang auch mehr Minderjährige in Deutschland zu ihrem Schutz in Obhut genommen: In rund 6200 Fällen haben die Jugendämter Kinder oder Jugendliche aufgrund von Misshandlungen, in 6000 wegen Vernachlässigungen und in 840 Fällen aufgrund von sexueller Gewalt zu ihrem Schutz vorübergehend in Obhut genommen. Weil eine Gefährdung des Kindeswohls anders nicht abzuwenden war, haben die Familiengerichte 2018 zudem in rund 7500 Fällen einen vollständigen und in weiteren 8500 Fällen einen teilweisen Entzug der elterlichen Sorge angeordnet.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 19.11.2019

Anlässlich des heutigen Weltkindertages der Vereinten Nationen erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

"Heute vor 30 Jahren wurde die Kinderrechtskonvention durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Das war ein Meilenstein, denn Kinderrechte sind Menschenrechte! Entsprechend sollten Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden.

Die Anerkennung kindlicher Rechte und Bedarfe ist auch die Grundlage unseres Handelns unddie tragende Idee der Kindergrundsicherung. Dafür setzen wir uns gemeinsam im Bündnis Kindergrundsicherung ein. Die Kindergrundsicherung soll als eigenständiger Leistungsanspruch bei den Kindern liegen und das soziokulturelle Existenzminimum verlässlich bereitstellen.

Die Kindergrundsicherung ist ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Kinderarmut. Sie ist notwendig, denn Kinderarmut ist weiterhin bittere und konstante Realität in Deutschland. Jedes 5. Kind wächst in finanziell unsicheren Umständen auf. Das wirkt sich langfristig nachteilig auf die Lebenschancen der Betroffenen aus. Diesen Befund hat die kürzlich veröffentlichte AWO-ISS-Langzeitstudie aufgezeigt: Ein Drittel der in der Kindheit armutsbetroffenen Menschen ist heute im jungen Erwachsenenalter weiterhin arm. Wir fordern daher eine präventiv ausgerichtete Politik gegen Armut! Das heißt für uns: Umverteilung zu Gunsten der Kinder und Investitionen in die Unterstützungsstrukturen, die sie tragen: die Familien, die Schulen und die soziale Infrastruktur!"

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 20.11.2019

Zum 30. Jahrestag der UN-Kinderrechtskonvention fordert Verbandspräsident Klaus Zeh eine familiengerechte Gesamtpolitik für die Umsetzung von Kinderrechten in Deutschland.

(Berlin). Kinder haben ein Recht auf Wohlergehen sowie auf angemessene Lebensverhältnisse und Unterhalt. Damit es ihnen gut geht, muss es auch ihren Familien gut gehen. „Familien, insbesondere solche mit mehreren Kindern, sind jedoch armutsgefährdet“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV. Im Horizontalen Vergleich zeigt der Familienverband seit Jahren, dass schon eine Familie mit zwei Kindern und einem durchschnittlichen Einkommen von 35.000 Euro – nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben – unter die Armutsgrenze rutscht. „Armut trifft heute nicht nur einkommensschwache Familien, sondern ragt bis in die Mittelschicht hinein. Ein Gehalt genügt nicht mehr, um die Familie zu versorgen“, so Zeh.

Zur finanziellen Belastung kommt die Benachteiligung von Eltern und Kindern am Wohnungsmarkt. Immer mehr Familien können sich keine familiengerechten Wohnungen leisten oder Wohneigentum bilden – mit negativen Auswirkungen auf das Wohl und die Entwicklung der Kinder. „Familien werden immer mehr in zu enge Wohnungen oder benachteiligte Wohnanlagen gedrängt“, sagt der DFV-Präsident.

Für Kinder und Jugendliche in Deutschland besteht ein weiterer, wesentlicher Mangel beim Wahlrecht. „Wer unter 18 Jahren alt ist, darf nicht an den Bundestagswahlen teilnehmen. Ohne das Wahlrecht fehlt Kindern aber ein wesentliches Mittel politischer Teilhabe. Denn die Entscheidungen, die heute gefällt werden, betreffen sie in der Zukunft“, so Zeh. Aus diesem Grund fordere der DFV ein Wahlrecht für alle Staatsbürger von Geburt an. Dies werde so lange von den Eltern stellvertretend ausgeübt, bis die Kinder wahlmündig seien.

Kinderrecht auf elterliche Zeit

In der Diskussion über Kinderrechte bleibt bisher gänzlich unberücksichtigt, dass Kinder unter den beruflichen Anforderungen ihrer Eltern zu leiden haben. „Eltern stehen immer stärker unter dem Druck, sich an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes anzupassen. Selbst gesetzlich garantierte Schutzzeiten wie die dreijährige Elternzeit sind nicht mehr selbstverständlich“, sagt Zeh. Der DFV-Präsident bemängelt, dass Eltern mit beruflichen und finanziellen Nachteilen rechnen müssen, wenn sie sich für die Erziehung von Kindern entscheiden.

„Kinder haben ein Recht auf die Zeit ihrer Eltern. Die Bedeutung elterlicher Zeit für ihre Entwicklung muss stärker in den Vordergrund rücken“, so Zeh. Zum 30. Jahrestag der Übereinkunft der Vereinten Nationen über die Rechte von Kindern bekräftigt der DFV-Präsident die Verbandsforderung nach einer familiengerechten Gesamtpolitik: „Kinderrechte lassen sich nur durch Familiengerechtigkeit in unterschiedlichen Bereichen der Politik verwirklichen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 19.11.2019

Anlässlich des Internationalen Tags der Kinderrechte am 20. November hält Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, es für unerlässlich, Kinderrechte auch in der Rückkehrpolitik zu beachten:

"Geflüchtete Kinder haben die gleichen Rechte wie alle Kinder – auch in Ankereinrichtungen. Im Rahmen des Ankerkonzepts werden Aufnahmezentren für Flüchtlinge zunehmend zu Ausreisezentren für abgelehnte Asylsuchende.

Ankerzentren sind keine angemessenen und sicheren Orte für Kinder! Kinder brauchen Schutz vor Gewalt und eine gute medizinische Versorgung. Häufig sind geflüchtete Kinder traumatisiert, sodass sie psychotherapeutische Unterstützung benötigen. Ein regelmäßiger Schulbesuch ist ebenso notwendig wie ausreichend Spiel- und Entfaltungsmöglichkeiten. Ankerzentren werden diesen Maßstäben in keinster Weise gerecht. Die Bedürfnisse und Rechte von Kindern werden wissentlich missachtet. Das darf so nicht weitergehen! Bei allen staatlichen Maßnahmen muss das Kindeswohl an erster Stelle stehen. Das gilt für die Aufnahme- wie auch für die Rückkehrpolitik.

Zum Hintergrund:

Es ist das Recht des Staates, die Ausreisepflicht von Menschen durchzusetzen, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben. Dies muss jedoch im Rahmen des geltenden Rechtes geschehen. Entsprechend der UN-Kinderrechtskonvention ist bei allen staatlichen Maßnahmen das Kindeswohl als vorrangiger Gesichtspunkt zu berücksichtigen. Dem werden die Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge oft nicht gerecht. Zudem bleiben geflüchtete Kinder oft über Jahre hinweg ausgeschlossen von sozialer Teilhabe im prekären Duldungszustand hängen, wenn der Asylantrag der Eltern abgelehnt wurde. So können sie keine Perspektive für sich entwickeln.

Sie werden nicht abgeschoben, aber ein Aufenthaltsrecht bleibt ihnen gleichfalls verwehrt.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 19.11.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk beklagt die äußerst unterschiedliche und teils mangelhafte Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland. „30 Jahre nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention stehen wir in Deutschland im Hinblick auf Kinderrechte vor einem föderalen Flickenteppich. So sind beispielsweise die Kinderarmutsquoten sehr unterschiedlich, oder die Beteiligungsrechte von Kindern nur teilweise gesetzlich abgesichert. Deshalb sollten die Kinderrechte systematisch ausgebaut und strukturell verankert werden, zuvorderst im Grundgesetz. Das ist zum einen rechtlich geboten, und wird zum anderen auch unsere Demokratie langfristig stärken“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Anfang Dezember veröffentlicht das Deutsche Kinderhilfswerk die Pilotstudie „Kinderrechte-Index“. Darin wird zum ersten Mal der Stand der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in den deutschen Bundesländern gemessen und ausgewertet. Der „Kinderrechte-Index“ beleuchtet verschiedene Lebensbereiche von Kindern und die damit verbundenen Politikfelder. Er soll damit ein Instrument für die Landesregierungen sein, um die Stärken und Schwächen ihrer Kinder- und Jugendpolitik zu überprüfen und diese dann gezielt zu verbessern. So wird etwa das Kinderrecht auf Bildung mit 24 Indikatoren überprüft. Dazu gehören beispielsweise die Verankerung von Kinderrechten in Bildungs- und Rahmenplänen für Schulen und Kitas, der Anteil des Bildungsbudgets am Landeshaushalt, die Einschätzung von Kindern hinsichtlich der Medienbildung oder Schulabbruchsquoten.

„Mit der Entwicklung eines systematischen Kinderrechte-Monitorings in Deutschland leisten wir Pionierarbeit. Noch immer steht Deutschland bekanntermaßen vor großen ungelösten Herausforderungen bei der Umsetzung von Kinderrechten. Beispielsweise bei der Bekämpfung der Kinderarmut, der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an sie betreffenden Entscheidungen, im Hinblick auf die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz oder bei der Durchsetzung von gleichen Rechten für alle Kinder ohne Diskriminierung hat die Bundesrepublik auch im Jahr 2019 weiterhin großen Nachholbedarf. Dabei zeigt der Kinderrechte-Index ganz deutlich, dass die Umsetzung der Kinderrechte an vielen Stellen keine Frage der Kassenlage, sondern des politischen Willens ist“, so Krüger weiter.

Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes feiert heute ihren 30. Geburtstag. „Seit ihrer Verabschiedung im Jahr 1989 hat dieses wichtige Abkommen weltweit und in Deutschland geholfen, das Leben von Kindern zu verbessern. Ihrer Perspektive wird heute mehr Aufmerksamkeit geschenkt, Kinder mehr als eigenständige Persönlichkeiten angesehen. Trotzdem werden nach wie vor die Interessen von Kindern im täglichen Leben und im Handeln von Behörden und Verwaltungen vielfach übergangen. Hier müssen Bund, Länder und Kommunen mehr Anstrengungen als bisher unternehmen. Kinderpolitik auf Augenhöhe, mit einer stärkeren Berücksichtigung von Kinderinteressen und mehr Beteiligung von Kindern muss das Gebot der Stunde sein“, so Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 20.11.2019

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt den Vorschlag von Justizministerin Christine Lambrecht für die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz. Damit hat sie den Startschuss für die im Koalitionsvertrag vereinbarte Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz gegeben.

„Der Startschuss für die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz ist gefallen. Die Justizministerin hatte angekündigt, zeitnah einen Formulierungsvorschlag für Kinderrechte im Grundgesetz vorzulegen und hat Wort gehalten. Wenige Tage nach dem 30. Geburtstag der Kinderrechte der Vereinten Nationen hat sie jetzt geliefert. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist die Regelung der Kinderrechte im Grundgesetz besonders wichtig, weil dadurch in den verschiedensten Bereichen gesichert wird, dass die Belange von Kindern stärker berücksichtigt werden. Für Grundgesetzänderungen sind Zwei-Drittel-Mehrheiten erforderlich. Deshalb sind jetzt auch die anderen kinder- und familienfreundlichen Fraktionen im Deutschen Bundestag aufgefordert, sich konstruktiv einzubringen. Wir wollen die Kinderrechte im Grundgesetz noch in dieser Wahlperiode verankern und erwarten einen zügigen Start der Debatte im Deutschen Bundestag.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 26.11.2019

„Die vorgeschlagene Formulierung ändert nichts an der bereits geltenden Rechtslage, dem können wir so nicht zustimmen“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den heute bekannt gewordenen Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums zur Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz. Norbert Müller weiter:

„Es fehlt unter anderem ein Bekenntnis dazu, dass die staatliche Gemeinschaft Sorge für die altersgerechten Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen zu tragen hat. Es fehlt, dass die Ansichten von Kindern angemessen berücksichtigt werden müssen. Damit bleibt der Gesetzentwurf hinter der UN-Kinderrechtskonvention zurück.

Den Status Quo brauchen wir jedoch nicht in das Grundgesetz aufnehmen – Kinderrechte müssen gestärkt werden, und dies muss sich im Grundgesetz wiederfinden. Die Bundesregierung muss jetzt nacharbeiten, denn ohne LINKE und Grüne fehlt es an der notwendigen Zweidrittelmehrheit. Wir sind zu Gesprächen bereit.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 26.11.2019

Das Bundesjustizministerium hat einen Gesetzentwurf erarbeitet, wonach die Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen werden sollen. Demnach sollen sie in Artikel 6 eingefügt werden.

Hierzu erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt sehr, dass das Bundesjustizministerium einen konkreten Entwurf vorlegt, um die Kinderrechte in unserer Verfassung zu verankern. Damit käme die Bundesregierung endlich einem weiteren Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag nach. Viel wichtiger ist jedoch, dass damit die Verwirklichung der Kinderrechte in Deutschland einen wichtigen Schritt voran gebracht werden würde. Die AWO appelliert daher an die Bundesregierung und den Gesetzgeber, nicht nur diesen Schritt zu gehen, sondern auch dafür Sorge zu tragen, dass Kinder über ihre Rechte informiert, weitere Maßnahmen zu deren Verwirklichung unterstützt und Eltern in ihrem Erziehungsauftrag besser unterstützt werden.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 26.11.2019

Das Aktionsbündnis Kinderrechte begrüßt, dass mit dem heute vorgelegten Gesetzentwurf der Bundesjustizministerin die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz ein großes Stück näher rückt. Allerdings weist das Aktionsbündnis darauf hin, dass die nun vorgebrachte Formulierung den Kindeswohlvorrang und das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Beteiligung noch nicht deutlich genug zum Ausdruck bringt. Es muss schlussendlich eine Formulierung gefunden werden, die sowohl die Gesetzgebung und Rechtsprechung des Bundes und der Länder, als auch die Verwaltungspraxis im Sinne der "besten Kinderinteressen" nachhaltig beeinflusst, und damit die Lebenssituation der Kinder vor Ort konkret positiv verändert.

Das Aktionsbündnis (Deutsches Kinderhilfswerk, Der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind) tritt dafür ein, dass die UN-Kinderrechtskonvention zwingend Maßstab für die Aufnahme der Kinderrechte im Grundgesetz wird. Die Regelung zu Kinderrechten im Grundgesetz darf im Ergebnis nicht hinter dem zurückbleiben, was in der UN-Kinderrechtskonvention, der Charta der Grundrechte der EU und in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes enthalten ist.

Das Aktionsbündnis Kinderrechte geht davon aus, dass sich der Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren weiterentwickeln wird, um insbesondere den Kindeswohlvorrang und das Beteiligungsrecht von Kindern grundgesetzlich ausreichend im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention abzusichern. Mit der Verankerung dieser beiden sich ergänzenden Prinzipien kann dem Anspruch einer ernsthaften Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention entsprochen und dem aktuellen Umsetzungs- und Anwendungsdefizit der Kinderrechtskonvention in Deutschland entgegengewirkt werden. Für das Aktionsbündnis Kinderrechte ist zudem unabdingbar, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft stattfindet, damit neben politischen Erwägungen auch die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards angemessen Berücksichtigung finden.

Bisher gilt die UN-Kinderrechtskonvention nur als einfaches Bundesrecht in Deutschland, sodass Rechtsanwendende die für alle geltenden Grundrechte nur über eine komplizierte Herleitung des Völkerrechts mit einem besonderen kinderrechtlichen Gehalt auslegen können. Mehr Rechtssicherheit kann nur durch eine klare Regelung von Kinderrechten im Grundgesetz erreicht werden. Denn Grundrechte binden Parlamente, Ministerien, Behörden und Gerichte als unmittelbar geltendes Recht, sodass sie bereits frühzeitig in ihren Entscheidungen eine kinderrechtliche Perspektive einnehmen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk, Der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland und Deutsche Liga für das Kind vom 26.11.2019

SCHWERPUNKT III: Gute-Kita-Gesetz

Gute-KiTa-Verträge mit allen 16 Bundesländern unterzeichnet und veröffentlicht – Auszahlung der 5,5 Mrd. Euro des Bundes an die Länder startet

Auf der Fachkonferenz „Gemeinsam für gute KiTa – Das Gute-KiTa-Gesetz in der Praxis“, hat Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey heute den Startschuss für die Umsetzung des Gute-KiTa-Gesetzes in den Ländern gegeben. Am 20. November wurde der letzte Bund-Länder-Vertrag zum Gute-KiTa-Gesetz geschlossen. Damit kann die Auszahlung der 5,5 Milliarden Euro aus dem Gesetz an die Länder beginnen. In den Ländern wird mit dem Geld in mehr Qualität und weniger Gebühren in der Kindertagesbetreuung investiert.

Ministerin Giffey: „Frühkindliche Bildung ist eine nationale Zukunftsaufgabe. Darum sind wir alle in der Pflicht, die Kommunen, die Länder und der Bund. Es ist nun Aufgabe der Länder die 5,5 Milliarden Euro bis 2022 gut umzusetzen. Das ist das beste Argument dafür, dass das Geld gut investiert ist. Wir haben im Kabinett am 10. Juli 2019 beschlossen, dass der Bund für die Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung auch über 2022 hinaus seine Verantwortung wahrnehmen wird. Ich bin mir mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz einig, dass sich dies auch in der Finanzplanung 2020 bis 2024 abbilden wird, die die Bundesregierung im Sommer 2020 vorlegen wird. Ich habe in den letzten Monaten alle 16 Bundesländer besucht und konnte mich davon überzeugen, dass wir mit dem Gute-KiTa-Gesetz den richtigen Weg eingeschlagen haben. Die Länder haben Maßnahmen ausgewählt, die zur Situation vor Ort passen – zwei Drittel der Mittel gehen in die Verbesserung der Qualität, ein Drittel geht in die Senkung von Gebühren. Jetzt wird das Gesetz in der Praxis mit Leben erfüllt.“

Der Vorsitzende der Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder, Thüringens Minister für Bildung, Jugend und Sport, Helmut Holter sagte: „Das Gute-KiTa-Gesetz ist ein wichtiger Baustein zur Verbesserung der frühkindlichen Bildung in Deutschland. Es ist gut und wichtig, dass mit jedem Land einzelne Vereinbarungen geschlossen wurden. Nur so können wir auf dem Erreichten aufbauen. Eine nachhaltige Umsetzung des Gute-KiTa-Gesetzes kann allerdings nur gelingen, wenn der Bund die notwendigen Gelder über das Jahr 2022 hinaus dauerhaft für die begonnenen Maßnahmen zur Verfügung stellt.“

Mit dem Gute-KiTa-Gesetz unterstützt der Bund die Länder bis 2022 mit rund 5,5 Milliarden Euro bei Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren. Dabei fließen etwa zwei Drittel der durch die Länder verplanten Gelder in Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität und ein Drittel in die Verbesserung der Teilhabe durch Gebührenentlastung. Im Bereich Qualität setzen die Länder Schwerpunkte bei der Verbesserung des Personalschlüssels, bei der Gewinnung und Sicherung von Fachkräften sowie bei der Entlastung von Leitungskräften. Einzelheiten zur Bilanz der Gute-KiTa-Verträge finden Sie im Fakten-Papier anbei.

Die Kindertagesbetreuung soll überall in Deutschland weiterentwickelt werden. Aber jedes Bundesland hat seine eigenen Stärken und Entwicklungsbedarfe. Darum ist das Gute-KiTa-Gesetz wie ein Instrumentenkasten aufgebaut: Die Länder entscheiden selbst, in welche der zehn Handlungsfelder mit welchen Maßnahmen investiert wird. In einem Vertrag halten der Bund und das jeweilige Bundesland fest, wie das Gute-KiTa-Gesetz vor Ort umgesetzt werden soll. Einige Länder haben mit der Umsetzung der Maßnahmen nach dem Gute-KiTa-Gesetz bereits begonnen. Aber auch Länder, die erst jetzt mit der Umsetzung starten, bekommen den vollen Betrag für 2019 und können ihn in den Folgejahren nutzen. Es ist also gesichert, dass kein Euro der Gute-KiTa-Mittel verloren geht.

www.bmfsfj.de/gute-kita-gesetz

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 22.11.2019

Die Verträge zwischen Bund und den 16 Bundesländern zum Gute-Kita-Gesetz sind unter Dach und Fach. Jetzt kann das Geld fließen und je nach Bedarf in den Ländern für mehr Qualität und weniger Gebühren verwendet werden.

„Das Gute-Kita-Gesetz hält, was der Name verspricht. Das zeigen die Verträge zwischen den Bundesländern und dem Bund. Denn entgegen jeder Skepsis werden die Mittel überwiegend für einen Qualitätssprung in den Kitas und der Kindertagespflege sorgen. Konkret wollen die Länder etwa zwei Drittel der Mittel für die Qualitätsverbesserung verwenden – und nur ein Drittel für die Senkung von Gebühren.

Der Bund stellt den Ländern einen Instrumentenkasten aus zehn Handlungsfeldern bereit. Wo auch immer die Länder Bedarf sehen, können sie für mehr Qualität sorgen – etwa für erweiterte Öffnungszeiten, einen guten Betreuungsschlüssel, qualifizierte Fachkräfte, sprachliche Bildung oder kindgerechte Räume. Besonders erfreulich ist: Elf der 16 Länder möchten die Betreuungsschlüssel verbessern, zehn Länder wollen die Bundesmittel nutzen, um Fachkräfte zu gewinnen und zu binden.

Doch die beste Kita und Kindertagespflege nutzt vielen nicht, wenn die Hürden für Kinder zu hoch sind, überhaupt eine Kita zu besuchen. Deshalb werden insbesondere Familien mit geringem Einkommen von den Beiträgen für die Kinderbetreuung befreit.

Mit seiner Finanzspritze von insgesamt 5,5 Milliarden Euro bis 2022 bekennt sich der Bund zu seinem Teil der Verantwortung für die Qualitätsentwicklung in Kitas und in der Kindertagespflege: Indem er dabei hilft, die teilweise enormen Qualitätsunterschiede zwischen den Ländern anzugleichen. Dass das nötig ist, hat auch die Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse erkannt und sich für eine Weiterfinanzierung der Mittel über 2022 hinaus ausgesprochen. Dem hat sich das Bundeskabinett angeschlossen und am 10. Juli 2019 vereinbart, seine Verantwortung auch über 2022 hinaus wahrzunehmen. Abbilden wird sich das in der Finanzplanung 2020 bis 2024, welche die Bundesregierung im Sommer vorlegen wird.

Nur in gemeinsamer Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen werden wir ein Niveau in den Kitas und der Kindertagespflege erreichen, das jedem Kind und jeder Familie mit kleinen Kindern unabhängig vom Einkommen gerecht wird.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 22.11.2019

Zum Start der Umsetzung des sogenannten "Gute-Kita"-Gesetzes erklären KatjaDörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Ekin Deligöz, Mitglied im Haushaltsausschuss:

Das sogenannte "Gute-Kita"-Gesetz ist eine verschenkte Chance. Es wäre zentral wichtig gewesen, einheitliche Mindeststandards für die Qualität der Betreuung in allen Bundesländern zu schaffen. Genau das ist nicht passiert.

Die Vertragsfeierlichkeiten können über die Hauptschwäche des Gesetzes nicht hinwegtäuschen: Die Bundesgelder können viel zu beliebig eingesetzt werden. Nur ein Teil des Geldes fließt in Qualitätsmaßnahmen. Und dort landet es oft in zeitlich befristeten, eher punktuell ausgerichteten Programmen. Eine flächendeckend hochwertige und dauerhafte Qualität der Betreuung wird, anders als Name und Marketing es vermitteln sollen, durch das Gesetz nicht gewährleistet.

Es war gut, dass sich die Bundesregierung zu einer finanzkräftigen Qualitätsinitiative entschieden hatte. Leider setzt Giffey jedoch auf ein Wünsch-dir-was-Gesetz statt auf verbindliche Qualitätsstandards. Die ursprüngliche Intention für die Initiative wird spätestens durch die Tatsache konterkariert, dass nun gut ein Drittel des Geldes gar nicht für die Qualität, sondern für Beitragsbefreiungen eingesetzt wird. Von den 5,5 Milliarden Euro des Bundes sind das sage und schreibe 1,75 Milliarden Euro. Das ist die falsche Priorität zum jetzigen Zeitpunkt.

Die Qualitätsentwicklung wird durch die zeitliche Befristung der Bundeszahlungen zusätzlich erschwert. Alles, was bisher vorliegt ist, eine vage Absichtserklärung, die unter einem Finanzierungsvorbehalt steht. Die Bundesregierung kann das aber ändern, indem sie schnellstmöglich die Finanzplanung ändert oder, besser noch, eine gesetzliche Grundlage schafft. Wenn der Bund Kitas dauerhaft besser machen will, muss er auch für Planungssicherheit sorgen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 22.11.2019

„Das sogenannte Gute-Kita-Gesetz ist viel Schall und Rauch mit geringer und lediglich befristeter Wirkung. So werden die Defizite in der Kitalandschaft nicht behoben“, kommentiert Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, die Zwischenbilanz von Familienministerin Franziska Giffey anlässlich der Unterzeichnung der letzten Länderverträge zum Gute-Kita-Gesetz. Mit der Unterzeichnung der letzten Verträge kann das Gute-Kita-Gesetz nun vollständig in Kraft treten. Norbert Müller weiter:

„Das Gute-Kita-Gesetz benennt mit den definierten Handlungsfeldern die Defizite in der frühkindlichen Bildung und Förderung. Das ist seine Stärke. Die bereitgestellten fünf Milliarden Euro reichen aber bei weitem nicht aus, um die Mängel systematisch zu beseitigen. Im Gegenteil: Die Förderung ist befristet, obwohl seit Jahren die Kosten für die Kinderbetreuung jährlich um zwei Milliarden Euro steigen. Die Beschäftigten in den Kitas, die Kinder und ihre Familien haben mehr verdient als dieses Blendwerk aus dem Hause Giffey. Daher fordert DIE LINKE ein Kita-Qualitäts-Gesetz und einen dauerhaften finanziellen Einstieg des Bundes in die jährlich steigenden Kitakosten. Nur mit einem echten Kita-Qualitätsgesetz können Ausbau, Qualitätssteigerung und Beitragsfreiheit unter einen Hut gebracht werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 22.11.2019

Zur Umsetzung des Gute-Kita-Gesetzes erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding:

„Mit dem sogenannten Gute-Kita-Gesetz verbrennt die Bundesregierung Milliarden. Denn das Gesetz sorgt nicht für mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung, sondern subventioniert die Beitragsfreiheit für alle. Die ohnehin knappen Mittel dürfen nicht zu so großen Teilen zur Entlastung von gutverdienenden Familien genutzt werden, die darauf nicht angewiesen sind. Denn so sind die Kinder mit besonderem Förderbedarf die Leidtragenden. Vielmehr sollten Investitionen beispielsweise zur Sicherstellung eines guten Fachkraft-Kind-Schlüssels genutzt werden. Das Gute-Kita-Gesetz von Bundesfamilienministerin Giffey wird dafür sorgen, dass der Einfluss des Elternhauses auf die Bildungschancen noch größer wird. Das ist schlichtweg verantwortungslos.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 22.11.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt deutliche Verbesserungen bei der Qualität in der Kindertagesbetreuung an. Die jetzt mit allen 16 Bundesländern abgeschlossenen „Gute-Kita-Verträge“ zeigen aus Sicht der Kinderrechtsorganisation, dass in einigen Bundesländern falsche Prioritäten bei der Ausgestaltung der Verträge gesetzt wurden. Zugleich hofft das Deutsche Kinderhilfswerk, dass sich der Bund dauerhaft an den Kosten der Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung beteiligen wird. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass die teils guten Maßnahmen in den Ländern langfristig und nachhaltig wirken. Zudem spricht sich das Deutsche Kinderhilfswerk dafür aus, zukünftig die Mitbestimmung von Kindern in Kindertageseinrichtungen stärker in den Fokus der Qualitätsentwicklung zu nehmen.

„Nicht in allen Bundesländern werden die finanziellen Mittel aus dem ‚Gute-Kita-Gesetz‘ zur dringend erforderlichen Qualitätssteigerung in der Kindertagesbetreuung führen. Zusätzliche Mittel für die Beitragsfreiheit verbessern zwar den Zugang zu Kindertageseinrichtungen, gleichzeitig fehlen diese Mittel aber für notwendige Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung wie der Aufstockung des Personalschlüssels. Aber natürlich war der Schritt der Bundesregierung, hier Geld in die Hand zu nehmen, richtig und wichtig. Dem finanziellen Engagement müssen jetzt konkret vor Ort weitere Schritte folgen. Hier sollten die Länder auch gesetzliche Vorgaben prüfen, insbesondere wenn es um die Mitbestimmung von Kindern in den Kitas geht. Denn damit könnten an vielen Stellen die Potentiale der Kinder noch besser gefördert und wichtige Akzente in der dringend notwendigen Weiterentwicklung der Demokratieförderung gesetzt werden. Wer die Vorteile von Beteiligung und Mitbestimmung früh kennen lernt, beteiligt sich mit höherer Wahrscheinlichkeit auch im späteren Lebensverlauf an demokratischen Prozessen. Frühe Beteiligung von Kindern durchbricht zudem den Kreislauf der Vererbung von Armut“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das Deutsche Kinderhilfswerk spricht sich dafür aus, dass die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention und damit auch die Beteiligung von Kindern in Kindertageseinrichtungen als eigenständige Qualitätsfaktoren für frühkindliche Tagesbetreuung stärker in den Mittelpunkt rücken. Grundsätzlich wäre es im Sinne einer effektiven Qualitätssteigerung in der frühkindlichen Bildung wünschenswert, die bereits von zahlreichen Verbänden lange geforderte Einführung verbindlicher, bundesweit einheitlicher und wissenschaftlich fundierter Mindeststandards in der Qualität der frühkindlichen Bildung und Erziehung gesetzlich abzusichern, um überall in Deutschland eine entsprechende Betreuungssituation zu gewährleisten.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 22.11.2019

Studie untersucht auf Basis des Mikrozensus, wie frühere Kita-Gebührenabschaffungen das Erwerbsverhalten beeinflusst haben – Kein Effekt auf Erwerbstätigenquote der Mütter, Wochenarbeitszeit steigt nur kurzfristig – Maßnahmen wie gezieltere steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten könnten effizienter sein

Die meisten Bundesländer wollen die im Rahmen des „Gute-KiTa-Gesetz“ verfügbaren Gelder des Bundes auch dafür nutzen, alle Eltern in größerem Umfang als bisher bei den Kita-Gebühren zu entlasten. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) deutet jedoch darauf hin, dass dies nicht viel bringen wird – jedenfalls dann nicht, wenn das Ziel lautet, mehr Müttern die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder eine höhere Wochenarbeitszeit zu ermöglichen. Unter anderem auf Basis von Daten des Mikrozensus haben die DIW-FamilienökonomInnen Mathias Huebener, Astrid Pape und C. Katharina Spieß anhand früherer Gebührenbefreiungen der Jahre 2006 bis 2011 untersucht, wie sich diese auf das Erwerbsverhalten der Eltern ausgewirkt haben. Das Kernergebnis: Wird das letzte Kita-Jahr des Kindes vor der Einschulung gebührenfrei, sind nicht mehr Mütter erwerbstätig als vor der Gebührenreform. Allerdings weiten die bereits erwerbstätigen Mütter kurzfristig ihre wöchentliche Arbeitszeit aus – um vier Prozent oder umgerechnet rund 0,8 Stunden.

„Wenn es darum geht, unter Kosten-Nutzen-Abwägungen ein geeignetes Instrument zu finden, um die Erwerbstätigkeit von Müttern zu fördern, sind Kita-Gebührenbefreiungen auch aufgrund der hohen Mitnahmeeffekte insgesamt als ineffizient zu bewerten“, sagt Mathias Huebener, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Bildung und Familie des DIW Berlin.

Denn hinzu kommt, dass von Gebührenbefreiungen längst nicht alle Haushalte gleichermaßen profitieren: Primär sind es höher gebildete Mütter, Mütter in städtischen Regionen, solche ohne Kinder unter drei Jahren und Alleinerziehende, die ihre Arbeitszeit am deutlichsten erhöht haben, wenn für das letzte Kita-Jahr vor der Einschulung keine Kita-Gebühren mehr anfielen. Zudem verschwinden die beobachteten Effekte mittelfristig wieder: Wenn das Kind zehn Jahre alt ist, also etwa zum Ende der Grundschulzeit, macht es für die Erwerbstätigkeit der Mutter keinen Unterschied mehr, ob sie von einem gebührenfreien Kita-Jahr ihrer Kinder profitiert hat oder nicht.

Kita-Nutzungsquote steigt durch Gebührenabschaffung nicht, aber der Betreuungsumfang

Den Berechnungen zufolge, die auf repräsentativen Daten zu fast 330 000 Müttern und gut 250 000 Vätern in Deutschland basieren, gehen durch ein gebührenfreies letztes Kita-Jahr nicht mehr Kinder in eine Kita. Das liegt jedoch auch daran, dass kurz vor der Einschulung ohnehin bereits fast alle Kinder in einer Kita betreut werden – im Jahr 2013 waren es rund 98 Prozent aller fünfjährigen Kinder. Allerdings stieg der wöchentliche Betreuungsumfang in den sechs betrachteten Bundesländern, die das letzte Kita-Jahr gebührenfrei gemacht haben, um rund 0,7 Stunden. Dieses Muster überträgt sich fast eins zu eins auf das Erwerbsverhalten der Mütter: Die Erwerbstätigenquote steigt nicht, aber die wöchentliche Arbeitszeit. Die Ergebnisse berücksichtigen dabei bereits andere Faktoren, die das Erwerbsverhalten der Eltern ebenfalls beeinflussen können. Dazu zählen der generelle Kita-Ausbau für Kinder unter drei Jahren oder der Ausbau ganztägiger Angebote für ältere Kinder.

Mit Blick auf das „Gute-KiTa-Gesetz“ lassen die Analysen darauf schließen, dass durch generelle Gebührenbefreiungen kaum oder gar keine weiteren Mütter eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Zu erwarten wäre, dass bereits erwerbstätige Mütter ihre Arbeitszeit leicht ausweiten. „Auch wenn die Bedeutung einer höheren Arbeitszeit der Mütter nicht zu unterschätzen ist, beispielsweise auch was spätere Rentenansprüche betrifft, ist das für eine solch kostspielige Maßnahme ein maues Ergebnis“, sagt C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin. Geeigneter wären nach Ansicht der AutorInnen etwa zielgenauere steuerliche Absetzungsmöglichkeiten von Kinderbetreuungskosten, die an eine Erwerbstätigkeit gebunden sind. Zusätzliche Mittel sollten in weitere Kita-Qualitätsverbesserungen investiert werden statt in Gebührenbefreiungen.

Studie im DIW Wochenbericht 48/2019

Infografik in hoher Auflösung

Interview mit Studienautor Mathias Huebener

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)vom 27.11.2019

SCHWERPUNKT IV: Internationaler Tag zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen

Am heutigen „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ hat Bundesfrauenministerin Dr.Franziska Giffey die neuen Zahlen der Kriminalstatistischen Auswertung zu Partnerschaftsgewalt 2018 des Bundeskriminalamtes vorgestellt. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Zahlen weiterhin hoch und sogar in einigen Bereichen noch leicht gestiegen.

81,3 Prozent der Betroffenen sind Frauen

2018 wurden laut der BKA-Statistik insgesamt 140.755 Personen (Vorjahr: 138.893) Opfer versuchter und vollendeter Gewalt (Mord und Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexuelle Übergriffe, Bedrohung, Stalking, Nötigung, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution) – 81,3% davon sind Frauen, 18,7% Männer. Somit waren insgesamt 114.393 (2017: 113.965) Frauen und 26.362 Männer (2017: 24.928) von Partnerschaftsgewalt betroffen.

Bei Vergewaltigung, sexuellen Übergriffen und sexueller Nötigung in Partnerschaften sind die Opfer zu 98,4% weiblich, bei Bedrohung, Stalking, Nötigung in der Partnerschaft sind es 88,5%. Bei vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung sind es 79,9%, bei Mord und Totschlag in Paarbeziehungen sind 77% der Opfer Frauen.

Die Statistik beinhaltet noch weitere alarmierende Zahlen: 122 Frauen wurden 2018 durch Partnerschaftsgewalt getötet (durch Mord, Totschlag und Körperverletzung mit Todesfolge; 2017: 147). Das bedeutet: an jedem dritten Tag. Mehr als ein Mal pro Stunde wird statistisch gesehen eine Frau durch ihren Partner gefährlich körperlich verletzt.

Dunkelziffer: Jede 3. Frau einmal im Leben von Gewalt betroffen

Die aufgeführten Zahlen bilden nur jene Straftaten ab, die überhaupt zur Anzeige gebracht wurden. Die Dunkelziffer ist weitaus höher: Nach sogenannten Dunkelfeldstudien ist jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben von Gewalt betroffen (also nicht nur von Partnerschaftsgewalt). Statistisch gesehen sind das mehr als 12 Millionen Frauen.

Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey:

„Gewalt gegen Frauen geht uns alle an, sie kommt in allen sozialen Schichten und Altersgruppen vor. Die neuen Zahlen des BKA sind nach wie vor schockierend. Sie zeigen, dass wir alle in unserem direkten Umfeld Frauen kennen, die betroffen sind: Es kann die Freundin sein, die Kollegin, die Nachbarin oder die eigene Schwester. Wir alle können etwas dagegen unternehmen. Als Frauenministerin arbeite ich mit aller Kraft daran, dass Betroffene die Hilfe bekommen, die sie benötigen, um sich von Gewalt zu befreien. Und deshalb starten wir heute auch die bundesweite Initiative „Stärker als Gewalt“. Ziel der Initiative ist es, von Gewalt betroffene Frauen und Männer zu ermutigen, sich Unterstützung zu holen und die Hilfsangebote besser bekannt machen. Gemeinsam mit zahlreichen Partnerinnen und Partnern der Initiative wollen wir zugleich darüber informieren, was jede und jeder einzelne tun kann, um Gewalt zu verhindern oder beenden. Denn gemeinsam sind wir stärker als Gewalt.“

Start der Initiative „Stärker als Gewalt“

Bei der Pressekonferenz hat Bundesfamilienministerin Giffey die bundesweite Initiative „Stärker als Gewalt“ gestartet, in der sich bislang 13 Organisationen zusammengeschlossen haben, die im Bereich Hilfe und Unterstützung aktiv sind. Die Initiative wendet sich ausdrücklich an betroffene Frauen und Männer, aber auch an ihr Umfeld. Die neue Internetseite der Initiative bündelt eine Vielzahl an Hilfs- und Beratungsangeboten: www.stärker-als-gewalt.de. Wie können wir Frauen helfen, die Gewalt erleben? Wo bekommen wir Unterstützung? Darauf gibt die Website Antworten.

Die wichtigen Partnerorganisationen der Initiative sind: Das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen, die Frauenhauskoordinierung e.V., der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe e.V., die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser, Weibernetz e.V., das Bundesforum Männer e.V., die Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen, der Sozialdienst Katholischer Männer e.V., die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V., der Dachverband der Migrantinnenorganisationen, die Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V. und die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen.

Die Initiative ist eingebettet in ein Gesamtprogramm der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegenüber Frauen und ihren Kindern im Rahmen der Umsetzung der Istanbul-Konvention und des Koalitionsvertrags. Seit 2018 arbeitet der von Ministerin Giffey eingerichtete Runde Tisch von Bund, Ländern und Gemeinden, mit dem das Hilfenetz deutlich verstärkt und verbessert werden soll. Mit dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ will das Bundesfrauenministerium in den nächsten vier Jahren ab 2020 insgesamt 120 Millionen Euro zusätzlich für den Ausbau von Beratungsstellen und Frauenhäusern bereitstellen.

Hilfetelefon berät rund um die Uhr in 17 Sprachen

Hilfe und Rat gibt es auch beim bundesweiten Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“. Unter der Nummer 08000 116 016 bekommen Betroffene und ihr Umfeld Unterstützung und Informationen, zum Beispiel über Beratungsstellen in ihrer Nähe.

Die Leiterin des Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“, Petra Söchting, hat auf der Pressekonferenz aus der Praxis berichtet. Sie betont:

„Gewalt gegen Frauen ist und bleibt ein Thema, bei dem wir alle hinschauen und aktiv werden müssen. Wir müssen uns einmischen, wenn uns Klischees und Vorurteile begegnen, die Gewalt verharmlosen oder rechtfertigen. Und wir müssen uns dafür einsetzen, dass Betroffene Hilfe und Unterstützung bekommen. Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ bietet rund um die Uhr anonym, kostenlos und in 17 Fremdsprachen eine Erstberatung für von Gewalt betroffene Frauen an. Wir unterstützen, bestärken und ermutigen sie, die nächsten Schritte zu gehen und sich aus Gewaltsituationen zu lösen. Auch Menschen aus dem persönlichen Umfeld der Frauen sowie Fachkräfte können sich an das Hilfetelefon wenden. Die 08000 116 016 sollte daher jede und jeder kennen.“

Weitere BKA-Zahlen im Einzelnen:

2018 wurden in Deutschland Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt (versuchte und vollendete Delikte)von vorsätzlicher einfacher Körperverletzung: 68.482von Bedrohung, Stalking, Nötigung: 28.657von gefährlicher Körperverletzung: 12.093von sexuellen Übergriffen, sexueller Nötigung, Vergewaltigung: 3.086von Freiheitsberaubung: 1.612von Mord und Totschlag: 324 insgesamt starben 122 Frauen

Von den insgesamt 117.473 erfassten Tatverdächtigen waren 78.759 (67,0%) deutsche Staatsangehörige. Nach Deutschen wurden als Tatverdächtige am häufigsten türkische Staatsangehörige (6.694 Personen; 5,7% aller Tatverdächtigen) erfasst, gefolgt von polnischen (3.042; 2,6%), syrischen (2.759; 2,3%) und rumänischen (1.909; 1,6%) Staatsangehörigen.

Von den insgesamt 140.755 erfassten Opfern waren 99.304 (70,6%) deutsche Staatsangehörige. Nach Deutschen wurden als Opfer am häufigsten türkische Staatsangehörige (5.580 Personen; 4,0%) erfasst, gefolgt von polnischen (4.492; 3,2%) Staatsangehörigen.

Die gesamte Auswertung finden Sie hier: https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/Partnerschaftsgewalt/partnerschaftsgewalt_node.html

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 25.11.2019

Gewalt gegen Frauen ist jeden Tag in Deutschland traurige Wahrheit. Wir müssen bei der Wurzel ansetzen und dafür sorgen, dass Frauen und ihre Kinder wirksam vor Gewalt geschützt werden – und das nicht erst, wenn es schon zu spät ist. Deshalb haben wir der Prävention und Bekämpfung von häuslicher Gewalt oberste Priorität im Koalitionsvertrag eingeräumt. Mit dem Runden Tisch „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“, einem Bundesförderprogramm sowie der neu einzurichtenden Koordinierungs- und Monitoringstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention lösen wir diese Zusage ein.

„Am 12. Oktober 2017 hat die Bundesregierung die Istanbul-Konvention ratifiziert. Sie verpflichtet Deutschland, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen bzw. sie zu verhindern. Um den Umsetzungsprozess auf einer stichhaltigen Grundlage zu begleiten, sieht die Istanbul-Konvention in Artikel 10 die Einrichtung einer zentralen Koordinierungs- und unabhängigen Monitoringstelle vor. Für beides haben wir in den Haushaltsverhandlungen 800.000 Euro durchgesetzt. Dass diese beiden Stellen institutionell voneinander getrennt sind, ist folgerichtig: Der Staat ist verantwortlich für die Koordinierung von Maßnahmen, damit sie effektiv sind. Objektiv bewerten kann die Maßnahmen aber nur eine unabhängige Stelle.

Daneben ist es uns mit dem Runden Tisch ‚Gemeinsam gegen Gewalt gegen Frauen‘ gelungen, den Bund, alle 16 Bundesländer und Verbände zusammenzubringen, um die bestehenden Probleme gemeinsam anzugehen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich dafür eingesetzt, dass die Zivilgesellschaft in den Beratungsprozess des Runden Tisches eingebunden wird. Die zivilgesellschaftlichen Akteure wissen, woran es in den Hilfestrukturen mangelt und wo Versorgungslücken bestehen. Denn sie arbeiten tagtäglich gemeinsam mit den Frauen daran, den Weg aus der Gewaltspirale zu finden. Der Runde Tisch ist das erste Gremium seiner Art. Bis 2020 wird der Runde Tisch Vorschläge entwickeln, wie Gewalt an Frauen wirksam eingedämmt werden und wie Frauen und ihren Kindern ein gesicherter Zugang zu Schutz und Hilfe gewährt werden kann.

Wer Gewalt an Frauen angehen will, muss dafür Geld in die Hand nehmen. Darum werden wir mit dem Bundesprogramm ‚Gemeinsam gegen Gewalt gegen Frauen‘ ab 2020 jedes Jahr 30 Millionen Euro zum Ausbau und zur Sanierung von Frauenhäusern bereitstellen. So bauen wir Frauenhäuser und Fachberatungsstellen barrierefrei aus und schaffen neue räumliche Kapazitäten. Weitere fünf Millionen Euro fließen direkt in Projekte, die sich das Ziel setzen, neue Ansätze zu erproben, um den Weg ins Hilfesystem zu erleichtern, bestehende Hilfsangebote zu verbessern beziehungsweise Gewalt von vornherein zu verhindern.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 24.11.2019

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Jede Frau, die von häuslicher oder partnerschaftlicher Gewalt betroffen ist, muss in einer akuten Situation Hilfe und Zugang zu einer Schutzeinrichtung im Bundesgebiet erhalten. Und das unabhängig von Einkommen, Wohnort oder Aufenthaltsstatus. Bis heute ist es den Bundesländern nicht gelungen, ausreichend Frauenhausplätze und bundesweit gleichwertige Standards zu etablieren.

Seit Jahren ist die Konsequenz, dass Frauenhäuser gravierend unterfinanziert sind und viele Frauen abgewiesen werden müssen. Dieser Zustand ist nicht länger tragbar. Der Bund steht in der Verantwortung, gemeinsam mit den Bundesländern und den Kommunen Schutz vor Gewalt für Betroffene zu gewährleisten.

Wir Grünen im Bundestag fordern daher, ausnahmslos jeder von Gewalt betroffenen Frau einen Rechtsanspruch auf Geldleistung für den Zweck des Aufenthalts in einem Frauenhaus oder einer vergleichbaren Schutzeinrichtung einzuräumen. Durch diese Verbindlichkeit des Bundes könnten Frauenhäuser und ähnliche Einrichtungen deutlich besser abgesichert werden. Länder und Kommunen bleiben in der hohen Verantwortung, den Schutz für Frauen, die Finanzierung der Häuser und der Frauenhausmitarbeiterinnen ebenso zu verbessern wie die Absicherung der Frauenberatungsstellen und -notrufe. Sie würden durch die Beteiligung des Bundes finanziell entlastet, wobei unabdingbar bleibt, dass sie den Ausbau der Kapazitäten in Frauenhäusern massiv vorantreiben.

Gewalt gegen Frauen ist ein gesellschaftliches Problem, kein individuelles. Hilfe und Schutz bei Gewaltbetroffenheit ist eine staatliche Verpflichtung. Ein Rechtsanspruch ist ein klares Signal, Frauen in ihrem Recht auf Schutz und Hilfe zu stärken. Mit Inkrafttreten des „Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt“ (Istanbul-Konvention) ist Deutschland völkerrechtlich gebunden, diese umzusetzen. Bundes- und Landesregierungen und -behörden müssen zur Umsetzung der Konvention die erforderliche Infrastruktur sicherstellen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 25.11.2019

„Mit dem zunehmenden Rechtsruck in unserer Gesellschaft erleben wir leider auch eine Zunahme von Hass gegenüber Frauen“, erklärt Cornelia Möhring, stellvertretende Vorsitzende und frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am Montag. Möhring weiter:

„Die Zunahme von Hass gegenüber Frauen zeigt sich seit einigen Jahren auch im Internet und in den sozialen Medien. Dort erleben Frauen, insbesondere Feministinnen, queere und lesbische Frauen oder Frauen mit vermutetem Migrationshintergrund, zunehmend verbale Gewalt und Hass wie Beschimpfungen, Drohungen und Cyber-Stalking. Die geschilderten Erlebnisse sind erschreckend, doch leider fehlen uns immer noch offizielle Zahlen über die Ausmaße von digitaler Gewalt.

Die Bundesregierung muss dringend handeln und Studien und Zahlen zum gesamten Ausmaß von Gewalt an Frauen erheben. Es reicht nicht, einmal im Jahr die polizeibekannten Zahlen zu häuslicher Gewalt zu präsentieren. Das Problem ist viel größer: Die meisten Vorfälle von häuslicher und sexualisierter Gewalt werden nicht angezeigt und sind in den Zahlen nicht enthalten. Zudem findet häusliche Gewalt zunehmend auch im Internet beziehungsweise den sozialen Medien statt. Auch hierfür gibt es keine Zahlen. Es fehlt an einem Gesamtüberblick, der alle Formen von Gewalt an Frauen berücksichtigt und regelmäßig erstellt wird.

Dringend geboten ist daher die vollständige Umsetzung der Istanbul-Konvention, eine Menschenrechtskonvention gegen Gewalt an Frauen und Mädchen, wie in unserem Antrag gefordert. Wir brauchen staatliche Koordinierungsstellen, ein unabhängiges Monitoring, regelmäßige Datenerhebung und den umfassenden Ausbau sowie die bedarfsgerechte Finanzierung des Hilfesystems. Alle Frauen, die Gewalt erleben, müssen Schutz und Hilfe erhalten. Daher fordern wir auch die Rücknahme des Vorbehalts von Artikel 59 der Istanbul-Konvention, damit Migrantinnen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erhalten können.“

Antrag der Fraktion DIE LINKE „Gewalt an Frauen und Mädchen systematisch bekämpfen – Grundlagen zur erfolgreichen Umsetzung der Istanbul-Konvention schaffen“: dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/143/1914380.pdf

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 22.11.2019

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25.11. fordert die AWO, die Istanbul-Konvention in Deutschland endlich vorbehaltlos umzusetzen. Fachorganisationen und Verbände müssen mit ihrer Expertise dabei durch Bund und Länder aktiv beteiligt werden. Das Hilfesystem für den Gewaltschutz für Frauen muss ausgebaut, gestärkt und abgesichert werden.

„Deutschland hat das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt 2017 ratifiziert. Bundesweit mangelt es jedoch sowohl an einer ausreichenden Zahl von Plätzen in Frauenhäusern als auch an notwendigen Fachberatungsstellen. Zudem fehlen Angebote für Frauen mit speziellen Hilfebedarfen aufgrund chronischer Erkrankung, Suchterkrankung, Behinderung oder besonderen Pflegebedarfen. Grundsätzlich müssen Beratungs- und Schutzangebote für alle von Gewalt betroffene Frauen zugänglich sein. Hilfe und Schutz dürfen nicht von Status und Herkunft abhängig gemacht werden. Entsprechend muss die Bundesregierung den Vorbehalt zu Artikel 59 der Istanbul Konvention zurücknehmen. Dieser verhindert Gewaltschutz für geflüchtete Frauen und Frauen ohne eigenständigen Aufenthaltstitel“, erklärt dazu Wolfgang Stadler, Bundesvorstandsvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt.

Häusliche Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem: Allein in Frauenhäusern der AWO haben 2018 mehr als 1.500 Frauen und mehr als 1.600 Kinder Schutz und Hilfe erhalten. Eine aktuelle Abfrage der Frauenhauskoordinierung e. V. bei ihren Mitgliedern hat ergeben, dass im vergangenen Jahr bundesweit mehr als 7.500 Frauen und weit über 10.600 Kinder, die direkte Mitbetroffene Häuslicher Gewalt sind, in Frauenhäusern Schutz und Hilfe erhalten haben. Das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen ist bei diesen erschreckenden Zahlen sogar um ein Vielfaches höher. Mindestens jede dritte Frau hierzulande erlebt ab dem 16. Lebensjahr im Laufe ihres Lebens körperliche Gewalt und Übergriffe, fast jede siebte Frau Formen von sexualisierter Gewalt. Meistens findet die Gewalt im sozialen Nahraum statt, also durch Partner*innen oder Familienangehörige, aber auch durch andere Bezugspersonen wie z.B. Arbeitskolleg*innen, Betreuer*innen oder Pflegepersonal.

Die AWO macht Gewalt gegen Frauen sichtbar und setzt sich entschieden für den Ausbau und die Absicherung des Gewaltschutzes für alle Frauen ein. Mit Beratungs- und Kriseninterventionsstellen sowie Schutzeinrichtungen unterstützt die AWO von Gewalt betroffenen Frauen auf dem Weg zu einem selbstbestimmten und gewaltfreien Leben.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 22.11.2019

„Jeden dritten Tag tötet in Deutschland ein Mann seine Frau oder Ex-Partnerin. Die Zahl der Mordversuche ist dreifach so hoch. Frauenmord ist die extreme Form des Frauenhasses, der sich in vielen Abstufungen Bahn bricht: 40 Prozent aller Frauen und Mädchen über 16 Jahren erfahren körperliche und/oder sexualisierte Gewalt im Lauf ihres Lebens, 42 Prozent erleben psychische Gewalt. Die geschlechtsspezifische Gewalt im digitalen Bereich steigt sprunghaft an.

Am heutigen Internationalen Tag zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen weist der Deutsche Frauenrat auf den wachsenden Frauenhass in der realen und virtuellen Welt hin. Dazu sagt Dr. Anja Nordmann, Geschäftsführerin des Deutschen Frauenrats: „Frauenhass ist kein ‚Kollateralschaden‘ einer noch nicht ganz umgesetzten Gleichstellung und schon gar kein ‚privates‘ Problem. Er ist das patriarchale Fundament unserer Gesellschaft. Er ist der Nährboden für die autoritäre, antidemokratische Selbstermächtigung von Männern, die wir aktuell weltweit erleben. Er ist eine Gefahr für unser aller Frieden und für unsere Sicherheit. Der Staat ist in der Pflicht, uns vor dieser Gefahr zu schützen.“

Der Deutsche Frauenrat fordert u. a. einen Nationalen Aktionsplan, der in systematischer Abstimmung, die Anforderungen der Istanbul-Konvention umsetzt. Dieses Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt wurde 2011 als völkerrechtlicher Vertrag ausgearbeitet. Es schafft verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt. In Deutschland trat diese Konvention am 1. Februar 2018 in Kraft. Sie muss zur Grundlage nicht nur für die juristische Praxis zum Sexualstrafrecht werden, sondern für das gesamte politische Handeln. Dazu gehört aus Sicht des DF z. B. ein Arbeitsgremium der Bundesregierung mit Expert*innen aus Beratungsstellen und Zivilgesellschaft zur Entwicklung von wirksamen Maßnahmen gegen digitale Gewalt sowie eine Koordinierungsstelle für Maßnahmen und Projekte. Dazu gehört die Aufnahme der Kategorie „Geschlecht“ in die Polizeikriminalstatistik zu „Hasskriminalität“ für politisch motivierte Straftaten. Denn ähnlich wie bei rassistisch motivierten Straftaten, werden verlässliche Daten über Straftaten gegen Frauen aufgrund ihres Geschlechts benötigt. Mit der Lücke in der Kriminalstatistik geht auch der Forschungsstand einher. Verlässliche und aktuelle Forschung zum Thema Frauenhass ist nötig, um deren Ursachen zu verstehen und zu bekämpfen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenrat e.V.(DF) vom 25.11.2019

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen am 25.11.2019 haben Fachverbände und Beratungsstellen heute ein Positionspapier zur beginnenden Diskussion über ein so genanntes Sexkaufverbot vorgestellt. Sie zeigen darin anhand internationaler Studien: Jede Form der Kriminalisierung der Prostitution schadet den Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind. Die Organisationen reagieren mit dieser Expertise auf die Absicht einiger Bundestagsabgeordneter aus verschiedenen Parteien, die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen unter Strafe zu stellen. Ein entsprechender Antrag wird auch auf dem kommenden SPD-Bundesparteitag erwartet.

Prostituierten drohen neue Gefahren

Die Behauptung, Prostituierte könnten so vor Zwang und Menschenhandel geschützt werden, weisen die Fachleute zurück. Ganz im Gegenteil: Gerade Prostituierte in prekären und gefährlichen Lagen würden besonders geschädigt, weil sie weiter marginalisiert und sichere Arbeitsbedingungen verhindert würden. Der Zugang zu Hilfe und Beratung würde enorm erschwert.

Wissenschaftliche Evidenz

Die Studien sind eindeutig: Eine Kriminalisierung erhöht das Risiko der Betroffenen, Opfer von Gewalt und anderen Straftaten zu werden oder sich sexuell übertragbare Infektionen wie HIV zuzuziehen. Wer wirklich etwas für Menschen in der Sexarbeit tun will, muss ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessern.

Das gilt ganz besonders für Frauen mit aufenthaltsrechtlichen Problemen und ohne Krankenversicherung.

Sichere Arbeitsbedingungen erhalten

Das Sexkaufverbot hingegen würde außerdem auch Verbote des Betriebs von Bordellen und Zimmervermietungen nach sich ziehen – und damit den Aufbau sicherer Arbeitsbedingungen illegalisieren.

Stimmen aus der Fachwelt

Dazu sagt Johanna Thie, Fachreferentin "Hilfen für Frauen" der Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V.: "Die aufflammende Diskussion erfüllt uns mit tiefer Sorge. Sie geht in die völlig falsche Richtung und verkennt die Realität in Prävention und Sozialarbeit.

Gerade bereits marginalisierte Gruppen wie Migrantinnen, Trans* oder Drogen konsumierende Menschen würden geschädigt. Was die Menschen in der Prostitution schützen soll, könnte ihnen am Ende zum Verhängnis werden."

Claudia Zimmermann-Schwartz, Vizepräsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V., erläutert: "Ein Sexkaufverbot würde auch die Rechte derjenigen berühren, die diese Tätigkeit ausüben. Laut Bundesverfassungsgericht fällt Prostitution unter die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit. Der Anspruch, Menschen schützen zu wollen, rechtfertig nicht die Verletzung von Grundrechten. Dies gilt umso mehr, als ein Sexkaufverbot nicht geeignet ist, Menschenhandel zu verhindern."

Susanne Kahl-Passoth, Stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, erklärt: "Prostitution und Menschenhandel oder Zwangsprostitution müssen getrennt betrachtet werden. Es gibt Frauen, die selbstbestimmt mit Prostitution ihr Einkommen verdienen. Menschenhandel hingegen ist eine Verletzung der Menschenrechte. Heute können Polizei und Sozialarbeit in gewerblichen Räumen zeigen, dass sie ansprechbar sind. Mit einem Sexkaufverbot würde Prostitution in nicht kontrollierbare Räume verlagert, wo die betroffenen Frauen noch weniger als heute erreicht werden könnten."

Sven Warminsky, Vorstand der Deutschen Aidshilfe, berichtet: "Alle Erfahrungen in der HIV-Prävention zeigen: Grundlage, um Menschen zu erreichen, sind Akzeptanz und Respekt. Wer Menschen ins Verborgene drängt, sorgt dafür, dass sie keine sicheren Arbeitsbedingungen aufbauen können und dass sie für Prävention und Hilfsangebote nicht mehr erreichbar sind. Die Vorstellung, das älteste Gewerbe der Welt durch Verbote beenden zu können, ist dabei gleichermaßen naiv wie bevormundend."

Andrea Hitzke, Leiterin der Dortmunder Mitternachtsmission e.V. – Beratungsstelle für Prostituierte, Ehemalige und Opfer von Menschenhandel:

"Eine repressive Gesetzgebung würde das Vertrauensverhältnis der Prostituierten zu den Anlaufstellen zerstören und so den Zugang zum Hilfesystem drastisch erschweren. Statt einer Zerschlagung brauchen wir den Ausbau des etablierten Hilfesystems. Ziel der sozialen Arbeit muss stets sein, Selbstbestimmung und Selbstbehauptung zu stärken."

Claudia Rabe, Koordinatorin von contra – Fachstelle gegen Frauenhandel in Schleswig-Holstein im Frauenwerk der Nordkirche betont: "Zweifelsohne müssen Betroffene von Menschenhandel, Ausbeutung und Gewalt besser geschützt werden.

Nötig sind zum Beispiel umfassende Schutzrechte unabhängig von Aufenthaltsfragen, ein Zeugnisverweigerungsrecht für Beratende und flächendeckende Verfügbarkeit von Fachberatungsstellen."

Differenzierte Angebote absichern

Das Positionspapier nennt viele weitere sinnvolle Ansatzpunkte und macht deutlich: Prostitution mit Gewalt gleichzusetzen, verhindert letztlich wirksame Maßnahmen.

Die Lebenssituation und die Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter*innen in Deutschland sind sehr vielfältig. Allen gemein ist eines: So lange sie ihrer Tätigkeit nachgehen, brauchen sie gesetzliche Rahmenbedingungen, um dies möglichst sicher tun zu können. Sie brauchen Zugang zu medizinischer Versorgung und differenzierten Präventions-, Beratungs- und Hilfsangeboten, die in der individuellen Situation passende Hilfe anbieten, die natürlich auch Unterstützung zum Ausstieg beinhalten kann.

Link zum POSITIONSPAPIER: https://www.djb.de/static/common/download.php/save/2751/pm19-40_ggSexkaufverbot_Positionspapier.pdf

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 14.11.2019

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundesfamilienministerin Giffey: Wir werden unser Land damit spürbar stärker und lebenswerter machen

Der Deutsche Bundestag hat heute den Haushalt für 2020 beschlossen: Rekord- Niveau erreicht der Einzeletat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Rund 12,055 Milliarden Euro und damit so viel wie noch nie stehen dem BMFSFJ für die wichtigen gesellschaftspolitischen Themen zur Verfügung: das sind rund 251 Millionen mehr als im Regierungsentwurf vorgesehen waren. Die insgesamt 12 Milliarden Euro bedeuten im Vergleich mit dem aktuellen Etat einen Anstieg um mehr als 1,6 Milliarden und damit ein Plus von 15 Prozent.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey dankte dem Bundestag und betonte: „Diese 12 Milliarden Euro sind sehr gut angelegt. Wir investieren das Geld vor allem in die Menschen, in die Familien und in den sozialen Zusammenhalt. Für starke Familien und Menschen, die sich einbringen, und für ein friedliches Miteinander. Wir wollen unser Land damit spürbar stärker und lebenswerter machen – aber auch moderner: Wir werden im nächsten Jahr zentrale Familienleistungen digitalisieren und es Familien einfacher machen, Kindergeld, Kinderzuschlag und Elterngeld zu beantragen. Unser Ziel: ein Antrag, digital, von zu Hause oder mobil verschickt. Die zusätzlichen Gelder kommen so zum Beispiel unserem Innovationsbüro ‚Digitales Leben‘ zu Gute. Ein ganz erheblicher Teil des Etats, nämlich 9 Milliarden Euro, kommt direkt in den Portemonnaies der Familien in Deutschland an. Größter Einzelposten ist auch in diesem Jahr wieder das Elterngeld.“

Elterngeld

Der Ansatz für die bekannteste und beliebteste Familienleistung steigt gegenüber 2019 um 395 Millionen Euro auf insgesamt 7,255 Milliarden Euro.

Kinderzuschlag

Im Rahmen des Starke-Familien-Gesetzes wird der Zuschlag zum Kindergeld weiter reformiert. Nach der Erhöhung des Maximalbetrages von 170 auf 185 Euro steht die weitere Ausweitung der Anspruchsberechtigten an. Der Mittelansatz steigt um 294 Millionen Euro auf 869 Millionen Euro.

Gute-KiTa-Gesetz

Nachdem die Verträge mit allen 16 Bundesländern unterzeichnet sind, wird der Bund den Ländern bis 2022 über den Finanzausgleich für das Gute-KiTa-Gesetz insgesamt 5,5 Milliarden Euro für mehr Qualität in den Kitas und die Entlastung der Eltern bei den Gebühren zur Verfügung stellen. Im nächsten Jahr sind dafür 1 Milliarde Euro eingeplant. Flankiert wird das Gute-KiTa-Gesetz durch die Fachkräfteoffensive, für die 2020 insgesamt 60 Millionen Euro eingestellt sind.

Unterhaltsvorschuss

Aufgrund der deutlich gestiegenen Mittelabrufe im Zuge der UVG-Reform werden die Gelder für 2020 um 148 Millionen auf 943 Millionen Euro aufgestockt.

Bundesfreiwilligendienst

Die Mittel für den Bundesfreiwilligendienst werden um 40 Millionen Euro aufgestockt. Mit insgesamt rund 207 Millionen Euro ist gesichert, dass auch 2020 so vielen Interessenten wie bisher ein Platz angeboten werden kann.

Freiwilligendienste

Auch die Jugendfreiwilligendienste FSJ, FÖJ und IJFD werden im nächsten Jahr kräftig unterstützt. Sie erhalten 10 Millionen Euro mehr als ursprünglich im Haushaltsentwurf vorgesehen. Für 2020 stehen damit insgesamt mehr als 120 Millionen Euro zur Verfügung.

Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie

Für das Bundesprogramm „Demokratie leben!" als wichtigstem Instrument zur Demokratieförderung und Extremismusprävention werden auch im nächsten Jahr wieder 115,5 Millionen Euro bereitgestellt. Mit dem Bundesfinanzminister ist beschlossen, diesen Ansatz bis 2023 in der Finanzplanung des Bundes zu verstetigen.

Patenschaftsprogramm „Menschen stärken Menschen“

Weiterhin unterstützt wird auch das bürgerschaftliche Engagement im Rahmen des Programms „Menschen stärken Menschen“ – mit 18 Millionen Euro bleiben die Mittel auf gleichem Niveau.

Stärkung von Frauen

Die Mittel für das Aktionsprogramm gegen Gewalt an Frauen werden 2020 um rund 29 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro aufgestockt. Der Großteil des Geldes wird im Rahmen eines Bundesinvestitionsprogramms, das im Januar startet, in den Aus-, Um- und Neubau von Frauenhäusern und Beratungsstellen gesteckt. Zusätzlich wird die Entwicklung innovativer Praxismodelle gefördert.

Kinder- und Jugendplan

Mit rund 218 Millionen Euro werden zahlreiche Maßnahmen der Kinder- und Jugendpolitik finanziert. Zu Gute kommt das Geld unter anderem denJugendmigrationsdiensten und der Präventionsarbeit an Schulen gegen Diskriminierung, Mobbing, Gewalt, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus.

Mehrgenerationenhäuser

2020 werden die Mittel für die Mehrgenerationenhäuser auf knapp 23 Millionen Euro erhöht. Damit sollen alle bundesweit 540 MGH zusätzlich mit je 10.000 Euro gefördert werden.

Ungewollte Kinderlosigkeit

Mittelanstieg auch bei der Förderung der Kinderwunschbehandlung bei ungewollter Kinderlosigkeit: Hierfür stehen im nächsten Jahr 13,4 Millionen Euro bereit.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 29.11.2019

Bundesfrauenministerin würdigt 40 Jahre Frauenrechtskonvention als internationalen Meilenstein der Gleichberechtigung

„Mit Recht zur Gleichstellung“ – unter diesem Motto lädt das Bundesfrauenministerium heute zu einer großen Fachkonferenz und Dialogveranstaltung ein. Erwartet werden dazu am Nachmittag in der Niedersächsischen Landesvertretung bis zu 250 Gäste aus Politik, Zivilgesellschaft, Verwaltung und Wissenschaft. Anlass sind zwei Jubiläen: 40 Jahre Frauenrechtskonvention (CEDAW) und 25 Jahre Vierte Weltfrauenkonferenz von Peking mit der Verabschiedung der Aktionsplattform und den darin formulierten strategischen Zielen und Maßnahmen.

Trotz dieser beiden gleichstellungspolitischen Meilensteine ist noch nirgendwo auf der Welt echte Gleichstellung zwischen Männern und Frauen erreicht. Das Weltwirtschaftsforum, das jährlich die geschlechtsspezifische Lücke hinsichtlich politischer Teilhabe, Gleichstellung am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft sowie bei Bildung und Gesundheit errechnet, taxiert den globalen „Gender Gap“ bei 32 Prozent. Demnach würde es bei gleichem Reformtempo noch weitere 108 Jahre bis zur vollen Gleichstellung dauern. Auch hierzulande muss sich gleichstellungspolitisch noch einiges bewegen. Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey betont:

„Wir sind vorangekommen in den letzten 40 Jahren, aber am Ziel sind wir noch lange nicht. Denn noch immer müssen Frauen jeden Tag gegen Hindernisse ankämpfen. Es heißt immer: Wer für die Gleichstellung von Frauen und Männern eintritt, braucht einen langen Atem. Ich bin da ungeduldig und will sehen, dass sich schnell was verändert. Solange Frauen in Deutschland viel schlechter bezahlt werden als Männer, solange sie nicht ansatzweise die gleiche Repräsentanz in Führungspositionen haben, solange Frauen über 80 Prozent der Opfer von häuslicher Gewalt sind und solange sie nicht in gleicher Weise Familie und Beruf vereinbaren können – solange dürfen wir nicht nachgeben und müssen Druck machen. Abkommen wie die Frauenrechtskonvention bekannter zu machen, ist dabei enorm wichtig. Denn nur wer seine Rechte kennt, kann sie auch einfordern.“

Die heutige Veranstaltung „Mit Recht zur Gleichstellung“ ist der Auftakt in ein großes Gleichstellungsjahr: Im März 2020 steht die Frauenrechtskommission der Vereinten Nationen in New York an, die ganz im Zeichen von Peking+25 stehen wird. Im Juli 2020 findet in Paris die wahrscheinlich seit 1995 größte Weltfrauenkonferenz mit bis zu 6.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt. Ziel ist es, eine neue internationale gleichstellungspolitische Roadmap zu beschließen. Die Bundesregierung wird sich an der Seite von UN Women und Gastgeber Frankreich als engem Partner in der europäischen und internationalen Gleichstellungspolitik aktiv in diese internationalen Prozesse einbringen.

Das BMFSFJ unterstützt die Gleichstellung von Frauen und Männern auf vielen Ebenen und mit unterschiedlichsten Maßnahmen – einige Beispiele: Führungspositionen-Gesetz EntgelttransparenzgesetzBundesförderprogramm gegen Gewalt an Frauen (120 Millionen € Investitionsprogramm zur Bauförderung über 4 Jahre bis 2023 plus Innovations- bzw. Aktionsprogramm)Gute-KiTa-GesetzStarke-Familien-GesetzBundesinitiative Klischeefrei zur Förderung einer klischeefreien Berufs- und StudienwahlGesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt Förderung der Kinderwunschbehandlung bei ungewollter Kinderlosigkeit

Die Frauenrechtskonvention (CEDAW) als weltweit erster Völkerrechtsvertrag speziell zu den Menschenrechten von Frauen wurde am 18. Dezember 1979 von den Vereinten Nationen verabschiedet. Inzwischen haben 189 Staaten das Abkommen ratifiziert, Deutschland als eines der ersten Länder bereits 1985. Die Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten, jede Form der Diskriminierung von Frauen zu beseitigen und Benachteiligungen von Frauen auf allen Ebenen abzubauen. 1995 folgte im Rahmen der vierten Weltfrauenkonferenz die Pekinger Erklärung und Aktionsplattform – es ist der bis heute umfassendste Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 27.11.2019

Mit 412,6 Millionen Euro bis zum Jahr 2022 unterstützt der Bund das Land Hessen darin, die Qualität der Kindertagesbetreuung zu sichern und weiterzuentwickeln. In der Hessischen Staatskanzlei haben heute Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey und der Hessische Minister für Soziales und Integration, Kai Klose, den Bund-Länder-Vertrag zur Umsetzung des Gute-KiTa-Gesetzes für das Land Hessen unterzeichnet. Es ist der 16. Vertrag zwischen dem Bund und einem Bundesland zur Umsetzung des Gute-KiTa-Gesetzes. Damit sind die Verträge zwischen dem Bund und allen Bundesländern geschlossen und der Überweisung der Mittel aus dem Gute-KiTa-Gesetz an die Länder steht nichts mehr im Wege. Aus dem Programm „Starke Heimat“ gibt Hessen bis 2024 zusätzlich insgesamt 720 Millionen Euro zusätzlich in die Kitas.

Bei der Unterzeichnung der Vereinbarung sagte Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Gute Kinderbetreuung bedeutet, sich für jedes einzelne Kind Zeit zu nehmen. Darum freue ich mich, dass Hessen sich entschieden hat, in das Personal zu investieren. Mit den rund 412,6 Millionen Euro werden mehr Fachkräfte eingestellt. So können die Erzieherinnen und Erzieher sich noch intensiver den Bedürfnissen der einzelnen Kinder widmen und die Kita-Leitungen bekommen Zeit, um neue Konzepte zu entwickeln und die pädagogische Arbeit voranzubringen. Das sind wichtige Schritte, um die Qualität in den hessischen Kitas weiter zu verbessern. Dazu passt auch, dass Hessen zusätzlich aus Landesmitteln in die Fachkräftesicherung- und Gewinnung investiert und damit an die Fachkräfteoffensive des Bundes anknüpft.“

Sozial- und Integrationsminister Kai Klose freute sich über diesen Vertragsabschluss: „Die Kinderbetreuung in Hessen auszubauen und weiter zu verbessern ist uns besonders wichtig. Ein ausreichendes und qualitativ hochwertiges Betreuungsangebot trägt dazu bei, dass alle Kinder faire Chancen beim Start ins Leben haben – unabhängig von ihrer sozialen Herkunft. Deshalb eröffnen wir nicht nur den Kindern bestmögliche Startchancen von Anfang an, sondern ermöglichen auch den Eltern, Familie und Beruf gut miteinander zu verbinden. Die Unterzeichnung dieses Vertrags zum ‚Gute-KiTa Gesetz‘ zwischen der Bundesregierung und der Hessischen Landesregierung unterstreicht diese hohe Bedeutung der frühkindlichen Bildung“, so Klose weiter.

Konkret werden die Bundesmittel im Rahmen des Gute-KiTa-Gesetzes in Hessen eingesetzt, um die Personalausstattung und damit die Qualität der Kindertagesbetreuung vor Ort zu stärken. Der Fachkraft-Kind-Schlüssel wird verbessert und die Kita-Leitungen werden gestärkt. „Das trägt auch dazu bei, Fachkräfte in den Kitas zu halten und Menschen neu für dieses Berufsfeld zu gewinnen,“ so Klose.

Das Gute-KiTa-Gesetz in Hessen:

Die Mittel des „Gute-KiTa-Gesetzes“ – 412,6 Millionen Euro bis zum Jahr 2022 – investiert Hessen vor allem in folgende Handlungsfelder:

1. Fachkraft-Kind-Schlüssel

Um die Fachkräftesituation in Kitas zu verbessern, wird die gesetzlich vorgeschriebene Berechnung des Mindestpersonalbedarfs so verändert, dass mehr Fachkraftkapazitäten zur Verfügung stehen. Dabei werden die im Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch geregelten Ausfallzeiten für Urlaub, Krankheit und Fortbildungen vom 1. August 2020 an von derzeit 15 auf 22 Prozent erhöht. Mit dieser Erhöhung steigt im Ergebnis der Mindestpersonalbedarf der Kita und es steht mehr Zeit für das einzelne Kind zur Verfügung.

2. Stärkung der Kita-Leitungen

Um die Kita-Leitungen zu stärken, wird erstmals in Hessen ein fester Zeitanteil für die Leitung einer Kita in Höhe von 20% festgeschrieben. Durch diese zusätzlichen Leitungskapazitäten erhöhen sich die Kapazitäten für alle in der Einrichtung beschäftigten Fachkräfte. Die Arbeitszeit für Leitungsaufgaben wird künftig immer separat vom Mindestpersonalbedarf der Erzieherinnen und Erzieher berechnet und gesetzlich verankert. So bekommen die Leitungen der hessischen Kindertageseinrichtungen die notwendige Zeit, um ihren vielfältigen Aufgaben nachzukommen, denn ihnen kommt für die Entwicklung und Sicherung der Einrichtungsqualität eine Schlüsselfunktion zu.

Weitere Maßnahmen, die das Land Hessen aus eigenen Mitteln ergreift:

• Stärkung der Träger und Investition in Fachkräfte Aus dem Programm „Starke Heimat“ fließen bis 2024 insgesamt 720 Millionen Euro an die Träger der Kitas. So unterstützt das Land durch eine höhere Betriebskostenförderung die pädagogische Arbeit vor Ort. Auch Investitionen in zusätzliche Fachkräfte werden aus diesen Mitteln finanziert. Dazu kommen nochmals 40 Millionen Euro für ein Landesinvestitionsprogramm für Kita-Bauten, damit weiter massiv in die Kinderbetreuung investiert wird.

• Fachkräftesicherung und -gewinnung

Ergänzend zur „Fachkräfteoffensive“ des Bundes legt das Land Hessen eine eigene Fachkräfteoffensive auf und investiert zusätzlich in Fachpersonal für die Kindertagesbetreuung. Die Mittel dafür kommen aus dem genannten Programm „Starke Heimat“: Hessen wird die Zahl der praxisintegrierten, vergüteten Ausbildungsplätze erheblich ausweiten. Das Land wird im Ausbildungsdurchgang 2020/21-2022/2023 mindestens 200 Plätze und im Ausbildungsdurchgang 2021/22-2023/2024 (im Rahmen eines eigenen Landesprogramms) erneut mindestens 200 Plätze fördern – zusätzlich zu den knapp 220 Ausbildungsplätzen, die im Rahmen der „Fachkräfteoffensive des Bundes“ finanziert werden.

Außerdem werden auch die Anleitungsfreistellungen gefördert, wodurch der Anreiz für Einrichtungen steigt, sich als „Lernort Praxis“ zur Verfügung zu stellen. Unterstützt werden sollen alle ausbildenden Träger, unabhängig von der Art der Ausbildung. Und schließlich wird das Berufsbild der Erzieherin bzw. des Erziehers durch eine Werbe- und Imagekampagne des Landes für den Beruf gestärkt. Ziel der Maßnahmen ist es, Kommunen und freie Träger bei der Fachkräftegewinnung und -sicherung wirksam zu unterstützen.

Das Gute-KiTa-Gesetz

Mit dem Gute-KiTa-Gesetz unterstützt der Bund die Länder bis 2022 mit rund 5,5 Milliarden Euro bei Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren. Jedes Bundesland hat seine eigenen Stärken und Entwicklungsbedarfe. Darum ist das Gesetz wie ein Instrumentenkasten aufgebaut: Die Länder entscheiden selbst, in welche der insgesamt 10 Handlungsfelder und Maßnahmen investiert werden soll. In einem Vertrag halten der Bund und das jeweilige Bundesland fest, wie das Gute-KiTa-Gesetz vor Ort umgesetzt werden soll und wie es die jeweils eingesetzten Landesmittel ergänzt.

Die Bundesregierung hat, im Ergebnis der „Kommission gleichwertige Lebensverhältnisse“, den Beschluss gefasst, die finanzielle Beteiligung des Bundes auch über 2022 hinaus fortzusetzen.

Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.bmfsfj.de/gute-kita-gesetz

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.11.2019

Das Land Nordrhein-Westfalen wird gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen massiv in die frühkindliche Bildung investieren. Ab dem kommenden Kindergartenjahr werden jährlich zusätzlich fast eine Milliarde Euro allein in die Qualität der Kitas fließen. Für einen Zeitraum von vier Jahren unterstützt der Bund mit dem Gute-KiTa-Gesetz dabei das Land mit rund 1,2 Milliarden Euro. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey und der stellvertretende Ministerpräsident Dr. Joachim Stamp unterzeichneten heute in Düsseldorf den entsprechenden Vertrag. Neben erheblichen Qualitätsverbesserungen wird die Landesregierung mit den Mitteln auch ein zweites beitragsfreies Jahr ermöglichen.

Bundesfamilienministerin Giffey betonte: „Gute frühkindliche Bildung ist eine nationale Zukunftsaufgabe, an der alle die im Land Verantwortung tragen gemeinsam arbeiten müssen. Nordrhein-Westfalen hat sich für ein starkes Maßnahmenpaket entschieden, das die Qualität der Betreuung verbessert und zugleich die Beitragsfreiheit ausweitet. Das bedeutet eine enorme Entlastung für Familien und garantiert mehr als einer halben Million Kindern beste Bildung von Anfang an. Nordrhein-Westfalen investiert die rund 1,2 Milliarden Euro des Bundes in kind- und bedarfsgerechte Angebote in der Kindertagesbetreuung wie z. B. flexiblere Öffnungs- und Betreuungszeiten oder ergänzende Kindertagespflege. Die Ausweitung der Beitragsfreiheit für das vorletzte Kindergartenjahr ist ein großer Schritt, frühkindliche Bildung für alle zugänglich zu machen. Der Bund hat sich in einem Kabinettsbeschluss vom Juli dazu verpflichtet, auch über 2022 hinaus seine Verantwortung für eine gute Kinderbetreuung in Deutschland wahrzunehmen. Jetzt kommt es darauf an, dass das Land Nordrhein-Westfalen die fast 1.200 Millionen Euro in den nächsten Jahren gut umsetzt.“

Dr. Joachim Stamp: „Wir freuen uns, gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen massiv in die frühkindliche Bildung zu investieren. Wir fördern vor allem Qualität, ermöglichen mit Unterstützung der Gute-KiTa-Mittel aber auch Entlastung für Familien mit Kindern. Auch mit unserer Reform des Kinderbildungsgesetzes sorgen wir für mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung. Denn genau hier wird der Grundstein für die spätere Bildungsbiographie gelegt. Für uns in Nordrhein-Westfalen ist es wichtig, dass alle Beteiligten Planungssicherheit bekommen. Dafür sorgen wir mit unserer Reform. Frühkindliche Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und daher eine gemeinsame Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen. Vom Bund erwarten wir deshalb, dass auch er sich zu seiner Verantwortung bekennt und die Mittel über 2022 hinaus entfristet.“

Zusätzliche Mittel des Landes NRW

Eins der zentralen Ziele der Landesregierung ist es, allen Kindern – unabhängig von ihrer Herkunft – bessere Chancen auf gute Bildung zu ermöglichen. Neben den Mitteln des Bundes investieren Land und Kommunen daher ab dem Kindergartenjahr 2020/2021 rund 750 Millionen Euro jährlich zusätzlich für mehr Finanzierungssicherheit und Verbesserungen der Qualität. Zudem gibt das Land den Kommunen eine Platzausbaugarantie und stellt hierfür mindestens 115 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Damit alle Beteiligten Planungssicherheit bekommen, wird das komplette Kita-Finanzierungssystem nach einem Index dynamisiert. Das bedeutet: Steigen die Personal- und Sachkosten, steigen auch die finanziellen Mittel. Von diesem Paket profitieren alle Kinder, Kindertageseinrichtungen und die Kindertagepflegepersonen, Erzieherinnen und Erzieher sowie die Eltern in Nordrhein-Westfalen.

Überblick zu den Maßnahmen in Nordrhein-Westfalen:

Die Mittel des „Gute-KiTa-Gesetzes“ – insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro bis zum Jahr 2022 – investiert Nordrhein-Westfalen – vorbehaltlich der Zustimmung des Landesgesetzgebers – vor allem in folgende Handlungsfelder:Qualifizierte Fachkräfte. Träger, die in ihren Kindertageseinrichtungen Erzieherinnen und Erzieher praxisintegriert ausbilden, bekommen einen Zuschuss von 8.000 Euro im ersten Ausbildungsjahr und 4.000 Euro im zweiten und dritten Ausbildungsjahr. Der jährliche Zuschuss für die Fortbildung von Fachkräften wird in Nordrhein-Westfalen von 5 Millionen Euro auf 10 Millionen Euro verdoppelt. Starke Kitaleitung. Im Kindergartenjahr 2019/20 wird die Finanzierung von Leitungsstunden in einem Umfang von insgesamt rund 107 Mio. Euro ermöglicht.Sprachliche Bildung. Die Zuschüsse zur Sprachförderung und für die Förderung von plusKITAs werden zusammengefasst von 70 Mio. Euro auf 100 Mio. Euro erhöht. Starke Kindertagespflege. Die Pauschalen des Landes Nordrhein-Westfalen für jedes in der Kindertagespflege betreute Kind werden zu Beginn des Kindergartenjahres 2020/21 um rund 30 Prozent erhöht. Außerdem soll die Qualifizierung der Kindertagespflegepersonen verbessert werden. Vielfältige pädagogische Arbeit. Um die Familienzentren qualitativ weiterzuentwickeln, wird für jedes Familienzentrum der jährliche Zuschuss an das Jugendamt auf 20.000 Euro erhöht.Weniger Gebühren. Zusätzlich zum beitragsfreien letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung wird ab dem Kindergartenjahr 2020/21 auch das vorletzte Jahr beitragsfrei sein.Bedarfsgerechte Angebote. Das Land Nordrhein-Westfalen stellt zusätzliche Mittel für mehr Flexibilität und für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur Verfügung, beispielsweise für Randzeitenbetreuung oder ergänzende Kindertagespflege. Daran beteiligen sich auch die Kommunen. Sie kennen die Bedarfe vor Ort und entscheiden über den Einsatz der Mittel. (Die Mittel kommen zunächst aufwachsend bis 2022 aus dem Gute-KiTa-Gesetz und von den Kommunen.)

Das Gute-KiTa-Gesetz

Mit dem Gute-KiTa-Gesetz unterstützt der Bund die Länder bis 2022 mit rund 5,5 Milliarden Euro bei Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren.

Die Kindertagesbetreuung soll überall in Deutschland weiterentwickelt werden. Aber jedes Bundesland hat seine eigenen Stärken und Entwicklungsbedarfe. Darum ist das Gesetz wie ein Instrumentenkasten aufgebaut: Die Länder entscheiden selbst, in welche zehn Handlungsfelder und Maßnahmen investiert werden soll. In einem Vertrag halten der Bund und das jeweilige Bundesland fest, wie das Gute-KiTa-Gesetz vor Ort umgesetzt werden soll und wie es die jeweils eingesetzten Landesmittel ergänzt.

Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.bmfsfj.de/gute-kita-gesetz

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 19.11.2019

Ausgrenzung, Gewalt, religiöses Mobbing und Rassismus – an vielen Schulen in Deutschland ist das ein großes Problem. Seit genau einem Jahr geht das Bundesfamilienministerium mit dem Programm „Respekt Coaches“ dagegen vor – und zwar dort, wo die Probleme anfangen: im alltäglichen Miteinander auf dem Schulhof und in der Klasse. Die „Respekt Coaches“ stärken als Anti-Mobbing-Profis die Persönlichkeit und die sozialen Kompetenzen junger Menschen. Sie tragen mit ihrem Angebot dazu bei, dass es erst gar nicht zu Gewalt und Radikalisierung auf dem Schulhof kommt. Die Schülerinnen und Schüler lernen ein respekt- und vorurteilsfreies Miteinander.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey zieht zum einjährigen Jubiläum eine positive Zwischenbilanz: „Fast 40.000 Schülerinnen und Schüler haben seit dem Start des Bundesprogramms mit einem Respekt Coach gearbeitet. An rund 300 Schulen wurden mehr als 1000 Workshops, AGs und andere Angebote durchgeführt. Das zeigt wie groß der Bedarf ist und dass wir hier nicht nachlassen dürfen. Als Jugendministerin ist es mir wichtig, die Schulen darin zu unterstützen, tolerante und weltoffene Schülerinnen und Schüler hervorzubringen, die wissen, wie man ohne Gewalt und Hass zusammenlebt. Denn das gehört zu unserer demokratischen Gesellschaft dazu: Man muss nicht einer Meinung sein, aber man muss anders Denkenden mit Respekt begegnen. Das Programm „Respekt Coaches“ wird 2020 weitergeführt, die Mittel sind – vorbehaltlich der Zustimmung durch das Parlament – in gleichbleibender Höhe von 21 Millionen Euro im Haushalt für das kommende Jahr vorgesehen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass das Bundesprogramm auch in den kommenden Jahren weitergeht.“

Ministerin feiert Jubiläum mit Berliner Schülerinnen und Schülern

Das einjährige Jubiläum des Programms „Respekt Coaches“ feiert Bundesfamilienministerin Giffey gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Fritz-Karsen-Schule in Berlin-Neukölln. Mit dabei sind Respekt Coaches aus Berlin und Brandenburg; Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler, die im Programm an einer AG zum Thema „Respekt und Vielfalt“ teilnehmen und in einer Podiumsrunde über ihre Erfahrungen berichten. Die Fritz-Karsen-Schule ist die erste Berliner „Schule der Vielfalt“, sie ist außerdem „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.

Jugendmigrationsdienste als wichtiger Partner

Die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Jugendmigrationsdienste setzen das Programm „Respekt Coaches“ vor Ort gemeinsam mit Expertinnen und Experten der Extremismusprävention und der politischen Bildung an Schulen um. Sie legen mit den Schulen den konkreten Unterstützungsbedarf fest und erstellen ein Präventionskonzept. Die Respekt Coaches des Bundes sind eine Ergänzung zu landes- und kommunalpolitischen Maßnahmen für Jugend- und Schulsozialarbeit. Das Projekt ist Teil des Nationalen Präventionsprogramms gegen islamistischen Extremismus und wird wissenschaftlich begleitet.

Weitere Informationen und die Liste der teilnehmenden Schulen in allen Bundesländern finden Sie unter https://www.lass-uns-reden.com.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 15.11.2019

Zu der von der Bundesjustizministerin angekündigten Reform des Unterhaltsrechts erklären Katja Keul, Sprecherin für Rechtspolitik, und Katja Dörner, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Um getrennt erziehende und alleinerziehende Eltern bei der Ausübung ihrer Elternverantwortung zu unterstützen und Kinderarmut entgegenzuwirken, brauchen wir ein ganzheitliches Reformpaket. Bereits heute ist das Armutsrisiko von Alleinerziehenden – und das sind zu rund 90 Prozent Frauen – und ihrer Kinder sehr hoch. Änderungen im Unterhaltsrecht dürfen nicht zu finanziellen Verschlechterungen für diese Familien führen. Die Stärkung der Elternverantwortung ist ebenso wie der Kampf gegen Kinderarmut eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Gewisse Entlastungen können bereits durch Veränderungen im Sozial- und Steuerrecht bewirkt werden, etwa durch die Anerkennung von Umgangsmehrbedarfen. Ob und welche Änderungen im Unterhaltsrecht sinnvoll erscheinen, muss jedoch sorgsam geprüft werden. Denn diese müssen ausgleichend und keinesfalls konfliktverschärfend wirken. Wichtig ist, dass Entlastungen des einen Elternteils nicht zu Belastungen für den anderen Elternteil führen.

Es ist nicht hinnehmbar, dass die Behörden teilweise die Zahlung von Unterhaltsvorschuss mit Verweis auf einen erweiterten Umgang des Unterhaltspflichtigen einstellen, selbst wenn ein rechtskräftiges Gerichtsurteil über den Kindesunterhalt vorliegt. Zu prüfen wäre des Weiteren, inwiefern die hälftige Auszahlung des Kindergeldes an beide Elternteile zu einer Entlastung bei der komplizierten Unterhaltsberechnung führen würde. Wir hoffen, dass die Ministerin ihre Ankündigung diesmal auch in Taten umsetzt. Die Verunsicherung auf Seiten der Betroffenen, aber auch in der Rechtsberatung und bei Richterinnen und Richtern ist groß. Deswegen braucht es dringend gesetzliche Leitplanken für mehr Rechtsklarheit.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 18.11.2019

„Die Konjunktur schwächelt, und dies hat Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Und was tut die Bundesregierung? Sie dreht der Bundesagentur für Arbeit den Geldhahn zu. Das ist das Gegenteil vorausschauender Arbeitsmarktpolitik. Statt den Arbeitslosenversicherungsbeitrag zu senken, sollte die Bundesregierung die Arbeitslosenversicherung für die Krise fit machen“, erklärt Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zum aktuellen Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit. Zimmermann weiter:

„Dazu gehören eine ausreichende Rücklage und stärkere Leistungen. Es braucht einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung für alle Erwerbslosen und Beschäftigten und ein verbessertes Arbeitslosengeld. Das linke Konzept zur Arbeitslosenversicherung liegt auf dem Tisch: Ein höheres Arbeitslosengeld, das man leichter und länger beziehen kann. Im Anschluss das Arbeitslosengeld Plus, eine vollwertige Versicherungsleistung ohne Einkommens- und Vermögensprüfung. Unser Konzept schafft Sicherheit in der Krise. Es sorgt für Qualifizierung statt Qualifikationsverlust, denn statt kurzfristiger Arbeit um jeden Preis wollen wir eine nachhaltige Vermittlung in gute Arbeit. Außerdem wollen wir mit einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor echte Perspektiven für diejenigen schaffen, die über längere Zeit erwerbslos sind.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 29.11.2019

„Schutzgesetze wie das Arbeitszeitgesetz müssen verteidigt und weiter ausgebaut werden. Gestresste Beschäftigte brauchen längere Ruhezeiten und keine kürzeren. Auch an den Höchstgrenzen für die tägliche Arbeitszeit darf nicht gerüttelt werden“, erklärt Jutta Krellmann, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit der Fraktion DIE LINKE, zur aktuellen Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) „Verkürzte Ruhezeiten: Auswirkungen auf die Gesundheit und die Work-Life-Balance“. Krellmann weiter:

„Verkürzte Ruhezeiten machen krank. Das bestätigt die BAuA, das Forschungsinstitut der Bundesregierung, in ihrer aktuellen Studie. Die Digitalisierung macht unser Arbeitsleben immer stressiger. Krankschreibungen wegen psychischer Leiden nehmen immer weiter zu. Das kann so nicht weitergehen. Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Schutz für Beschäftigte. Eine Anti-Stress-Verordnung ist längst überfällig. Das bedeutet verbindliche Richtlinien, um psychische Belastungen bei der Arbeit zu minimieren. Dazu gehören ein Recht auf Abschalten und eine Mindestpersonalbesetzung.

Um die geltenden Arbeitsschutzgesetze drücken sich Arbeitgeber schon heute, weil zu wenig kontrolliert wird. Deshalb muss die Bundesregierung endlich die Rahmenbedingungen für flächendeckende Arbeitsschutzkontrollen schaffen. Der beste Arbeits- und Gesundheitsschutz sind dabei starke Betriebsräte. Ihre Wahl muss erleichtert und sie müssen besser geschützt werden.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 25.11.2019

Mit Urteil vom 5. November 2019 hat das Bundesverfassungsgerichtentschieden, dass Sanktionenfür Empfänger von Arbeitslosengeld II bei Verletzung bestimmter Mitwirkungspflichten grundsätz-lich verfassungsgemäßsein können. Allerdings ist es nach derzeitiger Ausgestaltung und Datenlage mit dem Grundgesetz unvereinbar, wenn diese Sanktionen zu Minderungen des Regelbedarfs von mehr als 30 Prozent bis hin zu einem vollständigen Wegfall der Leistungen führen.Zudem sind Sanktionenverfassungswidrig, die den Regelbedarf bei einer Pflichtverletzung zwingend kürzen,auch wenn dies zu einer außergewöhnlichen Härte führt. Dies gilt zudemfür die starre Dauer der Sanktionen von drei Monaten, wenn der Leistungsempfänger die Pflichterfüllung nachholt odersich ernsthaft dazu bereiterklärt.Nicht direkt erfasst von der Entscheidung sind Sanktionen wegen Meldeverstößen bzw. Sanktionen zur Durchsetzung von Mitwirkungspflichten fürPersonen unter 25 Jahren.

Die der Entscheidung zugrundeliegenden Normen für die Sanktionen (§ 31 Abs. 1, §31a Abs. 1 S.1, 2, 3 und §31b Abs. 1 S. 3 SGB II)wurden an dem Maßstabder sich ausArt. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG ergebenden grundrechtlichen Gewährleistung eines menschenwürdigenExistenzminimumsüberprüft. Nach diesem muss einheitlich die physische und soziokulturelle Existenz gesichert werden. Insofern kann nicht zwischen Bedarfen beispielsweise für Nahrung und solchen für die sozialeTeilhabe differenziert werden. Die diesem Anspruch zugrundeliegendeMenschenwürde ist unabdingbar und steht allen Menschen gleichermaßen zu. Sie kann daher auch nicht durch unkooperatives bzw. vermeintlich „unwürdiges“ Verhalten gegenüber staatlichenStellenverwirkt werden. Dies verwehrt es dem Gesetzgeber jedoch nicht, im Rahmen der näheren AusgestaltungdesSozialstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 1 GG, existenzsicherndeLeistungen nur dann zu gewähren, wenn wirklicheBedürftigkeit besteht. Dieser sog. Nachranggrundsatzund der Vorrang der selbstständigen Existenzsicherung sind mit dem Grundgesetz vereinbar. Daraus folgt auch dieRechtfertigung für MitwirkungspflichtenderLeistungsempfänger. Es ist insoweit zulässig,von Erwerbsfähigen im SGB II-Leistungsbezugdie aktive Mitwirkung an der Vermei-dung oder Überwindung der eigenen Bedürftigkeit zu verlangen. Dies dient zudem der Schonungbegrenzter finanzieller Mittel des Sozialstaats. Kein legitimes Ziel wäre die Bevormundung, Erzie-hungoder Besserung der Leistungsempfänger. Mitwirkungspflichten können zum Beispiel die Aufnahmeeiner Arbeit bzw. Ausbildung oder Maßnahmenaus der Eingliederungsvereinbarung umfassen. Sie sind gesetzlich auf ein zumutbares(§ 10 SGB II)und verhältnismäßiges Maß be-schränkt. Dassim Rahmen dieser Arbeit auch geringerwertigeTätigkeitenoder solche,die nicht dem Berufswunsch entsprechen,erfasst sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondereliegt darin kein Verstoß gegen das Verbot der Zwangsarbeit nach Art. 12 Abs. 2 GG. Diese Mitwirkungspflichten darf der Gesetzgeber auch mittels Sanktionen durchsetzen, solange diese selbst verhältnismäßig sind.

Die Sanktionenmüssen, weil sie zu einem vorübergehenden Entzug existenzsichernder Leistungen führen, strenge Anforderungen der Verhältnismäßigkeiterfüllen. Diese schränken den sonst wei-tenEinschätzungsspielraumdes Gesetzgebers bei Regelungen zur Ausgestaltung des Sozialstaates ein. Die Sanktionen müssen darauf ausgerichtet sein, dass die Mitwirkungspflichten erfüllt werden, um so die existenzielle Bedürftigkeit zu überwinden.

Eine Leistungsminderung um 30 Prozentist grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar. Sie dient dem legitimen Ziel, die Mitwirkungspflichten durchzusetzen und so den Leistungsberechtigtenwieder in Arbeit zu bringen. Der Gesetzgeber kann seine Entscheidung auf plausible Annahmen stützen, dass bereits die abschreckende Wirkung der Sanktionen zu der angestrebten Mitwirkungbeiträgt. Die konkrete Ausgestaltung der Sanktionen ist jedoch unverhältnismäßig.

Nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist eine Sanktion, wenn sie zu einer außergewöhnlichen Härteführt. Die bislang als zwingende Rechtsfolgedes Mitwirkungsverstoßes ausgestaltete Sanktion gab der Behörde keine Möglichkeit, in Fällen,in denen die damit verbundene außerordentliche Belastung nicht mehr zumutbar war, von dieser abzusehen. Es muss im Einzelfall möglich sein, besonderenUmständen Rechnung zu tragen. Dies erfordert zur Ermittlung auch die der Sanktion vorgelagerte Möglichkeit einer mündlichen Anhörungdes Betroffenen. Ebenso ist es unverhältnismäßig, dass die Sanktionsdauer von drei Monaten nicht verkürzt werden kann, wenn der Leistungsberechtigte die Mitwirkung nachholt oder die ernsthafte Bereitschaft dazu erklärt. Die Mitwirkung ist Ziel der Sanktion, so dass die Nachholung auch entsprechend gewürdigt werden muss.

Die nach wiederholter Pflichtverletzung verhängten Sanktionen von 60 Prozent bzw. des vollständigen Leistungswegfalls können nicht durch genügend plausible Erkenntnisse der Geeignetheit zur Förderung des legitimen Ziels der Integration in den Arbeitsmarkt belegt werden. Solche Prognosen müssten insbesondere aufgrund der Geltungsdauer der gesetzlichen Regelungen hinreichend fundiert sein, lagen jedoch zum Entscheidungszeitpunkt nicht vor. Zudem ist die mit diesen Sanktionen verbundene Belastung für das grundrechtlich gewährleistete Existenzminimum unzumutbar. Die bei der vollständigen Leistungskürzung ebenfalls eingestellten Zahlungen der Kosten für Unterkunft und Heizung sowie der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung können zu Verschuldung und Obdachlosigkeit führen. Es bestehen ernsthafte Zweifel seitens des Gerichts, dass so die Mitwirkungsbereitschaft erhalten bleiben kann.

Die genannten Regelungen sind verfassungswidrig, aber nicht nichtig und können unter Beachtung der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts bis zu einer Neuregelung weiter angewandt werden. Für eine Neuregelung hat das Bundesverfassungsgericht keine Frist benannt. Es besteht keine Verpflichtung, rückwirkend Leistungen nach SGB II ohne Minderungen festzusetzen. Bescheide mit Leistungsminderungen von mehr als 30 Prozent des Regelbedarfes sind aufzuheben, soweit sie nicht bestandskräftig sind.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 5. November 2019, Az. 1 BvL 7/16.

Nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen soll von Gewalt betroffenen Frauen ein Rechtsanspruch auf Geldleistung für den Aufenthalt in einem Frauenhaus oder einer vergleichbaren Einrichtung eingeräumt werden. In einem entsprechenden Antrag (19/15380) fordert sie die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem dieser Rechtsanspruch festgeschrieben wird. Zudem sollen gemeinsam mit den Trägern bundesweit einheitliche Arbeits- und Qualitätsstandards für Frauenhäuser und ähnliche Einrichtungen festgelegt werden. Der neue Rechtsanspruch auf Geldleistung soll den Zugang zu den Schutzeinrichtungen sowie die Inanspruchnahme der dortigen Dienstleistungen in Form von psychologischer Betreuung und Beratung verbessern. Dadurch werde ein erheblicher Beitrag geleistet, Frauenhäuser und ähnliche Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet abzusichern, heißt es im Antrag der Grünen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1335 vom 26.11.2019

Im Dezember 2018 bezogen eine Million Erwerbstätige aufstockend zu ihrem Lohn Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Das geht aus der Antwort (19/14185) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/13682) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Demnach waren 997.000 Menschen in einer abhängigen und 78.000 in einer selbständigen Erwerbstätigkeit. Von den abhängig Beschäftigten erzielten 542.000 oder 54 Prozent ein Bruttoeinkommen von 450 Euro und mehr.

In der Antwort heißt es weiter, dass im Dezember 2018 im Rechtskreis SGB II rund 755.000 oder 53 Prozent der Arbeitslosen weniger als ein Jahr arbeitslos waren. Von den Langzeitarbeitslosen waren, bezogen auf alle Arbeitslosen im Rechtskreis SGB II, rund 19 Prozent ein bis unter zwei Jahre arbeitslos, 15 Prozent zwei bis unter vier Jahre, sieben Prozent vier bis unter sechs Jahre, 3,5 Prozent sechs bis unter acht Jahre, 24.000 oder 1,7 Prozent acht bis unter zehn Jahre und 22.000 oder 1,5 Prozent zehn Jahre und länger arbeitslos.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1330 vom 25.11.2019

Die Fraktion Die Linke verlangt Auskunft über die Kosten der frühkindlichen Bildung und Betreuung. In einer Kleinen Anfrage (19/15018) will sie unter anderem wissen, wie sich die Ausgaben und Einnahmen durch Elternbeiträge seit 2008 entwickelt haben und wie sie sich nach Einschätzung der Bundesregierung in den kommenden Jahren entwickeln werden. Zudem möchte sie erfahren, wie sich die finanzielle Unterstützung des Bundes an den laufenden Ausgaben durch das Finanzausgleichsgesetz für die Kinderbetreuung seit 2008 entwickelt hat und wie sie sich bis 2025 entwickeln wird.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1322 vom 25.11.2019

Im Jahr 2018 wurden von den Jobcentern 91.000 Sanktionen gegenüber alleinerziehenden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ausgesprochen. Das schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (19/14586) auf eine Kleine Anfrage (19/13892) der FDP-Fraktion. Darin betont sie weiter, dass sie derzeit keine Anhaltspunkte für einen Aufklärungsbedarf bei Jobcentern in Bezug auf Einkommensarmut und Kindeswohlgefährdung sehe. Eine verantwortungsvolle und einzelfallbezogene Herangehensweise der Jobcenter sei angemessen, heißt es in der Antwort.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1301 vom 20.11.2019

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/15047) die Einführung eines Arbeitslosengeldes Plus (ALG Plus). Die Abgeordneten kritisieren, dass die Hartz-Reformen dazu geführt hätten, dass zwei Drittel der Arbeitslosen von Armut bedroht seien. Die Bezugsdauer des ALG Plus soll der Dauer des vorherigen Bezugs von Arbeitslosengeld I entsprechen. Arbeitslose, die mindestens 30 Jahre in der Arbeitslosenversicherung versichert waren, sollen einen unbefristeten Anspruch auf ALG Plus haben. Dessen Höhe soll 58 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts betragen. Um eine Absenkung des Lebensstandards durch allgemeine Preissteigerungen zu vermeiden, soll es einen jährlichen Inflationsausgleich geben. Finanziert werden soll das ALG Plus aus den Beitragszahlungen der Arbeitslosenversicherung, fordert Die Linke.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1293 vom 19.11.2019

Die von der Bundesärztekammer (BÄK) zentral geführte Liste mit Medizinern, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wird offenbar vermehrt für Eintragungen genutzt. Die nach dem Start Ende Juli zunächst 87 Einträge hätten sich mit der Aktualisierung im September 2019 auf 215 Einträge mehr als verdoppelt, heißt es in der Antwort (19/13851) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/13391) der FDP-Fraktion.

Aktuell befänden sich auf der Liste Einträge aus allen Bundesländern. Die Liste befinde sich aber noch im Aufbau. Die BÄK habe zugesagt, die Liste zeitnah zu ergänzen. Weitere Ärzte hätten bereits ihre Aufnahme in die Liste beantragt. Die BÄK und der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) hätten sich in einem Schreiben direkt an mehr als 12.500 Frauenärzte gewandt und über die Liste informiert.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1291 vom 18.11.2019

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat seinen aktuellen Bericht (19/15000) über den Stand und die Entwicklungen bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) vorgelegt. Mittlerweile sei die PID im Rahmen der vorgesehenen Grenzen Teil der fortpflanzungsmedizinischen Praxis in Deutschland geworden.

Zugleich habe sich die Reproduktionsmedizin weiterentwickelt, heißt es. Neue Biopsieverfahren und Möglichkeiten der genetischen Diagnostik hätten sich etabliert beziehungsweise würden für die PID nutzbar gemacht.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1288 vom 15.11.2019

Im Jahr 2018 konnten 64 Prozent der abhängig Beschäftigten häufig ihre Arbeit selbst planen und einteilen. Im Vergleich zu 2006 (68 Prozent) ist dieser Anteil damit leicht gesunken. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/13675) auf eine Kleine Anfrage (19/12847) der Fraktion Die Linke. Daraus geht weiter hervor, dass vor allem Arbeitnehmer ab 35 Jahren diese Flexibilität genießen und jene mit einem Abitur-Schulabschluss (76 Prozent). Bei Arbeitnehmern mit Hauptschulabschluss sind es dagegen nur 51 Prozent. Die Bundesregierung bezieht sich bei den Angaben auf Statistiken der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und des Bundesinstituts für Berufsbildung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1265 vom 13.11.2019

Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen fordern in einem gemeinsamen Antrag (19/15078) die Abschaffung der Sanktionen beim Arbeitslosengeld II. Sie beziehen sich zur Begründung auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Sanktionspraxis eingeschränkt hatte. Linke und Grüne gehen in dem Antrag allerdings darüber hinaus und fordern eine generelle Abschaffung von Sanktionen. Ferner sollen die Jobcenter bedarfsdeckend mit Personal und Mitteln zur Eingliederung und für die Verwaltung ausgestattet werden. Auch soll das Fallmanagement verbessert werden, damit Arbeitssuchende passgenaue Hilfen und garantierte Angebote zur Weiterbildung erhalten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1277 vom 14.11.2019

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/15046) einen Umbau der Arbeitslosenversicherung. Unter anderem sollen die Zugangsvoraussetzungen durch eine verlängerte Rahmenfrist (Zeit, innerhalb derer Ansprüche erworben werden müssen) von zwei auf drei Jahre erleichtert werden. Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I (ALG I) soll sich ebenfalls verlängern. So soll bereits ab einer Beschäftigungsdauer von vier Monaten ein zweimonatiger Arbeitslosengeld-Anspruch bestehen. Weiterbildungen bis zu einer Dauer von 24 Monaten sollen die Anspruchsdauer auf ALG I nicht mindern und für über 50-Jährige soll sich der Anspruch generell erhöhen, von 18 Monaten für 50-jährige Erwerbslose bis auf 36 Monate für über 60-jährige Erwerbslose.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1272 vom 13.11.2019

Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD dringen darauf, ausbeuterische Kinderarbeit zu verhindern. "385 Millionen Kinder und Jugendliche leben weltweit in extremer Armut, das sind zwanzig Prozent aller Menschen bis zum 18. Lebensjahr", schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (19/15062), der morgen erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Laut einer Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) aus dem Jahr 2017 müssten weltweit 152 Millionen Kinder und Jugendliche arbeiten. "Über 36 Millionen dieser Kinder zwischen fünf und 14 Jahren können keine Schule besuchen. Um das Überleben ihrer Familien zu sichern, sind sie gezwungen zu arbeiten und werden hierdurch ein leichtes Opfer für ausbeuterische Strukturen."

Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung unter anderem auf, das Bewusstsein für ausbeuterische Kinderarbeit in Lieferketten sowohl bei Verbraucherinnen und Verbrauchern als auch bei Unternehmen mittels einer breit angelegten Aufklärungskampagne zu schärfen. Per Kennzeichnung sollen vorbildliche Initiativen hervorgehoben und analog zum Textilbündnis oder Forum Nachhaltiger Kakao e.V. weitere Dialogplattformen eingerichtet werden, um die Unternehmen bei ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung zu unterstützen. Geprüft werden soll ferner, "ob die Einfuhr von Produkten nach Europa und nach Deutschland, die nachweislich aus ausbeuterischer Kinderarbeit kommen, gesetzlich unterbunden werden kann", schreiben die Abgeordneten. Sollte die umfassende Überprüfung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) zu dem Ergebnis kommen, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen nicht ausreiche, sei die Bundesregierung aufgefordert, national gesetzlich tätig zu werden und sich für eine EU-weite Regelung einzusetzen. Außerdem soll sie im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft 2020 auf europäischer Ebene für eine "einheitliche, branchenübergreifende und verbindliche Regelung zur Ausgestaltung unternehmerischer Sorgfaltspflichten" werben.

Hervorgehoben wird, dass die Regierung bereits heute "ihrer globalen Verantwortung gerecht wird und sich auf geeignete Weise engagiert, Menschenrechten, Arbeits-, Sozial-, Umwelt- und Anti-Korruptionsstandards weltweit Geltung zu verschaffen". So unterstütze Deutschland etwa ILO und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) zuverlässig beim weltweiten Kampf gegen ausbeuterische Kinderarbeit.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1275 vom 13.11.2019

Immer mehr Frauen sind erwerbstätig, oft aber nur in Teilzeit – Stundenlohnlücke zwischen Teilzeit- und Vollzeitjobs deutlich gestiegen – Gesetz zu Rückkehrrecht auf Vollzeitstelle sollte durch weitere Maßnahmen flankiert werden, um Teilzeitfalle zu begegnen

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegen – immer mehr von ihnen arbeiten jedoch in Teilzeit: Im Jahr 2017 waren es 36 Prozent, über zehn Prozentpunkte mehr als Mitte der 1990er Jahre. Gleichzeitig ist der sogenannte Part-time Wage Gap, also die Stundenlohnlücke zwischen einem Vollzeit- und einem Teilzeitjob, deutlich gewachsen, von fünf Prozent Mitte der 1990er Jahre auf mittlerweile rund 17 Prozent. Das sind zentrale Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Einerseits ist es eine gute Nachricht, dass immer mehr Frauen erwerbstätig sind, wenn auch viele nur in Teilzeit – sie haben ein eigenes Erwerbseinkommen und somit auch eigene Ansprüche an die sozialen Sicherungssysteme“, sagt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am DIW Berlin. „Andererseits haben Teilzeitjobs Nachteile: Der Stundenlohn ist oft geringer, auch weil die Tätigkeiten öfter einfache und manuelle sind – diese Unterschiede sind zuletzt noch deutlich größer geworden“, so Wrohlich.

Unterschiedliche Aufteilung von Sorgearbeit spiegelt sich in Teilzeitquoten wider

Gemeinsam mit Patricia Gallego Granados und Rebecca Olthaus aus der Abteilung Staat des DIW Berlin hat Wrohlich Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ausgewertet. Dabei zeigten sich eindeutige Muster: Teilzeiterwerbstätigkeit von Frauen ist beispielsweise in Westdeutschland (knapp 40 Prozent im Jahr 2017) deutlich stärker ausgeprägt als in Ostdeutschland (etwa 27 Prozent). Frauen mit niedrigen und mittleren Bildungsabschlüssen arbeiten häufiger in Teilzeit als Frauen mit einem Hochschul- oder Fachhochschulabschluss. Und Teilzeitarbeit ist eher mit manuellen Tätigkeiten, die beispielsweise Reinigungskräfte ausüben, verbunden als mit nicht routinemäßigen kognitiven Tätigkeiten, beispielsweise im Bereich der Forschung und Entwicklung.

Betrachtet man, zu welchen Zeitpunkten ihres Lebens und in welchem Ausmaß Frauen und Männer in Teilzeit erwerbstätig sind, spiegelt sich darin die nach wie vor sehr unterschiedliche Aufteilung der Sorgearbeit wider. Frauen treten in der Phase der Familiengründung beruflich deutlich kürzer und sind meist nur noch in Teilzeit erwerbstätig. Bei mehr als 40 Prozent der erwerbsfähigen Frauen ist das im Alter ab 35 Jahren der Fall, in Westdeutschland sogar bei mehr als jeder zweiten. Männer hingegen weiten ihre Arbeitszeit in dieser Lebensphase sogar oft noch aus. Diese Unterschiede verschwinden im weiteren Lebensverlauf meist nicht mehr: Männer haben bis zum Renteneintritt konstant niedrige Teilzeitquoten, während Frauen oft selbst dann nicht mehr auf eine Vollzeitstelle zurückkehren, wenn die Kinder älter oder sogar schon aus dem Haus sind.

„Die Tatsache, dass Frauen ihre Erwerbstätigkeit für familiäre Verpflichtungen einschränken, wirkt sich sehr stark auf ihr Lebenseinkommen aus – nicht nur wegen der geringeren Wochenarbeitszeit, sondern auch, weil die Stundenlohnlücke zwischen Vollzeit- und Teilzeitjobs immer weiter steigt“, erklärt Studienautorin Patricia Gallego Granados. Zwar hängt das Phänomen des steigenden Part-time Wage Gaps bei Frauen auch damit zusammen, dass mit steigender Frauenerwerbstätigkeit mehr Frauen mit niedrigen Bildungsabschlüssen und wenig Berufserfahrung erwerbstätig sind, was sich im Durchschnitt negativ auf die Bezahlung auswirkt. Dennoch sei die Entwicklung – obwohl es grundsätzlich begrüßenswert ist, dass immer mehr Frauen auf dem Arbeitsmarkt aktiv sind – problematisch, so die Studienautorinnen, zumal auch ganz andere Aspekte, deren Einfluss bisher nicht untersucht ist, eine Rolle spielen könnten.

Ausbau von Ganztagsschulplätzen und Reform des Ehegattensplittings wären hilfreich

Das zum Jahresbeginn eingeführte Rückkehrrecht auf eine Vollzeitstelle ist ein erster Schritt, um Frauen, die ihre Arbeitszeit erhöhen möchten, diese Möglichkeit zu geben. Das Gesetz müsste nach Ansicht der Studienautorinnen aber durch weitere Maßnahmen flankiert werden. „Auch die Familienpolitik muss ihren Beitrag leisten und noch stärker zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen – dazu gehört ein weiterer Ausbau der Kindertagesbetreuung, vor allem auch im Grundschulbereich“, so Wrohlich. „Außerdem könnte eine Reform des Ehegattensplittings dazu führen, dass eine Ausweitung der Arbeitszeit für Frauen attraktiver wird, wenn sich ihr Nettolohn dann stärker erhöht.“

Studie im DIW Wochenbericht 46/2019

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 13.11.2019

Frauen sind nach wie vor als Führungskräfte in den Betrieben unterrepräsentiert. Im Jahr 2018 waren 26 Prozent der Führungskräfte der obersten Leitungsebene in der Privatwirtschaft Frauen. Auf der zweiten Führungsebene lag ihr Anteil bei 40 Prozent. Beide Werte haben sich verglichen mit 2016 nicht verändert. Das zeigen Daten des IAB-Betriebspanels, einer repräsentativen Befragung von rund 16.000 Betrieben in Deutschland durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

In Ostdeutschland ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft höher als in Westdeutschland. Auf der ersten Führungsebene liegt er im Osten bei 31 Prozent, im Westen bei 25 Prozent. Auf der zweiten Führungsebene beträgt der Frauenanteil in Ostdeutschland 45 Prozent, in Westdeutschland 39 Prozent. Der Beschäftigtenanteil von Frauen liegt in Ostdeutschland wie in Westdeutschland bei 44 Prozent. „Frauen sind demnach in Ostdeutschland besser repräsentiert“, erklären die IAB-Forscherinnen Susanne Kohaut und Iris Möller.

Kleine Betriebe werden häufiger von Frauen geführt als große: In Großbetrieben der Privatwirtschaft mit mindestens 500 Beschäftigten sind 14 Prozent der Führungspositionen auf der ersten Ebene mit Frauen besetzt. In Betrieben mit zehn bis 49 Beschäftigten sind es 25 Prozent, in Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten 27 Prozent.

Verglichen mit der Privatwirtschaft liegt der Frauenanteil im öffentlichen Sektor auf der ersten und zweiten Leitungsebene mit 36 bzw. 43 Prozent um zehn bzw. drei Prozentpunkte höher. Gemessen an ihrem Beschäftigtenanteil von 60 Prozent sind Frauen jedoch im öffentlichen Sektor in Führungspositionen der zweiten Ebene noch stärker unterrepräsentiert als in der Privatwirtschaft.

„Seit Januar 2016 ist das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in Kraft. Mit der Verpflichtung zur Festlegung und Veröffentlichung verbindlicher Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Vorständen und obersten Managementebenen soll diese gesetzliche Regelung in das Personalmanagement von Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten hineinwirken“, so die IAB-Forscherinnen Kohaut und Möller. Gleichzeitig stellen sie allerdings fest: „Die Einführung des neuen Gesetzes hat – zumindest auf Betriebsebene – keinen weiteren Zuwachs gebracht“.

Die IAB-Studie ist online abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2019/kb2319.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 21.11.2019

Im 3.Quartal 2019 wurden in Deutschland 3,9% mehr Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt als im 3.Quartal 2018. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, wurden im 3.Quartal 2019 rund 25 200 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet. Knapp drei Viertel (71%) der Frauen, die im 3.Quartal 2019 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, waren zwischen 18 und 34 Jahren alt, 18% zwischen 35 und 39 Jahren. Gut 8% der Frauen waren 40Jahre und älter, 3% waren jünger als 18 Jahre. Rund 40% der Frauen hatten vor dem Schwangerschaftsabbruch noch kein Kind zur Welt gebracht.

96% der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Eine medizinische Indikation war in den übrigen 4% der Fälle die Begründung für den Abbruch. Die meisten Schwangerschaftsabbrüche (58%) wurden mit der Absaugmethode (Vakuumaspiration) durchgeführt, bei 25% wurde das Mittel Mifegyne® verwendet. Die Eingriffe erfolgten überwiegend ambulant, und zwar 79% in gynäkologischen Praxen und 19% ambulant im Krankenhaus.

Detaillierte Informationen zu den Schwangerschaftsabbrüchen, auch zu den Quartalsergebnissen, sind in den Tabellen Schwangerschaftsabbrüche (23311) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden. Weitere gesundheitsbezogene Daten und Tabellen zu Schwangerschaftsabbrüchen mit weiteren Gliederungen finden sich auch im Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 02.12.2019

Fakten zum Internationalen Männertag am 19. November 2019 – KORREKTUR: Die am 18.11.2019 verbreitete Meldung muss aufgrund eines Fehlers im 5. Absatz korrigiert werden. Die Korrektur ist fett hervorgehoben.

Männer dominieren in Deutschland nach wie vor viele technisch geprägte Berufe. 2018 arbeiteten fast 2Millionen Männer in der Berufsgruppe Maschinen- und Fahrzeugtechnik. Mit 89% lag der Männeranteil hier noch 4Prozentpunkte höher als in Informatik- und anderen Informations- und Kommunikationstechnikberufen (IKT), in denen rund 900000 Männer (85%) beschäftigt waren. Das teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Internationalen Männertags am 19. November 2019 auf Basis des Mikrozensus mit.

Der Frauenanteil verändert sich in diesen männlichen Domänen kaum. Während sich im Vergleich zu 2012 der Anteil von Informatikerinnen (einschließlich IKT-Berufen) um gerade 2Prozentpunkte erhöhte (15%), sank er bei Maschinen- und Fahrzeugtechnikerinnen im gleichen Zeitraum sogar geringfügig um 1 Prozentpunkt (11%).

Etwas mehr Bewegung herrscht in der Berufsgruppe "Polizei, Kriminaldienste, Gerichts- und Justizvollzug". Dort erhöhte sich der Frauenanteil von 20% (59000 Frauen) im selben Zeitraum auf 24% (72000 Frauen).

Nur 1 von 10 Lehrenden an Grundschulen sind Männer

Wie unterschiedlich die Geschlechter sich in einem Berufszweig verteilen können, zeigt das vielfältige Berufsfeld der Lehrenden. An allgemeinbildenden Schulen waren 2018 nur etwas über ein Viertel (27%) der insgesamt etwa 830000 Lehrenden männlich. Im Vergleich zum Jahr 2012 sank ihr Anteil damit um rund 2 Prozentpunkte.

Besonders selten sind Männer als Grundschullehrer tätig. 2018 waren es 19 000 von insgesamt rund 200 000 Lehrenden an Grundschulen. Der Männeranteil von 9 % sank damit im Vergleich zu 2012 (10 %) geringfügig.

Ein ganz anderes Bild ergibt sich beim Blick auf die deutsche Hochschullandschaft: Hier waren 2018 die Männer in der Überzahl. Mit 193000 Lehrenden und Forschenden stellten sie 58% von insgesamt 331000 ausgeübten Lehr- und Forschungstätigkeiten. Sechs Jahre vorher lag ihr Anteil sogar noch bei 61%.

Mehr Altenpfleger und Kinderbetreuer

In eher als "Frauenberufen" geltenden Bereichen wie der Altenpflege legen die Männer dagegen leicht zu. Im Jahr 2018 stieg der Anteil von Pflegern im Vergleich zu 2012 um 2 Prozentpunkte auf 16%. 110000 Pfleger standen hier 583000 Pflegerinnen gegenüber.

Eine aktuelle Auswertung der Statistiken der Kindertagesbetreuung zeigt, dass der Anteil der in der Kindertagesbetreuung tätigen Männer nach wie vor relativ gering ist. Allerdings zog es in den vergangenen Jahren mehr Männer in diesen Beruf. Am 1.März 2019 waren in Deutschland 6,4% der Beschäftigten in der Kindertagesbetreuung männlich. Damit waren rund 42200 Männer unmittelbar mit der pädagogischen Betreuung von Kindern in einer Kindertageseinrichtung befasst oder als Tagesvater aktiv. Vor zehn Jahren waren es noch 13500 Männer (3,2%).

Methodik:
Die Aussagen zu Berufen stützen sich auf eine Klassifikation der Berufe 2010, deren Einführung in den Mikrozensus 2012 durchgängige Zeitvergleiche ermöglicht.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 18.11.2019

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Anlässlich der Beratungen des Bundesrats am 29. November zum Angehörigen-Entlastungsgesetz erklärt AWO Bundesvorstandsmitglied Brigitte Döcker: „Wir fordern die Länderkammer auf, dem Gesetzesvorhaben zuzustimmen, weil es unterhaltspflichtige Angehörige von pflegebedürftigen Menschen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege beziehen, spürbar entlastet.“ Der Bundestag hatte das Gesetz bereits am 7. November 2019 beschlossen. Damit es in Kraft tritt, muss aber der Bundesrat noch zustimmen.

Können pflegebedürftige Menschen den Eigenanteil an den Kosten der Pflege nicht selbst aufbringen, so Döcker, sind deren erwachsene Kinder verpflichtet, ihre Eltern finanziell zu unterstützen. Ob sie tatsächlich zahlen müssen, hängt dabei von deren Einkommen und Vermögen ab. „Die Einkommensgrenze hierfür soll nun auf 100.000 Euro im Jahr angehoben werden, analog der heute geltenden Grenze bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Damit schafft das Gesetzesvorhaben den unterhaltpflichtigen Angehörigen Luft, die sie dringend brauchen“, erläutert Döcker.

Nicht von der Hand zu weisen ist, dass das Gesetz zwar Angehörige entlastet, aber gleichzeitig eine deutliche Mehrbelastung der ohnehin klammen Kommunen zu befürchten ist. „Wir brauchen mittel- und langfristig neue Wege bei der Finanzierung der Preissteigerungen in der Pflege“, unterstreicht Döcker deshalb. Außerdem bringe das Gesetz keine Entlastung für Eheleute, wenn es um die Zuzahlung zu einem Heimplatz für einen pflegebedürftigen Ehepartner geht. „Auch hier benötigen wir zeitnah eine gesetzliche Regelung“, bekräftigt Bundesvorstandsmitglied Döcker.

Aber das ist noch nicht alles. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen benötigten dringend eine Deckelung der Eigenanteile an den Kosten der Pflege. So führt Brigitte Döcker weiter aus: „Hierzu hatte die AWO erfolgreich eine Petition gestartet und dafür über 70 Tsd. Unterschriften gesammelt.“ Daraufhin hatte sich der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags bereits im Juni mit dem Thema befasst. „Nun muss eine gesetzliche Regelung zur spürbaren Beschränkung der Eigenanteile an den Kosten der Pflege zügig folgen“, bekräftigt Döcker abschließen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 28.11.2019

Mit einer Erklärung und einem konkreten Anforderungskatalog melden sich erstmals Mieterbund, Sozial- und Wohlfahrtsverbände mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) in der Klimaschutz-Debatte gemeinsam zu Wort. Das vom Paritätischen Wohlfahrtsverband mit ver.di initiierte und vom AWO Bundesverband mitgetragene Bündnis spricht sich offensiv für eine sozial-ökologische Wende aus und warnt davor, Soziales und Klima gegeneinander auszuspielen. Weitere Mitzeichner sind der AWO Bundesverband, der Deutsche Caritasverband, der Sozialverband Deutschland (SoVD), der Sozialverband VdK Deutschland, der Volkssolidarität Bundesverband sowie der Deutsche Mieterbund.

Zur gemeinsamen Erklärung (PDF).

„Wir teilen gemeinsam die feste Überzeugung, dass die ökologische Wende nur als sozial-ökologische Wende gestaltet werden kann. Mehr noch: Die klimapolitischen Herausforderungen eröffnen die Chance, Soziales neu zu denken und mehr Lebensqualität für alle zu schaffen“, heißt es in der „Sozialplattform Klimaschutz“. Das Bündnis fordert eine „ambitionierte und verbindliche Klimaschutzpolitik“. Klimaschutz dürfe jedoch „kein Elitenprojekt“ und ein umweltbewusstes Leben „kein Luxus“ sein. In der Erklärung formulieren die Organisationen ganz konkrete Forderungen und Lösungsvorschläge zur Gestaltung einer echten sozial-ökologischen Wende, u.a. in den Bereichen Wohnen, Energie und Mobilität. Darüber hinaus ist aus Sicht des Bündnisses ein funktionierender Sozialstaat Voraussetzung für eine ambitionierte Klimaschutzpolitik und auch die Frage der Finanzierung der sozial-ökologischen Wende dürfe nicht ausgeklammert werden. Die Investitionsbedarfe seien erheblich. „Entsprechende Maßnahmen auf der Einnahmenseite der öffentlichen Haushalte sind Voraussetzung für das Gelingen einer sozial-ökologischen Transformation“, heißt es im Text.

Anlässlich der Veröffentlichung kritisiert AWO-Vorstand Brigitte Döcker die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung: „Die bisherigen Bemühungen sind eindeutig zu zaghaft! Was wir brauchen, ist eine mutige Politik, die Umwelt- und Sozialpolitik zusammen denkt und notwendige Maßnahmen aufeinander abstimmt.“ Dabei müssen die Grundsätze der Gerechtigkeit und der Solidarität im Mittelpunkt stehen: „Wer viel hat, muss auch einen entsprechenden Beitrag leisten und so die Entlastung von einkommensschwachen Haushalten mit ermöglichen. Nur so wird es uns gelingen, die Klimakrise zu bewältigen.“

Die AWO hat sich auf ihrer Bundeskonferenz 2016 zum Pariser Klimaschutzziel und einer Begrenzung der Erderwärmung um maximal 1,5°C bekannt.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 26.11.2019

Spitzenvertreterinnen und Spitzenvertreter der Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Diakonie Deutschland, der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und einer Angehörigeninitiative haben am heutigen Montag (25. November 2019) in der Bundespressekonferenz in Berlin eine Weiterentwicklung der Pflegeversicherung angemahnt. Diese müsse dringend auf die politische Tagesordnung.

Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand:

„Arbeiten in der Altenpflege muss attraktiver werden. Die Beschäftigten brauchen gute Arbeitsbedingungen, vor allem mehr Personal und eine angemessene Vergütung für diese verantwortungsvolle und oft auch körperlich und emotional anstrengende Arbeit. Die meisten kommerziellen Anbieter verweigern Tarifverträge. Wir wollen wieder Gemeinwohl statt Hedgefonds, die auf Kosten der zu pflegenden Menschen und der Beschäftigten hohe Profite machen. Die Politik hat die Altenpflege dem wirtschaftlichen Wettbewerb ausgesetzt; deshalb ist die Politik auch in der Verantwortung, die unsägliche Entwicklung zu stoppen und die Beschäftigten vor Ausbeutung zu schützen.“

Wolfgang Stadler, Vorsitzender des Vorstandes des AWO-Bundesverbandes:

„Schon heute leidet die Pflegebranche unter einem akuten Fachkräftemangel. Viele junge Menschen sehen ihre Zukunft nicht in der Pflege, weil soziale Berufe in Wertschätzung und Bezahlung weit abgehängt sind. Es darf nicht sein, dass eine Arbeit an Maschinen bei gleicher Qualifikation höher angesehen ist und deutlich besser bezahlt wird als die Arbeit mit Menschen. Wir können den Fachkräftemangel nur bekämpfen, wenn wir die Pflegeberufe aufwerten und besser bezahlen. Das Pflegelöhneverbesserungsgesetz, das kürzlich erst verabschiedet wurde, ebnet den Weg für einen bundesweiten, allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die Pflegebranche.“

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Die Pflegeversicherung muss reformiert werden. Das bekannteste Problem sind die immer weiter steigenden Eigenanteile, die im Pflegeheim bezahlt werden müssen. Insgesamt steigen die Kosten für die Pflege, aber die Leistungen der Pflegeversicherung sind gedeckelt. Lohnerhöhungen und Qualitätsverbesserungen in der Pflege müssen heute vollständig von den pflegebedürftigen Menschen finanziert werden oder vom Sozialamt, wenn die Eigenmittel aufgebraucht sind. Die Pflegeversicherung muss deshalb zu einer bedarfsdeckenden Sozialversicherung ausgebaut werden. Die begründeten Kostensteigerungen für die Pflege müssen von der Pflegeversicherung finanziert werden. Die pflegebedürftigen Menschen übernehmen einen begrenzten und kalkulierbaren Eigenanteil.“

Klaus Hommel, Angehörigeninitiative „Eigenanteile der Pflegekosten in Seniorenheimen senken“:

„Pflegebedürftige müssen jede kleine Verbesserung finanzieren: durch höhere Versicherungsbeiträge und durch höhere Eigenanteile, die immer weiter steigen. Diese Situation ist für uns untragbar, denn Pflegebedürftigkeit darf nicht ins Sozialamt führen. Wir wollen gute Löhne für die Pflegekräfte und eine gute Pflege; das muss von allen mitfinanziert werden. Wir wollen, dass die Eigenanteile der Pflegebedürftigen sofort gesenkt und mittelfristig durch eine Pflegebürgervollversicherung abgeschafft werden. Die Bundesregierung muss umgehend einen Zeitplan für die Einführung einer zukunftsorientierten Pflegeversicherung vorlegen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 25.11.2019

Deutscher Familienverband (DFV), Verbraucherverbände und Gewerkschaften veröffentlichen gemeinsames Positionspapier.

Bezahlbarer Wohnraum ist in Ballungsräumen zur umkämpften Mangelware geworden. „Überhöhte Mietpreise drängen Menschen zunehmend an den Rand der Existenz. Insbesondere Familien haben unter explodierenden Mieten zu leiden. Es findet sich kaum noch bezahlbarer Wohnraum für eine Familien mit zwei, drei oder vier Kindern“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes.

Der DFV fordert mit mehreren Verbraucherverbänden und Gewerkschaften Reformen, damit Wohnen wieder bezahlbar wird. Das heute veröffentlichte Positionspapier der insgesamt 13 Organisationen nennt hierzu konkrete Vorschläge.

In Zeiten einer aufgeheizten Wohnraumdebatte haben Mieter- und Vermieterverbände, Verbraucherorganisationen und Gewerkschaften eine gemeinsame und zugleich differenzierte Position in zentralen Fragen des bezahlbaren Wohnraums gefunden.

„Der sich selbst regulierende Wohnmarkt hat versagt“, so Heimann. „Wir brauchen Mechanismen, die Mietpreisspekulationen verhindern, das Wohnen im ländlichen Land fördern, die Bau- und Nebenkosten senken und Haus- und Wohneigentum effektiv unterstützen.“

Im Positionspapier (Download) finden sich konkrete Forderungen des Deutschen Familienverbandes, der Verbraucherverbände und Gewerkschaften.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 14.11.2019

Am 3. Dezember ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung. Anlässlich dessen sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Kinder mit Behinderung und ihre Eltern brauchen eine gute Unterstützung von Anfang an – und das möglichst unkompliziert. Behinderte Kinder und ihre Eltern haben Anspruch auf unterschiedliche Hilfen wie Frühförderung, Reha oder auch Umbaumaßnahmen in der Wohnung. Sie brauchen auch Begleitung und Unterstützung in Fragen des Aufwachsens von Kindern und der Erziehung. Der Weg dahin ist aber oft weit und mit großen Hürden verbunden. Wenn Kinder mit einer Behinderung zur Welt kommen oder durch Unfall oder Krankheit behindert werden, gerät das Leben der ganzen Familie aus dem Lot. Die Eltern sind besonders gefordert. Was sie in dieser Situation am wenigsten brauchen, sind unnötige Bürokratie und wechselnde Ansprechpartner und Zuständigkeiten in einem undurchsichtigen Dschungel an Hilfen. Für sie darf nicht das dringlichste Problem sein, ob eine Leistung von der Krankenkasse, dem Jugendamt oder dem Sozialamt übernommen wird. Wir brauchen eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe, mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit und Hilfen für die Familien aus einer Hand. Für behinderte Kinder und ihre Familien darf der Weg hin zu einem selbstbestimmten Leben nicht zu einem Irrweg werden, auf dem die wichtige Förderung der Kinder und die Begleitung der Eltern auf der Strecke bleiben."

Hintergründe zu Frühförderung bietet ein Wissen kompakt der Diakonie unter https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/fruehfoerderung/

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 02.12.2019

Auf Grund der heute bekanntgewordenen Bestrebungen im Bundesarbeitsministerium, die vom Bundesverfassungsgericht festgelegte Sanktionsgrenze zu unterlaufen, erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik:

"Bei der Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils muss es darum gehen, die Einhaltung der sozialen Menschenrechte besser zu gewährleisten, nicht darum, Schlupflöcher für möglichst drastische Sanktionen zu suchen.

Das Bundesverfassungsgericht hat klipp und klar festgestellt, dass Sanktionen von mehr als 30 Prozent die Existenz gefährden, nur unter sehr engen Auflagen möglich sind und rückholbar sein müssen.

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat öffentlich versprochen, die Sanktionen zu begrenzen und sich an diese Vorgaben zu halten. Er hat versprochen, auch die Sanktionen für unter 25-Jährige zu begrenzen. Bei der Formulierung der fachlichen Weisungen durch das BMAS und die Bundesagentur für Arbeit muss diese Position ohne Abstriche deutlich werden. Dabei muss auch klar werden, dass Kürzungen an den Kosten der Unterkunft ausgeschlossen sind."

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 27.11.2019

– Zivilgesellschaftliche Organisationen aus Frankreich, Italien, Polen und Deutschland präsentieren Forderungskatalog für neue EU-Kommission

– EU-Kommission muss Menschenrechtsverletzungen von EU-Staaten abstellen

– Unterzeichner fordern EU-weiten Flüchtlingsstatus

– Bündnis verlangt von EU-Institutionen und Regierungen Eintritt in "postpopulistisches Zeitalter und Rückkehr zu vernünftiger Sachpolitik"

Europa braucht einen Neustart seiner Asyl- und Migrationspolitik auf der klaren Grundlage geltender Konventionen und Grundrechte. Dies fordert ein breites Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Kommunen aus Frankreich, Italien, Polen und Deutschland in einem Aktionsplan, der Montag in Berlin vorgestellt wurde. Das bedingungslose Recht auf faire Asylverfahren, die uneingeschränkte Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und weiterer Menschenrechtsinstrumente sowie eine gerechte Aufteilung der Verantwortung zwischen den Mitgliedsstaaten müssten in aller Entschiedenheit durchgesetzt werden. Vor genau 20 Jahren sei auf dem Rat im finnischen Tampere eine gemeinsame EU-Politik nach diesen Kriterien feierlich eingeläutet worden – die neue EU-Kommission müsse ihr nun neues Leben einhauchen. Das Bündnis fordert die europäischen Institutionen und Regierungen wörtlich dazu auf, "in ein postpopulistisches Zeitalter einzutreten und mit Gelassenheit und Augenmaß zu einer vernünftigen Sachpolitik zurückzukehren."

Der 5-Punkte Plan sieht die EU-Kommission in der Pflicht, die Einhaltung der EU- Asylgesetze sicherzustellen und Menschenrechtsverletzungen durch EU-Staaten abzustellen. Außerdem müsse ein neues Zuständigkeitssystem entwickelt werden, das berechtigte Interessen von Asylsuchenden berücksichtigt. Nur so könne Sekundärmigration verhindert werden. Zudem fordern die Organisationen ein vorläufiges, freiwilliges Umverteilungs-Programm und einen EU-weiten Flüchtlingsstatus, der eine frühe Freizügigkeit ermögliche.

Dazu erklärt Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland: "Wir müssen an die Aufbruchstimmung im finnischen Tampere anknüpfen: Wir brauchen eine auf Menschenrechten und Flüchtlingsschutz basierte Asyl- und Migrationspolitik, die von allen Mitgliedstaaten getragen wird. Wir erwarten von der Kommission, dass sie als Hüterin der EU-Verträge die verheerende Situation für Asylsuchende an den Außengrenzen abstellt. Außerdem sollte die Kommission bei Überlegungen für eine Reform von Asylzuständigkeiten von einer verpflichtenden Prüfung von sicheren Drittstaaten für Asylsuchende Abstand nehmen, wie es derzeit für syrische Antragsteller in Griechenland der Fall ist. Dies sendet ein falsches Signal an diejenigen Länder, die viel größere Zahlen von Flüchtlingen aufnehmen als die EU."

Ellen Ueberschär, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, unterstreicht: "Dieser Berliner Aktionsplan ist ein deutlicher Appell an die neue Kommission. Die Blockaden in der Europäischen Asyl- und Migrationspolitik müssen jetzt überwunden werden, ein Weiter-So darf es hier nicht geben.

Zivilgesellschaftliche Akteurinnen und Akteure sowie Kommunen, die vorangehen und sich in diesem Bereich engagieren wollen, müssen jetzt europäisch gestärkt statt behindert oder sogar kriminalisiert werden. Es braucht dringend eine menschenwürdige und auf den Rechtsgrundsätzen und -prinzipien der Europäischen Union basierende gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik."

Für Thierry Le Roy, Präsident der französischen Organisation France Terre d’Asile, kommt es dabei insbesondere auf das deutsch-französische Tandem an:

"Frankreich und Deutschland müssen nun in einem ersten Schritt gemeinsam vorangehen und eine Koalition der Gleichgesinnten bilden, um das elendige Sterben im Mittelmeer und die menschenunwürdigen Irrfahrten der sogenannten Dubliners zu beenden. Der Malta-Mechanismus ist dafür ein erster notwendiger Schritt, reicht dafür aber noch nicht aus. Dem deutsch-französischen Tandem kommt eine besondere Bedeutung dabei zu, die neue Kommission darin zu unterstützen, eine gemeinsame Europäische Asyl- und Migrationspolitik im Sinne unseres Berliner Aktionsplanes voranzubringen. Diese richtet sich in besonderer Weise auch an die Regierungen in Paris und Berlin."

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. und Heinrich-Böll-Stiftung vom 25.11.2019

Der Bundesvorstand der SPD hat heute einen Vorschlag zur Einführung einer Kindergrundsicherung beschlossen. Dazu sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Wir begrüßen den Vorstoß der SPD für eine einheitliche Kindergrundsicherung. Wenn die SPD das bisherige Nebeneinander von Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag und Kinderregelsatz beenden und eine einheitliche, existenzsichernde Leistung für alle Kinder schaffen will, sollte sie allerdings den ganzen Weg gehen – und nicht auf halber Strecke stehen bleiben.

Denn das bisherige Nebeneinander verschiedener Unterstützungswege darf nicht durch neue bürokratische Hürden abgelöst werden. Das Misstrauen gegenüber den Eltern muss beendet werden.

Deshalb wäre die Zusammenfassung der kindbezogenen Leistungen in eine Pauschale der richtige Schritt."

Hintergrund: Der Bundesvorstand der SPD hat heute sein Konzept für eine sozialdemokratische Kindergrundsicherung beschlossen. Die Diakonie Deutschland setzt sich seit längerem für diesen Schritt ein und begrüßt daher das Vorhaben.

Sie erhofft sich davon ein Ende des Wirrwarrs von Hin- und Rückrechnungen zu Lasten der Familien durch die verschiedenen Leistungsträger. Sie erwartet eine größere Klarheit über Leistungsansprüche, die die Familien haben.

Zugleich weist sie daraufhin, dass bei der Finanzierung der Leistung die Kinder im Fokus stehen müssen und es nicht nur um einen Ausgleich zwischen armen und reichen Familien, sondern auch zwischen Haushalten mit und ohne Kindern gehen muss.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 25.11.2019

Die Diakonie will Geschlechtergerechtigkeit und Vielfalt in ihren Einrichtungen und Diensten stärken. Dazu hat sie eine repräsentative Erhebung unter den diakonischen Einrichtungen und Angeboten sowie Landes- und Fachverbänden durchgeführt. Mit dem Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Diakonie gibt es erstmalig verlässliche Zahlen darüber, wie Frauen und Männer in Führungspositionen, Aufsichts- und Entscheidungsgremien vertreten sind. Zudem zeigt die Erhebung die Zusammensetzung der Mitarbeitenden in der Diakonie – sowohl hinsichtlich des Geschlechts als auch weiterer Vielfaltskriterien.

"Geschlechtergerechtigkeit darf in unseren diakonischen Einrichtungen und Diensten kein Lippenbekenntnis bleiben", sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie.

"Zwar sind von unseren rund 600.000 fest angestellten Mitarbeitenden mehr als drei Viertel weiblich. Auf der Führungsebene und in Gremien haben aber auch wir deutlichen Nachholbedarf."

Bereits 2016 hatte sich die Diakonie durch ihren Corporate Governance Kodex das Ziel gesetzt, eine geschlechtergerechte Zusammensetzung von Gremien, Organen und Leitungsstellen zu erreichen. Dazu soll bis 2026 ein Mindestanteil von jeweils 40 Prozent Frauen und Männern umgesetzt sein. "Durch den Gleichstellungsatlas haben wir erstmals ein genaues Bild davon, wie Gleichstellung und Diversität innerhalb der Diakonie bereits umgesetzt sind", sagt Lilie. Der Atlas zeige auch, wo erheblicher Nachholbedarf bestehe und Bemühungen gezielt verstärkt werden müssen. "Die Ergebnisse sind eine gute Grundlage dafür, die Chancengerechtigkeit in unseren Einrichtungen und Diensten zu verbessern. Wir werden dieses Ziel nun in einer konsequenten und effektiven Strategie verankern und entsprechende Vorschläge entwickeln, welche Maßnahmen von der Diakonie Deutschland sowie den Landes- und Fachverbänden zu ergreifen sind", betont der Diakonie-Präsident.

Der Atlas zeigt, dass institutionalisierte Gleichstellungsarbeit und Maßnahmen zur Verankerung strukturierter familienorientierter Personalpolitik ersten Eingang in die Tätigkeit der diakonischen Organisationen gefunden haben.

Deutlich werden jedoch auch geschlechtsspezifische Ungleichheiten: Frauen sind in diakonischen Aufsichts- und Entscheidungs-Gremien sowie Leitungspositionen noch unterrepräsentiert, obwohl 77 Prozent der Mitarbeitenden weiblich sind. Der durchschnittliche Frauenanteil in der obersten Leitungsebene (Vorstände, Geschäftsführungen) von Einrichtungen der Diakonie lag 2018 bei 31 Prozent, unter den Vorsitzenden dieser obersten Leitungsebene beträgt er 25 Prozent. Der durchschnittliche Frauenanteil in Aufsichtsräten von Einrichtungen der Diakonie lag 2018 bei durchschnittlich 29 Prozent.

Auch Voll- und Teilzeitbeschäftigung sowie Einkommen sind geschlechtsspezifisch ungleich verteilt: So sind 55 Prozent aller Mitarbeitenden der Diakonie Frauen, die in Teilzeit arbeiten. Männer sind in der obersten Gehaltsklasse am stärksten vertreten im Vergleich zu den anderen Gehaltsklassen. Insgesamt 75 Prozent der Mitarbeiterinnen der Diakonie üben Tätigkeiten aus mit den zwei niedrigsten Anforderungsniveaus – also Hilfs- und Anlerntätigkeiten sowie fachlich ausgerichtete Tätigkeiten. Bei den männlichen Mitarbeitenden sind es 63 Prozent.

Die repräsentative Erhebung unter diakonischen Einrichtungen und Diensten sowie Landes- und Fachverbänden wurde 2018 vom Berliner Forschungsinstitut House of Research im Auftrag der Diakonie Deutschland durchgeführt. Erhoben wurden erstmals geschlechtsdifferenzierte Daten zur Repräsentanz von Frauen und Männern in Führungspositionen, Entscheidungs- und Aufsichtsgremien und in Mitarbeitendenvertretungen in der Diakonie, zum Stand institutionalisierter Gleichstellungsarbeit und zu Maßnahmen familienorientierter Personalpolitik.

Gleichzeitig enthält der Atlas auch eine Bestandsaufnahme der Beschäftigtenstruktur nach Geschlecht und anderen Diversitätskriterien.

Den Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Diakonie 2019 finden Sie unter www.diakonie.de/gleichstellungsatlas/

Den Diakonischen Corporate Governance Codex finden Sie unter www.diakonie.de/diakonie-corporate-governance-kodex/

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 12.11.2019

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) ernennt Prof. Dr. Ursula Nelles, 1. Vorsitzende des Verbands von 1997 bis 2001 zur Ehrenpräsidentin. Die Urkunde wird im Rahmen eines strafrechtlichen Symposiums anlässlich ihres 70.

Geburtstags mit anschließendem Empfang zu ihren Ehren an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster überreicht. Die Laudatio hält Elisabeth Kotthaus.

Dazu erklärt die Präsidentin des djb Prof. Dr. Maria Wersig: "Das Wirken von Ursula Nelles hat viele Frauen inspiriert. Sie hat es ermöglicht, dass heute in Strafrechtswissenschaft und -praxis nicht nur viele Frauen erfolgreich tätig sind, sondern dass Genderperspektiven im Strafrecht, zum Beispiel die Probleme beim Schutz vor sexualisierter Gewalt, ein selbstver-ständlicher Bestandteil des Fachs und auch der Rechtspolitik sind. Es gibt noch viel zu tun auf dem Gebiet der Gleichstellung von Frauen – die Hartnäckigkeit von Ursula Nelles, verbunden mit Sachlichkeit und höchster Kompetenz ist vielen Weggefährtinnen und den nachfolgenden Juristinnengenerationen ein Vorbild.«

Im djb wirkte Ursula Nelles von 1995 bis 1997 und von 2002 bis 2005 als Vorsitzende der Strafrechtskommission. In ihre Amtszeit fiel unter anderem die Einführung der Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe. Als 1. Vorsitzende des djb setzte sie sich unter anderem für eine europaweite Vernetzung von Juristinnenvereinigungen ein und initiierte die Gründung der Europäischen Juristinnenvereinigung (European Women Lawyers Association, EWLA), deren Gründungsvorsitzende sie war.

Anlässlich des Symposiums finden sich viele wissenschaftliche und rechtspolitische Wegbegleiterinnen von Professorin Nelles in Münster ein.

__________________________

Prof. Dr. Ursula Nelles, geboren 1949 in Münster, studierte Rechtswissenschaften in Münster. Nach Promotion 1980, Habilitation 1990 und Lehrstuhlvertretungen in Münster und Hamburg sowie einer Gastdozentur an der niederländischen Universität Nijmegen wurde sie 1991 als Professorin für Strafrecht und Strafprozessrecht an die Universität Bremen berufen. 1994 erfolgte der Ruf an die Westfälische Wilhelms-Universität in Münster. Dort war sie Direktorin des Instituts für Kriminalwissenschaften, von 2004 bis 2006 Dekanin der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und von 2006 bis zu ihrem Ruhestand 2016 Rektorin.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 29.11.2019

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt die Abwahl des AfD-Abgeordneten Brander vom Amt des Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Bundestags durch die Mitglieder des Rechtsausschusses. Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb, betont: "Worte haben Macht, Hass und Hetze sind keine Meinung. Demokratie muss wehrhaft sein! Mit der Abwahl Brandners hat der Rechtsausschuss gezeigt, dass sie es ist."

Die Abwahl entspricht der gemeinsamen Forderung des djb und des Deutschen Anwaltvereins (DAV) vom 15. Oktober 2019. Damals war Brander als Rechtsausschussvorsitzender untragbar geworden, weil er in mehreren beim Kurznachrichtendienst Twitter gesendeten Botschaften den rechtsextremen Anschlag am 9. Oktober 2019 in Halle / Saale verharmloste und antisemitische Äußerungen reproduzierte. Bereits im Frühjahr 2018 hatten der djb und der DAV dazu aufgerufen, Brandner nicht zum Vorsitzenden des Rechtsausschusses zu bestimmen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 13.11.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk startet heute eine Social-Media-Kampagne zu Persönlichkeitsrechten von Kindern in Sozialen Medien. Die Kampagne hat das Ziel, Erziehende für das Mitbestimmungsrecht von Kindern zu sensibilisieren, wenn sie Fotos ihrer Kinder online teilen. Die Kampagne unter dem Motto #DenkenFragenPosten arbeitet mit sechs prägnanten, animierten Motivserien und entsprechenden Claims. Diese Motive werden über einen Zeitraum von ca. drei Wochen vor allem auf Facebook und Instagram geschaltet und führen die Nutzerinnen und Nutzer auf eine Landing-Page (www.dkhw.de/DenkenFragenPosten) mit Informationen rund um den verantwortungsbewussten Umgang mit Kinderfotos in Sozialen Medien. Dabei wird insbesondere darauf hingewiesen, dass die Kinder altersgerecht in die Entscheidung, ob ein Bild oder Video online gepostet wird, eingebunden werden müssen. Wie das aussehen kann, zeigen Tipps mit konkreten Hilfestellungen für Eltern von Kindern verschiedener Altersgruppen.

"Kinder gehören in die Mitte unserer Gesellschaft, und müssen auch im Internet und den Sozialen Medien sichtbar sein. Es geht uns also nicht darum, Kinderfotos im Internet zu verbieten, sondern wir möchten Eltern und andere Erwachsene dafür sensibilisieren, dass sie Fotos und Videos von Kindern nicht ungefragt veröffentlichen oder verbreiten – Kinder haben schließlich auch Persönlichkeitsrechte! Und auch das Recht auf Mitbestimmung ist hier ganz wesentlich. Wir dürfen dabei die Eltern nicht im Regen stehen lassen. Oft brauchen Erwachsene Unterstützung beim verantwortungsvollen Umgang mit Kinderfotos im Internet. Wer Kinderfotos und Videos online veröffentlicht oder teilt, muss sich bewusst sein, dass das keine leichtfertige Entscheidung sein darf. Denn es kann eine Entscheidung sein, die auch Jahre später noch unangenehme und unerwünschte Folgen für das Kind haben kann. Welche Fotos und Videos im Internet landen, muss also sehr verantwortungsvoll entschieden werden. Und genau dabei muss das Kind mit einbezogen werden. Denn es hat das Recht, aktiv mitzubestimmen, ob, wie und mit wem ein Foto oder Video von ihm geteilt wird – es geht schließlich um das Kind", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Wir sehen aber auch die Anbieter von Social-Media- und Messengerdiensten in der Verantwortung. Diese müssen dafür sorgen, dass es für Nutzerinnen und Nutzer einfach auffindbare und verständliche Hinweise zu Fragen des Rechts am eigenen Bild und des Schutzes personenbezogener Daten von Kindern gibt. Zudem sollten Social-Media- und Messengerdienste ihre Strategien, Produkte und Voreinstellungen auch an kinderrechtlichen bzw. kinder- und jugendmedienschutzrechtlichen Maximen ausrichten und ,Safety by Design‘ zum Standard machen. Bei der anstehenden Novellierung des Jugendschutzgesetzes müssen auch diese Aspekte in den Fokus gerückt werden", so Krüger.

Die Social-Media-Kampagne erfolgt im Rahmen eines Projektes der Koordinierungsstelle Kinderrechte des Deutschen Kinderhilfswerkes. Die Koordinierungsstelle Kinderrechte begleitet die Umsetzung der aktuellen Strategie des Europarates für die Rechte des Kindes (Sofia-Strategie 2016-2021) und wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 25.11.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte zur Modernisierung des Strafverfahrens das Vorhaben der Bundesregierung, die Rechte von Kindern und Jugendlichen in Justizverfahren zu stärken. Zugleich plädiert die Kinderrechtsorganisation für weitergehende Änderungen, um eine kindgerechte Justiz nach den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention zu garantieren. Dafür sollte ein eigenständiges Vorrang- und Beschleunigungsgebot in Strafverfahren mit minderjährigen Opferzeuginnen und -zeugen in der Strafprozessordnung festgeschrieben werden, um dem Kindeswohlvorrang gemäß der UN-Kinderrechtskonvention in Strafverfahren Rechnung zu tragen.

Außerdem fordert das Deutsche Kinderhilfswerk eine bundesweite Verpflichtung zur Fortbildung für alle Richterinnen und Richter, die in ihren Verfahren mit Kindern zu tun haben. Dabei sollen die für den kindgerechten Umgang mit minderjährigen Opferzeuginnen und -zeugen erforderlichen Kompetenzen vermittelt werden, denn vom Verhalten der vernehmenden Richterinnen und Richter hängt entscheidend ab, wie Kinder das Verfahren erleben. Bisher gibt es eine Fortbildungspflicht lediglich in drei Bundesländern (Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt). Zudem sollten richterliche Videovernehmungen bei minderjährigen Opfern von Sexualdelikten und anderen schweren Gewalttatbeständen zum bundesdeutschen Standard werden.

"Minderjährige Opferzeuginnen und -zeugen sind besonders schutzbedürftig. Der Staat hat deshalb in besonderem Maße darauf zu achten, dass durch das Strafverfahren Kinder und Jugendliche nicht erneut zum Opfer gemacht werden. Deshalb brauchen wir ein Vorrang- und Beschleunigungsgebot, durch das die Belastungen eines Strafverfahrens so weit wie möglich minimiert werden, natürlich unter Wahrung des Rechts des oder der Angeklagten auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren. Tatsächlich dauern viele Verfahren derzeit zu lang, nicht selten mehrere Jahre. Das muss sich ändern, auch um zu garantieren, dass kindliche Opferzeuginnen und -zeugen so früh wie nötig mit einer Therapie beginnen können. Denn davon wird während eines andauernden Strafverfahrens häufig abgeraten, um die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeuginnen und Zeugen nicht zu gefährden. Das aber ist ein Verstoß gegen die Kinderrechte", betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Wir sehen in der Praxis, dass nur an wenigen Gerichten von der Möglichkeit der richterlichen Videovernehmung von kindlichen Opferzeuginnen und -zeugen im Ermittlungsverfahren Gebrauch gemacht wird. Es besteht mithin ein gravierendes Umsetzungsdefizit der bisher als Soll-Vorschrift ausgestalteten Regelung. Zumeist sind noch nicht einmal die technischen und räumlichen Voraussetzungen geschaffen, um eine solche Vernehmung durchzuführen. Deshalb ist es richtig und wichtig, hier eine Muss-Vorschrift zu verankern und diese auch mit entsprechenden Mitteln zu hinterlegen. Diese Muss-Vorschrift sollte sich nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes nicht auf Sexualdelikte beschränken, sondern auch weitere schwere Gewalttatbestände umfassen", so Lütkes weiter.

Neben der bundesweiten Verpflichtung zur Fortbildung für alle Richterinnen und Richter, die in ihren Verfahren mit Kindern zu tun haben, tritt das Deutsche Kinderhilfswerk dafür ein, Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Schwerpunktgerichte für Jugendschutzverfahren bei der Strafjustiz zu schaffen. Denn bei mehr als 750 Amts- und Landgerichten kann nicht jede Richterin oder jeder Richter in allen Spezialgebieten zu Hause sein. Durch die Spezialisierung bestimmter Gerichte muss nicht jedes einzelne Amts- und Landgericht die Ressourcen für die Videovernehmung und die Schulungen der Richterinnen und Richter aufbringen. Daher wäre es ratsam, diese Verfahren über Gerichtsbezirksgrenzen hinweg zu konzentrieren – wie man es aus dem Wirtschaftsstrafrecht oder bei Staatsschutzsachen kennt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 15.11.2019

In Stuttgart versammelten sich am 20. November, dem Tag der Kinderrechte, 150 Menschen – zwei Drittel davon Kinder –, um für die Umsetzung der UN-Kinderrechte zu demonstrieren. Drei Organisationen – der Kinderschutzbund Stuttgart, die element-i Bildungsstiftung sowie MACH DICH STARK – Die Initiative für Kinder im Südwesten – riefen im Vorfeld zum Protestmarsch auf und stellten zum Abschluss auf dem Kronprinzplatz gemeinsam mit dem Jugendamt, der World Childhood Foundation und dem Mobifant die Rechte der Kinder vor.

„Das Übereinkommen der Vereinten Nationen (UN) über die Rechte der Kinder ist genau 30 Jahre alt. Gemeinsam haben wir in dieser Zeit viel für Kinder erreicht, es liegt aber noch ebenso viel Arbeit vor uns“, betonte Waltraud Weegmann, Geschäftsführerin der element-i Bildungsstiftung, die die Demonstrationsteilnehmerinnen und -teilnehmer in der Stuttgarter Innenstadt begrüßte und die wichtigsten Kinderrechte in Erinnerung rief. „Mit unserem Demonstrationszug möchten wir die Öffentlichkeit auf die Kinderrechte aufmerksam machen, denn wer diese Rechte nicht kennt, kann sie im Alltag auch nicht bewusst beachten“, ergänzte sie.

Demonstrationszug für Kinderrechte

„Kein Kind soll Angst haben müssen!“, „Ich beschütze meine Freunde“, „Kinder sollen Essen und Trinken haben“, „Erziehung ohne Gewalt“, „Kein Kind soll allein sein müssen“, „Hört hin: Kinderstimmen ernst nehmen!“ oder „Jedes Kind soll spielen dürfen!“. Diese und weitere Aufforderungen zierten die selbst gemalten Transparente, welche von den Kindern und Erwachsenen erstellt und mitgebracht wurden. Unter lautem Trillerpfeifenkonzert und mit Sprechchören wie „Kinder haben Rechte“ zogen die Protestierenden damit zum Kronprinzplatz.

„Kinderrechte ins Grundgesetz“

Die Stuttgarter Kinderbeauftragte Maria Haller-Kindler bedankte sich für die Mitwirkung von Kindern und Erzieherinnen und Erziehern aus Stuttgarter Kitas. „30 Jahre Kinderrechte: Das ist ein Grund zu feiern und auf die Straße zu gehen“, sagte sie. „Doch nicht alle halten sich an die Kinderrechte. Das muss sich ändern. Kinderrechte gehören ins Grundgesetz. Dafür müssen wir hier so viel Lärm machen, dass wir bis nach Berlin zu hören sind.“

Recht auf elterliche Fürsorge

Drei Institutionen und Organisationen hatten zur Kinderrechte-Demonstration aufgerufen. Zusammen mit drei Weiteren bauten sie Stände auf, informierten über ihr Engagement und luden die Kinder zum Spielen und Mitmachen ein. Der Deutsche Kinderschutzbund stellte das Recht der Kinder auf Fürsorge in den Fokus. „In vielen Lebenssituationen, zum Beispiel bei Trennung oder Scheidung, sind Eltern überfordert und können sich nicht angemessen um ihre Kinder kümmern. Wir machen uns für bessere Hilfesysteme stark, die Mütter und Väter so unterstützen, dass Kinder gut aufwachsen können“, erklärte Annika Matthias vom Ortsverband Stuttgart des Deutschen Kinderschutzbundes.

Recht auf Bildung

Nebenan am Stand der element-i Bildungsstiftung drückten Kinder ihre Daumen auf farbige Stempelkissen und gestalteten damit ein weißes Stofflaken. Wer des Schreibens mächtig war, konnte das Kinderrecht, das ihm besonders wichtig ist, an einer Wand notieren. „Uns liegt das Recht auf eine gute Bildung besonders am Herzen“, sagte Waltraud Weegmann. „Wir fordern, dass Kinder in unserem Bildungssystem besser als bisher allen Kindern gleichermaßen gute Chancen eröffnet und Kitas und Schulen Orte sind, an denen sie ihre Potenziale voll entfalten können.“

Recht auf Schutz vor sexueller Ausbeutung und Missbrauch

Alexander Ruf von Childhood, einer von Königin Silvia von Schweden vor 20 Jahren gegründeten Stiftung, sagte: „Unser Thema ist der Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch und die Hilfe für betroffene Kinder. Aktuell fördern wir in Deutschland die Entstehung sogenannter Childhood-Häuser. Das sind kindgerechte Einrichtungen in denen Experten aus Justiz, Polizei, Medizin und Jugendamt unter einem Dach zusammenarbeiten und den betroffenen Kindern helfen. Es schützt die betroffenen Kinder davor, immer wieder mit neuen Menschen und in unterschiedlichen Umgebungen über die sexuelle Gewalt, die sie erleben mussten, sprechen zu müssen.“

Recht auf einen angemessenen Lebensstandard

Das Netzwerk „MACH DICH STARK. Die Initiative für Kinder im Südwesten“ bündelt die Kraft von derzeit 23 Partnerinnen und Partnern, Verbänden, Stiftung und Organisationen, um gemeinsam die strukturellen Ursachen von Kinderarmut zu bekämpfen. „In Baden-Württemberg ist derzeit jedes fünfte Kinder von Armut betroffen oder armutsgefährdet. Das beeinträchtigt ihre Chancen. Talente verkümmern, Selbstvertrauen schwindet. Armut setzt sich fort. Diesen Kreislauf müssen wir durchbrechen“, sagte Julia Zeilinger von der Caritas, die das Netzwerk ins Leben rief. „Dafür machen wir uns als Lobby für Kinder gemeinsam stark!“

Recht auf Meinungsäußerung, Information und Gehör

Am Stand des Jugendsamt der Stadt Stuttgart präsentierte Ulrike Tamme die Kinderrechtezeitung. „Viele Jungen und Mädchen haben ein Bild gemalt zu dem Kinderrecht, das für sie am wichtigsten ist. Das Recht auf Spielen, Freizeit und Ruhe bearbeiteten die Kinder am häufigsten, dicht gefolgt von dem Recht auf Bildung und dem auf Familie und elterliche Fürsorge“, erläuterte Ulrike Tamme, die gleich darauf wieder ihr Kinderrechte-Quizrad bediente und einem achtjährigen Mädchen die Frage stellte: „Dürfen Kinder ihre Meinung sagen?“ Folgende Antwortmöglichkeiten standen zur Wahl: 1. Ja, wenn es ihre Eltern erlauben., 2. Nein, denn die Meinung von Kindern ist nicht wichtig. und 3. Ja, denn die Meinung von Kindern ist genauso wichtig wie die von allen anderen. „Drei“, rief das Mädchen, ohne lange überlegen zu müssen. Für die richtige Antwort durfte sie sich einen Luftballon oder einen Bleistift mitnehmen. Zwei andere Kinder saßen unterdessen konzentriert an einem Tischchen und schrieben Kinderrechte-Postkarten, die Ulrike Kieninger direkt mit einer Briefmarke versehen und in einen kleinen Pappbriefkasten geworfen hat.

Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung

Den größten Platz beanspruchte das Spielmobil Mobifant für sich. Das Team hatte allerhand Spielgeräte ausgepackt: Hütchen, Seile und Ringe, Kullerkreisel, Fahrgeräte, Balancierspiele und große hölzerne Brettspiele. „Wir stehen hier für das Recht der Kinder auf Spiel und Freizeit“, sagte Saskia Gompf von Mobifant, einer Dienstleistung der Stuttgarter Jugendhaus Gesellschaft. „Wir fahren sonst Spielplätze und Schulhöfe an und sind auch auf Stadtteilfesten präsent.“ Die Pädagogin kritisierte, dass die Freiräume für Kinder in unserer Gesellschaft immer kleiner würden. „‘Freilaufende Kinder‘ gibt es quasi kaum noch“, weiß sie. Zunehmende Ganztagsschulen und durchorganisierte kindliche Tagesabläufe mache sie dafür verantwortlich. Das Recht der Kinder auf Freizeit, die sie spontan und selbstbestimmt nach den eigenen Bedürfnissen gestalten könnten, komme dabei oft zu kurz.

Mit der Aktion rückten die Veranstalter die wichtigsten Kinderrechte – Rechte der Kinder auf elterliche Fürsorge, auf gerechte Bildungschancen, auf Schutz vor sexualisierter Gewalt, auf einen angemessenen Lebensstandard, auf Meinungsäußerung sowie auf Freizeit, Spiel und Erholung – in den Mittelpunkt.

Wer sich noch einmal genauer mit den UN-Kinderrechten befassen möchte, findet unter www.element-i-bildungsstiftung.de/kinderrechte eine Linkliste mit Kinderrechte-Informationen für Erwachsene und Kinder.

Linkliste der beteiligten Organisationen:

Quelle: Pressemitteilung element-i Bildungsstiftung vom 25.11.2019

Jedes Jahr am dritten Freitag im November rufen DIE ZEIT, Stiftung Lesen und Deutsche Bahn Stiftung dazu auf, ein Zeichen für das Vorlesen zu setzen. Am 15. November 2019 ist es wieder so weit. Zahlreiche Initiativen, Einzelpersonen, Firmen, Verbände, Vereine, Bibliotheken und viele andere beteiligen sich an der Aktion.

Erfreulicherweise mehren sich die Einrichtungen und Initiativen, die an diesem Tag mehrsprachig Begeisterung für Lesen und Vorlesen wecken wollen.

„Deutschland versteht sich noch immer mehrheitlich als einsprachig. Das macht es zwei- und mehrsprachigen Kindern schwer, bildungssprachliche Kompetenzen zu entwickeln. Mehrsprachige Vorleseangebote und Geschichten erzählen unterstützen die Kompetenzen der Kinder“, betont Maria Ringler, Bildungsreferentin beim Verband binationaler Familien und Partnerschaften. Sie verweist auf die Arbeitshilfe des Verbandes, die dabei unterstützt, Vorleseangebote mehrsprachig zu gestalten. „Gerade beim Vorlesen wecken wir Begeisterung, bringen Kinder früh mit Büchern in Kontakt und vermitteln damit einen Zugang zu Wissen und Kultur. Davon profitieren alle Kinder – auch die Einsprachigen,“ so Ringler.

Seit einigen Jahren veröffentlicht der Verband auch Elternbroschüren zu mehrsprachiger Erziehung, die zweisprachig in das Thema einführen. Mittlerweile gibt es die Broschüren in 12 Sprachen.

Mehr Informationen zu Mehrsprachigkeit auf der Seite des Verbandes unter http://www.mehrsprachigvorlesen.verband-binationaler.de/

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V. vom 14.11.2019

Menschen mit Armutserfahrung sind politisch schlechter repräsentiert, Politik wird größtenteils ohne sie gemacht. Die Betroffenen wollen das ändern. Beim „Treffen der Menschen mit Armutserfahrung“ fordern sie: Die politische Teilhabe von Menschen, die in Armut leben, muss gestärkt werden.

Zum mittlerweile 14.-mal richtet am 18. und 19. November 2019 die Nationale Armutskonferenz (nak) in Berlin das Treffen der Menschen mit Armutserfahrung aus.

Das diesjährige Treffen stellt die Frage nach „Anspruch und Wirklichkeit – Wie gelingt Teilhabe für alle?“ Im Rahmen des zweitägigen Programms mit Workshops, Podiumsdiskussionen, Vorträgen und in Gesprächen mit Politiker*innen stehen die Perspektiven von Menschen mit Armutserfahrung im Mittelpunkt (hier der Link zum Programm).

Der Diskurs um Armut in Deutschland wird um die Expert*innenperspektive der Betroffenen bereichert. Hierzu erklärt der Sprecher der nak Gerwin Stöcken:

„Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet kommen einmal im Jahr in Berlin zusammen. Die Treffen der Menschen mit Armutserfahrung bilden das Herzstück der Tätigkeiten der nak. Durch die Treffen werden politische Partizipation, Information, Austausch und Vernetzung von Menschen ermöglicht, deren demokratische Teilhabe durch Armutslagen erschwert ist. Das Treffen ist Impulsgeber, um für die Problemlagen der Menschen zu sensibilisieren und daraus resultierend politische Handlungsbedarfe sichtbar zu machen. Mit diesem Auftrag bringt sich die Nationale Armutskonferenz in den politischen Prozess ein. Es muss ein Umdenken in der Armutspolitik geben. Menschen in Armut dürfen nicht länger ohne politisches Gewicht bleiben.“

Gerwin Stöcken: „Armut ist ein Symptom gesamtgesellschaftlicher Probleme und nicht in erster Linie individuelles Verschulden“, betont Stöcken, „deshalb streitet die Nationale Armutskonferenz für ein menschenwürdiges Miteinander. Sie verleiht Menschen mit Armutserfahrung eine Stimme und ermöglicht es ihnen, ihre Perspektive als Expert*innen in eigener Sache in den armutspolitischen Diskurs einzubringen. Dabei ist die Nationale Armutskonferenz stets am Puls der Zeit, ist mutig und oft auch unbequem“, so Stöcken weiter.

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 18.11.2019

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 05. Dezember 2019

Veranstalter: Deutsches Kinderhilfswerk e.V

Ort: Berlin

Das Deutsche Kinderhilfswerk veranstaltet am 05. Dezember 2019 in Berlin den Fachtag „Kinderrechte, Vielfalt und Mitbestimmung in der Kita“. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen die Fragen, wie sich kinderrechtsbasierte Demokratiebildung erfolgreich in der Praxis von Kindertageseinrichtungen verankern lassen, und wie es gelingt, die Eltern und Familien der Kinder dabei gut einzubinden. Der Fachtag, den das Deutsche Kinderhilfswerk in Kooperation mit dem Institut für Partizipation und Bildung (Kiel) und dem Institut für den Situationsansatz (Berlin) veranstaltet, richtet sich vor allem an Mitarbeitende von Institutionen, Organisationen, Verbänden, Fach- und Hochschulen und Einrichtungen, die im Arbeitsfeld der frühen Bildung, Betreuung und Erziehung in Kindertageseinrichtungen tätig sind.

„Kinderrechte müssen in den Kindertageseinrichtungen zu einer Selbstverständlichkeit werden. Zudem muss es im Kita-Alltag auch darum gehen, ein demokratisches Miteinander von Anfang an zu fördern, in dem Vielfalt wertgeschätzt wird und das alle Kinder aktiv mitgestalten können. Denn ein solches Bildungsumfeld wirkt sich positiv auf die Identitätsentwicklung von Heranwachsenden aus. In einer Kita, in der die pädagogische Arbeit konsequent an den Rechten der Kinder orientiert ist, erleben Kinder, dass sie selbstwirksam sind, in ihrer Individualität wertgeschätzt werden und dass Diskriminierungen jeglicher Art keinesfalls in Ordnung sind. Wir müssen die Entwicklung der demokratischen Kompetenzen von Kindern von klein auf fördern und sie in ihrem Aufwachsen als offene, selbstwirksame und einander wertschätzende Individuen begleiten“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Seit 2017 hat das Deutsche Kinderhilfswerk im Rahmen des Projekts „bestimmt bunt – Vielfalt und Mitbestimmung in der Kita“ deutschlandweit zehn Kindertageseinrichtungen zu den Themen Kinderrechte, Vielfalt und Mitbestimmung fortgebildet und in ihrer Umsetzungsarbeit begleitet. Die Kita-Qualifizierungen wurden im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert. Der Fachtag stellt den fachlichen Abschluss des Projekts dar und bietet die Gelegenheit, die Projektergebnisse und vielfältigen Erfahrungen, die in Zusammenarbeit mit den Modelleinrichtungen in den vergangenen Jahren gesammelt wurden, darzustellen und mit einem breiten Fachpublikum zu diskutieren.

Nähere Informationen zum Fachtag und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es unter https://doo.net/veranstaltung/40807/buchung. Der Fachtag wird im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

AUS DEM ZFF

Anlässlich der veröffentlichten Eckpunkte des SPD-Konzeptes für eine sozialdemokratische Kindergrundsicherung begrüßen die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) die Reformideen als richtungsweisend.

Das durch den SPD Parteivorstand vorgestellte Konzept einer „sozialdemokratischen Kindergrundsicherung“ baut auf zwei Säulen auf: Auf der einen Seite steht der Ausbau sozialer Infrastruktur für die bessere Teilhabe von Kindern und Jugendlichen vor Ort, auf der anderen Seite soll eine existenzsichernde Leistung für Kinder, die bisherige Familienleistungen zusammenführt, einfacher und sozial gerechter ausbezahlt werden. Perspektivisch wird eine Neuberechnung des Existenzminimums von Kindern angestrebt.

Hierzu erklärt der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler: Das vorgelegte Konzept einer sozialdemokratischen Kindergrundsicherung weist den richtigen Weg und zeigt, wie die Bekämpfung der Kinderarmut in unserem Land gelingen kann: Nur in der Verbindung von guter und armutssensibler Infrastruktur für Kinder und Jugendliche vor Ort mit einer Geldleistung, die den Mindestbedarf für alle sicherstellt, haben die Familien die Chance, ihren Kindern ein gutes Aufwachsen in Wohlergehen zu ermöglichen. Und das ist dringend nötig: Jedes fünfte Kind wächst in Deutschland armutsgefährdet auf und ist damit einem größeren Risiko ausgesetzt, weniger an unserer Gesellschaft teilhaben zu können und schlechtere Zukunftschancen zu haben – materiell, gesundheitlich, sozial und in der Bildung. Dies bestätigt auch die kürzlich veröffentlichte AWO-ISS Langzeitstudie. Wir müssen den Zusammenhang von Armut und mangelnder Teilhabe für Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft endlich durchbrechen! Ernsthaftes Handeln ist von Seiten der Bundesregierung hier längst überfällig.“

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, fährt fort: „In jedem fünften Kinderzimmer unseres Landes spielt die Armut mit und dies trotz wirtschaftlich guter Rahmenbedingungen. Gleichzeitig leisten wir es uns, Familien mit höheren Einkommen für ihre Kinder über die Steuer deutlich stärker zu entlasten, als wir am unteren Einkommensrand über das Kindergeld fördern. Mit dieser Ungerechtigkeit muss endlich Schluss sein und das System der Familienförderung gehört „vom Kopf auf die Füße“ gestellt. Das Konzept einer sozialdemokratischen Kindergrundsicherung schlägt hier wichtige und richte Schritte vor. Gleichzeitig nimmt die SPD mit dem Einbezug des Kinderfreibetrages aus dem Steuerrecht und der Forderung nach einer Neubemessung des Existenzminimums unsere Forderung, dass jedes Kind gleich viel wert sein soll, endlich ernst. Auch wenn das SPD Konzept wesentliche Bausteine einer Kindergrundsicherung enthält, wie sie von einem breiten Bündnis seit 2009 gefordert wird, muss dringend darauf geachtet werden, dass die neue Geldleistung nicht hinter dem Status quo zurückfällt. Schon heute bekommen Familien, die vom Kinderzuschlag und Kindergeld profitieren, 408 Euro und damit das sächliche Existenzminimum ausbezahlt. Hinter dieser Höhe dürfen wir keinesfalls zurückbleiben!“

Als AWO und ZFF fordern wir gemeinsam mit vielen weiteren Verbänden seit nunmehr 10 Jahren eine Kindergrundsicherung, die das System der Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ stellt, alle Kinder als gleichwertig anerkennt und ihnen das gleiche Existenzminimum zugesteht, welches neben dem Grundbedarf auch gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. und AWO Bundesverband e. V. vom 21.11.2019

AKTUELLES

"Entlastung gesucht – Gute Politik für Frauen mit geringem Einkommen" heißt die veröffentlichte FES-Studie, die Sie hier kostenlos downloaden und/oder als Druckexemplar bestellen können: https://www.fes.de/gute-politik-fuer-frauen-mit-geringem-einkommen

Frauen mit geringem Einkommen sind in der Regel in Erwerbsverhältnissen, die von „guter Arbeit“ weit entfernt sind. Das bedeutet zum einen, dass jeder Cent zählt, besonders für die Mütter unter ihnen. Zum anderen ist die Vereinbarkeit des Jobs mit der Fürsorge für Kinder oder für ältere Angehörige noch schwieriger. Die notwendige Zeit(souveränität) fehlt, und das Einkommen reicht oft nicht aus für private Betreuungsangebote. Für alleinerziehende Frauen kommt erschwerend hinzu, dass finanzielle Engpässe oder Fürsorgebedarfe nicht partnerschaftlich aufgefangen werden können. Was kann Politik tun, um Frauen mit geringem Einkommen zu entlasten? Die Autor_innen der Studie formulieren – basierend auf einer qualitativen und quantitativen Befragung von über 2.000 Frauen mit Kindern und ohne Kinder mit geringem Einkommen – konkrete Handlungsempfehlungen.

Hier auch die Berichterstattung im Tagesspiegel: https://www.tagesspiegel.de/politik/studie-ueber-frauen-mit-prekaeren-einkommen-lebensentwuerfe-weichen-stark-von-der-realitaet-ab/25266842.html

Auf der Seite der Familienforschung BW finden Sie die Vorträge und Impulse der beiden Veranstaltungstage sowie einige Bilder der Veranstaltung:

https://www.statistik-bw.de/FaFo/Analysen/Hohenheimer_Tage_DOK_2019-10-22.jsp

Auf der Seite der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart ist ein Tagungsbericht hinterlegt: https://www.akademie-rs.de/vrueck_22434

Partizipation ist ein wesentlicher Bestandteil im Integrationsprozess. Partizipation bedeutet Teilhabe und Inklusion in die verschiedenen gesellschaftlichen Lebensbereiche. Partizipation stärkt die Selbstwirksamkeit der Individuen und fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Doch was verstehen wir eigentlich unter Partizipation? Welche Form der Partizipation ist überhaupt möglich, wenn nicht alle die gleichen Rechte bzw. Zugänge zu Rechten und Möglichkeiten der Teilhabe haben? Wie kann Partizipation dennoch gestärkt werden?

Diese Fragen und Erkenntnisse aus der Projektarbeit im Bereich des Empowerments mit geflüchteten Frauen und anderen schutzbedürftigen Personen standen im Fokus eines Fachtags am 18. Oktober 2018 in Berlin. Auf Einladung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege kamen rund 100 Fachkräfte, Aktivist*innen und Geflüchtete zusammen und tauschten sich über gelungene Ansätze und Rahmenbedingungen der Empowermentarbeit mit geflüchteten Frauen aus.

Die Erkenntnisse und Anregungen aus den Workshops und Vorträgen sind in der vorliegenden Publikation zusammengefasst. Deutlich werden dabei die große Bedeutung von Partizipation und Teilhabe, aber auch bestehende Hürden und Herausforderungen. Zusätzlich werden viele Handlungsempfehlungen für eine Stärkung partizipativer Ansätze in der Arbeit mit geflüchteten Frauen beschrieben. Das Impulspapier möchte damit Anregungen für die Projektpraxis geben und zu weiterer Reflexion und Diskussion anregen.

Seit 2016 fördert die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Projekte im Bereich der Empowermentarbeit mit geflüchteten Frauen und anderen schutzbedürftigen Personen, darunter auch ein Projekt der Arbeiterwohlfahrt mit aktuell 11 bundesweiten Standorten.Ziel der Projekte ist die Förderung von Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Teilhabe von geflüchteten Frauen und anderen schutzbedürftigen Personen.

Das Impulspapier "Partizipation in der Arbeit mit geflüchteten Frauen" kann auf der Homepage der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege heruntergeladen werden (PDF): BAGFW Impulspapier Partizipation in der Arbeit mit geflüchteten Frauen

Kategorien
ZFF-Info

ZFF-Info 18/2019

SCHWERPUNKT I: Sanktionen teilweise verfassungswidrig

Sinnlose, unwürdige und besonders harte Sanktionen in der Grundsicherung sind nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Das urteilte gestern das Bundesverfassungsgericht und unterstützt damit die Haltung der SPD.

„Jeder und jede hat das Recht, auf Augenhöhe und mit Respekt behandelt zu werden. Das gilt auch und ganz besonders für die Menschen, die auf staatliche Hilfen angewiesen sind. Die Haltung der SPD ist deshalb schon lange klar: Vorrangiges Ziel ist, Menschen in Arbeit zu bringen. Dabei müssen wir aber auf Unterstützung und Ermutigung setzen, nicht auf Bevormundung und unsinnige Strafen. Niemand soll befürchten müssen, in die Obdachlosigkeit sanktioniert zu werden.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts begrüßen wir, denn es schafft Rechtssicherheit: Mitwirkungspflichten dürfen verlangt werden – aber sie müssen verhältnismäßig sein. Wenn Pflichten zur Mitwirkung verletzt werden, dürfen die Leistungen höchstens um 30 Prozent gekürzt werden. In Härtefällen muss es den Jobcentern auch möglich sein, von einer Sanktion abzusehen. Außerdem muss jeder und jede die Möglichkeit haben, seine Mitwirkungspflicht nachträglich zu erfüllen, sodass Sanktionen dann wieder zurückgenommen werden können.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat gestern angekündigt, schon im Januar einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem das Urteil umgesetzt wird. Das Gesetz wird dazu beitragen, unser Sozialsystem weiter zu verbessern – hin zu einem partnerschaftlichen Sozialstaat auf Augenhöhe. Denn wir wollen, dass die Menschen sich in jeder Lebensphase darauf verlassen können, dass sie Unterstützung bekommen, wenn sie sie brauchen – und dabei auch mit Respekt behandelt werden.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 06.11.2019

Zum heutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu Hartz IV-Sanktionen erklärt SvenLehmann, Sprecher für Sozialpolitik:

Dieses Urteil ist ein Etappensieg für die sozialen Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger. Das Bundesverfassungsgericht tut damit das, wozu der Großen Koalition seit Jahren der politische Wille fehlt. Es schiebt der völlig aus dem Ruder gelaufenen Sanktionspraxis der Jobcenter einen Riegel vor. Die aktuell 5,4 Millionen Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, werden damit endlich besser vor drastischen Kürzungen ihrer Existenzsicherung geschützt.

Das Gericht hat klargestellt: Die Bundesregierung darf nicht länger trödeln, sondern muss unverzüglich handeln. Als Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen haben wir für die morgige Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales einen Bericht von der Bundesregierung verlangt.

Die Frage der Sanktionierung bleibt aber eine politische Frage, die der Bundestag als Gesetzgeber zu entscheiden hat. Es muss jetzt unverzüglich um Reformen gehen, die unseren Sozialstaat modernisieren und die auf individuelle Förderung und Motivation setzen statt auf Drohen und Bestrafen.

Wir Grüne halten an unserer Forderung nach einer sanktionsfreien Garantiesicherung fest. Es ist menschenunwürdig und eine arbeitsmarktpolitische Sackgasse, Leistungsberechtigte mit Druck und Zwang erziehen zu wollen. Sanktionen sind das falsche Instrument, um Menschen bei der Jobsuche zu unterstützen. In der Situation, in der sich viele Arbeitssuchende befinden, sind Anerkennung, individuelle Unterstützung und Motivation entscheidend. Sanktionen dagegen sind für ein Kooperations- und Vertrauensverhältnis im Beratungsprozess kontraproduktiv. Die pauschale Kürzung des Existenzminimums bringt die Betroffenen in existentielle Schwierigkeiten und geht oftmals mit psychischen Belastungen, Verschuldung, Misstrauen oder auch einem Rückzug aus dem Beratungsproz ess einher. Die mit den Sanktionen verbundenen sozialen Härten sind auch angesichts der Tatsache höchst bedenklich, dass viele Sanktionen zu Unrecht ausgesprochen und deshalb von den Sozialgerichten wieder zurückgenommen werden.

Wir brauchen kleinere Betreuungsschlüssel in den Jobcentern, bessere Hinzuverdienstregeln sowie einen Rechtsanspruch auf individuelle Qualifizierung und Weiterbildung. Es ist bedauerlich, dass Union und SPD mehrheitlich diesen Weg noch nicht gehen wollen. Wir werden deswegen in dieser Frage weiter Druck machen – im Bundestag und im Bündnis mit vielen Verbänden, Gewerkschaften und Initiativen. Kürzungen unter das Existenzminimum müssen endlich ein Ende finden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 05.11.2019

„Das ist wirklich ein bemerkenswertes Urteil. Es gibt Rückenwind für den weiteren politischen Kampf für Sanktionsfreiheit. Ein Quantensprung für soziale Grundrechte“, erklärt Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE und Parteivorsitzende, zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vereinbarkeit von Sanktionen gegen Hartz-IV-Beziehende mit dem Grundgesetz. Kipping weiter:

„Das Bundesverfassungsgericht hat heute erklärt, dass Totalsanktionen, Sanktionen, die die Hartz-IV-Sätze um mehr als 60 Prozent mindern, und Sanktionen, die eine besondere Härte darstellen bzw. eine starre Dauer haben, mit der Menschenwürde und dem Sozialstaatsprinzip unvereinbar sind. Weiter heißt es im Urteil: Die Menschenwürde muss man sich nicht erarbeiten. Damit wird den geltenden Sanktionsregeln ein Riegel vorgeschoben.

Dieser Erfolg wiegt umso schwerer, als Karlsruhe sich mit politischen Vorgaben zurückhält und lediglich die Verfassungsmäßigkeit prüft. Als LINKE werden wir nun der Bundesregierung und konkret Sozialminister Hubertus Heil auf die Finger schauen, dass die Umsetzung umgehend erfolgt. Zugleich geht der Kampf um politische Mehrheiten für die vollständige Sanktionsfreiheit und die Überwindung von Hartz IV weiter. Die gute Nachricht ist: Wir werden dabei immer mehr!“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 05.11.2019

Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Hartz-IV-Sanktionen erklärt der sozialpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Pascal Kober:

„Das Urteil bestätigt den Grundsatz des Förderns und Forderns. Die Erwartungen, die der Sozialstaat an Hartz-IV-Bezieher richtet, sind zumutbar. Sanktionen sind auch ein Zeichen der Fairness gegenüber denjenigen, die täglich zur Arbeit gehen und mit ihren Steuern Hartz IV finanzieren. Das Urteil sollte jetzt genutzt werden, um weitergehende Reformen anzugehen. Die FDP-Fraktion setzt sich dafür ein, dass Sanktionen aufgehoben werden, sobald Betroffene ihre Verpflichtungen nachgeholt haben. Engagement muss anerkannt werden und für die Zukunft motivieren. Außerdem sollten die Sanktionsregeln für junge Hartz-IV-Empfänger unter 25 Jahren angepasst werden: Im Sanktionsfall müssen unmittelbar psychosoziale Angebote der Jugendhilfe oder des Jobcenters gemacht werden. Denn junge Menschen dürfen dem Sozialstaat durch Sanktionen nicht verloren gehen. Zudem müssen die Zuverdienstgrenzen bei Hartz IV verbessert werden, damit Arbeit auch finanziell einen Unterschied macht.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 05.11.2019

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass langfristige Leistungskürzungen beim Bezug von ALG II teilweise verfassungswidrig sind und abgemildert werden müssen. Dazu erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber wieder einmal die rote Karte gezeigt und unter anderem die Vollsanktionierung für verfassungswidrig erklärt. Das Grundgesetz schützt diejenigen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Gut so! Wir haben schon lange gefordert, dass die Vollsanktionen abgeschafft werden müssen. Durch das heutige Urteil fühlen wir uns darin bestätigt: Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil eine klare Aussage getroffen. Die derzeitige Sanktionspraxis ist unverhältnismäßig und nicht geeignet, Menschen dauerhaft in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Es braucht eine Grundsicherung, die unterstützt und fördert, statt zu gängeln. Wir fordern den Gesetzgeber auf, jetzt den gegebenen Handlungsspielraum zu nutzen – und zwar auch bei der Ausgestaltung der ungleich schärferen Sanktionen gegenüber Menschen unter 25 Jahren.“

Die besonders strengen Sanktionen gegen Menschen unter 25 Jahren waren zwar kein Gegenstand des Urteils, die Verfassungswidrigkeit von Kürzungen über 30% hat aber in der Konsequenz Folgen für die Rechtmäßigkeit der Sanktionspraxis bei Menschen unter 25 Jahren.

Wolfgang Stadler: „Es darf hier keine Ungleichbehandlung geben! Für alle Leistungsbezieher gilt gleichermaßen: Menschen brauchen keinen existenzbedrohenden Druck, sondern Unterstützung und Stabilisierung ihrer Lebensverläufe!“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 05.11.2019

In einer gemeinsamen Erklärung fordern die Arbeiterwohlfahrt, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Diakonie Deutschland und der Paritätische Wohlfahrtsverband gemeinsam mit weiteren Partnern, Verbänden und Organisationen, die bestehenden Sanktionsregelungen im Hartz-IV-System aufzuheben und ein menschenwürdiges System der Förderung und Unterstützung einzuführen. Anlass ist die Urteilsverkündung des Bundesverfassungsgerichts am 5. November 2019 zur Frage, ob die bestehenden Sanktionen, die bis zum vollständigen Entzug der Leistungen einschließlich der Miete reichen können, verfassungsgemäß sind. Das Gericht hatte über den Fall eines Arbeitslosen aus Erfurt zu urteilen, der mit 234,60 Euro im Monat weniger auskommen sollte, weil er ein Jobangebot abgelehnt und Probearbeit verweigert hatte.

Die Unterzeichnenden sind sich einig: Es darf keine Kürzungen am Existenzminimum geben. Durch Sanktionen werde das Lebensnotwendige gekürzt und soziale Teilhabe unmöglich gemacht, erklären die Unterzeichner, zu denen auch 50 Einzelpersonen aus Verbänden, Organisationen und Parteien gehören. Die Politik ist schon lange in der Verantwortung, das Hartz-IV-System so zu ändern, dass die Würde der Leistungsbezieher geachtet und nicht durch Sanktionen beeinträchtigt wird.

"Die Grundsicherung soll das Existenzminimum abdecken, also das zum Leben unbedingt Notwendige", sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. "Wer mit Sanktionen das Lebensnotwendige kürzt, nimmt existentielle Not in Kauf. Die Diakonie setzt sich für ein sicheres Existenzminimum ein, für alle Menschen!"

"Sanktionen führen zu Leid und dazu, dass Menschen sich zurückziehen", sagt Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. "Sie entspringen einer längst überwundenen Rohrstockpädagogik des vergangenen Jahrhunderts. Sie sind deshalb komplett und ersatzlos zu streichen."

"Die Sanktionen in ihrer jetzigen Form tragen nicht dazu bei, den Menschen eine Perspektive auf ein selbstbestimmtes Leben zu eröffnen", sagt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, "Und gerade die verschärften Sanktionen bei den Unter-25-Jährigen sind kontraproduktiv: Sie treiben junge Menschen ins Abseits. Wir wollen eine Grundsicherung, die unterstützt und fördert, statt zu gängeln!"

Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied des DGB sagt dazu: "Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts sind immer nur verfassungsrechtliche Grenzen, über die der Gesetzgeber auch hinausgehen kann. Denn nicht alles, was unsere Verfassung vielleicht gerade noch so zulässt, ist auch im Interesse von Arbeitsuchenden und Beschäftigten. Und längst nicht alles, was gut und richtig ist wie beispielsweise der Mindestlohn, ergibt sich aus der Verfassung. Der Gesetzgeber kann und muss sicherstellen, dass das Existenzminimum durch Sanktionen nicht unterschritten wird."

Hintergrund:

Im bestehenden Sanktionsrecht ist jede Arbeit zumutbar – auch prekäre Arbeitsverhältnisse. Sanktionen haben negative soziale Folgen. Sie schaden der sozialen und beruflichen Eingliederung. Die Folgen sind Verschuldung, soziale Isolierung, massive gesundheitliche und psychische Belastungen bis hin zu drohender Wohnungslosigkeit. Der Kontakt zum Jobcenter wird teilweise abgebrochen; das Hilfesystem erreicht die Betroffenen nicht mehr. Jedes Jahr sind acht Prozent der Leistungsberechtigten von Sanktionen betroffen.

Zur Gemeinsamen Erklärung (PDF).

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 05.11.2019

Hierzu kommentiert das ZFF:

Ein Minimum darf nicht weiter gekürzt werden!

Heute hat das Bundesverfassungsgericht in einem wegweisenden Urteil Hartz-IV-Sanktionen teilweise für verfassungswidrig erklärt. Für das ZFF ist das ein Schritt in die richtige Richtung.
Im Vorfeld des Urteils hat sich ein breites Bündnis aus Verbänden, Organisationen und Einzelpersonen auf eine Erklärung verständigt und fordert, die bestehenden Sanktionsregelungen im Hartz-IV-System aufzuheben und ein menschenwürdiges System der Förderung und Unterstützung einzuführen. Auch das ZFF unterstützt die Erklärung und damit auch die Arbeit des "Bündnis für ein menschenwürdiges Existenzminimum"!

Das Bundesverfassungsgericht hat heute in einem Urteil entschieden, dass Sanktionen bei Hartz IV teilweise verfassungswidrig sind. Maximal 30 Prozent reduzierte Leistungen sind möglich, alles darüber Hinausgehende ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

Zu diesem Urteil sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Das Urteil setzt Sanktionen endlich klare Grenzen. Es ist nicht beliebig, ob und wie der Gesetzgeber die Existenz sichert. Jetzt muss er seinen Gestaltungsrahmen voll ausschöpfen. Das Umsetzen von Mindestanforderungen des Gerichts reicht nicht. Existenzsicherung und Kürzungen am Minimum sind ein offener Widerspruch. Dieser Knoten muss endlich aufgelöst werden."

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 05.11.2019

Anlässlich der heutigen Urteilsverkündung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Zulässigkeit der Sanktionen im SGB II erklärt der Sprecher der Nationalen Armutskonferenz (nak) Gerwin Stöcken: Nach fast 15 Jahren Sanktionspraxis im SGB II begrüßen wir, dass das BVerfG das Sanktionsregime endlich verfassungsgerichtlich beurteilt und die Kürzungen über 30 % für verfassungswidrig erklärt hat. Wir fordern aus Respekt vor dem Gericht und den Menschen die Jobcenter auf, dies in der Anwendung konsequent umzusetzen “, betont der Sprecher der nak.

Nicht verfassungsgemäß sind nach dem BVerfG daher alle Kürzungen, die mehr als 30 % des Regelsatzes betreffen. Zumutbar ist eine Leistungsminderung in dieser Höhe aber nur, wenn in einem Fall außergewöhnlicher Härte von der Sanktion abgesehen werden kann und die Minderung nicht unabhängig von der Mitwirkung der Betroffenen starr drei Monate andauert.

„Das heutige Urteil hat erhebliche Relevanz für die Lebenssituation von fast 6 Millionen Menschen im Hartz IV-Bezug. Wir freuen uns deshalb, dass das BVerfG Farbe bekannt und Flagge gezeigt hat gegen die derzeitige Sanktionspraxis im SGB II. Die bisherige Praxis im SGB II ist nicht geeignet, eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt zu gewährleisten. Sanktionen führen vielmehr zu Verschuldung, Obdachlosigkeit und einer immer weiteren Entfernung vom Arbeitsmarkt“, bekräftigt Gerwin Stöcken.

„Wir erwarten nunmehr, dass der Gesetzgeber seine Hausaufgaben macht und die Sanktionen im SGB II deutlich beschränkt. Gefordert ist vielmehr ein Kurswechsel im SGB II-Regime. Beschäftigungs- und Sozialpolitik sollte auf Sanktionen und Druck verzichten und die Motivation und Selbstbestimmung der Menschen unterstützen. Nur so kann Arbeit eine positive Rolle im Leben der Betroffenen einnehmen, anstatt prekäre Beschäftigung zu befördern.

Zum Hintergrund:

Nach den Erwägungen des BVerfG steht es dem Grundgesetz nicht entgegen, an der Überwindung der eigenen Hilfsbedürftigkeit selbst aktiv mitzuwirken. Diese Mitwirkungspflicht darf der Gesetzgeber auch durch belastende Sanktionen durchsetzen. Die derzeitige Ausgestaltung schafft allerdings eine außerordentliche Belastung, welche den strengen Anforderungen der Verhältnismäßigkeit nicht gerecht wird.

Die Nationale Armutskonferenz ist Mitunterzeichnerin der gemeinsamen Erklärung des Bündnisses für ein menschenwürdiges Existenzminimum. Die gemeinsame Pressemitteilung des Bündnisses finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 05.11.2019

SCHWERPUNKT II: AWO-ISS-Langzeitstudie Kinderarmut

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung der AWO-ISS-Langzeitstudie „Armut im Lebensverlauf. Kindheit, Jugend und junges Erwachsenenalter“ und der aus den Studienergebnissen abgeleiteten politischen Handlungsempfehlungen der Arbeiterwohlfahrt weist das ZFF darauf hin, dass bessere Zukunfts- und Teilhabechancen für Kinder und Jugendliche keine Utopie bleiben dürfen, sondern endlich Realität werden müssen!

Das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) erforscht seit 22 Jahren im Auftrag des AWO Bundesverbandes die Lebenslagen und Zukunftschancen von (armen) Kindern in Deutschland. Mit der vorliegenden fünften Erhebungsphase liegen nun Lebensverläufe von armen und nicht-armen Menschen vor, die Ende der 1990er Jahre Kindertageseinrichtungen der AWO besucht haben. Damit werden erstmals Forschungsdaten vorgestellt, die Langzeitwirkungen von Armut bis ins junge Erwachsenenalter nachvollziehen und Risiko- und Schutzfaktoren für ein gesundes Aufwachsen aller Kinder und Jugendlichen detailliert darstellen. Aus der Studie ergeben sich konkrete, am Lebensverlauf der Kinder und Jugendlichen orientierte, Handlungsempfehlungen.

Hierzu erklärt Christiane Reckmann, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF): "Nachhaltige Armutsprävention und nicht nur die Abmilderung von Armutsfolgen muss eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe sein. Viele junge Erwachsene, die schon in ihrer Kindheit mit Armutserfahrungen gemacht haben, fällt es sehr schwer, zentrale Entwicklungsaufgaben wie ein gelingender Übergang von Schule in den Beruf, die Loslösung vom Elternhaus oder die Familiengründung zu bewerkstelligen. Sie sind damit schlecht gerüstet, um dem Teufelskreis der Armut zu entkommen und ein selbstbestimmtes Leben aufzubauen.

Die Studienergebnisse zeigen aber auch, dass ein Aufwachsen aller Kinder und Jugendlichen in Wohlergehen keine Utopie sein muss! Vor allem inner- und außerfamiliäre Unterstützungsstrukturen und –ressourcen sind entscheidend, um Armutsverläufe zu durchbrechen.

Auf Grundlage dieser Forschungsergebnisse formuliert der AWO Bundesverband Handlungsempfehlungen, die u. a. eine Stärkung der sozialen Infrastruktur, eine vermehrte Investition in Bildung und eine nachhaltige Integration in Ausbildung und Arbeit für alle jungen Erwachsenen beinhaltet. Auch wird die Forderung nach einer Reform der Kinder- und Familienförderung und damit die Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung verstärkt. Ein Konzept für das sich AWO und ZFF gemeinsam mit dem Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG seit 2009 einsetzen.

Armut und Ausgrenzung dürfen Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung und Entfaltung nicht beeinträchtigen. Das ZFF wird daher weiterhin lautstark und mit Nachdruck dafür einstehen, dass bessere Zukunfts- und Teilhabechancen für alle Kinder und Jugendlichen endlich Realität werden!“

Die Handlungsempfehlungen des AWO Bundesverbandes sowie zentrale Studienergebnisse finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 06.11.2019

AWO-ISS-Studie: Armut in der Kindheit kann das Leben von Menschen langfristig belasten.

„Einmal arm, immer arm“ – ganz so vorgezeichnet sind Lebenswege armer Kinder nicht. Die aktuelle Auswertung der AWO-ISS-Langzeitstudie zeigt aber: Armut in der Kindheit kann das Leben von Menschen langfristig belasten.

Dazu erklärt Studienleiterin Dr. Irina Volf vom ISS Frankfurt am Main: „Die Studie zeigt: Armut in der Kindheit muss kein Lebensschicksal sein. Es gibt keinen Automatismus, der aus armen Kindern zwingend arme Erwachsene werden lässt. Aber: Viele junge Erwachsene mit Armutserfahrung entkommen der Armut nicht. Ein Drittel der armen Kinder bleibt auch im jungen Erwachsenenalter arm. Der Übergang ins junge Erwachsenenalter ist dabei ein Scheideweg im Leben dieser Menschen. Er ist eine Chance, der Armut der Familie zu entwachsen. Er kann aber auch in die weitere Armut führen.“

AWO Bundesvorsitzender Wolfgang Stadler ergänzt: „Die Studie zeigt deutlich: Übergänge sind Scheidewege. Wenn es an diesen sensiblen Übergangsphasen im Leben passende soziale Dienstleistungen und ein funktionierendes soziales Netz gibt, dann steigen die Chancen der Betroffenen, der Armut zu entkommen. Was es also braucht, ist eine stärker präventive Ausrichtung – einen Paradigmenwechsel, der Armut im Vorhinein verhindert, statt ausschließlich an individuellen Armutssymptomen herumzudoktern, die das strukturelle Problem nicht lösen. Die Studie ist ein politischer Auftrag! Uns kann es nicht zufrieden stellen, wenn in Deutschland in jedem fünften Kinderzimmer die Armut mitspielt. Damit verwehren wir jedem fünften Kind legitime Ansprüche auf Wohlergehen, Anerkennung und Zukunftschancen. Wir fordern die Einführung einer Kindergrundsicherung, einen Ausbau der sozialen Infrastruktur, Investitionen in Bildung sowie eine gezielte Unterstützung und Förderung junger Menschen beim Übergang in Ausbildung und Arbeit. Zudem müssen die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für gute und existenzsichernde Arbeit weiter verbessert werden, um Einkommens- und Familienarmut wirkungsvoll zu bekämpfen.“

Die Panelstudie ist die fünfte Phase einer seit 1997 laufenden Langzeitstudie zur Kinder- und Jugendarmut. In ihr wurde Armut im jungen Erwachsenenalter quantitativ und qualitativ untersucht. Die Ergebnisse geben Aufschluss über die Langzeitfolgen von Armut in Kindheit und Jugend.

Wolfgang Stadler: „Wir freuen uns, mit der neuen AWO-ISS-Langzeitstudie erneut einen wertvollen Beitrag zur wissenschaftlichen und politischen Diskussion leisten zu können. Ich möchte mich ganz herzlich bei den Forscherinnen und dem ISS für die produktive und freundschaftliche Zusammenarbeit bedanken. Außerdem gilt mein herzlicher Dank den vielen Studienteilnehmenden, die uns stellvertretend für Millionen junger Menschen in Deutschland Einblicke in ihre Lebenssituationen gewährt haben.“

Positionspapier: Armut im Lebensverlauf Kindheit, Jugend und junges Erwachsenenalter (PDF)

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 05.11.2019

„Keine Altersgruppe ist so sehr durch Armut bedroht wie die der jungen Erwachsenen. Allein das ist ein Skandal. Dass ausgerechnet dieser Gruppe von Seiten des Jobcenters die meisten und härtesten Sanktionen erteilt werden, schlägt dem Fass den Boden aus. Die Studie bestätigt leider die Erkenntnisse, die wir bereits aus den bloßen Statistiken zur Einkommenssituation der Haushalte ablesen können. Junge Erwachsene sind in besonderem Maße von Armut betroffen“, sagt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die aktuelle AWO-ISS-Langzeitstudie zur Kinderarmut. Müller weiter:

„Wie sich die Lage junger Menschen im Zuge der drohenden wirtschaftlichen Rezession weiter verschlechtert, wenn jetzt nicht gehandelt wird, möchte ich mir gar nicht ausmalen. Die Forderungen der AWO nach einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung unterstütze ich nachdrücklich. Aber auch Auszubildendenvergütungen und BAföG sind alles andere als armutsfest. Die Studie zeigt auch, wie wichtigdie soziale Infrastruktur für den jeweiligen Lebensweg ist. Anstatt Jugendprojekte wie in den vergangenen Jahrzehnten zu kürzen, brauchen wir eine Offensive für die Kinder- und Jugendhilfe, bei Jugendclubs, in der Beratung und Begleitung junger Menschen. Die Sanktionierung im Hartz IV- System muss endlich abgeschafft werden, so wie es auch schon die Kinderkommission des Bundestags gefordert hat.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 06.11.2019

SCHWERPUNKT III: Einigung Grundrente

„Der Grundrenten-Kompromiss ist kein sozialpolitischer Meilenstein, sondern der Rettungsring für den Fortbestand der Bundesregierung. Es ist richtig, dass es endlich einen Rentenzuschlag für Menschen mit niedrigen Löhnen geben soll. Die Einkommensprüfung ist viel zu hart und wird viele Frauen ausschließen“, erklären der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch und Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE.

Dietmar Bartsch weiter: „Wenn Hubertus Heil im Februar drei bis vier Millionen Rentner besser stellen wollte und jetzt gerade einmal 1,2 bis 1,5 Millionen einen Zuschlag erhalten, dann ist das kein sozialpolitischer Erfolg. Wieder einmal hat die SPD nicht einmal 50 Prozent dessen erreicht, was ursprünglich gewollt war. Grund ist die viel zu harte Einkommensprüfung, die Millionen ausschließt. Der Grundrenten-Streit zeigt, wir brauchen eine große Rentenreform: Altersarmut muss bekämpft werden, das Rentenniveau muss für alle steigen und alle Menschen mit Erwerbseinkommen müssen einzahlen, auch Abgeordnete, Beamte und Selbstständige.“

Matthias W. Birkwald weiter: „Union und SPD zahlen mit der Grundrente die Zeche dafür, dass sie seit den 2000er Jahren systematisch einen der größten Niedriglohnsektoren in Europa gefördert und zugelassen haben. Deshalb ist es nur gut, dass Menschen, die 35 Jahre zu miesen Löhnen arbeiten mussten, auf ein paar Euro mehr Rente hoffen dürfen und dieser Zuschlag sowie die neuen Freibeträge komplett aus Steuermitteln gegenfinanziert werden. Schlecht ist, dass durch die Einkommensprüfung und die Anhebung der Untergrenze 1,4 Millionen Menschen mit einem Federstrich von der sogenannten Grundrente ausgeschlossen wurden. (30 statt 24 Prozent des Durchschnittseinkommens entsprechen 2019 972,60 Euro statt 778,08 Euro monatlichem Bruttolohn.)“

DIE LINKE wird im Gesetzgebungsverfahren für folgende Punkte kämpfen:

– 35 Beitragsjahre sind als Hürde zu hoch. DIE LINKE fordert, dass 25 Jahre als Voraussetzung reichen mögen.

– Die Anhebung der Untergrenze an Entgeltpunkten und die Kürzung des Zuschlags um 12,5 Prozent treffen überproportional niedrige Renten und müssen beide gestrichen werden.

– Auch die Ehefrau eines gut verdienenden Mannes, die 35 Jahre zu miesen Löhnen arbeiten musste, hat sich einen Rentenzuschlag verdient. Die Einkommensprüfung ist verzichtbar. Es bleibt abzuwarten, ob sie wie angekündigt „unbürokratisch“ umzusetzen ist.

– Der Freibetrag für gesetzliche Renten in der Grundsicherung darf nicht an 35 Beitragsjahre gekoppelt werden, sondern muss für alle gesetzlichen Renten gelten und somit Riester- und Betriebsrenten gleichgestellt werden.

– Als Gegenfinanzierung für unsere Vorschläge fordern wir, dass der gesetzliche Mindestlohn sofort auf zwölf Euro brutto angehoben wird. Das würde die Kosten für die sogenannte Grundrente erheblich reduzieren und zwar zu Lasten derer, die davon profitieren – der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 11.11.2019

Anlässlich des Kompromisses zur Grundrente erklärt der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, Wolfgang Stadler:

„Mit dem gestern im Koalitionsausschuss erzielten Kompromiss zur Grundrente hat die Koalition ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Rund 1,5Millionen Rentnerinnen und Rentner, die ein Leben lang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben, werden von der Grundrente profitieren. Sie werden einen Zuschlag zu ihrer Rente erhalten, mit dem die Lebensleistungen dieser Menschen besser als bisher anerkannt werden.

Dass bei der Grundrente keine Bedürftigkeitsprüfung stattfinden wird, ist systemkonform und richtig. Die Rente ist keine Sozialhilfe, sondern der Lohn für Lebensleistung. Ob der gestern erzielte Kompromiss mit Blick auf die Einkommensprüfung diesem Anspruch gerecht wird, wird sich zeigen, wenn der Gesetzentwurf vorliegt. Ein Wermutstropfen des Entwurfs ist, dass der Freibetrag bei der Grundsicherung ebenfalls nur für langjährig Versicherte gelten soll. Der Freibetrag bei der Grundsicherung muss für alle Rentner unabhängig von ihrer Beitragszeit gelten. So wie die Rente nicht von einer Bedürftigkeit abhängig gemacht werden darf, darf die Grundsicherung nicht von Versicherungszeiten abhängig gemacht werden.

Die Bundesregierung ist aufgefordert, den Worten schnell Taten folgen zu lassen und bald einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 11.11.2019

Die Diakonie begrüßt die Einigung von SPD, CDU und CSU zur Mindestrente.

"Das ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung der Altersarmut", sagt Diakonie- Präsident Ulrich Lilie: "Die Einigung war überfällig." Die Sicherung im Alter sei eines der drängendsten Probleme im Land. "Die Menschen erwarten endlich tragbare Lösungen. Diese Existenzfragen dürfen nicht dem Profilierungsstreit der Parteien zum Opfer fallen", sagt Lilie.

Die Diakonie Deutschland begrüßt die angekündigte, unbürokratische, automatisierte Umsetzung und eine Einkommensprüfung über den Abgleich zwischen der Rentenversicherung und den Finanzämtern. Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik, erklärt: "Damit wird endlich die verdeckte Armut von Rentnerinnen und Rentnern beendet. Denn nach 35 Jahren Arbeit einen Antrag auf Sozialhilfe zu stellen ist für viele Seniorinnen und Senioren mit Scham und dem Gefühl versagt zu haben verbunden." Besonders Frauen werden von der Grundrente profitieren, die heute vier von fünf Berechtigten stellen.

"Die Grundrente ist für Frauen eine wichtige Anerkennung ihrer Lebensleistung. Sie haben Teilzeit in schlecht bezahlten Berufen gearbeitet und zugleich die Sorgearbeit in der Familie über Jahrzehnte geleistet. Sie dürfen im Alter nicht in Armut leben!" betont Loheide.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 11.11.2019

Als einen intelligenten Kompromiss begrüßt der Paritätische Wohlfahrtsverband die Einigung der Großen Koalition auf ein Grundrenten-Modell. Er mahnt an, die nach langem Ringen gefundene Lösung nun zügig umzusetzen, fordert jedoch zugleich Verbesserungen für den Kreis der Grundsicherungsbeziehenden.

"Bei aller Kritik, die man im Detail haben kann und muss: der Kompromiss zur Grundrente ist besser als man hätte erwarten dürfen. Es ist kein fauler, sondern ein intelligenter Kompromiss", so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Aus Sicht des Paritätischen stellt das Modell eine ausbaufähige Grundlage für eine echte Mindestrentenregelung dar. Kritik übt der Verband jedoch an den Plänen, unterschiedliche Freibetragsregelungen für Renteneinkünfte von Altersgrundsicherungsbeziehenden einzuführen. "Der Schritt, endlich Renteneinkünfte nicht mehr voll in der Altersgrundsicherung anzurechnen, ist überfällig und richtig. Es kann jedoch nicht angehen, dass dies nur für Grundsicherungsbeziehende mit 35 und mehr Beitragsjahren gilt. Dies ist eine nicht akzeptable Diskriminierung aller anderen Bezieherinnen und Bezieher kleiner Renten in der Grundsicherung", so Schneider. Der Paritätische fordert einheitliche Freibeträge auf Renten für alle Grundsicherungsbeziehende.

Quelle: PressemitteilungDer Paritätische Gesamtverband vom 11.11.2019

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Neue Möglichkeiten, bessere Beratung, mehr Offenheit

Mit zwei Gesetzentwürfen will die Bundesregierung die Möglichkeiten von Adoptionen und die Begleitung der daran beteiligten Familien verbessern. Das Bundeskabinett hat heute sowohl den Entwurf des Adoptionshilfe-Gesetzes aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) als auch den Gesetzentwurf zur Stiefkindadoption aus dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) beschlossen.

Adoptionshilfe-Gesetz (BMFSFJ)

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Jeden Tag werden in Deutschland zehn Kinder adoptiert – seit 1990 mehr als 150.000. Eine Adoption endet nicht mit dem gerichtlichen Adoptionsbeschluss, sondern begleitet die abgebenden Eltern, die Kinder und die Adoptivfamilien ein Leben lang. Mit unserem Adoptionshilfe-Gesetz können wir die Herkunftsfamilien und die Adoptionsfamilien so unterstützen, wie sie es brauchen. Wir sichern die gute, fachlich fundierte Beratung und Unterstützung durch die rund 400 Adoptionsvermittlungsstellen in Deutschland – und zwar vor, während und auch nach einer Adoption. Es geht sowohl um einen selbstverständlichen Umgang mit der Adoption in der Adoptionsfamilie als auch um den Austausch und Kontakt mit der Herkunftsfamilie. Wenn beides sensibel begleitet wird, kann mehr Offenheit bei einer Adoption gelingen. Das schafft Vertrauen, fördert die kindliche Entwicklung und stärkt die Familie. Am wichtigsten ist bei allem das Wohl der adoptierten Kinder. Sie sollen gut aufwachsen und ihren Weg sicher gehen.“

Das Gesetz enthält vier Bausteine, um die Adoptionshilfe in Deutschland zu verbessern:

1. Bessere Beratung aller an einer Adoption Beteiligten (vor, während und nach einer Adoption)

Ein Rechtsanspruch auf eine Begleitung auch nach der Adoption soll die gute Beratung und Unterstützung aller Menschen sichern, die an einer Adoption durch die Adoptionsvermittlungsstellen beteiligt sind. Die unterschiedlichen Phasen der Adoption werden so als Ganzes betrachtet und begleitet. Zudem wird eine verpflichtende Beratung vor einer Stiefkindadoption eingeführt. Sie soll sicherstellen, dass eine Adoption tatsächlich das Beste für das Kind ist. Außerdem werden die Adoptionsvermittlungsstellen in ihrer Lotsenfunktion gestärkt, damit die Familien die Hilfen bekommen, die sie brauchen.

2. Aufklärung und Förderung eines offenen Umgangs mit Adoption

Der Gesetzentwurf soll zu einem offenen Umgang mit dem Thema Adoption beitragen: Zum einen sollen Adoptiveltern durch die Adoptionsvermittlungsstellen ermutigt und dabei unterstützt werden, ihr Kind altersgerecht über die Tatsache ihrer Adoption aufzuklären. Zum anderen soll die Vermittlungsstelle vor Beginn der Adoptionspflege mit den Herkunftseltern und den Adoptionsbewerbern erörtern, ob und wie ein Informationsaustausch oder Kontakt zum Wohl des Kindes gestaltet werden kann. Die Herkunftseltern sollen in ihrer Rolle gestärkt werden, indem sie gegenüber der Adoptionsvermittlungsstelle einen Anspruch auf allgemeine Informationen über das Kind bekommen, welche von der Adoptivfamilie freiwillig zur Verfügung gestellt wurden. Der Schutz von Informationen, deren Weitergabe nicht gewünscht ist, bleibt weiterhin gesichert.

3. Stärkung der Adoptionsvermittlungsstellen mit einem Aufgabenkatalog und einem Kooperationsgebot

Die Adoptionsvermittlungsstellen erhalten einen konkreten Aufgabenkatalog, der Klarheit über ihre Aufgaben schafft. Ein an die Adoptionsvermittlungsstellen gerichtetes Kooperationsgebot soll den fachlichen Austausch und die Vernetzung mit den verschiedenen Beratungsstellen fördern – etwa mit der Schwangerschaftsberatung, der Erziehungsberatung und dem Allgemeinen Sozialen Dienst – damit auf die Bedürfnisse der Familien sensibel reagiert werden kann.

4. Verbot von unbegleiteten Auslandsadoptionen und Einführung eines Anerkennungsverfahrens, um Kinder zu schützen

Auslandsadoptionen sollen künftig in jedem Fall durch eine Adoptionsvermittlungsstelle begleitet werden, damit die zukünftigen Eltern auf die Herausforderungen einer Auslandsadoption vorbereitet und die Interessen der Kinder ausreichend berücksichtigt werden können. International vereinbarte Schutzstandards sollen zukünftig bei allen Auslandsadoptionen eingehalten werden. Auslandsadoptionen ohne Begleitung einer Vermittlungsstelle werden untersagt. Für mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit wird ein verpflichtendes Anerkennungsverfahren für ausländische Adoptionsbeschlüsse eingeführt.

Gesetzentwurf zur Stiefkindadoption (BMJV)

Der Gesetzentwurf zur Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien dient der Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. März 2019. Das Bundesverfassungsgericht hat im Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien einen Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot gesehen und diesen deshalb für verfassungswidrig erklärt. Zugleich hat es den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31. März 2020 eine verfassungsmäßige Neuregelung zu treffen.

Die Neuregelungen eröffnen Personen in verfestigter Lebensgemeinschaft, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, die Möglichkeit der Adoption eines Kindes ihres Partners. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft liegt nach dem Gesetzesentwurf in der Regel vor, wenn die Betroffenen eheähnlich vier Jahre zusammengelebt haben oder eheähnlich mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht: „Mit dem Gesetzentwurf wird der Kritik des Bundesverfassungsgerichts begegnet und gleichzeitig die Situation der Kinder in diesen Familien verbessert. Auch wenn der Stiefelternteil und der Elternteil nicht heiraten, soll der Stiefelternteil das Kind seines Partners oder seiner Partnerin adoptieren können, damit die betroffenen Kinder zwei rechtliche Elternteile in der Familie haben, in der sie tatsächlich leben. Die Bundesregierung hat mit ihrem Entwurf das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet; Bundestag und Bundesrat haben jetzt eine Grundlage für ihre Beratungen.“

Adoptionswesen in Zahlen
Zahl der Adoptionen im Jahr: 3.733 (2018), 3.888 (2017), 3.976 (2016), 3.812 (2015); 3.805 (2014)
Zahl der Adoptionen im Inland : 3.562 (2018), 3.662 (2017), 3.719 (2016), 3.548 (2015); 3.506 (2014)
Zahl der Adoptionen aus dem Ausland: 176 (2018), 238 (2017), 294 (2016), 314 (2015); 344 (2014)

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 06.11.2019

120 Millionen Euro für den Aus-, Um- und Neubau von Frauenhäusern und Beratungsstellen in 4 Jahren

Der Bund plant in den Jahren 2020 bis 2023 insgesamt 120 Millionen Euro in den Aus-, Um- und Neubau von Frauenhäusern und Beratungsstellen in Deutschland zu investieren. Bei der heutigen Sitzung des Runden Tisches von Bund, Ländern und Kommunen gegen Gewalt an Frauen wurden Details der Umsetzung des Investitionsprogramms durch das Bundesfrauenministerium vorgestellt und mit Ländern und Kommunen beraten. Im Januar 2020 soll das Programm starten.

Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey: „Gewalt gegen Frauen darf niemals die Oberhand gewinnen. Jede Frau in einer Notsituation muss schnelle Hilfe und Unterstützung bekommen. Bund, Länder und Kommunen sind hier gemeinsam in Verantwortung. Der Bund unterstützt ab Januar 2020 erstmalig den Ausbau von Hilfseinrichtungen mit einem Bundesinvestitionsprogramm. 120 Millionen Euro sind ein wichtiger Impuls, um Frauenhäuser und Beratungsstellen besser aufzustellen. Unser Ziel erreichen wir aber nur zusammen. Die Länder und Kommunen wissen, wo welche Ausbau-Maßnahmen sinnvoll sind und können sicherstellen, dass die Investitionen nachhaltig sind und vor Ort ankommen. Deshalb haben wir heute gemeinsam die Umsetzung des Bundesprogramms beschlossen.“

Anne Spiegel, Landesfrauenministerin in Rheinland-Pfalz und Vorsitzende der Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz der Länder (GFMK):

„Die Istanbul-Konvention ist ein Meilenstein im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen. Sie verpflichtet uns, Frauen vor allen Formen von Gewalt zu schützen. Jede dritte Frau in Deutschland wurde bereits Opfer von körperlicher oder sexualisierter Gewalt. Die Länder investieren seit Jahren in den Schutz von Frauen. So konnte ein breites Hilfesystem aufgebaut werden. Dennoch finden noch immer nicht alle Frauen die Unterstützung, die sie benötigen. Die GFMK hat sich bereits im Juni bei ihrer Hauptkonferenz dafür ausgesprochen, dass der Bund hier die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellt. Daher begrüße ich das jetzt aufgelegte Bundesinvestitionsprogramm.“

Silvio Witt, Oberbürgermeister der Stadt Neubrandenburg und Präsidiumsmitglied des Deutschen Städtetages für die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund): „Jegliche Form von Gewalt gegen Frauen ist inakzeptabel. Von häuslicher Gewalt betroffene Frauen und Kinder brauchen schnellen und unbürokratischen Schutz. Die Kommunen wollen gemeinsam mit Bund und Ländern Prävention und Hilfsangebote verbessern und ausbauen. Der Ausbau des Hilfesystems ist erforderlich, weil Frauenhäuser bundesweit überlastet sind. Deshalb muss vor allem die Finanzierung der Frauenhausplätze auf eine sichere Basis gestellt werden. Das vorgesehene Bundesförderprogramm ist ein erster wichtiger Schritt für bessere Hilfe für Frauen in Not. Auch die Städte, Landkreise und Gemeinden wollen sich an dieser Aufgabe beteiligen und mithelfen, bürokratische Hürden weiter abzubauen.“

Mit dem Bundesinvestitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ will der Bund in den Jahren 2020 bis 2023 mit jährlich 30 Mio. Euro den Aus-, Um- und Neubau sowie die Sanierung von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen fördern. So ist es in der Finanzplanung des Bundes vorgesehen. Voraussetzung ist jeweils die Zustimmung des Bundestages als Haushaltsgesetzgeber. Insgesamt gibt der Bund damit 120 Millionen Euro für eine bessere Aufstellung der Hilfestrukturen für Frauen, die von Gewalt betroffen sind.

Ziel ist, Hilfseinrichtungen besser zugänglich zu machen, insbesondere für Zielgruppen, die es bislang schwer haben, Schutz und Hilfe zu bekommen. Zum Beispiel soll mit den Bundesmitteln der barrierefreie Ausbau von Frauenhäusern gefördert werden. Außerdem sollen neue räumliche Kapazitäten und innovative Wohnformen für Frauen geschaffen werden, die von Gewalt betroffen sind und gemeinsam mit ihren Kindern Schutz suchen. Die Bauförderung soll in enger Kooperation mit den Ländern und Kommunen durchgeführt werden.

Am Runden Tisch gegen Gewalt an Frauen sind neben dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Vorsitz) und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales alle 16 Bundesländer sowie die kommunalen Spitzenverbände vertreten. Zentrales Ziel der Gespräche ist der bedarfsgerechte Ausbau der Unterstützungsangebote für gewaltbetroffene Frauen. Der Runde Tisch wird auch künftig weiterarbeiten, damit die Versorgung der von Gewalt betroffenen Frauen und ihrer Kinder weiter verbessert wird.

Das bundesweite Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen bietet unter der Telefonnummer 0 8000 116 016 rund um die Uhr, anonym und in 18 Sprachen Beratung und Vermittlung in das örtliche Hilfesystem an.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 21.10.2019

„Gute-KiTa-Vertrag“ unterzeichnet – 269 Millionen Euro Unterstützung des Bundes

Im Rahmen des „Gute-KiTa-Gesetzes“ unterstützt der Bund das Land Rheinland-Pfalz bei der Weiterentwicklung der Qualität in den rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten bis 2022 mit rund 269 Millionen Euro. Den entsprechenden Vertrag unterzeichneten heute Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey, Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig.

Bei der Unterzeichnung in der Staatskanzlei in Mainz sagte Bundesfamilienministerin Giffey: „Ich freue mich, die Landesregierung mit den 269 Millionen Euro aus dem „Gute-KiTa-Gesetz“ unterstützen zu können. Konkret investiert das Land mit den Bundesmitteln in einen besseren Betreuungsschlüssel, qualifizierte Fachkräfte und starke Kita-Leitungen. Das heißt mehr Erzieherinnen und Erzieher für die Kinder, vor allem in Kitas mit besonderen Herausforderungen. Jedes Kind hat das Recht auf die besten Startchancen, genau dafür setzt Rheinland-Pfalz die richtigen Schwerpunkte.“

Ministerpräsidentin Dreyer betonte: „Rheinland-Pfalz ist das Bildungsland. Seit zehn Jahren ist bei uns Bildung von der Kita bis zur Hochschule gebührenfrei. Wir investieren jährlich rund 4,8 Milliarden Euro in Bildung, rund jeder vierte Euro unseres Landeshaushalts fließt in Bildung. Und das zahlt sich aus. In keinem anderen Bundesland hängt der Bildungserfolg weniger von der sozialen Herkunft ab als bei uns. Das hat erst kürzlich der Bildungsmonitor 2019 belegt. Wir stehen für Durchlässigkeit, für Chancenvielfalt und für Bildungsgerechtigkeit. Und die beginnt bei den Kleinsten“, so die Ministerpräsidentin. Rheinland-Pfalz habe das Kita-Zukunftsgesetz auf den Weg gebracht, um diese Erfolgsgeschichte fortzuführen. „Wir schaffen eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, in dem es künftig einen Rechtsanspruch auf eine siebenstündige Betreuung am Stück geben wird. Zudem verbessern wir die Qualität in unseren Kitas, in dem wir mehr Personal mitfinanzieren, Zeit für Leitung und Praxisanleitung ermöglichen sowie Erzieherinnen und Erzieher entlasten“, erklärte Ministerpräsidentin Malu Dreyer weiter.

„Wir werden die Qualität in unseren Kitas weiter ausbauen. Dafür haben wir in Rheinland-Pfalz das Kita-Zukunftsgesetz erarbeitet und genau dafür werden wir auch die Gelder des Bundes einsetzen“, sagte Bildungsministerin Hubig. „Wir investieren vor allem in einen guten Betreuungsschlüssel, in qualifizierte Fachkräfte und in starke Kita-Leitungen. Wir berücksichtigen mit einem Sozialraumbudget die sozialräumlichen Besonderheiten von Kitas und ermöglichen beispielsweise Kita-Sozialarbeit oder Französisch-Sprachkräfte in grenznahen Gebieten. Wir fördern die sprachliche Bildung im Alltag, stärken die Beteiligungsstrukturen mit einem neuen Kita-Beirat, unterstützen die freien Träger mit mehr Geld zur Qualitätssicherung und alle Träger beim Ausbau der Kita-Küchen, damit sie einem Angebot mit Mittagessen angemessen entsprechen können. Jetzt gilt es, gemeinsam an der Umsetzung unseres Kita-Zukunftsgesetzes und damit verbunden des Gute-KiTa-Gesetzes in Rheinland-Pfalz zu arbeiten. Mit starken Partnern auf allen Ebenen, vom Bund bis zu den Kommunen, wird uns das gelingen.“

Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig abschließend: „Wir freuen uns über die Bereitschaft des Bundes, die Länder zu unterstützen und umfangreich in unsere Kitas zu investieren. Denn entscheidende Verbesserungen im Bereich gleichwertiger Lebensverhältnisse aller Kinder im Bundesgebiet erreichen wir nur gemeinsam. Deshalb bedanken wir uns herzlich bei Bundesfamilienministerin Franziska Giffey für dieses wichtige Gesetz.“

Das Gute-KiTa-Gesetz in Rheinland-Pfalz:

Die Mittel des „Gute-KiTa-Gesetzes“ – rund 269 Millionen Euro bis zum Jahr 2022 – investiert Rheinland-Pfalz vor allem in folgende Handlungsfelder:Guter Betreuungsschlüssel: Das Personalbemessungssystem wird von einem gruppen- auf ein platzbezogenes System umgestellt. Damit stellt das Land eine einheitliche und transparente Personalbemessung sicher. Und weil nicht alle Kitas die gleichen Herausforderungen haben, werden mittels eines Sozialraumbudgets spezifische Sozialräume bei der Personalbemessung berücksichtigt und so strukturelle Benachteiligung überwunden. Qualifizierte Fachkräfte: Die Ausbildung wird attraktiver. Durch den Ausbau der vergüteten berufsbegleitenden Ausbildung und Zeit für die Praxisanleitung von Auszubildenden. Außerdem wird den Trägern ein Anreiz gegeben, Fachkräfte auszubilden: Denn Auszubildende werden künftig nicht mehr auf den Personalschlüssel angerechnet.Starke Kitaleitung: Alle Tageseinrichtungen erhalten ein verbindliches Leitungsdeputat. Bis zu 20 Prozent der Leitungszeit kann durch qualifiziertes Verwaltungspersonal erfüllt werden. Das entlastet die Einrichtungsleitungen und eröffnet zugleich Möglichkeiten zur Professionalisierung.Kindgerechte Räume: Um einem Angebot mit Mittagessen angemessen entsprechen zu können, legt das Land ein Sachkostenprogramm zur Ausstattung von Küchen in den Tageseinrichtungen auf.Förderung sprachlicher Bildung: In Rheinland-Pfalz ist die Landesregierung überzeugt, dass Sprachbildung und Sprachförderung alltagsintegriert erfolgen müssen. Deshalb sind in jedem Platz für Über-Zweijährige Personalstellenanteile dafür eingerechnet.Netzwerke für mehr Qualität: Um eine Kindertageseinrichtung bestmöglich weiterzuentwickeln, müssen alle Protagonisten beteiligt sein. Deshalb gibt es den neuen Kita-Beirat, in dem Einrichtungsträger, Leitung, Fachkräfte und Eltern unter Berücksichtigung der Perspektiven des Kindes die wesentlichen Fragen der Einrichtung gemeinsam besprechen.Verbesserung der Steuerung im System (Vielfältige pädagogische Arbeit): Freie Träger erhalten 4.500 Euro pro Jahr und Einrichtung, um die Umsetzung der pädagogischen Konzeption zu unterstützen und die pädagogische Arbeit zu evaluieren. Damit wird zur Qualitätssicherung bei Einrichtungen in freier Trägerschaft beigetragen. Außerdem führt das Land ein webbasiertes Administrations- und Monitoringsystem ein und vereinfacht so das Zuweisungsverfahren des Landes und notwendige Datenerhebungen.

Das Gute-KiTa-Gesetz

Mit dem Gute-KiTa-Gesetz unterstützt der Bund die Länder bis 2022 mit rund 5,5 Milliarden Euro bei Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren.

Die Kindertagesbetreuung soll überall in Deutschland weiterentwickelt werden. Aber jedes Bundesland hat seine eigenen Stärken und Entwicklungsbedarfe. Darum ist das Gesetz wie ein Instrumentenkasten aufgebaut: Die Länder entscheiden selbst, in welche zehn Handlungsfelder und Maßnahmen investiert werden soll. In einem Vertrag halten der Bund und das jeweilige Bundesland fest, wie das Gute-KiTa-Gesetz vor Ort umgesetzt werden soll und wie es die jeweils eingesetzten Landesmittel ergänzt.

Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.bmfsfj.de/gute-kita-gesetz

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 31.10.2019

Bundesregierung beschließt Maßnahmenpaket

Der furchtbare Anschlag in Halle ist Teil einer Reihe von besorgniserregenden Vorfällen in der jüngeren Vergangenheit. Die Bundesregierung ist fest entschlossen, unsere freiheitliche Demokratie zu verteidigen. Sie wird deshalb sämtliche rechtsstaatlichen Mittel gegen Hass, Rechtsextremismus und Antisemitismus einsetzen.

Daher hat das Bundeskabinett heute das von dem Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat und der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegte Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität beschlossen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer betont: "Nach dem rechtsterroristischen Anschlag in Halle reagiert die Bundesregierung mit konkreten Maßnahmen. Das Paket umfasst unter anderem eine verbesserte Bekämpfung von Hasskriminalität im Netz. Das BKA wird hier Zentralstelle sein. Zudem werden punktuelle Verschärfungen im Waffenrecht vorgenommen, denn Waffen gehören nicht in die Hände von Extremisten. Außerdem sollen Kommunalpolitiker besser geschützt sein und präventive Maßnahmen zur Förderung der Demokratie verstetigt werden. Das Signal ist klar: Wir handeln und lassen unseren Worten Taten folgen."

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht unterstreicht: „Wozu die Enthemmung und Entfesselung des Hasses im Netz führen kann, hat das schreckliche Attentat auf die jüdische Gemeinde in Halle erneut gezeigt. Rechtsextremismus und Antisemitismus treten wir mit allen Mitteln des Rechtsstaats entgegen. Wir erhöhen den Verfolgungsdruck weiter: Wer im Netz hetzt und droht, wird künftig härter und effektiver verfolgt. Die Meldepflicht der Plattformen, die wir im Netzwerkdurchsetzungsgesetz schaffen, leistet hierzu einen wesentlichen Beitrag. Von Hass und Drohungen Betroffene werden künftig besser geschützt, auch durch Änderungen im Melderecht. Wir müssen zudem unter allen Umständen verhindern, dass Waffen legal in die Hände von Extremisten gelangen. Deshalb führen wir im Waffenrecht die Regelabfrage bei den Verfassungsschutzbehörden ein. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, für den ich mich schon lange eingesetzt habe.“

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey sagt: „Was viele Engagierte tagtäglich vor Ort für Demokratie, gegen Hass und Gewalt leisten, braucht noch mehr strukturelle und finanzielle Absicherung. Demokratieförderung und Extremismusprävention ist nichts, was man mal macht und dann wieder lässt, sondern sie ist eine Daueraufgabe. Und sie gelingt dann noch besser, wenn klar ist, dass Projekte kontinuierlich und verlässlich ausgestattet und unterstützt werden können. Dass die Stärkung der Präventionsarbeit Teil des Maßnahmenkatalogs der Bundesregierung ist, zeigt ihre Bedeutung. Denn Sicherheit und Prävention sind zwei Seiten einer Medaille. Das ist ein wichtiges Signal in die Gesellschaft und an die Engagierten. Ich setze mich darüber hinaus weiter für eine verbesserte Fördergrundlage ein und werde gemeinsam mit dem Bundesinnenminister zusätzliche konzeptionelle und rechtliche Anpassungen prüfen.“

Wesentliche Inhalte des Maßnahmenpakets:Zur effektiveren Bekämpfung der Hasskriminalität im Internet soll eine Meldepflicht für Provider nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz an eine neu zu errichtende Zentralstelle im BKA eingeführt werden. Zudem soll eine Auskunftsbefugnis gegenüber Telemediendiensteanbietern im BKA-Gesetz und der Strafprozessordnung geschaffen werden.Gegenwärtige Regelungen des Strafgesetzbuches mit Bezug zu Gewalt und Hasskriminalität sollen ergänzt und erweitert werden.Das Waffenrecht soll verschärft werden. Insbesondere soll bereits die bloße Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit führen sowie eine Regelabfrage der Waffenbehörden bei den Verfassungsschutzbehörden eingeführt werden. Außerdem sollen Verschärfungen des Sprengstoffrechts geprüft werden.Die Bearbeitung im Bereich des Rechtsextremismus soll im Verfassungsschutz weiter intensiviert werden.Das Melderegister soll durch gesetzliche Änderungen angepasst werden, um den Schutz von Personen, die durch Gewalt gefährdet werden, zu gewährleisten.Ferner sollen vorhandene Präventionsprogramme unter Berücksichtigung von Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ausgebaut und deren finanzielle Förderung auf hohem Niveau verstetigt werden. Für das Programm „Demokratie leben!“ bedeutet das, dass die Mittel in der Finanzplanung bis 2023 fortgeschrieben werden. Das Bundesinnenministerium und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend werden zusätzliche rechtliche und konzeptionelle Strukturen prüfen.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.10.2019

Anlässlich der heute von der Bundesagentur für Arbeit (BA) veröffentlichten Arbeitsmarktzahlen für den Monat Oktober erklärt Dr.WolfgangStrengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik:

Der Arbeitsmarkt zeigt sich zwar stabil, aber das ist kein Grund zum Ausruhen. Denn strukturelle Probleme bleiben weiterhin: So beziehen immer noch über eine Million Menschen Arbeitslosengeld II, obwohl sie erwerbstätig sind. Die meisten davon sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Diese Zahlen sind nicht hinnehmbar, denn Erwerbstätige gehören nicht in die Grundsicherung für Arbeitsuchende. Insbesondere sozialversicherungspflichtig Beschäftigte müssen wir aus Hartz IV herausholen.

Erwerbstätige brauchen ein garantiertes Einkommen über dem Existenzminimum. Dies kann bei abhängig Erwerbstätigen und Vollzeit-Beschäftigten durch einen höheren Mindestlohn gewährleistet werden und bei Teilzeit-Erwerbstätigen und Selbständigen durch eine unbürokratische Garantiesicherung, bei der Erwerbsarbeit mehr belohnt wird als heute. Durch die Kombination dieser Maßnahmen können wir erreichen, Armut trotz Erwerbstätigkeit effektiv zu verringern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 30.10.2019

„Hartz IV war ein Angriff auf unsere Sozialversicherungssysteme und hat viele Beschäftigte schutzlos dem Niedriglohnsektor ausgeliefert. Um mit dieser Logik zu brechen, müssen wir die Arbeitslosenversicherung stärken: Wer einzahlt, muss auch vom Schutz profitieren", erklärt Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, zum heute vorgestellten Konzept der Fraktion zur Stärkung der Arbeitslosenversicherung. Ferschl weiter:

„Das Arbeitslosengeld I (ALG I) muss höher sein, früher greifen und länger gezahlt werden. Das Prinzip dabei ist so einfach wie gerecht: Wer über viele Jahre Arbeit Beiträge geleistet hat, soll länger abgesichert sein. Im Anschluss an den Bezug des ALG I soll das neue – ebenfalls über Beiträge finanzierte – Arbeitslosengeld Plus (ALG Plus) Beschäftigte davor schützen, bei Jobverlust auf staatliche Fürsorgeleistungen angewiesen zu sein. Wer zum Beispiel 15 Jahre beschäftigt war, erwirbt einen Anspruch auf 25 Monate ALG I und 25 Monate ALG Plus. Das verschafft Beschäftigten die notwendige Zeit und materielle Sicherheit, um sich einen Job zu suchen, der ihren Qualifikationen entspricht.

Menschen wollen arbeiten, sich dabei aber nicht unter Wert verkaufen. Wir erkennen die Lebensleistung der Beschäftigten an. Soziale Sicherheit im Fall von Arbeitslosigkeit ist kein staatliches Almosen, sondern ein erworbener Anspruch in der Sozialversicherung. Durch die Beitragsfinanzierung beider Leistungen nehmen wir die Arbeitgeber in die Pflicht, damit das Risiko von Arbeitslosigkeit nicht allein bei den Beschäftigten liegt. Gleichzeitig schützen wir so ihre erarbeiteten Ersparnisse. DIE LINKE wird ihr Konzept zur Stärkung der Arbeitslosenversicherung zeitnah in den Bundestag einbringen."

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 06.11.2019

„Es ist eigentlich völlig absurd, dass auf Periodenprodukte nicht schon längst der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt – gerade, wenn man sich die lange Liste anschaut, was alles mit sieben Prozent ermäßigt besteuert wird. Umso erfreulicher, dass anscheinend auch Finanzminister Olaf Scholz endlich diese Absurdität anerkannt hat und nun eine entsprechende Absenkung vornehmen will. Wir wollen mit unserem Antrag ‚Umsatzsteuer auf Menstruationsprodukte absenken‘ noch mehr: Tampons und Binden sollen auch in öffentlichen Einrichtungen wie beispielsweise Schulen, Unis und Behörden kostenlos auf Toiletten zur Verfügung gestellt werden. Das geht in Schottland, warum nicht auch hier?“, erklärt Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, anlässlich der heutigen Anhörung des Petitionsausschusses zum Thema. Möhring weiter:

„Menstruieren gehört zum Alltag der Hälfte der Menschen und geht mit Schmerzen und Unwohlsein einher. Periodenprodukte sind notwendig, um an diesen Tagen am gesellschaftlichen Leben teilhaben und zur Arbeit, Schule oder Ausbildung gehen zu können. Damit sind es Produkte des alltäglichen Bedarfs. Gut, dass der Druck durch Petitionen und Kampagnen gewirkt hat und das Finanzministerium seine bisherige Position überdenkt.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 21.10.2019

Die vom Bundestag beschlossene Wohngeldreform kommt: Der Bundesrat hat ihr am 8. November 2019 zugestimmt. Damit steigen die staatlichen Zuschüsse für Geringverdiener ab 1. Januar 2020. Die erhöhten Beträge orientieren sich an der allgemeinen Entwicklung der Mieten und der Einkommen.

Zahl der Wohngeldempfänger erhöht sich

Ab dem 1. Januar 2022 wird der Zuschuss alle zwei Jahre an eingetretene Miet- und Einkommensentwicklungen angepasst. Außerdem erreicht das Wohngeld künftig mehr Menschen: Anstatt 480.000 Haushalten kommt der Wohnzuschuss ca. 660.000 Haushalten zu gute. Grund ist eine Anpassung der Parameter bei der Wohngeldformel.

Neue Mietstufe für teure Gegenden

Mit der Novelle wird auch eine neue, siebte Mietstufe für besonders teure Gegenden eingeführt. Zudem ist vorgesehen, die Höchstbeträge des Wohngeldes regional gestaffelt anzuheben, um die unterschiedliche Mietentwicklung besser zu berücksichtigen.

Unterzeichnung, Verkündung, Inkrafttreten

Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet. Damit es Anfang nächsten Jahres in Kraft treten kann, muss es im Bundesgesetzblatt noch verkündet werden.

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates am 08.11.2019

Die Koalitionsfraktionen möchten die sexuellen und reproduktiven Rechte weltweit stärken und fordern die Bundesregierung daher auf, das Thema als eigenständigen Schwerpunkt der bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit zu setzen und in einschlägigen Strategien und Konzepten zu verankern. "Alle Menschen sollen frei von Diskriminierung, Zwang und Gewalt eigenverantwortlich darüber entscheiden können, ob, wann und wie viele Schwangerschaften sie herbeiführen möchten", schreiben Union und SPD in einem Antrag (19/14749), über den der Bundestag heute Abend erstmals berät. Allerdings blieben die Möglichkeiten, selbstbestimmt über die eigene Familienplanung zu entscheiden, insbesondere Mädchen und Frauen verwehrt.

Die Bundesregierung solle die Partnerländer verstärkt auch beim Aufbau von statistischen Systemen sowie zivilen Registrierungssystemen, insbesondere der Geburtenregistrierung, unterstützen und Informationen und Dienstleistungen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte gerade auch in Krisen- und Konfliktregionen bereitstellen, heißt es im Antrag weiter. Außerdem soll sie prüfen, ob die Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für "Selbstbestimmte Familienplanung und Müttergesundheit" in Zukunft finanziell gestärkt werden kann.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1252 vom 07.11.2019

Die Fraktion Die Linke macht sich in einem Antrag (19/14788) dafür stark, das Hartz-IV-System zu überwinden. Es sei arbeitsmarkt- und sozialpolitisch ein gravierender Fehler gewesen, mit zu niedrigen Leistungen, Repressalien und Druck auf Löhne. Denn zum einen seien zentrale arbeitsmarktpolitische Ziele der Reform verfehlt worden, zum anderen schütze Hartz IV nicht vor Armut und Ausgrenzung, schreiben die Linken. Sie fordern deshalb unter anderem, die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen zu erleichtern, eine bessere Weiterbildung für alle Erwerbslosen durch einen Rechtsanspruch zu sichern, die Rahmenfrist in der Arbeitslosenversicherung von zwei auf drei Jahre zu verlängern sowie eine sanktionsfreie Mindestsicherung für Erwachsene ohne ausreichendes Einkommen und Vermögen und eine Kindergrundsicherung einzuführen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1245 vom 07.11.2019

Die von der Bundesregierung mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz (19/13399) geplante Entlastung von Kinder und Eltern, die gegenüber Beziehern von Sozialhilfe unterhaltsverpflichtet sind, stößt beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und mehreren Sozialverbänden grundsätzlich auf Zustimmung. Kommunalvertreter kritisierten bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag hingegen, die Aufhebung des Unterhaltsrückgriffs – Eltern und Kinder mit einem jeweiligen Jahresbruttoeinkommen von bis zu einschließlich 100.000 Euro sollen künftig nicht mehr unterhaltspflichtig sein – führe zu einer Entsolidarisierung der Familie. Zudem würden die entstehenden Kosten einseitig zu Städten und Gemeinden verlagert.

Neben der Änderung bei der Unterhaltspflicht enthält der Gesetzentwurf weitere Vorgaben, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu verbessern. Diese sollen, sofern sie im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig sind, künftig auch einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten. Außerdem soll die Projektförderung für eine unabhängige Teilhabeberatung dauerhaft sichergestellt werden. Menschen, die in Werkstätten für behinderte Menschen arbeiten, sollen künftig mit einem Budget für Ausbildung gefördert werden, wenn sie eine nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder nach dem Gesetz zur Ordnung des Handwerks (HwO) anerkannte Berufsausbildung erwerben wollen.

DGB-Vertreter Ingo Schäfer begrüßte während der Anhörung ausdrücklich den Verzicht auf den Unterhaltsrückgriff ebenso wie das geplante Budget für Ausbildung. Letzteres sei ein hilfreiches und wichtiges Instrument, um jungen Menschen mit Behinderung den Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt und damit einer selbstständigen Sicherung der eigenen Existenz zu ermöglichen, sagte Schäfer.

Ines Verspohl vom Sozialverband VdK Deutschland sagte, die geplante Regelung, unterhaltsverpflichtete Kinder gegenüber pflegebedürftigen Eltern zu entlasten, entspräche den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag und müsse konsequenterweise für alle Sozialleistungen gelten. Sie sorge zudem auch für gesellschaftliche Gerechtigkeit, sagte Verspohl. Manche Familie habe drei Pflegefälle, für die sie derzeit aufkommen müssten, andere keinen. "Diese Aufgabe muss die gesamte Gesellschaft schultern, nicht einzelne Familien", sagte sie.

Antje Welke von der Bundesvereinigung Lebenshilfe hält den Grundsatz "ambulant vor stationär" durch die Neuregelung bei der Unterhaltspflicht nicht für gefährdet. Aus ihrer Sicht ist "keine Sogwirkung hin zu stationärer Pflege" zu befürchten. Die verhältnismäßig hohe Grenze von 100.000 Euro sei angemessen, befand sie.

Kathrin Völker von der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen begrüßte das geplante Budget für Ausbildung. Allerdings ziele es ausschließlich auf die Erstausbildung am Übergang von der Schule in den Beruf ab. Auch Menschen mit Behinderungen die schon länger in Werkstätten sind, sollte der Zugang zur Berufsausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch das Budget für Ausbildung ermöglicht werden, forderte Völker.

Da das im Bundesteilhabegesetz enthaltene Budget für Arbeit "zu kurz gesprungen" sei, begrüße er das geplante Budget für Ausbildung, sagte Christoph Beyer von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen.

Harry Hieb vom Netzwerk für Inklusion, Teilhabe, Selbstbestimmung und Assistenz sieht in dem Gesetzentwurf hingegen "ein weiteres Beispiel für die Missachtung der UN-Behindertenrechtkonvention und der Empfehlungen des UN-Fachausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen". Zentrales Anliegen des Angehörigen-Entlastungsgesetzes sei die Entlastung Angehöriger von Pflegebedürftigen und Eltern volljähriger behinderter Kinder hinsichtlich des Einkommenseinsatzes, "nicht jedoch der Menschen mit Behinderungen selbst", wodurch das Ziel eines gleichen Lebensstandards in immer weitere Ferne rücke, kritisierte er.

Aus Sicht von Andreas Krampe vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge ist es durch das Gesetz möglich, mit einem "vergleichsweise überschaubaren finanziellen und rechtlichen Mittelansatz" einen bedeutsamen Zugewinn an sozialer Sicherheit für die Bevölkerung zu erzielen. Die Kosten für die Kommunen bezifferte er mit etwa 70 Millionen Euro jährlich.

Die Vertreter von Städtetag und Landkreistag gehen hingegen von deutlich höheren Kosten aus. Zudem sei von einer erheblichen Nachfragesteigerung nach stationärer Pflege auszugehen, sagte Regina Offer vom Deutschen Städtetag. Das dämpfende Element der Selbstverantwortung und der familiären Solidarität werde deutlich geschwächt, betonte Johann Keller vom Deutschen Landkreistag. Er gehe davon aus, dass mit Kosten in Höhe von etwa einer halben Milliarde Euro zu rechnen sei.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1222 vom 04.11.2019

Im Bemühen um bessere Löhne in der Pflege hat die Bundesregierung Unterstützung von Experten erhalten. Im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag, begrüßten die Sachverständigen mehrheitlich den Gesetzentwurf der Regierung für bessere Löhne in der Pflege (19/13395).

In dem Gesetzentwurf schlägt die Bundesregierung zwei Möglichkeiten vor, um bessere Löhne in der Pflegebranche durchzusetzen: Zum einen über einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag, die sogenannte Tarifvertragslösung. Zum anderen über die Festlegung eines Mindestlohns durch eine dafür eingesetzte Kommission, die sogenannte Kommissionslösung. Für beide Wege müssen entsprechende Vorgaben des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, die Paragrafen 7 und 12, geändert werden.

Ebenfalls Gegenstand der Anhörung war ein Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel "Pflegelöhne auf Tarifniveau sofort refinanzieren" (19/14023). Darin fordern die Abgeordneten von der Bundesregierung ein Finanzierungskonzept, um die im Rahmen der laufenden Tarifverhandlungen zu vereinbarenden Tarifverträge für die Altenpflegebranche bundeseinheitlich refinanzieren zu können, ohne dass die Menschen mit Pflegebedarf und deren Angehörige zusätzlich finanziell belastet werden.

Die Vertreter der kirchlichen Arbeitgeber im Pflegebereich unterstützten das Vorhaben der Bundesregierung, bessere Löhne in der Pflege über eine tarifliche Lösung durchzusetzen. Die Entlohnungsbedingungen in der Pflege bedürften unbedingt einer Verbesserung, um die demografischen Herausforderungen zu meistern, erklärte Uta Losem (Kommissariat der deutschen Bischöfe). Da die Tarifbindung im nicht-kirchlichen Bereich der Branche mit "zehn bis 20 Prozent" auf einem ausgesprochen niedrigen Niveau liege, sei neben der Pflegekommission auch eine "tarifvertragsbasierte Festlegung von Mindestarbeitsbedingungen" sinnvoll, so Losem.

Dies bekräftigte auch Jörg Kruttschnitt (Diakonie Deutschland): Angesichts des steigenden Pflegebedarfs müsse der Pflegeberuf attraktiver werden. Insbesondere gehe es darum, den Abstand zwischen Löhnen in der Altenpflege und Löhnen in der Krankenpflege weiter zu minimieren. Die Pflegekommission habe schon in der Vergangenheit eine "wichtigen Beitrag" geleistet, doch gehe er davon aus, dass sich "bessere und differenziertere Ergebnisse" über eine Tariflösung erzielen ließen.

Sylvia Bühler (ver.di -Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft) begrüßte ebenfalls das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung. Bislang sei es leider nicht gelungen, Tarifverträge für die kommerziellen Altenpflegeinrichtungen und ambulanten Dienste abzuschließen. Die Branche sei auch nicht durch "Haustarifverträge" zu ordnen, so Bühler. "Man kann nicht im Konflikt mehr als 10.000 Einrichtungen in die Tarifbindung zwingen." Auf Arbeitgeberseite fehle das Pendant, um als Gewerkschaft selbst Verträge auszuhandeln. Insofern helfe das Gesetz, für eine bessere Vergütung der Beschäftigten zu sorgen.

Thomas Greier (Arbeitgeberverband Pflege) wiederum übte deutliche Kritik an den Plänen der Bundesregierung. Diese nannte er einen weiteren Eingriff in die unternehmerische Freiheit. "Mit dem Gesetz beseitigen Sie auch noch die letzte Möglichkeit, dass ich mitbestimmen kann, wie ich mein Personal bezahle", monierte Greier und warnte, das Gesetz werde zu ungewünschten Auswirkungen führen. So sei etwa mit einer deutlichen Steigerung der Zuzahlungen zu rechnen. Dass die Bundesregierung vor dem Hintergrund steigenden Pflegebedarfs die unternehmerische Freiheit weiter einschränke, sei auch in anderer Hinsicht kurzsichtig, so der Sachverständige. "Welcher Unternehmer wird da noch in größeren Stil investieren, wenn er seinen Invest nicht refinanzieren kann?" Mit den geplanten Regelungen breche die Bundesregierung mit dem, was der Gesetzgeber eigentlich mit Einführung der Pflegeversicherung bezweckt habe – Wettbewerb und privates Kapital."

Sven Halldorn (bpa Arbeitgeberverband) äußerte darüber hinaus "massive verfassungsrechtliche Bedenken". So sei neben der unternehmerischen Freiheit auch Artikel 9, Absatz 3 des Grundgesetzes "massiv betroffen". Die positive wie auch und die negative Koalitionsfreiheit würden berührt durch das "sehr weitreichende Sonderrecht der Kirchen", kritisierte Halldorn. Letztendlich warnte der Sachverständige vor negativen Entwicklungen wie einer starken Konzentration in der bislang noch von vielen kleinen und mittelständischen Betrieben geprägten Branche.

Diese verfassungsrechtlichen Bedenken teilten wiederum die Einzelsachverständigen Professor Klaus Bepler und Professor Jens Schubert nicht. Bepler betonte, die im Gesetzentwurf gefundene tarifliche Regelung sei "wünschenswert und verfassungsfest". Die Erstreckung auf Außenseiter habe auch das Bundesverfassungsgericht bereits in einem früheren Urteil als unbedenklich erklärt. Auch die positive sowie die negative Koalitionsfreiheit seien nicht beeinträchtigt, so der ehemalige Richter des Bundesarbeitsgerichts. Auch das ergebe sich schon durch ein früheres Urteil der Karlsruher Richter zum Tarifeinheitsgesetz.

Schubert unterstrich zudem als Entgegnung auf Halldorns Kritik, dass allein der Umstand, dass ein Recht berührt werde, noch nicht bedeute, dass es auch verletzt sei. Es gebe zahlreiche gute Gründe, weshalb der Gesetzgeber bei diesem Thema justierend eingreife. (sas)

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1165 vom 22.10.2019

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes vorgelegt, mit dem der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete von vier auf sechs Jahre verlängert werden soll (19/14245). Wie es in dem Entwurf heißt, werden dadurch einerseits kurzfristige Schwankungen des Mietwohnungsmarktes geringere Auswirkungen auf die ortsübliche Vergleichsmiete haben. Auf Wohnungsmärkten mit stark steigenden Angebotsmieten werde dies zu einem gedämpften Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete führen. Weiter heißt es in der Vorlage, Mietspiegel seien ein wichtiges Instrument für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Damit bereits erstellte Mietspiegel oder sich in der Erstellung befindliche Mietspiegel auch nach dem Inkrafttreten der Neuregelung anwendbar bleiben beziehungsweise verwendet werden können, werde eine großzügige Übergangsregelung eingeführt. Über den Entwurf berät der Bundestag am Freitag, 25. Oktober 2019, erstmalig.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1161 vom 21.10.2019

30 Jahre nach dem Mauerfall verschwinden die Unterschiede im familiären Zusammenleben zwischen Ost und West zusehends. Das teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) zum Jahrestag des Falls der Berliner Mauer am 9. November 2019 mit.

Ähnlich viele Hochzeiten in Ost und West
Ein Beispiel hierfür sind die Veränderungen bei den Eheschließungen. 1989 war die Eheschließungsziffer (Eheschließungen je 1 000 Einwohner/-innen) in der damaligen DDR noch höher als in der Bundesrepublik. Nach der deutschen Einheit kehrte sich das Bild um: 1991 betrug die Eheschließungsziffer im Osten nur noch 3,2, im Westen dagegen 6,3. Später näherten sich diese Werte an. Inzwischen ist die Häufigkeit von Eheschließungen in Deutschland leicht gestiegen, wobei die Eheschließungsziffer im Osten zuletzt geringfügig höher war als im Westen (2017: 5,1 gegenüber 5,0).

Durchschnittsalter von Frauen bei der Geburt des ersten Kindes nähert sich an
1989, im Jahr des Mauerfalls, lag das Durchschnittsalter von Frauen in der DDR bei der Geburt ihres ersten Kindes noch bei etwa 23 Jahren. In der Bundesrepublik waren die Frauen bei der ersten Geburt mit rund 27 Jahren deutlich älter. 2018 bekamen Frauen in ganz Deutschland ihr erstes Kind noch später. Im Osten Deutschlands waren sie mit durchschnittlich 29 Jahren etwa ein Jahr jünger als im Westen.
Der Anteil der Babys miteinander verheirateter Eltern an allen Geborenen war im Osten Deutschlands im Jahr 1989 mit 66 % viel niedriger als im Westen (90 %). Bis 2012 sank er in beiden Teilen Deutschlands deutlich auf 38 % im Osten und 72 % im Westen. Inzwischen gibt es in Deutschland wieder mehr Geburten verheirateter Mütter. Im Jahr 2018 hatten in Deutschland insgesamt 66 % der Neugeborenen verheiratete Eltern, in den ostdeutschen Ländern waren es 43 % und in den westlichen Bundesländern 71 %.

Höhere Geburtenraten, aber weniger potenzielle Eltern im Osten

In fast jedem dritten West-Haushalt (29 %) lebten im Jahr 2018 Kinder. Im Osten (einschließlich Berlin) war der Kinderanteil etwas geringer (23 %).
Aufgrund der Unterschiede im Altersaufbau der Bevölkerung leben in den ostdeutschen Bundesländern gegenwärtig weniger potenzielle Eltern. Obwohl die jährlichen Geburtenraten der ostdeutschen Frauen seit 2008 höher sind als diejenigen der westdeutschen Frauen, wurden 2018 im Osten Deutschlands nur 8 Kinder je 1000 Einwohnerinnen und Einwohner geboren. Im Westen waren es 10 Kinder.

Bundesweiter Trend zu mehr Alleinerziehenden
Rund 3,6 Millionen Kinder lebten in Deutschland im Jahr 2018 mit nur einem Elternteil zusammen. Im Vergleich zum Jahr 1996 stieg ihre Anzahl um 17 %. In 84 % aller Fälle wohnten die Kinder bei ihrer Mutter. Dieser Anteil blieb im Vergleich zu 1996 unverändert. Leicht vergrößert hat sich in diesem Zeitraum hingegen der Anteil ostdeutscher alleinerziehender Väter: Waren 1996 nur etwa 12 % der Alleinerziehenden in Ostdeutschland Männer, so waren es 2018 15 %, während der Anteil in Westdeutschland mit 15 % nahezu gleich blieb.

Sächsische Männer beziehen am häufigsten Elterngeld
Immer mehr Väter nehmen für ihren Nachwuchs eine berufliche Auszeit. Deutschlandweit stieg der Anteil männlicher Elterngeldbezieher zwischen 2015 und 2018 von 21 auf 24 %. Spitzenreiter beim Anteil männlicher Leistungsbezieher ist das Bundesland Sachsen (28 %), gefolgt von Bayern (26 %). Schlusslichter sind das Saarland (17 %) sowie Rheinland-Pfalz (20 %). Wie in jedem anderen Bundesland stieg aber auch in diesen beiden Ländern kontinuierlich der Anteil der Väter, die Elterngeld in Anspruch nehmen.

Deutliche Unterschiede bei Kindertagesbetreuung
Kleinkinder in Ostdeutschland sind weitaus häufiger in Tagesbetreuung als in Westdeutschland. Während im Jahr 2018 rund jedes zweite ostdeutsche Kind unter drei Jahren (52 %) in einer Kindertageseinrichtung oder in öffentlich geförderten Kindertagespflegestätten (zum Beispiel öffentlich geförderter Betreuungsplatz bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater) betreut wurde, war dies im Westen bei weniger als jedem dritten Kind der Fall (30 %). Der zunehmende Ausbau der Kindertagesbetreuung blieb dabei nicht ohne Wirkung. Diesmal ist es der Westen Deutschlands, der aufholen konnte. Im Jahr 2007 hatten nur etwa 10 % der Kinder unter drei Jahren einen Betreuungsplatz. Im Osten waren es bereits damals 41 %.

Informationen:

Fachserie 1. Reihe 3. "Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Haushalte und Familien. Ergebnisse des Mikrozensus"

Pressemitteilung vom 3.9.2019 „Gestiegene Geburtenhäufigkeit bei älteren Müttern

Weitere Daten und lange Zeitreihen zur Statistik der Geburten (12612) befinden sich in unserer Datenbank GENESIS-Online.

Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe 2019

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 07.11.2019

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

AWO zur Halbzeitbilanz.

Zur Halbzeitbilanz der Großen Koalition erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Die Große Koalition hat viele Versprechen zügig umgesetzt und richtungsweisende Maßnahmen auf den Weg gebracht: Mit dem "Rentenpakt2018“ wurden bereits wenige Wochen nach Zustandekommen der Koalition Haltelinien beim Rentenbeitrag und beim Rentenniveau eingezogen und deutliche Leistungsverbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten und Kindererziehungszeiten auf den Weg gebracht. Mit dem Teilhabechancengesetz wurde die langjährige Forderung der AWO nach einem sozialen Arbeitsmarkt für langzeitarbeitslose Menschen aufgegriffen.

Das „Starke-Familien-Gesetz“ geht mit dem Kinderzuschlag die finanzielle Absicherung von Kindern an. Das ist ein zukunftsweisender Schritt! Auch die Leistungen für Bildung und Teilhabe sind damit deutlich verbessert. Mit dem „Gute-Kita-Gesetz“ werden wichtige Qualitätsverbesserungen in der Betreuung von Kindern durchgesetzt.

Um den steigenden Pflegebedarf erfüllen zu können, braucht es mehr beruflich Pflegende. Der allgemeinverbindliche Tarifvertrag Pflege ist ein wesentlicher Erfolg bei der dafür dringend nötigen Aufwertung des Pflegeberufs. Hierfür hat die Große Koalition die gesetzlichen Grundlagen gelegt und mit der Konzertierten Aktion Pflege weitere Maßnahmen zur Verbesserung z. B. der Arbeitsbedingungen in der Pflege angestoßen.

Damit hat die Große Koalition Einiges auf den Weg gebracht. Jetzt stehen wichtige Vorhaben noch aus. Das Ziel müssen gleichwertige Lebensverhältnisse in einer offenen, vielfältigen Gesellschaft sein, in der niemand abgehängt wird:

Um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen, brauchen wir perspektivisch ein einheitliches kindzentriertes System der finanziellen Absicherung, so wie es die Kindergrundsicherung darstellt und für die sich die AWO seit langem einsetzt. Der geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen muss umgesetzt werden, allerdings muss die Qualität des Angebots im Mittelpunkt stehen.

Die versprochene Grundrente muss endlich kommen und darf nicht wieder auf die lange Bank geschoben werden. Mit dem Sanktionsurteil vom 5.11.2019 hat das Bundesverfassungsgericht zudem eine erneute Reform von HartzIV ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt.

Die AWO begrüßt Vorhaben wie die Reform des „Kinder- und Jugendhilfegesetzes“, um ein inklusives Kinder- und Jugendhilferecht auf den Weg zu bringen. Das muss aber noch in dieser Legislaturperiode geschehen und ausreichend finanziert werden. Auch das Investitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt gegen Frauen“ ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Ein gesetzlich verankerter Rechtsanspruch auf Schutz vor Gewalt muss aber realisiert werden.

Dringend angegangen werden müssen weitere Baustellen in der Pflege: Pflegebedürftige und ihre Angehörigen können die rasant steigenden Eigenanteile kaum mehr alleine schultern. Die Eigenanteile müssen gedeckelt werden. Dafür braucht es endlich eine Finanzreform der Pflegeversicherung.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 07.11.2019

Glaubt man der Halbzeitbilanz läuft es ziemlich gut in der Familienpolitik der Bundesregierung. Der Deutsche Familienverband (DFV) kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: Gute Noten gibt es für das Baukindergeld und das Gute-Kita-Gesetz. Unzureichend sind Maßnahmen der Bundesregierung gegen Kinderarmut und in der Rentenpolitik.

(Magdeburg). Für den Deutschen Familienverband ist die bisherige familienpolitische Leistung der Bundesregierung durchwachsen. Müsste man ein Zwischenzeugnis ausstellen, wäre sie versetzungsgefährdet. „Noch immer ignoriert die Große Koalition die verfassungsmäßig notwendige Beitragsentlastung von Familien in der Sozialversicherung“, sagt Verbandspräsident Klaus Zeh im DFV-Bundesverbandsrat in Magdeburg.

Familienpolitische Maßnahmen oft nur Minimallösungen

Für Familien reichen die minimalen Kindergeld- und Kinderzuschlagserhöhungen in keiner Weise aus, um Kinderarmut effektiv zu bekämpfen. Hier wird die Bundesregierung ihrem Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nicht gerecht, wenn gleichzeitig Eltern in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung verfassungswidrig belastet werden. Die Benachteiligung führt zu einer Mehrbelastung von etwa 240 Euro je Monat und Kind.

Wer Kinder erzieht, leistet einen wichtigen Beitrag für das Generationensystem Rente. Der Deutsche Familienverband sieht mit Sorge auf die Ausgestaltung der Grundrente und mahnt an, die Leistung Kindererziehung nicht aus den Augen zu verlieren.

Bei einem anderen Rententhema erhält die Bundesregierung nur eine ausreichende Note. Bei der beschlossenen Mütterrente erhalten Eltern, deren Kinder vor 1992 geboren worden sind, jetzt einen zusätzlichen halben Rentenpunkt pro Kind. Für den Deutschen Familienverband ist das nur ein kleiner und halber Schritt zu den dringend notwendigen sechs Jahren Erziehungszeiten pro Kind für alle Eltern.

Familienwohnen: Hier verdient sich die Bundesregierung gute Noten

„Beim bezahlbaren Wohnen und Bauen hat die Koalition sehr gute Vorschläge auf die Agenda gesetzt“, so der Verbandspräsident.

Das Baukindergeld ist trotz vieler Unkenrufe ein voller Erfolg für Familien. Bis September haben fast 147.000 Familien einen Förderantrag gestellt. „Gut ist, dass die Leistung vor allem junge Familien mit Kindern bis 6 Jahren und Familien mit geringem und mittlerem Einkommen erreicht“, sagt Zeh. Des Weiteren wird der Soziale Wohnungsbau bis 2021 mit 5 Milliarden Euro unterstützt, die Mietpreisbremse bis 2025 verlängert und das Wohngeld erhöht.

Das Bundesfamilienministerium ist für das Gute-Kita-Gesetz zu loben. Bis 2022 werden 5,5 Milliarden Euro in die Qualität der Kindertagesbetreuung und die Gebührenentlastung von Eltern investiert.Jede Familie wünscht sich eine qualitativ hochwertige Kindertagesbetreuung. Dennoch ist das nur ein Teilaspekt der Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung. Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen, dürfen von der Bundesregierung nicht im Stich gelassen werden. Ein Betreuungsbudget in Höhe von mindestens 700 Euro würde helfen, tatsächliche Wahlfreiheit zu ermöglichen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 09.11.2019

Das Urteil des Landgerichts Berlin im Fall Renate Künast gegen Facebook hat Mitte September eine bundesweite Diskussion über Hate Speech ausgelöst: Wo liegen die Grenzen der Meinungsfreiheit und wo beginnt sanktionswürdiges Verhalten? Hat Hass im Netz eine Geschlechterdimension? Wenn Frauen sich im Netz öffentlich oder gar politisch äußern, riskieren sie sexistische Anmache, pornografische Pöbeleien bis hin zu Vergewaltigungsdrohungen. Steckt dahinter Methode?

Unter dem Titel »Hate Speech und digitale Gewalt gegen Frauen« diskutieren Renate Künast, MdB, Anna-Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin HateAid und Rechtsanwältin Verena Haisch heute bei einer Veranstaltung der Vertretung der Freien und Hansestadt Hamburg beim Bund in Kooperation mit dem Deutschen Juristinnenbund e.V. (djb). Gerd Billen, Staatssekretär im Bundesjustizministerium führt mit einem Impulsvortrag in die Diskussion ein.

Im Fokus des Abends steht die Frage, wie es zu einer Entscheidung wie im Fall von Renate Künast gegen Facebook kommen konnte. Welche rechtlichen Handlungsmöglichkeiten gibt es und reicht das Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität, das die Bundesregierung nach dem Anschlag in Halle/Saale beschlossen hat aus?

Staatsrätin Almut Möller: "Hamburg ist beim Kampf gegen "Hate Speech" aktiv, denn hier besteht eine Gefahr für die Meinungsfreiheit und die Demokratie. Der Hamburger Senat hat dies schon seit langem erkannt und geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung initiiert und unterstützt. Neben Strafverfolgung wollen wir aber auch die Nutzerinnen und Nutzer stärken. Hier muss es baldmöglichst eine Online-Beratungsstelle des Bundes geben, die den Betroffenen Beratung und Unterstützung bei der Rechtsdurchsetzung bietet. Eine entsprechende Initiative hat Hamburg gerade eingebracht."

Die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Maria Wersig, erklärt: "Der Schutz vor Gewalt in allen Formen ist eine staatliche Pflichtaufgabe. Bei Hassreden im Netz besteht ein Dreiklang von Antifeminismus, Sexismus und Rassismus, der die politische Kultur in Deutschland bedroht und reale Folgen für die Betroffenen hat. Der Deutsche Juristinnenbund setzt sich mit aktuellen rechtspolitischen Forderungen für einen wirksamen Schutz vor allen Formen von Hass im Netz ein."

BMJV-Staatssekretär Gerd Billen erklärte in seinem Impulsvortrag: "Sexistische Beleidigungen, Phantasien von sexueller Gewalt, Vergewaltigungsdrohungen: Der Hass, der sich im Netz Bahn bricht, zielt längst besonders auf Frauen.

Hasskriminalität ist unter keinen Umständen hinnehmbar. Wir müssen viel klarere Grenzen setzen: Daher hat die Bundesregierung ein umfassendes Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität beschlossen. Wer im Netz hetzt und droht, wird künftig härter und effektiver verfolgt.

Plattformen werden nicht mehr nur löschen, sondern strafbare Posts dem Bundeskriminalamt melden müssen. Wichtig ist auch, dass Betroffene von Angriffen im Netz nicht länger allein gelassen werden und die nötige Unterstützung erhalten, um sich zur Wehr zu setzen. Initiativen wie HateAid unterstützen wir. Sie leisten hierzu einen wertvollen Beitrag."

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 04.11.2019

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) fordert von der Bundesregierung unverzügliches und umfassendes Handeln, um Hass im Netz entgegen zu treten und stärker zu sanktionieren. Dabei muss auch die lange vernachlässigte Geschlechterdimension in den Blick genommen werden. "Frauen sind mehr und anders von Hate Speech betroffen als Männer!", so die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Maria Wersig. "Der Fall Renate Künast hat es noch einmal gezeigt: Frauen riskieren im Netz sexualisierte Angriffe – sexistische Anmache, pornografische Pöbeleien, die Androhung von Vergewaltigungen bis hin zu Morddrohungen. Dies ist nicht nur eine schwere Belastung für die Betroffenen, es verdrängt sie auch aus dem digitalen Raum. Das darf der Staat nicht hinnehmen, es geht um die Meinungsfreiheit, den Schutz vor Gewalt, die Grundfesten unserer Demokratie werden berührt!"

Das von der Bundesregierung in der vergangenen Woche vorgelegte Maßnahmepaket zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität ist völlig unzureichend. Zwar gehen einige der noch wenig konkreten Eckpunkte in die richtige Richtung: so ist es begrüßenswert, wenn die strafrechtlichen Regelungen zu Hasskriminalität, insbesondere auch zu Beleidigung, den Besonderheiten des Netzes angepasst würden; auch wird der Ausbau der Präventionsprogramme befürwortet. "Es muss aber nicht nur gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sensibilisiert werden, ebenso notwendig ist es, dem massiven Antifeminismus der Täter Rechnung zu tragen! Der Anschlag in Halle/Saale, aber auch vergleichbare Terrorakte vorher haben gezeigt, dass in den diffusen Manifesten der Attentäter Frauenfeindlichkeit eine entscheidende Rolle spielt. Es gibt einen Dreiklang von Antisemitismus, Rassismus und Antifeminismus!", so Wersig.

In seinem aktuellen Forderungspapier "Mit Recht gegen Hate Speech – Bekämpfung digitaler Gewalt gegen Frauen" benennt der djb einen umfangreichen Forderungskatalog:

1. Prioritär ist, wie vom djb bereits mehrfach gefordert, die Weiterentwicklung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. Eine Vereinfachung und Vereinheitlichung des Meldeverfahrens, gesetzliche Vorgaben für die Transparenzberichte, die Verankerung eines Put-Back-Verfahrens, eine normative Klarstellung zur sachlichen Zuständigkeit der Zustellungsbevollmächtigten, eine Prüfung der Erweiterung der bisher erfassten Plattformen, ein individueller Auskunftsanspruch gegenüber den Plattformbetreiber*innen entsprechend dem Urheberrecht und ihre Pflicht, sämtliche Kopien von rechtswidrigen Äußerungen zu suchen, zu entfernen oder zu sperren. Unverzichtbar für eine geschlechtergerecht sachliche Evaluierung des Gesetzes ist eine geschlechtsspezifische Aufschlüsselung der Daten.

2. Der djb begrüßt grundsätzlich die Idee eines digitalen Gewaltschutzgesetzes, das in einem richterlichen Verfahren die Löschung und/oder (zeitweilige) Sperrung von Accounts ohne Klarnamenpflicht ermöglicht. Unverzichtbar ist hier die Verbandsklage.

3. Im Strafrecht fordert der djb, Hate Speech im digitalen Raum als Beleidigungsdelikt auch ohne Strafantrag der verletzten Person zu verfolgen, wenn dies den Interessen der verletzten Person nicht widerspricht. Dabei können auch für Beleidigungsdelikte eine Melde- und Beweissicherungspflicht sowie eine Speicherpflicht der Plattformbetreiber*innen erforderlich sein. Die flächendeckende Einführung von Sonderstaatsanwaltschaften ist ebenso notwendig wie eine intensive Fortbildung von Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz.

Außerdem muss die polizeiliche Definition von sogenannter »Hasskriminalität« um das Merkmal "Geschlecht" ergänzt werden. Im Übrigen verweist der djb auf seine schon bisher erhobene Forderung, das Opferentschädigungsgesetz auch auf Opfer psychischer Gewalt mit schweren Folgen auszuweiten. Dies ist für Betroffene von Hate Speech, die häufig mit erheblichen psychischen Folgen durch die Angriffe belastet sind, von großer Bedeutung.

Weitere Informationen:

djb-Policy Paper »Mit Recht gegen Hate Speech – Bekämpfung digitaler Gewalt gegen Frauen« vom 4. November 2019, https://www.djb.de/verein/Kom-u-AS/ASDigi/st19-23/

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 04.11.2019

"Nur 28 Frauen von 90 Abgeordneten im Thüringer Landtag, ein ganz ähnliches Bild in Sachsen und Brandenburg, zuvor bereits in Hessen und Bayern. Der Frauenanteil in den deutschen Parlamenten sinkt weiter. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist unzureichend repräsentiert – dieser Zustand ist nicht länger hinnehmbar. Chancengleichheit muss endlich hergestellt werden!", so die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb), Prof. Dr. Maria Wersig.

Mit einem Frauenanteil von 31,1 Prozent bewegt sich Thüringen damit nur geringfügig über dem beschämenden Ergebnis der Bundestagswahl im Jahr 2017, seit der nur noch 30,9 Prozent der Abgeordneten weiblich sind. Sachsen bleibt mit 27,7 Prozent seit der Landtagswahl im September noch deutlich dahinter zurück und fällt auf den niedrigsten Wert seit 1994 zurück. Auch in Brandenburg sinkt der Frauenanteil um 5,7 Prozentpunkte auf 31,8 Prozent. Die geringsten Chancen, ein Wahlmandat zu erringen, haben in allen drei Ländern Frauen der Parteien, die entweder keine oder nur wenig verpflichtende Regelungen zur Frauenförderung in ihren Satzungen verankert haben: CDU/CSU, FDP und AfD.

Brandenburg und Thüringen hatten bereits reagiert und Paritätsgesetze erlassen. Sie gelten allerdings erst ab den nächsten Landtagswahlen. Wersig:

"Die Paritätsgesetze sind ein wichtiger Schritt. Strukturelle Nachteile, die Frauen bei der Aufstellung von Kandidaturen erfahren, müssen beseitigt werden.

Die diesjährigen Landtagswahlen zeigen einmal mehr, dass sich dieses Ziel ohne verpflichtende gesetzliche Regelungen nicht erreichen lässt. Es ist die Aufgabe des Staates, die faktische gesellschaftliche Gleichberechtigung von Frauen proaktiv zu fördern und Chancengleichheit zu gewährleisten. Dieser Verantwortung muss der Staat endlich nachkommen. Letztlich geht es um die gleiche Verteilung von Macht!"

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 30.10.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk stattet zum 30. Jahrestag der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention 1.000 Kitas im gesamten Bundesgebiet mit Kinderrechtepaketen aus. Die Materialien in diesen Kinderrechtepaketen richten sich vor allem an Erzieherinnen und Erzieher. Die deutschlandweite Aktion soll dazu beitragen, die Kinderrechte im frühkindlichen Bildungsbereich bekannter zu machen sowie Kitas und pädagogische Fachkräfte mit Praxismaterialien in ihrer Kinderrechte- und Demokratiebildungsarbeit zu unterstützen.

Hauptbestandteil der Pakete ist die Kinderrechte-PIXI-Reihe des Deutschen Kinderhilfswerkes. Die Bücher machen bereits Kinder im Kita-Alter auf die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Kinderrechte aufmerksam. Themen der Reihe sind die Mitbestimmung von Kindern, der Schutz von Kindern vor Gewalt, Kinderarmut, das Kinderrecht auf beide Eltern sowie das Recht auf Privatsphäre. Außerdem sind die PIXI-Begleithefte „Vielfalt in der Kita – Methoden für die Kitapraxis 1-5“ enthalten, durch die Erzieherinnen und Erzieher vielfältige methodische Anregungen bekommen, wie sie die Kinderrechte, insbesondere in Bezug auf Inklusion und Vielfalt, alltagsnah und altersgerecht mit Kitakindern thematisieren können. Zusätzlich liefert die Broschüre „Kinderrechte in der Kita“ den Kita-Fachkräften allgemeine Informationen zu den Kinderrechten sowie praxisbezogene Fallbeispiele zu ausgewählten Kinderrechten.

„Nach wie vor kennen viel zu wenige Kinder und Erwachsene die UN-Kinderrechtskonvention und die darin normierten Kinderrechte. Aber nur wer seine Rechte kennt, kann sie auch verwirklichen. Deshalb brauchen wir in Deutschland eine Bildungsoffensive in Sachen Kinderrechte, die Kinder und Erwachsene erreicht. Die Kinderrechtepakete des Deutschen Kinderhilfswerkes für Kitas sollen mithelfen diese Bildungsoffensive anzustoßen und zu einer praktischen Auseinandersetzung mit den Rechten von Kindern im Bildungsalltag führen. Nur wenn Kinder über ihre Rechte Bescheid wissen, können diese auch gesellschaftlich wirksam werden“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Die Kinderrechtepakete werden durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert und können von Kitas kostenfrei gegen Porto im Shop des Deutschen Kinderhilfswerkes unter www.dkhw.de/shop bestellt werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 11.11.2019

Thomas Krüger ist auf der Mitgliederversammlung des Deutschen Kinderhilfswerkes als Präsident der Kinderrechtsorganisation im Amt bestätigt worden. Der 60-jährige steht seit 1995 an der Spitze des Deutschen Kinderhilfswerkes. Als Vizepräsidentinnen wurden Anne Lütkes und Nathalie Schulze-Oben gewählt. Den Vorstand komplettieren Siegfried Barth, Volker Fentz, Harald Geywitz, Haimo Liebich und Birgit Schmitz sowie mit Katja Dörner, Katja Mast, Norbert Müller, Matthias Seestern-Pauly und Marcus Weinberg Bundestagsabgeordnete aus fünf der sechs Bundestagsfraktionen.

"Die deutsche Gesellschaft blendet weiterhin an vielen Stellen Kinderinteressen aus. Deshalb werden wir uns weiterhin konsequent für die Kinderrechte in Deutschland einsetzen. Dazu gehört auch die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz. Neben Schutz- und Förderrechten ist dabei zentral, dass auch Beteiligungsrechte und die Vorrangstellung des Kindeswohls bei allen Kinder und Jugendliche betreffenden Entscheidungen Einzug ins Grundgesetz finden. Die Regelung zu Kinderrechten im Grundgesetz darf im Ergebnis nicht hinter dem zurückbleiben, was in der UN-Kinderrechtskonvention, der Charta der Grundrechte der EU und in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes enthalten ist", betont Thomas Krüger anlässlich seiner Wiederwahl.

"Weitere zentrale Themen werden die Bekämpfung der Kinderarmut in unserem Land, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an Entscheidungen, die sie betreffen, oder die Etablierung von gleichen Rechten für alle Kinder ohne Diskriminierung beispielsweise aufgrund von Herkunft oder Aufenthaltsstatus sein. Außerdem werden die Reform des Kinder- und Jugendmedienschutzes, Fragen der kinderfreundlichen Stadtentwicklung und die kulturelle Teilhabe von Kindern und Jugendlichen im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen. Wir sind als Kinderrechtsorganisation sehr gut aufgestellt und einer der zentralen kinderpolitischen Ansprechpartner in Deutschland. Auch aufgrund unserer finanziellen Unabhängigkeit durch private Mittel können wir eine konsequente Lobbyarbeit für Kinderrechte leisten und lokale Initiativen und Vereine in der Breite zu fördern", so Krüger weiter.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 10.11.2019

Der Verband kinderreicher Familie fordert, die Mehrwertsteuer auf Windeln und Kinderhygiene-Produkte zu senken. Aktuell wurde eine Senkung der Mehrwersteuer auf Artikel der Monatshygiene beschlossen mit dem Argument, dass es sich nicht um Luxus, sondern um unausweichliche Artikel handele. Auch mit dem Hinweis der einseitigen Belastung der Frauen im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes wurde die Steuer gesenkt. „Wenn der Gesetzgeber die "Unvermeidbarkeit" eines Produktes als Grund für die Steuersenkung anführt, kommt er an einer Steuersenkung bei Windeln nicht vorbei“, so Dr. Elisabeth Müller, Bundesvorsitzende des Verbandes kinderreiche Familien Deutschland e.V. (KRFD)

Auch für Familien ist der Kauf von Windeln unvermeidlich; sie werden über mehrere Jahre täglich benötigt. „Die Besteuerung mit dem vollen Mehrwertsteuersatz trifft auch Babynahrung. Wie verzerrt die Verhältnisse dabei sind, macht ein Blick auf Tiernahrung deutlich, die mit nur 7 Prozent besteuert wird“, führt Müller aus.

Gerade über den hohen Anteil von Verbrauchsgütern spülen die Familien dem Staat große Summen in die Kassen. Sie erziehen die Arbeitnehmer von morgen, von denen zukünftig die ganze Gesellschaft profitiert. Im Umkehrschluss werden sie unverhältnismäßig hoch steuerlich belastet und ihre Leistungen werden bei der Berechnung der Renten kaum berücksichtigt.

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V.vom 11.11.2019

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 18. November 2019

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung e.V.

Ort: Berlin

Die Erfahrung von Teilhabe und Mitbestimmung stärkt demokratische Einstellungen und Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen. Trotzdem ist echte Mitbestimmung für Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft noch nicht selbstverständlich. Die gemeinsame Fachtagung von Friedrich-Ebert-Stiftung und kijufi am 18. November 2019 von 11-18 Uhr in der FES Berlin fragt, wie digitale Tools dazu beitragen können, Partizipation zu ermöglichen und Mitbestimmung effektiv zu gestalten.

Weitere Informationen finden Sie unter https://klappeauf.org/fachtagung/

Bitte Anmeldung über das Anmeldeformular

Termin: 25. November 2019

Veranstalter: Volkssolidarität Bundesverband e.V.

Ort: Berlin

Es sind noch wenige Plätze frei. Melden Sie sich jetzt an!

Die Workshops 1 und 2 sind bereits voll belegt. Es gibt aber noch freie Plätze in den Workshops 3 und 4, die sicher nicht weniger spannend sein werden!

Ob in Elterngesprächen, im Austausch mit Kolleg*innen, Mitarbeiter*innen der Verwaltung oder den eigenen Vorgesetzten, im Gespräch mit oder zwischen Kindern und Jugendlichen: die Diskussionskultur unserer Gesellschaft hat sich verändert. Platte Sprüche gespickt mit Vorurteilen und Abwertungen gegenüber Menschen verschiedener Herkunft oder sexueller Orientierung, des anderen Geschlechts oder anderer sozialer Milieus begegnen vielen von uns immer häufiger. Auf diese abwertenden Kommentare oder Parolen zu reagieren, fällt nicht immer leicht – sind wir doch oft schockiert, emotional involviert oder selbst betroffen.

Auf dem Fachtag soll sich gemeinsam mit Ihnen und den geladenen Expert*innen mit verschiedenen menschenfeindlichen Perspektiven und Anschauungsweisen auseinander gesetzt werden. In denWorkshops beschäftigt man sich mit Methoden vorurteilsbewusster Erziehung und vorurteilsbewussten Handelns und gemeinsam alltagstaugliches Wissen, Gegenstrategien und -argumente zu erarbeiten und trainieren, um Menschenfeindlichkeit im Kontext erzieherischer und sozialpädagogischer Praxis gestärkt entgegenzutreten. Fachliches Vorwissen ist nicht notwendig.

Das aktuelle Programm können Sie der Einladung entnehmen.

Termin: 25. November 2019

Veranstalter: SPD-Fraktion im Landtag NRW

Ort: Düsseldorf

Der vorliegende Gesetzentwurf zur KiBiz-Revision hat deutlich gezeigt: Es ist allerhöchstens ein Reförmchen, das den Status Quo fortschreibt. Damit ist für die SPD klar, das kann nur ein Zwischenspiel bis zur grundlegenden Reform sein.
Die Fachwelt ist sich einig, dass Kindpauschalen die völlig falsche Grundlage für die Finanzierung der frühkindlichen Bildung sind. Sie lassen alle Beteiligten im Unklaren: Träger in der Planungssicherheit, Erzieher*innen in ihrer persönlichen Planung und Familien in der Frage des Betreuungsplatzes. Gelder fließen erst mit abgeschlossenem Betreuungsvertrag. Damit herrscht aber in der Einrichtung lange Zeit Unklarheit über die Finanzierung des nächsten Kitajahres.
Gemeinsam mit Experten aus der Wissenschaft, der Praxis und den Gewerkschaften wollen wir ergründen, wie man die Finanzierung der frühkindlichen Bildung vom Kopf auf die Füße stellt und dadurch mehr Sicherheit für alle erlangen kann. Im Zentrum soll hier der Ansatz einer festen Sockelfinanzierung stehen. Gemeinsam wollen wir diskutieren, wie ein solches neues Finanzierungssystem zu mehr Qualität und Planungssicherheit führen und wie man gemeinsam den Druck zum Systemwechsel erhöhen kann.

Weitere Informationen zum Programm und die Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 28. November 2019

Veranstalter: Deutsches Kinderhilfswerk e.V.

Ort: Berlin

Das Deutsche Kinderhilfswerk veranstaltet am 28. November 2019 in Berlin den Fachtag „Party-cipate! Über die Bedeutung von Partizipation in der kulturellen Praxis“. Der Fachtag beleuchtet vor allem die Bedeutung von Beteiligungsprozessen in der kulturellen Kinder- und Jugendbildung. Dabei steht die Vermittlung theoretischer Grundlagen von Kinder-und Jugendpartizipationsarbeit ebenso im Vordergrund wie der Austausch über praktische und politische Gelingensbedingungen. Zudem werden Einblicke in Methoden der Kinder- und Jugendpartizipation ermöglicht, Grundlagen der allgemeinen Kinderrechte-Arbeit vermittelt sowie Strukturen und Institutionen kommunaler Kinder-und Jugendbeteiligungsarbeit als Ausgangspunkt gelungener Partizipationsprozesse vorgestellt.

„Kulturelle Bildung bietet Kindern einen eigenkreativen Zugang zur Welt und legt ein wichtiges Fundament bei der Persönlichkeitsentwicklung sowie für die spätere gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe. Deshalb fördert das Deutsche Kinderhilfswerk mit „It’s your Party-cipation“ bundesweit Bündnisse für Bildung, die in Projekten der kulturellen Bildung einen Schwerpunkt auf die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen legen und sich mit den Kinderrechten auseinandersetzen. Dabei sollen fehlende chancengerechte Zugänge zu Bildung und Kultur ausgeglichen und gleichzeitig lokale Strukturen geschaffen werden, die diese Leerstellen nachhaltig füllen können. Auf unserem Fachtag möchten wir auch die Rolle von Pädagoginnen und Pädagogen sowie Künstlerinnen und Künstlern bei der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in kulturellen Bildungsprojekten beleuchten, und zudem die praktische Seite in den Fokus stellen, nämlich die Frage, wie Kinderrechte altersgerecht und nachhaltig vermittelt werden können“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Der Fachtag richtet sich insbesondere an kulturelle Bildnerinnen und Bildner und andere Vertreterinnen und Vertreter aus Projekten der kulturellen Kinder- und Jugendbildung.

Nähere Informationen zum Fachtag und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es unter https://doo.net/veranstaltung/40786/buchung.

Der Fachtag wird im Rahmen des Programms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.

Termin: 29. November 2019

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem AWO Bezirksverband Hannover e.V.

Ort: Hannover

21 Prozent aller Kinder in Deutschland leben mindestens fünf Jahre lang dauerhaft oder wiederkehrend in Armut. Für 10 Prozent der Kinder ist Armut somit zumindest kurzzeitig ein Teil ihres Lebens. Doch was bedeutet das für Kinder und Jugendliche konkret?

Kinderarmut hat schwerwiegende Auswirkungen. Vielfach sind Kinder vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen, kulturelle und soziale Aktivitäten können aufgrund der fehlenden finanziellen Möglichkeiten nicht realisiert werden. Im Vergleich zu anderen Gleichaltrigen führt dies bei von Armut bedrohten Kindern zu sozialer Isolierung, materieller Unterversorgung und gesundheitlichen Benachteiligungen. Armut im Kindesalter hat gleichzeitig auch verheerende Konsequenzen für die Zukunftsperspektiven. Denn schlechtere Leistungen und Chancen in der Schule gehen mit Armut häufig einher. Daher ist es den Betroffenen zumeist auch nicht in ihrem Erwachsenenleben möglich, aus diesen Verhältnissen auszubrechen.

Wie muss die Politik handeln, um diesen Kreis zu durchbrechen? Aus welchen Gründen wird Armut so häufig von Generation zu Generation weitergegeben und welche Gruppen sind von Kinderarmut besonders betroffen? Was können Politik und Gesellschaft tun, um die Zukunftsperspektiven dieser Kinder zu verbessern?

Dazu geben Prof. Dr. Gerhard Bäcker (Universität Duisburg-Essen), Birgit Merkel (Zukunftsforum Familie) und Kerstin Tack MdB Kurzstatements. Diesen schließt sich das TOWN HALL MEETING mit dem Publikum an, moderiert von Cosima Schmitt (Journalistin und ZEIT-Autorin),

Das "Town Hall Meeting" ist eine Form der Bürgerbeteiligung, die in Amerika eine lange und erfolgreiche Tradition hat. Es ist ein informelles, öffentliches Treffen, bei dem alle eingeladen sind, ihre Meinung zu äußern und die Vertreter_innen der Öffentlichkeit bzw. gewählte Repräsentant_innen zu befragen.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 29. November 2019

Veranstalter: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

Ort: Berlin

Wohnungslosigkeit ist ein Thema, über das in der Öffentlichkeit nur wenig bekannt ist. Bis heute gibt es keine Statistiken, die Dunkelziffer ist hoch. Und auch viele junge Menschen sind betroffen. Nach aktuellen Schätzungen der BAG-Wohnungslosenhilfe gibt es in Deutschland mindestens 40.000 Jugendliche, die entweder auf der Straße oder in ungesicherten Wohnmöglichkeiten leben, also selbst keine feste Wohnung haben.

Ein Teil dieser Jugendlichen ist am Übergang ins Erwachsenenalter aus sämtlichen „institutionellen Kontexten“ herausgefallen. Das Deutsche Jugendinstitut spricht in diesem Zusammenhang von entkoppelten Jugendlichen, also jungen Menschen zwischen 15 und 27 Jahren, die nur noch schwer erreichbar sind.

Verstärkt wird das Problem durch die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt, vor allem in den Großstädten und Ballungszentren, wo Menschen mit geringem Einkommen oft keinen bezahlbaren Wohnraum mehr finden und Jugendliche ohne finanzielle Unterstützung der Eltern auf der Strecke bleiben, einfach weil sie sich keine eigene Wohnung leisten können.

Das öffentliche Fachgespräch soll dazu führen, diese Gruppe von jungen Menschen stärker in den Fokus zu rücken.

Gemeinsam mit ExpertInnen aus der Praxis, sowie betroffenen Jugendlichen wollen wir Ursachen beleuchten, politischen Handlungsbedarf identifizieren, Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Wohnungslosigkeit ausloten sowie Vorschläge für konkrete Unterstützungsangebote erarbeiten.

Weitere Informationen zum Fachgespräch finden Sie hier.

Die Online-Anmeldung ist bis zum 25. November 2019 möglich.

Termin: 29. November 2019

Veranstalter: Kooperationsveranstaltung zwischen dem Deutschen Juristinnenbund und der
Deutschen Rentenversicherung Bund

Ort: Berlin

Die intensive Diskussion über eine Grundrente zeigt den Handlungsbedarf für eine ausgewogene und existenzsichernde Altersversorgung für alle Menschen in Deutschland. Von einer solchen Grundrente sollen vor allem auch Frauen profitieren. Die diskutierten Vorschläge für eine Grundrente werfen allerdings nicht nur rechtliche Probleme auf, sondern können zudem als Instrument zur Vermeidung von Altersarmut bzw. zur Anerkennung der Lebensleistung wenig überzeugen. So richtig die Diskussion um eine angemessene und ausreichende Alterssicherung gerade für Frauen ist, verstellt der Fokus auf die verschiedenen Vorschläge für die Grundrente auch in der Fachöffentlichkeit den Blick auf andere Gestaltungsoptionen für eine geschlechtergerechte Alterssicherung.

Der gemeinsam von dem Deutschen Juristinnenbund e.V. (djb) und dem Forschungsnetzwerk Alterssicherung der Deutschen Rentenversicherung Bund initiierte Fachdialog "Geschlechtergerechte Reformen in der Alterssicherung" soll diesen Blick weiten und eine fachkundige Diskussion über die Möglichkeiten einer geschlechtergerechten Alterssicherung ermöglichen.

Auf der Grundlage aktueller Daten zu den Erwerbsbiografien und der Alterssicherung von Frauen werden Anforderungen an eine geschlechtergerechte Alterssicherung formuliert. Danach werden alternative Reformansätze innerhalb des Alterssicherungssystems, aber auch im Steuerrecht, vorgestellt. Ganz im Sinne eines Fachdialogs ist viel Zeit für Diskussionen mit den Teilnehmenden der Veranstaltung vorgesehen.

Informationen zu Programm, Anmeldung und Tagungsort finden Sie hier.

Termin: 02. Dezember 2019

Veranstalter: hessenstiftung – familie hat zukunft

Ort: Frankfurt am Main

Im Licht der demografischen Entwicklung, des Fachkräftemangels und der stärkeren Erwerbsbeteiligung von Frauen wird die Vereinbarkeit für Beruf und Familie immer wichtiger. Bereits für Beschäftigte in „Normalarbeitszeit“ ist es häufig schwierig, beides unter einen Hut zu bekommen – für Beschäftigte im Schichtdienst eine noch größere Herausforderung. Wer arbeiten muss, während der Partner und die Kinder frei haben, bekommt vom Familienleben oft nicht mehr viel mit. Doch sind Schichtarbeit und Vereinbarkeit tatsächlich unvereinbar? Oder gibt es Möglichkeiten, auch den Schichtdienst familienfreundlich zu gestalten? Oder stecken in der Gestaltung von Schichtarbeit sogar Chancen für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben?

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

AKTUELLES

Die Expertinnen und Experten der Arbeitsgruppe „Sorge- und Umgangsrecht, insbesondere bei gemeinsamer Betreuung nach Trennung und Scheidung“ haben sich auf Thesen zu einer Reform des Sorge- und Umgangsrechts verständigt. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird diese Thesen jetzt prüfen und auswerten.

Mehr Informationen finden Sie hier.

Väter mit Migrationsgeschichte sind in Kitas und Familienzentren präsent, fragen Vater-Kind Angebote in der Familienbildung nach und suchen nach Möglichkeiten, sich mit anderen Vätern auszutauschen. Sie sind Adressaten von Bildungsträgern, Beratung und Coaching.

Mit einer Erhebung (online-Umfrage) möchte der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration und mit Unterstützung der hessenstiftung – familie hat zukunft herausfinden, welche Angebote für Väter mit Migrationsgeschichte es in Hessen gibt, in welchem Umfang sie genutzt werden und wo Sie als Expertinnen und Experten noch Entwicklungsbedarfe sehen und Unterstützung benötigen. Dabei versteht man Väterarbeit in einem weiten Sinne als Arbeit mit Vätern in Einrichtungen, in Familienbildung, Beratung und Coaching.

Mit der Beantwortung der Fragen, die etwa 15 Minuten am PC in Anspruch nimmt, leisten Sie einen wichtigen Beitrag dazu, aktive Vaterschaft in Hessen zu stärken und Vernetzung zu fördern.

Direkt zur Umfrage geht es hier.

Alle Teilnehmenden erhalten die Ergebnisse der Erhebung nach der Auswertung per Mail zugesandt.

Auf der Fachtagung „Abu, Baba, Tata, Papa: Potentiale migrationssensibler Väterarbeit“ am 5. und 6. Dezember in Frankfurt am Main werden die Ergebnisse der Erhebung präsentiert und diskutiert.

Gerne können Sie sich dazu hier anmelden.

ist ein Diskussionsbeitrag, der für die Weiterentwicklung konkreter Lösungen für das Vereinbarkeitsproblem von Pflege und Beruf wichtige Empfehlungen auf den Punkt bringt. Denn bisherige gesetzliche Regelungen werden von pflegenden Angehörigen für unzureichend gehalten und zudem kaum genutzt. Der Vorschlag eines steuerfinanzierten flexiblen Zeitbudgets wurde von der Sachverständigenkommission zum 2. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung aufgegriffen, und auch der unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf hat in seinem Bericht 2019 die Ausweitung von Freistellungen für pflegende Angehörige und die Einführung einer Lohnersatzleistung vorgeschlagen.

Mit dieser Kurzexpertise will die Friedrich-Ebert-Stiftung einen Beitrag für die anstehenden Diskussionen und gute Lösungen leisten und besonderes Augenmerk auf eine geschlechtergerechte Pflegepolitik lenken.

Kategorien
ZFF-Info

ZFF-Info 17/2019

SCHWERPUNKT I: Bundestagsdebatte Kindergrundsicherung

Anlässlich der heutigen Beratung im Bundestag u.a. zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Faire Chancen für jedes Kind – Kindergrundsicherung einführen“ fordern das ZFF und die AWO endlich zu handeln und die guten Konzepte, die für eine Reform der Familienförderung nun vorliegen, auch umzusetzen.

Hierzu erklärt der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler: „Armut grenzt aus, Armut tut weh und ist für viel zu viele Kinder und Jugendliche ein lebenslanger Begleiter. Die derzeitige Kinder- und Familienförderung kann diesen Missstand nicht beheben, denn sie ist bürokratisch, intransparent und wirkt nach dem Matthäus-Prinzip: Wer hat, dem wird gegeben! Es ist daher dringend an der Zeit, die Familienförderung vom Kopf auf die Füße zu stellen. Neben einer guten und armutssensiblen Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur und existenzsichernder Arbeit für die Eltern, braucht es auch dringend mehr Geld in den Familien. AWO und ZFF setzten sich daher seit 2009 gemeinsam mit dem Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG für eine neue Leistung in Höhe von 628 Euro ein, die ein Existenzminimum für alle Kinder und Jugendlichen sichert, sozial gerecht ausgestaltet ist und unbürokratisch, einkommensabhängig und direkt ausbezahlt wird. Seit nunmehr 10 Jahren diskutieren wir unser Konzept mit allen demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag.“

Birgit Merkel, stellvertretende Vorsitzende des ZFF, fährt fort: „Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen macht mit ihrem Vorschlag einen großen Schritt in die richtige Richtung. Besonders hervorzuheben ist, dass dieser Vorschlag unsere langjährige Forderung nach einer Neuberechnung des Existenzminimums endlich aufgreift, eine automatische Auszahlung der neuen Leistung fordert und ein eigener Anspruch der Kinder gelten soll. Auch die SPD hat gute Ideen für eine Reform der Familienförderung. Für uns ist und bleibt es aber wichtig, dass jedes Kind unserer Gesellschaft gleich viel wert sein muss. Das bedeutet, dass das Existenzminimum, auf welches jedes Kind und jede*r Jugendliche*r Anspruch hat, gleich hoch sein muss und dies unabhängig vom finanziellen Hintergrund der Eltern. Die heutige Bundestagsdebatte und die vielen Konzepte und Ideen, die derzeit im Umlauf sind, sind wichtig für die weitere Diskussion um eine ausreichende Existenzsicherung für alle Kinder, Jugendlichen und ihre Familien. Denn nur gemeinsam sind wir stark!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. und AWO Bundesverband e. V. vom 24.10.2019

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will eine Kindergrundsicherung einführen. In einem Antrag (19/14326) fordert sie die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, um das Kindergeld, den Kinderzuschlag, das Sozialgeld für Kinder und die Bedarfe für Bildung und Teilhabe in der neuen Leistung zusammenzufassen.

Nach dem Willen der Fraktion soll die Kindergrundsicherung als eigenständige Leistung ausgestaltet werden, die nicht als Einkommen der Eltern angerechnet wird. Die Sozialleistung soll sich aus einem fixen Garantie-Betrag für jedes Kind und einem ergänzenden "GarantiePlus"-Betrag, der sich nach der finanziellen Situation der Familie richtet, zusammensetzen. Je niedriger das Einkommen der Eltern ist, desto höher soll der "GarantiePlus"-Betrag ausfallen. Der Garantie-Betrag soll nach den Vorstellungen der Grünen so hoch sein, dass der verfassungsrechtlichen Vorgabe nach Freistellung des kindlichen sächlichen Existenzminimums und des Freibetrags für Betreuung, Erziehung und Ausbildung bei der Besteuerung des Elterneinkommens entsprochen wird. Für das Jahr 2019 beziffern die Grünen die Höhe der Kindergrundsicherung auf die Maximalbeträge von 364 Euro für Kinder bis fünf Jahre, 475 Euro für Kinder bis 13 Jahre und 503 Euro für Kinder bis 17 Jahre.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1180 vom 23.10.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte über die Einführung einer Kindergrundsicherung eine umfassende Priorisierung der Förderung armer Familien und ihrer Kinder, um die Kinderarmut in Deutschland nachhaltig zu bekämpfen. Dazu ist aus Sicht der Kinderrechtsorganisation langfristig eine bedarfsgerechte Kindergrundsicherung notwendig. "Das ,Starke-Familien-Gesetz‘ oder die Änderungen beim Bildungs- und Teilhabepaket sind wichtige Bausteine, um beim Kampf gegen die Kinderarmut in Deutschland vorwärts zu kommen. Aber sie sind eben nur erste kleine Schritte und dürfen nicht das Ende der Fahnenstange sein. Wir brauchen ein Ende der bisherigen komplizierten Beantragungsprozeduren und komplexen Anrechnungsregelungen für Leistungen, auf die Kinder und Jugendliche ein Anrecht haben. Und wir brauchen möglichst frühe und zielgerichtete Hilfen für Kinder und Jugendliche aus armen oder armutsgefährdeten Familien. Unterstützung muss dort ankommen, wo sie gebraucht wird. Die Teilhabemöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen am gesellschaftlichen und kulturellen Leben müssen vom Geldbeutel der Eltern entkoppelt werden", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG, hinter dem 15 Verbände und Organisationen und 13 renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stehen und dem das Deutsche Kinderhilfswerk angehört, hat dazu im Frühjahr eine Erklärung veröffentlicht, in der es wörtlich heißt: "Millionen Kinder in Armut darf es in einem reichen Land wie Deutschland nicht geben. Seit zehn Jahren erleben wir, dass das Thema zwar zunehmend auf der Agenda steht, es Reformbemühungen und ernsthaftere Diskussionen um eine größere Lösung gibt, der große Wurf gegen Kinderarmut aber dennoch bis heute ausbleibt. Der Staat muss für ein gutes Aufwachsen aller Kinder und Jugendlichen Sorge tragen, denn Kinder haben ein Recht auf ein Aufwachsen in sozialer Sicherheit, auf Bildung, Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe. Wir fordern mehr Gerechtigkeit und grundlegende Reformen der Kinder- und Familienförderung. Jedes Kind soll die Chance auf eine gute Entwicklung bekommen. Das sozial ungerechte und bürokratische Fördersystem muss durch eine Kindergrundsicherung ersetzt werden, die Kinderarmut wirksam bekämpft und allen Kindern gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht."

Kinderarmut wirkt sich in vielen Bereichen des Alltags aus, dementsprechend plädiert das Deutsche Kinderhilfswerk für eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Kinderarmut mit aufeinander abgestimmten Infrastruktur- und Geldleistungselementen, die interdisziplinär an verschiedensten Stellen ansetzt. Langfristig tritt das Deutsche Kinderhilfswerk für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung in Höhe von 628 Euro nach dem Modell des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG ein, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, bestehende kindbezogene Leistungen bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem bedarfsgerecht gewährleistet.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 24.10.2019

SCHWERPUNKT II: Umsetzung Kinderrechte

Zum heute von Bundesministerin Lambrecht veröffentlichten Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Kinderrechte ins Grundgesetz“ erklärt KatjaDörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Starke Kinder brauchen starke Kinderrechte im Grundgesetz. Dreißig Jahre nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention ist es endlich an der Zeit, die Kinderrechte auch in unser Grundgesetz aufzunehmen. Dabei kommt es auf die Formulierung an. Schutz-, Förderungs- und Beteiligungsrechte gehören ebenso ins Grundgesetz wie eine vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls bei allen staatlichen Entscheidungen. Diese Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention schaffen einen echten Mehrwert für Kinder und Jugendliche in unserem Land.

Die von der Koalition eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe ist leider keine Erfolgsgeschichte. Bundesministerin Giffey hatte ursprünglich einen einzelnen Formulierungsvorschlag angekündigt. Nun stehen insgesamt drei unterschiedlich weitgehende Formulierungen im Raum, aus denen das Bundesjustizministerium nun wiederum einen Vorschlag bauen soll. Ob die Union da überhaupt mit macht, ist fraglich.
Durch dieses ergebnisarme Vorgehen hat die Bundesregierung mehr als ein Jahr verstreichen lassen, in dem wir bei den Kinderechten hätten weiterkommen können.

Für eine Verfassungsänderung sind die Grünen Stimmen im Bundestag notwendig. Eine schwache Formulierung, die keinen Mehrwert für die Kinder hat, werden wir nicht mittragen. Die Grüne Bundestagsfraktion hat bereits im Juni einen Gesetzentwurf mit einem konkreten Formulierungsvorschlag in den Deutschen Bundestag eingebracht, der zeigt, wie die wichtigen Komponenten der UN-Kinderrechtskonvention in einer schlanken Formulierung im Grundgesetz verankert werden können.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 25.10.2019

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des ergänzenden Berichts an die Vereinten Nationen zur Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland durch die National Coalition erklärt KatjaDörner, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Mit dem Bericht legt die Zivilgesellschaft den Finger dort in die Wunde, wo dringend etwas geschehen muss, um das Leben von Kindern in Deutschland zu verbessern. Und das ist nicht wenig. Er ist ein klarer Handlungsauftrag in Richtung Politik, die Situation von Kindern in unserer Gesellschaft zu verbessern.

Konkret ist der Bericht ein deutlicher Aufruf, die Kinderrechte endlich ins Grundgesetz aufzunehmen. Die Defizite der Bundesregierung beim Kampf gegen Kinderarmut, den ungleichen Bildungszugang und Diskriminierung sind eklatant. Die Verankerung von Kinderrechten mit einer starken Formulierung in unserer Verfassung würde einen großen Schritt nach vorn bedeuten. Die Politik würde endlich dazu verpflichtet werden, die Interessen und das Wohl von Kindern in den Mittelpunkt zu stellen.

Klar ist: Wer seine Rechte einfordern soll, muss über sie Bescheid wissen. Wir müssen darum auf allen Ebenen für eine flächendenkende Bildungsarbeit über Kinderrechte sorgen. Jeder und jede muss darüber Bescheid wissen, nicht nur Kinder. Dieses Wissen muss dann auch Anwendungsmöglichkeiten finden. Dafür müssen Beschwerdestrukturen in allen Einrichtungen, die sich an Kinder wenden, geschaffen werden. Es wird endlich Zeit für Ombudschaften in der Kinder- und Jugendhilfe.

Ganz zentral ist die Frage der Beteiligung: Junge Menschen wollen und sollen mehr mitreden. Die Absenkung des Wahlalters wäre ein wichtiges Mittel, um jungen Menschen auch politisch mehr Gehör zu verschaffen. Wir Grüne fordern, dass junge Menschen schon mit 16 Jahren wählen und mitbestimmen können sollen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 22.10.2019

„Kinderrechte führen in der Politik von Union und SPD ein Schattendasein. Die Bundesregierung versagt bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention regelrecht.“, erklärt Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag, zum Bericht der National Coalition Deutschland an die Vereinten Nationen über „Die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland“. Müller weiter:

„Trotz vollmundiger Ankündigungen von Union und SPD, Kinderarmut in Deutschland wirksam bekämpfen zu wollen, ist es gerade Armut, die das Leben vieler Kinder in Deutschland erheblich beeinträchtigt. Die Bundesregierung hat bisher wenig getan, um an der Situation armer Kinder und ihrer Familien etwas zu ändern. In anderen Fällen ist sogar eine regelrechte Ignoranz gegenüber den Rechten von Kindern und Jugendlichen festzustellen. So missachtet die Bundesregierung durch die Kontingentregelung das Recht von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten auf Familienzusammenführung.

Die Bundesregierung sollte den Bericht sehr ernst nehmen. Sie muss ihrem Versprechen, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen, endlich Taten folgen lassen. Hier darf es keine weiteren Verzögerungen geben.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 22.10.2019

Die Arbeitsgruppe von Bund und Ländern zur Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz hat vor wenigen Stunden ihren Abschlussbericht vorgelegt. Auffallend ist, dass in dem Dokument über 237 Seiten kein Wort zum Wahlrecht für Kinder zu finden ist. „Tatsächliche Beteiligungsrechte für Kinder – also das aktive Wahlrecht – spielen keine Rolle im Abschlussbericht“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes (DFV).

Kinderrecht ist in erster Linie Wahlrecht. Denn nur wer wählen kann, hat die Möglichkeit in einer Demokratie mitzubestimmen. Wer Kinderrechte ernst nimmt, fasst als erstes das Wahlrecht ins Auge. „Die Bund-Länder-Gruppe zur Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz klammert das wichtigste demokratische Grundrecht aus. Fast 14 Millionen Kindern und Jugendlichen in Deutschland bleibt das Wahlrecht auf Bundesebene weiterhin verwehrt“, so Heimann.

Die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Die Arbeitsgruppe wurde mit dem Auftrag eingesetzt, Empfehlungen für einen Gesetzesentwurf zu entwickeln. „Kinderrechte ohne die ausdrückliche Erwähnung des Wahlrechts sind eine politische Farce“, sagt der DFV-Bundesgeschäftsführer. „Es ist ein trauriges Signal für unsere Demokratie.“

Der Familienverband setzt sich für die Einführung des Wahlrechts ab Geburt ein. Schirmherrin der Kampagne „Nur wer wählt, zählt!“ ist Renate Schmidt, Bundesministerin für Familie a.D.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 25.10.2019

Der heute von der National Coalition Deutschland vorgelegte zivilgesellschaftliche Bericht an die Vereinten Nationen zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland zeigt nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes ganz deutlich, dass bei der Umsetzung von Kinderrechten in Deutschland noch viel Luft nach oben ist. Das gilt insbesondere für die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz, bei der Bekämpfung der Kinderarmut, bei der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sowie bei der Berücksichtigung von Kinderrechten in Justiz und Verwaltung, den Rechten von Flüchtlingskindern und der Umsetzung von Kinderrechten beim Aufwachsen in der digitalen Welt. Deshalb sollte die Bundesregierung gemeinsam mit Ländern und Kommunen den "Nationalen Aktionsplan für ein kindergerechtes Deutschland" neu auflegen, um Kinderrechte in Deutschland umfassender als bisher zu verwirklichen.

"Die Bundesregierung sollte den Bericht der National Coalition zum Anlass nehmen, bei den Kinderrechten noch einmal aufs Tempo zu drücken. Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat Deutschland in der Vergangenheit immer wieder ein schlechtes Zeugnis in Sachen Kinderrechte ausgestellt und deutlich gemacht, dass wir gemessen am wirtschaftlichen Wohlstand an vielen Stellen noch immer ein kinderrechtliches Entwicklungsland sind. Wir müssen endlich Kinderrechte im Grundgesetz verankern, die gleichermaßen den Vorrang des Kindeswohls, Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche sowie Entwicklungs- und Entfaltungsrechte absichern. Nur so kann eine nachhaltige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention gewährleistet und sichergestellt werden. Bei der Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland braucht es eine auf Nachhaltigkeit angelegte Gesamtstrategie mit aufeinander abgestimmten Infrastruktur- und Geldleistungselementen, und langfristig eine bedarfsgerechte Kindergrundsicherung", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Und auch beim Thema Beteiligung von Kindern und Jugendlichen geht es insgesamt zu langsam voran. Bund, Länder und Kommunen müssen zügig weitere gesetzliche Maßnahmen in die Wege leiten, um die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen abzusichern. Eine wichtige Aufgabe in diesem Zusammenhang ist die Ausgestaltung von Justiz und Verwaltung in kindgerechter Weise, um den Zugang zum Recht für alle Kinder zu garantieren. Große Herausforderungen bestehen aktuell auch im Hinblick auf die Umsetzung von Kinderrechten beim Aufwachsen in der digitalen Welt. Zu oft noch sind Kinder zum Beispiel bei der Internetnutzung Gefährdungen ihrer grundlegenden Rechte ausgesetzt. Es wird stärker als bislang Aufgabe der Bundesregierung sein müssen, sowohl den Schutz als auch die Teilhabe und Förderung von Kindern in digitalen Lebenswelten nachhaltig abzusichern. Zudem bleibt die bedeutende Frage, wie Kindeswohlüberlegungen systematisch Eingang in Entscheidungen von Behörden, Gerichten und des Gesetzgebers finden, insbesondere in Bezug auf die Unterbringung geflüchteter Kinder mit ihren Familien und den Familiennachzug. Bei all diesen Themen können wir uns eine ,Politik der kleinen Schritte‘ nicht leisten. Und schon jetzt muss sich die Bundesregierung wiederum auf harsche Kritik des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes einstellen", so Hofmann weiter.

Alle Staaten, die die UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet haben, müssen regelmäßig vor dem Kinderrechte-Ausschuss in Genf berichten, wie sie mit deren Umsetzung in ihrem Land vorankommen. Dazu reichen die Staaten Berichte ein, aber auch von zivilgesellschaftlichen Organisationen werden dem Ausschuss ergänzende Berichte vorgelegt. Nach der Untersuchung durch den UN-Ausschuss erhält die Regierung Empfehlungen für die bessere Umsetzung der Konvention. Das Berichtssystem mit einer regelmäßigen kinderrechtsbasierten Datenerhebung ist damit eine Grundlage für eine umfassende Evaluation des Umsetzungsstandes der Kinderrechte. Gleichzeitig besteht auch im Bereich der systematischen Erhebung empirischer Daten anhand von kinderrechtlichen Indikatoren noch ein erheblicher Nachholbedarf. Nachdem in Deutschland die UN-Kinderrechtskonvention am 05. April 1992 in Kraft trat, erfolgte im Februar 2019 die vierte Veröffentlichung eines Staatenberichts und jetzt des entsprechendes Berichts der zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 22.10.2019

Das Aktionsbündnis Kinderrechte begrüßt den Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Kinderrechten im Grundgesetz, mit dem die verfassungsrechtliche Normierung der Kinderrechte ein großes Stück näher rückt. Das Aktionsbündnis (Deutsches Kinderhilfswerk, Deutscher Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind) tritt dafür ein, dass die UN-Kinderrechtskonvention zwingend Maßstab für die Aufnahme der Kinderrechte im Grundgesetz wird. Neben Schutz- und Förderrechten ist dabei zentral, dass auch Beteiligungsrechte und die Vorrangstellung des Kindeswohls bei allen Kinder und Jugendliche betreffenden Entscheidungen Einzug ins Grundgesetz finden. Die Regelung zu Kinderrechten im Grundgesetz darf im Ergebnis nicht hinter dem zurückbleiben, was in der UN-Kinderrechtskonvention, der Charta der Grundrechte der EU und in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes enthalten ist. Insofern sollte die im Abschlussbericht aufgeführte weitestgehende Formulierung als Grundlage für den weiteren Gesetzgebungsprozess dienen.

Für das Aktionsbündnis Kinderrechte ist unabdingbar, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft stattfindet, damit neben politischen Erwägungen auch die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards angemessen Berücksichtigung finden. Wichtig ist zudem, dass die explizite Verankerung des Kindeswohlvorrangs und des Beteiligungsrechts nicht dem zu erwartenden parlamentarischen Ringen zum Opfer fallen. Nur mit der Verankerung dieser beiden sich ergänzenden Prinzipien kann dem Anspruch einer ernsthaften Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention entsprochen und dem aktuellen Umsetzungs- und Anwendungsdefizit der Kinderrechtskonvention entgegengewirkt werden.

Bisher gilt die UN-Kinderrechtskonvention nur als einfaches Bundesrecht in Deutschland, sodass Rechtsanwendende die für alle geltenden Grundrechte nur über eine komplizierte Herleitung des Völkerrechts mit einem besonderen kinderrechtlichen Gehalt auslegen können. Mehr Rechtssicherheit kann nur durch eine klare Regelung von Kinderrechten im Grundgesetz erreicht werden. Denn Grundrechte binden Parlamente, Ministerien, Behörden und Gerichte als unmittelbar geltendes Recht, sodass sie bereits frühzeitig in ihren Entscheidungen eine kinderrechtliche Perspektive einnehmen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk, Deutscher Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland und Deutsche Liga für das Kind vom 22.10.2019

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Projekt „Pausentaste“ verzeichnet 50.000 Besuche auf der Webseite und 3.300 Beratungen per Telefon oder E-Mail

Das Projekt „Pausentaste“ zur Unterstützung pflegender Kinder und Jugendlicher wird erweitert: Ab sofort können sich Betroffene auch in einem Chat beraten lassen – zwei Mal wöchentlich stehen dafür Fachleute vom Kinder- und Jugendtelefon "Nummer gegen Kummer" bereit. Schon die bisherigen Angebote des Projekts werden gut angenommen. Seit Beginn im Januar 2018 verzeichnete die Webseite www.pausentaste.de über 50.000 Besuche. Zudem wurden bereits rund 3.300 Beratungen per Telefon oder E-Mail mit Betroffenen geführt.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey betonte anlässlich des dritten Netzwerktreffens der „Pausentaste“ im BMFSFJ: „Auch pflegende Kinder brauchen Pausen. Sie brauchen jemanden zum Zuhören. Sonst wird aus Pflege Stress, Überforderung und Einsamkeit. Dann ist keine Kraft mehr für Schule, Freunde und Freizeit. Ich habe größten Respekt davor, was pflegende Kinder und Jugendliche für ihre Geschwister oder Eltern täglich leisten und wünsche mir, dass die ‚Pausentaste‘ bei allen bekannt wird, die es angeht – und gedrückt wird, wann immer es nötig ist. Damit sie ihre Gedanken, Sorgen und Ängste loswerden oder sich Rat holen können. Sie müssen wissen, dass sie nicht allein sind und bestmöglich unterstützt werden.“

Laut einer Studie der Universität Witten-Herdecke (2018) im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums kümmern sich bundesweit rund 479.000 Kinder und Jugendliche um chronisch kranke oder pflegebedürftige Angehörige – sie helfen bei den unterschiedlichsten Aufgaben: Sie kochen Essen, gehen einkaufen oder putzen. Manchmal übernehmen sie aber auch echte pflegerische Aufgaben. Oft machen sie sich viele Sorgen um ihre hilfe- und pflegebedürftigen Angehörigen, haben neben Schule und Pflege zu wenig Freizeit, sind körperlich angestrengt und haben niemanden, um über ihre Situation zu reden.

Im Januar 2018 ist darum das Projekt „Pausentaste – Wer anderen hilft, braucht manchmal selber Hilfe“ an den Start gegangen. Das Projekt des BMFSFJ will junge Pflegende bundesweit durch ein niedrigschwelliges Beratungsangebot unterstützen. Die „Pausentaste“ soll ihnen helfen, Pausen einzulegen, zu reflektieren und Hilfsangebote wahrzunehmen oder über die eigene Situation zu sprechen – auch anonym. Das Angebot umfasst die Website www.pausentaste.de, sowie eine telefonische Beratung und eine E-Mail-Beratung beim Kinder- und Jugendtelefon der "Nummer gegen Kummer". Hinzu kommt nun die Beratung per Chat.

Hintergrundinformation:

Seit dem 1. Januar 2018 erhalten pflegende Kinder und Jugendliche durch die „Pausentaste“ gezielt Hilfe und Rat beim Kinder- und Jugendtelefon der "Nummer gegen Kummer", das unter der kostenlosen Nummer 116 111 erreichbar ist. Die Beratung ist anonym und wird von Montag bis Samstag jeweils von 14 bis 20 Uhr angeboten. An Samstagen findet zudem eine "Peer-to-Peer"-Beratung durch speziell ausgebildete Beraterinnen und Berater im Alter von 16 bis 21 Jahren statt.

Die ebenfalls anonyme E-Mail-Beratung über www.nummergegenkummer.de ist rund um die Uhr erreichbar. Der Chat ist unter nummergegenkummer.de und pausentaste.de erreichbar. Die Beratung durch Fachkräfte von Nummer gegen Kummer e.V. wird zu folgenden Zeiten angeboten: Mittwoch von 15-17 Uhr und Freitag von 16-18 Uhr.

Parallel zum Projekt „Pausentaste“ unterstützt das BMFSFJ regelmäßige Treffen zum Austausch mit Akteurinnen und Akteuren, die Informations- und Hilfsangebote für pflegende Kinder und Jugendliche in verschiedenen Regionen anbieten. In diesem Rahmen wurde auch ein Netzwerk, dem mittlerweile 70 Initiativen angehören, ins Leben gerufen. Das dritte Netzwerktreffen findet heute – in Verbindung mit einem Fachtag zum Thema „Trauerbegleitung von Kindern und Jugendlichen“ – im BMFSFJ in Berlin statt.

Weiterführende Informationen:

www.pausentaste.de

www.nummergegenkummer.de

Link zur Studie der Universität Witten-Herdecke (2018) unter Leitung von Prof. Dr. Sabine Metzing im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Pflege/Berichte/Abschlussbericht_KinderundJugendlichepflegAngeh.pdf

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 29.10.2019

Ministerin Giffey startet bundesweite Kampagne

Um den Fachkräftebedarf in der Pflege in Zukunft decken zu können, hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die „Ausbildungsoffensive Pflege“ ins Leben gerufen. Heute nun startete Bundesministerin Dr. Franziska Giffey die dazu gehörige bundesweite Informations- und Öffentlichkeitskampagne „Mach Karriere als Mensch!“. Diese begleitet den Beginn der neuen Pflegeausbildungen nach dem Pflegeberufegesetz ab Anfang 2020.

Ministerin Giffey: „Pflege ist ein Zukunftsberuf. Die neue Ausbildung hat viele Vorteile und Chancen. Darauf wollen wir mit der Kampagne aufmerksam machen. Die Motive sind modern und auffällig und sollen vor allem Jugendliche erreichen, die gerade in der Berufsorientierungsphase sind. Ansprechen wollen wir aber genauso Menschen mit dem Wunsch nach beruflicher Neuorientierung. Durch das neue Pflegeberufegesetz ab 2020 wird der Pflegeberuf noch attraktiver: Endlich wird das Schulgeld abgeschafft und überall in Deutschland eine angemessene Ausbildungsvergütung sichergestellt. Mit der generalistischen Ausbildung können die Fachkräfte dann in allen Pflegebereichen von der Kinderkrankenpflege bis zur Altenpflege arbeiten. Und wer will, kann die Ausbildung als Studium absolvieren. Dafür wollen wir jetzt Menschen begeistern und gewinnen. Unser Ziel ist, die Zahl der Pflege-Azubis in fünf Jahren um zehn Prozent zu steigern.“

Zum heutigen Start der Kampagne konnten sich Schülerinnen und Schüler im E-Werk Berlin an Informationsständen bei Berliner Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und Pflegeschulen über Ausbildungsmöglichkeiten in der Pflege informieren. Neben Ministerin Giffey diskutierte auch der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung Andreas Westerfellhaus in einer Podiumsdiskussion über die neue Pflegeausbildung.

Neben der Kampagne hat das Bundesfamilienministerium beim BAFzA (Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben) das Beratungsteam, das in ganz Deutschland in den Pflegeschulen und Pflegeeinrichtungen informiert und berät, auf 40 Personen aufgestockt.

Die Informations- und Öffentlichkeitskampagne wird gemeinsam mit rund 40 Partnern der „Ausbildungsoffensive Pflege“ umgesetzt, die das BMFSFJ im Januar 2019 gestartet hat. Zu den Partnern gehören die in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege relevanten Akteure wie Bund, Länder, Kommunen, Wohlfahrts-, Berufs- und Trägerverbände mit ihren rund 30.000 Mitgliedseinrichtungen, Sozialpartner, Kostenträger und die Bundesagentur für Arbeit.

Durch die Reform der Pflegeberufe wird die Ausbildung zur Pflegefachperson in Deutschland modernisiert und attraktiver gemacht sowie der Berufsbereich der Pflege insgesamt aufgewertet. Das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit vorbereitete und im Juli 2017 verkündete Pflegeberufereformgesetz schafft den Rahmen für den Start der neuen Pflegeausbildungen ab Anfang 2020.

Um die Einführung der neuen Pflegeausbildungen zu flankieren, wurde im Rahmen der „Konzertierten Aktion Pflege“ im Januar 2019 vom BMFSFJ die „Ausbildungsoffensive Pflege (2019-2023)“ mit insgesamt 111 Maßnahmen gestartet, die unter anderem die Umsetzung einer Informations- und Öffentlichkeitskampagne vorsieht. Ein zentrales Ziel der Offensive ist es, die Zahl der Auszubildenden und ausbildenden Einrichtungen bis 2023 um 10% zu erhöhen.

Weitere Informationen unter:

www.bmfsfj.de

www.pflegeausbildung.net

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 22.10.2019

Ministerin Giffey: Gelungener Start der Fachkräfteoffensive für Erzieherinnen und Erzieher

Gut ausgebildete und motivierte Fachkräfte in ausreichend hoher Zahl sind das A und O für eine gute Kinderbetreuung. Deshalb unterstützt das Bundesfamilienministerium zusätzlich zum Gute-KiTa-Gesetz mit dem Bundesprogramm „Fachkräfteoffensive Erzieherinnen und Erzieher“ die Länder dabei, mehr Nachwuchskräfte für die frühkindliche Bildung zu gewinnen und bereits ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher im Beruf zu halten – Motto: „Nachwuchs gewinnen, Profis binden“.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey hat zum Start des Ausbildungsjahres 2019/2020 eine positive erste Bilanz gezogen: „Wir müssen in Deutschland für die Aufwertung der sozialen Berufe insgesamt eintreten. Die Fachkräfteoffensive ist ein Beitrag dazu. Die Resonanz war von Anfang an überwältigend. Der Programmstart ist damit gelungen: Alle 2.500 Plätze in der praxisintegrierten vergüteten Ausbildung sind belegt, alle Länder machen mit. Die Fachkräfteoffensive setzt als bundesweites Modell einen wichtigen Impuls für den Erzieherberuf, um gemeinsam mit den Ländern den großen Fachkräftebedarf zu bewältigen. So haben wir unter unseren Azubis lebenserfahrene Menschen, die zum Beispiel im Gartenbau, als Bibliothekarin, Betriebswirtin oder Schulhelfer gearbeitet haben, aber eigentlich schon immer Erzieherin oder Erzieher werden wollten. Aber sie konnten es sich bisher einfach nicht leisten, Schulgeld zu bezahlen und drei Jahre ohne Gehalt zu überbrücken. Mit einer vergüteten Ausbildung zeigt sich, dass wir den Beruf durch bessere Rahmenbedingungen attraktiver machen können. Dazu gehören neben der Ausbildungsvergütung eine professionelle Begleitung der Ausbildung sowie fachliche und finanzielle Entwicklungsperspektiven. Mit der Fachkräfteoffensive haben wir ein Angebot geschaffen, das Schule machen sollte – Nachmachen in den Ländern ausdrücklich erwünscht.“

Kernelemente der Fachkräfteoffensive sind die drei „P“s fürs Personal: mehr Plätze in der vergüteten praxisintegrierten Ausbildung, gute Praxis durch professionelle Anleitung und bessere berufliche und finanzielle Perspektiven mit dem Aufstiegsbonus für Profis.

Allein für die praxisintegrierte vergütete Ausbildung gingen über 7.600 Interessensbekundungen ein. In den vergangenen Wochen sind die 2.500 Fachschüler und Fachschülerinnen bereits gestartet. Der Bund gewährt Trägern hierfür modellhaft einen Zuschuss zur Ausbildungsvergütung inklusive der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Die Ausbildungsvergütung beträgt im ersten Jahr 1.140 Euro, im zweiten Jahr 1.202 Euro und im dritten Jahr 1.303 Euro im Monat.

Im zweiten Programmbereich, der Praxisanleitung, stehen ebenfalls 2.500 Programmplätze zur Verfügung. Vom Bund können hier Qualifizierungskosten sowie ein finanzieller Ausgleich für den zeitlichen Anleitungsaufwand übernommen werden.Der dritte Programmbereich bietet 1.500 Fachkräften die Möglichkeit, einen Aufstiegsbonus zu erhalten. Dafür müssen sie eine Zusatzqualifikation erworben haben und besondere Aufgaben in der Kita übernehmen.

Interessierte Träger von Kindertageseinrichtungen konnten sich seit Ende März für die Förderung in drei Bereichen bewerben:Praxisintegrierte vergütete Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher.

Der Bund gewährt Trägern einen Zuschuss von 1.450 Euro im ersten Jahr der Ausbildung, 1.130 Euro im zweiten und 540 Euro im dritten. Damit fördert der Bund jeden dieser Ausbildungsplätze mit insgesamt 37.440 Euro. Die Auszubildenden werden Mitte 2022 nach drei Jahren die Ausbildung beendet haben und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.Praxisanleitung durch professionelle Begleitung der Fachschülerinnen und Fachschüler.

Das Bundesprogramm stellt bis zu 1.000 Euro pro Person zur Verfügung für die Weiterqualifizierung zu professionellen Anleitungskräften und finanziert zusätzliche Zeit für die Ausbildung des Nachwuchses in der Praxis.Perspektiven mit dem Aufstiegsbonus für Profis nach Weiterqualifikation.

Der Bund gibt bis zu 300 Euro pro Monat und Person, um Erzieherinnen und Erzieher mit Zusatzqualifikation besser zu vergüten.

Die Bundesländer wurden bei der Definition länderspezifischer Kriterien einbezogen und auch am Auswahlverfahren beteiligt. Antragsberechtigt waren Träger von öffentlich geförderten Kinderbetreuungseinrichtungen.

Bereits heute sind in vielen Regionen Deutschlands Engpässe bei pädagogischen Fachkräften zu verzeichnen. Gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen sind unabdingbar, um dem Fachkräftemangel in der frühkindlichen Bildung entgegenzuwirken. Aktuellen Schätzungen einer prognos-Studie zufolge könnten in Deutschland bis zum Jahr 2025 rund 191.000 pädagogische Fachkräfte fehlen.

Weitere Informationen unter: https://fachkraefteoffensive.fruehe-chancen.de/

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 17.10.2019

Bund und Länder haben heute den Startschuss für eine gemeinsame Initiative „Schule macht stark“ zur Unterstützung von Schulen in sozial schwierigen Lagen gegeben. Damit kann nun die Umsetzung des Vorhabens beginnen. Die Initiative wird über zehn Jahre laufen, ein Gesamtvolumen von 125 Millionen Euro haben und zum Schuljahresbeginn 2021/2022 in den Schulen starten.

„Der Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen hängt nach wie vor viel zu sehr von der sozialen Herkunft und dem sozialen Umfeld ab. Schulen in sozial schwierigen Lagen stehen vor ganz besonders großen Herausforderungen. Wir lassen solche Schulen, ihre Lehrkräfte und ihre Schülerinnen und Schüler mit ihren Problemen nicht alleine. Deshalb unterstützen wir sie mit dem Programm ‚Schule macht stark.

Das Förderprogramm wurde auf Initiative der SPD im Koalitionsvertrag verankert. Seitdem drängt die SPD-Bundestagsfraktion auf eine zügige Umsetzung des Vorhabens. Anfang des Jahres haben wir dazu einen gemeinsamen Koalitionsantrag in den Deutschen Bundestag eingebracht. Dank einer Anschubfinanzierung im Bundeshaushalt 2019 konnte bereits der Weg für das Programm bereitet werden. Es ist gut, dass jetzt die konkrete Umsetzung des Programms losgehen kann.

Das Programm beginnt mit einer Erprobungsphase an bundesweit 200 ausgewählten Modellschulen. Auf sie folgt der Transfer von bewährten Praxisbeispielen in die Fläche. Der Bund sorgt mit 62,5 Millionen Euro für die begleitende Forschung und Programmevaluation. Die 62,5 Millionen Euro der Länder werden in die Auswahl, Begleitung und Förderung der teilnehmenden Schulen fließen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 23.10.2019

Der Deutsche Bundestag hat heute die Wohngeldreform verabschiedet. Damit ist der Weg frei für eine Wohngelderhöhung zum 1. Januar 2020. Künftig steigt das Wohngeld mit den Miet- und Verbraucherpreisen automatisch. Die SPD-Bundesfraktion begrüßt die Erhöhung ausdrücklich.

„Das Wohngeld erfüllt eine wichtige sozialpolitische Funktion. Mit der Reform tragen wir dazu bei, dass Wohnen auch für einkommensschwache Haushalte bezahlbar bleibt. Erstmalig werden wir eine Dynamisierung des Wohngeldes einführen. Künftig wird das Wohngeld alle zwei Jahre an die Miet- und Verbraucherpreisentwicklung angepasst. Damit sichern wir die mit der Wohngeldreform im Jahr 2020 erreichte Entlastungswirkung des Wohngeldes auch für die kommenden Jahre. Wir nehmen den Menschen die Angst, aus dem Wohngeld rauszufallen. Die Reform des Wohngeldgesetzes und seine regelmäßige Dynamisierung ist ein Meilenstein sozialdemokratischer Politik in dieser großen Koalition für ein solidarisches Land.

Mit der Reform werden Reichweite und Leistungsniveau des Wohngeldes erhöht. So haben ab 2020 knapp 660.000 Haushalte Anspruch auf Wohngeld, eine Steigerung um 40 Prozent. Gleichzeitig gibt es mehr Geld: Der durchschnittliche Wohngeldbetrag eines Zwei-Personen-Haushalts steigt von 145 Euro auf voraussichtlich 190 Euro.

Neu eingeführt wird die Mietenstufe VII. Die neue Mietenstufe trägt den starken regionalen Unterschieden des Mietniveaus innerhalb Deutschlands Rechnung. Diese Mietenstufe erhalten nun Kreise und Gemeinden mit einer Abweichung des Mietenniveaus von 35 Prozent und höher gegenüber dem Bundesdurchschnitt.

Durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen wird für Inseln ohne Festlandanschluss eine eigene gemeinsame Mietenstufe festgelegt. Denn das Mietenniveau auf diesen Inseln ist in der Regel wesentlich höher als in den ihnen zugeordneten jeweiligen Kreisen auf dem Festland. Damit unterstützen wir Haushalte mit niedrigen Einkommen auf diesen Inseln, die Probleme haben, eine Wohnung mit einer günstigen Miete zu finden oder die Miete weiterhin zu bezahlen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 18.10.2019

„Viel zu viele Menschen sind seit Jahren abgehängt. Fast die Hälfte aller Erwerbslosen im Hartz-IV-System ist vier Jahre und länger im Leistungsbezug. Die Bundesregierung hat viel zu wenig für Menschen in Hartz IV getan und von Integration in Arbeit nur geschwafelt. Sie muss Perspektiven schaffen. Wir brauchen mehr gute Arbeit. Dazu muss unter anderem der Mindestlohn auf zwölf Euro die Stunde erhöht und Niedriglohnbeschäftigung in Form der Leiharbeit abgeschafft werden. Grundsätzlich muss die Tarifbindung gestärkt werden“, erklärt Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE, zum aktuellen Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit. Zimmermann weiter:

„Wir brauchen einen starken öffentlich geförderten Beschäftigungssektor mit ausreichend existenzsichernden Stellen. Grundsätzlich müssen erwerbslose Menschen besser unterstützt werden, dazu gehört auch die Einführung eines Rechtsanspruches auf regelmäßige Weiterbildung. Derzeit ist die Arbeitsmarktpolitik unterfinanziert, was die Bundesregierung dringend ändern muss. Hartz IV muss durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung ersetzt werden, die wirklich vor Armut schützt und Teilhabe ermöglicht.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 30.10.2019

„Eine gute soziale Absicherung bei häuslicher Pflege ist notwendig. Noch wichtiger jedoch wäre es, den Anteil an den Pflegekosten zu senken, der von den Angehörigengetragen werden muss. Denn viele entscheiden sich eben nicht aus freien Stücken dafür, als Ersatz für eine professionelle Pflege einzuspringen, sondern werden durch die hohen Zuzahlungen dazu gedrängt, die Pflegeversicherung erst gar nicht in Anspruch und die Pflege stattdessen selbst in die Hand zu nehmen. Und dann sind es meist die Frauen, die ihre Karriere hintanstellen“, erklärt Pia Zimmermann, pflegepolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zu einer Studie des Sozialverbands Deutschland, der zufolge heimische Pflege das Armutsrisiko besonders von Frauen erhöht. Zimmermann weiter:

„Was wir brauchen, ist qualitativ gute Pflege in einer Vollversicherung, die alle pflegebedingten Leistungen finanziert, und zudem eine weitere Verbesserung von funktionierender Tages-, Kurzzeit- und Verhinderungspflege. Das kostet viel Geld. Wenn man eine Pflegevollversicherung einführen will, die Beitragssätze aber konstant bleiben sollen, geht das nur im Rahmen einer Solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung. Dies hat kürzlich der Gesundheitsökonom Heinz Rothgang im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung vorgerechnet. Wer das nicht will, schadet auch den pflegenden Angehörigen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 29.10.2019

"Während die einen bis zum Umfallen arbeiten müssen, haben die anderen zu wenig oder gar keine Arbeit. Wenn die Wirtschaft nicht in der Lage ist, dieses Missverhältnis zu beseitigen, dann muss die Politik handeln", erklärt Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zu ungenutztem Arbeitskräftepotential, nach denen 4,6 Millionen Menschen weniger und 2,2 Millionen mehr arbeiten wollen. Ferschl weiter:

"Statt noch mehr Flexibilisierung, wie es Unternehmensverbände und die CDU/CSU fordern, brauchen wir mehr Schutz und Regulierung für gute und sichere Arbeitsverhältnisse sowie eine Umverteilung von Arbeit. Dazu brauchen die Beschäftigten mehr Mitbestimmungsrechte. So wird aus fremdbestimmter Zeitflexibilität eine selbstbestimmte Zeitsouveränität.

DIE LINKE setzt sich für eine Absenkung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit auf 40 Stunden ein. Damit eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit aber nicht im Umkehrschluss zu Arbeitsverdichtung führt, sind Mitbestimmungsrechte von Betriebs- und Personalräten in Fragen der Personalbemessung einzuführen. Um Frauen wirksam vor der ‚Teilzeitfalle‘ zu schützen, brauchen wir keine Placebos, sondern ein echtes Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit für alle Beschäftigten. Kurz und knapp: Wir brauchen selbstbestimmte Arbeitszeiten für alle Beschäftigten, damit sie nicht zu flexibler Manövriermasse für die Unternehmen werden."

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 18.10.2019

Im vergangenen Jahr sind rund 900.000 neue Sanktionen an Bezieher von Arbeitslosengeld II verhängt worden. 172.000 erwerbsfähige Leistungsbezieher unter 25 Jahren und 72.000 alleinerziehende erwerbsfähige Leistungsberechtigte wurden neu sanktioniert. Das geht aus einer Antwort (19/13116) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/12199) der Fraktion Die Linke hervor.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1200 vom 29.10.2019

70 Prozent aller Beschäftigten haben im Jahr 2018 in einem sogenannten Normalarbeitsverhältnis gearbeitet. Sie arbeiteten also nicht in Teilzeit mit 20 oder weniger Wochenstunden, in geringfügiger oder befristeter Beschäftigung oder in einem Leiharbeitsverhältnis. Das geht aus der Antwort (19/13048) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/12558) der Fraktion Die Linke hervor. 20 Prozent der Beschäftigten arbeiteten demnach hingegen in einem solch atypischen Beschäftigungsverhältnis. Wie die Regierung unter Angaben des Statistischen Bundesamtes weiter schreibt, arbeiteten 71,8 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Vollzeit und 28,2 Prozent in Teilzeit. Der Anteil der Leiharbeitskräfte an allen Kernerwerbstätigen (ohne Auszubildende, Freiwilligendienste) lag im vergangenen Jahr bei 2,5 Prozent.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1200 vom 29.10.2019

Beim bildungspolitischen Maßnahmenpaket im Oktober 2008 vereinbarten die Regierungschefs von Bund und Ländern unter anderem, die Anzahl der Schulabbrecher von acht auf vier Prozent zu halbieren. Dieses Ziel wurde bisher verfehlt. Im Jahr 2017 haben bundesweit 6,9 Prozent der Jugendlichen die Schule ohne einen Schulabschluss verlassen. Das schreibt die Fraktion Die Linke in ihrer Kleinen Anfrage (19/14054).

Die Linke möchte gerne wissen, wie sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der Schulabgängerinnen ohne Schulabschluss seit 2008 entwickelt hat und wie hoch dabei der Anteil der Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist, die den Schulabschluss verfehlen. Zudem fragen die Abgeordneten, aus welchen Gründen der Anteil der Schulabgänger ohne Schulabschluss mit diagnostiziertem Förderbedarf an Förderschulen vergleichsweise höher ist als an allgemeinbildenden Schulen und welche Ursachen aus Sicht der Bundesregierung auf die Niveauunterschiede der Ländervergleiche (Ost/West) zurückzuführen sind.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1199 vom 28.10.2019

Bis 31. Juli dieses Jahres sind insgesamt 123.754 Anträge auf Baukindergeld bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) eingegangen. Die Ablehnungsquote liege bei drei Prozent, erklärt die Bundesregierung in der Antwort (19/13239) auf eine Kleine Anfrage (19/12843) der FDP-Fraktion. Dahinter steckten widersprüchliche Angaben, heißt es weiter: "Die Ablehnungen erfolgen, da die eingereichten Dokumente nicht mit den zuvor bei Antragstellung im Zuschussportal durch den Antragsteller erfassten und bestätigten Angaben übereinstimmen und somit die Förderungsbedingungen gemäß Merkblatt nicht eingehalten werden."

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1197 vom 28.10.2019

Eine Embryonenspende kommt nach Angaben der Bundesregierung bei überzähligen Embryonen in Betracht. Embryonen könnten überzählig werden, wenn sie für die fortpflanzungsmedizinische Behandlung von Paaren, für die sie erzeugt wurden, nicht mehr verwendet werden könnten, heißt es in der Antwort (19/13269) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/12888) der FDP-Fraktion.

Eine Spende überzähliger Embryonen sei gesetzlich nicht geregelt. Der Deutsche Ethikrat und die Nationale Akademie der Wissenschaften, Leopoldina, hätten sich mit dieser Frage befasst und Stellungnahmen abgegeben.

Diskutiert werde derzeit, ob das Auftauen und Weiterkultivieren von imprägnierten Eizellen (Vorkernstadien) zum Zweck der Spende gegen das Gesetz zum Schutz von Embryonen (GSchG) verstoße. Die etwaige Strafbarkeit der Spende sogenannter Vorkernstadien sei Gegenstand eines anhängigen Gerichtsverfahrens. Eine rechtskräftige obergerichtliche Entscheidung stehe noch aus.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1162 vom 21.10.2019

Studie von ForscherInnen des DIW Berlin und ZEW Mannheim auf Basis von Befragung Geflüchteter – Kitas erleichtern Eltern die Integration, insbesondere Müttern – Nach Deutschland geflüchtete Familien sollten frühzeitig über mit Kita-Besuch verbundene Chancen informiert und genügend Kita-Plätze bereitgestellt werden

Besucht ein Kind aus einer nach Deutschland geflüchteten Familie hierzulande eine Kindertageseinrichtung (Kita), ist vor allem die Mutter deutlich besser in die Gesellschaft integriert. Unter anderem spricht und versteht sie besser Deutsch, hat eine höhere Arbeitsmarktorientierung und vermisst ihr Heimatland weniger. Unter dem Strich sind Mütter mit Kita-Kindern – gemessen an einem Gesamtindex für die Integration – um 42 Prozent besser integriert als nach Deutschland geflüchtete Mütter, deren Kind nicht in einer Kita betreut wird. Das haben ForscherInnen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim erstmals auf Basis eines repräsentativen Datensatzes belegt. Dafür werteten C. Katharina Spieß und Ludovica Gambaro vom DIW Berlin und Guido Neidhöfer vom ZEW Daten der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von nach Deutschland Geflüchteten aus den Jahren 2016 und 2017 aus.

„Der Besuch einer Kita ist nicht nur für die Kinder aus geflüchteten Familien sehr wichtig, sondern nachweislich auch für deren Eltern – Kindertageseinrichtungen können also gleich eine doppelte Integrationsrendite erzielen“, sagt C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin. Die mit einem Kita-Besuch verbundenen Chancen sollten geflüchteten Familien daher stärker vermittelt und genügend Plätze bereitgestellt werden, so die StudienautorInnen.

Effekt ist umso größer, je länger die Kinder in einer Kita betreut werden

Die Analysen zeigen, dass die Integration von Müttern und Vätern auch mit vielen anderen Merkmalen zusammenhängt, etwa ihrer Schulbildung oder Aufenthaltsdauer. Doch selbst wenn man dies berücksichtigt, bleibt der Kita-Besuch relevant: Insbesondere Mütter mit einem Kita-Kind sind sehr viel besser integriert als Mütter, die kein Kind in einer Kita haben. Für beide Eltern zusammen liegt der Integrationsindex um 24 Prozent höher. Bei Müttern ist der Zusammenhang deutlich stärker (42 Prozent) als bei Vätern (11 Prozent) – der Kita-Besuch der eigenen Kinder spielt für die Integration der Mütter sogar eine größere Rolle als die Schulbildung.

Dass der Effekt des Kita-Besuchs auf die Integration der Mutter nur ein „Scheineffekt“ ist, können die StudienautorInnen darüber hinaus ausschließen. Theoretisch wäre es denkbar, dass der Zusammenhang allein darauf zurückgeht, dass besser integrierte Mütter ihre Kinder eher in eine Kita schicken. Weitergehende Berechnungen bestätigen allerdings klar, dass diese umgekehrte Wirkungsrichtung ausgeschlossen werden kann. Der Einfluss des Kita-Besuchs des Kindes auf die Integration der Mutter bleibt im statistischen Sinne signifikant. Der Effekt ist zudem umso größer, je länger die Kinder in einer Kita betreut werden.

Kitas könnten zu Zentren für Familien weiterentwickelt werden

Kinder mit Fluchthintergrund gehen im Vergleich zu anderen Kindern allerdings deutlich seltener in eine Kita. Während im Jahr 2017 rund 90 Prozent aller dreijährigen Kinder in Deutschland in einer Kita betreut wurden, waren es unter den dreijährigen Kindern aus geflüchteten Familien nur rund 60 Prozent. „Das Potential ist also groß“, sagt Guido Neidhöfer. „Dass Kinder mit Fluchthintergrund in eine Kita gehen, hängt zum einen davon ab, ob die Eltern bereit sind, entsprechende Angebote zu nutzen – zum anderen aber auch davon, ob es überhaupt genügend Kita-Plätze gibt.“ Kindertageseinrichtungen sollten also weiter ausgebaut werden. Denkbar wäre auch, ergänzt Spieß, sie zu Zentren für Familien weiterzuentwickeln, die die Bedarfe von Kindern, Eltern und der Familie als Ganzes in den Blick nehmen.

Studie im DIW Wochenbericht 44/2019

Infografik in hoher Auflösung

Discussion Paper: The Effect of Early Childhood Education and Care Services on the Social Integration of Refugee Families

Interview mit C. Katharina Spieß

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 30.10.2019

Im September 2019 waren nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) rund 45,3 Millionen Personen mit Wohnort in Deutschland (Inländerkonzept) erwerbstätig. Gegenüber September 2018 nahm die Zahl der Erwerbstätigen um 0,7% zu (+327000Personen). Die Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahreszeitraum hatte im Dezember 2018 noch 1,2%, im Januar 2019 dann 1,1% und zuletzt im August 0,8% betragen. Damit setzte sich der Beschäftigungszuwachs weiter fort, seine Dynamik schwächte sich im Laufe des Jahres 2019 jedoch ab.

Leichter Anstieg der Erwerbstätigenzahl gegenüber August 2019

Im Vormonatsvergleich stieg die Zahl der Erwerbstätigen im September 2019 nach vorläufigen Ergebnissen der Erwerbstätigenrechnung um 221000 Personen (+0,5%) und entwickelte sich somit schwächer als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre im Monat September (+264000 Personen). Saisonbereinigt, das heißt nach rechnerischer Ausschaltung der üblichen jahreszeitlich bedingten Schwankungen, nahm die Erwerbstätigenzahl im September 2019 gegenüber August 2019 leicht um 10000 Personen zu.

Erwerbstätigenzahl im 3.Quartal 2019 um 0,8% höher als im 3.Quartal 2018

Im Durchschnitt der Monate Juli bis September 2019 gab es nach vorläufigen Berechnungen rund 45,4 Millionen Erwerbstätige mit Arbeitsort in Deutschland (Inlandskonzept). Damit stieg die Zahl der Erwerbstätigen im 3.Quartal 2019 im Vergleich zum Vorjahresquartal um 0,8% (+356000 Personen). Ausführliche Ergebnisse zum 3.Quartal 2019 erscheinen am 18. November 2019.

Bereinigte Erwerbslosenquote unverändert bei 3,1%

Nach Ergebnissen der Arbeitskräfteerhebung waren im September 1,32 Millionen Personen erwerbslos. Das waren 106000 Personen weniger als im Vorjahresmonat (-7,7%). Bereinigt um saisonale und irreguläre Einflüsse betrug die Erwerbslosenzahl ebenfalls 1,32Millionen Personen. Sie blieb damit im Vergleich zum Vormonat konstant. Die bereinigte Erwerbslosenquote im September 2019 lag unverändert bei 3,1%.

Tief gegliederte Daten und lange Zeitreihen können in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden: Die Daten zu Erwerbstätigen aus der Erwerbstätigenrechnung sind unter den Tabellennummern 13321-0001 (Monate), 13321-0002 (Quartale) beziehungsweise 81000-0011 (Jahre) verfügbar. Die Daten zu Erwerbstätigen und Erwerbslosen aus der Arbeitskräfteerhebung können unter der Tabellennummer 13231-0001 bis 13231-0003 (Monate) abgerufen werden.

Methodische Hinweise

Die Erwerbstätigenzahlen aus der Erwerbstätigenrechnung und aus der Arbeitskräfteerhebung unterscheiden sich. Die Abweichungen sind auf die unterschiedlichen eingesetzten Konzepte der beiden Statistiken zurückzuführen. Nähere Hinweise zu den Hintergründen der Ergebnisunterschiede zwischen Arbeitskräfteerhebung und Erwerbstätigenrechnung finden Sie in den Erläuterungen zur Statistik.

Neben der Erstberechnung der Erwerbstätigenzahl für September 2019 wurden auch die vorläufigen monatlichen Ergebnisse zur Erwerbstätigkeit für das Jahr 2019 neu berechnet. Hierbei wurden alle zum jetzigen Berechnungszeitpunkt zusätzlich verfügbaren erwerbsstatistischen Quellen einbezogen. Aus der Neuberechnung resultierten für die monatlichen Erwerbstätigenzahlen Vorjahresveränderungsraten, die in den Monaten April, Mai und August jeweils um 0,1 Prozentpunkte höher liegen als die bisher veröffentlichten Ergebnisse.

Erwerbstätige und Erwerbslose werden nach dem Erwerbstatuskonzept der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gezählt. Die ausgewiesene Erwerbslosigkeit darf deswegen nicht mit der registrierten Arbeitslosigkeit verwechselt werden, die von der Bundesagentur für Arbeit entsprechend dem Sozialgesetzbuch veröffentlicht wird. Für die Berechnung der Erwerbslosenquoten werden im Europäischen Statistischen System einheitlich die Ergebnisse der Arbeitskräfteerhebung zugrunde gelegt.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 30.10.2019

Im Jahr 2018 wünschten sich knapp 4,6Millionen Menschen im Alter von 15bis 74 Jahren Arbeit oder eine Erhöhung ihrer Arbeitszeit. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach Ergebnissen der Arbeitskräfteerhebung weiter mitteilt, sank das ungenutzte Arbeitskräftepotenzial im Vergleich zum Vorjahr um 9,3% (-471000 Personen).

Das ungenutzte Arbeitskräftepotenzial setzte sich aus knapp 1,5 Millionen Erwerbslosen, knapp 2,2Millionen Unterbeschäftigten und 925000 Personen in Stiller Reserve zusammen. Im Vorjahresvergleich sanken sowohl die Zahl der Erwerbslosen (-153000) als auch die Zahl der Unterbeschäftigten (-237000) deutlich. Auch die Zahl der Personen in Stiller Reserve verringerte sich (-82000 Personen).

Unterbeschäftigte sind Erwerbstätige, die den Wunsch nach Erhöhung ihrer Arbeitszeit haben und dafür auch zur Verfügung stehen. Im Jahr 2018 waren in Deutschland 5,3% der Erwerbstätigen im Alter von 15 bis 74 Jahren nach eigenen Angaben unterbeschäftigt. 10,4% der Teilzeitbeschäftigten und 3,3% der Vollzeitbeschäftigten wünschten sich eine Erhöhung ihrer Arbeitszeit. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass Unterbeschäftigte in Vollzeit ihre Arbeitszeit meist nur um wenige Stunden erhöhen wollen.

Den 2,2Millionen Unterbeschäftigten standen 1,4Million Erwerbstätige gegenüber, die weniger arbeiten wollten. Diese so genannten Überbeschäftigten haben den Wunsch ihre Arbeitszeit bei entsprechend verringertem Einkommen zu reduzieren. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Überbeschäftigten wenig verändert: 2018 gab es einen leichten Zuwachs um 23000 Personen, 2017 hatte der Anstieg dagegen noch bei 234000 Personen gelegen.

Personen in Stiller Reserve haben überhaupt keine Arbeit, gelten nach den Kriterien der Internationalen Arbeitsorganisation jedoch nicht als erwerbslos. Zur Stillen Reserve gehören Personen, die zwar Arbeit suchen, jedoch kurzfristig (innerhalb von zwei Wochen) für eine Arbeitsaufnahme nicht zur Verfügung stehen. Dazu zählen auch Personen, die aus verschiedenen Gründen aktuell keine Arbeit suchen, aber grundsätzlich gerne arbeiten würden und dafür auch verfügbar sind. Im Jahr 2018 gehörten 4,9% der Nichterwerbspersonen im Alter von 15 bis 74 Jahren zur Stillen Reserve. Im Vorjahr hatte der vergleichbare Anteil bei 5,3% gelegen.

Sonstige Nichterwerbspersonen mit generellem Arbeitswunsch zeigen eine geringere Arbeitsmarktnähe als Personen der Stillen Reserve, da sie weder eine Arbeit suchen noch kurzfristig verfügbar sind. Sie werden nicht zum ungenutzten Arbeitskräftepotenzial der hier verwendeten international vereinbarten Definition gezählt, sollten aber allein aufgrund ihrer Größenordnung von 1,2Millionen Personen (6,4% der Nichterwerbspersonen im Alter von 15 bis 74 Jahren) bei der Analyse nicht außer Acht gelassen werden.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 18.10.2019

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Das Projekt ‚Gegen den Strom – Soziale Stadt Wulsdorf‘ des kommunalen Wohnungsunternehmens STÄWOG aus Bremerhaven wurde mit dem renommierten Preis Soziale Stadt ausgezeichnet. Netzwerkpartner des Projektes ist die AWO Bremerhaven.

"Wir gratulieren den Preisträgern und freuen uns sehr über die Auswahl des Projektes“, erklärt dazu Brigitte Döcker, Vorstandsmitglied des AWO Bundesverbands, „es vernetzt besonders wirksam benachteiligte Stadtquartiere und Menschen in besonderen Lebenslagen, um deren Lebenssituationen zu bereichern und zu verbessern. Heute bietet Wulsdorf eine ganz andere Lebensqualität als noch vor 20 Jahren. Es wird deutlich: Erfolgreiche Stadtentwicklung gelingt nur in Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort, den Kommunen und unter Beteiligung der Mieterschaft.“

Geschäftsführer Siegmar Weegen vom AWO Kreisverband Bremerhaven ergänzt: „Wir freuen uns sehr über die Auszeichnung und sehen sie als Bestätigung unserer Arbeit. Mit unseren Projekten Hamme Lou, Anderland und Süderdeel haben wir in der Sozialen Stadt Wulsdorf ein wegweisendes Beispiel für das Miteinander der Generationen etabliert und bleiben der Devise treu, unsere sozialen Dienstleistungen und Hilfsangebote dort zu platzieren, wo die Menschen sind, die sie benötigen.“

Die erstmals mit einem Preisgeld von 10.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde gestern Abend gemeinsam mit dem Deutschen Nachbarschaftspreis in Berlin vergeben. Über 180 Projekte haben sich am Preis Soziale Stadt 2019 beteiligt. Eine hochkarätige Jury hat aus 30 Teilnehmern in der engeren Wahl den Sieger gekürt. Der Wettbewerb wurde seit dem Jahr 2000 bereits zum zehnten Mal ausgelobt.

Der Preisträger: ‚Gegen den Strom – Soziale Stadt Wulsdorf‘ 1999-2019, STÄWOG Bremerhaven
Ende der 1990er Jahre stand die Siedlung Wulsdorf-Ringstraße vor dem Abgrund. Gemeinsam mit den Bewohnern und einem Netzwerk von Kooperationspartnern ist die STÄWOG seit 1999 die architektonischen und sozialen Missstände angegangen. Im Laufe zweier Jahrzehnte wurde das Netzwerk weiter ausgebaut, besonders seitens des AWO Kreisverbandes Bremerhaven, der heute mit drei Einrichtungen maßgeblich an der erfolgreichen Quartiersentwicklung beteiligt ist. Das Quartier wurde vom sozialen Brennpunkt zum Stolz der Bewohner und strahlt positiv in die Umgebung aus.

Der Wettbewerb Preis Soziale Stadt ist eine Gemeinschaftsinitiative des AWO Bundesverbandes, des Deutschen Städtetages, des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, des Deutschen Mieterbundes und des vhw Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung. Er wird durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat unterstützt. Zusätzliche Unterstützung gab es in diesem Jahr durch das Berliner kommunale Wohnungsbauunternehmen degewo.

Infos zur Preisverleihung sowie Informationen zu den 30 Projekten der engeren Wahl finden sich hier: https://www.nachbarschaftspreis.de/de/preis-soziale-stadt/

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 25.10.2019

Gestern Abend beschloss der Deutsche Bundestag das „Gesetz für bessere“ Löhne in der Pflege“. Der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler meint hierzu: „Das Gesetz schafft die Voraussetzungen, um den ruinösen Wettbewerb auf dem Rücken der Mitarbeitenden zu beenden. Endlich besteht die Chance, die Qualität in der Pflege zu verbessern und mehr Raum für Empathie in dieser Arbeit zu schaffen.“

Höhere Löhne sollen durch eine Tarifeinigung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern erreicht werden. Beide Seiten werden in den kommenden Monaten die Inhalte des Tarifvertrags ausarbeiten. Die Einigung kann anschließend durch das Bundesarbeitsministerium mithilfe des Arbeitnehmerentsendegesetzes als allgemeinverbindlich erklärt werden.

Ermöglicht wurde dieser Schritt durch die Zusammenarbeit in dem neugegründeten Arbeitgeberverband Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP). In diesem sind erstmals Arbeitgeber wie die AWO mit kirchlichen Anbietern vertreten. Die AWO setzt sich bereits seit 2012 für dieses Projekt ein.

Wolfgang Stadler weiter: „Wir erwarten weiterhin Gegenwind von manchen privaten Anbietern, die nicht im BVAP vertreten sind. Das Arbeitsfeld ist mittlerweile nicht mehr ausschließlich von traditionellen, gemeinnützigen Anbietern geprägt. In den vergangenen Jahren kamen zunehmend große Finanzkraken in die Pflegebranche, teilweise gesteuert von Briefkastenfirmen in Steuerparadiesen. Diesen ging es in erster Linie um Renditeerwartungen, meist auf Kosten der Beschäftigten und Pflegebedürftigen. Wir freuen uns daher sehr über das neue Gesetz: Allgemeinverbindliche, auskömmliche Tarifverträge passen nicht in eine Renditelogik.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 25.10.2019

Zum Vorschlag der Bundesbank, das Rentenalter anzuheben, erklärt der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler:

„Ein weiterer Anstieg des Renteneintrittsalters geht an der Realität vieler Menschen in diesem Land vorbei und würde mehr Probleme schaffen, als lösen.

Viele ältere Menschen in gesundheitlich belastenden Berufen halten nicht bis zum regulären Renteneintritt durch. Sie werden vor die Wahl gestellt: entweder Frührente mit lebenslangen Abschlägen oder Arbeitslosigkeit und Vorruhestandsarmut.

Der Vorschlag, das Renteneintrittsalter dynamisch an die Lebenserwartung zu koppeln, würde zudem die Vorsorgeplanung vieler Menschen erheblich erschweren.

Schon das heutige Rentenrecht verbietet nicht, länger zu arbeiten. Anstatt das Renteneintrittsalter in unerreichbare Höhen zu schrauben, müssen Vorschläge her, wie die Rente mit 67 für alle Versicherten erreichbar werden kann.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 22.10.2019

Die PKV hat heute ihren Vorschlag eines „neuen Generationenvertrages“ vorgestellt. Anlässlich des Entwurfs einer Finanzreform der Pflegeversicherung erklärt AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker:

„Die Vorschläge der PKV bleiben vage und überbetonen die private Vorsorge. Die Erklärung, wie genau der „neue Generationenvertrag“ aussehen soll, bleiben sie schuldig. Die vorgeschlagenen privaten Versicherungsvarianten und verschiedenen Förderinstrumente sind Kosmetik, die das grundsätzliche Finanzierungsproblem in keinster Weise lösen können. Viele Menschen haben wenig Möglichkeiten, privat vorzusorgen – sie würden bei diesem Weg im Pflegefall allein dastehen. Das kann nicht das Ziel sein.

Die AWO fordert seit Langem eine nachhaltige Reform der Finanzierung der Pflegeversicherung. Der „neue Generationenvertrag“ sieht vor, dass sich jeder selbst der Nächste sein muss. Was wir stattdessen brauchen, ist eine solidarische Bürgerversicherung, in der alle Berufsgruppen, alle Einkommensarten und auch bisher privatversicherte Personen in die gesetzliche Pflegeversicherung einbezogen werden.

Im Gegensatz zu den Vorschlägen des PKV-Verbands kann diese Art der Finanzierung einen wichtigen Beitrag zur Verminderung von sozialer und gesundheitlicher Ungleichheit darstellen. Genauso wichtig ist es zudem, die Refinanzierung der so genannten Behandlungspflege in Pflegeheimen durch die Krankenversicherung zu gewährleisten. Dies ist bisher systemwidrig in die Pflegeversicherung verschoben worden. Die Eigenanteile der Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen steigen ohnehin schon enorm, da die Zuzahlung der Pflegeversicherung noch oben gedeckelt ist. Hier hatte sich die AWO Anfang des Jahres eine Online-Petition gestartet, die sich für eine Deckelung der Eigenanteile aussprach und binnen vier Wochen ca. 74.000 Unterschriften erhielt.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 23.10.2019

Auf der heutigen Mitgliederversammlung wurde Daniela Jaspers einstimmig zur Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) gewählt. Frau Jaspers ist seit Juni 2019 Vorsitzende des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V., der für die Jahre 2019 und 2020 die Federführung der AGF inne hat. Zweiter Vorsitzender der AGF ist unverändert Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbunds der Katholiken.

„Ich freue mich auf die Zusammenarbeit der Familienorganisationen in der AGF“, betont Daniela Jaspers zur Amtsübernahme. „Der Erfolg der Zusammenarbeit zeigt sich ganz aktuell unter anderem in einem Diskussionspapier zur Digitalisierung und Familie, wie wir es gerade heute verabschiedet haben.“

Als weitere wichtige demnächst anstehende Themen sieht die neue Vorsitzende vor allem den Ausbau der Kindertagesbetreuung für Kinder im Grundschulalter: „Dies diskutieren wir morgen im Rahmen einer AGF-Veranstaltung mit Expert/innen aus Politik, Wissenschaft, Schulen und Horten. Eine große Rolle wird aus unserer Sicht dabei die Frage der hohen Qualität spielen. Denn Eltern müssen auf die Bedarfsgerechtigkeit und Qualität der Betreuung vertrauen können – unabhängig davon, wo sie wohnen und was für eine Familienform sie leben.“

Einen weiteren Schwerpunkt im Rahmen ihrer Federführung erwartet Frau Jaspers in der europäischen und internationalen Arbeit: „Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft steht im zweiten Halbjahr 2020 an und wird auch in der AGF eine große Rolle einnehmen. Wir können hier an die bereits erfolgreiche Arbeit der AGF im europäischen und internationalen Kontext, insbesondere in Zusammenarbeit mit der „COFACE Families Europe“ und der „International Commission on Couple and Family Relations“ anknüpfen“.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 29.10.2019

Das Zuschuss-Programm „Altersgerecht Umbauen“ ist eine Erfolgsgeschichte. Es ermöglicht Maßnahmen zur Reduzierung von Barrieren mit einem Zuschuss je Wohnung bis 6.250 Euro. Das Programm wird so gut angenommen, dass der Fördertopf in Höhe von insgesamt 75 Mio. Euro zum wiederholten Mal vor Jahresende ausgeschöpft ist. Im letzten Quartal 2019 ist ohne Aufstockung der Bundesmittel keine Antragstellung mehr möglich. Für nächstes Jahr bis 2022 sind jeweils 75 Mio. Fördermittel im Bundeshaushalt verankert.

Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen und der Verband Wohneigentum (VWE) fordern, das Zuschuss-Programm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit sukzessiv steigenden, für das ganze Kalenderjahr ausreichenden Finanzmitteln auszustatten.

Dass Ältere und Menschen mit Behinderungen barrierearme Wohnungen benötigen, in denen sie möglichst lange selbstbestimmt leben können, ist der Großen Koalition bewusst. Im Koalitionsvertrag versprechen CDU, CSU und SPD: „Deshalb wollen wir das KfW-Programm Altersgerecht Umbauen verstetigen.“ Dies ist auch im Interesse der Pflege- und Sozialkassen, auf die ansonsten hohe Kosten zukommen.

Erstmals erfolgte im Rahmen des sogenannten Konjunkturpakets I in den Jahren 2010 bis 2011 eine Förderung zum Altersgerechten Umbau im Wohnungsbestand. Nach mehrjähriger Lücke wurde das KfW-Zuschussprogramm zum 01.10.2014 wieder aufgelegt. Die Programmmittel wurden von 54 Mio. Euro für die Jahre 2014/2015, auf 50 Mio. Euro in 2016 und auf 75 Mio. in 2017 aufgestockt und verstetigt bis 2022, aber in gleicher Höhe.

Planbarkeit ist eine Grundvoraussetzung bei allen Investitionsentscheidungen rund um die Immobilie. „Die Mittel von 50 Millionen Euro haben 2016 nur bis zur Jahresmitte gereicht. Für 2017 haben wir bereits gefordert, mindestens 100 Millionen Euro bereitzustellen. Und diese Summe sollte in den nächsten fünf Jahren kontinuierlich angehoben werden“, erinnert Manfred Jost, Präsident des Verband Wohneigentums. Vor allem viele ältere Eigenheimbesitzer überlegen sich einen Umbau gründlich und nutzen dann lieber einen Zuschuss, als dass sie sich um ein Darlehen bemühen.

„Dieses erfolgreiche Zuschussprogramm, das den Bürgerinnen und Bürgern die Vorsorge erleichtert und hilft die Zahl schwerer Stürze im Haushalt zu vermindern, muss gut ausgestattet und lückenlos verstetigt werden“, fordert Franz Müntefering, Vorsitzender der BAGSO.

Die BAGSO und der Verband Wohneigentum bieten an, weiterhin für die Vorsorge durch barrierearme Umgestaltung der eigenen Wohnung zu werben – und auch auf die künftige Förderung hinzuweisen.

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V. und Verband Wohneigentum vom 17.10.2019

Deutsche Liga für das Kind fordert bei Reformvorhaben eine Stärkung der Position des Kindes

Bei immer mehr Kindern in Deutschland fallen genetische, biologische, rechtliche und soziale Elternschaft auseinander und verteilen sich auf mehr als zwei Personen. Dies gilt für Stief-, Pflege- und Adoptivkinder ebenso wie für Kinder mit gleichgeschlechtlichen Elternteilen sowie für Kinder, die nach einer Keimzellspende geboren wurden. Die Deutsche Liga für das Kind fordert den Gesetzgeber auf, bei den anstehenden Reformen der Adoptiv- und Pflegekinderhilfe, des Abstammungsrechts und bei den Überlegungen zu gesetzlichen Neuregelungen im Bereich der medizinisch assistierten Reproduktion das Kindeswohl in den Mittelpunkt zu stellen und die rechtliche Position der Kinder zu stärken.
„Elternschaft wird vielfältiger und damit für Eltern und Kinder komplexer. Es ist keine Seltenheit, dass diejenigen Elternpersonen, die im Alltag für das Kind Verantwortung übernehmen, nicht die genetischen und biologischen Eltern sind. Auch die rechtliche Elternschaft kann sich von der sozialen, genetischen und biologischen Elternschaft unterscheiden. Dies stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen“, sagt Prof‘in Dr. Sabine Walper, Präsidentin der Deutschen Liga für das Kind und Forschungsdirektorin am Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München. „Ausgangspunkt bei allen gesetzlichen Reformbestrebungen muss das Wohl der betroffenen Kinder sein. Wichtig ist vor allem, die Bedürfnisse der Kinder nach kontinuierlichen Beziehungen zu beachten, das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung zu gewährleisten und die Kinder bei der Ausgestaltung von Umgangsregelungen zu beteiligen und sie nicht zu ü berfordern.“
Anlässlich ihrer wissenschaftlichen Jahrestagung „Ein Kind und viele Eltern. Das Kindeswohl im Kontext genetischer, biologischer, rechtlicher und sozialer Elternschaft“ am 25./26. Oktober in der Botschaft für Kinder in Berlin begrüßt die Deutsche Liga für das Kind die Absicht der Bundesregierung, die Hilfen für Familien bei Adoption zu verbessern. Verbindlich wirksame Bestandteile der Reform sollten sein, dass die Kinder von Beginn an altersgerecht über ihre Adoption aufgeklärt werden und dass die Adoptionsvermittlungsstellen mit den Adoptiv- und Herkunftseltern sowie gegebenenfalls mit dem Kind selbst erörtern, ob und in welcher Weise ein Informationsaustausch und ein Kontakt zwischen den Beteiligten stattfinden kann. Ergänzend sollte neben dem Recht der Adoptiv- und Herkunftseltern auch ein Recht des Kindes auf nachgehende Begleitung durch die Adoptionsvermittlungsstelle eingeführt werden.
Im Bereich der Pflegekinderhilfe setzt sich die Deutsche Liga für das Kind dafür ein, die Kontinuitätsbedürfnisse derjenigen Pflegekinder besser zu beachten, die langfristig in einer Pflegefamilie leben. Bisher stellt das Kindschaftsrecht kein ausreichendes Instrument zur dauerhaften Absicherung von Pflegekindschaftsverhältnissen zur Verfügung. Eine Reform der Pflegekinderhilfe sollte die rechtliche Möglichkeit schaffen, dass Kinder nach gravierenden Leidenserfahrungen in der Herkunftsfamilie bei sozialen Eltern auf Dauer sicher aufwachsen können. Auch eine Reform des Abstammungsrechts sollte im Hinblick auf die zunehmenden Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin die Perspektive des Kindes in den Mittelpunkt stellen und die Übernahme sozialer Elternschaft stärken.
Zu den Referentinnen und Referenten der Tagung unter der Schirmherrschaft von Dr. Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, gehören Pia Bergold (Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg), Dr. Ina Bovenschen (Deutsches Jugendinstitut in München), Dr. Katharina Kaesling (Universität Bonn), Prof. Dr. Heribert Kentenich (Fertility Center Berlin), Dr. Petra Thorn (Deutsche Gesellschaft für Kinderwunschberatung) und Prof’in Dr. Sabine Walper (Forschungsdirektorin des Deutschen Jugendinstituts in München).
Die Deutsche Liga für das Kind wurde 1977 gegründet. Sie zählt zu den führenden Verbänden in Deutschland, wenn es um den Einsatz für das Wohlergehen und die Rechte von Kindern geht. Zu den heute rund 240 Mitgliedern gehören wissenschaftliche Gesellschaften, kinderärztliche und psychologische Vereinigungen, Familien- und Jugendverbände und zahlreiche Lions Clubs.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Liga für das Kind vom 25.10.2019

Zur Verabschiedung des Pflegelöhneverbesserungsgesetzes durch den Deutschen Bundestag sagt Dr. Jörg Kruttschnitt, Vorstand Finanzen, Personal und Recht der Diakonie Deutschland:

"Der Bundestag hat am Donnerstagabend eine wichtige Weiche gestellt, um die Einkommen der Beschäftigten in der Pflege zu verbessern. Eine gute Bezahlung ist die Grundlage für hochwertige Pflege von Alten, Kranken und von Menschen mit Behinderung. Der Handlungsdruck ist hoch: In einer älter werdenden Gesellschaft steigt der Bedarf an Pflege. Zugleich muss der Beruf attraktiver werden, um die Arbeitskräfte zu finden, deren Engagement wir brauchen. Dass die höheren Kosten für Pflege auch finanziert werden müssen, bleibt eine der größten gegenwärtigen Herausforderungen an Politik und Gesellschaft.

Durch das Pflegelöhneverbesserungsgesetz ist nun der Weg für allgemeinverbindliche Tarifverträge geebnet. Zugleich ist sichergestellt, dass die Pflegemindestlohnkommission einen Minimalbetrag festsetzt, falls eine tarifliche Einigung nicht rechtzeitig zustande kommt oder scheitert. Schon jetzt zeichnet sich die Diakonie durch eine hohe Bindung an kollektive Tarife aus und steht in der Branche damit im Spitzenfeld. In der Diakonie sind bundesweit rund

180.000 Mitarbeitende in der stationären und teilstationären Pflege von Kranken, Alten und Menschen mit Behinderung beschäftigt."

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 25.10.2019

Anlässlich der Preisverleihung des Deutschen Nachbarschaftspreises der nebenan.de Stiftung sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

"Eine lebendige Nachbarschaft ist Garant für Wohlbefinden, Zugehörigkeit und gegenseitige Unterstützung. Sich kennen zu lernen, füreinander zu engagieren und gemeinsam im Stadtteil, im Dorf oder Kiez aktiv zu werden, stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dieses Engagement muss gewürdigt und ausgezeichnet werden. Deshalb unterstützen wir den Deutschen Nachbarschaftspreis."

Der Deutsche Nachbarschaftspreis wird heute im Festsaal Kreuzberg in Berlin verliehen. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey wird den Preisträgern gratulieren. Mit dem Preis honoriert die Stiftung nachbarschaftliches Engagement mit insgesamt 50.000 EUR. Die Diakonie Deutschland ist Partnerin des Deutschen Nachbarschaftspreises und auch in der Bundesjury vertreten.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland und Mitglied der Bundesjury, hält die Laudatio zum Zweitplatzierten.

Der Deutsche Nachbarschaftspreis auf einen Blick:

Der Deutsche Nachbarschaftspreis zeichnet Nachbarschaftsprojekte mit Vorbildcharakter aus, die sich vielerorts für ihr lokales Umfeld einsetzen, das Miteinander stärken und das WIR gestalten. Er wurde von der nebenan.de Stiftung ins Leben gerufen und wird seit 2017 jährlich vergeben. 2019 haben sich insgesamt über 800 Projekte & Initiativen für den Deutschen Nachbarschaftspreis beworben.

Unterstützt wird der von der nebenan.de Stiftung ins Leben gerufene Preis von der Deutschen Fernsehlotterie, der Diakonie Deutschland, EDEKA, der DAK- Gesundheit, der Wall GmbH und dem Deutschen Städtetag.

Die Bundesjury besteht aus Vertreter*innen der Deutschen Fernsehlotterie, der Diakonie Deutschland, EDEKA, der DAK-Gesundheit, der Wall GmbH, des Deutschen Städtetags sowie ZEIT Online.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 24.10.2019

LSVD trauert um sein langjähriges Vorstandsmitglied und Justiziar Manfred Bruns

Heute ist Manfred Bruns verstorben. Mit seinem Tod verliert der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) in Deutschland eine prägende Persönlichkeit. Mit unglaublicher Energie hat er sich fast 30 Jahren im LSVD engagiert, war lange Jahre im Bundesvorstand und hat bis zu seinem Tod als Justiziar des LSVD weiter für die Gleichstellung und für die Emanzipation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans-* und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI*) gekämpft. Manfred hat nicht nur den LSVD mit aufgebaut und entscheidend geprägt, sondern war auch juristische Koryphäe des Verbandes und Gründungsstifter der Hirschfeld-Eddy-Stiftung.

Der Bundesanwalt a. D. war ohne Zweifel der Vorkämpfer in der deutschen LSBTI* Rechtsgestaltung und Gesetzgebung. Sein profundes juristisches Wissen und seine Hartnäckigkeit in der Durchsetzung der Gleichstellung war und ist immer noch die Grundlage der heutigen LSBTI* Gesetzgebung.

In den 80er Jahren war Manfred einer der wichtigsten Wegbereiter der liberalen Aids-Politik in der Bundesrepublik Deutschland. Gleichzeitig stritt er mehr als zwei Jahrzehnte lang mit dem LSVD für die Lebenspartnerschaft, die Gleichstellung und für die Öffnung der Ehe und war damit einer der Pioniere für die Ehe für alle.

Manfred Bruns Leben war durch die Gesetzgebung des Paragrafen 175 nicht einfach und geradlinig. Gerade deshalb hat er sich so intensiv für die Belange von LSBTI* eingesetzt, damit kommenden Generationen dieses Leid erspart bleibt. Er kämpfte unerlässlich für die Rehabilitierung der nach §175 StGB verfolgten Homosexuellen, wie für die Reform des Transsexuellen Gesetzes.

Zu seinem Lebenswerk gehören auch die Mitgestaltung am Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) und bei der Modernisierung des Familien- und Abstammungsrechts. Bei Anhörungen im Bundestag, in Landtagen und bei Verhandlungen vor dem Bundesverfassungsgericht war er über Jahrzehnte unsere Stimme, die entschieden und so voller Sachkunde für die Rechte von LSBTI eintrat, das sie nicht abgetan oder ignoriert werden konnte.

In unermüdlicher Arbeit beriet er beim LSVD unzählige Menschen, darunter viele Geflüchtete und war für sie Ansprechpartner und Ratgeber. Seine gewissenhafte Sammlung und Ergänzung von Urteilen zu LSBTI*-Rechtsprechung ist für Jurist*innen in Deutschland immer noch ein unverzichtbares Arbeitsmittel. Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung des LSVD hatte bereits 2012 Manfreds juristischem Wirken die Festschrift „Vom Verbot zur Gleichstellung“ gewidmet.

Für sein ehrenamtliches Engagement erhielt Manfred Bruns vielen Auszeichnungen und Würdigungen. Er war Träger des Bundesverdienstkreuzes und erster Träger des Antidiskriminierungspreises der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Besonders gefreut hatte er sich aber immer über Auszeichnungen, die ihm von „seiner“ Community verliehen worden sind. Dazu gehörten der Zivilcourage Preis des CSD Berlin und die Kompassnadel des Schwulen Netzwerkes NRW.

Wir verlieren mit Manfred Bruns einen engen und lieben Freund und verneigen uns in tiefer Dankbarkeit vor seiner Arbeit. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und bei seinem Lebensgefährten.
Manfred wir werden Dich sehr vermissen und Deine Arbeit mutig weiterführen. Du bist und bleibst Teil unseres Verbandes.

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 22.10.2019

SoVD-Präsident Adolf Bauer: „Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf muss sich für Frauen und Männer gleichermaßen verbessern!“

Die mangelnde finanzielle Anerkennung häuslicher Arbeit erhöht das Altersarmut-Risiko von Frauen. „Frauen, die ihren beruflichen Werdegang zugunsten der Familie zurückstellen, werden gegenüber vollzeitarbeitenden und durchgängig beschäftigten Personen mit einem geringeren Einkommen und einer geringeren Rentenanwartschaft bestraft“, heißt es in einem Gutachten, das der Sozialverband Deutschland (SoVD) heute vorgestellt hat.

„Wenn es zu einem Pflegefall in der Familie kommt, dann sind es in 70 Prozent der Fälle Frauen, die sich kümmern und unbezahlte Sorgearbeit leisten. Sie pflegen durchschnittlich 21 Stunden pro Woche unbezahlt“, erklärte SoVD-Präsident Adolf Bauer. „Zudem zeigt das Gutachten auf, dass sich viele pflegende Frauen vollständig aus dem Berufsleben zurückziehen“, sagte Bauer. Dies habe weitreichende Folgen für das Alterseinkommen. „Aufgrund der unterbrochenen Erwerbsarbeit zahlen sie entweder geringere Beiträge in das Sozialversicherungssystem ein oder sie sind ausschließlich über ihren Partner abgesichert“, betonte der Verbandspräsident.

„Für uns gilt: Häusliche Pflege muss endlich besser anerkannt werden. Nötig ist insbesondere eine Aufwertung der unbezahlten Sorgearbeit“, forderte Bauer. Konkret müsse dies durch einen finanziellen Ausgleich erfolgen. Zudem gelte es, die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf für Frauen und Männer gleichermaßen zu verbessern.

Das Gutachten kommt weiter zu dem Ergebnis, dass in Deutschland weitaus mehr Menschen pflegebedürftig sind, als die bisher angenommene Zahl von 3,4 Millionen. „Wir müssen von einer Dunkelziffer von rund 5 Millionen ausgehen“, sagte Katja Knauthe, Gutachten-Autorin von der Hochschule Zittau/Görlitz.

Das vollständige Gutachten des SoVD finden Sie hier.

Der SoVD vertritt die sozialpolitischen Interessen der gesetzlich Rentenversicherten, der gesetzlich Krankenversicherten und der pflegebedürftigen und behinderten Menschen. Über 580.000 Mitglieder sind bundesweit im SoVD organisiert. Der Verband wurde 1917 als Reichsbund der Kriegsopfer gegründet.

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband Deustchland e. V. vom 29.10.2019

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 02. November 2019

Veranstalter: Kinder Pflege Netzwerk e.V.

Ort: Berlin

Die jährliche Fachtagung zum Thema „gesund trotz Krankheit“ widmet sich dieses Jahr dem Themen-Schwerpunkt: „Die Schule ist zu Ende. Wie geht es weiter?“

Hierzu wurden Referentinnen zu folgenden Themen eingeladen:

  • Persönliche Zukunftsplanung – die Zukunft des Kindes, die Zukunft der Eltern – Ursula Hansen
  • Der Übergang Schule-Beruf bei Förderschüler*innen. Barrieren und Unterstützungsmöglichkeiten – Philine Zölls-Kaser
  • Transition – Wie gelingt der Übergang in die Erwachsenenmedizin? – Dr. Annette Mund

Die Tagung ist insbesondere für Eltern von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Behinderung konzipiert. Es gibt genügend Zeit und Gelegenheit um sich untereinander auszutauschen.

Auch interessiertes Fachpublikum ist herzlich willkommen.

Weitere Informationen zum Programm finden Sie hier.

Termin: 04. November 2019

Veranstalter: Deutscher Juristinnenbund und Landesvertretung Hamburg

Ort: Berlin

Die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, Prof. Dr. Maria Wersig und die Bevollmächtigte der Freien und Hansestadt Hamburg, Almut Möller laden Sie herzlich ein zu einer Diskussionsrunde zum Thema "Hate Speech und digitale Gewalt gegen Frauen" – ein vernachlässigtes Thema mit Handlungsbedarf.

Spätestens seit dem Beschluss des Landgerichts Berlin erfährt die Frage, wo die Grenzen der Meinungsfreiheit liegen, und wo sanktionswürdiges Verhalten beginnt, besondere Aufmerksamkeit. Immer offensichtlicher wird, worauf Netzfeminist*innen schon lange hinweisen: Hass im Netz hat eine Geschlechterdimension. Wo Frauen sich im Netz öffentlich oder gar politisch äußern, riskieren sie sexistische Anmache, pornografische Pöbeleien und Vergewaltigungsdrohungen. Das Netz erweist sich vielfach für Frauen als ein Raum, in dem sie beschämt und bedroht werden, und aus dem sie verdrängt werden sollen. Dies ist nicht nur eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten, sondern bedroht unsere Demokratie. Schutz vor Gewalt in allen Formen ist eine Pflichtaufgabe des Staates – warum werden Betroffene mit diesem Problem immer noch so häufig allein gelassen? Die Veranstaltung geht der Frage nach, wie es zu einer Entscheidung wie im Fall von Renate Künast kommen konnte, klärt über die vorhandenen rechtlichen Handlungsmöglichkeiten auf und benennt den dringenden rechtspolitischen Handlungsbedarf.

Programm

19.00 Uhr Begrüßung und Einführung:

  • Almut Möller, Bevollmächtigte der Freien und Hansestadt Hamburg beim Bund, bei der Europäischen Union und für auswärtige Angelegenheiten
  • Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin Deutscher Juristinnenbund

Impulsvortrag: Gerd Billen, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

19.40 Uhr Offene Podiumsdiskussion mit:

  • Renate Künast, Mitglied des Deutschen Bundestages, Bundesministerin a.D.
  • Anna-Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin HateAid
  • Verena Haisch, Rechtsanwältin, Spezialistin im Presse- und Äußerungsrecht, Arbeitsstab Digitales des Deutschen Juristinnenbundes

Moderation: Claudia Zimmermann-Schwartz, Vizepräsidentin Deutscher Juristinnenbund

20.45 Uhr Ausklang mit Buffet

Bitte melden Sie sich unter geschaeftsstelle@djb.de an.

Termin: 11. November 2019

Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung

Ort: Berlin

Lebenswirklichkeiten in ihrer Vielfalt sichtbar machen – auf diesen Anspruch sollten sich Journalismus und intersektionaler Feminismus einigen können. Feminismus drängt aber auf die Veränderung gesellschaftlicher Normen und insbesondere der patriarchalen Kultur. Wie sehr müssen dann auch die Haltungen und Meinungen marginalisierter Gruppen hinterfragt und bestritten werden können? Journalismus wird weniger als Herzensangelegenheit im Einsatz für bestimmte Themen und Gruppen, sondern vielmehr als professionelle Fremdbeobachtung definiert, die zur sachorientierten Meinungsbildung beiträgt. Wie weit können Interessen und Ansprüche marginalisierter Gruppen gewahrt werden? Wie weit dürfen, müssen Analyse und Kritik gehen? Welchen Platz haben Selbstironie, Satire und Spott? Wie können People of Color, jüngere Frauen oder Menschen mit Migrationshintergrund adäquat im Journalismus beteiligt werden? Wie kann eine Debatte gelingen, ohne wiederum rassistische Stereotype zu bedienen und ohne rechtsextremen Bewegungen Aufwind zu verschaffen?

Es diskutieren:

Dr. Ellen Ueberschär, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung
Friederike Sittler, Deutschlandradio und Vorsitzende Journalistinnenbund
Kübra Gümüşay
, Journalistin, Netzaktivistin
Anna Mayrhauser
, Chefredakteurin Missy Magazine
Bascha Mika
, Chefredakteurin Frankfurter Rundschau
Friederike Sittler
, Deutschlandradio und Vorsitzende Journalistinnenbund
Konstantina Vassilou-Enz, Journalistin und Geschäftsführerin Neue Deutsche Medienmacher*innen
Moderation: Franziska Hilfenhaus, Journalistin, u.a. frau.tv

Weitere Informationen zum Programm und die Anmeldung finden Sie unter: https://calendar.boell.de/de/event/das-geht-gar-nicht-0

Termin: 07. November 2019

Veranstalter: Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), Hertie School und Wissenschaftliche Beirat für Familienfragen beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)

Ort: Berlin

Ddas Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die Hertie School und der Wissenschaftliche Beirat für Familienfragen beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) laden Sie herzlich ein zur Vorstellung der Studie "Familien mit Fluchthintergrund – Aktuelle Fakten zu Familienstruktur, Arbeitsmarktbeteiligung und Wohlbefinden"und einer anschließenden Podiumsdiskussion mit VertreterInnen des wissenschaftlichen Beirats für Familienfragen, des BMFSFJ und weiteren Gästen ein.

Zwischen 2015 und 2017 sind mehr als 1,5 Millionen Menschen nach Deutschland geflüchtet. Die daraus resultierenden Chancen und Herausforderungen werden in Gesellschaft und Wissenschaft seither kontrovers diskutiert. Wie gelingt die Integration geflüchteter Familien? Wie steht es um ihre gesellschaftliche Teilhabe?
Die geflüchtete Familie wird nur selten als Einheit für Integrationsprozesse betrachtet, die familienpolitische Herausforderungen finden in der Öffentlichkeit kaum Beachtung. Kenntnisse über familiäre Strukturen, deren Bedeutung für die Geflüchteten selbst und über ihren Alltag in Deutschland sind bislang nur in geringem Umfang vorhanden.
Vor diesem Hintergrund hat der wissenschaftliche Beirat für Familienfragen beim BMFSF ein weiteres Kurzgutachten erstellt, welches auf Auswertungen der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten und aktuellen Ergebnissen des Mikrozensus basiert und aktuelle Erkenntnisse zu Familien mit Fluchthintergrund liefert.
Dr. Martin Bujard (BIB Wiesbaden), Prof. Dr. Michaela Kreyenfeld (Hertie School) und Prof. Dr. C. Katharina Spieß (DIW Berlin) stellen als AutorInnen und Mitglieder des Beirats das Gutachten vor und diskutieren es mit dem Deutschland-Direktor von Human Rights Watch Germany, Wenzel Michalski.

Es wird um eine verbindliche Anmeldung unter events@diw.de bis zum 1. November 2019 gebeten.

Termin: 11. November 2019

Veranstalter: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

Ort: Berlin

Weltweit engagieren sich junge Menschen unter sehr unterschiedlichen Bedingungen verstärkt für ihre Rechte. 30 Jahre nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention fragen wir nach, wie das Engagement junger MenschenrechtsverteidigerInnen besser unterstützt und auch geschützt werden kann. Immer noch werden jungen Menschen elementare Rechte wie etwa der Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung vorenthalten. Auch ihr Recht auf eine gesunde Umwelt spielt zwar in gesellschaftlichen Debatten eine größere Rolle, allerdings bisher ohne ausreichende politische Konsequenzen.

Die tatsächliche Umsetzung der in der Konvention verbrieften Rechte junger Menschen muss elementarer und selbstverständlicher Bestandteil deutscher und internationaler Politik werden. Eine existentielle Rolle spielt dabei der Schutz vor staatlichen und nichtstaatlichen Übergriffen auf junge MenschenrechtsverteidigerInnen. Große Defizite gibt es auch beim Zugang zu altersgerechten Informationen und bei der möglichst frühen demokratischen Partizipation auf allen Ebenen. Deutschland kann hier national, aber auch als wichtiger Akteur in Europa und in der Entwicklungszusammenarbeit weltweit wichtige Beiträge leisten. Nicht zuletzt geht es auch um Verbesserungen bei nationalen und internationalen Regelwerken zur Unterstützung des Engagements junger Menschen weltweit.

Darüber soll mit Ihnen und unseren Gästen diskutiert werden.

Weitere Informationen zum Programm finden Sie hier. Die Online-Anmeldung ist bis zum 06. November 2019 möglich.

Termin: 13. November 2019

Veranstalter: Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen

Ort: Berlin

Programm

09:30 Uhr Anmeldung

10:00 Uhr Impuls Digitale Gesellschaft im Gender-Check: Ergebnisse des D21-Digital-Index 2018/2019
Dipl.-Päd. Romy Stühmeier, Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V., Projektleitung und –entwicklung, Themenfelder Digitale Integration | Berufs- und Lebensplanung, Bielefeld

11:00 Uhr Wer ist da? Was haben wir seit der letzten Strategietagung umsetzen können? Vorstellung der Verbände und Netzwerke

12:00 Uhr Mittagspause

13:00 Uhr An welchen Themen / Fragen wollen wir gemeinsam arbeiten? Themenauswahl – Agenda für den Nachmittag

14:00 Uhr Arbeit in Themengruppen – Ideen und Planungen

15:30 Uhr Vereinbarungen und Feedback

16:00 Uhr Ende der Veranstaltung

Bitte melden Sie sich über diesen Link www.frauenbeauftragte.org/strategietagung-am-mittwoch-den-13-november-2019 an. Eine Anmeldebestätigung geht Ihnen automatisch zu.

Termin: 18. November 2019

Veranstalter: AWO Bundesverband e. V.

Ort: Berlin

Demokratie, das Erleben von Vielfalt und Partizipation sind Rechte von Kindern. Sie bieten Chancen zur aktiven Ausgestaltung und dem Erleben von Handhabbarkeit und Mitgestaltung aller. Eine wesentliche Erkenntnis des Projekts ist, dass es für die Umsetzung von demokratischen, partizipativen Prozessen in den Einrichtungen eine professionelle, d.h. offene, selbstreflexive und vorurteilsbewusste, Haltung der Fachkräfte sowie eines Wissens zu und Handlungsrepertoires für den Umgang mit Gemeinsamkeiten und Unterschieden sowie partizipativer Gestaltung der Praxis bedarf.

Auf der Fachtagung werden die Teilnehmenden die Möglichkeit haben, sich über aktuelle Erfahrungen einer gelingenden selbstreflexiven und vorurteilsbewussten Demokratiebildung im Bereich Kindertagesbetreuung und Kindertagespflege auszutauschen.

Die Veranstaltung wird durch Fachvorträge, Präsentation der wesentlichen Evaluationsergebnisse des Projekts + sowie aktive Beteiligung der Teilnehmenden gekennzeichnet sein.

Die Beteiligung der Teilnehmenden und das gemeinsame erarbeiten stehen hierbei im Fokus.

Hier können Sie sich anmelden: Jetzt anmelden

Termin: 29. November 2019

Veranstalter: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Ort: Berlin

Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen werden im Arbeitsleben noch immerstark diskriminiert. Ihre Arbeitslosenquote liegt seitJahren fast unverändert knapp fünf Prozent über demWert von Menschen ohne Behinderungen. Durchdas Bundesteilhabegesetz wurden zwar einige Änderungenvorgenommen, diese reichen aber nicht aus.Zur Erhöhung der Ausgleichsabgabe und Beschäftigungsquotegibt es nach wie vor keine Regelung,obwohl Verbände und Gewerkschaften gemeinsammit uns seit Jahren Erhöhungen einfordern. Das eingeführteBudget für Arbeit wurde mit einem Kostendeckelversehen. Auch die Förderung von langzeitarbeitslosenMenschen mit Behinderungen ist weiterhinunzureichend. Dringend benötigt wird die Weiterentwicklungvon Werkstätten und deren Entgeltsystem.
In der letzten Wahlperiode haben wir zusammen mitExpertinnen und Experten in eigener Sache unsereForderungen zu »Gute Arbeit für Menschen mit Behinderungen« erarbeitet und in den Bundestageingebracht. Diese wollen wir aktualisieren. Dazumöchten wir mit Ihnen und mit euch über unsere Positionen zur Schaffung eines inklusiven Arbeitsmarktesdiskutieren und laden deshalb herzlich zuunserer Konferenz »Teilhabe mit LINKS« ein.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

AKTUELLES

Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen gibt zahlreiche Publikationen zu unterschiedlichen Themen heraus. Darunter Ratgeber und Checklisten, die für viele ältere Menschen eine wertvolle Hilfe sind. Aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage sind mit Unterstützung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zwei Checklisten und drei Ratgeber in aktualisierter Fassung erschienen. Sie können kostenfrei – auch in größerer Stückzahl – bei der BAGSO bestellt werden: www.bagso.de/publikationen.

Checklisten „Betreutes Wohnen“ und „Das richtige Senioren- und Pflegeheim“

Wer sich im Alter für Betreutes Wohnen oder eine stationäre Pflegeeinrichtung entscheidet, bekommt mit zwei Checklisten konkrete Kriterien an die Hand, mit denen sich Qualität und Leistungen der Anbieter vergleichen lassen. Beide – nun aktualisierten – Entscheidungshilfen werden in Kooperation mit dem BIVA-Pflegeschutzbund herausgegeben.

Schuldenfrei im Alter – Lassen Sie uns über Geld sprechen!

Die Broschüre enthält zahlreiche Hinweise, wie man sich auf mögliche finanzielle Veränderungen im Alter, z.B. beim Eintritt ins Rentenalter, vorbereiten kann. Außerdem gibt sie Informationen zur Besteuerung der Rente, zu möglichem Zuverdienst sowie zu staatlichen Hilfen, wenn die Rente nicht reicht. Der Ratgeber wurde in Kooperation mit der Diakonie Deutschland erstellt und ist jetzt in aktualisierter 4. Auflage erschienen.

Wenn die Seele krank ist – Psychotherapie im höheren Lebensalter

Ziel dieses Ratgebers ist es, über seelische Erkrankungen zu informieren und insbesondere ältere Menschen zu ermutigen, bei Bedarf professionelle Hilfen wie zum Beispiel therapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Die Publikation wurde in Kooperation mit der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung verfasst und ist nun als aktualisierte 5. Auflage erschienen.

Entlastung für die Seele – Ein Ratgeber für pflegende Angehörige

Wer die Pflege eines Angehörigen übernimmt, unterschätzt häufig die seelischen Belastungen, die damit verbunden sein können. Der Ratgeber beschreibt typische Probleme, die sich aus dem Pflegealltag ergeben können und zeigt Wege der Vorbeugung und Entlastung auf. Die Publikation ist in Zusammenarbeit mit der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung entstanden und nun als aktualisierte 8. Auflage erschienen.

Ab sofort ist zum Thema „Kindeswohl und Kindeswille“ die neue Ausgabe der Zeitschrift „frühe Kindheit“ erhältlich. Das Heft enthält u.a. folgende Artikel: „Was ist das „gute Leben“ von Kindern? Zum Konzept des Well-Being von Kindern“ (Sabine Walper); „Mit dem Kindeswillen zum Kindeswohl. Eine Perspektive der UN-Kinderrechtskonvention“ (Judith Feige und Stephan Gerbig); „Partizipation von Kindern und Jugendlichen im Krankenhaus“ (Ronja Mengel, Friederike Wedemeyer und Claudia Wiesemann); „Kindeswohl und Kindeswille in der Migrationsgesellschaft. Herausforderungen und Ansatzpunkte für die Kinder- und Jugendhilfe“ (Antje Krueger); „Kindeswohl – eine gemeinsame Aufgabe“ (Bernd Kasper); „Der Übergang von der Familie in die Krippe. Eine Projektskizze des Norderstedter Modells“ (Julia Paulsen, Elisabeth Wesche, Liane Simon und Wolfgang Hiegele); &bdqu o;Ich will spielen! Ein begründetes, kindliches Bedürfnis und wie es unterstützt werden kann“ (Barbara Weiss und Sonja Perren) sowie ein Interview mit Friederike Wapler: „Wer die Kinderrechte verwirklichen möchte, muss in soziale Infrastruktur investieren“. Außerdem enthält die Ausgabe folgende Praxisartikel: „Gut gemeint. Aber nicht gut. Im Gespräch mit Müttern behinderter Kinder und ihren Erfahrungen mit Inklusion“ (Dorothee Martens-Hunfeld); „Kinder sind unsere Zukunft – Inklusion im Fokus. Die Weiterentwicklung von Integration auf dem Weg zur Inklusion in Kindertagesstätten im Kreis Dithmarschen“ (Renate Agnes Dümchen); „Beseelte Objekte – Puppen und Kuscheltiere als Gefährten der Kindheit. Die Bedeutung von Puppen und Kuscheltieren für die Entwicklung eines gesunden Selbst“ (Marianne Rölli Siebenhaar).

Das Heft kann zum Preis von 6,- Euro (zzgl. Versandkosten) bestellt werden unter: post@liga-kind.de

Kategorien
ZFF-Info

ZFF-Info 16/2019

SCHWERPUNKT: Internationaler Tag gegen Armut und Ausgrenzung

Anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Armut und Ausgrenzung fordert das ZFF ein Maßnahmenbündel für eine sozial gerechte Familien- und Sozialpolitik. Es reicht nicht mehr aus, an kleinen Schräubchen im bisherigen System zu drehen, denn die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander.

Hierzu erklärt Birgit Merkel, stellvertretende Vorsitzende des ZFF:

„Um Armut bei Kindern und Jugendlichen zu beseitigen, müssen wir endlich das bisherige System vom Kopf auf die Füße stellen! Die Erhöhung des Kinderzuschlags, die Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket und der morgen im Bundestag anstehende Beschluss zur Reform des Wohngeldes sind wichtige Schritte, bleiben jedoch Tropfen auf den heißen Stein. Immer noch sind zu viele Kinder- und Jugendliche auf unzureichende Sozialleistungen angewiesen. Arme Familien haben es dadurch schwer, die Teilhabe für ihre Kinder sicherzustellen und angemessenen und bezahlbaren Wohnraum zu finden. Nicht selten führen Mietsteigerungen Familien noch weiter in die Armutsfalle oder zur Verdrängung in preisgünstigere Wohnungen in benachteiligten Quartieren. Hier fehlen häufig qualitativ hochwertige Kinderbetreuung, gute Schulen und damit Zukunfts- und Teilhabechancen für Kinder und Jugendliche.

Neben einer besser ausgebauten sozialen Infrastruktur, einer sozialen Mieten- und Wohnungspolitik, die den Bedürfnissen von Familien entspricht und existenzsichernder Arbeit für die Eltern, braucht es dringend mehr Geld für arme Familien. Gemeinsam mit einem großen Bündnis aus Familien-, Wohlfahrtsverbänden und Wissenschaftler*innen fordert das ZFF die Einführung einer Kindergrundsicherung. Wir setzen uns für die Zusammenführung von Hartz IV-Regelleistung, Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinderfreibetrag und Bildungs- und Teilhabepaket zu einem einzelnen Beitrag ein, der sozial gerecht ausgestaltet und automatisch ausgezahlt wird.“

Das Thema „Familie und Wohnen“ ist ein Schwerpunktthema des ZFF im Jahr 2019. Neben unserer Verbandszeitschrift „vielfalt familie“ haben wir das Thema auch auf einer großen Fachtagung mit dem Titel „Familie braucht ein Zuhause“, gemeinsam mit der FES, im Juni 2019 intensiv diskutiert. Die Dokumentation der Fachtagung finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 17.10.2019

Anlässlich des morgigen Internationalen Tages zur Beseitigung der Armut erklären Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für europäische Sozialpolitik, und Uwe Kekeritz, Sprecher für Entwicklungspolitik:

Die Bundesregierung muss endlich die Vermeidung von Armut engagierter angehen – national, europäisch und weltweit. Die Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Vereinten Nationen sprechen eine klare Sprache und geben einen deutlichen Rahmen vor. So haben sich die Staaten selbstverpflichtet, bis 2030 extreme Armut weltweit zu beseitigen sowie den Anteil der Menschen, die in Armut nach der jeweiligen nationalen Definition leben, mindestens um die Hälfte zu senken.

In Deutschland liegt die Zahl der in Armut lebenden Menschen seit Jahren auf einem Rekordniveau. Fast 50.000 Menschen müssen sogar auf der Straße leben. Das ist eine Schande für ein so reiches Land. Um Armut hierzulande zu vermeiden, fordern wir eine Kindergrundsicherung, eine Garantierente und die Überwindung von Hartz IV durch eine Garantiesicherung, um das Existenzminimum für alle sicherzustellen und soziale Teilhabe zu schaffen. Außerdem brauchen wir einen bundesweiten Aktionsplan zur Bekämpfung der Wohnungs- und Obdachlosigkeit.

Auch europaweit muss Armut bekämpft werden. Die Europäische Union hatte sich eigentlich vorgenommen, die Zahl der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen bis 2020 um 20 Millionen im Vergleich zu 2010 zu senken. Das Ziel droht deutlich zu scheitern – mitverantwortlich ist hier auch die Bundesregierung. Für die EU fordern wir eine Rahmenrichtlinie, die dafür sorgt, dass es in allen Mitgliedstaaten eine Grundsicherung gibt, die vor Armut schützt.

Und auch auf globaler Ebene kommt der Kampf gegen die Armut ins Stocken: erstmals seit der Jahrtausendwende nimmt der Anteil der Armen in einigen Regionen wieder zu. Außerdem hat Armut viele Dimensionen: Unzureichendes Einkommen bedingt weitere Probleme wie Bildungsarmut, schlechte Gesundheit und Mangelernährung. Ein Teufelskreis, der vor allem Frauen trifft.

Gleichzeitig steigt die soziale Ungleichheit fast überall – sowohl innerhalb der Länder als auch zwischen den armen und reichen Staaten. Solange wir die Verteilungsfrage nicht angehen, werden wir Armut nie nachhaltig beseitigen. Hier kommt es vor allem darauf an, endlich wirksam gegen Steuervermeidung durch Reiche und global agierende Konzerne vorzugehen. Armen Staaten gehen in etwa so viel Steuern dadurch verloren, wie global an staatlichen Entwicklungsgeldern bereitgestellt wird. Die Bekämpfung der Klimakrise muss endlich glaubwürdig angegangen werden, denn vor allem die ärmsten Staaten leiden unter den katastrophalen Folgen. Im Handel müssen wir für faire Bedingungen sorgen und zum Beispiel unsere Agrarsubventionen zurückfahren und entlang der gesamten Lieferkette Ausbeutung von Mensch und Umwelt wirksam unterbinden.

Jeder Tag sollte zum internationalen Tag zur Beseitigung der Armut erklärt werden, denn das braucht Deutschland, das braucht Europa, das braucht die Welt.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 16.10.2019

Anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung der Armut erklärt Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes: „Armutsprävention und Armutsbekämpfung gehören zu den zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart, denen sich die AWO in ihrer täglichen politischen und praktischen Arbeit stellt. Denn Armut und Ausgrenzung sind in Deutschland kein Randphänomen mehr, sondern bedrohen oder betreffen mehr als 13 Millionen Menschen. Mit diesem Zustand können wir uns als Arbeiterwohlfahrt nicht abfinden! Armut mit seinen materiellen, gesundheitlichen, kulturellen und sozialen Auswirkungen gefährdet die Teilhabe an der Gesellschaft und untergräbt den sozialen Zusammenhalt.“

Nach der Definition der europäischen Union gilt als arm, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltseinkommens zur Verfügung hat. Darunter liegen in Deutschland aktuell ca. 16% oder rund 13 Millionen Menschen. Während die Ungleichheit von Einkommen und Vermögen weiter steigt, hat sich die Armutslücke, also der Betrag, der armen Haushalten bis zur Armutsrisikoschwelle fehlt, in den letzten Jahren deutlich vergrößert. Hinzu kommt verdeckte Armut, bei der die betroffenen Menschen von wohlfahrtsstaatlicher Unterstützung nicht erreicht werden.

Dass sich soziale Ungleichheit und Armut in der Gesundheit und damit auch in der Lebenserwartung der Betroffenen widerspiegelt, ist seit Jahren bekannt. Forscher des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) haben diese Erkenntnisse für Deutschland nun auf eine verlässliche Datenbasis gestellt. Anhand von Daten der Deutschen Rentenversicherung von 27 Millionen Versicherten haben sie nachgewiesen, dass vor allem ein geringes Einkommen und Arbeitslosigkeit ausschlaggebend für eine frühere Sterblichkeit sind. Der größte Unterschied ergibt sich für in Ostdeutschland lebende Männer: Im Vergleich mit der höchsten Einkommens- und Bildungsschicht haben die im Hinblick auf Einkommen und Bildung am stärksten benachteiligten Männer ein achtmal höheres Sterberisiko.

„Diese Erkenntnisse verdeutlichen auf erschütternde Weise, welche gravierenden Auswirkungen Armut hat und dass der Handlungsbedarf nach wie vor enorm ist.“ erklärt Wolfgang Stadler und ergänzt: „Als Verband der Freien Wohlfahrtspflege in anwaltschaftlicher Funktion für sozial benachteiligte Menschen, setzt sich die AWO sowohl dafür ein Armutsursachen zu bekämpfen, als auch allen Menschen, unabhängig von ihrem sozialen Status, eine gute Gesundheit zu ermöglichen. Wir fordern die Politik dazu auf, die Prävention und Überwindung von Armut stärker zum prioritären Ziel der Sozialpolitik zu machen!“

*Link zur Studie des Max-Planck-Instituts: https://www.demogr.mpg.de/de/news_presse/news/press/hoechstes_sterberisiko_fuer_arme_und_arbeitslose_6649.htm

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 17.10.2019

Die Vereinten Nationen haben den 17. Oktober zum Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut erklärt. Anlässlich dessen fordert Diakonie-Präsident Ulrich Lilie die Bundesregierung zu mehr Anstrengungen in der Wohnungspolitik auf:

"Die hohen Mietsteigerungen der letzten Jahre in vielen deutschen Städten belasten immer mehr Menschen. Menschen mit mittlerem und niedrigem Einkommen müssen mittlerweile häufig mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für Wohnen ausgeben. Das hat die soziale Ungleichheit in Deutschland verschärft. Wir brauchen eine Wende in der Wohnungspolitik. Der Sozialstaat muss seine Verantwortung im Wohnungsmarkt wieder aktiv und deutlich wahrnehmen. Wohnen ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und muss in einem ausreichenden Maße gemeinnützig und sozial gewährleistet werden. Für den freien Wohnungsmarkt sind wirksame Regelungen zur Mietpreisbegrenzung nötig. Wohnen ist Menschenrecht, es muss bezahlbar sein und darf nicht in Armut führen."

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 16.10.2019

Anlässlich des Internationalen Tages für die Beseitigung der Armut am 17.10. erklärt Gerwin Stöcken, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz:

„Armut ist weiterhin bittere Realität in Deutschland. Daran haben auch wirtschaftlich günstige Rahmenbedingungen der letzten Jahre wenig geändert. Ob in Form von Kinder- und Familienarmut, Altersarmut, Wohnungsnot, Krankheit, Erwerbsarmut, Arbeitslosigkeit oder Ausgrenzung: Armut betrifft immer mehr Menschen in der Gesellschaft. Arme Menschen sind pausenlos damit beschäftigt, über die Runden zu kommen, während sie gesamtgesellschaftlicher Abwertung, Stigmatisierung und Diskriminierung ausgesetzt sind. Wo verlässliche und auskömmliche Hilfe, Kontakt, Unterstützung und Teilhabe angebracht wären, erleben viele Menschen Ausgrenzung, Anfeindungen und individuelle Schuldzuschreibungen für ihre existenzbedrohende Lage. In solch einem vergifteten gesellschaftlichen Klima fällt es schwer, Solidarität zu organisieren.“

Als arm gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltseinkommens zur Verfügung hat. Für einen Einpersonenhaushalt ist diese Schwelle bei etwa 1000 Euro pro Monat erreicht1. Darunter liegen in Deutschland aktuell ca. 16% oder rund 13 Millionen Menschen. Während die Ungleichheit von Einkommen und Vermögen weiter steigt, hat sich die Armutslücke, also der Betrag, der armen Haushalte bis zur Armutsrisikoschwelle fehlt, in den letzten Jahren deutlich vergrößert. Hinzukommt verdeckte Armut, bei der die betroffenen Menschen von wohlfahrtsstaatlicher Unterstützung nicht erreicht werden.

„Als zivilgesellschaftliches Bündnis hat sich die Nationale Armutskonferenz das Ziel gesetzt, die Perspektiven von armutserfahrenen Menschen stärker in den politischen Diskurs einzubringen. Denn wir stellen fest, dass mehr über arme Menschen statt mit armen Menschen gesprochen wird. Auf diese Weise entsteht kein ganzheitliches Bild von Armut und die Entwicklung gemeinsamer Strategien zu ihrer Überwindung wird unmöglich. Stattdessen beobachten wir eine zunehmende Entkopplung von Lebensrealitäten, die Teilhabe und Zusammenhalt untergraben. Wir fordern endlich entschlossenes politisches Handeln, das zu einer wirksamen Prävention, Bekämpfung und Überwindung von Armut führt.“

[1] Quelle: Statistisches Bundesamt für das Jahr 2017

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 16.10.2019

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Anke Fuchs, Ministerin für Jugend, Familie und Gesundheit von April bis Oktober 1982, ist am 14.10.2019 im Alter von 82 Jahren gestorben.

Dazu Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Mit Anke Fuchs verlieren wir eine starke Frau und Sozialdemokratin, die sich in ihrer politischen Arbeit mit viel Kraft und Engagement für soziale Gerechtigkeit in Deutschland und vor allem für die Rechte von Frauen und berufstätigen Müttern eingesetzt hat. Anke Fuchs stand für den politischen Kampf für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und nahm sich dieses Themas zu einer Zeit an, als die Gesellschaft weit davon entfernt war, Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu erreichen. Es gehörte viel Mut dazu, das Thema damals so forsch auf die Tagesordnung zu setzen. Bei unserer Arbeit für Gleichberechtigung profitieren wir bis heute vom Wirken von mutigen Frauen wie Anke Fuchs.“

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Mit Anke Fuchs verlieren wir eine engagierte Sozialpolitikerin. Sie hat sich immer mit deutlicher Stimme stark gemacht auch für die Belange der Menschen, die es nicht so leicht haben im Leben. Als Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und später als Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit prägte sie die deutsche Sozialpolitik mit. Unsere Gedanken sind bei ihrer Familie und ihren Freunden.“

Anke Fuchs war von April bis Oktober 1982 Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit. Zuvor war sie Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung. Von 1998 bis 2002 war Anke Fuchs Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, von 2003 bis 2010 stand sie an der Spitze der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 16.10.2019

Neustrelitz in Mecklenburg-Vorpommern als Sitz vorgeschlagen

Das Bundeskabinett hat in seiner heutigen Sitzung einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zugestimmt, mit dem die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt errichtet werden soll. Die öffentlich-rechtliche Stiftung ist ein gemeinsames Vorhaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) sowie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Sie ist ein zentrales Ergebnis der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ und soll Engagement sinnvoll und nachhaltig unterstützen. Als Sitz der Stiftung wird die Stadt Neustrelitz in Mecklenburg-Vorpommern vorgeschlagen.

Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Franziska Giffey: „Gesellschaftlicher Zusammenhalt entsteht vor allem dann, wenn Menschen Dinge gemeinsam tun. Wo sich viele engagieren, funktioniert das Gemeinwesen besser und dort steigt auch die Lebensqualität. Indem wir das bürgerschaftliche Engagement und Ehrenamt gezielt und nachhaltig unterstützen, zeigen wir den Kümmerern im Land, dass wir ihre Leistung anerkennen und wertschätzen. Die Stiftung für Engagement und Ehrenamt wurde durch das Bundesfamilienministerium in die Arbeit der Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse eingebracht. Sie ist auch ein wichtiger Beitrag, um die Demokratie in ganz Deutschland zu stärken.“

Bundesinnenminister des Innern, für Bau und Heimat, Horst Seehofer: „Ohne Ehrenamtliche geht es nicht! Häufig machen erst sie es möglich, dass ein Sportverein Kinder trainieren, eine Kultureinrichtung Angebote umsetzen oder eine Rettungsorganisation ihrem Dienst nachgehen kann. Das stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dieses besondere Engagement, das für unsere Gesellschaft so wichtig ist, wollen wir mit der Einrichtung der Stiftung würdigen. Darüber hinaus wollen wir die Strukturen des Ehrenamts dort ausbauen, wo sie heute nur schwach ausgeprägt sind.“

Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner: „Gerade in ländlichen Regionen sind lebendige Ortsgemeinschaften ein wichtiger Standortfaktor. Wer vor der Frage steht, zu gehen oder zu bleiben, für den kann ein vielfältiges Vereinsleben, das Gefühl gebraucht zu werden und mitzumachen, entscheidend sein. Und wer sich engagiert, der gestaltet aktiv, der hat Teil an Gemeinschaft. Der wird sich nicht abgehängt fühlen. Mit der Ehrenamtsstiftung wollen wir diese Strukturen stärken, wollen verlässliche Leitplanken für Vernetzung, Beratung und Qualifizierung schaffen. Das unterstützen wir als Ministerium auch mit unserem Programm ‚Hauptamt stärkt Ehrenamt‘. Es geht darum, den Bürgerinnen und Bürgern, die sich ehrenamtlich einbringen, den Rücken freizuhalten, sie in ihrem Engagement für die Gesellschaft zu unterstützen. Eine zentrale Anlaufstelle auf Bundesebene ist Ausdruck der Anerkennung und Wertschätzung.“

Die Stiftung soll als zentrale Anlaufstelle auf Bundesebene Serviceangebote und Informationen bei der Organisationsentwicklung für bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement in seiner ganzen Vielfalt bereitstellen und dabei bereits bestehende Bundesgesetze und -programme berücksichtigen. Sie soll zudem Innovationen im bürgerschaftlichen Engagement und Ehrenamt, schwerpunktmäßig im Bereich der Digitalisierung fördern, Engagement- und Ehrenamtsstrukturen stärken sowie Bund, Länder, Kommunen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft vernetzen. Mit Blick auf eine bedarfsgerechte Ausrichtung soll die Stiftung gemäß dem Stiftungszweck auch begleitende Forschungsvorhaben unterstützen können.

Ein starkes Ehrenamt und ausgeprägtes bürgerschaftliches Engagement sind Markenzeichen unseres Landes. In Deutschland engagieren sich rund 30 Millionen Menschen für das Gemeinwohl, z.B. in Sport- und Kulturvereinen, Kirchen, Rettungsorganisationen, Umweltorganisationen, den Freiwilligendiensten und in der Wohlfahrtspflege. Dieses Engagement ist jedoch ungleich verteilt. Insbesondere in den ostdeutschen Ländern sowie in strukturschwachen und ländlichen Regionen sind bürgerschaftlich und ehrenamtlich getragene Strukturen auf besondere Unterstützung angewiesen. So sind nur 9 Prozent aller Bürgerstiftungen und nur 15 Prozent aller Freiwilligenagenturen Deutschlands im Osten angesiedelt.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 09.10.2019

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die Initiative der SPD-Bundesminister Giffey und Scholz für eine Aufstockung des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ um acht Millionen Euro für das Jahr 2020. Wir kämpfen für eine nachhaltige Förderung von Engagement, Mut, Zivilcourage und Konfliktfähigkeit. Deshalb fordern wir darüber hinaus ein Demokratiefördergesetz.

„Das demokratische Miteinander in den Herzen und Köpfen aller ist das Rückgrat unserer wehrhaften Demokratie. Diese bestmöglich gegen demokratiefeindliche Bewegungen und Ansichten zu verteidigen ist auch Aufgabe des Bundes.

Mit dem erfolgreichen Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘ fördern wir bereits seit Jahren Projekte, die sich für ein tolerantes Zusammenleben und gegen Ausgrenzung und Extremismus engagieren. Um die aufgebauten Strukturen langfristig zu erhalten, ist jedoch eine dauerhafte Förderung erforderlich.

Bei der Erarbeitung eines Demokratiefördergesetzes müssen wichtige grundgesetzliche Vorgaben beachtet werden. Insbesondere das Konzept der wehrhaften Demokratie, die Meinungsfreiheit und die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern. Dies ist eine Herausforderung, darf aber keine Ausrede dafür sein, nichts zu tun.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 11.10.2019

Zur heutigen Veröffentlichung der 18. Shellstudie erklärt Beate Walter-Rosenheimer, Sprecherin für Jugendpolitik:

Die Jugend ist politisch wie lange nicht. Das ist die gute Nachricht. Die 18. Shell-Jugendstudie untermauert, was wir seit Wochen und Monaten sehen. Junge Menschen wollen die Zukunft mitgestalten und sie wollen von der Politik gehört und ernst genommen werden. Klimawandel und Artensterben, das sind die Themen, die Jugendliche mobilisieren, weil es ihnen nicht egal ist, wie die Welt von morgen aussieht. Fridays for Future hat das eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Damit Beteiligung wirklich funktioniert, muss sich allerdings auch die Politik bewegen. Junge Menschen müssen die Chance haben, sich und ihre Ideen konkret in politische Prozesse einbringen zu können. Nur das schafft Vertrauen in Parteien, in Politikerinnen und Politiker und ist ein starkes Zeichen, das zum Mitmachen animiert und letztlich unsere Demokratie stärkt.

In den konkreten Lebenswelten der jungen Menschen, also den Kommunen und Ländern brauchen wir institutionelle Beteiligungsstrukturen, damit Kinder und Jugendliche ihr Umfeld dort mitgestalten können, wo sie leben.

Aber auch die Bundespolitik ist hier gefordert. Denn Jugendliche wollen sich einbringen, bleiben aber im aktuellen Politikbetrieb außen vor. Denkbar wäre hier beispielsweise ein Jugendrat, der die Bundesregierung berät und auch sicherstellt, dass junge Menschen in wichtige gesetzgeberische Prozesse von Anfang an eingebunden werden.

Die Grüne Bundestagsfraktion fordert, dass politische Bildung sowohl als Unterrichtsfach als auch als Querschnittsaufgabe ausgebaut wird und zwar in allen Schulformen.

Darüber hinaus brauchen wir ein Demokratiefördergesetz, das die jetzige Arbeit des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ verstetigt. Demokratieförderung und der Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit brauchen eine gesetzliche Verankerung und eine angemessene und verbindliche Finanzierung.

Gerade jetzt, wo sich weltweit Demagogen und Rechtspopulisten Gehör verschaffen, den Holocaust leugnen und menschenverachtende Parolen verbreiten, ist eine fundierte politische und historische Bildung von immenser Bedeutung. Jugendliche dürfen nicht zur leichten Beute für Antidemokraten werden. Beteiligung fängt im Kleinen an. Wir brauchen deshalb Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen von Anfang an, also bereits in Kita, Grundschule und wir brauchen Angebote der informellen Bildung. Darüber hinaus gilt es nun, möglichst zügig und konsequent die Leitlinien der Kultusministerkonferenz (KMK) „Demokratie als Ziel, Gegenstand und Praxis historisch-politischer Bildung und Erziehung in der Schule“ umzusetzen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 15.10.2019

Zum zweiten Jahrestag der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare erklärt der Sprecher für LSBTI der FDP-Fraktion Dr. Jens Brandenburg:

„Wir feiern zwei Jahre Ehe für alle, eine große Erfolgsgeschichte. Mehr als 30.000 neu geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen bis Ende 2018 zeigen, wie überfällig dieser Meilenstein war. Es gibt jedoch keinen Grund, sich zurückzulehnen. Für gleiche Rechte von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen ist noch viel zu tun. Die FDP-Fraktion fordert ein modernes Familienrecht für Regenbogenfamilien, einen Nationalen Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie und mehr Aufklärung an Schulen. Den Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität wollen wir fest im Grundgesetzes verankern. Der zunehmenden Gewalt gegen gleichgeschlechtliche Paare treten wir geschlossen entgegen. Kein Mensch darf aufgrund seiner sexuellen oder geschlechtlichen Identität verfolgt oder angegriffen werden. Zudem muss sich die Bundesregierung im Ministerrat der EU endlich für eine europaweite Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen einzusetzen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 01.10.2019

Die Regelsätze für Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II sowie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung steigen ab Januar 2020 um 1,88 Prozent. Am 11. Oktober stimmte der Bundesrat einem Verordnungsentwurf zu, den das Bundeskabinett am 18. September 2019 beschlossen hatte: Alleinstehende Erwachsene sollen danach 432 Euro künftig im Monat erhalten – acht Euro mehr als bisher.

Betrifft auch Kinder und Jugendliche

Die Regelsätze für ältere Kinder und Jugendliche steigen ebenfalls. Sie erhöhen sich ab dem kommenden Jahr um jeweils sechs Euro auf 308 und 328 Euro. Für Kinder bis zu sechs Jahren steigt der Satz um fünf Euro auf dann 250 Euro.

Regelbedarfe jährlich fortgeschrieben

Grundlage für die Erhöhung sind Berechnungen des Statistischen Bundesamt: dieses ermittelt die sogenannte Fortschreibung der Regelbedarfe jährlich anhand eines Mischindex. Er ergibt sich zu 70 Prozent aus der Preisentwicklung und zu 30 Prozent aus der Nettolohnentwicklung.

Die Preisentwicklung wird nach Angaben der Bundesregierung ausschließlich aus regelbedarfsrelevanten Waren und Dienstleistungen ermittelt. Dazu gehören neben Nahrungsmitteln und Kleidung etwa auch Fahrräder und Hygieneartikel. Kosten für Zeitungen und Friseurbesuche fließen ebenso in die Berechnung ein. Die Nettolohnentwicklung wird auf Grundlage der durchschnittlichen Lohn- und Gehaltsentwicklung berechnet.

Gilt ab dem neuen Jahr

Mit der Zustimmung des Bundesrates kann die Verordnung nun im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Sie tritt am 1. Januar 2020 in Kraft.

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates am 11.10.2019

Die FDP-Fraktion möchte Sozialleistungen in einem "liberalen Bürgergeld" bündeln. Darin sollten Wohngeld und weitere steuerfinanzierte Sozialleistungen zusammengeführt werden, erklären die Abgeordneten in einem Antrag (19/14060). Sie fordern die Bundesregierung zudem auf, eine Einkommensüberprüfung mit geringerem bürokratischen Aufwand umzusetzen. "Durch die Zustimmung der Betroffenen soll es ermöglicht werden, dass von Seiten des Arbeitgebers Informationen freiwillig übertragen werden." Das Bürgergeld solle auf digitalem Weg beantragt werden können, heißt es weiter.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1149 vom 17.10.2019

Die FDP-Fraktion hat eine Kleine Anfrage (19/13892) zu den Maßnahmen von Jobcentern gegenüber Alleinerziehenden gestellt. Darin will sie von der Bundesregierung unter anderem wissen, wie viele Meldungen eines Jobcenters an ein Jugendamt zur Überprüfung einer möglichen Kindeswohlgefährdung in den vergangenen zehn Jahren erfolgt sind.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1142 vom 17.10.2019

"Für eine schnelle Aufnahme unbegleiteter Flüchtlingskinder aus den EU-Hotspots in Griechenland" setzt sich die Fraktion Die Linke in einem Antrag (19/14024) ein, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Wie die Fraktion darin ausführt, ist die Lage insbesondere von etwa 2.000 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in den griechischen Hotspots "besonders desaströs". Gerade unbegleitete Minderjährige seien besonders schutzbedürftig "und sollten nicht in den EU-Hotspots untergebracht werden".

Die Bundesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, im Rahmen einer humanitären Aktion alle unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus den Hotspots der griechischen Ägäis-Inseln aufzunehmen, "gegebenenfalls auch in Absprache mit anderen EU-Mitgliedstaaten". Auch soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion unter anderem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) anweisen, "die nach der Dublin-Verordnung geltenden Regelungen zur Übernahme von Asylverfahren aus Griechenland großzügig wahrzunehmen und insbesondere die Übernahme unbegleiteter Flüchtlingskinder und von Familienangehörigen hier lebender Flüchtlinge unkompliziert zu ermöglichen".

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1138 vom 16.10.2019

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am Mittwochvormittag einen Gesetzentwurf (19/11006) der Bundesregierung zur Änderung des Neunten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX und SGB XII) angenommen. Für den Entwurf in geänderter Fassung stimmten neben den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD auch die Grünen. Die Fraktionen von AfD, FDP und Linken enthielten sich.

Mit dem Gesetz sollen vor allem gesetzliche Unklarheiten beseitigt werden, um den anstehenden Systemwechsel bei den Unterkunftskosten der besonderen Wohnform nach Paragraf 42a des SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) vorzubereiten. Dieser Systemwechsel sieht vor, dass ab dem 1. Januar 2020 Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen personenzentriert ausgerichtet sein sollen und es keine Unterscheidung mehr nach ambulanten, teilstationären und stationären Leistungen mehr geben soll. Die neu eingefügten Änderungen betreffen unter anderem Übergangsregelungen, damit für Leistungsberechtigte durch die Systemumstellung eine Zahlungslücke zum Jahreswechsel 2019/2020 vermieden wird. Außerdem wurde in den Entwurf eingefügt, dass auch Menschen, die ausschließlich Blindenhilfe erhalten, von dem privilegierten Erwerbsfreibetrag bei der Anrechnung von Einkommen profitieren können.

Durch den Ausschuss abgelehnt wurden mehrere Anträge der Oppositionsfraktionen. So hatte die FDP einen Antrag (19/9928) vorgelegt, mit dem der Übergang von einer Werkstatt für behinderte Menschen in den ersten Arbeitsmarkt erleichtert werden sollte. Unter anderem verlangte sie eine Entkopplung des Lohnkostenzuschusses beim Budget für Arbeit vom Durchschnittsentgeld der Gesetzlichen Rentenversicherung. Die Fraktion Die Linke forderte in ihrem Antrag (19/11099) eine Erhöhung der Ausgleichsabgabe für Betriebe, die zu wenig oder gar keine Menschen mit Behinderungen einstellen, und eine Anhebung der Beschäftigungsquote von fünf auf sechs Prozent. Die Grünen forderten in ihrem Antrag (19/5907) eine Reform des Bundesteilhabegesetzes, um unter anderem ein echtes Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten zu erreichen.

Die Unionsfraktion kritisierte am Linken-Antrag, dass schon bisher die Fünf-Prozent-Quote in den Betrieben kaum erreicht werde und eine Erhöhung deshalb nicht nötig sei. Die SPD-Fraktion lehnte den AfD-Vorschlag für Bonuszahlungen an Betriebe ab, da dadurch kleine und mittlere Unternehmen nicht gefördert würden. Die FDP-Fraktion kritisierte den Entwurf der Bundesregierung als Reparaturgesetz ohne erkennbare Stringenz. Viele zu regelnde Dinge blieben ungelöst, so die Liberalen. Die AfD-Fraktion bezeichnete es als Schande, dass 37.000 Betriebe in Deutschland keine Menschen mit Behinderungen einstellen. Die Linke kritisierte, der Regierungsentwurf setze die Personenzentrierung von Leistungen nicht konsequent genug um, auch stünde zu vieles noch unter Finanzierungsvorbehalt. Die Grünen kritisierten den bürokratischen Aufwand, um die Selbständigkeit der Menschen zu erreichen, als viel zu hoch und deshalb nicht zielführend.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1130 vom 16.10.2019

Um "Jugendarmut in Deutschland" geht es in der Antwort der Bundesregierung (19/13039) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/12396). Danach gab es in der Grundsicherungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Jahresdurchschnitt 2018 insgesamt 2,42 Millionen leistungsberechtigte junge Menschen unter 25 Jahren im Rechtskreis des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II).

Darunter waren 768.000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte und 1,61 Millionen nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte, wie die Bundesregierung weiter ausführt. Bei den nicht erwerbsfähigen Leistungsberechtigten handelt es sich den Angaben zufolge vor allem um Kinder unter 15 Jahren. Ihr Anteil an dieser Gruppe beläuft sich laut Vorlage auf etwa 95 Prozent.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1113 vom 11.10.2019

Die FDP-Fraktion möchte von der Bundesregierung erfahren, wie viele unter Dreijährige und wie viele Drei- bis unter Sechsjährige im Jahr 2018 ein Angebot der Kindertagesbetreuung besucht haben. Auch erkundigt sie sich in einer Kleinen Anfrage (19/13699) danach, wie viele Eltern von unter Dreijährigen im vergangenen Jahr einen Betreuungsplatz brauchten, für die der Rechtsanspruch gilt. Ferner fragt sie unter anderem, wie viele Fachkräfte nach Kenntnis der Bundesregierung in der Kinderbetreuung aktuell fehlen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1099 vom 08.10.2019

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will wissen, wie viele Menschen Ende vergangenen Jahres erwerbstätig waren und dennoch aufstockend Arbeitslosengeld II beziehen mussten. Auch erkundigt sie sich in einer Kleinen Anfrage (19/13682) unter anderem danach, mit welcher Begründung nach Kenntnis der Bundesregierung "bei Arbeitslosen, die länger als sechs Wochen krankgeschrieben waren, und bei Arbeitslosen, die eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme absolvieren, danach statistisch die Dauer der Arbeitslosigkeit neu gezählt" wird, "ohne dabei die bisherige Dauer der Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen".

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1099 vom 08.10.2019

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte von der Bundesregierung erfahren, wie sich die altersspezifischen Betreuungsquoten bei Kindern bis zehn Jahren seit 2009 entwickelt haben. Auch erkundigt sie sich in einer Kleinen Anfrage (19/13651) unter anderem danach, welchen Bedarf die Bundesregierung beim Ausbau der quantitativen Kinderbetreuung bis 2025 sieht.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1091 vom 07.10.2019

Den Familiennachzug zu Flüchtlingen thematisiert die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (19/13525). Darin erkundigt sie sich, wie viele Visa zum Familiennachzug im bisherigen Jahr 2019 beziehungsweise im Jahr 2018 erteilt worden sind. Auch will sie unter anderem wissen, wie lang nach Kenntnis der Bundesregierung insgesamt die Verfahren zum Familiennachzug zu anerkannten Flüchtlingen beziehungsweise subsidiär Schutzberechtigten sind.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1078 vom 02.10.2019

Studie auf Basis von SOEP-Daten – Generation der 68er bleibt häufiger auch nach dem Renteneintritt ehrenamtlich aktiv – Anstieg des Engagements geht aber auch auf junge Menschen zurück – Pflicht zum Engagement für bestimmte Altersgruppen wäre nicht zielführend, stattdessen sollten flexible und niedrigschwellige Angebote für alle geschaffen werden, die ehrenamtlich aktiv sein wollen

Fast jede dritte in Deutschland lebende Person ab 17 Jahren – insgesamt also rund 22 Millionen – engagiert sich ehrenamtlich. Der Anteil der ehrenamtlich Aktiven lag im Jahr 2017 bei rund 32 Prozent und damit um fünf Prozentpunkte höher als im Jahr 1990. Sowohl junge Erwachsene als auch Rentnerinnen und Rentner sind zunehmend bereit, beispielsweise in Vereinen, Initiativen oder der Flüchtlingshilfe freiwillig mit anzupacken. Das sind zentrale Ergebnisse einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die auf repräsentativen Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) basiert.

Im Generationenvergleich stechen insbesondere die 68er, also die in den Jahren 1941 bis 1954 Geborenen, hervor. Stärker als vorherige Generationen sind sie auch nach dem Renteneintritt ehrenamtlich aktiv: Betrachtet man die Zeitspanne von drei Jahren vor dem Renteneintritt bis drei Jahre nach dem Renteneintritt, bleiben gut 29 Prozent dieser Generation durchgehend engagiert; knapp 13 Prozent nehmen sogar ein Ehrenamt erstmals oder erneut auf. Diese Werte liegen deutlich über denen der Kriegsgeneration (Geburtsjahrgänge 1908 bis 1930) und der Nachkriegsgeneration (Geburtsjahrgänge 1931 bis 1940).

„Dass sich immer mehr Menschen auch in hohem Alter bester Gesundheit erfreuen, das Bildungsniveau im Durchschnitt steigt und im gesellschaftlichen und politischen Diskurs das Thema Altern viel positiver besetzt ist – all das kommt dem ehrenamtlichen Engagement zu Gute“, sagt Luise Burkhardt, die die Studie gemeinsam mit Jürgen Schupp verfasst hat. „In dieser Entwicklung liegt ein großes Potential für die Gesellschaft, wenn man an die Babyboomer-Generation denkt, die in den kommenden Jahren nach und nach aus dem Erwerbsleben ausscheiden wird“, ergänzt Schupp.

Starker Anstieg der Engagementquote auch bei SchülerInnen und jungen Erwachsenen

Insgesamt ist die Engagementquote der 60- bis 76-Jährigen in Deutschland in den vergangenen fast 30 Jahren um elf Prozentpunkte auf 33 Prozent geklettert. Selbst unter den mindestens 77-Jährigen ist mit 23 Prozent noch fast jede vierte Person ehrenamtlich aktiv. Doch es sind bei weitem nicht nur die Älteren, die für das steigende ehrenamtliche Engagement in Deutschland verantwortlich sind: Besonders stark zugenommen hat auch der Anteil der ehrenamtlich tätigen Schülerinnen und Schüler ab 17 Jahren – von 27 Prozent im Jahr der Wiedervereinigung auf 46 Prozent im Jahr 2017. Und auch bei den jungen Erwachsenen im Alter von 17 bis 29 Jahren geht der Trend klar nach oben, jede dritte Person dieser Gruppe engagiert sich. Am höchsten liegt die Quote der Engagierten im mittleren Lebensalter (30 bis 59 Jahre).

Die Unterschiede beim Anteil der ehrenamtlich Aktiven zwischen Frauen (30 Prozent) und Männern (33 Prozent) sowie zwischen Ostdeutschland (28 Prozent) und Westdeutschland (33 Prozent) sind über die Jahre deutlich kleiner geworden. Markant sind hingegen die Unterschiede zwischen Stadt und Land: Während in kleineren Kommunen 37 Prozent der Menschen ehrenamtlich aktiv ist, sind es in Großstädten 26 Prozent. Auch der Bildungsabschluss spielt eine Rolle: Je höher dieser ist, desto wahrscheinlicher engagiert sich eine Person ehrenamtlich.

Ehrenamt darf nicht zum „Lückenbüßer“ werden

Die Wertschätzung für Ehrenämter ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, sowohl in der Gesellschaft als auch seitens der Politik. Doch das Potential, dass offenbar quer über alle Altersgruppen hinweg immer mehr Menschen bereit sind, ihre freie Zeit in ein Ehrenamt zu stecken, könnte noch besser genutzt werden, so die Autorin und der Autor. „Wichtig sind Rahmenbedingungen, die es allen Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen oder Herkunft ermöglichen, sich zu engagieren, wenn sie es denn möchten“, so Burkhardt. Eine Pflicht zum Engagement, wie sie mitunter beispielsweise für junge Erwachsene diskutiert wird, sei hingegen nicht zielführend.

Entsprechende Angebote sollten also flexibel und niedrigschwellig sein. Ratsam sei zudem der Ausbau gesellschaftlich sinnvoller Einsatzfelder für Ehrenamtliche, beispielsweise im digitalen Bereich, sowie entsprechende Strukturen und Informationsangebote als Unterstützung, so Schupp. Dabei dürfe, ergänzt Burkhardt, dem Ehrenamt aber keine „Lückenbüßerfunktion“ zufallen: „Dort, wo der Sozialstaat gefragt ist, muss er auch künftig seiner Verantwortung nachkommen. Den vielen ehrenamtlich Aktiven sollte nicht das Gefühl gegeben werden, dass eigentlich staatliche Aufgaben rein aus Kostengründen auf sie abgewälzt werden.“

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 16.10.2019

Dank der zunehmenden Freiheit, zwischen Elternschaft und Erwerbstätigkeit zu wählen und die Kinderbetreuung individuell zu gestalten, sind Mütter und Väter heute zufriedener mit ihrem Leben als vor 20 oder 30 Jahren. Das zeigt eine Studie auf Basis von Daten der für Deutschland repräsentativen Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) am DIW Berlin, die eine Forschungsgruppe um den Schweizer Soziologen Klaus Preisner erstellt hat. Die Studie wurde kürzlich in der Fachzeitschrift Gender & Society online veröffentlicht.

Die Mutter kümmert sich um die Kinder, der Vater arbeitet Vollzeit – dieses gesellschaftliche Rollenverständnis hielt sich lange Zeit hartnäckig. In den letzten Jahrzehnten aber haben sich die normativen Erwartungen an Mütter und Väter verändert. Mutterschaft ist heute für die weibliche Identität und ein erfülltes Leben als Frau nicht mehr zwingend. Von Müttern wird nicht mehr erwartet, dass sie ihre Erwerbsarbeit aufgeben, während es zunehmend selbstverständlich ist, dass sich Väter an der Kindererziehung und -betreuung beteiligen.

Diskrepanz zwischen öffentlichen Diskussionen und empirischen Daten

Zusammen mitForschenden der Universität Konstanz und des Deutschen Jugendinstituts in München hat der Soziologe Klaus Preisner von der Universität Zürich (UZH) untersucht, wie sich diese veränderten gesellschaftlichen Erwartungen auf die Lebenszufriedenheit von Eltern ausgewirkt haben. Um herauszufinden, wie sich die sozialen Normen bezüglich der Elternschaft im Laufe der Jahre entwickelt haben, analysierten die WissenschaftlerInnen Angaben aus der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS). Hier wurde auf einer vierstufigen Skala erfasst, wie stark die westdeutschen Befragten folgender Aussage zustimmten: „Es ist für alle Beteiligten viel besser, wenn der Mann voll im Berufsleben steht und die Frau zu Hause bleibt und sich um den Haushalt und die Kinder kümmert.“ Um die Veränderungen in der Lebenszufriedenheit zu erfassen, werteten die WissenschaftlerInnen Angaben von 18.397 Frauen und 11.896 Männern aus den alten Bundesländern aus, die im Zeitraum von 1984 bis 2015 im SOEP befragt worden waren.

Das Nachlassen sehr spezifischer normativer Erwartungen an die Elternschaft zeigt sich in den ALLBUS-Daten: Die Aussage «Es ist für alle Beteiligten viel besser, wenn der Mann voll im Berufsleben steht und die Frau zu Hause bleibt und sich um den Haushalt und die Kinder kümmert“ wurde im Laufe der Jahre von immer weniger Menschen unterstützt. Während in den 1980er Jahren jede/r Zweite zustimmte, war es 2015 nur noch jede/r Fünfte.

«Während in der Öffentlichkeit in den letzten Jahren vermehrt thematisiert wurde, dass Eltern unter großen Belastungen stehen oder ihre Elternschaft sogar bedauern, zeigt unsere Analyse das Gegenteil», sagt Klaus Preisner.In den 1980er-Jahren gaben Mütter bei Befragungen mehrheitlich an, weniger zufrieden mit ihrem Leben zu sein als kinderlose Frauen. Das «Glücksversprechen Kind» – auch eine Folge des damaligen Tabus, kritisch über die Mutterschaft zu sprechen – wurde damals nicht eingelöst. «Mit zunehmenden Freiheiten, sich für oder gegen ein Kind zu entscheiden und die Elternschaft zu gestalten, ist der sogenannte ‹maternal happiness gap› verschwunden. Heute finden wir keine Unterschiede mehr in der Lebenszufriedenheit von Müttern und kinderlosen Frauen», so Preisner.

Lebenszufriedenheit beider Elternteile hat zugenommen

Für die Männer gilt: Im Unterschied zu Frauen wurde von Vätern früher nicht erwartet, sich an der Kinderbetreuung zu beteiligen, Elternzeit zu nehmen oder die Erwerbsarbeit zumindest zeitweise einzuschränken. Den Freuden der Vaterschaft standen also kaum häusliche Verpflichtungen entgegen und Männer mit Kindern waren genauso zufrieden wie Männer ohne Kinder.

Obwohl sich die Erwartungen an Väter geändert haben, hat sich ihre Lebenszufriedenheit dadurch kaum verändert. Väter sind heute nach wie vor genauso zufrieden wie kinderlose Männer. «Der Grund dafür liegt darin, dass Väter, die den neuen Erwartungen gerecht werden, heute mit viel privater und öffentlicher Anerkennung für ihr Engagement belohnt werden», sagt Preisner.

Moderne Familienpolitik nützt sowohl Eltern wie auch Kindern

Mit den veränderten normativen Erwartungen seien auch neue familienpolitische Maßnahmen wie etwa die Elternzeit nach der Geburt eines Kindes sowie die Schaffung von Betreuungsmöglichkeiten außerhalb der Familie möglich geworden, erklären die AutorInnen. So könnten Mütter und Väter freier entscheiden, wie sie ihre Elternschaft im Hinblick auf Eigen- und Fremdbetreuung gestalten wollen. Darüber hinaus seien die Rollen und Aufgaben zwischen Müttern und Vätern heute weniger ungleich verteilt. Beides wirke sich positiv darauf aus, wie zufrieden Eltern mit ihrem Leben sind. «Diese familienpolitischen Maßnahmen sind nicht nur im Sinne der Gleichstellung von Frauen und Männern von großer Bedeutung. Ebenso wichtig sind sie im Hinblick auf die Lebenszufriedenheit der Eltern und damit letztlich auch der Kinder», sagt Klaus Preisner.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 08.10.2019

Individuelle Nettovermögen legen zwischen 2012 und 2017 im Schnitt um ein Fünftel an Wert zu – Vor allem Immobilien und Betriebsvermögen tragen zur Wertsteigerung bei – Ungleichheit bleibt auch im internationalen Vergleich hoch – Ostdeutsche nur halb so vermögend wie Westdeutsche

Die Deutschen werden reicher: Nachdem das Nettovermögen zwischen 2002 und 2012 nominal nur wenig gestiegen war, hat es in den Jahren ab 2012 wieder deutlich zugelegt. Die Bevölkerung ab 17 Jahren verfügte im Jahr 2017 durchschnittlich über 22 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren: Waren es im Jahr 2012 noch knapp 85.000 Euro, stieg es bis 2017 auf knapp 103.000 Euro. Ostdeutsche liegen mit einem individuellen Nettovermögen von 55.000 Euro im Jahr 2017 weit unter diesem Schnitt.

Dies ergab eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis von Daten des sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Erstmals wurden auch die Kraftfahrzeuge und Studien-/Ausbildungskredite in die Vermögensberechnung miteinbezogen. Dies erhöhte das durchschnittliche Vermögen auf 108.000 Euro.

Der Median der Vermögensverteilung, also der Wert, der die reichsten 50 Prozent der Bevölkerung von der ärmeren Hälfte trennt, lag im Jahr 2017 mit rund 26 000 Euro oder einem Viertel wesentlich niedriger als der Durchschnittswert, was auf eine stark ungleiche Verteilung hinweist. Die reichsten zehn Prozent besitzen den aktuellen Zahlen zufolge mehr als die Hälfte des gesamten Vermögens (56 Prozent), während die ärmere Hälfte der Bevölkerung über 17 Jahren nur 1,3 Prozent des Gesamtvermögens hält. Das oberste eine Prozent besitzt 18 Prozent des Gesamtnettovermögens – so viel wie die unteren 75 Prozent zusammen.

„Die Vermögensungleichheit ist zwar in Deutschland – auch im internationalen Vergleich – sehr hoch, sie verharrt aber in den letzten zehn Jahren auf diesem Niveau“, fasst Studienautor Markus Grabka das Ergebnis zusammen. Zwar haben in absoluten Zahlen vor allem die reichsten zehn Prozent ihr Vermögen stark vergrößern können, da Immobilien und Betriebsvermögen überproportional zugelegt haben. Relativ haben aber nahezu alle Vermögensdezile in den Jahren 2012 bis 2017 ähnlich stark von Zuwächsen profitiert, mit Ausnahme der Personen, die über kein Vermögen verfügen – immerhin 15 Prozent der Bevölkerung.

Westdeutsche sind doppelt so vermögend wie Ostdeutsche

Wie hoch das individuelle Nettovermögen ist, hängt stark von Alter, Region und Einkommen ab. „Personen, die zwischen 1940 und 1950 geboren wurden, in Westdeutschland leben und eine Immobilie besitzen, verfügen im Schnitt über besonders viel Vermögen“, fasst Studienautor Christoph Halbmeier zusammen. Das Nettovermögen der Erwachsenen in Westdeutschland ist im Schnitt mit gut 120.000 Euro mehr als doppelt so hoch wie in Ostdeutschland mit 55.000 Euro. Der Abstand verkleinert sich in den jüngeren Alterskohorten: Während die 71- bis 80-jährigen Ostdeutschen im Schnitt noch 133.000 Euro weniger Vermögen haben als die Westdeutschen, beträgt der Abstand in der Generation der 21- bis 25-Jährigen nur 5000 Euro.

Immobilienbesitz entscheidet über die Vermögen

Entscheidend für die Vermögensverteilung ist auch, ob die untersuchten Personen Immobilien besitzen. EigentümerInnen einer selbstgenutzten Immobilie verfügen im Schnitt über ein zehnmal so hohes Vermögen (rund 225.000 Euro) wie Personen, die zur Miete wohnen (24.000 Euro) – immerhin in Deutschland die Hälfte der gesamten erwachsenen Bevölkerung. Stagnierte zwischen 2002 und 2012 noch das Nettovermögen beider Gruppen, wirken sich ab 2012 Wertsteigerungen von Immobilien positiv auf die Nettovermögen der EigentümerInnen aus. Ähnliches gilt für das Betriebsvermögen, das seit 2012 auch deutlich zugelegt hat, aber vor allem in den Händen der oberen Vermögensdezile liegt.

Staatliches Fördervolumen zur Vermögensbildung muss erhöht werden

„Um die Vermögensungleichheit zu reduzieren, wird es nicht reichen, große Vermögen ein wenig zu besteuern. Eine Vermögenssteuer, wie erst jüngst wieder mal gefordert wurde, wird zwar fiskalische Mehreinnahmen schaffen, die aber nicht automatisch den vermögensschwachen Bevölkerungsgruppen zugutekommen“, gibt Markus Grabka zu bedenken. Stattdessen sollten vor allem der Bevölkerung mit unteren und mittleren Einkommen bessere Möglichkeiten zur Vermögensbildung angeboten werden, um auch drohender Altersarmut vorzubeugen. Die bisherigen Instrumente wie Baukindergeld, Wohnungsbauförderung und Arbeitnehmersparzulage förderten nur einen begrenzten Personenkreis und dies oftmals nur mit geringen Beträgen. Privater Immobilienbesitz könne viel effizienter gefördert werden – zum Beispiel durch ein staatliches Mietkaufmodell. „Das staatliche Fördervolumen sollte zumindest wieder auf das Niveau des Jahres 2004, also zwölf Milliarden Euro, angehoben werden“, fordert Grabka. Darüber hinaus biete es sich an, insbesondere die private Altersvorsorge stärker an Modellen aus dem Ausland zu orientieren, die weitaus höhere Renditen erzielen als die in Deutschland geförderten Riester- und Rürup-Renten.

Studie im DIW Wochenbericht 40/2019

Infografik (Druckqualität)

Interview mit Markus Grabka

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 02.10.2019

Ungleichheit bei den Einkommen auf neuem Höchststand – Arme Haushalte zunehmend tiefer unter der Armutsgrenze

Die Schere bei den verfügbaren Einkommen hat sich in Deutschland weiter geöffnet, die Einkommensungleichheit befindet sich trotz der über Jahre guten wirtschaftlichen Entwicklung auf einem historischen Höchststand. Das zeigen übereinstimmend Berechnungen mit unterschiedlichen statistischen Maßen zur Einkommensverteilung. So lag der Gini-Koeffizient, das gebräuchlichste Maß für Ungleichheit, Ende 2016 sogar noch um zwei Prozent höher als 2005 – dem Jahr, das unter Forschern nach einem drastischen Anstieg der Einkommensspreizung seit Ende der 1990er Jahre als besonders „ungleich“ gilt. Zwei Faktoren haben die materielle Ungleichheit in den vergangenen Jahren vor allem wachsen lassen: Hohe Einkommensgruppen haben von sprudelnden Kapital- und Unternehmenseinkommen profitiert und dadurch die große Mehrheit der Haushalte in Deutschland beim verfügbaren Einkommen deutlich hinter sich gelassen. Gleichzeitig sind die 40 Prozent der Haushalte mit den geringsten Einkommen zurückgefallen – auch gegenüber der Mitte, deren Einkommen wiederum durch die gute Arbeitsmarktlage und spürbare Lohnsteigerungen real solide zunahm. Dementsprechend liegt die Armutsquote ebenfalls auf hohem Niveau. Und die Armutslücke, sie beschreibt das Jahreseinkommen, das armen Haushalten rechnerisch fehlt, um die Armutsgrenze von 60 Prozent des mittleren Einkommens zu überschreiten, ist zwischen 2011 und 2016 preisbereinigt um 29 Prozent gewachsen: Um 779 Euro auf mehr als 3400 Euro. Zu diesen Ergebnissen kommt der neue Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.* Basis der Studie sind die aktuellsten vorliegenden Daten aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP), der größten repräsentativen Panel-Befragung in Deutschland, für die jährlich über 25.000 Menschen in Deutschland interviewt werden.

„Die aktuellen Daten zeigen, dass all jene Politiker und Ökonomen falsch liegen, die Entwarnung geben wollten, weil sich der rasante Anstieg der Einkommensspreizung nach 2005 zunächst nicht fortgesetzt hat“, sagt WSI-Expertin Dr. Dorothee Spannagel. „Richtig ist: Die Ungleichheit wächst aktuell deutlich langsamer, und die Entwicklung unterminiert nicht mehr so stark die Position der Haushalte mit mittleren Einkommen wie vor anderthalb Jahrzehnten: Wer eine feste, reguläre Arbeitsstelle hat, der hat zuletzt auch nach Abzug der Inflation spürbar mehr Einkommen zur Verfügung, insbesondere, wenn sie oder er nach Tarif bezahlt wird.“ Trotz dieses positiven Trends, so die Forscherin „geht die Polarisierung in Deutschland weiter. Denn die Ränder der Einkommensverteilung streben auseinander: Der Niedriglohnsektor ist weiterhin sehr groß und ärmere Haushalte fallen zurück, während sich reiche weiter absetzen. Und dabei sind Deutschlands Superreiche, also Multimillionäre und Milliardäre, die vom langjährigen Boom bei Aktien und Immobilien besonders stark profitiert haben dürften, im SOEP nur schwach erfasst. Alles in allem haben wir den riskanten Weg zu größerer Ungleichheit immer noch nicht verlassen: Ausufernde soziale Spaltungen verstärken den Verteilungskampf, reduzieren soziale und politische Teilhabe und gefährden das Funktionieren der sozialen Marktwirtschaft.“

Schere bei den Einkommen geht wieder auf

Der verbreitetste Indikator zur Einkommensverteilung ist der Gini-Koeffizient. Je nach Grad der Ungleichheit nimmt er Werte zwischen Null (alle Haushalte haben das gleiche Einkommen) und eins (ein einziger Haushalt bezieht das komplette Einkommen im Land; Visualisierung auch in unserem Video; Link unten) an. Ende 2016 lag der Gini-Koeffizient der verfügbaren Haushalteinkommen, bereits bereinigt um Effekte unterschiedlicher Haushaltsgrößen, in Deutschland bei 0,295. Damit zeigte er im aktuellsten Jahr, für das SOEP-Daten vorliegen, einen um rund 19 Prozent höheren Ungleichheits-Wert an als noch Ende der 1990er Jahre. Damals lag der Gini knapp unter 0,25. Sehr schnell angestiegen ist die Ungleichheit in Deutschland Ende der 1990er und in der ersten Hälfte der 2000er Jahre – auf 0,289 im Jahr 2005. Laut der Industrieländerorganisation OECD nahm sie damals stärker zu als in den meisten anderen ihrer 30 Mitgliedsländer. War die Bundesrepublik zuvor ein Land mit relativ ausgeglichener Einkommensverteilung, rutschte sie ins Mittelfeld von EU und OECD ab.

Unter Fachleuten umstritten ist, was nach 2005 passierte. Einige Ökonomen kommen auch in jüngeren Studien zu dem Fazit, die Ungleichheit sei seitdem stabil geblieben oder sogar wieder leicht gesunken.

Der WSI-Verteilungsbericht macht aber auf Basis der neuesten SOEP-Zahlen deutlich, dass es sich dabei lediglich um eine Momentaufnahme gehandelt hat. Denn nach einem leichten Rückgang auf 0,279 im Jahr 2009, der wesentlich darauf beruhte, dass in der Finanz- und Wirtschaftskrise die zuvor florierenden Kapitaleinkommen kurzfristig einbrachen, geht der Gini-Wert seit 2011 wieder nach oben. Die so gemessene Ungleichheit wuchs zwar langsamer als zuvor, aber fast stetig auf den neuen Höchststand. Dabei entwickeln sich die Einkommen in Ostdeutschland deutlich schneller auseinander als im Westen. Noch ist die Spreizung in den neuen Ländern spürbar geringer als in den alten, doch der Abstand zwischen Ost und West wird kleiner (siehe auch die erste Grafik in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

Armut nimmt zu

Dass sich die Schere bei den Einkommen öffnet, belegt auch der Blick auf zwei weitere Verteilungsmaße. Der Palma-Index vergleicht den Anteil des wohlhabendsten Zehntels der Haushalte an den gesamten Einkommen mit dem Part der unteren 40 Prozent. Dadurch reagiert er statistisch besonders sensibel auf Veränderungen am oberen Ende der Einkommensverteilung. Dagegen ist der Theil-Index ein feiner Indikator für Entwicklungen in den „unteren“ Gruppen, die ein niedriges Einkommen haben. An beiden Indizes lässt sich seit 2005 ein ganz ähnlicher Trend ablesen wie beim Gini-Koeffizienten: Nach einem Rückgang am Ende des vergangenen Jahrzehnts sind sie wieder deutlich angestiegen (Grafik 2 in der pdf-Version).

Die Veränderungen „fallen jedoch ausgeprägter aus – ein Hinweis darauf, dass es die Ränder sind, an denen die entscheidenden Entwicklungen stattfinden“, schreibt WSI-Expertin Spannagel.

Das gilt nach vertiefter Analyse der Verteilungsforscherin insbesondere im unteren Bereich der Einkommensverteilung. So ist der Anteil der Haushalte, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben und deshalb nach gängiger wissenschaftlicher Definition als arm gelten, in den Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs spürbar gewachsen – von 14,2 Prozent 2010 auf 16,7 Prozent 2016 (Grafik 3 in der pdf-Version).

Gleichzeitig wurde auch die so genannte „Armutslücke“ beträchtlich größer. Sie zeigt an, welches jährliche Einkommen einem durchschnittlichen armen Haushalt fehlt, um es über die 60-Prozent-Hürde zu schaffen: Lag der Fehlbetrag inflationsbereinigt 2005 bei 2873 und 2011 bei 2673 Euro, stieg der Rückstand bis 2016 wieder stark an auf 3452 Euro. Der Abstand zur Armutsgrenze wuchs also um rund 29 Prozent (siehe auch die Tabelle).

Dass die Lücke so viel größer wurde, hat nach Spannagels Analyse auch damit zu tun, dass im aktuellen Aufschwung – anders als in den 2000er-Jahren – nicht nur die oberen, sondern auch die mittleren Einkommen stärker zugelegt haben. Ein positiver Trend, von dem im unteren Bereich der Einkommensverteilung aber wenig bis nichts ankam: Das unterste Dezil hat zwischen 2010 und 2016 nach Abzug der Inflation sogar Einkommen verloren. Im 2., 3. und 4. Dezil waren die Zuwächse unterdurchschnittlich.

Wachstum allein reicht nicht, um Ungleichheit zu reduzieren

Die Entwicklung der vergangenen Jahre mache deutlich, dass eine positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung nicht ausreiche, um Ungleichheit und Armut zu reduzieren, resümiert Verteilungsexpertin Spannagel. Zumal, wenn politische Weichenstellungen nachwirkten, welche einen Anstieg der Einkommensungleichheit begünstigt haben. Dazu zählt die Wissenschaftlerin auch die Steuerpolitik der vergangenen zwei Jahrzehnte: Während reiche Haushalte von der Senkung des Spitzensteuersatzes, der pauschalen Abgeltungssteuer oder der Reform der Erbschaftsteuer mit ihren zahlreichen Ausnahmen für Betriebsvermögen profitierten, wurden ärmere Haushalte durch höhere indirekte Steuern zusätzlich belastet.

„Wachsende Ungleichheit ist kein Schicksal“, schreibt die Wissenschaftlerin deshalb. Die Politik habe wirksame Möglichkeiten, gegenzusteuern. Zu den wichtigsten Ansätzen zählt Spannagel:

  • Eine Reduzierung der Lohnungleichheit durch eine Stärkung der Tarifbindung. Ein wichtiger Beitrag, um auch im Niedriglohnsektor bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen, sei es, die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen zu vereinfachen.
  • Parallel empfiehlt die Forscherin eine Erhöhung des Mindestlohns. Zudem müsse besser verhindert werden, dass Arbeitgeber den Mindestlohn umgehen.
  • Stärkere Besteuerung von Spitzeneinkommen. Um den weiteren Anstieg der Ungleichheit zu bremsen, sei es auch wichtig, „die wachsende Konzentration der Einkommen am oberen Ende zu dämpfen“, schreibt Spannagel. Dazu sollten sehr hohe Erbschaften stärker besteuert und Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer konsequent abgebaut werden. Zudem sollte der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer angehoben werden. Kapitalerträge müssten wieder in die Einkommenssteuer eingegliedert werden und somit progressiv besteuert werden. Auch die Wiederaufnahme der Vermögensteuer sei relevant, argumentiert die Forscherin.
  • Eine deutliche Anhebung der Regelsätze im Arbeitslosengeld II („Hartz IV“). Diese lägen häufig weit unter der Armutsgrenze.
  • Als wichtige Hilfe zur Selbsthilfe hätten sich unbürokratische soziale Beratungs- und Hilfsangebote erwiesen, die ausgebaut werden müssten, um den realen Bedarf abdecken zu können. Dazu zählt die Expertin psychosoziale Beratung, etwa bei Schulden oder Sucht, ausreichend Deutschkurse für Migranten, aber auch passgenaue Umschulungen oder Weiterbildungen für Langzeitarbeitslose.

Weitere Informationen:

Terminhinweis: Gerechter ist besser!? ist der Titel der hochkarätig besetzten Verteilungskonferenz, die die Hans-Böckler-Stiftung am 17. Oktober in Kooperation mit dem DGB veranstaltet. Dort diskutieren u.a. Unions-Fraktionsvize Hermann Gröhe, der Grünen-Vorsitzende Dr. Robert Habeck, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Katja Kipping, Parteivorsitzende Die Linke, der FDP-Vorsitzende Christian Lindner, Stefan Körzell, Mitglied im Geschäftsführenden Bundesvorstand des DGB, sowie die Ökonomen Prof. Dr. Peter Bofinger (Universität Würzburg) und Prof. Dr. Michael Hüther (Institut der deutschen Wirtschaft).

Dorothee Spannagel, Katharina Molitor: Einkommen immer ungleicher verteilt. WSI-Verteilungsbericht 2019. WSI-Report Nr. 53, Oktober 2019 (pdf).

Trends der Ungleichheit im Bild: Unser Video visualisiert die zentralen Ergebnisse des Verteilungsberichts in 2 Minuten

Das Programm zur Verteilungskonferenz

Die Pressemitteilung mit Grafiken (pdf)

Kontakt: Dr. Dorothee Spannagel, WSI-Verteilungsexpertin

Kontakt: Rainer Jung, Leiter Pressestelle

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 01.10.2019

Beschäftigte im Osten verdienen bei gleicher Qualifikation 17 Prozent weniger als im Westen – geringe Tarifbindung wichtiger Grund

Auch fast 30 Jahre nach der Wiedervereinigung verdienen Beschäftigte in Ostdeutschland noch deutlich weniger als Arbeitnehmer in den alten Bundesländern. Insgesamt beträgt der Abstand rund 16,9 Prozent, wenn man Beschäftigte gleichen Geschlechts, im gleichen Beruf und mit vergleichbarer Berufserfahrung vergleicht (mehr Informationen zur Methode unten). Besonders stark zurück liegen ostdeutsche Arbeitnehmer, die über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen oder eine weiterführende berufliche Qualifikation (z.B. als Techniker oder Meister) erworben haben. In akademisch geprägten Berufen und bei Helfertätigkeiten ist der Abstand zum Westen geringer. Dies ergibt eine Auswertung von annähernd 175.000 Datensätzen des Portals Lohnspiegel.de, das vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung betreut wird.

Unterteilt man die Berufe nach dem Qualifikationsniveau, beträgt der Abstand bei fachlich ausgerichteten Tätigkeiten 17,4 Prozent (siehe auch Abbildung 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Hierzu gehören die meisten Ausbildungsberufe. Befragte aus Ostdeutschland, die nach ihrer betrieblichen Ausbildung eine kaufmännische Fortbildung durchlaufen haben oder eine weiterführende technische Qualifikation erworben haben, verdienen sogar 18,4 Prozent weniger als Beschäftigte in vergleichbaren Spezialistentätigkeiten im Westen. In Berufen mit hoch komplexen Anforderungen, für die in der Regel ein Hochschulabschluss Voraussetzung ist, beträgt der Rückstand gegenüber dem Westen hingegen 15,4 Prozent. Geringer sind die Unterschiede nur bei Helfertätigkeiten (14,4 Prozent), für die die Angaben aufgrund relativ kleiner Fallzahlen allerdings weniger verlässlich sind. Hier zeigt der Mindestlohn Wirkung, der in Ost und West identisch ist.

Auch zwischen den ostdeutschen Ländern gibt es ein merkliches Gefälle. In Brandenburg ist, auch aufgrund des prosperierenden Berliner Umlandes, der Rückstand gegenüber dem Westen mit 13,9 Prozent am geringsten (siehe Abbildung 2 in der pdf-Version). In Mecklenburg-Vorpommern beträgt das Minus 15,3 Prozent. Im Mittelfeld liegen Thüringen (16,9 Prozent) und Sachsen-Anhalt (17,1 Prozent). Schusslicht ist der Freistaat Sachsen: Hier liegen die Verdienste der Befragten um 18,2 Prozent unter dem Niveau für vergleichbare Tätigkeiten im Westen. Zu einem ähnlichen Ergebnis war bereits im Frühjahr die WSI-Studie „Tarifverträge und Tarifflucht in Sachsen“ gekommen. In Berlin, das sich aufgrund seiner Sonderstellung nicht eindeutig zuordnen lässt, beträgt der Rückstand zum Westen 4,5 Prozent.

Die geringere Verbreitung von Tarifverträgen ist nach Analyse des WSI neben Unterschieden in der Wirtschaftskraft ein wesentlicher Grund für den Gehaltsrückstand in den neuen Bundesländern. „Bei den Tariflöhnen haben die Gewerkschaften inzwischen eine weitgehende Angleichung zwischen Ost und West durchsetzen können“, sagt Dr. Malte Lübker, WSI-Experte für Tarif- und Einkommensanalysen. So lag das Tarifniveau in Ostdeutschland 2018 bei 97,6 Prozent des Westens, verglichen mit 91,9 Prozent im Jahr 2000 (siehe Abbildung 3). „Aber Tarifverträge können nur da wirken, wo sie auch verbindlich angewendet werden“, so Lübker. Nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufs-forschung (IAB) wurden 2018 nur 45 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten nach einem Tarifvertrag bezahlt. Im Westen waren es hingegen 56 Prozent.

Informationen zur Methode

Die Gehaltsunterschiede beziehen sich auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Ost und West, die sich hinsichtlich wichtiger Eigenschaften nicht voneinander unterscheiden. Neben dem ausgeübten Beruf wurden Lohnunterschiede statistisch herausgerechnet, die sich mit Faktoren wie der Berufserfahrung, dem Geschlecht, der Größe des Betriebes oder einer innerbetrieblichen Leitungsfunktion erklären lassen. „Wir vergleichen in unserer Analyse also gleich mit gleich – Menschen, die im gleichen Beruf tätig sind und auch sonst ähnliche Merkmale haben“, sagt Malte Lübker. „Die verbleibenden Gehaltsunterschiede lassen sich folglich nicht darauf zurückführen, dass etwa in Ingolstadt oder Stuttgart mehr hochqualifizierte Ingenieure arbeiten als in der Niederlausitz.“

Einen detaillierten, auf individuelle Merkmale zugeschnittenen Gehalts-vergleich können Arbeitnehmer für über 500 Berufen mit Hilfe des Lohn- und Gehaltschecks auf Lohnspiegel.de erzeugen. Um zu einem aussagekräftigen Vergleich zu kommen, werden hierfür zunächst eine Reihe von Fragen zur eignen beruflichen Situation gestellt. Auf der Auswertungsseite können die Nutzer des Portals dann im zweiten Schritt unter „Was wäre wenn …?“ gezielt einzelne Angaben ändern, indem sie z.B. ihr eigenes Bundesland gegen ein anderes austauschen. Die typischen Gehälter werden dann für das gewählte Bundesland neu berechnet. Ausgewiesen werden auch Differenzen zwischen den alten Bundesländern, unter denen Baden-Württemberg und Hamburg vorne liegen.

Die Daten des Portals Lohnspiegel.de beruhen auf einer kontinuierlichen Online-Umfrage unter Erwerbstätigen in Deutschland. Für die Analyse wurden 174.600 Datensätze berücksichtigt, die seit Anfang 2017 erhoben wurden. Die Umfrage ist nicht-repräsentativ, erlaubt aber aufgrund der hohen Fallzahlen detaillierte Einblicke in die tatsächlich gezahlten Entgelte. Alle Angaben beziehen sich auf die Bruttoverdienste pro Stunde, sodass Unterschiede in der Arbeitszeit nicht zum Tragen kommen. Nicht berücksichtigt wurden Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. Der Lohnspiegel ist ein nicht-kommerzielles Angebot der Hans-Böckler-Stiftung.

Die Pressemitteilung mit Grafiken (pdf)

Kontakt: Dr. Malte Lübker, WSI Experte für Tarif- und Einkommensanalysen

Kontakt: Rainer Jung, Leiter Pressestelle

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 01.10.2019

– Neue Ergebnisse der Mikrozensus-Zusatzerhebung zur Wohnsituation veröffentlicht
– In den sieben größten Metropolen zahlen die seit 2015 eingezogenen Mieterinnen und Mieter ein Fünftel mehr als Personen mit älteren Mietverträgen
– Relativ geringe durchschnittliche Mietbelastung in Sachsen und Thüringen

Die aktuelle Lage auf den Wohnungsmärkten der Metropolen in Deutschland hat dazu geführt, dass Haushalte, die ab 2015 eine Wohnung neu angemietet haben und dort eingezogen sind, überdurchschnittlich hohe Mieten zahlen. Dies zeigen die Ergebnisse der Mikrozensus-Zusatzerhebung zur Wohnsituation in Deutschland für das Jahr 2018. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, mussten private Haushalte nach eigenen Angaben bundesweit im Schnitt 7,70 Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter für eine in 2015 und später angemietete Wohnung bezahlen. Damit liegen diese Mietkosten um 12 % über der durchschnittlichen Nettokaltmiete in Deutschland (6,90 Euro).

Hohe Nettokaltmieten für Neuanmietungen ab 2015 in Metropolen und Bundesländern mit großer Wirtschaftskraft

Weit über dem jeweiligen Landesdurchschnitt liegen die Nettokaltmieten für Neuanmietungen ab dem Einzugsjahr 2015 und später in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg. Am größten war der Unterschied jedoch in Berlin. So lag in Berlin 2018 die durchschnittliche Nettokaltmiete für 2015 und danach angemietete Wohnungen bei 9,10 Euro pro Quadratmeter und damit um fast ein Viertel höher als der Berliner Mietendurchschnitt insgesamt (7,40 Euro). Die höchsten Nettokaltmieten für solche Neuanmietungen mussten Mieter mit 10,30 Euro in Hamburg entrichten.

Geringer als im Bundesdurchschnitt war der Unterschied zwischen den Nettokalt-mieten bei Neuanmietungen ab 2015 zu den jeweiligen Durchschnittsmieten vor allem in Sachsen-Anhalt, Thüringen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz, aber auch in Nordrhein-Westfalen.

Hohe Mieten sind vor allem ein Problem der Metropolen in Deutschland. So lag 2018 die durchschnittliche Nettokaltmiete je Quadratmeter für Neuanmietungen ab dem Einzugsjahr 2015 in den sieben Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf bei 10,80 Euro und damit um gut 21 % über dem allgemeinen Durchschnitt in diesen Städten (8,90 Euro).

Mietbelastung in Metropolen teils bei 30 %

Die höheren Durchschnittsmieten in den Metropolen und größeren Städten tragen dazu bei, dass die betroffenen Mieterhaushalte auch mit überdurchschnittlichen Mietbelastungsquoten zu kämpfen haben. Demnach lag 2018 der Anteil des Haushaltsnettoeinkommens, den die Haushalte insgesamt für die Bruttokaltmiete aufwendeten, bundesweit bei 27,2%, in Metropolen bei 29,5%.

Für Haushalte, die ihre Wohnung in den letzten vier Jahren neu angemietet haben, lag die Mietbelastungsquote bundesweit bereits bei 28,6%. Leben diese Haushalte in einer Metropole beziehungsweise in einer größeren Stadt, nähert sich die Mietbelastung dem Wert von 30% oder liegt sogar darüber, wie das Beispiel Hamburg zeigt (30,4% durchschnittliche Mietbelastung insgesamt, 31,4% für Neuanmietungen ab Einzugsjahr 2015). Hohe Mietbelastungsquoten sind eher im Westen Deutschlands zu finden als im Osten. Haushalte in Sachsen und Thüringen haben mit jeweils rund 23% die geringste durchschnittliche Mietbelastung in Deutschland.

Nettokaltmieten in Wohnungen von privaten Wohnungsunternehmen am höchsten

Von den knapp 37 Millionen bewohnten Wohnungen in Deutschland (ohne Wohnheime und ohne Wohnungen in Gebäuden, die überwiegend gewerblich genutzt werden) waren 2018 mehr als die Hälfte (53,5 %) vermietet. Eigentümer dieser Mietwohnungen waren zu 58 % private Vermieter und zu 23 % Wohnungsgenossenschaften. 15 % der Mietwohnungen waren im Besitz von privaten Wohnungsunternehmen und 4 % der Mietwohnungen gehörten öffentlichen und kommunalen Wohnungsunternehmen.

Mieter, die 2018 in Wohnungen privater Wohnungsunternehmen lebten, zahlten mit durchschnittlich 7,30 Euro je Quadratmeter die höchsten Nettokaltmieten. Zum Vergleich lagen die Nettokaltmieten der von Privatpersonen vermieteten Wohnungen bei 7 Euro. Unter dem Bundesdurchschnitt von 6,90 Euro für die Nettokaltmieten blieben die öffentlichen und kommunalen Wohnungsunternehmen mit 6,60 Euro und die Wohnungsgenossenschaften mit 6,40Euro.

Definitionen:

Mietbelastungsquote:
Die Mietbelastung eines Haushalts ist der Anteil der Bruttokaltmiete am Haushaltsnettoeinkommen. Die Bruttokaltmiete setzt sich aus der Nettokaltmiete (Grundmiete) und den kalten Nebenkosten zusammen. Das sind zum Beispiel die monatlichen Betriebskosten einer Wohnung für Haus- und Straßenreinigung, Müllabfuhr, Allgemeinstrom, Hausmeisterleistungen, Schornsteinreinigung, Kabelanschluss; die Grundsteuer oder Gebäudeversicherungen gehören ebenfalls dazu.

Weitere Informationen:
– Gemeinschaftsveröffentlichung „Wohnen in Deutschland. Zusatzprogramm des Mikrozensus 2018“ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 01.10.2019

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Die systematische Weiterentwicklung, die finanzielle und die rechtliche Absicherung der Schulsozialarbeit sind die Kernforderungen der 550 Fachkräfte, die am 10. und 11. Oktober 2019 in Jena zum Bundeskongresses Schulsozialarbeit zusammen kamen. In der Jenaer Erklärung des Kongresses heißt es: „Schulsozialarbeit braucht Kontinuität und Verlässlichkeit, damit sie qualitätsvoll zu mehr Chancen- und Bildungsgerechtigkeit beitragen kann.“ Deshalb müsse Schulsozialarbeit an allen Schulen für alle jungen Menschen etabliert werden. Die Jenaer Erklärung ist ein Ergebnis des Treffens der Fachkräfte aus Jugendhilfe und Schule, Verantwortlichen bei Trägern, aus der Verwaltung und Politik, Lehrenden und Forschenden der Sozialen Arbeit.

Der zweitägige Bundeskongress fand erstmals in Thüringen statt. Unter dem Motto „Bildung · Chancen · Gerechtigkeit“ leistete er Beiträge zur Profilierung der Schulsozialarbeit. In über 100 Vorträgen, Foren und Workshops wurden Fragen der konzeptionellen Weiterentwicklung von Schulsozialarbeit sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus praktischer Perspektive diskutiert.

AWO Bundesvorsitzender Wolfgang Stadler begrüßt ausdrücklich die Initiative: „Schulsozialarbeit ist ein professionelles Jugendhilfeangebot, welches an jeder Schule systematisch entwickelt und abgesichert werden sollte. Schulen bedürfen einer fachlichen Unterstützung durch die Jugendhilfe, um für mehr Gerechtigkeit beim Aufwachsen junger Menschen zu sorgen“.

Thüringens Bildungsminister Helmut Holter macht deutlich: „Schulsozialarbeit fördert die individuelle und soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ganz aktiv mit. Deshalb haben wir in Thüringen nicht nur für eine gesetzliche Verankerung der Schulsozialarbeit gesorgt. Wir werden zudem im Jahr 2020 über 10 Millionen Euro zusätzlich bereitstellen und damit die Gesamtinvestition auf mehr als 22 Millionen Euro steigern. So können wir weitere 180 Schulsozialarbeiterstellen finanzieren.“

Veranstalter des Bundeskongresses waren der Freistaat Thüringen, die Stadt Jena, das Organisations- und Beratungsinstitut ORBIT Jena und der Kooperationsverbund Schulsozialarbeit. Im 2001 gegründeten Kooperationsverbund Schulsozialarbeit haben sich die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge, der Internationaler Bund (IB), INVIA Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit (BAG EJSA) zusammengeschlossen.

Download der Jenaer Erklärung des Bundeskongresses Schulsozialarbeit „Schulsozialarbeit an allen Schulen für alle jungen Menschen“: Download der Jenaer Erklärung (PDF).

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 11.10.2019

Angesichts der Veröffentlichung des WSI-Verteilungsberichts 2019 erklärt der Vorstandsvorsitzende der AWO, Wolfgang Stadler:

„Der aktuelle Verteilungsbericht macht wieder einmal deutlich, dass trotz der günstigen Wirtschafts- und Arbeitsmarktsituation Einkommensungleichheit und Armut in Deutschland erneut zugenommen haben. Wir beobachten diese Trends mit großer Besorgnis, denn solche Entkopplungstendenzen gefährden den sozialen Zusammenhalt in Deutschland spürbar.“

Der Verteilungsbericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Lücke zwischen Arm und Reich weiter zugenommen hat. Wichtiger Treiber dieser Entwicklung ist laut des Berichts eine weitere Spreizung der Löhne, vor allem an den Rändern der Einkommensverteilung: Während die untersten Einkommensgruppen im Betrachtungszeitraum real Einkommensverluste zu verzeichnen hatten und von einer Entkopplung der allgemeinen Lohnentwicklung bedroht sind, waren in oberen Einkommensgruppen Zuwächse möglich. Zudem ist im Betrachtungszeitraum die Armutslücke, also der Einkommensbetrag, der armen Haushalten im Schnitt fehlt, um über die Armutsgrenze zu kommen, stark angewachsen.

„Einkommensarmut widerspricht unserem Anspruch, über Arbeit gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Wir fordern daher politische Maßnahmen, die diese Entwicklungen ernst nehmen und wirksam gegensteuern,“ kommentiert Wolfgang Stadler weiter, „Hierzu gehören eine konsequente Bekämpfung des Niedriglohnsektors, eine Stärkung der Tarifbindung sowie eine höhere Besteuerung von Spitzeneinkommen und Vermögen. Zur Prävention und Bekämpfung von Armutsrisiken muss zudem eine teilhabeorientierte soziale Infrastruktur zur Verfügung stehen und weiter ausgebaut werden.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 07.10.2019

Anlässlich des Tages der Deutschen Einheit erklärt der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler:

„Fast 30Jahre nach der Wiedervereinigung darf nicht nur das Erreichte in den Blick genommen werden. Wir müssen vor allem auf das schauen, was auf dem Weg zu gleichwertigen Lebensverhältnissen in den alten und neuen Bundesländern noch zu tun ist. Die Freude über die Wiedervereinigung und die Erfolge beim Abbau des enormen Sanierungs- und Modernisierungsstaus in den neuen Bundesländern dürfen nicht vergessen lassen, dass es viele Menschen gibt, die die Nachwendezeit nicht zu einer persönlichen Erfolgsgeschichte ummünzen konnten und erhebliche Brüche erleben mussten.

Diese Brüche wirken bis heute in das gesellschaftliche Miteinander in Deutschland nach. Das Gefühl von Chancenungleichheit zwischen Ost und West kann auch politische Entscheidungen von Bürgerinnen und Bürgern und die Zukunft unseres Zusammenlebens mit prägen:

Die Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern liegt –trotz der positiven Lage am Arbeitsmarkt – höher als im Westen und der Abstand bei den Löhnen in Ost und West ist auch bei gleicher Qualifikation immer noch beträchtlich. Eine Spätfolge dieses sehr langsamen Angleichungsprozesses: In den neuen Bundesländern wird Altersarmut in den kommenden Jahren deutlich steigen.

Beinahe drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung ist das nicht mehr hinnehmbar. Vor allem in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik brauchen wir verstärkte Anstrengungen. Die Rückkehr zu „Sonderlösungen Ost“ ist aber keine Option. Wir brauchen gesamtdeutsche Lösungen, die Arbeitslosigkeit, Niedriglohn und Altersarmut auch in den alten Bundesländern in den Blick nehmen. Hierzu gehört die vorgeschlagene Grundrente, die Altersarmut nicht nach Himmelsrichtungen bekämpft, sondern dort, wo es notwendig ist. Die AWO fordert die Bundesregierung daher auf, die Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung endlich auf den Weg zu bringen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 02.10.2019

"Bei der Unterstützung von Betroffenen geschlechtsbezogener Gewalt in Strafverfahren besteht dringender Nachholbedarf", kommentiert Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbund e.V. (djb) den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens.

In seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens begrüßt der djb die vorgesehenen Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung als einen Beitrag zum Opferschutz. Darüber hinaus gibt es aber weiteren Reformbedarf. Der djb fordert: Die Schaffung einer gesetzlichen Regelung zum Beschleunigungsgebot von Verfahren mit Beteiligung von minderjährigen Betroffenen und Zeug*innen. Lange Strafverfahren stellen – neben den grundsätzlich hiermit verbundenen, oft erheblichen Schwierigkeiten bei der Wahrheitsfindung – insbesondere für Kinder und Jugendliche, die Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sind, und ihre Familien eine große Belastung dar.

Der djb begrüßt auch die im Entwurf vorgesehene Erweiterung der Beiordnungsmöglichkeiten in § 397a Abs. 1 StPO. Jedoch bleiben wichtige Schutzbedürfnisse außen vor: So sind zum Beispiel Sexualstraftaten nach § 177 StGB, die als Vergehen einzustufen sind, bei Erwachsenen grundsätzlich von der Beiordnungsmöglichkeit ausgenommen. Damit sind noch immer nicht alle Fälle von sexualisierter Gewalt von der Beiordnung erfasst. Dies ist insbesondere mit den Vorgaben der Istanbul-Konvention nicht vereinbar, die einen umfassenden Schutz von Betroffenen von geschlechtsbezogener und häuslicher Gewalt vorsieht.

Für misslungen hält der djb die im Entwurf vorgesehene Neuschaffung einer Regelung nach § 397b StPO zur gemeinschaftlichen Nebenklagevertretung:

Betroffenen einer Straftat könnte nach der Regelung eine gemeinsame Nebenklagevertretung gegen ihren Willen zugeteilt werden. Einzelne Nebenklagevertrer*innen könnten eine angemessene rechtliche Vertretung einer sehr großen Anzahl von Betroffenen nicht leisten und durch die vom Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorgesehene Gebühr nicht angemessen entlohnt werden. Außerdem könnte ein Gericht Interessenkonflikte zwischen den Betroffenen bis zum Zeitpunkt des Prozessbeginns nur unzureichend prüfen.

Während des Prozesses zutage tretende Interessenkonflikte hätten dann zur Folge, dass Nebenklagevertrer*innen zur Mandatsniederlegung im laufenden Prozess gezwungen wären.

Ausführliche Stellungnahme: https://www.djb.de/verein/Kom-u-AS/K3/st19-22/

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 17.10.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Versuchsstrafbarkeit des Cyber-Groomings. Zugleich spricht sich die Kinderrechtsorganisation im Vorfeld der heutigen Bundestagsdebatte über den Gesetzentwurf dafür aus, die Änderungsvorschläge des Bundesrates aufzugreifen und ausnahmslos jeden Versuch des Cyber-Groomings zu bestrafen. Kinder müssen im Internet mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln vor Cyber-Grooming geschützt, und damit einhergehend bereits jede frühe Vorbereitungshandlung unter Strafe gestellt werden.

"Es ist dringend erforderlich, den Schutz von Kindern vor Cyber-Grooming im Internet zu verbessern. Dafür braucht es die jetzt vorgeschlagenen Strafverschärfungen ebenso wie verstärkte Kontrollen. Kinder müssen soziale Netzwerke ebenso wie Apps mit Kommunikationsfunktionen angstfrei nutzen können. Allen potentiellen Täterinnen und Täter muss klar sein, dass bereits jeder Versuch des Cyber-Groomings ausnahmslos strafbar ist", betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das Deutsche Kinderhilfswerk spricht sich zugleich dafür aus, die Anbieter von Apps und sozialen Medien stärker als bisher in die Verantwortung zu nehmen. Kinder müssen Apps ungefährdet nutzen können, ohne in integrierten Chats von Fremden belästigt zu werden. Hierfür haben die Anbieter Sorge zu tragen, indem sie ein effizientes Meldesystem vorhalten sowie Kinder auf mögliche Risiken und ihre Handlungsoptionen hinweisen. Kontakt- und Interaktionsrisiken müssen in die Alterskennzeichnungen medialer Angebote einfließen. Um Anbieter grenzüberschreitend stärker in die Pflicht zu nehmen, braucht es dringend eine Reformierung des Kinder- und Jugendmedienschutzes in Deutschland", so Lütkes weiter.

Neben den notwendigen Verschärfungen im Strafrecht braucht es aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes auch eine bessere Förderung der Medienkompetenz von Kindern. Neben den Eltern sind hier auch die Schulen in der Pflicht. "Eine Umfrage des Deutschen Kinderhilfswerkes im letzten Jahr hat ergeben, dass bei nur 20 Prozent der befragten Grundschülerinnen und Grundschüler Cyber-Grooming Thema im Unterricht war. Hier müssen Schulen wesentlich früher als bisher im Unterricht aufklären und mit den Kindern besprechen, was sie zur Vermeidung tun können und wie sie im Fall der Fälle reagieren sollten", so Lütkes.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 17.10.2019

Die Ergebnisse der neuen Shell Jugendstudie zeigen aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes, wie wichtig wirksame Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche sind. Deshalb gilt es, insbesondere die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit zu stärken, und dabei alle jungen Menschen unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Bildungsgrad und Elternhaus gleichermaßen zu fördern. Dafür bedarf es sowohl einer Verbesserung der Rahmenbedingungen der Kinder- und Jugendarbeit als auch einer Stärkung der Interessenvertretungen der Kinder und Jugendlichen in Deutschland.

"Die Shell Jugendstudie macht Mut für die Zukunft, und zeigt zugleich die Handlungsbedarfe für Politik und Gesellschaft klar auf. Kinder und Jugendliche wünschen sich wirksame Beteiligungsmöglichkeiten und fordern diese mittlerweile lautstark ein. Das müssen wir ernst nehmen. Kinder und Jugendliche brauchen umfangreiche und rechtlich abgesicherte Beteiligungsmöglichkeiten, um ihre Interessen und Ansprüche wirkungsvoll artikulieren zu können. Hier müssen wir auf der kommunalen Ebene die Selbstverwaltung von Kindern und Jugendlichen, beispielsweise in Jugendverbänden, ebenso stärken wie direkte Formen der politischen Einflussnahme, etwa in Kinder- und Jugendparlamenten, Jugendforen oder Kinderkonferenzen. Aber auch auf Landes- und Bundesebene hat die Politik einen klaren Handlungsauftrag. Wir brauchen Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche in allen Landesverfassungen und vor allem im Grundgesetz", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das Deutsche Kinderhilfswerk plädiert für eine stärkere Berücksichtigung von Kinder- und Jugendinteressen in der Politik. Dabei sollten die Kinder und Jugendlichen selbst mit ihren Bedürfnissen der Ausgangspunkt der Überlegungen sein. Um ihre Interessen zu kennen und zu gewährleisten, müssen sie gefragt und eingebunden werden.

"Die Ergebnisse der Shell Jugendstudie verdeutlichen zudem, wie wichtig ein konsequenteres Augenmerk auf die Förderung von armen Kindern und Jugendlichen ist. Der nach wie vor starke Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft muss aufgelöst werden. Hier sind erste kleine Schritte gemacht, wir dürfen aber jetzt an dieser Stelle nicht nachlassen. Deshalb braucht es ein entschlosseneres Vorgehen gegen die Kinderarmut in Deutschland und eine Bildungspolitik, die Kinder aus einkommensschwachen Familien konsequent fördert und unterstützt", so Krüger weiter.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sollten sich die Bundesländer auch verstärkt im Bereich der politischen Bildung in Schulen engagieren, und eine demokratische Schulkultur ermöglichen, die sowohl theoretisches Wissen als auch praktische Erfahrungen für alle Entwicklungsbereiche von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten vermag. "Fächer wie Politik, Sozialkunde oder Geschichte dürfen nicht zugunsten Pisa-relevanter Fächer wie Mathematik, Sprachen und Naturwissenschaften aus dem Stundenplan zurückgedrängt werden. Politische Bildung und Mitbestimmung in Schulen etwa bei der Wahl der Unterrichtsinhalte und der Unterrichtsmethoden fördert unsere Demokratie und kann somit auch langfristig ein besseres gesellschaftliches Miteinander ermöglichen", so Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 15.10.2019

Rund 150 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene kommen im Oktober für eine Woche am Werbellinsee bei Berlin zusammen, um sich über ihre Erfahrungen mit sozialer Ungleichheit auszutauschen. Ziel des Camps 2GETHERLAND ist, dass die jungen Menschen selbst Ideen und Lösungen für gerechtere Chancen entwickeln und sich aktiv für die Verbesserung ihrer Lebensumstände einsetzen.

Berlin, 01.10.2019. Schon lange ist bekannt, dass soziale Ungleichheit maßgeblich verhindert, dass junge Menschen ihr Potenzial voll entfalten. Jedes vierte Kind in Deutschland wächst in Armut auf mit gravierenden negativen Folgen für die Persönlichkeits-entwicklung und die Bildungschancen. Jahrzehntelang wurde es versäumt, junge Menschen selbst mit in die Lösung ihrer Probleme einzubeziehen. Verbände und Stiftungen aus der Zivilgesellschaft, darunter Der Kinderschutzbund arbeiten jetzt zusammen, um den Kindern und Jugendlichen eine Stimme zu geben, sie zu ermutigen, selbst aktiv zu werden und mehr Teilhabe einzufordern.

Aus zehn Bundesländern nehmen vom 7. bis 12. Oktober 30 Delegationen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus ganz Deutschland in dem 2GETHERLAND Camp am Werbellinsee bei Berlin teil. Die rund 150 jungen Menschen ab acht Jahren konnten sich im Vorfeld für die Teilnahme an dem einwöchigen Camp über eine sie vertretende Organisation, bewerben. Dazu gehörten Schulen, Träger der Jugendhilfe, Mentoring- und Stipendien-Programme, Initiativen zur Integration von Migranten sowie Glaubensgemeinschaften, Verbände und Jugendparlamente.

Die Planung wurde von einem 14-köpfigen Jugend-Experten-Team im Alter von 13-21 Jahren durchgeführt und Studierende der Hochschule Osnabrück halfen bei der Vorbereitung der Veranstaltung im Bereich Media und Interaktionsdesign. Zeitgemäß können sich die Teilnehmenden im Vorfeld damit über soziale Medien und digitale Angebote miteinander vernetzen und sich kennenlernen. Vor Ort werden die jungen Menschen gemeinsam mit Erwachsenen generationsübergreifend diskutieren und sich selbst eigene Lösungen für das Thema „soziale Ungleichheit“ erarbeiten. Das Programm beinhaltet Elemente zum Erfahrungs- und Wissensaustausch wie Barcamps und Gruppenarbeit sowie Theater-, Musik- und Sportangebote.

Das zugrunde liegende Prinzip ist die Begegnung auf Augenhöhe. „Für viel zu viele Kinder ist Armut in Deutschland Realität. Mit gravierenden Folgen. Armut grenzt aus, Armut macht krank und vermindert Teilhabechancen. Dem müssen wir entschieden entgegenwirken. Neben ausreichenden Geldleistungen und einer guten Infrastruktur vor Ort, ist Partizipation dabei ganz entscheidend. Denn sie sind die Expert*innen für ihr eigenes Leben. Deshalb wollen wir mit dem 2getherlandcamp einen Raum schaffen, um eigene Erfahrungen zu schildern und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, wie Armut wirksam vermindert werden kann“, so Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes.

Ziel von 2GETHERLAND ist, dass die jungen Menschen gemeinsam mit den Erwachsenen praktische Lösungen dafür erarbeiten, wie sich soziale Ungleichheit wirksam vermindern lässt. Das Camp soll als Initialzündung dienen, aus der eine Reihe von Nachfolgeprojekten entstehen.

Zusatzinformationen

Partner des 2GETHERLAND sind: Bertelsmann Stiftung, Breuninger Stiftung, DerKinderschutzbund, Hochschule Osnabrück, KinderRechteForum, Learning for Well-being Foundation, National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtkonvention, Robert Bosch Stiftung, SOS Kinderdorf

Quelle: Pressemitteilung Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V. vom 01.10.2019

Die Leistungen für benachteiligte Kinder und Jugendliche seien in ihrer Höhe unzureichend und in der bestehenden Form schlicht nicht geeignet, Kinderarmut zu bekämpfen, Teilhabe zu ermöglichen und Bildungsgerechtigkeit sicherzustellen, kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband. Nach einer aktuellen Expertise der Paritätischen Forschungsstelle profitierten zuletzt weniger als 15 Prozent der Schülerinnen und Schüler unter 15 Jahren im Hartz-IV-Bezug von den sogenannten „soziokulturellen Teilhabeleistungen“, mindestens 85 Prozent der Leistungsberechtigten wurden in der Praxis dagegen nicht erreicht. Notwendig sei die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Angebote der Jugendarbeit im Kinder- und Jugendhilfegesetz und die Einführung einer bedarfsgerechten, einkommensabhängigen Kindergrundsicherung.

Die bisherigen Reformen im Kampf gegen Kinderarmut bezeichnet der Paritätische Gesamtverband als „Stückwerk“. Die kürzlich mit dem so genannten „Starke-Familien-Gesetz“ in Kraft getretenen Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket seien allenfalls „Trostpflaster“ gewesen, aber keine zufriedenstellende Lösung. Bisher kamen die soziokulturellen Teilhabeleistungen laut Expertise bei der großen Mehrheit der grundsätzlich leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen zwischen sechs und 15 Jahren nicht an. Die Studie belegt deutliche regionale Unterschiede, insgesamt sei aber in einem Großteil der Kommunen die durchschnittliche Quote bewilligter Anträge und festgestellter Ansprüche noch immer „niederschmetternd gering“. „Das Bildungs- und Teilhabepaket ist und bleibt Murks und geht komplett an der Lebensrealität Heranwachsender und den Strukturen vor Ort vorbei. Dieses Paket ist durch Reparaturen nicht zu retten. Es ist Zeit, sich von dem verkorksten Bildungs- und Teilhabepaket endlich zu verabschieden“, fordert Schneider.

Rückenwind bekommt der Paritätische durch das Bundesarbeitsministerium, das angekündigt hat, die umstrittenen Teilhabe-Gutscheine abschaffen zu wollen und durch eine pauschale Auszahlung von 15 Euro pro Monat zu ersetzen. Auch der Vorschlag des Verbandes nach Einführung eines verbindlichen Rechtsanspruchs auf Teilhabe im Kinder- und Jugendhilfegesetz wird von Seiten des Ministeriums inzwischen unterstützt und hat Eingang in die Handlungsempfehlungen des BMAS-Zukunftsdialogs gefunden. „Es geht darum, Angebote für alle Kinder und Jugendlichen zu schaffen, die sie in ihrer Entwicklung fördern“, so Schneider. „Die bisherigen Teilhabeleistungen sind davon abhängig, dass es vor Ort überhaupt passende Angebote gibt. Nur ein Rechtsanspruch sorgt dafür, dass auch wirklich entsprechende Angebote vorgehalten werden und jedes Kind, unabhängig von seinem Wohnort, bestmöglich in seiner Entwicklung gefördert wird.“

Die vorliegende Expertise des Paritätischen unterstreicht den akuten Handlungsbedarf. „Wir hoffen, dass die Bundesregierung den Rat der Expert*innen ernst nimmt und sich nun zügig an die Umsetzung macht“, so Schneider.

Hier finden Sie die Expertise der Paritätischen Forschungsstelle "Empirische Befunde zum Bildungs- und Teilhabepaket: Teilhabequoten im Fokus." als pdf zum Download:expertise-BuT-2019.pdf

Quelle: PressemitteilungDer Paritätische Gesamtverband vom 08.10.2019

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 19. Oktober 2019

Veranstalter: NaturFreunde Thüringen

Ort: Erfurt

Der Arbeitskreis Thüringer Familienorganisationen e.V. (AKF) lädt herzlich zu einem familienpolitischen Frühstück ein. Wir möchten mit Vertreter*innen der Parteien zur Landtagswahl 2019 in Austausch treten und familienpolitische Anliegen bei Kaffee und Brötchen diskutieren.

Es gibt auch eine Facebook-Veranstaltung: https://www.facebook.com/events/2169761456649925/

Termin: 28. Oktober 2019

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft der Familienverbände in Niedersachsen

Ort: Hannover

Die Leistungen, die im §16 des SGB VIII benannt werden, dienen der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie und haben damit explizit präventiven Charakter. Sie sind zwar Pflichtleistungen, aber die Familien haben keinen einklagbaren Rechtsanspruch. Das führt dazu, dass die Ausgestaltung dieses Bereichs in den Kommunen sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Wir möchten mit der Fachtagung das Aufgabenspektrum der familienunterstützenden Leistungen gemäß § 16 SGB VIII beleuchten und aufzeigen, wie wichtig eine verlässliche, breit aufgestellte Angebotsstruktur ist, damit Familie von Anfang an gelingen kann.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie hier: https://agf-nds.de/assets/downloads/2019-07-02-flyer.pdf

Termin: 25. Oktober 2019

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung

Ort: Berlin

nach Brandenburg und Thüringen wird auch in Berlin über die Einführung eines Parité-Gesetzes diskutiert. 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts sind Frauen in Deutschland von einer gleichberechtigten Teilhabe an Politik weit entfernt. Im Bundestag und in den Landesparlamenten nahm ihr Anteil in den letzten Jahren deutlich ab. Auch in Berlin ist der Anteil von Mandatsträgerinnen sowohl auf Landesebene als auch in den Bezirksverordnetenversammlungen rückläufig: Nach der Wahl 2016 sank der Frauenanteil im Abgeordnetenhaus gegenüber der letzten Wahl 2011 von 35 % auf 33 %.

Diese Tendenzen haben deutschlandweit den gesellschaftlichen Diskurs über die politische Teilhabe von Frauen belebt und insbesondere dem Instrument der Parité-Gesetze Momentum verliehen.

Dass auch Berlin die Parität braucht, darüber ist sich die rot-rotgrüne Landesregierung einig. Doch über die Ausgestaltung wird kontrovers diskutiert. Wie also stellen wir auch in und für Berlin eine echte gleichberechtigte politische Teilhabe von Frauen auf allen Ebenen sicher? Was ist erreicht, worauf bauen wir auf und wo stehen wir vor Herausforderungen? Wo stehen wir, auf dem Weg zur Parität im Land Berlin?

Sie sind herzlich eingeladen, die Debatte mit Ihren Gedanken und Ideen zu bereichern!

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 02. bis 03. November 2019

Veranstalter: Arbeitskreis Frauengesundheit

Ort: Berlin

Pflege ist ein Thema im persönlichen Leben, im gesellschaftlichen Diskurs und seit Jahren eine Dauerbaustelle in der Politik. Noch nie wurde hierzulande so viel öffentlich über Pflege diskutiert wie derzeit. Im Zentrum stehen der Mangel an qualifiziertem Personal und die Kommerzialisierung der stationären sowie ambulanten Pflege, Qualitätsmängel in der pflegerischen Versorgung, Abrechnungsbetrug und erschöpfte pflegende Angehörige.

Seit etwa vier Jahrzehnten sind gesellschaftliche Entwicklungen zu verzeichnen, die die Sorgearbeit – von der Kindererziehung bis zur Pflege behinderter, chronisch kranker und alter Menschen – betreffen. Frauen gehen in der Regel einer Erwerbstätigkeit nach und können daher die Sorgearbeit nicht mehr wie einst in vollem Umfang übernehmen. Nicht selten sind Frauen heute mit ihrem Einkommen aus Erwerbstätigkeit auch Familienernährerin. Die Vereinbarkeit von Pflege naher Angehöriger und Berufstätigkeit bleibt eine schwierige Gratwanderung.

Hinzu kommen die Singularisierung der Lebensformen, die zunehmende Lebenserwartung und häufiger werdende chronische Erkrankungen einhergehend mit Phasen der Pflegebedürftigkeit.

Es wir eingeladen, die „Frauensache“ Pflege in all ihren Anwendungsbezügen umfassend auszuleuchten, Fragen nach Gerechtigkeit und Daseinsfürsorge, Respekt und Missbrauchspotenzial zu stellen, das Verhältnis von reproduktiver und produktiver Arbeit zu reflektieren und dabei Lösungsvorschläge wie Pflegerobotik, assistierende elektronische Assistenzsysteme und Pflegemigration zu hinterfragen.

Es werden mit feministischem Blick die Bedingungen, unter denen gepflegt und Pflege empfangen wird, in den unterschiedlichsten Strukturen unter die Lupe genommen. Es sollen auch Gute-Praxis-Beispiele aufgezeigt und politische Forderungen diskutiert werden, um Pflege für alle, die sie benötigen und die sie leisten, in hoher Qualität zu ermöglichen.

Weitere Informationen zum Programm und die Anmeldung finden Sie unter:https://www.arbeitskreis-frauengesundheit.de/2019/08/04/frauensache-pflege-pflegen-und-gepflegt-werden/

Termin: 08. November 2019

Veranstalter: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

Ort: Berlin

Kinder und Jugendliche wachsen heute ganz selbstverständlich in einer digitalisierten Welt auf. On- und offline Zeiten lassen sich immer weniger unterscheiden, weil digitale und analoge Welten ineinander übergehen. Während die Fünfjährige zum Zeitvertreib auf dem Tablet spielt, schreibt sich der Zehnjährige online Nachrichten mit seinen Freunden und die Vierzehnjährige produziert eigene Videos, die sie auf einer Online Plattform hochlädt. Schritt für Schritt entdecken Kinder und Jugendliche die digitale Welt und sollten dort – genauso wie in der analogen Welt – nicht von heute auf morgen auf sich selbst gestellt sein. Je erfahrener und kompetenter junge Menschen werden, desto weniger Schutz brauchen sie und desto besser und risikobewusster können sie die Chancen digitaler Angebote nutzen.

Gemäß UN-Kinderrechtskonvention haben Kinder und Jugendliche ein Recht auf Schutz, Förderung und Partizipation. Das schließt auch den digitalen Raum mit ein. Sie brauchen deshalb ein digitales Umfeld, in dem sie Angebote und Dienste kompetent und selbstbestimmt nutzen können und vor möglichen Risiken geschützt sind.

Gemeinsam mit Ihnen soll darüber diskutiert werden, wie Kinderrechte in der digitalen Welt mit Leben gefüllt werden können. Wie können Kinder und Jugendliche dazu befähigt werden, sich kritisch und kompetent in der digitalen Welt zu bewegen? Was gehört in ein modernes Jugendschutzgesetz? Wie werden Schulen kompetent für die digitale Bildung? Wie können Kinder vor Kriminalität im Netz geschützt werden? Gehören Kinderfotos ins Netz und braucht es ein Recht auf Vergessen? Benötigen alle Kinder eine digitale Grundausstattung?

Man möchte Ideen vorstellen und lädt dazu ein, gemeinsam mit zahlreichen ExpertInnen Wege und Bedingungen für ein gutes Aufwachsen in der digitalen Welt zu diskutieren!

Weitere Informationen zur Konferenz finden Sie hier. Die Online-Anmeldung ist bis zum 01. November 2019 möglich.

Termin: 11. November 2019

Veranstalter: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

Ort: Berlin

Weltweit engagieren sich junge Menschen unter sehr unterschiedlichen Bedingungen verstärkt für ihre Rechte. 30 Jahre nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention fragen wir nach, wie das Engagement junger MenschenrechtsverteidigerInnen besser unterstützt und auch geschützt werden kann. Immer noch werden jungen Menschen elementare Rechte wie etwa der Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung vorenthalten. Auch ihr Recht auf eine gesunde Umwelt spielt zwar in gesellschaftlichen Debatten eine größere Rolle, allerdings bisher ohne ausreichende politische Konsequenzen.

Die tatsächliche Umsetzung der in der Konvention verbrieften Rechte junger Menschen muss elementarer und selbstverständlicher Bestandteil deutscher und internationaler Politik werden. Eine existentielle Rolle spielt dabei der Schutz vor staatlichen und nichtstaatlichen Übergriffen auf junge MenschenrechtsverteidigerInnen. Große Defizite gibt es auch beim Zugang zu altersgerechten Informationen und bei der möglichst frühen demokratischen Partizipation auf allen Ebenen. Deutschland kann hier national, aber auch als wichtiger Akteur in Europa und in der Entwicklungszusammenarbeit weltweit wichtige Beiträge leisten. Nicht zuletzt geht es auch um Verbesserungen bei nationalen und internationalen Regelwerken zur Unterstützung des Engagements junger Menschen weltweit.

Darüber soll mit Ihnen und unseren Gästen diskutiert werden.

Weitere Informationen zum Programm finden Sie hier. Die Online-Anmeldung ist bis zum 06. November 2019 möglich.

Termin: 21. bis 22. November 2019

Veranstalter: Stiftungsverbundes der Heinrich-Böll-Stiftung, Heinrich Böll Stiftung NRW und Gunda-Werner-Institut in der Heinrich-Böll-Stiftung

Ort: Düsseldorf

Wissen updaten – Erfahrungen austauschen – Strategien weiterentwickeln

Das gesellschaftspolitische Klima ist rauer geworden. Antifeministische und rechtspopulistische Zumutungen begegnen uns überall: im beruflichen Umfeld, bei (gesellschafts)politischem Engagement, im privaten Alltag oder im Internet. Egal wo – ob in der Sozialen Arbeit oder in pädagogischen Handlungsfeldern wie Kita, Schule, Erwachsenenbildung, ob in Wissenschaft und Forschung oder kommunaler Gleichstellungsarbeit, ob bei ehrenamtlicher Arbeit mit Geflüchteten, in der Kirchengemeinde oder bei gewerkschaftlicher Arbeit in und außerhalb des Betriebs: wenn wir Haltung zeigen wollen gegen antifeministische Abwertungen und Angriffe, wenn wir eintreten wollen für eine offene, feministische und liberale Gesellschaft, dann brauchen wir nicht nur Mut, sondern auch handlungsrelevantes Wissen, praktikable Strategien und Fähigkeiten diese umzusetzen – am besten solidarisch mit Gleichgesinnten.

Die Netzwerktagung gibt Einblicke in den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung zu Antifeminismus und Rechtspopulismus. Sie bietet Raum, Erfahrungen im Umgang mit antifeministischen Angriffen in der eigenen beruflichen, ehrenamtlichen, politischen oder NGO-Praxis zu reflektieren und sich darüber auszutauschen. Es werden gemeinsam Strategien im Umgang mit Antifeminismus ausgewertet und weiterentwickelt. Die Beiträge und Impulse beziehen nach Möglichkeit intersektionale Perspektiven und Ansätze ein, insbesondere die Verquickung von Sexismus und (antimuslimischem) Rassismus.

U.a. mit Josephine Apraku, Dr. Dorothee Beck, Prof. Ursula Birsl, Dr. Floris Biskamp, Neil Datta, Dr. Regina Frey, Lisa Gutsche, Dr. Thomas Gesterkamp, Prof. Annette Henninger, Andreas Kemper, Juliane Lang, Prof. Ilse Lenz, Dr. Heike Mauer, Peggy Piesche, Judith Rahner, Ulle Schauws, Dr. Uta C.Schmidt, Francesca Schmidt, Dr. Dag Schölper, Dr. Franziska Schutzbach, Dr. Klaus Theweleit, Dr. Claudia Wallner

Weitere Informationen und das Programm im Web.

Hier können Sie sich anmelden: Jetzt anmelden

Termin: 25. November 2019

Veranstalter: Volkssolidarität Bundesverband e.V.

Ort: Berlin

Ob in Elterngesprächen, im Austausch mit Kolleg*innen, Mitarbeiter*innen der Verwaltung oder den eigenen Vorgesetzten, im Gespräch mit oder zwischen Kindern und Jugendlichen: die Diskussionskultur unserer Gesellschaft hat sich verändert. Platte Sprüche gespickt mit Vorurteilen und Abwertungen gegenüber Menschen verschiedener Herkunft oder sexueller Orientierung, des anderen Geschlechts oder anderer sozialer Milieus begegnen vielen von uns immer häufiger. Auf diese abwertenden Kommentare oder Parolen zu reagieren, fällt nicht immer leicht – sind wir doch oft schockiert, emotional involviert oder selbst betroffen.

Auf dem Fachtag will man sich gemeinsam mit Ihnen und den geladenen Expert*innen mit verschiedenen menschenfeindlichen Perspektiven und Anschauungsweisen auseinandersetzen. In den Workshops wird man sich mit Methoden vorurteilsbewusster Erziehung und vorurteilsbewussten Handelns beschäftigen und gemeinsam alltagstaugliches Wissen, Gegenstrategien und -argumente erarbeiten und trainieren, um Menschenfeindlichkeit im Kontext erzieherischer und sozialpädagogischer Praxis gestärkt entgegenzutreten. Fachliches Vorwissen ist nicht notwendig.

Weitere Informationen zum Programm und die Anmeldung entnehmen sie der Einladung.

Termin: 04. bis 05. Dezember 2019

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Ort: Berlin

Familienzentren sind Einrichtungen, die Angebote für Kinder und Angebote für Eltern bündeln. Diese möglichst niederschwelligen Angebote sollten dazu beitragen, die Lebensbedingungen aller Familienmitglieder zu verbessern und ein Unterstützungsnetzwerk für Familien bereitzustellen. Grundsätzlich ist die Arbeit solcher Einrichtungen an den Bedarfen aller Familien orientiert, da alle Familien in den unterschiedlichen Phasen des Familienlebens mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind. Jedoch stehen nicht allen Familien die gleichen Ressourcen zur Verfügung, die zur Bewältigung dieser Herausforderungen notwendig sind. In diesem Sinne geht es bei der Arbeit von Familienzentren auch um Chancengerechtigkeit, um den Zugang zu und die Stärkung von sozialen und kulturellen Ressourcen für Familien. Die Institution Familienzentrum hat sich zunehmend etabliert und das Vertrauen von Eltern gewonnen. Dabei ist die institutionelle Ausgestaltung der Einrichtungen sehr vielfältig. Deshalb zielt diese Fachtagung, ausgehend von der fachlichen und praktischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte, auf eine Verständigung über Ziele, Inhalte und Formen von Familienzentren. Es gilt Gemeinsamkeiten und Unterschieden in den Herausforderungen der Arbeit verschiedener Einrichtungsformen herauszuarbeiten sowie Lösungsmöglichkeiten und Weiterentwicklungsperspektiven aufzuzeigen. Schwerpunktthemen sind dabei: die Erreichbarkeit aller Familien, die Partizipation in der Ausgestaltung von Einrichtungen und Angeboten sowie die Stärkung der Generationenbeziehungen.

Diese Veranstaltung richtet sich an Leiter/innen und Mitarbeiter/innen von Familienzentren, Vertreter/innen der öffentlichen und freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe, Experten und Expertinnen aus Wissenschaft und Politik

Anmeldeschluss: 11. Oktober 2019

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter: www.deutscher-verein.de/de/va-19-weiterentwicklung-familienzentren

Termin: 05. bis 06. Dezember 2019

Veranstalter: Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V.

Ort: Frankfurt am Main

Kosten: Der Teilnahmebeitrag beträgt für einen Tag 25 Euro, für beide Tage 40 Euro. Die Teilnahmebeiträge decken die Kosten der Verpflegung.

Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.

Männer mit Migrationsgeschichte werden selten als engagierte Väter wahrgenommen, obwohl sie in Kita, Schule oder Vereinen als solche präsent sind. Oft wird ihnen ein traditionalistisches Rollenverständnis unterstellt, ohne ihre Potentiale oder Perspektiven in den Blick zu nehmen. Auch in Forschung und Politik ist noch kaum Bewusstsein für die differenzierten Bedarfslagen und Lebenswirklichkeiten dieser Männer zu finden.

Immer mehr Praktiker*innen sehen den Bedarf für migrationssensible, diversitätsbewusste Väterarbeit. Passgenaue Angebote, Handlungsempfehlungen oder gar Fortbildungen gibt es jedoch nur vereinzelt.​​​​​​​

Die zweitägige Tagung macht auf die differenzierten Bedarfslagen und Lebenswirklichkeiten von Vätern mit Migrationsgeschichte aufmerksam und eröffnet Räume für die Reflexion eigener Perspektiven und Haltungen.

Weitere Informationen zum Programm und die Anmeldung finden Sie unter: https://eveeno.com/abubaba

AUS DEM ZFF

Anlässlich der veröffentlichten Eckpunkte des SPD-Konzeptes für eine sozialdemokratische Kindergrundsicherung begrüßen die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) die Reformideen als richtungsweisend.

Das durch den SPD Parteivorstand vorgestellte Konzept einer „sozialdemokratischen Kindergrundsicherung“ baut auf zwei Säulen auf: Auf der einen Seite steht der Ausbau sozialer Infrastruktur für die bessere Teilhabe von Kindern und Jugendlichen vor Ort, auf der anderen Seite soll eine existenzsichernde Leistung für Kinder, die bisherige Familienleistungen zusammenführt, einfacher und sozial gerechter ausbezahlt werden. Perspektivisch wird eine Neuberechnung des Existenzminimums von Kindern angestrebt.

Hierzu erklärt der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler: Das vorgelegte Konzept einer sozialdemokratischen Kindergrundsicherung weist den richtigen Weg und zeigt, wie die Bekämpfung der Kinderarmut in unserem Land gelingen kann: Nur in der Verbindung von guter und armutssensibler Infrastruktur für Kinder und Jugendliche vor Ort mit einer Geldleistung, die den Mindestbedarf für alle sicherstellt, haben die Familien die Chance, ihren Kindern ein gutes Aufwachsen in Wohlergehen zu ermöglichen. Und das ist dringend nötig: Jedes fünfte Kind wächst in Deutschland armutsgefährdet auf und ist damit einem größeren Risiko ausgesetzt, weniger an unserer Gesellschaft teilhaben zu können und schlechtere Zukunftschancen zu haben – materiell, gesundheitlich, sozial und in der Bildung. Dies bestätigt auch die kürzlich veröffentlichte AWO-ISS Langzeitstudie. Wir müssen den Zusammenhang von Armut und mangelnder Teilhabe für Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft endlich durchbrechen! Ernsthaftes Handeln ist von Seiten der Bundesregierung hier längst überfällig.“

Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF, fährt fort: „In jedem fünften Kinderzimmer unseres Landes spielt die Armut mit und dies trotz wirtschaftlich guter Rahmenbedingungen. Gleichzeitig leisten wir es uns, Familien mit höheren Einkommen für ihre Kinder über die Steuer deutlich stärker zu entlasten, als wir am unteren Einkommensrand über das Kindergeld fördern. Mit dieser Ungerechtigkeit muss endlich Schluss sein und das System der Familienförderung gehört „vom Kopf auf die Füße“ gestellt. Das Konzept einer sozialdemokratischen Kindergrundsicherung schlägt hier wichtige und richte Schritte vor. Gleichzeitig nimmt die SPD mit dem Einbezug des Kinderfreibetrages aus dem Steuerrecht und der Forderung nach einer Neubemessung des Existenzminimums unsere Forderung, dass jedes Kind gleich viel wert sein soll, endlich ernst. Auch wenn das SPD Konzept wesentliche Bausteine einer Kindergrundsicherung enthält, wie sie von einem breiten Bündnis seit 2009 gefordert wird, muss dringend darauf geachtet werden, dass die neue Geldleistung nicht hinter dem Status quo zurückfällt. Schon heute bekommen Familien, die vom Kinderzuschlag und Kindergeld profitieren, 408 Euro und damit das sächliche Existenzminimum ausbezahlt. Hinter dieser Höhe dürfen wir keinesfalls zurückbleiben!“

Als AWO und ZFF fordern wir gemeinsam mit vielen weiteren Verbänden seit nunmehr 10 Jahren eine Kindergrundsicherung, die das System der Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ stellt, alle Kinder als gleichwertig anerkennt und ihnen das gleiche Existenzminimum zugesteht, welches neben dem Grundbedarf auch gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. und AWO Bundesverband e. V. vom 21.11.2019

AKTUELLES

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts wird auf Grundlage der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2019 (siehe Pressemitteilung Nr. 85/2018 vom 10. Dezember 2018 und Nr. 4/2019 vom 10. Januar 2019) am

Dienstag, 5. November 2019, um 10.00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe

sein Urteil verkünden.

Sie können den Text im Internet über folgende URL erreichen: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2019/bvg19-061.html

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) sucht für die Weiterentwicklung seines bundesweiten Arbeitsbereiches Regenbogenfamilien zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine*n

Psycholog*in (d/w/m) für die Leitung des Arbeitsbereiches Regenbogenfamilien (25 Stunden/Woche).

Die Stelle ist unbefristet. Dienstort ist Köln.

Der LSVD-Arbeitsbereich Regenbogenfamilien setzt sich für die Verbesserung der persönlichen, gesellschaftlichen und rechtlichen Situation von Regenbogenfamilien ein und bietet LSBTI* bundesweit Beratung zum Themenkomplex Familien- und Geschlechtervielfalt, LSBTI* und ihre Familienformen. Zudem fördert der LSVD seit vielen Jahren bundesweit die offene Haltung von Fachstrukturen gegenüber Regenbogenfamilien und anderen Familienformen.

Die Bandbreite der Angebote reicht von einer bundesweiten Beratung für LSBTI* und Fachkräfte zum Themenkomplex Familien- und Geschlechtervielfalt, LSBTI* und ihren Familienformen, über Print- sowie Onlinemedien und Pressearbeit bis hin zu Vorträgen und (Fach-)Veranstaltungen zur Themenpalette Regenbogenfamilien in Recht und Gesellschaft. Der LSVD fördert die bundesweite Vernetzung von Regenbogenfamilien u.a. im Rahmen der Initiative lesbischer und schwuler Eltern im LSVD (ILSE).

Es wird ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Psychologie oder eine vergleichbare Qualifikation, mehrjährige Berufserfahrung in der psychosozialen bzw. Familienberatung, der Beantragung und Bewirtschaftung öffentlicher Fördermittel und in der Zusammenarbeit mit Fachverbänden erwartet. Erfahrungen in der Erwachsenenbildung und im Veranstaltungsmanagement sind erwünscht.

Darüber hinaus wird von Ihnen Sensibilität in Bezug auf die Vielfalt der LSBTI*-Familienformen, für Zwei-Väter- und Zwei-Mütter-Familien, trans* und inter* Familien, Mehreltern- und Einelternfamilien erwartet. Zudem erwartet man ein sicheres Auftreten, Kommunikationskompetenz, gute Selbstorganisation, selbständiges und teamorientiertes Arbeiten und ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Erfahrung in der Betreuung von Webseiten ist erwünscht; Ihre Bereitschaft zu monatlichen Dienstreisen im Inland setzen man voraus. Es wird eine Fachkraft gewünscht, die die langjährige Arbeit im Themenfeld inhaltlich weiterentwickelt.

Es wird Ihnen eine spannende und anspruchsvolle Tätigkeit in einem wachsenden Verband geboten und ein Umfeld, in dem Sie Ihre Motivation und Ihre Kenntnisse unter Beweis stellen können.

Bewerbungen mit aussagekräftigen Unterlagen inkl. Gehaltsvorstellung senden Sie bitte digital bis zum 18.11.2019 an LSVD-Geschäftsführer Klaus Jetz, klaus.jetz@lsvd.de

Kategorien
ZFF-Info

ZFF-Info 15/2019

SCHWERPUNKT I: Weltkindertag

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages teilt mit:

„Der 21. September 1954 war die Geburtsstunde des Weltkindertages. Damals empfahlen die Vereinten Nationen in der 9. Vollversammlung ihren Mitgliedsstaaten, einen weltweiten Tag für Kinder einzurichten. In Deutschland wurde daraufhin der 20. September als offizielles Datum für den Weltkindertag bestimmt.

Der Weltkindertag feiert dieses Jahr daher seinen 65. Geburtstag – und es gibt immer noch etwas zu tun: Der Einsatz für die Rechte der Kinder muss weiterhin gestärkt werden. Der diesjährige Weltkindertag steht auch deshalb unter dem Motto „Wir Kinder haben Rechte“ und fällt zusammen mit dem 30jährigen Bestehen des „Übereinkommens über die Rechte des Kindes“. Kinderrechte am Weltkindertag ins Zentrum von Politik und Gesellschaft zu stellen, ist selbstverständlich.

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages ist sich dieser Aufgabe bewusst, und der Vorsitzende, Johannes Huber, erklärt hierzu:

‚Der diesjährige Weltkindertag trägt das richtige Motto. Kinder haben Rechte. Kinder sind Rechtssubjekte und keine Objekte. Wann immer Kinder betroffen sind, ist ihr Wohl ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.

Nach wie vor braucht es weitere Anstrengungen, um Kinder wirkungsvoll zu schützen, Kindergesundheit zu stärken, Bildungschancen zu verbessern, Kinderarmut zu bekämpfen und für mehr ehrliche Beteiligung von Kindern zu sorgen. Als Kinderkommission fordern wir, Kinder und Jugendliche an Entscheidungen, die sie betreffen, zu beteiligen‘.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 19.09.2019

Am 20. September ist Weltkindertag. Er steht dieses Jahr unter dem Motto „Wir Kinder haben Rechte“. Die SPD-Bundestagsfraktion will Kinderrechte endlich klar und deutlich im Grundgesetz festschreiben.

„Wenn als Folge von ‚Kinderrechten im Grundgesetz‘ neue Kinderspielplätze, Jugendclubs, Kitas, Schulen, Radwege, Kinderkrankenhäuser, Parks und Jugendparlamente entstehen, ist das gut. Auch, wenn als Folge daraus unsere Initiativen für eine Absenkung des Wahlalters und die Ausweitung des Jugendchecks Rückenwind bekommen, begrüßen wir das ausdrücklich.

Mit der Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz wollen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Kinder und Jugendliche stärken. Es geht im Kern darum, dass in Verwaltungen, Gerichten und Parlamenten die Bedürfnisse, Interessen und Wünsche junger Menschen besser berücksichtigt werden. Wir wollen die Rechte von Kindern und Jugendlichen in einer maßgeblich von Erwachsenen geprägten Welt an prominenter Stelle, nämlich im Grundgesetz, festschreiben.

Eindeutig im Grundgesetz formulierte Kinderrechte unterstützen Eltern und andere Erwachsene dabei, die Rechte von Kindern und Jugendlichen im Alltag auch tatsächlich durchzusetzen.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben dafür gesorgt, dass die Einführung eines Kindergrundrechts im Koalitionsvertrag steht. Der Weltkindertag ist ein guter Anlass, unseren Koalitionspartner an dieses Vorhaben zu erinnern. Keine Angst vor starken Kinderrechten.“

Quelle: Statement SPD-Bundestagsfraktion vom 19.09.2019

Zum morgigen Weltkindertag erklärt Katja Dörner, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

,Wir Kinder haben Rechte‘ – Das Motto des diesjährigen Weltkindertages bringt die Sache auf den Punkt: Kinder haben Rechte und diese Rechte gehören ausdrücklich in unser Grundgesetz. 30 Jahre nach Verabschiedung der Kinderrechtskonvention durch die Vereinten Nationen ist es endlich an der Zeit, diesen Schritt zu gehen.

Wir Grüne haben schon im Juni einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Kinderrechte mit einer starken Formulierung im Grundgesetz verankern soll. Denn jedes Kind hat das Recht auf Schutz und Förderung. Jedes Kind hat das Recht auf Beteiligung. Der von den Jugendlichen von Fridays for Future initiierte morgige Klimastreik zeigt eindrücklich, dass Kinder und Jugendliche ihre Meinung formulieren und ausdrücken können. Ihre Meinung muss gehört werden und Beachtung finden. Der Staat hat die Aufgabe, bei allen Entscheidungen, die die Interessen von Kindern berühren, das Kindeswohl in den Fokus zu rücken.

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz vor. Die Bundesregierung ist aufgefordert, endlich einen ernstzunehmenden Vorschlag hierfür auf den Tisch zu legen, der für alle Kinder und Jugendlichen einen echten Mehrwert schafft. Das geht nur mit einer starken Formulierung. Für Symbolpolitik sind wir Grüne nicht zu haben.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 19.09.2019

Ende 2018 lebten in Deutschland rund 10,5Millionen Kinder unter 14 Jahren. Anlässlich des Weltkindertages am 20.September beleuchtet das Statistische Bundesamt (Destatis) das durchschnittliche Leben eines Kindes in Deutschland bis zum Schuleintritt.

Im Jahr 2018 wurden in Deutschland 787 500 Kinder geboren. Der beliebteste Name für neugeborene Jungen war Paul. Neugeborene Mädchen trugen im Jahr 2018 am häufigsten den Namen Marie (Quelle: Gesellschaft für Deutsche Sprache). Die beiden haben gute Chancen auf einen Geburtstag im Sommer. Nach Monaten betrachtet kamen sowohl die meisten Jungen als auch die meisten Mädchen im Juli zur Welt.

Unter den rund 10,5 Millionen Kindern unter 14 Jahren sind 5,4Millionen potenzielle Spielgefährten und 5,1Millionen mögliche Spielgefährtinnen von Paul und Marie. Dies spiegelt das Verhältnis von Jungen zu Mädchen zum Zeitpunkt der Geburt wider: Von 100neugeborenen Kindern sind statistisch gesehen etwa 51 Jungen und 49Mädchen.

Paul und Marie leben wahrscheinlich in Nordrhein-Westfalen – und mit ihnen rund 1,2Millionen Jungen und 1,1 Millionen Mädchen. Beide Kinder wachsen vermutlich bei ihren verheirateten Eltern im Haushalt auf, denn in rund 5,6 Millionen von 8,0 Millionen Familien mit minderjährigen Kindern sind die Partnerinnen und Partner verheiratet; diese Gruppe stellt mit 70% den größten Anteil.

Bis zum Alter von zwei Jahren werden Paul und Marie vermutlich durch ihre Eltern betreut, wie insgesamt zwei Drittel aller Kinder dieses Alters. Vom dritten Lebensjahr an bis zum Schuleintritt sind die meisten Kinder in einer Kindertagesbetreuung: Die Betreuungsquote der Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren beträgt 93%.

Wenn sie sechs Jahre alt sind, wohnen Paul und Marie wahrscheinlich mit einem Bruder oder einer Schwester zusammen. Vier von fünf Kindern in diesem Alter leben mit mindestens einem Geschwisterkind in der Familie.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 18.09.2019

Die Landesflüchtlingsräte, der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Jugendliche ohne Grenzen fordern anlässlich des Weltkindertags: Uneingeschränkte Berücksichtigung des Kindeswohls statt Abschiebungen um jeden Preis.

Der diesjährige Weltkindertag am 20. September steht unter dem Motto „Wir Kinder haben Rechte!“. Vor genau 30 Jahren wurde die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen beschlossen.An diesem Tag rücken die Bedürfnisse von Kindern und vor allem ihre speziellen Rechte in den Fokus der Öffentlichkeit. Doch deutschlandweit werden bei Abschiebungen regelmäßig die Rechte von geflüchteten Kindern verletzt.

Immer wieder berichten Geflüchtete von brutalen, häufig nachts stattfindenden Abschiebungen von Familien mit Kindern, von Familientrennungen und von der Missachtung von Abschiebungshindernissen, die bei den betroffenen Kindern vorliegen. Die Flüchtlingsräte, der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und die Jugendlichen ohne Grenzen fordern die beteiligten Behörden dazu auf, die in der UN-Kinderechtskonvention festgeschriebene vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls umfassend und uneingeschränkt zu achten.

„Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichwohl ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“ (Artikel 3 Abs. 1 der UN-Kinderrechtskonvention)

Das Wohl des Kindes findet jedoch im Kontext von Abschiebungen regelmäßig keine Beachtung. Kinder, die von Abschiebungen betroffen sind, gehen hier zur Schule und in den Kindergarten, sind zum Teil in Deutschland geboren. Dem besonderen Bedarf geflüchteter Kinder nach einem sicheren und stabilen Zuhause und der Verwurzelung der Kinder in Deutschland wird bei Behördenentscheidungen in der Regel kein Gewicht beigemessen. Bei der Abschiebung selbst werden Kinder oft mitten in der Nacht von der Polizei aus dem Schlaf und aus ihrem Leben in Deutschland gerissen. Sie sind der Situation völlig hilflos ausgeliefert, können zum Teil nicht einmal ihre Sachen packen geschweige denn sich von ihren Freund*innen, Lehrer*innen und Erzieher*innen verabschieden.

Die Angst vor Abschiebungen ist für geflüchtete Kinder und Jugendliche ein ständiger Begleiter. Sie haben Angst davor, in ein Land abgeschoben zu werden, aus dem sie mit ihren Eltern fliehen mussten oder in ein Land zurückkehren zu müssen, das sie noch nie gesehen haben“, beschreibt Jibran Khalil von Jugendliche ohne Grenzen die Situation.

Zum Teil erfolgen Abschiebung sogar aus Kindertagesstätten, Jugendhilfeeinrichtungen und Schulen heraus. So wurde etwa Anfang August ein 14-jähriges Mädchen aus einer Jugendhilfeeinrichtung in Kirchheim (Baden-Württemberg) in einer Nacht- und Nebel Aktion abgeschoben. Der besondere Schutzzweck von Jugendhilfeeinrichtungen als „sicheren Orten“ wurde dabei vollständig ignoriert. (www.elk-wue.de/02082019-diakonie-empoert-ueber-abschiebe-aktion)

Kinder und Jugendliche müssen zur Schule und Kita gehen können, ohne Angst zu haben. Jugendhilfeeinrichtungen müssen sichere Orte sein“, erklärt Tobias Klaus vom Bundesfachverband umF. „Wir fordern von Bund und Ländern ein eindeutiges Bekenntnis zum Schutz vor Abschiebung aus Kindertagesstätten, Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen.

Bei Abschiebungen von Familien wird zudem teilweise massive Gewalt gegen Eltern angewendet, auch vor den Augen der Kinder, berichtet der Flüchtlingsrat Berlin.

Uns erreichen Berichte von Fesselungen, Schlägen und Einsatz von Pfefferspray gegen Eltern im Beisein ihrer Kinder “, so Nora Brezger vom Flüchtlingsrat Berlin. „Nicht selten sind Kinder nach solchen Abschiebungen traumatisiert oder retraumatisiert, nässen ein, sprechen mit niemandem mehr und haben furchtbare Alpträume.“

Quelle: Pressemitteilung Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. vom 20.09.2019

Zum heutigen Tag des dritten globalen Klimastreiks – den sogenannten „fridays für future“-Protesten – und dem Weltkindertag wiederholt die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ ihre Forderung Kinderrechte endlich ins Grundgesetz aufzunehmen. „Die über 100 in der AGJ zusammengeschlossenen Verbände und Organisationen der Kinder- und Jugendhilfe sind sich einig: Der Schutz, die Förderung und die Partizipation von Kindern und Jugendlichen sind im Grundgesetz zu stärken. Hierfür müssen Staat und Gesellschaft ihr Handeln stärker als bisher auf ihr Wohl ausrichten,“ sagte AGJ-Geschäftsführer Peter Klausch am heutigen Tag in Berlin.

Seit genau 30 Jahren garantiert die UN-Konvention über die Rechte des Kindes allen Kindernu.a. das Recht ernstgenommen und beteiligt zu werden. Darüber hinaus lassen sich aus der Kinderrechtskonvention u.a. auch sogenannte ökologische Rechte für Kinder ableiten. Dazu gehören vor allem der Artikel 6 „Das Recht jeden Kindes auf Leben“, der Artikel 24 „das Recht jeden Kindes auf das höchstmögliche Maß an Gesundheit" und Artikel 27 „das Recht jeden Kindes auf angemessene Lebensbedingungen". Zwischen Recht und Wirklichkeit klafft jedoch eine tiefe Spalte. Viele junge Menschen weltweit sind von den Folgen des Klimawandels wie Dürren etc. betroffen. Auch hierzulande hängt die Zukunft der jungen Generation von einer vernünftigen Klimapolitik ab.

„Der heutige Weltkindertag, der unter dem Motto „Wir Kinder haben Rechte“ steht, stellt die Rechte von Kindern in den Mittelpunkt und die Klimaproteste machen deutlich, wie sehr sich junge Menschen beteiligen wollen und wie sie sich für ihre Zukunft einsetzen,“ sagte AGJ-Geschäftsführer Peter Klausch. Um dieses auch rechtlich besser abzusichern, setzt sich die AGJ für die Aufnahme von Kinderrechten in Artikel 2 des Grundgesetzes ein. In einem hinzuzufügenden Absatz des Artikels sollte, aus Sicht der AGJ, deutlich werden, dass jedes Kind und jede(r) Jugendliche ein Recht auf Entwicklung zu einer freien, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit hat und der Staat dies durch seine Gesetzgebung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung fördert. Eine Änderung im Grundgesetz in diesem Sinne hätte rechtlich klare Auswirkungen. „Der Ausgangspunkt von Gesetz und Maßnahmen, die für die Gestaltung der Lebensverhältnisse von Kindern und Jugendlichen von besonderer Bedeutung sind, wären dann die jungen Menschen selber,“ betonte der AGJ-Geschäftsführer.

Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes fordert die Bundesregierung schon seit Jahren auf, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Der aktuelle Koalitionsvertrag sieht eine solche Grundgesetzänderung vor. Über die Ausgestaltung einer entsprechenden Änderung berät derzeit eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Sie soll bis Ende 2019 einen Vorschlag vorlegen.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ vom 20.09.2019

Anlässlich des Weltkindertags am 20. September unter dem Motto "Wir Kinder haben Rechte!" fordert Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, die soziale Infrastruktur im Sinne der Kinder und Jugendlichen zu gestalten:

"Das diesjährige Motto des Weltkindertags macht deutlich: Die Perspektiven von Kindern und Jugendlichen werden immer noch zu wenig bei den Planungen und Entscheidungen der sozialen Infrastruktur berücksichtigt. Nach wie vor gibt es Kinderarmut in Deutschland, fehlen Teilhabemöglichkeiten und Bildungsgerechtigkeit. Diese Realität steht im Widerspruch zu den Rechten von Kindern. Deshalb müssen alle Reformvorhaben, wie die Modernisierung der Kinder- und Jugendhilfe oder der geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder, konsequent an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen ausgerichtet sein. Außerdem müssen alle Kinder besser über ihre Rechte informiert und bei der Gestaltung der Gesellschaft beteiligt werden. Nur so kann das Ziel der UN-Konvention über die Rechte des Kindes – die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen zu verbessern – erreicht werden."

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 18.09.2019

Unter dem Motto „Wir Kinder haben Rechte!“ finden heute in ganz Deutschland mehrere hundert Veranstaltungen zum Weltkindertag statt. Damit unterstreichen das Deutsche Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland die Forderung, dass alle Kinder besser über ihre Rechte informiert, dass sie ernster genommen und mehr an der Gestaltung unserer Gesellschaft beteiligt werden. Aus Sicht der beiden Kinderrechtsorganisationen muss das auch einhergehen mit einer Verbesserung der Rechtsposition von Kindern in Deutschland, zuvorderst durch die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz. Die größten Veranstaltungen zum Weltkindertag 2019 mit jeweils rund 100.000 Besucherinnen und Besuchern finden heute in Köln und Berlin statt.

Bei der Eröffnung des Weltkindertagsfestes in Berlin appellierte der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, Thomas Krüger, an Bund, Länder und Kommunen, anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der UN-Kinderrechtskonvention in diesem Jahr die Kinderrechte zu einer Leitlinie von Politik, Rechtsprechung und Verwaltungshandeln zu machen. „Seit der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention vor fast 30 Jahren hat dieses wichtige Abkommen weltweit und in Deutschland geholfen, das Leben von Kindern zu verbessern. Ihrer Perspektive wird heute mehr Aufmerksamkeit geschenkt, Kinder mehr als eigenständige Persönlichkeiten angesehen. Trotzdem werden nach wie vor die Interessen von Kindern im täglichen Leben und im Handeln von Behörden und Verwaltungen vielfach übergangen. Das muss sich ändern“, so Thomas Krüger.

„Es ist an der Zeit, den Rechten von Kindern oberste Priorität einzuräumen. Ich wünsche mir, dass wir junge Menschen ganz selbstverständlich in Entscheidungen von Politik, Verwaltung und Justiz einbeziehen. Denn sie sind auch Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer, sie sind Patientinnen und Patienten, sie sind von Umweltauswirkungen und von Verwaltungshandeln betroffen. Aber sie sind keine kleinen Erwachsenen. Jedes Kind sollte deshalb ein eigenes Recht auf Schutz, Förderung und Beteiligung haben. Das Wohl der Kinder muss bei jedem staatlichen Handeln berücksichtigt werden. Und jedes Kind hat ein Recht, mit seiner Meinung gehört zu werden. Das Grundgesetz ist der Wertekompass, der uns leitet. Genau hier müssen wir die Kinderrechte verankern“, betonte Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey.

„Kinder sind bereits heute Träger von Grundrechten, sie haben eine eigene Menschenwürde und ein eigenes Recht auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Aus dem Verfassungstext geht das allerdings bislang nicht ausdrücklich hervor. Das wollen wir ändern: Ich will, dass ihre Rechte wie die anderen wesentlichen staatlichen Werteentscheidungen ausdrücklich in unserer Verfassung formuliert werden. Kinderrechte gehören als Grundrechte ins Grundgesetz, denn die Regelungen im Grundgesetz sind die Basis für unser gesamtes Rechtssystem“, sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht.

„Heute wachsen immer mehr Kinder und Jugendliche in Städten auf. Das eröffnet ihnen viele Möglichkeiten – wie einen besseren Schulzugang, mehr Ausbildungsplätze und Jobs. Damit sich die Chancen und Herausforderungen der Urbanisierung als Motor für Wachstum, Innovation, Vielfalt und Vernetzung positiv für jedes Kind auswirken können, ist es wichtig, die Kinderrechte in Städten zu stärken. Denn nur eine Gesellschaft, in der Kinder und Jugendliche geschützt, gefördert, beteiligt und ernst genommen werden, ist wirklich zukunftsfähig“, erklärte Georg Graf Waldersee, Vorstandsvorsitzender von UNICEF Deutschland.

Die Weltkindertagsfeste in Berlin und Köln sind die größten nichtkommerziellen Kinderfeste in Deutschland. Partner des Weltkindertagsfestes des Deutschen Kinderhilfswerkes in der Hauptstadt Berlin ist UNICEF Deutschland. Die Veranstaltung in Köln wird von UNICEF Deutschland, der Stadt Köln und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung organisiert.

Am Weltkindertag am 20. September machen traditionell Kinder- und Jugendorganisationen und Initiativen in ganz Deutschlandmit mit Aktionen, Festen und anderen Veranstaltungen auf die Situation der Kinder und ihre Rechte aufmerksam. Die Kinderrechte sind seit 1989 in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben. Danach hat jedes Kind das Recht auf Überleben und persönliche Entwicklung, einen angemessenen Lebensstandard sowie Schutz und Beteiligung.

Weitere Informationen zum Weltkindertag und zum Motto „Wir Kinder haben Rechte!“ unter www.weltkindertag.de.

Quelle: PressemitteilungDeutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 22.09.2019

Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland (69 Prozent – plus 5 Prozent gegenüber 2016) traut der heutigen Generation der Kinder und Jugendlichen zu, als Erwachsene Verantwortung für den Erhalt unserer Demokratie zu übernehmen. Dieser Meinung sind vor allem die ältere Bevölkerung (76 Prozent der über 60-jährigen – plus 8 Prozent) und Menschen mit einem hohen Bildungsabschluss (76 Prozent – plus 10 Prozent). 28 Prozent der Bevölkerung zweifelt an der Demokratiefähigkeit der nachfolgenden Generation. Das sind zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Politik- und Sozialforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes zum morgigen Weltkindertag.

Auffällig sind die unterschiedlichen Zustimmungswerte bei dieser Frage in den politischen Lagern: Das größte Vertrauen in die Jugend haben in dieser Frage die Grünen-Anhänger/innen mit 86 Prozent sowie die Anhänger/innen von SPD und FDP mit jeweils 70 Prozent, während die Unions-Anhänger/innen mit 68 Prozent knapp unter dem Bevölkerungsdurchschnitt liegen. Skeptischer in Bezug auf die Demokratiefähigkeit von Kindern und Jugendlichen zeigen sich Linke- und AfD-Anhänger/innen mit jeweils 61 Prozent. Dabei sind seit 2016 besonders große Veränderungen bei den Anhänger/innen der Grünen (plus 8 Prozent), der Linken (plus 5 Prozent) und der FDP (minus 14 Prozent) zu verzeichnen.

Bei der Frage, wer hauptsächlich die Verantwortung dafür trägt, bei Kindern und Jugendlichen demokratische Überzeugungen und Fähigkeiten zu fördern, sehen 88 Prozent der Befragten (minus 2 Prozent) Familie und Elternhaus in der Pflicht, 69 Prozent (plus 4 Prozent) Schule und Kita. Mit sehr weitem Abstand folgen in dieser Frage Sportvereine mit 9 Prozent, sowie politische Parteien, die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit und Kinder- und Jugendverbände mit jeweils 7 Prozent.

Um demokratische Überzeugungen und Fähigkeiten bei jungen Menschen zu fördern, halten die Befragten eine Reihe von Maßnahmen für sinnvoll, aber gegenüber 2016 mit niedrigeren Zustimmungsraten. 87 Prozent der Befragten sprechen sich für mehr Geld für die Kinder- und Jugendarbeit aus. Als weitere wichtige Maßnahmen präferieren 84 Prozent eine Stärkung des Gesellschaftskundeunterrichts in den Schulen, und 80 Prozent die stärkere Berücksichtigung von Kinder- und Jugendinteressen in der Politik. Sehr verbreitet sind darüber hinaus Meinungen, dass politische Bildung Pflichtfach in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern sowie Erzieherinnen und Erziehern sein sollte, und dass Trainerinnen und Trainer in Sportvereinen Vorbilder in Sachen Demokratie sein sollten. Dafür sprechen sich 74 Prozent bzw. 72 Prozent aus.

"Demokratie fällt nicht vom Himmel, sondern muss von jeder Generation neu gelernt werden. Dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe müssen wir uns nach wie vor stellen. Gleichzeitig freut es uns sehr, dass das Vertrauen der Erwachsenen in die Fähigkeit von Kindern und Jugendlichen, die Demokratie in Deutschland auch zukünftig zu bewahren, gestiegen ist. Dabei zeigen beispielsweise die Diskussion um die Reform des Urheberrechts oder die Fridays-for-Future-Bewegung sehr deutlich, mit welchem Engagement und welcher Kompetenz Kinder und Jugendliche schon in jungen Jahren um komplexe Probleme streiten können", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes. "Die Umfrageergebnisse sind auch ein starkes Plädoyer für die Kinder- und Jugendarbeit in Deutschland, für eine Stärkung des Gesellschaftskundeunterrichts in den Schulen und für die stärkere Berücksichtigung von Kinder- und Jugendinteressen in der Politik. Damit ist das ,Hausaufgabenheft der politischen Parteien‘ schon gut gefüllt", so Krüger weiter.

"Demokratie ist die Möglichkeit zur Selbstentfaltung, und gleichzeitig dürfen die vielfältigen Meinungen und Bedürfnisse anderer nicht aus dem Blick verloren werden. Wir müssen unsere Demokratie mit Leben füllen, ihre Voraussetzungen bewahren und sie offensiv gegen Bedrohungen verteidigen – und zwar jeden Tag aufs Neue", so Krüger.

Für die repräsentative Umfrage zum Weltkindertag 2019 wurden vom Politik- und Sozialforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes deutschlandweit 1.012 deutschsprachige Personen ab 18 Jahren in Deutschland befragt. Die statistische Fehlertoleranz liegt bei +/- drei Prozentpunkten.

Eine Zusammenfassung der Umfrage mit allen Einzelergebnissen und ausgewählten Grafiken findet sich unter www.dkhw.de/umfrage-weltkindertag2019.de.

Quelle: PressemitteilungDeutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 19.09.2019

„Wohlfeil, überflüssig und problematisch": Mit eindringlichen Worten warnt der Familienbund derKatholiken anlässlich desWeltkindertages (20.9.2019) vor einer geplanten Verfassungsänderung zur Einführung von Sondergrundrechten für Kinder. „Es besteht kein Reformbedarf. Kinder sind schon heute umfassend durch das Grundgesetz geschützt", erklärte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin.„Es gibt weder eine Gesetzeslücke im Grundgesetz – wie Befürworter einer Verfassungsänderung immer wieder glauben machen wollen – nochjuristischen Klarstellungsbedarf. Die Meinung der Verfassungsrechtler lässt hierkeine Zweifel. Eindeutiger und umfassender als heute können die Grundrechte für Kinderin Deutschland kaum formuliert sein. Kinder haben als Menschen alle Grundrechte. Die Rechte von Kindern hat das Bundesverfassungsgericht immer wieder betont." Eine Verfassungsänderung würde nach Hoffmanns Worten indes Gefahren bergen: „Sondergrundrechte für Kinder könnten das wohl austarierte Dreiecksverhältnis von Eltern, Kindern und Staat aus dem Gleichgewicht bringen und zum Vehikel für mehr Staatsinterventionen werden. Es geht um nicht weniger als darum, das im Grundgesetz garantierte Erziehungsrecht der Eltern zu verteidigen – gerade auch im Sinne der Kinder."

„Eine Änderung des Grundgesetzes darf nicht ohne Not vorgenommen werden", sagte Hoffmann, „vor allem dann nicht, wenn am Ende eine empfindlicheSchwächung des Erziehungsrechts der Eltern stehen könnte. Das wäre fatal und würde der Institution der FamilieSchaden zufügen." „Es ist ja gerade das Grundgesetz, dass den Eltern die primäre Verantwortung für die Kindererziehung zuweist", sagte Hoffmann. „Damiterkenntdie Verfassung an, dass die Interessen des Kindes in aller Regel am besten von den Eltern wahrgenommen werden. Das Erziehungsrecht der Eltern ist ein pflichtgebundenes, dem Kindeswohl und dem Schutz des Kindes dienendes Recht. Dem Staat ist nur ein Wächteramt zugewiesen. Er greift ein, wenn dieEltern bei der Erfüllung ihrer Erziehungspflicht versagen und das Kindeswohl gefährdet ist. All das ist Teil des schon seit langem geltenden Schutzkonzeptes für Kinder. Dazu gehört auchder Schutz vor staatlichen Eingriffen in die Erziehung der Eltern. Wir sind gut beraten, wenn wir dieses exzellente und bewährte Schutzkonzept und die damit verbundeneErziehungsverantwortung der Eltern bewahren."

„Das Grundgesetz setzt einen Rahmen für Politik, ersetzt Politik aber nicht."

Während Hoffmann das verfassungsrechtliche Schutzkonzept für Kinder in Deutschland für vorbildlich hält, mahnt er nachdrücklich an,die Stellung von Kindern in der Gesellschaft weiter zu verbessern. Am Schutz für Kinder durch Grundrechte mangele es aber geradenicht. Vielmehrmüsse in der Einzelgesetzgebung noch viel verbessert werden, insbesondere bei Themen, die für Kinder wichtig seien, zum Beispiel bei der Kinder- und Jugendhilfe,dem Kinderschutz und den monetären Leistungen für Kinder. Der beste Schutz für Kinder sei nach Hoffmanns Worten eine engagierte Familien- und Bildungspolitik, die die Lebensbedingungen von Familienverbessere.

Ansprüche auf konkrete familienpolitische Maßnahmen würden sich nach Hoffmanns Worten aus dem Grundgesetz nicht ergeben, auch nicht aus neuen Sondergrundrechten für Kinder. Hier hätten manche Befürworter einer Verfassungsänderung illusionäre Vorstellungen. „DasGrundgesetz setzt einen Rahmen für Politik, ersetzt Politikaber nicht."

„Es kommtdarauf an, dieLage von Kinder und Jugendlichen konkret zu verbessern."

Hoffmann wies darauf hin, dass derInhalt des Grundgesetzes weitaus mehr sei als dessen Wortlaut. Vor allem habe auch die umfassende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Grundrechte für Kinder immer wieder ausformuliert. „Ich habe den Eindruck,dass der Ruf nach einer Verfassungsänderung unserer schlechtes Gewissen gegenüber denKindern in unser Gesellschaft beruhigen soll. Wir haben in der Vergangenheit nicht genug für Kinder getan. Jetzt kommtes darauf an, die Lage von Kinder und Jugendlichen konkret zu verbessern."   

Im aktuellen Themenheft der „Stimmeder Familie" des Familienbundes der Katholiken unter demTitel „Kinderrechte ins Grundgesetz?" diskutierennamhafte Rechtswissenschaftler und Politiker die Frage einer Verfassungsänderung, darunter Prof. Dr. Gregor Kirchhof, Prof. Dr. Bernhard Schlink, Prof. Dr. Günter Krings, Elisabeth Winkelmeier-Becker und Grigorios Aggelidis. Sie finden das Themenheft hier auf der Website des Familienbundes der Katholiken.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 19.09.2019

SCHWERPUNKT II: Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

Anlässlich des bundesweiten Aktionstags „Pflegende Angehörige" am 8. September fordert das ZFF die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf zu verbessern und die Pflege- und Familienpflegezeit zusammenzuführen und als steuerfinanzierte Lohnersatzleistung analog zum Elterngeld auszugestalten.

Die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf ist eine der zentralen familienpolitischen Herausforderungen unserer Zeit: Unter den 3,41 Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland, werden 76 Prozent zu Hause versorgt und dabei überwiegend durch Angehörige gepflegt, so das Statistische Bundesamt. Viele Angehörige stehen dabei vor der enormen Herausforderung, diese Verantwortungsübernahme mit einem Beruf zu vereinbaren.

Dazu Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF:

„Für unsere Gesellschaft ist die Pflege alter Menschen genauso wichtig wie die Betreuung und Erziehung von Kindern. Sie muss ebenfalls in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung abgesichert werden. Mit der Pflege- und Familienpflegezeit sind zwar Instrumente geschaffen worden, um die Vereinbarkeit von informeller Pflege und Erwerbstätigkeit zu verbessern, die gesetzlichen Regelungen lassen die meisten pflegenden Angehörige jedoch im Stich.

Die niedrige Inanspruchnahme zeigt, dass die Leistungen für informell Pflegende wenig attraktiv sind. Vor diesem Hintergrund fordert das ZFF, die Pflegezeit und Familienpflegezeit als steuerfinanzierte Lohnersatzleistung zusammenzuführen und analog zum Elterngeld auszugestalten!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 06.09.2019

Drei von vier Pflegebedürftigen in Deutschland werden zu Hause versorgt. Die pflegenden Angehörigen sind häufig dreifach belastet: Pflege kostet Zeit, sie kostet Geld, wenn die Arbeitszeit reduziert werden muss und Hilfsmittel benötigt werden, und sie kostet auch Kraft. Mit den Möglichkeiten, wie Angehörige besser unterstützt werden können, befasst sich die heutige Fachtagung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unter dem Titel „Vereinbarkeit von Pflege und Beruf“. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey nimmt ab 11 Uhr an der Tagung teil und berät mit Expertinnen und Experten auch über den ersten Bericht des Unabhängigen Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Nach vier Jahren Amtszeit hat der Beirat dem BMFSFJ im Sommer seinen Bericht vorgelegt, der auch Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Situation pflegender, berufstätiger Angehöriger enthält. Der Bericht ist inzwischen veröffentlicht und kann auf der Seite https://www.wege-zur-pflege.de/beirat.html abgerufen werden.

Bundesfamilienministerin Giffey: „Die mehr als 2,5 Millionen pflegenden Angehörige haben unsere volle Aufmerksamkeit verdient. Ohne sie wäre Pflege in Deutschland undenkbar. Die Unterstützung der pflegenden Angehörigen und eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist daher eine wichtige Zukunftsaufgabe, das ist auch ein Ergebnis des Berichts des Unabhängigen Beirates. Deswegen prüfen wir gerade, wie ein Konzept für ein Familienpflegegeld aussehen könnte: Eine Art Lohnersatzleistung analog zum Elterngeld, das den Angehörigen über einen gewissen Zeitraum mehr finanziellen Spielraum gibt und ermöglicht, dass sie weiter im Beruf bleiben können, während sie pflegen. Auch wenn eine solche große Maßnahme nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann, ist es wichtig, darüber breit zu diskutieren. Bei der heutigen Fachtagung starten wir damit.“

Woche der Demenz: Giffey besucht Altenpflege-Einrichtung

Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen brauchen eine gezielte Unterstützung, damit sie gut versorgt werden, der Alltag nicht zur Überforderung wird und sie Teil der Gesellschaft bleiben. Aus Anlass der „Woche der Demenz 2019“ besucht Bundesfamilienministerin Giffey heute um 15 Uhr die Altenpflege-Einrichtung „St. Elisabeth-Stift“ in Berlin-Prenzlauer Berg, gemeinsam mit Prof. Dr. Pierluigi Nicotera, dem Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE).

Im Rahmen der „Woche der Demenz“ vom 14.-21.09.2019 setzen sich das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und das Bundesministerium für Gesundheit für mehr Verständnis für die Belange von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen ein.

Bundesfamilienministerin Giffey: „Etwa 1,7 Millionen Menschen sind in Deutschland an Demenz erkrankt. In manchen Familien stellt die Diagnose Demenz das ganze Leben auf den Kopf. Wir arbeiten gemeinsam daran, die Situation und die Versorgung von Menschen mit Demenz zu verbessern und ihre Angehörigen zu entlasten. Dafür brauchen wir starke Partner aus der Wissenschaft wie das DZNE genauso wie die 500 engagierten Lokalen Allianzen, die von meinem Ministerium gefördert werden. Außerdem haben wir die Entwicklung einer Nationalen Demenzstrategie gestartet.“

An der Nationalen Demenzstrategie arbeitet das BMFSFJ gemeinsam mit dem BMG, der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, den Ländern, Kommunalen Spitzenverbänden, Fachverbänden und der Zivilgesellschaft. Die Strategie soll bis zum Sommer 2020 fertig sein und hat unter anderem zum Ziel, eine gute Beratung für Menschen mit Demenz zu sichern und ihnen und ihren Angehörigen den Alltag zu erleichtern. Ein wichtiger Partner dabei ist das Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), das erforscht, wie die Therapien und die Versorgung von Menschen mit Demenz verbessert werden können.

Aktuelle Studien des DZNE zeigen: eine Versorgung von Menschen mit Demenz in Netzwerkstrukturen führt zu einer signifikanten Entlastung der Angehörigen. Prof. Dr. Pierluigi Nicotera: „Vor allem die Belastung durch praktische Pflegetätigkeiten nimmt ab. Auch die Belastung durch den Umgang mit Behörden und Institutionen sowie durch Konflikte mit Beruf und Familie verringert sich. Darüber hinaus fördern Netzwerkstrukturen die Integration der Menschen mit Demenz in das Gesundheitssystem. Überdies konnte gezeigt werden, dass Angehörige von individueller Unterstützung profitieren, wenn sie Zugang zu sogenannten Care Managern haben. Das sind spezifisch qualifizierte Pflegekräfte, die eine vernetzte Versorgung kosteneffektiv und wirksam koordinieren können.“

Das BMFSFJ hat die Gründung von 500 Lokalen Allianzen für Menschen mit Demenz von 2012 bis 2018 gefördert (jeweils mit 10.000 Euro), zum Beispiel das Netzwerk „QVNIA – Qualitätsverbund Netzwerk im Alter“ in Berlin-Pankow. Die Lokalen Allianzen werden durch eine Netzwerkstelle bei der BAGSO weiter unterstützt. Im Netzwerk QVNIA arbeiten viele Akteure zusammen, um eine gute Qualität der Versorgung zu gewährleisten und neue Angebote zu entwickeln. Das Netzwerk hat zum Beispiel im ganzen Bezirk Schutzräume eingerichtet, in denen Menschen mit Demenz aufgenommen und betreut werden, die sich verlaufen haben, bis ihr Wohnort ausfindig gemacht wurde. Einer dieser Schutzräume befindet sich im St. Elisabeth-Stift.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 17.09.2019

„Statt wirksamer Entlastung und Absicherung bekommen pflegende Angehörige von der Bundesregierung weiterhin nur ideologischen Quark aus dem 19. Jahrhundert serviert“, erklärt Pia Zimmermann, pflegepolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des Aktionstags pflegender Angehöriger am 8. September. Zimmermann weiter:

„Erst kürzlich hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Pflege wieder einmal zur familiären Aufgabe erklärt und sie damit faktisch vor allem Frauen zugeschoben. Diesem Rollenverständnis aus dem 19. Jahrhundert folgt die Pflegepolitik der Bundesregierung insgesamt. Die sogenannte Konzertierte Aktion Pflege hat für pflegende Angehörige nichts anzubieten als den Einsatz ambulanter Pflegefachpersonen, insbesondere zu Beginn der Pflegebedürftigkeit. Nahezu höhnisch klingt das ergänzende Vorhaben, die ‚Situation pflegender Angehöriger in den Blick‘ zu nehmen. Angesichts der Probleme, mit denen pflegende Angehörige zu kämpfen haben, ist das offensichtlich zu wenig.

Pflege muss gesamtgesellschaftlich eingebettet und gestaltet werden. Das beinhaltet eine Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige, die aus dem Beruf ausscheiden. Weil aber viele pflegende Angehörige in ihren Jobs bleiben wollen, sind auch deutlich mehr teilstationäre Angebote sowie bezahlbare und wohnortnahe Tagespflegeplätze vonnöten. Die Arbeitgeber müssen stärker in die Verantwortung genommen werden, etwa durch Lohnfortzahlung wie im Krankheitsfall. Rentenansprüche aus Pflegetätigkeit müssen zudem Verdienstausfälle wirklich kompensieren und auch für Altersrentner möglich sein. Reha-Leistungen sind zügig und unbürokratisch zu gewähren.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 06.09.2019

Heute stellt im Rahmen einer Fachtagung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend der unabhängige Beirat zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf seinen ersten Bericht vor.

Dazu erklärt Brigitte Döcker: „Der Beirat hat mit seinem Bericht zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung der Situation erwerbstätiger pflegender Angehöriger unterbreitet und wir freuen uns, dass diese nun der Öffentlichkeit zugänglich sind.“

Ziel der Arbeit des Beirates war die Erörterung der Frage, welche Rahmenbedingungen erforderlich sind, damit Fürsorge für pflegebedürftige Angehörige und Berufstätigkeit der pflegenden Angehörigen gut miteinander vereinbart werden können. Grundlage hierfür ist eine Bestandsaufnahme.

Brigitte Döcker: „Schon heute gibt es rund 3,4 Millionen pflegebedürftige Menschen in Deutschland. Etwa drei Viertel aller Pflegebedürftigen wird zu Hause versorgt. Wir müssen davon ausgehen, dass diese Zahl steigt, während die Zahl der Angehörigen, die pflegen könnten, sinken wird. Die derzeit vorhandenen gesetzlichen Regelungen aus Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz werden dabei schon heute vergleichsweise wenig in Anspruch genommen, denn sie bieten keine wirklich hilfreichen Lösungen.“

Die Empfehlungen des Beirates sind umfassend und bieten gute Ansätze, um die mit der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbundenen Herausforderungen zu bewältigen.

„Wir begrüßen es, dass der Beirat die Pflege als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sieht und dabei individuelle Entscheidungen für oder gegen die Übernahme der Pflege von eigenen Angehörigen respektiert wissen will. Wir unterstützen insbesondere die Empfehlungen des Beirates, Freistellungsmöglichkeiten deutlich auszuweiten und eine Entgeltersatzleistung für erwerbstätige pflegende Angehörige einzuführen.

Es gilt nun, die Empfehlungen des unabhängigen Beirates aufzugreifen und mit der Schaffung von Rechtsansprüchen und Rahmenbedingungen umzusetzen. Denn wir brauchen zügig gesetzliche Grundlagen, damit sich Sorgearbeit für Pflegebedürftige und Berufstätigkeit besser als bisher in Einklang bringen lassen.“ so Döcker.

„Die AWO fordert einen Rechtsanspruch auf familiäre Pflege für berufstätige pflegende Angehörige“, ergänzt sie, „und dieser muss Maßnahmen beinhalten, die die Pflegenden finanziell und zeitlich entlasten und ihnen helfen, die eigene Gesundheit zu erhalten.“

Darüber hinaus brauchen wir eine grundsätzliche Debatte darüber, welchen Stellenwert familiäre Pflege und Fürsorge in unserem Land haben sollen. Denn alle Menschen sind in bestimmten Lebensphasen und Lebenssituationen mehr oder weniger existenziell darauf angewiesen, dass sich andere Menschen verlässlich und verbindlich um sie kümmern. Die AWO fordert deshalb ein verständliches, am Lebensverlauf orientiertes Gesamtsystem, das Menschen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht – auch dann, wenn sie pflegen oder pflegebedürftig sind.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 17.09.2019

Wer Angehörige pflegt, bringt in der Regel viele Opfer. Dass es so ist, liegt auch an der unzureichenden Entlastung pflegender Angehöriger. Fast fünf Millionen Menschen in Deutschland sorgen für pflegebedürftige Angehörige. Davon sind zwei Drittel Frauen, die üblicherweise sowieso schon stärker durch Vereinbarkeitsfragen belastet sind als Männer.

Anlässlich des bundesweiten Aktionstages „Pflegende Angehörige“ am 9. September fordert die AWO deshalb deutlich mehr Unterstützung und angemessene Entlastungsleistungen.

Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes, erklärt dazu: „Wir sind pflegenden Angehörigen für ihren Dienst zu großem Dank verpflichtet. Das ist gelebte Solidarität! Ohne den enormen Einsatz der Familie und anderer Bezugspersonen ist die Betreuung Pflegebedürftiger nicht vorstellbar. Sie verdienen dafür deutlich mehr Anerkennung, aber vor allem konkret spürbare Unterstützung: angemessene Ersatzleistungen, um z. B. Verdienstausfälle durch die Übernahme von Pflege aufzufangen, bessere Unterstützungs- und Beratungsstrukturen und einen Rechtsanspruch auf familiäre Pflege für berufstätige pflegende Angehörige.

Pflegende Angehörige sind durch die Pflege vielfältigen gesundheitlichen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Nur ein Drittel der pflegenden Angehörigen ist berufstätig, davon lediglich ein Fünftel in Vollzeit. Pflegende Angehörige verlieren so Einkünfte, Karrierechancen und zukünftige Rentenansprüche. In der Folge sind sie auf Hartz IV-Leistungen angewiesen bzw. schließlich auf Grundsicherung im Alter. Damit gehen oft zunehmende Isolation und soziale Ausgrenzung einher. Wenn sie nicht mehr pflegen müssen, brechen deshalb viele Angehörige regelrecht zusammen und werden selbst krank.

Brigitte Döcker: „Pflege darf nicht arm machen. Pflegebedürftige Menschen und ihre Familien dürfen nicht noch zusätzlich zu ihrer Arbeit übermäßig für die Pflege zur Kasse gebeten werden, z. B. durch steigende Zuzahlungen zur Pflege. Der demografische Wandel in Deutschland wird die Situation verschärfen. Wir fordern deshalb seit Langem eine Begrenzung des Eigenanteils in der Pflege und rufen die Politik dazu auf, endlich zu handeln.“

Anfang 2019 hat die AWO dafür über 70.000. Unterschriften gesammelt, worauf sich der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags im Juni bereits mit dem Thema befasst hat. Eine gesetzliche Regelung zur Finanzierung von Pflege muss nun bald folgen.

Die AWO selbst bietet Pflegeberatung bereits bundesweit in Ihren Einrichtungen und Diensten, sowie als Telefon- und als Onlineberatung kostenlos an und kennt daher die Fragen, Sorgen und Nöte der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen aus erster Hand (www.awo-pflegeberatung.de).

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 06.09.2019

Anlässlich des bundesweiten Aktionstags „Pflegende Angehörige“ am 8. September fordern wir die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege für pflegende Frauen und Männer mit der Schaffung einer Entgeltersatzleistung für Pflegezeiten zu erleichtern. Aktuelle Daten zeigen wieder einmal: Gut drei Viertel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt – einen erheblichen Teil der Pflegearbeit übernehmen Frauen.

Frauen, die ihre Angehörigen pflegen, reduzieren ihre Erwerbstätigkeit oft ganz oder teilweise– mit den entsprechenden Konsequenzen für ihre berufliche Entwicklung sowie ihre Renten. Die Entgeltersatzleistung für Pflegezeiten würde pflegende Frauen besser absichern und Männer ermutigen, Pflegeaufgaben zu übernehmen.

Der Unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit und Pflege, in dem der DF Mitglied ist, hat im Juli seinen ersten Bericht inklusive Handlungsempfehlungen an Bundesfamilienministerin Giffey übergeben. Nun wurde dieser Bericht veröffentlicht: https://www.wege-zur-pflege.de/beirat.html. Wir begrüßen es sehr, dass der Bericht Handlungsempfehlungen enthält, die unserer Beschlusslage entsprechen: Die Forderung nach der Einführung einer Entgeltersatzleistung für Pflegezeiten sowie auch die Subventionierung haushaltsnaher Dienstleistungen durch öffentliche Zuschüsse.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenrat e.V.(DF) vom 06.09.2019

Am 17. September 2019 stellte im Rahmen der Fachtagung „Vereinbarkeit von Pflege und Beruf“ das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den Ersten Bericht des unabhängigen Beirats zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf der Öffentlichkeit vor.

Der unabhängige Beirat, vom Bundesministerium in 2015 eingesetzt, nahm in seinem Bericht Stellung zur aktuellen Situation der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, zeigt Weiterentwicklungsmöglichkeiten auf und formuliert Handlungsempfehlungen.

„Als Familienverband begrüßen wir die Handlungsempfehlungen des Beirats und unterstreichen ebenfalls, dass Pflege, wie die Erziehungsleistungen der Familien, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstellt“, so Hiltrud Stöcker-Zafari vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.

Für die Familien des Verbandes im besonderen Maße relevant seien die Empfehlungen in Bezug auf eine kultursensible Ausrichtung der Beratungsangebote, die darüber hinaus mehrsprachig, barrierefrei und geschlechtersensibel sein sollten. „Wir unterstützen auch insbesondere die Empfehlung von Maßnahmen, die eine geschlechtergerechte Vereinbarung von Pflege und Beruf fördern. Auch in unseren Familien wird die Pflege noch überwiegend von den Frauen durchgeführt“, führt Stöcker-Zafari weiter aus. Hier spiele es zudem eine Rolle, dass der Begriff der nahen Angehörigen ausgeweitet werden müsse.

„Vereinbarkeit muss aber noch fairer werden, nicht nur in Bezug auf die Frauen, die überwiegend Sorge- und Pflegearbeit leisten, sondern, dass ebenso eine angemessene Bezahlung der Pflegezeit umgesetzt wird. Das ist besonders für Familien mit geringem Einkommen wichtig. Alles andere wäre sozial ungerecht.“

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V. vom 18.09.2019

Ein „Familienpflegegeld“ zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband angesichts der extrem hohen Zahl pflegender Angehöriger. Laut Statistischem Bundesamt werden 1,76 Millionen pflegebedürftige Menschen von Angehörigen zu Hause gepflegt, was fast die Hälfte aller Pflegebedürftigen in Deutschland ausmacht (3,41 Millionen Menschen). In Anlehnung an das Elterngeld fordert der Verband einen Rechtsanspruch auf Freistellung vom Arbeitsplatz und eine staatliche Lohnersatzleistung. Darüber hinaus fordert der Paritätische die Stärkung von Angeboten zur Entlastung pflegender Angehöriger, wie Leistungen der Kurzzeit- und Verhinderungspflege.

„Neben verlässlichen Entlastungsangeboten brauchen pflegende Angehörige einen einklagbaren Rechtsanspruch, Zeit und materielle Absicherung“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Es könne nicht sein, dass pflegende Angehörige deutlich schlechter gestellt werden als junge Eltern. Der Verband fordert einen verbindlichen Rechtsanspruch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf eine drei Jahre befristete Familienpflegezeit. Die Höhe der Lohnersatzleistung würde wie beim Elterngeld im Regelfall 65 Prozent des letzten Nettoeinkommens betragen, höchstens jedoch 1.800 Euro.

Die geltende Regelung zur Pflegezeit werde den lebenspraktischen Anforderungen nicht gerecht, kritisiert der Paritätische, was sich auch in der geringen Inanspruchnahme zeige. „Menschen dürfen nicht genötigt werden, ihr Arbeitsverhältnis aufzugeben oder sich durch die Aufnahme eines Darlehens verschulden zu müssen, um ihren Angehörigen beizustehen“, so Schneider. „Der derzeitige Anspruch auf befristete Freistellung ohne jegliche finanzielle Absicherung nützt den Betroffenen im Ernstfall wenig.“ Alarmieren müsse vor diesem Hintergrund, dass mehr als 280.000 Menschen auf Grund von Pflegetätigkeiten dem Arbeitsmarkt nicht oder nur teilweise zur Verfügung stehen und pflegende Menschen auf Hartz IV angewiesen sind. Auch der durch das Bundesfamilienministerium berufene unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf habe in seinem Bericht jüngst entsprechenden Handlungsbedarf formuliert und eine Regelung orientiert am Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz empfohlen.

Neben einem Familienpflegegeld seien mehr und verlässlich finanzierte Entlastungsangebote notwendig. „Kurzzeitpflege- und Verhinderungspflegeplätze sind derzeit Mangelware, dabei tragen sie nachweislich enorm zur Entlastung pflegender Angehöriger bei. Die häusliche Pflegesituation fordert alle Beteiligten heraus und strapaziert auf Dauer selbst die innigste Beziehung. Die professionell abgesicherte, temporäre Auszeit bietet sowohl Pflegenden als auch Pflegebedürftigen Entspannung“, so Schneider. Der Paritätische begrüßt, dass im Koalitionsvertrag von SPD und Union entsprechende Maßnahmen verankert seien. Unter anderem habe die Große Koalition ein jährliches Budget angekündigt, über das pflegende Angehörige zukünftig in der Lage sein sollen, flexibel Entlastungsangebote in Anspruch nehmen zu können. Auch sei angekündigt, Angebote für eine verlässliche Kurzzeitpflege zu stärken. Entsprechende Eckpunkte lägen jedoch bis heute noch nicht vor. Jetzt müsse die Große Koalition ihren Worten zügig Taten folgen lassen.

Quelle: PressemitteilungDer Paritätische Gesamtverband vom 03.09.2019

SCHWERPUNKT III: Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme 2019

Trotz aller Kraftanstrengungen:Die unzureichende Personalausstattung in deutschen Kitas wird zunehmend zum Problem. Zwar hat sich die Zahl der pädagogischen Fachkräfte durch den Kita-Ausbau deutlich erhöht, doch die Personalschlüssel verbessern sich vielerorts zu langsam. Der Personalmangel belastet nicht nur die Kita-Qualität, sondern auch die Erzieherinnen und Erzieher und erschwert es, mehr Menschen für den Beruf zu begeistern.

Mit dem Kita-Ausbau ist von 2008 bis 2018 die Zahl des pädagogi-schen Personals um 54 Prozent angestiegen, von 379.146 auf 582.125. Diese enorme Aufstockung des Kitapersonals ist ein erheblicher Erfolg. Zudem zeigt sich seit 2013 –dem Jahr der Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz – eine im bundesweiten Durchschnitt verbesserte Personalsituation in den Kitas.

Konkret heißt das: Am 1. März 2013 war eine vollzeitbeschäftigte pädagogische Fachkraft in Krippengruppen rein rechnerisch noch für 4,6 ganztagsbetreute Kinder zuständig. Am 1. März 2018 waren es 4,2 Kinder. Auch inKindergartengruppen gab es eine Verbesserung: verantworteten Erzieherinnen und Erzieher 2013 die Förderung von 9,6 Kindern, waren es im Jahr 2018 nur noch 8,9 Kinder. Trotz dieser Entwicklung sorgen die Personalschlüssel vielerorts nach wie vor dafür, dass in zahlreichen Kitas nicht kindgerecht betreut werden kann und die Arbeitsbelastung für die Fachkräfte sehr hoch ist. Zu diesen Ergebnissen kommt das diesjährige Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme. Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt, dass füreine kindgerechte Betreuung in Krippengruppen maximal drei Kinder auf eine pädagogische Fachkraft kommen und in Kindergartengruppen 7,5.

Bundesweit einheitliche Standards für gleiche Bildungschancen und Arbeitsbedingungen

Die im bundesweiten Durchschnittverbesserten Personalschlüssel verdecken die unterschiedlichen Entwicklungsdynamiken in den Ländern. So gibt es Länder wie Bremen und Thüringen, in denen sich die Personalausstattung sowohl in Krippen – als auch Kindergartengruppen verschlechtert hat oder stagniert. Andernorts, wie etwa in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Hamburg, haben sich die Personalschlüssel von einem ungünstigen Ausgangsniveau deutlich verbessert. Hervorzuheben ist hier Mecklenburg-Vorpommern, wo bei den Personalschlüsseln der größte Qualitätssprung für die älteren Kinder gelungen ist (von 1 zu 14,9 auf 1 zu 13,2). Baden-Württemberg konnte in beiden Gruppenformen seine bereits günstigen Personalschlüssel sogar weiter ausbauen. Insgesamt hängen die Bildungschancen trotz des Qualitätsausbaus der vergangenen Jahre noch immer stark vom Wohnort ab. So ist in Meck-lenburg-Vorpommerns Kindergartengruppen eine Fachkraft rein rechnerisch für 13,2 und in Baden-Württemberg für 7,0 Kinder zuständig. Im Krippenbereich zeigt sich zwischen Sach-sen und Baden-Württemberg eine ebenso große Kluft (1 zu 6,2 und 1 zu 3,0). Je nach Land oder auch Kommune muss das Kitapersonal also unter sehr unterschiedlichen Arbeitsbedingungen die Bildung und Entwicklung von Kindern fördern.

Das Betreuungsverhältnis sieht im Kitaalltag sogar noch ungünstiger aus. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass rund ein Drittel der Arbeitszeit einer Erzieherin für Aufgaben außerhalb der pädagogischen Praxis benötigt wird; zum einen beispielsweise für Elterngespräche, Qualitätsentwicklung oder Bildungsdokumentationen, zum anderen für Urlaub und Fortbildungen. In Mecklenburg-Vorpommerns Kindergartengruppen muss dann beispielsweise eine Mitarbeiterin fast 20 Kinder, in Baden-Württemberg hingegen 10,5 Kinder betreuen. Längere Ausfallzeiten durch Krankheit verschlechtern die Betreuungssituation noch weiter, wenn kein Vertretungspersonal zur Verfügung steht.

Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, bedauert: „Das Gute-Kita-Gesetz ist eine vertane Chance. Es fehlen im Gesetz bundesweit einheitliche Standards für die Personalausstattung, damit überall kindgerechte Betreuungsverhältnisse und gleiche Arbeitsbedingungen realisiert werden können.“

Personal hat Vorrang: Mindestens 106.500 Fachkräfte notwendig

Dräger sorgt vor allem die angespannte Situation des Kitapersonals: „Der Fachkräftebedarf wird weiter steigen: Für mehr Plätze, eine gute Kitaqualität und den Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder brauchen wir mehr Erzieherinnen und Erzieher. Diese können wir nur gewinnen und halten, wenn die Arbeitsbedingungen gut und attraktiv sind. Kindgerechte Personalschlüssel sind dafür eine wichtige Stellschraube.“ Insgesamt brauche es, so Dräger, fast 106.500 zusätzliche Fachkräfte, um die Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung zu realisieren.

Um neue Fachkräfte zu gewinnen, fordert er zudem Verbesserungen im Ausbildungssystem für Erzieherinnen und Erzieher: bundesweit kostenfreie Ausbildung, eine angemessene Ausbildungsvergütung sowie Renten- und Sozialversicherungspflicht für alle Ausbildungsgänge. Zudem sollen die derzeit entstehenden unterschiedlichen Wege in den Beruf – beispielsweise für Quereinsteiger – keine Absenkung des bisherigen formalen Qualifikationsniveaus nach sich ziehen.

Zusatzinformationen

Grundlage des jährlich aktualisierten Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme sind Auswertungen von Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik und weiteren amtlichen Statistiken. Stichtag für die Datenerhebung war der 15. März 2008 und jeweils der 1. März 2013 und 2018. Die Berechnungen für 2018 wurden von dem LG Empirische Bildungsforschung der FernUniversität in Hagen durchgeführt. Die aktuellen Daten und Fakten zu den frühkindlichen Bildungssystemen finden Sie unter www.laendermonitor.de sowie in den Länderprofilen unter www.laendermonitor.de/laenderprofile.

Der Personalschlüssel ist einzentrales strukturelles Qualitätsmerkmal von Kitas. Nach Empfehlung der Bertelsmann Stiftung sind für eine gute Kita auch Standards für eine professionelle Leitungsausstattung, berufsbegleitende Beratung sowie Aus-, Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte und eine gute Mittagsverpflegung wichtig. Zusammenfassende Darstellung der wissenschaftlichen Studien zu den Arbeitszeitanteilen verschiedener Aufgabenbereiche von Fachkräften vgl. Viernickel und Schwarz (2009).

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung vom 26.09.2019

Zur Bertelsmann-Studie über Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung erklärt der kinder- und jugendpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Matthias Seestern-Pauly:

„Die Studie zeigt deutlich, dass Deutschland weit entfernt von einem guten Betreuungsschlüssel ist. Die Fachkraft-Kind-Relation hat sich zwar leicht verbessert. Doch gerade die bereinigten Zahlen offenbaren einen eklatanten Personalmangel zu Lasten unserer Kinder. Umso erschreckender ist es, dass Familienministerin Giffey mit dem sogenannten Gute-Kita-Gesetz die Chance für wirkliche Qualitätsverbesserungen verpasst hat. Denn anstelle von mehr Erziehern und besseren Rahmenbedingungen finanzieren die Länder die eigenen Wahlversprechen von beitragsfreien Kitas. Nicht hinnehmbar sind außerdem die massiven Unterschiede in der Betreuung zwischen den Ländern. Deshalb benötigen wir dringend bundeseinheitliche Mindeststandards. Denn der Wohnort darf nicht darüber entscheiden, welche Chancen unsere Kinder auf eine gute Betreuung haben.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 26.09.2019

Anlässlich der Veröffentlichung des diesjährigen Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung fordert der AWO Bundesverband dazu auf, die Anstrengungen bei den Ausbildungs- und Beschäftigungssituationen von Erzieher*innen massiv zu erhöhen und die Rahmenbedingungen endlich nachhaltig zu verbessern.

Dazu erläutert Bundesvorsitzender Wolfgang Stadler: „Eine gute Bildungsqualität in Kita und Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder muss natürlich gefordert werden. Aber wir brauchen auch die Fachkräfte, die mit Wissen, Empathie und Engagement diese verantwortungsvolle Arbeit leisten können. Da sind das Gute-Kita-Gesetz und die Fachkräfteoffensive zwar Schritte in die richtige Richtung, aber nur Tropfen auf den heißen Stein.“

Zwar zeigen die Daten des Ländermonitorings, dass sich der Anstieg an pädagogischem Personal insgesamt auch in einer kontinuierlichen Verbesserung des Personalschlüssels äußert. Diese Verbesserungen entsprechen aber noch lange nicht den wissenschaftlich empfohlenen Betreuungsschlüsseln. Von bundeseinheitlichen Standards, welche auch gleichwertige Lebensverhältnisse befördern würden, sind die Bundesländer folglich noch weit entfernt.

Neben der Ungleichheit der kindlichen Betreuungsverhältnisse sind aber auch die Erzieher*innen selbst die Leidtragenden. Wolfgang Stadler hierzu: „Wir können die stetig steigenden Belastungen im Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung nicht mehr übersehen: Die Fachkräfte arbeiten bereits jetzt am Limit. Die Rahmenbedingungen müssen sich verbessern: für die Beschäftigten, die ihre Arbeit mit Engagement und hohen Qualitätsansprüchen erfüllen möchten, und für die Kinder, die ein Recht auf bestmögliche Bildung, Erziehung und Betreuung haben.

Stadler: „Der Beruf der Erzieher*innen muss gesellschaftlich anerkannt und in seiner Attraktivität aufgewertet werden! Die AWO fordert deshalb die Bundesregierung, Arbeitgeber*innen und Gewerkschaften auf, sich gemeinsam für bessere und attraktivere Rahmenbedingungen für die Ausbildung und Beschäftigung von Erzieher*innen einzusetzen. Das heterogene und unübersichtliche Ausbildungssystem muss durchlässiger werden und Aufstiege ermöglichen, Ausbildungsstandards sind zu sichern und auszubauen und nicht abzusenken. Eine Ausbildungsvergütung sollte selbstverständlich werden und würde eine Ausbildung auch denjenigen ermöglichen, die sich das bisher nicht leisten konnten. Ein Schulgeld für angehende Erzieher*innen schafft eine Schieflage im Vergleich zu Auszubildenden im dualen System und ist sozial ungerecht. Unser Anspruch ist eine kostenlose Bildung für alle jungen Menschen bei hohen Qualitätsstandards.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 26.09.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen zur Verbesserung der Kita-Qualität in Deutschland. Dazu braucht es aus Sicht der Kinderrechtsorganisation sowohl mehr finanzielle Mittel als auch bundeseinheitliche Mindeststandards in der Qualität, um allen Kindern im frühkindlichen Bildungsbereich besser als bisher gerecht zu werden und den Flickenteppich bei der Personalausstattung zu beenden. Notwendig sind zudem mehr Anstrengungen, um den gestiegenen Herausforderungen von Kindertageseinrichtungen im Umgang mit partizipatorischer und inklusiver Erziehungs- und Bildungsarbeit wirksam begegnen zu können.

"Die jährlich von der Bertelsmann Stiftung vorgelegten Zahlen zur Personalausstattung in deutschen Kitas gleichen immer wieder einem Trauerspiel. Bei der dringend notwendigen Verbesserung des Personalschlüssels in den Kitas geht es viel zu langsam voran. Wir sind weiterhin fast flächendeckend weit von den wissenschaftlich empfohlenen Standards entfernt. Wenn wir, wie die Bertelsmann Stiftung, die letzten fünf Jahre als Maßstab der Berechnungen nehmen, brauchen wir bei gleichbleibenden Bedingungen noch 10 Jahre bei Kindergartengruppen und sogar 15 Jahre bei den Krippengruppen, ehe der Personalschlüssel in den Kitas zufriedenstellend ist. Und da sind Elterngespräche, Bildungsdokumentationen, Urlaub, Fortbildungen oder Ausfallzeiten durch Krankheit noch gar nicht mit eingerechnet. Diese Bummelei bei der Verbesserung der Kita-Qualität ist fahrlässig und muss ein Ende haben", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, anlässlich der Veröffentlichung des aktuellen "Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme 2019" der Bertelsmann Stiftung.

"Die vom Bund im Rahmen des Gute-Kita-Gesetzes zur Verfügung gestellten Finanzmittel müssen konsequent für die Verbesserung der Kita-Qualität verwendet werden. Mit Gebührenbefreiungen im Gießkannenprinzip ist keinem Kind geholfen. Wichtig ist auch, dass diese Bundesmittel den Kitas langfristig zur Verfügung stehen und nicht nach der nächsten Bundestagswahl versiegen", so Hofmann weiter.

"Zudem sollte die Mitbestimmung von Kindern in Kindertageseinrichtungen als Qualitätsfaktor ins Zentrum der Arbeit rücken. So können die Potentiale der Kinder besser gefördert und wichtige Akzente in der dringend notwendigen Weiterentwicklung der Demokratieförderung gesetzt werden. Kitas müssen aber auch in ihrer inklusiven Erziehungs- und Bildungsarbeit begleitet und unterstützt werden. Dabei geht es vor allem darum, im Kita-Alltag ein Miteinander zu fördern, in dem Vielfalt wertgeschätzt wird und das alle Kinder aktiv mitgestalten können. Denn ein solches Bildungsumfeld wirkt sich positiv auf die Identitätsentwicklung von Heranwachsenden aus. In einer Kita, in der die pädagogische Arbeit konsequent an den Rechten der Kinder orientiert ist, erleben Kinder, dass sie selbstwirksam sind, in ihrer Individualität wertgeschätzt werden und dass Diskriminierungen jeglicher Art keinesfalls in Ordnung sind", so Hofmann.

Eine hohe Qualität der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung zahlt sich aber nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Gesellschaft aus, da eine gute frühkindliche Bildung und Erziehung unterschiedliche Startbedingungen und Zukunftschancen wirksam ausgleichen kann. Sie trägt dazu bei, Bildungsnachteile abzubauen, Armut zu überwinden und Lebensverläufe wirtschaftlich und sozial zu stabilisieren.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 26.09.2019

Bildungsgewerkschaft zum Ländermonitor „Frühkindliche Bildung“: Bund, Länder und Kommunen müssen sich stärker anstrengen

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat angemahnt, dass Bund, Länder und Kommunen deutlich mehr Anstrengungen unternehmen müssten, um zusätzliche Fachkräfte für die Kitas zu gewinnen. Trotz geringfügiger Verbesserungen zwischen 2013 und 2018 fehle überall in Deutschland gut ausgebildetes Personal.

„Der Fachkraft-Kind-Schlüssel ist fast überall noch weit davon entfernt, was die Wissenschaft für pädagogisch notwendig erachtet“, betonte Björn Köhler, GEW-Vorstandsmitglied für Jugendhilfe, mit Blick auf die aktuellen Zahlen des Ländermonitors „Frühkindliche Bildung“ am Donnerstag in Frankfurt a.M. „Die langjährige Personalnot in den Kitas kratzt am Image des Berufs der Erzieherinnen und Erzieher. Nur mit guten Arbeitsbedingungen werden wir mehr Menschen für dieses gesellschaftspolitisch so wichtige Arbeitsfeld gewinnen!“

Angesichts des angekündigten Ausbaus der pädagogischen Angebote, z.B. durch den geplanten Ganztag für Grundschülerinnen und -schüler, müssten alle Verantwortlichen in der Politik ein großes Interesse daran haben, das Berufsfeld attraktiver zu gestalten. „Dazu gehören neben einer guten Bezahlung auch gute Arbeitsbedingungen“, unterstrich Köhler. „Gute Arbeitsbedingungen schützen vor Krankheit. Sie schaffen den Raum, um gute Bildungsarbeit anzubieten. Davon profitieren die Kinder!“

„Das Gebot der Stunde: Die Qualität in den Kitas muss gesichert werden. Dafür müssen Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen“, sagte der GEW-Kita-Experte. Sie müssten deutlich mehr junge Menschen dafür gewinnen, die Erzieherinnenausbildung zu beginnen. Gleichzeitig seien insbesondere die Länder gefordert, genügend Lehrkräfte für die schulische Ausbildung zur Verfügung zu stellen und die Kapazitäten der entsprechenden Studiengänge auszubauen.

Mit Blick auf den steigenden Fachkräftebedarf mahnte Köhler die kommunalen Arbeitgeber, umgehend Vorschläge zur Verbesserung der Attraktivität des Berufes zu machen: „Wir brauchen dringend eine nationale Strategie, die nicht am Föderalismus scheitern darf!“ Er erwartet ernsthafte Vorschläge der Arbeitgeber, wie die Sozialberufe weiter aufgewertet werden könnten. „Das wird nicht zum Nulltarif gehen“, sagte Köhler. Deswegen müssten sich Bund, Länder und Kommunen jetzt darauf verständigen, wie die Kitafinanzierung deutlich zu verbessern sei.

Quelle: Pressemitteilung GEW-Hauptvorstand vom 26.09.2019

Der Paritätische Wohlfahrtsverband warnt vor einem Betreuungsnotstand in Kitas und Horts, sollten nicht zügig die Weichen für bessere Rahmenbedingungen im Erzieher*innenberuf gestellt und eine verlässliche Finanzierung der Angebote garantiert werden. Der Verband weist darauf hin, dass sich der bereits jetzt akute – und gerade erst von der Bertelsmann-Stiftung konstatierte – Personalmangel in der Kindertagesbetreuung in den kommenden fünf Jahren massiv verschärfen werde. Laut Schätzungen des Verbandes seien mindestens eine Million zusätzliche Betreuungsplätze in Kitas und Horts notwendig, um Qualität, Bedarf und Rechtsansprüchen gerecht zu werden. Die Nachfrage nach qualifiziertem Fachpersonal werde in den kommenden Jahren drastisch steigen.

„Es werden mehr Kinder geboren und die Nachfrage nach passgenauen Betreuungsangeboten wächst stetig. Der Kita-Ausbau muss daher weiter vorangetrieben werden – nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ“, so Marion von zur Gathen, Leiterin der Abteilung Soziale Arbeit beim Paritätischen Gesamtverband. Nicht nur im vorschulischen Bereich, sondern auch in der Betreuung von Schulkindern müsse sich zügig etwas bewegen. „Wenn der von der Großen Koalition angekündigte Rechtsanspruch auf Betreuung auch für Schulkinder nicht zur Farce geraten soll, müssen jetzt die notwendigen neuen Plätze geschaffen werden“, so von zur Gathen. Der Paritätische geht von einem Platzbedarf in Höhe von mittelfristig mindestens einer Million zusätzlicher Plätze in Kitas und Horts aus.

Der Paritätische kritisiert, dass insgesamt zu wenig Mittel in die nachhaltige und strukturelle Stärkung des Betreuungssystems fließen. Das so genannte „Gute-Kita-Gesetz“ sei eine Enttäuschung gewesen. „Das gut gemeinte Gute-Kita-Gesetz läuft Gefahr, in der Praxis lediglich zum Stopfen von Haushaltslöchern missbraucht zu werden. Die Qualität droht auf der Strecke zu bleiben“, warnt Marion von zur Gathen. Ein Großteil der Mittel werde lediglich zur Refinanzierung einer allgemeinen Beitragsbefreiung eingesetzt, nicht aber für notwendige Verbesserungen der Qualität und der Arbeitsbedingungen der Fachkräfte. Um mehr Menschen für eine Ausbildung als Erzieher*in zu begeistern und Fachkräfte auch dauerhaft in dem Beruf zu halten, seien aber gerade hier dringend Maßnahmen und Investitionen notwendig. „Ohne ein großes finanzielles Engagement des Bundes werden die anstehenden Aufgaben nicht zu bewältigen sein. Es braucht endlich solide Lösungen, wie sich der Bund dauerhaft und verlässlich an den Kosten frühkindlicher und schulischer Betreuungsangebote beteiligen kann“, so von zur Gathen.

Quelle: PressemitteilungDer Paritätische Gesamtverband vom 26.09.2019

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Neues Online-Tool misst Familienfreundlichkeit von Unternehmen

Auf dem Unternehmenstag „Erfolgsfaktor Familie 2019“ in Berlin steht heute die Familienfreundlichkeit von Betrieben im Mittelpunkt. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey, DIHK-Präsident Dr. Eric Schweitzer und der Direktor des IW Köln, Prof. Dr. Michael Hüther, diskutieren vor etwa 250 Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft die Bedeutung einer familienfreundlichen Unternehmenskultur zur Fachkräftegewinnung und -sicherung. Gemeinsam mit der Präsidentin des Bundesverbandes der Personalmanager (BPM), Inga Dransfeld-Haase, geben Giffey und Schweitzer auf dem Unternehmenstag den Startschuss für den „Fortschrittsindex Vereinbarkeit“. Das neue Online-Tool unterstützt Arbeitgeber dabei, ihre familienfreundlichen Maßnahmen zu messen, weiterzuentwickeln und sichtbar zu machen. Ziel ist es, Familienfreundlichkeit in den Unternehmen konkret zu verankern. Der Index besteht aus zwei Teilen: Mit Leitlinien bekennt sich das Unternehmen zu einer innovativen und familienorientierten Unternehmenskultur. In einem zweiten Schritt können Unternehmen ihre Kultur anhand von zwölf Kennzahlen messen und sich mit Wettbewerbern vergleichen. Zu den Kennzahlen gehören unter anderem die Anzahl der Beschäftigten mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, die Dauer der Elternzeit von Müttern und Vätern und der Anteil weiblicher Führungskräfte.

Bundesfamilienministerin Giffey: „Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist eine familienfreundliche Unternehmenskultur von elementarer Bedeutung, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Sie ist längst kein Nice-to-have mehr, sondern wichtiger Wettbewerbs- und Standortfaktor. Viele Unternehmen bieten mittlerweile zwar Maßnahmen zur Unterstützung von Familien an, aber oft schätzen sich Arbeitgeber deutlich besser ein als ihre Beschäftigten es tun. Mit dem „Fortschrittsindex Vereinbarkeit“ unterstützen wir Unternehmen dabei, ihre familienfreundliche Unternehmenskultur weiterzuentwickeln und ihr Engagement sichtbar zu machen. Denn Politik und Wirtschaft sind gemeinsam verantwortlich, eine Arbeitswelt zu gestalten, in der die Beschäftigten Beruf und Familie gut miteinander vereinbaren können.“

Dr. Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags: „Eine familienfreundliche Unternehmenskultur macht es den kleinen und mittelständischen Unternehmen leichter, Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Der „Fortschrittsindex Vereinbarkeit“ soll die Unternehmen dabei unterstützen: Er macht Fortschritte bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie besser nachvollziehbar. Zudem setzt er Anreize für die Unternehmen, sich über passende familienfreundliche Maßnahmen Gedanken zu machen – bei gleichzeitiger Berücksichtigung der betrieblichen Interessen.“

Inga Dransfeld-Haase, Präsidentin des Bundesverbandes der Personalmanager und Personalchefin von Nordzucker: „Die Familienorientierung in den Unternehmen sollte endlich dem gelebten Familienbild entsprechen. Unser Ziel ist es, genau das über flexible und transparente Arbeitsstrukturen noch stärker im Bewusstsein von Management und Führungskräften zu verankern.“

Der „Fortschrittsindex Vereinbarkeit“ wurde vom Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) in Kooperation mit dem DIHK und dem BPM entwickelt. Der Index ist ein Angebot im Rahmen des Unternehmensprogramms „Erfolgsfaktor Familie“ des BMFSFJ. Bestandteil des Programms ist das gleichnamige Unternehmensnetzwerk mit mehr als 7.300 Mitgliedern, das 2007 vom BMFSFJ und DIHK ins Leben gerufen wurde. Ziel ist es, Familienfreundlichkeit zum Markenzeichen der deutschen Wirtschaft zu machen. Der jährliche Unternehmenstag ist das zentrale Treffen der Netzwerkmitglieder.

Mehr Informationen finden Sie unter den folgenden Links:

www.erfolgsfaktor-familie.de

www.fortschrittsindex-vereinbarkeit.de

www.bmfsfj.de/unternehmensmonitor

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 27.09.2019

Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2019 veröffentlicht

Zum sechsten Mal hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) den „Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit“ vorgelegt. Die aktuellen Ergebnisse zeigen deutliche Fortschritte, aber auch weiteren Handlungsbedarf.

Der Monitor wird vom Bundesfamilienministerium gefördert. Er besteht aus einer repräsentativen Unternehmensbefragung und einer repräsentativen Beschäftigtenbefragung. Mit dem Monitor liegt eine einzigartige Zeitreihe zum Stand der Familienfreundlichkeit der deutschen Wirtschaft vor.

Die zentralen Ergebnisse des Unternehmensmonitors 2019 sind: Der Anteil der Geschäftsleitungen und Personalverantwortlichen, für die familienfreundliche Maßnahmen wichtig sind, ist seit der letzten Befragung (2015) um knapp 6 Prozentpunkte auf 83 Prozent gestiegen.Der Anteil von Unternehmen mit einer ausgeprägt familienfreundlichen Unternehmenskultur hat seit 2015 zugenommen – sowohl aus Sicht der Unternehmen (von 41 auf 46 Prozent), als auch aus Sicht der Beschäftigten (von 36 auf 39 Prozent). Die Lücke zwischen Unternehmens- und Beschäftigtensicht bleibt allerdings bestehen.Der Anteil an Unternehmen, die Maßnahmen zur Förderung von Vätern anbieten, ist seit der letzten Befragung im Jahr 2015 stark angestiegen (von 35 auf rund 53 Prozent). Die Verbreitung von individuell vereinbarten Arbeitszeiten hat deutlich zugenommen: Rund acht von zehn Unternehmen bieten diese mittlerweile an. Mobiles und flexibles Arbeiten ist ein Top-Zukunftsthema: Seine Bedeutung wird aus Sicht von 44 Prozent der Beschäftigten und 59 Prozent der Unternehmen in den nächsten fünf Jahren noch weiter zunehmen.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey:

„Familienfreundlichkeit ist ein wichtiges Kriterium für die Attraktivität von Arbeitgebern. In Zeiten des Fachkräftemangels ist sie kein ‚Nice to have‘, sondern ein besonderer Wettbewerbsvorteil. Firmen sind gut beraten, wenn sie Angebote für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf machen. Das schätzen die Beschäftigten auch: Für neun von zehn Arbeitnehmern sind familienfreundliche Maßnahmen Ausdruck einer Unternehmenskultur, in der der Mensch wichtig ist. Leider befürchten aber auch noch zu viele Beschäftige berufliche Nachteile, wenn sie familienfreundliche Angebote in Anspruch nehmen. Das ist kontraproduktiv. Wir sollten in Deutschland dahin kommen, dass die Familienbelange der Beschäftigten als Teil der Personalstrategie in Unternehmen fest verankert werden. Denn schließlich ist für die meisten Menschen in Deutschland die Familie nach wie vor mit Abstand das Wichtigste im Leben.“

Direktor des IW Köln, Prof. Dr. Michael Hüther:

„Unternehmen sind sich der Bedeutung einer familienfreundlichen Personalpolitik für ihre Arbeitgeberattraktivität bewusst – mehr und mehr auch mit Blick auf die Beschäftigten, die heute (noch) keine familiär bedingten Betreuungspflichten erfüllen müssen. Ein besonderes Merkmal des weiterhin insgesamt hohen personalpolitischen Engagements in der Wirtschaft ist, dass zunehmend die Väter in den Blick geraten. Die Unternehmen erweitern damit die Optionen, unterschiedliche Rollenbilder zu leben und Lebensmodelle zu wählen.“

Den „Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2019“ finden Sie unter www.bmfsfj.de/unternehmensmonitor

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 17.09.2019

15. Woche des bürgerschaftlichen Engagements gestartet

Etwa 30 Millionen Menschen sind in Deutschland freiwillig engagiert. Sie alle tragen dazu bei, das Leben in unserer Gesellschaft besser, gerechter und demokratischer zu gestalten. Mit der „Woche des bürgerschaftlichen Engagements“ wird der Einsatz dieser Menschen gewürdigt und sichtbar gemacht – es ist die inzwischen bundesweit größte Freiwilligenoffensive. Bundesfamilienministerin Dr.Franziska Giffey und Dr. Thomas Röbke, Sprecherratsvorsitzender vom Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) werden heute in Berlin um 15 Uhr die „15. Woche des bürgerschaftlichen Engagements“ im Beisein von etwa 300 Gästen eröffnen.

Bundesfamilienministerin Giffey betont in ihrer Eröffnungsrede die Bedeutung des Engagements für die Gesellschaft: „Ich bin dankbar, in einem Land zu leben, in dem sich 30 Millionen Menschen freiwillig engagieren und damit den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärken. Die „Woche des bürgerschaftlichen Engagements“ wirft ein Licht auf das, was tagtäglich im Großen wie im Kleinen geschieht: das beeindruckende Engagement in unserem Land. Sie macht sichtbar, wofür sich diese 30 Millionen Menschen freiwillig engagieren und wie vielfältig unsere Gesellschaft ist. Ich danke allen Engagierten für ihren Einsatz. Denn Demokratie ist eine Mitmach-Veranstaltung: Jeder kann beitragen, unser Land zu gestalten. Genau das bedeutet Engagement. Meine Aufgabe als Familienministerin ist es, gute Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. In diesem Jahr werden wir daher die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt gründen. Sie soll Initiativen möglichst unbürokratisch unterstützen und als Beratungsstelle und Vernetzungsort dienen.“

Thomas Röbke, Vorsitzender des BBE-Sprecherrats betont, dass gerade in kritischen Zeiten – ob durch das Auseinanderdriften der Gesellschaft oder angesichts der Bedrohungen durch den Klimawandel – die vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen ihren unermesslichen Wert erweisen. „Es geht um Engagement, das nicht bei guten Vorsätzen stehen bleibt, sondern sich in konsequentem und gemeinschaftlichem Handeln fortsetzt“, so Röbke. Auch in anderen Bereichen sät die Zivilgesellschaft nach Röbkes Worten Hoffnung: ob im konsequenten Einsatz gegen jede Form von Ausgrenzung und Hass oder für eine starke Gemeinschaft in einem vereinten Europa. Es gibt keine Herausforderung, zu der sich nicht vielfältige Formen von Engagement bilden.

Die Botschafterin und Botschafter 2019

Bei der Auftaktveranstaltung der „15. Woche des bürgerschaftlichen Engagements“ in Berlin werden auch die Engagement-Botschafterinnen und Engagement-Botschafter 2019 vorgestellt. Sie stehen stellvertretend für 30 Millionen Engagierte. Ein Jahr lang machen sie bundesweit auf ihre Themen aufmerksam und sind so Vorbild sowie Motivation für andere Engagierte:

Andrea Harwardt, Engagement-Botschafterin »Engagement und Sport«.

Sie hat vor 20 Jahren mit Gleichgesinnten den inklusiven Reitverein Integration e. V. gegründet. Der Verein ermöglicht Menschen mit und ohne Behinderung die Teilnahme am Reit- und Voltigiersport.

Dennis Kirschbaum, Engagement-Botschafter »Junges Engagement«.

Er unterstützt mit seinem Verein JUMA e. V. junge Musliminnen und Muslime dabei, sich mit ihren Meinungen, Wünschen und Ideen in die Gesellschaft einzubringen und ihr Engagement in der breiten Öffentlichkeit sichtbar zu machen.

Lena Wiewell, Engagement-Botschafterin »Zusammenhalt in der Gesellschaft«.

Sie stärkt mit ihrem Verein „Tausche Bildung für Wohnen“ Kinder in ihrer schulischen und persönlichen Entwicklung, die in strukturschwachen Stadtteilen wie Duisburg-Marxloh oder Gelsenkirchen-Ückendorf aufwachsen.

Die Woche des bürgerschaftlichen Engagements

Die diesjährige „Woche des bürgerschaftlichen Engagements“ findet vom 13. bis 22. September statt. Bundesweit gibt es mehr als 8.000 Veranstaltungen.

Mehr Informationen finden sich auf der Internetseite www.engagement-macht-stark.de.

Seit 2004 würdigt das BBE mit der bundesweiten Woche des bürgerschaftlichen Engagements den Einsatz der vielen freiwillig Engagierten. Im Fokus stehen Menschen, die sich eigeninitiativ oder in Unternehmen, Stiftungen, Verbänden oder Einrichtungen unter dem Motto „Engagement macht stark!“ engagieren. Die Aktionswoche wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist Schirmherr der Kampagne. Das ZDF, der Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BVDA) und das enorm Magazin sind offizielle Medienpartner. Weitere starke Partnerinnen und Partner 2019 sind: Aktion Mensch, die Deutsche Telekom, die Faire Woche, Flixmobility GmbH, IBM Deutschland und Volkswagen pro Ehrenamt.

Das BBE ist ein Zusammenschluss aus Bürgergesellschaft, Staat und Wirtschaft. 270 Mitgliedsorganisationen verfolgen das Ziel, bürgerschaftliches Engagement in allen Gesellschafts- und Politikbereichen zu fördern.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 13.09.2019

Der Deutsche Bundestag berät heute (Donnerstag) in erster Lesung über den Haushalt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) für das Jahr 2020. Vorgesehen ist, dass der Etat auf insgesamt 11,8 Milliarden Euro wächst. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg um rund 1,356 Milliarden Euro.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey betont: „Mit dem Haushaltsentwurf für das Familienministerium knacken wir in diesem Jahr eine Rekordmarke: 11,8 Milliarden Euro gibt es für Familien, junge und ältere Menschen in diesem Land. Das sind gute Nachrichten. Denn mit neun Milliarden Euro fließt der größte Teil davon direkt in die Portemonnaies der Familien in Deutschland. Jeder Euro, der das Leben der Menschen spürbar besser macht, ist gut angelegt. Wir investieren in eine gute Kinderbetreuung in Kita und Grundschule, sorgen für bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und bekämpfen Kinderarmut. Wir wollen Menschen vor Hass, Gewalt oder Missbrauch schützen und helfen denen, die Opfer geworden sind. Besonders wichtig ist, dass wir auch künftig zivilgesellschaftliches Engagement vor Ort intensiv unterstützen, damit wir aktiv etwas für den sozialen Frieden tun.“

Das Starke-Familien-Gesetz wirkt

Durch die grundlegende Reform des Kinderzuschlags und des Bildungs- und Teilhabepakets können alle vier Millionen Kinder in Deutschland, die in Familien mit geringem Einkommen leben, stärker gefördert und unterstützt werden. Besonders Alleinerziehende profitieren davon. Seit der Reform zum Juli/August 2019 ist die Zahl der Anträge um 25 Prozent gestiegen. In 2020 sind 869 Millionen Euro und damit nochmals 294 Millionen Euro mehr als in 2019 für den Kinderzuschlag vorgesehen.

Das Elterngeld steigt

Auch die Ausgaben für das Elterngeld steigen, weil sich einerseits die Nettolöhne und Gehälter positiv entwickeln und zugleich die Leistung konstant hoch in Anspruch genommen wird. Die Ausgaben für das Elterngeld steigen deshalb gegenüber 2019 um 395 Millionen Euro auf insgesamt 7,25 Milliarden Euro.

Ausbau der Ganztagsbetreuung

Für Investitionen in den Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter plant die Bundesregierung die Errichtung eines Sondervermögens, um den Ländern zwei Milliarden Euro für Investitionen zur Verfügung zu stellen. Hierfür sind in den Jahren 2020 und 2021 jeweils 500 Millionen Euro für den Einzelplan des BMFSFJ und in gleicher Höhe für den Einzelplan des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) vorgesehen.

Gute Kinderbetreuung

Der Bund stellt den Ländern aus dem Gute-Kita-Gesetz bis 2022 insgesamt 5,5 Milliarden Euro für mehr Qualität in den Kitas und in der Kindertagespflege und für die Entlastung der Eltern bei den Gebühren zur Verfügung – eine Milliarde hiervon fließt im Jahr 2020 an die Länder. Inzwischen haben wir in zehn von 16 Bundesländern Verträge zur Umsetzung des Gute-Kita-Gesetzes unterzeichnet. Bis zum Herbst sollen alle Vereinbarungen abgeschlossen sein.

Fachkräfteoffensive für Erzieherinnen und Erzieher

Mit der Fachkräfteoffensive unterstützt der Bund die Länder darin, mehr Nachwuchs an Erzieherinnen und Erziehern zu gewinnen und eine gute Ausbildungspraxis sicherzustellen. Außerdem gilt es, dafür zu sorgen, dass sich Weiterbildung auszahlt und Fachkräfte im Beruf gehalten werden können. Dafür stehen in diesem Jahr 2019 40 Millionen Euro und im Jahr 2020 60 Millionen Euro zur Verfügung. Gestartet wurde die Fachkräfteoffensive in diesem Sommer mit Beginn des neuen Ausbildungsjahres. 2.500 vom Bund geförderte Auszubildende beginnen ihre dreijährige praxisintegrierte vergütete Ausbildung. Mehrere Länder stocken diese Zahl mit eigenen Mitteln oder Mitteln aus dem Gute-Kita-Gesetz auf.

Ausbildungsoffensive Pflege

Für die „Ausbildungsoffensive Pflege“ sind im Jahr 2020 rund 4,5 Millionen Euro vorgesehen. Das Geld fließt in die Vorbereitung und aktive Begleitung der neuen Pflegeausbildungen, die 2020 starten. Hierzu gehört u.a. eine bundesweite Informationskampagne sowie eine stärkere Beratung und Vernetzung vor Ort durch das Beratungsteam Pflegeausbildung des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA).

Fortführung von „Demokratie leben!“

Wir werden uns um den sozialen Frieden in unserem Land kümmern und um die Menschen, die dafür mit ihrem Engagement eintreten. Das tun wir mit dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“, das 2020 in die zweite Förderperiode (bis 2024) geht. Die ersten Förderaufrufe wurden veröffentlicht und die Interessenbekundungsverfahren sind beendet. Die eingereichten Projektideen werden nun von externen Gutachtern geprüft und bewertet. Über die Bewilligung wird bis Dezember entschieden. In 2020 werden für das Programm 107,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Zudem gründen wir noch in diesem Jahr die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt.

Jugendfreiwilligendienste

Für die Freiwilligendienste im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ), im Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) und im Bundesfreiwilligendienst geben wir im Jahr 2020 über 277 Millionen Euro aus. Damit können wir aktuell allen, die einen Dienst leisten wollen, einen Platz in einem der drei Formate ermöglichen.

Stärkung von Frauen

Die Mittel für das in 2019 gestartete Aktionsprogramm gegen Gewalt an Frauen werden um rund 29 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro aufgestockt. Damit sollen insbesondere der Zugang zu Frauenhäusern und die Versorgung von besonderen Zielgruppen verbessert, aber auch die Entwicklung von neuen Schutzkonzepten und die Qualifizierung von Fachkräften gefördert werden. Insgesamt sind bis 2023 rund 120 Millionen Euro für Investitionen in eine bessere Infrastruktur zur Unterstützung betroffener Frauen vorgesehen.

Erhöhung der Mittel des Fonds sexueller Missbrauch

Betroffene von sexualisierter Gewalt im Kindes- und Jugendalter sollen weiterhin bedarfsgerechte Hilfen erhalten. Deshalb wird die Finanzierung des Fonds „Sexueller Missbrauch im familiären Bereich“ (FSM) fortgesetzt und im Vergleich zu 2019 um 28,4 Millionen Euro auf 45,4 Millionen Euro aufgestockt. Es können damit weiterhin Anträge auf Hilfen an den Fonds gestellt werden. Seit Mai 2013 sind mehr als 12.600 Anträge auf Hilfen beim FSM gestellt worden und es gehen täglich weitere ein. Um diese wichtigen Hilfen für Betroffene gewähren zu können, ist die Aufstockung erforderlich.

Stärkung der Wohlfahrtsverbände

Die Wohlfahrtsverbände können ihre erfolgreiche Arbeit fortsetzen. Die Ansätze für die Titel der Wohlfahrtsverbände werden für 2020 verstetigt – mit zusätzlich 11,57 Millionen Euro gegenüber der vorgesehenen Finanzplanung. Damit wird die Leistungsfähigkeit der Wohlfahrtsverbände und anderer bundeszentraler Organisationen bei neuen sozial- und gesellschaftspolitischen Herausforderungen sichergestellt, zum Beispiel bei zentralen Themen wie der Digitalisierung der sozialen Arbeit und sozialer Innovation.

Weitere Informationen finden Sie unter: www.bmfsfj.de

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12.09.2019

Modellprojekt biko belegt Bedarf für Kostenübernahmen für verschreibungspflichtige Verhütungsmittel

Familienplanung ist ein Menschenrecht. Aber auch in Deutschland können sich viele Frauen die Kosten für Pille, Spirale und Co. einfach nicht leisten – das geht aus der Abschlussevaluation zum Modellprojekt „biko – Beratung, Information und Kostenübernahme bei Verhütung“ hervor, deren Ergebnisse heute (Dienstag) auf einer Fachtagung im Bundesfrauenministerium vorgestellt wurden. Für Frauen mit wenig Geld besteht demnach hoher Bedarf an der Kostenübernahme verschreibungspflichtiger Verhütungsmittel. Regelmäßige Ausgaben wie für die Pille, aber auch hohe einmalige Kosten von bis zu 400 Euro für eine Spirale können das Budget von Frauen mit geringem Einkommen deutlich überschreiten. Sie verhüten daher unregelmäßiger, greifen zu weniger zuverlässigen Methoden oder verzichten sogar ganz auf Verhütung.

Mit dem vom Bundesfrauenministerium geförderten Projekt „biko“ erprobte der pro familia Bundesverband e. V. an sieben Standorten (Erfurt, Halle, Lübeck, Ludwigsfelde, Recklinghausen, Saarbrücken und Wilhelmshaven) über einen Zeitraum von drei Jahren den Zugang zur Kostenübernahme verschreibungspflichtiger Verhütungsmittel für Frauen mit geringem Einkommen. Das Projekt mit einem Fördervolumen von knapp vier Millionen Euro wurde vom unabhängigen Evaluationsinstitut „Camino Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich gGmbH“ („Camino“) ausgewertet.

Während der Kernlaufzeit des Projekts von Juli 2017 bis Juni 2018 gab es insgesamt 6.104 Anfragen für Kostenübernahmen, davon konnten 4.480 bewilligt werden. In dieser Zeit wurden insgesamt 4.751 Beratungsgespräche geführt. Die Hälfte aller Frauen gab in der Evaluations-Befragung an, sie würden ohne die finanzielle Unterstützung durch das Projekt „biko“ entweder gar nicht oder mit einer deutlich unsicheren Methode verhüten. Das entspricht den Ergebnissen der Sonderauswertung der Studie „frauen leben 3“ des Sozialwissenschaftlichen Forschungsinstituts zu Geschlechterfragen. Demnach ist jede zweite Sozialleistungsbezieherin mit ihrem Verhütungsverhalten unzufrieden und würde ihr Verhütungsverhalten ändern, wenn die Mittel kostenfrei zugänglich wären.

Die Evaluation des Modellprojekts „biko“ ergab außerdem, dass die Bedarfsgruppe heterogen ist. Bedarf an kostenfreier Verhütung besteht nicht nur bei jungen Frauen in der Ausbildungsphase und nicht nur bei Frauen, die Transferleistungen beziehen. Denn die zweitgrößte Nutzerinnengruppe waren Frauen, die trotz Berufstätigkeit über ein geringes Einkommen verfügen. Über 59 Prozent der Nutzerinnen haben eines oder mehrere Kinder.

Mehr als die Hälfte der Frauen, die am Modellprojekt teilnahmen, entschied sich für Langzeitverhütungsmethoden, darunter die Hormonspirale und Kupferspirale. Etwas mehr als ein Viertel der Nutzerinnen erhielt eine erstmalige Kostenübernahme für die Pille.

Im Rahmen des „Gesetzes zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch“ ist auf Initiative des BMFSFJ die Altersgrenze für die Kostenübernahme verschreibungspflichtiger Verhütungsmittel bei der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V) seit dem 1. März 2019 vom 20. auf das 22. Lebensjahr angehoben worden. Ein darüber hinausgehender gesetzlicher Anspruch auf Kostenübernahme besteht jedoch nicht.

Die Abschlussevaluation sowie eine Kurzfassung davon finden Sie unter www.biko-verhuetung.de oder www.profamilia.de/biko.

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 10.09.2019

Anlässlich des heutigen Kabinettsbeschlusses zur Einführung einer statistischen Erfassung von Wohnungslosigkeit erklärt Dr.WolfgangStrengmann-Kuhn, Sprecher für europäische Sozialpolitik und Arbeitsmarktpolitik:

Seit Jahren schon fordern wir Grüne eine bundesweite Wohnungslosenstatistik und endlich geht auch die Bundesregierung einen ersten Schritt. Die Einführung einer Statistik ist überfällig, mit ihr alleine ist den vielen Menschen ohne Dach über dem Kopf aber noch nicht geholfen. Damit aus den Zahlen auch Handeln wird, fordern wir einen nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit.

Zudem ist die geplante Statistik noch ausbaufähig. Bei genauem Hinsehen zeigt sich, dass die Bundesregierung lediglich eine Wohnungslosenunterbringungsstatistik plant, die Menschen, die ohne Unterkunft auf der Straße leben genauso wenig erfasst, wie Wohnungslose, die vorübergehend bei Freunden, Verwandten und Bekannten unterkommen. Schließlich fehlen all jene, die akut oder auch mittelfristig von Wohnungsverlust bedroht sind. Bei der Statistik besteht also noch Nachbesserungsbedarf.

Eine Statistik ist notwendig, noch wichtiger ist allerdings, sich darum zu kümmern, dass in einem Land wie Deutschland, niemand auf der Straße und ohne eigene Wohnung leben muss. Wir Grüne fordern die Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Ländern und Kommunen einen nationalen Aktionsplan zu erarbeiten, der sich ein klares Ziel setzt: Obdachlosigkeit und damit extreme Armut in Deutschland bis 2030 gänzlich zu beseitigen. So verlangen es auch die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals), denen Deutschland in der UN-Vollversammlung zugestimmt hat.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 25.09.2019

Zu den rasant steigenden Eigenanteilen in der Pflege erklärt KordulaSchulz-Asche, Sprecherin für Alten- und Pflegepolitik:

Es ist fatal, wie sich die Eigenanteile der pflegebedürftigen Menschen entwickeln. Es ist noch fataler, dass die Bundesregierung nichts dagegen tut. Wie lange will die Bundesregierung die finanzielle Belastung pflegebedürftiger Menschen noch ignorieren?

Die aktuelle Struktur der Pflegeversicherung hält uns als Versichertengemeinschaft davon ab, den pflegebedürftigen Menschen in unserem Land ein adäquates Versorgungsangebot zu machen und die daraus folgenden Kosten zu übernehmen. Wir haben als Bundestagsfraktion deshalb mit der doppelten Pflegegarantie einen pragmatischen Lösungsvorschlag auf den Tisch gelegt, mit dem wir die Eigenanteile sofort wirksam senken und nachhaltig deckeln wollen. Wir wollen den Eigenanteil für die pflegebedürftigen Menschen festschreiben, sodass die Pflegeversicherung zukünftig alle pflegebedingten Kostensteigerungen übernimmt. Vermutlich werden zwar die Kosten für die Versichertengemeinschaft steigen, aber dem Anstieg wollen wir mit einer gerechten und stabilen Finanzierung durch eine Pflege-Bürgerversicherung begegnen.

Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir nur solidarisch stemmen können. Jetzt ist die Bundesregierung gefragt, endlich pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige stärker zu unterstützen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 24.09.2019

Zur heute veröffentlichten Studie der Universität Mannheim zur Rentenlücke zwischen Frauen und Männern erklären Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik, und Markus Kurth, Sprecher für Rentenpolitik:

Um die Rentenlücke zwischen Frauen und Männern zu schließen, ist es vordringlich, die Beteiligung von Frauen am Erwerbsleben und ihre Entlohnung zu verbessern. Wir brauchen dringend eine bessere Infrastruktur in der Kinderbetreuung und Bildung, die Einführung einer echten Pflegezeit, eine andere Arbeitskultur in Unternehmen und vor allem gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Nicht zuletzt sind Männer gefordert, in Partnerschaften endlich den Putzlappen und die Windel in die Hand zu nehmen – und zwar nicht nur für zwei Monate.

Gerade für Frauen sind die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung wichtig, da sie zum Beispiel seltener Betriebsrentenansprüche oder eine private Zusatzversorgung haben. Daher käme eine langfristige Stabilisierung des Rentenniveaus gerade ihnen zugute. Zwar gibt es eine Reihe von familienpolitischen Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung wie die Pflegezeiten oder die Mütterrente. Doch auch die damit verbundenen milliardenschweren Kosten vermögen es nicht annähernd, die Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt auszugleichen. Verbessert sich die Erwerbsbeteiligung von Frauen im bisherigen Tempo weiter, wird eine Gleichstellung der Geschlechter erst in Jahrzehnten erreicht. Das ist deutlich zu langsam.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 17.09.2019

Zum OECD-Bericht „Bildung auf einen Blick 2019“ erklären Margit Stumpp, Sprecherin für Bildung, und Kai Gehring, Sprecher für Forschung, Wissenschaft und Hochschule:

Trotz einzelner Lichtblicke spielt das deutsche Bildungssystem nicht in der internationalen Spitzengruppe mit. Bröckelnde Schulgebäude und baupolizeilich gesperrte Hörsäle sind sichtbarste Zeichen für die Unterfinanzierung der Bildung. Ein Land, dessen Erfolg auf die Neugier und Kreativität der Menschen angewiesen ist, darf sich das nicht erlauben. Der OECD-Bildungsbericht ist ein klarer Auftrag an Bund und Länder, in mehr Chancen für alle zu investieren.

Das deutsche Bildungssystem ist alles andere als krisenfest. Zwar gehen mehr Kinder in die Kita, mehr junge Leute studieren, die gute Konjunktur der letzten Jahre hat für ordentliche Arbeitsmarktchancen gesorgt. Dem steht aber entgegen, dass die Zahl der Schulabbrecher wieder steigt. Das ist ein klares Indiz dafür, dass Schulen für die individuelle Förderung und Betreuung von Kindern mehr Mittel benötigen. Es fehlt an pädagogischem Personal und die Lehrerschaft wird immer älter. Sich gegenseitig das Personal abzuwerben, darf nicht die Antwort sein. Vielmehr sollten sich die Länder koordinieren und gemeinsam alle vorhandenen Lehramtsstudienplätze nutzen. Mangelfächer müssen zügig ausgebaut werden. Multiprofessionelle Teams können Lehrkräfte entlasten, damit sie ihren ureigenen Aufgaben nachkommen können. Auch dafür müssen Fachkräfte geworben und ausgebildet werden. Der Bund muss zudem mit den Ländern schnell den angekündigten Rechtsanspruch auf Ganztagsbildung für Grundschulkinder umsetzen und kräftig in gute Qualität investieren. Eine zupackende Bildungsministerin hätte hier längst einen Schwerpunkt gelegt.

Ein weiteres Warnzeichen sind die real sinkenden Pro-Kopf-Ausgaben für Studierende. Die Nachfrage nach Studienplätzen wird auf Dauer hoch bleiben. Daher ist es überfällig, die Hochschulen entsprechend besser auszustatten. Es braucht eine Offensive für Sanierung und Neubau von Hochschulbauten. Auch die soziale Infrastruktur – also Beratungsangebote, Mensen und Wohnheime – muss mitwachsen, damit aus Erstsemestern auch Absolventinnen und Absolventen werden. Bildungsministerin Karliczek wäre gut beraten, ihr kategorisches „Njet“ endlich zu überdenken.

Individuelle Förderung und gute Lern- und Lehrbedingungen sind das A&O für Bildungserfolg. Ob Ausbildung oder Studium: Alle müssen die Chance auf sichere Jobs, gute Einkommen und stabile Lebensverhältnisse bekommen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 10.09.2019

Zum am Montag veröffentlichten Abschlussbericht der Fachkommission zum geplanten gesetzlichen Verbot sogenannter "Konversionstherapien" erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik und Queerpolitik:

Ein Verbot der sogenannten "Konversionstherapien", das die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen erstmals 2013 vorgeschlagen hat, ist längst überfällig. Der Abschlussbericht der Fachkommission bestätigt eindeutig, dass diese Pseudotherapien schädlich sind und verboten werden sollten. Zudem muss ein Aktionsplan gegen diese "Konversionstherapien" schnellstmöglich beschlossen und umgesetzt werden. Wir freuen uns, dass die Kommission viele von unseren Forderungen aufgegriffen hat, wie beispielsweise öffentlichkeitswirksame Kampagnen, die mehr Akzeptanz gegenüber vielfältigen sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten schaffen und über die Gefahr von Behandlungen aufklären.

Weitere Informationen zu dem Grünen Aktionsplan gegen sog. Konversionstherapien: https://www.gruene-bundestag.de/themen/lesben-schwule/aktionsplan-gegen-konversionstherapien

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 10.09.2019

"Wenn schwangere Menschen hunderte Kilometer fahren müssen, weil sie in ihrer Wohngegend keine Einrichtung finden, in der sie eine ungewollte Schwangerschaft beenden können, dann müssen wir es als das benennen, was es ist: einen Versorgungsnotstand. Die Gründe sind vielfältig: In der ärztlichen Ausbildung kommen die verschiedenen Methoden so gut wie nicht vor. Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, werden stigmatisiert. Kliniken verweigern diesen Eingriff aus religiösen Gründen. Im Effekt gibt es immer weniger Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Der Staat hat einen Versorgungsauftrag. Dem muss er nachkommen," so Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag anlässlich des internationalen Safe Abortion Days am 28. September.

Möhring weiter: "Wir brauchen endlich ein Recht auf Schwangerschaftsabbrüche. So lange diese im Strafgesetzbuch geregelt sind, gibt es nur eine Erlaubnis dazu – verbunden mit einem großen moralischen Zeigefinger. So lange Schwangerschaftsabbrüche eine Straftat sind, wird sich an der desolaten Versorgungssituation wenig ändern. Hochschulen können schlecht verpflichtet werden, eine Straftat zu lehren, Kliniken nicht dazu, eine solche anzubieten. Genau solche Verpflichtungen bräuchte es aber: Einer der häufigsten gynäkologischen Eingriffe muss standardmäßig gelehrt werden. Die individuelle Gewissensfreiheit muss nicht angetastet werden. Krankenhäuser aber müssen dafür sorgen, dass zu jeder Zeit mindestens eine Ärztin oder ein Arzt Dienst hat, die oder der diesen Eingriff vornehmen kann und dazu auch bereit ist."

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 27.09.2019

„123 Frauen wurden allein letztes Jahr von ihrem Ex-Partner getötet. Jede vierte Frau in Deutschland hat schon mindestens einmal im Leben häusliche Gewalt erlebt. Die Zahlen zeigen eindeutig: Gewalt an Frauen ist ein virulentes Problem in Deutschland. Viel zu oft werden davor die Augen geschlossen – so wie momentan wieder von der Bundesregierung“, erklärt Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zum Vorwurf der Sozialverbände, Bund und Länder schützten Frauen nur mangelhaft. Möhring weiter:

„Ich begrüße und unterstütze die Forderungen des Bündnisses zur Istanbul-Konvention und die Forderungen der Sozialverbände zum besseren Schutz von Frauen vor Gewalt, die von ihnen anlässlich der Haushaltsverhandlungen erhoben worden sind. Die Kritik der Verbände an der Bundesregierung ist absolut zutreffend.

Die Finanzierung von Frauenhäusern ist seit Jahrzehnten ein Desaster. Frauenhäuser sind überfüllt, nicht barrierefrei und die Mitarbeitenden überlastet und unterbezahlt. Dass hierzu keine Lösung gefunden wird, ist eine Bankrotterklärung des Staates. Wir brauchen endlich eine verlässliche und einheitliche Finanzierung von Frauenhäusern und Beratungsstellen.

Absolute Ignoranz zeigt die Bundesregierung auch bei der Einhaltung von Menschenrechtsabkommen. Statt im Haushalt endlich ein Budget für die bereits seit Februar 2018 in Kraft getretene Istanbul-Konvention bereitzustellen, werden vorgesehene Gelder für den Bereich sogar gekürzt. Dabei sieht die Konvention verpflichtend vor, dass Strukturen wie eine staatliche Koordinierungsstelle und ein Monitoring geschaffen werden. Dazu ist im Haushalt 2020 kein Wort zu finden. Ich bin empört, dass sich die Bundesregierung nach außen für die Einhaltung von Menschenrechten brüstet, doch für die tatsächliche Umsetzung keine Gelder bereitstellt. DIE LINKE wird in den Haushaltsverhandlungen mehr Gelder zum Schutz von Frauen – und insbesondere für die Umsetzung der Istanbul-Konvention – einfordern.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 10.09.2019

„Unsere Grundschulen leiden unter den fatalen Folgen früherer verfehlter Personalkalkulationen. Der sich dramatisch verschärfende Lehrkräftemangel an unseren Schulen lässt sich nur gesamtstaatlich lösen“, erklärt Birke Bull-Bischoff mit Blick auf die heute veröffentlichten neuen Berechnungen zum Grundschullehrermangel. Die Sprecherin für Bildungspolitik der Fraktion DIE LINKE weiter:

„Bund, Länder und Kommunen müssen enger zusammenarbeiten, um zügig kurz-, mittel- und langfristige Lösungen zu finden: zum Abbau des Lehrkräftemangels ohne Qualitätsverlust, zur Steigerung der Attraktivität des Berufsfeldes, etwa durch die Verbesserung und Vereinheitlichung der Lehrergehälter, und Verbesserungen der Lehrerbildung. Wir brauchen gute Qualifizierungsprogramme für Quer- bzw. Seiteneinsteiger, denn ohne die wird es nicht mehr gehen. Traurig, aber wahr. Die Anzahl der regulär bis dahin ausgebildeten Absolventen reicht bei weitem nicht aus. Daneben müssen Hochschulen mehr Anreize gegeben werden, weiter mehr Studienplätze auszubauen als sich verstärkt auf Drittmittelförderungsprojekte zu stürzen. Eine Zugangshürde in Form des Numerus clausus, wie sie in einigen Bundesländern für das Grundschullehramt besteht, ist kein Weg.

Wir müssen überdies Anreize schaffen, Lehrkräfte für den ländlichen Raum zu gewinnen. Wir brauchen bundesweit geltende Vereinbarungen zur Sicherung materieller und personeller Rahmenbedingungen an Schulen, zur Ausbildung, zu den Arbeitsbedingungen der Fachkräfte und zur Bildungsfinanzierung etwa in Form eines bundesweit geltenden Bildungsrahmengesetzes.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 09.09.2019

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert anlässlich des 30. Jahrestages der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention am 20. November 1989 die Bundesregierung auf, sich weltweit für den Schutz und die Verwirklichung von Kinderrechten einzusetzen.

Konkret verlangt die Fraktion in einem Antrag (19/13553) unter anderem, Kinder "breiter über ihre Rechte zu informieren" und sie "durch zielgruppengerechte Informationskampagnen bei der Ausübung ihrer Rechte zu unterstützen und zu ermutigen". Die Bundesregierung solle gleiche Chancen für Jungen und Mädchen weltweit anstreben und in der Entwicklungszusammenarbeit umsetzen. Verletzungen von Kinderrechten sollen systematisch erfasst, aufgearbeitet sowie "gendersensitiv aufgeschlüsselt" werden, um damit eine "empirisch fundierte und zielführende Kinderrechtspolitik zu schaffen", schreiben die Abgeordneten. Darüber hinaus drängen die Grünen die Bundesregierung, die Arbeit von Menschenrechtsverteidigern weltweit besser zu unterstützen und ihren Verpflichtungen aus der letztjährigen G20-Erklärung zur Bekämpfung von Kinderarbeit nachzukommen.

In Deutschland solle die Bundesregierung einen "unbürokratischen und zügigen Familiennachzug, inklusive Geschwisternachzug zu minderjährigen beziehungsweise im Verfahren volljährig gewordenen asylrechtlich Geschützen" sicherstellen, heißt es im Antrag. Darin verlangt die Fraktion auch, Daten zu Kindern, die als Opfer von Menschenhandel nach Deutschland gebracht wurden, systematisch zu erfassen und aufzuarbeiten. Bundesländer und Kommunen sollen zudem bei der Einrichtung von fachspezifischen Beratungsstellen unterstützt werden. Weitere Forderungen zielen auf eine verbindliche Umsetzung der kinderrechtlichen Verpflichtungen aus den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte und eine Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz.

Als Begründung führen die Grünen an, dass die UN-Kinderrechtskonvention jedem Kind unteilbare Entwicklungs- und Förderrechte, Schutz- sowie Beteiligungsrechte garantiere – darunter ein Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit, ein Recht auf Bildung, sowie ein Recht auf Ruhe, Freizeit und Spiel. Nach den Zusatzprotokollen der Konvention sollen zudem "die Rekrutierung und der Einsatz von Kindersoldaten, Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornografie angeprangert und wirksam geächtet werden", so die Fraktion. Dennoch würden Kinderrechte "weltweit fortwährend verletzt".

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1068 vom 27.09.2019

Die Bundesregierung will durch das Nachjustieren von Bedingungen für das Baukindergeld Mitnahmeeffekte einschränken. Seit dem Frühjahr erhalten Familien die Förderung nicht, wenn sie Wohneigentum zwischen "Verwandten in gerader Linie" erwerben. So sollten der Förderzweck des Programms sichergestellt und bloße Mitnahmeeffekte vermieden werden, erklärt die Bundesregierung in der Antwort (19/13036) auf eine Kleine Anfrage (19/12564) der AfD-Fraktion. Der Bundesregierung liegen eigenen Angaben zufolge keine Informationen darüber vor, in wie vielen Fällen vorher Baukindergeld gewährt wurde, obwohl es um den Erwerb von Eigentum direkter Verwandter ging. Die Öffentlichkeit sei über die Änderungen hinreichend informiert worden, heißt es weiter.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1066 vom 27.09.2019

Die FDP-Fraktion hat sich für eine umfangreiche steuerliche Entlastung von Familien ausgesprochen. In einem Antrag (19/13461) heißt es, Familien hätten hohe finanzielle Lasten zu tragen. Das deutsche Steuerrecht spiegele dies an vielen Stellen jedoch nicht wider. Viele Regelungen würden Eltern sogar benachteiligen. Darüber hinaus seien viele Kinder- und Familienpauschalen seit Jahren nicht mehr angehoben worden. Es habe häufig nicht einmal einen Inflationsausgleich gegeben.

Die FDP-Fraktion fordert daher, den Kinderfreibetrag im haushaltsverträglichen Schritten an den Grundfreibetrag für Erwachsene anzugleichen, die steuerfreie Übernahme der Betreuungskosten auch von schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer zu ermöglichen, den Alleinerziehendenentlastungsbetrag auf 2.200 Euro (von derzeit 1.908 Euro) und den Erhöhungsbetrag je Kind auf 275 Euro (von derzeit 240 Euro) zu erhöhen und den Ausbildungsfreibetrag, der seit 2001 nicht mehr erhöht worden sei, von 924 auf 1.200 Euro zu erhöhen. Außerdem soll der Alleinerziehendenentlastungsbetrag in Zukunft regelmäßig angehoben werden, um Preissteigerungen auszugleichen. Zu den weiteren Forderungen gehört, den Ansatz des Ausbildungsfreibetrags auch für nicht volljährige Kinder in Berufsausbildung zu ermöglichen, den Ausbildungsfreibetrag regelmäßig anzuheben, um Preissteigerung auszugleichen, und die Kosten für die Kinderbetreuung vollständig steuerlich abzugsfähig zu machen.

In der Begründung des Antrags schreibt die FDP-Fraktion, dass der Kinderfreibetrag seit Jahren nur noch zum Teil an die Preisentwicklung angepasst werde. So werde lediglich das sächliche Existenzminimum erhöht, nicht jedoch der Freibetrag für den Betreuungs- und Ausbildungsbedarf des Kindes. Dieser sei zuletzt 2010 von 1.080 auf 1.320 Euro erhöht worden. "Hier besteht Nachholbedarf", heißt es in dem Antrag der FDP-Fraktion.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1053 vom 26.09.2019

Hierzu kommentiert das ZFF:
"Das ZFF fordert im Verbund mit vielen weiteren Verbänden die Einführung einer Kindergrundsicherung. Im Kern bedeutet dies für uns, dass die steuerlichen Freibeträge im Rahmen des Familienlastenausgleichs nicht einseitig ausgebaut, sondern in ihrer Wirkung in ein einheitliches Existenzminimum für alle Kinder und Jugendliche integriert werden. Damit stehen wir im Wiederspruch zu den von der FDP geforderten Maßnahmen: Nicht das Existenzminimum im Steuerrecht muss erhöht, sondern das Existenzminimum im Sozialrecht in der Form der Kinderregelsätze und des Bildungs- und Teilhabebedarfs muss ausbaut werden. Andernfalls droht die weitere Entkoppelung von armen Familien auf der einen und gut verdienenden auf der anderen Seite."

Experten aus Rechtswissenschaft und Politik äußerten sich besorgt über das weltweit wachsende Phänomen der Straflosigkeit angesichts einer steigenden Zahl von Konflikten und kriegerischen Auseinandersetzungen. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe am Mittwochnachmittag zum Thema Straflosigkeit standen neben der Frage nach Ursachen und Gegenmaßnahmen vor allem auch die Rolle der internationalen Strafgerichtsbarkeit im Fokus.

So betonte Christoph Flügge, ehemaliger Richter am Internationalen Strafgerichtshof für das frühere Jugoslawien und am UN-Residual-Mechanismus, die Gründung von internationalen Gerichtshöfen zur Ahndung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit stelle einen "zivilisatorischen und rechtspolitischen Fortschritt" dar. Trotz Schwierigkeiten und Kritik sei die internationale Strafgerichtsbarkeit heute ein "ernstzunehmender Faktor". Sich für ihren Fortbestand und ihre Weiterentwicklung einzusetzen, müsse "Verpflichtung für alle Rechtsstaaten" sein. So gelte es vor allem den Internationalen Gerichtshof (IStGH) in Den Haag zu stärken und seine Arbeit zu verbessern, "wenn man die Forderung nach einem Ende der Straflosigkeit ernst meint". Dieser sei in einer "schweren Krise", sagte Flügge. Die Weigerung der Mitwirkung von Staaten wie den USA, Russland und Indien habe das Gericht von Anfang an geschwächt. Es leide bis heute an seiner beschränkten Zuständigkeit. Um es zu stärken, müsse vor allem die Arbeit der Anklagebehörde des Gerichts verbessert werden.

Anna von Gall, Expertin für "Frauen, Frieden und Sicherheit" sowie "sexualisierte und geschlechterspezifische Gewalt in Konflikten" wies zunächst auf die Notwendigkeit einer geschlechtersensiblen Perspektive bei allen Ermittlungen zu Menschrechtsverstößen nach dem Völkerstrafgesetzbuch hin. Zudem müssten, um Straflosigkeit zu bekämpfen, insbesondere Menschenrechtsverteidiger angemessen geschützt werden. In diesem Zusammenhang habe sich Deutschland auch die Konsequenzen seiner Rüstungsexporte für den Schutz von Menschenrechtsverteidigern bewusst zu machen.

Zygimantas Pavilionis, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Europäische Angelegenheiten des litauischen Parlaments, warb dafür, dass neben Litauen, Estland oder Großbritannien noch mehr europäische Staaten an dem US-amerikanischen "Magnitzky Act" orientierte Gesetze verabschieden, um Menschenrechtsverletzer wirksam zu bestrafen. Wenn solchen Tätern die Einreise verweigert werde oder ihre Konten eingefroren würde, sei das ein "echte Bedrohung", sagte Pavilionis. Mit der europaweiten Harmonisierung von "Schwarzen Listen" etwa könne man ein klares Signal für Demokratie, die Einhaltung von Menschenrechten und die Bekämpfung von Straflosigkeit setzen.

Christoph Safferling, Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht und Völkerrecht an der Universität Erlangen-Nürnberg, unterstrich die Bedeutung eines internationalen Strafjustizsystems, um Straflosigkeit zu beenden. Dieses System könne nicht allein auf einer Institution wie dem Internationalen Strafgerichtshof basieren, sondern müsse nationale Strafrechtssysteme miteinbeziehen. Der IStGH sei aber als Vorbild und Symbol besonders wichtig. In dieser Hinsicht sprach sich auch Safferling für eine Stärkung des Gerichtshofes aus. Seine aktuelle Krise beruhe unter anderem auch auf der Unvereinbarkeit zweier sehr unterschiedlicher Rechtssysteme – dem Völkerrecht und dem Strafrecht. Künftig brauche es mehr ausgewiesene Strafrechtsexperten am Gericht. Auch die Verfahrensordnung sei "rudimentär". Das Gericht müsse dabei unterstützt werden, bestehende Lücken zu schließen.

Omar Shatz, Dozent für Völkerrecht an den Hochschulen Science Po Paris und Science Po in Bordeaux, lenkte den Blick auf die Straflosigkeit und die Probleme internationaler Strafgerichtsbarkeit im Fall Libyen. Aufgrund der Zusammenarbeit von EU und libyscher Küstenwache in der Migrationspolitik fänden kaum Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofes statt, obwohl die Verbrechen gegen "Migranten im Transit" gut dokumentiert seien. "Tötungen und Folter seien weitverbreitet, Libyen sei ein Marktplatz für Menschenhandel" geworden, zitierte Shatz die Chefanklägerin des IStGH, Fatou Bensouda. Beweismitteln zufolge, die dem Gerichtshof vorlägen, seien "EU-Vertreter, einschließlich Vertreter der Bundesrepublik Deutschland, beteiligt an den Verbrechen gegen die Menschlichkeit" aufgrund ihrer Zusammenarbeit in der Migrationspolitik.

Carsten Stahn, Professor für Internationales Strafrecht und Globale Gerechtigkeit an der Universität Leiden, betonte die "historische Verantwortung" Deutschlands für die Bekämpfung von Straflosigkeit. Das Strafrecht dürfe dabei aber in seiner Wirkung nicht überstrapaziert werden. Es sei ein "mühsames und nicht immer das beste Mittel", um Konflikte zu lösen. Stahn plädierte für eine stärkere Kooperation zwischen internationalem Menschenrechtsschutz und internationaler Strafgerichtsbarkeit. Deren Institutionen in New York, Genf und Den Haag überschnitten sich in ihrer Arbeit bislang entweder zu sehr oder arbeiteten in unterschiedliche Richtungen. Es gelte sicherzustellen, dass sie sich besser ergänzen. Stahn unterstrich zudem den engen Zusammenhang von Straflosigkeit und der Bekämpfung von Korruption.

Alfred M. de Zayas, Professor für Internationales Recht an der Geneva School of Diplomacy and Internationale Relations, gab zu bedenken, dass bei der Bekämpfung von Straflosigkeit auch die Prävention von Kriegen eine wichtige Rolle spiele. Straflosigkeit von Kriegsverbrechern und Kriegstreibern sei "inakzeptabel". Dringender als die Strafverfolgung sei aber, für Reparation und Rehabilitation der Opfer zu sorgen. Ein zentrales Problem der Ahndung von Verbrechen stelle zudem die Selektivität der Ermittlungen dar, so de Zayas. Viele Beobachter seien überzeugt, dass der IStGH erst "Glaubwürdigkeit erlangen" werde, wenn nicht nur "afrikanische, sondern auch Verbrecher in anderen Teilen der Welt" angeklagt werden. Die Glaubwürdigkeit des Gerichts leide auch, wenn Verbrechen in Jemen oder in Guantánamo nicht geahndet würden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1052 vom 26.09.2019

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will bei künftigen Bundestagswahlen auch 16- und 17-Jährigen das aktive Wahlrecht einräumen. Dies geht aus einem Gesetzentwurf der Fraktion zur Änderung des Grundgesetzes (19/13512) hervor, der am Freitag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Danach soll im Grundgesetz-Artikel 38 Absatz 2 die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht vom vollendeten 18. auf das vollendete 16. Lebensjahr gesenkt werden.

In der Begründung bezeichnet die Fraktion die Ermöglichung des aktiven Wahlrechts auch für 16- und 17-Jährige bei Bundestagswahlen als "unverzichtbare Voraussetzung für eine stärkere Partizipation von Jugendlichen". Das Ausschließen jugendlicher Staatsbürger unter 18 Jahren von den Bundestagwahlen stelle einen Eingriff in den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl dar. Auch sei die mit dem derzeitigen Ausschluss der 16- und 17-Jährigen vom aktiven Wahlrecht verbundene Ungleichbehandlung nicht hinreichend gerechtfertigt. Sie besäßen "die zur aktiven Teilnahme an der Wahl zum Deutschen Bundestag notwendige Reife und Vernunft".

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1050 vom 26.09.2019

Die Fraktion Die Linke plädiert für eine erhebliche Verschärfung der Mietregeln. Die bisher von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen würden dem Ausmaß der Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht gerecht, begründen die Abgeordneten ihren Vorstoß in einem Antrag (19/13502). "Angemessener und vor allem bezahlbarer Wohnraum ist ein elementares Gut und Voraussetzung für ein würdiges Leben und gesellschaftliche Teilhabe."

Die Abgeordneten fordern konkret, die zulässige Höchstmiete bei Neu- und Wiedervermietungen bundesweit auf die örtsübliche Vergleichsmiete beziehungsweise die niedrigere Vormiete abzusenken. Die Kappungsgrenzen für Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete sollten nach der Maßgabe abgesenkt werden, dass Mieterhöhungen nur im Rahmen des Inflationsausgleichs, höchstens jedoch um zwei Prozent im Jahr, erfolgen dürfen. Eine Neuregelung der Mietspiegel müsse beinhalten, dass alle Entgelte für Mietwohnungen in einer Kommune in deren Berechnung einbezogen und qualifizierte Mietspiegel als rechtsverbindliches Instrument zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete ausgestaltet werden, heißt es weiter.

Darüber hinaus sollten Bundesländer ermutigt werden, in besonders angespannten Wohnungsmärkten Mietendeckel einzuführen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1052 vom 26.09.2019

Für eine Verbesserung der Qualität von familiengerichtlichen Verfahren haben sich die Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz am Mittwoch ausgesprochen. Anlass war ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/8568), demzufolge der Bundestag die Bundesregierung auffordern soll, die Qualifizierung von Richterinnen und Richtern gesetzlich zu verankern.

In der Anhörung bestätigten die Experten mehrheitlich den von den Antragstellern gesehenen Reformbedarf und machten Vorschläge, wie die Kinderrechte vor Familiengerichten besser durchgesetzt werden könnten.

So erklärte Rüdiger Ernst, Vorsitzender Richter am Kammergericht Berlin und Mitglied der Kinderrechtekommission des Deutschen Familiengerichtstags, eine Qualitätssicherung im familiengerichtlichen Verfahren sei deshalb vordringlich, weil Minderjährige betroffen seien. Das rechtspolitische Vorhaben, Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz zu verankern, brauche eine Flankierung in der Gerichtsverfassung, in der Ausgestaltung des Verfahrens und in der Qualifikation der Familienrichterinnen und Familienrichter. Eine vergleichsweise einfache Abhilfemöglichkeit sieht Ernst in der Schaffung von e-learning-Angeboten.

Stefan Heilmann, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Frankfurt am Main (1. Familiensenat), begrüßte es, dass der Bundestag sich erneut der Qualitätssicherung im kindschaftsrechtlichen Verfahren annimmt. Familienrichter entschieden über das Schicksal von Kindern, Eltern und Familien und agierten in einem Rechtsgebiet, in dem es dringend geboten sei, die Risiken fehlerhafter Verfahrensführung und falscher gerichtlicher Entscheidungen so weit wie möglich zu minimieren. Eine Möglichkeit sei die Erhöhung der Eingangsvoraussetzungen für Richter und die Einführung einer gesetzlichen Fortbildungsverpflichtung.

Heilmanns Kollegin Gudrun Lies-Benachib, ebenfalls Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Frankfurt (2. Familiensenat) befasste sich in ihrem Statement ausführlich mit der Richterausbildung. Bezüglich des Familienrechts würden – anders als im Straf- und Zivilrecht – bereits in der universitären Ausbildung Versäumnisse sichtbar, die im juristischen Vorbereitungsdienst nicht ausgeglichen würden. Hier zeige sich besonders eindrucksvoll, dass das bestehende Ausbildungssystem und die bestehende Gerichtsverfassung schon strukturell die Anforderungen an einen funktionierenden Rechtsstaat im Familiengericht nicht erfüllen. Die Schäden, die Kinder dadurch erleiden können, seien teilweise irreversibel.

Carsten Löbbert, Präsident des Amtsgerichts Lübeck und Bundessprecher der Neuen Richtervereinigung, pflichtete Lies-Benachib bei. Um die vielfältigen Fragestellungen, die an Familiengerichte herangetragen werden, verantwortlich entscheiden zu können, reichten gute juristische Kenntnisse nicht aus. Erforderlich seien besondere Kenntnisse und Fähigkeiten unter anderem in der Gesprächs- und Verhandlungsführung, der Entwicklungspsychologie, der Erwachsenen- wie Kinder und Jugendpsychiatrie, der Pädagogik und des Jugendhilfesystems. Jedoch gebe es weder in der juristischen Ausbildung noch in der gerichtlichen Praxis ein System, das solche Kenntnisse Familienrichtern und -richterinnen vermittelt.

Aus Sicht von Joachim Lüblinghoff, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Hamm und Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Richterbunds, besteht schon jetzt eine Fortbildungspflicht für Richterinnen und Richter. Die gegenteilige Annahme im Antrag der Grünen treffe nicht zu. Diese Pflicht lasse sich eindeutig den richterlichen Eidesnormen entnehmen. Klarer als in der Formel, wonach ein Richter sein Amt nach bestem Wissen und Gewissen ausüben wird, könne eine Fortbildungspflicht kaum normiert werden, erklärte Lüblinghoff. Wichtig sei demgegenüber, das Recht auf kostenfreie Fortbildung zu regeln.

Auch Jürgen Schmid, Richter am Amtsgericht München, konstatierte in seiner Stellungnahme eine Verbesserung im Kinderschutz. So sei es zu begrüßen, wenn Kinder im familiengerichtlichen Verfahren in altersangemessener Weise angehört werden. Sie sollten jedoch auf keinen Fall den Verfahrensbeistand ablehnen oder wechseln können. Eine Fortbildungspflicht ohne konkrete Vorgaben für Richter nebst Fortbildungsförderung durch die Justizbehörden gebe es bereits in Bayern, erklärte Schmid. Er gab zu bedenken, dass besondere Eingangsvoraussetzungen für Familienrichter und -richterinnen die Stellenbesetzung im Geschäftsverteilungsplan erheblich erschweren könnten.

Für Johannes Hildebrandt, Fachanwalt für Familienrecht aus Schwabach, geht der Antrag nicht weit genug. Aus anwaltlicher Sicht seien die strukturellen Probleme größer und komplexer als im Antrag beschrieben, und die Auswirkungen fehlerhafter Verfahrensabläufe seien in vielen Fällen gravierend und in nicht wenigen Fällen tatsächlich verheerend. Dies betreffe auch das schwindende Vertrauen der rechtsuchenden Bevölkerung in die beteiligten Akteure, namentlich in das Jugendamt, aber auch in die Gerichte. Die Jugendämter dürften nicht länger die eigentlichen "Herren des Verfahrens" sein.

Gerd Riedmeier, Sprecher der Interessengemeinschaft Jungen, Männer und Väter, begrüßte zwar den im Antrag zum Ausdruck kommenden Reformwillen, die nötigen Verbesserungen im Familienrecht würden damit aber nicht erreicht. Der Antrag laufe Gefahr, als reine Symbolpolitik wahrgenommen zu werden. Er ignoriere die Tatsache, dass 40 Prozent der Kinder in Nachtrennungsfamilien vollständigen Kontaktabbruch zu einem Elternteil erlitten, meist zu ihren Vätern.

Bei den Fragen der Abgeordneten ging es unter anderem um die Einführung einer eigenen Familienfachgerichtsbarkeit, Probleme bei der gerichtlichen Anhörung von Kindern, die Vereinbarkeit einer Fortbildungspflicht mit der richterlichen Unabhängigkeit und die Rolle der Verfahrensbeistände.

Laut Antrag der Grünen soll im Deutschen Richtergesetz das Recht und die Pflicht für Richterinnen und Richter aufgenommen werden, sich zur Erhaltung und Fortentwicklung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten fortzubilden nebst einer Verpflichtung der Dienstherren, dies durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen. In das Gerichtsverfassungsgesetz sollen spezifische qualitative Eingangsvoraussetzungen für Familienrichter und -richterinnen aufgenommen werden. Zur Begründung heißt es in dem Antrag, die Verbesserung der Qualität des familiengerichtlichen Verfahrens sei ein seit langem dringliches und allseits unterstütztes Vorhaben. Es gelte, unbeschadet des hohen Engagements der Richterinnen und Richter, endlich die nötigen strukturellen Veränderungen ins Werk zu setzen. Die Bundesregierung sei hier trotz eines einstimmigen Beschlusses des Bundestages vom Juli 2016 nach wie vor untätig.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1043 vom 25.09.2019

Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD haben deutlich gemacht, dass sie an der Reform der Grundsteuer festhalten und den Gesetzgebungsprozess bis zum Ende dieses Jahres abschließen wollen. Dies wurde in einer von der Vorsitzenden Bettina Stark-Watzinger (FDP) geleiteten Sitzung des Finanzausschusses am Mittwoch deutlich. Dabei ging es um drei Gesetzentwürfe der Koalitionsfraktionen zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts und zur Änderung des Grundgesetzes (19/11085, 19/11084) sowie den Entwurf zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung (19/11086), der einen erhöhten, einheitlichen Hebesatz auf baureife Grundstücke ermöglicht. Für die Erhebung der Grundsteuer soll in Zukunft nicht allein auf den Bodenwert zurückgegriffen werden, sondern es sollen auch Erträge wie Mieteinnahmen berücksichtigt werden. Für die Bundesländer ist eine Öffnungsklausel vorgesehen. Auch in Zukunft werden die Gemeinden die Höhe der Grundsteuer mit örtlichen Hebesätzen bestimmen können.

Die CDU/CSU-Fraktion bezeichnete Annahmen, das Paket könnte noch einmal komplett aufgeschnürt werden, als unrealistisch. Das Paket gebe den Kommunen Rechtssicherheit. Diesen Aspekt betonte auch die SPD-Fraktion, die die Grundsteuerreform als "große Sache" bezeichnete und darauf hinwies, dass die Grundsteuer vereinfacht und leichter handhabbar werde. Die Fraktion hob auch die Bedeutung der "Grundsteuer C" hervor, durch deren Einführung die Bebauung von baureifen Grundstücken beschleunigt werden soll.

Die AfD-Fraktion bezeichnete dagegen den Gesetzentwurf als "zusammengeschustert". Die von der CDU/CSU erwartete Rechtssicherheit werde es nicht geben, wie die öffentliche Anhörung zu dem Themenkomplex gezeigt habe. Für die FDP-Fraktion zeigt der Bedarf von 2.000 bis 3.000 neuen Stellen in der Finanzverwaltung für die Grundsteuerreform, dass es keine Vereinfachung geben werde. Auch die Länderöffnungsklausel werde ins Leere laufen. Ebenfalls Bedenken äußerte die Linksfraktion. Die öffentliche Anhörung habe gezeigt, dass es zu einer niedrigeren Bewertung hochwertiger Immobilien kommen könnte. Dies könne vermieden werden, wenn der Verkehrswert der Immobilien zur Berechnung der Grundsteuer herangezogen werde. Zudem müsse die Umlagemöglichkeit der Steuer auf die Mieter gestrichen werden.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangte, das Gesetz jetzt auf den Weg zu bringen, weil die Kommunen Planungssicherheit bräuchten. Die Alternativen zum jetzt vorliegenden Modell seien "kaum weniger einfach", erklärte die Fraktion mit Blick auf das diskutierte Länderfreigabemodell. Ein solches Freigabemodell wird auch von der Bundesregierung abgelehnt. Das Modell bedeute, dass die Länder gezwungen wären, innerhalb von zwei Monaten eigene Grundsteuergesetze zu verabschieden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1041 vom 25.09.2019

Die von der Bundesregierung geplante Dynamisierung beim Wohngeld hat die Zustimmung von Experten gefunden. Allerdings fordern sie mehrheitlich eine automatische Anpassung in jedem und nicht in jedem zweiten Jahr. Dies zeigte sich bei einer Anhörung zum Gesetzentwurf zur Stärkung des Wohngeldes (19/10816, 19/11696) im Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen unter der Leitung von Mechthild Heil (CDU/CSU). Bei der Sitzung ging es auch um zwei Anträge der Fraktionen von FDP (19/11107) und Die Linke (19/10752).

Das Wohngeld sei zuletzt zum Jahresbeginn 2016 angepasst worden, begründet die Bundesregierung ihren Vorstoß. Nun soll das Leistungsniveau zum 1. Januar 2020 angehoben werden. Die Reichweite soll so ausgeweitet werden, dass die Zahl der Empfänger im nächsten Jahr nicht nur rund 480.000 Haushalte umfasst, wie es ohne Reform der Fall wäre, sondern circa 660.000 Haushalte.

Die FDP-Fraktion fordert, das Wohngeld mit weiteren steuerfinanzierten Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld II, Kosten der Unterkunft und Heizung sowie Kinderzuschlag zu einer einheitlichen Sozialleistung zusammenzuführen. Die Linke drängt auf eine stärkere Wohngelderhöhung und will, dass Anspruchsberechtigte künftig nicht mehr als 30 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens für die Bruttowarmmiete oder für die Belastung durch Wohneigentum ausgeben müssen.

Kerstin Bruckmeier vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit bewertete die FDP-Vorstellungen als positiv. Sie mahnte an, es sei eine verbesserte Abstimmung zwischen den bedarfsgeprüften Leistungen Arbeitslosengeld II, Wohngeld und Kinderzuschlag notwendig – und zwar nicht nur mit Blick auf die Arbeitsanreize, sondern auch zur Reduzierung der Kosten für die Inanspruchnahme. Um Bürokratiekosten zu senken und die Transparenz für die Betroffenen zu erhöhen, seien sozialrechtliche Vereinfachungen und Harmonisierungen bei Leistungen und Anspruchsprüfungen erforderlich.

Ingeborg Esser vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) begrüßte die Dynamisierungsregelung als einen ersten und wichtigen Schritt. Sie verwies auf einen "Drehtüreffekt": Viele Haushalte müssten durch die fehlende Anpassung des Wohngeldes in andere Leistungssysteme wechseln. Eine Klimakomponente müsse in die Berechnungen des Niveaus einfließen, wenn die Details über Maßnahmen der Regierung bekannt seien. Bis dahin sollten zumindest die Heizkosten berücksichtigt werden.

Auch Birgit Fix (Deutscher Caritasverband) hob die beabsichtigte regelhafte Dynamisierung des Wohngeldes hervor. Dadurch müssten steigende Wohnkosten nicht zum Anspruchsverlust oder zum Systemwechsel führen. Sie begrüßte die vorgesehene Anhebung der Höchstbeträge für Mieten und Belastungen nach Mietstufen sowie die Einführung einer neuen Mietstufe VII grundsätzlich, bezweifelte jedoch, dass die Obergrenzen das Mietniveau realistisch abbilden. Auch sie forderte die Einführung einer Heizkostenkomponente, durch welche die entsprechenden Preisentwicklungen transparent nachvollziehbar würden.

Maximilian Fuhrmann vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte die Stärkung des Wohngeldes als wichtiges sozialpolitisches Instrument, das verhindere, dass Menschen in die Grundsicherung abrutschen. Um diesem Abrutschen wirksamer präventiv begegnen zu können, sei aber eine Entschärfung der Anrechnung von Erwerbseinkommen beim Wohngeld vonnöten. Außerdem sei die öffentliche Hand gefordert, den Bestand an preisgebundenen Wohnungen stark zu erhöhen. Dafür müssten Bund und Länder jedes Jahr gemeinsam sieben Milliarden Euro an Fördergeld bereitstellen. Zudem sei es erforderlich, den Mietmarkt stärker zu regulieren. Wohngeld sei kein Ersatz für eine soziale Wohnungspolitik.

Gerold Happ (Haus & Grund Deutschland) sprach angesichts der Wohnungsmarktsituation von einer dringend gebotenen Reform. Sie sei ein wichtiger Schritt, um das Leistungsniveau zu stärken und die Reichweite des Wohngeldes dauerhaft zu erhöhen. Das Wohngeld sei eine sozial- und marktgerechte Option. Demgegenüber hätten die bisher im Fokus stehenden Änderungen im Mietrecht das Potenzial, dem Mietwohnungsmarkt in Deutschland zum Nachteil von Mietern und Vermietern einen ernsthaften Schaden zuzufügen. Das Wohngeld wird nach seiner Darstellung von den Berechtigten noch viel zu wenig genutzt.

Für Ralph Henger vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) stellt die angepeilte Reform eine sinnvolle Verbesserung der Wohngeldleistungen dar. Die Parameter des Wohngeldes würden sachgerecht an die Veränderungen im deutschen Wohnungsmarkt seit der letzten Reform 2016 angepasst. Besonders positiv hervorzuheben sei die beabsichtigte automatische Anpassung des Wohngeldes an die Entwicklung der Verbraucherpreise und Mieten. Er kritisierte indes, dass die bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der Grundsicherung und dem Wohngeld bestehen blieben.

Sebastian Klöppel begrüßte für die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände die vorgesehene Erhöhung des Leistungsniveaus beim Wohngeld und insbesondere die Dynamisierungsregelung. Dadurch könne dem entgegengewirkt werden, dass wohngeldbeziehende Haushalte wie bislang nach und nach wieder in die anderen Sozialsicherungssysteme abgewandert seien. Durch die Dynamisierung werde allerdings nur die Schwächung des Wohngelds verhindert, nicht aber eine echte Stärkung erreicht.

Franz Michel, Verbraucherzentrale Bundesverband, begrüßte die vorgesehene Stärkung des Wohngeldes, da die Zahl der Empfänger seit der letzten Reform 2016 stark zurückgegangen sei. Er plädierte dafür, das geplante Gesetz an den aktuellen Gegebenheiten des Immobilienmarktes und den jährlichen Entwicklungen der Einkommens- und Verbraucherpreise auszurichten. Ansonsten drohe die Reform nach kurzer Zeit zu verpuffen. Er drängte zudem darauf, dynamische Heizkosten- und Energiekostenkomponenten sowie eine Klimakomponente im Rahmen energetischer Sanierungen einzuführen.

Für Lukas Siebenkotten, Deutscher Mieterbund, ist die von ihm ausdrücklich begrüßte Wohngeldreform längst überfällig. Klarzustellen sei, dass der Gesetzentwurf keine echte Stärkung des Wohngeldes beinhalte. Vielmehr werde allenfalls angestrebt, die Entlastungswirkung des Wohngeldes – Stand 2016 – wiederherzustellen und die systembedingte Negativwirkung seit der letzten Wohngeldreform abzufangen. Ob das allerdings mit dem Gesetzentwurf wirklich erreicht werde, sei infrage zu stellen. Die Berücksichtigung der Heizkosten wäre für ihn ein kurzfristiger Ansatz, in einer Klimakomponente einzusteigen. Auf Dauer müssten aber auch Mietaufschläge wegen energetischer Sanierung berücksichtigt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1041 vom 25.09.2019

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf für bessere Löhne in der Pflege (19/13395) vorgelegt. Die Pflegekassen könnten ihren gesetzlichen Auftrag nur erfüllen, wenn genügend Pflegekräfte zur Verfügung stehen. Da schon heute viele Stellen unbesetzt seien, müsse es ein wesentliches sozialpolitisches Anliegen sein, den Pflegeberuf wieder attraktiver zu gestalten, schreibt die Regierung zur Begründung.

Um bessere Löhne in der Pflegebranche, vor allem in der Altenpflege, durchzusetzen, schlägt sie zwei Möglichkeiten vor: Zum einen über einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag, die sogenannte Tarifvertragslösung. Zum anderen über die Festlegung eines Mindestlohns durch eine dafür eingesetzte Kommission, die sogenannte Kommissionslösung. Für beide Wege müssen entsprechende Vorgaben des Arbeitnehmerentsendegesetzes (AEntG), die Paragrafen 7 und 12, geändert werden.

Bei der Tarifvertragslösung schließen die Tarifpartner einen flächendeckenden Tarifvertrag ab, den das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) auf Grundlage des AEntG dann für allgemeinverbindlich erklärt. Da in der Branche viele kirchliche Träger aktiv sind, war es im Vorfeld umstritten, wie deren Selbstbestimmungsrecht gewahrt werden soll. Dies soll nun dadurch sichergestellt werden, dass vor Abschluss eines Tarifvertrages die kirchlichen Pflegelohn-Kommissionen angehört werden müssen. Mindestens zwei Kommissionen repräsentativer Religionsgemeinschaften müssen zustimmen, damit die Tarifpartner die Ausdehnung des Tarifvertrages auf die gesamte Branche beantragen können.

Bei der Kommissionslösung wird über höhere Lohnuntergrenzen die Bezahlung in der Pflege insgesamt angehoben. Eine künftig dauerhaft installierte und paritätisch besetzte Pflegekommission soll dafür Vorschläge erarbeiten. Diese Mindestlöhne kann das BMAS dann allgemeinverbindlich für die ganze Branche, einheitlich in Ost- und Westdeutschland, festlegen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1038 vom 25.09.2019

Die Bundesregierung will Kinder von pflegebedürftigen Eltern finanziell entlasten. Dazu hat sie einen entsprechenden Gesetzentwurf (19/13399) vorgelegt, der vorsieht, Kinder und Eltern, die gegenüber Beziehern von Sozialhilfe (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch, SGB XII) unterhaltsverpflichtet sind, zu entlasten. Die Entwurf sieht vor, die Unterhaltsheranziehung von Eltern und Kindern mit einem jeweiligen Jahresbruttoeinkommen von bis zu einschließlich 100.000 Euro in der Sozialhilfe auszuschließen. Das bedeutet, dass auf das Einkommen der Kinder von pflegebedürftigen Eltern, die die sogenannte Hilfe zur Pflege erhalten, erst ab einer Höhe ab 100.000 Euro zurückgegriffen werden kann. Umgekehrt soll dies auch für Eltern mit volljährigen, pflegebedürftigen Kindern gelten. Damit werde ein Signal gesetzt, dass die Gesellschaft die Belastungen von Angehörigen, zum Beispiel bei der Unterstützung von Pflegebedürftigen, anerkennt und eine solidarische Entlastung erfolgt, schreibt die Regierung. Der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe wird damit erheblich eingeschränkt. Gleichzeitig wird die Beschränkung des Unterhaltsrückgriffs auch auf die anderen Leistungen des SGB XII ausgedehnt, soweit keine minderjährigen Kinder betroffen sind.

Die Begrenzung des Unterhaltsrückgriffs soll ferner auch in der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX (Neuntes Buch Sozialgesetzbuch) durch einen Verzicht auf Elternbeiträge bei volljährigen Leistungsbeziehern gelten. So soll vermieden werden, dass die aus dem SBG XII herausgelöste neue Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen gegenüber Leistungen der Sozialhilfe schlechtergestellt wird.

Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf weitere Vorgaben, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Diese sollen, sofern sie im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig sind, künftig auch einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten. Damit wird eine Rechtssprechung der Sozialgerichte nachvollzogen. Außerdem soll die Projektförderung für eine unabhängige Teilhabeberatung dauerhaft sichergestellt werden. Menschen, die in Werkstätten für behinderte Menschen arbeiten, sollen künftig mit einem Budget für Ausbildung gefördert werden, wenn sie eine nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder nach dem Gesetz zur Ordnung des Handwerks (HwO) anerkannte Berufsausbildung erwerben wollen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1037 vom 25.09.2019

Mit einer Impfpflicht für Kinder in Gemeinschaftseinrichtungen will die Bundesregierung die Masern effektiver bekämpfen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/13452) sieht einen verpflichtenden Impfschutz gegen die hochansteckende Virusinfektion in Kitas, Schulen und der Kindertagespflege vor.

Vor der Aufnahme in solche Gemeinschaftseinrichtungen müssen alle Kinder künftig nachweisen, dass sie wirksam gegen Masern geimpft worden sind. Auch Mitarbeiter solcher Einrichtungen sowie medizinisches Personal müssen einen vollständigen Impfschutz nachweisen. Die Masern-Impfung entfaltet ihre volle Schutzwirkung nach zwei Impfdosen.

Auch in Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkünften sollen die Bewohner und Mitarbeiter Masern-Impfungen nachweisen. Für Menschen mit medizinischen Kontraindikationen und Personen, die vor 1970 geboren sind, gilt die Impfpflicht nicht. Wer Masern hatte, muss auch nicht mehr immunisiert werden, denn der Körper ist dann dauerhaft vor Masernviren geschützt.

Kinder, die bereits in einer Gemeinschaftseinrichtung untergebracht sind und Mitarbeiter müssen den Impfnachweis bis Ende Juli 2021 erbringen. Kinder ohne Masernimpfung können vom Besuch einer Kindertagesstätte ausgeschlossen werden. Das Gesetz soll am 1. März 2020 in Kraft treten.

Der Gesetzentwurf sieht ferner vor, dass gegen Eltern, die ihre in Gemeinschaftseinrichtungen betreuten Kinder nicht impfen lassen, ein Bußgeld in Höhe von bis zu 2.500 Euro verhängt werden kann. Auch gegen Kindertagesstätten kann ein Bußgeld ergehen, wenn nicht geimpfte Kinder betreut werden. Dasselbe gilt für nicht geimpfte Mitarbeiter in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen sowie Asylbewerberunterkünften und für nicht geimpfte Bewohner dieser Unterkünfte.

Die Krankenkassen werden dazu verpflichtet, mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) Vereinbarungen über die Erstattung der Impfkosten treffen. Damit sollen wieder verstärkt freiwillige Reihenimpfungen in Schulen ermöglicht werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1037 vom 25.09.2019

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (19/13077) ein Recht auf Homeoffice. Ein solches Recht würde aus einem Privileg eine Möglichkeit für viele machen, soweit es mit der jeweiligen Arbeit vereinbar sei, schreiben die Grünen. Das von ihnen geforderte Gesetz soll festlegen, dass das Homeoffice immer alternierend als Ergänzung zum festen Arbeitsplatz ist, damit die Beschäftigten weiterhin in die Arbeitsabläufe eingebunden sind. Arbeitgeber sollen Homeoffice und mobiles Arbeiten auch ablehnen können, wenn "wichtige und nachvollziehbare" Gründe dagegen sprechen. Für Beschäftigte im Homeoffice sollen Arbeitsschutz- und Arbeitszeitgesetze ebenso gelten, die Erreichbarkeit soll mit der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit geregelt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1019 vom 19.09.2019

Zum Stichtag 31. Dezember 2018 erzielten 4,14 Millionen oder 19,3 Prozent der Vollzeitbeschäftigen der Kerngruppe (ohne Auszubildende) ein Entgelt im Niedriglohnbereich. Die bundesweite Schwelle dafür liegt derzeit bei 2.203 Euro brutto im Monat. Das geht aus der Antwort (19/12832) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/12290) der Fraktion Die Linke hervor. In der Antwort heißt es weiter, dass es Ende 2018 knapp 4,8 Millionen ausschließlich geringfügig Beschäftigte in Deutschland gab und dass das Medianentgelt für sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte im Dezember 2018 bei 3.304 Euro brutto lag.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 981 vom 09.09.2019

Mit dem Baukindergeld befasst sich die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/12843). 2019 hätten sich die Förderbedingungen geändert. Dies sei für viele Bürger überraschend gekommen und habe die Finanzierungspläne einiger Familien grundlegend geändert. Die Abgeordneten erkundigen sich nach der Zahl der Anträge bei der KfW und abgelehnten Anträgen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 980 vom 09.09.2019

Die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland hat sich seit 2006 nahezu halbiert. Wie aus der Antwort (19/12786) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/12348) der Fraktion Die Linke hervorgeht, sank die Zahl der gebundenen Mietwohnungen von rund 2,094 Millionen im Jahr 2006 auf 1,176 Millionen im Jahr 2018.

In der Antwort liefert die Bundesregierung weiteres umfangreiches Daten- und Zahlenmaterial zum Wohnungsmarkt in Deutschland – beispielsweise zur Mietenentwicklung bundesweit und auf Ballungsräume sowie Regionen bezogen, zur Entwicklung der Wohnkostenbelastung und zum Wohnungsbestand des Bundes. Aufgeführt werden außerdem etwa die 15 größten Wohnungsunternehmen Deutschlands.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 971 vom 05.09.2019

Daten des European Institute for Gender Equality ausgewertet – Frauenanteil in höchsten Kontroll- beziehungsweise Entscheidungsgremien ist in europäischen Ländern mit Geschlechterquoten und harten Sanktionen auf knapp 40 Prozent gestiegen – Entwicklung in Ländern mit moderaten Sanktionen wie Deutschland deutlich langsamer – Freiwillige Selbstverpflichtungen helfen fast gar nicht

Von freiwilligen Selbstverpflichtungen zur Erhöhung des Frauenanteils in Spitzengremien der Privatwirtschaft oder sanktionslosen Geschlechterquoten ist wenig zu erwarten. Das ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Demnach ist der Erfolg einer Geschlechterquote eindeutig damit verbunden, wie genau diese ausgestaltet ist. Drohen den Unternehmen bei Nichteinhaltung der Quote harte Sanktionen, wie beispielsweise in Norwegen die Zwangsauflösung oder hohe Geldstrafen, steigt der Frauenanteil deutlich stärker als in Ländern mit moderaten Sanktionen wie Deutschland. Eine völlig sanktionslose Quote ist derweil immer noch wirkungsvoller als gar keine Quote oder eine bloße Empfehlung zur freiwilligen Erhöhung des Frauenanteils.

„Geschlechterquoten wirken tatsächlich, und zwar umso mehr, je strikter sie ausgelegt sind“, sagt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am DIW Berlin. „Oft wird das noch immer bestritten und auf die Eigeninitiative der Unternehmen vertraut. Wenn es um Quotenregelungen auch für andere Bereiche wie Politik, Wissenschaft oder Medien geht, sollte also allen Beteiligten klar sein, dass von freiwilligen Selbstverpflichtungen oder Quoten ohne Sanktionen nicht sehr viel zu erwarten ist“, so Wrohlich.

Norwegen ist Vorreiter und hat höchsten Frauenanteil – dank harter Sanktionen

Für die Studie hat Katharina Wrohlich gemeinsam mit Paula Arndt Daten des European Institute for Gender Equality (EIGE) beziehungsweise der Datenbank „Women and Men in Decision Making“ seit dem Jahr 2003 ausgewertet. Damals hat Norwegen als erstes Land eine verbindliche Geschlechterquote für hohe Führungspositionen in börsennotierten Unternehmen und Unternehmen im Staatsbesitz eingeführt. Seitdem hat sich der Frauenanteil dort mehr als verdoppelt (von 20 auf 41 Prozent). In Norwegen drohen harte Sanktionen, wenn sich die Unternehmen nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten, genau wie in Frankreich, Belgien und Italien. Im Durchschnitt liegt der Frauenanteil in Spitzengremien großer Unternehmen in dieser Ländergruppe heute bei 39 Prozent. 16 Jahre zuvor waren es erst acht Prozent.

Demgegenüber ist der Frauenanteil in den Ländern mit moderaten Sanktionen, zu denen neben Deutschland Österreich und Portugal gehören, nur von sieben auf 29 Prozent gestiegen. Ähnlich verlief die Entwicklung in den Ländern mit sanktionslosen Geschlechterquoten (Steigerung von sechs auf 29 Prozent). Deutlich weniger tut sich, wenn Länder den Unternehmen nur Empfehlungen zu Gender Diversity im Rahmen von Leitlinien zur Unternehmensführung geben (Steigerung von zwölf auf 23 Prozent) oder nicht einmal das tun (Steigerung von elf auf 17 Prozent).

„Jede Geschlechterquote – ganz gleich, wie sie ausgestaltet ist – ist besser als keine Geschlechterquote“, so Wrohlich. "Wenn es ein Land beziehungsweise dessen Regierung jedoch wirklich ernst meint mit der Gleichstellung, muss es harte Sanktionen für den Fall der Nichterfüllung der Quote geben. Und die Unternehmen müssen wissen, dass die Sanktionen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern im Zweifel auch angewandt werden.“

Studie im DIW Wochenbericht 38/2019 (deutsch)

Studie im DIW Weekly Report 38/2019 (englisch)

Interview mit Katharina Wrohlich

Audio

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 18.09.2019

Da die Pflegeversicherung derzeit nur eine Teilabsicherung bietet, stellen die Zuzahlungen zur Pflege für viele pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen ein erhebliches Armutsrisiko dar. Ein Drittel der in Heimen Gepflegten sind aktuell auf Sozialhilfe angewiesen. Eine Pflegevollversicherung, die alle Kosten für Pflegeleistungen abdeckt, würde die finanzielle Belastung deutlich reduzieren. Ob das langfristig zu finanzieren ist und was die Leistungsverbesserung für die Beitragszahler bedeutet, hat der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Heinz Rothgang in einer neuen, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie anhand von drei Szenarien untersucht.* Dabei zeigt sich: Für die große Mehrheit der Versicherten und der Arbeitgeber sind die zusätzlichen Kosten überschaubar, wenn die Pflegeversicherung künftig als soziale Bürgerversicherung ausgestaltet würde. Aktuell müssten gesetzlich Versicherte für eine Voll-Absicherung durchschnittlich gut fünf Euro im Monat mehr bezahlen als für das Teil-Modell, im Jahr rund 65 Euro. Der zusätzliche Beitrag der Arbeitgeber wäre mit durchschnittlich 25 Euro im Jahr noch geringer, kalkuliert der Wissenschaftler von der Universität Bremen. Der Beitragssatz fiele nahezu identisch aus, auch langfristig: So läge 2060 der durchschnittliche Beitragssatz in einer Pflegebürgerversicherung als Vollversicherung nur um knapp 0,25 Prozentpunkte höher als bei einer Fortsetzung der Teil-Versicherung in der heutigen gesetzlichen Sozialen Pflegeversicherung (SPV). In der SPV sind knapp 90 Prozent der Menschen in Deutschland versichert. Auch bislang in der Privaten Pflegepflichtversicherung (PPV) Versicherte wären durch die Bürger-Vollversicherung besser abgesichert als bisher. Insbesondere bei Privat-Versicherten mit größeren Einkommen fiele der nötige Beitragsaufschlag für die erweiterten Leistungen aber höher aus.

Derzeit müssen Gepflegte in stationären Einrichtungen jeden Monat im Bundesdurchschnitt rund 660 Euro aus eigener Tasche für Pflegeleistungen zahlen. Hinzu kommen die Kosten für Miete und Essen. Rechnet man auch die Zuzahlungen zur ambulanten Pflege hinzu, müssen Pflegebedürftige allein für Pflegeleistungen jährlich rund 8,5 Milliarden Euro selber tragen. Die Eigenanteile zur Pflege sind seit Einführung der Pflegeversicherung vor über 20 Jahren fast kontinuierlich und deutlich angestiegen. Und sie werden nach der derzeitigen Rechtslage weiter wachsen, weil diese zusätzliche Pflegekosten einseitig den Gepflegten zuschreibt, so die Untersuchung des renommierten Gesundheitsökonomen der Universität Bremen. Die Studie nutzt umfassende Daten aus Pflegeversicherung, amtlicher Statistik und repräsentativen Befragungen.

Mehr als 50 Prozent der gesetzlich Versicherten würden für die vollständige Absicherung maximal 4 Euro im Monat zahlen

Die Studie zeigt grundsätzlich positive Verteilungswirkungen einer Bürger-Vollversicherung, weil Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen weniger zahlen als Versicherte mit hohen Einkommen: Für die Leistungsverbesserung, die Zuzahlungen zu notwendigen Pflegeleistungen überflüssig macht, müssten die einkommensmäßig „unteren“ 50 Prozent aller SPV-Versicherten aktuell maximal 50 Euro pro Jahr beziehungsweise höchstens vier Euro im Monat an höheren Beiträgen zahlen.

Nur 10 Prozent der SPV-Versicherten würde eine Umstellung auf die Voll-Übernahme der Pflegekosten in einer Bürgerversicherung pro Jahr mehr als 100 Euro zusätzlich kosten. Dabei handelt es sich um die einkommensstärksten Haushalte. In der unteren Hälfte des obersten Einkommens-Zehntels sind es im Durchschnitt 140 Euro im Jahr. Für die fünf Prozent der Versicherten mit den höchsten Einkommen stiege der Beitrag um jährlich durchschnittlich 250 Euro an. Das liegt vor allem daran, dass sie neben höheren Erwerbseinkommen nennenswerte Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung oder Gewerbebetrieben haben. Diese Einkommen würden bei einer Bürgerversicherung mitgerechnet, während bislang nur von Arbeitseinkommen Beiträge erhoben werden. Zudem hat der Forscher im durchgerechneten Szenario die Beitragsbemessungsgrenze auf das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung im Westen angehoben. Somit würden die Pflege-Beiträge bei einem Jahres-Bruttoeinkommen von 76.200 Euro gekappt und nicht schon bei 52.200 Euro.

Forscher: Bürgerversicherung würde für „gerechten Lastenausgleich“ sorgen, wie ihn das Bundesverfassungsgericht fordert

Auch Versicherte, die heute in der Privaten Pflegeversicherung (PPV) ebenfalls nur eine Teil-Absicherung haben, würden von den erweiterten Leistungen der Bürger-Vollversicherung profitieren. Da viele von ihnen bislang extrem niedrige Beiträge zahlen, wäre der nötige Aufschlag dafür aber höher: Im Durchschnitt müssten privat Pflegeversicherte pro Jahr rund 530 Euro mehr zahlen als bisher, ihre Arbeitgeber knapp 240 Euro. Dabei gilt auch für zuvor PPV-Versicherte, dass Menschen mit geringeren Einkommen für die Vollabsicherung deutlich weniger bezahlen müssten als sehr gut Verdienende – anders als heute. Hintergrund ist, dass die Pflegeversicherung – wie die Krankenversicherung – derzeit aufgespalten ist. Rund 72 Millionen Menschen in Deutschland sind in der SPV versichert, knapp neun Millionen in der PPV. Privat pflegeversichert sein können überhaupt nur Arbeiter und Angestellte oberhalb einer Einkommensgrenze sowie Beamte und Selbständige. Zudem müssen Privatversicherte eine Risikoprüfung durchlaufen. Beides führt dazu, dass durchschnittliche Mitglieder in der PPV im Vergleich zur SPV ein um zwei Drittel höheres beitragspflichtiges Einkommen haben, zudem aktuell eine günstigere Altersverteilung aufweisen und gesünder sind, analysiert Rothgang. So haben die PPV-Versicherer aktuell nicht einmal die Hälfte der Leistungs-Ausgaben und können mit konkurrenzlos niedrigen Prämien kalkulieren.

Angesichts dieser Unwucht könne von einer „ausgewogenen Lastenverteilung“, wie sie das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf die „duale“ Gestaltung der Pflegeversicherung schon vor Jahren gefordert hat, keine Rede sein, betonen Rothgang und sein Co-Autor Dominik Domhoff. „Vielmehr zeigt sich hier aus Gerechtigkeitsüberlegungen ein deutlicher und dringender Reformbedarf“ – der mit der Umstellung auf eine Pflege-Bürgerversicherung eingelöst werden könnte. Zudem hätten bislang PPV-Versicherte langfristig den Vorteil einer berechenbareren Kostenentwicklung. Denn durch die vergleichsweise kleine Versichertenzahl ist die PPV anfälliger für Beitragsschwankungen – und die heute relativ günstige Altersstruktur mit vielen gut verdienenden Versicherten in mittlerem Alter wird sich laut der Studie in den kommenden Jahrzehnten in ihr Gegenteil verkehren.

„Mit einer Pflegebürgerversicherung werden die Gerechtigkeitsdefizite weitgehend beseitigt, die die aktuelle Aufspaltung bringt. Wird diese als Vollversicherung ausgestaltet, werden nicht nur die derzeitigen Eigenanteile bei der Pflege abgebaut. Vielmehr werden die ansonsten unmittelbar drohenden Anstiege der Eigenanteile verhindert, und zwar langfristig, ohne dass der Beitragssatz für das Gros der Versicherten und ihre Arbeitgeber nennenswert höher wäre“, erklärt Gesundheitsökonom Rothgang. Gestützt auf umfassende Daten aus sozio-ökonomischem Panel, amtlicher Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), aus der Pflegeversicherung und aus Bevölkerungsprognosen des Statistischen Bundesamts machen die Forscher das über eine Projektion der Beitragssätze bis 2060 deutlich.

Da die Zahl der Pflegebedürftigen zunächst deutlich zunimmt, steigt der zur Finanzierung notwendige Beitragssatz auch im aktuellen SPV-Teilleistungsmodell – von heute 3,05 Prozent bis 2040 auf rund 3,7 Prozent. Für die Bürgervollversicherung müsste er dann bei rund 4 Prozent liegen. Für das Jahr 2060 veranschlagen die Forscher einen Beitragssatz von 4,9 Prozent im Status Quo und 5,14 Prozent bei einer Bürgervollversicherung. Diese Beitragssätze ergeben sich, wenn die Leistungsbeträge – anders als derzeit gesetzlich verankert – mit der Lohnentwicklung angepasst werden und nicht mit der Inflation. Ab Mitte der 2050er Jahre hat die Zahl der Pflegebedürftigen dann nach den aktuellen Prognosen ihren Höhepunkt erreicht und würde in der Folge zurückgehen, während die Beitragssätze stagnieren.

Zusätzlich zum Status Quo und zur Bürgervollversicherung haben die Forscher noch zwei Szenarien berechnet. Die Modellierungen zeigen: Würde man nur die SPV – also ohne Bürgerversicherung – auf Vollversicherung umstellen, müssten die Beiträge weitaus stärker steigen: Derzeit lägen sie um gut 0,6 Beitragspunkte über dem Status Quo, 2060 betrüge die Differenz sogar etwa 1,1 Punkte. Falls man das aktuelle Modell zu einer Bürgerversicherung weiterentwickeln würde, ohne die Leistungen auf Vollübernahme der Pflegekosten auszuweiten, wären die Beitragssätze dagegen deutlich niedriger als im aktuellen SPV-Modell: Derzeit lägen sie um knapp 0,5 Beitragspunkte darunter, 2060 um knapp 0,7 Punkte. Das Problem der hohen Eigenanteile bliebe dann aber ungelöst.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 27.09.2019

Von zehn Neueinstellungen sind vier befristet. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Auf die Gesamtzahl der Beschäftigten bezogen arbeitet jeder zwölfte befristet. Auszubildende sind in dieser Zahl nicht berücksichtigt.

Überdurchschnittlich häufig greifen größere Betriebe zu Befristungen. Betriebe mit mehr als 75 Beschäftigten beispielsweise stellen mit einer um neun Prozentpunkte höheren Wahrscheinlichkeit befristet ein als kleinere Betriebe. Wenig überraschend nutzen Kleinstbetriebe mit weniger als zehn Beschäftigten signifikant seltener als andere Betriebe Befristungen: Bei diesen Kleinstbetrieben gelten nicht die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes.

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Stelle befristet besetzt wird, ist bei kurzfristigem Personalbedarf doppelt so hoch wie bei längerfristigem. Dennoch werden mit 85 Prozent die meisten befristeten Neueinstellungen bei längerfristigem Personalbedarf vorgenommen, da insgesamt nur jede zehnte Neueinstellung aufgrund eines vorübergehenden Bedarfs stattfindet.

Die Dauer des Stellenbesetzungsprozesses ist bei befristeten Stellen im Vergleich zu unbefristeten Stellen kürzer, und es werden auch weniger finanzielle Mittel beispielsweise für Stellenanzeigen oder Personalvermittler bei der Stellenbesetzung investiert. Kürzere Stellenbesetzungsdauern aufgrund weniger intensiver Auswahlprozesse treten vornehmlich bei Neueinstellungen zur Deckung eines kurzfristigen und nur vorübergehenden Arbeitskräftebedarfs auf. Dass weniger finanzielle Mittel für die Besetzung befristeter Stellen investiert werden, gilt dagegen auch bei längerfristigem Bedarf. Befristete Neueinstellungen werden der IAB-Studie zufolge nicht nur zur Deckung eines vorübergehenden Arbeitskräftebedarfs genutzt, sondern auch als „verlängerte Probezeit“.

Bei befristeten Neueinstellungen wird häufiger als bei unbefristeten auf Berufserfahrung als Einstellungsvoraussetzung verzichtet. Zudem zeigen die IAB-Daten, dass Betriebe insbesondere bei Helfertätigkeiten deutlich häufiger Befristungen vornehmen.

Die IAB-Studie beruht auf den Daten der IAB-Stellenerhebung mit mehr als 10.000 teilnehmenden Betrieben. Die Studie ist online abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2019/kb1719.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 10.09.2019

In Ostdeutschland ist mehr als die Hälfte in Tagesbetreuung, im Westen knapp ein Drittel

Die Zahl der Kinder unter drei Jahren in Kindertagesbetreuung ist zum 1. März 2019 gegenüber dem Vorjahr um rund 28900 auf insgesamt 818500 Kinder gestiegen. Damit waren 3,7% mehr unter Dreijährige in Kindertagesbetreuung als am 1. März 2018. Der Zuwachs fiel etwas stärker aus als im Vorjahr (2018: +27200 auf 789 600 Kinder). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, lag die Betreuungsquote am Stichtag bundesweit bei 34,3% (2018: 33,6%).

In den westdeutschen Bundesländern betrug sie durchschnittlich 30,3%. In Ostdeutschland (einschließlich Berlin) lag sie bei 52,1%.

Bundesweit hatte im März 2019 Sachsen-Anhalt die höchste Betreuungsquote (58,2%). In den Stadtstaaten Hamburg (46,6%) und Berlin (43,8%) waren Kinder unter drei Jahren ebenfalls überdurchschnittlich häufig in einer Kindertagesbetreuung. Unter den westdeutschen Flächenländern erreichte Schleswig-Holstein (34,8%) die höchste Quote. Bundesweit am niedrigsten war sie in Bremen (28,4%) und Nordrhein-Westfalen (28,2%).

In den einzelnen Altersjahren sind die Betreuungsquoten sehr unter­schiedlich: So warenbundesweit 1,9% der Kinder unter einem Jahr in Kindertagesbetreuung. Dagegen haben die Eltern von gut einem Drittel der Einjährigen (37,1%) ein Angebot der Kindertagesbetreuung in Anspruch genommen, bei den Zweijährigen waren es schon fast zwei Drittel (63,2%). Seit dem 1.August 2013 gibt es für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen bundesweiten Rechtsanspruch auf einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz.

Bei der Betreuungsquote handelt es sich um den Anteil der in Kindertageseinrichtungen (zum Beispiel Kindertagesstätte) oder in öffentlich geförderter Kindertagespflege (zum Beispiel öffentlich geförderter Betreuungsplatz bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater) tatsächlich betreuten unter Dreijährigen an allen Kindern dieser Altersgruppe.

1,4% mehr Kindertageseinrichtungen und 1,3% mehr Tageseltern als 2018

Anfang März 2019 gab es bundesweit 56708 Kindertageseinrichtungen. Das waren 775Einrichtungen mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres (+1,4%). Die Zahl der dort als pädagogisches Personal oder als Leitungs- und Verwaltungspersonal beschäftigten Personen stieg um 4,2% auf 653800. Gleichzeitig erhöhte sich auch die Zahl der Tagesmütter und -väter leicht um 553 auf 44734 (+1,3%).

Basisdaten zur Kindertagesbetreuung in Deutschland können über die Tabellen Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen (22541), Kinder und tätige Personen in Kindertagespflege (22543) und Personen in Großtagespflegestellen und betreute Kinder (22545) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden.

Kindertagesbetreuung ist auch Teil der Indikatoren unter Ziel 4.2 der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie und der Agenda 2030 der Vereinten Nationen

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 26.09.2019

Im 2.Quartal 2019 wurden in Deutschland 2,2% weniger Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt als im 2.Quartal 2018. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, wurden im 2.Quartal 2019 rund 24400 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet. Knapp drei Viertel (71%) der Frauen, die im 2.Quartal 2019 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, waren zwischen 18 und 34 Jahren alt, 18% zwischen 35 und 39 Jahren. Gut 8% der Frauen waren 40 Jahre und älter, 3% waren jünger als 18 Jahre. Rund 41% der Frauen hatten vor dem Schwangerschafts­abbruch noch keine Lebendgeburt.

96% der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Medizinische Indikationen waren in 4% der Fälle die Begründung für den Abbruch. Die meisten Schwangerschaftsabbrüche (56%) wurden mit der Absaugmethode (Vakuumaspiration) durchgeführt, in 25% der Fälle wurde das Mittel Mifegyne® verwendet. Die Eingriffe erfolgten überwiegend ambulant, davon 79% in gynäkologischen Praxen und 18% ambulant in Krankenhäusern.

Detaillierte Informationen zu den Schwangerschaftsabbrüchen, auch zu den Quartalsergebnissen, sind in den Tabellen Schwangerschaftsabbrüche (23311) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden. Weitere gesundheitsbezogene Daten und Tabellen zu Schwangerschaftsabbrüchen mit weiteren Gliederungen finden sich auch im Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 12.09.2019

Missbrauchsbeauftragter Rörig:
„Der Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt hängt in Deutschland noch viel zu oft vom Zufall oder Engagement Einzelner ab. Der DJI-Bericht zeigt deutlich: Kitas, Schulen oder auch Sportvereine benötigen gesetzliche Vorgaben und zusätzliche Ressourcen, damit Schutz und Hilfen überall selbstverständlich werden.“

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) und das Deutsche Jugendinstitut e. V. (DJI) haben am Mittwoch in Berlin den Monitoring-Bericht „Kinder und Jugendliche besser schützen – der Anfang ist gemacht. Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt in den Bereichen: Bildung und Erziehung, Gesundheit, Freizeit“ vorgestellt.

Der Abschlussbericht ist das Ergebnis eines mehrjährigen Monitorings (2015 – 2018) zu Schutzkonzepten* gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Untersucht wurde, welche Maßnahmen zum Beispiel in Kitas, Schulen, Heimen, Internaten, Kliniken, Praxen oder Sportvereinen zum Schutz vor sexueller Gewalt inzwischen verwirklicht werden. Dazu zählen beispielsweise Fortbildungen für Fachkräfte, Präventionsangebote für Kinder und Jugendliche, Infoabende für Eltern, interne und externe Beschwerdemöglichkeiten und ein Handlungsplan bei einem Verdacht. Mit dem bundesweiten Monitoring hatte der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) das Deutsche Jugendinstitut (DJI), eines der größten sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitute Deutschlands, beauftragt. In fast 5.000 Einrichtungen wurden Leitungen und Fachkräfte befragt, welche Schutz- und Hilfeangebote sie einsetzen und auf welche Schwierigkeiten sie bei der Umsetzung stoßen.

Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs: Rörig: „Dieser aktuelle Zustandsbericht zum Stand der Prävention sexueller Gewalt gegen Minderjährige sollte Politik und Gesellschaft aufschrecken lassen. Wenn wir wollen, dass Kinder und Jugendliche in allen Einrichtungenmaximalen Schutz und maximale Hilfe erhalten, brauchen wir hierfür eine gesetzliche Verbindlichkeit und eine viel stärkere Unterstützung der Einrichtungen vor Ort. Kitas, Schulen, Sportvereine, Kliniken und Praxen oder das religiöse Leben haben eine zentrale Rolle beim Schutz von Kindern und Jugendlichen. Hier müssen Mädchen und Jungen, die sexuelle Gewalt in ihrer Familie, durch Gleichaltrige oder zum Beispiel bei der Nutzung digitaler Medien erleiden, Hilfe finden können. Schutz und Hilfe hängen aber noch viel zu oft vom Zufall oder Engagement Einzelner ab und werden zu wenig als Qualitätsmerkmal einer Einrichtung gesehen. Träger und Leitungen von Einrichtungen und Organisationen, aber auch Bund, Länder und Kommunen müssen sich noch viel konsequenter für den Kampf gegen sexuelle Gewalt und ihre Folgen einsetzen, auch durch die Bereitstellung zusätzlicher personeller und finanzieller Ressourcen.“

Prof. Dr. Sabine Walper, Forschungsdirektorin des DJI: „In den vergangenen Jahren ist einiges geschehen, um Kinder besser vor sexueller Gewalt und Missbrauch zu schützen. Die große Mehrheit der Einrichtungen und Institutionen, die wir im Bereich Kita, Schule oder ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung befragt haben, hat zwar einzelne Elemente von Schutzkonzepten umgesetzt. Umfassende Schutzkonzepte gibt es allerdings bisher eher selten. Ziel aller Anstrengungen muss es sein, dass unsere Institutionen keine Tatorte sind, sondern Orte, an denen Kinder kompetente Hilfe finden, wenn sie – wo auch immer – mit sexueller Gewalt konfrontiert sind. Schutzkonzepte sind ein wesentliches Instrument, um dieses Ziel zu erreichen.“

Zentrales Fazit: Schutzkonzepte brauchen gute Rahmenbedingungen und müssen verpflichtend werden

Die DJI-Ergebnisse zeigen, dass umfassende Schutzkonzepte noch in keinem Bereich flächendeckend umgesetzt sind und die Entwicklung in den einzelnen Handlungsfeldern sehr unterschiedlich ist. Prävention und Intervention bei sexueller Gewalt gelingt vor allem dort, wo es entsprechende Rahmenbedingungen und gesetzliche Verpflichtungen gibt wie in Kitas oder anderen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. In Schulen führen dagegen häufiger erst konkrete (Verdachts-)Fälle zum Engagement. Immerhin gibt jedes dritte Heim an, ein umfassendes Schutzkonzept entwickelt zu haben, dies gilt allerdings nur für etwa jede zehnte Schule.

„Es ist bedenklich, dass gerade in Schulen, in denen wir alle Kinder erreichen können, die Entwicklung und Umsetzung von Schutzkonzepten noch so wenig fortgeschritten ist“, so Rörig. „Rein statistisch sind ein bis zwei Kinder in jeder Schulklasse in verschiedenen Kontexten von sexueller Gewalt betroffen. Sie brauchen sensibilisierte Fachkräfte, die ihre Signale erkennen und wissen, an wen sie sich bei Vermutung und Verdacht wenden können.“ Erfreulich ist, dass sich inzwischen alle Bundesländer der Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ angeschlossen haben. Rörig appellierte an die Kultusministerien, jetzt weitere Schritte zu gehen: „In die Schulgesetze sollte die Verpflichtung der Schulen aufgenommen werden, Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt einzuführen.“ Die Länder sollten sich zudem gesetzlich verpflichten, ihren Schulen die dafür notwendigen Ressourcen bereit zu stellen, zum Beispiel für Fortbildungen, Zeitkapazitäten für das Personal oder externe fachliche Begleitung bei Prävention und Intervention.“

Prof. Dr. Walper: „Schutzkonzepte sind ein bedeutsamer Teil gesellschaftlicher Bemühungen, Kinderrechte zu stärken und den Kinderschutz zu verbessern. Durch das Monitoring ist es jetzt möglich, über Fortschritte und noch ungelöste Probleme in diesem Bereich zu sprechen. Wir haben beim Monitoring gemerkt: Einrichtungen wollen wissen, wie sie Schutzkonzepte am besten ausgestalten, damit sexuelle Gewalt zurückgedrängt wird und betroffene Kinder eher den Mut fassen, Hilfe zu suchen. Deshalb wäre es für die Praxis jetzt der nächste wichtige Schritt zu untersuchen, welche Elemente von Schutzkonzepten besonders erfolgversprechend sind und wie diese am effektivsten zusammenspielen, und hierbei auch geeignete Befragungsformen und Beteiligungsformate für Kinder und Jugendliche zu entwickeln.“
Abschlussbericht und Factsheets zum Monitoring (2015 -2018) finden Sie unter: www.dji.de sowie unter https://beauftragter-missbrauch.de/presse-service/pressemitteilungen

Weitere Informationen und Hilfeangebote:
www.beauftragter-missbrauch.de
www.schule-gegen-sexuelle-gewalt.de
www.kein-raum-fuer-missbrauch.de
www.hilfeportal-missbrauch.de
Hilfetelefon Sexueller Missbrauch: Tel. 0800 2255530 (kostenfrei und anonym)

Quelle: Pressemitteilung Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) und Deutsches Jugendinstitut e. V.(DJI) vom 04.09.2019

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Das Armutsrisiko für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen ist erheblich, da zwar die Kosten für Pflege steigen, nicht aber der Anteil, den die Pflegeversicherung trägt. Eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) kommt jetztzu dem Ergebnis, dass dieses Risiko durch eine Pflegevollversicherung deutlich gesenkt werden könnte.

Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes: „Die AWO fordert seit Langem, dass die Pflegeversicherung die Kostensteigerungen in der Pflege abfangen muss.Die Studie zeigt: Das ist möglich und finanzierbar. Die Bundesregierung muss nun handeln und dafür sorgen, dass alle Menschen gute Pflege erhalten können. Denn die Kosten in der Pflege werden weiter steigen, weil lange nötige Reformen für die Verbesserung der Pflege umgesetzt werden. Schon jetzt können sich viele Menschen ihre Pflege nicht mehr leisten, ohne in die Armut zu rutschen und auf ihre Angehörigen oder Hilfe zur Pflege im Rahmen der Sozialhilfe angewiesen zu sein. Das ist entwürdigend und schürt Existenzängste. Die von Professor Dr. Rothgang durchgeführte Studie belegt: Eine Pflegevollversicherung ist über eine soziale Bürgerversicherung finanzierbar. Die AWO setzt sich seit Langem für die Einführung einer sozialen Bürgerversicherung ein und sieht sich in dieser Forderung noch einmal bestätigt.“

Im Bundesdurchschnitt lagen zuletzt die Kosten, die Versicherte selbst für ihre stationäre Pflege übernehmen mussten bei 1.750 Euro monatlich. Zum Vergleich: Zum Ende des Jahres 2017 lag das durchschnittliche Netto-Renteneinkommen in den alten Bundesländern bei monatlich 1.231 Euro und in den neuen Bundesländern bei monatlich 1.169 Euro.

„Unsere Petition „Eigenanteil bei stationärer Pflege begrenzen!“ wurde Anfang dieses Jahres von 74.000 Menschen gezeichnet. Schon das hat gezeigt, dass dieses Thema von der Bundesregierung nicht länger ignoriert werden kann. Die Studie bekräftigt, dass eine Entlastung der Pflegebedürftigen nicht nur nötig, sondern auch möglich ist“, betont AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 27.09.2019

Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt die Entscheidung der Innenminister in Malta, sich zur Aufnahme von Bootsflüchtlingen in die EU bereit zu erklären. Der Verband forderte bereits vor Wochen diese Notfallregelung, und sieht in der gestrigen Entscheidung ein wichtiges Signal.

Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes: „Diese Notregelung ist dringend erforderlich, um die aktuelle humanitäre Krise zu entschärfen. Ein Zusammenschluss aufnahmebereiter Staaten ist nicht nur ein sichtbares Zeichen von Solidarität und Kooperation, sondern auch Ausgangspunkt für weitere Schritte zu tragfähigen, europäischen Lösungen.

Dass sich die Bundesregierung vor Kurzem bereit erklärte, jeden vierten Bootsflüchtling aus Italien aufzunehmen, hat ganz offensichtlich die richtigen Signale für einen innereuropäischen Verteilmechanismus gesetzt. Der Innenminister hat offenbar verstanden, worin die politische Verantwortung bei der Schutzgewährung von Flüchtlingen steht, nämlich in der Einhaltung der menschen- und völkerrechtlichen Standards.

Deutschland hat damit endlich einen Schritt in die richtige Richtung getan. Doch eine solche Lösung darf sich nicht nur auf die im Meer geretteten Flüchtlinge beschränken, sondern muss auch jene umfassen, die es selbstständig geschafft haben, in Europa anzukommen. Hier brauchen wir ein langfristiges Verfahren der innereuropäischen Solidarität!“

Hintergrund: Bei den gestrigen Verhandlungen auf Malta haben sich die Innenminister von Malta, Italien, Frankreich und Deutschland auf eine Übergangslösung zur Verteilung aus Seenot geretteter Migrant*innen geeinigt. Diese temporäre Lösung, die für 6 Monate gelten und für jedes europäische Land freiwillig sein soll, wird im Rahmen der kommenden Innenminister-Konferenz am 8.Oktober 2019 vorgestellt, in der Hoffnung, dass weitere EU-Staaten sich daran beteiligen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 24.09.2019

In seiner morgigen Sitzung wird der Gemeinsame Bundesausschuss darüber entscheiden, ob vorgeburtliche Tests auf Trisomien an Embryos zukünftig bei Risikoschwangerschaften als Kassenleistung übernommen werden. Das hätte zur Folge, dass diese Untersuchung als Empfehlung in die Mutterschaftsrichtlinien aufgenommen würde und schwangere Frauen sich konkret gegen die Inanspruchnahme dieser Leistung entscheiden müssten.

„Die AWO sieht mit Sorge, dass die soziale Frage der Inklusion durch die rasanten medizin-technischen Entwicklungen inzwischen vorgeburtlich technisch gelöst werden soll“, konstatiert der Vorstandsvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt Wolfgang Stadler. „Durch das Angebot des Bluttest werden viele Fragen und Unsicherheiten, die schwangere Frauen und Paaren haben, auf die eine Frage verengt, ob das zukünftige Kind gesund sein wird oder nicht. Aus einem auffälligen Testergebnis ergibt sich dann aber keine Behandlungsmöglichkeit, sondern eine neue Fragestellung: Soll die Schwangerschaft fortgesetzt werden oder nicht?“. Die Arbeiterwohlfahrt fordert daher zum einen ein Moratorium des GBA-Prozesses, d.h. das Gremium sollte am Donnerstag das Verfahren aussetzen, bis die gesamtgesellschaftliche Debatte mit der gebührenden Zeit geführt worden ist. „Der Begriff der Risikoschwangerschaft ist so unscharf, dass a) sehr wahrscheinlich doch ein flächendeckendes Screening auf chromosomale Abweichungen kommen wird und b) sind Ausweitungstendenzen vorprogrammiert. Zukünftig könnte zu Beginn einer Schwangerschaft dann neben der Suche nach Trisomien auch die Suche nach einer Krebsdisposition, Rheuma oder Asthma stehen“, sagt der Bundesvorsitzende.

Zum anderen warnt er gleichzeitig davor, die individuellen Lebensentscheidungen von Frauen zu kritisieren: „Frauen sind immer noch die Haupterbringerinnen familiärer Care-Arbeit. Bei einem Kind mit Beeinträchtigungen werden es zum größten Teil die zukünftigen Mütter sein, die ihre gesamte Zeit mit der Organisation von Hilfen zur Inklusion zubringen.“ sagt Wolfgang Stadler.

Die Arbeiterwohlfahrt wünscht sich eine gesamtgesellschaftliche Debatte, die die Entwicklung von schwangeren Frauen als Risikomanagerinnen problematisiert und zum anderen deutlich mehr Unterstützung für Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 18.09.2019

Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kommt zu dem Ergebnis, dass das Risiko für Altersarmut in den kommenden Jahren steigen wird – und dass bisher vorgelegte Konzepte zur Eindämmung der Entwicklung nur bedingt wirksam sind.

Dazu erklärt Wolfgang Stadler, AWO Bundesvorsitzender: „Die Studienergebnisse sind alles andere als überraschend.Sie bestätigen unzählige Studien, die es zuvor gegeben hat. Sie alle zeigen: Es gibt dringenden Handlungsbedarf, denn die Altersarmut wird steigen. Seit zehn Jahren wird politisch darüber diskutiert, bislang ergebnislos. Die Politik darf diese Themen nicht länger auf die lange Bank schieben. Die Bundesregierungmuss sich endlich auf eine Lösung verständen, die dazu führt, dass Altersarmut wirksam verhindert wird und dass Lebensleistungen besser anerkannt werden.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 13.09.2019

Der Bund befindet sich in den Konsultationen mit den Bundesländern zur Umsetzung des geplanten Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab 2025. Anlässlich der 3. Bund-Länder-Sitzung am morgigen 10. September 2019 erklärt AWO Bundesvorsitzender Wolfgang Stadler:

„Ein Rechtsanspruch, der vorrangig nur auf den Ausbau von Plätzen zielt und nicht die Qualität der Angebote gleichermaßen in den Blick nimmt, muss scheitern!

Der positive Effekt ganztägiger Angebote ist kein Selbstläufer, sondern setzt auf eine hohe Qualität der Angebote, des Personals, der Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe sowie der Räumlichkeiten. Deshalb fordern wir die Vereinbarung von Mindest-Qualitätsstandards für die Ganztagsbetreuung! Die gesellschaftliche Herausforderung ab 2025 ist immens, denn es gilt einen voraussichtlichen Gesamtbedarf an Betreuungsplätzen für ca 2,5 Millionen Grundschüler*innen abzudecken!

Das bedeutet, dass nach derzeitigem Ausbaustand knapp über 1 Million Betreuungsplätze sowohl im erweiterten Halbtag als auch im tatsächlichen Ganztag neu geschaffen werden müssen, und zwar sowohl im Bereich der Ganztagsschulen als auch in den Horten. Diese Zahlen verdeutlichen, dass die von der Bundesregierung bislang eingeplanten 2 Milliarden Euro bei weitem nicht ausreichen! Auch wenn Länder und Kommunen selbst an einer guten Ganztagsbildung interessiert sind und sich finanziell auch hoch engagieren – diese bildungs- und sozialpolitische Herausforderung ist ein Kraftakt, ein gesamtstaatliches Großprojekt, das alle staatlichen Ebenen zur finanziellen Umsetzung verpflichtet! Der Bund steht jedoch in der grundgesetzlichen Pflicht, bundesweit gleiche Lebensverhältnisse herzustellen und hierzu seinen eigenen Beitrag zu leisten.

Neben bundesweiten Mindest-Qualitätsstandards braucht es auch eine angemessene Bundesfinanzierung. Den genannten quantitativen Zahlen stehen auf der finanziellen Seite Kosten für Investitionen und laufenden Betriebskosten jeweils in vielfacher Milliardenhöhe gegenüber, die die vom Bund bislang eingeplanten 2 Milliarden Euro um ein Vielfaches übersteigen. Nur wenn der Bund sich bei den Kosten bewegt, wird es eine erfolgreiche Weiterentwicklung in der Umsetzung eines Rechtsanspruchs auf guten Ganztag geben.

Eine gute Ganztagsbetreuung für alle Grundschulkinder in Deutschland darf nicht an den Kosten scheitern!“.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 10.09.2019

Anlässlich der ersten Lesung des Gesetzentwurfs zur steuerlichen Förderung der Elektromobilität warnt die AGF vor der versteckten Erhöhung der Umsatzsteuer für Bildungsangebote. Gemeinnützige Familienbildung würde damit massive negative Folgen erfahren, die den Zielen von Bildungsangeboten diametral entgegen stünden.

“Der Wegfall der Steuerbegünstigung von gemeinnützigen Bildungsangeboten zeugt von einer mangelnden Wertschätzung der gemeinwohlorientierten Erwachsenenbildung, der Familienbildung und letztlich des gesellschaftlichen Beitrags der Familien selbst“, kritisiert Sven Iversen, Geschäftsführer der AGF. Die Familienorganisationen der AGF fordern Bundestag und Bundesregierung daher dringend auf, für eine weiterhin umfassende Befreiung der gemeinnützigen und kirchlichen Angebote der Familienbildung zu sorgen und den vorgelegten Gesetzentwurf entsprechend zu ändern.

Am 27. September findet die erste Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur „weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ im Bundestag statt. In diesem versteckt sich eine Reform des Umsatzsteuerrechts mit weitreichenden Folgen für die Familienbildung: Künftig sollen Bildungsangebote für Erwachsene, die nicht der beruflichen Bildung dienen, umsatzsteuerpflichtig werden. Die Bundesregierung argumentiert, dass damit nur eine Vorgabe der EU-Richtlinie umgesetzt würde.

Die Familienorganisationen heben jedoch hervor, dass die Mehrwertsteuer-Richtlinie große Spielräume für die steuerliche Gestaltung gemeinwohlorientierter Bildungsangebote lässt, die die Regierung nicht ausschöpft. Sie konterkariere damit alle ihre Aussagen zur Bedeutung und Unterstützung von ehrenamtlichen Engagement und Präventionsansätzen.

Familienbildung richtet sich lebenslaufbegleitend an alle Familien und ist somit ein Angebot des lebenslangen Lernens. Sie geht von einem ganzheitlichen Bildungsverständnis aus und zielt darauf ab, Familien in Fragen der Lebensführung und Alltagsbewältigung zu unterstützen. Sie stärkt insbesondere die erzieherischen Kompetenzen von Eltern und bietet Hilfen bei Beziehungs- und Vereinbarkeitsfragen. Ferner hält die Familienbildung bildungsorientierte Angebote für Familien in Krisensituationen und besonders belasteten Lebenslagen bereit. Durch ihren niedrigschwelligen, präventiven und ressourcenorientierten Ansatz erreicht sie Familien in sozial sehr unterschiedlichen Lebenslagen. Sie leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Entlastung von Familien und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt.

„Die geplante Neureglung führt zu höheren Teilnahmegebühren für die Familien. Dies belastet arme Familien überdurchschnittlich stark bzw. schließt sie von solchen Angeboten aus“, verdeutlicht Ulrich Hoffmann, zweiter Vorsitzender der AGF und selbst langjährig in der Familienarbeit tätig. „Zudem müssten Familienbildungsstätten ihr Angebot zwischen weiterhin befreiten und umsatzsteuerpflichtigen Angeboten differenzieren, weil spezifische Angebote für Hilfebedürftige, z.B. verschuldete Menschen und Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen sowie Angebote, die sich ausschließlich an Kinder und Jugendliche richten, voraussichtlich weiter umsatzsteuerbefreit blieben. Diese Differenzierung ihres Programms wäre für die gemeinnützigen und kirchlichen Anbieter von Familienbildung mit einem sehr hohen bürokratischen Aufwand und mit einer hohen Rechtsunsicherheit verbunden, weil jedes Angebot einzeln geprüft werden müsste, ob es nach neuem Recht umsatzsteuerpflichtig ist oder weiterhin befreit ist. Dies ist für kleine Bildungseinrichtungen kaum zu leisten.“ Die Verbände betonen, dass dieses Vorgehen auch dem konzeptionellen Ansatz entgegensteht, Bildungsangebote inklusiv zu gestalten und dabei nicht zwischen vermeintlichen Problemfamilien und vermeintlich unbelasteten Familien zu unterscheiden.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 27.09.2019

Alle Frauen verdienen auch im Alter ein eigenständiges Leben. Der Deutsche Frauenrat unterstütztdaher das aktuelle Vorhaben der Bundesregierung, eine Grundrente zur Anerkennung derLebensleistung einzuführen. Wir appellieren an Arbeitsminister Hubertus Heil und KanzleramtschefHelge Braun, den Weg für eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung frei zu machen. Aktuellerarbeiten das Bundesarbeitsministerium und das Kanzleramt einen Kompromiss dazu.

Der Deutsche Frauenrat fordert eine Grundrente, die Frauen und Männern, die 35 Jahre langsozialversicherungspflichtig gearbeitet, Kinder versorgt oder Angehörige gepflegt haben, einRenteneinkommen sichert, das über dem Grundsicherungsniveau liegt. Dabei ist darauf zuhinzuwirken, dass möglichst viele Frauen mit niedrigen Rentenanwartschaften von der Grundrenteprofitieren können. Sie verdienen für ihre Lebensleistung eine Rente, die ihnen ein eigenständiges Leben im Alter ermöglicht, unabhängig vom Partner*innen-Einkommen und -Vermögen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Frauenrat e.V. (DF) vom 04.09.2019

Der Deutsche Familienverband (DFV) fordert eine konsequente Änderung des Wahlrechts, bei der alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger berücksichtigt werden.

Im Grundgesetz Artikel 38 Absatz 1 ist die Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl festgelegt. Tatsächlich werden Kinder und Jugendliche vom Wahlrecht ausgeschlossen. Ein Gesetzesentwurf von Bündnis 90/Die Grünen, der am Freitag im Bundestag debattiert wird, will Abhilfe schaffen: Bei Bundestags- und Europawahlen sollen 16-Jährige wählen dürfen.

„Seit den Fridays-for-Future-Demonstrationen ist deutlich, dass Kinder eine politische Meinung haben und diese klar zum Ausdruck bringen. Wählen dürfen sie aber nicht“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des DFV. Mit dem Vorstoß der Grünen, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken, werde der Wahlrechtsentzug nur zaghaft angegangen.

Der DFV setzt sich dafür ein, dass alle Kinder vom Wahlrecht Gebrauch machen können. „Kinder sind die Zukunft unserer Gesellschaft. Kein Minderjähriger darf zum Bürger zweiter Klasse degradiert werden“, so Heimann. Der DFV fordert ein Wahlrecht ab Geburt und damit ein wirklich allgemeines Wahlrecht.

„Der Gesetzesentwurf der Grünen vergisst, dass Eltern gemäß Grundgesetz die natürlichen Interessensvertreter ihrer Kinder sind. Nehmen Eltern das Wahlrecht ihres Kindes stellvertretend – als Recht des Kindes, nicht als eigenes – wahr, müssen sie sich am Wohl des Kindes orientieren“, sagt Heimann. Bei dieser Regelung erlischt das stellvertretende Wahlrecht, sobald das Kind wahlmündig ist. „Demokratie braucht Beteiligung. Das Wahlrecht ab Geburt verhilft 13 Millionen Kindern und Jugendlichen zur notwendigen Mitsprache“, so Heimann.

Mit der Kampagne „Nur wer wählt, zählt!“ macht sich der DFV für das Wahlrecht ab Geburt stark. Neben verschiedenen Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft steht Bundesfamilienministerin a.D. Renate Schmidt dem DFV als Schirmherrin zur Seite.

Weiterführende Informationen

Website der Kampagne zum Wahlrecht ab Geburt: www.wahlrecht.jetzt

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 26.09.2019

Zum Weltkindertag macht sich der Deutsche Familienverband (DFV) für die Schulsozialarbeit stark, die effektiv gegen Schulabbrüche vorbeugt.

(Berlin/Magdeburg). Schulerfolg ist eine wichtige Voraussetzung für den Übergang in eine höhere Schulform und den späteren beruflichen Einstieg. Schulsozialarbeit hilft, Jahrgangswiederholungen und Schulabbruch zu verhindern. Schulsozialarbeiter sind wichtige Bezugspersonen für alle Schüler. Bei Konflikten stehen sie ihnen mit altersgerechten und konstruktiven Hilfen zur Seite. „Wir können nicht auf Schulsozialarbeit verzichten. Sie gehört an jede Schule“, sagt René Lampe, Vizepräsident des DFV.

Obwohl Schulsozialarbeit seit Jahren Praxis an Schulen ist, gestaltet sich die Finanzierung schwierig. In Sachsen-Anhalt, dem Land mit der höchsten Schulabbrecher-Quote bundesweit, steht die Finanzierung regelmäßig auf wackeligen Füßen. „Das ist schlecht für die Schulsozialarbeit, aber vor allem ist es dramatisch für die Kinder und ihre Eltern. Schulsozialarbeit braucht Verlässlichkeit“, so Lampe.

2009 hat Sachsen-Anhalt das Programm „Schulerfolg sichern“ auf die Beine gestellt, das aus EU-Fördergeldern und Landesmitteln finanziert wird. 14 Netzwerkstellen sind regional tätig und an 350 Schulen helfen Schulsozialarbeiter – mit deutlichem Erfolg. „Die positiven Ergebnisse zeigen sich in der Einzelarbeit mit Schülerinnen und Schülern sowie mit ihren Familien. Schulsozialarbeiter stehen zum Teil vor schwierigen Themen wie Kindeswohlgefährdung oder sexueller Missbrauch. Durch die Zuwanderung ist eine neue Herausforderung dazu gekommen, die aber mit vielen Chancen verbunden ist“, sagt Lampe.

Die Förderung der Schulsozialarbeit in Sachsen-Anhalt ist noch bis Juli 2021 gesichert. Was danach passiert, ist unklar. Seit vergangenem Jahr setzt sich das Aktionsbündnis Schulsozialarbeit landesweit für die Schulsozialarbeit ein und hat Rückhalt aus der Bevölkerung und den Parteien erhalten. „Es gibt eine breite Zustimmung. Auch die Landesregierung hat Unterstützung versprochen. Jetzt braucht es konkrete Maßnahmen, damit es keine Lippenbekenntnisse werden“, so Lampe.

Am 26. September trommelt das Aktionsbündnis noch einmal für die Schulsozialarbeit. Regionale Stellen, Träger von Schulsozialarbeit sowie die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter selbst stehen ab 13 Uhr auf dem Magdeburger Domplatz Rede und Antwort. Der DFV ist ebenfalls dabei. Mit seinem Landesverband ist er von Anfang in der Schulsozialarbeit in Sachsen-Anhalt aktiv.

Weiterführende Informationen

Website des DFV-Landesverbandes in Sachsen-Anhalt

Aktionsbündnis für die Verstetigung der Schulsozialarbeit in Sachsen-Anhalt

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 19.09.2019

Vor einem Jahr startete das Baukindergeld. Seitdem haben fast 135.000 Familien einen Antrag für den staatlichen Zuschuss zum Eigenheim gestellt. Mehr als ein Viertel des Fördergeldes über 10 Milliarden Euro ist bereits gebunden. Trotzdem bricht die Kritik an der Maßnahme für Familien nicht ab – unbegreiflich, findet der Deutsche Familienverband (DFV).

(Berlin). „Das Baukindergeld ist bei Familien sehr gefragt“, sagt Sebastian Heimann, DFV-Bundesgeschäftsführer. Anders als immer wieder behauptet, profitierten insbesondere Familien mit geringerem Einkommen vom Baukindergeld. Nach neuesten Angaben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) verfügen 60 Prozent der bisher geförderten Familien über ein zu versteuerndes Einkommen von maximal 40.000 Euro im Jahr.

Die Mehrheit der Eltern, die Baukindergeld beantragen, sind zwischen 25 und 40 Jahre alt. Die Kinder haben durchschnittlich ein Alter von 6 Jahren. „Mit dem Baukindergeld wird jungen Eltern mit kleinen Kindern ermöglicht, in die eigenen vier Wände zu ziehen“, so Heimann. „Das ist ein großer Erfolg der Koalitionsregierung.“

Das Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung (GEWOS) stellt in einer aktuellen Studie fest, dass das Baukindergeld für den Umsatzrekord im Eigenheimsektor mitverantwortlich ist. Das Transaktionsvolumen für Ein- und Zweifamilienhäuser beläuft sich im Jahr 2018 auf 66,3 Milliarden Euro.

Familiengerechtes Wohnen ist eine wesentliche Voraussetzung für ein gelungenes Familienleben, für die Bildung und die gesunde Entwicklung von Kindern. Wohnen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Es darf nicht durch Bodenspekulationen, unrealistische Mietpreise in den Städten oder durch die unnötige Verteuerung von Immobilien – insbesondere durch die Grunderwerbsteuer – zu einem für Familien kaum noch bezahlbaren Gut werden.

Wichtig ist es, dass sich Familien auch in Zukunft auf das Baukindergeld verlassen können. Deshalb muss das Baukindergeld dauerhaft finanziert und mit einem Rechtsanspruch versehen werden.

Weiterführende Informationen

Stellungnahme des DFV: „Bezahlbares und familiengerechtes Wohnen“ (PDF)
Fachartikel: „Grunderwerbsteuer: Wie Bundesländer das Wohnen für Familien teuer machen“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 18.09.2019

Der Deutsche Familienverband (DFV) und 44 Institutionen einigen sich auf gesundheitspolitische Eckpunkte in der Gesundheitsförderung und Prävention bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Der Wegeweiser setzt neue Leitlinien für eine auf Familien ausgerichtete Gesundheitspolitik

„Familie ist und bleibt für Kinder der erste Lernort für Gesundheit. Gerade in der Familie werden die wichtigsten Weichen für eine gute und gesunde Entwicklung von Kindern gelegt“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des DFV. „Mit dem Wegeweiser bekommt die familiäre Gesundheitserziehung endlich den richtigen Stellenwert – und zwar als zentraler Bestandteil der institutionellen Gesundheitsförderung und Prävention bei Kindern und Jugendlichen.“

In einem zweijährigen Dialog- und Arbeitsprozess haben zentrale Vertreter des Gesundheitswesens, der Familien- und Kinderverbände, der Bildungs- und Sozialwissenschaften sowie Experten der zuständigen Ministerien zehn inhaltliche Eckpunkte erarbeitet und im „Wegeweiser zum gemeinsamen Verständnis von Gesundheitsförderung und Prävention bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ veröffentlicht.

Für den DFV ist der Wegeweiser ein klares Votum für eine familiäre Gesundheitspolitik als eigenständiges Handlungsfeld einer nachhaltigen Kindergesundheitsförderung. Künftig müssen Kinder, Jugendliche und ihre Eltern in den Mittelpunkt der Ausarbeitung, Implementierung und Evaluierung von gesundheitspolitischen Maßnahmen gestellt und daran aktiv beteiligt werden.

„Eine gute, eine verlässliche und familiengerechte Gesundheitspolitik ist für den Deutschen Familienverband eine zentrale Herausforderung der Gegenwart“, sagt Heimann. Mit der Anerkennung der familiären Gesundheitspolitik haben die beteiligten Institutionen einen wichtigen Schritt in die Zukunft gemacht. Denn ohne Familie ist keine gute Gesundheitspolitik zu machen.

Weiterführende Informationen zur Gesundheitspolitik

Wegeweiser zum gemeinsamen Verständnis von Gesundheitsförderung und Prävention bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland (PDF zum Herunterladen)

Kampagne des Deutschen Familienverbandes für ein familiengerechte Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (www.elternklagen.de)

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 03.09.2019

Katja Mast ist neue Vorsitzende der Evangelischen Familienerholung. Mast ist Mitglied des Bundestages und stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. In ihrer politischen Funktion verantwortet sie die Themenbereiche Arbeit, Soziales, Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Mast übernimmt den Vorsitz der Evangelischen Familienerholung nach zehn Jahren von Gabriele Lösekrug-Möller. Auf der Mitgliederversammlung der Evangelischen Familienerholung dankt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, Lösekrug-Möller für ihr langjähriges Engagement: "Mit fachlicher Kompetenz, besonderer Nähe zu den Menschen und zur Praxis sowie großem persönlichen Engagement hat Gabriele Lösekrug-Möller ganz wesentlich dazu beigetragen, die Evangelische Familienerholung in der Förderung von Familien sozialpolitisch stärker ins Blickfeld zu rücken. Als Vorsitzende hat sie die Qualität der Arbeit im Interesse präventiver und nachhaltiger Stärkung von Familien deutlich vorangebracht."

Loheide gratuliert Katja Mast zu ihrem Amt als neue Vorsitzende der Evangelischen Familienerholung: "Mit Katja Mast gewinnen wir eine engagierte neue Vorsitzende, die sich auch in ihrer bisherigen Arbeit viel für Frauen und Familien eingesetzt hat. Wir freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit."

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 25.09.2019

Prof. Dr. Maria Wersig, amtierende Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb), wurde im Rahmen der Mitgliederversammlung auf dem 43. Kongress des djb vom 12. bis 15. September 2019 in Halle/Saale als Präsidentin in ihrem Amt für zwei weitere Jahre bestätigt. Als Vizepräsidentinnen wurden Oriana Corzilius, Syndikusrechtsanwältin für eine dritte und Claudia Zimmermann-Schwartz, Ministerialdirigentin a.D., Düsseldorf, für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Petra Lorenz wurde in ihrem Amt als Schatzmeisterin bestätigt.

Als Kommissionsvorsitzende und in ihrer Funktion im Bundesvorstand wurden Prof. Dr. Heide Pfarr (Arbeits-, Gleichstellungs- und Wirtschaftsrecht), Brigitte Meyer-Wehage (Zivil-, Familien-, Erbrecht, Recht anderer Lebensgemeinschaften), Dr. Leonie Steinl (Strafrecht), Dr. Ulrike Spangenberg (Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich) und Prof. Dr. Ulrike Lembke (Europa- und Völkerrecht) wiedergewählt. Nachdem Marion Eckertz-Höfer nicht mehr kandidierte, wurde Dr. Sina Fontana zu ihrer Nachfolgerin als Kommissionsvorsitzende (Verfassungsrecht, Öffentliches Recht, Gleichstellung) gewählt.

Als Beisitzerin bestätigt wurde Tanja Altunjan. Nachdem Leonie Babst ihre maximale Amtszeit erreicht hat, wurde Kerstin Geppert zu ihrer Nachfolgerin, ebenfalls als Beisitzerin gewählt. Gemeinsam vertreten sie die Juristinnen in Ausbildung im Bundesvorstand. In den Vorstand des Regionalgruppenbeirats wurden bereits im April Angela Kolb-Janssen, MdL, Henriette Lyndian und Andrea Rupp vorstehen.

Im Anschluss an die Mitgliederversammlung verlieh der djb in der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg den Marie Elisabeth Lüders-Wissenschaftspreis 2019 des djb an Dr. Cara Röhner. Geehrt wurde sie für ihre außerordentliche Dissertation "Ungleichheit und Verfassung. Vorschlag für eine relationale Rechtsanalyse". Die Laudatio zur Ehren der Preisträgerin wurde von Prof. Dr. Anna Katharina Mangold, Europa Universität Flensburg, gehalten. Der Preis, der vom djb in Anerkennung hervorragender rechts- oder wirtschaftswissenschaftlicher Arbeiten alle zwei Jahre und nun bereits zum sechsten Mal vergeben wird, wird seit 2009 von Dr. Melitta Büchner-Schöpf gestiftet.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 14.09.2019

Datenethik, Algorithmen, künstliche Intelligenz – was hat das alles mit Frauenrechten zu tun? Wie verändert sich der Arbeitsplatz in der Zukunft? Was können Big Data für Einflüsse auf die Persönlichkeitsrechte haben? Wie verteidigen wir uns gegen Cyber Harassment? Wo wird Art. 3 Abs. 2 GG durch den digitalen Wandel berührt und welche rechtlichen Antworten darauf sind sinnvoll und notwendig? Genderaspekte wurden lange in den Debatten um Digitalisierung vernachlässigt, so dass gerade aus gleichstellungs- bzw. antidiskriminierungsrechtlicher Perspektive zahlreiche Fragen offenbleiben. Der heute in Halle/Saale eröffnete 43. Bundeskongress des Deutschen Juristinnenbund e.V. (djb) sucht Antworten, um damit einen wichtigen Beitrag zu Geschlechtergerechtigkeit in einer digitalisierten Gesellschaft zu leisten.

Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb, betont in ihrer Eröffnungsrede:

"Der djb hat in über 70 Jahren Verbandsgeschichte rechtspolitisch innovativ zu gesellschaftspolitisch wichtigen Entwicklungen Stellung bezogen – stets mit Blick auf die Auswirkungen auf Frauenrechte und die Gleichstellung. So halten wir es auch heute: Die Digitalisierung ist ein gesellschaftlicher Wandlungsprozess, der auf unterschiedliche Lebensrealitäten von Frauen und Männern trifft. Die Digitalisierung ist nicht geschlechtsneutral, sie muss im Sinne gleicher Chancen und Möglichkeiten für alle Geschlechter aktiv gestaltet werden."

Für die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale begrüßt anschließend Rektor Christian Tietje die Gäste des Bundeskongresses: "Wir freuen uns sehr, den 43. Bundeskongress des Deutschen Juristinnenbundes in unseren Räumlichkeiten begrüßen zu dürfen. Das Thema Gleichstellung ist der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ein besonderes Anliegen, das aktuell in der neugegründeten Stabsstelle ,Vielfalt und Chancengleichheit´ besonderen Ausdruck findet."

In ihrem Grußwort stellt Christine Lambrecht, MdB, Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, daraufhin die besondere Rolle der Politik heraus:

"Big Data, Künstliche Intelligenz und Algorithmen sind Konzepte, die sich mit ungeheurer Geschwindigkeit entwickeln. Es ist deshalb notwendig, dass wir schon heute vorausschauend handeln und die rechtlichen Rahmenbedingen anpassen, zum Beispiel in den Bereichen Datenschutz und Haftung."

Die Ministerin für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt, Anne-Marie Keding, benennt in ihrem Grußwort die Verantwortung der Justiz für die kommende Zeit: "Es ist die Zukunftsaufgabe der Justiz, gut ausgebildeten und hochqualifizierten Nachwuchs für Gerichte und Staatsanwaltschaften zu gewinnen."

Halles Oberbürgermeister Dr. Bernd Wiegand heißt, daran anschließend, den djb willkommen: "In den Herausforderungen des digitalen Wandels liegen große Chancen: Als Standort der neuen Cyber-Agentur des Bundes befinden wir uns auf dem Weg zur vernetzten Stadt. Wichtig ist, die Bürgerinnen und Bürger auf diesem Weg zu begleiten. Dies muss bereits in den Schulen beginnen, weshalb wir auch dort die Digitalisierung vorantreiben. Investor*innen, Unternehmer*innen und Wissenschaftler*innen finden in unserem städtischen Dienstleistungszentrum Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung einen zentralen Ansprechpartner."

Zum Ende der Grußworte formuliert Dr. Afra Waterkamp, Vizepräsidentin des Landesverfassungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt, Präsidentin des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt, Vorsitzende des djb-Landesverbands Sachsen-Anhalt, eine wichtige Kritik des djb: "Studien belegen, dass auch die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen in hochqualifizierten und schon stark digitalisierten Branchen wie der IT-Technik ausgeprägt sind. Diese Ungleichbehandlung kann für den Deutschen Juristinnenbund, der sich seit über 70 Jahren für Geschlechtergerechtigkeit einsetzt, nicht weiter hinnehmbar sein."

Anschließend erklärt Dr. Christine Fuchsloch, Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts, Schleswig, Richterin des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg a.D., in ihrem lehrreichen Festvortrag anschaulich, warum Recht und Künstliche Intelligenz gemeinsam gedacht werden müssen: »Das eigentliche Risiko von maschinellen Algorithmen ist Kompetenz und binäre Konsequenz. Es geht um die Gestaltung der Zukunft durch Recht, durch demokratisches und sorgfältig abgewogenes Recht. Wir können nur dann über den Einsatz von Technik entscheiden, wenn wir als Gesellschaft wissen, was unsere Ziele und Wertvorstellungen sind."

Die Digitalisierung verändert unsere Gesellschaft – der 43. djb-Bundeskongress erkennt ihre Chancen und stellt sich ihren frauen- und rechtspolitischen Herausforderungen. Für eine Zukunft im Zeichen der Gleichberechtigung.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 12.09.2019

Die Bundesregierung ist verpflichtet, die Auswirkungen ihres Handelns auf die Gleichstellung von Frauen und Männern zu prüfen. Die Pflicht zur sogenannten gleichstellungsorientierten Folgenabschätzung, etwa bei Forschungsvorhaben oder Gesetzen, ist seit 2001 in § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung normiert. Die Pflicht ergibt sich aber auch aus Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes, denn: Der Staat kann die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern nur dann gewährleisten, wenn er um die tatsächlichen Auswirkungen seines Handelns weiß.

Auch das Bundesfinanzministerium weiß um diese Pflicht. Die Antworten auf eine aktuelle Kleine Anfrage zum Thema "Ehegattensplitting und Gleichstellung im deutschen Steuersystem" sind von daher ein Ärgernis. Die Pflicht ist zwar bekannt, wird aber faktisch nicht umgesetzt. "Die rechtliche Verankerung der gleichstellungsorientierten Folgenabschätzung allein genügt nicht", kritisiert die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbund e.V. (djb), Prof. Dr. Maria Wersig. "Wir benötigen den politischen Willen von oben, die fachliche Kompetenz, wirksame Durchsetzungsmechanismen und vor allem geschlechterdifferenzierte Daten."

Die Antworten auf die Fragen zur Verteilung der Steuerbelastung in Relation zum Bruttoeinkommen, zu den Einkünften vor Abzug von Werbungskosten oder der Inanspruchnahme von Steuerabsatzbeträgen fallen dünn aus. Der Grund: Es fehlt an geschlechterdifferenzierten Daten. Das Bundesfinanzministerium plant auch nicht, künftig die Erhebung derartiger Daten zu ermöglichen. Das ist schon deshalb erstaunlich, weil die Arbeitshilfe zur geschlechterdifferenzierten Gesetzesfolgenabschätzung nach § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung, die das Bundesfinanzminsterium laut Anfrage benutzt, genau dazu auffordert. Immerhin zeigen Auswertungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und des Statistischen Bundesamts, dass bestimmte Auswertungen entgegen der Praxis des Bundesfinanzminsteriums sehr wohl möglich sind.

Trotz der fehlenden geschlechterdifferenzierten Daten stellt das Bundesfinanzminsterium pauschal fest, dass bei der Prüfung von Gesetzesentwürfen zum Steuerrecht regelmäßig keine Anhaltspunkte ersichtlich seien, dass Frauen und Männer unterschiedlich betroffen sein können. Im Rahmen von Gender Mainstreaming werde grundsätzlich jedes Forschungsvorhaben auf seine Geschlechterrelevanz geprüft. Wie das konkret geschieht oder bislang umgesetzt wurde, bleibt offen. Es wird allein auf die formellen Anforderungen der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung und die entsprechende Arbeitshilfe verwiesen. Das Europäische Parlament hat erst Anfang des Jahres auf die vielfältigen Aspekte und potentiellen Nachteile des Steuersystems für die Gleichstellung von Frauen und Männern hingewiesen. Das Bundesfinanzminsterium sieht dennoch keinerlei Handlungsbedarf.

Das gilt insbesondere auch für das Ehegattensplitting, das – so das Bundesfinanzminsterium unter Bezug auf die Begründung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1982 – eine verfassungsrechtlich sachgerechte Besteuerung sei. Diese Argumentation, die Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes sowie Änderungen in anderen Rechtsbereichen, etwa im Unterhaltsrecht, vollkommen ausblendet, wird inzwischen sogar vom Wissenschaftlichen Beirat des Bundesfinanzminsteriums kritisch beurteilt. Die langjährige Kritik seitens des Europäischen Rats, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung oder dem Ausschuss für die Rechte der Frau der Vereinten Nationen wird vom Bundesfinanzminsterium ignoriert. Die inzwischen in diversen Studien nachgewiesenen negativen Auswirkungen des Ehegattensplittings im Hinblick auf die existenzsichernde Beschäftigung von Frauen schreibt das Bundesfinanzminsterium der Steuerklasse V zu. Die Nachteile ließen sich durch das Faktorverfahren vermeiden. Diese Argumentation führt aber in die Irre. Abgesehen davon, dass das Faktorverfahren nichts am Ehegattensplitting selbst ändert, wird das Faktorverfahren nur von 0,6 Prozent der nutzungsberechtigten Ehen und Lebenspartnerschaften gewählt. Es ist höchst fraglich, ob die im Koalitionsvertrag vorgesehene Information im Steuerbescheid diesen Anteil erhöht. Dennoch ist eine Streichung der Lohnsteuerklasse V nicht vorgesehen.

Einen Hoffnungsschimmer gibt es im Hinblick auf die langjährige Forderung des djb, die Steuerformulare gleichstellungsgerecht zu gestalten: Für 2021 wird die gleichstellungsorientierte Ausgestaltung von Steuerformularen und -bescheiden angestrebt: nicht nur im Hinblick auf Frauen und Männer, sondern auch für Menschen, die sich diesen Geschlechtern nicht zuordnen lassen wollen. Es wäre schön, wenn die dafür notwendigen – scheinbar sehr aufwendigen – Veränderungen der technischen Voraussetzungen auch die Erhebung und Auswertung geschlechterdifferenzierter Daten ermöglichen würden.

Fest steht: Die Bundesregierung verletzt mit der Vernachlässigung der Pflichten zur gleichstellungsorientierten Folgenabschätzung ihre verfassungsrechtlich verankerte Pflicht zur Gewährleistung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern.

Der djb fordert daher:

  • die Erhebung und Auswertung geschlechterdifferenzierter Daten im Steuerrecht
  • eine tatsächliche Analyse der Wirkungen des Steuersystems auf die Gleichstellung der Geschlechter und die Veröffentlichung dieser Analysen
  • die Gewährleistung von Genderkompetenz im Bundesfinanzminsterium selbst
  • transparente Entscheidungsmechanismen unter Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Verbände, die sich gegen geschlechtsbezogene Diskriminierungen wenden
  • und die Streichung der Lohnsteuerklasse V und realistische Reformvorschläge für die zeitnahe Einführung einer Individualbesteuerung.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 10.09.2019

Aus Anlass der aktuellen Haushaltsberatungen im Deutschen Bundestag fordert das Bündnis Istanbul-Konvention ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Dazu gehören vor allem eine staatliche Koordinierungsstelle und eine unabhängige, gesetzlich verankerte Monitoringstelle. Denn bislang gleichen die Maßnahmen zur Prävention und zum Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt einem Flickenteppich; die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen sowie den verschiedenen zuständigen Ministerien ist unzureichend.

Die Istanbul-Konvention ist ein Menschenrechtsabkommen des Europarats zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen und seit Februar 2018 in Deutschland geltendes Recht – leider immer noch mit Vorbehalten bezüglich der Rechte von Mi­grant*innen. Damit einher geht die Verpflichtung, umfangreiche Maßnahmen zur Prävention und Sanktionierung von Gewalt und zum Gewaltschutz zu treffen. Die Umsetzung der Konvention macht ein Gesamtkonzept erforderlich, das kontinuierlich überprüft und kontrolliert wird. Dafür fehlen in Deutschland bislang jedoch die Strukturen.

Das Bündnis Istanbul-Konvention fordert daher zeitnah eine staatliche Koordinierungsstelle, welche die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Ressorts auf Bundes- und Länderebene sowie deren jeweilige (Mit-)Verantwortung für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen organisiert. Diese Stelle muss mit einem klaren Mandat ausgestattet, hoch in der administrativen Hierarchie verankert und mit einem ausreichenden Budget abgesichert sein.

Die Istanbul-Konvention verlangt auch, dass koordinierte Maßnahmen der Gewaltbekämpfung und des Gewaltschutzes stetig überwacht werden. Daher fordert das Bündnis eine unabhängige Monitoringstelle auf gesetzlicher Grundlage. Diese soll die Umsetzung des Abkommens kontinuierlich beobachten und bewerten sowie Hinweise zur Verbesserung der politischen Praxis geben. Dazu muss sie Einblick in Statistiken von Behörden und Institutionen nehmen und eigene Forschung betreiben oder in Auftrag geben. Eine solche Stelle benötigt ausreichende und langfristig abgesicherte finanzielle und personelle Ressourcen, um ihre umfangreichen Aufgaben erfüllen zu können.

Wir fordern, dass im Bundeshaushalt 2020 entsprechende Mittel sowohl für die staatliche Koordinierungsstelle als auch für die unabhängige Monitoringstelle eingeplant werden. Denn nur mit diesen beiden Stellen kann Deutschland den Anforderungen der Istanbul-Konvention voll entsprechen. Wir fordern außerdem, dass zivilgesellschaftliche Organisationen in den Gremien beider Stellen angemessen beteiligt werden und so ihr langjähriges und fundiertes Praxiswissen in die Arbeit einbringen können.

Im Bündnis Istanbul-Konvention haben sich folgende Frauenrechtsorganisationen und weitere Bundesverbände mit dem Arbeitsschwerpunkt Gewalt gegen Frauen zusammengeschlossen. Wir verfolgen das Ziel, die Umsetzung dieser weltweit vorbildlichen Konvention als Zivilgesellschaft voranzutreiben und zu überwachen.

BAG Forsa e. V., BAG Täterarbeit e. V., bff e. V., BIG e. V., DaMigra e. V., DF e. V., djb e. V., Frauenhauskoordinierung e. V., gesine intervention, JUMEN, KOK e. V., S.I.G.N.A.L. e. V., Weibernetz e. V., ZIF

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 09.09.2019

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert eine Stärkung der politischen Partizipationsrechte von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Diese Rechte sollten sowohl im Grundgesetz als auch durch eine Absenkung des Wahlalters auf Bundesebene umfassender als bisher normiert werden. Zudem sollte die Bundesregierung gemeinsam mit Ländern und Kommunen eine Neuauflage des "Bundesweiten Aktionsplans für ein kindergerechtes Deutschland" auf den Weg bringen, der auch die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Fokus nimmt.

"Die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz sollte gleichermaßen den Vorrang des Kindeswohls, Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche sowie Entwicklungs- und Entfaltungsrechte absichern. Nur so kann eine nachhaltige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention gewährleistet und sichergestellt werden, dass die Verankerung von Kinderrechten nicht zur Symbolpolitik verkommt. Das würde auch einem gesamtgesellschaftlichen Interesse folgen: Denn die umfassendere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wird dazu führen, dass sich die heute jüngere Generation auch später für die Mitgestaltung und den Erhalt unserer Demokratie engagiert", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte zur Stärkung der politischen Partizipationsrechte von jungen Menschen in Deutschland.

"Eine Absenkung des Wahlalters würde dem veränderten Altersaufbau der Gesellschaft Rechnung tragen, da es inzwischen mehr Rentnerinnen und Rentner als Kinder und Jugendliche gibt. Mit dieser veränderten Gesellschaftsstruktur sind die Möglichkeiten der jungen Bevölkerung gesunken, ihre Interessen wahrzunehmen und durchzusetzen. Kinder und Jugendliche verfolgen gesellschaftliche Prozesse sehr aufmerksam, fühlen sich jedoch zu einem großen Teil von den politischen Parteien nicht vertreten. Dabei sind sie diejenigen, die am längsten von heute getroffenen politischen Entscheidungen betroffen sein werden. Die Absenkung des Wahlalters bei Landtags- und Kommunalwahlen in zahlreichen Bundesländern hat gezeigt, dass unsere Demokratie von der politischen Partizipation von Jugendlichen durch das Wahlrecht profitiert, und eine Koppelung der Wahlaltersgrenze an die Volljährigkeit auch auf der Bundesebene der Vergangenheit angehören sollte", so Hofmann weiter.

Fast 30 Jahre nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention steht Deutschland bei der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen vor einem föderalen Flickenteppich. Deshalb sollten aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes verbindliche Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen systematisch ausgebaut und strukturell verankert werden. Dabei geht es auch darum, die besonderen Ansichten von Kindern zu berücksichtigen, die sich von denen der Erwachsenen unterscheiden. Fachlich notwendig wäre aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes eine Bund-Länder-Konferenz unter Federführung der Bundesregierung, auf der die Vorteile der Kinder- und Jugendbeteiligung diskutiert und Handlungsempfehlungen für Bund, Länder und Kommunen erarbeitet werden, die in einen Nationalen Aktionsplan mit konkreten Maßnahmen und Reformen münden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 27.09.2019

Vom 16. bis zum 27. September standen deutschlandweit vielerorts die Elterntaxis still. Mehr als 70.000 Kinder aus mehr als 2.800 Klassen waren dem Aufruf des Deutschen Kinderhilfswerkes und des ökologischen Verkehrsclub VCD gefolgt und sind während der Aktionstage „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ zu Fuß, mit dem Roller oder Fahrrad zur Schule oder zum Kindergarten gekommen. Zusammen mit ihren Eltern, Lehrerinnen und Lehrern lernten die Kinder dabei, wie sie sich selbstständig sicher im Straßenverkehr bewegen können und warum ein Zuviel an Autoverkehr schlecht für das Klima und die Sicherheit der Kinder ist.

„Die Kinder lernen während der Aktionstage „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ nicht nur, wie sie sich selbstständig und sicher im Straßenverkehr verhalten, sondern bekommen auch früh ein Bewusstsein dafür, was gut und was schlecht für das Klima ist. Denn auch für Kindergarten- und Grundschulkinder ist Klimaschutz bereits ein Thema. Durch die Aktionstage können sie selbst mit ihren Eltern aktiv werden”, sagt Stephanie Päßler, Projektleiterin beim VCD für „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“.

Die besten Projektideen haben der VCD und das Deutsche Kinderhilfswerk mit bewegungsfördernden Gruppenspielen wie einem umfangreichen Ball-Set, einem Schwungtuch und einem Teller-Dart ausgezeichnet. Der erste Platz geht an die Aktion „Zu Fuß erlebst du einiges auf dem Schulweg“ der Luitpoldgrundschule aus Selb, die mit ihrer Buchmalaktion Geschichten und Bilder der Kinder auf ihrem Schulweg sammelte und in einem Buch vorstellt. Auf Platz zwei ist die Aktionsidee der Kita Zauberwald aus Oberursel, wo die Kinder zur Sensibilisierung der Gefahren durch Elterntaxis ein großes selbstgebasteltes Auto vor die Kita gestellt haben. Mit einem Rollerprojekt, in dem Kinder unter anderem einen Rollerführerschein machen können, hat die Kita Freundschaft e.V. aus Cottbus es auf Platz drei geschafft.

„Die vielen tollen Projekte, die während der Aktionstage stattgefunden haben, zeigen die Kreativität der Kinder und ihren Willen zur Veränderung. Sei es auf dem Schulweg oder bei den vielerorts chaotischen Zuständen vor dem Eingangstor. Unser Fokus richtet sich neben den Kindern insbesondere auch auf die Eltern. Sie sind die Hauptverantwortlichen für die allmorgendlichen Autokarawanen. Hier können die Eltern von den Kindern lernen, dass Zufußgehen Spaß macht und zudem das Selbstbewusstsein der Kinder stärkt“, sagt Claudia Neumann, Expertin für Spiel und Bewegung des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Weitere Informationen:

Aktionstage „Zu Fuß zur Schule“: www.zu-fuss-zur-schule.de Tipps für den sicheren Schulweg: www.vcd.org/sicher-zur-schule.html

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und Verkehrsclub Deutschland e.V. vom 26.09.2019

Für Initiativen, Vereine und Projekte der Kinder- und Jugendarbeit besteht noch bis zum 30. September 2019 die Möglichkeit, Anträge bei den Förderfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes zu stellen und bis zu 5.000 Euro zu erhalten. In Ausnahmefällen können Projekte sogar mit bis zu 10.000 Euro gefördert werden. Ziel der Förderfonds ist die Verbesserung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen unter dem Aspekt der Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen sowie die Bekanntmachung der Kinderrechte. Anträge können Vereine, freie Träger, Initiativen, Elterngruppen, Kinder- und Jugendgruppen sowie Schülerinitiativen für noch nicht begonnene Projekte stellen.

Das Deutsche Kinderhilfswerk hat in den letzten fünf Jahren durch seine Förderfonds 1.983 Projekte mit insgesamt rund 6.116.000 Euro unterstützt. Durch die Fonds erhalten Projekte, Einrichtungen und Initiativen finanzielle Unterstützung, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, zum Grundsatz ihrer Arbeit gemacht haben. Dabei geht es vor allem um Beteiligung in Bereichen demokratischer Partizipation, um Chancengerechtigkeit und faire Bildungschancen für benachteiligte Kinder, gesunde Ernährung oder kinder- und jugendfreundliche Veränderungen in Stadt und Dorf, auf Schulhöfen, Kita-Außengeländen oder Spielplätzen. Die Schaffung sinnvoller Freizeitangebote und Möglichkeiten zur Entwicklung einer kulturellen Identität, zu kultureller Bildung und Medienkompetenz sind ebenso Förderschwerpunkte.

So werden zum Beispiel Projekte gefördert, die das demokratische und politische Engagement von Kindern und Jugendlichen unterstützen, deren Mitbestimmung an Prozessen in Jugendeinrichtungen, Schule und Stadtteil ermöglichen, den Zugang zu Medien verbessern bzw. den kompetenten Umgang mit diesen befördern, oder Kinder und Jugendliche bei der kreativen Auseinandersetzung mit für sie relevanten Themen fördern. Ferner sollen Projekte Unterstützung erhalten, die bewegungsfördernde und interessante Spielorte im Wohnumfeld oder auf dem Schulgelände schaffen oder der Vernetzung, Sicherung bzw. Rückgewinnung von Spiel- und Aufenthaltsmöglichkeiten dienen. Voraussetzung für eine Bewilligung ist auch hier, dass die Kinder und Jugendlichen an der Planung und Durchführung des Projektes aktiv beteiligt werden.

Weitere Informationen zu den Förderfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes unter www.dkhw.de/foerderfonds.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und Verkehrsclub Deutschland e.V. vom 03.09.2019

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) hat mit Dr. Martin Bujard einen neuen Präsidenten. Die Mitglieder des Verbandes wählten Bujard mit großer Mehrheit. Die Wahl fand turnusgemäß am Freitag, 20. September, auf der Mitgliederversammlung in Riesa/Sachsen statt. Bujard folgt auf Christel Riemann-Hanewinckel, die das Amt seit 2009 innehatte.

Nach seiner Wahl erinnerte Bujard: „Von Familien wird viel erwartet. Aber Familie ist nicht optimierbar wie berufliche Tätigkeit. Sie braucht vielmehr Zeit, gerade wenn kleine Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu versorgen sind, aber vor allem auch gemeinsame Zeit, um Familie zu leben.“

Bujard ist Politikwissenschaftler und Soziologe. Er wirkt seit 2011 am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden, seit 2015 als Forschungsdirektor. Er forscht zu Fertilität, Familienpolitik und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Er hat sich in verschiedenen Gremien für Familienbelange engagiert, so u. a. im Wissenschaftlichen Beirat für Familienfragen des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der AG „Fortpflanzungsmedizingesetz“ der Nationalen Akademie der Wissenschaften und der AG „Familie als Gemeinschaft stärken“ bei der Demografiestrategie der Bundesregierung.

Neu gewählt als Vizepräsidentin wurde Rosemarie Daumüller. Bernd Heimberg wurde in seinem Amt als Vizepräsident bestätigt.

Als Beisitzerin und Beisitzer wurden neu gewählt Brigitte Meyer-Wehage und Prof. Dr. Christoph Schneider-Harpprecht. Gundula Bomm und Prof. Dr. Johanna Possinger stellten sich erneut zur Wahl und wurden in ihrem Amt als Beisitzerinnen bestätigt.

„Hauptsache gesund!“ war das Thema der Jahrestagung der eaf in Riesa. Im Zentrum der Tagung standen die notwendigen gesellschaftlichen Voraussetzungen, die es Familien ermöglichen, ihre gesundheitsfördernden und krankheitsbewältigenden Funktionen auch tatsächlich erfüllen zu können.

Quelle: Pressemitteilung EAF Berlin vom 23.09.2019

"In Deutschland wird Deutsch gesprochen!" Nur Deutsch? Unsere Gesellschaft ist längst in vielen Bereichen mehrsprachig geworden. Mehrsprachigkeit wird in vielen Familien gelebt.

„Mehrsprachigkeit ist eine Grundqualifikation für die offene, bewegliche und globale Welt des 21. Jahrhunderts“, betont Maria Ringler, Bildungsreferentin beim Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.

Englisch und Französisch als Welt- oder Wirtschaftssprachen genössen ein hohes Ansehen. Andere vielfältige sprachliche Ressourcen und Kompetenzen spielten dagegen bildungspolitisch kaum eine Rolle, würden oftmals nicht wahrgenommen und nicht anerkannt.

„Das Bildungssystem versteht sich noch immer als monolingual, also einsprachig. Angesichts der globalen Entwicklungen und der Migrationsbewegungen ist das überholt“, führt Ringler weiter aus.

Der Verband fordert die Politik daher auf, Mehrsprachigkeit stärker zu fördern. Ausbildungsgänge der Erzieher*innen und Lehrer*innen sollten verpflichtend Fächer wie Sprachliche Bildung im Kontext von Mehrsprachigkeit beinhalten. Die Politik sollte dafür sorgen, dass die Zahl bilingualer Kitas und Schulen zunimmt und dass ein qualitativer herkunftssprachlicher Unterricht im Schulalltag integriert und flächendeckend eingerichtet wird.

Mit dem Europäischen Tag der Sprachen erinnert die EU alljährlich daran, dass eine intensive Förderung der Mehrsprachigkeit über Europa hinaus von Bedeutung ist.

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V. vom 26.09.2019

Randvoll war die Düsseldorfer Jugendherberge am Samstag, dem 21. September 2019, als der Verband kinderreicher Familien Deutschland e. V. (KRFD) zu seinem sechsten Familienkongress eingeladen hatte. Gekommen waren 200 Teilnehmende aus ganz Deutschland, Familien mit Kindern vom Babyalter bis zum Jugendlichen.

In diesem Jahr stand der Kongress unter dem Motto „Erziehung ist Verantwortung – Elternrechte und Elternpflichten“.

Den Eröffnungsvortrag zum Thema „Kinderrechte ins Grundgesetz“ hielt Professor Dr. Gregor Kirchhof von der Universität Augsburg. Er erklärte, welche Schutzrechte bereits im Grundgesetz verankert seien und wie sich die aktuelle Diskussion um die Aufnahme eigener Kinderrechte ins Grundgesetz auswirke.

„Als Eltern wollen wir für unsere Kinder den besten Schutz und rechtliche Garantien für ein sicheres Aufwachsen““, so Dr. Elisabeth Müller, Bundesvorsitzende des KRFD. Ganz konkret und täglich sind die Eltern von der Digitalisierung herausgefordert. Sie wollen wissen, wie sie ihre Kinder auf neue Bildungswege und eine veränderte Arbeitswelt vorbereiten können. „Als Eltern müssen wir wirklich verstehen, was Digitalisierung bedeutet und welche Möglichkeiten sie in der Arbeitswelt, aber auch im sozialen Miteinander unserer Kinder eröffnet“, sagt Müller und verweist auf den profilierten Partner, den der KRFD gewinnen konnte: „Mit der HABA Digitalwerkstatt haben wir Expertise und Begeisterung zu uns holen können“. Lisa Lehnen, Leiterin der HABA Digitalwerkstatt Lippstadt, sieht ihre Erfahrung in der Kinderarbeit auch in Düsseldorf bestätigt: „Kinder sind neugierig und wollen herausfinden, wie man etwas benutzen und was man damit anstellen kann“, erklärte sie. „Kinder sollen unvoreingenommen kreativ werden können“, so Lehnen. Verena Pausder, Gründerin der HABA Digitalwerkstatt, formulierte es so: "Je mehr Lust und Spaß Eltern haben, digitale Bildung mit ihren Kindern gemeinsam zu erleben und auszuprobieren, desto größer die Chance, dass digitale Geräte für Kinder mehr als ein Gameboy werden und wir unsere Kinder zu Gestaltern der Zukunft machen".

Der Familienkongress nahm seinen Titel wörtlich und deswegen war für alle Altersgruppen etwas dabei. Kreativ wurde es für die Junior-HandwerkerInnen; Spielangebote sorgten für Abwechslung und viel Bewegung. Eltern von Babies fanden im Baby-Café einen Rückzugsraum.

Die jugendlichen Teilnehmenden lernten den direkt in der Nachbarschaft befindlichen Landtag von Nordrhein-Westfalen kennen. Als Gesprächspartner stand ihnen ein ausgewiesener Kenner der Landespolitik zur Seite. MdL Jens Kamieth führte die Jugendlichen durch das Parlament und erklärte „Wie geht Politik?“

„Der Familienkongress ist die bundesweit größte Veranstaltung für unseren zwar jungen, aber dynamisch wachsenden Verband“, so Müller. Uns ist wichtig, Mehrkindfamilien wieder ins Gespräch zu bringen. Zugleich wollen wir für die Familien aktuelle Themen aufbereiten und dazu Position beziehen.

Unterstützung und Rückendeckung erfährt der KRFD auch von Seiten der Politik: „Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat uns wieder finanziell unterstützt und diesen Kongress maßgeblich ermöglicht. Von Anfang an begleitet die Karl-Kübel -Stiftung den KRFD. Anerkennung erfährt unsere Arbeit durch die verlässliche Unterstützung der Landes- und Kommunalpolitik“, so Müller. Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke kam persönlich und verwies auf die Erfolge, die Düsseldorf mit dem sozialen Wohnungsbau gemacht habe. „Düsseldorf wurde bereits vor einigen Jahren als familiengerechte Stadt zertifiziert“, sagte Zepuntke in ihrem Grußwort und erinnerte an ein weiteres Alleinstellungsmerkmal der Metropole am Rhein: „Als erste Stadt überhaupt in Deutschland dürfen wir diesen Titel dauerhaft führen“. Jens Kamieth, Sprecher der CDU-Landtagsfraktion für Familie, Kinder und Jugend begrüßte die Teilnehmenden und betonte in seinem Grußwort „Der Verband kinderreicher Familien ist eine starke Stimme für die Anliegen und Bedürfnisse von Mehrkindfamilien, die ich persönliche und die wir als NRW-Koalition aus CDU und FDP sehr zu schätzen wissen.“

„So viele Teilnehmer wie in diesem Jahr konnten wir noch nie begrüßen“ freut sich Dr. Elisabeth Müller und bemerkt „Für die Familien ist es wirklich eine organisatorische Leistung, aus ganz Deutschland anzureisen. Das motiviert uns als Bundesvorstand enorm und zeigt unseren Gästen zugleich, wie beweglich und interessiert Mehrkindfamilien sind. Es lohnt sich, auf sie zu schauen und sie bewusst in die politische Gestaltung einzubeziehen.“

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD) vom 23.09.2019

Kein Kind darf bezüglich seiner Familienform benachteiligt werden

Seit dem 01. Oktober 2017 können in Deutschland gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Sprecherin des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Jahrzehnte haben wir für die Eheöffnung gekämpft und schließlich breite Mehrheiten in Gesellschaft und Parlament gewinnen können. Die Ehe für alle hat unsere Gesellschaft gerechter, offener und demokratischer gemacht. Doch nach wie vor gibt es gesetzlichen Regelungsbedarf. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert, dass Regenbogenfamilien in ihren diversen Konstellationen endlich rechtlich anerkannt und abgesichert werden. Die neue Justizministerin Christine Lambrecht muss die von ihrer Vorgängerin angegangene Reform des Abstammungsrechts vorantreiben und an die gelebte Familienvielfalt anpassen. Kein Kind darf bezüglich seiner Familienform benachteiligt werden.

Die im bisherigen Reformentwurf vorgesehene Mutterschaft der zweiten Mutter ab Geburt aufgrund der Ehe oder aufgrund der Mutterschaftsanerkennung ist ein wichtiger Schritt. Denn bislang erlangt etwa die Ehefrau der leiblichen Mutter ihre rechtliche Elternstellung nicht mit der Geburt des Kindes, sondern erst durch das langwierige und oft entwürdigende Verfahren der Stiefkindadoption.

Allerdings ist die im Entwurf vorgesehene unterschiedliche rechtliche Behandlung von privaten Samenspenden und ärztlich assistierter künstlicher Befruchtung bei den Anfechtungsrechten nicht sachdienlich. Der LSVD kritisiert an dem Entwurf auch, dass Vereinbarungen vor der Zeugung ausdrücklich ausgeschlossen und insgesamt keine verbindlichen Elternschaftsvereinbarungen zugelassen werden. Zudem lehnt der Entwurf die Verteilung von elterlicher Verantwortung auf mehr als zwei Personen ausdrücklich ab und sieht keinen selbstbestimmten Eintrag von trans- und intergeschlechtlichen Eltern in der Geburtsurkunde vor.

Auch für die Familiengründung von Zwei-Väter-Familien sind einvernehmliche familienrechtliche Lösungen zu finden, z.B. die Möglichkeit des rechtsverbindlichen Verzichts der leiblichen Mutter auf die Verwandtschaftsbeziehung zum Kind, sofern dieser keine finanziellen Hintergründe hat. Im Interesse des Kindeswohls sind zudem klare rechtliche Regelungen zur Vaterschaft für Kinder erforderlich, die aus ausländischen Leihmutterschaften mit Vätern aus Deutschland hervorgehen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weist hier in die richtige Richtung.

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 30.09.2019

LSVD fordert Bund-Länder-Programm / Innenministerien müssen endlich handeln

Laut Bundesinnenministerium wurden im ersten Halbjahr 2019 bereits 245 Fälle von Hasskriminalität gegen die sexuelle Orientierung erfasst, davon 54 Gewaltdelikte. Im gesamten 2018 waren es 351 erfasste Fälle. Dazu erklärt Helmut Metzner, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Der deutliche Anstieg in der Statistik zeigt, dass homophobe und transfeindliche Hasskriminalität in Deutschland zum Alltag gehören. Dabei geben die in der Statistik aufgeführten Fälle wegen unzureichender Erfassungsmethoden nur einen Bruchteil der realen Hasskriminalität gegen LSBTI wieder. Auch Angriffe auf Gedenkorte, wie das Denkmal für die Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen, haben zugenommen. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert ein umfassendes Bund-Länder-Programm gegen homophobe und transfeindliche Gewalt inklusive Präventionsmaßnahmen und konsequenter Strafverfolgung.

Die bisherige Ignoranz in den Innenministerien von Bund und vielen Ländern muss ein Ende haben. Homophobie und Transfeindlichkeit müssen in allen Aktionsplänen und Programmen zur Gewaltprävention ausdrücklich berücksichtigt werden. Es müssen endlich effektive Maßnahmen für Prävention, Erfassung und Strafverfolgung auf den Weg gebracht werden. Opferhilfe-Einrichtungen müssen ausreichend unterstützt werden. Länder und Kommunen müssen die Arbeit von LSBTI-Anti-Gewalt-Projekten angemessen fördern.

In den Bestimmungen zur Hasskriminalität, die 2015 in das Strafgesetzbuch eingeführt wurden, müssen ausdrücklich auch LSBTI-feindliche Motive benannt werden. Denn alle Erfahrung zeigt: Wenn homophobe und transfeindliche Hasskriminalität nicht ausdrücklich im Gesetz benannt ist, werden diese Motive in der Praxis der polizeilichen und staatsanwaltlichen Ermittlungen und damit auch bei der Strafzumessung kaum Beachtung finden.

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 26.09.2019

Abschlussbericht der Fachkommission erschienen

Die zum geplanten Verbot von sogenannten Konversionstherapien eingerichtete Fachkommission hat nun ihren Abschlussbericht veröffentlicht. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) dankt der Fachkommission für ihren ausführlichen Bericht. Wir fordern Gesundheitsminister Spahn nun dazu auf, zügig ein Gesetz vorzulegen, um die Durchführung, Bewerbung und Vermittlung dieser gefährlichen Angeboten zu verbieten. Hier müssen sich die Bundesärztekammer, die Landesärztekammern, die Psychotherapeutenkammer und die heilpraktischen Berufsverbände eindeutig positionieren und Verstöße auch berufsrechtlich ahnden.

Für den LSVD ist klar, dass es für die effektive Ächtung ein Maßnahmenpaket braucht. Vor allem religiöse Autoritäten wie die Deutsche Bischofskonferenz oder die EKD müssen öffentlich vor solchen gefährlichen Pseudo-Therapien warnen. Zudem muss das Thema in die Lehrpläne der Schulen aufgenommen werden, um gerade Kinder und Jugendliche vor diesen gefährlichen Angeboten effektiv zu schützen.

So darf es etwa keinerlei öffentliche Förderung für Institutionen geben, die solche „Behandlungen“ anbieten oder empfehlen. Ein eventueller Status der Gemeinnützigkeit oder als freier Träger der Jugendhilfe sollte aberkannt werden. Organisationen, die diese Angebote gut heißen, sollten mit Ausschluss aus Wohlfahrtsverbänden rechnen müssen.

Zudem fordert der LSVD, dem Grundrecht intergeschlechtlicher Menschen auf körperliche Unversehrtheit endlich Geltung zu verschaffen. Ärztinnen und Ärzte in Deutschland unternehmen bis heute unnötige Genitaloperationen an Kindern. Diese Operationen sind keine Heileingriffe, sondern verletzen massiv die Menschenrechte, Selbstbestimmung und Würde von intergeschlechtlichen Menschen. Das von der Bundesregierung versprochene Verbot dieser Zwangsoperationen muss endlich auf den Weg gebracht werden.

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 10.09.2019

Der Paritätische Wohlfahrtsverband warnt vor einem Betreuungsnotstand in Kitas und Horts, sollten nicht zügig die Weichen für bessere Rahmenbedingungen im Erzieher*innenberuf gestellt und eine verlässliche Finanzierung der Angebote garantiert werden. Der Verband weist darauf hin, dass sich der bereits jetzt akute – und gerade erst von der Bertelsmann-Stiftung konstatierte – Personalmangel in der Kindertagesbetreuung in den kommenden fünf Jahren massiv verschärfen werde. Laut Schätzungen des Verbandes seien mindestens eine Million zusätzliche Betreuungsplätze in Kitas und Horts notwendig, um Qualität, Bedarf und Rechtsansprüchen gerecht zu werden. Die Nachfrage nach qualifiziertem Fachpersonal werde in den kommenden Jahren drastisch steigen.

„Es werden mehr Kinder geboren und die Nachfrage nach passgenauen Betreuungsangeboten wächst stetig. Der Kita-Ausbau muss daher weiter vorangetrieben werden – nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ“, so Marion von zur Gathen, Leiterin der Abteilung Soziale Arbeit beim Paritätischen Gesamtverband. Nicht nur im vorschulischen Bereich, sondern auch in der Betreuung von Schulkindern müsse sich zügig etwas bewegen. „Wenn der von der Großen Koalition angekündigte Rechtsanspruch auf Betreuung auch für Schulkinder nicht zur Farce geraten soll, müssen jetzt die notwendigen neuen Plätze geschaffen werden“, so von zur Gathen. Der Paritätische geht von einem Platzbedarf in Höhe von mittelfristig mindestens einer Million zusätzlicher Plätze in Kitas und Horts aus.

Der Paritätische kritisiert, dass insgesamt zu wenig Mittel in die nachhaltige und strukturelle Stärkung des Betreuungssystems fließen. Das so genannte „Gute-Kita-Gesetz“ sei eine Enttäuschung gewesen. „Das gut gemeinte Gute-Kita-Gesetz läuft Gefahr, in der Praxis lediglich zum Stopfen von Haushaltslöchern missbraucht zu werden. Die Qualität droht auf der Strecke zu bleiben“, warnt Marion von zur Gathen. Ein Großteil der Mittel werde lediglich zur Refinanzierung einer allgemeinen Beitragsbefreiung eingesetzt, nicht aber für notwendige Verbesserungen der Qualität und der Arbeitsbedingungen der Fachkräfte. Um mehr Menschen für eine Ausbildung als Erzieher*in zu begeistern und Fachkräfte auch dauerhaft in dem Beruf zu halten, seien aber gerade hier dringend Maßnahmen und Investitionen notwendig. „Ohne ein großes finanzielles Engagement des Bundes werden die anstehenden Aufgaben nicht zu bewältigen sein. Es braucht endlich solide Lösungen, wie sich der Bund dauerhaft und verlässlich an den Kosten frühkindlicher und schulischer Betreuungsangebote beteiligen kann“, so von zur Gathen.

Quelle: PressemitteilungDer Paritätische Gesamtverband vom 26.09.2019

Einen „Pflegedeckel“ fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband, um die Eigenanteile zur Finanzierung der Pflege für die Betroffenen künftig auf maximal 15 Prozent der Kosten zu begrenzen. Der Verband will stattdessen die Pflegekassen stärker in die Pflicht nehmen. Es handle sich hier um eine echte und überfällige Neuausrichtung, um künftig nicht nur gute Pflege zu gewährleisten, sondern die Betroffenen auch vor Armut zu schützen.

„Es ist höchste Zeit, dass aus dem Festzuschuss der Pflegekasse eine verlässliche Versicherung wird. Es kann nicht sein, dass Pflegebedürftigkeit wieder zum außerordentlichen Armutsrisiko dieser Gesellschaft wird“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Laut aktueller Daten des Verbandes der privaten Krankenversicherung müssen Pflegebedürftige für einen Heimplatz immer mehr aus eigener Tasche bezahlen, die Eigenbeteiligung liege im Bundesdurchschnitt bei fast 1930 Euro. Der Paritätische nennt diese Zahlen alarmierend und mahnt zügige Reformen an, um die Betroffenen zu entlasten und die Pflegefinanzierung vom Kopf auf die Füße zu stellen.

Schon heute sei es so, dass die Rente meist nicht reiche, um die anfallenden Kosten für die eigene Pflege zu stemmen, warnt Schneider. Der Paritätische weist darauf hin, dass die durchschnittliche Rente für Neurentner*innen bei 874 Euro (West) bzw. 1019 Euro (Ost) liege und damit deutlich unter den durchschnittlich anfallendem Eigenanteilen für einen Heimplatz. Auch die Sozialhilfequote von fast 40 Prozent unter Pflegeheimbewohner*innen zeige, dass die Pflegeversicherung bei der Absicherung der Pflege bisher kläglich versagt. „Es kann nicht sein, dass Menschen fast ihr Leben lang in die Pflegekasse einzahlen und am Ende trotzdem in der Sozialhilfe und in Armut landen“, so Schneider. Der Paritätische fordert eine klare Haltelinie: 15 Prozent der Kosten sei das äußerste, was den Pflegebedürftigen an Eigenanteil zuzumuten sei. Perspektivisch sei die Einführung einer einheitlichen solidarischen Bürgerversicherung für alle anzustreben.

Wenn es die Bundesregierung ernst meine mit einer besseren Bezahlung von Pflegekräften und besseren Personalschlüsseln in der Pflege, sei es nach Ansicht des Verbandes unausweichlich, kurzfristig etwa 10 Milliarden Euro zusätzlicher Mittel in der Pflege bereitzustellen, sollen die Eigenanteile für die Pflegebedürftigen nicht weiter und sprunghaft ansteigen. „Wir erwarten von Gesundheitsminister Spahn, zeitnah konkrete Pläne vorzulegen, wie er zusätzliche Finanzmittel für die Pflege bereitstellen will“, so Schneider.

Quelle: PressemitteilungDer Paritätische Gesamtverband vom 24.09.2019

Als „beispielhaft“ bewertet der Paritätische Wohlfahrtsverband den vom Bundesarbeitsministerium unter dem Motto „Neue Arbeit – Neue Sicherheit“ initiierten Zukunftsdialog, dessen Ergebnisse heute von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in Berlin präsentiert werden. Die wertschätzende und strukturierte Einbindung von Bürger*innen und Verbänden habe zu konkreten Reformplänen geführt, die das Potenzial haben, den Sozialstaat nachhaltig zu stärken. Die Vorschläge zur Reform von Kindergeld und Teilhabeleistungen seien laut Paritätischem ein „großer Wurf“ im Kampf gegen Kinderarmut, auf den man lange gewartet habe.

„Die Vorschläge zur Reform der Leistungen für Kinder und Jugendliche kommen einer kleinen Revolution gleich. Endlich findet die Bundesregierung den Mut, sich von dem vermurksten Bildungs- und Teilhabepaket zu verabschieden“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Die Pläne des Arbeitsministeriums sehen u.a. eine Art „Kindergrundsicherung light“ in Form eines einheitlichen und einkommensabhängigen Kindergelds in Höhe von 389 Euro vor sowie die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Teilhabe im Kinder- und Jugendhilfegesetz, den der Paritätische und weitere Expert*innen seit Jahren gefordert haben. „Nur ein Rechtsanspruch sorgt dafür, dass auch entsprechende Angebote vorgehalten werden und wirklich jedes Kind, unabhängig von seinem Wohnort, bestmöglich in seiner Entwicklung gefördert wird“, so Schneider. Die seit ihrer Einführung umstrittenen Teilhabe-Gutscheine, die in der Praxis weitgehend ins Leere liefen, sollen abgeschafft werden, geplant ist eine pauschale Auszahlung von 15 Euro pro Monat an alle Anspruchsberechtigten. „Diese Pläne sind wirklich ein großer Wurf. Endlich nimmt die Bundesregierung den Rat der Expert*innen an und macht Schluss mit dem unsäglichen Stückwerk im Kampf gegen Kinderarmut“, so Schneider.

Auch bei den Plänen zur Reform der Arbeitslosenversicherung übernimmt das Bundesarbeitsministerium Vorschläge des Paritätischen. Enttäuscht ist der Verband jedoch von der Leerstelle im Bereich der Grundsicherung. „Dass die Regelsätze nicht angepasst werden, ist und bleibt ein ernstes Versäumnis. Wir werden als Verband auf jeden Fall weiter dran bleiben, damit es auch hier endlich für die Betroffenen Verbesserungen gibt“, so Schneider.

Der „Zukunftsdialog“ stellt nach Ansicht des Verbandes ein beispielhaftes Verfahren da, wie die Bundesregierung sowohl die Sicht von betroffenen Bürger*innen als auch die Expertise von Verbänden ergebnisorientiert einbinden kann. „In dem Ergebnisbericht finden wir uns mit unserer Expertise sehr gut wieder. Nun hoffen wir, dass die Bundesregierung die durch Expert*innen erarbeiteten Lösungen auch ernst nimmt und die Umsetzung wirklich anpackt“, so Schneider.

Quelle: PressemitteilungDer Paritätische Gesamtverband vom 20.09.2019

pro familia Modellprojekt „Fachdialognetz für schwangere, geflüchtete Frauen“ zieht positive Bilanz

Schwangere, geflüchtete Frauen erfahren Zugangsbarrieren zum Gesundheits- und Versorgungssystem. Um ihr Recht auf gleichberechtigte Teilhabe zu gewährleisten, empfiehlt sich eine persönliche und digitale Vernetzung der im Hilfesystem tätigen Akteur*innen. Damit eine effektive Zusammenarbeit möglich ist, benötigen diese Netzwerke zeitliche und personelle Ressourcen. Das sind zentrale Ergebnisse des Modellprojekts „Fachdialognetz für schwangere, geflüchtete Frauen“, die auf der Abschlusstagung am 25. September 2019 in Berlin vorgestellt wurden. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat das Modellprojekt gefördert.

Drei Jahre lang arbeiteten acht Fachinformations- und Vernetzungsstellen daran, regionale Netzwerke und Arbeitskreise für die Belange von schwangeren Geflüchteten zu sensibilisieren und die Kooperation untereinander zu verbessern. Sie waren an den pro familia Beratungsstellen in den Standorten Berlin, Bremen, Erfurt, Gießen, Hamburg, Karlsruhe, Leipzig und Mainz angegliedert. Die Fachkoordinatorinnen organisierten Fachveranstaltungen und Konferenzen zu Themen, die für die Versorgung von schwangeren, geflüchteten Frauen relevant sind. Darüber hinaus boten diese Veranstaltungen den Teilnehmenden Freiraum für Gespräche und fachlichen Austausch.

Ein wichtiges Ergebnis des Modellprojekts ist, dass schwangere, geflüchtete Frauen die Regelleistungen in der medizinischen Versorgung rund um Schwangerschaft und Geburt, die ihnen zustehen, oft nicht in Anspruch nehmen können. Gründe dafür liegen unter anderem in umständlichen Abrechnungsverfahren, in Sprachbarrieren und in der Isolation der Frauen durch schlecht angebundene Unterkünfte. Damit die Regelleistungen für schwangere, geflüchtete Frauen barrierefrei zugänglich sind, müsste deshalb eine elektronische Gesundheitskarte für Geflüchtete flächendeckend eingeführt sowie Angebote zum Dolmetschen in der medizinischen Versorgung gewährleistet und finanziert werden. Außerdem sollten die Fahrt- und Transportkosten zu Besuchen von Fachärzt*innen, Hebammen und Krankenhausaufenthalten übernommen werden, um sicherzustellen, dass Frauen einen barrierefreien Weg zu medizinischer Versorgung haben.

„Schwangere, geflüchtete Frauen haben ein deutlich erhöhtes Schwangerschaftsrisiko und sehen sich in unserer Gesellschaft mit vielen Hürden und Zugangsbarrieren konfrontiert“, betonte die pro familia Bundesvorsitzende Dörte Frank-Boegner. „Diese Barrieren abzubauen, ist das erklärte Ziel vieler Fachkräfte, die mit schwangeren, geflüchteten Frauen arbeiten. Ihrer guten Vernetzung kommt dabei eine Schlüsselfunktion zu“.

Das Modellprojekt machte deutlich, dass sich eine Verzahnung persönlicher und digitaler Vernetzung von Fachkräften bewährt. Die etwa 800 Akteur*innen, die im Rahmen des Modellprojektes miteinander kooperiert haben, profitierten einerseits von der Webplattform www.fachdialognetz.de, auf der themenrelevante Termine, Angebote, Expert*innen und Materialien zu finden sind. Andererseits bot die persönliche Vernetzung auf Fachveranstaltungen den Akteur*innen die Möglichkeit, spezifisches Wissen zu erwerben, zu erkennen, wo es ähnliche Herausforderungen und Doppelstrukturen gibt sowie gemeinsam gegen identifizierte Missstände anzugehen. Als wichtiger Aspekt erwies sich, dass es eine eigene Koordination braucht, um die verschiedenen Akteur*innen im Bereich Schwangerschaft und Flucht, zu denen auch Migrant*innenselbstorganisationen gehören, gut zu vernetzen.

Für eine gute Netzwerkarbeit sind zeitliche und personelle Ressourcen erforderlich, zeigte das Modellprojekt. Und, dass digitale Tools eine wichtige Rolle spielen, den persönlichen Austausch im Rahmen von Treffen und Veranstaltungen aber nicht ersetzen.

Quelle: Pressemitteilung pro familia Bundesverband vom 25.09.2019

pro familia stellt die Ergebnisse eines Modellprojekts vor und fordert dringend eine bundesweite gesetzliche Lösung

Es gibt in Deutschland einen hohen Bedarf an kostenlosen Verhütungsmitteln. Die Auswertung des pro familia Modellprojekts biko zeigt, dass Frauen, die wenig Geld haben, für eine sichere Verhütung eine Kostenübernahme brauchen. Dies betrifft nicht nur Sozialleistungsbezieherinnen, auch Geringverdienerinnen und Studentinnen haben Probleme, ihre Verhütung zu finanzieren. Zusätzliche Wege, Wartezeiten, Fahrtkosten und die Angst vor Stigmatisierung erwiesen sich beim Zugang zur Kostenübernahme im Modellprojekt als Barriere. Dem muss bei einer gesetzlichen Lösung Rechnung getragen werden, betont pro familia. Nötig sei eine niedrigschwellige Lösung, die alle Menschen und alle Verhütungsmethoden einschließe.

Auf der Abschlussveranstaltung des pro familia Modellprojektes „biko – Beratung, Information und Kostenübernahme bei Verhütung“ am heutigen 10. September 2019 in Berlin wurden die Evaluationsergebnisse präsentiert. Mit dem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Projekt erprobte pro familia über drei Jahre an sieben Standorten ein Kostenübernahmemodell für Frauen mit geringem Einkommen. Frauen konnten die für ihre Lebenssituation am beste geeignete Verhütungsmethode auswählen, die allerdings verschreibungspflichtig sein musste. Ein Großteil der Frauen, die eine Kostenübernahme erhielten, nahmen das Angebot der freiwilligen Verhütungsberatung an. Fragen zu den einzelnen Verhütungsmethoden und deren gesundheitliche Verträglichkeit standen dabei im Vordergrund.

Frauen jeder Altersgruppe bis 49 Jahren waren im Modellprojekt vertreten. Sie verfügten über unterschiedliche Bildungsabschlüsse und gingen unterschiedlicher Beschäftigung nach. Auch die Familiensituation stellte sich als sehr heterogen dar und die Mehrheit der Frauen hatte Kinder.

In den qualitativen Interviews im Rahmen der Studie äußerten mehr als die Hälfte der befragten Frauen, dass sie ohne eine Kostenübernahme nicht oder weniger sicher verhüten. Ist das Geld knapp, werden akut nötige Anschaffungen getätigt und die Verhütung aufgeschoben.

In einem hochentwickelten Land wie Deutschland ist dies ein Armutszeugnis. pro familia vertritt die Auffassung, dass Verhütungsmittel zur Grundversorgung gehören. Die Bundesregierung hat sich über die internationale Frauenrechtskonvention CEDAW verpflichtet, den Zugang zu Verhütung für alle Menschen sicherzustellen. Selbst unter den engen Rahmenbedingungen des Modellprojekts, das nicht-verschreibungspflichtige Verhütungsmittel und Männer ausschloss, hat sich deutlich gezeigt, dass es Defizite in der Versorgung gibt. pro familia geht nun einen Schritt weiter und fordert die Bundesregierung dazu auf, anzuerkennen, dass Verhütung eine Grundbedingung für sexuelle und reproduktive Gesundheit ist und daher allen Menschen, auch Männern, niedrigschwellig zur Verfügung stehen muss. Im Einzelnen fordert der Verband:

  1. Verhütung muss in den Leistungskatalog des dritten Kapitels SGB V der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden, ebenso in den Basistarif der privaten Krankenversicherungen.
  2. Für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und für nicht Krankenversicherte müssen angepasste Regelungen bzw. gesonderte Zugänge in Zusammenarbeit mit Beratungsstellen geschaffen werden.
  3. Wegen der besonderen Dringlichkeit muss in einem ersten Schritt die unter Punkt 1 genannte Regelung für Menschen mit geringem Einkommen gelten. Darunter fallen alle Menschen, die unter der individuellen Einkommensgrenze analog der Kostenübernahme beim Schwangerschaftsabbruch liegen.
  4. Begleitend soll eine freiwillige Verhütungsberatung ausgebaut werden, die Menschen in ihrem Menschenrecht auf Verhütung stärkt und besonderen Beratungsbedarf, beispielsweise von Menschen mit geringen Deutschkenntnisse oder Lernschwierigkeiten, abdeckt.

Der Bericht mit den Ergebnissen der Evaluation des Modellprojekts biko ist hier abrufbar.

Hintergrundinformationen und Studienergebnisse zum Thema Kostenübernahme von Verhütung haben wir hier zusammengestellt.

pro familia hat zum Menschenrecht Verhütung und der Forderung einer Kostenübernahme für Verhütung eine „Offenbacher Erklärung“ abgegeben, die hier abrufbar ist.

Quelle: Pressemitteilung pro familia Bundesverband vom 10.09.2019

Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) stellt heute Eckpunkte für eine Reform des Kindesunterhaltsrechts vor. „Kernelement einer Reform muss die Einführung eines Grundsatzes familiärer Solidarität nach Trennung sein“ erläutert Daniela Jaspers, VAMV-Bundesvorsitzende, „damit die Existenz von Kindern im Haushalt beider Eltern gut gesichert ist.“

Bislang bekannt gewordene Reformideen der FDP und des Deutschen Juristentages sehen vor, ab 30 Prozent Mitbetreuung durch den Vater die Mutter dazu zu verpflichten, Barunterhalt für das Kind zu erwirtschaften. „90 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen. Wie sollen sie das unter den derzeitigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen schaffen?“ fragt Jaspers. „Vor der Trennung hat überwiegend die Teilzeit der Mütter die Karriere von Vätern ermöglicht. Nach der Trennung stehen die Mütter wegen der geleisteten Familienarbeit mit deutlich schlechteren Erwerbschancen da. Bereits jetzt sparen die Mütter am eigenen Leibe, um den unzureichenden Kindesunterhalt aufzustocken und den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen“, mahnt Jaspers.

Anfang September vorgestellte Daten des Familienministeriums belegen, dass fast 50 Prozent der unterhaltsverpflichteten Väter nicht zahlen, obwohl sie dazu in der Lage wären. „Diese fehlende Solidarität mit den Müttern und Kindern muss der Gesetzgeber jetzt einfordern“, verlangt Jaspers. „Dafür brauchen wir statt einer Barunterhaltspflicht für Mütter, die gleichzeitig bis zu 70 Prozent der Betreuung stemmen sollen, ein faires Stufenmodell beim Kindesunterhalt!“

Erst im paritätischen Wechselmodell kann eine Barunterhaltspflicht beider Eltern fair sein. Aber auch hier ist Solidarität gefragt. Mütter, die durch familienbedingte Nachteile in ihrer Erwerbsfähigkeit ein-geschränkt sind, brauchen Übergangsfristen um am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, bevor sie Kindesunterhalt verdienen können. Das gilt für die wenigen Väter, die für die Kinderbetreuung vor der Trennung beruflich mehr als die Mutter zurückgesteckt haben, selbstverständlich ebenso.

Die Reformvorschläge des VAMV und weitere Hintergrundinformationen finden Sie auf der Homepage des Verbandes www.vamv.de.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 25.09.2019

Hierzu kommentiert das ZFF:

Wie der VAMV, so fordert auch das ZFF Solidarität nach Trennung und damit die bessere Unterstützung von Familien nach einer Trennung, insbesondere durch Beratung, Begleitung, die Anerkennung eines Umgangsmehrbedarfs und eine auskömmliche Kindergrundsicherung, die das Existenzminimum des Kindes absichert. Dabei bleiben die Unterhaltspflicht bestehen und somit die Pflicht der Eltern, für das Kind (auch finanziell) zu sorgen.

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 16. Oktober 2019

Veranstalter: Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG)

Ort: Berlin

Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten rund um die Digitalisierung der Arbeitswelt und der Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern wollen wir Anregungen aus dem Gutachten für den Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung für die kommunale Praxis weiterdenken.

Die Digitalisierung erlaubt es immer mehr Beschäftigten, ihre Arbeitsorte und -zeiten zu flexibilisieren und eigene Zeitsouveränität zu schaffen. Neben Chancen gibt es aber auch Risiken, wie die Gefahren der Entgrenzung, Überforderung und Überlastung. Wie können wirksame Schutzmechanismen aussehen? Wie kann die Kommune als Arbeitgeberin ihre Attraktivität steigern, um die Erwartungen von jungen Frauen und Männern zu erfüllen?

Die berufliche Karriere von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst wird häufig durch eine so genannte gläserne Decke begrenzt. Welche Rolle kommt der fortschreitenden Digitalisierung zu? Wer wird hier sichtbar, wie wirkt sich dies auf zukünftige Beurteilungs- und Bewertungsverfahren aus? Darüber hinaus wird uns die Frage beschäftigten, wie sich die Verwaltungskultur vor diesen Herausforderungen verändern wird, damit alle Beschäftigten – Männer und Frauen, Eltern und Nicht-Eltern, Jüngere und Ältere – davon profitieren.

Bei allen genannten Themen sind die Handlungsempfehlungen aus dem Zweiten Gleichstellungsbericht der rote Faden für Impulse und Diskussionen.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie unter: www.frauenbeauftragte.org/veranstaltung-zum-zweiten-bundesgleichstellungsbericht.

Termin: 17. Oktober 2019

Veranstalter: Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung

Ort: Berlin

Die Ungleichheit der Einkommen und Vermögen ist hierzulande größer als in vielen anderen Industriestaaten. Die Zahl der Superreichen und ihre Vermögen nehmen stetig zu. Auf der anderen Seite wächst aber auch die Zahl der von Armut betroffenen Menschen – und das trotz guter wirtschaftlicher Lage und eines sehr robusten Arbeitsmarktes. Wenige haben viel, viele haben wenig. Das bleibt nicht ohne Folgen.

Die Wirtschaft ist aufgrund der in den vergangenen Jahrzehnten zunehmenden Ungleichheit hinter ihren Wachstumsmöglichkeiten zurückgeblieben. Und die rechtspopulistischen, nationalistischen und antieuropäischen Tendenzen in Teilen unserer Gesellschaft sind auch Ausdruck dessen, dass sich ein wachsender Teil der Bevölkerung zunehmend aus der Gesellschaft ausgegrenzt fühlt. Stark wachsende Ungleichheit schadet nicht nur der Wirtschaft, sie ist auch sozial ungerecht und verbaut Menschen Lebenschancen.

Wietere Informationen und die Anmeldung finden Sie unter: https://www.boeckler.de/veranstaltung_wsi_121576.htm

Termin: 21. bis 23. Oktober 2019

Veranstalter: Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V.

Ort: Berlin

Die diesjährige Herbsttagung des Bundesfachverbands umF steht unter dem Motto „Gut ange-kommen?!“. Sie stellt neben aktuellen Themen aus der Praxis der Arbeit mit unbegleiteten min-derjährigen Flüchtlingenund aktuellen Gesetzesänderungendas Thema Familie in den Fokus: Von Familienzusammenführung in der EU und aus Drittstaaten, der Arbeit mit Eltern bis zu den Angeboten der Jugendhilfe für Familien.Die Veranstaltung bildet den Abschluss des Projektes „Gut ankommen –Fachkräfte qualifizieren. Kindgerechte Aufnahme unbegleiteter Minderjähriger“ von terredes hommesDeutschland, dem Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht und dem Bundesfachverband umF. In die-sem Rahmen werden Partner/innen aus der Türkei, Griechenland und Italien einen Einblick in ihre Arbeit geben und die Frage beantworten, unter welchen Voraussetzungen Zusammenführun-gen, Relocation und Resettlement in ihrer Praxis funktionieren und welche Unterstützung hierfür durch Fachkräfte in Deutschland geleistet werden kann.Die Herbsttagung richtet sich an Mitarbeitende von Jugendämtern, Trägern der Jugendhilfe, Bera-tungsstellen, Vormund/innen und andere Personen,die mit minderjährigen Geflüchteten arbei-ten. Ihr Ziel ist zudem die bundesländerübergreifende Vernetzung zwischen Fachkräften.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie unter: https://b-umf.de/veranstaltungen/herbsttagung-2019/

Termin: 26. Oktober 2019

Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung

Ort: Berlin

Die Zahl der Ausreisen zu erhöhen, ist erklärtes Ziel der Bundesregierung und dominiert vielfach auch die migrationspolitischen Entscheidungen in der EU. Dafür wird verstärkt auf Abschiebungen und Mittel zur Förderung der „freiwilligen Rückkehr“ zurückgegriffen. Dieses Vorhaben wird ungeachtet der Situation in einigen Herkunftsländern, die einer sicheren Rückkehr und Reintegration entgegensteht, vorangetrieben.

Bei der Verfolgung ordnungspolitischer Interessen wird zunehmend auch auf die Entwicklungszusammenarbeit und auf Programme der Förderung „freiwilliger Rückkehr“ gesetzt. Rund 150 Millionen Euro stellt das BMZ bis 2020 allein für das Programm „Perspektive Heimat“ in Aussicht, um Rückkehr in Länder wie Kosovo, Afghanistan oder Nigeria zu unterstützen und eine Reintegration zu ermöglichen.

Mit der Fachtagung soll ein Bogen von der politischen Debatte hier zur Situation vor Ort gespannt werden. Was heißt es für Flüchtlinge und Migrant/innen, in von Gewaltkonflikten geprägte Länder zurückzukehren? Unter welchen Bedingungen kann von einer nachhaltigen Reintegration ausgegangen werden? Wie „freiwillig“ geschieht die Rückkehr heute tatsächlich und womit sehen sich Beratungsstellen konfrontiert? Welche Gestaltungsspielräume gibt es?

Diese und weitere Fragen sollen gemeinsam mit eingeladenen Expert/innen diskutiert werden.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie unter: https://calendar.boell.de/de/event/rueckkehr-um-jeden-preis

Termin: 30. Oktober 2019

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.

Ort: Berlin

Die Ganztagsbetreuung von Kindern im Grundschulalter ist für viele Eltern und Kinder ein drängendes Problem. Nach der Betreuung in der Kita stellt sich beim Übergang ihrer Kinder in die Grundschule für viele Eltern erneut die Frage nach der Möglichkeit, der Verlässlichkeit und der Qualität der Ganztagsbetreuung. Der Ausbau der Ganztagsbetreuung ist im Koalitionsvertrag verankert und insbesondere seit Anfang 2019 ist neuer Schwung in die Debatte gekommen, wie die Ganztagsbetreuung als gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen als Rechtsanspruch bis zum Jahr 2025 umgesetzt werden kann.

Die AGF-Veranstaltung stellt den Qualitätsaspekt der Ganztagsbetreuung aus Sicht der Familien ins Zentrum der Diskussion. Was sind die entscheidenden Faktoren, die eine gute Qualität ausmachen? Welche Rahmenbedingungen braucht es, um eine hohe Qualität in der Praxis tatsächlich erzielen zu können? Ferner sollen der aktuelle politische Prozess reflektiert und Empfehlungen für die Ausgestaltung diskutiert werden.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie unter: https://www.ag-familie.de/home/termine.html?

Termin: 30. Oktober 2019

Veranstalter: Projekt ElternStärken

Ort: Berlin

Es sollen geschlechtsspezifische Rollenklischees überwunden werden. Auch Männer* könn(t)en alles, aber gesellschaftlich verankerte Geschlechterbilder machen es ihnen oftmals schwer. Darum wollen wir mit unserer Fachveranstaltung »Männer gut beraten« die Perspektive »Männer« für den gleichstellungspolitischen Diskurs weiter schärfen. Wichtige Fragen sind:

  • Wo haben Männer eigenen Unterstützungsbedarf?
  • Was brauchen Männer, um selbst gleichberechtigter leben zu können?
  • Wo gibt es Nachholbedarf, um ökonomische, rechtliche und kulturelle Hürden auch für Männer abzubauen?

Weitere Informationen zum Programm und die Anmeldung finden Sie unter: https://bundesforum-maenner.de/event/maenner-gut-beraten/

Termin: 16. November 2019

Veranstalter: Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)

Ort: Berlin

An diesem Tag steht alles unter dem Motto „Bildet Banden!“: Sich füreinander stark machen und solidarisch sein – unter Frauen.

In Workshops zu unterschiedlichen Themen können die Teilnehmer_innen gemeinsam Neues lernen und sich gegenseitig austauschen: Finanzen, Berufseinstieg, Netzwerken, Partnerschaftlichkeit, Empowerment und vieles mehr.

Außerdem wollen wir die Bedürfnisse und gleichstellungspolitischen Forderungen von jungen Frauen zusammentragen und direkt an die Politik weitergeben. Junge Politikerinnen der Parteien sind da, um den Teilnehmer_innen zuzuhören. Vor allem junge Frauen sind eingeladen zum Netzwerken, Bandenbilden und Stärke zeigen.

Weitere Informationen zum Programm und die Anmeldung finden Sie unter: https://www.was-verdient-die-frau.de/netzwerktag

Termin: 25. November 2019

Veranstalter: Volkssolidarität Bundesverband e.V

Ort: Berlin

Ob in Elterngesprächen, im Austausch mit Kolleg*innen, Mitarbeiter*innen der Verwaltung oder den eigenen Vorgesetzten, im Gespräch mit oder zwischen Kindern und Jugendlichen: die Diskussionskultur unserer Gesellschaft hat sich verändert. Platte Sprüche gespickt mit Vorurteilen und Abwertungen gegenüber Menschen verschiedener Herkunft oder sexueller Orientierung, des anderen Geschlechts oder anderer sozialer Milieus begegnen vielen von uns immer häufiger. Auf diese abwertenden Kommentare oder Parolen zu reagieren, fällt nicht immer leicht – sind wir doch oft schockiert, emotional involviert oder selbst betroffen.

An unserem Fachtag wollen wir uns gemeinsam mit Ihnen und unseren geladenen Expert*innen mit verschiedenen menschenfeindlichen Perspektiven und Anschauungsweisen auseinandersetzen. In Impulsvorträgen erhalten Sie zunächst einen Überblick über Strategien und die Agenda der extremen Rechten, die diese Entwicklung vorantreiben – sowohl gesamtgesellschaftlich betrachtet als auch auf den spezifischen Bereich der pädagogischen Bildung bezogen. In unseren anschließenden Workshops werden wir uns mit Methoden vorurteilsbewusster Erziehung und vorurteilsbewussten Handelns beschäftigen und gemeinsam alltagstaugliches Wissen, Gegenstrategien und -argumente erarbeiten und trainieren, um Menschenfeindlichkeit im Kontext erzieherischer und sozialpädagogischer Praxis gestärkt entgegenzutreten. Dabei schauen wir neben der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen auch auf den Umgang und den Austausch mit Eltern, Kolleg*innen, Mitarbeiter*innen und Vorgesetzten. Fachliches Vorwissen ist nicht notwendig.

Die Teilnahme ist kostenlos. Anfallende Fahrt und/oder Übernachtungskosten können nicht erstattet bzw. übernommen werden.

Nähere Informationen zum Programm und zur Anmeldung folgen.

Termin: 09. bis 10. Dezember 2019

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Ort: Weimar

Der Rückgriff im Rahmen des Unterhaltsvorschussgesetzes ist immer wieder Gegenstand intensiver Diskussionen. Bund und Länder haben hierzu einen gemeinsamen Prozess auf den Weg gebracht, der einerseits die Entwicklung von Standards für den Verwaltungsvollzug sowie andererseits die Diskussion der Frage einer Zentralisierung des Rückgriffs zum Inhalt hat. Viele Länder und Kommunen beschäftigen sich intensiv mit Verbesserungen und entsprechenden Umstrukturierungen im Bereich des Rückgriffs. An vielen Stellen haben sich konkrete Konzepte sowie gut funktionierende Strukturen etabliert. Ausgehend von konkreten Strategien und Praxisbeispielen wollen wir mit Ihnen notwendige Rahmenbedingungen und verschiedene Konzepte eines erfolgreichen Rückgriffs diskutieren.

Der Fachtag dient dabei insbesondere auch dem Austausch zwischen Vertreter/innen der kommunalen Praxis mit Vertreter/innen von Bund und Ländern sowie Fachverbänden und Wissenschaft. Die Veranstaltung richtet sich daher an Fach- und Leitungskräfte von Verbänden und Kommunen, kommunale Entscheidungsträger/innen, Leitungskräfte der Kinder- und Jugendhilfe, Fach- und Leitungskräfte von Bund und Ländern, Expert/innen aus Wissenschaft und Praxis.

Anmeldeschluss ist der 7. Oktober 2019

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Veranstaltungsprogramm finden Sie unter: www.deutscher-verein.de/de/va-19-rueckgriff-uvg

AUS DEM ZFF

Eltern übernehmen für die Sozialversicherung eine doppelte Rolle: Zum einen entrichten sie als Erwerbstätige Sozialversicherungsbeiträge. Zum anderen erbringen sie mit ihren Erzie­hungsleistungen einen „generativen Beitrag“, indem sie die künftige Generation der Bei­tragszahler*innen großziehen. So sorgen sie für den Fortbestand unserer Sozialversiche­rungssysteme. Gleichzeitig kommt es für sie aber zu einer spezifischen Benachteiligung im lohn- und beitragsorientierten Sozialver­sicherungssystem: Viele Eltern müssen ihre Erwerbstätigkeit wegen der Kindererziehung einschränken, so dass die Gefahr von Lücken in den Erwerbsbiografien größer ist bzw. der Lohn und damit die Höhe der abgeführten Beiträge niedriger sind, als bei kinderlosen Versicherten. Aus niedrigen Beiträgen resul­tieren im lohn- und beitragsorientierten Sys­tem der gesetzlichen Rentenversicherung allerdings niedrige Rentenleistungen in der Zukunft. Vor diesem Hintergrund wird jüngst verstärkt über die Frage diskutiert, ob Kinder­erziehung auf der Beitragsseite in der gesetz­lichen Rentenversicherung berücksichtigt werden muss. Hierzu ist ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig (Akten­zeichen: 1 BvR 2824/17), mit dem Beitrags­entlastungen in der gesetzlichen Rentenversi­cherung erzwungen werden sollen. Wir erwarten das Urteil in der nächsten Zeit.

Der AWO Bundesverband und das Zukunftsforum Familie (ZFF), der familienpolitische Fachverband der AWO, haben sich intensiv mit diesem Problem des „generativen Beitrags“ in der Sozialversicherung auseinandergesetzt und hierzu eine gemeinsame Erklärung verabschiedet. Dabei unterstreichen wir zwar den Beitrag, den Familien durch die Erziehung von Kindern leisten, kommen jedoch zu dem Schluss, dass eine Entlastung auf der Beitragsseite der falsche Weg ist, um Familien gerecht zu werden:

Unserer Ansicht nach ist das System der Sozialversicherung nicht dazu da, Beiträge zu erheben, sondern Leistungen für die Versicherten bereit zu stellen. Und diese Leistungen gilt es zu erhalten und an einigen Stellen auszubauen – und nicht durch massive Beitragseinbußen, die ein Absenken von Beitragspflichten vermutlich zur Folge hätte, zu gefährden. Darüber hinaus wäre eine solche Umverteilung sozial ungerecht, indem sie immer diejenigen stärker entlasten würde, die auch höhere Beiträge zahlen, da sie höhere Erwerbseinkommen erzielen. Eltern, die bspw. auf Grund von Arbeitslosigkeit oder geringfügiger Beschäftigung keine Beiträge entrichten, gingen leer aus. Schließlich könnte eine beitragsseitige Entlastung auch zu unerwünschten Umverteilungen zwischen Geschlechtern führen: Indem Männer heute immer noch höhere Einkommen auf dem Arbeitsmarkt erzielen, würden sie stärker entlastet werden. Frauen hingegen profitieren häufiger von zusätzlichen Leistungen in der Rentenversicherung wie bspw. der Mütterrente. Sollte auf Grund von Einnahmeeinbußen in der Rentenversicherung die Mütterrente gekürzt werden, so würden überwiegend Frauen dabei verlieren.

Anstatt also neue Gerechtigkeitsprobleme zu schaffen, fordern AWO und ZFF den beson­deren Belastungen und Benachteiligungen von Versicherten mit Kindern auf der Leistungsseite besser als bisher gerecht zu wer­den.

Hierzu ist insbesondere erforderlich, dass die Kindererziehungszeiten besser als bisher in der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt und aus Steuermitteln finanziert werden, die Pflege von Angehörigen ebenfalls in der gesetzlichen Rentenversicherung besser als bisher honoriert wird und dass der Familienlastenausgleich außerhalb der Sozialversicherung in Form einer Kindergrundsicherung endlich „vom Kopf auf die Füße“ gestellt wird. So hätten vor allem die Familien etwas davon, die unsere gesellschaftliche Unterstützung am dringendsten brauchen!

Die Gemeinsame Erklärung von AWO und ZFF zur Frage des generativen Beitrags in der Sozialversicherung finden Sie hier.

Das Aktionsbündnis „Wohnen ist Menschenrecht“ zieht ein Jahr nach dem Wohngipfel im Bundeskanzleramt eine erste Bilanz. Nichts hat sich geändert: Eine Million bezahlbare Mietwohnungen fehlen in Deutschland, die Mieten steigen weiter und die Bundesregierung bleibt nahezu untätig. Das ZFF unterstützt das Aktionsbündnis und fordert auch die Familienpolitik dazu auf, über Wohnbedürfnisse und die Sicherung des familiären Zuhauses nachzudenken.

Dazu erklärt Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF:

„Wohnungspolitik ist eine Querschnittsaufgabe, denn sie kann als ein Baustein dazu beitragen, Armut zu verringern, bessere Teilhabechancen für Kinder und Jugendliche zu schaffen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gestalten.

In den vergangenen Jahren hat sich Wohnen für Familien immer mehr zu einem Luxusgut entwickelt. Vor allem für Familien mit wenig Einkommen oder Alleinerziehende wird es dadurch immer schwerer, angemessenen Wohnraum zu finden. Nicht selten werden sie aus ihren gewohnten Umgebungen verdrängt und auf preiswerte Wohnungen in sozial benachteiligten Quartieren verwiesen. Das verfestigt die soziale Segregation und bedeutet vor allem negative Folgen für die Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen.

Wir rufen die Politik dazu auf, endlich Lösungen in der Wohnungs- und Mietenpolitik vorzulegen, die auch Familien helfen. Dafür muss die Wohnungsfrage auch wieder stärker mit der Frage der sozialen Infrastruktur verknüpft werden, denn Familien brauchen mehr als ein Dach über dem Kopf.“

Weitere Informationen zu den Träger*innen und Forderungen des Aktionsbündnisses „Wohnen ist Menschenrecht“ finden Sie unter https://menschenrecht-wohnen.org.

Das Thema „Familie und Wohnen“ ist ein Schwerpunktthema des ZFF im Jahr 2019. Neben unserer Verbandszeitschrift „vielfalt familie“ haben wir das Thema auch auf einer großen Fachtagung mit dem Titel „Familie braucht ein Zuhause“, gemeinsam mit der FES, im Juni 2019 intensiv diskutiert. Eine umfangreiche Dokumentation der Fachtagung wird in Kürze erscheinen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 12.09.2019

AKTUELLES

Wie sieht gute Arbeit im digitalen Wandel aus? Wie kann Weiterbildung für alle ermöglicht werden? Und wie kann der Sozialstaat noch besser ausgestaltet werden? Mit diesen und anderen Fragen startete der Zukunftsdialog "Neue Arbeit – Neue Sicherheit" im September 2018.

Ein Jahr später, am 20. September 2019, stellte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil die Ergebnisse im Gasometer Schöneberg vor. 500 Bürgerinnen und Bürgern sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft und Verbänden waren nach Berlin gekommen und diskutierten die vorgestellten Maßnahmen und Perspektiven.

Auch das ZFF war aktiv vertreten: Die ZFF-Vorsitzende Christiane Reckmann setzte sich auf dem Podium zum Thema TEILHABE IM SOZIALSTAAT DER ZUKUNFT VERBESSERN für eine Kindergrundsicherung und für ein gutes Aufwachsen für alle Kinder und Jugendliche in unserem Land ein!

https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Schwerpunkte/ergebnisbericht-zuhoeren.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Das gegenwärtige System monetärer Leistungen für Familien und Kinder steht seit vielen Jahren v.a. wegen der Vielzahl nebeneinander bestehender Leistungen und Systeme sowie der Wirksamkeit und Zielgenauigkeit der Leistungen in der Kritik. Mit den letzten Reformen wie bspw. im Bereich Unterhaltsrecht, UVG und durch das Starke-Familien-Gesetz wurden wichtige Schritte zur Entlastung und Stärkung der Familien sowie zum Abbau bestehender Inkonsistenzen in Angriff genommen. Nach wie vor ist man jedoch von einem konsistenten Gesamtkonzept der Unterstützung von Familien und Kindern, wie es der Deutsche Verein seit langem fordert, weit entfernt.

In den vorliegenden Empfehlungen werden im ersten Teil konkrete Schnittstellenprobleme im bestehenden System aufgezeigt und Lösungsvorschläge formuliert, um zu einer besseren Gestaltung der Schnittstellen im derzeitigen System zu kommen. Dabei geht es insbesondere um die bessere Synchronisation des Rückgriffs im Bereich des UVG und die Anrechnung des Kindergeldes im SGB II/XII. Mit dem zweiten Teil leistet der Deutsche Verein einen Beitrag in der Diskussion um umfassendere Konzepte zur Weiterentwicklung des Systems monetärer Unterstützung von Familien und Kindern. Diese wird aktuell insbesondere im Hinblick auf Modelle einer Kindergrundsicherung intensiv geführt. Hierzu werden Aspekte formuliert, die zu berücksichtigen sind, wenn man das derzeitige System monetärer Unterstützung von Kindern weiterentwickeln will.

Die Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. zur Weiterentwicklung des Systems monetärer Unterstützung von Familien und Kindern finden Sie hier.

was ist Kindern in der KiTa wichtig? Was wünschen sie sich und was brauchen sie, um sich wohl und sicher zu fühlen und sich bilden zu können? Einen Überblick über die Antworten zu diesen Fragen gibt Ihnen das Plakat „Achtung Kinderperspektiven! Mit Kindern KiTa-Qualität entwickeln“ sowie eine begleitende Broschüre.

Wir freuen uns, Ihnen heute diese erste Veröffentlichung aus dem Projekt „Kinder als Akteure der Qualitätsentwicklung in KiTas“ vorstellen zu können. Das Projekt wird im Auftrag der Bertelsmann Stiftung vom Institut für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration durchgeführt.

Die Perspektive von Kindern auf die Qualität von KiTas stellt neben jener von Fachpolitik, Wissenschaft, pädagogischen Fachkräften und Eltern eine ganz besondere dar, denn Kinder sind unmittelbar davon betroffen. Sie müssen als gleichwertige Akteure in der Qualitätsentwicklung von KiTas beteiligt werden. Mit Hilfe des Forschungsprojekts konnten die Perspektiven der Kinder transparent gemacht werden. Zudem sind Praxismaterialien entwickelt und gemeinsam mit pädagogischen Fachkräften erprobt worden, die eine kontinuierliche Einbeziehung der Kinderperspektiven in Qualitätsentwicklungsprozesse in KiTas ermöglichen.

Die auf dem Plakat abgebildeten Qualitätsdimensionen zeigen, was Kindern im Alter von vier bis sechs Jahren in der KiTa wichtig ist und was für sie zu einer guten KiTa-Qualität dazugehört.

Das Plakat…

… informiert Sie auf einen Blick über die Ergebnisse aktueller Forschung,

… erinnert Sie täglich an die (Be-)Achtung der Kinderperspektiven im Zentrum

pädagogischer Prozessqualität,

… lädt Sie zum Diskutieren und Reflektieren im Team, mit Eltern und Kindern ein.

Das Plakat „Achtung Kinderperspektiven! Mit Kindern KiTa-Qualität entwickeln“ sowie die Handreichung und die Begleitbroschüre stehen unter nachfolgenden Links ab heute als Download und zur Bestellung zur Verfügung:

Plakat „Achtung Kinderperspektiven! Mit Kindern KiTa-Qualität entwickeln“

Handreichung „Achtung Kinderperspektiven! Mit Kindern KiTa-Qualität entwickeln“

Begleitbroschüre „Achtung Kinderperspektiven! Mit Kindern KiTa-Qualität entwickeln“

Der „Methodenschatz – Mit Kindern KiTa-Qualität entwickeln“ soll Ende 2019 veröffentlicht werden (bestellbar unter www.achtung-kinderperspektiven.de), der Forschungsbericht und das Weiterbildungscurriculum erscheinen Anfang 2020. Weitere Informationen zum Projekt „Kinder als Akteure der Qualitätsentwicklung in KiTas“ erhalten Sie unter www.achtung-kinderperspektiven.de.

Das Bundesjugendwerk der Arbeiterwohlfahrt e.V. ist der eigenständige Jugendverband der Arbeiterwohlfahrt. Bundesweit engagieren sich bei uns junge Menschen für junge Menschen. Unsere Wurzeln liegen in der Arbeiterbewegung. Als bundesweiter Dachverband treten wir für eine tolerante, offene und gerechte Gesellschaft ein und setzen uns als politische Interessenvertretung für Rechte von Kindern und Jugendlichen ein. Unsere Grundwerte Solidarität, Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit, Emanzipation und Toleranz sind dabei Grundlage unseres Handelns.

Für unsere Bundesgeschäftsstelle in Berlin suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Weitere Informationen und zur Bewerbung finden Sie hier.

Kategorien
ZFF-Info

ZFF-Info 14/2019

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Betreuungsquote bei den Kindern unter drei Jahren ist 2018 auf 33,6 Prozent gestiegen

Das zeigen die aktuellen Zahlen, die das Bundesfamilienministerium für die vierte Ausgabe der Publikation „Kindertagesbetreuung Kompakt“ zusammengestellt hat. Demnach wurden am Stichtag 1. März 2018 bundesweit 789.559 Kinder unter drei Jahren in einer Kita oder in der Kindertagespflege betreut. Das waren 27.198 mehr als im Vorjahr. Die Betreuungsquote stieg damit von 33,1 auf 33,6 Prozent.

Bei den Kindern im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt stieg die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 52.061 auf knapp 2,4 Millionen. Das ist der höchste Anstieg seit Beginn des Berichtszeitraums im Jahr 2006 und entspricht einer Betreuungsquote von 93,3 Prozent.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey betont: „Alle Kinder in Deutschland sollen die Möglichkeit haben, eine gute Kindertagesbetreuung zu erleben. Dafür machen wir uns auch im Bund stark – das belegen die neuen Zahlen. Wir unterstützen mit unserem Investitionsprogramm den Ausbau von Plätzen, mit dem Gute-Kita-Gesetz die Bemühungen für eine bessere Qualität und mit unserer Fachkräfte-Offensive die verschiedenen Initiativen zur Gewinnung von mehr Fachkräften. Denn mehr Betreuungsplätze und bessere Qualität sind nur machbar, wenn wir ausreichend Erzieherinnen und Erzieher haben.“

Durch höhere Geburtenzahlen und den gesellschaftlichen Wandel besteht trotz des enormen Ausbaus immer noch eine Lücke zwischen der Betreuungsquote und dem eigentlichen Betreuungsbedarf der Eltern. So wünschen sich 47,7 Prozent der Eltern von Kindern unter drei Jahren einen Betreuungsplatz für ihr Kind, bei den Kindern ab drei Jahren bis zum Schuleintritt sind es 98,1 Prozent.

100.000 zusätzliche Betreuungsplätze

Um weitere Betreuungsplätze zu schaffen und dem steigenden Bedarf zu begegnen, investiert der Bund weiterhin kräftig in den Ausbau. Mit dem vierten Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung“ stellt der Bund den Ländern und Kommunen von 2017 bis 2020 insgesamt 1,126 Milliarden Euro zur Verfügung. Hierdurch können bis zu 100.000 Betreuungsplätze für Kinder bis zum Schuleintritt geschaffen werden.

Das Gute-KiTa-Gesetz

Zudem unterstützt der Bund mit dem Gute-KiTa-Gesetz die Länder bis 2022 mit rund 5,5 Milliarden Euro für Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren. So viel hat der Bund in so kurzer Zeit noch nie Weiterentwicklung der Qualität der frühkindlichen Bildung investiert. Außerdem hat das Bundeskabinett im Rahmen der Beschlusslage zur Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse am 10. Juli 2019 entschieden, dass der Bund über 2022 hinaus seine Verantwortung bei der Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung wahrnehmen wird.

Fachkräfte

Der Bund startet mit Beginn des Ausbildungsjahres 2019/2020 die „Fachkräfteoffensive Erzieherinnen und Erzieher: Nachwuchs gewinnen, Profis binden“. Ziel ist es, durch mehr vergütete Ausbildungsplätze zusätzlichen Nachwuchs zu gewinnen, die Praxisausbildung zu verbessern und Entwicklungsperspektiven für erfahrene Fachkräfte zu schaffen. In diesen Tagen startet der erste Jahrgang mit 2.500 angehenden Erzieherinnen und Erzieher seine Ausbildung.

Mehr Informationen zu der vierten Ausgabe von „Kindertagesbetreuung Kompakt“ finden Sie auf dem Portal Frühe Chancen: www.fruehe-chancen.de

Quelle: Information Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 02.09.2019

Zum 50. Jahrestag nach der Entschärfung des § 175 StGB erklären UlleSchauws und SvenLehmann, Sprecherin und Sprecher für Queerpolitik:

Dass es heute – 50 Jahre nach der Liberalisierung des § 175 StGB – politische Kräfte im Bundestag gibt, die ein Programm der Entrechtung von Lesben und Schwulen fordern – wie die Abschaffung der gleichen Rechte beim Heiraten – ist nicht nur ein Skandal, sondern eine Mahnung zu lautem Protest gegen diese Art der Menschenfeindlichkeit.

Der beispiellosen Verfolgung von Homosexuellen im Nationalsozialismus folgte nach Kriegsende keine Abkehr von der Strafverfolgung. Der von der Nationalsozialisten verschärfte § 175 bestand in der Bundesrepublik bis 1969 unverändert fort. Zwischen 1945 und 1969 gab es auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ca. 50.000 bis 60.000 Verurteilungen. Am 1. September 1969 trat ein Strafrechtsänderungsgesetz in Kraft, das den § 175 StGB liberalisierte, aber nicht aufhob. Auch die moralische Verurteilung verschwand nicht. Völlig gestrichen wurde der § 175 erst am 11. Juni 1994, obwohl die grüne Bundestagsfraktion dies erstmals 1985 gefordert hatte.

Die Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer des § 175 StGB kam viel zu spät. Nur wenige in der BRD beziehungsweise in der DDR verfolgten Homosexuellen erlebten noch das Inkrafttreten des Gesetzes zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen. Viel zu lange haben die CDU/CSU aber auch die SPD und die FDP mit ihren verfassungsrechtlichen Bedenken eine Rehabilitierung und Entschädigung im Parlament blockiert und mehrere grüne Gesetzesinitiativen abgelehnt. Als sie 2017 endlich ihre Meinung änderten, war es für die große Mehrheit der Opfer schon zu spät.

Gleichzeitig versuchen politische Kräfte im Bundestag, die hart und lange erkämpfte Gleichberechtigung von Lesben, Schwulen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen abzuwickeln und die Fortschritte der letzten Jahre wieder rückgängig zu machen. Damit verrohen sie nicht nur die öffentliche Debatte. Vielmehr wollen sie zurück zu der Zeit, als Lesben, Schwule, trans- und intergeschlechtliche Menschen unsichtbar waren, ausgegrenzt wurden und in vielen Bereichen unter eklatanter Diskriminierung gelitten haben. Wer heute die gleichgeschlechtlichen Ehen abschaffen will, versucht die Uhr zurück zu drehen und unsere Gesellschaft mit alten Ressentiments zu vergiften. Dem muss nicht nur im Bundestag mit aller Deutlichkeit widersprochen werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 30.08.2019

Zu aktuellen Zahlen des Statischen Bundesamts zu atypischer Beschäftigung im Jahr 2018, erklärt Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte und aktive Arbeitsmarktpolitik:

Der Anteil an atypischer und prekärer Beschäftigung ist trotz leichter Verbesserungen definitiv zu hoch. Es istnicht akzeptabel, dass dies von der Bundesregierung schulterzuckend hingenommen wird. Sie muss endlich tätig werden. Frauen müssen auf dem Weg in Normalarbeitsverhältnisse noch viel stärker als bisher unterstützt werden. Zu oft stecken sie in Teilzeit- oder Minijobs fest, besonders wenn sie minderjährige Kinder haben. Frauen werden damit unfreiwillig in die Altersarmut gedrängt. Denn viele von ihnen wollen mehr arbeiten, können es aber nicht. Notwendig sind neben besserer Kinderbetreuung dringend mehr Zeitsouveränität, mehr Mitspracherechte bei der Lage der Arbeitszeit und insbesondere ein Recht auf Homeoffice, damit Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch wirklich gelebt werden kann.

Viel zu viele Menschen finden auch weiterhin nur noch Jobs in der Leiharbeit. Das bedeutet häufig weniger Lohn sowie ein höheres Risiko arbeitslos zu werden. Wir fordern nicht nur Equal Pay ab dem ersten Tag, sondern zusätzlich auch einen Flexibilitätsbonus für die Beschäftigten, damit die Risiken der Leiharbeit abgefedert werden. Außerdem muss die Große Koalition endlich den versprochenen Gesetzesentwurf zur sachgrundlosen Befristung vorlegen. Denn gerade junge Menschen bekommen häufiger nur befristete Verträge und können ihr Leben nur unter großen Unsicherheiten planen. Deshalb muss die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung endlich abgeschafft werden. Vor allem muss Schluss sein mit prekärer Bezahlung. Die Beschäftigten sollen in Würde von ihrer Arbeit leben können. Deshalb muss der Mindestlohn deutlich steigen und der Bundesarbeitsminister muss endlich effektive Maßnahmen zur Stärkung der Tarifbindung auf den Weg bringen. Denn jegliche Arbeit hat ihren Wert. Auf all diesen Baustellen muss die Große Koalition endlich aktiv werden und prekärer und atypischer Beschäftigung insgesamt etwas entgegensetzen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 28.08.2019

Zur Armut von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine Kleine Anfrage (19/12555) gestellt. Die Bundesregierung soll unter anderem beantworten, wie sie die Notwendigkeit einer rechtsübergreifenden Zusammenarbeit von Arbeitsagenturen, Jobcentern und Jugendhilfe bewertet.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 946 vom 29.08.2019

Im Dezember 2018 waren knapp die Hälfte (46 Prozent) der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (ELB) länger als vier Jahre auf die Grundsicherung für Arbeitssuchende (Arbeitslosengeld II, ALG II) angewiesen. Das geht aus der Antwort (19/12568) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/11865) der Fraktion Die Linke hervor. Demnach waren im Jahresdurchschnitt 2018 rund 5,8 Millionen Menschen auf ALG II angewiesen, davon waren 1,5 Millionen (26 Prozent) arbeitslose ELB und 1,1 Millionen (27 Prozent) erwerbstätige Leistungsberechtigte (Aufstocker). Der Anteil der Integrationsmaßnahmen, die nicht zu einer kontinuierlichen, bedarfsdeckenden Beschäftigung geführt haben, lag im Jahr 2017 bei 39 Prozent, wie die Bundesregierung unter Bezug auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit schreibt. Im Jahr 2018 belief sich dieser Anteil für ELB, die in einer Single-Bedarfsgemeinschaft lebten, auf 45 Prozent.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 946 vom 29.08.2019

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt Auskunft über die Arbeit des "Runden Tischs von Bund, Ländern und Kommunen gegen Gewalt an Frauen". In einer Kleinen Anfrage (19/12400) will sie unter anderem wissen, welche Personen am "Runden Tisch" teilnehmen und nach welchen Kriterien sie ausgesucht wurden und welche konkreten Arbeitsresultate seit seiner Einsetzung im September 2018 erzielt wurden. Zudem erkundigt sie sich nach dem Bearbeitungsstand der Bundesregierung hinsichtlich des angekündigten "Aktionsprogramms gegen Gewalt an Frauen", das vom "Runden Tisch" ausgearbeitet wurde.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 945 vom 29.08.2019

Die Fraktion Die Linke verlangt Auskunft über die Ausgaben für Babyausstattung. In einer Kleinen Anfrage (19/12398) will sie unter anderem wissen, welche Erkenntnisse die Bundesregierung über den Umfang und die Kosten einer kindgerechten beziehungsweise ausreichenden Babyerstausstattung hat. Zudem möchte sie über die Erkenntnisse der Bundesregierung über die tatsächlichen finanziellen Aufwendungen werdender Eltern für eine Babyausstattung informiert werden. Ebenso möchte sie erfahren, in welcher Höhe Leistungen für die Babyausstattung nach dem Zweiten und dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch in den Kommunen gewährt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 945 vom 29.08.2019

Die Linksfraktion fordert Informationen über die Entwicklung der Jugendarmut in Deutschland seit 2012. In einer Kleinen Anfrage (19/12396) will sie unter anderem wissen, wie hoch die Armutsrisikoquote von Kindern und Jugendlichen in den Altersgruppen ein bis 25 Jahre, 15 bis 17 Jahre, 15 bis 25 Jahre und 18 bis 25 Jahre ist. Zudem möchte sie erfahren, welche Daten der Bundesregierung über die sozio-ökonomische Lage junger Erwachsener ab 18 Jahren nach Verlassen der Kinder- und Jugendhilfe vorliegen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 945 vom 29.08.2019

In wirtschaftsstarken Regionen sind die Erst- und Wiedervermietungen zwischen 2016 und 2018 deutlich gestiegen. In den Metropolkernen erhöhte sich die Miete um ungefähr 6 Prozent. 2017 betrug die durchschnittliche Nettokaltmiete dort 10,88 Euro/m2, in den weiteren kreisfreien Städten und den städtischen Kreisen lag das mittlere Niveau der Angebotsmieten gut drei Euro pro Quadratmeter darunter. In den ländlichen Kreisen kostet der Quadratmeter gut 6,50 Euro. Dies geht aus dem Wohngeld- und Mietenbericht 2018 der Bundesregierung (19/11750) hervor.

Die Regionalen Unterschiede sind erheblich. Während in München durchschnittlich 17,73 Euro/m2 nettokalt gezahlt werden müssen, sind es im Vogtlandkreis nur 4,50 Euro/m2. Im Bundesschnitt betrug die Bruttokaltmiete 7,36 Euro/m2. Die Bestandsmieten entwickelten sich mit einem Anstieg um 1,6 Prozent hingegen nur moderat. Die Inflation lag im selben Zeitraum bei 1,8 Prozent.

Im Vergleich zu den Vorjahren haben sich die Mietnebenkosten verringert. Der Anteil der kalten Betriebskosten (Wasser, Abwasser, Müllabfuhr usw.) an der Warmmiete sank von 17 Prozent auf rund 13 Prozent. Die warmen Nebenkosten (Heizung und Warmwasser) sind von 17 Prozent auf 14,1 Prozent zurückgegangen.

Die Zahl der Wohngeldempfänger fiel laut Bericht zwischen 2016 und 2017 von 631.00 auf 592.00 Haushalte. Etwa 48 Prozent der Empfänger waren Rentner, 38 Prozent erwerbstätig, 5 Prozent in Ausbildung oder Studium, 4 Prozent arbeitslos und weitere 4 Prozent "sonstige Nichterwerbspersonen". Die Ausgaben blieben mit 1,13 Milliarden Euro auf dem Niveau des Vorjahres (2016: 1,15 Milliarden Euro). 2017 entlastete die öffentliche Hand insgesamt 4,4 Millionen Haushalte mit 17,5 Milliarden Euro im Rahmen der Grundsicherung und des Wohngeldes bei den Wohnkosten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 927 vom 26.08.2019

Derzeit haben über zwei Millionen junge Menschen im Alter von 20 bis 34 Jahren keine abgeschlossene Berufsausbildung. Damit sind mehr als 14 Prozent der jungen Menschen ausbildungslos – obwohl sich die "Allianz für Aus- und Weiterbildung 2015 – 2018" zum Ziel gesetzt hatte, die Quote nicht formal qualifizierter junger Erwachsener bis zum Jahr 2018 auf acht Prozent zu senken, bemängelt die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (19/12288). Zudem steige trotz guter wirtschaftlicher Lage die Quote seit 2013 sogar noch. Nach Ansicht der Linken ist die Benachteiligung Jugendlicher ohne Berufsausbildung somit nicht nur ein konjunkturelles Problem, sondern ein weiterer Anhaltspunkt für soziale Ungleichheiten im Bildungssystem.

Die Fraktion möchte gerne wissen, wie viele junge Menschen in den Jahren 2010 bis 2018 ohne abgeschlossene Berufsausbildung sich nicht in einer Maßnahme oder Ausbildung befanden. Auch interessiert die Linke wie viele der jungen Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung über keinen Schulabschluss, einen Hauptschulabschluss, Realschulabschluss, mittleren Schulabschluss oder über eine Hochschulzugangsberechtigung verfügen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 924 vom 23.08.2019

Eine Abkehr vom Verbot der Eizellspenden ist nach Angaben der Bundesregierung nicht geplant. Durch das im Embryionenschutzgesetz verankerte Verbot solle im Interesse des Kindeswohls die eindeutige Mutterschaft gewährleistet werden, heißt es in der Antwort (19/12407) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/12039) der FDP-Fraktion.

Eine gespaltene Mutterschaft zwischen genetischer und biologischer Mutter würde dazu führen, dass zwei Frauen Anteil an der Entstehung des Kindes hätten. "Die damit verbundenen besonderen Schwierigkeiten bei der Selbstfindung des Kindes ließen aus Sicht des Gesetzgebers negative Auswirkungen auf dessen Entwicklung im Sinne einer Gefährdung des Kindeswohls befürchten."

Dem Verbot der Eizellspende und der erlaubten Samenspende lägen unterschiedliche Sachverhalte zugrunde. So sei eine Eizellspende ein komplizierter Prozess, der für die Spenderin physisch und psychisch belastend sei und mit medizinischen Risiken verbunden sein könne.

Die Spaltung in eine genetische und eine biologische Vaterschaft sei nicht möglich. Die Samenspende sei zudem risikoarm. Beim Verbot der Eizellspende sei der Gesetzgeber hingegen davon ausgegangen, dass das Risiko einer gespaltenen Mutterschaft nicht in Kauf genommen werden könne.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 923 vom 23.08.2019

Immer mehr Väter beziehen Elterngeld, jedoch weiterhin deutlich weniger als Mütter – Zudem ist die Dauer ihrer Elternzeit weiterhin sehr viel kürzer als bei Müttern – Viele Väter fürchten mögliche negative Folgen im Beruf – Auch finanzielle Gründe sprechen für Väter gegen eine Elternzeit – Höhere Lohnersatzrate bei niedrigen Einkommen könnte Abhilfe schaffen

Immer mehr Väter in Deutschland pausieren vom Job und beziehen Elterngeld, allerdings sind sie nach wie vor deutlich in der Minderheit. Der Anteil der Männer, die Elternzeit nehmen, ist seit Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 von zuvor etwa drei Prozent auf 37 Prozent im Jahr 2016 – dem aktuellsten, für das entsprechende Daten vorliegen – gestiegen. Im Vergleich dazu nehmen mehr als neun von zehn Müttern Elternzeit, zudem in sehr viel höherem Umfang als die Väter. Auch die Einführung des Elterngeld Plus im Jahr 2015, das den Elterngeldbezug mit einer Teilzeiterwerbstätigkeit kombiniert, hat daran nicht grundlegend etwas geändert. Väter halten sich in Sachen Elternzeit vor allem aus finanziellen Gründen zurück, zudem befürchten viele negative berufliche Konsequenzen.

Das sind zentrale Ergebnisse einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), für die Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am DIW Berlin, gemeinsam mit Claire Samtleben und Clara Schäper Daten der Elterngeldstatistik und des Beziehungs- und Familienpanels pairfam ausgewertet hat. „Von einer gleichmäßigen Aufteilung der Elternzeit zwischen Müttern und Vätern kann nach wie vor keine Rede sein – zwar nehmen seit 2007 mehr und mehr Väter Elternzeit, doch insgesamt geht es relativ langsam voran“, sagt Katharina Wrohlich.

Elterngeld Plus hat in erster Linie bei Müttern Bewegung in Nutzungsmuster gebracht

Nicht nur die Inanspruchnahme des Elterngeldes von Müttern und Vätern an sich ist sehr ungleich, sondern auch die Nutzungsdauer. Von den Männern, die im Jahr 2018 Elterngeld bezogen, taten dies fast 72 Prozent nur in Höhe des Minimums von zwei Partnermonaten. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 waren es gut 76 Prozent. „Der Fortschritt hin zu einer gleichmäßigeren Aufteilung der Elternzeit vollzieht sich also eher in kleinen Schritten“, sagt Studienautorin Claire Samtleben. „Es verwundert daher kaum, dass die ‚Partnermonate‘ im alltäglichen Sprachgebrauch zu ‚Vätermonaten‘ wurden, denn das typische Nutzungsmuster beim Elterngeld ist, dass der Vater zwei Monate nimmt und die Mutter die übrigen zwölf.“

Daran hat sich auch nur bedingt etwas geändert, als mit dem Elterngeld Plus ab 2015 die Möglichkeiten, Elterngeldbezug und Teilzeitjob zu kombinieren, verbessert wurden. Mit dieser Regelung stehen insgesamt bis zu 28 Monate bezahlte Elternzeit zur Verfügung. Bei den Müttern ist der Anteil derer, die mehr als ein Jahr bezahlte Elternzeit nehmen, auf gut 30 Prozent gestiegen. Bei den Vätern tat sich mit Blick auf die Nutzungsdauer des Elterngeldes hingegen kaum etwas. Auch ist der Anteil derer, die überhaupt Elterngeld beziehen, durch die Einführung des Elterngeld Plus bislang nicht nennenswert gestiegen.

Finanzielle Gründe sind für Väter wichtigstes Motiv gegen (längere) Elternzeit

Die Mehrheit der Väter nennt – wie sich aus Befragungsdaten des pairfam-Panels ergibt – finanzielle Gründe als Motiv, nicht oder nicht länger Elternzeit zu nehmen. In Ostdeutschland trifft das unter den Vätern, die nicht länger als zwei Monate Elterngeld bezogen, auf zwei Drittel zu und damit auf deutlich mehr als in Westdeutschland (49 Prozent). Das könnte darauf hindeuten, dass nicht so sehr die ungleiche Aufteilung der Erwerbseinkommen zwischen Müttern und Vätern vor der Geburt des Kindes (die im Westen stärker ausgeprägt ist als im Osten) eine Rolle spielt, als vielmehr die absolute Höhe des Haushaltseinkommens. Dieses ist in den ostdeutschen Bundesländern im Durchschnitt deutlich geringer. „Offensichtlich sehen viele Familien in Ostdeutschland keinen Spielraum, zwei Monate oder länger auf bis zu 35 Prozent des Einkommens des Vaters zu verzichten“, so Wrohlich. „Eine Erhöhung der Lohnersatzrate könnte vor allem im unteren Einkommensbereich dafür sorgen, dass die Elternzeit für Väter attraktiver wird.“

Ein weiterer oft genannter Grund, der gegen eine Elternzeit beziehungsweise eine umfangreichere Elternzeit spricht, ist für Väter eine mögliche Benachteiligung im Beruf. Dafür gibt es bisher zwar keine wissenschaftlichen Belege, allerdings steht die Forschung zu diesem Aspekt auch noch am Anfang, da Elternzeitväter ein eher neues Phänomen sind. Wenn entsprechende Erkenntnisse vorliegen, sollten Mütter und Väter transparent über die Folgen einer Elternzeit auf Löhne und berufliche Aufstiegschancen informiert werden.

Studie im DIW Wochenbericht 35/2019

Interview mit Katharina Wrohlich

Audio

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 28.08.2019

2 600 Babys mehr als im Vorjahr – Geburtenziffer stabil bei 1,57 Kindern je Frau

Im Jahr 2018 kamen in Deutschland 787500 Babys zur Welt. Das waren rund 2600 Neugeborene mehr als im Vorjahr. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, blieb 2018 die durchschnittliche Kinderzahl je Frau auf dem Vorjahresniveau: Die zusammengefasste Geburtenziffer betrug 1,57 Kinder je Frau. In den neuen Ländern (ohne Berlin) war sie mit 1,60 Kindern je Frau höher als im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) mit 1,58. Bemerkenswert ist die steigende Geburtenhäufigkeit der Frauen ab 40 Jahren. Mütter im Alter ab 40 Jahren brachten 2018 rund 42800 Babys zur Welt. Zwar war ihre Geburtenhäufigkeit mit 88 Kindern je 1000 Frauen immer noch relativ gering, hat sich aber gegenüber 23 Kindern je 1000 Frauen in 1990 fast vervierfacht.

Die zusammengefasste Geburtenziffer wird zur Beschreibung des aktuellen Geburtenverhaltens herangezogen. Sie gibt an, wie viele Kinder eine Frau im Laufe ihres Lebens bekäme, wenn ihr Geburtenverhalten so wäre wie das aller Frauen zwischen 15 und 49Jahren im betrachteten Jahr.

Niedersachsen und Brandenburg mit höchster Geburtenziffer

In Niedersachen und Brandenburg war 2018 die zusammengefasste Geburtenziffer mit 1,62 Kindern je Frau am höchsten. Mit Ausnahme Mecklenburg-Vorpommerns war sie auch in den übrigen ostdeutschen Bundesländern sowie in Bremen und Nordrhein-Westfalen mit 1,60 Kindern je Frau relativ hoch. Besonders niedrig war die Geburtenziffer dagegen in Berlin (1,45 Kinder je Frau). Auch im Saarland (1,47) und in Hamburg (1,49) war sie deutlich niedriger als den übrigen Bundesländern.

Stadtstaaten gemessen an Einwohnerzahl besonders geburtenreich

Die Zahl der Geborenen wird allerdings nicht nur durch das Geburtenverhalten, sondern auch durch die aktuelle Altersstruktur der Bevölkerung beeinflusst. In Bundesländern mit einer relativ jungen Bevölkerung gibt es mehr potenzielle Eltern. Dort werden deshalb – bezogen auf die Einwohnerzahl – vergleichsweise mehr Kinder geboren. An erster Stelle standen hier 2018 die Stadtstaaten Hamburg mit 12 Kindern sowie Berlin und Bremen mit jeweils 11 Kindern je 1000 Einwohnerinnen und Einwohner. In den Bundesländern mit einer verhältnismäßig alten Bevölkerung und weniger potenziellen Eltern wurden dagegen im Verhältnis zur Einwohnerzahl weniger Kinder geboren. So kamen in den neuen Ländern (außer Sachsen) und im Saarland nur 8 Babys je 1 000 Einwohnerinnen und Einwohner zur Welt. In Deutschland insgesamt wurden 9 Kinder je 1000 Einwohnerinnen und Einwohner geboren, im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) 10 Kinder.

Weitere Daten und lange Zeitreihen zur Statistik der Geburten (12612) befinden sich in unserer Datenbank GENESIS-Online.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 03.09.2019

Die Zahl der in einem Normalarbeitsverhältnis arbeitenden Frauen ist 2018 im Vergleich zum Vorjahr deutlich um rund 300000 (+2,8 %) gestiegen. Gleichzeitig ist die Zahl der Frauen in atypischer Beschäftigung um ca. 160000 (-3,1 %) gesunken. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, war diese Veränderung bei den Männern nicht so stark ausgeprägt. Im Jahr 2018 stieg die Zahl der normalbeschäftigten Männer um 150000 (+1,0 %) gegenüber dem Vorjahr. Demgegenüber waren 45000 (-1,9 %) weniger Männer atypisch beschäftigt.

Zu den Normalarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern zählen abhängig Beschäftigte, die in ihrer Haupttätigkeit einer unbefristeten und voll sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, die eine wöchentliche Arbeitszeit von über 20 Stunden umfasst und direkt für den Arbeitgeber ausgeführt wird. Zu den atypisch Beschäftigten zählen entsprechend Personen, die in ihrer Haupttätigkeit eine geringfügige oder befristete Beschäftigung ausüben, in Teilzeit mit bis zu 20 Wochenstunden oder in Zeitarbeit arbeiten.

Insgesamt betrachtet, vergrößerte sich der Anteil der Normalbeschäftigten an den Kernerwerbstätigen von 69,3 % im Jahr 2017 auf 70,3 % in 2018. Der Anteil atypisch Beschäftigter ging entsprechend von 20,8 % auf 20,1 % zurück. Diese Veränderungen zeigen sich vor einem insgesamt moderaten Anstieg der Zahl der Kernerwerbstätigen um 123000 (+0,3 %) im Vergleich zu 2017. Kernerwerbstätige sind Erwerbstätige im Alter von 15 bis 64 Jahren, die sich nicht in Bildung, Ausbildung oder einem Freiwilligendienst befinden. Enthalten sind dabei neben den Normalarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern auch atypisch Beschäftigte und Selbstständige.

2018 befanden sich 26,2Millionen Kernerwerbstätige in einem Normalarbeitsverhältnis und 7,5Millionen waren atypisch beschäftigt. In allen einzelnen Formen atypischer Beschäftigung sinken die Erwerbstätigenzahlen.

Die wachsende Zahl von Frauen in einem Normalarbeitsverhältnis geht einher mit einem Rückgang der Teilzeitbeschäftigung mit bis zu 20 Wochenstunden und der geringfügigen Beschäftigung. Gleichzeitig gibt es auch eine größere Zahl an Frauen, die Teilzeit, aber mehr als 20 Stunden pro Woche arbeiten. Diese sogenannte substanzielle Teilzeit wird den Normalarbeitsverhältnissen zugeordnet. Diese Zunahme macht immerhin rund 50 % der Zunahme der Normalarbeitsverhältnisse bei den Frauen aus. Der Anteil der Frauen in Teilzeitbeschäftigung bis 20 Stunden an allen Kernerwerbstätigen hat sich moderat verändert und ist von 23,5 % in 2017 auf 22,6 % in 2018 zurückgegangen.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 28.08.2019

Einzelhandelsumsatz, Juli 2019
-2,2% zum Vormonat (real, kalender- und saisonbereinigt, vorläufig)
-2,1% zum Vormonat (nominal, kalender- und saisonbereinigt, vorläufig)
+4,4% zum Vorjahresmonat (real, vorläufig)
+5,4% zum Vorjahresmonat (nominal, vorläufig)

WIESBADEN – Die Einzelhandelsunternehmen in Deutschland setzten im Juli 2019 nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) real (preisbereinigt) 4,4% und nominal (nicht preisbereinigt) 5,4% mehr um als im Juli 2018. Dabei hatte der Juli 2019 mit 27 Verkaufstagen einen Verkaufstag mehr als der Juli 2018.

Der Einzelhandel mit Lebensmitteln, Getränken und Tabakwaren setzte im Juli 2019 real 4,0% und nominal 5,1% mehr um als im Juli 2018. Dabei lag der Umsatz bei den Supermärkten, SB-Warenhäusern und Verbrauchermärkten real um 4,3% und nominal um 5,4% über dem des Vorjahresmonats. Der Facheinzelhandel mit Lebensmitteln setzte im Vergleich zum Juli 2018 real 1,0% und nominal 3,0% mehr um.

Im Einzelhandel mit Nicht-Lebensmitteln stiegen die Umsätze im Juli 2019 im Vergleich zum Vorjahresmonat real um 4,6% und nominal um 5,8%. Das größte Umsatzplus mit real 8,4% und nominal 9,2% erzielte der Internet- und Versandhandel.

Von Januar bis Juli setzte der deutsche Einzelhandel real 2,8% und nominal 3,5% mehr um als im Vorjahreszeitraum.

Kalender- und saisonbereinigt lag der Umsatz im Juli 2019 im Vergleich zum Juni 2019 real um 2,2% und nominal um 2,1% niedriger.

Methodische Hinweise:

Die Revisionstabellen geben Auskunft über die Auswirkungen der Aktualisierungen auf die Ergebnisse.
Ergebnisse zum Einzelhandelsumsatz in tiefer Wirtschaftsgliederung, einschließlich der Unternehmensmeldungen, die nach dieser Pressemitteilung eingegangen sind, stehen in etwa 14 Tagen in der Datenbank GENESIS-Online zur Verfügung. Informationen zu aktuellen Datenergänzungen werden über das RSS-Newsfeed bereitgestellt.

Außerdem stehen zusätzliche Ergebnisse ergänzend zur Pressemitteilung zur Verfügung.

Quelle: Information DESTATISStatistisches Bundesamt vom 28.08.2019

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Die AWO veranstaltet in der Dortmunder Innenstadt ein großes Jubiläumsfest. Unter dem Motto „100 Jahre Menschlichkeit“ gibt es vom 30.08.-01.09.2019 ein umfangreiches Bühnenprogramm sowie eine Pagodenstadt mit Ständen.

Wilhelm Schmidt, Vorsitzender des AWO-Präsidiums, sagt hierzu: „Wir freuen uns sehr, gemeinsam in Dortmund unser Jubiläumsjahr zu feiern. Es sind alle herzlich eingeladen: Kommen Sie vorbei und feiern Sie mit uns 100 Jahre Menschlichkeit!“

Auf dem Fest präsentieren sich mehr als 100 Aussteller: Neben AWO-Einrichtungen und -Gliederungen sind Kooperationspartner sowie befreundete Organisationen mit vor Ort. Auch der AWO Bundesverband ist mit einem 100 Jahre AWO-Bingo-Quiz und dem AWO-Sozialbarometer in Dortmund. Alles steht unter dem Motto: „Nicht nur anschauen, sondern mitmachen“.

Das Programm richtet sich an alle Generationen. Vom Rockkonzert für Kinder oder einem AWO Street Soccer Court, bis zum Kabarettabend: Für jede*n ist etwas dabei. Eines der Highlights wird das Samstagabend-Konzert mit Konstantin Wecker sein, der auf dem Dortmunder Friedensplatz ein politisches Zeichen setzen wird.

Eine ausführliche Programmübersicht und weitere Infos finden sich hier: Link. Der Eintritt ist zu allen Programmpunkten frei.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 29.08.2019

Zahlreiche Organisationen, Einzelpersonen sowie einige Landesministerien veröffentlichten heute den Appell „Exklusion beenden: Kinder- und Jugendhilfe für alle jungen Menschen und ihre Familien“. Darin fordern sie, die Zuständigkeit für alle Kinder und Jugendlichen zu bündeln und der Kinder- und Jugendhilfe zuzuordnen. Derzeit ist die Zuständigkeit der Jugendämter für Kinder ohne Beeinträchtigung oder seelischer Behinderung getrennt von der Eingliederungshilfe für Kinder mit geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung. Dies führt zu vielen Streitigkeiten und oftmals verspäteten und unzureichenden Unterstützungen der Behörden.

Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, sagt hierzu: „Diese Ungleichbehandlung per Gesetz muss beendet werden! Die AWO fordert schon lange die inklusive Lösung, also die Zuständigkeit aus einer Hand. Dazu sind viele Anstrengungen notwendig, zu denen bereits eine Reihe von Lösungsmöglichkeiten vorbereitet worden sind. Jetzt ist der Gesetzgeber am Zug.“

Der AWO Bundesverband gehört zu den Erstunterzeichnern des Appells. In ganz Deutschland unterstützen ihn viele AWO-Gliederungen. Der Appell kann unter folgendem Link heruntergeladen werden: Link.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 27.08.2019

Die Inhaftierung eines Elternteils greift fundamental in das Leben von Kindern und das Eltern-Kind-Verhältnis ein. Die UN-Kinderrechtskonvention sichert in Artikel 9 jedem Kind das Recht auf unmittelbaren Kontakt mit seinen Eltern zu, sofern das dem Kindeswohl nicht widerspricht. „Tatsächlich ist der Kontakt mit einem inhaftierten Elternteil nur sehr begrenzt und keineswegs für jedes Kind in Deutschland an jedem Ort so möglich, dass die Eltern-Kind-Beziehung gut aufrechterhalten werden kann,“ erklärt Claudia Kittel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Instituts anlässlich der Veröffentlichung der Analyse „Kontakt von Kindern zu ihren inhaftierten Eltern – Einblicke in den deutschen Justizvollzug“.
In einer nichtrepräsentativen Online-Umfrage hat das Institut bundesweit Justizvollzugsanstalten (JVAs) zur praktischen Umsetzung der Besuchs- und Kontaktmöglichkeiten befragt. Die Ergebnisse der Befragung, an der 83 von insgesamt 173 JVAs teilgenommen haben, sind in der heute vorgestellten Analyse zusammengefasst.
Wie häufig, wie lange und in welchem Rahmen Kinder ihre inhaftierten Eltern besuchen oder kontaktieren können, unterscheidet sich deutschlandweit stark. Manche JVAs halten kindgerechte Räumlichkeiten vor, in anderen JVAs treffen Kinder ihre Eltern in Besuchsräumen, wo Körperkontakt nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Familienfreundliche Maßnahmen und Angebote, die sich an Kinder Inhaftierter richten, sind bislang nur in einzelnen JVAs vorhanden. Die Angebote scheinen außerdem abhängig zu sein vom teils ehrenamtlichen Engagement freier Träger. Auch die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbesuchszeiten sind je nach Bundesland verschieden: von monatlich einer Stunde zum Beispiel in Hessen und im Saarland bis hin zu vier Stunden zum Beispiel in Brandenburg und Niedersachsen.
„Besuchszeiten sind ein Recht des inhaftierten Elternteils. Nicht hinreichend verstanden wird aber, dass es auch um ein Recht des Kindes geht“, so Kittel weiter. „Die UN-Kinderrechtskonvention gibt vor, dass bei der Ausgestaltung von Besuchen bei inhaftierten Eltern auch die Perspektive der Kinder berücksichtigt werden muss, insbesondere ihr Recht, ihre Beziehung mit dem inhaftierten Elternteil aufrechtzuerhalten.“

Weitere Informationen: Judith Feige (2019): Kontakt von Kindern zu ihren inhaftierten Eltern – Einblicke in den deutschen Justizvollzug. Berlin: Deutsches Institut für Menschenrechte https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/ANALYSE/Analyse_Kinder_Inhaftierter_barrierefrei.pdf

Mehr zum Thema Kinder von Inhaftierten: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/monitoring-stelle-un-krk/themen/kinder-von-inhaftierten/

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Instituts für Menschenrechte vom 29.08.2019

Mit der neuen Aktion "Schulhofträume" fördern das Deutsche Kinderhilfswerk, ROSSMANN und Procter & Gamble deutschlandweit die Sanierung maroder Schulhöfe mit insgesamt 270.000 Euro. Damit sollen die oft vernachlässigten Außenbereiche von Schulen mit neuen Spiel- und Bewegungsangeboten, naturnahen Arealen und Rückzugsräumen umgestaltet werden. Bei der Ideenfindung und Umsetzung soll möglichst die gesamte Schule mitwirken, allen voran die Schülerinnen und Schüler selbst.

"Vielerorts werden die Schulhöfe nach Katalogvorlagen möbliert oder sie sind über Jahre vernachlässigt worden. Teilweise wurden sie sogar verkleinert, um nötige Anbauten unterzubringen. Dies entspricht nicht den ganzheitlichen Bedürfnissen von Schülerinnen und Schülern. Gleichzeitig stehen den Kommunen immer weniger Mittel zur Verfügung, die sie dann für Instandhaltung, Investitionen am Schulgebäude oder lediglich die Grünpflege einsetzen, aber eben nicht für die Verbesserung der Schulhöfe. Deshalb sind wir sehr froh, dass wir über die Aktion ,Schulhofträume‘ kreative, beteiligungsorientierte Projekte unterstützen können", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

"Gerade mit dem zunehmenden Ausbau von Ganztagsschulen wird es immer wichtiger, dass Schulhöfe kreativ und kindgerecht gestaltet sind. Daher freuen wir uns sehr, gemeinsam mit unseren Partnern Schulen bei ihren Projekten unterstützen zu können", so Astrid Teckentrup, Geschäftsführerin Vertrieb von Procter & Gamble.

"Seit vielen Jahren setzt sich ROSSMANN gemeinsam mit dem Deutschen Kinderhilfswerk für die Einhaltung und Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland ein. Wir wollen damit ein deutliches Signal für mehr Kinderfreundlichkeit in Deutschland setzen. Mit dem Projekt ,Schulhofträume‘ möchten wir aus asphaltierten Flächen mit Randbepflanzung und wenigen Bäumen einen Schulhof mit Aufenthaltscharakter entstehen lassen, auf dem das Lernen und Spielen gleichermaßen Freude bereitet", erklärt Raoul Roßmann, Geschäftsführer Einkauf & Marketing der Dirk Rossmann GmbH.

Bewerben können sich Schulen, Schülergruppen, Elterninitiativen und Vereine. Gefördert wird die Sanierung bzw. Schaffung von Spielangeboten auf Schulhöfen, wie zum Beispiel Kletterwände oder ein Balancierparcours, die Gestaltung naturnaher Außenräume, beispielsweise durch Kräuterbeete oder Insektenhotels sowie die Errichtung von Rückzugsräumen, etwa durch Sitzgelegenheiten, Weidentipis oder Spielhäuschen.

Die Gesamtfördersumme der Aktion beträgt 270.000 Euro, verteilt auf 15 Projekte. Die Hauptförderung ist mit 30.000 Euro dotiert, die Bewerbungsphase startet am 26. August. Bewerbungen werden bis zum 20. Oktober 2019 angenommen.

Weitere Informationen sowie Bewerbungen unter www.dkhw.de/schulhoftraeume

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 26.08.2019

Schwierige Lebensverhältnisse sind für Vorschulkinder mit (drohender) Behinderung oder chronischer Erkrankung und ihre Familien Realität. Nicht nur wächst ein Teil der Kinder in Armut auf, auch gibt es aus Wissenschaft und Praxis Hinweise darauf, dass nicht bei allen Kindern ein vorhandener Förder- bzw. Rehabilitationsbedarf gedeckt wird. In ihrem Positionspapier befasst sich die Deutsche Vereinigung für Rehabilitation e.V. (DVfR) mit der gesundheitlichen Versorgung und Teilhabesicherung dieser Kinder und nimmt dabei vor allem die Rolle von sektorenübergreifenden Netzwerken und therapeutischen Leistungen in Kindertagesstätten in den Blick.
Ganz wesentlich für eine gelingende Teilhabesicherung sowie Förderung und Gesundheitsversorgung betroffener Kinder sind die frühzeitige und umfassende Bedarfserkennung und die vernetzte Zusammenarbeit der verschiedenen Sektoren des Gesundheits- und Sozialsystems und der Professionen. Hierbei spielen die Beratung, Einbeziehung und Begleitung der Eltern eine zentrale Rolle. Zur Sicherung von Teilhabe muss auch Kindern mit großem Unterstützungs- und Förderbedarf der Besuch einer inklusiv ausgerichteten Kindertagesstätte ermöglicht werden.
Zu diesen Ergebnissen kommt die DVfR in ihrem Positionspapier „Zur interdisziplinären Teilhabesicherung von Kindern mit (drohenden) Behinderungen, chronischen Erkrankungen oder Entwicklungsbeeinträchtigungen im Vorschulalter und der Unterstützung ihrer Eltern“. Vor dem Hintergrund einer Problemanalyse werden darin Eckpunkte eines sozialräumlichen Netzwerks und die Aufgaben der verschiedenen Akteure beschrieben und gesundheits- und rehabilitationspolitische Forderungen formuliert. In einer Anlage werden unterschiedliche Modelle der Organisation und Finanzierung von therapeutischen Leistungen in Kindertagesstätten erörtert.

Positionspapier: https://www.dvfr.de/fileadmin/user_upload/DVfR/Downloads/Stellungnahmen/DVfR_Positionspapier_Interdisziplin%C3%A4re_Teilhabesicherung_f%C3%BCr_Kinder.pdf

Anlage: https://www.dvfr.de/arbeitsschwerpunkte/stellungnahmen-der-dvfr/detail/artikel/positionspapier-der-dvfr-zur-teilhabesicherung-von-kindern-im-vorschulalter/

Quelle: Stellungnahme Deutsche Vereinigung für Rehabilitation vom 28.08.2019

Angesichts wachsender sozialer Ungleichheit warnt der Paritätische Wohlfahrtsverband in seinem aktuellen Jahresgutachten vor einer fortschreitenden Gefährdung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Der Verband fordert den Ausbau der sozialen gemeinnützigen Infrastruktur in der Fläche, eine Stärkung individueller sozialer Rechte und Reformen der sozialen Sicherungssysteme. In seinen Jahresgutachten untersucht der Paritätische regelmäßig anhand von amtlichen Daten und der Bundesgesetzgebung, wie es um soziale Lage und gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland steht. Das aktuelle Jahresgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass schwerwiegende und ungelöste soziale Probleme das Bild einer insgesamt guten gesamtwirtschaftlichen Lage trüben: „Die Einkommenszuwächse in Deutschland sind höchst ungleich verteilt, die Vermögenskonzentration und damit die Spreizung nehmen zu. Die immer tiefer werdende Kluft zwischen Arm und Reich gefährdet den sozialen Zusammenhalt massiv“, so Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbands. Die gute Beschäftigungsentwicklung könne nicht über die tiefen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt hinwegtäuschen. Zudem gebe es massive Defizite in der Infrastruktur, wobei sich extreme regionale Disparitäten zeigen: „Von einer ‚Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse‘, wie sie das Grundgesetz fordert, sind wir sternenweit entfernt. Statt kurzer Wege für ein gutes Leben für alle überall, fehlt es in vielen Regionen an adäquater Infrastruktur und Grundversorgung“, so Rosenbrock. Die Bundesregierung habe im Berichtsjahr 2018 zwar durchaus einige Gesetze realisiert, die im Ansatz gut und geeignet waren, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Das Jahresgutachten kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass die Vorhaben in der Regel zu rigide in den Voraussetzungen bzw. viel zu klein dimensioniert waren. „Aufgabe des Sozialstaates ist es nicht zuletzt, durch solidarische, sozial gerechte Umverteilung für einen Ausgleich zu sorgen. Tatsache aber ist: Die bestehenden sozialen Sicherungssysteme erodieren und verlieren zunehmend ihre Funktionsfähigkeit. Die sozialpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung greifen zu kurz und erreichen in vielen Fällen nur einen Bruchteil der betroffenen Zielgruppen“, so Rosenbrock. Der Paritätische fordert eine neue „soziale Sicherheitspolitik, verstanden als Politik für soziale Sicherheit und Zusammenhalt“ und schlägt dazu Reformen u.a. bei den Grundsicherungsleistungen, der Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung vor. Darüber hinaus fordert er einen massiven Ausbau sozialer Infrastruktur und plädiert für einen Vorrang der Gemeinnützigkeit: „Es gibt Bereiche, in denen haben Profitinteressen nichts verloren“, so Rosenbrock. Am aktuellen Beispiel der Wohnungspolitik zeige sich der akute Handlungsbedarf: „Was gemeinnützige und zivilgesellschaftliche Organisationen selbstorganisiert und ohne Gewinnausschüttungen schaffen können, das muss wieder Vorrang vor privaten Renditeinteressen oder staatlicher Regulierung bekommen“, so Rosenbrock. Zur Finanzierung fordert der Paritätische einen steuerpolitischen Kurswechsel. Die vieldiskutierte Vermögensteuer könne dabei allenfalls ein erster Schritt sein.

190829_Pressemappe_Jahresgutachten_final.pdf

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 29.08.2019

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 11. September 2019

Veranstalter: Statistischen Bundesamt (DESTATIS) in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Statistischen Landesamt

Ort: Berlin

Am 11. September 2019 veröffentlichen die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder die Publikation „Internationale Bildungsindikatoren im Ländervergleich“. Die Gemeinschaftsveröffentlichung ist eine Ergänzung zur OECD-Publikation „Education at a Glance“. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz stellen das Statistische Bundesamt und das Hessische Statistische Landesamt als Ländervertretung ausgewählte OECD- Bildungsindikatoren für die Bundesländer vor. Im Zentrum stehen die Beteiligung an hochqualifizierenden Bildungsgängen wie Studium, Meister-,

Techniker- und Erzieherausbildung sowie der Bildungsstand der Bevölkerung im Ländervergleich und in Bezug auf die OECD. Die Ergebnisse geben Antworten auf folgende Fragen:

– Wie hoch ist die Beteiligung an hochqualifizierenden Bildungsgängen im Ländervergleich?

– Wie attraktiv sind die Bundesländer für Studierende aus dem Ausland?

– Welchen Bildungsstand hat die junge, welchen die ältere Bevölkerung in den Bundesländern?

– Wie hat sich die Erwerbslosenquote in den Bundesländern in Abhängigkeit vom Qualifikationsniveau entwickelt?

Im Falle einer geplanten persönlichen Teilnahme wird um Anmeldung an presse@destatis.de gebeten.

Termin: 11. September 2019

Veranstalter: Deutscher Juristinnenbund e.V.

Ort: Berlin

Das Narrativ, der Frauenanteil im Bundestag und in den Landtagen werde langsam aber doch stetig immer weiter ansteigen, hat sich als falsch erwiesen. Frauen sind seit den letzten Wahlen zahlenmäßig noch weniger vertreten als zuvor. Mit der Wahl 2017 war der Frauenanteil im Bundestag auf 30,9 Prozent gefallen. In sechs Bundesländern liegt der Frauenanteil bei deutlich unter 30 Prozent. In den Kommunen sieht es noch schlechter aus. Bei großen regionalen Unterschieden finden sich in den Gemeinde-, Stadt- und Kreisräten im Durchschnitt kaum mehr als 25 Prozent Frauen. Bei den Bürgermeister*innen und Landrät*innen sind es um die zehn Prozent.

Die parteiinternen Quoten bei den Grünen und der SPD ab Mitte der 1980er Jahre und bei der Linken ab den 1990er Jahren haben zu deutlichen Verbesserungen der Teilhabe von Frauen in den politischen Vertretungskörperschaften und bei den politischen Spitzenpositionen geführt. Aber CDU/CSU und FDP verweigern sich weiterhin verbindlichen Quoten oder anderen wirksamen Mitteln zur Erhöhung des Frauenanteils. Mit der AfD ist zudem eine Partei hinzugekommen, die Rückschritte für die Gleichberechtigung von Frauen zum Programm erhebt. Was tun?

Das Land Brandenburg beschloss Anfang 2019 ein Parité-Gesetz. Thüringen folgte im Juli 2019. In anderen Bundesländern wird Vergleichbares diskutiert. Weltweit sind solche Regelungen selbstverständlicher als hier. Die Vereinten Nationen mahnen Deutschland: Im aktuellen Staatenberichtsverfahren zur UN-Frauenrechtskonvention wird auf strukturelle Barrieren und Geschlechterstereotype als Ursachen für die geringe Partizipation von Frauen am öffentlichen Leben und bei politischen Entscheidungen hingewiesen. Deutschland wird aufgefordert, Maßnahmen zur Verwirklichung auch der politischen Teilhabe von Frauen zu ergreifen. Die deutsche Staatsrechtslehre – mit wenigen Ausnahmen – blockiert.

Das Ziel ist, dass Paritätsgesetze nicht vor den Verfassungsgerichten scheitern. Es wird sich mit den verfassungsrechtlichen Aspekten paritätischer Regelungen, analysieren bestehende Vorschläge und liefern Argumente für Lösungen auf dem Weg zu einer gleichberechtigten Beteiligung von Frauen in den Parlamenten befasst.

Es sprechen und stehen für Fragen zu Verfügung:

* Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin, Deutscher Juristinnenbund e.V.: Begrüßung

* Dr. Cara Röhner, ausgezeichnet mit dem Marie Elisabeth Lüders Preis 2019 für ihre Arbeit: "Ungleichheit und Verfassung. Vorschlag für eine relationale Rechtsanalyse", Frankfurt/Main: Gerechte Staatlichkeit und Parität

* Dr. Sina Fontana, Akademische Rätin, Georg-August-Universität Göttingen: Wahlrecht und Gleichheit (38 GG)

* Marion Eckertz-Höfer, Deutscher Juristinnenbund e.V., Vorsitzende der Kommission Verfassungsrecht, Öffentliches Recht, Gleichstellung, Präsidentin des BVerwG i.R., Leipzig: Parteienfreiheit (Art 21)

* Winfriede Schreiber, Ministerialdirigentin a.D., Innenministerium Brandenburg, zuletzt Leiterin des Brandenburgischen Verfassungsschutzes, Potsdam: Paritätsgesetz Brandenburg

* Kerstin Geppert, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg und Promotion im Verfassungs- und Parteienrecht: Paritätsgesetz in Thüringen / Parität in Frankreich

Bitte teilen Sie (per E-Mail oder telefonisch)mit, ob Sie an dem Pressegespräch teilnehmen werden.

Anmeldungen an:

Helen Hahne

Presse- und Öffentlichkeitsreferentin Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) Anklamer Str. 38, 10115 Berlin

E-Mail: geschaeftsstelle@djb.de

Fon: +49 30 44327-00, Fax: +49 30 443270-22

Termin: 12. September 2019

Veranstalter: AWO Bundesverband e. V. und Friedrich-Ebert-Stiftung

Ort: Berlin

Eizellspende, Leihmutterschaft – was medizinisch möglich ist, ist noch lange nicht überall legal. Fast 30 Jahre nach der Verabschiedung des Embryonenschutzgesetzes in Deutschland ist die sogenannte Kinderwunschbehandlung für heterosexuelle, verheiratete Paare eine reguläre Option auf dem Weg zur Gründung einer Familie. Nicht nur die medizintechnischen Möglichkeiten, auch die gesellschaftlichen Bedingungen haben sich seitdem geändert. Mit der „Ehe für alle“ und einer deutlich gestiegenen Sichtbarkeit von Familienformen jenseits der heterosexuellen Kleinfamilie geht auch die ungeklärte Frage der reproduktiven Rechte für alle einher. Immer mehr Menschen mit Kinderwunsch erfüllen sich diesen aufgrund der deutschen Rechtslage im Ausland. Davon zeugen Verfahren vor deutschen Familiengerichten zwecks Anerkennung der Elternschaft und Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft von im Ausland durch Leihmütter geborenen Kindern. Parallel dazu werden in Deutschland Stimmen laut, Eizellspende und Leihmutterschaft zu legalisieren. Aus dem Blick geraten dabei oft diejenigen, die ihren Körper für Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch zur Verfügung stellen. Die schöne neue Welt der Fortpflanzung ist ein international florierender Markt geworden, in dem die Spenderinnen und Leihmütter aus wirtschaftlich und sozial schwächeren Regionen oftmals unter prekären Bedingungen die Kinderwünsche von Menschen aus reicheren Weltregionen erfüllen. Die Kinderrechte bleiben in dieser Konstellation oft unberücksichtigt, z. B. wenn es um das Wissen über die eigene Herkunft geht.

Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt e. V. (AWO) gemeinsam mit seinem sozialpolitischen Fachausschuss Kinder, Jugend, Frauen, Familie, Bildung sowie die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) wollen in einem Fachgespräch und bei einer Abendveranstaltung einen Blick auf den aktuellen Stand in der Fortpflanzungsmedizin sowie auf die gesellschaftspolitischen Debatten und Regelungen in anderen europäischen Ländern werfen. Dabei wird mit Betroffenen und Akteur_innen über mögliche Konsequenzen und Entwicklungen vor allem in Bezug auf Leihmutterschaft und Eizellspende diskutiert.

Die Anmeldung und weitere Informationen finden Sie unter diesem Link: www.fes.de/lnk/3ku

Termin: 20. bis 21. September 2019

Veranstalter: attac, ver.di, Rosa Luxemburg Stiftung, Netzwerk Mieten & Wohnen, Hessisches Bündnis Mietenwahnsinn, Frankfurter Mietentscheid und in Zusammenarbeit/Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e.V.

Ort: Frankfurt a.M.

Die Konferenz bietet einen Austausch für Engagierte in der kommunalen Arbeit (Stadt- und Gemeinderäte, Verwaltungen, kommunale Wohnungsbaugesellschaften), sowie für wohnungspolitische und Stadtteilinitiativen und interessierte Bürgerinnen und Bürger. Sie bietet eine Plattform, sich mit wohnungspolitisch Aktiven und Expertinnen und Experten über die Bedingungen und Möglichkeiten kommunaler Wohnungspolitik auszutauschen und gemeinsam politische Strategien dazu zu entwickeln.

HINTERGRUND

In einer wachsenden Zahl europäischer und deutscher Städte – von London bis Oldenburg, von Stockholm bis Frankfurt, von Barcelona bis Rüsselsheim – herrscht ein zunehmender Wohnungsmangel. Diese Wohnungsnot ist keine allgemeine, wie in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, sondern eine besondere, auf bestimmte Teilräume, Teilmärkte und Bevölkerungsgruppen beschränkte. Einem anhaltend schrumpfenden Anteil „bezahlbarer Wohnungen“ steht – vor allem in Großstädten und Wachstumsregionen – eine steigende Zahl hochpreisiger Luxuswohnungen gegenüber. Hauptbetroffene sind nicht nur die Angehörigen unterer Einkommensschichten, sondern zunehmend auch Angehörige der Mittelschicht.

DIE KONFERENZ

  • beschäftigt sich mit den oben genannten Ursachen für die Wohnungsmisere
  • will Auswege aus der Wohnungskrise aufzeigen,
  • beleuchtet positive Beispiele kommunaler Wohnungspolitik und
  • diskutiert politische Interventionsmöglichkeiten
  • bietet am Samstag (14-16 Uhr) Raum für

1. HESSISCHER MIETENRATSCHLAG

Auch und besonders in Hessen steigen die Mieten und Menschen werden aus ihren Nachbarschaften verdrängt. Im Oktober 2018 sind deswegen 8.000 Menschen aus ganz Hessen dem Demonstrations-Aufruf des Bündnisses #Mietenwahnsinn-Hessen gefolgt und haben im Rahmen einer hessenweiten Demonstration eine Kehrtwende in der Wohnungspolitik gefordert. Die schwarz-grüne Landesregierung aber macht eine Politik des „Weiter so“ und verschärft die Wohnungskrise. Viele Initiativen in unterschiedlichen Städten und Gemeinden Hessens machen gegen diese Politik mobil. Mit dem Hessischen Mietenratschlag soll erstmals eine Plattform geboten werden für einen Erfahrungsaustausch zwischen allen Aktiven und Initiativen in Hessen, die sich in Stadtentwicklung einmischen und für bezahlbaren Wohnraum streiten. Anhand lokaler Beispiele sollen konkrete Handlungsperspektiven entwickelt werden, die zeigen, wie eine andere Wohnungspolitik vor Ort und hessenweit umgesetzt werden kann. Außerdem soll gemeinsam über die weiteren Perspektiven der landesweiten Vernetzung und mögliche gemeinsame Projekte diskutiert werden. Nehmt teil am ersten Hessischen Mietenratschlag – für eine grundlegende Kehrtwende in der hessischen Wohnungspolitik!

ANMELDUNG zur Konferenz und zum Mietenratschlag

Anmelden können Sie sich über ein Formular direkt auf der Internetseite.

Termin: 26. September 2019

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung

Ort: Berlin

In diesem Herbst jährt sich die Friedliche Revolution zum 30. Mal. Das Jahr 1989 trifft auf 2019 – eine spannende Begegnung verschiedener Generationen, von Erfahrungen und Positionen!

Der Slogan „Wir sind das Volk“ stand 1989 für den Mut der Menschen, auf die Straße zu gehen, sich für Reformen in der DDR einzusetzen, für Wahl- und Meinungsfreiheit einzustehen. 30 Jahre später sind Fragen notwendiger Reformen und moderner Demokratie nicht nur unverändert aktuell. In einer Zeit, in der Rechtspopulisten diesen Slogan umdeuten und gerade auch in Ostdeutschland damit erfolgreich sind, ist es sogar wichtiger denn je, sich mit ihnen intensiv auseinander zu setzen.

In der Veranstaltung der Reihe „Zur Lage der Generationen: „Aufbruch-Umbruch-Ausbruch“ werden die Ereignisse der Friedlichen Revolution im Herbst 1989 in Bezug zur heutigen Zeit gesetzt. Es wird gefragt: Welche politischen Konzepte, Visionen und Formen von Beteiligung von damals sind noch für das Heute von Interesse und können weiterentwickelt und – fortgeführt werden? Was können und sollten wir aus den Erfahrungen der Friedlichen Revolution mitnehmen auf dem Weg in ein (neues) Miteinander in Deutschland und in Europa?

Das „Alphabet der Friedlichen Revolution“ wird sich dabei wie ein roter Faden durch die Tagung ziehen – von Aufbruch bis Zweifel, von Ankommen bis Zusammenhalt, von Ausbruch bis Zivilcourage.

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem Programm.

Termin: 16. Oktober 2019

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Ort: Berlin

Es werden familien- und sozialpolitische, finanz- und steuerpolitische Expert/innen und Interessierte aus Politik, Verwaltung, Verbänden und Wissenschaft herzlich eingeladen.

Das System monetärer Leistungen für Familien und Kinder in Deutschland wird als kompliziert, organisatorisch zersplittert, intransparent und nicht kohärent aufeinander bezogen kritisiert. Für eine umfassende Reform zur Überwindung derzeitiger Inkonsistenzen und im Sinne einer wirksamen Bekämpfung von Kinderarmut ist das Konzept einer Kindergrundsicherung derzeit „in aller Munde“. Auch der Deutsche Verein hat sich zuletzt intensiv einerseits mit Lösungen zur besseren Gestaltung von Schnittstellen im bestehenden System sowie andererseits mit Eckpunkten, die bei der Diskussion von Kindergrundsicherungskonzepten berücksichtigt werden müssen, beschäftigt. Im Rahmen der Veranstaltung sollen diese Empfehlungen vorgestellt werden. Inwieweit die EVS Grundlage einer Bedarfsbemessung für Kinder sein kann, wird mit Frau Dr. Becker intensiv diskutiert. Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt dieses Fachtags werden Möglichkeiten und Grenzen der digitalen und möglichst einmaligen Beantragung sowie automatischen Auszahlung kind- bzw. familienbezogener Leistungen sein. Schließlich wollen wir mit den familienpolitischen Sprecher/innen von CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und DIE LINKE. zu eigenen Konzepten und politischen Vorhaben ins Gespräch kommen. Im Hinblick auf die Diskussionen um die Einführung einer Kindergrundsicherung sollen insbesondere gemeinsame Zielrichtungen und Aspekte herausgestellt sowie noch offene Fragen diskutiert werden.

Den Link zur Onlineanmeldung und das Veranstaltungsprogramm finden Sie unter www.deutscher-verein.de/de/va-19-leistungen-familien-kinder

Termin: 31. 10. 2019 Modul I

28. 11. 2019 Modul II

31. 01. 2020 Modul III

27. 02. 2020 Modul IV

Veranstalter: Projekt ElternStärken

Ort: Berlin

In der Bildungseinrichtung Schule ist die diversitätsorientierte Arbeit, u.a. auf der Basis unumstößlicher Grundrechte, Kinderrechte und weiteren Grundlagen menschenrechtsorientierter Arbeit durchaus eine große Herausforderung:

Wie kann mit den Zielgruppen gearbeitet werden, die sich abwertend aufgrund von Herkunft und Religion äußern? Wie lässt sich ein tragfähiges Arbeitsbündnis mit ihnen herstellen, ohne solch problematisches Verhalten zu verharmlosen?
Was tun, wenn Kinder und Jugendliche Mitschüler_innen und andere Personen in ihrem Umfeld wegen ihres Aussehens oder ihrer Mehrsprachigkeit ausgrenzen? Wie sprechen wir mit
den Eltern darüber? Wie lassen sich unsere pädagogischen Ziele kind-, jugend- und elterngerecht thematisieren? Wie gehe ich mit diskriminierenden Äußerungen von Kolleg_innen um?

Mit diesem Weiterbildungsangebot sollen Träger, Einrichtungen und Teams dabei unterstützt werden, mit Vorurteilen und Diskriminierungen von Eltern, Kindern und Kolleg_innen souverän
und professionell umzugehen. Hierfür werden Fachkräfte als Multiplikator_innen zu Fragen einer vielfältigen und vorurteilsbewussten Einrichtungskultur qualifiziert. In Krisen- und Konfliktfällen können sie als Ansprechpersonen, Moderator_innen oder Berater_innen im Rahmen von Fallbesprechungen und Leitbildentwicklungen aktiv werden.

Wir unterstützen interessierte Fachkräfte auf ihrem Weg und in ihrer Funktion als Vielfaltsbeauftragte_r in der jeweiligen Einrichtung und erstellen im Anschluss an die Weiterbildung ein ausführliches Zertifikat, um die Anerkennung im Träger zu erleichtern.

Ferner werden alle weitergebildeten Vielfaltsbeauftragten zu Reflexionsrunden eingeladen, um mit kollegialer und fachlicher Unterstützung den Prozess fortzusetzen.

Modul I: Berufsethische rechtliche Grundlagen Sozialer Arbeit, Elternrechte und Kinderrechte I Reflektion der eigenen Arbeitsorte/ Einrichtungen

Modul II: Vielfalt respektieren – Ausgrenzung widerstehen, Ansatz der Vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung I Reflexion und Entwicklung einer kulturellen Vielfalt in der Einrichtung mit Ellena Hüther, Pädagogin und Fortbildnerin

Modul III: Auseinandersetzung mit Ungleichwertigkeitsideologien und Diskriminierungen | Handlungssicherheiten in der pädagogischen Arbeit mit Eltern und Kindern und im Team erlangen mit Wiebke Eltze, Politikwissenschaftlerin

Modul IV: Ansprechperson für Vielfaltsfragen – was sind meine ersten Schritte? Rollenverständnis, Konzeptentwicklung I Grenzen und Möglichkeiten gemeinsam einschätzen und erkennen

Die Fortbildungen beginnen jeweils um 9.30 und enden um 15.30 Uhr. Sie findet statt in der Kultschule, Sewanstrasse 43, 10319 Berlin im Seminarraum des Stadtteilbüros, rechter Flügel, Erdgeschoss.

Rahmenbedingungen: Die Qualifizierung beinhaltet vier Module. Neben der Wissensvermittlung durch Expert_innen verschiedener Fachgebiete, geht es vor allem auch um Diskussionen, kollegiale Fallberatung und praktische Übungen, etwa durch Rollenspiele. Die Fortbildung ist kostenlos und schließt mit einem Zertifikat für die Teilnahme ab.

Im Anschluss an die Weiterbildung wird den ausgebildeten Vielfaltsbeauftragten prozessbegleitend der Rahmen für eine kollegiale Beratung angeboten.

Information und Anmeldung: Eva Prausner, Projekt ElternStärken, eva_prausner@elternstaerken.de; 030/99270555 oder 0177/6843959, http://www.elternstärken.de

Durchführende: Eva Prausner, Projekt ElternStärken – Beratung, Fortbildung, Vernetzung zum Thema Familie und Rechtsextremismus, pad gGmbH

In Kooperation mit: Marcel Dieckmann, Fach- und Netzwerkstelle Licht-Blicke, pad gGmbH

Termin: 14. bis 15. November 2019

Veranstalter: Bundesverband der Familienzentren e.V.

Ort: München-Pasing

Die Tagungsgebühr beträgt

für Mitglieder 45,– €,
für Nichtmitglieder 75,– €.

Wie können Familienzentren Knotenpunkte in einem Sozialraum sein? Arbeiten Sie mit an dieser Frage! Es wird sich auf einen gemeinsamen Austausch gefreut. Für die Fachtagung konnten namhafte Referent*innen verpflichtet werden und Sie dürfen sich auf vielfältige thematische Angebote freuen.

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem detailierte Programm. Anmeldungen sind nur online unter www.bundesverband-familienzentren.de möglich.

Termin: 19. bis 20. November 2019

Veranstalter: Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut

Ort: Berlin

Seit einem Jahrzehnt boomt der deutsche Arbeitsmarkt. Wo einst Massenarbeitslosigkeit herrschte, eilt die Beschäftigung von Rekord zu Rekord. Für einen Großteil der Beschäftigten ist dieser Wandel mit deutlichen Verbesserungen verbunden. Dennoch zeigen sich auch Schattenseiten. Während in einigen Branchen Fachkräfteengpässe zu beobachten sind, hat sich neben der seit Langem bekannten atypischen Beschäftigung ein wachsender Niedriglohnsektor etabliert. Auch mehren sich die Zweifel an der Nachhaltigkeit des Aufschwungs. Dabei geht es nicht nur um die dunklen Wolken am Konjunkturhimmel. Noch relevanter ist die Frage, ob und wie das deutsche Wirtschafts- und Beschäftigungsmodell für eine ökologische Transformation sowie für die Herausforderungen des digitalen und demografischen Wandels gewappnet ist.

Vor diesem Hintergrund nimmt das diesjährige WSI-Herbstforum sowohl die aktuelle Lage des Arbeitsmarktes und dessen Rückwirkungen auf die Beschäftigung in den Blick wie auch die künftigen Anforderungen an eine die Transformation unterstützende Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik. Wie stabil ist der Arbeitsmarkt? Setzt sich die verbesserte Verhandlungsposition der Beschäftigten in eine wachsende Tarifbindung und steigende Löhne um oder befördern insbesondere neue Dienstleistungsangebote und Arbeitsmigration das Wachstum des Niedriglohnsektors? Verbessern die Betriebe die Arbeitsbedingungen, um Personal zu halten, oder nehmen Arbeitsverdichtung und Stress zu? Verwandelt der Aufschwung prekäre Beschäftigung in Normalarbeit oder hybridisieren sich Beschäftigungsverhältnisse? Wie verändert der technologische Wandel die Leistungs- und Qualifizierungsanforderungen? Welche Herausforderungen stellen sich für die betriebliche Mitbestimmung?

Auf der Grundlage von Beiträgen zu diesen Themen wollen wir auf dem WSI Herbstforum 2019 mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Praxis und Gewerkschaften die Frage nach der Transformation des deutschen Beschäftigungsmodells diskutieren und Anforderungen an die Politik formulieren.

Anmeldung und weitere Informationen zum Programm finden Sie hier.

AUS DEM ZFF

Anlässlich der heute veröffentlichten Studie des DIW Berlin zur Inanspruchnahme des Elterngelds und des Elterngeld Plus von Müttern und Vätern fordert das ZFF die Politik auf, stärkere Anreize für eine partnerschaftliche Aufteilung zwischen den Elternteilen zu setzen.

Die heute veröffentlichte Studie des DIW Berlin zur Inanspruchnahme von Elterngeld und Elterngeld Plus von Müttern und Vätern kommt zu einem klaren Ergebnis: Die Aufteilung zwischen den Geschlechtern ist nach wie vor sehr ungleich. Seit Einführung des Elterngelds im Jahr 2007 ist die Inanspruchnahme von Vätern zwar deutlich gestiegen – von etwa drei Prozent auf 37 Prozent im Jahr 2016 – im Vergleich nutzen Mütter die Lohnersatzleistung jedoch deutlich häufiger und länger. So haben 2018 unter den Vätern 72 Prozent das Elterngeld nur für die zwei Partnermonate bezogen.

Dazu Christiane Reckmann, Vorsitzende des ZFF:

„Die meisten jungen Familien wünschen sich eine gleichmäßigere Aufteilung von Betreuung und Erziehung ihrer Kinder, scheitern jedoch bei der Umsetzung. Während Paare bis zur Geburt des ersten Kindes bezahlte und unbezahlte Arbeit relativ gleichmäßig aufteilen, übernehmen Mütter danach den Hauptteil der Sorgearbeit. Laut der Studie liegen die zentralen Beweggründe für die ausbleibende oder nur kurze Elterngeldnutzung von Vätern in der Sorge um langfristige berufliche Nachteile und in finanziellen Erwägungen. Gerade für einkommensschwache Familien bleibt es eine Herausforderung, Erwerbsarbeit zugunsten von Fürsorgeaufgaben längerfristig zu reduzieren.“

Christiane Reckmann weiter:

„Aus Sicht des ZFF muss die partnerschaftliche Ausgestaltung des Elterngelds deutlich gestärkt werden. Wir setzen uns daher für eine Ausdehnung der Partnermonate ein. Darüber hinaus müssen wir gerade einkommensschwache Eltern darin unterstützen, ohne finanzielle Nöte in ihr Familienleben zu starten. Das ZFF fordert, das Basis-Elterngeld als Familienförderleistung nicht wie bislang auf SGB-II-Leistungen, Sozialhilfe und den Kinderzuschlag anzurechnen. Daneben muss die Lohnersatzrate, gerade bei kleinen Einkommen, erhöht werden!“

Das ZFF hat sich ausführlich zu einer partnerschaftlich orientierten Familienpolitik positioniert. Das Positionspapier „Fifty-Fifty?! Wie kann die partnerschaftliche Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit gelingen?“ können Sie hier herunterladen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 28.08.2019