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ZFF-Info 14/2022

AUS DEM ZFF

Anlässlich seiner Fachtagung „Sorgearbeit – selbstverständlich weiblich? Close the Care Gap!“ am 9. November gibt das Bündnis Sorgearbeit fair teilen Ergebnisse einer repräsentativen YouGov-Umfrage bekannt.

Das ZFF ist einer von 26 Mitgliedsverbänden des zivilgesellschaftlichen Bündnisses Sorgearbeit fair teilen. Das Bündnis setzt sich für die geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit im Lebensverlauf ein. Seine Mitgliedsverbände haben sich zum Ziel gesetzt, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft für den Gender Care Gap und seine Auswirkungen zu sensibilisieren und sich für die Schließung der Sorgelücke einzusetzen.

Die Pressemitteilung des Bündnisses finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 10.11.2020

Bis zu 25.000 € mehr ist dem Staat künftig ein Kind von Spitzenverdienern bis zur Volljährigkeit wert. Diese Ungerechtigkeit durch das komplexe System der Kinderfreibeträge ist kaum bekannt. Durch das Inflationsausgleichsgesetz wird diese Schieflage fortgeschrieben. Denn dort werden neben dem Kindergeld erneut die Kinderfreibeträge erhöht. Das BÜNDNIS KINDERGRUNDSICHERUNG fordert von der Bundesregierung, stattdessen zielgerichtete Entlastungen für arme Familien und ihre Kinder und das Ende der unfairen Familienförderung.

Die vollständige Pressemitteilung des Bündnisses finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 10.11.2020

Anlässlich der heutigen Anhörung des Familienausschusses im Deutschen Bundestag bedauert das Zukunftsforum Familie (ZFF), dass mit der Umsetzung der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie keine nachhaltigen Verbesserungen für die Vereinbarkeit geplant sind und fordert die zügige Einführung einer Freistellung für den zweiten Elternteil nach der Geburt. 

Mit der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie sind wichtige Impulse für Verbesserungen von Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den Mitgliedstaaten auf den Weg gebracht worden. Die Bundesregierung erkennt allerdings nur einen geringen Umsetzungsbedarf und beschränkt sich auf wenige gesetzliche Änderungen. Es sind geringfügige Verbesserungen im Elterngeld- und Elternzeitgesetz sowie Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz vorgesehen, die insbesondere sorgetragende Beschäftigte in Kleinbetrieben betreffen. Voraussetzung in diesen Fällen bleibt aber weiterhin die Zustimmung der Arbeitgeber*innen – somit werden auch diese Verbesserungen kaum bei Familien ankommen.

Lisa Sommer, Referentin des ZFF, erklärt dazu: „Es ist bedauerlich, dass die Bundesregierung mit der Umsetzung der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie die Gelegenheit für weitreichende Verbesserungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verpasst hat. Junge Eltern wollen Erwerbs- und Sorgearbeit partnerschaftlicher aufteilen, sie brauchen von Anfang an entsprechende Rahmenbedingungen.

Laut Koalitionsvertrag haben die Ampelparteien ambitionierte Maßnahmen für mehr Partnerschaftlichkeit geplant – wie die Freistellung nach Geburt des Kindes für den zweiten Elternteil. Diese familienpolitische Leistung muss jetzt endlich zügig umgesetzt werden, denn die Zeit nach Geburt des Kindes ist eine ganz besondere Phase im Familienleben. Eine Freistellung gibt Vätern und zweiten Elternteilen den notwendigen Raum für den Aufbau und die Stärkung der Bindung zum Kind. Sie würde genauso Mütter entlasten, die im Wochenbett auf umfassende Unterstützung angewiesen sind. Darüber hinaus trägt die Regelung aus Sicht des ZFF das Potential, auch längerfristig partnerschaftliche Wirkung zu entfalten und kann u. a. einen Anreiz für eine längere Elternzeit des zweiten Elternteils setzen.“

Lisa Sommer ist heute als Sachverständige bei der Sitzung des Familienausschusses geladen. Die öffentliche Anhörung wird zeitversetzt am 08. November um 13 Uhr unter www.bundestag.de übertragen.

Die Stellungnahme des Zukunftsforum Familie e.V. anlässlich der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 07. November 2022 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur weiteren Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates“ sowie zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE. „28 Tage Elternschutz für den zweiten Elternteil ab Geburt des Kindes einführen“ (BT-Drs. 20/2688) finden Sie hier

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 07.11.2020

Als nicht weitgehend genug bewerten Sachverständige die von der Bundesregierung geplante Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montagnachmittag deutlich. Der Gesetzentwurf (20/3447) sieht unter anderem vor, dass Arbeitgeber in Kleinbetrieben ihren Beschäftigten, die den Abschluss einer Vereinbarung über eine Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder dem Familienpflegzeitgesetz beantragen, innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Zugang des Antrages antworten müssen. Im Fall einer Ablehnung des Antrags sei diese zu begründen. Ein Anspruch auf Freistellung sei nicht geplant.

Bewertet wurde bei der Anhörung auch ein Antrag der Linksfraktion (20/2688). Darin wird die Einführung einer 28-tägigen Freistellung von der Arbeit für den zweiten Elternteil ab Geburt des Kindes bei 100-prozentiger Entgeltfortzahlung gefordert.

Dörthe Gatermann vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge bewertete es positiv, dass künftig auch in Kleinbetrieben angestellte Eltern unterstützt würden. Zwar gebe es weiterhin keinen Rechtsanspruch auf eine Freistellung, doch werde bei Ablehnung zumindest eine Begründung des Arbeitgebers gefordert. Damit könne die Verhandlungsposition pflegender Angehöriger gestärkt und eine vermehrte Bewilligung solcher Freistellungsanträge bewirkt werden, sagte Gatermann. Diese Maßnahmen reichten aber nicht aus, um den wachsenden Bedarf nach Unterstützung pflegender Angehöriger zu decken. Benötigt werde unter anderem eine Harmonisierung der Schwellenwerte auf 15 Beschäftigte, befand sie. Derzeit gelten im Pflegezeitgesetz Unternehmen mit bis zu 15 Beschäftigten als Kleinbetriebe während beim Familienpflegzeitgesetz der Schwellenwert bei 25 Beschäftigten liegt.

Auch Ulrike Gebelein von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege begrüßte die vorgesehenen Begründungspflichten sowie das Vorhaben, pflegende Angehörige unter den Schutz der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu stellen. Die Umsetzung der EU-Richtlinie dürfe aber durch den Gesetzentwurf nicht als abgeschlossen gelten, warnte sie. Es brauche eine mindestens zehntägige Freistellungsregelung für Väter oder den gleichgestellten zweiten Elternteil nach der Geburt. Eine Verankerung dieses Rechtsanspruches sollte im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz erfolgen.

Die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie sei nicht umgesetzt, da es keine bezahlte Freistellung für Väter nach der Geburt gebe, sagte Elke Hannack vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). In Krisenzeiten bei Familien den Rotstift anzusetzen, sei aus familien- und gleichstellungspolitischer Sicht ein Fehler, sagte die DBG-Vertreterin. Auch für pflegende Angehörige enttäusche der Gesetzentwurf, weil an den Schwellenwerten bei Kleinbetrieben festgehalten werde. Der in der EU-Richtlinie vorgegebene Kündigungsschutz greife daher nicht, kritisierte Hannack. Hier müsse nachgebessert werden, indem die Schwellenwerte abgeschafft werden, verlangte sie.

Die Sozialwissenschaftlerin Lena Hipp vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung bedauerte, dass das „Gelegenheitsfenster“, das sich durch die Umsetzung der Richtlinie geöffnet habe, nicht ausreichend genutzt worden sei, um tatsächliche Vereinbarkeit voranzutreiben. So wäre es aus ihrer Sicht sinnvoll, aus den zwei Partnermonaten bei der Elternzeit vier Monate zu machen. Ihren Studien zufolge würde eine Vielzahl von Vätern diese auch wahrnehmen. Hipp ging auch auf Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt ein, unter denen Frauen mit Kindern zu leiden hätten. Elternschaft, so ihre Forderung, müsse daher als geschütztes Merkmal in das Antidiskriminierungsgesetz aufgenommen werden.

Dag Schölper vom Bundesforum Männer, dem Interessenverband für Jungen, Männer und Väter, sprach mit Blick auf den Verzicht des in der Richtlinie vorgegebenen „Vaterschaftsurlaubs“ von einer „Leerstelle im Gesetzentwurf“. Diese durch die Vereinbarkeitsrichtlinie vorgesehene Leistung habe einen eigenständigen Anspruchscharakter und sei eben nicht bereits durch die aktuellen Elterngeld- und Elternzeit-Regelungen abgedeckt, sagte er. Die Einführung eines solchen neuen und eigenständigen Anspruchs jenseits der bereits bestehenden Regelungen zu Elterngeld und Elternzeit könne einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Vater-Kind-Bindung von Anfang an zu stärken, die Väterbeteiligung an der Sorgearbeit zu erhöhen, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu verbessern und Müttern mehr Erwerbsperspektiven zu eröffnen, betonte Schölper.

Anders bewertet das Kerstin Plack von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Der Vaterschaftsurlaub müsse richtigerweise aufgrund einer Aussetzungsklausel in Artikel 20 Absatz 7 der Richtlinie in Deutschland nicht umgesetzt werden, sagte sie. Es sollte aus Sicht der BDA nicht auf anderer Grundlage zu einer solchen überzähligen Regelung kommen. Plack bewertete auch das für das Pflege- und das Familienpflegezeitgesetz vorgesehene Antragsverfahren zur Vereinbarung einer Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Kleinbetrieben als „zu weitgehend“. Die Schwellenwerte von Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz, sowie Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz hätten ihren Grund in der deutlich geringeren personellen wie finanziellen Belastbarkeit von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Diese können Mitarbeiterausfälle aufgrund der dünneren Personaldecke häufig nicht durch eine Umverteilung oder Umorganisation abfangen.

Lisa Sommer vom Zukunftsforum Familie befand indes, dass der entsprechende Anspruch auf alle Betriebsgrößen ausgeweitet werden müsse, „sodass alle Beschäftigte Auszeiten oder eine Verringerung der Arbeitszeit für die Pflege von Angehörigen tatsächlich nutzen können“. Bedauerlich sei auch, dass mit der Umsetzung der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie nicht die Möglichkeit genutzt worden sei, umfassendere Verbesserungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerade in der frühen Familienphase zu initiieren wie etwa eine bezahlte Freistellung für zweite Elternteile, die explizit mit der Geburt des Kindes verknüpft sein sollte.

Beim Dax-Unternehmen SAP gib es laut Unternehmensvertreterin Nina Straßner seit 2020 eine „Väterzeit“. Während der gesetzlichen, achtwöchigen Mutterschutzzeit nach der Geburt bestehe bei SAP Deutschland für länger als sechs Monate im Unternehmen beschäftigte Väter die Möglichkeit, für 20 Prozent ihrer Arbeitszeit bezahlt freigestellt zu werden, sagte sie. Das Angebot werde sehr gut angenommen. In den ersten 15 Monaten hätten mehr als 500 Väter und weniger als zehn gleichgeschlechtliche Elternpaare das Angebot in Anspruch genommen, „wobei durch die Verankerung als bezahlte Freistellung kein zusätzliches Budget aufgewendet werde musste“.

Quelle: Pressemitteilung  hib – heute im Bundestag Nr. 625 vom 07.11.2022

SCHWERPUNKT I: Mehrkindfamilien

Mehrkindfamilien in Deutschland sehen sich häufig mit zwei Vorurteilen konfrontiert. Entweder gelten sie als privilegiert und vermögend, weil sie genug Geld für drei oder mehr Kinder aufbringen können. Oder sie werden als von Sozialleistungen abhängige „Problemfälle“ dargestellt. Doch tatsächlich sind Mehrkindfamilien übergangene Leistungsträger:innen der Gesellschaft. Sie brauchen aber gezieltere Unterstützung.

Wer in Deutschland in einer Familie mit mehreren Kindern lebt, ist häufiger von Armut betroffen, als das in Haushalten mit weniger Kindern der Fall ist. Fast ein Drittel (32 Prozent) aller Familien mit drei oder mehr Kindern gilt als einkommensarm, knapp 18 Prozent beziehen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II. Der Blick auf die Länderebene unterstreicht diesen Befund: Über alle Bundesländer hinweg haben Paarfamilien mit drei und mehr Kindern ein fast dreimal so hohes Armutsrisiko wie Paarfamilien mit zwei Kindern. Am häufigsten sind Mehrkindfamilien in Bremen (63 Prozent) von Armut betroffen, in Bayern ist das Risiko am geringsten (22 Prozent). Besonders schwierig ist die Lage für alleinerziehende Familien mit drei und mehr Kindern: Über 86 Prozent von ihnen sind auf Sozialtransfers angewiesen. Wie aus unserer neuen Studie „Mehrkindfamilien gerecht werden“ ebenfalls hervorgeht, sind Kinder aus kinderreichen Familien besonders häufig von Armut betroffen: Mit 46 Prozent lebt fast die Hälfte aller Kinder in Mehrkindfamilien im SGB II-Bezug.

In den insgesamt 1,3 Millionen Mehrkindfamilien in Deutschland – das entspricht etwa jeder sechsten Familie – stehen die Eltern in besonderer Weise vor der Herausforderung, Beruf und Kinderbetreuung miteinander zu vereinbaren. Die Erwerbstätigkeit beider Elternteile nimmt mit steigender Kinderzahl ab; in Familien mit drei und mehr Kindern liegt sie deutlich niedriger als bei Eltern mit einem oder zwei Kindern. Insgesamt ist in Mehrkindfamilien häufiger als in anderen Familien der Vater Hauptverdiener, während die Mutter dazu verdient. Die Mütter wenden im Durchschnitt aber auch pro Tag rund doppelt so viel Zeit für die Kinderbetreuung auf wie die Väter. Erst mit zunehmendem Alter der Kinder weiten Mütter – wie in anderen Familien auch – ihre Erwerbsbeteiligung aus. Zudem zeigen die Daten, dass rund 70 Prozent der Mütter von drei und mehr Kindern gut bis sehr gut ausgebildet sind. Das widerlegt das Klischee, Eltern von Mehrkindfamilien hätten überwiegend einen niedrigen Bildungsstand.

Kinderarmut durch Unterstützung von Mehrkindfamilien bekämpfen

„Da die Betreuung und Erziehung von drei und mehr Kindern viel Zeit kostet, können Eltern ihre Erwerbstätigkeit kaum ausweiten, sondern müssen sie meistens sogar reduzieren“, so Anette Stein, Direktorin des Programms Bildung und Next Generation. Für viele Familien stelle das angesichts der fehlenden Betreuungsmöglichkeiten und steigenden Lebensmittelkosten eine immer größere Herausforderung dar. „Die soziale Situation von Mehrkindfamilien muss viel stärker ins Blickfeld rücken – vor allem auch deshalb, um die Kinderarmut in Deutschland entschlossen zu bekämpfen“, appelliert die Expertin. Um ein besseres Verständnis für die Lebenswirklichkeit und die Bedarfe von Mehrkindfamilien zu gewinnen, haben Sabine Andresen, Professorin für Familienforschung an der Goethe-Universität Frankfurt, und ihr Team 20 von ihnen ausführlich befragt. Dabei wurde deutlich, dass die Sorge um finanzielle Engpässe als auch um ausreichend bezahlbaren Wohnraum Mehrkindfamilien ständig begleitet. Zudem beklagen sie Benachteiligungen im Alltag, da zum Beispiel Familientickets im öffentlichen Personennahverkehr, im Schwimmbad oder im Zoo häufig auf die klassische Zwei-Kind-Familie ausgerichtet sind. Eine zusätzliche Belastung stellen Vorurteile und Stigmatisierungen dar, denen sich Mehrkindfamilien häufig ausgesetzt sehen.

Die soziale Situation von Mehrkindfamilien muss viel stärker ins Blickfeld rücken – vor allem auch deshalb, um die Kinderarmut in Deutschland entschlossen zu bekämpfen.

Anette Stein, Direktorin des Programms Bildung und Next Generation der Bertelsmann Stiftung

„Mehrkindfamilien sind mit vielen Vorurteilen konfrontiert“

„Mehrkindfamilien sind mit vielen Vorurteilen konfrontiert; übersehen werden dabei ihre enormen Leistungen für die Gesellschaft“, betont Sabine Andresen. „Wer drei Kinder oder mehr großzieht, sorgt im Umkehrschluss dafür, dass der Generationenvertrag unserer solidarisch organisierten Sozialversicherungssysteme funktioniert. Ohne die Care-Arbeit der Eltern, vor allem der Mütter, die dafür häufig auf die eigene Karriere und damit ausreichende Altersvorsorge verzichten, wäre das nicht möglich. Schon deshalb schulden wir diesen Familien eine gezielte Unterstützung, mehr Wertschätzung sowie die Überwindung von Klischees.“

Um Kindern in Mehrkindfamilien ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen und ihnen bessere Chancen auf Bildung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu eröffnen, plädieren wir weiterhin mit Nachdruck für die Einführung einer Kindergrundsicherung, wie sie im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Hierauf hätte jedes Kind Anspruch, unabhängig von der Familienform und der Zahl der Geschwister. Wichtig ist, dass damit die tatsächlichen, altersgerechten Bedarfe von Kindern und Jugendlichen gedeckt werden. Kurzfristig sind angesichts der rasant steigenden Verbraucherpreise zudem schnelle und unbürokratische Entlastungen gerade für kinderreiche Familien vonnöten. Bei Angeboten und Vergünstigungen für Familien in Bereichen wie Mobilität, Freizeit, Sport und Kultur müssen die speziellen Bedürfnisse dieser Familienform stärker mitgedacht werden.

Erleichterungen bedarf es auch in der Betreuung und Erziehung. Neben einem Ausbau der Angebote in der Kindertagesbetreuung sollte die Care-Arbeit von Müttern und Vätern – in allen Familienformen – gesellschaftlich stärker anerkannt und gerechter zwischen den Geschlechtern aufgeteilt werden. Langfristig wäre Mehrkindfamilien damit geholfen, wenn sich Politik, Wissenschaft und Gesellschaft von der Norm der Zwei-Kind-Familie lösen würden. Denn Mehrkindfamilien sind vielfältig, was bei politischen Maßnahmen ebenso wie in der öffentlichen Wahrnehmung sowie in der Forschung konsequent berücksichtigt werden sollte.

Studie

Mehrkindfamilien gerecht werden

Factsheet: Mehrkindfamilien in Deutschland

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung vom 10.11.2022

Zur Bertelsmann-Studie zu Mehrkindfamilien erklärt Nina Stahr, Sprecherin für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung sowie Mitglied im Ausschuss für Familie, Senior*innen, Frauen und Jugend:

Mit jedem Kind steigt das Armutsrisiko in Deutschland. Besonders gravierend ist dies für alleinerziehende Mehrkindfamilien. 1,3 Millionen Mehrkindfamilien gibt es in Deutschland. Mehr als jedes vierte Kind wächst in dieser Familienform auf. Dennoch sind sie viel zu selten Mittelpunkt der politischen Debatte. Aus diesem Grund ist die vorliegende Studie der Bertelsmann-Stiftung so wichtig. Sie zeigt: Mehrkindfamilien leisten Unglaubliches auch mit Blick auf unseren Generationenvertrag. Dennoch sind sie besonders von Diskriminierung und Vorurteilen betroffen. Sie und besonders die Mütter verzichten häufig für ihre Kinder auf Einkommen, Zeit für sich und eine ausreichende Altersvorsorge. Und das, obwohl 70 Prozent der Mehrkindmütter gut bis sehr gut ausgebildet sind. Die aktuellen Krisen – Inflation, steigende Energiepreise, Corona-Pandemie – belasten sie besonders.

Mehrkindmütter leisten einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft. Deshalb setzen wir uns in der Ampelkoalition mit dem Kita-Qualitätsgesetz, der Fachkräfteoffensive und der Einführung des Rechts auf einen Ganztagsplatz in Grundschulen für eine verlässliche frühkindliche Bildung ein. Damit schaffen wir gerade auch für Eltern mit mehreren Kindern Zuverlässigkeit, dass sie Job und Familie unter einen Hut bringen können. Zudem arbeiten wir aktuell mit Hochdruck an der Kindergrundsicherung. Mit ihr erhält jedes Kind unabhängig von der Familienform die Leistungen, auf die es einen Anspruch hat. Wichtig dabei für Mehrkindfamilien mit knappen Zeitressourcen: die automatische Berechnung und Auszahlung.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 10.11.2022

Die heute veröffentlichte Studie zu Familien mit drei Kindern und mehr („Mehrkindfamilien gerecht werden“, Bertelsmann Stiftung 2022) trifft auf Wohlwollen beim Deutschen Familienverband (DFV). Der Verband ist nicht nur traditionell den Mehrkindfamilien zugeneigt – vor 100 Jahren gründete sich der DFV als Selbsthilfeorganisation kinderreicher Familien. Schon lange weist der DFV darauf hin, dass die wissenschaftliche Studienlage zu Familien mit mehr als drei Kindern unzureichend ist. Die veröffentlichte Studie hilft dabei, wissenschaftliche Lücken zu schließen.

„Die krisenhafte demographische Entwicklung hat vor allem damit zu tun, dass wir in Deutschland zu wenige kinderreiche Familien haben“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes. „Familien mit drei und mehr Kindern müssen von der Politik nicht nur intensiver berücksichtigt werden. Der Staat muss Paaren grundsätzlich mehr Mut zu mehr Kindern machen.“

Fehlende politische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit für Mehrkindfamilien führt viel zu lange zu ungeeigneten Wohnverhältnissen, finanziellen Schwierigkeiten, Betreuungsproblemen und anderen Nachteilen. Neben Vorurteilen und Stigmatisierung ist es nicht verwunderlich, dass sich immer weniger Familien für mehr als zwei Kinder entscheiden. Deutschland ist kein Land, dass kinderreiche Familien schätzt und unterstützt.

Wie der DFV mit den Elternklagen macht die Studie auf die Bedeutung von Familien für das umlagefinanzierte Sozialsystem aufmerksam. Mit der Erziehung von Kindern sorgen insbesondere Mehrkindfamilien dafür, dass der gesetzlichen Renten-, Pflege- und Krankenversicherung die Beitragszahler nicht ausbleiben und der Generationenvertrag aufrechterhalten wird.

„Es ist richtig, wenn die Autorinnen der Studie feststellen, dass die kürzlich vom Bundesverfassungsgericht geforderte proportional mit Anzahl der Kinder steigende Entlastung von Eltern in der Pflegeversicherung nur ein kleiner Schritt ist“, sagt Heimann. Der Deutsche Familienverband und der Familienbund der Katholiken zeigen in ihrem jährlich veröffentlichten Horizontalen Vergleich, dass gerade Sozialabgaben kinderreiche Familien belasten und unter das Existenzminimum drücken.

„Jede Reform, die zum Ziel hat, kinderreiche Familien zu entlasten, muss bei den Sozialabgaben anfangen. Eine Kindergrundsicherung wird die Kinder- und Familienarmut in Deutschland nicht lösen. Wie es derzeit scheint, ist die Kindergrundsicherung nichts anderes als alter Wein in neuen Schläuchen“, so Heimann.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 10.11.2022

zu den heute veröffentlichten Zahlen der Bertelsmann-Stiftung zu Kinderarmut in Mehrkindfamilien erklärt Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes:

„Die Zahlen der Bertelsmann-Stiftung zeigen einmal mehr ganz deutlich: Mehrkindfamilien haben ein erhöhtes finanzielles Armutsrisiko. Ein Mindestlohn von zwölf Euro sorgt zwar dafür, dass Erwerbstätige allein über die Runden kommen. Mit jedem Kind, das in eine Familie mit geringem Einkommen geboren wird, steigt aber das Risiko auf die in der Regel unzureichenden Sozialleistungen des Staates angewiesen zu sein. Wer will, dass Arbeit sich lohnt, muss sich deshalb für eine armutsfeste Kindergrundsicherung einsetzen. Ich rufe insbesondere die Union und Herrn Merz auf, die Angriffe auf das geplante Bürgergeld einzustellen und stattdessen für eine gute Kindergrundsicherung einzutreten.“

Quelle: Pressemitteilung Der Kinderschutzbund – Bundesverband e.V. vom 10.11.2022

Mehr als ein Viertel der Kinder in Deutschland wächst mit zwei oder  mehr Geschwistern auf Mehrkindfamilien sind so vielfältig wie andere  Familien auch. Es gibt besonders reiche und besonders arme Familien  darunter, Alleinerziehende, Migrant:innen, Lebensgemeinschaften, Regenbogenfamilien.
Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie sieht sich durch die  Ergebnisse der heute veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung  in ihrer Auffassung bestätigt, dass die Interessen von Mehrkindfamilien in unserer Gesellschaft deutlich besser wahrgenommen werden müssen. „Es braucht ein Umdenken in Politik und Wirtschaft – also  eine Abkehr von der Zwei-Kind-Norm“, so Präsident Dr. Martin Bujard. „Familienangebote, die sich nicht automatisch auch auf Familien mit  mehr als zwei Kinder beziehen, haben die Bezeichnung  „familienfreundlich“ nicht verdient.“

Die in der Studie vorgestellten Reformvorschläge in Bezug auf  Generationenvertrag, Armutsbekämpfung und Kindergrundsicherung  finden die volle Unterstützung der eaf. Der evangelische Familienverband weist insbesondere darauf hin, dass mehr Kinder in  einer Familie aber auch deutlich mehr Sorgearbeit bedeuten:
„Gerade Familien mit mehr als zwei Kindern brauchen eine ihnen  zugewandte Zeitpolitik. Wir benötigen Lösungen, die ausreichend Zeit  für Sorgearbeit in der Familie ermöglichen, die Vereinbarkeit Familie  und Beruf erleichtern und Partnerschaftlichkeit individuell gestalten  lassen. Unser Konzept für eine Dynamische Familienarbeitszeit soll  auch den vielfältigen Bedürfnissen von größeren Familien gerecht  werden“, so Bujard.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 10.11.2022

Die Forschungslage über kinderreiche Familien ist überschaubar. In Berechnungen und Statistiken werden sie zu wenig berücksichtigt, auch wenn sich in den letzten zehn Jahren manches verbessert hat. Zu oft mangelt es an verwertbaren Daten. 2019 erschien die letzte wissenschaftliche Studie über dieses Familienmodell. „Vor diesem Hintergrund freuen wir uns sehr darüber, dass die Bertelsmann-Stiftung diese Daten erhoben und ausgewertet hat. Sie bestätigt unsere Erkenntnisse und Lösungsansätze ohne Ausnahme,“ freut sich die Vorsitzende des Verbands kinderreicher Familien Deutschland, Dr. Elisabeth Müller. „Die Berichte, Haltungen und Lebensleistungen dieser Familien wirken inspirierend und bereichern persönliche Lebensperspektiven.“ Gerade ein gutes Netzwerk und die Möglichkeit zu niederschwelligen Austausch über familiäre Bedarfe ist eine wichtige Zugangsressource zu Information für Eltern. So wird der Verband immer wieder als wichtige Plattform für die Kommunikation von Information und die Vertretung von Interessen kinderreicher Familien vor allem gegenüber der Politik genannt.

Die von Prof. Dr. Sabine Andresen (Goethe-Universität Frankfurt am Main) begleitete qualitative Studie gibt einen „live-Einblick“ (S. 22) in den Alltag von Mehrkindfamilien – mit leisen und lauten Tönen, Glücksmomenten und Freuden. Der Umgang mit Ressourcen sowie Herausforderungen und Belastungssituationen wird dabei nicht beschönigt, sondern in Relation gesetzt. „Entstanden sind Beobachtungen und Fakten, die unsere Wahrnehmung und Erfahrungen sowohl auf Verbands- als auch auf persönlicher Ebene abbilden. Dass unser Familienmodell bereichernd ist, wurde nun verschriftlicht“, so Müller. „Die ausführlichen Erzählungen und Einblicke in das Leben der Mehrkindfamilien sind für uns nicht überraschend. Sie zeugen von einer großen Authentizität, hohem Verantwortungsbewusstsein und von ausgeprägtem Reflektionsvermögen kinderreicher Eltern.“

Eltern von drei und mehr Kindern bewältigen einen anspruchsvollen Alltag. Sie verzichten zugunsten ihrer Kinder auf Einkommen, eigene Karrieren und häufig auf eine ausreichende Altersvorsorge. Das verdient Anerkennung und Wertschätzung. Denn sie sind Leistungsträger:innen unserer Gesellschaft, auch indem sie einen großen Beitrag zum sozialstaatlichen Generationenvertrag beisteuern, heißt es in der Studie. Vor diesem Hintergrund darf das Lebensmodell „familie3plus“ nicht mehr argwöhnisch und stiefmütterlich betrachtet werden. Müller fordert deshalb: „Es ist an der Zeit, Vorurteile und Stigmatisierungen gegenüber abzulegen. Was es braucht, ist eine passgenaue Familienpolitik, die Mehrkindfamilien in den Mittelpunkt der Gesellschaft rückt und den hohen Wert der Care-Arbeit samt des reichen Schatzes an Erfahrungen und vielfältigen Ressourcen, die in kinderreichen Familien stecken, anerkennt. Hierfür braucht es neben der notwendigen Wertschätzung auch finanzielle Unterstützung, damit die Entscheidung für ein drittes oder weiteres Kind nicht zum Armutsrisiko wird, denn die Studie zeigt, dass dieses bei Mehrkindfamilien fast viermal so hoch ist wie bei Zweielternfamilien mit einem Kind. Vor diesem Hintergrund ist es besonders unverständlich, dass die geplante Kindergelderhöhung zum 1.1.2023 nur das erste bis dritte Kind berücksichtigt. Aus unserer Sicht ist eine deutliche Erhöhung des Kindergelds ab dem dritten Kind dringend notwendig.“

Mehrkindfamilien sind vielfältig. Ihre spezifischen Bedarfe sollten bei politischen Maßnahmen ebenso wie in der Forschung und bei Datenerhebungen konsequent mitgedacht werden. Dies geschieht viel zu wenig. Musterberechnungen für Transferleistungen beispielsweise werden in der Regel nur für Eltern mit ein oder zwei Kindern erstellt. Mehrkindfamilien erfassen so nur schwer, was politische Entscheidungen für ihre zukünftige finanzielle Situation bedeuten.

Der Verband dankt allen beteiligten Familien für ihre Bereitschaft und Offenheit, Einblicke in ihren Alltag zu gewähren. Unser besonderer Dank gilt der Bertelsmann Stiftung und dem Forschungsteam um Frau Prof. Sabine Andresen. Sie verleihen mit ihrer Arbeit ca. 1,3 Millionen Familien mit drei und mehr Kindern, das entspricht fast sieben Millionen Menschen, in Deutschland eine Stimme.

Die Studie verleiht der Erziehungs- und Lebensleistung von Mehrkindmüttern- und -vätern großen Respekt und Anerkennung; sie gibt ihnen eine Stimme. „Mit diesem Rückenwind und der Bestätigung unserer Arbeit wünschen wir uns eine größere politische Rückendeckung und Ressourcen, die den Verband als Anlaufstelle für Mehrkindfamilien sichtbarer machen. Wir werden auch in Zukunft unsere Zielgruppe bestmöglich beraten, unterstützen und miteinander vernetzen“, so die Vorsitzende. Diese Veröffentlichung trägt zur Sichtbarkeit dieses Familienmodells „Mehrkindfamilie“ erheblich bei.

Die KRFD-Stellungnahme zur aktuellen Bertelsmann-Studie Mehrkindfamilien gerecht werden: Bedarfe im Alltag von Familien mit drei und mehr Kindern – Studie von Andresen u.a. (2022)

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD vom 10.11.2022

SCHWERPUNKT II: Debatte Bürger*innengeld

Die Bundesregierung will die Grundsicherung zu einem modernen Bürgergeld fortentwickeln und so die staatliche Unterstützung bürgernäher, unbürokratischer und zielgerichteter gestalten. Zu diesem Gesetzentwurf hat sich der Bundesrat am 28. Oktober 2022 geäußert. In ihrer Stellungnahme fordern die Länder die Bundesregierung insbesondere auf, die mit dem Gesetz verbundenen Kostenfolgen zu überprüfen und etwaige Mehrkosten der Länder und Kommunen zu refinanzieren.

Was die Bundesregierung vorhat: Dauerhafte Arbeitsmarktintegration

Nach dem Wunsch der Bundesregierung sollen sich die über 5 Millionen Menschen, die in Deutschland Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beziehen, stärker auf Qualifizierung, Weiterbildung und Arbeitsuche konzentrieren können.

Höhere Regelbedarfe

Ziel ist eine dauerhafte Arbeitsmarktintegration. Außerdem gestaltet der Entwurf die Berechnung der Regelbedarfe neu: Sie sollen künftig nicht mehr rückwirkend, sondern vorausschauend an die Teuerungsraten angepasst werden. Die Regelbedarfe für das kommende Jahr wurden bereits entsprechend berechnet. Ab 1. Januar 2023 soll etwa ein alleinstehender Erwachsener 502 Euro erhalten – 53 Euro mehr als bisher.

2 Jahre Karenzzeit

Damit die Leistungsberechtigten sich auf die Arbeitsuche konzentrieren können, soll in den ersten zwei Jahren des Bürgergeldbezugs eine sogenannte Karenzzeit gelten: Die Kosten für Unterkunft und Heizung werden in tatsächlicher Höhe anerkannt und übernommen. Vermögen wird nicht berücksichtigt, sofern es nicht erheblich ist. Nach der Karenzzeit folgt eine entbürokratisierte Vermögensprüfung.

Auch hieran entzündet sich Kritik der Länder. Mit dieser Regelung würde eine nahezu unbegrenzte Anerkennung auch unangemessener Aufwendungen für Heizung während der zweijährigen Karenzzeit erfolgen, deshalb sollen die Kosten nur für die Unterkunft in tatsächlicher Höhe übernommen werden, fordert der Bundesrat in seiner Stellungnahme.

Freibeträge und Kooperationsplan

Für Bürgergeldbeziehende gelten zudem höhere Freibeträge als bislang. Die bisherige Eingliederungsvereinbarung wird durch einen Kooperationsplan abgelöst, den Leistungsberechtigte und Integrationsfachkräfte gemeinsam erarbeiten. Dieser Plan soll dann als „roter Faden“ im Eingliederungsprozess gelten. Mit Abschluss des Kooperationsplans gilt eine Vertrauenszeit. In diesem Zeitraum wird ganz besonders auf Vertrauen und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe gesetzt.

Leistungsminderungen weiter möglich

Wer Termine nicht wahrnimmt, muss nach den Plänen der Bundesregierung auch weiterhin mit Sanktionen rechnen – allerdings nur im Wiederholungsfall. Leistungsminderungen wegen wiederholter Pflichtverletzungen und Meldeversäumnisse betragen dann höchstens 30 Prozent des maßgebenden monatlichen Regelbedarfs. Kosten der Unterkunft und Heizung werden nicht reduziert. Es gibt keine Leistungsminderung, sollte sie im konkreten Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen. Die verschärften Sonderregelungen für die unter 25-jährigen Hilfeempfänger entfallen.

Arbeitsmarktzugang Geringqualifizierter

Geringqualifizierte sollen auf dem Weg zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung unterstützt werden, um ihnen den Zugang zum Fachkräftearbeitsmarkt zu öffnen. Eine umfassende Betreuung soll Leistungsberechtigten helfen, die besondere Schwierigkeiten haben, Arbeit aufzunehmen.

Höhere Freibeträge für Nebenjobs

Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende können künftig mehr ihres selbstverdienten Geldes behalten. Der Freibetrag für Hinzuverdienste soll auf 520 Euro steigen, damit junge Menschen die Erfahrung machen, dass es sich lohnt, einen Schüler- oder Studentenjob aufzunehmen.

Mit der Erhöhung des Freibetrags im Bereich zwischen 520 und 1 000 Euro von 20 auf 30 Prozent des erzielten Erwerbseinkommens steige der Anreiz zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze.

Bundesrat fordert weitere Schritte

Dies sei nur ein erster Schritt zur Verbesserung der Hinzuverdienstregelungen, monieren die Länder in ihrer Stellungnahme. Es sei insbesondere sicherzustellen, dass ebenso Personen, die Einkommen aus einer Ausbildungsvergütung oder Qualifizierung beziehungsweise Teilqualifizierung erhalten, sowohl von der Anhebung der Hinzuverdienstgrenzen als auch von der Neuausrichtung bei der Einkommensanrechnung im SGB II profitieren.

Sozialer Arbeitsmarkt

Nach dem Regierungsentwurf sollen die Regelungen zum „Sozialen Arbeitsmarkt“ künftig unbefristet gelten. Deren Ziel ist es, besonders arbeitsmarktfernen Menschen soziale Teilhabe durch längerfristige öffentlich geförderte Beschäftigung zu ermöglichen und Übergänge in ungeförderte Beschäftigung zu erreichen. Bislang sollte die Regelung am 31. Dezember 2024 auslaufen.

Nächste Schritte

Die Stellungnahme des Bundesrates wurde der Bundesregierung zugeleitet, die eine Gegenäußerung dazu verfasst und dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt. Anschließend kommt das Gesetz noch einmal abschließend in den Bundesrat. Es bedarf seiner Zustimmung, um in Kraft treten zu können.

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates am 28.10.2022

Die heutige öffentliche Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales hat den Kurs für das Bürgergeld aus Sicht der SPD-Fraktion bestätigt. Die Länder sind nun gefragt, die Verhandlungen über das Gesamtpaket schnellstmöglich abzuschließen.

„Die unabhängigen Sachverständigen geben dem Bürgergeld Rückenwind. Den Vorwurf der Union, dass sich Arbeit durch das Bürgergeld nicht mehr lohne, haben sie heute entkräftet.

Den von den Sachverständigen geforderten Anpassungen bei den Hinzuverdiensten kommt das zweite Bürgergeld-Paket nach. Ebenfalls bestätigte die Befragung, sich stärker auf gute Beratung und Bürokratieabbau zu konzentrieren. Der vorgesehene Fokus auf Weiterbildung wurde als notwendig eingeschätzt, um die Potenziale von Langzeitarbeitslosen für den Arbeitsmarkt zu heben. Deutlich wurde auch, dass die Ausgestaltung von Karenzzeit und Schonvermögen politisch zu klären sei. Dabei käme es darauf an, wie wichtig man die Bedeutung von Leistungsgerechtigkeit und Respekt vor Lebensleistung bewertet.

Die durch das Gesetz geschaffenen Rahmenbedingungen machen den Weg frei für eine bessere und zielgenauere Beratung. Die Bundesregierung setzt weiterhin auf das Prinzip des Förderns und Forderns mit dem Bürgergeld, gestaltet es aber zielgenauer und moderner aus.

Vor diesem Hintergrund sehen wir uns mit dem jüngst vorgelegten Kompromissvorschlag durch die heutige Anhörung klar bestätigt. Die Länder mit CDU-Regierungsbeteiligung sind jetzt am Zug, ihrerseits konkrete Vorschläge vorzulegen, um unnötige Verzögerungen aufgrund eines Vermittlungsverfahrens zu vermeiden. Es ist jetzt staatspolitische Verantwortung gefragt statt parteitaktischer Spielchen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 07.11.2022

Die Jobcenter brauchen mehr Geld und die These, mit dem Bürgergeld lohne sich Arbeit nicht mehr, ist mindestens umstritten. Das sind nur zwei von vielen Erkenntnissen aus der Anhörung zum Bürgergeld-Gesetzentwurf der Bundesregierung und diverser Oppositionsanträge, die der Ausschuss für Arbeit und Soziales am heutigen Montag durchgeführt hat.

Mit ihrem Bürgergeld-Gesetz (20/3878), nach Koalitionsaussagen die größte sozialpolitische Reform seit vielen Jahren, möchte die Ampel-Regierung von SPD. Grünen und FDP „Hartz IV hinter sich lassen“. Geplant sind unter anderem eine „Kooperation auf Augenhöhe“ zwischen Arbeitssuchenden und Jobcenter-Mitarbeitern, die Einführung einer zweijährigen Karenzzeit, in der das Vermögen und die Angemessenheit der Wohnung nicht überprüft werden, die Stärkung von Weiterbildung durch finanzielle Anreize. Außerdem soll der Soziale Arbeitsmarkt verstetigt und Sanktionen deutlich abgemildert werden. Die monatlichen Regelleistungen werden um einen Inflationsausgleich deutlich angehoben. Abgeschafft werden soll auch der „Vermittlungsvorrang in Arbeit“. Stattdessen sollen Geringqualifizierte auf dem Weg zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung unterstützt werden, um ihnen den Zugang zum Fachkräftearbeitsmarkt zu öffnen. Eine umfassende Betreuung soll jenen Leistungsberechtigten helfen, „die aufgrund vielfältiger individueller Probleme besondere Schwierigkeiten haben, Arbeit aufzunehmen“.

Insbesondere Vertreter verschiedener Wohlfahrtsverbände und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), aber auch der Bundesagentur für Arbeit (BA) unterstützten die Pläne für das neue Bürgergeld und mahnten eine zügige Umsetzung an. Dass wesentliche Kernpunkte des Gesetzes (außer die Regelsatzerhöhung) nach neuesten Änderungen der Koalition nun erst zum 1. Juli 2023 in Kraft treten, sorgte unter anderem bei Eva Strobl von der BA für Erleichterung: „Die Arbeit der Jobcenter wird sich wesentlich verändern, dafür brauchen wir mehr Vorlaufzeit.“ Birgit Fix vom Deutschen Caritasverband betonte, es sei gut, wenn sich die Jobcenter nun auf ihre Kernaufgaben der Beratung und Vermittlung konzentrieren könnten. Um diese Ziele umzusetzen, müssten die Mittel im Haushalt 2023 aber deutlich aufgestockt werden. Das forderte auch Martin Künkler vom DGB. Ohne zusätzliches Geld für die Jobcenter werde es sehr schwierig, die neuen Schwerpunkte der Arbeitsvermittlung umzusetzen, die im übrigen zu komplex, schwierig und intransparent seien, kritisierte Markus Mempel vom Deutschen Landkreistag. Auch Anna Robra von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) mahnte, die Änderungen müssten für die Jobcenter umsetzbar sein, dies könne sie angesichts der komplizierten Vorgaben nicht unbedingt erkennen, sagte sie. Mempel und Robra kritisierten außerdem die Regelungen zur Karenz- und Vertrauenszeit und die Abschaffung des Vermittlungsvorangs. „Das alles mindert Anreize, sich aus dem Bezug herauszuarbeiten“, sagte Robra. Mempel forderte, die Karenzzeit beim Bürgergeld, wenn an ihr festgehalten werden solle, auf sechs Monate zu verkürzen.

Zum Thema Lohnabstandsgebot sagte DGB-Vertreter Martin Künkler: „Der Abstand zwischen Lohn und Bürgergeld ist gewahrt.“ Er verwies unter anderem auf den gestiegenen Mindestlohn und kritisierte, dass viele Berechnungen zum angeblich zu geringen Abstand unsauber seien, da sie Leistungen wie Kinder- und Wohngeld nicht mitberücksichtigten. Auch Elena Weber von der Diakonie Deutschland konnte nicht erkennen, warum sich durch das Bürgergeld Arbeit nicht mehr lohnen solle. „Wenn Menschen von ihrer Arbeit nicht leben können, muss man zuerst die Frage nach den Löhnen stellen“, so Weber. BDA-Vertreterin Anna Robra hatte dazu eine andere Auffassung: „Der Kern des Problems ist, dass sich Arbeit dann nicht mehr lohnt, wenn ich mich aus dem Bezug herausarbeiten will.“ Deshalb müsste bei den Hinzuverdienstgrenzen nachgebessert werden, forderte sie.

Große Einigkeit herrschte unter den Expertinnen und Experten hingegen in der Frage, die Regelsätze ab Januar schnell zu erhöhen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 623 vom 07.11.2022

Der Bundesrat kritisiert die Pläne der Bundesregierung für das Bürgergeld als unzureichend. In seiner Stellungnahme dazu, die nun als Unterrichtung (20/4226) vorliegt, heißt es unter anderem, im Gesetzentwurf zum Bürgergeld sei die große Gruppe der erwerbstätigen Leistungsbeziehenden, die über Einkommen verfügt und deren Sozialleistungen deshalb teilweise reduziert werden, nur unzureichend berücksichtigt worden. „Der Schnellschuss zur Anpassung der Hinzuverdienstregelung bei Erwerbseinkommen von 520 Euro bis 1.000 Euro wirkt dabei wenig durchdacht und wird weder den betroffenen Leistungsbeziehenden noch dem Anliegen der Länder gerecht“, so die Länderkammer.

Um erwerbsfähige Leistungsbeziehende dauerhaft und nachhaltig aus dem SGB II-Leistungsbezug zu führen, müssten die Regelungen zum Hinzuverdienst umfassend gemäß den Eckpunkten der Länder auf den Prüfstand gestellt werden. Außerdem wollen die Länder an einer Beteiligung bei der Umsetzung der Änderungen der Anpassungsregelungen für die Einkommensanrechnung durch den Bund festhalten.

Sie kritisieren darüber hinaus die Regelungen zur Freistellung der Altersvorsorge bei der Vermögensanrechnung und zur Karenzzeit. Eine zwingende Festlegung als Altersvorsorge solle weiterhin Voraussetzung für die Berücksichtigung als Schonvermögen sein. Daher solle an der bestehenden gesetzlichen Regelung in vereinfachter Form festgehalten werden, zumal damit sichergestellt sei, dass es sich um Versicherungsverträge handelt, die tatsächlich der Altersvorsorge dienen, schreibt der Bundesrat. Es müsse ferner gesetzgeberisch sichergestellt werden, dass die Einführung der zeitlich begrenzten Karenzzeit nicht zu einer dauerhaften Berücksichtigung der tatsächlichen Bedarfe führt, weil die Träger während der Karenzzeit die Zusicherung ohne Prüfung der Bedarfe erteilen müssen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 616 vom 03.11.2022

Die AWO begrüßt, dass der Bundestag soeben das Bürgergeld-Gesetz beschlossen hat. Dazu erklärt Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt: „Mit der heutigen Entscheidung wird ein echter und dringend überfälliger Systemwechsel eingeleitet. Jetzt ist es am Bundesrat, am Montag den Weg für mehr Gerechtigkeit und soziale Teilhabe frei zu machen. Gerade in der jetzigen Situation brauchen wir ein klares Bekenntnis zu unserem Sozialstaat!“

Die AWO fordert die Länder deshalb mit Nachdruck dazu auf, die Einführung des Bürgergelds im Bundesrat nicht zu blockieren. „Die Karenzzeiten wurden während der Pandemie von der Großen Koalition beschlossen und sind eine wesentliche Verbesserung des sozialen Sicherungssystems. Die Koalitionsfraktionen haben nach Kritik aus Bundesrat und Opposition einen Kompromissvorschlag erarbeitet, der deutlich hinter diesen ursprünglich eingeführten Regelungen zurückbleibt. Wer das Bürgergeld jetzt stoppt, hat den Bezug zur Realität verloren und betreibt populistische Parteipolitik auf Kosten derer, die angesichts der Preissteigerungen dringend Unterstützung brauchen!“ appelliert Michael Groß.

Kritisch sieht die AWO dagegen die Anpassung der Regelsätze an die Inflationsentwicklung. Diese sorgten zwar für dringend nötige finanzielle Entlastung bei den Leistungsbeziehenden, doch blieben die langjährigen Unterdeckungen in der Grundsicherung weiter bestehen. Hier bestehe dringender Nachbesserungsbedarf. „Es ist ganz einfach“, sagt dazu Groß abschließend, „Werden zu niedrige Regelsätze fortgeschrieben, bleiben diese weiterhin zu gering.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 10.11.2022

Zur aktuellen Debatte über die Einführung eines Bürgergelds erklärt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie:

„Wir brauchen jetzt eine zielführende konstruktive Debatte und keinen parteipolitischen Zank. Bei der Ablösung von Hartz IV durch ein Bürgergeld geht es um Menschen mit schwierigen Erwerbsbiografien und Hindernissen auf dem Arbeitsmarkt. Sie haben wie alle ein menschenwürdiges Existenzminimum verdient und benötigen die Unterstützung der Solidargemeinschaft, um Fuß zu fassen. Wer in der politischen Mitte stehen will, muss die Menschen in den Mittelpunkt stellen und nicht die eigenen Interessen.

Jetzt ist politischer Reformwillen in allen Parteien nötig, damit die Menschen nicht das Vertrauen in den Sozialstaat verlieren. Ich appelliere deshalb an die Union,  nach der entsprechenden Aufnahme der Anregungen der Bundesagentur, im Bundesrat den Weg für die Reform freizugeben, damit die dringend notwendige Erhöhung der Regelsätze und Reformschritte umgesetzt werden können. Vom Zaun gebrochene Debatten mit dem Ziel, die Reform aufzuhalten, werden die Situation der Betroffenen dramatisch verschlechtern. Dies gilt erst recht in diesen Zeiten steigender Energie- und Lebensmittelpreise. Wenn das Gesetz im Bundesrat blockiert wird, würde nicht nur die dringende Erhöhung der Regelsätze ausbleiben. Auch die Verbesserungen beim Schutz der Wohnung und Förderung der beruflichen Weiterbildung wären erst einmal Makulatur.“

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 08.11.2022

Neue Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle liegen vor.

Laut einer aktuellen Expertise des Paritätischen Wohlfahrtsverbands ist die zum Januar 2023 geplante Anhebung der Regelsätze in der Grundsicherung auf 502 Euro, über die der Deutsche Bundestag am morgigen Donnerstag im Zusammenhang mit einer Reform von Hartz IV und der Einführung eines sogenannten “Bürgergeldes” berät, viel zu niedrig. Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle müssten die Leistungen auf mindestens 725 Euro angehoben werden, um wirksam vor Armut zu schützen. Der Verband fordert eine entsprechende Erhöhung des Regelsatzes um 276 Euro plus die vollständige Übernahme der Stromkosten und mahnt die Politik zur Eile: Angesichts der Notlage der Betroffenen sei keine Zeit zu verlieren.

Der Paritätische kritisiert die regierungsamtliche Berechnungsmethode trotz der neuen Fortschreibungsmethodik als nicht geeignet, das verfassungsrechtlich gebotene soziokulturelle Existenzminimum abzusichern. “Ob Hartz IV oder Bürgergeld, an der eigentlichen Berechnungsmethode hat sich nichts geändert, die Leistungen bleiben trickreich kleingerechnet, reichen vorne und hinten nicht und gehen an der Lebensrealität der Menschen vorbei”, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Angesichts der rasant steigenden Preise insbesondere für Energie und Lebensmittel stelle die geplante Erhöhung zum 1. Januar keine Verbesserung des Lebensstandards dar, sondern lediglich eine Anpassung an die gestiegenen Lebenshaltungskosten der letzten 12 Monate.

Die Paritätische Forschungsstelle rechnet in ihrer aktuellen Expertise die seit Jahren bereits umstrittenen und auch von anderen Sozialverbänden kritisierten statistischen Manipulationen im Regelsatz heraus und nimmt darüber hinaus eine Anpassung an die aktuelle Preisentwicklung entsprechend des von der Ampel-Koalition vorgeschlagenen neuen Fortschreibungsmechanismus vor. Im Ergebnis müsste der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen ab dem 1.1.2023 mindestens 725 Euro statt 502 Euro betragen.

Diese Berechnungen für einen armutsfesten Regelsatz werden durch eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa gestützt, nach der die Bevölkerung mehrheitlich nicht davon ausgeht, dass der mit dem Bürgergeld vorgesehene Regelsatz ausreicht, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Mit lediglich 6 Prozent geht nur eine ausgesprochen kleine Minderheit davon aus, dass der für Ernährung vorgesehene Betrag im Bürgergeld eine gesunde und ausgewogene Ernährung ermöglicht. In Hinblick auf die bisherige Unterstützung von Menschen mit geringen Einkommen, Rentner*innen und Studierenden sowie gemeinnützigen sozialen Einrichtungen in der Energie-Krise meint jeweils eine klare Mehrheit von etwa zwei Drittel der Befragten, dass diese bisher nicht ausreichend unterstützt werden.

Die repräsentative Umfrage wurde vom 28. Oktober bis 3. November 2022 vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag des Paritätischen Gesamtverbandes durchgeführt. Insgesamt wurden 1012 Personen über 18 Jahre im Rahmen der Mehrthemenumfrage des repräsentativen Online-Befragungspanels forsa.Omninet befragt.

Dokumente zum Download

Expertise der Paritätischen Forschungsstelle zur Regelsatzhöhe 2023 (213 KB)

Aktuelle Meinungsumfrage zu Lebenshaltungskosten und Energie-Krise (544 KB)

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 09.11.2022

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundesseniorenministerium startet Kampagne
zur Stärkung der Pflegeausbildung

Während die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Zukunft weiter steigen wird, besteht bereits heute ein erheblicher Mangel an Pflegefachkräften. Um auch zukünftig eine gute und professionelle Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege gewährleisten zu können, muss die Ausbildung gestärkt werden. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) startet deshalb heute im Rahmen der „Ausbildungsoffensive Pflege“ die bundesweite Informations- und Öffentlichkeitskampagne „Pflege kann was“.

Bundesministerin Lisa Paus: „Wenn wir mehr Menschen für das Berufsfeld Pflege gewinnen wollen, müssen wir den Beruf attraktiver machen. Es gelingt, immer mehr Menschen für diese wichtige Arbeit zu begeistern. Die immense Bedeutung, die dieser Beruf hat, spiegelt sich endlich auch auf dem Ausbildungsmarkt wider. 2021 haben 7 Prozent mehr Menschen eine Ausbildung begonnen als im Jahr zuvor. Allerdings sind noch immer nur rund ein Viertel der Auszubildenden männlich und in der neuen hochschulischen Pflegeausbildung bleiben trotz hervorragender Berufsperspektiven viele Studienplätze unbesetzt. Das zeigt: Wir müssen besser über den Pflegeberuf informieren und die Möglichkeiten, die er bietet, aufzeigen.“

Die Kampagne „Pflege kann was“ soll über die vielfältigen Beschäftigungs- und Aufstiegschancen in der Pflege informieren und Vorurteilen gegenüber der Ausbildung und dem Beruf entgegenwirken. Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler mit und ohne Hochschulzugangsberechtigung sowie Erwachsene, die sich beruflich neu orientieren wollen. Die Kampagne setzt dabei nicht auf kurzfristige Effekte, sondern auf kontinuierliche Information und soll bis zum Jahr 2025 laufen.

Weitere Informationen zur Pflegeausbildung und der Kampagne „Pflege kann was“ finden Sie unter www.pflegeausbildung.net.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 08.11.2022

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat am Mittwochvormittag dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/3439) zur Abschaffung der Kostenheranziehung bei jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe mit den Stimmen aller Fraktionen des Bundestages zugestimmt. Der Gesetzentwurf war zuvor durch die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP leicht geändert worden.

Bisher gilt: In der Kinder- und Jugendhilfe werden junge Menschen, die in einer Pflegefamilie oder einer Einrichtung oder sonstigen Wohnform der Kinder- und Jugendhilfe leben und die ein eigenes Einkommen haben, zu den Kosten der Leistung der Kinder- und Jugendhilfe aus ihrem Einkommen herangezogen. Dies gilt auch für alleinerziehende Mütter oder Väter mit ihrem Kind, die in einer gemeinsamen Wohnform untergebracht sind (sogenannte Leistungsberechtigte nach Paragraf 19 SGB VIII). Der Kostenbetrag kann bis zu 25 Prozent des Einkommens betragen. Auch die Ehegatten und Lebenspartner der jungen Menschen und Leistungsberechtigten nach Paragraf 19 SGB VIII werden abhängig von der Höhe ihres Einkommens zu den Kosten aus ihrem Einkommen herangezogen.

Das will die Bundesregierung nun ändern. Der Gesetzentwurf sieht vor, die Kostenheranziehung bei jungen Menschen und Leistungsberechtigten nach Paragraf 19 SGB VIII sowie für ihre Ehegatten und Lebenspartner aufzuheben. Dadurch könnten die jungen Menschen und Leistungsberechtigten sowie ihre Ehegatten und Lebenspartner vollständig über das Einkommen, das sie erzielen, verfügen, heißt es im Entwurf. Zur Begründung schreibt die Regierung, dass die Kostenheranziehung dem Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe widerspricht. „Wachsen junge Menschen außerhalb ihrer Herkunftsfamilie auf, haben sie bereits mit zusätzlichen Herausforderungen umzugehen und dadurch einen schwierigeren Start in ein eigenständiges Leben. Dieser Start wird nochmal erschwert, wenn sie einen Teil ihres Einkommens, das sie zum Beispiel im Rahmen eines Schüler- oder Ferienjobs oder ihrer Ausbildung verdienen, abgeben müssen.“

Durch die Abschaffung der Kostenheranziehung verringern sich die Einnahmen der Kommunen um jährlich rund 18,3 Millionen Euro.

Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen bezieht sich auf das Einkommen, dass junge Menschen in Pflegefamilien durch die Berufsausbildungsbeihilfe erzielen. Bisher muss diese Beihilfe und das Ausbildungsgeld vollständig an das Jugendamt abgegeben werden. Künftig sollen sie einen Teil ihres Einkommens behalten dürfen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 637 vom 09.11.2022

Zur Einigung der Ampel im Rahmen des Inflationsausgleichsgesetzes über eine Erhöhung des Kindergeldes ab 2023 auf 250 Euro für jedes Kind erklärt die Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge:

„Wir haben uns im Rahmen des Inflationsausgleichsgesetzes darauf verständigt, die Eckwerte bei der Einkommensteuer wie im Entlastungspaket vereinbart anzupassen. Zusätzlich konnten wir uns darauf einigen, dass das Kindergeld erneut zu erhöhen. Es ist ein großer Erfolg, dass Familien schon ab dem nächsten Jahr spürbar mehr Geld bekommen. Die hohen Preise für Energie und Lebensmittel treffen Familien mit geringen Einkommen besonders hart. Mit der Kindergelderhöhung auf 250 Euro monatlich für jedes Kind gehen wir nochmal deutlich über die bisher vereinbarte Erhöhung hinaus. Das ist ein wichtiger Schutz vor Kinderarmut.

Die Kindergelderhöhung ist zusammen mit dem Kinderzuschlag ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Kindergrundsicherung. Ab 2025 soll dann die Kindergrundsicherung dafür sorgen, dass Familien einfach und fair unterstützt werden und das ungerechte System aus zahlreichen Einzelmaßnahmen zu beenden. Die Kindergrundsicherung wird Kinderarmut wirksam bekämpfen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 09.11.2022

Der Innenausschuss hat den Weg für eine Absenkung des Mindestwahlalters für das aktive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament von derzeit 18 auf 16 Jahre frei gemacht. Gegen die Stimmen der CDU/CSU- und der AfD-Fraktion verabschiedete das Gremium am Mittwochvormittag einen entsprechenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur Änderung des Europawahlgesetzes (20/3499). Die Vorlage steht am Donnerstag zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums.

In der Begründung des Gesetzentwurfs schreiben die Koalitionsfraktionen, dass das derzeitige Mindestwahlalter für das aktive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europaparlament Menschen vom Wahlrecht ausschließe, „die an zahlreichen Stellen in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen und sich in den politischen Prozess einbringen können und wollen“. Gerade die junge Generation werde durch Fragen betroffen sein, die aktuell Gegenstand demokratischer Entscheidungsprozesse sind. Themen wie beispielsweise der Schutz des Klimas, die Ausgestaltung der sozialen Sicherungssysteme angesichts des demographischen Wandels, die Prioritätensetzung bei öffentlichen Investitionen und die Regulierung des Internets sowie die hierzu getroffenen Entscheidungen gestalteten die Zukunft nachhaltig und hätten damit Wirkung weit über Legislaturperioden hinaus.

Wie die drei Fraktionen weiter ausführen, hat sich die Altersverteilung der Wahlberechtigten in den vergangenen 50 Jahren zu Lasten der Jüngeren verschoben. Die vorgesehene Absenkung des Wahlalters entspricht der Vorlage zufolge zudem der Entwicklung auf europäischer Ebene. So fordere die Legislative Entschließung des Europaparlaments vom 3. Mai 2022, „dass das Mindestwahlalter für die Ausübung des aktiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament künftig in der Regel 16 Jahre betragen soll“. Zuvor habe schon die EU-Verordnung vom 17. April 2019 über die Europäische Bürgerinitiative den Mitgliedstaaten ermöglicht, das Mindestalter für die Unterstützung einer solchen Initiative auf 16 Jahre abzusenken. Auch gebe es bereits europäische Staaten, in denen das aktive Mindestwahlalter zum Europäischen Parlament unter 18 Jahren liegt. So könne in Österreich und Malta bereits ab 16 Jahren gewählt werden und in Griechenland ab 17 Jahren.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 634 vom 09.11.2022

Der Bundesrat unterstützt die Pläne der Bunderegierung, Familien durch Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen zu entlasten. In seiner Stellungnahme zum geplanten Inflationsausgleichsgesetz fordert er jedoch weitere Maßnahmen, um zielgerichtet kinderreiche sowie arme oder armutsgefährdete Familien zu erreichen und sozial zu unterstützen – zum Beispiel durch Schulsozialarbeit, Mobile Jugendarbeit und Streetwork. Hierfür könnten bewährte Programme aus der Corona-Zeit schnelle Hilfe in der Fläche leisten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Krise stärken.

Kostenbelastung der Länder

Zugleich weist der Bundesrat darauf hin, dass das geplante dritte Entlastungspaket des Bundes zu hohen strukturellen Belastungen der Länder führt. Diese sehen sich zwar in der Mitverantwortung, einen angemessenen Beitrag zur Abmilderung der Folgen der hohen Energiepreise zu leisten, fordern aber eine Verständigung über die Höhe tragbarer Länderbelastungen sowie deutlichere Unterstützung durch den Bund.

Unterstützung für den Nahverkehr

Diese Gesamtverständigung zwischen Bund und Ländern müsse eine Nachfolgeregelung für das sogenannte 9-Euro-Ticket enthalten, ebenso eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel, um die Qualität des Nahverkehrs zu verbessern und auf die massiven Energiepreissteigerungen zu reagieren.

Wohngeld, Flüchtlingsunterbringung, Krankenversorgung

Der Bundesrat verlangt, dass der Bund die vollständigen Kosten für das Wohngeld übernimmt und zeitnah die außerordentlich steigenden Energie- und Sachkosten bei Krankenhäusern, Universitätskliniken sowie Pflegeeinrichtungen durch Bundeszuweisungen gegenfinanziert. Auch die Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterbringung, Betreuung und Integration von geflüchteten Menschen müsse wiederaufgenommen beziehungsweise intensiviert werden. Diese Forderungen hatte der Bundesrat bereits mehrfach erhoben.

Was die Bundesregierung plant

Um die mit der kalten Progression verbundenen schleichenden Steuererhöhungen zu dämpfen, soll das sogenannte Inflationsausgleichsgesetz für rund 48 Millionen Bürgerinnen und Bürger die Steuerlast an die Inflation anpassen. Weiteres Ziel ist es, Familien zu unterstützen – durch Anhebung des Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrags sowie durch Erhöhung des Kindergeldes.

Der Begriff der „kalten Progression“ bezeichnet den Effekt, dass eine Gehaltserhöhung aufgrund der Inflation für Bürgerinnen und Bürger zwar faktisch nicht spürbar ist, aber dennoch zu einer höheren Besteuerung führt. Trotz Gehaltssteigerung erhalten sie dadurch real weniger Geld. In der Vergangenheit hatte der Bundesrat immer wieder mit eigenen Initiativen und Appellen auf dieses Problem aufmerksam gemacht.

Nächste Schritte: Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat

Die Stellungnahme des Bundesrates vom 28. Oktober 2022 wurde der Bundesregierung zugeleitet. Sie formuliert eine so genannte Gegenäußerung dazu und legt dann beide Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vor. Die dortigen Beratungen haben bereits in erster Lesung begonnen. Nachdem der Bundestag das Gesetz in zweiter und dritter Lesung verabschiedet hat, berät der Bundesrat dann noch einmal abschließend. Das Gesetz kann nur mit seiner Zustimmung in Kraft treten.

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates am 28.10.2022

Der Finanzausschuss hat angesichts der hohen Inflation die geplanten Erhöhungen von steuerlichen Freibeträgen und Kindergeld noch weiter angehoben. In seiner Sitzung am Mittwoch unter Leitung des Vorsitzenden Alois Rainer (CSU) beschloss der Ausschuss einen entsprechenden Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zu dem von der Koalition eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum Ausgleich der Inflation durch einen fairen Einkommensteuertarif sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (20/3496). Für den Entwurf in geänderter Fassung stimmten die Koalitionsfraktionen und die CDU/CSU. Die AfD-Fraktion enthielt sich, die Fraktion Die Linke lehnte ab.

Der Koalitionsentwurf sah ursprünglich eine Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrages von derzeit 10.347 Euro auf 10.632 Euro im kommenden Jahr vor. Der Betrag soll jetzt auf 10.908 Euro steigen.

2024 sollte der Grundfreibetrag nach dem Gesetzentwurf weiter auf 10.932 Euro steigen. Mit dem Änderungsantrag wird dieser Wert auf 11.604 Euro angehoben.

Ebenfalls im nächsten Jahr erhöht werden soll das Kindergeld für das erste, zweite und dritte Kind auf einheitlich 250 Euro pro Monat. Vorgesehen waren im Koalitionsentwurf 237 Euro. Die Anhebungen gehen zurück auf die Angaben im 14. Existenzminimumbericht. Auch der steuerliche Kinderfreibetrag wird erhöht.

Die Anhebungen und die Verschiebungen der Tarifeckwerte im Einkommensteuertarif nach rechts führen nach Angaben der Fraktionen zu einem Ausgleich der Effekte der kalten Progression. Nicht verschoben wird jedoch der Eckwert der sogenannten Reichensteuer. Angehoben werden 2023 und 2024 die Freigrenzen für den steuerlichen Solidaritätszuschlag. Damit soll eine zusätzliche Belastung der Einkommensteuerpflichtigen vermieden werden.

Die SPD-Fraktion sprach von einer starken Anhebung der Beträge. Auch beim Solidaritätszuschlag werde jetzt sichergestellt, dass nur zehn Prozent den Zuschlag zahlen müssten und nicht weitere Steuerpflichtige in die Zahlungspflicht rutschen würden. Es gebe die größte Kindergelderhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik, was ein deutliches sozialpolitisches Zeichen sei.

Die CDU/CSU-Fraktion kritisierte das Verfahren. Existenzminimum- und Progressionsbericht hätten zu spät vorgelegen, und auch der Änderungsantrag der Koalition sei erst kurzfristig eingebracht worden. Das Verfahren sei kein Meisterstück, aber dem Ergebnis könne die Union zustimmen.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßte den vollständigen Ausgleich der kalten Progression und dass es gelungen sei, eine massive Kindergelderhöhung auf 250 Euro für alle Kinder zu beschließen. Das sei ein wichtiger Schritt hin zu einer Kindergrundsicherung. Auch die FDP-Fraktion sprach von einem guten Gesetz. Man sei stolz darauf.

Die AfD-Fraktion warf der Koalition vor, nur die Symptome der Inflation zu bekämpfen. Die eigentlichen Ursachen würden nicht bekämpft. Der Änderungsantrag sei zu spät vorgelegt worden. Die Angaben im Existenzminimumbericht könnten nicht stimmen. So sei darin von Heizkosten für Alleinstehende von 88 Euro im Monat im nächsten Jahr die Rede.

Die Fraktion Die Linke kündigte eine Ablehnung des Gesetzentwurfs an. Die Begründung der Ablehnung werde im Bundestagsplenum gegeben.

Abgelehnt wurde ein Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion, die die Eckwerte des Einkommensteuertarifs schon für 2022 zugunsten der Steuerpflichtigen verschieben wollte, um die kalte Progression noch in diesem Jahr vollständig auszugleichen. Außerdem sollte der Verlauf des Einkommensteuertarifs in Zukunft jährlich überprüft werden, um die kalte Progression zeitnah auszugleichen.

Ein mit dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen gleichlautender Entwurf der Bundesregierung (20/3871) wurde für erledigt erklärt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 639 vom 09.11.2022

Die Zielsetzung des Gesetzentwurfes der Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP (20/3936) zur Ausweitung und Erhöhung des Wohngeldes ab 1. Januar 2023 ist am Montagmittag in einer Anhörung des Bauausschusses auf große Zustimmung bei Experten gestoßen. Allerdings warnten die Sachverständigen vor massiven Umsetzungsproblemen in den Kommunen und mahnten unter anderem Vereinfachungen beim Prüfverfahren an. Wegen des zu erwartenden Doppelaufwands wandten sie sich gegen die Pläne, das Wohngeld vorläufig auszuzahlen. Die Vertreter der Kommunen schlugen überdies die Einführung eines pauschalisierten Basis-Wohngelds in Höhe des gerade verabschiedeten Heizkostenzuschusses für die Dauer von sechs Monaten vor, „um Druck aus dem Kessel zu bekommen“, wie Hilmar von Lojewski vom Deutschen Städtetag betonte. Die Pauschale sollte nicht zurückgezahlt werden müssen.

Von Lojewski sprach insgesamt von massiven Problemen im Vollzug. Der zusätzliche Personalbedarf in den Wohngeldstellen sei extrem hoch, sie seien auf Hilfe angewiesen, um das Instrument „schnell und wirksam ausrollen zu können“, appellierte er.

Die Ausweitung des Wohngeldes auf schätzungsweise zwei Millionen Haushalte statt bisher rund 600.000 Haushalte sei im Grundsatz sehr zu begrüßen, urteilte Bernd Düsterdiek vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Die Verankerung einer dauerhaften Heizkosten- sowie Klimakomponente sei ebenfalls richtig und sinnvoll. Jedoch sei die Reform in der Kürze der Zeit und mit Blick auf die angespannte Personalsituation in den Kommunen „nicht durchführbar“, warnte er. Erschwert würde die Lage durch die gleichzeitige Einführung des Bürgergelds, die Aufnahme von Flüchtenden und die Abarbeitung von Folgewirkungen der Corona-Pandemie.

„Die Menschen sind darauf angewiesen, das Geld möglichst zeitnah zu bekommen“, mahnte Heiko Gill vom niedersächsischen Umwelt- und Bauministerium. Um dies mit dem vorhandenen Personal zu gewährleisten, müsse das Antragsverfahren vereinfacht werden. Wie die Vertreter der Städte und Gemeinden regte er an, von der beabsichtigten vorläufigen Zahlung des Wohngeldes abzusehen, da sie eine Doppelbearbeitung der Anträge erforderlich mache.

Sebastian Klöppel vom Deutschen Städtetag verwies auf die komplexe Einkommensprüfung beim Wohngeld, die so schnell nicht vereinfacht werden könne. Auch mehr Digitalisierung sei so schnell nicht realisierbar. Daher könne nur ein pauschalisiertes Basis-Wohngeld den Kommunen den dringend benötigten zeitlichen Puffer verschaffen.

Markus Mempel vom Deutschen Landkreistag appellierte darüber hinaus an die Politik, „realistisch mit den Erwartungen der Menschen“ umzugehen. Sie müsse die Antragsteller darauf einstimmen, dass nicht jeder Anspruchsberechtigte schon im Januar Geld überwiesen bekomme. „Andernfalls gibt es Ärger an der Basis und damit ist niemandem gedient.“

Erste Schätzungen in Bayern gingen von einem zusätzlichen Bedarf von mindestens 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den 96 Wohngeldbehörden aus, berichtete Sandra Rehmsmeier vom Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr. Dabei seien die Wohngeldstellen schon jetzt überlastet. Sie sprach sich für eine Umsetzung der Empfehlungen des Bundesrates vom 17. Oktober 2022 aus, in denen die Länderkammer sich ebenfalls gegen vorläufige Zahlungen und für die Einführung einer Bagatellgrenze von mindestens 500 Euro ausspricht.

Positiv hoben die Sachverständigen die geplanten, dauerhaften Komponenten für Heizkosten und Klima im Wohngeld hervor. Die Klimakomponente, mit der höhere Wohnkosten infolge von energetischen Maßnahmen im Gebäudebereich abgefedert werden sollen, sollte jedoch in einem späteren Reformschritt deutlich erhöht und tatsächlich an den Energieeffizienzstandard des jeweiligen Gebäudes gekoppelt werden, empfahl der Geschäftsführer des Instituts für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung, Michael Neitzel. Dies sei derzeit wegen Zweifeln an der Rechtssicherheit der Energieausweise nicht umsetzbar.

Insgesamt sprach sich Neitzel für eine Evaluierung beider Komponenten und ihrer Effekte sowie für eine Anpassung der Heizkomponente an die Energiepreisentwicklung aus. Ähnlich äußerten sich der Geschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., Christian Lieberknecht, und Kai H. Warnecke vom Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V. Warnecke wies zudem darauf hin, dass selbstnutzende Wohneigentümer ebenfalls Anspruch auf Wohngeld haben könnten, was aber vielen nicht bewusst sei. Hier sei mehr Aufklärung nötig.

Birgit Fix vom Deutschen Caritasverband nannte die Stärkung des Wohngeldes und die Einführung von Heizkosten- und Klimakomponente einen „überfälligen Schritt“. Angesichts der explodierenden Preise befürwortete sie allerdings eine jährliche Dynamisierung der Ansprüche sowie einen zusätzlichen Härtefallfonds für verschiedene Zielgruppen, wie ihn die Expertinnen- und Expertenkommission Gas und Wärme vorgeschlagen hat. Das Wohngeld sollte außerdem um eine Stromkostenkomponente ergänzt werden.

Eine deutliche Ausweitung des Empfängerkreises auf alle von ihren Wohnkosten überlastete Haushalte forderte Melanie Weber-Moritz vom Deutschen Mieterbund. Mindestens 4,1 Millionen Haushalte seien davon allein in den großen Städten betroffen, also weit mehr, als die Reform erfasse, betonte sie. Eine Überlastung sei außerdem nicht erst gegeben, wenn ein Haushalt mehr als 40 Prozent fürs Wohnen aufbringen müsse, sondern beginne schon bei 30 Prozent. Ungeachtet dessen könne das Wohngeld mietrechtliche und wohnungspolitische Maßnahmen nicht ersetzen, betonte Weber-Moritz. Um die Wohnkosten zu senken, brauche es unter anderem mehr Sozialwohnungen und einen zeitlich begrenzten Mietenstopp.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 621 vom 07.11.2022

Mit dem Wohngeld-Plus-Gesetz will die Bundesregierung ab dem 1. Januar 2023 Haushalte mit niedrigeren Einkommen stärker bei steigenden Wohnkosten unterstützen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf (20/4230) von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bringt die Bundesregierung am Mittwoch, dem 9. November 2022, ohne vorherige Aussprache ein. Die Vorlage soll direkt an den Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen zur weiteren federführenden Beratung überwiesen werden. Am Donnerstag, den 10. November 2022, will der Bundestag über die bisher umfangreichste Reform des Wohngeldes abstimmen.

Sie soll drei Komponenten enthalten: Erstens die Einführung einer dauerhaften Heizkostenkomponente, die als Zuschlag auf die zu berücksichtigende Miete oder Belastung in die Wohngeldberechnung eingehen soll. Zweitens soll durch die Einführung einer Klimakomponente ein Zuschlag auf die Höchstbeträge der zu berücksichtigenden Miete oder Belastung in der Wohngeldberechnung erfolgen. Damit könnten laut Bundesregierung strukturelle Mieterhöhungen im Wohngeld aufgrund energetischer Maßnahmen im Gebäudebereich im gesamten Wohnungsbestand oberhalb der bisherigen Höchstbeträge berücksichtigt werden.

Drittens soll die Wohngeldformel angepasst werden. Danach sollen rund 1,4 Millionen Haushalte erstmalig oder erneut einen Wohngeldanspruch erhalten statt bisher rund 600.000 Haushalte. Zudem soll sich der Wohngeldbetrag von durchschnittlich rund 180 Euro pro Monat auf rund 370 Euro pro Monat erhöhen.

Wie bei jeder strukturellen Wohngeldreform solle auch bei dieser Reform eine Neuzuordnung der Gemeinden und Kreise zu den Mietenstufen des Wohngeldes erfolgen, um zwischenzeitlich veränderte regionale Mietenniveaus berücksichtigen zu können, schreibt die Bundesregierung. Um in Einzelfällen oder bei erhöhtem Geschäftsgang in den Wohngeldbehörden eine zügige Auszahlung der erhöhten Wohngeldbeträge zugunsten der Wohngeldhaushalte zu ermöglichen, sei zudem die Möglichkeit einer vorläufigen Zahlung vorgesehen. Diese vorläufige Zahlung stehe für den Fall, dass kein Wohngeldanspruch bestanden hat, unter dem Vorbehalt der Rückforderung.

Um den Wohngeldbehörden in Bezug auf die Bemessung des Bewilligungszeitraumes mehr Flexibilität einzuräumen und die betroffenen Wohngeldhaushalte auch von bürokratischen Verpflichtungen zu entlasten, werde insbesondere bei gleichbleibenden Verhältnissen die Möglichkeit eröffnet, den Bewilligungszeitraum auf bis zu achtzehn Monate zu verlängern.

Bereits am 7. November 2022 befasst sich der Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen in einer öffentlichen Anhörung mit dem am 11. Oktober 2022 von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Gesetzentwurf (20/3936) zur Erhöhung des Wohngeldes.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 616 vom 03.11.2022

Der Bundesrat kritisiert die Pläne der Bundesregierung für das Bürgergeld als unzureichend. In seiner Stellungnahme dazu, die nun als Unterrichtung (20/4226) vorliegt, heißt es unter anderem, im Gesetzentwurf zum Bürgergeld sei die große Gruppe der erwerbstätigen Leistungsbeziehenden, die über Einkommen verfügt und deren Sozialleistungen deshalb teilweise reduziert werden, nur unzureichend berücksichtigt worden. „Der Schnellschuss zur Anpassung der Hinzuverdienstregelung bei Erwerbseinkommen von 520 Euro bis 1.000 Euro wirkt dabei wenig durchdacht und wird weder den betroffenen Leistungsbeziehenden noch dem Anliegen der Länder gerecht“, so die Länderkammer.

Um erwerbsfähige Leistungsbeziehende dauerhaft und nachhaltig aus dem SGB II-Leistungsbezug zu führen, müssten die Regelungen zum Hinzuverdienst umfassend gemäß den Eckpunkten der Länder auf den Prüfstand gestellt werden. Außerdem wollen die Länder an einer Beteiligung bei der Umsetzung der Änderungen der Anpassungsregelungen für die Einkommensanrechnung durch den Bund festhalten.

Sie kritisieren darüber hinaus die Regelungen zur Freistellung der Altersvorsorge bei der Vermögensanrechnung und zur Karenzzeit. Eine zwingende Festlegung als Altersvorsorge solle weiterhin Voraussetzung für die Berücksichtigung als Schonvermögen sein. Daher solle an der bestehenden gesetzlichen Regelung in vereinfachter Form festgehalten werden, zumal damit sichergestellt sei, dass es sich um Versicherungsverträge handelt, die tatsächlich der Altersvorsorge dienen, schreibt der Bundesrat. Es müsse ferner gesetzgeberisch sichergestellt werden, dass die Einführung der zeitlich begrenzten Karenzzeit nicht zu einer dauerhaften Berücksichtigung der tatsächlichen Bedarfe führt, weil die Träger während der Karenzzeit die Zusicherung ohne Prüfung der Bedarfe erteilen müssen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 616 vom 03.11.2022

Die Bundesregierung hat die Forderung des Bundesrates zurückgewiesen, das Kindergeld für das vierte und jedes weitere Kind zu erhöhen. In der von der Bundesregierung als Unterrichtung (20/4224) vorgelegten Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zum Ausgleich der Inflation durch einen fairen Einkommensteuertarif sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (20/3871) hatten die Länder darauf hingewiesen, dass die starken Preissteigerungen gerade Familien mit mehr als drei Kindern belasten würden, da für alle Familienmitglieder unter anderem Lebensmittel zu stark gestiegenen Preisen beschafft werden müssten. Da Familien mit mehreren Kindern überdurchschnittlich oft von Armut betroffen sein, müssten gerade Familien mit mehr als drei Kindern besonders gut vor den Folgen der Preissteigerungen geschützt werden. Daher sollte das Kindergeld auch für das vierte und jedes weitere Kind um zwölf Euro angehoben werden.

Die Bundesregierung lehnt in ihrer Gegenäußerung den Vorschlag ab, da gestaffelte Kindergeldhöhen in der praktischen Anwendung kompliziert seien und zusätzlichen Bürokratieaufwand nach sich ziehen würden. Zur Vereinfachung und mit Blick auf die geplante Leistungsbündelung im Rahmen der Kindergrundsicherung sollten die unterschiedlichen Kindergeldhöhen deshalb allmählich angeglichen werden, bis das Kindergeld für alle Kinder gleich hoch sei. Das sei auch deshalb sinnvoll, weil bei den steuerlichen Freibeträgen für Kinder keine Staffelung nach der Anzahl der Kinder erfolge. Zudem weise der Bundesrat selbst darauf hin, dass viele arme und armutsgefährdete Familien von der Erhöhung des Kindergeldes nicht profitieren würden, weil es bei den Leistungen der Grundsicherung als Einkommen berücksichtigt werde. In diesen Fällen hätte eine Anhebung auch für das vierte und jedes weitere Kind im Ergebnis keine Leistungserhöhung zur Folge.

Angesichts ihrer hohen Belastungen durch das dritte Entlastungspaket des Bundes verlangen die Länder zudem eine Erhöhung der Leistungen des Bundes wie zum Beispiel die vollständige Übernahme der Ausgaben nach dem Wohngeldgesetz durch den Bund sowie Zuweisungen des Bundes zur Gegenfinanzierung der steigenden Energie- und Sachkosten bei dem Krankenhäusern und schließlich eine Wiederaufnahme beziehungsweise Intensivierung der Bundesbeteiligung an den Kosten für die Unterbringung, Betreuung und Integration von geflüchteten Menschen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 616 vom 03.11.2022

Über geplante Maßnahmen zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/4160) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/3606). Unter anderem soll danach das Amt der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) in dieser Legislaturperiode auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden und eine regelmäßige Berichtspflicht an den Bundestag beinhalten. Aktuell werden dazu alle Vorarbeiten geleistet, wie es in der Antwort weiter heißt. Der Gesetzgebungsprozess sei für das Jahr 2023 vorgesehen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 611 vom 01.11.2022

Beschäftigte mit Homeoffice-Möglichkeit haben weniger Krankentage als Beschäftigte ohne diese Arbeitsmöglichkeit. Das geht aus einer Antwort (20/4120) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/3545) der Fraktion Die Linke hervor. Demnach hatten einer Statistik aus dem Jahr 2021 zufolge Beschäftigte im Homeoffice im Durchschnitt 7,9 Fehltage in den vergangenen 12 Monaten. Bei Beschäftigten ohne Homeoffice waren es 12,9 krankheitsbedingte Fehltage.

Aus der Antwort geht auch hervor, dass Arbeiten im Homeoffice vor allem ein Phänomen höherer Einkommensgruppen ist: In der höchsten Einkommensgruppe nutzten den Angaben zufolge 86,8 Prozent im Jahr 2021 Homeoffice, in der niedrigsten waren es 25,7 Prozent. Nach Altersstufen gestaffelt, zeigt sich, dass jüngere Beschäftigte (bis 39 Jahre) das Homeoffice mit einem Anteil von rund 51 Prozent deutlich häufiger nutzen als ältere Beschäftigte (55 bis 67 Jahre) mit einem Anteil von rund 41 Prozent.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 610 vom 01.11.2022

Die Anspruchslöhne von erwerbslosen Geflüchteten liegen in den ersten beiden Jahren nach der Zuwanderung über dem durchschnittlichen Niveau von anderen Migrantengruppen in Deutschland. Mit zunehmender Aufenthaltsdauer sinken sie. Im Durchschnitt sind arbeitsuchende Geflüchtete bereit, für den angegebenen Monatsverdienst mehr Stunden zu arbeiten. Das zeigen Ergebnisse einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2020 lag der monatliche Anspruchsverdienst – also das minimal geforderte Gehalt zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit – von erwerbslosen Geflüchteten inflationsbereinigt bei 1.529 Euro netto. Bei anderen erwerbslosen Personen mit eigener Migrationserfahrung lag er bei 1.374 Euro netto und bei Personen ohne Migrationshintergrund bei 1.350 Euro netto.

Allerdings waren Geflüchtete bereit, für dieses Gehalt länger zu arbeiten: Die angegebene Wochenarbeitszeit lag bei Geflüchteten durchschnittlich bei knapp 37 Stunden, also 5 Stunden mehr als die angegebene Wochenarbeitszeit von anderen Personen mit eigener Migrationserfahrung und ohne Migrationshintergrund. Somit lag der Anspruchslohn von Geflüchteten bei durchschnittlich 9,70 Euro netto pro Stunde. Bei Personen ohne Migrationshintergrund lag er bei 10,10 Euro netto. Mit zunehmender Aufenthaltsdauer sanken die Anspruchslöhne der Geflüchteten allerdings deutlich: Geflüchtete, die sich zwei Jahre oder kürzer in Deutschland aufhielten, erwarteten durchschnittlich mindestens 10,40 Euro netto pro Stunde. Drei Jahre nach dem Zuzug sank der Anspruchslohn auf 9,60 Euro netto.

Der Anspruchslohn stieg mit den Qualifikationen und Deutschkenntnissen der Geflüchteten sowie mit der Haushaltsgröße und dem Vorhandensein von Kindern im Haushalt. „Das könnte sowohl auf höhere Lebenshaltungskosten als auch auf höhere Transferzahlungen – etwa Hartz IV oder Asylbewerberleistungen – in Haushalten mit mehr Personen zurückzuführen sein“, so IAB-Forscher Philipp Jaschke.

Der Anspruchslohn fiel niedriger aus für Geflüchtete, die bereits Stellen über die Arbeitsagenturen und Jobcenter gesucht oder Berufserfahrungen in Deutschland erworben hatten. „Geringe Deutschkenntnisse und unvollkommene Informationen haben oft zur Folge, dass Geflüchtete bei ihrer Ankunft in Deutschland den Arbeitsmarkt nicht genau kennen. Das betrifft etwa Qualifikationsanforderungen oder Löhne und Gehälter. Diese Informationsdefizite können die Einschätzungen hinsichtlich der Erwerbschancen und der erzielbaren Löhne verzerren,“ erklärt IAB-Forscher Ehsan Vallizadeh.

Die IAB-Studie basiert auf Auswertungen der ersten fünf Wellen der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten aus den Jahren 2016 bis 2020 von knapp 7.900  seit 2013 zugezogenen Asylsuchenden im erwerbsfähigen Alter von 18 bis 64 Jahren. Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2022/kb2022-20.pdf

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 08.11.2022

In der Corona-Krise sind sowohl die Zahlen der von der Bundesagentur für Arbeit monatlich ausgewiesenen dualen Ausbildungsstellen als auch die der Bewerbenden ab dem zweiten Quartal 2020 gegenüber 2019 deutlich zurückgegangen. Dabei sank die Zahl der Bewerbenden stärker als das Stellenangebot. Im zweiten Jahr der Pandemie gab es den stärksten Rückgang bei der Zahl der erfolgreichen Vermittlungen in eine Ausbildung. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

Verglichen mit dem Trend der Zahlen der Bewerbenden und des Stellenangebots sank die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge deutlich stärker. Diese Entwicklung deutet auf zunehmende Passungsprobleme hin. „Mögliche Gründe hierfür können etwa die fehlende Übereinstimmung zwischen angebotenen Stellen und beruflichen Wünschen von Ausbildungsinteressenten oder zwischen dem regionalen Angebot und der regionalen Nachfrage sein“, erklärt IAB-Direktor Bernd Fitzenberger. „Weitere Gründe sind, dass die Qualifikationen der Bewerbenden nicht dem Anforderungsprofil der Betriebe entsprechen oder dass junge Menschen Alternativen im tertiären Bildungsbereich, beispielsweise den Besuch einer Fachhochschule, vorziehen“, ergänzt Anna Heusler, Mitautorin der Studie.

Starke Rückgänge zeigen sich vor allem in Berufen, die besonders von der Corona-Krise betroffen waren, beispielsweise in den Bereichen „Kaufmännische Dienstleistungen, Handel, Vertrieb, Tourismus” sowie „Geisteswissenschaften, Kultur, Gestaltung”. Mit dem Rückgang der bei der Bundesagentur für Arbeit registrierten Bewerbenden und der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge während der Krise setzt sich ein Trend fort, der schon vor der Pandemie begann. Dagegen nahm die Zahl der bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern registrierten betrieblichen Ausbildungsstellen längerfristig zu und ging erst mit Beginn der Pandemie zurück. „Pandemiebedingt erschwerte sich nicht nur die Kontaktaufnahme zwischen Ausbildungsinteressierten und Betrieben, sondern auch zwischen potenziellen Bewerbenden und den Arbeitsagenturen. Das beeinträchtigte die Aktivierung und Vermittlung von Jugendlichen“, so Anna Houštecká, Mitautorin der Studie. „Denkbar wäre allerdings auch, dass ausbildungsinteressierte Jugendliche zunehmend auf das Onlineangebot der BA zurückgreifen und sich ohne persönliche Beratung und Registrierung in einer Arbeitsagentur über mögliche Stellen informieren“, so Leonie Wicht weiter, Mitautorin der Studie.

Die Studie beruht auf Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Diese bei der Bundesagentur für Arbeit registrierten Stellen, Bewerbenden und neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge umfassen. Die IAB-Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2022/kb2022-19.pdf.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 25.10.2022

  • Betreuungsquote steigt um 1,1 Prozentpunkte gegenüber dem von coronabedingten Einschränkungen geprägten Vorjahr
  • In Ostdeutschland ist mehr als die Hälfte der unter Dreijährigen in Tagesbetreuung, in Westdeutschland knapp ein Drittel
  • Mehr Personal in Kindertageseinrichtungen, aber weniger Tagesmütter oder -väter 

Die Zahl der Kinder unter drei Jahren in Kindertagesbetreuung ist zum 1. März 2022 gegenüber dem Vorjahr um rund 28 800 auf insgesamt 838 700 Kinder gestiegen. Damit waren 3,6 % mehr unter Dreijährige in Kindertagesbetreuung als am 1. März 2021. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, lag die Betreuungsquote der unter Dreijährigen bundesweit bei 35,5 % (2021: 34,4 %). Damit setzte sich der im Jahr 2021 unterbrochene Trend steigender Betreuungsquoten wieder fort. Beim Personal gab es in den Kindertageseinrichtungen einen Zuwachs um 3,2 % gegenüber dem Vorjahr, während die Zahl der Tagesmütter oder -väter um 2,7 % zurückging. 

Bei der Betreuungsquote handelt es sich um den Anteil der in Kindertageseinrichtungen (zum Beispiel in Kindertagesstätten) oder in öffentlich geförderter Kindertagespflege (zum Beispiel ein öffentlich geförderter Betreuungsplatz bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater) betreuten Kinder an allen Kindern dieser Altersgruppe.

Anstieg der Betreuungsquote nach leichtem Rückgang im Vorjahr

Mit dem aktuellen Anstieg der Betreuungsquote bei den unter Dreijährigen um 1,1 Prozentpunkte setzt sich der langjährige Trend nach einer Unterbrechung im Jahr 2021 wieder fort. Damals war die Betreuungsquote erstmals seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2006 leicht gesunken, und zwar um 0,6 Prozentpunkte gegenüber dem Jahr 2020 auf 34,4 %. Dieser bislang einmalige Rückgang hing vermutlich mit der Corona-Pandemie zusammen, die zu einer geringeren Nachfrage nach Betreuungsplätzen und zur Kündigung von Verträgen aufgrund einer Betreuung zuhause geführt haben kann. Außerdem verhinderten coronabedingte Einschränkungen bei der Eingewöhnung und bei „Schnuppertagen“ möglicherweise den Abschluss neuer Betreuungsverträge.

Höhere Betreuungsquoten in Ostdeutschland

In den ostdeutschen Bundesländern (einschließlich Berlin) waren zum Stichtag 31. März 2022 durchschnittlich mehr als die Hälfte aller Kinder unter drei Jahren in einer Tagesbetreuung (53,3 %). In Westdeutschland war die Betreuungsquote mit 31,8 % nach wie vor deutlich niedriger als im Osten. Im Bundesländer-Vergleich hatten Mecklenburg-Vorpommern (58,6 %), Sachsen-Anhalt (58,3 %) und Brandenburg (56,7 %) die höchsten Betreuungsquoten. Unter den westdeutschen Bundesländern erreichte Hamburg mit 49,2 % die höchste Quote, gefolgt von Schleswig-Holstein (36,4 %). Bundesweit am niedrigsten waren die Betreuungsquoten in Baden-Württemberg (29,9 %) und Bremen (30,2 %).

1,4 % mehr Kindertageseinrichtungen, aber 2,7 % weniger Tageseltern als im Vorjahr

Am 1. März 2022 gab es bundesweit rund 59 300 Kindertageseinrichtungen. Das waren über 800 Einrichtungen oder 1,4 % mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Die Zahl der dort als pädagogisches Personal oder als Leitungs- und Verwaltungspersonal beschäftigten Personen stieg um 22 700 oder 3,2 % auf rund 730 800. Demgegenüber sank die Zahl der Tagesmütter und -väter um 1 200 oder 2,7 % auf rund 41 900. 

Methodische Hinweise:

Die Daten aus den Statistiken der Kinder und tätigen Personen in Kindertageseinrichtungen und in öffentlich geförderter Kindertagespflege sowie in Großtagespflegestellen spiegeln nicht in jedem Fall das tatsächliche Betreuungsverhalten am 1. März 2022 wider. Beim Personal wurden alle Personen berücksichtigt, die am Stichtag in einem gültigen Arbeitsverhältnis tätig waren. Zudem wurden alle Kinder angegeben, die am Stichtag ein Betreuungsverhältnis hatten, unabhängig davon, ob diese am Stichtag betreut wurden oder keine Betreuung stattfand. 

Weitere Informationen:

Weitere Informationen enthält die Publikation „Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen und in öffentlich geförderter Kindertagespflege“. Basisdaten zur Kindertagesbetreuung in Deutschland sind zudem über die Tabellen Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen (22541)Kinder und tätige Personen in Kindertagespflege (22543) und Personen in Großtagespflegestellen und betreute Kinder (22545) in der Datenbank GENESIS-Online verfügbar. 

Auf Basis der Ergebnisse der Statistik der Kindertageseinrichtungen berechnet das Statistische Bundesamt seit 2011 auch einen Personalschlüssel zur Betreuungssituation in Tageseinrichtungen für Kinder nach Gruppenformen und Bundesländern. In den vergangenen Monaten wurde diese Berechnungsweise des Personalschlüssels weiterentwickelt. Daten auf Grundlage des neuen Personal-Kind-Schlüssels sind nunmehr veröffentlicht. Die entsprechende Online-Tabelle sowie weitere Informationen zum neuen Personal-Kind-Schlüssel sind auf der Themenseite „Kindertagesbetreuung“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes verfügbar.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 21.10.2022

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Claudia Mandrysch (53) wird ab Januar 2023 Mitglied im Vorstand des Bundesverbandes der Arbeiterwohlfahrt.

Das Präsidium der Arbeiterwohlfahrt hat nach einem intensiven Auswahlprozess beschlossen, Claudia Mandrysch als Vorständin des AWO Bundesverbandes einzustellen. Ab November 2022 wird Mandrysch zunächst in Teilzeit ihren Dienst beginnen und ab Januar 2023 in Vollzeit als Vorständin für den AWO Bundesverband tätig werden. Nach einer Ausbildung der Sozialen Arbeit und Weiterbildungen und Praxiserfahrungen in der Sozial- und Suchttherapie ist Mandrysch über viele Jahre als Führungskraft in der Freien Wohlfahrtspflege tätig gewesen. Sie verfügt zudem über langjährige Erfahrung in der Führungskräfte- und Organisationsberatung.

Claudia Mandrysch: „Die AWO steht seit ihrer Gründung für Werte ein, die in diesen herausfordernden Zeiten richtungsweisend sind auf dem Weg in eine solidarische, gerechte Zukunft. Ich selbst habe mich zeitlebens für soziale Gerechtigkeit und sozialen Frieden eingesetzt. Von daher ist es mir ein ganz besonderes Anliegen, die AWO in ihrer Rolle als Impulsgeberin für zentrale Themen unserer Zukunft zu stärken.“

Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt: „Claudia Mandrysch ist eine sehr erfahrene Führungskraft und verfügt über ausgewiesene Kenntnisse der Praxis der Freien Wohlfahrtspflege. Sie wird den Entwicklungsprozess der gesamten AWO und insbesondere des Bundesverbandes in diesen schwierigen Zeiten klug und sicher voranbringen.“

Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt: „In Claudia Mandryschs beruflichem Weg und Engagement spiegeln sich die AWO-Grundwerte deutlich wider. Ich freue mich sehr, dass wir mit ihr eine Vorständin gewinnen konnten, die das fachpolitische Profil der AWO dank ihrer Wurzeln in der sozialarbeiterischen Praxis mit großer Expertise weiter stärken wird.“

Brigitte Döcker, Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes: „Mit Claudia Mandrysch gewinnen wir eine Kollegin im Bundesvorstand, die ihre Führungsqualitäten unter anderem in der Führung eines Trägers der Wohlfahrtspflege mit 1.000 Mitarbeiter*innen nachgewiesen hat. In Zeiten gesellschaftlicher Krisen und Herausforderungen wird diese Expertise den Bundesverband in die Zukunft führen, damit die AWO auch weiter als starke Stimme für soziale Anliegen vernommen wird.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 21.10.2022

Die Freie Wohlfahrtspflege appelliert an Bundesminister Heil, eine bessere Erreichbarkeit von Jobcentern für alle Leistungsberechtigten und angemessene Corona-Schutzvorkehrungen für den Winter sicherzustellen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise müsse gewährleistet sein, dass Hilfesuchende nicht vor verschlossenen Türen stehen oder lange auf Termine warten müssen.

Viele Jobcenter und Arbeitsagenturen haben im Zuge der coronabedingten Kontaktbeschränkungen ihre Erreichbarkeit stark eingeschränkt und sind auch heute für Hilfesuchende nur eingeschränkt erreichbar, zum Teil mit gravierenden Folgen: Problemlagen für Hilfesuchende verschärfen sich und es kommt zu verspätetem Bezug von Leistungen der Existenzsicherung, was bis zum Verlust der Wohnung führen kann. Das geht aus einer Umfrage der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) unter fast 1.000 Mitarbeitenden aus über 600 ihrer gemeinnützigen sozialen Beratungsstellen aus dem Sommer 2022 hervor.

Knapp 8 Prozent der Befragten gaben an, dass keine persönliche Beratung im Jobcenter vor Ort möglich ist. Rund 31 Prozent sagten, dass es keine frei zugängliche Eingangszone, z.B. zur Abgabe von Unterlagen gegen eine Empfangsbestätigung gibt und rund 28 Prozent, dass das Jobcenter keine regulären Öffnungszeiten hat.

Die Bundesregierung will mit dem neuen Bürgergeld das vertrauensvolle Miteinander und die Zusammenarbeit auf Augenhöhe in den Jobcentern in den Mittelpunkt rücken. Mehr Bürgerfreundlichkeit und weniger Bürokratie sollen einkehren, lautet ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag.

BAGFW-Präsident Ulrich Lilie: „All das setzt voraus, dass alle Leistungsberechtigten ihr Jobcenter unkompliziert erreichen können, das ist eben nicht der Fall. Menschen, die auf das Jobcenter angewiesen sind, müssen sich darauf verlassen können, dass sie dort kompetent und zeitnah beraten werden und ihre Ansprechpersonen erreichbar sind. Wegen der starken Inflation drohen immer mehr Menschen finanziell abzurutschen. Ihnen muss aber besonders schnell geholfen werden.“

Digitale Angebote und Telefon-Hotlines sind wichtige Zugänge, die die Erreichbarkeit in digitalen Zeiten verbessern. Sie können das persönliche Gespräch und die Beratung jedoch nicht ersetzen. „Vor allem Menschen, die ihre Anliegen nicht digital oder telefonisch vorbringen können – weil sie nicht gut Deutsch sprechen, mit den digitalen Zugängen nicht zurechtkommen oder nicht richtig lesen und schreiben können – sind auf das persönliche Gespräch vor Ort angewiesen“, so Lilie weiter.

Die sozialen Beratungsstellen benennen als Folge der eingeschränkten Erreichbarkeit am häufigsten, dass Klientinnen und Klienten Hilflosigkeit erleben (76 Prozent) und sich Probleme verschärfen, weil eine schnelle persönliche Klärung nicht möglich ist (64 Prozent). Ebenso häufig (63 Prozent) kommt es laut der Befragten aufgrund der eingeschränkten Erreichbarkeit zu keinem oder verspäteten Bezug von existenzsichernden Leistungen. Rund 60 Prozent der Befragten geben an, dass zugesandte oder eingeworfene Unterlagen nicht oder deutlich verspätet die zuständigen Bearbeitenden erreichen und wie Wahrung von Fristen erschwert ist (49 Prozent).

Insgesamt fehlen Hilfesuchenden relevante Informationen, sagen 57 Prozent. (Drohenden) Wohnungsverlust bzw. anhaltende Wohnungslosigkeit benennen 37 Prozent als Folge.

Als konkrete Vorschläge für vor Ort umsetzbare Maßnahmen, die zu einer guten Erreichbarkeit auch in Pandemiezeiten beitragen können, nannten die sozialen Beratungsstellen u.a. die Nennung von Ansprechpersonen mit Telefonnummer und E- Mail-Adresse auf Bescheiden, die Einrichtung eines Notfalltresens, an dem täglich Dokumente gegen Empfangsbestätigung abgegeben werden können, die Einrichtung einer täglichen, persönlichen Notfallsprechzeit sowie einen Scanservice für Unterlagen, die direkt in die Fallakten eingepflegt werden.

Für die sozialen Beratungsstellen selbst resultiert aus der eingeschränkten Erreichbarkeit von Jobcentern und Arbeitsagenturen ein erhöhter Zeitaufwand für die Kommunikation mit diesen Behörden (80%), ein erhöhter Zeitaufwand pro Beratung (76%), eine erhöhte Beratungsfrequenz (55%), mehr Kriseninterventionen (53%) und insgesamt mehr Klientinnen und Klienten (52%).

An der Befragung haben sich bundesweit 990 Mitarbeitende aus über 600 Beratungsstellen der Freien Wohlfahrtspflege beteiligt. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, geben aber einen guten Einblick in die Problematiken in der Praxis. Die meisten Befragten kommen aus Beratungsstellen im Bereich der Migrations- und Flüchtlingsberatung, gefolgt von der Allgemeinen Sozialberatung und der Wohnungsnotfallhilfe. Der überwiegende Teil der Beratungsstellen ist in Nordrhein- Westfalen ansässig, gefolgt von Baden-Württemberg und Bayern.

Zur Auswertung der Umfrage: https://awo.org/sites/default/files/2022-10/2022_10_07_Auswertung_BAGFW-Umfrage_Erreichbarkeit_JC_AA_0.pdf

Quelle: Pressemitteilung Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege vom 24.10.2022

Unter dem Motto #ausLiebe startet die Diakonie Deutschland zu ihrem 175. Jubiläum 2023 ihre neue bundesweite Imagekampagne. Sie rückt die Menschen in den Mittelpunkt, für die sich die Diakonie stark macht: Einkommensarme, Alte, Kranke, Familien, Wohnungslose, Geflüchtete und viele andere, die sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt sehen. Die Slogans und bildstarken Motive spielen mit dem Hashtag #ausLiebe und richten das Augenmerk auf soziale Themen und drängende Probleme. Damit knüpft die Jubiläumskampagne an die erfolgreiche „Unerhört!“-Kampagne an – auch diese warb mit der Doppeldeutigkeit der Begriffe für eine offene Gesellschaft, gegen Ausgrenzung und für mehr soziale Teilhabe.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: „Es geht uns in unserem Jubiläumsjahr um die Gegenwart und um die Zukunft. Nah bei den Menschen und am Puls der Zeit: Aus Liebe. Mit Professionalität und auf Augenhöhe unterstützen wir sehr unterschiedliche Menschen, ein Leben nach ihren Vorstellungen zu führen. Denn das ist der Geist der Diakonie. Dieser Spirit, der uns mit unseren Gründervätern und -müttern verbindet, entzündet sich an der Frage, die sich jede neue Generation der Diakonie stellt: Wie können wir heute unseren Beitrag für eine menschenfreundliche Gesellschaft leisten, die allen gerechte Teilhabe ermöglicht und Wertschätzung lebt?“

Die Jubiläumskampagne wurde von der Berliner Agentur glow entwickelt und als Mitmach-Kampagne für diakonische Verbände und Einrichtungen gestaltet. Neben Plakatwerbung und Veranstaltungen wird die Kampagne intensiv durch Social-Media-Aktivitäten begleitet.

Sebastian Wilke, Geschäftsführer Beratung, glow Berlin: „Wir freuen uns, dass sich die Diakonie für uns entschieden hat. Wir haben gemeinsam planvoll über ein Jahr lang darauf hingearbeitet. Die Kampagne ruht auf drei Säulen: Präsentieren, Mitmachen, Teilen. Zum Beispiel mit Großplakaten an Bahnhöfen und an viel besuchten Plätzen im öffentlichen Raum. Hier regen die Motive zum Nachdenken an – und zum Mitmachen.“

Die Kampagne #ausLiebe

„Manchmal heißt Liebe …“, so beginnen die Slogans auf den Plakat- und Social-Media-Motiven. Der Rest des Satzes variiert und erzählt vom Arbeitsalltag der Diakonie-Mitarbeitenden. „… Einen Antrag zu machen“ dient als Beispiel für die vielfältigen sozialen Beratungsangebote. „… Jemandem den Kopf zu waschen“ steht über dem Bild des Obdachlosen Manuel, der von Alexandru die Haare gewaschen und geschnitten bekommt. „… Ein Start-up zu gründen“ heißt es bei einem alten Stich von Johann Hinrich Wichern, der 1848 mit einer Brandrede die Gründung der modernen Diakonie initiierte. Aus dem „Start-up“ von 1848 hat sich heute eine der größten Arbeitgeberinnen in Deutschland mit 600.000 Mitarbeitenden und 700.000 freiwillig Engagierten entwickelt, die sich täglich und nächtlich für Menschen in Not einsetzen. „#ausLiebe hat Johann Hinrich Wichern die Diakonie gegründet und #ausLiebe hat sie auch in Zukunft ihren Platz in der Gesellschaft“, unterstreicht Lilie.

Der Kampagnenfilm führt emotional in die Welt der diakonischen Arbeit. Den Soundtrack hat der französische Elektro-Pop-Act French 79 beigesteuert.

Weitere Informationen:

Kampagnenwebsite: http://www.ausliebe.diakonie.de/ Kostenfreie Pressebilder: https://diakonie.canto.global/b/VCSUQ

Die Diakonie präsentiert die Kampagne mit Aktionen auf einem großen Stand auf dem Evangelischen Kirchentag vom 7. bis 11. Juni in Nürnberg. Am 22. September 2023 findet die Jubiläumsfeier im Museum für Kommunikation in Berlin statt.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 07.11.2022

Bund und Länder haben sich auf ein umfassendes Entlastungspaket geeinigt. Die Diakonie begrüßt, dass mit den Beschlüssen über das 200 Milliarden-Euro-Entlastungspaket der Weg freigegeben ist, um die Bürgerinnen und Bürger von den enormen Preissteigerungen zu entlasten. Allerdings sind die Maßnahmen immer noch nicht zielgenau genug. “Die Regierungschefs müssen ihren Kompass deutlich stärker auf diejenigen ausrichten, die am stärksten unter der Inflation leiden und in ihrer Existenz bedroht sind: Einkommensarme und Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Das Prinzip Gießkanne, nachdem jeder ein Stück vom Kuchen bekommt, befördert eine wachsende Unzufriedenheit in der Gesellschaft. Es schadet der Demokratie, wenn die Ärmsten – und das sind rund 15 Millionen Menschen in Deutschland – die geringste Entlastung erfahren“, sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie. 

Bewertung der Maßnahmen aus Sicht der Diakonie:

Die Gas- und Strompreisbremse ist ein sinnvolles Instrument, um Wirtschaft und Gesellschaft Planungssicherheit für diesen Winter zu geben. Die geplanten Abschlagszahlungen für Gas und Fernwärme sind jedoch ein Schritt zurück: Hiervon profitieren alle – von der Millionärin bis zum Hartz-4-Empfänger. Angesichts der für viele Menschen bedrohlichen finanziellen Lage ist das nicht nachvollziehbar. Stattdessen sind zielgenaue Hilfezahlungen nötig, die die Einkommensärmsten schnell und unbürokratisch erreichen. Diese müssten sofort greifen und dürfen nicht erst mit dem Inkrafttreten des Bürgergeldes und dann auch nur für Sozialleistungsbeziehende greifen. Statt komplizierter Antragsprüfungen sind unmittelbare und einfache Direktzahlungen nötig.

Die Entscheidung für ein bundesweites Nahverkehrsticket für 49 Euro ist gut. Leider wurde die Chance vertan, gleichzeitig ein 29-Euro-Sozialticket auf den Weg zu bringen, damit Mobilität und Teilhabe für alle möglich ist. Die Kosten des neuen Tickets liegen über dem Ansatz, der in der Grundsicherung für Mobilität vorgesehen ist.

Mit dem Hilfsfonds für die Sozialwirtschaft schützen Bund und Länder nun endlich auch die Sozialwirtschaft. Dieser Hilfsfonds beschränkt sich jedoch auf Einrichtungen, die auf Bundesebene von Sozialversicherungsträgern refinanziert werden. Daher ist ergänzend eine Unterstützung für soziale Einrichtungen und Dienste dringend erforderlich, die aus Mitteln der Länder und Kommunen refinanziert werden. Der Hilfsfonds lässt derzeit Einrichtungen der Eingliederungshilfe, der Jugendhilfe, Tageseinrichtungen für Kinder, die Wohnungslosenhilfe, Frauenhäuser, Familienerholungsstätten, Schuldnerberatung und Migrationsberatungsstellen außen vor.

Mit der Wohngeldreform soll der Kreis der Antragsberechtigten deutlich ausgeweitet werden. Die Sozialberatungsstellen berichten aber, dass schon jetzt die Ämter mit der Antragsbearbeitung kaum nachkommen. Dies gilt auch bei Neuanträgen auf die Grundsicherung, wenn Haushalte jetzt aufgrund der Preissteigerungen in die Antragsberechtigung rutschen. Darum setzt sich die Diakonie beim Wohngeld wie auch in der Grundsicherung für Vorschuss- und Vorauszahlung ein, wenn die Bedürftigkeit plausibel ist, und pauschale monatliche Ausgleichszahlungen in Höhe von 100 Euro für Haushalte mit Niedrigeinkommen für die nächsten Monate – ab sofort. Bisher erfolgen Vorauszahlungen nur, wenn Menschen Zahlungsunfähigkeit nachweisen können. Die Ärmsten können aber nicht warten, bis Sozialleistungsreformen im Vermittlungsausschuss besprochen, umgesetzt und dann noch die Neuanträge abgearbeitet wurden.

Hintergrund

Seit Monaten weist die Diakonie darauf hin, dass Menschen in der Grundsicherung oder im Wohngeldbezug, Einkommensarme, Kinder und Jugendliche, Rentnerinnen und Rentner angesichts steigender Energiepreise sofort mehr finanzielle Unterstützung benötigen. Unser Vorschlag: Diesen Menschen soll jeden Monat 100 Euro mehr über eine vom Bundestag zu verabschiedende Notlagenregelung unkompliziert, schnell und unbürokratisch ausgezahlt werden. Wenn der Bundestag eine soziale Krise von nationaler Tragweite feststellt, soll dies zunächst für sechs Monate gelten. Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) würden hierdurch die nach Einkommen unteren 20 Prozent der Haushalte wirksam entlastet werden und einen ausreichenden Ausgleich für die zunehmenden Belastungen durch Inflation und Energiepreissteigerungen erhalten. Diese Haushalte geben nahezu zwei Drittel ihres Einkommens für Wohnen und Essen aus und sind von den Preissteigerungen am Stärksten betroffen.  Das Bürgergeld muss jetzt kommen, allerdings reichen 50 Euro für Menschen in der Grundsicherung ab Januar nicht, um durch die Wintermonate zu kommen. Das Geld wird jetzt benötigt. Das gilt auch für das Kindergeld. 18 Euro Erhöhung ab Januar gleichen weniger als die Hälfte der gestiegenen Belastungen aus.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 03.11.2022

In vielen deutschen Städten startet in diesen Tagen die Kältehilfe. Die Diakonie appelliert an alle Verantwortlichen in Städten und Gemeinden, für eine ausreichende Zahl an Übernachtungs- und Aufenthaltsplätze für wohnungslose Menschen zu sorgen. Die Einrichtungen der Kältehilfe brauchen ausreichend finanzielle Hilfen, um bei steigenden Lebensmittel- und Energiekosten genügend Plätze vorhalten zu können.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Dieser Winter wird für Menschen, die auf der Straße leben, eine besondere Herausforderung. Die steigenden Lebensmittelpreise belasten wohnungslose Menschen enorm, und sie können sich von ihrem wenigen Geld kaum noch etwas kaufen. Auch Corona bleibt für sie ein großes Risiko, weil sie häufig gesundheitlich vorbelastet sind. Minustemperaturen sind für wohnungslose Menschen eine Gefahr für Leib und Leben. Umso wichtiger ist es, dass Städte und Gemeinden alles dafür tun, ausreichend viele und infektionssichere Übernachtungs- und Aufenthaltsplätze zur Verfügung zu stellen.

Um das Angebot in den Notunterkünften und in den Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe aufrechterhalten zu können, brauchen die Träger der Kältehilfe ausreichend Geld. Die immensen Kostensteigerungen können mit den bisherigen Mitteln nicht finanziert werden. Deshalb benötigen wir von den Kommunen dringend verbindliche Zusagen über die Finanzierung der tatsächlichen Unterhaltskosten. Anders können die Menschen nicht vor dem Erfrieren geschützt werden.“

Hintergrund:
Nach einer bundesweiten repräsentativen empirischen Erhebung, die die Gesellschaft für innovative Sozialplanung und Sozialforschung e. V. und Kantar Public im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erstellt haben, leben in Deutschland etwa 37.400 Menschen ohne jede Unterkunft auf der Straße. Insbesondere im Winter sind sie den Witterungsbedingungen schutzlos ausgesetzt. Unter dem Namen Kältehilfe stellt unter anderem die Diakonie von November bis April deutschlandweit zusätzliche Übernachtungs- und Aufenthaltsplätze für wohnungslose Menschen zur Verfügung.

Themenschwerpunkt mit Überblick über Kältehilfen der Diakonie bundesweit:
https://www.diakonie.de/kaeltehilfe
Wissen Kompakt Obdachlosigkeit:
https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/obdachlosigkeit
Themenschwerpunkt zu Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit:
https://www.diakonie.de/wohnungslosigkeit 

Aktion #wärmewinter
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Diakonie Deutschland rufen angesichts der hohen Belastung vieler Menschen durch die gestiegenen Energiepreise die Aktion #wärmewinter ins Leben. Diakonie und Kirche öffnen in diesem Herbst und Winter ihre Türen und schaffen in ganz Deutschland wärmende Orte, wo Betroffene Hilfe erhalten, sich aber auch über ihre Rechte informieren können. Mit der gemeinsamen Kampagne setzen Diakonie und Kirche ein Zeichen gegen soziale Kälte und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Weitere Infos: www.waermewinter.de

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 30.10.2022

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) begrüßt in einer Stellungnahme das vom Bundesfamilienministerium und Bundesinnenministerium geplante Demokratiefördergesetz. Positiv stellt der djb heraus, dass das Gesetzesvorhaben ausdrücklich Ideologien gegen Geschlechtergerechtigkeit sowie Sexismus als Bedrohungen für das friedliche Zusammenleben beschreibt und die politische Bedeutung ihrer Bekämpfung hervorhebt. 

Bezogen auf gleichstellungs- und frauenpolitische Aspekte von Demokratieförderung benennt der djb notwendige Anpassungen im Entwurf. So stellt der djb fest, dass der Anwendungsbereich des Gesetzes allgemein von der „Gestaltung von gesellschaftlicher Vielfalt“ und der Prävention u.a. „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ spricht. Frauenpolitischen Belangen und Aspekten von Geschlechtervielfalt wird jedoch durch ausdrückliche Benennung (zumindest in der Gesetzesbegründung) nach den Erfahrungen in der Rechtsanwendung weitaus besser Rechnung getragen.

Demokratiegefährdungen wirken sich in besonderem Maße zu Lasten von Frauen und ihrer demokratischen Teilhabe aus. Neben Sexismus als offensichtliche Demokratiegefährdung zu Lasten von Frauen betrifft dies auch rechtsradikale Einstellungen und Aktivitäten von bzw. für Frauen, die sich z.B. in Ideen wie dem „nationalen Feminismus“ manifestieren. Dazu erklärt die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Maria Wersig: „Es besteht eine Verbindung von Sexismus, Antifeminismus und Rechtsextremismus, die es im Blick zu haben gilt, über die in demokratiefördernden Projekten aufgeklärt und der argumentativ entgegengewirkt werden muss.

Zudem sind die Öffentlichkeit und insbesondere das Internet mit seiner Anonymität kein sicherer Raum für Frauen und ihre außerparlamentarische demokratische Teilhabe. Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen oder sich öffentlich äußern, sind in besonderem Maße Diffamierungen und Beleidigungen ausgesetzt. Diesen Demokratiegefährdungen entgegenzuwirken ist eine wesentliche Aufgabe des Staates, die in der Zivilgesellschaft ihre Ergänzung findet.

Begrüßenswert ist, dass der Staat sowohl eigene Maßnahmen durchführt als auch Maßnahmen Dritter und damit der Zivilgesellschaft fördert. Da die Förderung unter dem Vorbehalt eines erheblichen Bundesinteresses steht, kommt es wesentlich auf die Begriffsdefinition an. Insoweit besteht Anpassungsbedarf. Der djb schlägt daher in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf eine Neudefinition des Begriffs des „Bundesinteresses“ vor. Nur so ist sicherzustellen, dass Maßnahmen, die der Bekämpfung von geschlechtsbezogener Diskriminierung und der Förderung von Geschlechtergerechtigkeit dienen, auch als demokratiefördernde Maßnahmen förderfähig sind.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 01.11.2022

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat eine ausführliche Stellungnahme zur Digitalstrategie der Bundesregierung vom 30. August 2022 veröffentlicht. Die Digitalstrategie weist aus gleichstellungspolitischer Sicht erhebliche Leerstellen auf. Der djb begrüßt, dass sie Geschlechtergerechtigkeit und Diskriminierungsfreiheit als Ziele klar formuliert. Jedoch enthält sie gleichstellungspolitisch wenig Konkretes und kommt deswegen kaum über gut gemeinte Absichtserklärungen hinaus.

„Hier wurde die Chance vertan, sich am Dritten Gleichstellungsbericht zu orientieren, der die Problemfelder der digitalisierten Gesellschaft bereits hervorragend analysiert hat“, so die Präsidentin des djb Prof. Dr. Maria Wersig, „die dort erarbeiteten konkreten politischen Handlungsempfehlungen werden nicht aufgegriffen.“ Die Digitalstrategie ist voller Lippenbekenntnisse, nennt jedoch kein einziges konkretes Frauen- oder Mädchenförderprojekt. Dies ist äußerst bedauerlich, da der Staat mit digitalen Leuchtturmprojekten eine vorbildhafte Vorreiterrolle einnehmen sollte.

Die Digitalstrategie nennt unter anderem das Ziel, die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsmarkt zu stärken und will die Erwerbsbeteiligung der Frauen in von Männern dominierten Berufen erleichtern. Leider setzt sich hier das Prinzip „fix the women“ statt „fix the company“ fort. Die Digitalstrategie verpasst, Frauen als Inputgeberinnen mit eigenem Know-how aus ihren Berufen und ihrer sozialen Erfahrung heraus zu sehen, übersieht so entscheidende Innovationspotenziale und vergibt die Chance, den digitalen Wandel für eine geschlechtergerechtere diskriminierungsfreie Gesellschaft zu nutzen.

In der Strategie wird Digitalisierung als Querschnittsmaterie unter dem übergeordneten Leitmotiv der technologischen und digitalen Souveränität Deutschlands verstanden. Das schließt aus, dass ein eigenständiges Digitalministerium eingerichtet wird. Der djb empfiehlt, zumindest in der neuen Bundesstiftung Gleichstellung ein Digitalressort einzurichten, welches in Digitalprojekte verpflichtend einzubinden wäre. Auch im gerade neu konstituierten Dateninstitut für Deutschland sollten gleichstellungspolitische Kompetenzen aufgebaut werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 31.10.2022

Wissenschaftler:innen des DJI stellen bei der Jahrestagung am 8. und 9. November 2022 aktuelle Forschungsergebnisse und -projekte vor

Die Covid-19-Pandemie hat die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen mitunter stark beeinträchtigt und soziale Ungleichheiten verschärft. Dies zeigt sich unter anderem an wichtigen Weichenstellungen in Bildungsverläufen, wie zum Beispiel am Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule und von der Schule in die Ausbildung. Die wissenschaftliche Jahrestagung 2022 des Deutschen Jugendinstituts (DJI) am 8. und 9. November 2022 in Berlin befasst sich mit Risiken für junge Menschen in verschiedenen Lebensphasen und mit wirksamer Prävention von sich verstetigender Benachteiligung – von der Familie über die Kita und die offene Jugendarbeit bis zum Internet.

„Viele junge Menschen und ihre Eltern haben in den letzten Jahren stark unter den Einschränkungen der Pandemie gelitten. Deshalb gilt es nun, das Thema psychische Gesundheit in allen Bildungsangeboten aufzugreifen – in den Kitas, in den Schulen und auch in der Kinder- und Jugendhilfe“, sagt DJI-Direktorin Prof. Dr. Sabine Walper. „In der Forschung untersuchen wir, ob sie die Alltags-, Gesundheits- und digitalen Kompetenzen haben, die sie für ein gesundes Aufwachsen benötigen und entwickeln Ansätze, diese zu stärken.“

Sabine Walper hält den Eröffnungsvortrag der wissenschaftlichen Jahrestagung des DJI und tauscht sich mit Ekin Deligöz, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, in einem Podiumsgespräch darüber aus, wie Forschung für politische Entscheidungen nutzbar gemacht werden kann. Die im Folgenden ausgewählten Forschungsergebnisse, die neben vielen weiteren auf der DJI-Jahrestagung präsentiert werden, geben wichtige Impulse für Politik und Praxis.

Verhaltensprobleme bei Kindern und Jugendlichen nehmen erneut zu

Inwiefern das psychische Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen während der Covid-19-Pandemie beeinträchtigt wurde und immer noch beeinträchtigt wird, zeigen Daten aus der DJI-Studie „Kind sein in Zeiten von Corona“ und neue Auswertungen des DJI-Surveys „Aufwachsen in Deutschland: AIltagswelten“, kurz AID:A. Bei den 3- bis 17-Jährigen nahmen im Jahr 2020 und erneut im Herbst 2021, also lange nach den strikten Lockdowns, Verhaltensprobleme zu. Mehr emotionale Reaktionen wie Weinen, Rückzug, Kopf- und Bauchmerzen, Probleme mit Gleichaltrigen, Hyperaktivität und Konzentrationsschwierigkeiten stellten die befragten Eltern bei ihren Kindern im Vergleich zur Befragung vor Corona im Jahr 2019 fest. Dies betraf diejenigen jungen Menschen am stärksten, die bereits zuvor benachteiligt waren, weil ihre Eltern finanziell belastet sind, über einen geringeren Bildungsabschluss verfügen oder einen Migrationshintergrund haben und deshalb mit der deutschen Sprache und dem Bildungssystem hierzulande weniger vertraut sind.

„Da für die Bewältigung emotionaler Probleme insbesondere bei jüngeren Kindern die Eltern eine wichtige Rolle spielen, kommt die Benachteiligung hier doppelt zum Tragen“, sagt Studienleiterin Dr. Alexandra Langmeyer. Deshalb plädiert die Leiterin der DJI-Fachgruppe „Lebenslagen und Lebenswelten von Kindern“ für eine gezielte Entlastung von benachteiligten Familien und den Ausbau der Familienhilfe.

Trotz Anstrengungen werden Familien in prekären Lebenslagen an Grundschulen oft nicht erreicht

Wie schwierig es zuweilen ist, benachteiligte Familien zu erreichen, zeigt die soeben veröffentlichte DJI-Studie „Zusammenhänge zwischen prekären Lebenslagen und Bildungsverläufen“ zum Übergang von Grundschulkindern auf weiterführende Schulen. Im Rahmen der Studie wurden Schulleitungen, Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter:innen an vier Münchner Grundschulen unter anderem zur Gestaltung des Übertritts und zur Zusammenarbeit mit finanziell belasteten Familien befragt. Eltern und Kinder gaben Auskunft zu ihren Bildungszielen, ihrer Lebenslage sowie zur Kenntnis und Nutzung von unterstützenden Angeboten.

Die Forschungsergebnisse machen deutlich, dass sich Kinder aus benachteiligten Familien zwar häufig einen Übertritt in die Realschule oder das Gymnasium wünschen und ihre Eltern versuchen, sie dabei zu unterstützen. Jedoch behindern sie dabei unter anderem mangelnde Sprachkenntnisse, fehlendes Wissen über die für den Übertritt zu erbringenden Leistungen und ein eingeschränkter Zugang zu oft kostenintensiven Übungsmaterialien und Nachhilfe. Die Anstrengungen seitens der Schulen scheinen diese Kinder nicht ausreichend zu erreichen.

Die Interviews mit den Befragten geben Aufschlüsse über mögliche Hürden beim Zugang zu Unterstützungsangeboten. So beklagten die Schulakteure, die Eltern nicht zu erreichen. Diese fühlten sich wiederum mit den schulischen Anforderungen überfordert. Den Studienergebnissen zufolge wurde Armut und Ressourcenknappheit der Familien häufig nicht wahrgenommen oder die Familien gingen aus Angst vor Stigmatisierung nicht offen damit um. Zudem fehlten aus Sicht der Lehrkräfte und der Eltern unterrichtsbezogene und lernunterstützende Angebote wie Nachhilfe, Förder- und Sprachkurse.

„Letztlich kann nur sichergestellt werden, dass die Angebote zur Förderung der Kinder genutzt werden, wenn sie für möglichst alle Kinder verfügbar sind“, konstatieren die Studienleiterinnen Dr. Claudia Zerle-Elsäßer und Dr. Christine Steiner. Sie empfehlen daher beispielsweise Standardangebote zur Förderung an Schulen zu etablieren, außerunterrichtliche Angebote stärker mit dem Fachunterricht zu verbinden sowie eine intensivere Vernetzung der Schulen mit Jugendsozialarbeit, Horten, Vereinen, anderen Schulen und auch Migrant:innen-Selbstorganisationen im jeweiligen Sozialraum.

Berufswahlprozesse wurden in Pandemiezeiten verzögert

Eine wichtige Weiche in der Bildungsbiografie junger Menschen ist auch der Übergang von der Schule in Ausbildung und Beruf. DJI-Forschende untersuchten, wie sich Übergangswege bei Jugendlichen an Haupt- und Realschulen durch die Pandemie verändert haben, indem sie die Befragungsdaten zweier Kohorten aus Studien des Forschungsschwerpunkts „Übergänge im Jugendalter“ am DJI miteinander verglichen. Die Ergebnisse des Kohortenvergleichs zeigen, dass Berufswahlprozesse in Pandemiezeiten verzögert wurden: Während die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen abnahm, stieg der Anteil an Jugendlichen, der eine weiterführende Schule besuchte. Gleichzeitig trafen die jungen Menschen die Übergangsentscheidung weniger selbstbestimmt: Der Anteil derjenigen, die diese Wahl als „Notlösung“ bezeichneten, war in der Corona-Kohorte doppelt so hoch. Von Autonomie und Kontinuität im Berufswahlprozess sprachen hingegen diejenigen, die einen konkreten Berufswunsch und Wissen über Berufe hatten. „Folglich sind bei der individuellen Bewältigung der Krise gerade persönliche Ressourcen entscheidend“, erklärt DJI-Wissenschaftler Dr. Frank Tillmann, der zusammen mit Irene Hofmann-Lun und Dr. Karen Hemming die Analysen vornahm.

Die Studie zeigt auch, dass die Schulleistungen bei vielen Jugendlichen nachgelassen haben und sich mehr als jeder dritte junge Mensch an Haupt- und Realschulen an der Schwelle ins Berufsleben Sorgen über seine Zukunft macht. Während der Corona-Pandemie betraf dies überproportional Mädchen sowie Jugendliche mit Migrationshintergrund, die beim Online-Unterricht verstärkt auf Sprachbarrieren stießen. „Während der Pandemie kam es zu einer Verstärkung der Bildungsbenachteiligung“, sagt Dr. Frank Tillmann. Es zeige sich der große Einfluss von persönlichen Ressourcen wie eine gefestigte berufliche Perspektive und Wissen über Ausbildungsberufe. „Diese Kompetenzen müssen künftig bei den Jugendlichen gezielter gefördert werden“, empfiehlt Tillmann.

Infos zu den Forschungsprojekten und Programm: www.dji.de/jahrestagung2022

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut e.V. vom 08.11.2022

Das Deutsche Kinderhilfswerk, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Leitenden Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, der Bundesverband für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie und der Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland fordern in einer gemeinsamen Stellungnahme eine stärkere Einbettung der Themen „Psychische Gesundheit“ und „Resilienzförderung“ in die Gesundheitsprävention im Bildungssystem. Im Zentrum sollte dabei die Vermittlung eines „gesunden Lebens“ stehen, für das Ernährung und Bewegung ebenso wichtig sind wie Psychohygiene und der Umgang mit Belastungen. Die Verbände stellen gleichzeitig fest, dass es Kindern, Jugendlichen und auch Fachkräften gerade im Nachgang von Schulschließungen und Distanzunterricht im Zuge der Corona-Pandemie helfen würde, wenn im schulischen System der Leistungsdruck minimiert sowie Zeit und Raum für den gemeinsamen Austausch ermöglicht werden.

Durch die Covid-19-Pandemie wurde besonders deutlich, dass die Versorgung mit Jugendpsychotherapeutinnen und -therapeuten sowie Kinder- und Jugendpsychiaterinnen und -psychiatern nicht in allen Regionen Deutschlands im Verhältnis zum Beratungs- und Behandlungsbedarf junger Menschen steht. Dem könnte durch eine kleinräumlichere Betrachtung der Versorgungsgebiete und damit einhergehender zusätzlicher Praxen begegnet werden. Die Verbände mahnen zudem an, dass sich das vorschulische ebenso wie das schulische Bildungssystem effektiver als bisher auf eine weitere Corona-Welle im Herbst vorbereitet. Dazu müssen die Einrichtungen bzw. ihre Träger mit zusätzlichen Ressourcen ausgestattet werden. Mit diesen sollten vor allem zusätzliche Personalressourcen geschaffen, aber auch zusätzliche Räumlichkeiten angemietet und Luftfiltergeräte sowie notwendige Hygienematerialien beschafft werden.

„Während der ersten Phasen der Covid-19-Pandemie waren junge Menschen von den damit einhergehenden Belastungen in besonderer Weise betroffen. Insbesondere der Wegfall gegebener Strukturen durch die Schließungen von Kindertagesstätten und Schulen, aber auch die Beschränkungen von Kontakten haben bei einer Vielzahl der Kinder und Jugendlichen zu Sorgen, Ängsten und Stress geführt. Bei nicht wenigen kam es auch zu Zwangs-, Ess- und Anpassungsstörungen sowie Depressionen – und bei manchen auch zu einer erhöhten Suizidalität. Auch die Wiederöffnung der Einrichtungen und die Rückkehr in den Schulalltag haben manche Kinder als schwierig empfunden, da sich in der Phase des Homeschooling Lernlücken aufgebaut haben, die bei den Betroffenen nun zu hohem Leistungsdruck sowie Versagensängsten beitragen. Zudem führt die zwischenzeitliche soziale Abstinenz bei einem Teil der Kinder zu Herausforderungen, sich nun wieder in Gruppen und Gemeinschaften zurechtfinden zu müssen. Deshalb ist es dringend erforderlich, zum einen durch eine bessere Versorgung mit Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen und -therapeuten sowie Kinder- und Jugendpsychiaterinnen und -psychiatern diesen Kindern schnell zu helfen. Zum anderen ist es aber auch wichtig, Kitas und Schulen für die nächsten Corona-Wellen sicher zu machen, damit diese als Lern- und Lebensorte von Kindern offenbleiben können. Und es muss klar sein, dass es zukünftig keine Beschränkungen mehr bei den sozialen Kontakten von Kindern und Jugendlichen geben darf“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die schon vor der Pandemie bestehende schwierige Versorgungslage im Bereich der Kinder- und Jugendpsychotherapie wurde durch die getroffenen Maßnahmen weiter erschwert. Dadurch haben sich Wartezeiten weiter verlängert. Das ist so nicht hinnehmbar und stellt für alle Beteiligten und Betroffenen eine hohe Belastung dar. Politik und Kassenärztliche Vereinigungen sind gefordert, hier schnell und unbürokratisch Abhilfe zu schaffen und die Versorgungslage zu verbessern“, sagt Dr. Inés Brock-Harder, Vorsitzende des Bundesverbandes für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.

„Inzwischen haben weitere krisenhafte Entwicklungen die schwierige Situation leider eher verstetigt. Krieg in Europa und die zunehmende Deutlichkeit des Klimawandels verunsichern die gesamte Gesellschaft weiterhin. Gerade für Kinder und Jugendliche in der Entwicklung haben solche Erfahrungen eine oft lebenslange Bedeutung. Wir können dies kaum zu viel im Blick haben, es geht schlicht um unsere Zukunft, um unsere Verantwortung gegenüber den nächsten Generationen“, sagt Dr. Annegret Brauer, stellvertretende Vorsitzende des Berufsverbandes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland.

Die gemeinsame Stellungnahme von Deutschem Kinderhilfswerk, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Leitenden Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, dem Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland und dem Bundesverband für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie steht unter www.dkhw.de/kinder-psychisch-stark-machen zum Download bereit.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 25.10.2022

Millionen Fahrgäste werden ab Anfang 2023 von einem bundesweiten 49-Euro-Monatsticket (dem neuen „Deutschlandticket“) profitieren. Der Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD e.V.) begrüßt das Angebot für Erwachsene und Vielfahrer; fordert jedoch eine dringende Nachbesserung für Kinder und Jugendliche.

„Mit einem Preis von 49 Euro ist das neue Ticket deutschlandweit gültig und vereinfacht komplizierte Tarifmodelle zwischen Verkehrsverbunden“, so Vorsitzende Dr. Elisabeth Müller. Allerdings wurde eine große Chance vertan. „Wir vermissen ein sachgerechtes Angebot, das schulpflichtige Kinder und Jugendliche in den Blick nimmt. Für sie bleiben die Tarife im ÖPNV unverändert hoch“, kommentiert Müller. Ausgaben für ÖPNV belasten die Geldbeutel von Mehrkindfamilien monatlich überproportional. Eine Familie mit zwei Erwachsenen und drei Kindern bzw. Jugendlichen zahlt mit dem „Deutschlandticket“ 245 Euro pro Monat.

Ein vergünstigtes Ticket für Kinder und Jugendliche im ÖPNV für 29 Euro wäre eine wirksame Maßnahme. Dies würde merklich das Familienbudget entlasten. Ein solches Rabattprogramm erlaubt Kindern und Jugendlichen eine eigenständige und selbstbestimmte Mobilität, entkoppelt sie vom „Eltern-Taxi“ und ist nachhaltiger und zukunftsorientierter. „Unsere nächste Generation wird so für ökologisch nachhaltige Mobilitätswege bereits im jungen Alter sensibilisiert, Kraftstoffe gespart und das Zeitbudget der Eltern wird aufgrund wegfallender Fahrtwege, die sich bei drei und mehr Kindern summieren, entlastet“, zählt Müller weiter auf.

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD) vom 04.11.2022

Prof. Dr. Trabert, Sprecher der AG Gesundheit der nationalen Armutskonferenz, fordert anlässlich der heutigen Tagung der Gesundheitsministerkonferenz eine vollständige Kostenbefreiung bei der Gesundheitsversorgung und Prävention für von Armut betroffene Menschen: „Es muss eine vollständige Kostenbefreiung bei der Gesundheitsversorgung und Prävention für einkommensarme Menschen geben: Untersuchungen und Behandlungen in Praxen oder Kliniken müssen für sie grundsätzlich kostenfrei möglich sein. Das schließt auch die Kosten für die Fahrt dorthin mit ein. Gehhilfen, Sehhilfen, Medikamente und anderes medizinisches Hilfsmaterial muss ebenso übernommen werden. Denn wer sich diese Dinge nicht leisten kann, bleibt krank und benachteiligt.“

Angesichts der drastisch steigenden Lebenshaltungskosten und der ohnehin schon erhöhten Erkrankungsgefahr vor allem für Armutsbetroffene seit Pandemiebeginn muss die Bundesregierung schnellstens konkrete Maßnahmen ergreifen, um gesundheitliche Risiken einzudämmen.

„Der Zugang zu und die Qualität von Gesundheitsversorgung spielt eine existenzielle Rolle in unserem Sozialsystem. Dieses muss dringend menschenorientierter werden. Es ist ein Baustein in der Praktizierung von sozialer Gerechtigkeit – die wiederum wichtig ist, um den sozialen Frieden im gesellschaftlichen Miteinander zu gewährleisten“, verdeutlicht der ehemalige Bundespräsidentschaftskandidat Prof. Dr. Gerhard Trabert. „Gesundheit ist ein Menschenrecht. Förderung und Erhalt der Gesundheit und Gesundung dürfen nicht an den finanziellen Mitteln Einzelner scheitern.“

So sei es in §12 des UN-Sozialpakts festgehalten. Doch selbst in unserem reichen Land sehe es für einkommensarme Menschen in der Realität leider ganz anders aus. Allzu oft seien die Gesundheitskosten nicht adäquat abgedeckt, was zu einer Unterversorgung mit kritischen Auswirkungen, wie zum Beispiel chronischen Krankheiten, führt. „Kurz gesagt: Armut macht krank und Krankheit macht arm. Das darf so nicht bleiben!“, erklärt Trabert.

Nach Darstellung des bekannten Mainzer Sozialmediziners sind Krankheitsrisiken in unserer Gesellschaft sehr ungleich verteilt: Sie beträfen Menschen, die in beengten Verhältnissen leben müssen, etwa als Großfamilie in einer kleinen Wohnung oder als Geflüchtete in einer Gemeinschaftsunterkunft, Menschen, die in Berufen mit höherer Infektions- oder Verletzungsgefahr arbeiten, Menschen ohne Obdach mit erschwertem Zugang zu sanitären Anlagen, besonders stark. „Diese Lebensumstände für eine erhöhte Gesundheitsgefährdung treffen fast ausschließlich auf Menschen zu, die armutsbetroffen und auch dadurch schon einem höheren Risiko für physische und psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, etc. ausgesetzt sind“, erläutert Trabert.

Dazu komme, dass Präventions- und Gesundheitsinformationen häufig nicht für alle zielgruppengerecht aufbereitet werden. „Wenn es um die Sicherheit von Leib und Leben geht, müssen die Informationen doch für alle gut verständlich sein. Da muss die Bundesregierung sicherstellen, dass auch Menschen mit Lese- oder Verständnisschwäche oder mit Sprachbarrieren niedrigschwellig erreicht werden und alles begreifen können“, betont Manfred Klasen, Mitglied der AG Gesundheit der nak und Geschäftsführer der Saarländischen Armutskonferenz.

Armutsbetroffene Menschen bzw. ihre Vertretungen seien oft von Entscheidungsstrukturen ausgeschlossen. Hier fordert die nak: Auch sie müssen beteiligt werden, wenn es um die Ausgestaltung von Angeboten, Richtlinien und Gesetzen im deutschen Gesundheitsversorgungssystem geht.

Manfred Klasen: „Betroffene sind Expert*innen, deren Stimmen bei der Entwicklung, Umsetzung und Auswertung von Maßnahmen zur Gesundheitsversorgung und Prävention nicht fehlen dürfen!“

Hintergrundinformationen:

– Durchschnittlich geben Bürger:innen in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 104 € privat für ihre Gesundheit aus.

Die Höhe der Gesundheitsausgaben hängt stark von den Einkommensverhältnissen der Haushalte ab.

2019 gaben Haushalte mit einem Einkommen unter 1300 Euro durchschnittlich 21 Euro pro Monat für Gesundheitsdienstleistungen und -produkte aus.

Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2600 Euro bis unter 3600 Euro investierten bereits mehr als dreimal so viel in Gesundheitsausgaben (pro Monat 78 Euro).

– Für sogenannte medizinische Verbrauchsgüter (Pflaster, Fieberthermometer, Schutzmasken,…) geben Haushalte im Durchschnitt 27 Euro pro Monat aus.

Die Ausgaben lagen in einkommensschwächeren Haushalten bei durchschnittlich 9 Euro bis 13 Euro pro Monat. In Haushalten mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von 2600 bis unter 3600 Euro betrugen die Ausgaben schon 23 Euro. Bei einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von 5000 Euro und mehr waren es dann durchschnittlich 50 Euro im Monat

– Der Hartz IV-Regelsatz sieht 17,37 € pro Monat für Gesundheit vor.

– Für Sozialleistungsbeziehende werden Präventions- und Gesundheitskosten wie z. B. Sehhilfen, Verhütung, Physiotherapie, Zahnersatz, apothekenpflichtige Medikamente i.d.R. nicht übernommen.

– Fahrten zu Praxen/Kliniken werden nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen und nur nach vorheriger Genehmigung von der Krankenkasse übernommen.

– Das Robert-Koch-Institut kommt nach der Datenanalyse des sozioökonomischen Panels der Jahre 1992-2016 zu dem Ergebnis, dass 13 % der Frauen und 27 % der Männer aus der niedrigsten Einkommensgruppe nicht das 65. Lebensjahr erreichen.

In der höchsten Einkommensgruppe trifft dies lediglich auf 8 % der Frauen und 14 % der Männer zu.

Bezogen auf die mittlere Lebenserwartung bei Geburt liegt der Lebenserwartungsunterschied zwischen der niedrigsten und höchsten Einkommensgruppe bei Frauen bei 4,4 Jahren und bei den Männern bei 8,6 Jahren.

Dies bedeutet, dass von Einkommensarmut betroffene Menschen in dieser reichen bundesdeutschen Gesellschaft deutlich früher sterben als wohlhabende Mitbürger:innen. Diese konkreten Unterschiede in der Lebenserwartung sind eine extreme Ausprägungsform von sozialer Ungleichheit in einer Gesellschaft.

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz vom 24.10.2022

In der Debatte über Energiearmut, das neue Bürgergeld und ein menschenwürdiges Existenzminimum kritisiert die Nationale Armutskonferenz, dass die Politik immer mehr staatliche Aufgaben auf die Tafeln und andere gemeinnützige Angebote verlagert. „Es kann nicht sein, dass Menschen, denen das Notwendige fehlt, sich auf eine Versorgung auf Spendenbasis verlassen müssen“, kritisiert Michael David, Sprecher der AG Grundsicherung der Nationalen Armutskonferenz (nak). An vielen Orten übernähmen zum Beispiel die Tafeln Aufgaben, die eigentlich durch die Jobcenter gelöst werden müssten. „Tatsächlich sind Tafeln aber eine Maßnahme gegen Lebensmittelverschwendung“, sagt David: „Sie können, wollen und dürfen sozialstaatliche Regelleistungen nicht ersetzen.“

Die Nationale Armutskonferenz fordert, die sozialen Menschenrechte der Menschen in Deutschland in diesem Herbst zum Maßstab staatlicher Hilfen zu machen. „Die Entlastungspakete der Bundesregierungen haben die Situation von in Armut Lebenden kaum im Blick“, kritisiert David. „Einmalzahlungen und Steuerentlastungen bringen denen nichts, die keinerlei Reserven haben.“ Auch decke die zum Januar 2023 geplante Erhöhung des Bürgergeldes von 50 Euro für die ärmsten zehn Prozent der Bevölkerung gerade einmal die Hälfte der durch die Inflation gestiegenen Kosten ab.

Jürgen Schneider, Interessenvertreter von Menschen mit Armutserfahrung in der nak-Koordination: „Nötig wären 100 Euro zum Sofortausgleich. Aber auch schon vor der Inflation war der Regelsatz um über 180 Euro zu niedrig. Die beliebigen Streichungen von Kosten für Küchenuhren, Weihnachtsbäume, Meerschweinchenfutter, Speiseeis, Balkonpflanzen und viele andere Positionen haben den Regelsatz künstlich auf Kante genäht.“

Grund für dieses „schmale Schein-Existenzminimum“, so Jürgen Schneider, sei die Ignoranz den sozialen Rechten der Menschen gegenüber. „2010 wurde nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts das Lohnabstandsgebot aus den Sozialgesetzbüchern gestrichen. Aber immer noch wird so getan, als sei dieses das höchste sozialstaatliche Glaubensbekenntnis. Dabei müssen Löhne zum Leben reichen, nicht minimale Sozialleistungen Menschen in prekäre Beschäftigung treiben.“

„Tatsächlich müsste sich die Bundesregierung am Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte orientieren“, erläutert Michael David. „Das Existenzminimum ist keine Gnade und kein Almosen, sondern ein verbrieftes, weltweit geltendes Menschenrecht.“

Hintergrund:

Die Positionen und weitergehenden Forderungen der Nationalen Armutskonferenz zur sozialen Krisensituation in diesem Herbst finden Sie hier:

Menschenwürdiges Auskommen statt Naturalien! Der Staat darf die Verantwortung für die Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums nicht länger auf Tafeln u.a. verschieben! https://www.nationale-armutskonferenz.de/2022/10/20/positionspapier-menschenwuerdiges-auskommen-statt-naturalien/

Existenzsicherung in der Krise und darüber hinaus – Stellungnahme der Nationalen Armutskonferenz als Reaktion auf das Dritte Entlastungspaket der Bundesregierung und die ersten Schritte der Bürgergeldreform (https://www.nationale-armutskonferenz.de/2022/10/20/stellungnahme-existenzsicherung-in-der-krise-und-darueber-hinaus/)

Die Nationale Armutskonferenz (nak) ist ein Bündnis von Organisationen, Verbänden und Initiativen, die sich für eine aktive Politik der Armutsbekämpfung einsetzen. Sie wurde im Herbst 1991 als deutsche Sektion des Europäischen Armutsnetzwerks EAPN (European Anti Poverty Network) gegründet. Neben Verbänden wirken in der nak auch Menschen mit Armutserfahrung bzw. Selbsthilfeorganisationen mit, die ihre Erfahrungen und Perspektiven einbringen und ihre Lösungsansätze im Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung aufzeigen.

Mitgliedsorganisationen: AG Schuldnerberatung der Verbände; Armut und Gesundheit in Deutschland e.V.; Armutsnetzwerk e.V.; AWO Bundesverband e.V.; Bahnhofsmission Deutschland e.V.; BAG der Landesseniorenvertretungen; BAG Schuldnerberatung e.V.; BAG Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit; BAG Wohnungslosenhilfe; BBI – Bundesbetroffeneninitiative wohnungsloser Menschen; Bundesverband Kulturloge e.V.; Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. (DBSH), Deutscher Bundesjugendring; Deutscher Caritasverband e.V.; Deutscher Gewerkschaftsbund; Diakonie Deutschland; Gesundheit Berlin-Brandenburg e.V.; Institut für Finanzdienstleistungen e.V. (IFF); Internationaler Bund (IB) Freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e.V.; Landesarmutskonferenz Baden-Württemberg; Landesarmutskonferenz Niedersachsen, Landesarmutskonferenz Rheinland-Pfalz; Selbstvertretung Wohnungsloser Menschen e.V., Tafel Deutschland e.V.; Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V.; Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz vom 21.10.2022

Webportal zur Information und Unterstützung für Betroffene und Berater*innen freigeschaltet.

Angesichts stark steigender Energiekosten starten Tacheles e.V. und der Paritätische Wohlfahrtsverband heute die bundesweite Kampagne “Energie-Hilfe”, mit der Menschen über ihre Rechte auf behördliche Übernahme von Energiekosten aufgeklärt werden sollen. Im Zentrum der Kampagne steht die Webseite www.energie-hilfe.org, die Betroffene hoher Energiekosten umfangreich über ihre sozialrechtlichen Ansprüche informiert und Musteranträge zur Verfügung stellt. Der Mangel an ausreichenden, gezielten Hilfen für die von Inflation und explodierenden Energiekosten am härtesten Betroffenen wird nach Einschätzung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und des Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein Tacheles e.V. zu einer deutlichen Steigerung der Anzahl an Anspruchsberechtigten im Bereich der Grundsicherung führen.

Um Betroffenen die Antragstellung zu erleichtern und die fristgerechte Wahrung von Ansprüchen zu ermöglichen, werden auf dem Portal www.energie-hilfe.org leicht verständliche und einfach zugängliche Informationen bereitgestellt und die nötigen Antragsformulare zum Download angeboten.

Beratungsstellen und -einrichtungen können sich auf der Website umfangreich über Anspruchsberechtigungen und Möglichkeiten zur Rechtsdurchsetzung informieren.

„Trotz Doppelwumms wird es viele Menschen geben, die ihre Energierechnungen nicht mehr zahlen können”, warnt Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. „Die Website Energie-Hilfe.org leistet konkrete Hilfe, indem sie Betroffene über ihre Ansprüche aufklärt und die Antragstellung erleichtert.”

Harald Thomé, Vorstand von Tacheles e.V., ergänzt: „Mit dieser Kampagne richten wir uns insbesondere auch an die Menschen, die ihre hohen Energiekosten mit ihrem Einkommen nicht mehr bezahlen können und deshalb einen Anspruch auf zumindest teilweise Übernahme der Kosten haben. Anspruchsberechtigte, wie Erwerbstätige, Rentner*innen, Wohngeldbeziehende oder Auszubildende, müssen zur Wahrung ihrer Ansprüche jetzt schnell Anträge stellen. Für sie sind schnelle Aufklärung und Hilfe jetzt wichtig, nicht erst im nächsten Jahr!“

Flugblätter und Plakate, die auf die Aufklärungskampagne hinweisen, können auf der Website www.energie-hilfe.org heruntergeladen oder bestellt werden.

Unterstützt wird das Projekt von Tafel Deutschland e.V., dem Deutschen Mieterbund, Sanktionsfrei e.V. und der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 07.11.2022

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 14. November 2022

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Das AGG soll reformiert werden. Im gesellschaftspolitischen Diskurs geht es dabei u.a. um die Frage, ob Elternschaft als Diskriminierungsmerkmal im AGG aufgenommen werden soll. Was steckt hinter der Forderung? Welche Diskriminierung erleben Eltern am Arbeitsplatz? Welche Bedarfe haben Eltern in der Antidiskriminierungsberatung? Warum und wie werden Eltern diskriminiert und was versteht man überhaupt unter Diskriminierung? Und macht es Sinn, dies im Rahmen des AGG explizit zu berücksichtigen? Diese und weitere Fragen wollen wir gerne im Rahmen dieser Inforeihe mit Ihnen diskutieren.  

An der Veranstaltung wirken mit:

  • Tina Lachmayr, IQ Fachstelle Interkulturelle Kompetenz und Antidiskriminierung, VIA Bayern e.V.
  • Antje Wunderlich, Referat Forschung und Grundsatz, Antidiskriminierungsstelle des Bundes
  • Jannetje Höring, KOBRA-Fachstelle für Vereinbarkeit, Berliner Frauenbund 1945 e.V.
  • Lara Pfeilsticker, Referat Beratung, Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Die Veranstaltung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.
Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben.

Hier geht es zur Anmeldung.

Verantwortlich für inhaltliche Rückfragen:
Katrin Frank, Referentin Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-465, E-Mail: faf@paritaet.org.

Verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation:
Stefanie Sachse, Sachbearbeitung Referat Familienhilfe/-politik, Frauen / Frühe Hilfen
Der Paritätische Gesamtverband, Tel.: 030 24636-323, E-Mail: stefanie.sachse@paritaet.org

Termin: 18. November 2022

Veranstalter: Pestalozzi-Fröbel-Verband e. V.

Es findet wieder eine digitale Dialogveranstaltung statt.

Zum Einstieg in den Dialog wird Stefan Spieker, Geschäftsführer der FRÖBEL-Gruppe, einen kurzen Input geben.
Danach möchten wir mit Ihnen in den Austausch über Ihre Erfahrungen und Erkenntnisse gehen – Ihre Fragen und Ideen sind uns wichtig und für Diskussionen wird ausreichend Zeit und Raum sein.

Mit dem Anmeldeblatt können Sie sich bis zum 14.11. anmelden.

Die Einladung zur Veranstaltung finden Sie hier.

Termin: 21. November 2022

Veranstalter: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Sexualisierte Gewalt an Kindern und deren Verbreitung im Netz bedeuten unfassbares Leid und schwerste Rechtsverstöße, die entschieden bekämpft werden müssen. Die Ampelpartner*innen haben sich auf konkrete Maßnahmen für den besseren Schutz von Kindern verständigt. Auch der jüngste Vorschlag der EU-Kommission enthält vielversprechende Ansätze zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt. Doch die vorgeschlagene Chatkontrolle schießt übers Ziel hinaus und begegnet schwerwiegenden grundrechtlichen Bedenken.

Wie ist der Kommissionsvorschlag aus Perspektive von Kinderschutz, Grundrechten und Digitalregulierung zu bewerten? Welche Potenziale, welche Gefahren birgt der Entwurf? Wie können Kinder effektiv geschützt werden? Welche rechtssicheren und wirksamen Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung sexualisierter Gewalt an Kindern sind erforderlich?

     Anmeldung und Programm     

Termin: 21. November 2022

Veranstalter: Bundesforum Männer

Sexualisierte Gewalt gegen Männer im Kontext von Krieg und Vertreibung wird weder in der allgemeinen Öffentlichkeit noch in den Wissenschaften eingehender thematisiert. Das Bundesforum Männer richtet deshalb in Kooperation mit dem Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie (GWI) am 21. November 2022 von 17.00-18.30 Uhr eine Online-Fachveranstaltung aus.

Im Rückblick auf internationale bewaffnete Konflikte der vergangenen vier Jahrzehnte soll in dem Vortrag »Sexualisierte Gewalt gegen Männer und Jungen im Kontext von Krieg und Vertreibung« von Dr. Yuriy Nesterko eine Annäherung an das Phänomen unternommen werden. Aus psychologischer Perspektive wird es um die Bedeutung von Streben nach Überlegenheit, Stärke und Dominanz gehen, das sich in der männlichen sexualisierten Gewalt manifestiert.

Im anschließenden Gespräch wird – auch unter dem Eindruck der aktuellen Kriegssituation in der Ukraine – der Frage nachgegangen, inwiefern eine feministische Außenpolitik zu einer Perspektiverweiterung beiträgt, sodass auch Männer* als Teil der vulnerablen Gruppen anerkannt werden.

Mit

  • Dr. Yuriy Nesterko (Universität Leipzig)
  • Dr. Dag Schölper (Bundesforum Männer)
  • Anica Heinlein (CARE, angefragt)
  • Moderation: Simone Schmollack (taz)

Weitere Informationen und Anmeldung

Termin: 22. November 2022

Veranstalter: Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.

In der digitalisierten Welt werden Menschen ohne geeignete Technikausstattung und Anwenderkompetenz zunehmend ausgegrenzt. Ob im Beruf oder im sozialen Umfeld, in der Schule, bei der Stellensuche, im Kontakt mit Ärzten, Banken, Schufa, Jobcentern oder anderen Behörden – digitale Fähigkeiten werden heute überall vorausgesetzt. Gerade Bürger:innen mit Armutserfahrung stehen da oft im Abseits. Laut Statistik verfügt etwa ein Drittel von ihnen nicht einmal über einen internetfähigen Computer im Haushalt.

Wie lässt sich das Recht auf digitale Teilhabe – im Sinne eines „Digitalen Existenzminimums“ – im neuen Bürgergeld und anderen Bereichen der Grundsicherung verankern? Wie sollen sich Behörden und Einrichtungen der Daseinsvorsorge aufstellen, um digitale Zugänge zu erleichtern? Welche Bildungsanstrengungen müssen unternommen werden, um mehr Menschen stärker am digitalen Leben teilhaben zu lassen?

Die Diakonie Deutschland, das Armutsnetzwerk und der Evangelische Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt (KWA) laden Sie herzlich ein, über diese und weitere Fragen mit Expertinnen, Betroffenen und Mitgliedern des Deutschen Bundestages zu diskutieren!

Online-Fachgespräch am Dienstag, 22.11.2022, 10:00 bis 13:00 Uhr

Digitales Existenzminimum – wie kommen Armutsbetroffene zu mehr digitaler Teilhabe?

(s. Programm)

Anmeldung: Wir bitten Interessierte, sich bis zum 16.11.2022 über eveeno online anzumelden. Sie erhalten die Zugangsdaten zur Konferenz dann wenige Tage vor der Veranstaltung. Die Teilnahme ist kostenlos. https://eveeno.com/885785591

Hinweis: Wir bitten Vertreter:innen von sozialen Einrichtungen, auch Interessierten in ihrem Umfeld, die keinen eigenen Digitalzugang haben, die Teilnahme an dieser Veranstaltung zu ermöglichen.

Termin: 28. November 2022

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung

Mit dem Wandel gesellschaftlicher Normen und Rollenbilder haben sich Erwartungen und Vorstellungen von Männlichkeit transformiert und sind vielfältiger geworden. Diese Umorientierung zerrt an tradierten Männerbildern, die von Dominanz geprägt sind, und führt für manche zu Ängsten und Verunsicherungen. Gleichzeitig verschärfen sich im digitalen Raum und rechten Kreisen Gegenreaktionen und Aggressionen, befördert von dem vielfach diskutierten Phänomen der „toxischen Männlichkeit“, die sich oft in sozialen Medien multiplizieren und die antifeministische Bewegung des Maskulismus befeuern.

Einer, der diese Welt hautnah kennengelernt hat, ist Tobias Ginsburg. In seinem Buch „Die letzten Männer des Westens“ gibt er Einblick in seine Erfahrungen aus anderthalb Jahren verdeckter Recherche unter fiktiven Identitäten in rechtsextremen Netzwerken, faschistischen Männerbünden und antifeministischen Organisationen. Günther Wallraff spricht in seinem Vorwort zum Buch von einem „Höllengang in ein Finsterreich des Männlichkeitswahns“. Ginsburg gibt nicht nur investigative Einblicke in diese gefährlichen Parallelwelten, er versucht auch zu ergründen, welcher Reiz von ihnen ausgeht, weshalb sich Menschen ihnen zuwenden und wie sie sich im Hass verlieren.

Was kann kritische Männlichkeit dem entgegensetzen?
Inwiefern ist das Thema Männlichkeit auch politisch?
Was kann durch Gesetzgebung bewirkt werden und wo ist die Gesellschaft in der Pflicht?

Diese und weitere Fragen möchten wir mit Euch diskutieren und bieten dafür im Anschluss an eine spannende Lesung von Tobias Ginsburg das partizipative Diskussionsformat der Fish Bowl an, zu dem wir Menschen aller Geschlechter und aller sexuellen Orientierungen herzlich einladen.

Wir sprechen unter anderem mit:
Falko Droßmann MdB, Sprecher der AG-Queer der SPD Bundestagsfraktion
Najib Faizi, Performer und LGBTQ-Media-Aktivist
und Tobias Ginsburg, Schriftsteller und Theaterregisseur

Die Moderation übernehmen:
Franziska Richter, Kultur & Politik/Politik in Ostdeutschland, Friedrich-Ebert-Stiftung
Franziska Schröter, Projekt gegen Rechts, Friedrich-Ebert-Stiftung

Zum Abschluss des Abends laden wir ein zu einem weiteren Austausch bei Imbiss & Getränken, während Tobias Ginsburg eine Signierstunde anbietet.

Die Teilnahme ist kostenfrei, aber eine vorherige Anmeldung ist aus Organisations- und Sicherheitsgründen notwendig.
Kurz vor der Veranstaltung versenden wir eine Anmeldebestätigung per E-Mail.

Hier geht es zur Anmeldung!

Termin: 30. November 2022

Veranstalter: AWO Bundesverband e. V. / Projektleitung DEVI – Demokratie stärken. Vielfalt stärken.

An diesem Fachtag wollen wir darüber sprechen und miteinander in Austausch kommen, wie Adultismus und Macht in der Kindertagesbetreuung wirksam sind. Wir wollen einen kritischen Blick auf Machtverhältnisse in der Kindertagesbetreuung werfen und gemeinsam überlegen, wie wir ihnen entgegenwirken können.

Diese Veranstaltung ist eine Kooperation des AWO Bundesverbands und der Zentralen Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Sie findet im Rahmen des Begleitprojekts „Demokratie und Vielfalt in der Kindertagesbetreuung“ statt.

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte der angefügten Einladung.

Die Anmeldung erfolgt online über folgenden Link.

Termin: 08. Dezember 2022

Veranstalter: Deutscher Caritasverband e. V.

Seit fast drei Jahren leben wir in einer Coronavirus-Pandemie. Ausgerechnet die Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen, die schon vor Beginn der Pandemie in prekären Verhältnissen lebten und vielfältigen Benachteiligungen ausgesetzt waren, haben sich im Laufe der Pandemie weiter verschärft. Das Mitte 2021 initiierte Corona-Aufholpaket, mit dem noch bis Ende 2022 Kinder und Jugendliche durch Angebote in den Bereichen Bildung, Sprachförderung, Freizeit und Erholung unterstützt werden sollten, läuft in wenigen Monaten aus. Kinder und Jugendliche werden jedoch auch danach mit den Folgen der Pandemie für ihre psychische und körperliche Gesundheit, ihre soziale Teilhabe und schulischen Erfolgserlebnisse zu kämpfen haben. Als wäre dies alles nicht genug, löst der Ukraine-Krieg neue Ängste aus. Die steigenden Preise bei Lebensmitteln, Strom, Gas, Schulmaterialien und Dingen des täglichen Lebens drängen vor allem Familien mit geringen Einkommen an den Rand des Existenzminimums. Viele Kinder, Jugendliche und Familien, aber auch die Fachkräfte in den Einrichtungen und Diensten der Kinder- und Jugendhilfe sind am Limit.

Welche dringend notwendigen Weichenstellungen und Rahmenbedingungen jetzt auf den Weg gebracht und zügig umgesetzt werden müssen, um jedem Kind gute Voraussetzungen für ein gesundes Aufwachsen und soziale Teilhabe zur Verfügung zu stellen, darüber möchten wir mit Ihnen und weiteren Akteuren aus Politik, Verbänden und Praxis, aus der Kinder- und Jugendhilfe und der Zivilgesellschaft sowie mit jungen Menschen selbst im Rahmen der Online-Veranstaltung

„Stärkung von Kindern und Jugendlichen in Krisenzeiten – Was folgt nach dem Corona-Aufholpaket? Erkenntnisse aus dem Brennglas“

ins Gespräch kommen. Beiliegend übersenden wir Ihnen das Veranstaltungsprogramm mit Anmeldelink. Gerne können Sie sich unter folgendem Link auch direkt anmelden: Anmeldung Onlineveranstaltung Staerkung (carinet.de). Wir laden Sie herzlich ein und freuen uns über Ihre Teilnahme!

Termin: 14. Dezember 2022

Veranstalter: evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V.

Hinter jedem Konflikt stehen unerfüllte Bedürfnisse, die es den Betreffenden erschweren, eine verbindende Kommunikation zu führen.

Uns interessiert der bewusste Perspektivwechsel in Situationen, in denen wir uns als Fachkraft besonders herausgefordert fühlen.
Gerade dann kann der Blick durch eine andere, vielleicht auch „Goldene Brille“ den Kontakt zu einem Elternteil, einem Kind und auch zu Kolleg:innen wieder ermöglichen.
Gemeinsam wollen wir schauen, wie Krisen und Konflikte in der Zusammenarbeit und bei Elterngesprächen konstruktiv gelöst werden können.

Die Veranstaltung richtet sich an Vertreter:innen von Kindertagesstätten, Familienzentren, Familienbildungsstätten, Schulsozialarbeit, Mitarbeiter:innen kommunaler Behörden sowie Elternbegleiter:innen und Fachkräfte aus Familienbildung, Beratung und sozialer Arbeit.

Es wird eine Teilnahmegebühr von 35 Euro erhoben.

Anmeldung: https://www.eaf-bund.de/service/veranstaltungen/2022-12-14-wie-sag-ichs-meinen-eltern-konflikte-als-chance-fuer-die

WEITERE INFORMATIONEN

Einsamkeit ist ein relevantes Themenfeld für Politik und Gesellschaft. Das Kompetenznetz Einsamkeit (KNE) arbeitet an einer systematischen Erfassung von Projekten und Initiativen, die mit ihren Angeboten Menschen bei der Bewältigung ihrer Einsamkeit unterstützen oder vorbeugen wollen. Ziel der Systematisierung ist es, ein Verständnis der verschiedenen Ansätze zur Vorbeugung und Bewältigung von Einsamkeit sowie deren Zusammenwirken in der Gemeinschaft zu entwickeln. Das KNE hat dazu einen kurzen Online-Fragebogen entwickelt und ruft alle Projekte und Initiativen auf, an der Befragung teilzunehmen. Der Online-Fragebogen richtet sich an Personen, welche in Projekten und Initiativen zum Thema Vorbeugung und Bekämpfung von Einsamkeit engagiert sind. Weitere Informationen und den Fragebogen finden Sie hier: https://kompetenznetz-einsamkeit.de/forschung/forschung-online-befragung

Weitere Informationen zum Thema Einsamkeit, aktuelle Veranstaltungshinweisen und Veranstaltungsdokumentationen, neue Veröffentlichungen sowie weitere Informationen aus dem Netzwerk finden sich auf der Webseite (www.kompetenznetz-einsamkeit.de), im Newsletter (https://kompetenznetz-einsamkeit.de/das-kne/newsletter ) oder auf Twitter (@gegenEinsamkeit).

Der Progressive Eltern- und Erzieher*innen-Verband NRW ist überzeugt, dass sich für Familien Wege aus den sich überlagernden Krisen auf Dauer nur über die Verbindung von Hilfen und Bildung für das Heute und das Morgen realisieren lassen.

Das PEV-Positionspapier „Krise braucht Bildung“ formuliert Forderungen an die Landesregierung sowie die Landtagsabgeordneten der demokratischen Fraktionen in Nordrhein-Westfalen zur Familienpolitik und -unterstützung.

Das PEV-Positionspapier finden Sie hier: https://pevnw.com/cms/wp-content/uploads/PEV_Krise-braucht-Bildung_221031.pdf

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 17/2021

AUS DEM ZFF

Familien sind die Leidtragenden der Corona Pandemie. Im neuen Krisenstab der Bundesregierung sind sie nicht vertreten.

Seit März 2020 schultern Eltern, Kinder und Jugendliche mit großem Kraftaufwand die Folgen der Pandemie. Viele politische Entscheidungen zur Bewältigung der Corona Pandemie waren gerade für Familien sehr einschneidend und haben sie bis an die Grenze der Belastbarkeit gebracht, mit deutlichen Folgen für ihre wirtschaftliche und gesundheitliche Situation. Den noch werden die Probleme und Herausforderungen von Familien von der Politik bislang weitgehend ignoriert. Bis heute ist z.B. das Versprechen des Bundeskanzleramtes einen Bundesfamiliengipfel durch zu führen nicht umgesetzt.

Ein neu eingerichteter Corona Krisenstab soll nun Maßnahmen zur Gesundheitssicherheit erarbeiten und umsetzen. In der Zusammensetzung dieses Gremiums finden die Bedürfnisse und Problemlagen der Familien jedoch abermals keine Berücksichtigung.

Daher fordern der Deutsche Familienverband (DFV), die Evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie (eaf), der Familienbund der Katholiken (FDK), der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV), der Verband binationaler Familien und Partnerschaften (iaf), das Zukunftsforum Familie (ZFF) sowie der Verband kinderreicher Familien Deutschland (KRFD):

„Familien sind systemrelevant. Familienexpertise gehört in den Corona Krisenstab der Bundesregierung. Mindestens ist das Bundesfamilienministerium regelmäßig einzubeziehen“.

Die Erfahrungen aus dem vergangenen Corona Winter haben gezeigt, dass die Belange von Familien in den Regierungsberatungen kaum eine Rolle spielen. „Familien fühlen sich von der Politik weitgehend im Stich gelassen“, stellen die Verbände überein stimmend fest. Viele Maßnahmen, die seit Beginn der Pandemie ergriffen worden sind, haben für Eltern und ihre Kinder spürbare Folgen : Eltern schultern Betreuung und Unterstützung ihrer Kinder in weit höherem Ausmaß als vorher im Regelfall neben der Erwerbsarbeit, soziale Beziehungen und Alltagsnetzwerke sind ausgedünnt oder ganz weggefallen und sie erleben teils deutliche finanzielle Einbußen. Die Kinder gehen mit erheblichen

Bildungslücken und schlechteren Zukunftschancen in das nächste Jahr, bei vielen von ihnen häufen sich zudem psychische und physische Erkrankungen.

„Eltern und Kinder sind Leidtragende in dieser Krise. Deshalb müssen Familien in der Ausnahmesituation der Pandemie viel stärker als bisher im Fokus stehen und ihre Perspektive muss auch i m Krisenstab vertreten sein“, appellieren die Familienverbände.

Familienverbände:

Deutscher Familienverband (DFV)

www.deutscherfamilienverband.de

Evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie (eaf)

www.eafbund.de

Familienbund der Katholiken (FDK)

www.familienbund.org

Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV)

www.vamv.de

Verband binationaler Familien und Partnerschaften (iaf)

www.verband-binationaler.de

Zukunftsforum Familie (ZFF)

www.zukunftsforum-familie.de

Verband kinderreicher Familien Deutschland (KRFD)

www.kinderreichefamilien.de/

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 03.12.2021

Gemeinsam mit dem Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG bewertet es das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) als sehr positives Signal, dass die Kindergrundsicherung mit vielen zentralen Eckpunkten im Koalitionsvertrag sehr konkret verankert ist. Sie muss nun schnell so umgesetzt werden, dass sie vor allem Kindern aus einkommensschwachen Familien zugutekommt.

Die Kindergrundsicherung ist eine umfangreiche Reform, daher muss direkt zu Beginn der Legislatur mit der Arbeit begonnen werden. Bis zur Einführung muss der Sofortzuschlag für Kinder und Jugendliche in den ersten 100 Tagen umgesetzt werden.

Im Koalitionsvertrag sind zentrale Eckpunkte für eine Kindergrundsicherung benannt: die Bündelung einer Vielzahl von Leistungen (Kindergeld, Kinderzuschlag, Regelsatz SGB II/XII, Teile des Bildungs- und Teilhabepaketes), die einfache, unbürokratische und automatische Auszahlung, die Neuberechnung des soziokulturellen Existenzminimums sowie der perspektivische systematische Einbezug des steuerlichen Kinderfreibetrages. Es ist nun Aufgabe der Politik, die Kindergrundsicherung unter Beteiligung der Zivilgesellschaft sozial gerecht und existenzsichernd auszugestalten.

Die gemeinsame Pressemitteilung des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 02.12.2021

Das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) begrüßt die zeitnahe Einrichtung eines Corona-Krisenstabs, mahnt aber an, dass die Stimmen von Kindern, Jugendlichen und Familien aktiv eingezogen werden müssen. Eine starke Vertretung für ihre Belange gehört an den Verhandlungstisch.

Angesichts der verheerenden Infektionslage plant die künftige Ampel-Koalition die Einrichtung eines Krisenstabs im Kanzleramt, der noch in dieser Woche seine Arbeit aufnehmen soll. Die Erfahrungen der vergangenen Corona-Wellen haben gezeigt, dass eine Einbeziehung von Vertreter*innen aus dem Bereich Familie, Kinder und Jugend unerlässlich ist, um die sozialen Belastungen der Krise abzufangen.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, fordert: „Erneut steht uns ein langer, harter Pandemie-Winter bevor, und eins sollte inzwischen klar sein: Familien, Kinder und Jugendliche dürfen mit ihren Bedürfnissen und Problemen nicht wieder alleingelassen werden! Ihre Stimmen müssen gehört und aktiv in Entscheidungsprozesse und Beschlüsse zur Pandemiebekämpfung einbezogen werden. Es ist daher ein Muss, dass im neuen Corona-Krisenstab Expert*innen und Politiker*innen aus der Familienpolitik sitzen.“

Altenkamp erklärt weiterhin: „Viele Familien leiden unter der Krise, zum Beispiel aufgrund der dramatischen Corona-Lage an Schulen. Viele Kinder und Jugendliche haben außerdem die psychischen Belastungen in Folge der vergangenen Kontaktbeschränkungen noch lange nicht überwunden. Bei der Bekämpfung der Pandemie müssen ihre Bedürfnisse endlich mitgedacht werden! Daher muss der Krisenstab angemessene Unterstützungsmaßnahmen festlegen. Ob passende Schutzkonzepte in Schulen und Kitas, Maßnahmen gegen die soziale Einsamkeit, gute Teilzeit-Optionen für die Erwerbsarbeit von Eltern oder unbürokratische Hilfen für Familien mit geringem Einkommen – die Instrumente sind da, sie müssen aber auch bedarfsgerecht und zielgenau eingesetzt werden. Der Corona-Krisenstab steht daher vor der Aufgabe, sowohl wirkungsvolle als auch kinder-, jugend- und familienfreundliche Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung zu entwickeln.“

Das Positionspapier “Familien auch in Krisenzeiten gut absichern!” des ZFF zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 30.11.2021

SCHWERPUNKT I: Koalitionsvertrag

Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt sieht im vorgelegten Koalitionsvertrag großes Potenzial für eine soziale und nachhaltige Politik in der nächsten Legislaturperiode. Dazu erklärt der AWO-Bundesvorstandsvorsitzende Jens M. Schubert:

„Der Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition enthält viele grundlegende sozialpolitische Weichenstellungen, die eine echte soziale und nachhaltige Politik ermöglichen werden. Dabei wird auch die wichtige Einbindung der Zivilgesellschaft an vielen Stellen deutlich. Das sendet ein starkes Signal für Teilhabe beim gesellschaftlichen Fortschritt und wird auch belegt durch das im Koalitionsvertrag vorhandene Bekenntnis zur freien Wohlfahrtspflege. Die AWO wird sich bei der sicherlich in den Einzelheiten nicht einfachen Umsetzung der beschriebenen Vorhaben einbringen.“

In einer ersten Reaktion bewertet die Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt die vorgelegten Pläne zum Bereich Pflege wie folgt: „Im Bereich der Pflege sehen wir, dass an vielen Stellen angesetzt werden soll: Modernisierung der Ausbildung, Fachkräfteoffensive sowie Begrenzung der Eigenanteile sind wichtige und notwendige Punkte zur Entlastung der Situation in der Pflege, eingerahmt durch eine Verbesserung der Löhne und Arbeitsbedingungen, nicht zuletzt durch einen Corona-Bonus“, so Kathrin Sonnenholzner, „Die Installierung eines Coronarates in der aktuellen Situation war zudem überfällig und absolut richtig. Wir begrüßen darüber hinaus besonders das weite Verständnis des Familienbegriffs und die Weiterentwicklung bei gleichstellungspolitischen Fragen.“

Der Präsident der Arbeiterwohlfahrt, Michael Groß, zeigt sich mit den Ergebnissen im Bereich Arbeit und Soziales zufrieden: „Der Koalitionsvertrag benennt in Sachen soziale Gerechtigkeit wichtige Meilensteine. Die sofortige Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro bedeutet eine finanzielle Besserstellung für viele Millionen Arbeitsnehmer*innen und ist eine gezielte Stärkung unterer Einkommen. Viele der weiteren angekündigten Vorhaben, etwa das Bürgergeld, beim Sozialen Arbeitsmarkt oder im Bereich Wohnen, sind vielversprechend, um das Leben der Menschen konkret zu verbessern. Ganz besonders freuen wir uns über die Verankerung einer Kindergrundsicherung, für die wir uns gemeinsam mit vielen anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen lange und intensiv eingesetzt haben. Es besteht jetzt endlich die Chance, durch Zusammenlegung von Leistungen und zielgerichteter Maßnahmen Kinderarmut in Deutschland substantiell zu reduzieren.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 25.11.2021

Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege bewerten den Koalitionsvertrag als einen ambitionierten Schritt hin zu einer gerechteren und nachhaltigeren Gesellschaft mit Mut zu neuem Denken und kohärentem Handeln. Der deutliche Wille der Ampelkoalition zu einem echten Generationenvertrag ist erkennbar. Jetzt muss es darum gehen, den notwendigen sozial-ökologischen Kurswechsel voranzutreiben, ohne neue soziale Verliererinnen und Verlierer hervorzubringen. Bei der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, in der Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus sind die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege mit ihrer tiefen Verankerung in allen Bevölkerungsschichten gerne verlässliche Verbündete.

Die Freie Wohlfahrtspflege leistet mit ihren rund 118.000 Einrichtungen und Diensten mit 4,1 Millionen Plätzen einen wesentlichen Beitrag zur gesundheitlichen und sozialen Betreuung der Bevölkerung.

Sie steht als Partner an der Seite der Bündnispartner von FDP, Grünen und SPD, wenn es darum geht, das jetzt vorliegende ehrgeizige und umfangreiche Programm, sozial gerecht und zukunftsfähig auszugestalten.

Besonderen Handlungsbedarf sehen die Spitzenverbände vor allem beim Gesundheits- und Pflegesystem, einer gemeinwohlorientierten Digitalisierungsstrategie und in der Armutsbekämpfung.

BAGFW-Präsident Ulrich Lilie (Diakonie): „Das Stückwerk der bisherigen Reformmaßnahmen hat nicht zu den gewünschten Verbesserungen in der Pflege geführt. Und schon vor Corona sind die Kosten, die von den pflegebedürftigen Menschen gezahlt werden müssen, in astronomische Höhen geschossen. Heute liegt der Bundesdurchschnitt für einen Platz im Pflegeheim bei unglaublichen 2.125 Euro im Monat. Der Pflegenotstand ist längst da – Corona hat ihn noch einmal massiv verschärft. Umso mehr begrüßen wir daher als Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, dass die Regierung aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen die Eigenanteile in der stationären Pflege begrenzen und die Bezahlung wie die Personalschlüssel in der Pflege verbessern werden. Dies war eine zentrale Forderung der Wohlfahrtsverbände.“

BAGFW-Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (DRK) hebt hervor: „Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege stehen der neuen Bundesregierung als zuverlässige Partner für die kommende Legislaturperiode zur Seite, insbesondere bei der notwendigen, konkreten Ausgestaltung der Ziele. Hier kommt noch eine Menge Arbeit auf die neue Bundesregierung zu, zumal der ganze Koalitionsvertrag unter einem Finanzierungsvorbehalt steht. Wir freuen uns, dass die Wohlfahrtspflege im Koalitionsvertrag berücksichtigt ist. Wir erwarten nun, dass diese Bekenntnisse mit wirksamen Maßnahmen zur Sicherung und Stärkung der gemeinnützigen Dienste und Einrichtungen hinterlegt werden.“

BAGFW-Vizepräsident Prof. Dr. Jens Schubert (AWO) bekräftigt: „Wir sehen das klare Bekenntnis zum Abbau von Kinderarmut. Die BAGFW hat sich lange dafür eingesetzt, das System der Familienleistungen zu vereinfachen und Leistungen zu bündeln. Verschiedene Wohlfahrtsverbände haben sich für eine Kindergrundsicherung stark gemacht. Insofern ist die Verankerung im Koalitionsvertrag sehr zu begrüßen und wir nehmen uns heraus, das auch als Erfolg unseres langjährigen Engagements gegen Kinderarmut zu verstehen. An diesem Punkt wird es sehr auf die Umsetzung ankommen. Viele technische Details, viele Schnittstellenfragen sind zu klären. Wir werden uns auch weiter dafür einsetzen, dass wir eine existenzsichernde und sozial gerechte Kindergrundsicherung erreichen.“

Die gesamte Mitteilung und Informationen zur BAGFW gibt es hier.

Quelle: Pressemitteilung Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) e. V. vom 29.11.2021

„Wenn die Parteien der neuen Bundesregierung ein ‚Jahrzehnt der Bildung‘ ausrufen, dann muss das ein Jahrzehnt der Bildung für alle sein: für Kinder aus armen Familien, für geflüchtete Menschen, für Menschen in allen Lebensphasen“, so Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa. „Gleiche Bildungschancen sind essenziell im Kampf gegen Armut und soziale Spaltung“.

Umgang mit digitalen Medien als Schlüsselkompetenz

Bei der frühkindlichen Bildung heißt das: Der Fokus muss auf die Qualität der Betreuung, die Sprachförderung, die Medienkompetenz liegen. „Kinder und Jugendliche müssen sich in der digitalen Welt zurecht finden können, sonst nützen alle Tablets und PCs der Welt nichts“, so Welskop-Deffaa.

Die neue Bundesregierung zeigt auch mit Maßnahmen, die den Übergang von der Schule in die nächste Phase des Lebens begleiten: Sie will junge Menschen auf dem Weg ins Berufsleben nicht verlieren. Aktuell sind etwa 10 Prozent der 18- bis 24-Jährigen in Deutschland weder in Ausbildung noch in Arbeit, eine viel zu hohe Zahl.

Langzeitarbeitslose nicht abschreiben

Bildung ist eine Baustelle für das gesamte Leben – und niemand sollte abgeschrieben werden, nur weil er oder sie lange nicht gelernt oder gearbeitet hat. „Ich bin dankbar, dass Weiterbildung für Menschen in Arbeitslosigkeit mitgedacht wird“, so Welskop-Deffaa.

Der Vermittlungsvorrang, der Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II dazu anhält, die vom Jobcenter angebotene Stellen zu nehmen, soll wegfallen. Zurecht, denn „Was nutzt eine schnelle Vermittlung in irgendwelche Jobs, wenn es nicht gelingt, durch Weiterbildung und Umschulung die Voraussetzungen für eine nachhaltige Integration am Arbeitsmarkt zu schaffen?“, so die Caritas-Präsidentin.

Besonders begrüßt der Deutscher Caritasverband die Pläne zur vereinfachten Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen und das Bekenntnis zur Bildungsfreizügigkeit in der EU. „Bildung darf nicht in nationalstaatlichen Kästchen gedacht werden. Wir brauchen die Vielfalt der Kompetenzen und Erfahrungen, um in der globale Welt Zukunft und Zusammenhalt zu gestalten“, so Welskop-Deffaa.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 29.11.2021

SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, eine zweiwöchige vergütete Freistellung für den Vater oder die Partnerin nach der Geburt eines Kindes einzuführen. Der Deutsche Familienverband (DFV) unterstützt dieses Vorhaben. „Die Freistellung für den Partner ist eine notwendige Ergänzung des Mutterschutzes. Es stärkt den Zusammenhalt der Familie direkt nach der Geburt und verhilft zu einer engeren Bindung des Kleinkindes an beide Elternteile“, sagt DFV-Vizepräsidentin Franziska Schmidt.

Private Arbeitgeber sind gesetzlich bisher nicht verpflichtet, Vätern bezahlte Freistellung zur Geburt eines Kindes zu gewähren. Wird Sonderurlaub genehmigt, dann meist nur für einen Tag. Dadurch bleibt der Partner kurz nach der Geburt faktisch vom frühen Familienleben ausgeschlossen. Gleichzeitig müssen frischgebackene Mütter auf die erforderliche Unterstützung des Partners – beispielsweise nach einem erfolgten Kaiserschnitt – verzichten, sofern der Vater nicht seinen Erholungsurlaub beim Arbeitgeber geltend macht. „Die bezahlte Freistellung der Väter direkt nach der Geburt schließt eine jahrzehntelange Regelungslücke. Es ist unbefriedigend zu wissen, dass eine Familie mit dem frisch geborenen Kind keine geschützte Zeit für sich selbst hat“, so Schmidt.

Laut einer EU-Richtlinie sorgt die Freistellung des Partners für eine gleichmäßigere Aufteilung von Sorgearbeit zwischen den Elternteilen. Bis August 2022 sollen deshalb alle Mitgliedsstaaten „Vaterschaftsurlaub“ für die Dauer von zehn Arbeitstagen bzw. zwei Kalenderwochen entsprechend einführen. „Mit der Freistellung folgt die Ampelkoalition den Vorgaben der Europäischen Union. Noch zu klären ist die Frage der Freistellungsvergütung. Sie muss sich mindestens am Mutterschaftsgeld orientieren“, so die Vizepräsidentin.

Weitere Informationen

EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 01.12.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV) unterstützt die Ampel-Koalitionäre in ihrem Bestreben, die Grunderwerbsteuer zu reformieren und damit den Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum zu erleichtern.

„Eine Reform der Grunderwerbsteuer ist begrüßenswert und dringlich. Eine Neujustierung führt dazu, dass sich gerade Eltern mit mehreren Kindern den Wunsch nach einem familiengerechten Wohnen und nach einer Alterssicherung leisten können“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes.

Bereits die Große Koalition hatte in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, eine Reform der Grunderwerbssteuer zu prüfen. Ein konkretes Umsetzungskonzept zur Einführung eines Freibetrages in der Grunderwerbsteuer wurde nie vorgelegt. Der Deutsche Familienverband begrüßt ausdrücklich das Reformvorhaben der FDP, Bündnis 90/Die Grünen und der SPD im Koalitionsvertrag, die Grunderwerbsteuer flexibel neu zu gestalten.

„Für den DFV ist die Wiedereinführung von Familienfreibeträgen in der Grunderwerbsteuer sowie eine Begrenzung der in den letzten Jahren gestiegenen Grunderwerbsteuersätze in den Bundesländern besonders wichtig“, so Zeh. „Die Bundesländer sind hier – ebenso wie die Bundesregierung – in der Verantwortung, eine familiengerechte Lösung bei der Reform der Grunderwerbsteuer zu finden.“

Inzwischen haben die Grunderwerbsteuereinnahmen der Länder Rekordhöhen erreicht. Zum einen im Gesamtvolumen und zum anderen am prozentualen Anteil der Ländersteuern. Lag das Volumen der Grunderwerbsteuereinnahmen der Länder 2010 noch bei 5,29 Milliarden Euro, so sind sie bereits neun Jahre später um 200 Prozent auf 15,78 Milliarden Euro geklettert. 2010 beliefen sich die Gesamteinnahmen aus Ländersteuern auf 12,1 Milliarden Euro. 2019 stiegen die Einnahmen nach Angaben des Bundesministeriums für Finanzen um mehr als das Doppelte auf 25,84 Milliarden Euro. Betrug der prozentuale Anteil der Grunderwerbsteuern an den Gesamteinnahmen 2010 noch 43,7 Prozent, stieg er bis 2019 bereits auf 61,1 Prozent.

„Besonders Familien mit mehreren Kindern finden kaum geeigneten und bezahlbaren Wohnraum zur Miete. Für diese kinderreichen Familien könnte ein Eigenheim eine nachhaltige Wohn- und Lebenslösung sein. Voraussetzung wäre eine deutliche finanzielle Entlastung. Ein Steuerfreibetrag und die gleichzeitige Senkung der Grunderwerbsteuersätze sind wichtige Entlastungen für bezahlbares Familienwohnen im Eigenheim“, so Zeh weiter. „Eine Verstetigung des Baukindergeldes wäre eine weitere positive Maßnahme.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 25.11.2021

Die Vielfalt der familienpolitischen Vorhaben der neuen Bundesregierung markiert aus Sicht der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie (eaf) einen Aufbruch hin zu einer zukunftsfähigeren Familienpolitik, die mehr Unterstützung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine Verbesserung der finanziellen Situation von Kindern und Familien zum Ziel hat.

Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf, stellt fest: „Wir haben einige unserer familienpolitischen Vorschläge im Koalitionsvertrag wiedergefunden, das freut uns sehr. Bei der von der eaf stark thematisierten Zeitpolitik für Familien fehlen allerdings die mutigen Reformvorhaben beim Elterngeld und einer dynamischen Familienarbeitszeit. Wir begrüßen erste Ansätze, mit denen die neue Koalition mehr zeitlichen Spielraum für Familien schaffen möchte: Die zehntägige Freistellung des zweiten Elternteils nach der Geburt, der dreimonatige Kündigungsschutz nach der Elternzeit, die Stärkung der Brückenteilzeit und auch die geplante Weiterentwicklung der Pflegezeit schaffen deutlich verbesserte Voraussetzungen für mehr Partnerschaftlichkeit bei der Gestaltung des familiären Zusammenlebens. Jedoch vermissen wir zeitpolitische Angebote für die Zeitspanne zwischen Elternzeitende und Einschulung des jüngsten Kindes, um Eltern in der Rushhour des Lebens zu entlasten und die gemeinsame Verantwortungsübernahme für das Kind zu stärken“.

Zahlreiche weitere Forderungen der eaf finden sich ebenfalls in den familienpolitischen Vorhaben der Koalition wieder. Die eaf lenkt das Augenmerk dabei auf folgende Aspekte:

Ausbau der Infrastruktur

Die eaf begrüßt den geplanten gemeinsamen Qualitätsrahmen von Bund, Ländern und Kommunen für die Ganztagsbetreuung im Grundschulalter und die Schaffung einer Gesamtstrategie für die Sicherung des Fachkräftebedarfs im Betreuungsbereich. Für Familienbildungseinrichtungen fehlt allerdings auch weiterhin eine verlässliche, regelhafte Förderung, obwohl die stark gewachsene Bedeutung von Familienbildung und Familienberatung unstrittig ist. Hier fordert die eaf einen verbindlichen Rechtsanspruch auf Familienförderung, der die Bundesländer zum Erlass von Familienfördergesetzen aufruft.

Finanzielle Situation von Familien

Die eaf begrüßt das Anliegen der Koalitionäre, armutsbetroffene Kinder und ihre Familien kurzfristig durch einen Sofortzuschlag und zusätzlich Alleinerziehende durch eine Steuergutschrift zu unterstützen, ehe mittelfristig die neu zu schaffende Kindergrundsicherung greift. Die gewonnene Zeit kommt der geplanten Überprüfung von Wechselwirkungen mit anderen Leistungen zugute. Diese gründliche Prüfung der Schnittstellen zwischen sozialrechtlichen, steuerrechtlichen und unterhaltsrechtlichen Strukturen bei der Gestaltung der Kindergrundsicherung ist aus Sicht der eaf unabdingbar, um unbeabsichtigte Folgewirkungen zu vermeiden und alle wichtigen Zielgruppen auch wirklich zu erreichen.

Kinderrechte im Grundgesetz

Mit Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz wird aus Sicht der eaf ein wichtiges politisches Signal für eine aktivere Politik für Kinder und Jugendliche gesetzt. Dabei sollte allerdings sowohl ein Zurückfallen hinter die Regelungen der UN-Kinderrechtskonvention als auch eine Verschiebung des wohlaustarierten Grundrechtsgefüges zwischen Eltern, Kindern und Staat vermieden werden. Eine solche Lösung kann die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit erreichen, die eaf hat dafür einen gut begründeten Formulierungsvorschlag erarbeitet.

Reproduktionsmedizin

Mit zahlreichen Vorhaben im Bereich Reproduktionsmedizin reagiert die Regierungskoalition auf die fortschreitende medizinische Entwicklung auf diesem Gebiet und nimmt dabei auch neue Familienformen in den Blick. Aus Sicht der eaf muss bei Inanspruchnahme von assistierten Reproduktionsverfahren immer das Kindeswohl an erster Stelle stehen. Kinderwunsch-Paare sollten deshalb durch eine qualifizierte, niedrigschwellige und kostenlose psychosoziale Beratung unabhängig von der Beratung durch die Reproduktionsmediziner:innen dazu befähigt werden, die für sie und das Wohl des erwünschten Kindes passenden Entscheidungen zu treffen. Die eaf bemängelt, dass ein solches Beratungsangebot im Koalitionsvertrag bisher nicht vorgesehen ist und verweist auf ihre Vorschläge im Positionspapier „Kinderwunsch und Kindeswohl – Plädoyer für einen verantwortungsvollen Umgang mit Reproduktionsmedizin“.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 03.12.2021

Im vorläufigen Koaltionsvertrag ist geplant, den 2007 eingeführten Sprachnachweis vor Einreise im Ehegattennachzug abzuschaffen. Er war für zahlreiche Drittstaater:innen erforderlich, um ein gemeinsames Ehe- und Familienleben in Deutschland führen zu können. Das betraf eine Vielzahl von binationalen Familien und Partnerschaften.

„Das ist ein Erfolg für unsere Forderungen und Kämpfe. Seit 2007 haben wir immer wieder betont, dass der erzwungene Spracherwerb im Ausland Familienzusammenführung für binationale Familien und Partnerschaften verhindert. Er trennte die Paare völlig unnötig voneinander, zum Teil für Jahre“, so Chrysovalantou Vangeltziki, Bundesgeschäftsführerin Verband binationaler Familien und Partnerschaften.

Der Ehegattennachzug verlangt, dass die/der im Ausland lebende Partner:in noch vor Einreise und einem gemeinsamen Leben in Deutschland eine Prüfung in Deutschkenntnissen vorlegen muss. Trotz Bemühen und größter Motivation fielen Prüflinge durch, manchmal mehrere Male. Das ist nicht nur mit erheblichen Kosten verbunden, sondern es führt zu Frustration.

Den Berater:innen im Verband wurden in den vergangenen Jahren viele dramatische Schicksale berichtet. Manche Paare warteten Jahre, bis sie endlich in Deutschland zusammen leben konnten. Ehen zerbrachen auch daran. Sogar 16-jährige Kinder müssen zum Teil einen Sprachnachweis erbringen.

„Der Spracherwerb im Inland, das zeigen alle Studien, ist einfacher, zielführender und fördert auch die schnellere Integration. Viele unserer binationalen Paare können jetzt – zumindest teilweise – aufatmen. Wenn jetzt noch die Visaprozesse im Familiennachzug priorisiert, die Verfahren zügiger verlaufen, können in Zukunft die liebenden Paare schneller zueinander kommen“, so Vangeltziki.

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. vom 25.11.2021

pro familia begrüßt Pläne zur Stärkung der reproduktiven Selbstbestimmung

Die Ampel-Koalition hat vielversprechende Änderungen bezüglich der reproduktiven Selbstbestimmung vorgesehen. Der pro familia Bundesverband begrüßt die geplante Streichung des §219a aus dem Strafgesetzbuch und unterstützt die Initiative der Ampel Koalition, eine außerstrafrechtliche Lösung zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs voran zu bringen.

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen sieht die Streichung des §219a aus dem Strafgesetzbuch vor. Damit wird es Ärzt*innen endlich möglich sein, auf ihren Webseiten zu informieren, dass und wie sie den Schwangerschaftsabbruch in ihrer Praxis durchführen. Prozesse gegen Ärzt*innen, die ihre Patient*innen online ausführlicher aufklären wollen, werden endlich der Vergangenheit angehören.

„Wir begrüßen das Vorhaben der Koalition und freuen uns, dass die Informationsrechte von Ärzt*innen und Klient*innen gestärkt werden“, erklärt Dörte Frank-Boegner, Bundesvorsitzende von pro familia. „Damit wird eine Rechtssicherheit geschaffen und es wird verhindert, dass Gegner*innen reproduktiver Selbstbestimmung Ärzt*innen anzeigen und an den Pranger stellen können. Wir haben uns lange für die Streichung des §219a StGB eingesetzt und freuen uns, dass dieses Ziel nun bald erreicht sein wird.“

Im Kapitel „Reproduktive Selbstbestimmung“ des Koalitionsvertrags sind weitere Vorhaben aufgelistet, die schon lange auf der Wunschliste von pro familia stehen, zum Beispiel die Übernahme von Verhütungskosten für Menschen mit wenig Einkommen und diskriminierungsfreie Kinderwunschbehandlungen. Aus Sicht von pro familia sollte es für letztere zudem ausreichend neutrale und kostenfreie Beratungsangebote geben, damit Klient*innen sich gut informiert entscheiden können.

Insbesondere begrüßt pro familia die vorgesehene Einsetzung einer Kommission, die Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches prüfen wird.

„Wir freuen uns sehr, dass das Thema Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden hat“, so Frank-Boegner. „Wir haben mit vielen anderen Organisationen und Bündnissen anlässlich ‚150 Jahre §218 StGB‘ gezeigt, dass wir ein menschenrechtskonformes Gesetz brauchen, das unterstützt statt kriminalisiert. pro familia wird die weiteren Entwicklungen aufmerksam begleiten und bietet als Fachverband Unterstützung an.“

Quelle: Pressemitteilung pro familia Bundesverband vom 29.11.2021

Koalitionsvertrag der Ampel stimmt optimistisch – jetzt kommt es auf die Umsetzung an!

Der zwischen SPD, Grünen und FDP ausgehandelte Entwurf für einen Koalitionsvertrag liegt vor. Insgesamt stimmt er optimistisch und überrascht auch – wurde er doch von einem Parteienbündnis mit teils sehr heterogenen Anschauungen und Interessen entwickelt.

„Wir begrüßen das Ergebnis der Verhandlungen, die mit Blick auf die Unterschiedlichkeit der Parteien sicher nicht einfach waren. Neben den angekündigten wichtigen Schritten in Richtung einer nachhaltigen Klimapolitik sind aus unserer Sicht insbesondere die angekündigten Pläne für eine Verbesserung der Situation der Pflegeberufe, die Einführung einer Kindergrundsicherung und die Erhöhung des Mindestlohns zu begrüßen“, so Martin Adam, Präsident des Bundesverbandes privater Träger der freien Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe e.V. VPK. „Als Verband, der sich für die Belange von Kindern, Jugendlichen und deren Familien einsetzt, liegt unser Hauptaugenmerk insbesondere auf den mit der Reform des SGB VIII einhergehenden Ankündigen im Bereich des Kinderschutzes, der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sowie der Inklusion.“

Die Verbesserung des Kinderschutzes ist ein zentrales Element des Koalitionsvertrages. So soll u.a. die Arbeit des „Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs“ gesetzlich geregelt, der Nationale Rat gegen sexuelle Gewalt verstetigt und die unabhängige Aufarbeitungskommission in ihrer jetzigen Form weitergeführt werden. „Wir haben relativ schnell nach der Amtseinführung von Johannes-Wilhelm Rörig im Jahr 2016 mit diesem eine Vereinbarung unterzeichnet, in der wir uns dazu verpflichtet haben, unsere Mitglieder bei der Entwicklung und Umsetzung passender Schutzkonzepte in den Einrichtungen zu unterstützen. Daher begrüßen wir es außerordentlich, dass diesem wichtigen Amt und der Arbeit des UBSKM und dessen Team zukünftig die Anerkennung zuteil wird, die ihnen gebührt“, so Martin Adam.

Aber auch die geplanten Veränderungen im Bereich der Kostenheranziehung von Kindern und Jugendlichen stoßen auf ein positives Echo im Verband. Dieser setzt sich bereits seit Jahren dafür ein, dass Kinder und Jugendliche in Einrichtungen eigene Einkünfte komplett behalten dürfen.

„Vom angekündigten Beteiligungsprozess mit Bund, Ländern, Kommunen und Verbänden im Hinblick auf die anstehende Umsetzung der Inklusion im SGB VIII erhoffen wir uns, dass Kinder- und Jugendhilfe und Behindertenhilfe in gleichem Maße beteiligt und gemeinsam praxistaugliche Wege gefunden werden, die das wichtige Projekt Inklusion in der Praxis zum gewünschten Erfolg werden lassen. Dabei appellieren wir eindringlich an die zukünftigen Koalitionspartner und geben zu bedenken, dass echte Inklusion in der gewünschten Form ohne auskömmliche und langfristige Finanzierung nicht möglich sein wird“, so Martin Adam.

Weiterhin weist der Verband, der bundesweit rund 850 Einrichtungen der stationären, teil-stationären und ambulanten Kinder- und Jugendhilfe zu seinen Mitliedern zählt, die zum Großteil über maximal 20 Betreuungsplätze verfügen, noch auf ein dringend zu lösendes Problem hin. „Mit der Neudefinition des Einrichtungsbegriffs drohen kleinere, familienanaloge Einrichtungen zukünftig aus der Betriebserlaubnispflicht herauszufallen. Eine Entwicklung in diese Richtung ist aktuell bereits in mehreren Bundesländern erkennbar. Diese Plätze mit ihren individuellen und spezifischen pädagogischen Angeboten werden aber dringend benötigt – dies zeigt die Praxiserfahrung und die vielen Anfragen von Jugendämtern jeden Tag. Hier kommt es nun darauf an, das Gesetz nachzuschärfen und dafür zu sorgen, dass diese wichtigen Angebote auch zukünftig erhalten bleiben“, so Martin Adam. Aus Sicht des Verbandes wird das Gesetz hier dem Anliegen junger Menschen und dem Kinderschutz aktuell nicht gerecht.

„Und nicht zuletzt: Von einem Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit versprechen wir uns, dass die rechtliche Gleichstellung aller Träger von Einrichtungen in der kommenden Legislatur ihrer längst überfälligen Umsetzung ein wesentliches Stück näher kommt. Private Träger der Kinder- und Jugendhilfe leisten jeden Tag unverzichtbare, qualitätsvolle und höchst engagierte Arbeit für Kinder und Jugendliche. Deshalb erwarten wir uns von den Koalitionären mehr Unterstützung auf dem Weg zur gleichberechtigten Beteiligung aller Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Auch hier könnte die Koalition mehr Zukunft wagen“, so Adam abschließend.

Quelle: Pressemitteilung VPK-Bundesverband e.V. vom 29.11.2021

SCHWERPUNKT II: Kindergrundsicherung

Die Kindergrundsicherung ist mit vielen zentralen Eckpunkten im Koalitionsvertrag sehr konkret verankert, dies bewertet das Bündnis Kindergrundsicherung als sehr gutes Signal. Sie muss nun schnell so umgesetzt werden, dass sie vor allem Kindern aus einkommensschwachen Familien zugutekommt. Die Kindergrundsicherung ist eine umfangreiche Reform, daher muss direkt zu Beginn der Legislatur mit der Arbeit begonnen werden. Bis zur Einführung muss der Sofortzuschlag für Kinder und Jugendliche in den ersten 100 Tagen umgesetzt werden.

„Im Koalitionsvertrag werden bereits viele wichtige Kriterien der Kindergrundsicherung konkret benannt, so dass wir zuversichtlich auf die Umsetzung in dieser Legislaturperiode blicken“, erklärt dazu Prof. Dr. Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes und Sprecher des Bündnis Kindergrundsicherung, „Für uns ist zentral, dass die Kindergrundsicherung existenzsichernd und sozial gerecht ausgestaltet ist, sprich: Die Höhe der Kindergrundsicherung muss die tatsächlichen kindlichen Bedarfe verlässlich abbilden und in ihrer Verteilungswirkung untere Einkommensbereiche gezielt besserstellen. Dafür darf das Steuerrecht nicht ausgeklammert werden, das wohlhabende Familien über Freibeträge privilegiert. Alle relevanten staatlichen Leistungen müssen harmonisiert werden! Hierzu sollte eine Kommission unter Beteiligung der Zivilgesellschaft Vorschläge zur Neuberechnung des Existenzminimums und der daraus folgenden Kindergrundsicherung erarbeiten.
Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG wird seine Expertise dabei zur Verfügung stellen und den Umsetzungsprozess eng begleiten.“

Im Koalitionsvertrag sind zentrale Eckpunkte für eine Kindergrundsicherung benannt: die Bündelung einer Vielzahl von Leistungen (Kindergeld, Kinderzuschlag, Regelsatz SGB II/XII, Teile des Bildungs- und Teilhabepaketes), die einfache, unbürokratische und automatische Auszahlung, die Neuberechnung des soziokulturellen Existenzminimums sowie der perspektivische systematische Einbezug des steuerlichen Kinderfreibetrages. Bis zur Umsetzung der Kindergrundsicherung soll es einen Sofortzuschlag für Kinder geben, die Anspruch auf Leistungen gemäß SGB II, SGB XII oder Kinderzuschlag haben.

„Sobald die neue Regierung im Amt ist, muss sofort und intensiv an der Umsetzung der Kindergrundsicherung gearbeitet werden“, fordert Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes und Koordinator des Bündnisses.
„Diese Reform berührt viele Rechtsbereiche, mehrere Ressorts sind beteiligt und viele Gutachten sind nötig, z. B. die Neuermittlung des kindlichen Existenzminimums oder zur Ausgestaltung der Schnittstelle zum Unterhaltsrecht. Deshalb muss zügig mit der Vorbereitung begonnen werden, damit die Kindergrundsicherung in dieser Legislatur Wirklichkeit werden kann.
Kinderarmut ist immer noch ein akutes Problem, deshalb ist der angekündigte Sofortzuschlag dringend notwendig. Wir fordern die neue Bundesregierung auf,
einen substanziellen Zuschlag in den ersten 100 Tagen umzusetzen“, so Hilgers weiter.

Weitere Infos zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de.

Quelle: Pressemitteilung Bündnis KINDERSICHERUNG vom 02.12.2021

Die Kindergrundsicherung ist mit vielen zentralen Eckpunkten im Koalitionsvertrag sehr konkret verankert, dies bewertet das Bündnis Kindergrundsicherung als sehr gutes Signal. Sie muss nun schnell so umgesetzt werden, dass sie vor allem Kindern aus einkommens-schwachen Familien zugutekommt. Die Kindergrundsicherung ist eine umfangreiche Reform, daher muss direkt zu Beginn der Legislatur mit der Arbeit begonnen werden. Bis zur Einführung muss der Sofortzuschlag für Kinder und Jugendliche in den ersten 100 Tagen umgesetzt werden.

„Im Koalitionsvertrag werden bereits viele wichtige Kriterien der Kindergrundsicherung konkret benannt, so dass wir zuversichtlich auf die Umsetzung in dieser Legislaturperiode blicken“, erklärt dazu Prof. Dr. Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes und Sprecher des Bündnis Kindergrundsicherung, „Für uns ist zentral, dass die Kindergrundsicherung existenzsichernd und sozial gerecht ausgestaltet ist, sprich: Die Höhe der Kindergrundsicherung muss die tatsächlichen kindlichen Bedarfe verlässlich abbilden und in ihrer Verteilungswirkung untere Einkommensbereiche gezielt besserstellen. Dafür darf das Steuerrecht nicht ausgeklammert werden, das wohlhabende Familien über Freibeträge privilegiert. Alle relevanten staatlichen Leistungen müssen harmonisiert werden! Hierzu sollte eine Kommission unter Beteiligung der Zivilgesellschaft Vorschläge zur Neuberechnung des Existenzminimums und der daraus folgenden Kindergrundsicherung erarbeiten. Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG wird seine Expertise dabei zur Verfügung stellen und den Umsetzungsprozess eng begleiten.“

Im Koalitionsvertrag sind zentrale Eckpunkte für eine Kindergrundsicherung benannt: die Bündelung einer Vielzahl von Leistungen (Kindergeld, Kinderzuschlag, Regelsatz SGB II/XII, Teile des Bildungs- und Teilhabepaketes), die einfache, unbürokratische und automatische Auszahlung, die Neuberechnung des soziokulturellen Existenzminimums sowie der perspektivische systematische Einbezug des steuerlichen Kinderfreibetrages. Bis zur Umsetzung der Kindergrundsicherung soll es einen Sofortzuschlag für Kinder geben, die Anspruch auf Leistungen gemäß SGB II, SGB XII oder Kinderzuschlag haben.

„Sobald die neue Regierung im Amt ist, muss sofort und intensiv an der Umsetzung der Kindergrundsicherung gearbeitet werden“, fordert Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes und Koordinator des Bündnisses. „Diese Reform berührt viele Rechtsbereiche, mehrere Ressorts sind beteiligt und viele Gutachten sind nötig, z. B. die Neuermittlung des kindlichen Existenzminimums oder zur Ausgestaltung der Schnittstelle zum Unterhaltsrecht. Deshalb muss zügig mit der Vorbereitung begonnen werden, damit die Kindergrundsicherung in dieser Legislatur Wirklichkeit werden kann. Kinderarmut ist immer noch ein akutes Problem, deshalb ist der angekündigte Sofortzuschlag dringend notwendig. Wir fordern die neue Bundesregierung auf, einen substanziellen Zuschlag in den ersten 100 Tagen umzusetzen“, so Hilgers weiter.

Weitere Infos zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 02.12.2021

Die Kindergrundsicherung ist mit vielen zentralen Eckpunkten im Koalitionsvertrag sehr konkret verankert, dies bewertet das Bündnis Kindergrundsicherung als sehr gutes Signal. Sie muss nun schnell so umgesetzt werden, dass sie vor allem Kindern aus einkommensschwachen Familien zugutekommt. Die Kindergrundsicherung ist eine umfangreiche Reform, daher muss direkt zu Beginn der Legislatur mit der Arbeit begonnen werden. Bis zur Einführung muss der Sofortzuschlag für Kinder und Jugendliche in den ersten 100 Tagen umgesetzt werden.

„Im Koalitionsvertrag werden bereits viele wichtige Kriterien der Kindergrundsicherung konkret benannt, so dass wir zuversichtlich auf die Umsetzung in dieser Legislaturperiode blicken“, erklärt dazu Prof. Dr. Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes und Sprecher des Bündnis Kindergrundsicherung, „Für uns ist zentral, dass die Kindergrundsicherung existenzsichernd und sozial gerecht ausgestaltet ist, sprich: Die Höhe der Kindergrundsicherung muss die tatsächlichen kindlichen Bedarfe verlässlich abbilden und in ihrer Verteilungswirkung untere Einkommensbereiche gezielt besserstellen. Dafür darf das Steuerrecht nicht ausgeklammert werden, das wohlhabende Familien über Freibeträge privilegiert. Alle relevanten staatlichen Leistungen müssen harmonisiert werden! Hierzu sollte eine Kommission unter Beteiligung der Zivilgesellschaft Vorschläge zur Neuberechnung des Existenzminimums und der daraus folgenden Kindergrundsicherung erarbeiten. Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG wird seine Expertise dabei zur Verfügung stellen und den Umsetzungsprozess eng begleiten.“

Im Koalitionsvertrag sind zentrale Eckpunkte für eine Kindergrundsicherung benannt: die Bündelung einer Vielzahl von Leistungen (Kindergeld, Kinderzuschlag, Regelsatz SGB II/XII, Teile des Bildungs- und Teilhabepaketes), die einfache, unbürokratische und automatische Auszahlung, die Neuberechnung des soziokulturellen Existenzminimums sowie der perspektivische systematische Einbezug des steuerlichen Kinderfreibetrages. Bis zur Umsetzung der Kindergrundsicherung soll es einen Sofortzuschlag für Kinder geben, die Anspruch auf Leistungen gemäß SGB II, SGB XII oder Kinderzuschlag haben.

„Sobald die neue Regierung im Amt ist, muss sofort und intensiv an der Umsetzung der Kindergrundsicherung gearbeitet werden“, fordert Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes und Koordinator des Bündnisses. „Diese Reform berührt viele Rechtsbereiche, mehrere Ressorts sind beteiligt und viele Gutachten sind nötig, z. B. die Neuermittlung des kindlichen Existenzminimums oder zur Ausgestaltung der Schnittstelle zum Unterhaltsrecht. Deshalb muss zügig mit der Vorbereitung begonnen werden, damit die Kindergrundsicherung in dieser Legislatur Wirklichkeit werden kann. Kinderarmut ist immer noch ein akutes Problem, deshalb ist der angekündigte Sofortzuschlag dringend notwendig. Wir fordern die neue Bundesregierung auf, einen substanziellen Zuschlag in den ersten 100 Tagen umzusetzen“, so Hilgers weiter.

Weitere Infos zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund – Bundesverband e.V. vom 02.12.2021

SCHWERPUNKT III: Corona-Krise

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mehrere Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen, die sich gegen das vollständige oder teilweise Verbot von Präsenzunterricht an allgemeinbildenden Schulen zum Infektionsschutz („Schulschließungen“) nach der vom 22. April bis zum 30. Juni 2021 geltenden „Bundesnotbremse“ richten.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit dieser Entscheidung erstmals ein Recht der Kinder und Jugendlichen gegenüber dem Staat auf schulische Bildung anerkannt. In dieses Recht griffen die seit Beginn der Pandemie in Deutschland erfolgten Schulschließungen in schwerwiegender Weise ein, wie die in den sachkundigen Stellungnahmen dargelegten tatsächlichen Folgen dieser Maßnahmen deutlich zeigen. Diesem Eingriff standen infolge des dynamischen Infektionsgeschehens zum Zeitpunkt der Verabschiedung der „Bundesnotbremse“ Ende April 2021, zu dem die Impfkampagne erst begonnen hatte, überragende Gemeinwohlbelange in Gestalt der Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit und für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems gegenüber, denen nach der seinerzeit vertretbaren Einschätzung des Gesetzgebers auch durch Schulschließungen begegnet werden konnte.
Dafür, dass der Gesetzgeber in dieser Situation den Schülerinnen und Schülern den Wegfall von Unterricht in der Schule trotz der damit verbundenen schwerwiegenden Belastungen zumuten konnte, waren unter anderem folgende Faktoren von Bedeutung: Zu vollständigen Schulschließungen kam es – anders als bei den sonstigen Beschränkungen zwischenmenschlicher Kontakte – nicht bereits bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 im jeweiligen Landkreis oder der jeweiligen kreisfreien Stadt, sondern erst bei einem weit höheren Wert von 165. Die Länder waren verfassungsrechtlich verpflichtet, wegfallenden Präsenzunterricht auch während der Geltung der „Bundesnotbremse“ nach Möglichkeit durch Distanzunterricht zu ersetzen. Die Schulschließungen waren auf einen kurzen Zeitraum von gut zwei Monaten befristet; damit war gewährleistet, dass die schwerwiegenden Belastungen nicht über einen Zeitpunkt hinaus gelten, zu dem der Schutz von Leben und Gesundheit etwa infolge des Impffortschritts seine Dringlichkeit verlieren könnte. Schließlich hatte der Bund bereits vor Verabschiedung der Bundesnotbremse Vorkehrungen mit dem Ziel getroffen, dass etwaige künftige, auch die Schulen betreffende Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie die Schülerinnen und Schüler möglichst nicht mehr derart schwerwiegend belasten. Dazu zählen unter anderem eine vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte Studie zur Erforschung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen („StopptCOVID-Studie“) so-wie Finanzhilfen des Bundes an die Länder im Rahmen des „DigitalPaktSchule“ von insgesamt 1,5 Milliarden Euro zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Durchführung digitalen Distanzunterrichts.

Die vollständige Pressemitteilung finden Sie unter: http://www.bundesverfassungsgericht.de

Quelle: Pressemitteilung BUNDESVERFASSUNGSGERICHT vom 30.11.2021

„Dass die Kultusministerkonferenz die Bewältigung des Lehrkräftemangels aufschiebt, ist nicht vermittelbar. Der Mehrbedarf ist allerorten offenkundig und wird durch die Pandemie noch größer. Es braucht jetzt einen Fahrplan, damit schnell mehr Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter qualifiziert und eingestellt werden. Nur mit einer Personaloffensive von Bund und Ländern können wir die Förderbedarfe in der Pandemie und darüber hinaus bewältigen“, erklärt Nicole Gohlke, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, zur Tagung der Kultusministerkonferenz. Gohlke weiter:

„Die Digitalisierung der Schulen schreitet zwar voran, aber immer noch viel zu langsam. Es ist schön und gut, sich über digitale Lernstrategien zu verständigen. Diese können aber erst dann zur Anwendung kommen, wenn die Infrastruktur vorhanden ist und die Weiterbildung läuft. Lehrende und Schülerschaft wünschen sich spürbare Verbesserungen bei WLAN, Ausstattung und Qualifikation.

Für einen besseren Infektionsschutz in den Schulen erwarte ich umfassendere Corona-Maßnahmen als vom letzten Bund-Länder-Gipfel beschlossen. Allein mit einer Maskenpflicht ist die Pandemie nicht zu stoppen, und selbst eine Impffreigabe für Schulkinder würde frühestens in mehreren Monaten positive Effekte haben. Tägliche Testung und mehr Luftfilter sind überfällig. Das oberste Ziel muss es sein, das Grundrecht auf Bildung und den Gesundheitsschutz bestmöglich zu garantieren.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 09.12.2021

„Von der 200 Millionen Euro Förderung des Bundes für Luftfilter in Kitas und Schulen ist bisher kaum etwas in den Bildungseinrichtungen angekommen. Lediglich das Land Nordrhein-Westphalen konnte rund 275.000 Euro abrufen. Das geht viel zu langsam. Seit Auflage des Programms im Sommer steckt das Geld in den Mühlen der Bürokratie fest. Nun müssen die Kinder im Winter wieder bei offenem Fenster im Unterricht sitzen“, erklärt Amira Mohamed Ali, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, zur Antwort der Bundesregierung auf ihre Schriftliche Frage. Mohamed Ali weiter:

„Ursache für die Verzögerung ist das komplexe Verfahren zum Verteilen des Fördergeldes. Zunächst wird es im Rahmen von Verwaltungsvereinbarungen an die Länder übertragen. Diese müssen anschließend eigene Förderprogramme auflegen. Das ist bisher jedoch nur in Bayern, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westphalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein geschehen.

Die Bundesregierung muss, in Abstimmung mit den Ländern, eine schnellere Lösung zum Verteilen des Geldes finden. Eine Möglichkeit ist, dass die Kitas und Schulen es direkt über die nationale Förderbank KfW beantragen können. Außerdem sollten der Fördertopf aufgestockt und die Bedingungen gelockert werden. Bei der Gesundheit der Kinder darf nicht länger gespart werden. Die 200 Millionen Euro, die der Bund insgesamt zur Verfügung stellt, reichen nicht aus. Allein für die Anschaffung von mobilen Luftfiltern für alle Schulklassen in Niedersachsen wären rund 110 Millionen Euro notwendig.

Die Förderbedingungen schließen viele Schulen aus. Geld gibt es derzeit nur für Geräte, die in Räumen ohne ausreichende Lüftungsmöglichkeit aufgestellt werden. Einige Schulen verriegeln deshalb bereits ihre Fenster. Außerdem gilt die Förderung nur für Schulen, an denen Kinder bis maximal 12 Jahre unterrichtet werden, und der Bund übernimmt nur 50 Prozent der Anschaffungskosten. Damit muss Schluss sein. Die Bundesregierung muss mehr Geld in die Hand nehmen, damit alle Klassen und Kitas mit Luftfiltern ausgestattet werden können.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 03.12.2021

„Leider haben Bund und Länder für die Bildung nur ein Mindestmaß an Vereinbarungen getroffen. Solange kein Impfstoff für alle Klassenstufen freigegeben ist, müssen Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte mit allen vorhandenen Mitteln geschützt werden“, erklärt Nicole Gohlke, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die heute von Bund und Ländern beschlossene Maskenpflicht an Schulen. Gohlke weiter:

„Die Maskenpflicht allein wird nicht ausreichen, um Ansteckungen in den Schulen zu verhindern. Damit der Schutz garantiert ist, braucht es in den Bildungseinrichtungen jeden Tag kostenlos frische Masken. Warum man sich nicht darüber verständigt hat, möglichst überall kleinere Lerngruppen zu bilden, bleibt mir ein Rätsel. Mit einer täglichen Verdichtung der Tests auch für Geimpfte könnten Infektionsketten frühzeitig unterbrochen werden. Es wäre nötig gewesen, sich endlich über eine flächendeckende Ausstattung der Klassenzimmer mit Luftfiltern zu verständigen. Das alles müsste auch für Kitas und Hochschulen gelten. In zu vielen Punkten bleibt es bei einem gefährlichen Flickenteppich.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 02.12.2021

„Die Schulen gehen am Stock und das nicht erst seit der Pandemie. Der Lehrberuf gleicht einem Fulltimejob ohne Wochenenden. Lehrerinnen und Lehrer sollen fachlich, pädagogisch und digital all das ausbaden, was die verantwortlichen Ministerien verbummelt haben. Seit über einem Jahr sind sie noch dazu eine Corona-Teststation. Dass immer noch in den Sternen steht, wann alle Schulen über genügend pädagogisches Personal oder stabiles W-LAN verfügen, ist eine Armutszeugnis für die Politik“, erklärt Nicole Gohlke, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die diesjährige repräsentative Schulleiter-Umfrage „Berufszufriedenheit von Schulleitungen“. Nicole Gohlke weiter:

„Die Ampelpläne für neue Schulsozialarbeiter sind zwar schön und gut, doch sie ändern an der Überlastung in der Breite nichts. Im besten Falle bekommt jede vierte Schule eine zusätzliche Personalstelle. Das genügt hinten und vorne nicht. Wenn die Lehrer und Lehrerinnen ausgebrannt sind, wie sollen sie dann bitte gute Bildung vermitteln?

Ein ‚Jahrzehnt der Bildungschancen‘ einzuläuten, aber im Koalitionsvertrag den grassierenden Lehrkräftemangel zu ignorieren, passt nicht zusammen. Es muss schnellstens eine Personaloffensive kommen, sonst bluten die Schulen aus. 100.000 neue Lehrkräfte sind perspektivisch unumgänglich. Dafür hätte die Ampel jetzt die Weichen stellen können. Eine Aufwertung der Schulbildung ist nur durch eine dauerhafte Mitfinanzierung des Bundes zu stemmen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 26.11.2021

Eltern waren zu Beginn der vierten Corona-Welle im Oktober deutlich zufriedener mit dem Familienleben, der Kinderbetreuung und dem Leben allgemein als in den Lockdowns im vergangenen Winter und Frühjahr. Gleichzeitig äußerten sie deutlich weniger Sorgen als im April, etwa mit Blick auf die Bildung und wirtschaftliche Zukunft ihrer Kinder. Trotz vergleichsweiser hoher Inzidenzen unter jungen Menschen bei zugleich weitgehendem Präsenzbetrieb in Kitas und Schulen sind auch die Sorgen um die Gesundheit der Kinder deutlich zurückgegangen. Dies könnte darauf hindeuten, dass Eltern sich zur Zeit des eingeschränkten Kita- und Schulbetriebs auch um andere gesundheitliche Auswirkungen als die einer Covid-19-Infektion bei ihren Kindern gesorgt haben. Geöffnete Kitas und Schulen sind für Eltern und Kinder gleichermaßen wichtig. Regelmäßige Tests, eine hohe Impfquote unter den Beschäftigten und entsprechende Hygienemaßnahmen scheinen die zentralen Bausteine zu sein, um erneute Schließungen abzuwenden und einen vielschichtigen und langfristigen Einfluss selbiger auf Familien und Kinder zu minimieren.

Empirischen Analysen zufolge hatten Eltern während des ersten und zweiten coronabedingten Lockdowns ein signifikant geringeres Wohlbefinden als vor der Pandemie. Gleichzeitig machten sie sich mehr Sorgen um ihre Kinder. Demnach berichtete im Frühjahr 2021 zur Zeit der Kita- und Schul(teil)schließungen die Mehrheit der Eltern über große Sorgen um die Bildung und wirtschaftliche Zukunft der Kinder. Auch der Anteil der Eltern, die sich große Sorgen um die Gesundheit ihrer Kinder machten, war hoch.

Seit einigen Wochen nimmt die vierte Corona-Infektionswelle Fahrt auf und sorgt regelmäßig für neue Rekorde bei den täglichen Neuinfektionszahlen. Insbesondere in den jungen Altersgruppen stiegen die Inzidenzen zuletzt rasant an. Wie steht es um die Sorgen und die Zufriedenheit von Eltern mit Kindern unter 16 Jahren zu Beginn dieser vierten Welle, in der der Kita- und Schulbetrieb nahezu uneingeschränkt ist? Dieser Frage wird anhand einer aktuellen Befragung von Eltern aus der zweiten Oktoberhälfte 2021 nachgegangen. Die Ergebnisse werden mit Werten aus dem Frühjahr 2021 verglichen, die im Rahmen des FamilienMonitor_Corona des DIW Berlin in Kooperation mit infratest dimap erhoben wurden.

Die aktuellen Analysen basieren auf Befragungen der CoronaCOMPASS-Studie von infratest dimap, die vom 19. bis 29. Oktober 2021 online durchgeführt wurden, also zu Beginn der vierten Corona-Welle. Ein besonderes Merkmal der vierten Welle ist, dass insbesondere die Inzidenzen unter jüngeren Personen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung deutlich höher liegen als in früheren Phasen der Pandemie. Gleichzeitig sind im Oktober 2021 Kitas und Schulen geöffnet, mit Ausnahme von punktuellen Quarantänen. Im Vergleich zum Frühjahr ist der Anteil an Kindern, die dadurch nicht am Präsenzunterricht teilnehmen können, vergleichsweise gering. So befanden sich im Oktober weniger als 0,5 Prozent der SchülerInnen in Quarantäne.

Für den CoronaCOMPASS werden seit Beginn der Pandemie in Deutschland wahlberechtigte Personen online befragt. Die Daten erheben den Anspruch, nach Gewichtung für in Deutschland wahlberechtigte Personen mit Online-Zugang repräsentativ zu sein. Die aktuellen Ergebnisse für den Oktober 2021 basieren auf Angaben von 408 Müttern und Vätern mit Kindern unter 16 Jahren im Haushalt. Die Stichprobengröße reicht aus, um Trends nachzuzeichnen und einige Strukturanalysen mit statistisch aussagekräftigen Ergebnissen durchzuführen. Gleichwohl muss berücksichtigt werden, dass Wucht und Brisanz der vierten Corona-Welle auch aufgrund des Handelns und Äußerungen aus der Politik bis Ende Oktober noch nicht in dem Maße wahrgenommen wurden wie in früheren Infektionswellen.

Die Analysen betrachten die Sorgen von Eltern um die Bildung, die wirtschaftliche Zukunft und die Gesundheit der Kinder. Darüber hinaus wird die Zufriedenheit von Eltern mit der Kinderbetreuung, dem Familienleben und dem Leben allgemein betrachtet. Diese Maße des Wohlbefindens sind in den Sozialwissenschaften eine zentrale Untersuchungsgröße, die als ein Maß zur Messung der Wohlfahrt einer Volkswirtschaft herangezogen werden. Sie sind auch ein Maß für die Stabilität von Partnerschaften und ein Familienleben, das die Entwicklung von Kindern fördert. Dieses individuelle Wohlbefinden hängt auch signifikant mit der Bereitschaft zusammen, Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus mitzutragen.

Eltern machen sich weniger Sorgen als im Frühjahr 2021

Mitte bis Ende Oktober 2021 berichteten 84 Prozent der Eltern mit Kindern unter 16 Jahren von einigen oder gar großen Sorgen um die Bildung ihrer Kinder, 88 Prozent sorgten sich um die wirtschaftliche Zukunft der Kinder und 83 Prozent um die Gesundheit ihrer Kinder.

Wenngleich damit mehr als vier von fünf Eltern in den jeweiligen Bereichen Sorgen äußerten, haben sich die großen Sorgen zum Beginn der vierten Welle im Vergleich zum Frühjahr 2021 deutlich verringert. Während sich in der Zeit des zweiten Lockdowns mit eingeschränktem Kita- und Schulbetrieb noch mehr als jedes zweite Elternteil große Sorgen um die Bildung und wirtschaftliche Zukunft des Kindes machte, ist es nun bei weitgehendem Präsenzbetrieb in Kitas und Schulen noch gut jedes dritte Elternteil. Auch die großen Sorgen um die Gesundheit der Kinder sind gesunken – von 38 Prozent Anfang April auf 29 Prozent Ende Oktober. Dass die Sorgen um die Gesundheit der Kinder trotz steigender Inzidenzen in dieser Altersgruppe aktuell niedriger sind als zur Zeit des Lockdowns im Frühjahr, könnte darauf hindeuten, dass sich Eltern damals nicht allein um eine mögliche Covid-19-Infektion ihrer Kinder sorgten. Sie hatten zusätzlich offenbar auch die gesundheitlichen Folgen durch Eindämmungsmaßnahmen im Kopf, die etwa durch soziale Isolation bei eingeschränktem Kita- und Schulbetrieb auftreten können – und tatsächlich auch aufgetreten sind. So berichten Eltern in anderen Studien, dass ihre Kinder im zweiten Lockdown vermehrt unter psychosomatischen Beschwerden litten. Allerdings könnte die Erklärung für die geringeren Sorgen der Eltern an dieser Stelle auch sein, dass die Quote der geimpften Fachkräfte in Kitas und der Lehrkräfte in Schulen im Vergleich zum Frühjahr deutlich höher liegt und damit ein geringeres Ansteckungsrisiko für die Kinder besteht.

Im Vergleich zur ersten Aprilhälfte 2021 ist der Rückgang der großen Sorgen um die Bildung und die wirtschaftliche Zukunft der Kinder besonders ausgeprägt bei Eltern ohne Abitur. Dies könnte daran liegen, dass sie bei eingeschränktem Kita- und Schulbetrieb den Eindruck hatten, das fehlende Bildungs- und Betreuungsumfeld nicht im gewünschten Maße kompensieren zu können. Auch sind die Sorgen bei Eltern von Grundschulkindern stärker zurückgegangen als bei Eltern mit Kita-Kindern oder älteren Schulkindern. Der Rückgang der großen Sorgen um die Gesundheit war nahezu unabhängig vom Alter des Kindes, dem Geschlecht oder der Bildung der Eltern.

Zufriedenheit im Oktober 2021 auf Niveau von vor einem Jahr

Die Zufriedenheit von Müttern und Vätern wird für verschiedene Bereiche auf einer Skala von Null („ganz und gar unzufrieden“) bis Zehn („ganz und gar zufrieden“) gemessen. Im Oktober dieses Jahres lag die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung bei sechs Punkten, mit dem Familienleben bei 7,3 Punkten und die Zufriedenheit mit dem Leben im Allgemeinen bei 7,2 Punkten. Damit haben sich die Werte gegenüber dem Frühjahr 2021 deutlich erholt (Abbildung 5). Die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung und dem Familienleben lag zum Beginn der vierten Welle wieder auf dem Niveau vom November 2020, als Kitas und Schulen vor dem zweiten Lockdown noch geöffnet waren. Mit dem Leben allgemein sind Eltern zuletzt – im Vergleich zum vorherigen Pandemieverlauf – vergleichsweise zufrieden gewesen, allerdings noch deutlich unter dem Niveau vor Ausbruch der Pandemie.

Die Erholung der Zufriedenheitswerte mit Blick auf die Kinderbetreuung geht vor allem auf Eltern von Grundschulkindern zurück. Kinder in diesem Alter haben bei eingeschränktem Schulbetrieb und Distanzunterricht einen großen Betreuungsbedarf und benötigen mehr Unterstützung beim Lernen – beides ist zeitintensiv und hat zur Zeit der Schulschließungen wohl zu großen Belastungen geführt. Eltern von Grundschulkindern sind im Vergleich zu Eltern anderer Kinder auch die einzige Gruppe, bei der sich die Zufriedenheit mit dem Familienleben signifikant erholt hat. Bei einer Unterscheidung nach der Bildung der Eltern zeigt sich, dass solche ohne Abitur im Oktober im Vergleich zum April zufriedener mit der Kinderbetreuung und dem Familienleben waren (der Zuwachs der Zufriedenheit mit dem Familienleben ist im statistischen Sinne aber nicht signifikant). Die Zufriedenheit mit dem Leben im Allgemeinen ist über alle Gruppen hinweg signifikant gestiegen. Diese Erholung zeigt sich unabhängig vom Alter des Kindes, für Mütter und für Väter sowie für Eltern mit und ohne Abitur.

Fazit: Wichtigkeit geöffneter Kitas und Schulen für Eltern nicht hoch genug einzuschätzen

Eltern sind nach wie vor deutlich unzufriedener als vor der Corona-Pandemie. Das gilt mit Blick auf die Zufriedenheit mit dem Familienleben, mit der Kinderbetreuung und mit Blick auf die allgemeine Lebenszufriedenheit. Wie dieses DIW aktuell zeigt, waren die Werte im Oktober dieses Jahres, also zu Beginn der vierten Infektionswelle bei gleichzeitig geöffneten Kitas und Schulen, jedoch deutlich besser als zur Zeit der Kita- und Schulschließungen in vergangenen Lockdowns. Auch die Sorgen der Eltern, etwa um die Gesundheit ihrer Kinder, sind trotz vergleichsweiser hoher Inzidenzen vor allem unter Kindern und Jugendlichen zuletzt deutlich geringer gewesen als im April. Dies unterstreicht, dass geöffnete Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Eltern in ihrer Wichtigkeit nicht hoch genug eingeschätzt werden können. Das A und O sind entsprechende und der pandemischen Lage angemessene Hygienemaßnahmen in den Kitas und Schulen, regelmäßige Tests und eine sehr viel höhere Impfquote unter Erwachsenen, also auch bei in Kitas und Schulen beschäftigten Personen. In einem solchen Rahmen machen sich Eltern offenbar weniger Sorgen und sind zufriedener als zur Zeit der coronabedingten Lockdowns, in denen die Sorgen der Eltern um die Gesundheit ihrer Kinder offenbar auch in möglichen psychologischen Folgen der Maßnahmen für die Kinder begründet waren.

Sorgen und Wohlbefinden der Eltern haben einen vielschichtigen und langfristigen Einfluss auf Familien und Kinder. Vor diesem Hintergrund und angesichts der direkten Auswirkungen von Kita- und Schulschließungen auf die Kinder sollte die Politik mögliche erneute Maßnahmen in diese Richtung sehr sorgfältig abwägen.

Abstract

Eltern waren zu Beginn der vierten Corona-Welle im Oktober deutlich zufriedener mit dem Familienleben, der Kinderbetreuung und dem Leben allgemein als in den Lockdowns im vergangenen Winter und Frühjahr. Gleichzeitig äußerten sie deutlich weniger Sorgen als im April, etwa mit Blick auf die Bildung und wirtschaftliche Zukunft ihrer Kinder. Trotz vergleichsweiser hoher Inzidenzen unter jungen Menschen bei zugleich weitgehendem Präsenzbetrieb in Kitas und Schulen sind auch die Sorgen um die Gesundheit der Kinder deutlich zurückgegangen. Dies könnte darauf hindeuten, dass Eltern sich zur Zeit des eingeschränkten Kita- und Schulbetriebs auch um andere gesundheitliche Auswirkungen als die einer Covid-19-Infektion bei ihren Kindern gesorgt haben. Geöffnete Kitas und Schulen sind für Eltern und Kinder gleichermaßen wichtig. Regelmäßige Tests, eine hohe Impfquote unter den Beschäftigten und entsprechende Hygienemaßnahmen scheinen die zentralen Bausteine zu sein, um erneute Schließungen abzuwenden und einen vielschichtigen und langfristigen Einfluss selbiger auf Familien und Kinder zu minimieren.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 23.11.2021

 

Die Hilfsprogramme der Bundesregierung konnten Einkommen und Arbeitsplätze sichern. Frauen dürften sie aber weniger genützt haben als Männern.

Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronakrise könnten die Unterschiede zwischen den Geschlechtern vergrößert haben. So ist absehbar, dass 38 Prozent der Maßnahmen eher Männern zugutekommen als Frauen, während nur 21 Prozent mehr den Frauen als den Männern nutzen dürften. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom WSI geförderte Studie der Berliner Forscherin Regina Frey.

Die drei zentralen Corona-Hilfspakete der Bundesregierung umfassen der Untersuchung zufolge 108 abgrenzbare Einzelmaßnahmen. Dazu zählen die Ausweitung des Kurzarbeitsgeldes ebenso wie der Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende oder der Kinderbonus, die Innovationsprämie für E-Autos wie die Förderung von Gebäudesanierungen, Unterstützungszahlungen für Selbstständige oder die Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Bei 86 der Maßnahmen konnte die Forscherin einen direkten Nutzen für bestimmte Personengruppen identifizieren. Hierzu zählen beispielsweise die Milderung von Einkommensausfällen aufgrund der Schließung von Betreuungsangeboten, Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung in der akuten Krise, Investitionen, aber auch Kredite, staatliche Garantien. Die Studie beruht auf plausibilisierten Annahmen zur Wirkung der Maßnahmen, denn bisher sind kaum Auswertungen zur tatsächlichen Inanspruchnahme der Hilfen und Förderungen zugänglich. 

Ob das jeweilige Instrument Frauen und Männern annähernd gleichermaßen nutzt oder einem Geschlecht mehr nutzen kann als dem anderen, ermittelte die Forscherin anhand unterschiedlicher Parameter. Beispiel Kurzarbeitsgeld: Es wird häufiger von Männern in Anspruch genommen als von Frauen. Hinzu kommt, dass die Lohnersatzleistung einen festen Prozentsatz des ausgefallenen Nettoeinkommens ersetzt. Das ist bei vielen verheirateten Frauen niedriger als bei Männern mit gleichem Bruttoeinkommen, weil sie die besonders ungünstige Steuerklasse V haben. Zudem verdienen Frauen insgesamt im Durchschnitt weniger und arbeiten besonders häufig in Minijobs, in denen kein Anspruch auf Kurzarbeitsgeld entsteht. 

Unter dem Strich kommt die Auswertung zu dem Ergebnis, dass beide Geschlechter von 35 der 86 Maßnahmen annähernd gleich stark profitieren dürften. In 33 Fällen dürfte der absehbare Nutzen eher bei den Männern liegen. Lediglich bei 18 Maßnahmen ist zu erwarten, dass sie Frauen stärker als Männern zugutekommen. Die Maßnahmen, die eher Männern nutzen, umfassen oft ein besonders großes finanzielles Volumen. Rund zwei Drittel der eingesetzten rund 600 Milliarden Euro, die sich 78 der 86 Maßnahmen direkt zuordnen lassen, flossen oder fließen in Instrumente, die Männern erwartbar mehr nutzen als Frauen, nur 7 Prozent des Volumens kommen wahrscheinlich Frauen stärker zugute als Männern. Auch längerfristige positive Beschäftigungseffekte durch Investitionen sind vor allem in Branchen zu erwarten, in denen bislang deutlich mehr Männer als Frauen arbeiten.  

„Auch wenn die Entscheidungen unter hohem Zeitdruck erfolgen mussten, wurde die unbedingt notwendige und längst vorgeschriebene Abschätzung von Gesetzesfolgen auf die Gleichstellung ausgerechnet bei diesen Multi-Milliarden-Paketen offenbar nicht effektiv vorgenommen“, sagt WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch. Dies sei ein Beispiel für eine geschlechterblinde Politik, wie es sie im Jahr 2021 eigentlich nicht mehr geben sollte. 

Für die neue Bundesregierung gebe es in Sachen Gleichstellungspolitik viel zu tun. Dazu zählt Kohlrausch nicht nur eine bessere Evaluierung von Gesetzesfolgen, sondern auch eine Politik, die „mehr existenzsichernde Beschäftigung für Frauen“ fördere. Dazu gehöre neben weiteren Investitionen in öffentliche Kinderbetreuung und das Sozial- und Gesundheitswesen insgesamt auch der Abbau von falschen Anreizen wie der Privilegierung von Minijobs und dem Ehegattensplitting.

Impuls-Beitrag als PDF 

Quelle: Veröffentlichungen Hans-Böckler-Stiftung vom 02.12.2021

Seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie hat sich der Schulalltag für viele Kinder und Jugendliche stark verändert. Durch die Schulschließungen zur Eindämmung der Pandemie wurde Distanzlernen im Frühjahr 2020 und auch im Schuljahr 2020/2021 zu einer neuen Normalität. Im Rahmen der Studie „Corona und Du“ hat das IAB für Kinder und Jugendliche erhoben, wie der Distanzunterricht umgesetzt wurde und wie sich dieser auf die Kontakthäufigkeit zu den Lehrkräften und auf die Lernzeit der Schülerinnen und Schüler ausgewirkt hat.

Nach dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie im Frühjahr 2020 wurden Bildungseinrichtungen in ganz Deutschland geschlossen. Die Lehrkräfte mussten ihre Schülerinnen und Schüler völlig unvorbereitet aus der Distanz unterrichten. Aufgrund fehlender einheitlicher Vorgaben zum Homeschooling wurde der Distanzunterricht selbst innerhalb einzelner Schulen sehr unterschiedlich umgesetzt.

Manche Lehrkräfte setzten – gerade in der Anfangszeit des ersten Lockdowns – überwiegend auf Aufgabenblätter, die die Schülerinnen und Schüler zu Hause bearbeiten sollten. Andere versuchten, den Unterricht in Form von Videokonferenzen aufrechtzuerhalten oder Lerninhalte mithilfe von Lernvideos zu vermitteln.

Die Umsetzung des Distanzunterrichts ist auch insofern von Bedeutung, als unterschiedliche Unterrichtsmethoden sich unmittelbar darauf auswirken, wie häufig Kinder und Jugendliche Kontakt zu ihren Lehrkräften haben. Zudem scheint die Art des Distanzunterrichts einen Einfluss darauf zu haben, wie viel Zeit Schülerinnen und Schüler für die Schule verwenden. Beide Größen, die Häufigkeit des Kontakts mit den Lehrkräften und die für schulische Aktivitäten aufgewendete Zeit, dürften für den Lernerfolg im Homeschooling eine zentrale Rolle spielen. Dies gilt insbesondere für lernschwache und sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche, deren Bildungschancen sich durch die Schulschließungen weiter verschlechtern könnten.

Am Beispiel des Mathematikunterrichts lässt sich zeigen, wie sich die Durchführung des Distanzunterrichts während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 sowohl zwischen Schulformen als auch zwischen Jahrgangsstufen unterschieden hat. Für das Fach Deutsch sind die Ergebnisse weitgehend deckungsgleich und werden daher nicht explizit aufgeführt.

Die hier präsentierten Analysen zeigen: Neben der Unterrichtsmethode unterscheiden sich auch die Häufigkeit der Kontakte mit der Lehrkraft und die aufgewendete Lernzeit zwischen den einzelnen Schulformen deutlich. Die Analysen stützen sich auf Daten der im Herbst 2020 durchgeführten IAB-Studie „Corona und Du“ (CoDu) zu den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf den schulischen Bildungserwerb insbesondere von benachteiligten Kindern. Dafür wurden rund 15.000 Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern befragt (siehe Infokasten).

Den hier präsentierten Analysen liegt eine Stichprobe von 9.088 Schülerinnen und Schülern der 4. bis 9. Jahrgangsstufe zugrunde. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine Momentaufnahme der ersten Schulschließungen zwischen März und Juni 2020 handelt und etwaige Veränderungen in späteren Phasen des Homeschoolings im Rahmen der Studie nicht erfasst wurden.

Aufgabenblätter waren während des Distanzunterrichts anfangs die mit Abstand am häufigsten eingesetzte Unterrichtsmethode

Im Durchschnitt berichten 47 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler, dass sie während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 mehrmals pro Woche Aufgabenblätter per Post, E-Mail oder Onlineplattform von ihrer Lehrkraft im Fach Mathematik erhalten haben. Durchschnittlich 22 Prozent der Befragten geben an, dass ihre Lehrkraft mehrmals pro Woche Lernsoftware oder Lernvideos, beispielsweise über die Videoplattform YouTube, im Mathematikunterricht eingesetzt hat. Virtueller Unterricht per Videokonferenz fand lediglich bei circa 14 Prozent der Befragten mehrmals pro Woche statt.

Diese drei Unterrichtsmethoden wurden während des Lockdowns im Frühjahr 2020 oft miteinander kombiniert. Es zeigt sich jedoch deutlich, dass mit den Aufgabenblättern eine klassische Variante der Gestaltung des Distanzunterrichts im Vordergrund stand. Im Gegensatz dazu wurden moderne, technologiegestützte Unterrichtsmethoden wie Lernvideos, Lernsoftware oder Videokonferenzen deutlich seltener verwendet. In vielen Schulen dürfte es an der hierfür erforderlichen IT-Ausstattung oder an digitalem Know-how der Lehrkräfte gefehlt haben.

Alle drei Unterrichtsmethoden werden in den Grundschulen deutlich seltener eingesetzt als in weiterführenden Schulen

Zugleich gibt es bei der Verbreitung der jeweiligen Unterrichtsmethoden deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Schulformen: Alle drei Methoden kommen an Gymnasien sowie an Haupt- und Realschulen deutlich häufiger zum Einsatz als an Grundschulen. So arbeiteten jeweils rund 54 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler an Gymnasien sowie an Haupt- und Realschulen mehrmals pro Woche mit Aufgabenblättern, aber nur 31 Prozent der Grundschulkinder. An den Gesamtschulen lag dieser Anteil bei 46 Prozent.

Beim Einsatz von Lernvideos und Lernsoftware lagen die Haupt- und Realschulen mit 27 Prozent an der Spitze, gefolgt von Gymnasien mit 22 Prozent, Gesamtschulen mit 19 Prozent und Grundschulen mit 17 Prozent. Am seltensten fanden in allen Schulformen Videokonferenzen statt. Auffällig ist erneut der Unterschied zwischen weiterführenden Schulen und Grundschulen: Während nur knapp 8 Prozent der befragten Grundschulkinder von mehrfachen Videokonferenzen pro Woche berichteten, waren es in der Gesamtschule 15 Prozent, am Gymnasium 16 Prozent und an den Haupt- und Realschulen fast 18 Prozent.

Auch der Kontakt mit den Lehrkräften ist in den Grundschulen am geringsten

Die Häufigkeit des Kontakts mit den Lehrkräften offenbart ebenfalls erstaunliche Unterschiede zwischen den Schulformen. Insgesamt gaben knapp 35 Prozent der Befragten an, während der Schulschließungen im Frühjahr 2020 (März bis Juni) mehrmals pro Woche direkten Kontakt mit der Lehrkraft im Fach Mathematik gehabt zu haben, beispielsweise per Telefon oder per E-Mail. Während sich dieser Anteil an den Haupt- und Realschulen auf knapp 43 Prozent, an Gesamtschulen auf gut 37 Prozent und an Gymnasien auf 35 Prozent belief, bildeten auch hier die Grundschulen mit nur 23 Prozent das Schlusslicht.

Dieses Muster ist teils einem Alterseffekt geschuldet: Schülerinnen und Schüler der höheren Jahrgangsstufen (8. und 9. Klasse) hatten in rund 42 Prozent der Fälle mehrmals pro Woche direkten Kontakt mit ihrer Lehrkraft, während jüngere Altersgruppen (5. bis 7. Klasse) nur zu 35 Prozent von mehr als einem Kontakt pro Woche berichteten. Bei den Grundschulkindern waren es noch einmal deutlich weniger.

Jüngere Schulkinder sind für ihre Lehrkraft schwieriger zu erreichen als ältere, da sie auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen sind. Ältere Schülerinnen und Schüler hingegen sind eigenständiger und dürften häufiger über einen eigenen Computer und andere digitale Kommunikationskanäle wie eine eigene E-Mail-Adresse verfügen, die sie zum Lernen einsetzen können.

Die durchschnittliche Lernzeit hat sich im Distanzunterricht mehr als halbiert

Im Durchschnitt arbeiteten die befragten Kinder und Jugendlichen während der coronabedingten Schulschließung im Frühjahr 2020 3,4 Stunden pro Schultag für die Schule. Darunter fallen sowohl (digitale) Unterrichtszeiten als auch das Bearbeiten von Aufgabenblättern, Hausaufgaben oder sonstiges Lernen. Rund 30 Prozent der Befragten wendeten insgesamt weniger als 2 Stunden pro Schultag für die Schule auf, und jeweils rund 35 Prozent 2 bis 4 Stunden beziehungsweise 4 oder mehr Stunden.

Vergleicht man diese Zahlen mit den durchschnittlichen Lernzeiten vor der Covid-19-Pandemie aus einer 2020 publizierten Studie von Ludger Wößmann und Koautoren, so zeigt sich, dass in allen Schulformen während des Distanzunterrichts sehr viel weniger Zeit mit dem Lernen für die Schule verbracht wurde als vorher (durchschnittlich 3,6 versus 7,4 Stunden pro Schultag).

In der vorliegenden Befragung verwendeten Gymnasiastinnen und Gymnasiasten mit durchschnittlich 3,25 Stunden pro Schultag am meisten Zeit für die Schule. Kinder und Jugendliche, die eine Grund-, Haupt- oder Realschule besuchten, verbrachten hingegen mit durchschnittlich rund 3 Stunden pro Schultag am wenigsten Zeit mit schulischen Aktivitäten. Auch hier lassen sich Alterseffekte beobachten: Je älter die Schülerinnen und Schüler sind, desto mehr Zeit verwenden sie für schulische Aktivitäten.

Zwischen der aufgewendeten Lernzeit und der Häufigkeit, mit der verschiedene Unterrichtsmethoden im Homeschooling zum Einsatz kommen, besteht ein positiver Zusammenhang. Dies bestätigt den Befund eines im Jahr 2020 veröffentlichten Beitrags im IAB-Forum, der die Abiturjahrgänge 2020 und 2021 zum Gegenstand hatte. Abiturientinnen und Abiturienten, deren Lehrkräfte im Distanzunterricht mehrmals pro Woche Lernmaterialen einsetzten (entweder Aufgabenblätter, Lernvideos/Lernsoftware oder Videokonferenzen), wendeten mehr Zeit für die Schule auf als diejenigen, die höchstens einmal pro Woche Lernmaterialien erhielten.

Dieser Zusammenhang fällt zudem je nach Schulform unterschiedlich stark aus. Im Gymnasium ist die Differenz in der Lernzeit zwischen häufig und weniger häufig unterrichteten Schülerinnen und Schülern am größten (durchschnittlich 4 Stunden pro Schultag bei mehrmaligem Einsatz pro Woche versus 3,3 Stunden bei seltenerem Einsatz). Für Kinder und Jugendliche in der Haupt- und Realschule ist die Differenz mit durchschnittlich knapp 3 zu gut 2,8 Stunden hingegen sehr gering.

Fazit

Mit den Schließungen im Frühjahr 2020 mussten Schulen unvorbereitet von Präsenz- auf Distanzunterricht umstellen. Die Ausgestaltung des Distanzunterrichts erfolgte allerdings von Schulform zu Schulform unterschiedlich. Dies betrifft die Häufigkeit der Anwendung einzelner Unterrichtsmethoden und der Kontakte mit der Lehrkraft ebenso wie die von den Schülerinnen und Schülern aufgewendete Lernzeit, wie auch die aktuelle Metastudie von Christoph Helm und Koautoren zeigt.

Die hier ausgewertete CoDu-Studie des IAB zeigt, dass Kinder und Jugendliche von Haupt- und Realschulen am intensivsten von ihren Lehrkräften betreut wurden, gefolgt von Schülerinnen und Schülern an Gymnasien und Gesamtschulen. Demgegenüber hatten Grundschulkinder im Schnitt deutlich seltener Unterricht in Form von Aufgabenblättern, Videokonferenzen und Lernvideos/-software und seltener direkten Kontakt zu ihrer Lehrkraft. Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass jüngere Schulkinder seltener über einen Zugang zu digitaler Kommunikation verfügen. Lehrkräfte haben daher Aufgabenblätter und andere Unterrichtsmaterialien seltener, aber dafür möglicherweise in größerem Umfang, an die Eltern versandt.

Während des Lockdowns benötigten Eltern kleinerer Kinder ihre PCs und Laptops häufig selbst für das Arbeiten von zu Hause und hatten nicht immer ausreichend Zeit, ihre Sprösslinge beim digitalen Lernen zu unterstützen. Grundschulen könnten aus diesem Grund seltener Unterrichtsmethoden angewendet haben, die einen direkten Kontakt zum Schulkind erfordern. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass während der ersten Schulschließungen im Frühjahr 2020 Grundschulkinder insgesamt weniger intensiv von ihren Lehrkräften betreut wurden. Ob dies die pandemiebedingte psychische Belastung von Grundschulkindern, die für ältere Schülerinnen und Schüler belegt ist (beispielsweise in einem 2021 erschienenen Beitrag von Silke Anger und Koautoren im IAB-Forum), zusätzlich verschärft hat, lässt sich an dieser Stelle nur mutmaßen.

Die aufgewendete Lernzeit hängt nicht nur mit dem Alter der Schülerinnen und Schüler, sondern auch mit der Häufigkeit der einzelnen Unterrichtsmethoden und der Häufigkeit der Kontakte mit der Lehrkraft zusammen. Engagierte Lehrkräfte, die für ihre Klasse gut erreichbar sind und den Distanzunterricht vielfältig und in engem Kontakt mit ihren Schülerinnen und Schülern ausgestalten, scheinen einen Einfluss darauf zu haben, wie viel Zeit diese für die Schule aufbringen.

Einheitlichere Konzepte bezüglich Kontakthäufigkeit und eingesetzter Lernmaterialien sowie die Bereitstellung entsprechender Infrastruktur aufseiten der Schulen dürften daher dazu beitragen, auch im Distanzunterricht eine hohe Unterrichtsqualität für alle Schülerinnen und Schüler sicherzustellen. Um zu gewährleisten, dass gerade bei Kindern aus sozial benachteiligten Familien etwaige materielle Einschränkungen nicht den Lernerfolg behindern, muss die technische Ausstattung sowohl der Schulen selbst als auch der betroffenen Familien in den Blick genommen und die Stärkung digitaler Lernmethoden und -pädagogik forciert werden.

Studie „Corona und Du“ (CoDu)

Die Studie „Corona und Du“ (CoDu) untersucht den Bildungserwerb von Kindern und Jugendlichen während der Covid-19-Pandemie. Bundesweit nahmen im Herbst 2020 etwa 15.000 Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern an einer Online-Befragung des IAB in Kooperation mit der Universität Hamburg und dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung teil. Sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche sind in der Studie überrepräsentiert – etwa die Hälfte der befragten Kinder und Jugendlichen kommt aus Haushalten mit Leistungen aus der Grundsicherung.

Die für die Auswertung verwendete Stichprobe (n=9.088) beinhaltet Kinder und Jugendliche von der 4. Klasse bis einschließlich zur 9. Klasse. Diese gaben an, eine Grundschule, eine Hauptschule, eine Realschule, ein Gymnasium oder eine Gesamtschule zu besuchen.

Quelle: Veröffentlichungen Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit vom 08.12.2021

Familien sind die Leidtragenden der Corona-Pandemie. Im neuen Krisenstab der Bundesregierung sind sie nicht vertreten.

Seit März 2020 schultern Eltern, Kinder und Jugendliche mit großem Kraftaufwand die Folgen der Pandemie. Viele politische Entscheidungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie waren gerade für Familien sehr einschneidend, und haben sie bis an die Grenze der Belastbarkeit gebracht, mit deutlichen Folgen für ihre wirtschaftliche und gesundheitliche Situation. Dennoch werden die Probleme und Herausforderungen von Familien von der Politik bislang weitgehend ignoriert. Bis heute ist z.B. das Versprechen des Bundeskanzleramtes, einen Bundesfamiliengipfel durchzuführen, nicht umgesetzt.

Ein neu eingerichteter Corona-Krisenstab soll nun Maßnahmen zur Gesundheitssicherheit erarbeiten und umsetzen. In der Zusammensetzung dieses Gremiums finden die Bedürfnisse und Problemlagen der Familien jedoch abermals keine Berücksichtigung.

Daher fordern der Deutsche Familienverband (DFV), die Evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie (eaf), der Familienbund der Katholiken (FDK), der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV), der Verband binationaler Familien und Partnerschaften (iaf), das Zukunftsforum Familie (ZFF) sowie der Verband kinderreicher Familien Deutschland (KRFD):

„Familien sind systemrelevant. Familienexpertise gehört in den Corona-Krisenstab der Bundesregierung. Mindestens ist das Bundesfamilienministerium regelmäßig einzubeziehen“.

Die Erfahrungen aus dem vergangenen Corona-Winter haben gezeigt, dass die Belange von Familien in den Regierungsberatungen kaum eine Rolle spielen. „Familien fühlen sich von der Politik weitgehend im Stich gelassen“, stellen die Verbände übereinstimmend fest. Viele Maßnahmen, die seit Beginn der Pandemie ergriffen worden sind, haben für Eltern und ihre Kinder spürbare Folgen: Eltern schultern Betreuung und Unterstützung ihrer Kinder in weit höherem Ausmaß als vorher – im Regelfall neben der Erwerbsarbeit, soziale Beziehungen und Alltagsnetzwerke sind ausgedünnt oder ganz weggefallen und sie erleben teils deutliche finanzielle Einbußen. Die Kinder gehen mit erheblichen Bildungslücken und schlechteren Zukunftschancen in das nächste Jahr, bei vielen von ihnen häufen sich zudem psychische und physische Erkrankungen.

„Eltern und Kinder sind Leidtragende in dieser Krise. Deshalb müssen Familien in der Ausnahmesituation der Pandemie viel stärker als bisher im Fokus stehen und ihre Perspektive muss auch im Krisenstab vertreten sein“, appellieren die Familienverbände.

Familienverbände

Deutscher Familienverband (DFV)

www.deutscher-familienverband.de

evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf)

www.eaf-bund.de

Familienbund der Katholiken (FDK)

www.familienbund.org

Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV)

www.vamv.de

Verband binationaler Familien und Partnerschaften (iaf)

www.verband-binationaler.de

Zukunftsforum Familie (ZFF)

www.zukunftsforum-familie.de

Verband kinderreicher Familien Deutschland (KRFD)

www.kinderreichefamilien.de

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 03.12.2021

Familien sind die Leidtragenden der Corona-Pandemie. Im neuen Krisenstab der Bundesregierung sind sie nicht vertreten.

Seit März 2020 schultern Eltern, Kinder und Jugendliche mit großem Kraftaufwand die Folgen der Pandemie. Viele politische Entscheidungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie waren gerade für Familien sehr einschneidend, und haben sie bis an die Grenze der Belast­barkeit gebracht, mit deutlichen Folgen für ihre wirtschaftliche und gesundheitliche Situation. Dennoch werden die Probleme und Herausforderungen von Familien von der Politik bislang weitgehend ignoriert. Bis heute ist zum Beispiel das Versprechen des Bundeskanzleramtes, einen Bundesfamiliengipfel durchzuführen, nicht umgesetzt.

Ein neu eingerichteter Corona-Krisenstab soll nun Maßnahmen zur Gesundheitssicherheit erarbeiten und umsetzen. In der Zusammensetzung dieses Gremiums finden die Bedürfnisse und Problemlagen der Familien jedoch abermals keine Berücksichtigung.

Daher fordern der Deutsche Familienverband (DFV), die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf), der Familienbund der Katholiken (FDK), der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV), der Verband binationaler Familien und Partnerschaften (iaf), das Zukunftsforum Familie (ZFF) sowie der Verband kinderreicher Familien Deutschland (KRFD):

„Familien sind systemrelevant. Familienexpertise gehört in den Corona-Krisenstab der Bundes­regierung. Mindestens ist das Bundesfamilienministerium regelmäßig einzubeziehen.“

Die Erfahrungen aus dem vergangenen Corona-Winter haben gezeigt, dass die Belange von Familien in den Regierungsberatungen kaum eine Rolle spielen. „Familien fühlen sich von der Politik weitgehend im Stich gelassen“, stellen die Verbände übereinstimmend fest. Viele Maßnahmen, die seit Beginn der Pandemie ergriffen worden sind, haben für Eltern und ihre Kinder spürbare Folgen: Eltern schultern Betreuung und Unterstützung ihrer Kinder in weit höherem Ausmaß als vorher – im Regelfall neben der Erwerbsarbeit, soziale Beziehungen und Alltagsnetzwerke sind ausgedünnt oder ganz weggefallen und sie erleben teils deutliche finanzielle Einbußen. Die Kinder gehen mit erheblichen Bildungslücken und schlechteren Zukunftschancen in das nächste Jahr, bei vielen von ihnen häufen sich zudem psychische und physische Erkrankungen.

„Eltern und Kinder sind Leidtragende in dieser Krise. Deshalb müssen Familien in der Aus­nahmesituation der Pandemie viel stärker als bisher im Fokus stehen und ihre Perspektive muss auch im Krisenstab vertreten sein“, appellieren die Familienverbände.

Familienverbände

Deutscher Familienverband (DFV)

www.deutscher-familienverband.de

evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf)

www.eaf-bund.de

Familienbund der Katholiken (FDK)

www.familienbund.org

Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV)

www.vamv.de

Verband binationaler Familien und Partnerschaften (iaf)

www.verband-binationaler.de

Zukunftsforum Familie (ZFF)

www.zukunftsforum-familie.de

Verband kinderreicher Familien Deutschland (KRFD)

www.kinderreichefamilien.de

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 03.12.2021

  • VdK: Strom- und Heizkosten sind in der Grundsicherung und dem Wohngeld nicht ausreichend berechnet
  • Coronakrise führt zu explodierenden Abschlussrechnungen

Die Kosten für Heizung und Strom sind in Deutschland auf einen Rekordwert gestiegen. Haushalte mit kleinen Einkommen spüren die höheren Kosten in ihrem Geldbeutel besonders deutlich. VdK-Präsidentin Verena Bentele: „Familien, die von einem kleinen Einkommen oder von Sozialleistungen leben müssen, droht in diesem Jahr das Frieren unter dem Weihnachtsbaum. Denn für die Betroffenen bedeutet die Energiepreisentwicklung, entweder weniger Geld für Lebensmittel und Kleidung zur Verfügung zu haben, oder im Winter ihre Wohnung nicht angemessen warmhalten zu können.“

Neben den sowieso steigenden Energiepreisen wird die Coronakrise zu explodierenden Abschlussrechnungen führen. VdK-Präsidentin Bentele: „Die Menschen mussten mit ihren Kindern aus Infektionsschutzgründen lange zu Hause bleiben und haben deswegen natürlich mehr Energie verbraucht. Hinzu kommt, dass Menschen mit geringen Einkommen oft in unsanierten Wohnungen leben, die schon in normalen Jahren höhere Heizkosten verursachen als sanierte Gebäude.“

Der VdK kritisiert, dass Sozialleistungen die tatsächlichen Energiekosten der Haushalte nicht abdecken. Bentele: „Wir brauchen dringend eine Neuberechnung der Regelsätze. Der Stromanteil ist aktuell viel zu niedrig berechnet und liegt weit unter den realen Preisen. Außerdem fordert der VdK, dass in der Grundsicherung und im Hartz IV die Wohn- und Heizkosten an den tatsächlichen Kosten berechnet werden müssen.“

Damit das Wohngeld auf Dauer eine echte Entlastungsfunktion entfalten kann, fordert der VdK, dass auch die Kosten für Heizung, Warmwasser und Strom als wohngeldfähige Nebenkosten dauerhaft bei der Berechnung durch eine Energiekostenkomponente berücksichtigt werden. Der von der Koalition geplante einmalig erhöhte Heizkostenzuschuss sei ein Schritt in die richtige Richtung, reiche aber nicht aus, so Bentele. Bentele weiter: „Die Ampel-Parteien haben angekündigt, das Wohngeld stärken zu wollen. Das begrüßt der VdK. Wir wünschen uns, dass die künftige Regierung nun den notwendigen Mut aufbringt, wirksame Maßnahmen gegen Energiearmut zu ergreifen.“

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland vom 02.12.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Neue parlamentarische Staatssekretärin und parlamentarischer Staatssekretär sind Ekin Deligöz und Sven Lehmann

Anne Spiegel hat heute von Christine Lambrecht die Leitung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) übernommen.

Mit ihr startet ein Team, das sich seit langem für starke Familien, für Gleichstellung, für gesellschaftliche Vielfalt und Zusammenhalt einsetzt: Neue parlamentarische Staatssekretärin ist Ekin Deligöz, neuer parlamentarischer Staatssekretär ist Sven Lehmann. Sie folgen auf Caren Marks und Stefan Zierke. Als beamtete Staatssekretärin tritt Margit Gottstein die Nachfolge von Juliane Seifert an.

Bundesfamilienministerin Anne Spiegel: „Ich freue mich, dass ich ab heute meine Herzensthemen als Bundesfamilienministerin bewegen kann. Ich danke meiner Amtsvorgängerin Christine Lambrecht ausdrücklich und wünsche ihr für ihre neuen Aufgaben eine glückliche Hand.

Als Bundesfamilienministerin habe ich mir viel vorgenommen: Von der Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in der Corona-Pandemie, über die Stärkung der Familienzeit bis hin zu einer ambitionierten Gleichstellungspolitik.

Mit der Kindergrundsicherung will ich der Kinderarmut in Deutschland den Kampf ansagen. Bisher gab es mit rund 150 Maßnahmen einen Dschungel an Familienleistungen. Künftig soll ein Antrag zur Geburt des Kindes genügen, um Familien mit kleinem Einkommen unbürokratisch zu unterstützen. Das ist ein Paradigmenwechsel. Für die zeitnahe Unterstützung werden wir gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen Sofortzuschlag etablieren, der schnell ein Plus im Geldbeutel von etwa 2,7 Millionen Kindern und Jugendlichen aus Familien mit geringem Einkommen bringen wird.“

Christine Lambrecht, bisherige Bundesfamilienministerin und nun Bundesverteidigungsministerin: „Ich gratuliere Anne Spiegel ganz herzlich zum Amtsantritt als neue Bundesfamilienministerin. Das ist ein wunderbares Amt, in dem man ganz viel bewirken kann: für Kinder und Jugendliche, für Familien, für Frauen, für ältere Menschen, für die Stärkung unserer Demokratie und für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Dafür wünsche ich Anne Spiegel alles Gute und viel Erfolg. In den vergangenen sechs Monaten war ich sehr gern Familienministerin. Ich bin froh, dass wir mit dem Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbildung für Grundschulkinder und dem Corona-Aufholpaket bis zuletzt viel für Kinder und Familien bewegen konnten. Den hochkompetenten und hochmotivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesfamilienministeriums möchte ich herzlich danken.“

Anne Spiegel war bereits von 2016 bis 2021 Ministerin für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz. Ab Januar 2021 leitete sie daneben das Landesministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten. Seit dem 18. Mai 2021 war sie Ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität sowie stellvertretende rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin.

Ekin Deligöz, Bundestagsabgeordnete seit 1998, war stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Seit November 2020 war sie kinder- und familienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion.

Sven Lehmann ist seit 2017 Bundestagsabgeordneter der Grünen. Als queerpolitischer Sprecher setzte er sich für Vielfalt und ein selbstbestimmtes und diskriminierungsfreies Leben für alle Menschen ein.

Die neue Staatssekretärin und Amtschefin des BMFSFJ, Margit Gottstein, war zuletzt Staatssekretärin für Verbraucherschutz und Antidiskriminierung im Land Berlin. Zuvor war sie Staatssekretärin im Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen in Rheinland-Pfalz.

Die neue Bundesregierung hat sich für Kinder und Jugendliche, für ältere Menschen und Familien, für Demokratie und Engagement, für Gleichstellung und Vielfalt viel vorgenommen. Zu den zentralen Vorhaben gehören:

  • Kindergrundsicherung: Die neue Bundesregierung will mehr Kinder aus der Armut holen. Die neue Kindergrundsicherung wird bessere Chancen für Kinder und Jugendliche schaffen und vor allem diejenigen unterstützen, die am meisten Unterstützung brauchen. Bis zur tatsächlichen Einführung der Kindergrundsicherung werden von Armut betroffene Kinder mit einem Sofortzuschlag abgesichert.
  • Kinderrechte im Grundgesetz: Kinder haben eigene Rechte, die die neue Bundesregierung im Grundgesetz verankern will.
  • Inklusive Jugendhilfe: Die Bundesregierung will in einem Beteiligungsprozess mit Ländern, Kommunen und Verbänden notwendige Anpassungen zur Umsetzung der inklusiven Jugendhilfe im SGB VIII erarbeiten, diese gesetzlich regeln und fortlaufend evaluieren.
  • Vielfalt von Familien: Das Familienrecht wird modernisiert. Familien sind überall dort, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen. Damit wird es auch möglich werden, rechtlich jenseits von Liebesbeziehungen füreinander Verantwortung zu übernehmen.
  • Zeit für Familie: Die neue Bundesregierung wird Familien unterstützen, wenn sie Zeit für Erziehung und Pflege brauchen und dabei Erwerbs- und Sorgearbeit partnerschaftlich aufteilen wollen. Das Elterngeld wird vereinfacht, digitalisiert und gemeinschaftliche elterliche Verantwortung gestärkt. Die Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetze werden weiterentwickelt, um pflegenden Angehörigen mehr Zeitsouveränität zu geben, auch durch eine Lohnersatzleistung im Fall pflegebedingter Auszeiten.
  • Gleichstellung: Die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie des Bundes wird weiterentwickelt – mit einem Gleichstellungs-Check für künftige Gesetze und Maßnahmen.
  • Schutz vor Gewalt an Frauen: Die neue Bundesregierung wird das Recht auf Schutz vor Gewalt für jede Frau und ihre Kinder absichern und einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern sicherstellen. Das Hilfesystem wird bedarfsgerecht ausgebaut. Der Bund beteiligt sich an der Regelfinanzierung.
  • Demokratie und Engagement: Zur verbindlichen und langfristig angelegten Stärkung der Zivilgesellschaft wird die Bundesregierung bis 2023 nach breiter Beteiligung ein Demokratiefördergesetz einbringen. Damit stärkt die Bundesregierung die zivilgesellschaftliche Beratungs-, Präventions- und Ausstiegsarbeit sowie das Empowerment von Betroffenengruppen und schützt sie vor Angriffen.
  • Ältere Menschen: Die Bundesregierung will selbstbestimmtes Leben für ältere Menschen unterstützen und den Zusammenhalt zwischen den Generationen fördern. Menschen im Alter sollen selbstbestimmt in ihrem frei gewählten Umfeld leben können. Dafür will die Bundesregierung seniorengerechte Ansätze auf allen staatlichen Ebenen und im digitalen Raum fördern.

Weitere Informationen, Lebensläufe und Fotos der neuen Leitung des Bundesfamilienministeriums finden Sie auf www.bmfsfj.de.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 09.12.2021

Angebot des Bundesfamilienministeriums
bewährt sich in Pandemiezeiten / Hilfe auch in kritischen und belastenden Situationen

Seit dem 1. Dezember 2011 gibt es das bundesweite Pflegetelefon 030 / 20 17 91 31. Wer Informationen zu häuslicher Pflege sucht oder Fragen zu gesetzlichen Leistungen und Freistellungsmöglichkeiten hat, braucht nur zum Handy zu greifen. Das Pflegetelefon des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend berät rund um das Thema Pflege. Eingerichtet wurde die Hotline vor zehn Jahren mit dem Ziel, pflegenden Angehörigen eine niedrigschwellige Beratung zu den gesetzlichen Freistellungsmöglichkeiten vom Beruf zu ermöglichen.

Christine Lambrecht, geschäftsführende Bundesseniorenministerin: „Die meisten pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden von Angehörigen gepflegt und betreut. Gerade in der Corona-Zeit ist das eine enorme Leistung, die Familien, aber auch die Solidarität und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärkt. Rund um die häusliche Pflege stellen sich jeden Tag viele Fragen: nach gesetzlichen Leistungen, nach der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege oder nach Rat, wenn die Belastung sehr groß wird. Seit zehn Jahren sind die Beraterinnen und Berater am Pflegetelefon genau für diese Fragen da. Sie helfen auch jetzt, wenn es um die Akuthilfen für pflegende Angehörige während der Corona-Pandemie geht. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken. Alle, die Fragen haben, möchte ich ermuntern, sich an das Pflegetelefon zu wenden.“

2,33 Millionen Pflegebedürftige werden in Deutschland zu Hause und überwiegend von Angehörigen versorgt. Angehörige machen denn auch den Großteil (70%) der Anruferinnen und Anrufer beim Pflegetelefon aus; aber auch Beratungsstellen, Pflegebedürftige oder Arbeitgeber nehmen das Beratungsangebot in Anspruch. Das Pflegetelefon hat sich auch und gerade zu Zeiten der Corona-Pandemie bewährt. Das zeigt sich nicht zuletzt an der Anzahl der Anrufe, die 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent stieg.

Viele lassen sich derzeit auch zu den Akuthilfen für pflegende Angehörige beraten, denn die Corona-Krise belastet die Familien von Pflegebedürftigen zusätzlich. Die Akuthilfen sind befristet geltende gesetzliche Regelungen, die pflegenden Angehörigen die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf vereinfachen. Wer coronabedingt Angehörige pflegt oder die Pflege neu organisieren muss, kann bis zu 20 Arbeitstage (statt zuvor bis zu 10 Tage) der Arbeit fernbleiben. Erhalten Arbeitnehmer während dieser Zeit keinen Lohn, können sie ebenfalls bis zu 20 Arbeitstage Pflegeunterstützungsgeld erhalten.

Außerdem wurden Pflegezeit und Familienpflegezeit flexibler gestaltet: Pflegende Angehörige können unter erleichterten Bedingungen eine vollständige oder teilweise Arbeitsfreistellung von bis zu sechs Monaten (Pflegezeit) beziehungsweise eine teilweise Freistellung von bis zu 24 Monaten (Familienpflegezeit) in Anspruch nehmen oder nach einer Unterbrechung wieder aufnehmen.

Auch zu anderen Fragen rund um die häusliche Pflege berät das Pflegetelefon, wie zum Beispiel zu den Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung. Darüber hinaus bietet das Pflegetelefon Hilfe in kritischen und belastenden Situationen. Bei Bedarf vermitteln die Beraterinnen und Berater auch an Beratungs- und Hilfsangebote vor Ort.

Das Pflegetelefon ist von Montag bis Donnerstag zwischen 9.00 und 18.00 Uhr unter der Telefonnummer 030 20179131 und per E-Mail an info@wege-zur-pflege.de zu erreichen. Die telefonischen Beratungsgespräche sind anonym und vertraulich. Das Beratungsangebot des Pflegetelefons wird durch die Webseite www.wege-zur-pflege.de ergänzt.

Informationen zu den gesetzlichen Freistellungsmöglichkeiten sowie den Akuthilfen finden sich auch unter: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/corona-pandemie/informationen-fuer-pflegende-angehoerige

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 01.12.2021

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat eine Studie in Auftrag gegeben, die sich mit den täglichen Herausforderungen von Familien befasst, in denen Kinder mit Behinderungen bzw. einem besonderem Förderbedarf aufwachsen.

Wir möchten Sie bitten, uns dabei zu helfen, für die hier verlinkte Umfrage möglichst viele Teilnehmer*innen zu gewinnen. 

Das Forschungsprojekt zielt auf grundlegende, allgemeine und übergreifende Fragestellungen aus der Perspektive der betroffenen Eltern (bzw. Adoptiv- oder Pflegeeltern) zu den großen und kleinen Hürden im Familienalltag. Wir wollen nach brauchbaren Handlungsansätzen für wirksame und hilfreiche Unterstützungs-, Beratungs- sowie Teilhabeförderungsangebote suchen und ggf. auch weitergehenden Forschungsbedarf herausarbeiten.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 29.11.2021

Gutes Signal für Familien – Ausbau der Ganztagsbetreuung kann zügig weitergehen

Am heutigen Donnerstag berät der Deutsche Bundestag in erster Lesung der Gesetzentwurf zur Änderung des Ganztagsfinanzierungsgesetzes und des Ganztagsfinanzhilfegesetzes. Dazu erklärt die kommissarische Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Anja Weisgerber:

„Der jetzt von der Ampel-Koalition vorgelegte Gesetzentwurf entspricht weitgehend dem Gesetzentwurf, den unsere Fraktion bereits vor vier Wochen vorgelegt hatte. Wir sind froh, dass die Ampel-Koalition unseren Vorstoß jetzt aufgreift. Unser Druck hat sich ausgezahlt. Damit haben die Kommunen Planungssicherheit. Sie bleiben nicht auf den Kosten sitzen und können den Ausbau der Ganztagsbetreuung zügig weitervoranbringen. Das ist ein gutes Signal für Familien.

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ist ein Meilenstein und ein Erfolg für Familien. Auch deshalb ist die Verlängerung des Förderzeitraums für die Kommunen wichtig. Viele Familien bauen darauf, dass der Ausbau der Ganztagsbetreuung vor Ort zügig voranschreitet. Auch sie brauchen Planungssicherheit.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 09.12.2021

„Bildungsgerechtigkeit muss höchste Priorität haben. Der Großteil der Schülerinnen und Schüler ist desillusioniert und erwartet zu Recht bessere Lernbedingungen“, erklärt Nicole Gohlke, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, zum morgigen „Tag der Bildung“ sowie zu den Ergebnissen einer Forsa-Umfrage zur Schulzufriedenheit. Gohlke weiter:

„Allein durch eine langfristige Milliardenförderung des Bundes können die Schulen adäquat ausgestattet werden. Die Bildungsfinanzierung muss auf ein zukunftsfähiges Fundament gestellt werden. Der Königsteiner Schlüssel ist durch einen bundesweiten Sozialindex zu ersetzen. Nur mit einer Bund-Länder-Offensive für mehr Lehrkräfte und pädagogisches Personal können die Lernbedarfe künftig noch gedeckt werden. Die Sanierung und der Ausbau von Schulgebäuden müssen höchste Priorität haben.

Dass nach bald zwei Jahren Pandemie mehr Lehrkräfte und eine umfassende Digitalisierung immer noch auf sich warten lassen, ist nicht nachvollziehbar. Schulleitungen und Bildungsforschung schlagen seit Monaten Alarm. Immer mehr Kinder werden abgehängt und das Personal verschlissen. Wir brauchen weniger Selektion und längeres gemeinsames Lernen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 07.12.2021

Die Laufzeit des Investitionsprogramms zum beschleunigten Infrastrukturausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder in Höhe von 750 Millionen Euro soll um ein Jahr verlängert werden. Ein gemeinsamer Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP (20/190) zur Änderung des Ganztagsfinanzierungsgesetzes und des Ganztagsfinanzhilfegesetzes sieht vor, die Laufzeit über den 31. Dezember 2021 bis Ende 2022 zu verlängern. Aufgrund der Corona-Pandemie und der Hochwasserkatastrophe in einigen Regionen Deutschlands im Juli 2021 und den damit zusammenhängenden Verzögerungen bei der Lieferung von Baustoffen und Ausstattungsinvestitionen sowie der eingeschränkten Verfügbarkeit von Handwerksleistungen verzögere sich die Umsetzung der Maßnahmen des Investitionsprogramms, heißt es in der Gesetzesvorlage. Ein Abschluss der Maßnahmen innerhalb des vorgesehenen Förderzeitraums bis Ende 2021 sei deshalb vielfach nicht möglich.

Mit der Verabschiedung des Ganztagsförderungsgesetzes hatte der Bundestag einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für alle Kinder im Grundschulalter eingeführt, der ab August 2026 stufenweise umgesetzt werden soll. Ende 2020 ist außerdem das Gesetz zur Errichtung des Sondervermögens „Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter“ (Ganztagsfinanzierungsgesetz) in Kraft getreten, über das der Bund den Ländern und Kommunen zusammen mit den Mitteln aus dem ersten Investitionsprogramm Finanzhilfen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1117 vom 07.12.2021

  • Rund 160 Milliarden Euro für Bildung aus öffentlicher Hand
  • Corona-Pandemie führte unter anderem zu Mehrausgaben für Digitalisierung, Hygienekonzepte und zusätzliche Betreuungsangebote  

Die Bildungsausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden sind im Jahr 2020 auf 159,6 Milliarden Euro gestiegen. Das waren rund 9,1 Milliarden Euro oder 6,0 % mehr als 2019. In die Schulen floss 2020 mit 76,8 Milliarden Euro knapp die Hälfte (48,1 %) der öffentlichen Bildungsausgaben. 36,2 Milliarden Euro entfielen auf die Kindertagesbetreuung (22,7 %) und 33,2 Milliarden Euro auf die Hochschulen (20,8 %). Zu diesen Ergebnissen kommt das Statistische Bundesamt (Destatis) im Bildungsfinanzbericht 2021 auf Basis vorläufiger Daten der öffentlichen Haushalte.

Mehrausgaben getragen durch Bund und Länder

Getragen wurden die Mehrausgaben 2020 von Bund und Ländern. Die Länder gaben 111,8 Milliarden Euro aus und finanzierten mit 70,1 % einen Großteil der öffentlichen Bildungsausgaben. Gegenüber dem Vorjahr stiegen die Ausgaben der Länder um 6,6 Milliarden Euro (+6,2 %). Der Bund erhöhte seine Ausgaben um 3,5 Milliarden Euro (+35,2 %) auf insgesamt 13,4 Milliarden Euro. Zurückzuführen ist der starke prozentuale Anstieg der Bundesausgaben überwiegend auf Zuweisungen des Bundes an verschiedene Sondervermögen für Kindertagesbetreuung, Schulen und Bildungsförderung. Auf kommunaler Ebene lässt sich hingegen ein leichter Ausgabenrückgang beobachten. 2020 haben die Gemeinden insgesamt 34,4 Milliarden Euro und damit knapp 1 Milliarde Euro weniger als 2019 für Bildung ausgebeben (-2,7 %).

Corona-Pandemie: Anteil der öffentlichen Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt gestiegen

Auch im Bildungswesen war das Jahr 2020 stark von der Corona-Pandemie geprägt. Betroffen waren sämtliche Bildungsbereiche und Körperschaftsgruppen. Ausgabenschwerpunkte der öffentlichen Haushalte im Bildungswesen stellten dabei unter anderem die Digitalisierung von Bildungseinrichtungen, die Umsetzung von Hygienekonzepten, die Schaffung zusätzlicher Bildungs- und Betreuungsangebote sowie die Kompensation unvorhergesehener Mindereinnahmen dar.

Deutlich feststellen lässt sich der Einfluss der Corona-Pandemie auch bei Betrachtung des Anteils der öffentlichen Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP). Gegenüber dem Vorjahr ist hier der Anteil am BIP auf 4,8 % gestiegen (2019: 4,4 %). Erklärbar ist dieser Anstieg durch den pandemiebedingten Rückgang des nominalen BIP bei gleichzeitig steigenden Bildungsausgaben. Hingegen war beim Anteil der öffentlichen Bildungsausgaben am öffentlichen Gesamthaushalt ein leichter Rückgang auf 20,8 % zu verzeichnen (2019: 21,5 %).

Weitere Informationen:
Das Statistische Bundesamt erstellt den Bildungsfinanzbericht jährlich im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie der Kultusministerkonferenz. Neben den öffentlichen Bildungsausgaben (Kapitel 3 und 4) enthält der Bildungsfinanzbericht auch die Bildungsausgaben in Abgrenzung des Bildungsbudgets (Kapitel 2) sowie in internationaler Abgrenzung (Kapitel 5).

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 09.12.2021

  • Töchter verlassen das Elternhaus früher: 21 % der 25-Jährigen in Deutschland lebten 2020 bei den Eltern, bei den Söhnen waren es 35 % 
  • Ausnahme Schweden: Überall sonst in der EU zogen Söhne später aus als Töchter 
  • EU-Vergleich: Durchschnittsalter bei Auszug in Deutschland mit 23,8 Jahren etwas niedriger als im EU-Durchschnitt   

Viele junge Erwachsene wohnen noch bei ihren Eltern. Im Jahr 2020 lebte mehr als ein Viertel (28 %) der 25-Jährigen in Deutschland noch im elterlichen Haushalt, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Die Söhne lassen sich mit dem Auszug etwas mehr Zeit: Im Alter von 25 Jahren lebten noch gut jeder Dritte (35 %) bei den Eltern. Bei den Töchtern war es gut jede fünfte (21 %).

Der Unterschied zwischen den Geschlechtern bleibt auch im fortschreitenden Alter bestehen. Mit 30 Jahren wohnten immerhin noch 13 % Prozent der Männer als lediges Kind mit im Elternhaushalt, jedoch nur 6 % der Frauen. Im Alter zwischen 30 und 40 Jahren reduzieren sich diese Anteile noch einmal deutlich: Mit 40 Jahren wohnten nur noch 4 % der Männer und rund 2 % der Frauen bei den Eltern.  

EU-Vergleich: Auszug aus dem Elternhaus erfolgt in Deutschland relativ zeitig  

Nach Angaben des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) lag das durchschnittliche Alter beim Auszug aus dem Elternhaus in Deutschland 2020 mit 23,8 Jahren etwas niedriger als im EU-Durchschnitt (26,4). Vor allem in den nordeuropäischen Ländern ziehen Kinder früh von zu Hause aus. Mit 17,5 Jahren hatte Schweden das niedrigste Auszugsalter. Auch in Dänemark (21,2 Jahre) und Finnland (22,0 Jahre) verließen Kinder das Elternhaus vergleichsweise früh.   

Im Gegensatz dazu ist das Auszugsalter in den süd- und osteuropäischen Ländern vergleichsweise hoch. Der höchste durchschnittliche Wert wurde mit 32,4 Jahren in Kroatien gemessen. Aber auch in der Slowakei (30,9), in Italien und Malta (je 30,2) sowie Portugal (30,0) zogen Kinder spät bei den Eltern aus.   

Überall in der EU, mit Ausnahme Schwedens, zogen Töchter früher aus als Söhne. In Deutschland betrug das durchschnittliche Alter beim Auszug aus dem Elternhaus 2020 bei Frauen 23,0 Jahre und bei Männern 24,6. Zum Vergleich: Im EU-Durchschnitt lag das durchschnittliche Alter bei Auszug bei Frauen 25,4 Jahren und Männern bei 27,4 Jahren.

Methodische Hinweise:

Die Daten stammen aus dem Mikrozensus, der 2020 neu gestaltet wurde. Die Ergebnisse sind mit den Vorjahren nur eingeschränkt vergleichbar. Ausführliche Informationen zu den Änderungen sowie den Auswirkungen der Neugestaltung und der Corona-Krise auf den Mikrozensus 2020 sind auf der eigens eingerichteten Themenseite verfügbar. Ab dem Erhebungsjahr 2020 gibt es zwei Ergebnisarten: Erst- und Endergebnisse. Die aktuell dargestellten Ergebnisse sind Erstergebnisse.

Die Daten zum EU-Vergleich stammen aus der Eurostat-Datenbank.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 02.12.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt warnt vor den Folgen gestiegener Verbraucherpreise für finanziell schlechter gestellte Haushalte. Es drohen Strom- und Gassperren auch in den kalten Monaten, aber auch ein „gesundes“ Leben wird immer teurer. Betroffen sind Hartz-IV-Beziehende und Menschen mit niedrigem Einkommen. Dazu erklärt Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt:

„Preissteigerungen treffen Menschen mit wenig Geld besonders hart. Werden die Lebenskosten teurer, fressen sie kleine Einkommen besonders schnell auf. Beim Regelbedarf sehen wir, dass der sowieso schon auf Kante genäht ist – Preissteigerungen können davon nicht abgedeckt werden. Wenn also, wie beschlossen, der Regelsatz für eine alleinstehende Person im kommenden Jahr um nur 3 Euro steigen wird, kommt das de facto einer Leistungskürzung gleich. Kurzfristig braucht es umgehend einen Zuschlag, langfristig muss der Regelsatz anders berechnet werden, um Preissteigerungen besser abzubilden.“

Die Pandemie und notwendige Schutzmaßnahmen haben zusätzlich den finanziellen Druck erhöht, so Groß weiter: „Das Leben hat sich mehr und mehr in die eigene Wohnung verlagert und den Energiebedarf dort entsprechend erhöht. Hygienemittel wie Desinfektion und Masken schlagen außerdem teuer zu Buche. Die Strom- und Gassperren, von denen viele Menschen betroffen sind, sind zudem jetzt in den Wintermonaten besonders gefährlich. Allein im Vorjahr gab es davon eine viertel Million. Die neue Bundesregierung muss hier schnell handeln und dafür Sorge tragen, dass die steigenden finanziellen Belastungen sozial abgefedert werden und auch Menschen mit geringem Einkommen und Menschen, die Grundsicherung beziehen, gesund und nachhaltig leben können.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 07.12.2021

Franz Müntefering nach sechs Jahren verabschiedet

Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen hat eine neue Vorsitzende. Die Gewerkschafterin und frühere saarländische Ministerin Dr. Regina Görner wurde von der Mitgliederversammlung der BAGSO für die nächsten drei Jahre an die Spitze des Dachverbandes gewählt. Sie löst Franz Müntefering ab, der die BAGSO sechs Jahre lang als Vorsitzender geführt hat. Der frühere SPD-Politiker und Bundesminister hatte nicht erneut für den Vorstand kandidiert.

Regina Görner dankte Franz Müntefering auf der Mitgliederversammlung und würdigte seine Verdienste. Müntefering habe unermüdlich auf das Recht und die Verantwortung der Älteren hingewiesen, sich einzumischen und mitzugestalten. Der Geschäftsführer der BAGSO, Guido Klumpp, hob hervor, dass Müntefering die BAGSO für zentrale gesellschaftspolitische Themen wie Klimaschutz und Erhalt der Demokratie geöffnet und damit die Verantwortung der Älteren für die nachfolgenden Generationen sichtbar gemacht habe.

Mit Regina Görner folgt eine erfahrene Sozial- und Gesundheitspolitikerin im Vorsitz der BAGSO. Görner war von 1999 bis 2004 Ministerin für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales im Saarland. Sie war 10 Jahre lang geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und später in gleicher Funktion bei der IG Metall. Von 2000 bis 2016 gehörte sie dem Bundesvorstand der CDU an. Regina Görner engagiert sich seit 2015 im Vorstand der BAGSO. 2018 wurde sie zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Zusammen mit Dr. Heidrun Mollenkopf leitete sie die Fachkommission Digitalisierung.

Neben Regina Görner, die auf Vorschlag des DGB gewählt wurde, gehören dem neuen geschäftsführenden Vorstand Michael Griffig (Kolpingwerk) und Jens-Peter Kruse (Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit in der EKD) an. Als Beisitzerinnen und Beisitzer wurden Katrin Markus (Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen), Hermann Allroggen (Arbeiterwohlfahrt Bundesverband), Sebastian Wegner (Volkssolidarität Bundesverband) und Margit Hankewitz (Sozialwerk Berlin) gewählt.

Die Mitgliederversammlung dankte auch den weiteren scheidenden Mitgliedern des Vorstandes. Rudolf Herweck engagierte sich seit 2007 für die BAGSO, seit 2014 gehörte er dem Vorstand an. Irmtraut Pütter war seit 2009 kooptiertes Vorstandsmitglied.

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. vom 07.12.2021

BAGSO veröffentlicht auf dem 13. Deutschen Seniorentag Hannoversche Erklärung

Die älteren Generationen wollen sich mitverantwortlich an der Lösung der anstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen beteiligen. Das ist die zentrale Botschaft der „Hannoverschen Erklärung“, die die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen gemeinsam mit ihren 125 Mitgliedsverbänden zum 13. Deutschen Seniorentag veröffentlicht hat. Neben einem klaren Bekenntnis zum Klimaschutz und zum Erhalt der Lebensgrundlagen als Aufgabe aller Generationen gelte es, mehr Gerechtigkeit zu schaffen. „Wir Älteren und Alten wollen unsere vielfältigen Erfahrungen in die Gestaltung einer nachhaltigen und lebenswerten Zukunft einbringen und unseren Beitrag zu einer lebendigen Zivilgesellschaft leisten“, heißt es in der Erklärung.
Die zunehmende gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt wird von den BAGSO-Verbänden als Bereicherung und als Herausforderung beschrieben. Sie erfordere es, das Gemeinsame und Verbindende zu suchen. „Wir werden mit Zuversicht und gegenseitigem Vertrauen weiter an einer Gesellschaft arbeiten, die allen gleiche Chancen und Entfaltungsmöglichkeiten einräumt, egal zu welcher Generation oder sozialen Gruppe sie gehören“, so die Erklärung.

Zentrale seniorenpolitische Herausforderungen
Der Vorsitzende der BAGSO, Franz Müntefering, unterstrich bei der Vorstellung der Hannoverschen Erklärung, dass es gute Rahmenbedingungen brauche, damit sich Ältere gesellschaftlich einbringen können und gehört werden. „Den Kommunen kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Sie müssen finanziell in die Lage versetzt werden, Angebote zu Begegnung und Engagement für alle zu fördern“, sagte Müntefering. Auch digitale Teilhabe älterer Menschen müsse gestärkt werden, so die stellvertretende Vorsitzende der BAGSO, Dr. Regina Görner. Dazu brauche es digitale Erfahrungsorte für ältere Menschen, wie sie zum Beispiel im Rahmen des DigitalPakt Alter gefördert werden. In der Pflege sei es wichtig, neben der stationären Pflege auch die pflegenden Angehörigen zu stärken. Um die Diskriminierung älterer und jüngerer Menschen zu verhindern, fordert die BAGSO zudem die Aufnahme des Merkmals Lebensalter in Artikel 3 Grundgesetzes.

Gute Resonanz auf digitalen Deutschen Seniorentag
Der 13. Deutsche Seniorentag wurde in kurzer Zeit in eine rein digitale Veranstaltung umgewandelt. Zur Halbzeit zieht die BAGSO als Veranstalter eine positive Zwischenbilanz. An den bisher rund 45 Veranstaltungen nahmen in etwa genauso viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer teil, wie in Präsenz erwartet worden waren. Besondere Publikumshighlights am ersten Tag waren, neben der Festveranstaltung mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, ein Gespräch mit Franz Müntefering und Uschi Glas sowie eine Veranstaltung zur kommunalen Seniorenarbeit der Landesvereinigung für Gesundheit Niedersachsen. Der Deutsche Seniorentag dauert noch bis Freitag an. Das Programm ist auf www.deutscher-seniorentag.de einsehbar.

Zur Hannoverschen Erklärung

Zu den Pressefotos

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. vom 25.11.2021

Mahnender Hinweis auch an deutsche Bundesregierung versprochene Reform im Abstammungsrecht zügig anzugehen

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat heute, am 14.12.2021, über einen Fall zur Frage der Anerkennung der Freizügigkeit von Regenbogenfamilien innerhalb der Europäischen Union entschieden (EuGH-Entscheidung). Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist bahnbrechend für Regenbogenfamilien in der ganzen EU. Sie macht deutlich, dass die EU-Mitgliedsstaaten das Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU für alle Kinder von EU-Bürger*innen schützen müssen: Selbst dann, wenn sie Regenbogenfamilien die rechtliche Anerkennung bei sich weiter verweigern. Der EuGH zwingt damit die EU-Mitgliedstaaten, im Rahmen des internationalen Privatrechts die personenstandsrechtlichen Entscheidungen anderer EU-Staaten anzuerkennen und die daraus folgenden Rechte wie etwa den Zugang zur Staatsangehörigkeit zu gewährleisten. 

Der EuGH unterstützt damit die EU-Kommission, die im Rahmen ihrer LSBTIQ-Gleichstellungsstrategie eine Gesetzgebungsinitiative zur gegenseitigen Anerkennung von Elternschaft in Regenbogenfamilien vorlegen möchte. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert schon lange, dass die EU-Kommission rechtliche Lücken in der Frage der Freizügigkeit und gegenseitigen Anerkennung von Familien mit gleichgeschlechtlichen bzw. transgeschlechtlichen Eltern innerhalb der EU schließt. 

Das Urteil ist auch ein mahnender Hinweis Richtung Deutschland. Nach jetziger Rechtslage hätte auch Deutschland die spanische Geburtsurkunde nicht anerkannt und dem Kind keinen Pass ausgestellt, wenn die beiden Mütter nicht angegeben hätten, wer von beiden die leibliche Mutter ist. Denn trotz Eheöffnung gilt nach deutschem Recht bei der Geburt eines Kindes nur die leibliche Mutter als Mutter. Die Ehefrau muss das Kind als Stiefkind adoptieren, um rechtlich als Elternteil anerkannt zu sein. In ihrem Koalitionsvertrag hat die neue Bundesregierung versprochen, das Abstammungs- und Familienrecht zu reformieren und damit auch Regenbogenfamilien besser abzusichern. Dieses Versprechen gilt es zügig einzulösen. Der LSVD fordert die gesellschaftliche Anerkennung und rechtliche Absicherung der Vielfalt an gelebten Familienformen wie Zwei-Mütter-Familien, Zwei-Väter-Familien, Mehrelternfamilien oder Familien mit trans- und intergeschlechtlichen Eltern.

Hintergrund

Für Regenbogenfamilien kann eine Reise oder ein Umzug innerhalb der EU zum echten Problem werden: In zahlreichen EU-Mitgliedstaaten kann gleichgeschlechtlichen Paaren die rechtliche Anerkennung als gemeinsame Eltern ihrer Kinder verweigert werden. Dann haben die im Land des bisherigen Aufenthaltes rechtlich etablierten familiären Bindungen zwischen Kindern und Elternteilen keinen Bestand mehr, wenn eine Regenbogenfamilie beim Wechsel des Lebensmittelpunktes eine nationale Grenze überschreitet. Das kann für die betroffenen Kinder zu erheblichen Benachteiligungen führen, etwa wenn sie wegen eines Umzugs ihrer Familie Unterhalts- und Erbschaftsrechte verlieren. Darüber hinaus entstehen den Familien häufig sozial- und steuerrechtliche Nachteile.

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 14.12.2021

WEITERE INFORMATIONEN

Ob Pandemie, Klimawandel, Kinderarmut, Demokratiefragen oder Geschlechtergerechtigkeit – der Sozialstaat und die Zivilgesellschaft müssen gestärkt werden. Die Kosten der Pandemie dürften nicht durch Sparpolitik und Leistungskürzungen refinanziert werden. Die AWO entwickelt Ideen, um die Zukunftsfragen – Ungleichheiten, Demokratiefragen, Digitalisierung, Klimaschutz oder demographischer Wandel – sozial und nachhaltig zu beantworten. Unabdingbar sind dabei eine sozial gerechte Verteilung der Lasten und eine Politik, die Zukunft entschlossen gestalten möchte.

Die AWO Ansicht ist das Magazin des AWO Bundesverbandes. Es erscheint alle drei Monate und beleuchtet jeweils ein sozial- und gesellschaftspolitisches Thema. Dabei wird fundiert analysiert und meinungsstark kommentiert. 

Die inhaltliche Klammer eines jeden Heftes bilden die „AWO Ansicht“ und „AWO Außenansicht“. Dazwischen finden Sie zu Beginn jeder Ausgabe einen kurzen Überblick zu aktuellen AWO-Aktivitäten mit Zahlen und Fakten. Anschließend folgt immer der Themenschwerpunkt eines Heftes mit Interviews, Porträts, Reportagen und Berichten aus der Praxis.

Weitere Informationen

Wie können wir die Erfahrungen aus der Pandemie nutzen, um für Familien in Zukunft krisensichere Rahmenbedingungen zu schaffen? Dieser Frage sind wir während unserer Jahrestagung am 15. und 16. September 2021 nachgegangen.

Am ersten Tag warf Prof Sascha Dickel mit uns einen kommunikations- und mediensoziologischen Blick auf die Krise und Landesbischof Ralf Meister erzählte, wie die Kirche Familien erreichen kann – auch und gerade in der Krise.

Am zweiten Tag fasste Dr. Inga Laß zusammen, wie Familien die Krise erlebt haben und vor welchen Herausforderungen sie standen und stehen. Mit Prof. Sabine Walper schauten wir dann nach vorn: Welche Schwerpunkte sollte Familienpolitik zukünftig setzen?

Moderiert von Eva Brackelmann, Geschäftsführerin der eaf Sachsen, diskutierten im Anschluss Petra Mackroth vom BMFSFJ, Jana Laske von der MBL Maschinenbau Lieb GmbHSascha Verlan und Prof. Sabine Walper darüber, wie Care-Arbeit in Familie und Gesellschaft mehr gewürdigt und gerechter geteilt werden kann.

Anschließend gab es in Workshops Einblicke in die Praxis aus Familienbildung, Familienerholung, Kirchgemeinden und regionalen Netzwerken.

Die Dokumentation finden Sie unter: Familienpolitik krisensicher gestalten – Dokumentation der Jahrestagung 2021 – eaf (eaf-bund.de)

Eurofound hat den Bericht Impact of COVID-19 on young people in the EU (en) veröffentlicht, der die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf junge Menschen in der EU thematisiert. Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie werden ebenso wie Handlungsempfehlungen für die Politik in einer Zusammenfassung (de/en) aufgelistet.

Dieses Gutachten untersucht einen Reformvorschlag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Einführung einer Kindergrundsicherung. Ziel des Reformvorschlags ist es, Familien materiell besser zu stellen und die Bezugsmöglichkeiten von Leistungen zu vereinfachen.

Kernelemente des Reformvorschlages umfassen zum einen eine Zusammenlegung von derzeit verschiedenen Transferleistungen für Familien in eine Kindergrundsicherung. Im Zuge dessen werden die kinderbezogenen Leistungen vom Arbeitslosengeld II entkoppelt. Zum anderen beinhaltet das Konzept eine allgemeine Anhebung der Leistungshöhe im niedrigen und mittleren Einkommensbereich.

Der Reformvorschlag bietet insbesondere für Familien mit Kindern in den unteren Einkommensdezilen signifikante Verbesserungen hinsichtlich des verfügbaren Haushaltseinkommens. Damit lässt sich auch das Armutsrisiko deutlich reduzieren.

Negative Arbeitsangebotseffekte tragen zu den hohen Kosten des Reformvorschlags bei. Bei der Ausgestaltung des Reformvorschlages ergeben sich Gestaltungsspielräume bei der Höhe einer  Abschmelzgrenze sowie einer Abschmelzrate. Die negativen Arbeitsanreize fallen bei geringerer Transferentzugsrate und höherer Abschmelzgrenze verhältnismäßig schwächer aus.

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 14/2021

AUS DEM ZFF

Gemeinsam mit zahlreichen weiteren Verbänden und Einzelpersonen fordert das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) die Aufnahme eines KiTa-Bundesqualitätsgesetzes in den Koalitionsvertrag.

Das Bündnis aus 38 Verbänden und diversen Einzelpersonen steht unter der Federführung von Arbeiterwohlfahrt Bundesverband (AWO), Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und dem Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK)–Bundesverband. In einem gemeinsamen Positionspapier wird gefordert, Rahmenbedingungen wie eine bessere Fachkraft-Kind-Relation, mehr Zeit für Leitungsaufgaben und die mittelbare pädagogische Arbeit länderübergreifend verbindlich in einem Bundesqualitätsgesetz festzuschreiben. Die Finanzierung dieser Maßnahmen für eine gute frühkindliche Bildung muss dauerhaft gesichert werden, um das Recht eines jeden Kindes auf eine hochwertige Bildung, Erziehung und Betreuung nachhaltig zu garantieren und die Arbeitsbedingungen der pädagogischen Fachkräfte deutlich zu verbessern.

Die Pressemitteilung des Bündnisses sowie das gemeinsame Positionspapier finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 25.10.2021

Anlässlich der heute beginnenden Koalitionsverhandlungen unterstützt das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) den Appell des Bündnisses „Sorgearbeit fair teilen“, die gerechte Verteilung von unbezahlter Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern als eigenständiges Ziel im Koalitionsvertrag zu verankern.

Das zivilgesellschaftliche Bündnis Sorgearbeit fair teilen wendet sich zu Beginn der Koalitionsverhandlungen an die verhandelnden Parteien und fordert einen gleichstellungspolitischen Aufbruch für die faire Verteilung unbezahlter Sorgearbeit, damit Frauen über den gesamten Lebensverlauf ein existenzsicherndes Einkommen erwirtschaften können und Männer mehr Sorgearbeit übernehmen.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF und Mitglied im Bündnis Sorgearbeit fair teilen, erklärt dazu: „Viele junge Familien wünschen sich eine gleichberechtigte Aufteilung bei der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder, scheitern jedoch bei der Umsetzung. Während ein Großteil der Paare bis zur Geburt des ersten Kindes bezahlte und unbezahlte Arbeit relativ gleichmäßig aufteilt, übernehmen Mütter danach den Hauptteil der Sorgearbeit. Im Gegensatz dazu erhöhen viele Väter ihre Arbeitszeit im Beruf. Es ist dringend an der Zeit, gute Rahmenbedingungen für eine gleichberechtigte Teilhabe an familiärer Sorge, aber auch am Erwerbsleben zu schaffen. Wir fordern die verhandelnden Parteien auf, diese Herausforderungen anzugehen und gute und gerechte Rahmenbedingungen für Familien im Koalitionsvertrag zu verankern!“

Die vollständige Pressemitteilung zum Appell finden Sie hier.

Das ZFF ist einer von 13 Mitgliedsverbänden des im Sommer 2020 gegründeten zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Sorgearbeit fair teilen“. Das Bündnis setzt sich für die geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit im Lebensverlauf ein. Seine Mitgliedsverbände haben sich zum Ziel gesetzt, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft für den Gender Care Gap und seine Auswirkungen zu sensibilisieren und sich für die Schließung der Sorgelücke einzusetzen.

Weitere Informationen zum Bündnis „Sorgearbeit fair teilen“ unter: www.sorgearbeit-fair-teilen.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 21.10.2021

Anlässlich der heute beginnenden Koalitionsverhandlungen fordert das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) die verhandelnden Parteien gemeinsam mit dem Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG dazu auf, Eckpunkte für eine einfache, stigmatisierungsfreie und unbürokratische Kindergrundsicherung im Koalitionsvertrag festzulegen.

Britta Altenkamp Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Wir haben die Aufnahme der Kindergrundsicherung im Sondierungspapier begrüßt, jetzt kommt es darauf an, dass die verhandelnden Parteien Eckpunkte für eine Kindergrundsicherung festlegen, die ihren Namen wirklich verdient. Gemeinsam mit dem Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG setzen wir uns für eine Ausgestaltung ein, die Kinder- und Familienarmut wirksam bekämpft. Die kommende Bundesregierung hat es in der Hand, endlich eine sozial gerechte Familienförderung zu schaffen und allen Kindern und Jugendlichen ein Aufwachsen in Wohlergehen zu garantieren – nutzen Sie diese Chance!“ 

Die gemeinsame Pressemitteilung des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG mit den zentralen Eckpunkten für eine Kindergrundsicherung finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 21.10.2021

Kampagne #4JahreGegenKinderarmut

Vier Wochen lang haben 61 Verbände, Gewerkschaften, zivilgesellschaftliche Organisationen sowie Einzelpersonen gemeinsam auf verschiedene Dimensionen von Kinderarmut aufmerksam gemacht und konkrete Maßnahmen für die kommende Legislaturperiode gefordert.   

Armut als strukturelles Problem, Anspruch auf gleichwertige Lebensverhältnisse, Teilhabe und ein auskömmliches Existenzminimum, niedrigschwellige und unbürokratische Leistungen – so vielschichtig wie die verschiedenen Dimensionen von Kinderarmut, so umfassend müssen auch die politischen Lösungen ausfallen. In der Gemeinsamen Erklärung „Vier Jahre Zeit, um Kinderarmut endgültig zu beseitigen!“ fordern die unterzeichnenden Organisationen des Ratschlag Kinderarmut, Armut von Kindern und Jugendlichen nicht länger hinzunehmen und entschlossene Maßnahmen im Koalitionsvertrag zu verankern. Dazu zählen eine grundlegende Reform der Leistungen für Kinder, Jugendliche und ihre Familien, ihre umfassende Beteiligung sowie die Sicherstellung sozialer Infrastruktur. Ebenso brauchen Kinder und Jugendliche eine intensive Begleitung zurück in ihren Kita- und Schulalltag und psycho-soziale Unterstützung bei der Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie.

Die Kampagne unter dem Hashtag #4JahreGegenKinderarmut ist in den Sozialen Medien auf breite Resonanz gestoßen. Die große Zustimmung, die die Bekämpfung der Armut von Kindern und Jugendlichen in der Bevölkerung sowie über Parteigrenzen hinweg erfährt, ist auch ein Handlungsauftrag an die politischen Verhandlungspartner*innen der Parteien: Den Versprechen der Wahlprogramme müssen jetzt Taten folgen. Die Verankerung konkreter Maßnahmen gegen Kinderarmut im Koalitionsvertrag ist dazu der erste wichtige Schritt.  

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Armut von Kindern und Jugendlichen muss endlich beseitigt werden. Darüber ist sich die Mehrheit der Bevölkerung – auch über Parteipräferenzen hinaus – einig, das zeigt auch die breite positive Resonanz auf die Kampagne #4JahreGegenKinderarmut. Nun sind konkrete Schritte von der Politik gefragt! Von Infrastruktur über finanzielle Leistungen bis hin zu tatsächlicher Teilhabe – in der kommenden Legislaturperiode muss das Versprechen auf ein Aufwachsen in Wohlergehen für alle endlich eingelöst werden.“

Den vollständigen Text der Erklärung „Vier Jahre Zeit, um Kinderarmut endgültig zu beseitigen!“ sowie weitere Informationen zur Kampagne finden Sie unter: https://www.nationale-armutskonferenz.de/category/kinderarmut/

Kontakt:

Für den Ratschlag Kinderarmut:

Zukunftsforum Familie e.V., Michaelkirchstr.17-18, 10179 Berlin

Geschäftsführung: Alexander Nöhring (V. i. S. d. P.)

Öffentlichkeitsarbeit: Ulrike Mewald

Tel.:  030 2592728-20 // Fax: 030 2592728-60 // Mail: info@zukunftsforum-familie.de

Die Unterzeichnenden:

Arbeiter Samariter Bund Deutschland e.V.

Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes NRW

Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie u. Gesellschaft e.V.

Arbeitslosenverband Deutschland Landesverband Brandenburg e.V.

Armutsnetzwerk e.V.

Armut und Gesundheit in Deutschland e.V.

AWO Bundesverband e.V.

BAG Wohnungslosenhilfe e.V.

Bundesforum Männer – Interessenverband für Jungen, Männer und Väter e.V.

Bundesverband der Mütterzentren e.V.

Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung

Der Kinderschutzbund e.V.

Der Kinderschutzbund LV Rheinland-Pfalz e.V.

Deutscher Bundesjugendring

Deutscher Caritasverband e.V.

Deutscher Gewerkschaftsbund

Deutsches Kinderhilfswerk e.V.

DGSF – Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung u. Familientherapie e.V.

Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.

Diakonie Hessen – Diakonisches Werk in Hessen und Nassau und Kurhessen-Waldeck e.V.

Diakonisches Werk Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland e. V.

Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche der Pfalz

evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf)

Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen in Bayern e.V. (eaf bayern)

Evangelischer Bundesfachverband Existenzsicherung u. Teilhabe e.V. (EBET)

Familienbund der Katholiken (FDK) Bundesverband e.V.

Flingern mobil e.V.

Förderverein gewerkschaftliche Arbeitslosenarbeit e.V. (KOS)

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)

Humanistischer Verband Deutschlands – Bundesverband e.V.

Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V. (ISS)

Internationaler Bund (IB) Freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e.V.

Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Deutschland e.V.

Kindervereinigung e.V.

Landesfamilienrat Baden-Württemberg

Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V.

LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Rheinland-Pfalz e.V.

Nationale Armutskonferenz (nak)

National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention

NaturFreunde Thüringen e.V.

Präventionsketten in Niedersachsen – Gesund aufwachsen für alle Kinder

Saarländische Armutskonferenz e.V.

Selbsthilfeinitiative Alleinerziehender (SHIA) e.V. Bundesverband

SKM Bundesverband e.V.

SOS-Kinderdorf e.V.

Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD)

Sozialverband VdK Deutschland e. V.

Stiftung SPI

Väteraufbruch für Kinder e.V.

Verband Alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) Bundesverband e.V.

ver.di-Erwerbslose Mittelbaden-Nordschwarzwald

Volkssolidarität Bundesverband e.V.

Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V.

Zukunftsforum Familie e.V.

Einzelpersonen:

Dr. Lars Anken

Dr. Irene Becker

Gerda Holz

Prof. Dr. Ernst-Ulrich Huster

Dr. Maksim Hübenthal

Dr. Gisela Notz

Prof. Dr. Margherita Zander

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 19.10.2021

SCHWERPUNKT I: Sondierungs- und Koalitionsverhandlungen

Zu den familienpolitischen Aspekten im Sondierungspapier von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Nadine Schön:

„Als zentrales Instrument gegen Kinderarmut verspricht die Ampel wenig überraschend die Einführung einer Kindergrundsicherung. Dabei lässt sie jedoch alle entscheidenden Fragen offen: Will man mehr Geld einstellen oder bleibt die Summe gleich? Wer profitiert von einer Zusammenlegung von Kindergeld, Kinderzuschlag und weiteren familienpolitischen Leistungen? Klar ist: Die bloße Bündelung und Umetikettierung bestehender Leistungen wird kein Kind in Deutschland finanziell besser stellen. Und Pauschalisierung schafft immer Verlierer, weil man nicht mehr individualisieren kann. Nicht alles, was gut klingt, ist auch gut.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 16.10.2021

Zum Ergebnis der Sondierungen zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP im Bereich Bildungspolitik erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann:

„Die Corona-Pandemie hat die Mängel des Bildungsföderalismus offengelegt. Es fehlt an Effizienz. Dies zeigt das Trauerspiel um die Mittel aus dem Digitalpakt. Der Bund lieferte, aber die Mittel kommen nur schleppend vor Ort in den Schulen an. Daraus müssen die Lehren gezogen werden. Wer wirklich Vorfahrt für Bildung will, muss die Kernfrage beantworten: Welche Bildungskompetenzen soll der Bund erhalten? Vor der Wahl forderte die FDP jahrelang eine Grungesetzänderung zum Bildungsföderalismus für mehr Gestaltungsmacht des Bundes. Offenbar handelte es sich dabei aber nur um Muskelspiele in der Opposition. Für den Sondierungsfrieden rudert die FDP zurück und legt die Forderung offenbar ad acta. Übrig bleibt eine zahnlose Formulierung im Sondierungspapier von SPD, FDP und Grüne: ‚Bund und Länder sollen gemeinsam darauf hinwirken, dass jedes Kind die gleiche Chance auf Entwicklung und Verwirklichung hat.‘ Statt klarem Zukunftskonzept für den Bildungsföderalismus werden weitere Mittel als ‚Digitalpakt 2.0‘ ins Schaufenster gestellt. Dabei sind die Mittel aus dem ersten Digitalpakt noch lange nicht ausgegeben. Strukturdefizite lassen sich aber nicht mit Geldern zukleistern. Am Ende leiden die Bildungschancen unserer Kinder.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 16.10.2021

Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt weist angesichts der Koalitionsverhandlungen auf die angespannte Situation in der Pflege hin und fordert weitgehende Reformen. Die bisher bekannt gewordenen Vorhaben müssen jetzt unterlegt werden, damit gute Pflege dauerhaft gewährleistet und der Fachkräftemangel beendet werden kann. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

Die Covid-19-Pandemie hat wie ein Brennglas funktioniert und bestehende Probleme überdeutlich gemacht. Für die AWO ist deshalb klar, dass das Thema Pflege schnell und umfassend angegangen werden und auch breiter gedacht werden muss.“ Es gelte, die Arbeitsbedingungen für Pflegende deutlich zu verbessern, Pflegekosten solidarisch zu tragen und pflegende Angehörige zu entlasten.

Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt, unterstreicht: „Schon jetzt ist die Situation in der Pflege mehr als angespannt. In den nächsten Jahren erwarten uns zum einen der demografische Wandel, zum anderen die geplante – und überfällige – Verbesserung der Personalausstattung in der Pflege. Das wird die Situation deutlich verschärfen. Es muss eine Fachkräfteoffensive geben, und zwar jetzt. Das bedeutet, Berufsrückkehrende zu gewinnen und Teilzeitkräften eine Vollzeittätigkeit attraktiver zu machen. Es bedeutet auch, neue Menschen für den Ausbildungsberuf zu begeistern, ob im In- oder Ausland.“

Um langfristig gute Pflege gewährleisten zu können, brauche es deshalb eine grundlegende Aufwertung der pflegenden Berufe, so Jens M. Schubert: „Voraussetzung für die Behebung des Fachkräftemangels in der Pflege sind bessere Arbeitsbedingungen und die bessere Bezahlung nach Tarif. Zwar wurde letzteres in der vergangenen Legislatur grundsätzlich als Zulassungskriterium für Pflegeeinrichtungen und -dienste ins Pflegeversicherungsgesetz aufgenommen, allerdings lässt diese Regelung noch zu viele Fragen offen. Wir fordern die nächste Bundesregierung auf, umfangreich nachzubessern.“

Zudem müsse die Situation pflegender Angehöriger mehr Berücksichtigung finden. Der AWO Bundesverband unterstützt dafür die Idee der Zusammenlegung von Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz sowie die damit verbundene Einführung einer Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige für 15 Monate, wenn diese für die Pflege eine berufliche Auszeit nehmen. Kathrin Sonnenholzner weist zudem abschließend darauf hin: „Pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige müssen wirksam von steigenden Kosten der Pflege entlastet werden, indem die finanziellen Eigenanteile für stationäre Pflege sowohl in der Höhe als auch in der Dauer begrenzt werden.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 25.10.2021

In ihren Sondierungsgesprächen einigten sich SPD, Grüne und FDP auf die Einführung einer Kindergrundsicherung. Die Arbeiterwohlfahrt sieht in dem Beschluss eine wichtige Chance im Kampf gegen Kinderarmut. Es gelte jetzt, die Kriterien für eine echte Kindergrundsicherung im Koalitionsvertrag zu verankern und das Vorhaben konsequent umzusetzen.

Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt und Sprecher des Bündnis Kindergrundsicherung: „Das Bekenntnis von SPD, Grünen und FDP zur Kindergrundsicherung hat historische Tragweite. Die Ankündigung weckt die Hoffnung, dass es einen tragfähigen Konsens gibt, um die Idee der Kindergrundsicherung weiter zu konkretisieren und zügig in die Umsetzung zu gehen. Wenn die Höhe der Leistung bedarfsdeckend ausgestaltet wird und alle relevanten sozial- und steuerrechtlichen Leistungen in einer Kindergrundsicherung zusammengefasst sind, werden wir Kinder wirkungsvoll vor Armut schützen können.“

Im heute Nachmittag veröffentlichten Papier zu den Ergebnissen der Sondierungen zwischen SPD, Grünen und FDP ist die Rede von einem eigenen Kindergrundsicherungsmodell, das bisherige Leistungen bündelt und deren Auszahlung automatisiert. Das greift zentrale Forderungen von Sozial- und Wohlfahrtsverbänden in Deutschland auf. Noch auszugestalten ist, welche Leistungen das Modell genau beinhalten soll. Der Vorschlag des Bündnis Kindergrundsicherung sieht vor, dass insbesondere die Kinderregelsätze im SGB II, pauschale Beträge aus dem Bildungs- und Teilhabepaket, der Kinderzuschlag, das Kindergeld und Kinderfreibeträge in der Kindergrundsicherung aufgehen.   

„Wird die geplante Kindergrundsicherung so ausgestaltet, dass sie vor allem von Armut bedrohten Familien hilft, können wir mit Fug und Recht von einem Meilenstein im Kampf gegen Kinderarmut in Deutschland sprechen“, erklärt Schubert abschließend, „Die AWO wird sich in die Umsetzung einbringen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 15.10.2021

Die Koalitionsverhandlungen von SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP haben am 21.10. begonnen. Das am 15.10. bekannt gewordene Sondierungspapier zeigt, dass zwar das Thema Gleichstellung beachtet wird, aber der gleichstellungsorientierte Blick auf Jungen, Männer und Väter bisweilen fehlt. Dabei heißt es in dem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2020 veröffentlichten Dossier „Gleichstellungspolitik für Jungen und Männer in Deutschland“, dass Gleichstellungspolitik alle Geschlechter angehe und gleichstellungspolitischer Fortschritt das Engagement von Jungen und Männern brauche. Dennoch wird das Potenzial, Jungen und Männer aktiv in die Gleichstellungspolitik einzubeziehen, bislang kaum beachtet – und noch weniger ausgeschöpft.
  
Seit mehr als 10 Jahren ist das Bundesforum Männer gestaltender Partner der Politik, um genau dies zu ändern. Die vor uns liegenden globalen Wandlungsprozesse erfordern ein partnerschaftliches und konstruktives Zusammenwirken aller Geschlechter. Das Bundesforum Männer bündelt mit seinen 38 Mitgliedsorganisationen die notwendige Expertise auf Seiten von Jungen, Männern und Vätern. Um dem gesellschaftlichen und grundgesetzlich verankerten Auftrag gerecht zu werden, die Gleichheit zwischen den Geschlechtern in Deutschland zu verwirklichen, fordert das Bundesforum Männer von der neuen Regierung eine zeitgemäße und zukunftsweisende Gleichstellungsstrategie, die eine gleichstellungsorientierte Männerpolitik umfasst!

Männerpolitische Forderungen des Bundesforum Männer

Quelle: Newsletter Bundesforum Männer – Interessenverband für Jungen, Männer & Väter e.V. vom 26.10.2021

„Die neue Bundesregierung muss Armut junger Menschen stärker bekämpfen, gerade jetzt in und nach der Coronapandemie. Der Sechste Armuts- und Reichtumsbericht zeigt klar: Eine Bildungsoffensive, gerade für benachteiligte junge Menschen, gehört in die Koalitionsverhandlungen“, fordert Caritas-Präsident Peter Neher anlässlich der am 17. Oktober startenden Armutswochen.

Vom 17.10.2021, dem Internationalen Tag zur Beseitigung der Armut bis zum 14.11.2021, dem Welttag der Armen, ruft der Deutsche Caritasverband gemeinsam mit seinen Fachverbänden Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) Bundesverband auf, den Blick auf die Situation von (benachteiligten) jungen Menschen in und nach der Pandemie zu richten.

Jedes fünfte Kind und jeder vierte junge Erwachsene sind armutsgefährdet

Die Zahlen zeigen deutlich die Not: Jedes fünfte Kind und jeder vierte junge Erwachsene sind armutsgefährdet. Mehr als 45.000 Jugendliche haben im Jahr 2020 die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen. Und für Jugendliche aus bildungsfernen Elternhäusern ist es, laut Shell Jugend-Studie, nur halb so wahrscheinlich, das Abitur zu erreichen (39 Prozent) wie für Jugendliche aus bildungsnahen Elternhäusern (81 Prozent). „Der Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungschancen muss endlich aufgebrochen werden“, so Präsident Neher.

Schwierig ist der Übergang von Schule und Beruf

„Für viele der betroffenen jungen Menschen ist es schwierig bis unmöglich der Armut zu entkommen. Oft verfestigt sie sich ein Leben lang. In der Coronapandemie hat sich die Situation zugespitzt“, unterstreicht Neher. Daten aus einer IAB-Studie zeigen, dass in diesem Jahr jeder 10. Betrieb angekündigt hat, sein Lehrstellenangebot zu kürzen. Es gelte, Kettenreaktionen zu vermeiden: Ein schlechter oder kein Schulabschluss, wenige niedrigschwellige Angebote zur Berufsorientierung, kein Zugang zu passenden Ausbildungsplätzen und fehlende berufliche Perspektiven. Die Folge ist zu häufig ein Leben in Abhängigkeit von staatlichen Leistungen. Dagegen braucht es ein Ausbildungsangebot für jene jungen Menschen, die sich für diese Option entscheiden (hier ein Interview dazu).

Neue Regierung muss Pflöcke für eine Bildungsoffensive einschlagen

„Diese Lebensläufe können einen anderen Weg nehmen, wenn die neue Bundesregierung beherzt Pflöcke für bildungs- und sozialpolitische Maßnahmen einschlägt“, so Neher. Frühe Förderung, Schulsozialarbeit, Berufsorientierung und die Elternarbeit müsse man entschieden stärken und mit zusätzlichen niederschwelligen Angeboten unterstützen. „Für die Kinder und Jugendlichen, die eine außerschulische Lernförderung brauchen, muss diese aus dem Bildungs- und Teilhabepaket viel großzügiger gewährleistet werden. Und die Leistungen und Angebote der Kinder- und Jugendhilfe müssen von Anfang an auch jungen Menschen im Asylverfahren offenstehen“, fordert Neher.

DigitalPakt Schule hilft nicht allen Jugendlichen

Alle Kinder und Jugendlichen sollten einen Zugang zu digitalen Geräten und technischem Support haben. Aber die Unterstützung über den DigitalPakt Schule kommt längst nicht bei allen an. Ein DigitalPakt für die Kinder- und Jugendhilfe und ein Bundesprogramm „Digitalisierung in der Jugendsozialarbeit“ können Lösungen sein. „In der Pandemie haben unsere Träger glücklicherweise einige Laptops auf Spendenbasis erhalten, aber nicht für alle Jugendlichen. Für das technische Know-How müssen wir selbst sorgen. Wenn in der Jugendhilfe die Teilhabe der Kinder und Jugendlichen möglich sein soll, muss dies finanziert werden. Dafür müssen aber die Kommunen entsprechend finanziell ausgestattet werden. Auch hier bremst das Denken nur an die Kosten, statt in die Zukunft der jungen Menschen zu investieren“, sagt Joachim Nunner, Geschäftsführer des Jugendwerk Birkeneck, im Interview zu den Armutswochen.

Mehr Informationen zu den Armutswochen finden Sie hier.

Die Position des Deutschen Caritasverbandes zu den Armutswochen finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 15.10.2021

Zu dem heute veröffentlichten Sondierungspapier von SPD, Bündnis90/die Grünen und FDP äußert sich Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland:

„Das Ergebnis der Sondierung von SPD, Grünen und FDP lässt hoffen, dass die zukünftige Regierungskoalition die Weichen für die sozial-ökologische Transformation unserer Gesellschaft richtig stellt. Die notwendige Modernisierung muss glaubwürdig und verlässlich mit sozialer Gerechtigkeit verbunden werden.

Zentrale Politikvorschläge der Diakonie zur nachhaltigen Neujustierung unseres Sozialstaates haben Eingang in das Papier gefunden. Dazu gehören die Einführung einer Kindergrundsicherung, die Überwindung von Hartz-IV und ein Sozialstaat, der vor Armut schützt. Auch die Verabredungen für eine moderne Einwanderungspolitik sowie die Ausrichtung der Asyl- und Migrationspolitik an menschenrechtlichen Standards sieht die Diakonie als gute Signale.

Deutlich ist aber auch, dass die drei Parteien noch keine überzeugende gemeinsame politische Antwort auf weitere drängende Fragen gefunden haben.  In der Pflegepolitik erwarten wir deutlich mehr, als das Sondierungspapier erkennen lässt:  eine umfassende Reform der Pflegeversicherung, die die Eigenanteile pflegebedürftiger Menschen begrenzt, pflegende Angehörige spürbar entlastet und den Pflegeberuf attraktiv gestaltet.

Die Koalitionsverhandlungen bieten nun die Chance, das Sondierungsergebnis mit Substanz zu füllen und eine politische Vision zu entwickeln, die die Zusammengehörigkeit der Gesellschaft nachhaltig fördert. Die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Probleme können nur gelöst werden, wenn Ausgrenzung und Lagerdenken überwunden werden.“

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 15.10.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert mit Blick auf die morgen beginnenden Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP, einen starken Fokus auch auf die Kinder- und Jugendpolitik zu richten. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation muss die nächste Bundesregierung dringend die großen kinderpolitischen Baustellen angehen, die sich in den letzten Jahren aufgetan haben. Dafür müssen die Interessen von Kindern und Jugendlichen konsequent aufgegriffen und ihre nachrangige Rolle in der bundesdeutschen Politik beendet werden. Zu den drängendsten Punkten gehören nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes die Absicherung eines funktionieren Kinder- und Jugendhilfesystems und die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ebenso wie die gesellschaftliche Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen, eine wirksame Bekämpfung der Kinderarmut und die nachhaltige Absicherung von Qualität und Chancengleichheit im Bildungssystem. Zudem gilt es, die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen zur Bewältigung der Corona-Pandemie zu decken. Hier müssen die Auswirkungen der Pandemie auf die physische und psychische Verfassung der Kinder und Jugendlichen noch stärker als bisher in den Blick genommen werden.

„Das von SPD, Grünen und FDP vorgelegte Sondierungspapier ist ein guter Anfang, um die Interessen von Kindern und Jugendlichen konsequenter als bisher aufzugreifen. Klar ist aber auch, dass es jetzt darauf ankommt, in den Koalitionsverhandlungen Schlagwörter wie die Kindergrundsicherung mit Leben zu füllen und finanziell zu hinterlegen. Die Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland mit einer Kindergrundsicherung kann nur gelingen, wenn dieses Instrument richtig eingestellt und mit ausreichend finanziellen Mittel ausgestattet wird. Das gilt auch für das Kinder- und Jugendhilfesystem als Ganzes. Schon vor der Corona-Pandemie war die Kinder- und Jugendhilfe vielerorts am Rande ihrer Leistungsfähigkeit. Länder und Kommunen haben es bislang nicht geschafft, die notwendigen Strukturen beispielsweise der Offenen Kinder- und Jugendarbeit ausreichend zu finanzieren. In einem Koalitionsvertrag, der sich Zukunftsfähigkeit zum Ziel setzt, gehört deshalb auch die nachhaltige Stärkung des Kinder- und Jugendhilfesystems ganz nach vorne“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Ganz oben auf der Tagesordnung der nächsten Bundesregierung muss auch die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz stehen. Diese sind ein unverzichtbarer Baustein, um kindgerechtere Lebensverhältnisse und bessere Entwicklungschancen für alle Kinder zu schaffen, ihre Rechtsposition deutlich zu stärken, und Kinder an den sie betreffenden Entscheidungen zu beteiligen. Hier erwarten wir von der nächsten Bundesregierung eine überparteiliche Initiative unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft, um mit der Aufnahme der Kinderrechte im Grundgesetz im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention langfristig eine tragfähige Grundlage für ein kinder- und familienfreundliches Land zu schaffen. Die nächste Bundesregierung sollte auch beim angestrebten Ausbau der Ganztagsbetreuung in Grundschulen nachsteuern, um diese konsequent an den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention auszurichten. Ganztagsbetreuung muss Ganztagsbildung ermöglichen, ein rein quantitativer Ausbau von Betreuungsplätzen ohne ausreichende Qualitätssicherung widerspricht der in der UN-Kinderrechtskonvention normierten Vorrangstellung des Kindeswohls“, so Hofmann weiter.

„Und auch bei der Beteiligung der Kinder und Jugendlichen müssen wir entscheidende Schritte vorankommen. Es sollte zukünftig einen Ständigen Beirat für Kinder- und Jugendbeteiligung bei der Bundesregierung geben. Ein solcher Beirat könnte den Bundestag und die Bundesregierung in Fragen der Kinder- und Jugendbeteiligung beraten sowie mit Vorschlägen zu Zielen und Indikatoren für die Zielerreichung eine bundesweite Beteiligungsstrategie auf den Weg bringen. Denn Kinder und Jugendliche wollen, dass ihre Stimme gehört wird, dass sie und ihre Anliegen ernst genommen werden und sie somit ein Teil der Gesellschaft sind, der nicht übergangen wird. Deswegen ist auch eine Absenkung des Wahlalters bei den Europa- und Bundestagswahlen auf 16 Jahre aus kinderrechtlicher Sicht längst überfällig“, sagt Holger Hofmann.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 20.10.2021

Vielversprechender Anfang für die Koalitionsverhandlungen

SPD, Bündnis 90/ Die Grüne und FDP haben heute die Ergebnisse ihrer Sondierungen veröffentlicht und beabsichtigen auf dieser Grundlage Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Dazu erklärt Stefanie Lünsmann-Schmidt, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Das Sondierungspapier von SPD, Bündnis 90/Grünen und FDP bietet sehr gute Ansätze für einen echten queerpolitischen Aufbruch hin zu mehr Freiheit, Gerechtigkeit und Respekt. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) sieht ein ernsthaftes Bemühen, Vielfalt anzuerkennen und damit auch der Lebensrealität von queeren Menschen in unserem Land in der Gesellschaftspolitik Rechnung zu Tragen. Das wäre ein großer Fortschritt.

Dieser vielversprechende Auftakt muss nun in den kommenden Koalitionsverhandlungen weiter präzisiert werden. An den Vorhaben wird sicher noch viel zu arbeiten sein. So braucht es beispielsweise klare Regelungen zum Schutz, zur Aufnahme und zur Anerkennung von LSBTI-Geflüchteten. Das versprochene Engagement gegen Queerfeindlichkeit muss sich in konkreten Maßnahmen widerspiegeln. Der LSVD wird sich weiter mit konkreten Vorschlägen einbringen.

Hintergrund

Welche queerpolitischen Vorhaben stehen im Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP?

Queerpolitischer Aufbruch 2021: Ein Sofortprogramm für die neue Bundesregierung.
Beschluss des 33. LSVD-Verbandstags

Bundestagswahl: Was wollen die Parteien für Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen erreichen

Quelle: Pressemitteilung des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 15.10.2021

Die Gretchenfrage bleibt unbeantwortet: Woher soll das Geld kommen? Auch armutspolitisch bleibt das Sondierungspapier Antworten schuldig.

Große Sorge bereitet dem Paritätischen Wohlfahrtsverband das heute veröffentlichte Sondierungspapier, auf das sich die Verhandlungsteams von SPD, Grünen und FDP als gemeinsame Basis für mögliche Koalitionsverhandlungen verständigt haben. Als einer der größten Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland, unter dessen Dach über 10.800 Organisationen und Initiativen sozialer Arbeit organisiert sind, vermisst der Paritätische unter den ausformulierten Zielen der potenziellen Ampel-Partner insbesondere, die Armut in diesem Land zu beseitigen und die tief gespaltene Gesellschaft wieder zusammenzuführen. Sollten SPD, Grüne und FDP potenzielle Steuererhöhungen tatsächlich zum Tabu erklären, mache sie sich schlicht handlungsunfähig, warnt der Verband.

Die Leerstellen in dem Zwischenergebnis der Verhandlungen seien Anlass zu großer Beunruhigung: “Punkte, die wir ganz sicher auf der Tagesordnung einer neuen Bundesregierung sahen, finden sich in dem Papier überhaupt nicht wieder”, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Als Beispiele nennt er eine umfassende Pflegereform, die Pflegebedürftige auch finanziell entlastet, Schritte in Richtung Bürgerversicherung in Rente und Pflege und eine endlich wirksame Mietpreisdämpfungspolitik. “Wir begrüßen zwar außerordentlich, dass es den gemeinsamen Willen gibt, die Bekämpfung des Klimawandels entschlossen anzugehen, doch umso mehr sorgt uns, dass es offenbar keine gemeinsame Vorstellung  zu der  sozialen Flankierung gibt”, so Schneider. Armutspolitisch bliebe das Sondierungspapier Antworten schuldig.

Es seien auch sehr positive Punkte in dem Papier, so etwa die Ankündigungen für die Einführung einer Kindergrundsicherung, einer Wohngemeinnützigkeit und mehr Sozialwohnungen, dem Willen zu mehr Engagement für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung oder zur Stärkung der Daseinsvorsorge und auch der sozialen Infrastruktur im ländlichen Raum, räumt der Verband ein, gibt jedoch zu bedenken, dass angesichts der steuerpolitischen Vereinbarungen vieles unter Finanzierungsvorbehalt stehe. “Bis jetzt bleibt die Gretchenfrage unbeantwortet: Woher soll das Geld kommen? Wer die Steuerfrage zum Tabu erklärt, macht sich politisch schlicht handlungsunfähig. Der Verzicht auf eine stärkere Heranziehung sehr hoher Vermögen und Einkommen zur solidarischen Finanzierung unseres Gemeinwesens droht der Geburtsfehler auch dieser Koalition zu werden”, warnt Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 15.10.2021

Anlässlich der morgen beginnenden Koalitionsverhandlungen in Fachgruppen fordert der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV), die bestehende Vielfalt von Umgangsmodellen zu stärken. Im Sondierungs-Ergebnispapier haben sich die Ampel-Parteien unter der Überschrift „Gleichstellung“ vorgenommen, auch das Familienrecht „der gesellschaftlichen Realität“ anzupassen. Ein Wechselmodell als gesetzlicher Regelfall für alle Trennungsfamilien – wie die FDP es fordert – würde verhindern, dass Eltern die jeweils beste Lösung für das Kindeswohl im individuellen Einzelfall finden.

 

„Das Umgangsrecht ist nicht der richtige Ort für Gleichstellungspolitik. Diese muss bereits zu Beginn des Familienlebens ansetzen und nicht erst nach einer Trennung“, betont Daniela Jaspers, VAMV-Bundesvorsitzende. In über 80 Prozent der Paarfamilien mit Kindern ist der Mann der Hauptverdiener, Teilzeit von Müttern ermöglicht weiter Vollzeit-Karrieren von Vätern. Entsprechend wird nur von einer kleinen Minderheit der Trennungsfamilien mit ca. fünf Prozent erweiterter Umgang und mit ca. vier Prozent ein paritätisches Wechselmodell praktiziert. „Gute Gleichstellungspolitik muss Gleiches und Ungleiches genau unterscheiden. Denn sonst entsteht Benachteiligung statt Gleichstellung“, erläutert Jaspers. Eltern, die ein Wechselmodell leben möchten, brauchen deshalb faire Unterhaltslösungen, die weder das Kind noch den ökonomisch schwächeren Elternteil benachteiligen. Um familienbedingte Nachteile aus der Zeit als Paarfamilie auszugleichen, sind Übergangsfristen von einer Barunterhaltspflicht notwendig. „Berufliche Nachteile lösen sich durch ein wochenweises Mehr an Zeit nicht einfach in Wohlgefallen auf“, unterstreicht Jaspers. Zudem dürfen weiterhin erst im paritätischen Wechselmodell beide Elternteile in der Pflicht für den Barunterhalt sein. Denn auch bei erweitertem Umgang stemmen Alleinerziehende den Löwenanteil der Betreuung – dabei zusätzlich zum eigenen Lebensunterhalt auch noch den Kindesunterhalt zu verdienen, ist wenig realistisch.

 

„Wir müssen weg von der ideologischen Diskussion, welches Modell das Beste ist, hin zu der Frage, welches Modell für jedes einzelne Kind das Beste ist. Das Umgangsrecht ermöglicht bereits individuelle Lösungen zum Wohl des Kindes. Das sollte im Interesse der Kinder auch so bleiben“, betont Jaspers weiter. „Das Wechselmodell ist sehr anspruchsvoll. Als gesetzliches Leitmodell für alle Familien eignet es sich deshalb nicht, denn die Voraussetzungen hierfür lassen sich gerade nicht gesetzlich verordnen.“

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 26.10.2021

Mit Blick auf anstehende Koalitionsverhandlungen fordert der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV), die Vielfalt von Familienformen anzuerkennen und gesellschaftliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um die politische und gesellschaftliche Teilhabe für Alleinerziehende und ihre Kinder  zu stärken. Im Kindschaftsrecht hält der VAMV ein Wechselmodell als gesetzlichen Regelfall für alle Trennungsfamilien für ungeeignet.

Hierzu erklärt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des VAMV:

„Jede fünfte Familie ist heute eine Einelternfamilie. Bereits das überproportional hohe Armutsrisiko von Alleinerziehenden zeigt, dass hier immer noch dringender politischer Reformbedarf besteht. Diesen muss die neue Bundesregierung angehen und bessere Politik für Alleinerziehende im Koalitionsvertrag verankern. Wir brauchen eine Politik, die allen Kindern eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht und gute Bedingungen für ihr gesundes Aufwachsen bietet. Eine Kindergrundsicherung kann das, wenn sie gut gemacht ist: bei Kindern getrennter Eltern muss sie vor allem am Lebensmittelpunkt des Kindes ankommen, um dort Armut zu bekämpfen.

Gute Politik muss auch Alleinerziehenden ermöglichen, frei von existenziellen Nöten ausreichend Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. Gefragt sind dafür bessere Vereinbarkeit von Sorge- und Erwerbsarbeit, etwa durch eine Familienarbeitszeit, und weitere Weichenstellungen für eine eigenständige Existenzsicherung im Lebensverlauf sowie Steuergerechtigkeit für Alleinerziehende.

Bessere Politik fördert die Gleichstellung der Geschlechter von Anfang an, so dass nicht mehr nur ein Elternteil – in der Regel die Mutter – die finanziellen Nachteile einer Trennung tragen muss. In den meisten Paarfamilien ermöglicht die Teilzeit von Müttern immer noch Vollzeit-Karrieren von Vätern. Im Recht fehlen jedoch faire Regelungen beim Kindesunterhalt fürs Wechselmodell, die in der Paarfamilie entstandene familienbedingte Nachteile ausgleichen. Die Vielfalt von Betreuungsmodellen muss zudem erhalten bleiben, um für jedes einzelne Kind individuell die beste Lösung zu finden. Ein Wechselmodell als gesetzlichen Regelfall, wie es die FDP fordert, lehnen wir ab. Denn die Voraussetzungen hierfür lassen sich gerade nicht gesetzlich vorschreiben.“

Wahlflyer mit Forderungen für die neue Legislatur

Neues Grundsatzprogramm des VAMV

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 14.10.2021

  • Sozialverband VdK kritisiert, dass häusliche Pflege und umfassende Pflegereform nicht einmal erwähnt werden
  • Festhalten an PKV ist rückwärtsgewandt, so VdK-Präsidentin

Der Sozialverband VdK Deutschland appelliert an SPD, Grüne und FDP bei den drängendsten Pflege- und Gesundheitsfragen in den am Montag beginnenden Koalitionsgesprächen endlich auf Zukunft zu setzen und nicht auf ein Weiterso: „Gegen den Fachkräftemangel in der Pflege plant man die X-te Offensive. Die häusliche Pflege zu stärken, auch als Antwort auf den Fachkraftmangel in der Pflege, wäre mal ein sinnvoller Ansatz. Doch diese wird nicht einmal erwähnt, genauso wenig wie eine umfassende Pflegereform. Das ist einfach ideenlos“, kritisierte VdK-Präsidentin Verena Bentele das Sondierungspapier der drei Parteien.

Die SPD habe versprochen, das soziale Sicherungssystem zu stärken, Grüne und FDP immer wieder verkündet, dass sie sich dem Fortschritt verpflichtet fühlen. „Davon scheint nicht viel übrig. In der Pflegeversicherung fehlen schon nächstes Jahr drei Milliarden Euro, in der gesetzlichen Krankenversicherung muss in 2022 ein Steuerzuschuss von 21,5 Milliarden Euro plus weitere sieben Milliarden Euro fließen. Statt jetzt die Finanzierung durch die Zusammenlegung von gesetzlicher und privater Kranken- und Pflegeversicherung zu sichern, wird an der PKV festgehalten. Das ist rückwärtsgewandt“, so Bentele. Laut einer Infratest-Dimap-Studie befürworteten sogar 62 Prozent der FDP-Anhänger die Zusammenlegung von privater und gesetzlicher Kranken- und Pflegeversicherung. „Unverständlich, dass sich die FDP dann weiterhin gegen diesen wichtigen Schritt sperrt. Das Tempo auf Autobahnen begrenzen und dafür mit Vollgas in Sozialversicherungssysteme für alle zu investieren wäre zukunftsorientiert.“

Gleichzeitig begrüßte Bentele, dass die drei Parteien Prävention als Leitprinzip in der Gesundheitsversorgung einführen wollen und eine Reform der Krankenhausfinanzierung anstreben. „Auch das klare Bekenntnis, dass das Renteneintrittsalter nicht steigen und Hartz IV überwunden werden soll, ist ein gutes Signal“, sagte Bentele.

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland vom 18.10.2021

SCHWERPUNKT II: §218 StGB

Gunda-Werner-Institut unterzeichnet Abschlusserklärung “150 Jahre § 218 Strafgesetzbuch“

Der Paragraf 218 kriminalisiert in Deutschland seit 150 Jahren ungewollt Schwangere und Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Er ist Relikt patriarchaler Kultur und beeinträchtigt bis heute den Zugang zu Selbstbestimmung und adäquater reproduktiver Gesundheitsversorgung. Es ist höchste Zeit, Versorgungssicherheit zu garantieren und reproduktive Selbstbestimmung für alle zu garantieren.

Gemeinsam mit mehr als 100 Organisationen, Verbänden und Vereinen sowie 600 Einzelpersonen aus Wissenschaft, Politik und Aktivismus unterzeichnet das Gunda-Werner-Institut (GWI) deshalb die Abschlusserklärung des Kongresses „150 Jahre §218 Strafgesetzbuch“ und fordert eine umfassende und zeitgemäße Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuchs, die die Bedürfnisse der ungewollt Schwangeren in den Mittelpunkt stellt und internationale Menschenrechtsnormen respektiert.

Die zahlreichen Vorträge und Diskussionen auf dem Kongress, der am 27./28. August stattfand und in den sich das GWI mit einem Workshop zu reproduktiver Gerechtigkeit einbrachte, haben gezeigt, wie dringend eine gesetzliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs ist: Die Kriminalisierung verhindert die Kostenübernahme des Schwangerschaftsabbruchs durch die Krankenkassen, sorgt für Versorgungslücken in vielen Regionen Deutschlands und stigmatisiert Betroffene und Ärzt*innen. Gleichzeitig werden Selbstbestimmungsrechte und bisherige feministische Errungenschaften systematisch von rechten und fundamentalistischen Akteur*innen angegriffen.

Aus intersektionaler Perspektive bedeutet §218 vor allem für prekarisierte und migrantisierte Menschen einen erschwerten Zugang zu reproduktiver Selbstbestimmung. Im Sinne der reproduktiven Gerechtigkeit ist uns noch ein weiterer Aspekt wichtig, nämlich anzuerkennen, dass nicht nur der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen, sondern auch gleichberechtigte Zugänge zu selbstbestimmten Schwangerschaften, Geburten und Elternschaft erleichtert werden müssen.

Wir sind zuversichtlich, dass es gesellschaftliche Mehrheiten und juristische Spielräume für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzes gibt. Als Gunda-Werner-Institut werden wir einen Beitrag leisten, damit der §218 StGB zum letzten Mal Jubiläum feiern konnte.

Mehr Infos zur Geschichte und Gegenwart des §218 in unserem Web-Dossier.

Böll.Interview zu Möglichkeiten gesetzlicher Neuregelungen im Konfliktfeld Gehsteigbelästigung.

Quelle: Pressemitteilung Heinrich-Böll-Stiftung vom 28.10.2021

Die Arbeiterwohlfahrt gehört zu den zehn Erstunterzeichner*innen der Abschlusserklärung des Fachkongresses „150 Jahre §218 im Strafgesetzbuch“, welche heute offiziell an die Parteivorsitzenden von SPD, Bündnis 90/Grüne, CDU/CSU, FDP und Die Linke übersandt wird. Bisher haben über 100 Organisationen und 600 Einzelpersonen die Erklärung mitgezeichnet. Dazu erklärt Selvi Naidu, Vorstandsmitglied des AWO Bundesverbandes: „Die breite Unterstützung für dieses Thema zeigt, wie groß die gesellschaftliche Rückendeckung für eine außerstrafrechtliche Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen ist. Der §218 StGB führt zu einer immer schlechter werdenden Versorgungslage bundesweit. Schon jetzt müssen Frauen teilweise über 150 km weit fahren, um einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu können“.

Beim digitalen Fachkongress im August mit über 500 Teilnehmenden, wurden aus vielfältigen Perspektiven neben der Entstehungsgeschichte des § 218 StGB vor allem die Folgen der strafrechtlichen Regelung für betroffenen Frauen* und Ärzt*innen beleuchtet. Mit der Abschlusserklärung richten die Unterzeichnenden einen dringenden Appell an die Politik, über Parteigrenzen hinweg eine moderne, umfassende gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzes in Angriff zu nehmen. Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt führt aus: „Die Arbeiterwohlfahrt setzt sich seit ihrer Gründung für die Belange von Frauen ein. Die freie Entscheidung über die eigene Familienplanung ist für uns elementarer Bestandteil eines selbstbestimmten Lebens. Daher gehören Schwangerschaftskonflikte nicht ins Strafgesetzbuch.“

Die AWO setzt sich gemeinsam mit ihren bundesweit vorhandenen Schwangerschaftsberatungsstellen für die Verwirklichung der sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen ein. Sie kämpft daher für umfassende sexuelle Bildung und Aufklärung und gute Beratung, eine bundesgesetzliche Regelung für die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln für alle Geschlechter, die ersatzlose Streichung des §219a StGB sowie eine gesetzliche Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafgesetzbuches. Nähere Informationen zu Beratung sind hier zu finden: http://www.awo-schwanger.de

Zur Abschlusserklärung (PDF).

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 28.10.2021

„Die Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs gefährdet die Gesundheit ungewollt Schwangerer“

Zivilgesellschaftliches Bündnis appelliert an die Parteien, eine außerstrafrechtliche Neuregelung jetzt anzugehen

Die Abschlusserklärung des Kongresses „150 Jahre § 218 Strafgesetzbuch“, der Ende August 2021 stattfand, hat breite zivilgesellschaftliche Unterstützung gefunden. Mehr als 100 Verbände, Organisationen, Institutionen und Netzwerke aus dem Spektrum von Beratung, Gesundheit, Migration, Frauen- und Gleichstellungspolitik sowie mehr als 600 Einzelpersonen haben sie unterzeichnet. Dieses zivilgesellschaftliche Bündnis fordert eine außerstrafrechtliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs und appelliert an die Parteien, sich der Herausforderung einer lang überfälligen menschenrechtskonformen Gesetzesreform konstruktiv zu stellen.

„Eine moderne, umfassende gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzes in Deutschland ist überfällig“, erklärt Stephanie Schlitt, stellvertretende Bundesvorsitzende. „Diese muss sich an den gesundheitlichen Belangen und der Selbstbestimmung von schwangeren Personen orientieren und internationale Menschenrechtsnormen respektieren.“

Im Zuge des Fachkongresses haben Fachbeiträge und die Erfahrungsberichte von Frauen, die eine Schwangerschaft abgebrochen haben, gezeigt, dass die Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs die Gesundheit von ungewollt Schwangeren in Deutschland gefährdet. Sie steht einer angemessenen Gesundheitsversorgung im Wege und ist eine der Ursachen dafür, dass in vielen Regionen Deutschlands erhebliche Versorgungslücken bestehen. Zudem erschwert das Strafrecht die Professionalisierung der medizinischen Aus- und Weiterbildung zum Schwangerschaftsabbruch und setzt Ärzt*innen unter Druck. Dabei zeigen die Erfahrungen anderer Länder, dass es möglich ist, den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches zu regeln.

Die breite zivilgesellschaftliche Unterstützung der Abschlusserklärung verleiht der Forderung, eine außerstrafrechtliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs in der 20. Wahlperiode anzugehen, deutlichen Nachdruck.

Die Unterzeichnenden  haben den Vorständen von SPD, CDU, CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FPD und der Linken die Abschlusserklärung des Kongresses heute zugesandt. In der jetzt anfangenden 20. Wahlperiode soll die Gesetzesreform angegangen werden, so die Forderung.

Die Pressemitteilung und die Abschlusserklärung sind online hier abrufbar: www.profamilia.de/presse

Quelle: Pressemitteilung pro familia Bundesverband vom 28.10.2021

SCHWERPUNKT III: Kindergrundsicherung

Ein zentrales sozialpolitisches Projekt einer neuen zukunftsorientierten Bundesregierung muss die Einführung einer Kindergrundsicherung sein. Das Ziel: die Chancen aller Kinder in Deutschland verbessern. Aus Sicht des Bündnisses Kindergrund-sicherung braucht es dafür eine einfache, stigmatisierungsfreie und unbürokratische Kindergrundsicherung, die alle Kinder tatsächlich erreicht. In einem Koalitionsvertrag müssen dafür jetzt die zentralen Grundlagen gelegt werden, das Sondierungspapier ist dafür eine gute Basis. Investitionen in die Zukunft aller Kinder sind jetzt entscheidend.

„Die Aufnahme einer Kindergrundsicherung im Sondierungspapier kann zu einem Meilenstein gegen Kinderarmut werden, wenn sie mit zentralen Eckpunkten in den Koalitionsvertrag Eingang findet. Es darf keine halben Sachen mehr geben, wenn wir es ernst damit meinen, Kinderarmut endlich beenden zu wollen. Stellen wir jetzt die Weichen, damit kein Kind mehr dem langfristigen Entwicklungsrisiko Armut ausgesetzt ist, sondern seine Chancen und Potenziale voll ausschöpfen kann. Das ist nachhaltige Sozialpolitik!“, sagt Prof. Dr. Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes und Sprecher des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG.

Für die Kindergrundsicherung sind folgende Eckpunkte elementar:

  • Die Höhe der Kindergrundsicherung muss das kindliche Existenzminimum abdecken. Daher ist die Überprüfung der aktuellen Ermittlung der kindlichen Bedarfe nötig. Es braucht eine Neuermittlung „Was Kinder brauchen“. Dabei sind alle kindbezogenen Leistungen aus Sozial-, Steuer- und Unterhaltsrecht in den Blick zu nehmen. Ein besonderer Fokus muss auf Bildung und Teilhabe (Bildungs- und Teilhabepaket im Sozialrecht sowie dem Kinderfreibetrag für Bildung, Erziehung und Ausbildung im Steuerrecht) liegen.
  • Es braucht die Bündelung einer Vielzahl von Leistungen, der Kinderregelsatz aus dem SGB II gehört neben Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinderfreibetrag dazu. Denn Kinder sind keine kleinen Arbeitslosen, sie gehören nicht in die Grundsicherung für Arbeitssuchende. So kann Bürokratie abgebaut und mehr Transparenz und Vereinfachung für alle erreicht werden.
  • Die Kindergrundsicherung muss alle Kinder auch wirklich erreichen, daher ist die automatische Auszahlung der Kindergrundsicherung entscheidend. Der Rechtsanspruch kann nur umgesetzt werden, wenn durch die Kindergrundsicherung auch alle Kinder einfach, unbürokratisch und stigmatisierungsfrei erreicht werden.

„Durch die Kombination von 12-Euro-Mindestlohn und automatisch ausgezahlter Kindergrundsicherung werden hunderttausende Kinder, deren Eltern erwerbstätig sind, aus bürokratischen Hilfesystemen – wie Aufstockung bei Hartz4 oder Kinderzuschlag – herausgeholt. Für die Eltern wird sich Erwerbsarbeit, nicht nur für das eigene Selbstwertgefühl und als gutes Beispiel für ihre Kinder, sondern auch finanziell, lohnen. Die Bildungschancen der Kinder werden gestärkt. Das wäre eine wirkliche Investition in die Zukunft“, so Heinz Hilgers, Präsident Der Kinderschutzbund und Koordinator des Bündnisses.

Weitere Infos zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG hier: www.kinderarmut-hat-folgen.de.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 21.10.2021

Ein zentrales sozialpolitisches Projekt einer neuen zukunftsorientierten Bundesregierung muss die Einführung einer Kindergrundsicherung sein. Das Ziel: die Chancen aller Kinder in Deutschland verbessern. Aus Sicht des Bündnisses Kindergrundsicherung braucht es dafür eine einfache, stigmatisierungsfreie und unbürokratische Kindergrundsicherung, die alle Kinder tatsächlich erreicht. In einem Koalitionsvertrag müssen dafür jetzt die zentralen Grundlagen gelegt werden, das Sondierungspapier ist dafür eine gute Basis. Investitionen in die Zukunft aller Kinder sind jetzt entscheidend.

„Die Aufnahme einer Kindergrundsicherung im Sondierungspapier kann zu einem Meilenstein gegen Kinderarmut werden, wenn sie mit zentralen Eckpunkten in den Koalitionsvertrag Eingang findet. Es darf keine halben Sachen mehr geben, wenn wir es ernst damit meinen, Kinderarmut endlich beenden zu wollen. Stellen wir jetzt die Weichen, damit kein Kind mehr dem langfristigen Entwicklungsrisiko Armut ausgesetzt ist, sondern seine Chancen und Potenziale voll ausschöpfen kann. Das ist nachhaltige Sozialpolitik!“, sagt Prof. Dr. Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes und Sprecher des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG.

Für die Kindergrundsicherung sind folgende Eckpunkte elementar:

  • Die Höhe der Kindergrundsicherung muss das kindliche Existenzminimum abdecken. Daher ist die Überprüfung der aktuellen Ermittlung der kindlichen Bedarfe nötig. Es braucht eine Neuermittlung „Was Kinder brauchen“. Dabei sind alle kindbezogenen Leistungen aus Sozial-, Steuer- und Unterhaltsrecht in den Blick zu nehmen. Ein besonderer Fokus muss auf Bildung und Teilhabe (Bildungs- und Teilhabepaket im Sozialrecht sowie dem Kinderfreibetrag für Bildung, Erziehung und Ausbildung im Steuerrecht) liegen.
  • Es braucht die Bündelung einer Vielzahl von Leistungen, der Kinderregelsatz aus dem SGB II gehört neben Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinderfreibetrag dazu. Denn Kinder sind keine kleinen Arbeitslosen, sie gehören nicht in die Grundsicherung für Arbeitssuchende. So kann Bürokratie abgebaut und mehr Transparenz und Vereinfachung für alle erreicht werden.
  • Die Kindergrundsicherung muss alle Kinder auch wirklich erreichen, daher ist die automatische Auszahlung der Kindergrundsicherung entscheidend. Der Rechtsanspruch kann nur umgesetzt werden, wenn durch die Kindergrundsicherung auch alle Kinder einfach, unbürokratisch und stigmatisierungsfrei erreicht werden.

„Durch die Kombination von 12-Euro-Mindestlohn und automatisch ausgezahlter Kindergrundsicherung werden hunderttausende Kinder, deren Eltern erwerbstätig sind, aus bürokratischen Hilfesystemen – wie Aufstockung bei Hartz4 oder Kinderzuschlag – herausgeholt. Für die Eltern wird sich Erwerbsarbeit, nicht nur für das eigene Selbstwertgefühl und als gutes Beispiel für ihre Kinder, sondern auch finanziell, lohnen. Die Bildungschancen der Kinder werden gestärkt. Das wäre eine wirkliche Investition in die Zukunft“, so Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbunds und Koordinator des Bündnisses.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund – Bundesverband e.V. vom 21.10.2021

Ein zentrales sozialpolitisches Projekt einer neuen zukunftsorientierten Bundesregierung muss die Einführung einer Kindergrundsicherung sein. Das Ziel: die Chancen aller Kinder in Deutschland verbessern. Aus Sicht des Bündnisses Kindergrundsicherung braucht es dafür eine einfache, stigmatisierungsfreie und unbürokratische Kindergrundsicherung, die alle Kinder tatsächlich erreicht. In einem Koalitionsvertrag müssen dafür jetzt die zentralen Grundlagen gelegt werden, das Sondierungspapier ist dafür eine gute Basis. Investitionen in die Zukunft aller Kinder sind jetzt entscheidend.

„Die Aufnahme einer Kindergrundsicherung im Sondierungspapier kann zu einem Meilenstein gegen Kinderarmut werden, wenn sie mit zentralen Eckpunkten in den Koalitionsvertrag Eingang findet. Es darf keine halben Sachen mehr geben, wenn wir es ernst damit meinen, Kinderarmut endlich beenden zu wollen. Stellen wir jetzt die Weichen, damit kein Kind mehr dem langfristigen Entwicklungsrisiko Armut ausgesetzt ist, sondern seine Chancen und Potenziale voll ausschöpfen kann. Das ist nachhaltige Sozialpolitik!“, sagt Prof. Dr. Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes und Sprecher des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG.

VdK-Präsidentin Verena Bentele unterstreicht die Forderung: „Jedes fünfte Kind in Deutschland ist seit Jahren von Armut betroffen oder bedroht. Deswegen müssen die wichtigsten Leistungen zur Absicherung von Kindern endlich in einer Kindergrundsicherung gebündelt werden.“

Für die Kindergrundsicherung sind folgende Eckpunkte elementar:

  • Die Höhe der Kindergrundsicherung muss das kindliche Existenzminimum abdecken. Daher ist die Überprüfung der aktuellen Ermittlung der kindlichen Bedarfe nötig. Es braucht eine Neuermittlung „Was Kinder brauchen“. Dabei sind alle kindbezogenen Leistungen aus Sozial-, Steuer- und Unterhaltsrecht in den Blick zu nehmen. Ein besonderer Fokus muss auf Bildung und Teilhabe (Bildungs- und Teilhabepaket im Sozialrecht sowie dem Kinderfreibetrag für Bildung, Erziehung und Ausbildung im Steuerrecht) liegen.
  • Es braucht die Bündelung einer Vielzahl von Leistungen, der Kinderregelsatz aus dem SGB II gehört neben Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinderfreibetrag dazu. Denn Kinder sind keine kleinen Arbeitslosen, sie gehören nicht ins Arbeitsförderungsgesetz. So kann Bürokratie abgebaut und mehr Transparenz und Vereinfachung für alle erreicht werden.
  • Die Kindergrundsicherung muss alle Kinder auch wirklich erreichen, daher ist die automatische Auszahlung der Kindergrundsicherung entscheidend. Der Rechtsanspruch kann nur umgesetzt werden, wenn durch die Kindergrundsicherung auch alle Kinder einfach, unbürokratisch und stigmatisierungsfrei erreicht werden.

„Durch die Kombination von 12-Euro-Mindestlohn und automatisch ausgezahlter Kindergrundsicherung werden hunderttausende Kinder, deren Eltern erwerbstätig sind, aus bürokratischen Hilfesystemen – wie Aufstockung bei Hartz4 oder Kinderzuschlag – herausgeholt. Für die Eltern wird sich Für die Eltern wird sich Erwerbsarbeit, nicht nur für das eigene Selbstwertgefühl und als gutes Beispiel für ihre Kinder, sondern auch finanziell, lohnen. Die Bildungschancen der Kinder werden gestärkt. Das wäre eine wirkliche Investition in die Zukunft“, so Heinz Hilgers, Präsident Der Kinderschutzbund und Koordinator des Bündnisses.

Weitere Informationen zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG und zum Konzept: www.kinderarmut-hat-folgen.de.

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland vom 21.10.2021

SCHWERPUNKT IV: #4JahreGegenKinderarmut

Kampagne #4JahreGegenKinderarmut

Vier Wochen lang haben 61 Verbände, Gewerkschaften, zivilgesellschaftliche Organisationen sowie Einzelpersonen gemeinsam auf verschiedene Dimensionen von Kinderarmut aufmerksam gemacht und konkrete Maßnahmen für die kommende Legislaturperiode gefordert. 

„Es ist für ein reiches Land wie Deutschland ein Skandal, dass nach wie vor jedes fünfte Kind in Armut aufwächst“, so Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Durch die Corona-Pandemie hat sich die Situation für viele Kinder – insbesondere aus einkommensschwachen Familien – noch einmal verschärft. Armut als strukturelles Problem, Anspruch auf gleichwertige Lebensverhältnisse, Teilhabe und ein auskömmliches Existenzminimum, niedrigschwellige und unbürokratische Leistungen – so vielschichtig wie die verschiedenen Dimensionen von Kinderarmut sind, so umfassend müssen auch die politischen Lösungen ausfallen. „Mögliche Einsparungen, um den Haushalt zu sanieren, dürfen nicht zu Lasten der Kinder gehen“, appelliert Loheide.

In der Gemeinsamen Erklärung „Vier Jahre Zeit, um Kinderarmut endgültig zu beseitigen!“ fordern die unterzeichnenden Organisationen des Ratschlag Kinderarmut, Armut von Kindern und Jugendlichen nicht länger hinzunehmen und entschlossen Maßnahmen im Koalitionsvertrag zu verankern. Dazu zählen eine grundlegende Reform der Leistungen für Kinder, Jugendliche und deren Familien, ihre umfassende Beteiligung sowie die Sicherstellung einer sozialen Infrastruktur. Ebenso brauchen Kinder und Jugendliche eine intensive Begleitung zurück in ihren Kita- und Schulalltag sowie psycho-soziale Unterstützung bei der Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie.

„Kinder zu fördern, ihnen gleichwertige Bildungs- und Entwicklungschancen zu sichern und die Kluft zwischen Arm und Reich zu schließen muss in den Koalitionsverhandlungen endlich eine zentrale Rolle spielen“, so Loheide.

Die Kampagne unter dem Hashtag #4JahreGegenKinderarmut ist in den Sozialen Medien auf breite Resonanz gestoßen. Die große Zustimmung, die die Bekämpfung der Armut von Kindern und Jugendlichen in der Bevölkerung sowie über Parteigrenzen hinweg erfährt, ist auch ein Handlungsauftrag an die politischen Verhandlungspartner*innen der Parteien: Den Versprechen der Wahlprogramme müssen jetzt Taten folgen. Die Verankerung konkreter Maßnahmen gegen Kinderarmut im Koalitionsvertrag ist dazu der erste wichtige Schritt. 

Den vollständigen Text der Erklärung „Vier Jahre Zeit, um Kinderarmut endgültig zu beseitigen!“ finden Sie sowie weitere Informationen zur Kampagne: https://www.nationale-armutskonferenz.de/category/kinderarmut/

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 19.10.2021

Vier Wochen lang haben 61 Verbände, Gewerkschaften, zivilgesellschaftliche Organisationen sowie Einzelpersonen gemeinsam auf verschiedene Dimensionen von Kinderarmut aufmerksam gemacht und konkrete Maßnahmen für die kommende Legislaturperiode gefordert. Die Gemeinsamen Erklärung „Vier Jahre Zeit, um Kinderarmut endgültig zu beseitigen!“ hatten u.a. das Deutsche Kinderhilfswerk, der Arbeiter Samariter Bund, die Arbeiterwohlfahrt, der Deutsche Caritasverband, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Diakonie Deutschland, die Nationale Armutskonferenz und das Zukunftsforum Familie unterzeichnet.

Armut als strukturelles Problem, Anspruch auf gleichwertige Lebensverhältnisse, Teilhabe und ein auskömmliches Existenzminimum, niedrigschwellige und unbürokratische Leistungen – so vielschichtig wie die verschiedenen Dimensionen von Kinderarmut, so umfassend müssen auch die politischen Lösungen ausfallen. In der Gemeinsamen Erklärung „Vier Jahre Zeit, um Kinderarmut endgültig zu beseitigen!“ fordern die unterzeichnenden Organisationen des Ratschlag Kinderarmut, Armut von Kindern und Jugendlichen nicht länger hinzunehmen und entschlossene Maßnahmen im Koalitionsvertrag zu verankern. Dazu zählen eine grundlegende Reform der Leistungen für Kinder, Jugendliche und ihre Familien, ihre umfassende Beteiligung sowie die Sicherstellung sozialer Infrastruktur. Ebenso brauchen Kinder und Jugendliche eine intensive Begleitung zurück in ihren Kita- und Schulalltag und psycho-soziale Unterstützung bei der Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie.

„Jedes fünfte Kind in Deutschland ist von Armut betroffen, das muss sich schleunigst ändern. Den Absichtserklärungen im Ampel-Sondierungspapier müssen jetzt Taten folgen. Um das strukturelle Problem der Kinderarmut zu lösen, brauchen wir eine bedarfsgerechte Kindergrundsicherung, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, bestehende kindbezogene Leistungen transparent bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern bedarfsgerecht gewährleistet, und zwar unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Die Kampagne unter dem Hashtag #4JahreGegenKinderarmut ist in den Sozialen Medien auf breite Resonanz gestoßen. Die große Zustimmung, die die Bekämpfung der Armut von Kindern und Jugendlichen in der Bevölkerung sowie über Parteigrenzen hinweg erfährt, ist auch ein Handlungsauftrag an die politischen Verhandlungspartner*innen der Parteien: Den Versprechen der Wahlprogramme müssen jetzt Taten folgen. Die Verankerung konkreter Maßnahmen gegen Kinderarmut im Koalitionsvertrag ist dazu der erste wichtige Schritt.

Den vollständigen Text der Erklärung „Vier Jahre Zeit, um Kinderarmut endgültig zu beseitigen!“ sowie weitere Informationen zur Kampagne finden Sie unter: https://www.nationale-armutskonferenz.de/category/kinderarmut/.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V.  vom 19.10.2021

SoVD beteiligt sich an breitem Bündnis aus 61 Verbänden, Gewerkschaften, zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie Einzelpersonen.

Berlin. Die Herausforderungen für die kommende Bundesregierung sind immens. Umso wichtiger, dass die Regierungsbildung so schnell wie möglich abgeschlossen wird. Eines steht für den Sozialverband Deutschland (SoVD) in jedem Fall bereits jetzt fest: „Wir dürfen jegliche Form von Armut von Kindern und Jugendlichen nicht länger hinnehmen. Im Koalitionsvertrag für die kommenden vier Jahre müssen daher entschlossene Maßnahmen fest verankert werden“, fordert SoVD-Präsident Adolf Bauer. Vier Wochen lang hat der SoVD gemeinsam mit 61 Verbänden, Gewerkschaften, zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie Einzelpersonen auf verschiedene Dimensionen von Kinderarmut aufmerksam gemacht und konkrete Maßnahmen für die kommende Legislaturperiode gefordert. Zu diesen Maßnahmen zählen unter anderem die Forderung nach einer grundlegenden Reform der Leistungen für Kinder und Jugendliche, ein niedrigschwelliger Leistungszugang sowie die Sicherstellung sozialer Infrastruktur. Ebenso brauchen Kinder und Jugendliche eine intensive Begleitung zurück in ihren Kita- und Schulalltag und psychosoziale Unterstützung bei der Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie.

Nun liegt der Ball im Spielfeld der potentiellen Koalitionspartner*innen. „Wenn die Koalitionsverhandlungen starten, haben die beteiligten Akteur*innen die Gelegenheit zu beweisen, dass Kinder in der Politik doch eine Lobby haben. Der Kampf gegen Kinderarmut gehört ganz oben auf die politische Agenda“, fordert Bauer.

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband Deutschland e.V. vom 19.10.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Das Bundesverfassungsgericht hat eine neue Pressemitteilung veröffentlicht.
Hierzu lautet der Kurztext:

Mit am heutigen Tag veröffentlichtem Beschluss hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, mit der sich eine Mutter und ihre mittlerweile 16-jährige Tochter, bei der ein Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen besteht, gegen familiengerichtliche Entscheidungen gewandt haben, durch die der Mutter unter anderem das Recht zur Regelung schulischer Belange sowie der Gesundheitssorge für ihre Tochter entzogen wurde. Die Beschwerdeführerinnen machten vor allem eine Verletzung von Grundrechten aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG sowie bei der Tochter ihres Grundrechts aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG geltend. Sie stützten sich zudem auf einen von ihnen in Art. 24 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenkonvention – BRK) verorteten Anspruch der Tochter auf inklusive Beschulung.

Die Verfassungsbeschwerde, mit der das Bundesverfassungsgericht nicht über die Bedeutung von Art. 24 BRK für in Schulausbildung befindliche Menschen mit Behinderungen im innerstaatlichen Recht zu entscheiden hatte, blieb erfolglos. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde und die dazu vorgelegten, eine vollumfängliche Überprüfung der angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen nicht ermöglichenden Unterlagen ließen eine Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerinnen nicht erkennen.

Sie können den Text im Internet über folgende URL erreichen:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/bvg21-088.html

Quelle: Pressemitteilung Bundesverfassungsgericht vom 14.10.2021

Nach wie vor werden in Deutschland Kinder aus Arbeiterfamilien in der Bildung benachteiligt. Das belegt eine neue Studie des Stifterverbandes. Nur etwa jedes vierte Grundschulkind aus einer Nichtakademiker-Familie beginnt ein Studium, während es aus Akademikerhaushalten acht von zehn Kinder sind. Im Bildungsverlauf wird derart ausgesiebt, dass an Schulen Arbeiterkinder zwar 71 Prozent ausmachen, unter den Studierenden aber nur noch etwas weniger als die Hälfte. Die Selektivität unseres Bildungssystems führt dazu, dass mit jeder Stufe die Aufstiegschancen für Kinder aus Arbeiterfamilien rapide schwinden.

Die Studie bestätigt die Linksfraktion in ihren Forderungen: Die Lernförderung in den Schulen muss massiv ausgebaut werden. Es braucht ein Programm für Zehntausende neue Lehrkräfte und sozialpädagogisches Personal. Wo die soziale Herkunft Lernhürden birgt, gilt es diese schon in der Grundschule durch mehr Unterstützungsangebote umzukehren. Ich wünsche mir ein höheres Tempo beim Ganztagsausbau, denn jedes Jahr gehen Chancen verloren. Das ist auch eine Frage von Generationengerechtigkeit. Grundsätzlich ist weniger Selektion durch mehr Gemeinschaftsschulen der Weg zu Chancengleichheit. Der Bund muss endlich dauerhaft Verantwortung für die Schulbildung übernehmen und diese langfristig mitfinanzieren. Nur Schulen, die gut ausgestattet sind, können auch gute Bildungsarbeit leisten. Für bessere Lernerfolge braucht es eine Lehrkräfteoffensive, schnellere Digitalisierung und ein umfassendes Sanierungsprogramm.

Damit mehr Arbeiterkinder ins Studium kommen, müssen sie vom BAföG erreicht werden. Das fängt bei der Vereinfachung des Antragsprozesses an und hört bei der Erhöhung des Fördersatzes noch längst nicht auf. Wenn schon bei niedrigen Elterneinkommen Abzüge drohen, überlegt man sich zweimal zu studieren. Viele haben Sorge, dass sie über Jahre auf Darlehnsschulden sitzen bleiben. Deswegen gilt: Die Ausbildungsförderung muss rückzahlungsfrei sein und die Einkommensfreibeträge müssen angehoben werden. Die nächste BAföG-Reform ist richtungsweisend. Bildungsgerechtigkeit gibt es nur bei gleichen Chancen zum Bildungsaufstieg, unabhängig vom sozialen Hintergrund. Bildung muss zur Chefsache werden!

Quelle: Nachrichten Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 20.10.2021

Kinderbetreuung ist längst nicht überall in Deutschland beitragsfrei, für viele Eltern ist die Fürsorge für ihren Nachwuchs deshalb auch eine Kostenfrage. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis einer neuen Sonderauswertung der Lohn- und Einkommensteuerstatistik mitteilt, bezahlten Eltern im Jahr 2017 durchschnittlich 1 310 Euro jährlich für die Betreuung ihrer Kinder. Die Ergebnisse der Lohn- und Einkommensteuerstatistik sind aufgrund der langen Fristen zur Steuerveranlagung erst etwa dreieinhalb Jahre nach Ende des Veranlagungsjahres verfügbar.

Diese Angaben beziehen sich ausschließlich auf die 3,2 Millionen Kinder unter 14 Jahren, deren Eltern 2017 Kinderbetreuungskosten in ihrer Steuererklärung angegeben haben. Das waren 38 % aller Kinder dieser Altersgruppe, für die eine Anlage „Kind“ abgegeben wurde. Zu den steuerlich absetzbaren Betreuungskosten gehören neben Beiträgen für Kindertageseinrichtungen unter anderem auch Ausgaben für Tagesmütter beziehungsweise -väter oder Au-pairs.

Die Kinderbetreuung hängt dabei stark vom Alter der Kinder ab. Bei den unter 3-Jährigen gaben Eltern für 29 % der Kinder Betreuungskosten in der Steuererklärung 2017 an. Im Alter von 3 bis 5 Jahren waren es gut zwei Drittel (68 %) – trotz teilweise beitragsfreier Kindergartenjahre. Im Grundschulalter (6 bis 10 Jahre) wurden 44 % und von 11 bis 13 Jahren noch 10 % der Kinder beitragspflichtig betreut.

Die jeweils geltend gemachten Kosten sind im Krippenalter am höchsten. Bei den unter 3-Jährigen zahlten Eltern für Kinder mit Betreuungskosten durchschnittlich 1 710 Euro jährlich. Bei Kindern zwischen 3 und 5 Jahren betrugen die steuerlich geltend gemachten Betreuungskosten im Schnitt 1 630 Euro. Sie sanken mit steigendem Alter kontinuierlich. In der Altersgruppe der 6- bis 10-Jährigen betrugen sie 940 Euro, bei den 11- bis 13-Jährigen nur noch 760 Euro im Jahr.

Eine weitere Einflussgröße auf die Betreuungskosten ist das Einkommen der Eltern. Mit dem Einkommen steigt sowohl der Anteil der Kinder mit Betreuungskosten als auch die Höhe der geltend gemachten Kosten. Bei einem Einkommen von weniger als 20 000 Euro im Jahr hatten 22 % der Kinder Betreuungskosten in Höhe von durchschnittlich rund 1 000 Euro. Verdienten die Eltern mehr als 100 000 Euro jährlich, wurde rund die Hälfte der Kinder (49 %) beitragspflichtig betreut. Und auch die Kosten waren mit 1 740 Euro deutlich höher als in den niedrigeren Einkommensklassen. Das liegt unter anderem daran, dass sich Gebühren für die Kinderbetreuung häufig am Einkommen orientieren. Gleichzeitig haben Gutverdienende eher die Möglichkeit, kostenpflichtige Betreuungsangebote zu finanzieren.

Methodische Hinweise:

Eltern können für jedes Kind zwei Drittel der Betreuungskosten, höchstens jedoch 4 000 Euro jährlich als Sonderausgaben steuerlich geltend machen. Bei den ausgewerteten Daten handelt es sich immer um die vollen Kinderbetreuungskosten und nicht um die absetzbaren zwei Drittel.

Weitere Information:

Detaillierte Daten und Zeitreihen über die Zahl der Kinder in Kindertageseinrichtungen können über die Tabelle (22541) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt (DESTATIS) vom 14.10.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Gemeinsam mit zahlreichen weiteren Verbänden fordern AWO, GEW und KTK-Bundesverband die Aufnahme eines Bundesqualitätsgesetzes in den Koalitionsvertrag.

Die Arbeiterwohlfahrt Bundesverband (AWO), die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband setzen sich für ein KiTa-Bundesqualitätsgesetz ein. Das Bündnis hält es für dringend erforderlich, dass Rahmenbedingungen wie eine bessere Fachkraft-Kind-Relation, mehr Zeit für Leitungsaufgaben und die mittelbare pädagogische Arbeit länderübergreifend verbindlich in einem Bundesqualitätsgesetz festgeschrieben werden. Die Finanzierung dieser Maßnahmen für eine gute frühkindliche Bildung muss dauerhaft gesichert werden. Dies ist von zentraler Bedeutung, um das Recht eines jeden Kindes auf eine hochwertige Bildung, Erziehung und Betreuung nachhaltig zu garantieren und die Arbeitsbedingungen der pädagogischen Fachkräfte deutlich zu verbessern. Dem Positionspapier des Bündnisses haben sich 38 Verbände und diverse Einzelpersonen durch ihre Erstunterzeichnung angeschlossen und unterstützen die Forderung für ein Bundesqualitätsgesetz. „Kitas sind Bildungsorte. Jedes Kind, egal wo es in Deutschland zu Hause ist, muss in jeder Kita einen Ort finden, an dem es individuell und seinen Bedürfnissen entsprechend gefördert wird. Damit das klappt, braucht es einen fixen Rahmen: ein Bundesqualitätsgesetz“, betont Doreen Siebernik, GEW-Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit, während einer Pressekonferenz des Bündnisses am 25.10.2021 in Berlin.

„In einem Bundesqualitätsgesetz sind Standards für alle Länder verbindlich zu regeln, die wissenschaftlich begründet und unabhängig von der Haushaltslage definiert werden“, so Frank Jansen, Geschäftsführer des KTK- Bundesverbandes. „Qualität braucht einen verbindlichen Rahmen und kostet Geld. Hier sind wir auf eine verlässliche und dauerhafte Unterstützung des Bundes angewiesen“, betont Jansen. „Unsere pädagogischen Fachkräfte sind der Schlüssel für eine gute frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen.“

 

„Für eine konsequente Sicherung der Qualität in Kindertageseinrichtungen ist nun der politische Wille erforderlich, der zu einem Bundesqualitätsgesetz führt“, unterstreicht Selvi Naidu, Mitglied des AWO Bundesvorstandes, „Diesen politischen Willen gilt es in einem ersten Schritt im Koalitionsvertrag der neuen Regierungskoalition zu dokumentieren.“ Der AWO Bundesverband und der KTK-Bundesverband vertreten über 10.000 Kindertageseinrichtungen auf Bundesebene. Als Bildungsgewerkschaft vertritt die GEW die pädagogischen Fachkräfte in der frühkindlichen Bildung.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V., Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft  und Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband e. V. vom 25.10.2021

Viele Kinder sind am Limit – das ist der Corona-Befund der kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtungen der Caritas, die damit selbst ans Limit kommen. Angst, Einsamkeit, Depressionen, Ess- und Schlafstörungen, und Suizidalität – fast jedes dritte Kind leidet enorm unter den Folgen der Corona-Pandemie und zeigt psychische Auffälligkeiten. Deshalb fordert die Caritas den Ausbau der unterstützenden Angebote, um psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken.

Vom 17.10.2021, dem Internationalen Tag zur Beseitigung der Armut bis zum 14.11.2021, dem Welttag der Armen, ruft der Deutsche Caritasverband gemeinsam mit seinen Fachverbänden Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) Bundesverband auf, den Blick auf die belastete Situation von (benachteiligten) jungen Menschen in und nach der Pandemie zu richten.

Junge Menschen ins politische Radar

„Die jungen Menschen brauchen umgehend Hilfe. Unsere psychologischen Beratungsstellen für Kinder, Jugendliche und Eltern schlagen Alarm“, sagt Eva Maria Welskop-Deffaa, gewählte Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes. „Der tägliche Blick der Politik auf die Inzidenzzahlen verstellt gröblich den Blick auf die zweite Ebene der Corona-Gefahren. Längst sind neben den physischen Folgen einer Corona-Infektion die psychischen Folgen der Corona-Maßnahmen das drängendste Problem. Als Caritas weisen wir mit Nachdruck auf diese Entwicklung hin und auf die Notwendigkeit, entschlossen gegen zu steuern.“

Mehr Begleitung vor Ort notwendig

„Es geht um niedrigschwellig erreichbare Hilfe. Die Angebote der Erziehungs-, Familien-, Lebens- und Migrationsberatung sowie der Jugendberatung müssen gesichert und ausgebaut werden“, so Welskop-Deffaa weiter. Notwendig sind auch mehr Jugendsozialarbeit, Schulsozialarbeit und sozialpädagogische Begleitung. „Digitale Angebote wie beispielsweise die U25-Online-Suizidpräventionsberatung und #gemeinsamstatteinsam sind wichtige, niederschwellige Ergänzungen und haben in und nach der Pandemie große Nachfrage erfahren“, so Welskop-Deffaa. So stieg im Zeitraum des zweiten Lockdowns das Kontaktaufkommen bei [U25] um 30 Prozent an. Ein deutliches Anzeichen des großen Hilfebedarfs von jungen Menschen in Deutschland.

Einsamkeit, Überforderung und andere Sorgenpakete

60,7 Prozent der jungen Menschen zwischen 15 und 30 Jahren fühlen sich teilweise oder dauerhaft einsam, gibt die JuCo-Studie* an. Schulsozialarbeiter_innen berichten von vielen psycho-emotionalen Belastungen junger Menschen. Das führt zu schwierigen Situationen im Schulalltag. „Depression im Jugendalter hat oft andere Anzeichen als bei Erwachsenen, zum Beispiel Konzentrationsschwierigkeiten, Selbstzweifel oder körperliche Symptome wie Kopfschmerzen. Seit der Pandemie haben wir zusätzlich mehr junge Menschen, die weitere Sorgenpakete mit sich tragen, wie Einsamkeit und Überforderung. Bei alledem ist der Ausbau von Therapieplätzen für Kinder und Jugendliche wichtig“, sagt Jennifer Catsam, Teamleitung der Caritas Online-Suizidpräventionsberatung [U25], hier im Interview.

Häufig ist von der verlorenen „Corona-Generation“ zu hören und zu lesen. „Ein solcher Stempel wird der Komplexität der Wirklichkeit junger Menschen nicht gerecht. Viele Jugendliche haben sich während der Lockdowns irgendwie über Wasser gehalten. Sie haben die Improvisationen des Corona-Schulalltags versucht zu meistern und sich in vorbildlicher Solidarität für die Generation ihrer Großeltern engagiert. Jetzt gebührt ihnen die Solidarität der Älteren. Politik und Kirche sind gefordert, die Rechte der jungen Menschen konkret zu verteidigen – gegen ein Virus, das neben unserer Gesundheit auch unseren sozialen Zusammenhalt angreift“, so Welskop-Deffaa.

*Die JuCo-Studie wird vom Institut für Sozial- und Organisationspädagogik an der Stiftung Universität Hildesheim und dem Institut für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung an der Universität Frankfurt in Kooperation mit der Universität Bielefeld verantwortet.

Weitere Informationen zu den Armutswochen und unterstützende Projekte
Mehr Informationen zu den Armutswochen 2021 des Deutschen Caritasverbandes.

Stellungnahme
Hier geht es zur Stellungnahme des Deutschen Caritasverbandes zu den Armutswochen 2021

Bundesweite Spenden-Kampagne
Die neue bundesweite Spenden-Kampagne „Women4Youth“ des Caritasfachverbandes IN VIA, des Hildegardis-Vereins sowie des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) unterstützt Mädchen und junge Frauen, die sich aufgrund der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Belastungen zurückgezogen und den gesellschaftlichen Anschluss oder auch die berufliche Perspektive verloren haben. Mehr Informationen unter https://www.women4youth.de/

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 25.10.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV), der Familienbund der Katholiken (FDK) und der Verband kinderreicher Familien Deutschlands (KRFD) kritisieren politische Vorschläge, das Ehegattensplitting abzuschaffen.

Das Ehegattensplitting ist die Besteuerung der Ehe als Erwerbs- und Wirtschaftsgemeinschaft, die vom Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt worden ist. Eine Abschaffung widerspricht dem Grundgedanken der Verfassung, Ehe und Familie nach Artikel 6 GG zu schützen.

„Es ist sachgerecht, dass eine Gemeinschaft von zwei Menschen, die sich gesetzlich verpflichtet haben, füreinander zu sorgen und sich zu unterstützen, steuerlich anders behandelt wird als jemand, der die Unterhalts- und Beistandspflichten für einen Partner nicht trägt“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes.

Evident verfassungswidrig ist die Idee, die ehelichen Unterhaltspflichten steuerlich lediglich durch einen übertragbaren Grundfreibetrag zu berücksichtigen. „Dann stünden die Ehepartner nach der Scheidung steuerlich besser da als während der Ehe. Ein mit dem ‚besonderen Schutz‘ der Ehe unvereinbarer und gesellschaftlich höchst fragwürdiger steuerlicher Anreiz zur Trennung“, sagt Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes der Katholiken.

Die Verbände missbilligen auch Vorschläge, das Ehegattensplitting durch ein Realsplitting zu ersetzen. Damit würden Eheleute genauso besteuert, wie Menschen, die geschieden sind. Mit dem wesentlichen Unterschied, dass Ehegatten umfassend füreinander einstehen und dies per Gesetz müssen. Mit einem Realsplitting würde eine Ehegemeinschaft sachwidrig besteuert und deutlich schlechter gestellt. „Es ist vielleicht der politische Zeitgeist, die Ehe von der Scheidung aus zu denken. Das wird aber weder der Ehe noch dem Grundgesetz gerecht“, so Hoffmann.

Von einer Abschaffung des Ehegattensplittings wären besonders Familien mit mehreren Kindern und Alleinverdienerfamilien mit einem Durchschnittseinkommen betroffen, die bereits jetzt nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben an der Armutsgrenze leben. Mit der Abschaffung des Ehegattensplittings würden gerade diejenigen Familien mit zusätzlichen Steuern belastet, die für die demographische Entwicklung unseres Landes am wichtigsten sind. „Eine Familienpolitik, die sich gegen kinderreiche Familien richtet, schadet unserer gesamten Gesellschaft – mit erheblichen Auswirkungen auf die auf Nachwuchs angewiesenen Umlagesysteme Rente, Pflege und Krankenversorgung“, sagt Elisabeth Müller, Bundesvorsitzende des Verbandes kinderreicher Familien (KRFD).

Für die Familienverbände steckt hinter dem Vorstoß zum Ausstieg aus dem Ehegattensplitting ein großer und gefährlicher Irrtum:

Das Ehegattensplitting ist erstens keine Eheförderung und zweitens kein Instrument zur Erreichung vermeintlicher arbeitsmarktpolitischer Ziele. Das Ehegattensplitting beinhaltet erst recht keine Bevorzugung des Alleinverdienermodells: Es stellt im Gegenteil sicher, dass alle Ehen bei gleichem Gesamteinkommen und gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit gleich besteuert werden.

Das Ehegattensplitting verhindert somit als Instrument der Gleichheit, dass bestimmte Familienmodelle günstiger besteuert werden als andere. Wer die Freiheit und Vielfalt der Familien wertschätzt, muss am Splitting festhalten. Die Abschaffung des Ehegattensplittings ist aber nicht nur verfassungsrechtlich eine Illusion. Sie wäre finanziell verheerend für Millionen von Familien.

Alle Reformen der Ehebesteuerung müssen auf dem Ehegattensplitting aufbauen und dürfen nicht zu einer Schlechterstellung der Ehe als Erwerbs- und Wirtschaftsgemeinschaft sowie der Familie führen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V., Familienbund der Katholiken und Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. vom 25.10.2021

Ein breites Bündnis von 38 Verbänden setzt sich für ein KiTa-Bundesqualitätsgesetz ein. Neben dem Arbeiterwohlfahrt Bundesverband (AWO), der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und dem Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband hat auch das Deutsche Kinderhilfswerk die Erklärung unterzeichnet.

Das Bündnis hält es für dringend erforderlich, dass Rahmenbedingungen wie eine bessere Fachkraft-Kind-Relation, mehr Zeit für Leitungsaufgaben und die mittelbare pädagogische Arbeit länderübergreifend verbindlich in einem Bundesqualitätsgesetz festgeschrieben werden. Die Finanzierung dieser Maßnahmen für eine gute frühkindliche Bildung muss dauerhaft gesichert werden. Dies ist von zentraler Bedeutung, um das Recht eines jeden Kindes auf eine hochwertige Bildung, Erziehung und Betreuung nachhaltig zu garantieren und die Arbeitsbedingungen der pädagogischen Fachkräfte deutlich zu verbessern.

Dem Positionspapier des Bündnisses haben sich 38 Verbände und diverse Einzelpersonen durch ihre Erstunterzeichnung angeschlossen und unterstützen die Forderung für ein Bundesqualitätsgesetz.

„Kitas sind Bildungsorte. Jedes Kind, egal wo es in Deutschland zu Hause ist, muss in jeder Kita einen Ort finden, an dem es individuell und seinen Bedürfnissen entsprechend gefördert wird. Damit das klappt, braucht es einen fixen Rahmen: ein Bundesqualitätsgesetz“, betont Doreen Siebernik, GEW-Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit, während einer Pressekonferenz des Bündnisses am 25.10.2021 in Berlin.

„In einem Bundesqualitätsgesetz sind Standards für alle Länder verbindlich zu regeln, die wissenschaftlich begründet und unabhängig von der Haushaltslage definiert werden“, so Frank Jansen, Geschäftsführer des KTK- Bundesverbandes. „Qualität braucht einen verbindlichen Rahmen und kostet Geld. Hier sind wir auf eine verlässliche und dauerhafte Unterstützung des Bundes angewiesen“, betont Jansen. „Unsere pädagogischen Fachkräfte sind der Schlüssel für eine gute frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen.“

„Für eine konsequente Sicherung der Qualität in Kindertageseinrichtungen ist nun der politische Wille erforderlich, der zu einem Bundesqualitätsgesetz führt“, unterstreicht Selvi Naidu, Mitglied des AWO Bundesvorstandes, „Diesen politischen Willen gilt es nun in einem ersten Schritt im Koalitionsvertrag der neuen Regierungskoalition zu dokumentieren.“

Mehr Informationen und die Erklärung der Verbände: https://www.dkhw.de/schwerpunkte/demokratiebildung-von-anfang-an/politische-arbeit/bundesqualitaetsgesetz-fuer-kitas/

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 25.10.2021

Die Ampel will Hartz IV hinter sich lassen und durch ein Bürgergeld ersetzen. Zu befürchten ist allerdings, dass die verhandelnden Parteien damit gar keine wesentlichen Verbesserungen wie die deutliche Erhöhung der Regelsätze verbinden.

Allerdings schließt das Sondierungspapier solche Fortschritte auch nicht aus. Zudem ist mittlerweile klar: Die derzeit geplante Erhöhung der Regelsätze um 0,7 Prozent zum 1.1.2022 ist verfassungswidrig – keine Koalition kann es sich erlauben, hier untätig zu bleiben. Herzlichen Dank an dieser Stelle an alle Unterstützer*innen des Rote-Linie-Appells an Hubertus Heil, mit dem wir deutlich machen konnten, welche Folgen ein armutspolitischer Stillstand für Betroffene hätte.

Um jetzt in diesen entscheidenden nächsten Tagen Druck für echten Forschritt statt eines bloßen Etikettenwechsels zu machen, hat Sanktionsfrei – Unterstützer des Corona-Nothilfen-Appells – eine Petition gestartet und freut sich, wenn Sie diese bekanntmachen und verbreiten: https://weact.campact.de/p/sanktionsfrei

Auch wir beim Paritätischen planen parallel zu den Verhandlungen aktiv zu werden – Informationen folgen.  

Quelle: Information Der Paritätische Gesamtverband vom 26.10.2021

Der Handlungsdruck sei zu groß, als dass eine künftige Bundesregierung hier untätig bleiben könne.

Eine umfassende Pflegereform mahnt der Paritätische Wohlfahrtsverband anlässlich des heute beginnenden Deutschen Pflegetages an. Es brauche mehr Personal, bessere Arbeitsbedingungen und unbedingt auch eine Entlastung und bessere – auch finanzielle – Absicherung pflegender Angehöriger. Der Verband appelliert an SPD, Grüne und FDP, die derzeit über eine mögliche Ampel-Koalition sondieren, das Thema Pflege entschlossen anzugehen. Der Handlungsdruck sei zu groß, als dass eine künftige Bundesregierung hier untätig bleiben könne.

“Wir brauchen eine echte Pflegereform, die den Namen verdient und unbedingt mehr Geld im System”, fordert Lisa Schmidt, Leiterin der Abteilung Gesundheit, Teilhabe, Pflege im Paritätischen Gesamtverband. Um die bestehenden Herausforderungen anzugehen, müsse die Pflegefinanzierung vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Mehrere Milliarden Euro zusätzlich seien jedes Jahr nötig. “Diese Kosten dürfen auf keinen Fall zusätzlich zu Lasten der Pflegebedürftigen gehen. Pflege darf nicht arm machen, wie es derzeit leider immer häufiger der Fall ist”, mahnt Schmidt.

Der Paritätische schlägt eine einheitliche solidarische Bürgerversicherung als Pflegevollversicherung vor: “Perspektivisch braucht es eine Vollversicherung, die das Risiko der Pflegebedürftigkeit wirksam absichert”, fordert Schmidt. Auf dem Weg dahin müssten zuvorderst die Eigenanteile für pflegebedingte Kosten deutlich gedeckelt werden. Der Verband fordert übergangsweise als Sofortmaßnahme eine Begrenzung des Eigenanteils für pflegebedingte Kosten in Höhe von 15 Prozent, die Pflegekassen sollen stattdessen stärker in die Pflicht genommen werden. Zur finanziellen Absicherung pflegender Angehöriger fordert der Paritätische eine Familienpflegezeit mit Lohnersatzleistung analog zum Elterngeld.

Mehr Informationen zu den pflegepolitischen Forderungen des Paritätischen: https://www.der-paritaetische.de/alle-meldungen/hintergrundpapier-pflegepolitische-forderungen-des-paritaetischen-zur-bundestagswahl-2021/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 13.10.2021

Anlässlich der anstehenden Veröffentlichung der Düsseldorfer Tabelle 2022 fordert der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV), die prekäre Lage vieler Einelternfamilien durch Änderungen der Tabelle nicht weiter zu verschärfen. Die Vorschläge der Unterhaltsrechtskommission des Deutschen Familiengerichtstages weisen jedoch leider in die entgegengesetzte Richtung. „Unterm Strich bedeuten die Vorschläge der Kommission Kürzungen für unterhaltsberechtigte Kinder beim Unterhalt und mehr Mangelfälle. Dies wird ein grundlegendes Problem weiter verschärfen statt lösen: der Kindesunterhalt ist bereits jetzt systematisch zu niedrig“, bemängelt Daniela Jaspers, VAMV-Bundesvorsitzende.

Die Kommission regt grundlegende Veränderungen an, wie etwa die Düsseldorfer Tabelle in Zukunft nur noch auf ein Kind statt wie bisher auf zwei auszurichten. Ferner will die Kommission den notwendigen Selbstbehalt für Erwerbstätige um 70 Euro auf 1.230 Euro und für Nicht-erwerbstätige von 960 Euro auf 1.000 Euro erhöhen, ist einem Artikel in der Zeitschrift für Familienrecht zu entnehmen. Der Mindestunterhalt sei von 2008 bis 2021 um 40 Prozent gestiegen, der Selbstbehalt dagegen nur um 29 Prozent, so die Kommission. Grundlegende Veränderungen seien notwendig, um eine angemessene Relation zwischen Mindestunterhalt und notwendigem Selbstbehalt sicherzustellen. „Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Denn die Rechnung geht nur auf, wenn der Mindestunterhalt auch tatsächlich den Bedarf des unterhaltsberechtigten Kindes deckt. Dies ist aktuell nicht der Fall“, erläutert Jaspers. Die Höhe des Unterhalts ist systematisch zu niedrig angesetzt, da er auf den nicht bedarfsdeckenden sozialrechtlichen Regelsätzen fußt und die soziokulturelle Teilhabe nicht abbildet. „In der Konsequenz springen die Alleiner-ziehenden in die Bresche und sichern den Bedarf des Kindes aus ihrem eigenen Einkommen, soweit vorhanden“, erklärt Jaspers. Im Jahr 2018, als der Mindestunterhalt bei 399 Euro im Monat lag, gaben Alleinerziehende durchschnittlich 710 Euro für ein in ihrem Haushalt lebendes Kind aus, davon allein 200 Euro für Wohnkosten.

„Anstatt den bereits jetzt nicht existenzsichernden Kindesunterhalt weiter zu kürzen, müssen neue Anknüpfungspunkte anstelle des sächlichen Existenzminimums für den Kindesunterhalt diskutiert und festgelegt werden, die zu einem guten Lebensunterhalt für Kinder führen“, fordert Jaspers.

Die ausführliche Stellungnahme des VAMV zu den Änderungsvorschlägen für die Düsseldorfer Tabelle 2022 finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 28.10.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 02. November 2020 11:00 – 13:00 Uhr

Veranstalter: Population Europe

Im Rahmen dieser digitalen Veranstaltungsreihe diskutieren wir zentrale Fragen für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft in einem Kreis von Expert*innen und interessierten Teilnehmer*innen an der Schnittstelle von Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

Trotz aller Fortschritte bei Bildung und Erwerbsbeteiligung verdienen Frauen heute noch immer durchschnittlich weniger als Männer und sind seltener in Führunspositionen anzutreffen. Elternschaft ist  eine der Hauptursachen für diese geschlechtsspezifischen Ungleichheiten. Die mit der COVID-19-Pandemie einhergehenden ungleichen wirtschaftlichen Folgen für Männer und Frauen ließen diese Thematik Teil einer breiteren öffentlichen Diskussion werden. Dieser Vortrag gibt einen systematischen Überblick über die Rolle der Elternschaft für die anhaltenden Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland.

Sie können sich hier anmelden: https://population-europe.eu/dienstagsdialog-mit-prof-dr-lena-hipp

Termin: 02. November 2020 12:00 – 13:00 Uhr

Veranstalter: Statistisches Bundesamt und Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Die Online-Diskussionsveranstaltung richtet sich an Interessierte und Entscheider:innen aus Politik und Verwaltung (Behörden, Verbände, Abgeordnete etc.). Sie ist Teil der von Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung und dem Statistischen Bundesamt gemeinsam organisierten Reihe „Berliner Demografiegespräche“.

Im März dieses Jahres hat ein Geburtenplus von 6% in Deutschland für Aufsehen gesorgt, gingen doch in vielen anderen Ländern, insbesondere Südeuropa und den USA, die Geburtenzahlen im Zuge der COVID-19-Pandemie spürbar zurück.

Liegt das erste Pandemiejahr damit im Geburtentrend des 21. Jahrhunderts in Deutschland oder läuft es ihm zuwider? Wieso gibt es einen deutlichen Einbruch in den anderen Ländern? Und welche Auswirkungen hat der nicht realisierte Kinderwunsch auf die Paare?

Zwei Fachleute – die Statistikerin Olga Pötzsch (Statistisches Bundesamt) und der Sozialwissenschaftler PD Dr. Martin Bujard vom BiB– stellen aktuelle Befunde vor und diskutieren mögliche Auswirkungen der weiteren COVID-19-Wellen auf die Geburtenentwicklung. Die Daten zu Geburten liegen für Deutschland bis einschließlich Juli 2021 vor.

Mehr Informationen finden Sie hier: www.bib.bund.de/DE/Aktuelles/2021/2021-10-14-Berliner-Demografiegespraech-Geburtenknick-oder-Babyboom.html 

Bitte melden Sie sich per Email an: Veranstaltungen-iPunkt@destatis.de . Sie erhalten Einwahldaten für die Webex-Videokonferenz im Vorfeld.

Termin: 16. November 2021

Veranstalter: Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit in NRW

Bei dieser Veranstaltung wird es darum gehen, Lebenssituationen und -ereignisse, in denen väterliches Engagement beeinflusst wird, zu identifizieren und diejenigen, die Väter in diesen Phasen begleiten und beraten mit denen ins Gespräch zu bringen, die gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen mitgestalten.
Dabei werden die Erfahrungen, die Väter und alle anderen, in der Corona Pandemie, während der Lockdowns mit Schul- und Kitaschließungen, im Homeoffice und in der Ausübung systemrelevante Berufe gemacht haben im Vordergrund stehen und die Chancen der Learnings dieser 18 Monate ausgewertet.
Ergebnis dieser Tagung sind konkrete Ansätze, die es einerseits Vätern bzw. denjenigen die sie begleiten und beraten ermöglichen, Entscheidungsabläufe ‚transparenter‘ zu gestalten und andererseits denjenigen, die Rahmenbedingungen (mit-) gestalten, erlauben vermeintliche Sachzwänge und andere Faktoren, die nicht zu den ‚erwünschten‘ Zielen führen, zu korrigieren und Weichen anders zu stellen.

Programm

Ab 9.00 Uhr Login der Teilnehmenden

9.30 Uhr Eröffnung und Einführung

Videogrußbotschaft Andreas Bothe, Staatssekretär MKFFI
LAG-V Mitglieder im Gespräch: Hans-Georg Nelles, Stephan Buttgereit und Jürgen Haas zu den Herausforderungen und Erfahrungen in der Arbeit der letzten 18 Monate.

10.00 Uhr Keynotes

Engagement von Vätern, Entwicklung, Bedeutung und Rahmenbedingungen, David Juncke Prognos AG
Corona als Brennglas – Erfahrungen von Vätern und Chancen/ Ansatzpunkte für Veränderungen mehr väterliches Engagement, Anna Buschmeyer, Deutsches Jugendinstitut München

11:20 Uhr Pause

11:35 Uhr Videoimpuls: Portraits von Paaren und ihren Erfahrungen in unterschiedlichen Familienkonstellationen

Das vollständige Programm finden Sie hier: Programm Vätertagung 20211007

Weitere Informationen zu den Dialogrunden und den Workshops gibt es hier: Inhalte und Leitfragen der Dialogrunden und Workshops 20211007

Für die Teilnahme an der Tagung werden keine Kosten erhoben, eine Anmeldung ist hier möglich: https://eveeno.com/lag-vaetertagung-2021

Termin: 23. bis 24. November 2021

Veranstalter: Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit in NRW

Es werden neue Forschungsergebnisse zu aktuellen Fragen vorgestellt und gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Fachpraxis sowie Politik und Administration diskutiert. Dabei spannt das Thema „Aufwachsen in Deutschland“ einen breiten Bogen, der die unterschiedlichen Lebensphasen der Kindheit, Jugend und des jungen Erwachsenenalters abdeckt sowie unterschiedliche Akteure und Institutionen in den Blick nimmt, die für das gelingende Aufwachsen Verantwortung tragen. Prof. Sabine Walper, neue Direktorin des DJI ab 1. Oktober, eröffnet die Online-Veranstaltung und beleuchtet dabei die verschiedenen Aspekte des Aufwachsens in Deutschland für Kinder, Jugendliche und deren Familien in ihrem einleitenden Vortrag. Die für den Abend des 23.11. geplante Verabschiedungsveranstaltung für Prof. Dr. Rauschenbach ist aus Pandemiegründen für das Frühjahr 2022 vorgesehen.

Aufgrund der immer noch geltenden Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie wird die Tagung online stattfinden.

Das Programm finden Sie im Anhang zu dieser E-Mail, den Link zur Anmeldung hier: https://event.goes-virtual.de/v/wissenschaftliche-jahrestagung-dji

WEITERE INFORMATIONEN

Auch in diesem Jahr führen wir eine Online-Umfrage durch, die sich an Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, Jugendämter, Pflegeeltern, Beratungsstellen und weitere Personen richtet, die mit jungen Geflüchteten in Kontakt stehen. Mit dieser Befragung möchten wir uns einen Überblick über die Situation der jungen Menschen verschaffen, die sich in Deutschland aufhalten.

Der Fokus liegt auf der Situation unbegleiteter Minderjährigen und unbegleiteter junger Erwachsener, es wird jedoch auch nach begleiteten Minderjährigen, die mit ihren Familien in Deutschland leben, gefragt. Wenn nur mit einer der genannten Zielgruppen gearbeitet wird, muss nur der entsprechende Teil des Fragebogens beantwortet werden.

Wir laden Sie und Euch alle ganz herzlich ein, bis einschließlich 31. Oktober 2021 unter dem folgenden Link an der Umfrage teilzunehmen:

https://www.soscisurvey.de/BumF_Onlineumfrage/

In den vergangenen Jahren haben die Auswertungen der Umfragen in Politik, Behörden und Medien breite Aufmerksamkeit erfahren. Es ist uns ein großes Anliegen möglichst viele Fachkräfte zu erreichen, um somit gute Praxis und bestehende Probleme identifizieren und in diesem Kontext auch von deren Erfahrungen als Praktiker*innen profitieren zu können. Die Umfrage hat auch das Ziel, über einen langfristigen Zeitraum Veränderungen in der Situation von jungen Geflüchteten und den Fachkräften, die mit ihnen zusammenarbeiten, abbilden zu können. In der diesjährigen Umfrage wird auch in den Blick genommen, welche Auswirkungen die Corona-Krise auf die Situation junger Geflüchteter hatte bzw. hat.

Für die Bereitschaft an der Umfrage teilzunehmen, bedanken wir uns!

Frauen und insbesondere Mütter werden durch die Kombination aus Ehegattensplitting und steuer- und abgabenfreien 450-Euro-Jobs auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt. Für sie lohnt sich häufig die Aufnahme einer substanziellen Beschäftigung kaum. Damit (Mehr-)Arbeit in einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung für Zweitverdienerinnen attraktiver wird, plädieren wir für eine Kombireform von Ehegattensplitting und Minijob. 

Von 7,6 Millionen Ehefrauen im Alter von 25 bis 60 Jahren haben mit 6 Millionen rund drei Viertel ein geringeres Einkommen als ihr Partner und sind demnach Zweitverdienerinnen. Für sie setzt das Steuer- und Sozialversicherungssystem in Deutschland falsche Anreize. Sie leiden darunter, dass – anders als bei einem Minijob – bei der Aufnahme einer Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung nicht nur Sozialversicherungsabgaben, sondern auch Einkommenssteuer anfällt, die über dem üblichen Eingangsteuersatz in Höhe von 14 Prozent liegt. Grund dafür ist das Ehegattensplitting, das dazu führt, dass eine Zweitverdienerin demselben Steuersatz unterliegt wie der Erstverdiener.  

Eine Kombireform könnte die Fehlanreize des Ehegattensplittings begrenzen und Minijobs in sozialversicherungs- und steuerpflichtige Beschäftigung umwandeln. Denn diese, so zeigen Berechnungen von Andreas Peichl, Maximilian Blömer und Przemyslaw Brandt vom ifo Institut in unserem Auftrag, hätte im Vergleich zu einzelnen isolierten Reformen besonders große Beschäftigungseffekte für Frauen.  

Kombireform bringt mehr als 100.000 Frauen in gute Beschäftigung 

Die Untersuchung zeigt, dass die Umwandlung des jetzigen Ehegattensplittings in ein Realsplitting und der Minijobs in sozialversicherungs- und steuerpflichtige Beschäftigung 124.000 Menschen in Arbeit bringen könnte, davon 108.000 Frauen. Die jeweils isolierte Einführung des Realsplittings und der Reform der Minijobs brächte dagegen weniger Frauen in Arbeit. Beim Realsplitting würden beide Eheleute separat veranlagt, allerdings dürfte ein begrenzter Betrag in Höhe von 13.805 Euro, der die Unterhaltspflichten widerspiegelt und damit verfassungskonform wäre, auf die Partnerin übertragen werden.

Dadurch ließe sich die Steuerlast für die Zweitverdienerin abbauen, sodass sich die Aufnahme einer Beschäftigung oder die Erhöhung der Arbeitszeit für sie insgesamt eher lohnen würde. Gleichzeitig würde auch der Steuervorteil durch das Splitting für besonders hohe Einkommen begrenzt, von dem insbesondere Paare profitieren, bei denen eine einzige Person – in der Regel der Mann – den Großteil des Einkommens erzielt.

Zur Zweitverdienerinnenfalle trägt neben dem Ehegattensplitting auch der steuer- und abgabenfreie Minijob bei. Durch sukzessiv ansteigende Sozialversicherungsabgaben könnten Minijobs in reguläre Beschäftigung umgewandelt werden: Die Abgaben würden ab dem ersten Euro fällig, allerdings mit einem anfangs sehr geringen Beitragssatz. Der volle Sozialversicherungssatz würde dagegen bei 1.800 Euro – was einer Vollzeitbeschäftigung im Niedriglohnbereich entspricht – zu Buche schlagen. Eine solche Kombireform wäre nahezu aufkommensneutral, d. h. sie würde keine zusätzlichen Kosten für den Staat verursachen. Auch die Verteilungswirkungen wären erheblich: Insgesamt würden die unteren 40 Prozent der Einkommen entlastet werden.

Kombireform zur Abschaffung von Fehlanreizen ist nötig und möglich

Für viele Zweitverdienerinnen lohnt sich heute Arbeit über den Minijob hinaus kaum. Ein Beispiel: Verdient der Mann 48.000 Euro brutto im Jahr, würde die Ehefrau bei einem Stundenlohn von 10 Euro und einem Minijob mit ca. 10 Wochenstunden 5.400 Euro im Jahr hinzuverdienen. Wählt sie stattdessen einen Teilzeitjob mit 20 Wochenstunden, bei gleichem Bruttostundenlohn, blieben der Familie nur rund 1.000 Euro mehr. 

Die Folge: Viele Zweitverdienerinnen entscheiden sich häufig für einen Minijob, der sich insbesondere in der Corona-Pandemie als besonders krisenanfällig erwiesen hat. Dies hat weitreichende Folgen für die Absicherung der Frauen – sowohl bei Arbeitslosigkeit als auch im Alter. „Es muss uns gelingen, Frauen und Mütter aus der Zweitverdienerinnenfalle zu befreien“, sagt Barišić. „Ein erheblicher Teil des Arbeitskräftepotenzials von Frauen wird aktuell nicht voll ausgeschöpft. Im Zuge des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels kann Deutschland sich dies nicht mehr leisten. Eine kombinierte Reform könnte auch helfen, Geschlechterunterschiede auf dem Arbeitsmarkt zu reduzieren.“

Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer des Deutschen Kita-Preises,

mehrere tausend Einrichtungen und Initiativen aus der gesamten Bundesrepublik haben sich bereits um den Deutschen Kita-Preis beworben. In dieser Zeit teilten die teilnehmenden Kitas und lokalen Bündnisse mit unseren Expert:innen inspirierende Momente und innovative, praxiserprobte Ideen. Einige der zahlreichen Beispiele haben wir im Inspirationsbuch des Deutschen Kita-Preises gesammelt, das wir Ihnen im Frühjahr gemeinsam mit Ihrem Juryordner zugesendet haben.

Ab sofort gibt es unsere Publikation auch in digitaler Version auf unserer Webseite zum Download. Außerdem gibt es die Möglichkeit, ein gebundenes Exemplar kostenlos zu bestellen – allerdings nur solange der Vorrat reicht.

Zur digitalen Variante sowie zum Bestellformular für gebundene Exemplare kommen Sie hier: https://www.deutscher-kita-preis.de/das-inspirationsbuch

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 11/2021

AUS DEM ZFF

Die aktuelle Ausgabe Nr. 31 unserer Zeitschrift „vielfalt familie“, die sich unter dem Motto „Zusammenhalten! Sorgearbeit sozial und geschlechtergerecht absichern“ mit der bevorstehenden Bundestagswahl beschäftigt, ist erschienen.

Unter vier zentralen Forderungen haben wir einen Blick in die Wahlprogramme der aktuell im Bundestag vertretenen Parteien geworfen: Welche Rolle spielen eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit sowie Vereinbarkeitsfragen? Welche Ansätze gibt es zur Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut? Inwiefern werden vielfältige Familienkonstellationen und infrastrukturelle Rahmenbedigungen für Familien berücksichtigt? Antworten auf diese Fragen liefern unser Schwerpunktartikel sowie die Statements der kinder- und familienpolitischen Sprecher*innen der Fraktionen.

Darüber hinaus blicken wir zurück auf unsere digitale Fachtagung „Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“ und berichten über Herausforderungen und Potenziale der Familienbildung in der Pandemie. Jens Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, erläutert zudem, was „Familie ist…“.

Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist eine der zentralen familienpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Die ohnehin oft schwierige Situation pflegender Angehöriger hat sich unter den Bedingungen der Corona-Krise weiter verschärft. Viele Betroffene – überwiegend Frauen – sind enormen finanziellen, physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt.
Im Mittelpunkt der Tagung stand die Frage, wie Konzepte für eine gute Vereinbarkeit aussehen können, und wie der Weg hin zu einer Gesellschaft beschritten werden kann, die die Sorge um Pflegedürftige als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift.

Die ganze Dokumentation zu der digitalen Fachtagung finden Sie hier.

Ab morgen herrscht wieder in allen Bundesländern Schulbetrieb. Das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) fordert nachhaltige Konzepte zur Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien sowie die Gewährleistung von verlässlichem Schulbetrieb und Hortbetreuung.

Im vergangenen Schuljahr waren Kinder, Jugendliche und ihre Familien durch monatelangen Lockdown und Phasen von Wechselunterricht bei schlechter digitaler Ausstattung massiv herausgefordert. Dies hat zu teilweise enormem Lernrückstand, psychischen Belastungen und deutlicher Erschöpfung in vielen Familien geführt. Positive Signale wie die perspektivische Einführung eines Rechtanspruchs auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule sind wichtig, können aber konkrete, zeitnahe Maßnahmen in der aktuellen Situation nicht ersetzen.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Das Schuljahr 2021/22 muss anders werden! Für die Kinder und Jugendlichen erwarten wir Lehr- und Lernangebote, die sie dort abholen, wo sie stehen, und nicht zusätzlichen Leistungsdruck aufbauen. Ebenso müssen Angebote in und außerhalb der Schule bereitstehen, die sie bei psycho-sozialen Herausforderungen wie Angst, Einsamkeit und Lernschwierigkeiten gut und anerkennend begleiten. Eine Grundvoraussetzung dafür ist, dass alles dafür getan wird, den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten und dass die sozialen Räume von Kindern und Jugendlichen nicht wieder zu den ersten gehören, die angesichts steigender Corona-Infektionszahlen geschlossen werden. Die Versäumnisse des letzten Jahres dürfen sich nicht wiederholen!“

Altenkamp fügt hinzu: „Eltern dürfen nicht wieder alleine gelassen werden, wenn Kinder auf Grund von Erkältungskrankheiten oder Corona-Quarantäne nicht in die Schule gehen können. Wir appellieren an das Verständnis von Arbeitgeber*innen und fordern gute und verlässliche Absicherungen für Eltern, um ihre Kinder in diesen Situationen zu betreuen. Kurzfristig ist das eine erneute Ausweitung der Kinderkrankentage zur Unterstützung von Eltern in den kommenden Wintermonaten. Langfristig brauchen wir einen klaren Kurswechsel hin zu einer Politik, die die Bedarfe von Kindern, Jugendlichen und Familien in den Mittelpunkt von Politikentscheidungen rückt.“

Das Positionspapier „Familien auch in Krisenzeiten gut absichern!” des Zukunftsforums Familie e.V. (ZFF) zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 13.09.2021

Anlässlich des Inkrafttretens der Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) begrüßt das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) die zusätzliche Flexibilität und die Verbesserungen v.a. für Eltern frühgeborener Kinder, mahnt jedoch weitere Schritte zur Förderung von Partnerschaftlichkeit an.

Mit der Reform des BEEG profitieren Eltern ab heute von Verbesserungen beim Elterngeld und der Elternzeit. Sie können flexiblere Angebote von Elterngeld bzw. Elternzeit nutzen, die den weitverbreiteten Wünschen und Bedarfen nach einer partnerschaftlicheren Vereinbarkeit entgegenkommen. Dazu gehören die Anhebung der Höchstarbeitsgrenze während der Elternzeit bzw. des Elterngeldbezugs und die Flexibilisierung des Partnerschaftsbonus. Daneben werden Eltern besonders früh geborener Kinder („Frühchen“) mit bis zu vier zusätzlichen Elterngeld-Monaten unterstützt.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Das Elterngeld, das ElterngeldPlus und der Partnerschaftsbonus sind Instrumente zur Unterstützung eines partnerschaftlichen Familienlebens, die sich bewährt haben. Es ist gut und richtig, dass diese weiter verbessert werden. In besonderem Maße gilt dies für Eltern von Frühchen, die dringend zusätzliche finanziell abgesicherte Auszeiten aus dem Erwerbsleben brauchen, um unter schwierigen Bedingungen gut ins Familienleben zu finden.“

Altenkamp zeigt sich jedoch von der Reform insgesamt enttäuscht: „Die Elterngeldreform, die nun in Kraft tritt, gleicht jedoch eher einem Reförmchen. Die meisten Familien wünschen sich eine gleichberechtigte Aufteilung bei der Kinderbetreuung, doch dafür braucht es deutlich mutigere Schritte. Wir setzen uns daher für eine Ausdehnung der Partnermonate und die Einführung einer Freistellung des zweiten Elternteils nach der Geburt ein. Darüber hinaus müssen wir gerade einkommensschwache Eltern darin unterstützen, ohne finanzielle Nöte in ihr Familienleben zu starten. Das ZFF fordert, das Elterngeld als Familienförderleistung nicht wie bislang auf Transferleistungen anzurechnen und den Mindestbetrag zu erhöhen. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen der vergangenen Monate in der Krise, in der Familien selbstverständlich den Laden zusammengehalten haben, hätte es eigentlich stärkerer Signale aus der Politik bedurft. Ich hoffe, dass die künftige Bundesregierung hier deutliche Zeichen setzt!“

Die Stellungnahme des ZFF zur Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 14. Dezember 2020 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes“ können Sie hier nachlesen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 01.09.2021

Gemeinsam mit 21 weiteren Verbänden, Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) die nächste Bundesregierung auf, Kinderarmut endlich effektiv zu bekämpfen und eine Kindergrundsicherung einzuführen.

Zentrale Forderung der Erklärung „Gemeinsam gegen Kinderarmut: EINE für ALLE – Kindergrundsicherung jetzt!“ ist eine sozial gerechte Kindergrundsicherung, die bisherige Leistungen bündelt und auf einem neuen und realistisch berechneten Existenzminimum beruht. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage findet die Idee einer Idee einer Kindergrundsicherung in der Bevölkerung große Zustimmung: 76 Prozent der Wahlberechtigten sind dafür, eine Kindergrundsicherung einzuführen.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Jedes Kind ist gleich viel wert – mit einer echten Kindergrundsicherung bleibt dieser Satz keine Floskel, sondern wird Realität! Die Kindergrundsicherung schafft gleichberechtigte Teilhabe sowie ein gutes Aufwachsen für alle. Sie beendet endlich die Ungerechtigkeiten in unseren Systemen, die aktuell armen Kindern im Sozialrecht nur einen Bruchteil der Unterstützung zukommen lassen, die reiche Kinder im Steuerrecht über ihre Eltern erhalten. Seit 2009 kämpfen wir dafür gemeinsam im Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG. Mit der Bundestagswahl 2021 ist die Zeit gekommen, dass diese endlich umgesetzt wird!“

Den vollständigen Text der Erklärung „Gemeinsam gegen Kinderarmut: EINE für ALLE – Kindergrundsicherung jetzt!“ sowie eine Liste der Unterzeichnenden finden Sie hier. Die Ergebnisse der Forsa-Umfrage können Sie hier einsehen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 23.08.2021

SCHWERPUNKT I: Ganztagsbetreuung in der Grundschule

Ab 2026 soll der Anspruch auf acht Stunden Betreuung am Tag in Kraft treten. Er verbessert die Chancengleichheit aller Kinder und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Bund und Länder haben sich am Montagabend im Vermittlungsausschuss auf die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen geeinigt. Das sind gute Nachrichten für die Familien in Deutschland. Eine gut funktionierende Kinderbetreuung ist doppelt wichtig – für die Chancengleichheit aller Kinder und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Genau deshalb war der Rechtsanspruch im Koalitionsvertrag verankert worden.

Der neue Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen knüpft an den 2013 in Kraft getretenen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz an und tritt ab 2026 gestuft in Kraft. Ab dem Schuljahr 2026 gilt er in jedem neuen Schuljahr für alle Erstklässler, die diesen bis zur vierten Klasse behalten – so dass dann ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassen eins bis vier einen Anspruch auf acht Stunden Betreuung pro Tag hat.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Carsten Schneider, sprach von einem „großen Fortschritt für Kinder und Familien“. Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) erklärte, es handele sich um eine wichtige Weichenstellung für mehr Bildungsgerechtigkeit und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Der Bundesrat hatte hierzu den Vermittlungsausschuss angerufen. Mit der gefundenen Einigung soll das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten. Der Bundestag hat dem Gesetz am Dienstag zugestimmt, der Bundesrat stimmt am Freitag ab.

Um diese Einigung wurde hart gerungen. Am Ende steht ein großer Erfolg für die SPD-Bundestagsfraktion – und ein großer Fortschritt für Kinder und Familien in diesem Land, die gerade in den letzten Monaten der Pandemie erhebliche Lasten getragen haben.

Der Kompromiss enthält folgende zentrale Punkte:

  • Der Bund beteiligt sich wie geplant mit einem Festbetrag von maximal 3,5 Milliarden Euro an den Investitionen der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände zum quantitativen und qualitativen Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote. Die Förderquote des Bundes liegt bei höchstens 70 Prozent. Das trägt zugleich der Tatsache Rechnung, dass neue Schätzungen von einem rund 25 Prozent niedrigeren Bedarf an Schulplätzen ab 2030 ausgehen als geplant.
  • Mit den Investitionshilfen müssen nicht mehr zwingend zusätzliche Plätze geschaffen werden. Förderfähig sind Investitionen für den Neubau, den Umbau, die Erweiterung, die Ausstattung sowie die Sanierung der Infrastruktur für Bildung und Betreuung von Kindern im Grundschulalter.
  • Künftig können die Eigenmittel freier Träger auf den Finanzierungsanteil der Länder angerechnet werden.
  • Der Bund beteiligt sich an den Betriebskosten der Ganztagsbetreuung ab 2026 aufwachsend auf 1,3 Milliarden Euro ab 2030.
  • Zum 31.12.2027 und zum 31.12.2030 wird es eine Evaluierung der Investitions- und laufenden Betriebskosten zwischen Bund und Ländern geben. Davon ausgehend werden Bund und Länder „unter Beachtung der Aufgabenverantwortung Mehrbelastungen und Minderbelastungen“ angemessen ausgleichen.

Quelle: Pressemitteilung SPD–Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 07.09.2021

Ergebnis des Vermittlungsausschusses schafft Klarheit und Planungssicherheit für Kommunen

Der Deutsche Bundestag hat am heutigen Dienstag dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses zum Gesetz über die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter zugestimmt. Dazu erklärt der kommunalpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Haase:

„Wir begrüßen das Ergebnis des Vermittlungsausschusses aus kommunaler Sicht. Die Kommunen erhalten als Schulträger damit Klarheit und Planungssicherheit für die jetzt bereits anstehenden Maßnahmen zur Umsetzung des Rechtsanspruchs. Mit der Einigung im Vermittlungsausschuss greift auch die im Gesetz vorgesehene einjährige Verlängerung der Abruffrist von Investitionsmitteln bis Ende 2022, was gerade in der derzeit angespannten baulichen Lage eine große Erleichterung für die Schulträger ist.

Mit dem Ergebnis werden die Kommunen sowohl bei den Investitions- als auch bei den Betriebsausgaben durch Mittel von Bund und Ländern unterstützt. Dabei muss die Bundesförderung mit Landesmitteln aufgestockt werden, so dass die Kosten für die kommunalen Schulträger erstattet werden.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 07.09.2021

„Das ist ja nochmal gutgegangen. Ein Scheitern wäre fatal gewesen. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ist immens wichtig, er ist ein Baustein für mehr Bildungsgerechtigkeit und ein Lichtblick für viele Familien. Doch müssen wir aus den Fehlern beim Kitaausbau lernen, sonst blüht uns hier ein ähnliches Desaster“, erklärt Birke Bull-Bischoff mit Blick auf die im Vermittlungsausschuss erzielte Einigung von Bund und Ländern zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE weiter:

„In den letzten Wochen dieser Wahlperiode haben sich Koalition und Länder auf ein Paket verständigt, und der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter wird sukzessive ab 2026 umgesetzt. Es muss aber auch betont werden, was alles fehlt. Zu vieles ist vom Bund nicht mitgedacht worden, und zu viele Fragen der Umsetzung sind auch in den Ländern noch offen. Wir brauchen dringend eine qualitätsvolle Ausgestaltung für verlässliche Betreuung und bessere Bildungschancen. Dies betrifft besonders die Flächenländer. Es hat sicher niemand ein Interesse daran, dass die örtlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe unterschiedliche Konzepte ausbauen, dass die Länder teilweise überfordert sein werden und wir am Ende sehr unterschiedliche Qualitätsniveaus in der Ganztagsbetreuung haben. Wir brauchen bundesweite verbindliche Qualitätsstandards auch mit Blick auf Personalschlüssel. Mit einer schleppenden Fachkräfteoffensive ist das Fachkräfteproblem ab 2026 nicht mal ansatzweise gelöst. Ohne ausreichend Personal gibt es nun mal keinen Ganztag.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 07.09.2021

Die in der AGF zusammengeschlossenen Familienverbände begrüßen, dass mit dem  heutigen Beschluss des Bundesrats der Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wurde. Jetzt muss mit der Arbeit an der Qualität des Angebots begonnen werden, die im Gesetz zu wenig Beachtung gefunden hat.

Nach der Einigung im Vermittlungsausschuss und dem Beschluss im Bundestag in dieser Woche hat heute auch der Bundesrat das Ganztagsförderungsgesetz verabschiedet. „Damit ist ein wichtiger Schritt absolviert, um diesen notwendigen Baustein einer bedarfsgerechten und qualitativ hochwertigen Betreuungsmöglichkeit flächendeckend für alle Familien in Deutschland aufzubauen. Dieser ist dringend nötig, da viel zu oft mit dem Übergang von der Kita in die Grundschule immer noch die ganztägige Betreuungssicherheit bedroht ist“, so Sidonie Fernau, Vorsitzende der AGF.

Die Familienorganisationen sind erleichtert, dass noch in dieser Legislaturperiode eine Einigung gefunden wurde in der sich Bundesregierung und Länder bei der Finanzierung insbesondere der laufenden Kosten der Ganztagsbetreuung entgegen gekommen sind.
„Damit das Ziel des Gesetzes, für mehr Bildungsgerechtigkeit im Grundschulalter durch Ganztagsbetreuung und -förderung zu sorgen, auch erfüllt werden kann, braucht es nun klare Vorgaben für die Qualität des Angebots“, so AGF-Geschäftsführer Sven Iversen. „Die Verabschiedung des Ganztagsförderungsgesetzes muss deshalb der Auftakt eines Prozesses sein, der die Qualität der Ganztagsangebote, die Aus- und Fortbildung sowie die Gewinnung von pädagogischen Fachkräften für diesen Bereich ins Zentrum stellt.“
Die AGF hatte sich in dieser Legislaturperiode für die Einführung des Anspruchs auf Ganztagsförderung eingesetzt und Anforderungen an die Qualität der Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter vorgelegt.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 10.09.2021

Ab dem Schuljahr 2026/2027 wird es bundesweit einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule geben. Bund und Länder hatten gestern eine Einigung über die Finanzierung erzielt. Dazu sagt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

„Wir freuen uns sehr, dass das Gesetz zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule doch noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht wird. Dadurch können zukünftig alle Grundschulkinder eine gute Förderung und damit gleichwertige Bildungschancen erhalten. Bedauerlich ist allerdings, dass der Rechtsanspruch erst für den Einschulungsjahrgang 2026 zum Tragen kommt. Die Corona-Pandemie hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig Ganztagsangebote und -förderung für die Bildung und Persönlichkeitsentwicklung der Kinder sind und ganz besonders für Kinder aus benachteiligten Familien. Im vergangenen Jahr blieben Bildung und Förderung der Entwicklung teilweise ganz auf der Strecke. Umso wichtiger ist es, dass die Ganztagsangebote durch Schule und Jugendhilfe gemeinsam verantwortet werden. In einer ganztägigen Förderung und Betreuung sehen wir eine echte Chance, die Bildungsgerechtigkeit in Deutschland zu verbessern, Entwicklungsversäumnisse nachzuholen und allen Kindern einen bestmöglichen Start in ihr Leben zu ermöglichen.“

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 07.09.2021

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) begrüßt die gestern erzielte Einigung im Vermittlungsausschuss, die den Weg für einen bundesweiten Rechtsanspruch auf Ganztags­betreuung in der Grundschule frei macht. Gleichzeitig betont Dr. Insa Schöningh, Bundesgeschäftsführerin der eaf, dass es beim Ausbau der Betreuungskapazitäten nicht allein auf Quantität, sondern ganz besonders auf eine hohe Qualität ankommt: „Die Kinder sollen nicht nur zuverlässig betreut werden. Sie brauchen vielfältige Angebote und zugewandte Ansprechpartner*innen, die professionell auf ihre individuellen Fragen und Bedürfnisse eingehen. So entsteht eine Umgebung, in der Schüler*innen sich entfalten können. Gleichzeitig bedeutet das eine große Unterstützung für Eltern, die ihre Kinder nicht nur betreut, sondern gut gefördert wissen.“

Um eine hohe Betreuungsqualität in der Grundschule für alle Kinder zu sichern, fordert die eaf einen bundesweit einheitlichen Qualitätsrahmen. Außerdem sollten die Kampagnen für die Gewinnung und Ausbildung von Fachkräften im Erziehungs- und Bildungsbereich ab sofort verstärkt werden. Denn eine gute Betreuung kann nur durch ausreichend qualifiziertes Personal gewährleistet werden.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 07.09.2021

SCHWERPUNKT II: Kindergrundsicherung

Zur Forderung eines breiten Bündnisses zivilgesellschaftlicher Organisationen, eine Kindergrundsicherung einzuführen, erklären Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende, und Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder und Familienpolitik:

Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende:
„Union und SPD haben während ihrer Regierungszeit im Kampf gegen die beschämend hohe Kinderarmut versagt. Kinderarmut ist oft nicht sichtbar, es ist die verdeckte Krise inmitten unserer Gesellschaft, die Kindern ihre Entwicklungschancen raubt. Dass immer noch jedes fünfte Kind in Armut aufwächst, ist eine Schande. In der nächsten Bundesregierung werden wir Grüne den Kampf für Kinderrechte und die Bewältigung der Kinderarmut mit einer Kindergrundsicherung in den Mittelpunkt stellen.“

Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder und Familienpolitik:
„Statt einen entschlossenen Reformschritt nach vorne zu gehen, hat die Koalition stets am komplizierten und wenig effektiven Instrumentarium festgehalten. Die Koalition hat sich jeder Reform verschlossen, dabei ist längst klar, dass wir eine Bündelung von Leistungen, einen radikalen Bürokratieabbau durch eine automatische Auszahlung an betroffene Familien und eine eigenständige Berechnung der Summe brauchen, die Kinder benötigen, um gut aufwachsen zu können. Die schwarz-rote Bilanz bei der Unterstützung von Kindern ist erschreckend. Die hohe Zustimmung von 76 Prozent der Befragten für eine Kindergrundsicherung belegt eindrücklich die Unzufriedenheit mit der heutigen Familienförderung.“

Quelle: Pressemitteilung BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag vom 23.08.2021

Repräsentative Forsa-Umfrage: 94 Prozent der Bevölkerung halten die Bekämpfung von Kinderarmut für wichtig

In einer gemeinsamen Erklärung fordert eine breite Allianz von 22 zivilgesellschaftlichen Organisationen, Verbänden und Gewerkschaften die Parteien auf, der Bekämpfung von Kinderarmut in der nächsten Wahlperiode höchste Priorität einzuräumen und eine Kindergrundsicherung einzuführen. „Die Kindergrundsicherung gehört in den nächsten Koalitionsvertrag und muss als prioritäres Vorhaben in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt werden“, heißt es in der Erklärung.

Die Idee einer Kindergrundsicherung findet auch in der Bevölkerung große Zustimmung. 76 Prozent der Wahlberechtigten sind dafür, eine Kindergrundsicherung einzuführen. Selbst unter den Anhängern der CDU/CSU und FDP, die aktuell noch keine Kindergrundsicherung im Wahlprogramm haben, spricht sich jeweils eine deutliche Mehrheit von ebenfalls 76 Prozent beziehungsweise 67 Prozent für eine Kindergrundsicherung aus. Das hat eine aktuelle, repräsentative FORSA-Befragung von 1.018 Wahlberechtigten ergeben. Danach halten es 94 Prozent der Befragten für wichtig, Kinderarmut zu bekämpfen.

Angesichts der anhaltend hohen Kinderarmut und ihren gravierenden Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche fordern die unterzeichnenden Organisationen eine große und umfassende Reform. „Die vielen familienbezogenen Leistungen erreichen ihr Ziel, Armut von Kindern zu vermeiden, nicht“, heißt es in der Erklärung. Auch die Anpassungen einzelner Leistungen hätten in der letzten Legislaturperiode keinen grundlegenden Durchbruch bei der Überwindung der Kinderarmut gebracht.

Deshalb brauche es eine Kindergrundsicherung, die diesen Namen auch verdiene und bestimmten Anforderungen genüge, so die zentrale Forderung der Erklärung. So müsse die Kindergrundsicherung eine eigenständige Leistung für jedes Kind sein. Sie soll einfach, unbürokratisch und sozial gerecht sein: daher bündelt sie die vielen, unterschiedlichen Leistungen für Kinder in einer einzigen Leistung und zahlt sie direkt und automatisch aus, damit sie auch wirklich bei allen Kindern ankommt. Mit steigendem Einkommen der Eltern sinkt die Höhe der Kindergrundsicherung langsam auf einen Sockelbetrag ab. Zudem fordern die Organisationen in ihrer Erklärung, das Existenzminimum für Kinder und Jugendliche „neu und realistisch“ zu berechnen. Die Höhe der Kindergrundsicherung soll deutlich über den Hartz-IV-Leistungen für Kinder und Jugendliche liegen und die Bedarfe von Kindern und Jugendlichen wirklich abdecken. 

Die unterzeichnenden Organisationen sind überzeugt, nur mit einer Kindergrundsicherung kann das Ziel erreicht werden, Kinderarmut endlich wirklich zu überwinden.

Eine Auflistung aller 22 unterzeichnenden Organisationen finden Sie unter der Erklärung „Gemeinsam gegen Kinderarmut: EINE für ALLE – Kindergrundsicherung jetzt!“.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 23.08.2021

In einer gemeinsamen Erklärung fordert eine breite Allianz von 22 zivilgesellschaftlichen Organisationen, Verbänden und Gewerkschaften die Parteien auf, der Bekämpfung von Kinderarmut in der nächsten Wahlperiode höchste Priorität einzuräumen und eine Kindergrundsicherung einzuführen. „Die Kindergrundsicherung gehört in den nächsten Koalitionsvertrag und muss als prioritäres Vorhaben in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt werden“, heißt es in der Erklärung.

Die Idee einer Kindergrundsicherung findet auch in der Bevölkerung große Zustimmung. 76 Prozent der Wahlberechtigten sind dafür, eine Kindergrundsicherung einzuführen. Selbst unter den Anhängern der CDU/CSU und FDP, die aktuell noch keine Kindergrundsicherung im Wahlprogramm haben, spricht sich jeweils eine deutliche Mehrheit von ebenfalls 76 Prozent beziehungsweise 67 Prozent für eine Kindergrundsicherung aus. Das hat eine aktuelle, repräsentative FORSA-Befragung von 1.018 Wahlberechtigten ergeben. Danach halten es 94 Prozent der Befragten für wichtig, Kinderarmut zu bekämpfen.

Angesichts der anhaltend hohen Kinderarmut und ihren gravierenden Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche fordern die unterzeichnenden Organisationen eine große und umfassende Reform. „Die vielen familienbezogenen Leistungen erreichen ihr Ziel, Armut von Kindern zu vermeiden, nicht“, heißt es in der Erklärung. Auch die Anpassungen einzelner Leistungen hätten in der letzten Legislaturperiode keinen grundlegenden Durchbruch bei der Überwindung der Kinderarmut gebracht.

Deshalb brauche es eine Kindergrundsicherung, die diesen Namen auch verdiene und bestimmten Anforderungen genüge, so die zentrale Forderung der Erklärung. So müsse die Kindergrundsicherung eine eigenständige Leistung für jedes Kind sein. Sie soll einfach, unbürokratisch und sozial gerecht sein: daher bündelt sie die vielen, unterschiedlichen Leistungen für Kinder in einer einzigen Leistung und zahlt sie direkt und automatisch aus, damit sie auch wirklich bei allen Kindern ankommt. Mit steigendem Einkommen der Eltern sinkt die Höhe der Kindergrundsicherung langsam auf einen Sockelbetrag ab. Zudem fordern die Organisationen in ihrer Erklärung, das Existenzminimum für Kinder und Jugendliche „neu und realistisch“ zu berechnen. Die Höhe der Kindergrundsicherung soll deutlich über den Hartz-IV-Leistungen für Kinder und Jugendliche liegen und die Bedarfe von Kindern und Jugendlichen wirklich abdecken. 

Die unterzeichnenden Organisationen sind überzeugt, nur mit einer Kindergrundsicherung kann das Ziel erreicht werden, Kinderarmut endlich wirklich zu überwinden.

Hier finden Sie die Gemeinsame Erklärung inklusive Auflistung der 22 beteiligten Organisationen, eine Zitat-Auswahl sowie die Forsa-Umfrageergebnisse.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 23.08.2021

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG hält die Bekämpfung der Kinderarmut mit einer Kindergrundsicherung für die zentrale Aufgabe einer  nächsten Bundesregierung. Jede Partei, die regieren will, muss ein umfassendes Konzept zur Bekämpfung der Kinderarmut haben. Eine Mehrheit der Bevölkerung ist dafür: 76 Prozent sprechen sich laut aktuellen Forsa-Zahlen für eine Kindergrundsicherung aus. Das Bündnis setzt sich mit aktuell 17 Bündnismitgliedern und 12 wissenschaftlichen Unterstützer*innen für eine Kindergrundsicherung ein.

Jedes fünfte Kind lebt in Deutschland in Armut, das sind knapp drei Millionen Kinder. Nur ein umfassendes Reformkonzept wie die Kindergrundsicherung kann die Kinderarmut substanziell vermindern.

„Es gibt einen breiten gesellschaftlichen Konsens gegen Kinderarmut. Die Unterstützung ist so groß wie noch nie, der politische Auftrag ist klar: Die Politik darf nicht länger zögern und zusehen, wie jedes fünfte Kind hierzulande in Armut aufwächst. Wir fordern entschlossenes Handeln! Eine konzeptionell vollständig durchdachte Kindergrundsicherung gehört in den nächsten  Koalitionsvertrag und muss ein zentrales sozialpolitisches Projekt der nächsten Bundesregierung werden“, fordert Prof. Jens M. Schubert, Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt und Sprecher des Bündnisses Kindergrundsicherung

„Seit Jahren ist die Kinderarmut anhaltend hoch. Da gibt es kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem. Jede Partei, die der zukünftigen Bundesregierung angehören will, muss dieses Thema auf ihrer Agenda und ein Konzept zur Bekämpfung der Kinderarmut in ihrem Programm haben. Niemand darf sich mehr wegducken, denn Kinderarmut geht uns alle an“, sagt Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes und Koordinator des Bündnisses.

Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage sprechen sich 76 Prozent der Bevölkerung für eine Kindergrundsicherung aus. Die Zustimmung ist über Parteigrenzen hinweg hoch. Auch das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG wächst, die Diakonie Deutschland ist als 17. Mitglied im Bündnis dabei.

„Die Zustimmung der Menschen ist groß. Die  Kindergrundsicherung muss endlich und schnell kommen. Darum müssen wir mit einer Stimme sprechen, gemeinsam auf allen Ebenen. Das Bündnis  Kindergrundsicherung ist ein entscheidender Akteur für die wirksame Bekämpfung von Kinderarmut in Deutschland. Wir setzen uns mit aller Kraft gemeinsam für eine sozial gerechte Existenzsicherung von Kindern ein: eine echte Kindergrundsicherung, die alle Leistungen bündelt, ohne komplizierte Antragswege und umso höher ist, je weniger Geld einer Familie zur Verfügung steht“, so Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

Weitere Informationen zum Bündnis  KINDERGRUNDSICHERUNG sowie unser Konzept finden Sie auf www.kinderarmut-hat-folgen.de.

Quelle: Pressemitteilung Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG vom 14.09.2021

In einer gemeinsamen Erklärung „Gemeinsam gegen Kinderarmut: EINE für ALLE – Kindergrundsicherung jetzt!“ fordert eine breite Allianz von 22 zivilgesellschaftlichen Organisationen, Verbänden und Gewerkschaften die Parteien auf, der Bekämpfung von Kinderarmut in der nächsten Wahlperiode höchste Priorität einzuräumen und eine Kindergrundsicherung einzuführen.

Warum sich die Diakonie Deutschland mit dafür einsetzt, eine Kindergrundsicherung einzuführen, erklärt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Kinderarmut in einem reichen Land wie Deutschland ist ein Skandal. Um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen, ist eine Kindergrundsicherung notwendig. Die nächste Bundesregierung muss zügig dafür sorgen, dass sie eingeführt wird.

Bisher sind die Leistungen für Kinder in Armut extrem kompliziert geregelt. Die Kindergrundsicherung ist dagegen einfach und unbürokratisch. Alle Kinder bekommen den gleichen Mindestbetrag. Kinder, die in Armut leben, erhalten unmittelbar dazu, was sie für eine umfassende soziale Teilhabe brauchen.“

Weitere Informationen:

gemeinsame Pressemitteilung zur Erklärung „Gemeinsam gegen Kinderarmut: EINE für ALLE – Kindergrundsicherung jetzt!“: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Pressemitteilung_EINEfuerALLE-KGS-Forsa_2021_08_19_M.pdf

Erklärung „Gemeinsam gegen Kinderarmut: EINE FÜR ALLE – Kindergrundsicherung jetzt!“: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Erklaerung_EINEfuerALLE_Layout_2021_08_23_M.pdf

Zusammenfassung der Ergebnisse der FORSA-Umfrage zum Thema Kinderarmut/Kindergrundsicherung (vom 16. bis 25. Juli 2021) PDF (192 kB): https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Forsa_Ergebnisse_EINEfuerALLE_Layout_2021_08_23_M.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 23.08.2021

Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage halten 94 Prozent der Bevölkerung die Bekämpfung von Kinderarmut für wichtig. In einer Allianz mit Kinderschutzbund, DGB, AWO und anderen fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband die Parteien auf, dem Thema in der nächsten Wahlperiode höchste Priorität einzuräumen und eine Kindergrundsicherung einzuführen.

In einer gemeinsamen Erklärung fordert eine breite Allianz von 22 zivilgesellschaftlichen Organisationen, Verbänden und Gewerkschaften die Parteien auf, der Bekämpfung von Kinderarmut in der nächsten Wahlperiode höchste Priorität einzuräumen und eine Kindergrundsicherung einzuführen. „Die Kindergrundsicherung gehört in den nächsten Koalitionsvertrag und muss als prioritäres Vorhaben in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt werden“, heißt es in der Erklärung.

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, betont: „Es fehlt parteiübergreifend nicht an Stimmen in der Politik, die sich für eine offensive Armutspolitik einsetzen. Das Problem in der Vergangenheit war jedoch stets, dass in den Koalitionsverhandlungen letztlich andere politische Prioritäten gesetzt wurden. Mit der gemeinsamen Erklärung wollen wir als breite zivilgesellschaftliche Allianz den Druck auf die Politik erhöhen für eine echte Kindergrundsicherung, die den Namen auch verdient. Wir werden jede künftige Regierung, unabhängig davon welche Parteikonstellation diese stellt, daran messen, was sie bereit ist, wirklich zu tun gegen Kinderarmut in diesem Land.“

Die Idee einer Kindergrundsicherung findet auch in der Bevölkerung große Zustimmung. 76 Prozent der Wahlberechtigten sind dafür, eine Kindergrundsicherung einzuführen. Selbst unter den Anhänger*innen der CDU/CSU und FDP, die aktuell noch keine Kindergrundsicherung im Wahlprogramm haben, spricht sich jeweils eine deutliche Mehrheit von ebenfalls 76 Prozent beziehungsweise 67 Prozent für eine Kindergrundsicherung aus. Das hat eine aktuelle, repräsentative FORSA-Befragung von 1.018 Wahlberechtigten ergeben. Danach halten es 94 Prozent der Befragten für wichtig, Kinderarmut zu bekämpfen.

Angesichts der anhaltend hohen Kinderarmut und ihren gravierenden Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche fordern die unterzeichnenden Organisationen eine große und umfassende Reform. „Die vielen familienbezogenen Leistungen erreichen ihr Ziel, Armut von Kindern zu vermeiden, nicht“, heißt es in der Erklärung. Auch die Anpassungen einzelner Leistungen hätten in der letzten Legislaturperiode keinen grundlegenden Durchbruch bei der Überwindung der Kinderarmut gebracht.

Deshalb brauche es eine Kindergrundsicherung, die diesen Namen auch verdiene und bestimmten Anforderungen genüge, so die zentrale Forderung der Erklärung. So müsse die Kindergrundsicherung eine eigenständige Leistung für jedes Kind sein. Sie soll einfach, unbürokratisch und sozial gerecht sein: daher bündelt sie die vielen, unterschiedlichen Leistungen für Kinder in einer einzigen Leistung und zahlt sie direkt und automatisch aus, damit sie auch wirklich bei allen Kindern ankommt. Mit steigendem Einkommen der Eltern sinkt die Höhe der Kindergrundsicherung langsam auf einen Sockelbetrag ab. Zudem fordern die Organisationen in ihrer Erklärung, das Existenzminimum für Kinder und Jugendliche „neu und realistisch“ zu berechnen. Die Höhe der Kindergrundsicherung soll deutlich über den Hartz-IV-Leistungen für Kinder und Jugendliche liegen und die Bedarfe von Kindern und Jugendlichen wirklich abdecken.

Die unterzeichnenden Organisationen sind überzeugt, nur mit einer Kindergrundsicherung kann das Ziel erreicht werden, Kinderarmut endlich wirklich zu überwinden.

Eine Auflistung aller 22 unterzeichnenden Organisationen finden Sie unter der Erklärung „Gemeinsam gegen Kinderarmut: EINE für ALLE – Kindergrundsicherung jetzt!“.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 23.08.2021

Der VAMV fordert in einer gemeinsamen Erklärung mit 21 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen, Verbänden und Gewerkschaften die Parteien auf, der Bekämpfung von Kinderarmut in der nächsten Wahlperiode höchste Priorität einzuräumen. Es braucht endlich eine Kindergrundsicherung, die bisherige Leistungen für Kinder bündelt und Kinderarmut in allen Familienformen effektiv verhindert. Die Kindergrundsicherung muss als eigenständige Leistung für Kinder unbürokratisch und bedarfsgerecht ausgezahlt werden. Um auch Kinder von Alleinerziehenden erreichen zu können, muss sie gut auf den Kindesunterhalt und andere Leistungen abgestimmt sein.

Die Forderung nach einer Kindergrundsicherung unterstützen laut einer aktuellen FORSA-Befragung 76 Prozent der Wahlberechtigten. Die überwiegende Mehrheit von 94 Prozent der Befragten hält die Bekämpfung von Kinderarmut für wichtig.

Die gemeinsame Erklärung „Eine für alle – Kindergrundsicherung jetzt“, die Pressemitteilung der beteiligten Verbände und die Ergebnisse der FORSA-Befragung finden Sie auf unserer Website und auf Social Media.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. (VAMV) vom 23.08.2021

SCHWERPUNKT III: Internationaler Tag der Jugend

Anlässlich des Internationalen Tages der Jugend am morgigen Donnerstag fordert das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) die Politik in Bund, Ländern und Kommunen auf, Jugendlichen für die Zeit nach der Pandemie echte Zukunftsperspektiven sowie eine Rückkehr in ihr soziales Leben zu ermöglichen.

1999 erklärte die UN-Vollversammlung den 12. August zum Internationalen Tag der Jugend, um auf die Interessen, Lebenslagen und Teilhabechancen von Jugendlichen aufmerksam zu machen. In diesem Jahr prägen erneut die Corona-Pandemie und ihre sozialen Folgen die Lebensrealitäten von jungen Menschen.

Birgit Merkel, stellvertretende Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Nach wie vor gehören Jugendliche in unserem Land zu denjenigen, die die Folgen der Pandemie am stärksten spüren. Wir alle müssen aus tiefstem Herzen dankbar sein, dass sich die jungen Menschen in den vergangenen Monaten solidarisch gezeigt, Hygienemaßnahmen eingehalten und Homeschooling sowie die Schließung ihrer Freizeit-, Sport- oder Musikeinrichtungen hingenommen haben. Nun ist es an der Zeit, dass die Gesellschaft Solidarität zeigt und Jugendlichen ihre Perspektiven und Freiräume zurückgibt!“

Merkel fordert deshalb: „Das Programm ‚Aufholen nach Corona‘ setzt mit der Stärkung von Jugendfreizeit, -begegnung und Lernförderung wichtige Impulse für die Zeit der Aufarbeitung der schwierigen Monate der Pandemie. Dieses muss nun schnellstmöglich umgesetzt werden. Zudem muss die erneute Schließung von Schulen, Jugendfreizeiteinrichtungen, Sportvereinen, Musikschulen u. v. m. unbedingt vermieden werden – dies gilt sowohl mit Blick auf den Infektionsschutz als auch auf die finanzielle Ausstattung! Jugendliche brauchen keinen erneuten Leistungsdruck, sondern Zeit und Begleitung, um ihr soziales Leben zurückerobern zu können. Umso trauriger ist es, dass es nicht gelungen ist, die Rechte von Kindern und Jugendlichen auf Schutz, Förderung und Beteiligung im Grundgesetz zu verankern. Angesichts der Zumutungen der vergangenen Monate wäre dies das richtige Signal gewesen!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 11.08.2021

Zum Internationalen Tag der Jugend am 12. August 2021 erklärt Beate Walter-Rosenheimer, Sprecherin für Jugendpolitik:

Der Internationale Tag der Jugend steht auch dieses Jahr unter dem Zeichen der Corona-Pandemie. Deren Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche sind gravierend. Das ist spätestens seit Anfang des Jahres, als Kinder- und Jugendärzt*innen sowie Psychotherapeut*innen in einem offenen Brief an die Bundesregierung Alarm schlugen, eine bekannte, traurige Wahrheit.

Als Folge der Pandemie verzeichnen sie eine Zunahme an Angst- und Schlaf- sowie Essstörungen und Depressionen bei Kindern und Jugendlichen. Besonders alarmieren muss uns als Gesellschaft eine Zunahme akuter Suizidalität und psychiatrischer Notfälle in dieser Altersgruppe. Gerade die Kontaktbeschränkungen im letzten Jahr setzten vielen jungen Menschen zu und erschwerten gerade Jugendlichen die Zeit des Erwachsenwerdens.

Doch damit nicht genug. Auch politisch fühlen und fühlten sich knapp zwei Drittel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen von der Politik nicht gesehen und gehört. Das sind alarmierende Zahlen, die dringenden Handlungsbedarf aufzeigen. Allein von der Bundesregierung und der zuständigen Familienministerin ist wenig Handeln erkennbar. Ein einzelnes digitales Jugendhearing im März ist nicht ausreichend, um sich die Situation, die Standpunkte und die Bedarfe von jungen Menschen in der Krise anzuhören. Mit derartigen Alibiveranstaltungen ist niemandem geholfen.

Junge Menschen brauchen die Möglichkeit ihr Lebensumfeld mitzugestalten, sie wollen sich einbringen und sie wollen ernst genommen und gehört werden. Sie brauchen altersgerechte und niedrigschwellige Beteiligungsmöglichkeiten. Teilhabe heißt das Zauberwort. Hier hat die Bundesregierung auch in dieser Wahlperiode wenig Zählbares zustande gebracht. Auch bei der nächsten Bundestagswahl dürfen Jugendliche immer noch nicht mit 16 Jahren wählen. Wir wollen jungen Menschen eine starke Stimme geben – auch an der Wahlurne. Für das Wählen mit 16 gibt es eine Menge gute Gründe. Junge Menschen sollen ihre Zukunft mitgestalten, denn auch das ist eine Frage der Generationengerechtigkeit. Für konstruktive Gestaltungsmöglichkeiten wollen wir einen Nationalen Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung auflegen.

Starke Kinder und Jugendliche, die ihren Weg in ein selbstbestimmtes Leben finden wollen, brauchen auch finanzielle Sicherheit, die ihnen Teilhabe ermöglicht. Für uns steht fest: Wir brauchen die Kindergrundsicherung, um allen Kindern möglichst vergleichbare Chancen zu ermöglichen. Darüber hinaus wollen wir starke Kinderrechte entlang der Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention endlich im Grundgesetz verankern.

In dieser Legislaturperiode hat die Bundesregierung wieder einmal all diese wichtigen Themen verschlafen. Im Sinne der jungen Menschen ist Abwarten und Tee trinken aber sicher keine gute Idee. Das wollen wir in der kommenden Wahlperiode ändern.

 

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 11.08.2021

SCHWERPUNKT IV: Corona-Krise

Gesundheitsschutz und Qualität stehen im Mittelpunkt / Bundesprogramm für Sprach-Kitas um 100 Millionen Euro aufgestockt

In den meisten Bundesländern hat das neue Kita-Jahr begonnen. Viele Kitas und die Kindertagespflege setzen den Regelbetrieb unter Corona-Bedingungen fort. Das Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ wird mit 100 Millionen Euro aufgestockt.

Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht: „Viele Kinder haben sehr unter den Einschränkungen durch die Pandemie gelitten. Eineinhalb Jahre sind eine sehr lange Zeit im Leben eines kleinen Kindes. Deshalb gilt es alles zu tun, dass Kinder das neue Kita-Jahr gesund und gut betreut erleben. Leider wird Corona auch weiter im Kita-Alltag spürbar sein. Aber inzwischen haben wir viel bessere Mittel, damit umzugehen. Die Kitas setzen Hygienekonzepte gewissenhaft um. Und: Aus der Corona-Kita-Studie wissen wir, dass der größte Teil der Erzieherinnen und Erzieher geimpft ist. Alle anderen, die sich impfen lassen können, sollten sich unbedingt baldmöglichst impfen lassen – zum Schutz der Kinder und zu ihrem eigenen Schutz.

Die sprachliche Bildung wollen wir weiter stärken. Sprache ist der Schlüssel zur Welt. Unser Bundesprogramm zur Förderung von Sprach-Kitas weiten wir deshalb aus – mit zusätzlichen 100 Millionen Euro für Fachkräfte, pädagogische Angebote und digitale Ausstattung. So können Kinder in ihrer Sprachentwicklung gezielt gefördert werden.“

Verlässliche Betreuungsangebote sind zentral, um Kinder in ihrer Entwicklung zu fördern und Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Für einen zuverlässigen Regelbetrieb ist es notwendig, die Schutzkonzepte der Einrichtungen mit den bewährten Infektionsschutz- und Hygienemaßnahmen beizubehalten sowie die Impfquoten der pädagogischen Fachkräfte und Eltern weiter zu erhöhen.

Der Bund unterstützt die Länder auch weiterhin bei der Weiterentwicklung der Qualität und Verbesserung der Teilhabe in der Kindertagesbetreuung. Das Gute-KiTa-Gesetz ist ein wichtiger Baustein, um u. a. über die Verbesserung der Personalsituation die Rahmenbedingungen für Qualität und die sprachliche Bildung zu verbessern. Der Bund unterstützt die Länder hierzu bis 2022 mit insgesamt rund 5,5 Milliarden Euro. Er wird auch über 2022 hinaus seine Verantwortung für die Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung wahrnehmen.

Hoher Andrang auf 1.000 neue Fachkräfte in Sprach-Kitas

Um die sprachliche Bildung zu stärken, hat das BMFSFJ das Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ ausgeweitet: Im Rahmen des Aktionsprogramms „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ wurde das Bundesprogramm um 100 Millionen Euro bis 2022 aufgestockt, so dass 1.000 neue zusätzliche Fachkräfte und 80 neue Fachberatungen ins Programm geholt werden können. Die Programmaufstockung ist unter den Trägern auf hohe Resonanz gestoßen: Über 3.500 Interessenbekundungen sind für die 1.000 neuen Stellen eingegangen, 588 Stellen sind bereits bewilligt.

Außerdem haben alle Sprach-Kitas die Möglichkeit, ihr pädagogisches Angebot mit einem Paket von Zuschüssen zu erweitern. Alle Sprach-Kitas können einen Aufhol-Zuschuss in Höhe von 3.400 Euro im Jahr 2021 und 3.200 Euro im Jahr 2022 für pädagogische Materialien und Angebote beantragen, um vor allem diejenigen Kinder, die während der Kita-Schließungen keine direkte Sprachförderung in der Notbetreuung erfahren haben, in ihrer Sprachentwicklung gezielt zu fördern und wieder in die Kita zu integrieren. Mit im Paket ist ein Digitalisierungszuschuss in Höhe von 900 Euro für medienpädagogische Angebote und technische Ausstattung. Über 4.700 Sprach-Kitas haben bereits Anträge für das Zuschuss-Paket gestellt.

Wichtig ist auch, dass alle Kinder Zugang zum System der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung erhalten. Mit dem Bundesprogramm „Kita-Einstieg: Brücken bauen in frühe Bildung“ werden daher an 126 Standorten bundesweit vielseitige Angebote entwickelt und erprobt, um Familien auf dem Weg in die Kinderbetreuung zu unterstützen und zu begleiten.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 09.09.2021

„Zum wiederholten Mal in der Corona-Krise hat die Bundesregierung den ärmsten Familien im Land Versprechungen gemacht und sie dann nicht eingehalten. Mit dem Kinderfreizeitbonus in Höhe von 100 Euro für Ferienaktivitäten sollten Kinder aus Familien unterstützt werden, die wenig finanziellen Spielraum haben und auf eine lange Zeit mit teils harten Einschränkungen während der Pandemie zurückblicken. Jetzt zeigt sich: Wegen einer Lücke im Gesetz werden womöglich mehr als hunderttausend arme Kinder leer ausgehen“, kritisiert Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag. Kipping weiter:

„Anspruch auf den Kinderfreizeitbonus haben beispielsweise Kinder, die Wohngeld oder Sozialleistungen nach dem SGB II/XII oder dem Bundesversorgungsgesetz erhalten. Es gibt aber auch Kinder, die zwar in einem Hartz-IV-Haushalt leben, aber keine Sozialleistungen oder Wohngeld erhalten. Das sind vor allem Kinder von Alleinerziehenden, die selbst einen Unterhaltsvorschuss bekommen, während ihr alleinerziehendes Elternteil Hartz IV erhält. Diese Kinder sind aus Sicht des Jobcenters ‚Kinder ohne Leistungsanspruch‘. Da aber der Leistungsanspruch Voraussetzung für den Kinderfreizeitbonus ist, erhalten sie diesen nicht.

Zum Jahresende 2020 lebten nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 116.650 Kinder ohne Leistungsanspruch in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften. Zum großen Teil handelt es sich dabei um Kinder, die einen Unterhaltsvorschuss erhalten und wegen der geltenden Anrechnungsregeln faktisch auch auf dem niedrigen Hartz-IV-Niveau leben. Sie und ihre Familien müssten nach der Logik des Kinderfreizeitbonus auch davon profitieren, drohen aber leer auszugehen. Einige von ihnen könnten zwar unter Umständen aufgrund anderer Reglungen einen Anspruch auf den Kinderfreizeitbonus haben. Dies dürfte jedoch nur einen geringen Anteil ausmachen. Hier braucht es dringend eine Klarstellung.

In Patchworkfamilien kann sogar die Situation entstehen, dass in der gleichen Familie ein Kind den Kinderbonus erhält, während ein anderes leer ausgeht. Unserer Gesellschaft sollte aber jedes Kind gleich viel wert sein. Statt mit bürokratischen, ungezielten und kleinteiligen Notlösungen Flickschusterei zu betreiben, muss die Bundesregierung endlich Kindern in allen Familien ein Aufwachsen ohne Not ermöglichen. Dies könnte durch eine Kindergrundsicherung aus einer Hand gewährleistet werden, wie DIE LINKE, aber auch Grüne, SPD und zahlreiche Familien- und Sozialverbände fordern.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 16.08.2021

Zum Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding:

„Das Aufholprogramm darf kein bürokratisches Ungetüm werden. Das Geld muss schnell und ohne Hürden bei den Kindern und Jugendlichen ankommen. Daran werden sich die Bundesregierung und die Länder messen lassen müssen. Gerade Schülerinnen und Schüler aus finanziell benachteiligten Haushalten mussten enorm unter den monatelang geschlossenen Schulen und den ausgefallenen Freizeitangeboten leiden. Die Unterstützung für Nachhilfe, die psychosozialen Hilfen und ein endlich wieder vergrößertes Angebot an Freizeitaktivitäten muss unseren Kindern daher jetzt schnellstmöglich zur Verfügung stehen und nicht erst in einigen Monaten. Darüber hinaus muss es endlich eine staatliche Garantie für den Präsenzunterricht geben. Schüler und Eltern brauchen das verbindliche Versprechen, dass es nicht mehr zu Einschränkungen des Schulunterrichts kommt. Das ist das wichtigste Mittel, um eine Vergrößerung von Lernlücken und negative Folgen für die soziale und psychische Entwicklung der Kinder zu verhindern.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 30.08.2021

Das Saarland wird in diesem Jahr voraussichtlich rund 5,1 Millionen Euro und rund 10,2 Millionen Euro im Jahr 2022 aus dem Aktionsprogramm des Bundes „Aufholen nach Corona“ erhalten. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/32155) auf eine Kleine Anfrage (19/31901) der FDP-Fraktion. Mit dem Aktionsprogramm sollen Kinder und Jugendliche und entsprechende Einrichtungen unterstützt werden, um die Einschränkungen, die Kinder und Jugendliche durch die Corona-Pandemie erfahren mussten, auszugleichen.

Aus der Antwort geht außerdem hervor, dass die Bundesregierung eine Verlängerung des „Sonderprogrammes Kinder und Jugendbildung, Kinder- und Jugendarbeit 2021“ bis zum 31. Dezember 2021 plant. Für die zweite Jahreshälfte 2021 stehen demnach noch 45 Millionen Euro zur Unterstützung von Einrichtungen aus dem gesamten Bundesgebiet zur Verfügung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1001 vom 06.09.2021

Das Bundesjugendkuratorium (BJK) benennt aktuelle kinder- und jugendpolitisch relevante Themen, die einer weiteren Bearbeitung durch die zukünftige Bundesregierung bedürfen. Nicht zuletzt durch die Covid-19-Pandemie wurde deutlich, dass der Kinder- und Jugendpolitik in der nächsten Legislaturperiode ein noch größerer Stellenwert eingeräumt werden muss.

Die hohe Relevanz der Kinder- und Jugendpolitik wurde in den letzten Jahren u. a. im Rahmen der Jugendstrategie der Bundesregierung und der grundlegenden Reformen im Kinder- und Jugendhilfegesetz politisch unterstrichen. Daraus resultieren Gestaltungsherausforderungen, die von der zukünftigen Bundesregierung aus der Perspektive einer nachhaltigen Generationenpolitik zu beantworten sind. Um jungen Menschen diskriminierungsfreie und gleichberechtigte soziale Teilhabe zu ermöglichen, braucht es nach Ansicht des BJK Maßnahmen zur Kinder- und Jugendgrundsicherung und zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse, die die unterschiedlichen Bedürfnisse junger Menschen berücksichtigen und inklusive (digitale) Lösungen in allen Lebensbereichen anbieten. Eine nachhaltige Generationenbalance kann nur dann gelingen, wenn die Rechte junger Menschen weiter gestärkt werden. Es gilt daher den Diskurs um die Verankerung der Kinderrechte ins Grundgesetz fortzuführen, Antworten auf die Forderungen zur Absenkung des Wahlalters zu finden und darüber hinaus eine Politik zu gestalten, die das Recht junger Menschen auf Beteiligung und Mitbestimmung unterstützt und umsetzt. Das BJK plädiert dafür, bereits in den Koalitionsverhandlungen zentrale kinder- und jugendpolitische Themen zu benennen, auf die politische Agenda zu setzen und im Sinne der Generationengerechtigkeit zielstrebig im Rahmen der Regierungszeit zu verfolgen.

Dies und weitere Publikationen des BJK stehen auf https://bundesjugendkuratorium.de/presse zum Download bereit. 

Quelle: Pressemitteilung Bundesjugendkuratorium (BJK) vom 08.09.2021

Wie lassen sich die Folgen der Corona-Pandemie für junge Menschen gemeinsam bewältigen? Dieser Frage stellten sich Teilnehmer:innen aus dem breiten Spektrum der freien Kinder- und Jugendhilfe und vieler weiterer Organisationen gemeinsam mit Vertreter:innen der Länder und der Kommunen beim digitalen Zukunftsforum.

Zukunftsforum „Aufholen nach Corona“

Die Veranstaltung eröffnete Bundesjugendministerin Christine Lambrecht gemeinsam mit Anne Rolvering, Vorsitzende der Geschäftsführung der DKJS. Mehr als 120 Akteur:innen nahmen teil, die das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ der Bundesregierung vor Ort umsetzen.

Mit dem Aktionsprogramm stellt die Bundesregierung in den Jahren 2021 und 2022 insgesamt zwei Milliarden Euro zur Verfügung, um Kinder und Jugendliche durch vielfältige und niedrigschwellige Angebote vor Ort dabei zu unterstützen, Versäumtes nachzuholen. Das gilt nicht nur für Lerninhalte. Das Bundesjugendministerium verantwortet dabei die Bereiche frühkindliche Bildung, außerschulische Angebote und Ferienfreizeiten sowie die Begleitung und Unterstützung junger Menschen im Alltag und in der Schule.

Netzwerke sind wichtig zur Bewältigung der Corona-Folgen

In ihrer Begrüßung sprachen sich Christine Lambrecht, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und Anne Rolvering, Geschäftsführerin der DKJS, für eine intensive Vernetzung aller Beteiligten aus.

Es ist gut und wichtig, dass wir das Aktionsprogramm vielfältig gestaltet haben, dass unterschiedliche Organisationen, Strukturen, Verbände mitarbeiten, um junge Menschen und ihre Familien zu erreichen. Diese umsetzenden Träger sind die starken Partner vor Ort, auf die wir als Bundesministerium zur Umsetzung des Aktionsprogramms vertrauen“, sagte Familienministerin Christine Lambrecht.

Aus unserer Arbeit wissen wir, wie wichtig dafür Netzwerke und Akteur:innen vor Ort sind – in der Kommune und im Sozialraum. Mit dem Zukunftsforum machen wir einen wichtigen Schritt, damit Kinder und Jugendliche auch während Corona gut aufwachsen und miteinander lernen können“, so Anne Rolvering, Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung.

Impuls: Hochklassig besetzte Diskussionrunde

Den Auftakt des Zukunftsforums machte eine hochklassig besetzte Diskussionsrunde zum Thema „Wie gesellschaftliche Veränderung für Kinder und Jugendliche während und nach Corona gelingt“.  Im Impulsgespräch sprachen Bettina Bundszus, Leiterin der Abteilung Kinder und Jugend im Bundesjugendministerium, Prof. Dr. Judith Mangelsdorf, Deutsche Gesellschaft für Positive Psychologie, Janine Steffens, junge Multiplikatorin im EU-Jugenddialog des Deutschen Bundesjugendrings und Prof. Dr. Wolfgang Schröer, Universität Hildesheim, Vorsitzender des Bundesjugendkuratoriums, zu diesem Thema.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS)  vom 30.08.2021

Die steigenden Infektionszahlen, gerade auch bei Kindern und Jugendlichen, lassen Familien voller Sorge auf den bevorstehenden Corona-Herbst und -Winter schauen. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) fordert, die Situation der Familien jetzt mit Nachdruck in den Fokus zu nehmen. „Es kann nicht sein, dass geimpfte Erwachsene in ihren normalen Alltag zurückkehren können, während die Familien mit der weiteren Bewältigung der Pandemiefolgen allein gelassen werden“, so Dr. Insa Schöningh, Geschäftsführerin der eaf. „Die Situation von Kindern und Jugendlichen muss in den Mittelpunkt gerückt werden.“

Davon ist derzeit zu wenig zu spüren. Die vierte Welle rollt auf die ungeimpften Kinder zu. Die Inzidenz bei Kindern liegt jetzt, zum Ende des Sommers, in einigen Regionen bereits hoch. Rund 11 Millionen Kinder und Jugendliche besuchen eine Kita oder Schule. Mit steigendem Infektionsgeschehen steigt prognostisch auch die Zahl der Kinder, die dann erkranken. Um Infektionen unter den Kindern weitestgehend zu vermeiden, fordert die eaf die Schutzvor­kehrungen in Kitas und Schulen zu verstärken. Gleichzeitig sind alle Erwachsenen in der Verantwortung, das allgemeine Infektionsgeschehen niedrig zu halten.

Denn es geht vielen Kindern und Jugendlichen nach eineinhalb Jahren Pandemie bereits jetzt vielfach nicht gut, etwa ein Drittel ist besonders betroffen. Viele haben psychosomatische Beschwerden, Verhaltensauffälligkeiten und psychische Erkrankungen entwickelt, ihre Persön­lichkeits- und Identitätsentwicklung wurde durch die Kontaktbeschränkungen deutlich beeinträchtigt.

„Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen wurde in der Pandemie viel abverlangt“, so Dr. Insa Schöningh, Geschäftsführerin der eaf. „Kitas, Schulen, Ausbildungsbetriebe und Hörsäle wurden geschlossen, der Kontakt zu Freunden und Gleichaltrigen stark eingeschränkt. Zum Schutz der Älteren mussten sie als Erste zu Hause bleiben und durften erst als Letzte wieder raus. Es wird Zeit, dass die Älteren diese Solidarität nun auch den Jüngeren zurückgeben.“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 03.09.2021

  • VdK-Präsidentin Verena Bentele: „Noch so eine Zeit überstehen die zu Hause Versorgten und ihre Angehörigen nicht“
  • VdK kündigt Klage gegen die ausgebliebene Erhöhung des Pflegegeldes an

Berlin. Verängstigt und vergessen – so fühlten sich die meisten Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen zu Hause während der Corona-Pandemie. Dies zeigen die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie der Hochschule Osnabrück, die der Sozialverband VdK in Auftrag gegeben und am Montag auf einer Pressekonferenz vorgestellt hat. Mehr als zwei Drittel der 16.000 Befragten gaben an, sehr unter der psychischen Belastung in dieser Zeit gelitten zu haben. Gleichzeitig waren für viele dringend benötigte Entlastungsangebote weggefallen.

VdK-Präsidentin Verena Bentele zog am Montag in Berlin eine bittere Bilanz: „Für die Pflegeheime legte die Große Koalition millionenschwere Rettungsschirme auf, für die Pflegekräfte gab es immerhin Applaus und Boni. Nur für die pflegenden Angehörigen zu Hause gab es mal wieder nix. Damit bestätigte die Politik erneut: Die Pflegenden und Gepflegten zu Hause sind nicht nur die Vergessenen der Pandemie, ihre Belange werden dauerhaft sträflich vernachlässigt.“ Dabei werden 80 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause versorgt.

Der VdK kündigt als Konsequenz aus der politischen Ignoranz der häuslichen Pflege nun juristische Schritte an. „Deswegen werden wir jetzt die unter anderem einkassierte Erhöhung des Pflegegeldes einklagen – notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht“, sagte Bentele. Die Erhöhung aller Pflegeleistungen im Umfang von 1,8 Milliarden Euro war bereits angekündigt, wurde aber bei der Pflegereform im Juli nicht umgesetzt. Damit sollte der Wertverlust der vergangenen Jahre für alle Pflegeleistungen ausgeglichen werden. Das Geld wird nun zweckentfremdet und umgeleitet, um die Eigenanteile in der stationären Pflege zu bezuschussen.

Wegen der Pandemie fand die Pflege zu Hause unter extrem erschwerten Bedingungen statt. So zeigt die VdK-Pflegestudie: 78 Prozent der Pflegebedürftigen empfanden diese Zeit als belastend, bei den pflegenden Angehörigen waren es sogar 84 Prozent. Vor allem die psychische Belastung wog für mehr als 70 Prozent aller Befragten schwer. 76 Prozent fürchteten selbst an Corona zu erkranken und Spätfolgen zu erleiden. 81 Prozent der Pflegebedürftigen und 87 Prozent der pflegenden Angehörigen mieden den Kontakt zu Dritten. Fast ein Drittel der Pflegebedürftigen verließ sogar das Haus oder die Wohnung nicht mehr – das eigene Zuhause wurde zur Isolationsstation. 37 Prozent der Pflegehaushalte nahmen keine Unterstützungsangebote mehr in Anspruch.

Mehr als 16.000 VdK-Mitglieder, die pflegebedürftig sind oder als Angehörige pflegen, haben die Fragen der Hochschule Osnabrück zu ihrer persönlichen Situation während der Pandemie beantwortet.

Pressematerial zum Download finden Sie hier: www.vdk.de/permalink/82761

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland vom 23.08.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Lambrecht: „Mehr Flexibilität, mehr Partnerschaftlichkeit und weniger Bürokratie durch neue Elterngeldregelungen.“

Für alle Eltern von Kindern, die ab dem 01.09.2021 geboren werden, gibt es gute Nachrichten. Für sie gelten zahlreiche Verbesserungen im Elterngeld. Ziel ist es, Familien mehr zeitliche Freiräume zu verschaffen und die partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienzeiten zwischen den beiden Elternteilen weiter zu unterstützen – entsprechend der Wünsche und Vorstellungen von Eltern, insbesondere Vätern. Daneben sollen Eltern besonders früh geborener Kinder stärker unterstützt werden. Eltern und Elterngeldstellen profitieren von Vereinfachungen und rechtlichen Klarstellungen.

Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht: „Wir machen das Elterngeld noch flexibler, partnerschaftlicher und einfacher – durch mehr Teilzeitmöglichkeiten, zusätzliche Elterngeldmonate für Frühchen und weniger Bürokratie. Das macht es Eltern leichter, sich um die wichtigen Dinge zu kümmern: Zeit mit ihren Kindern und der Familie, aber auch Zeit um den eigenen beruflichen Weg weiterzugehen. Denn die meisten Eltern wünschen sich eine partnerschaftliche Aufteilung der Aufgaben, gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf und mehr Zeit für ihre Kinder. Elterngeld, ElterngeldPlus und der Partnerschaftsbonus ermöglichen das. Mit dieser Reform greifen wir die Wünsche der Eltern auf. Ich hoffe, dass immer mehr Eltern die Möglichkeiten des Elterngeldes entdecken, und vor allem der Partnerschaftsbonus, der Eltern unterstützt, die beide parallel in Teilzeit arbeiten, mit den Neuregelungen attraktiver wird. Ohne das Elterngeld wären wir heute nicht da, wo wir sind: mit aktiven Vätern, beruflich engagierten Müttern und familienorientierten Unternehmen. Ich freue mich über diese Entwicklung und werde mich weiter dafür einsetzen, das Elterngeld an den Bedürfnissen der Familien auszurichten.“

Das Gesetz enthält verschiedene Bausteine, um das Elterngeld zu verbessern.

Hintergrundinformationen

  1. Mehr Teilzeitmöglichkeiten:

Die während des Elterngeldbezugs und der Elternzeit zulässige Arbeitszeit wird von 30 auf 32 Wochenstunden – also auf volle vier Arbeitstage – angehoben.

Auch der Partnerschaftsbonus, der die parallele Teilzeit beider Eltern unterstützt, kann künftig mit 24–32 Wochenstunden (statt mit bisher 25–30 Wochenstunden) bezogen werden und wird auch sonst an vielen Stellen vereinfacht und flexibler gestaltet. Das erhöht die Flexibilität für Eltern und unterstützt sie dabei, gemeinsam das Familieneinkommen abzusichern und andererseits durch die Teilzeit auch die Zeit für die Familie besser aufzuteilen.

Beispiel: Vater und Mutter möchten beide parallel Teilzeit arbeiten und den Partnerschaftsbonus beantragen. Dafür bekommen sie jeweils für die Dauer von bis zu vier Monaten zwischen 150 und 900 Euro im Monat – zusätzlich zu ihrem Gehalt und zusätzlich zum Kindergeld.

  • Je nach Arbeitsanfall ist an manchen Tagen mehr, an manchen weniger Arbeit. Das macht nichts. Solange die Eltern im Schnitt zwischen 24–32 Wochenstunden arbeiten, bekommen sie den Partnerschaftsbonus.
  • Die Eltern wissen noch nicht, ob sie zwei, drei oder vier Monate Teilzeit arbeiten werden. Das macht nichts. Sie müssen sich bei der Elterngeldstelle auch noch gar nicht endgültig festlegen. Sie können einfach die vier Monate beantragen und den Bonus früher beenden. Oder sie beantragen erst mal nur zwei Monate und verlängern später noch.
  • Der Vater erkrankt im dritten Bonus-Monat des Partnerschaftsbonus schwer und kann länger nicht mehr arbeiten. Die Mutter kann dann den Bonus allein weiter nutzen. Außerdem darf der Vater das Geld aus dem Partnerschaftsbonus der ersten zwei Monate behalten.
  • Ein wichtiges Projekt kommt unerwartet, die Mutter kann im vierten Bonus-Monat plötzlich nicht mehr Teilzeit arbeiten. Das macht nichts. Die Eltern können das Elterngeld für die ersten drei Bonus-Monate trotzdem behalten.

Und: Es gibt weitere Vereinfachungen. So müssen z.B. Eltern, die während des Elterngeldbezugs Teilzeit arbeiten, nur im Ausnahmefall nachträglich Nachweise über ihre Arbeitszeit erbringen. Ab jetzt wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass die im Antrag angegebenen Arbeitsstunden nicht überschritten werden.

  1. Länger Elterngeld für Frühchen

Kommt das Kind sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin oder früher auf die Welt, erhalten Eltern zusätzliche Monate Elterngeld, um in dieser herausfordernden Situation mehr Zeit für das Kind zu haben. Damit fokussiert das Elterngeld stärker als zuvor den individuellen zeitlichen Bedarf und unterstützt mehr Eltern, sich um ihr Kind in dieser besonderen Lebenssituation zu kümmern. Bis zu vier zusätzliche Monate Basiselterngeld sind möglich, abhängig vom Geburtstermin:

  • bei einer Geburt mindestens 6 Wochen vor dem errechneten Termin: 1 zusätzlicher Monat Basiselterngeld
  • bei einer Geburt mindestens 8 Wochen vor dem errechneten Termin: 2 zusätzliche Monate Basiselterngeld
  • bei einer Geburt mindestens 12 Wochen vor dem errechneten Termin: 3 zusätzliche Monate Basiselterngeld
  • bei einer Geburt mindestens 16 Wochen vor dem errechneten Termin: 4 zusätzliche Monate Basiselterngeld

Beispiel: Das Kind wird neun Wochen vor dem errechneten Geburtstermin geboren. Die Eltern erhalten zwei zusätzliche Monate Basiselterngeld. Diese zusätzlichen Basiselterngeld-Monate können sie auch in ElterngeldPlus umwandeln. Dann erhalten sie sogar vier zusätzliche Monate.

  1. Verwaltungsvereinfachungen und Klarstellungen

Eltern und Verwaltung werden von Vereinfachungen und rechtlichen Klarstellungen profitieren. So werden künftig z.B. die Einnahmen von Eltern mit geringen selbständigen Nebeneinkünften auf Antrag besser im Elterngeld berücksichtigt.

Beispiel: Ein fest angestellter Erzieher bekommt im Dezember sein Kind. Im Kalenderjahr davor hatte er, bis auf eine einmalige freiberufliche Einnahme von 200 Euro, noch kein Einkommen.

  • Nach den allgemeinen Regeln wird er (wegen der einen selbstständigen Einnahme) wie ein Selbstständiger behandelt: Für das Elterngeld ist das Einkommen aus dem Vorjahr maßgeblich. Damals hatte er noch kein Einkommen. Er erhält damit nur den Elterngeld-Mindestbetrag von 300 Euro.
  • Mit der neuen Regelung kann er sich dafür entscheiden, ausschließlich als Nicht-Selbstständiger behandelt zu werden: Die Einnahme von 200 Euro wird nicht berücksichtigt. Sein Elterngeld wird dann anhand der 12 Monate vor der Geburt bemessen, in denen er schon als Erzieher gearbeitet und durchschnittlich 1.500 Euro im Monat verdient hat. Er bekommt dann 65 Prozent seines maßgeblichen Netto-Einkommens, also etwa 975 Euro.

Finanzierung und Einkommensgrenzen

Die Kosten für mehr Partnerschaftlichkeit und die bessere Unterstützung von Eltern frühgeborener Kinder wurden aus dem Elterngeld selbst finanziert, ohne zusätzlichen Mittel aus dem Haushalt. Zur Finanzierung der Verbesserungen sollen künftig nur noch Eltern, die gemeinsam 300.000 Euro oder weniger im Jahr verdienen, Elterngeld erhalten. Bisher lag die Grenze für Paare bei 500.000 Euro. Diese neue Regelung für Paare betrifft Spitzenverdiener, die 0,4 Prozent der Elterngeldbezieher ausmachen – ca. 7.000 Familien. Für sie ist die eigenständige Vorsorge für den Zeitraum der Elternzeit auch ohne Elterngeld möglich. Für Alleinerziehende liegt die Grenze weiterhin bei 250.000 Euro.

Zahlen im Überblick 

  • 55 Prozent der Eltern erwarten von der Familienpolitik, dass sie die Voraussetzungen verbessert, damit beide Partner gleichermaßen berufstätig sein und Verantwortung in der Familie übernehmen können.
  • Viele Eltern (43 Prozent) wünschen sich ein partnerschaftliches Familienmodell: 25 Prozent sprechen sich für eine doppelte Vollzeit aus; 18 Prozent für doppelte Teilzeit.
  • Immer mehr Väter nutzen das Elterngeld. Vor der Einführung des Elterngeldes beantragten nur 3 Prozent der Väter Erziehungsgeld. Die Väterbeteiligung stieg seit Einführung des Elterngeldes von 21 Prozent im Jahr 2008 auf 42 Prozent im Jahr 2018 kontinuierlich an.
  • 82 Prozent der Eltern teilen sich während des Partnerschaftsbonus die Betreuung ihres Kindes mehr oder weniger gleich auf. (Im Vergleich: während des Bezugs von ElterngeldPlus: 24 Prozent, während des Bezugs von Basiselterngeld: 17 Prozent).
  • Jedes Jahr werden 2,3 Prozent aller Kinder, deren Mütter Elterngeld beziehen, mehr als sechs Wochen zu früh geboren. Das sind 17.000 Kinder im Jahr.

Quellen:        

Institut für Demoskopie Allensbach: Veränderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die Familienpolitik, 2019.

Statistisches Bundesamt (2021), Statistik zum Elterngeld, Beendete Leistungsbezüge für im Jahr 2018 geborene Kinder.

Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der Regelungen zum ElterngeldPlus und zum Partnerschaftsbonus sowie zur Elternzeit“ vom 10. Januar 2018, BT-Drs. 19/400, S. 15 ff.

Schätzung auf Grundlage der Perinatalstatistik 2014, AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH. Bundesauswertung zum Erfassungsjahr 2014 16/1 – Geburtshilfe. (Göttingen, 2015). S. 113, abrufbar unter: https://www.sqg.de/downloads/Bundesauswertungen/2014/bu_Gesamt_16N1-GEBH_2014.pdf

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 31.08.2021

Zur repräsentativen Befragung des Bitkom-Verbands zu Computerspielen erklärt Margit Stumpp, Sprecherin für Medienpolitik:

Computerspiele erleben durch die Pandemie einen Boom, was einen wirkungsvollen Kinder- und Jugendmedienschutz umso notwendiger macht. Hier sind vor allem Pädagog*innen und Eltern gefragt, einen richtigen Umgang mit Spielen zu vermitteln. Aufgabe der Politik ist es, sie dabei zu unterstützen, indem sie zum einen die Förderung der Medienkompetenz stärkt und zum anderen Kinder und Jugendliche besser vor nicht altersgerechten Inhalten und Gefahren schützt. Letzteres hat die Bundesregierung mit einer Reform des Jugendmedienschutzgesetzes wenigstens versucht. Alarmierend ist allerdings, dass 42 Prozent der Ausgaben, die Kund*innen insgesamt für Computerspiele aufwenden, in sogenannte In-Game-Käufe fließen. Seit Jahren warnen die Verbraucherzentralen in diesem Kontext vor Abzocke und Suchtgefahr bei Online-Casinospielen. Wir Grüne wollen diesem unlauteren Geschäftsmodell endlich einen Riegel vorschieben.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 23.08.2021

Zur Veröffentlichung des UNICEF-Klima-Risiko-Index erklären Margarete Bause, Sprecherin für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, und Kai Gehring, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe:

Der UNICEF-Klima-Risiko-Index offenbart, wie massiv die Rechte von Kindern weltweit durch die Auswirkungen der Klimakrise bedroht und verletzt werden. Bereits heute spüren fast alle Kinder weltweit die Folgen der Erderhitzung. Extremwetterereignisse wie Wirbelstürme, Überschwemmungen oder Dürren zerstören ihre Lebensgrundlagen unmittelbar. Gleichzeitig wirkt sich die Klimakrise auch auf ihre Gesundheit und Bildungschancen aus und raubt ihnen damit Chancen auf eine lebenswerte Zukunft. Besonders gefährdet sind Kinder, die ohnehin bereits in Armut, bewaffneten Konflikten und Vertreibung aufwachsen, zum Beispiel in Afghanistan, Bangladesch, Niger, Jemen oder dem Südsudan. Klima- und umweltbedingte Gefahren, Schocks und Belastungen stehen in Wechselwirkung und können sich gegenseitig verschlimmern. Auch das macht der Bericht unumstößlich klar.

Wir müssen jetzt handeln, damit sowohl die Kinder als auch künftige Generationen einen lebenswerten Planeten vorfinden. Erst vor wenigen Tagen hat der Weltklimabericht offenbart, dass die Weltgemeinschaft Gefahr läuft, selbst das Zwei-Grad-Ziel nicht einhalten zu können. Das hätte verheerende Folgen – insbesondere für Kinder und Jugendliche. Ihre Menschenrechte auf Leben, angemessene Lebensbedingungen, Bildung und Gesundheit müssen geschützt und verteidigt werden. Entscheidungen, die heute gefällt werden, betreffen die Zukunft von Kindern und Jugendlichen direkt. Deswegen brauchen sie mehr politisches Mitspracherecht und müssen in Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Wir Grünen übernehmen Verantwortung. Dazu haben wir ein Klimaschutz-Sofortprogramm vorgelegt, das auch dazu beiträgt, die Rechte von Kindern zu schützen. Denn Kinderrechte sind Menschenrechte, und Klimaschutz ist Menschenrechtsschutz.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 20.08.2021

„Vier Jahre Stillstand und lauwarme Dankesreden: Wieder ist eine Wahlperiode vergangen, in der die Bundesregierung die pflegenden Angehörigen missachtet, die drängenden Herausforderungen in der häuslichen Pflege nicht angenommen und keine Probleme gelöst hat. Das einzig nennenswerte Vorhaben für pflegende Angehörige – das Entlastungsbudget – wurde nach viel Hin und Her nicht umgesetzt. Das Pflegegeld wurde seit 2017 nicht mehr erhöht, und das soll bis 2025 so bleiben. Sogar die stundenweise Ersatzpflege sollte auf 40 Prozent gedeckelt werden, obwohl sie für viele pflegende Angehörige die wichtigste Entlastung ist. Letzteres konnte die Angehörigenbewegung unter lautem Protest verhindern. Doch was ist das für eine Politik, in der es Verschlechterungen zu verhindern gilt, statt über Verbesserungen zu diskutieren. Diese Bundesregierung hat sich vom Start weg bis zum Schluss von den Bedürfnissen der pflegenden Angehörigen abgewendet“, sagt Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den Aktionstag für pflegende Angehörige, der jedes Jahr am 8. September stattfindet. Zimmermann weiter:

„Wir brauchen eine radikale Kehrtwende in der Pflegepolitik zur häuslichen Pflege. Es braucht echte Wahlmöglichkeiten und Selbstbestimmung in allen Bereichen der pflegerischen Versorgung, die überall hochwertig sein muss. Dafür braucht es massive Investitionen. Armut durch Pflege muss zielgerichtet bekämpft werden. Spürbar während der Pflege und auch danach. Gerne wird das Credo der Leistungsgesellschaft hochgehalten. Pflegerische Sorgearbeit scheint dabei nicht als Leistung zu zählen. Wir müssen weg von dieser blanken Ausbeutung und endlich pflegenden Angehörigen die Anerkennung schenken, die sie verdienen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 07.09.2021

„Völlig zu kurz kommt in der aktuellen Afghanistan-Debatte, dass die Bundesregierung nicht nur für Ortskräfte, sondern auch für Familienangehörige von in Deutschland lebenden afghanischen Geflüchteten verantwortlich ist. Denn das SPD-geführte Auswärtige Amt hat den Familiennachzug über Jahre verschleppt und massiv behindert: Viele Angehörige warten bereits seit zwei Jahren allein auf einen Konsulatstermin zur Vorsprache in Islamabad oder Neu-Delhi, die Visastelle in Kabul ist seit 2007 geschlossen. Alle Appelle der letzten Jahre, die Wartezeiten zu verkürzen und die Visaverfahren zu beschleunigen, stießen auf politisch taube Ohren. Spätestens jetzt muss die Bundesregierung die Familienangehörigen schnell und unbürokratisch aufnehmen, von denen sich viele in akuter Lebensgefahr befinden“, fordert Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich der aktuellen Entwicklungen in Afghanistan. Jelpke weiter:

„Mehr als 3.000 Afghanen und Afghaninnen (Stand Mai dieses Jahres) warten auf einen Termin zur Beantragung eines Visums zur Familienzusammenführung an den Botschaften in Islamabad und Neu-Delhi. Zu dieser Wartezeit kommt noch die oft langwierige bürokratische Bearbeitung des Visumsantrags hinzu. Doch trotz des offensichtlichen Bedarfs wurde das Personal in Islamabad und Neu-Delhi im Laufe der letzten zwei Jahre von 47 auf 39 Stellen zusammengestrichen. Das ist inakzeptabel und trägt im Ergebnis mit dazu bei, dass Angehörige mit einem Recht auf Einreise nach Deutschland jetzt unter die Taliban-Herrschaft fallen. Die Familienangehörigen von in Deutschland lebenden afghanischen Schutzberechtigten bzw. Staatsangehörigen müssen deshalb sofort unbürokratisch in die Evakuierung mit einbezogen werden, und zwar über die sogenannte Kernfamilie hinaus. Zudem müssen Visumsanträge zur Familienzusammenführung in den Nachbarländern sofort entgegengenommen und schnell und unbürokratisch entschieden werden – das gilt auch für bereits anhängige Verfahren.

Nicht vergessen werden darf zudem, dass bei mehr als der Hälfte aller in Deutschland lebenden afghanischen Geflüchteten der Schutzstatus nicht durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), sondern durch die Gerichte angeordnet wurde. Doch erst mit der Anerkennung als Flüchtling gehen Rechte wie das auf Familiennachzug der sogenannten ‚Kernfamilie‘ einher. Viele afghanische Geflüchtete hatten aufgrund von Fehlern einer Bundesbehörde somit bisher keinen Anspruch auf Familienzusammenführung, oder erst nach langwierigen Klageverfahren. Das BAMF muss jetzt allen afghanischen Geflüchteten in Deutschland umfassenden Schutz gewähren.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 25.08.2021

Katrin Werner, familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, hat sich bei der Bundesregierung nach den Entwicklungen beim Elterngeld und Elterngeld Plus erkundigt. Ihre Kleine Anfrage ergab, dass im vergangenen Jahr fast 30 Prozent aller leistungsbeziehenden Frauen lediglich den Mindestbetrag des Elterngeldes erhalten haben. Dieser ist aber seit der Einführung des Elterngelds 2007 nicht erhöht worden. Allein um die Inflation auszugleichen, müsste der Mindestbetrag um 54 Euro angehoben werden.

Katrin Werner„Wir haben einen Reformstau beim Elterngeld, der zu einer Benachteiligung von ärmeren Familien führt. Mehr als jede vierte Frau bekommt nur den Mindestbetrag beim Elterngeld, der wurde seit der Einführung 2007 nicht erhöht und wird jedes Jahr ein Stückchen mehr von der Inflation aufgefressen. Allein um diese Entwicklung auszugleichen, muss der Mindestbetrag beim Elterngeld von 300 Euro auf 354 Euro und beim Elterngeld Plus von 150 Euro auf 177 Euro aufgestockt werden. Außerdem braucht es eine jährliche Anpassung des Mindestbetrags an die Inflation, um diese unsoziale Entwicklung zu beenden.

Auch die partnerschaftliche Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit in der Familie geht mit dem Elterngeld nur im Schneckentempo voran. Die allermeisten Väter nehmen lediglich zwei Monate Elterngeld in Anspruch und das hat sich in den vergangenen fünf Jahren kaum geändert. Insgesamt nehmen Männer deutlich kürzer Elterngeld in Anspruch und auch das hat sich in den vergangenen Jahren trotz der Einführung von Elterngeld Plus kaum geändert. Viele Paare wünschen sich eine partnerschaftlichere Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit und dies könnte mit dem Elterngeld deutlich besser gefördert werden. Dazu braucht es zwölf Monate Elterngeldanspruch pro Elternteil und zwar nicht übertragbar. Für Alleinerziehende müssen es entsprechend 24 Monate sein.“

Ergebnisse im Einzelnen

Im Jahr 2020 haben 28,7 Prozent aller leistungsbeziehenden Frauen lediglich den Mindestbetrag des Elterngeldes erhalten. 23,3 Prozent erhielten den Mindestbetrag beim Basiselterngeld, der 300 Euro beträgt und 5,4 Prozent den Mindestbetrag des Elterngeld Plus von 150 Euro. Insgesamt haben 1.398.858 Frauen 2020 Elterngeld bezogen, davon haben 401.713 lediglich den Mindestbetrag erhalten.

Unter den Männern sind es 8,8 Prozent, die lediglich den Mindestbetrag erhalten. 6,7 Prozent erhielten den Mindestbetrag des Basiselterngeldes und zwei Prozent den Mindestbetrag des Elterngeld Plus. Insgesamt haben 462.300 Männer Elterngeld bezogen, davon 40.456 lediglich den Mindestbetrag.

In den Ländern Bremen (45,9 Prozent), Saarland (35,8 Prozent) und NRW (33,3 Prozent) ist der Anteil von Frauen, die lediglich den Mindestbetrag des Elterngeldes bezogen haben, am höchsten. In den Ländern Sachsen (20,3 Prozent), Brandenburg (21,8 Prozent) und Thüringen (22,7 Prozent) ist der Anteil von Frauen am niedrigsten. 

Inflationsausgleich: Mindestbetrag müsste um 54 Euro angehoben werden

Der Mindestbetrag beim Elterngeld, den Eltern ohne oder mit geringem Einkommen erhalten, ist seit der Einführung des Elterngelds 2007 nicht erhöht worden. Er liegt seither unverändert bei 300 Euro und beim Elterngeld Plus bei 150 Euro im Monat. Im Bundeselterngeld- und Elterngeldzeitgesetz (BEEG) ist keine Dynamisierung im Sinne einer Anpassung der Elterngeldhöhe an den allgemeinen Verbraucherindex vorgesehen.

Der allgemeine Verbraucherpreisindex ist von 2007 bis 2020 um 18,1 Prozent gestiegen. Um die Inflationsentwicklung auszugleichen, müsste der Mindestbetrag des Basiselterngeldes demnach um etwa 54 Euro auf 354 Euro und der Mindestbetrag des Elterngeld Plus um etwa 27 Euro auf 177 Euro angehoben werden.

Die Zahl der Männer, die lediglich zwei Monate Elterngeld planen, sinkt nur langsam, ebenso die Unterschiede in der durchschnittlichen Bezugsdauer zwischen Geschlechtern.

2020 haben 72,2 Prozent aller leistungsbeziehenden Väter lediglich zwei Monate Elterngeld bezogen. 2015 lag der Anteil bei 76,6 Prozent und ist somit trotz der Einführung des Elterngeld Plus nur geringfügig zurückgegangen. 

Durchschnittlich planten Väter im Jahr 2020 3,7 Monate Elterngeldbezug. Im Jahr 2015 waren es 3,3 Monate. Auch hier gab es trotz der Einführung von Elterngeld Plus kaum eine Verbesserung. Frauen planten hingegen im Jahr 2020 durchschnittlich 14,5 Monate. Im Jahr 2015 waren es noch 11,7.

Männer bezogen 2020 Elterngeld am längsten in den Ländern Bremen (5,4 Monate), Berlin (4,9 Monate) und NRW (4,3) Monate. Am kürzesten bezogen es Männer in den Ländern Bayern (3,1 Monate), Baden-Württemberg (3,1 Monate) und Thüringen (3,1 Monate).

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 17.08.2021

Die Bundesregierung hat den Sozialbericht 2021 als Unterrichtung (19/32120) vorgelegt und schildert darin ausführlich, wie sich die Sozialpolitik in der 19. Legislaturperiode entwickelt hat. Der Bericht zeige detailliert auf, „wie der deutsche Sozialstaat als Garant für individuelle Freiheit, für soziale Gerechtigkeit und ein solidarisches Miteinander fungiert. Er sichert Lebensrisiken ab und wirkt präventiv, unterstützt in besonderen Lebenslagen und ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe. Der Sozialstaat hat sich als anpassungsfähig erwiesen, wenn auf neue soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen angemessene Antworten gefunden werden mussten“, betont die Regierung. Insbesondere die Covid-19-Pandemie habe gezeigt, dass sich die vielfältigen Systeme der sozialen Sicherheit in der Krise bewährt und insbesondere die ökonomische Situation für eine Vielzahl von Menschen stabilisiert haben. Der Bericht gibt unter anderem Auskunft zu Fragen der Arbeitsmarktpolitik, der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und zur Familien-, Gesundheits- und Rentenpolitik.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 984 vom 29.08.2021

Nach dem Willen der FDP-Fraktion sollen die Finanzmittel für das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ erhöht werden. In einem Antrag (19/32009) fordert sie die Bundesregierung auf, die jährlichen Zuschusspauschalen an die Träger im Rahmen der Haushaltsberatungen 2021 an die gestiegenen Personalausgaben, projektbezogenen Sachausgaben, Gemeinkosten und sonstige gestiegenen Bedarfe anzupassen.

Die Finanzierung der Personalkosten sei seit 2016 nicht erhöht werden, heißt es im Antrag der Liberalen. Deshalb sei es „unwahrscheinlich“, dass der durch die Corona-Pandemie gestiegene Betreuungsbedarf bei der Sprachentwicklung und die gestiegenen Lohnkosten gedeckt werden können.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 971 vom 23.08.2021

Ganztagsbetreuungsquote stieg binnen zehn Jahren von 22 % auf 34 % im Jahr 2020

Mit dem Start des neuen Kita-Jahres verbindet sich für viele berufstätige Eltern die Hoffnung, Job und Familie nach den teilweise starken Einschränkungen während der Corona-Pandemie wieder besser zu vereinbaren. Vor Beginn der Corona-bedingten Schließungen von Betreuungseinrichtungen wurden Kinder unter 6 Jahren immer häufiger ganztags betreut. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, wurden zum Stichtag 1. März 2020 knapp 1,6 Millionen Kinder zwischen 0 und unter 6 Jahren mehr als 7 Stunden durchgehend täglich in einer Kindertageseinrichtung oder in öffentlich geförderter Kindertagespflege betreut. Die Ganztagsbetreuungsquote, also die ganztags betreuten Kinder anteilig an allen Kindern dieser Altersgruppe, lag damit bei 34 %. Das war ein deutlicher Anstieg gegenüber 2010, als noch gut jedes fünfte Kind (22 %) ganztags betreut wurde.

Jedes fünfte Kind unter 3 Jahren wurde 2020 ganztätig betreut

Bei der Ganztagsbetreuungsquote von Kindern zeigen sich jedoch große Unterschiede mit Blick auf die beiden einzelnen Altersgruppen: Während Kleinkinder seltener ganztätig betreut werden – zuletzt traf dies auf 20 % der unter 3-jährigen Kinder zu – lag die Ganztagsbetreuungsquote bei den 3- bis unter 6-Jährigen bei 48 %.

Innerhalb der letzten zehn Jahre hat die Ganztagsbetreuung über alle Altersgruppen hinweg zugenommen: 2010 wurden noch 12 % der unter 3-Jährigen sowie 32 % der 3- bis unter 6-Jährigen ganztätig betreut.

Ganztagsbetreuungsquote in Thüringen mehr als doppelt so hoch wie bundesweit

Der Umfang der Kinderbetreuung in Deutschland gestaltet sich nach wie vor heterogen – dies wird besonders mit Blick auf die Unterschiede zwischen ost- und westdeutschen Bundesländern deutlich. So hat Thüringen mit 73 % die bundesweit höchste Ganztagsbetreuungsquote bei der Betreuung von Kindern unter 6 Jahren. In Sachsen-Anhalt lag die Quote bei 66 %, in Sachsen bei 65 %. Auch bei der Betreuung der unter 3-Jährigen liegt Thüringen mit einer Ganztagsbetreuungsquote von 52 % an der Spitze, gefolgt von Sachsen-Anhalt (49 %) und Mecklenburg-Vorpommern (46 %).

Zum Vergleich: In Baden-Württemberg und in Bayern wurden im Jahr 2020 lediglich 11 % der unter 3-Jährigen ganztags betreut. Auch bei den Kindern unter 6 Jahren war die Ganztagsbetreuungsquote in Baden-Württemberg (18 %) und Bayern (24 %) am niedrigsten, gefolgt von Niedersachsen (26 %). Ein Grund für die regionalen Unterschiede könnte unter anderem darin liegen, dass die Kosten für Kindertagesbetreuung in den einzelnen Bundesländern und Kommunen unterschiedlich ausfallen.

Einen Überblick über Ganztagsbetreuung auf regionaler Ebene liefert unsere interaktive Karte.

Methodischer Hinweis:

Bei den Ergebnissen zur Ganztagsbetreuungsquote handelt es sich um Kinder in Kindertageseinrichtungen sowie in Kindertagespflege, soweit sie nicht zusätzlich eine Kindertageseinrichtung oder eine Ganztagsschule besuchen (keine Doppelzählung).

Weitere Informationen:

Neue Daten zur Kindertagesbetreuung für den Stichtag 01.03.2021 werden voraussichtlich Ende September 2021 veröffentlicht.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt (DESTATIS) vom 31.08.2021

Kein „Baby-Boom“ nach Corona-Jahr 2020, aber auffälliger Anstieg im März 2021

Von Januar bis Mai 2021 sind in Deutschland nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) rund 315 000 Kinder zur Welt gekommen. Damit stieg die Zahl der Geburten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht um 1,4 %. Ein deutlicher Anstieg der Geburtenzahl war nur im März 2021 zu beobachten, als 6 % oder rund 3 700 mehr Babys geboren wurden als im März 2020. In den übrigen von der einsetzenden Corona-Pandemie geprägten Monaten war die Entwicklung unauffällig.

Die Geburten der ersten fünf Monate 2021 gehen auf Schwangerschaften zurück, die während des ersten Lockdowns von Ende März bis Anfang Mai sowie im Mai und in den Sommermonaten 2020 begonnen haben, in denen die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen weitgehend aufgehoben waren.

„Die Corona-Maßnahmen und deren Lockerung in der ersten Jahreshälfte 2020 haben sich offenbar nicht unmittelbar auf die Familienplanung ausgewirkt. Während des ersten Lockdowns und auch in den Sommermonaten wurden weder deutlich mehr noch deutlich weniger Kinder gezeugt als im Jahr 2019“, sagt Olga Pötzsch, Demografie-Expertin im Statistischen Bundesamt. „Wir konnten von Januar bis Mai 2021 insgesamt keine auffallende Veränderung der Geburtenzahlen feststellen. Die einzige Ausnahme ist der März, als 6 % oder rund 3 700 mehr Babys geboren wurden als im März des vergangenen Jahres. Diese Geburten gehen überwiegend auf Schwangerschaften zurück, die mit dem Abflachen der ersten Corona-Welle und mit den Lockerungen der Kontaktbeschränkungen ab Anfang Mai 2020 begonnen haben“, erklärt Pötzsch.

Wesentliche Merkmale der Elternschaft haben sich in den ersten fünf Monaten 2021 im Vorjahresvergleich nur geringfügig verändert: So waren 32 % der Eltern nicht verheiratet, im gleichen Zeitraum des Jahres 2020 waren es 33 %. Von allen von Januar bis Mai 2021 Geborenen waren 46 % die ersten, 36 % die zweiten und 18 % die dritten oder weiteren Kinder im Leben der Mutter. Dies entspricht der Zusammensetzung der Geburten im Vorjahreszeitraum. Allerdings war der Anteil der Geburten durch Mütter mit deutscher Staatsangehörigkeit mit 77 % etwas höher als im Vergleichszeitraum 2020 (75 %).

Methodische Hinweise:

Die Angaben beruhen auf einer Sonderauswertung vorläufiger Daten zu Geburten nach dem Geburtsmonat. Zwar sind diese Daten noch unvollständig, da Geburten für zurückliegende Monate auch nachgemeldet werden können. Jedoch liegen sie näher an den endgültigen Ergebnissen als die sonst übliche Nachweisung vorläufiger Monatswerte, die sich auf den Zeitpunkt der Lieferung und Bearbeitung der Geburtenmeldungen in der Statistik (sogenannter Berichtsmonat) beziehen und vom tatsächlichen Geburtsmonat abweichen können. In der Regel bildet aber die über die Berichtsmonate kumulierte Anzahl der Geburten die Gesamtzahl der bis zum jeweiligen Monat geborenen Kinder relativ gut ab. Für den Vergleich mit den endgültigen monatlichen Geburtenzahlen der Vorjahre sind allerdings die Angaben nach einzelnen Berichtsmonaten nur eingeschränkt geeignet.

Die endgültigen monatlichen Ergebnisse für das Jahr 2021 werden im Juli 2022 veröffentlicht. Die Geburtenzahlen im Vergleichszeitraum des Jahres 2020 beziehen sich auf die Geburtsmonate und werden sich nicht mehr verändern.

Weitere Informationen:

Die Ergebnisse nach Geburtsmonaten bis Dezember 2020 sowie vorläufige Geburtenzahlen nach Berichtsmonaten von Januar bis Mai 2021 sind in der Datenbank GENESIS-Online (Tabellen 12612-0002 und 12612-0101) veröffentlicht. Weitere Informationen zur Geburtenentwicklung sind im Tabellensegment 12612 verfügbar.

Weitere Informationen zur Geburtenentwicklung bietet die Themenseite.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt (DESTATIS) vom 23.08.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Der AWO Bundesverband hat den demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag Fragen zu zentralen sozial- und gesellschaftspolitischen Themen gestellt. Heute veröffentlicht er deren Antworten. Abgefragt wurden unter anderem die Parteipositionen zu Pflege, Einwanderungsgesellschaft, Kinderarmut und Nachhaltigkeit.

Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, erklärt dazu: „Die anstehende Bundestagswahl ist für die Ausrichtung Deutschlands entscheidend: Wollen wir eine solidarische Gesellschaft, in der jeder Mensch teilhaben kann? Wollen wir auch mit und nach Corona einen starken Sozialstaat, der Ungleichheiten abbaut und niemanden zurücklässt? Meinen wir es ernst mit guter Pflege, stabilen Renten, Geschlechtergerechtigkeit, Antirassismus und einer ambitionierten sowie sozial gerechten Transformation? Mit unseren Wahlprüfsteinen wollen wir die unterschiedlichen Positionen der Parteien zu diesen wichtigen sozialen Themen herausstellen, damit die vielen Bürger*innen, für die Gerechtigkeit und Solidarität ein Wahlkriterium ist, eine informierte Entscheidung treffen können.“

Hintergrund

Die Wahlprüfsteine der AWO gehören neben dem AWO-Positionspapier „Zukunft.Gerecht.Gestalten, dem Podcast „Deutschland, zu kannst das!“, Videobotschaften und zahlreichen fachpolitischen Blogbeiträgen zur AWO-Kampagne zur Bundestagswahl. Die Antworten der Parteien auf die jeweiligen Fragen wurden zur wertungsfreien Darstellung alphabetisch nach Parteinamen sortiert.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 08.09.2021

Über 700 Menschen haben sich für den Fachkongress „150 Jahre §218 Strafgesetzbuch“ angemeldet. Für sie bietet die digitale Veranstaltung am  27. und 28. August  in Berlin fachlichen Austausch, Information und Diskussion zum Thema Schwangerschaftsabbrüche.

„Die starke Nachfrage zeigt die hohe gesellschaftliche Relevanz des Themas und damit auch den politischen Handlungsbedarf“, sagt Selvi Naidu, Mitglied des AWO Bundesvorstandes. Die AWO ist Mitorganisatorin des Kongresses, den eine Planungsgruppe mit Vertreter*innen aus Wissenschaft, Verbänden und Zivilgesellschaft vorbereitet hat.

Schirmfrauen des Kongresses sind die Bundestagspräsidentin a.D. Prof. Dr. Rita Süssmuth und die Bundesfrauenministerin a.D. Dr. Christine Bergmann. Das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend fördert den Kongress.

Seit 150 Jahren werden Schwangerschaftsabbrüche in §§ 218ff Strafgesetzbuch unter Strafe gestellt, was erhebliche Auswirkungen auf die reproduktive Gesundheitsversorgung und ärztliche Tätigkeit in Deutschland hat. In den Schwangerschafts(konflikt)beratungsstellen, die die AWO bundesweit vorhält, erleben Berater*innen tagtäglich, wie sich die medizinische Versorgungslage für ungewollt Schwangere verschlechtert.

“Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl muss dieses dringende sozialpolitische Problem angegangen werden und eine Regelung für Schwangerschaftsabbrüche außerhalb des Strafgesetzbuches gefunden werden“, fordert Naidu.

Neben Fachvorträgen über die Geschichte und Konsequenzen des §218 StGB und Workshops u.a. zu Praxiserfahrungen in der psychosozialen Beratung bei Abbrüchen wird es auch ein politisches Podium mit Vertreter*innen der Bundestagsparteien geben. Zudem gibt es ein internationales Podium, um die Entwicklung von kriminalisierten Abbrüchen in anderen Ländern nachzuzeichnen. Den Abschluss des Kongresses bildet eine gemeinsame Erklärung der Veranstalter*innen zur Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.

Zum Programm des Kongresses: www.150jahre218.de

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 26.08.2021

Zum Schulstart nach den Sommerferien in vielen Teilen Deutschlands fordert die AWO Bund und Länder dazu auf, in zukunftsfähige Bildung zu investieren und digitale Kompetenzen zu stärken.

„Bildung in Deutschland ist häufig nicht zeitgemäß. Eine Bildungseinrichtung ohne angemessene digitale Ausstattung und Infrastruktur kann ihre heutigen Aufgaben nicht ausreichend erfüllen“, erklärt dazu Selvi Naidu, Mitglied des AWO Bundesvorstandes.

Der Anschluss an eine schnelle Internetleitung ist dafür nicht ausreichend. Die Schulen haben die Aufgabe, Kindern und Jugendlichen die Möglichkeiten der digitalen Welt zu vermitteln, sie zu nutzen und sich sicher und gefahrenfrei in ihr bewegen zu können. Dafür braucht es neben einer entsprechenden technischen Ausstattung vor allem Kompetenzen bei den Lehrer*innen und pädagogischen Fachkräften. Die Pandemie hat deutlich gezeigt, dass es hier einen großen Nachholbedarf gibt. Denn: Auch, wenn die Schulen wieder im Regelbetrieb sein werden, darf es kein „Weiter so“ geben. Digitale Kompetenzen sind schon heute grundlegend für die späteren Chancen der Schüler*innen. Der Zugang zu den nötigen Geräten und digitalen Infrastrukturen – und damit der souveräne Umgang mit der Digitalisierung – dürfen nicht denjenigen vorbehalten sein, die es sich leisten können; sonst droht ein weiteres Auseinanderdriften der Gesellschaft.

Der AWO Bundesverband weist auch darauf hin, dass das Aufbauen digitaler Kompetenzen überall wichtig ist: „Ob Schule, Kindertagesstätte oder Pflegeheim – der Staat muss die Mittel bereitstellen, möglichst schnell und flächendeckend solche Einrichtungen digital auszustatten, und den Mitarbeiter*innen Schulungsangebote ermöglichen. Nur so können wir dafür sorgen, dass digitale Kompetenzen überall ankommen, in Stadt und Land, unabhängig vom sozialen Status, Alter oder Geschlecht“, so Naidu weiter.

Die AWO begleitet die 12 Wochen bis zur Wahl unter dem Motto „Deutschland, Du kannst das!“ mit sozial- und gesellschaftspolitischen Forderungen an die kommende Bundesregierung. Aktuell startet die Themenwoche „Digitalisierung“. Mehr dazu unter: awo.org/bundestagswahl-2021

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 24.08.2021

Im Rahmen ihrer Schwerpunktwoche „Kinderarmut“ zur Bundestagswahl fordert die Arbeiterwohlfahrt, Kindergrundsicherung im nächsten Koalitionsvertrag verbindlich zu verankern. Man dürfe nicht länger zusehen, wie jedem fünften Kind in Deutschland ein Aufwachsen in Armut zugemutet werde und Zukunftschancen verspielt würden. Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender der AWO:

„Es ist schlicht ein Skandal, dass es in Deutschland, einem der wohlhabendsten Länder der Welt, nicht gelingt, allen jungen Menschen ein Aufwachsen ohne Armut zu ermöglichen. Wir wissen aus eigener Forschung und Praxis, dass Kinder- und Jugendarmut weit mehr ist als ein punktueller Mangel an Geld. Wir sprechen hier über langfristige Entwicklungsrisiken, die sich häufig bis ins Erwachsenenalter hinein und über verschiedene Lebensbereiche erstrecken.“

Die AWO hält das bestehende Leistungssystem für Kinder und Familien für unzureichend, unübersichtlich und ungerecht. Auf Grund einer komplizierten Vielzahl an Einzelleistungen mit unterschiedlichen Zugangskriterien, Antragserfordernissen, Zuständigkeiten und vielfach ungünstig ausgestalteter Schnittstellen laufen viele Leistungsansprüche ins Leere. „Corona hat die Lage nochmals dramatisch verschärft“, so Schubert, „Neben der Möglichkeit einer armutsfesten Erwerbstätigkeit, einer armutssensiblen sozialen Infrastruktur, passgenauer Angebote für Familien und mehr Bildungsgerechtigkeit brauchen wir endlich eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung, die wirklich hilft anstatt wie bisher die bestehenden Ungleichheiten weiter zu zementieren und Bessergestelle auch noch zu privilegieren.“ 

Das Leistungsniveau reicht zudem insgesamt nicht aus, um Kinder finanziell abzusichern und ihre soziale Teilhabe sicherzustellen. Auch die Verteilungswirkung ist kritikwürdig, denn wohlhabende Familien werden über das Steuerrecht für die Bedarfe ihrer Kinder finanziell stärker entlastet. Was für die Bedarfe armer Kinder im Sozialrecht zur Verfügung gestellt wird, ist hingegen deutlich weniger.

Schubert weiter: „Wir sehen, dass die Kindergrundsicherung in den Wahlprogrammen angekommen ist. Die Ideen reichen aber unterschiedlich weit und nicht alle können überzeugen. Fest steht: Das System muss einfacher, stringenter und ohne Stigmatisierungsgefahr gestaltet werden; das Geld muss zu denjenigen Kindern umverteilt werden, die es wirklich brauchen! Das durchgerechnete Konzept liegt längst auf dem Tisch. Jetzt muss es um die politische Umsetzung gehen. Die Kindergrundsicherung gehört verbindlich in den nächsten Koalitionsvertrag! Wer dieses Land zukünftig regieren will, muss eine überzeugende Lösung für eine der drängendsten sozialen Fragen unserer Zeit anbieten.“ 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 03.08.2021

Familienpolitik auf Landesebene: Deutscher Familienverband (DFV) im Gespräch mit dem Kandidaten für das Amt des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Kai Wegner

„Der Berliner Familiengipfel ist ein politisches Zukunftsformat. Die Politik ist gut beraten, mit Familien zu reden, statt nur über sie“, sagt Wolfgang Haupt, DFV-Landesvorsitzender von Berlin. „Das gilt nicht nur in Corona-Zeiten oder in der Wahlkampfphase. Wir müssen einander zuhören und gemeinsam Probleme lösen, die für Familien in Berlin besonders dringlich sind.“

Der DFV-Landesverband Berlin spricht sich in der Expertenrunde des Familiengipfels mit Kai Wegner (CDU-Vorsitzender Berlin, MdB) und Manja Schreiner (stellv. CDU-Vorsitzende Berlin) u.a. für die Ausweitung der Betreuungsinfrastruktur für alle Altersstufen aus. „Beim Thema Kita hat Berlin sehr viel zu tun. Wir brauchen dringend gut geschultes Personal und die Ausweitung der Kita-Plätze“, so Haupt.

Zum möglichen erneuten Corona-Lockdown bezieht Haupt eine klare Position für den DFV und seine Mitgliedsfamilien: „Bildungseinrichtungen und Kitas dürfen nicht wieder geschlossen werden. Der letzte Lockdown hat Familien hart getroffen. Bis an den Rand des Erträglichen.“

Gleichzeitig betont der Landesvorsitzende, dass der Grundsatz einer guten Familienpolitik immer die Wahlfreiheit in Erziehung und Betreuung sein muss. Die Politik darf Eltern und Kindern keinesfalls vorschreiben, wie sie zu leben haben. „Familien wissen am besten, was in ihrer individuellen Situation am besten ist“, sagt Haupt. „Wenn sich Familien für eine Erziehung zu Hause entscheiden, muss auch das honoriert werden. Die Wahlfreiheit ist ein Kern unserer freiheitlichen Verfassung.“

Ein besonderes Augenmerk legt der DFV beim Familiengipfel auf das Wohnen und Bauen in Berlin. „Die Neumieten in der Hauptstadt sind selbst für den Mittelstand kaum noch zu stemmen. Geschweige denn für eine Familie mit drei, vier oder fünf Kindern“, sagt Sebastian Heimann, DFV-Bundesgeschäftsführer. „Der Berliner Mietmarkt ist außer Kontrolle geraten. Die Menschen protestieren auf den Straßen für bezahlbare Mieten – und das zu Recht.“

Der Deutsche Familienverband macht sich für eine Wohn- und Baupolitik stark, die auf die Bedürfnisse von Familien ausgerichtet ist. Dazu gehört es, familiengerechten Wohnraum zu schaffen.

Wir müssen in Berlin bauen, bauen und nochmals bauen. So kommen wir weg von Berliner Mondpreismieten und überteuerten Immobilienpreisen“, so Heimann. Um das zu erreichen, fordert der DFV die Entbürokratisierung von Bau- und Genehmigungsprozessen, die Einführung eines Familienfreibetrages in der Grunderwerbsteuer (sowie Senkung eben dieser), die Einführung eines Baukindergeldes und idealerweise die Absicherung des Eigenkapitalanteils durch eine öffentliche Bürgschaft.

Weitere Informationen

Berliner Landesfamiliengipfel: Forderungen des DFV-Landesverbandes an eine zukunftsgerichtete Berliner Familienpolitik (PDF)

DFV-Bundesverband: Bezahlbares familiengerechtes Wohnen (PDF)

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 30.08.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert eine breite überparteiliche Initiative zur besseren Umsetzung der Kinderrechte im Justizsystem direkt nach der Bundestagswahl. Zahlreiche Studien zeigen auf, dass die Situation von Kindern und Jugendlichen in behördlichen und gerichtlichen Verfahren in Deutschland oftmals weder den internationalen menschenrechtlichen Anforderungen noch den Leitlinien des Europarates für eine kindgerechte Justiz entspricht. Obwohl Verfahren ihre Interessen betreffen und die Entscheidungen weitreichende Folgen für ihr Leben haben, werden Kinder häufig nicht kindgerecht beteiligt und angehört. Außerdem ist die Bestellung von Verfahrensbeiständen für Kinder in Kindschaftssachen noch immer nicht gerichtlicher Standard.

„Wir brauchen in Deutschland eine Stärkung der Kinderrechte auch im Justizsystem. Jedes Jahr kommen tausende Kinder in Deutschland mit dem Justiz- und Verwaltungssystem in Berührung. Sie sind beispielsweise Beteiligte in familienrechtlichen Verfahren bei einer Scheidung der Eltern, Zeuginnen und Zeugen in strafrechtlichen Verfahren oder Betroffene in Asylverfahren. Laut Umfragen wünschen sich Kinder besser gehört, informiert und mit Respekt behandelt zu werden. Das müssen wir ernst nehmen und umsetzen, um Kindern den vollen Zugang zum Recht zu garantieren. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist ein wesentlicher Bestandteil zur Bestimmung des Kindeswohls, nur so können sach- und kindgerechte Lösungen beispielsweise in Familienverfahren getroffen werden“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Kinder müssen ausreichend über den Ablauf des Verfahrens und ihre Rechte informiert werden. Nur so können sie sich eine Meinung bilden und effektiv am Entscheidungsprozess beteiligt werden. Dazu gehört auch die Aufklärung über Handlungsmöglichkeiten sowie deren Konsequenzen. Hierfür ist kindgerechtes Informationsmaterial zu erstellen und Kindern zugänglich zu machen. Weiter sind unabhängige, niedrigschwellige und kostenfreie Beratungsstellen und Rechtsvertretungen unerlässlich. Zu einer umfassenden Beteiligung gehört auch die Rückmeldung an die Kinder, wie ihre Meinung in die Entscheidung eingeflossen ist“, so Lütkes weiter.

„Es ist kritisch zu betrachten, dass das Wissen zu kindgerechter Justiz kein Gegenstand der juristischen Ausbildung sind. Die Grundsätze der UN-Kinderrechte, die Leitlinien des Europarates für eine kindgerechte Justiz und der Grundsatz der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes gebieten es daher, die Sicherung inhaltlicher Mindeststandards zu UN-Kinderrechten sowie kindgerechte Anhörungs- und Vernehmungsmethoden durch entsprechende notwendige Qualifikationen von Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten auf Landesebene umfassend zu verankern“, so Anne Lütkes.

Anlässlich der Bundestagswahlen in diesem Jahr legt das Deutsche Kinderhilfswerk einen Katalog mit zehn Forderungen für den „Aufbruch in ein kindgerechtes Deutschland“ vor. Diese werden sukzessive unter https://www.dkhw.de/kernforderungen veröffentlicht. Ein Kernforderungspapier des Deutschen Kinderhilfswerkes zur kindgerechten Justiz findet sich unter https://www.dkhw.de/kernforderungen/kindgerechte-justiz, weitere Informationen unter https://www.dkhw.de/schwerpunkte/kinderrechte/kindgerechte-justiz/.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Kinderhilfswerk e.V. vom 07.09.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert eine breite überparteiliche Initiative direkt nach der Bundestagswahl, um den angestrebten Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen konsequent an den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention auszurichten. Nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation muss die Ganztagsbetreuung Ganztagsbildung ermöglichen, ein rein quantitativer Ausbau von Betreuungsplätzen ohne ausreichende Qualitätssicherung widerspricht der in der UN-Kinderrechtskonvention normierten Vorrangstellung des Kindeswohls. Die wichtigsten Kriterien aller Anstrengungen müssen daher das psychische und physische Wohlergehen der Kinder und eine umfassende Ausrichtung des Ganztagsangebots an demokratischen Prinzipien sein. Hier braucht es klare, deutschlandweit einheitliche Rahmenvorgaben durch den Bund, um die Qualität dieser Plätze nachhaltig sicherzustellen.

„Gute Bildung im Ganztag muss kindgerecht gestaltet und konsequent an den in der UN-Kinderrechtskonvention normierten Kinderrechten ausgerichtet sein. Dazu braucht es entsprechende gesetzliche Qualitätsstandards, um eine Umsetzung dieser Prämissen unabhängig vom Wohnort der Kinder zu garantieren. Ganztagsbetreuung muss Ganztagsbildung ermöglichen, die sich an kindlichen Bedarfen, individuellen Entwicklungsschritten und an den vielfältigen Lebenswelten der Kinder und ihrer Familien orientiert, die über den Tag verteilt Raum für formale und non-formale Bildung und für die persönliche Entwicklung der Kinder, aber auch für Spiel, Erholung und Bewegung bietet. Bei den Investitionen in Neu- und Umbauten müssen deshalb auch Räume für freies Spiel und Außengelände sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht mitgedacht und finanziert werden. Zudem ist die Öffnung von Schulen in den Sozialraum und die verpflichtende Zusammenarbeit mit außerschulischen Bildungspartnern voranzutreiben. Wir müssen davon wegkommen ganztägige Bildung als etwas zu begreifen, dass nur am Standort Schule stattfindet und eine Verlängerung des Unterrichts in den Nachmittag bedeutet. Was wir brauchen ist eine Bildungslandschaft für Kinder und Jugendliche an unterschiedlichen Orten, etwa auch in Vereinen oder Jugendeinrichtungen. Das gilt es ebenso zu beachten wie die Sicherstellung eines angemessenen Personalschlüssels, und eine qualitativ gute Mittagsverpflegung nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Dafür braucht es qualifiziertes pädagogisches Personal durch eine entsprechende Ausbildung angehender pädagogischer Fachkräfte und die Fort- und Weiterbildung von bereits im Hort und Ganztag tätigen Fachkräften, die insbesondere dem Grundsatz der kinderrechtebasierten Demokratiebildung mehr Raum und Bedeutung zumisst. Um den Bedarf an zusätzlichen Erzieherinnen und Erziehern an den Grundschulen zu decken, muss bereits jetzt die Erhöhung der erforderlichen Ausbildungskapazitäten kurzfristig umgesetzt werden. Wichtig ist zudem, bei der Erarbeitung von Ganztagskonzepten in den Schulen nicht nur Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher sowie die Eltern einzubeziehen, sondern vor allem die Rechte und Interessen der Schülerinnen und Schüler ausreichend zu berücksichtigen und diese an Entwicklungen von Ganztagskonzepten aktiv zu beteiligen. Diese Beteiligung von Kindern ist in Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention normiert und darf nicht am Schultor enden“, so Krüger weiter.

Anlässlich der Bundestagswahlen in diesem Jahr legt das Deutsche Kinderhilfswerk einen Katalog mit zehn Forderungen für den „Aufbruch in ein kindgerechtes Deutschland“ vor. Diese werden sukzessive unter https://www.dkhw.de/kernforderungen veröffentlicht. Ein Kernforderungspapier des Deutschen Kinderhilfswerkes zur Bildung in der Ganztagsbetreuung findet sich unter https://www.dkhw.de/kernforderungen/ganztag, weitere Informationen unter https://www.kompetenznetzwerk-deki.de/.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Kinderhilfswerk e.V. vom 31.08.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk drängt auf eine breite überparteiliche Initiative von Bund, Ländern und Kommunen für mehr Investitionen direkt nach der Bundestagswahl, um allen Kindern die Teilhabe am digitalen Umfeld nachhaltig zu garantieren. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation hat gerade die Corona-Pandemie an vielen Stellen gezeigt, dass es gleichermaßen Schutz und Teilhabe bedarf, um Kindern in digital geprägten Gesellschaften ein gesundes Aufwachsen mit Medien zu ermöglichen. Um die digitale Inklusion voranzutreiben, Chancengerechtigkeit zu gewährleisten und Ungleichheiten abzubauen, sind Bund, Länder und Kommunen hier in der Verantwortung. Dafür sollen sichere, barrierefreie und kostenlose Zugänge in öffentlichen Räumen, wie Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen oder Bibliotheken, sowie an öffentlichen Plätzen, wie Spielplätzen, Freibädern, oder Bahnhöfen und Haltestellen bereitgestellt werden. Das wäre auch ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der Allgemeinen Bemerkung Nr. 25 (General Comment) zu Kinderrechten in der digitalen Welt des UN-Kinderrechtsausschusses. Zudem müssen infrastrukturelle Voraussetzungen für die Nutzung von Medien bundesweit und unabhängig von regionalen Gegebenheiten garantiert werden.

„Mit mehr Investitionen in technologische Infrastruktur, beispielsweise der Schulen, soll die digitale Teilhabe aller Kinder vorangebracht werden. Dies muss in den Schulen mit einem zeitgemäßen Unterrichts- und Schulkonzept einhergehen, das auch nach der Corona-Pandemie dringend benötigt wird. Mit dem reformierten Jugendschutzgesetz ist im Frühjahr ein moderner Kinder- und Jugendmedienschutz in Kraft getreten. Parallel dazu und gleichberechtigt mit der Förderung von Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen muss es ein Ziel sein, die Chancen zu nutzen, die digitale Medien mit sich bringen. Wir müssen in diesem Bereich ganzheitlicher denken als bisher. Deswegen sollen Schulen, Kitas sowie die Kinder- und Jugendarbeit dabei eine ebenso große Rolle spielen wie die Familie, die Medienanbieter oder das kommunale Wohnumfeld“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die digitale Entwicklung geht maßgeblich auch Kinder und Jugendliche an.

Deshalb sollten Bund und Länder Anbieter dazu anhalten, Kinder in die Entwicklung von onlinebasierten oder digitalen Angeboten für Kinder einzubeziehen. Die Bedürfnisse, Interessen, Erfahrungen und Rechte der Kinder sollten bereits in Entwicklungsprozessen zur Produktion und Distribution von Programmen, Spielen und Plattformen wie auch für schützende Maßnahmen und Technologien und in der Umsetzung gesetzlicher Bestimmungen zum Jugendmedienschutz Berücksichtigung finden“, so Krüger weiter.

„Staat und Medienanbieter, Eltern und Fachkräfte, sie alle tragen gemeinsam die Verantwortung, dass sich Kinder im digitalen Raum sicher bewegen können.

Alle Angebote müssen deshalb mit kindgerechten Informationen und Anleitungen versehen werden, Inhaltsmoderationen sowie Hilfemechanismen sind vorzuhalten, Alters- und Inhaltskennzeichen sollen die Orientierung über Medienangebote und damit verbundene Risiken befördern. Eltern und Fachkräfte sollen Kinder medienkompetent begleiten und diese entsprechend den sich altersgemäß entwickelnden Fähigkeiten unterstützen. Der gesetzliche Kinder- und Jugendmedienschutz muss permanent weiterentwickelt, seine Einhaltung überprüft und Schutzgesetzgebungen auf Bund- und Länderebene aufeinander abgestimmt werden“, so Thomas Krüger.

Anlässlich der Bundestagswahlen in diesem Jahr legt das Deutsche Kinderhilfswerk einen Katalog mit zehn Forderungen für den „Aufbruch in ein kindgerechtes Deutschland“ vor. Diese werden sukzessive unter https://www.dkhw.de/kernforderungen veröffentlicht. Ein Kernforderungspapier des Deutschen Kinderhilfswerkes zu Kinderrechten im digitalen Umfeld findet sich unter https://www.dkhw.de/kernforderungen/kinderrechte-digitale-welt, weitere Informationen unter https://www.dkhw.de/schwerpunkte/medienkompetenz/.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Kinderhilfswerk e.V. vom 24.08.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk bemängelt die nach Medienberichten geplante geringe Erhöhung Hartz-IV-Regelsatzes für Kinder zum 1. Januar 2022 als völlig unzureichend. „Zwei bis drei Euro Regelsatzerhöhung für Kinder im Hartz-IV-Bezug sind ein schlechter Witz. Mit diesen kümmerlichen Beträgen kann die Kinderarmutsquote in Deutschland nicht gesenkt werden. Jedes fünfte Kind in Deutschland ist von Armut betroffen, das ist eine Schande für eine der reichsten Industrienationen der Welt“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. „Bei den Hartz-IV-Regelsätzen brauchen wir dringend eine komplette Neuberechnung. Die geltenden Regelbedarfe haben in der Ermittlung methodische Schwächen und halten den sozialrechtlichen Mindestbedarf von Kindern künstlich klein. Sie entsprechen insgesamt nicht dem notwendigen soziokulturellen Existenzminimum und sollten auf ein Niveau angehoben werden, das echte gesellschaftliche Teilhabe möglich macht“, so Hofmann weiter.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sind die in dieser Legislaturperiode verabschiedeten Änderungen beim Unterhaltsvorschuss, beim Kinderzuschlag oder das „Starke-Familien-Gesetz“ wichtige Verbesserungen für armutsbetroffene Kinder und Jugendliche. Zugleich fehlen aber nach wie vor eine umfassende Priorisierung der Förderung armer Familien und ihrer Kinder, unbürokratische Zugänge zu den Leistungen sowie weitere umfassende Maßnahmen, um der zunehmenden Verfestigung von Armut zu begegnen und Bildungsaufstiege zu befördern.

Nach Berechnungen des Deutschen Kinderhilfswerkes liegt der Anteil der unter 18-jährigen in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften derzeit bei rund 33 Prozent, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung in Deutschland nur bei rund 16 Prozent liegt. Damit sind Kinder und Jugendliche mit ihren Familien in besonderem Maße von Armut betroffen. Allein das unterstreicht aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes die dringende Notwendigkeit, endlich entschlossen gegen die Kinderarmut in Deutschland vorzugehen.

Das Deutsche Kinderhilfswerk tritt für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung nach dem Modell des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG ein, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, bestehende kindbezogene Leistungen bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem bedarfsgerecht gewährleistet. Die Kindergrundsicherung ist eine nachhaltige Lösung, die gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen eigenständig und unabhängig von der Hartz-IV-Gesetzgebung absichert.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Kinderhilfswerk e.V. vom 26.08.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert eine breite überparteiliche Initiative für ein Umdenken in der Stadt- und Verkehrsplanung direkt nach der Bundestagswahl. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation gehört dazu beispielsweise eine Änderung des Baugesetzbuches, damit Kinder und Jugendliche an den Erneuerungsprozessen ihrer Quartiere und Stadtteile beteiligt werden, ebenso wie Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts sowie die erleichterte Möglichkeit der Einrichtung von Schulstraßen und temporären Spielstraßen. Auch die Stadt- und Verkehrsplanung hat sich laut UN-Kinderrechtskonvention am Vorrang des Kindeswohls zu orientieren. Dafür müssen die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen und die Herstellung kindgerechter Lebensbedingungen als Leitlinien in der Stadt- und Verkehrsgestaltung verbindlich etabliert werden.

„Wir brauchen eine ganzheitliche Entwicklung von Städten und Gemeinden, in denen sich Kinder und Jugendliche wohl fühlen. Eine kinderfreundliche Stadt- und Verkehrsplanung entspricht den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention und stärkt die Zukunftsfähigkeit von Kommunen durch die nachhaltige Erhöhung der Lebensqualität von Kindern und Familien. Kinder dürfen nicht länger die Leidtragenden von Wohnraumverdichtung, autofreundlichen Verkehrsflächen und vernachlässigten Spielräumen sein. Insofern freuen wir uns über die kürzlich erfolgte gesetzliche Verankerung von Naturerfahrungsräumen im Baugesetzbuch. Nicht selten bieten solche geschützten Räume Kindern in mehrfach belasteten, verdichteten Stadtquartieren die einzige Chance auf naturnahes, eigenständiges Draußenspielen. Bei städtebaulichen Planungsfragen wird noch zu häufig allein aus der Erwachsenenperspektive gedacht. Wir sollten deshalb umgehend dazu übergehen, Kindern und Jugendlichen auch im Bereich der Stadt- und Verkehrsplanung kontinuierlich, umfassend und möglichst frühzeitig Mitbestimmung zu ermöglichen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Auch bei Maßnahmen zur Verkehrssicherheit müssen die Belange von Kindern stärker berücksichtigt werden. Dafür braucht es eine veränderte Verkehrspolitik, um für mehr Sicherheit von Kindern im Straßenverkehr zu sorgen. Das gilt sowohl für städtische als auch für ländliche Räume. Wichtig ist es auch hier, Kinder und Jugendliche an den kommunalen Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit, wie beispielsweise bei der Erstellung von Schulwegplänen, möglichst frühzeitig zu beteiligen. Denn Kinder sind Expertinnen und Experten in eigener Sache, wenn es darum geht, Gefahrensituationen zu identifizieren und Hinweise zu geben, wie effektive Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden können. Zudem sollten durch Änderungen der Straßenverkehrsordnung Kommunen leichter sogenannte Schulstraßen mit temporären Durchfahrtsbeschränkungen an Schulen einrichten können. Und schließlich sollte Tempo 30 innerorts als Regelgeschwindigkeit gelten, um insbesondere kleine Kinder effektiver als bisher im Straßenverkehr zu schützen und die Lebensqualität für alle zu stärken“, so Thomas Krüger.

Anlässlich der Bundestagswahlen in diesem Jahr legt das Deutsche Kinderhilfswerk einen Katalog mit zehn Forderungen für den „Aufbruch in ein kindgerechtes Deutschland“ vor. Diese werden sukzessive unter https://www.dkhw.de/kernforderungen veröffentlicht. Ein Kernforderungspapier des Deutschen Kinderhilfswerkes zur kinderfreundlichen Stadt- und Verkehrsplanung findet sich unter https://www.dkhw.de/kernforderungen/kinderfreundliche-stadtplanung, weitere Informationen unter https://www.dkhw.de/schwerpunkte/spiel-und-bewegung/politische-arbeit/.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Kinderhilfswerk e.V. vom 17.08.2021

„Die Respektlosigkeit gegenüber unseren Kindern und Jugendlichen in der Pandemie muss ein Ende haben“, fordert der Kinderschutzbund in einem Zwischenruf. Gleichzeitig kritisiert der Kinderschutzbund den fehlenden Willen politisch Verantwortlicher sich offensiv und prioritär für Kinder und Jugendliche einzusetzen.

Auf seiner heutigen Mitgliederversammlung in Hannover verfasste der Kinderschutzbund Bundesverband einen Zwischenruf mit dem Titel „Rechte, Gesundheit und Schutz von Kindern endlich priorisieren“.  „Alle vorliegenden Studien geben Auskunft über die Folgen und extremen Belastungen. Kindern und Jugendlichen fehlen seit nunmehr eineinhalb Jahren eine geregelte Betreuung und Bildung außerhalb der Familie“, sagt Prof. Dr. Sabine Andresen, Vizepräsidentin des Kinderschutzbunds.

Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbunds: „Die Entwicklungen der zurückliegenden Wochen weisen darauf hin, dass die Infektion von Kindern wissend in Kauf genommen wird. Statt Kinder zu schützen, läuft die Realität in Deutschland derzeit auf eine sogenannte ‚Durchseuchung‘ in Kitas und Schulen hinaus. Sprache ist verräterisch! Wer auf ‚Durchseuchung‘ dieser Altersgruppe setzt, nimmt Kindern und Jugendlichen ihre Würde und ignoriert, was sie bereits für uns alle in dieser Pandemie geleistet haben.“

Kinder, Jugendliche und ihre Familien sehen sich erneut damit konfrontiert, dass ihre Rechte und Interessen nachrangig behandelt werden, obwohl viele Vorschläge seit Monaten auf den Tischen von Politik und Verwaltung liegen. Auch zu Beginn des neuen Schuljahres 2021/22 fehlen immer noch klare Informationen, die Sicherheit und Stabilität vermitteln und Vertrauen in das Krisenmanagement zurückgeben. Wirksame Maßnahmen, die die Rechte von Kindern und Jugendlichen auf Bildung und Gesundheit gewährleisten, wurden nicht ergriffen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund – Bundesverband e. V.  vom 04.09.2021

Der Kinderschutzbund kämpft geschlossen gegen Kinderarmut. Auf der Mitgliederversammlung am Samstag stimmten die Delegierten einstimmig für die Resolution „Kinder haben Armut nicht gewählt“. Der Verband fordert darin eine Gesamtstrategie gegen Kinderarmut.

In der Resolution heißt es: „Nach der UN-Kinderrechtskonvention haben alle Kinder das Recht auf ein Aufwachsen in sozialer Sicherheit. Die staatliche Gemeinschaft muss diese Sicherheit geben können. Deshalb gehören die Kindergrundsicherung und ein Investitionspaket ‚Kinder-Infrastruktur‘ als prioritäre Vorhaben in den Koalitionsvertrag der nächsten Bundesregierung.“

Die Corona-Pandemie verschärfte die finanzielle Situation vieler Familien. Das zeigt sich in einem deutlichen Anstieg derjenigen, die Leistungen beziehen müssen, um ihr Existenzminimum zu sichern. „Darauf müssen wir jetzt entschieden reagieren. Zu den tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen kommt eine erhebliche Dunkelziffer an in Armut lebenden Kindern“, so Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbunds.

Im Rahmen der Kinderschutztage kamen am vergangenen Wochenende Kinderschützer*innen aus ganz Deutschland im Congress Centrum in Hannover zusammen. Auf der Mitgliederversammlung am Samstag wurden auch die Auswirkungen der Corona-Krise auf Kinder und Jugendliche sowie den Verband diskutiert. In einem Zwischenruf forderte der Kinderschutzbund Rechte, Gesundheit und Schutz von Kindern endlich zu priorisieren.

Pressemitteilung als pdf

Resolution „Kinder haben Armut nicht gewählt“

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Kinderhilfswerk e.V. vom 17.08.2021

Der Ausbau der Infrastruktur für Familien, mehr gemeinsame Zeit für ein gelingendes Familienleben ermöglichen, ausreichend Wohnraum und finanzielle Sicherheit für Familien schaffen: Worauf sich die nächste Regierung nach der Bundestagswahl im Bereich Familienpolitik konzentrieren sollte, stellt die evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) in ihren Forderungen zur nächsten Legislaturperiode vor.

„Die Familienpolitik steht in den kommenden Jahren vor der großen Herausforderung, die negativen Folgen der Pandemie für Familien aufzufangen. Gleichzeitig muss sie voraus­schauend dafür sorgen, dass Familien im Alltag wie auch in Ausnahme- und Krisensituationen die Unterstützung erhalten, die sie brauchen“, betont Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf. Denn während der Corona-Pandemie waren Familien bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und oftmals sogar darüber hinaus gefordert. Dabei zeigte sich mit großer Deutlichkeit, dass Familien mit geringeren Ressourcen stark unter den Einschränkungen und der fehlenden Infrastruktur gelitten haben – besonders die Kinder. Die negativen Folgen der langen Schulschließungen für Bildung und psychische Gesundheit wurden massiv unterschätzt, das Offenhalten von Schulen muss zukünftig Priorität haben.

„In den nächsten Jahren sind weitgehende Veränderungen des Arbeitsmarktes notwendig. Vollzeitnahe Teilzeit und Elternzeit sollten auch für Väter leichter möglich und nicht mit beruflichen Nachteilen verbunden sein“, so Bujard. Mit ihren Forderungen zeigt die eaf auf, welche Reformen darüber hinaus im Familienrecht, in der Bildung oder auch im Bereich Reproduktionsmedizin unbedingt auf die Agenda der neuen Bundesregierung gehören. Familienpolitik berührt als Querschnittsthema fast alle Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens und muss stärker aus der Perspektive von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien gedacht und gestaltet werden.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V.(eaf) vom 31.08.2021

„Ich habe zigfach gemailt: da passiert bald was, es braut sich was zusammen und meine Frau muss so schnell wie möglich aus Kandahar raus und jetzt ist es zu spät“. Acim Aziz ist verzweifelt. Der deutsche Politikwissenschaftler und Dolmetscher ist seit 2018 mit einer Afghanin verheiratet. Zwei Jahre später hatte das Paar alle nötigen Papiere beisammen, um einen Termin an der deutschen Botschaft in Islamabad beantragen zu können. Erst im Juni 2021 konnten sie dort vorsprechen. Aziz hat sich in vielfachen Mails an die Botschaft gewandt, um die Terminvergabe zu beschleunigen. Auch mit dem Hinweis auf die instabile Lage in Kandahar und den wiederholten Drohungen, Anschlägen und Attacken auf Familienangehörige und Freunde. Dann endlich der Termin mit dem Ergebnis, dass seine Ehefrau einen Deutschtest und noch weitere, eigentlich irrelevante, Unterlagen beibringen muss, bevor das Verfahren der Visumsvergabe überhaupt in Gang gesetzt wird. Der Deutschtest ginge nur im Goethe-Institut in Pakistan. Eine Ausnahmeregelung sei nicht möglich. „Ich verstehe nicht, warum im Zeitalter der Digitalisierung die deutschen Stellen Jahre brauchen, um auch nur einen Termin zu vereinbaren und warum noch im Juli auf den Deutschtest bestanden wird. Jetzt sitzt meine Frau in Kandahar fest und kann nirgends hin. Ihr Leben ist in Gefahr. Die deutschen Behörden haben sie sehenden Auges ans Messer geliefert“. 

So wie Acim Aziz geht es vielen Betroffenen, die auf Termine im Familiennachzug warten. „Die sich zuspitzende Lage in Afghanistan war bekannt und dennoch beharren die deutschen Behörden auf ihren bürokratischen Regeln. Selbst jetzt verlangen sie noch Dokumente aus Afghanistan, die mit dem Zusammenbruch aller Strukturen überhaupt nicht zu beschaffen sind“, sagt Chrysovalantou Vangeltziki, Bundesgeschäftsführerin Verband binationaler Familien und Partnerschaften. Derzeit erreichen den Verband viele verzweifelte Anrufe, Briefe und Unterschriftenlisten. Die Visaabteilung in Islamabad sei schon immer für ihre langen Wartezeiten bekannt. „Das haben wir seit Jahren wiederholt angemahnt. In der jetzigen katastrophalen Lage ist diese Hinhaltepolitik völlig unverständlich. Wir fordern unbürokratische Lösungen und sofortige Ausreisemöglichkeit aller Familienangehörigen. Die deutschen Behörden machen sich mitschuldig am Schicksal der Familienangehörigen. Hier geht es um Menschenleben,“ so Vangeltziki. 

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. vom 18.08.2021

  • CSU-Spitzenkandidat: „Wir wollen ein Kindersplitting“
  • Im Gespräch mit VdK-Präsidentin Verena Bentele warnt Dobrindt vor der Einführung einer Vermögenssteuer

CSU-Spitzenkandidat Alexander Dobrindt hat die Abschaffung des Ehegattensplittings, wie es Grüne, SPD und Linke fordern, scharf kritisiert und angekündigt, dass die Union es weiter ausbauen werde. „Zur Wahrheit gehört, dass andere Parteien eine versteckte Steuererhöhung für Millionen von Familien vorhaben, indem sie das Ehegattensplitting abschaffen wollen“, sagte Dobrindt im Gespräch mit VdK-Präsidentin Verena Bentele. Seine Partei wolle das Ehegattensplitting behalten und „mit einem Kindersplitting dafür sorgen, dass Kinder stärker berücksichtigt werden“.

Der CSU-Spitzenkandidat war zu Gast in einer Sonderausgabe des Podcasts der VdK-Präsidentin “In guter Gesellschaft – Bentele hakt nach.” Das Gespräch wurde auch im Video aufgezeichnet. Der VdK veröffentlichte beides, Podcast und Video, am Dienstag.

Dobrindt machte in dem Gespräch auch deutlich, dass er die Einführung einer Kindergrundsicherung ablehnt, mit der die bisherigen familienpolitischen Maßnahmen gebündelt würden und die vor allem Kindern aus armen Familien zu Gute käme. „Wir setzen auf die Kombination von Leistungen, Erhöhung von Kindergeld, Absetzbarkeit von Kosten, um dort deutliche Verbesserungen zu erreichen.“ Allerdings glaube er, dass man über eine Kindergrundsicherung „sicher noch diskutieren“ werde. „Teil unserer Konzeption für diese Bundestagswahl ist es nicht.“

Auf Benteles Frage, wie eine gerechtere Verteilung des Reichtums in Deutschland zu erreichen sei, warnte Dobrindt vor der Einführung einer Vermögensteuer, etwa um die Corona-Schulden zu finanzieren: „Ich glaube nicht, dass uns das wirklich als Gesellschaft stärkt.“ Stattdessen müsse auf Wirtschaftswachstum gesetzt werden, damit auch Menschen mit kleinen Einkommen oder ohne Job etwas vom Wohlstand abbekommen: „Was wir brauchen ist Wachstum, neue Dynamik, dadurch auch neue Einnahmen“, sagte Dobrindt.

Zum Video: Bentele hakt nach … bei CSU-Spitzenkandidat Alexander Dobrindt

Zum Podcast: Spezial: Alexander Dobrindt

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland vom 31.08.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 01. Oktober 2021

Veranstalter: Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. (VAMV)

Die Corona-Pandemie hat die Sollbruchstellen in unserer Gesellschaft schärfer hervortreten lassen: Alleinerziehende müssen allein Existenzsicherung, Kindererziehung und Hausarbeit schultern und damit eine Mehrfachbelastung, die sich in Paarfamilien zwei Eltern teilen können. Schon vor der Krise hatten sie das höchste Armutsrisiko aller Familienformen. Ein Grund dafür ist, dass sie vorwiegend Mütter sind, denen es nach einer Trennung häufig nicht gelingt, aus der familienbedingten Teilzeit wieder voll ins Arbeitsleben zurückzukehren. Die Existenzsorgen vieler Alleinerziehender und die alltäglichen Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat die Corona-Krise weiter potenziert.

Der Staat hat zwar mit zahlreichen Maßnahmen die Bürger*innen und auch explizit Familien unterstützt. Jedoch scheint die Grundeinstellung der Hilfsmaschinerie erneut nicht auf die Gleichstellung der Geschlechter geeicht zu sein und Alleinerziehende fallen durchs Raster: Angesichts von Schul- und Kitaschließungen fanden sich Berufstätige plötzlich ohne Kinderbetreuung wieder, Alleinerziehende wurden in der Notbetreuung zunächst vergessen.  Bei den Entschädigungen nach Infektionsschutzgesetz erschweren Regelungslücken ausgerechnet Alleinerziehenden die Existenzsicherung. Der Kinderbonus kam nur in halber Höhe bei Alleinerziehenden an, trotz voller Mehrbelastung. Noch offen ist, welche Spuren Corona in den Lebensverläufen hinterlassen wird.

Mit seiner Fachtagung möchte der VAMV ausgehend von konkreten Corona-Schlaglichtern zur Auseinandersetzung über die darunterliegenden grundsätzlichen Probleme beitragen: Wie sieht eine gute Politik für Alleinerziehende und damit für die Vielfalt von Familien aus? Insgesamt braucht es Politiken, die Mütter und Väter in allen Familienformen gleichermaßen erreichen und Kindern ein Aufwachsen jenseits von Armut ermöglichen. Wie sehen diese konkret aus? Welche Rahmenbedingungen muss Politik setzen, um die Gleichstellung der Geschlechter im gesamten Lebensverlauf zu unterstützen, damit Alleinerziehende selbst für ihre Existenz sorgen können?

Anmeldung

Bitte melden Sie sich bis zum 24. September 2021 mit Angabe Ihres Namens, Ihrer Organisation, und Ihrer E-Mailadresse unter kontakt@vamv.de an. Die Anzahl der Plätze ist begrenzt. Mit Eingang des Teilnahmebeitrags wird Ihre Anmeldung verbindlich und Sie erhalten den Zugangscode zur Konferenz.

Teilnahmebeitrag

Für die Teilnahme an der Fachtagung erheben wir einen Beitrag von 10,00 Euro. Bitte überweisen Sie diesen nach Erhalt der Bestätigung des Eingangs Ihrer Anmeldung und bis zum 24. September 2021 auf unser Konto: Bank für Sozialwirtschaft, IBAN: DE17 3702 0500 0007 0946 00.

Hinweise zum Datenschutz

Wir verwenden Ihre Daten ausschließlich für die Durchführung und Abrechnung der Veranstaltung. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nur zu diesem Zweck oder wenn wir dazu gesetzlich verpflichtet sind.

Termin: 04. Oktober 2021

Veranstalter: Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) und Hugo Sinzheimer Institut für Arbeits- und Sozialrecht (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung

Die Covid-19-Pandemie und die damit einhergehende Krise hat die bestehenden Geschlechterungleichheiten, etwa in Hinblick auf die ungleiche Verteilung von Sorgearbeit, die Bezahlung von professioneller Sorgearbeit und die ungleichen Arbeitsbedingungen von Frauen und Männern, sichtbarer gemacht und teilweise sogar verschärft. Gleichzeitig schreitet die Digitalisierung voran und stellt die Betriebsrät*innen und andere betriebliche Akteur*innen weiterhin vor große Herausforderungen. Die Gleichstellungspolitik ist daher mehr denn je in der Pflicht, Maßnahmen umzusetzen, die Geschlechtergleichheit fördern. Eine zentrale gesetzliche Initiative ist das Gleichstellungsgesetz des Deutschen Juristinnenbundes, das als klare Forderung an die Gleichstellungspolitik der neuen Bundesregierung verstanden werden kann.

Wenn es das Pandemiegeschehen zulässt, begrüßen wir Sie sehr herzlich vor Ort. Wir bitten Sie um eine Anmeldung über das Anmeldeformular bis spätestens 03. September 2021. Bitte beachten Sie: Eine Anmeldung ist keine Teilnahmegarantie. Nach Anmeldeschluss erhalten Sie eine Rückmeldung, ob Sie an der Veranstaltung in Präsenz teilnehmen können. Nähere Informationen zu den Sicherheitsvorkehrungen vor Ort erhalten Sie mit der Anmeldebestätigung.

Alternativ besteht die Möglichkeit, digital an der Tagung teilzunehmen. In diesem Fall bitten wir Sie ebenfalls um eine Anmeldung über das Anmeldeformular bis zum 01. Oktober 2021. Der Zugangslink zur Tagung wird Ihnen nach Anmeldung und wenige Tage vor Veranstaltungsbeginn per Mail zugesendet.

PROGRAMM (PDF)

Zur Veranstaltung anmelden

Termin: 08. – 09. Oktober 2021

Veranstalter: Deutsche Liga für das Kind

Die Jahrestagung der Deutschen Liga für das Kind zum Thema „Spielräume für Kinder. Die Rechte des Kindes auf Beteiligung, Bildung und Spiel“ findet am 8./9.10.2021 in Berlin sowie in hybrider Form statt und steht unter der Schirmherrschaft von Dr. Christine Bergmann. Anmeldungen sind möglich über unseren Online-Shop.

Auf der Tagung wird erörtert, wie die in der UN-Kinderrechtskonvention niedergelegten Rechte auf Beteiligung, Bildung und Spiel auch unter schwierigen Bedingungen verwirklicht werden können. Es soll diskutiert werden, welche Rolle den beteiligten Fachkräften zukommt und was Politik und Verwaltung tun können. Die interdisziplinäre Tagung richtet sich an alle mit Kindern und Familien tätigen Fachkräfte, an Verantwortliche in Politik und Verwaltung sowie an Studierende, Auszubildende und alle am Thema Interessierte. Nähere Informationen finden Sie hier

Termin: 11. Oktober 2021

Veranstalter: Volkshilfe Östereich

Ort: Arena Wien und online 

Was bedeuten nachhaltige Unterstützung und finanzielle Sicherheit für armutsgefährdete Kinder
und wie wirken sie sich auf ihre Lebenswelt und ihr Wohlbefinden aus? Diese Fragen hat die
Volkshilfe in einem europaweit einzigartigen Modellprojekt untersucht.
Wir freuen uns, beim diesjährigen Symposium exklusive Einblicke in die Erkenntnisse aus der
begleitenden Forschung zu einer Kindergrundsicherung geben zu können.
Neben spannenden Key Notes zu Kinderarmut in Österreich und den Potenzialen Sozialer Arbeit
in der Bekämpfung von Kinderarmut, werden wir auch nach Deutschland blicken, wo das Bündnis
Kindergrundsicherung zeigt, wie eine gemeinschaftliche politische Arbeit gegen Kinderarmut
aussehen kann.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie hier.

WEITERE INFORMATIONEN

Die Pandemie ist noch nicht vorbei, doch sicher ist schon jetzt: Es wird viele Ressourcen und Zeit brauchen, um die Pandemiefolgen im Bildungsbereich zu bewältigen. Dabei geht es um den Ausgleich von Lernverlusten ebenso wie um das Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen. Warum ein guter Ganztag dazu einen großen Beitrag leisten kann, zeigt die DKJS in ihrem neuen Positionspapier – der Link zum kostenlosen Download des Positionspapiers steht am Ende des Beitrags.

Erstaunlicherweise spielen Ganztagsschulen in den aktuellen Diskussionen bislang kaum eine Rolle, obwohl sie eine wichtige, bereits vorhandene Ressource sind“, betont Anna Margarete Davis, die in der DKJS für das Thema Schulentwicklung und Ganztag verantwortlich ist. „Als Lebens- und Lernorte haben sie großes Potenzial, um die vielfältigen Pandemiefolgen abzumildern.

In Ganztagsschulen gibt es multiprofessionelle Teams, Kooperationen mit außerschulischen Partner:innen, vielfältige Angebote von Bewegung bis hin zu Lernzeiten. „Ganztagsschulen können die Folgen der Pandemie ganzheitlich und nachhaltig bearbeiten“, sagt Annekathrin Schmidt, Expertin für Persönlichkeitsbildung bei der DKJS. „Sie verfügen über Strukturen, um Kinder und Jugendliche zu stärken und zu fördern, Lernverluste auszugleichen und Krisenerfahrungen aufzuarbeiten. Nun kommt es darauf an, diese Strukturen gut zu nutzen.

Veranstaltungstipp:

Vom 14. bis 16. September 2021 findet die digitale Fachtagung „Ganztag – gemeinsam zukunftsorientiert“ statt. Das Bundesnetzwerk Ganztag und die DKJS laden ein und zeigen auf, warum Ganztagsschulen in Zeiten der Pandemie so wichtig sind.

Unter Verwendung einzigartiger monatlicher Paneldaten (IAB-HOPP), die den unmittelbaren Zeitraum nach dem ersten COVID-19 Lockdown in Deutschland von Juni bis August 2020 abdecken, untersuchen die Autorinnen die gegensätzlichen Thesen zu Retraditionalisierung bzw. Modernisierung von Geschlechterrollen bei der elterlichen Kinderbetreuung während der COVID-19-Pandemie.

Abstract und kostenlosen Volltext-Download finden Sie unter: https://www.iab.de/de/publikationen/discussionpaper/publikationendetails-discussion-paper.aspx/Publikation/K210804K6G

  • Studie untersucht anhand repräsentativer Daten, ob sich infolge coronabedingter Kita- und Schulschließungen Einstellungen zur Erwerbstätigkeit von Müttern verändert haben
  • Väter mit jungen Kindern haben ihre vor der Pandemie zunehmend egalitärer gewordenen Ansichten zu Geschlechterrollen teilweise revidiert
  • Nachdem 2016 noch rund 60 Prozent der Väter sehr egalitäre Einstellungen hatten, waren es ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie rund 54 Prozent – ein Zehntel weniger
  • Effekt bei westdeutschen Vätern junger Kinder am stärksten – Rückgang fiele bei Annahme, dass sich Trend zu mehr Egalität ohne Pandemie fortgesetzt hätte, noch größer aus
  • Politik sollte veränderte Einstellungen im Blick haben und alles tun, um Kita- und Schulschließungen in nächster Corona-Welle möglichst zu vermeiden

„In der Corona-Pandemie hat sich nicht nur die Aufgabenteilung in vielen Familien verändert – zumindest einige Väter in Westdeutschland sind auch zu einem traditionellerem Rollenverständnis zurückgekehrt. Das ist ein Indikator dafür, dass die Kita- und Schulschließungen längerfristige Effekte auf die Gleichstellung von Frauen in unserer Gesellschaft haben könnten.“ 

Aufgrund coronabedingter Schließungen von Kindertageseinrichtungen und Schulen mussten Eltern in vielen Fällen einen erheblichen Teil der Betreuungs-, Bildungs- und Erziehungsarbeit, die bisher von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen geleistet wurde, selbst übernehmen. Viele Familien haben sich angepasst, indem sie die bisherige Arbeitsteilung innerhalb des Haushalts und die Bildungs- und Betreuungsarbeit auf verschiedene Weise veränderten. So zeigt sich etwa, dass während des ersten Lockdowns überwiegend Mütter die zusätzliche Sorgearbeit übernommen haben, insbesondere wenn ihr innerhäuslicher Anteil bereits vor der Pandemie größer war als der Anteil der Väter. Dieser Befund zeigt sich nicht nur für Deutschland: In der Mehrheit der Haushalte in vielen westlichen Industrieländern übernahmen Mütter einen überproportionalen Anteil der zusätzlichen Bildungs- und Betreuungsaufgaben. Diese zunehmende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern spiegelt sich auch in den überproportionalen Beschäftigungsverlusten von Frauen während der Pandemie wider. Es ist jedoch bislang wenig darüber bekannt, ob diese beobachteten Verschiebungen hin zu traditionelleren Aufgabenteilungen innerhalb von Paarhaushalten mit Kindern nur eine kurzfristige Anpassung darstellen oder ob sie auch Effekte auf zugrundeliegende Geschlechterrolleneinstellungen haben und damit mittelfristige Effekte auslösen könnten.

 

Die komplette Studie finden Sie hier.

Das Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme beobachtet seit 2008 kontinuierlich den Status quo und die Entwicklung der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) in den 16 Bundesländern. 

Das diesjährige Ländermonitoring zeigt: Trotz eines erheblichen KiTa-Ausbaus ist Deutschland nach wie vor weit entfernt von gleichwertigen Lebensverhältnissen in der frühkindlichen Bildung. In Westdeutschland gibt es nicht genug KiTa-Plätze und in Ostdeutschland ist die Personalausstattung noch immer deutlich ungünstiger als in den westdeutschen Bundesländern. Wie dieses doppelte Ost-West-Gefälle aufgelöst werden kann, zeigt unser erstmals veröffentlichter Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule. Er prognostiziert bis 2030 den Fachkräftebedarf für die KiTa-Betreuung und stellt diesen dem voraussichtlich verfügbaren Personalangebot gegenüber. Laut des Fachkräfte-Radars besteht die realistische Chance, bis zum Ende des Jahrzehnts die Teilhabe- und Bildungschancen zwischen den Bundesländern anzugleichen. Mit diesem Etappenziel könnten erstmalig allen Kindern unabhängig von ihrem Wohnort gleichwertige Lebensverhältnisse in der frühkindlichen Bildung ermöglicht werden. 

Alle Informationen zu unserer diesjährigen Veröffentlichung – mit Pressemeldungen und -grafiken – finden Sie hier.

Auf unserem neu strukturierten und erweiterten Internet-Portal www.laendermonitor.de finden Sie zudem alle aktuellen Daten und Fakten zur frühkindlichen Bildung in Deutschland. Ihnen stehen ab sofort doppelt so viele Indikatoren in den Bereichen KiTa, Kindertagespflege und Schulkinderbetreuung für Vergleiche auf Länder- und regionaler Ebene zur Verfügung. Ferner können Sie dort in der Rubrik „REPORT | Profile der Bundesländer“ pdf-Dateien für jedes Bundesland zu den aktuellen Länderprofilen, den erstmalig erstellten Fachkräfte-Radar-Profilen und Basisdaten herunterladen.  

Darüber hinaus erscheint im Herbst dieses Jahres die achte Ausgabe des Länderreports Frühkindliche Bildungssysteme. Neben den umfangreichen Länderprofilen liegt u.a. ein Schwerpunkt der 2021er-Ausgabe auf den Effekten der Bundesländer-Maßnahmen im Rahmen des KiTa-Qualitäts- und -Teilhabe- verbesserungsgesetzes (auch „Gute-KiTa-Gesetz“ genannt). Analysiert wurde, welche bisherigen Veränderungen in den aktuellen KJH-Daten beobachtet werden können, die mit den Maßnahmen zur Verbesserung der Personal- und Leitungsausstattung einhergehen. Zudem ist gegen Ende des Jahres eine Publikation mit Daten zum Fachkräfte-Angebot sowie -Bedarf für die Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern geplant. Selbstverständlich werden wir Sie über beide Veröffentlichungen informieren. 

Die DGB Online-Befragung zur betrieblichen Umsetzung des Mutterschutzgesetzes ist gestartet, die zum Ziel hat herauszufinden, wie der Mutterschutz in Betrieben und Verwaltungen umgesetzt wird und ob und wie die doppelte Zielsetzung des reformierten Mutterschutzgesetzes von 2018 – Gesundheitsschutz der Schwangeren und Stillenden und ihres Kinder einerseits sowie Verhinderung von Benachteiligungen aufgrund von Schwangerschaft oder Stillzeit andererseits – erreicht wird. Die Befragung richtet sich an werdende Mütter und Mütter und läuft bis zum 16. Oktober 2021. Die Ergebnisse sind Anfang 2022 zu erwarten.

Teilnehmen können alle, die seit dem 1. Juli 2018 ein Kind geboren haben oder schwanger sind/waren oder stillen/gestillt haben und die während der Schwangerschaft oder Stillzeit abhängig beschäftigt sind/waren. Alle Angaben werden anonymisiert erfasst.

Die Umfrage ist unter www.dgb.de/mutterschutz zu finden.

Fragen zur Studie können an Eugen Unrau vom Institut für sozialwissenschaftlichen Transfer (SowiTra) Eugen.Unrau@sowitra.de und Silke Raab, Abteilung Frauen, Gleichstellungs- und Familienpolitik in der DGB Bundesvorstandsverwaltung Silke.Raab@dgb.de gerichtet werden.

Das ­­­­­­­­­Berliner Portal zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege ist online – www.pflegezeit-berlin.de

In Berlin pflegen etwa 200.000 Menschen ihre Angehörigen. Bundesweit geben 9% der Beschäftigten an, neben ihrer Erwerbstätigkeit private Pflegeverantwortung zu tragen. Die Pflege von Angehörigen stellt für die Betroffenen eine besondere Herausforderung dar. Oftmals dauert die Pflege mehrere Jahre. Häufig geben Pflegende ihr Arbeitsverhältnis oder die eigene Selbstständigkeit auf, weil sie keine Möglichkeit sehen, die Pflege mit einer Erwerbstätigkeit zu verbinden. Auch für Unternehmen stellt die private Betreuung und Pflege von Angehörigen ihrer Mitarbeitenden eine besondere Herausforderung dar.

In Berlin gibt es jetzt das neue Portal zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege der Fachstelle für Vereinbarkeit bei KOBRA.

Auf pflegezeit-berlin.de können Pflegende, Personalverantwortliche, Fachkräfte und Interessierte sich zu vielen Themen informieren und beraten lassen, beispielsweise:

  • Wie sind die Pflegezeit und die Familienpflegezeit rechtlich geregelt?
  • Welche (weiteren) Freistellungsmöglichkeiten gibt es für erwerbstätige Pflegende?
  • Wie können Personalverantwortliche im Betrieb pflegende Mitarbeitende unterstützten?
  • Wie sind Pflegende sozial abgesichert, z.B. Renten-, Kranken-, Arbeitslosenversicherung?

Die Fachstelle unterstützt durch ein umfangreiches Beratungs- und Schulungsangebot Betroffene und Personalverantwortliche den bestmöglichen Weg für die Vereinbarkeit zu finden. Dank der Förderung durch die Berliner Senatsverwaltung Gesundheit, Pflege und Gleichstellung ist die Beratung kostenfrei.

Für weitere Informationen zu dem Portal, zu dem Beratungsangebot von KOBRA, zur Situation pflegender Angehörigen und zu den Möglichkeiten, Beruf und Pflege besser zu vereinbaren steht Ihnen das Team um die Beratungsexpertin Petra Kather-Skibbe zur Verfügung. Sie erreichen Sie per Email unter vereinbarkeit@kobra-berlin.de  und telefonisch unter der Rufnummer : 030/ 695 923 16.

KOBRA ist eine überbezirkliche Beratungseinrichtung und gehört zu der öffentlich geförderten Infrastruktur lebensbegleitender Beratung in Berlin (www.kobra-berlin.de ). Träger ist der Berliner Frauenbund 1945 e.V.

KOBRA wird durch die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung des Landes Berlin, Abteilung III – Frauen und Gleichstellung gefördert. Die Fördermittel für den Beratungsschwerpunkt „Vereinbarkeit zu Beruf und Pflege im betrieblichen Kontext“ werden von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung des Landes Berlin, Abteilung II – Pflege gegeben.

Mütter in Deutschland würden gerne mehr arbeiten, als es ihnen in vielen Fällen tatsächlich möglich ist. Das zeigt eine Untersuchung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die der Süddeutschen Zeitung vorab vorliegt. Das Institut wertete Daten des Sozio-ökonomischen Panels aus, einer regelmäßigen repräsentativen Befragung Tausender Haushalte in Deutschland. Gut ein Viertel der darin befragten Mütter ging demnach zuletzt keinem Beruf nach – offenbar oft unfreiwillig. Denn nur etwa zwölf Prozent der Mütter hatten angegeben, dass sie tatsächlich keine Erwerbstätigkeit für sich wünschen. Wenn sie einen Job haben, arbeiten Mütter zudem häufig gegen ihren Willen in Teilzeit: Gut 21 Prozent sind weniger als 20 Stunden die Woche in ihrem Beruf beschäftigt, ein so kleines Stundenpensum wünschen sich dagegen lediglich zwölf Prozent der Mütter.

Besonders drastisch fallen Wunsch und Wirklichkeit auf den ersten Blick bei Müttern mit Kindern unter drei Jahren aus. Von ihnen gehen fast 69 Prozent keiner Erwerbsarbeit nach, aber nur bei 27 Prozent entspricht das auch dem Wunsch der Mutter. IW-Forscher Wido Geis-Thöne weist allerdings darauf hin, dass die Kluft hier mit Vorsicht zu interpretieren sei: Viele der nicht-erwerbstätigen Mütter in dieser Gruppe seien zum Beispiel lediglich in Elternzeit und nicht etwa arbeitslos. „Tendenziell deuten die Ergebnisse aber schon darauf hin, dass es vor allem für Mütter kleiner Kinder schwierig ist, ihre Arbeitswünsche auch umzusetzen“, sagt er. Dass die Arbeitsmöglichkeiten so oft hinter den Wünschen zurückbleiben, liegt dabei nicht unbedingt nur an fehlenden Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder; die Frauen gaben in der Umfrage ihre Erwerbswünsche schließlich vor dem Hintergrund des Kita- und Ganztagsschulangebots an, das sie vorfinden.

Und trotzdem fällt es ihnen offenbar schwer, sie umzusetzen. „Mütter mit Kindern sind häufig eingeschränkter in ihrer Stellensuche, weil sie keine langen Pendelwege in Kauf nehmen können, und finden deswegen schwerer eine passende Stelle“, sagt Geis-Thöne. „Oder sie wollen ihre Stunden zwar grundsätzlich ausweiten, aber können nur zu einer Zeit mehr arbeiten, die für den Arbeitgeber nicht passt.“ Aber auch Vorbehalte mancher Firmen gegen Frauen mit Kindern können eine Rolle spielen. Aus anderen Studien ist bekannt, dass Arbeitgeber Frauen nach einer Elternzeit seltener zu einem Vorstellungsgespräch einladen als Männer. Insgesamt zeigt die IW-Untersuchung einen bemerkenswerten Wandel im Selbstverständnis der Mütter in Deutschland:

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Autor Bernd Kramer in: Süddeutsche Zeitung am 11.08.2021

IW – Erwerbstätigkeit beider Elternteile stärken 7/2021

Dazu auch dieser Artikel des IWD

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ZFF-Sonderinfo

AUS DEM ZFF

Mit der vergangenen letzten Sitzungswoche des Bundestages neigt sich die Legislaturperiode ihrem Ende zu und der Wahlkampf ist endgültig eröffnet: Das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) zieht mit Blick auf die Situation von Familien eine gemischte Bilanz der letzten Jahre der Großen Koalition.

Starke-Familien-Gesetz und Ausweitung des Unterhaltsvorschusses auf der einen, Scheitern von Reformen und soziale Schieflage auf der anderen Seite – die familienpolitische Bilanz der zu Ende gehenden Legislaturperiode fällt sehr durchwachsen aus. Mit dem Starke-Familien-Gesetz wurden Leistungen für Bildung und Teilhabe verbessert und der Kinderzuschlag neugestaltet. Der Unterhaltsvorschuss wurde über das 12. Lebensjahr hinaus ausgeweitet und mit dem Gute-KiTa-Gesetz wichtige Schritte zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren eingeleitet.

Neben diesen positiven Ansätzen sind andere wichtige familienpolitische Vorhaben gescheitert, so z.B. die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz gemäß der UN-Kinderrechtskonvention. Auch der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule wurde vorerst durch den Bundesrat gestoppt. Die Hoffnung auf eine Reform des Abstammungsrechts hat sich ebenfalls als vergeblich erwiesen, sodass die daraus resultierende Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien weiter besteht. Zudem hat sich die soziale Schieflage in der Familienförderung noch weiter verschärft: Während die Kinderfreibeträge im Steuerrecht ausgeweitet wurden, gab es bei den Regelsätzen im SGB II keine wesentliche Verbesserung. Insgesamt enttäuschend ist der Umstand, dass kaum Impulse zur Förderung einer partnerschaftlichen Familienorganisation gesetzt wurden.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Neben einer ohnehin gemischten familienpolitischen Bilanz der Legislaturperiode hat doch vor allem die Corona-Krise gezeigt, dass den Bedürfnissen von Kindern, Jugendlichen und Familien ein viel zu geringer Stellenwert bei politischen Entscheidungen eingeräumt wurde. Vor allem arme Familien waren im Lockdown weitgehend auf sich allein gestellt, die digitale Ausstattung von Schulen und Schüler*innen ließ und lässt auf sich warten. Hier gilt es, verlorenes Vertrauen in der Bevölkerung zurückzugewinnen und die Auswirkungen der Corona-Krise abzufangen.“

Altenkamp fordert deshalb: „In der nächsten Legislaturperiode müssen Kinder, Jugendliche und Familien im Mittelpunkt stehen. Wir brauchen eine sozial- und geschlechtergerechte Familien- und Bildungspolitik. Von einer guten Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf über die konsequente Umsetzung der Kinderrechte, die Digitalisierung in Schulen bis hin zu niedrigschwelligen Angeboten der Familienbildung und der Bekämpfung von Kinderarmut – die Große Koalition hat nicht genug unternommen, um Fürsorge in Deutschland endlich sozial abzusichern und hinterlässt der Nachfolgeregierung einen entsprechend großen Handlungsbedarf.“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 30.06.2021

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ZFF-Info 10/2021

AUS DEM ZFF

Anlässlich der heutigen Anhörung des Familienausschusses im Deutschen Bundestag begrüßt das Zukunftsforum Familie (ZFF) den Vorschlag zur Einführung eines Rechtsanspruchs auf Elternschutz für den zweiten Elternteil nach der Geburt und fordert dessen zügige Umsetzung.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. schlägt vor, das Mutterschutzgesetz zu einem Elternschutzgesetz weiterzuentwickeln. Zentral soll ein Rechtsanspruch auf Elternschutz, also eine bezahlte Freistellung von zehn Arbeitstagen für den zweiten Elternteil oder eine soziale Bezugsperson, unmittelbar nach der Geburt des Kindes eingeführt werden. Analog zum Mutterschaftsgeld soll dem zweiten Elternteil während der Freistellung ein Lohnersatz von 100 Prozent zustehen, um allen Familien den finanziellen Spielraum zu geben, den Elternschutz auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Daneben sieht der Antrag ein Rückkehrrecht auf den früheren Arbeitsplatz sowie ein Diskriminierungs- und Kündigungsverbot im Zusammenhang mit dem Elternschutz vor.

Alexander Nöhring, Geschäftsführer des ZFF, erklärt dazu: „Junge Eltern wollen Erwerbs- und Sorgearbeit partnerschaftlicher aufteilen, sie brauchen von Anfang an entsprechende Rahmenbedingungen. Ein Elternschutz von zehn Arbeitstagen bei 100 Prozent Lohnausgleich ist ein wichtiger Baustein für Väter oder den zweiten Elternteil, um sich ab der ersten Lebenswoche in die familiäre Kinderbetreuung einzubringen und die Mutter in dieser besonderen Zeit zu unterstützen. Die Regelung hat aus Sicht des ZFF das Potential, auch längerfristige partnerschaftliche Wirkung zu entfalten und kann u.a. einen Anreiz für eine längere Elternzeit des zweiten Elternteils darstellen.“

Nöhring ergänzt: „Um Familien bei einer gleichberechtigten Aufteilung von Betreuung und Erziehung von Kindern zu unterstützen, braucht es nachhaltige Reformschritte, die an die Zeit des Mutter- bzw. Elternschutzes anschließen. Wir setzen uns daher für eine Ausdehnung der Partnermonate beim Elterngeld ein. Darüber hinaus müssen wir gerade einkommensschwache Eltern dabei unterstützen, ohne finanzielle Nöte in ihr Familienleben zu starten. Das ZFF fordert, das Basis-Elterngeld als Familienförderleistung nicht wie bislang auf Transferleistungen anzurechnen. Daneben muss die Lohnersatzrate, gerade bei kleinen Einkommen, erhöht werden. Nur so schaffen wir es, allen Eltern Angebote für eine partnerschaftliche Familienorganisation zu machen!“

Alexander Nöhring ist heute als Sachverständiger bei der Sitzung des Familienausschusses geladen. Die öffentliche Anhörung wird zeitversetzt am 08. Juni um 17 Uhr unter www.bundestag.de übertragen.

Die Stellungnahme des Zukunftsforum Familie e.V. anlässlich der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 07. Juni 2021 zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. „Zehn Tage Elternschutz zusätzlich einführen“ (Drs. 19/26979) finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 07.06.2021

Anlässlich der heutigen öffentlichen Anhörung im Familienausschuss des Bundestages begrüßt das Zukunftsforum Familie (ZFF) die Anstrengungen zur Unterstützung von Familien im Rahmen des „Aufholpaketes“, mahnt jedoch Nachbesserungen für eine niedrigschwellige Begleitung nach der Krise an. 

Im Rahmen des „Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder und zur Änderung weiterer Gesetze“ soll ein Teil des von der Bundesregierung angekündigten „Corona-Aufholpaketes“ für Kinder und Jugendliche umgesetzt werden. Konkret betrifft dies die Zahlung eines einmaligen Kinderfreizeitbonus in Höhe von 100 Euro pro Kind/Jugendlichem sowie den Wegfall des einmaligen Antrags auf Lernförderung bis Ende 2023. Außerhalb dieses Gesetzesvorhabens ist, über Programmaufstockungen oder durch Erhöhungen des Umsatzsteueranteils der Länder u. a. geplant, die Bundesprogramme „Sprach-Kitas“ und „Frühe Hilfen“ auszubauen, Ferien- und Wochenendfreizeiten für Kinder, Jugendliche und Familien zu stärken und Mehrgenerationenhäuser besser auszustatten.

Darüber hinaus sollen mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf die pandemiebedingten Ausweitungen und Flexibilisierungen des Pflegezeitgesetzes verlängert werden. Ebenso wird im Bundeskindergeldgesetz klargestellt, dass der Kinderzuschlag eventuell bestehende Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind nicht mindert. 

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Kinder und Jugendliche sind in einem hohen Ausmaß von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen. Viele sind psychisch und physisch belastet, Lernrückstände werden immer größer und insbesondere armutsbetroffene Kinder und Jugendliche fühlen sich zunehmend abgehängt. Es ist gut und richtig, dass das geplante ‚Aufholpaket‘ ein Stück mehr Unterstützung bringt. Der Kinderfreizeitbonus und die Ausweitung der Lernförderung sind wichtige Schritte und auch die Ausweitung der Schulsozialarbeit, der Bundesprogramme ‚Sprach-Kitas‘ sowie ‚Frühe Hilfen‘, der Jugend- und Familienfreizeiten und der Mehrgenerationenhäuser sind enorm wichtig. Zudem wird Familien endlich vertraut, indem sie den Freizeitbonus selbst in die Hand bekommen und damit für sich entscheiden können, wie dieser am sinnvollsten für ihre Kinder und Jugendlichen eingesetzt wird.“

Altenkamp mahnt an: „Eine Milliarde für die Bekämpfung der Lernrückstände und eine Milliarde für den Rest, auf zwei Jahre verteilt – angesichts der Gesamtkosten zur Bewältigung der Krise sind das nur die Brosamen. Zudem geben uns Kinder und Jugendliche deutlich zu verstehen, dass Lernunterstützung nötig, aber bei weitem nicht ausreichend ist. Es muss jetzt auch darum gehen, Druck und Zukunftsängste abzubauen, sodass Kinder wieder Kinder und Jugendliche wieder Jugendliche sein können. Mit freien Zeiten, Phasen der Entspannung, offener Kinder- und Jugendarbeit, Familienbildung und weiterer niedrigschwelliger Begleitung und Unterstützung. Das muss jetzt im Fokus stehen, auch finanziell.“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 31.05.2021

SCHWERPUNKT I: Kinderrechte im Grundgesetz

Zum Scheitern der Aufnahme von Kindern ins Grundgesetz erklären Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, und Katja Keul, Sprecherin für Rechtspolitik:

Wir haben von Beginn an gesagt, dass wir für einen schlechten Kompromiss nicht zur Verfügung stehen würden. Nach schwierigen Verhandlungen müssen wir feststellen, dass bei den Kinderrechten weder eine Einigung auf Förderung noch auf Schutz noch auf Beteiligung erzielt werden konnte. Besonders die Unionsfraktion hat eine Stärkung der Kinderrechte abgelehnt.

Wir bedauern das sehr, gleichzeitig können wir keiner Vorlage zustimmen, die keinerlei Fortschritt für die Kinderrechte in Deutschland bedeutet. Der Vorschlag der Koalition enthält mit der Gewährleistung verfassungsmäßiger Rechte und des rechtlichen Gehörs überflüssige Verweise auf bereits geltendes Recht und damit letztlich nur eine Umschreibung, dass sich für die Kinder in Deutschland nichts ändern soll.

Letztlich müssen wir feststellen, dass eine Verankerung wirksamer Kinderrechte im Grundgesetz zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen ist. Es bleibt zu hoffen, dass die gesellschaftliche Debatte weitergeht und eines Tages die erforderliche Zweidrittelmehrheit für stärkere Kinderrechte im Grundgesetz ermöglicht. Wir werden auch in der neuen Wahlperiode alles daran setzen, dass Kinder starke Rechte im Grundgesetz bekommen, die ihnen zustehen, damit wir für unsere Kinder in der Zukunft einen echten Mehrwert schaffen können.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 08.06.2021

Mit dem Scheitern, die Rechte der Kinder stark in unsere Verfassung aufzunehmen, ist der Großen Koalition bei einem weiteren Großprojekt die Puste ausgegangen. Justizministerin Lambrecht, im Nebenjob auch noch Familienministerin, hat es nicht geschafft, die nötige Mehrheit zu organisieren, um Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Kinder stehen nach extrem schweren Monaten der Pandemie immer noch nicht im Mittelpunkt der Politik. Das ist ein Armutszeugnis für die Koalition, es ist ein Armutszeugnis insbesondere für die Union, die den Vorschlag blockiert hat.

Kinderrechte gehören ins Grundgesetz, damit Kindeswohl und Interessen bei staatlichen Entscheidungen endlich maßgeblich berücksichtigt werden. Eine starke Formulierung muss das Recht von Kindern auf Schutz, auf Förderung und auf Beteiligung in den Dingen, die sie betreffen, beinhalten. Zuletzt hatten wir einen kosmetischen Vorschlag auf dem Tisch, der sogar hinter der geltenden Rechtslage wie den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention zurückging.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Und egal, ob es um die Stadtplanung oder um die Sozialpolitik geht, ihre Rechte müssen im Vordergrund stehen.

Wir brauchen jetzt dringend eine konsequente Armutsvermeidung mit einer echten Kindergrundsicherung. Wir müssen dafür sorgen, dass wir aus der Pandemie herauskommen mit umfassenden Angeboten für Bildung und Freizeit.

Quelle: Pressedienst Dienstag-Statement Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 08.06.2021

Für die heutige Sitzung des Rechtsauschusses des Bundestages war ursprünglich die Behandlung der Kinderrechte-Gesetzentwürfe von LINKEN, Grünen und FDP geplant. Doch zur Überraschung der Oppositionsfraktionen setzte die Koalition den Tagesordnungspunkt kurzerhand ab. Begründung: Man habe noch Beratungsbedarf. Worin dieser besteht, bleibt unklar. Erst gestern hatten Justizministerin Lambrecht und Unionsfraktionsvorsitzender Brinkhaus das Scheitern der Verhandlungen zur Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz eingeräumt.

Niema Movassat, Obmann der Fraktion DIE LINKE im Rechtsauschuss, erklärt dazu: „Wir bedauern, dass die Koalition nicht willens ist, sich mit den demokratischen Fraktionen auf eine Formulierung der Kinderrechte im Grundgesetz zu einigen. Aber dass sie heute im Ausschuss auch noch die Abstimmung über die Gesetzentwürfe von LINKEN, Grünen und FDP verhindern will, ist ein Skandal und dem Parlament unwürdig.“

Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, ergänzt: „Das Versprechen der Kanzlerin und ihrer Koalition, Kinderrechte im Grundgesetz zu stärken, ist nichts wert. Gerade die Union hatte nie vor, irgendeiner Grundgesetzänderung zuzustimmen und hat nur zum Schein verhandelt. Ich bin nur noch wütend über dieses Manöver auf dem Rücken der Kinder.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 09.06.2021

„Die Koalition hat das Vorhaben, Kinderrechte endlich im Grundgesetz zu verankern, an die Wand gefahren“, kommentiert Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, das heute bekanntgegebene Scheitern der Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz. Norbert Müller weiter:

„Erst wurden anderthalb Jahre in einer ergebnislosen Bund-Länder-AG verplempert, dann wertvolle Monate im Koalitionsstreit. Schließlich haben SPD und Union die Debatte über die seit Jahren vorliegenden Vorschläge von LINKEN und Grünen im Rechtsausschuss blockiert. Der vorliegende Regierungsvorschlag wäre ein großer Rückschritt. Dennoch waren wir immer zur Debatte und zu Kompromissen bereit. Mit der von der Union forcierten Entscheidung der Koalitionsfraktionen, DIE LINKE aus den Verhandlungen auszuschließen, war absehbar, dass es keine Mehrheit im Bundestag mehr geben wird. Nach den Bundestagswahlen müssen die Verhandlungen im Parlament zwischen allen demokratischen Fraktionen umgehend wiederaufgenommen werden. Dabei ist für uns klar: Wir wollen umfassende Rechte auf Schutz, Förderung und Beteiligung und einen Vorrang des Kindeswohls im Grundgesetz sichern.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 08.06.2021

Zum Scheitern der Verhandlungen über eine ausdrückliche Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz erklärt der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae:

„Es ist bedauerlich, dass die Verhandlungen über die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz an der Ambitionslosigkeit der Großen Koalition gescheitert sind. Die FDP-Fraktion hat sich zu keinem Zeitpunkt einer ausdrücklichen Verankerung von Kinderrechten verschlossen. Vielmehr haben wir uns durchgehend konstruktiv an den Verhandlungen beteiligt und eigene Verbesserungsvorschläge eingebracht. Zudem haben wir stets dafür geworben, die sexuelle Identität als negatives Diskriminierungsmerkmal in Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz aufzunehmen. Letztlich war die Große Koalition aber nicht in der Lage, ernsthaft auf konstruktive Vorschläge einzugehen. Eine neue Bundesregierung wird sich dem Thema mit größerer Sorgfalt widmen müssen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 08.06.2021

Zum Scheitern des Koalitionsvorhabens, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, erklärt das Aktionsbündnis Kinderrechte (Deutsches Kinderhilfswerk, der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland, in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind):

„Das Scheitern der Verhandlungen über die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz ist ein herber Dämpfer für die Kinder, Jugendlichen und Familien unseres Landes, die in den vergangenen Monaten ohnehin schon wenig Unterstützung erfahren haben. Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, dass Kinderrechte bisher zu häufig übergangen werden.

Dass sich die Bundestagsfraktionen nicht auf eine gemeinsame Formulierung einigen konnten, ist enttäuschend. Kinder und ihre Familien hätten mehr Kompromissbereitschaft und Rückhalt über alle Parteien hinweg verdient. Mit dem Scheitern des Vorhabens wurde eine historische Chance verpasst, die Rechte von Kindern nachhaltig zu stärken.

Das Aktionsbündnis Kinderrechte wird sich weiter für eine Verankerung der Kinderrechte in der deutschen Verfassung einsetzen. Die im Aktionsbündnis vertretenen Kinderrechtsorganisationen rufen Bund und Länder dazu auf, weiter eine tragfähige Lösung zur Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz zu suchen. Es braucht eine starke und eindeutige Formulierung für die Kinderrechte, die unabhängig von den Elternrechten gegen den Staat gelten. Dies wäre eine wichtige Grundlage für kindgerechtere Lebensverhältnisse und bessere Entwicklungschancen für alle Kinder, für eine stärkere Rechtsposition und mehr Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland.“

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk, Deutscher Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland und Deutsche Liga für das Kind vom 08.06.2021

Der Kinderschutzbund zeigt sich enttäuscht über die gescheiterten Verhandlungen zu der Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz.

In der Corona-Krise hatte der Kinderschutzbund oft den Eindruck, dass Kinder in der Politik keine hohe Priorität haben. Dieser Eindruck setzt sich beim Umgang mit den Kinderrechten fort. „Ein deprimierendes Signal für Kinder und Familien in Deutschland“, findet der Präsident des Kinderschutzbunds, Heinz Hilgers.

„Wir brauchen echte Kinderrechte im Grundgesetz. Zu echten Kinderrechten gehören Schutz, Förderung und Beteiligung von Kindern sowie der Vorrang des Kindeswohls“, sagt Heinz Hilgers dazu. Der Kinderschutzbund wird weiter für die Kinderrechte kämpfen. „Neben der Kindergrundsicherung ist die Aufnahme echter Kinderrechte ins Grundgesetz der wichtigste Wahlprüfstein für den Kinderschutzbund“, erklärt Bundesgeschäftsführer Daniel Grein. Der Kinderschutzbund erwartet, dass eine zukünftige Regierung im Koalitionsvertrag festhält, dass echte Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden.

Dass das möglich ist, zeigen zwei Bundesländer: „Hessen hat nach einem überragenden Ergebnis einer Volksabstimmung ein gutes Beispiel abgegeben. Und erst kürzlich hat Bremen gezeigt, dass ernstgemeinte Kinderrechte in der Landesverfassung erreichbar sind“, so Heinz Hilgers.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund – Bundesverband e.V. vom 08.06.2021

Laut Aussage von Justiz- und Familienministerin Lambrecht wird die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr erfolgen. Die Parteien geben sich nun gegenseitig die Schuld daran, dass eine abschließende Verhandlungsrunde mit Vertreter*innen der Bundestagsfraktionen ergebnislos verlief. „Dass die Parteien keinen Kompromiss finden, ist kaum zu glauben! Kinder und Jugendliche sind die Verlierer“, bedauert Martin Bujard, Präsident der eaf. „Die Corona-Pandemie hat überdeutlich gezeigt, wie groß und dringend der Handlungsbedarf ist. Deshalb haben wir bereits im Januar davor gewarnt, das Vorhaben in die nächste Wahlperiode zu verschieben.“

 

Die eaf hatte schon früh befürchtet, dass der vorgelegte Regierungsentwurf die erforderlichen Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat verfehlen könnte und deshalb bereits Mitte Januar einen ausführlich begründeten Alternativvorschlag vorgelegt. Dieser verhindert sowohl ein Zurückfallen hinter die Regelungen der UN-Kinderrechtskonvention, wie es von der Opposition kritisiert wurde, als auch eine Verschiebung des wohlaustarierten Grundrechts-gefüges zwischen Eltern, Kindern und Staat, was wiederum von der Union abgelehnt wird.

 

„Eine Übernahme einzelner Rechte aus der UN-Kinderrechtskonvention ist gar nicht nötig, hat aber zu dem Streit um die richtige Formulierung geführt. Diese Klippe könnte mit der Einigung auf ein Staatsziel umschifft werden“, erläutert Bujard. „Wir meinen, es reicht aus, Kinder unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung zu stellen und sich mittels eines Staatsziels auf die tatsächliche Durchsetzung aller Kinderrechte aus der UN-Kinderrechtskonvention zu einigen. So aber wird die große Chance verpasst, jetzt, wo wir es besonders dringlich brauchen, einen Startschuss für eine aktivere Politik für Kinder und Jugendliche abzugeben.“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf) vom 09.06.2021

Die Kindernothilfe kritisiert die deutsche Regierung für das Scheitern der Verhandlungen zur Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz. Obwohl das Vorhaben im aktuellen Koalitionsvertrag verankert ist, wurde gestern bekannt, dass es nicht umgesetzt wird. „Die Regierung wird ihr Versprechen nicht halten und hat damit eine riesengroße Chance zur Stärkung der Kinder und ihrer Rechte vertan“, so Katrin Weidemann, Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe.

„Es ist unfassbar enttäuschend, dass die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz an Detailfragen scheitert“, sagt Katrin Weidemann, Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe. Obwohl das Vorhaben im aktuellen Koalitionsvertrag verankert ist, wurde gestern bekannt, dass es nicht umgesetzt wird. Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht hatte nach einer abschließenden Verhandlungsrunde mit den Bundestagsfraktionen die Nachricht veröffentlicht, dass es keine Zweidrittelmehrheit für den Vorstoß geben wird. 

Wie wichtig Kinderrechte sind und dass sie viel weiter reichen als Menschenrechte, zeige sich einmal mehr in der Pandemiezeit, sagt Weidemann mit Blick auf die steigenden Zahlen zu Gewalt gegen Kinder. „Wir sehen in einer Grundgesetzänderung die Chance, den Staat stärker in die Pflicht zu nehmen, kindgerechte Lebensverhältnisse zu schaffen und Kinderarmut zu bekämpfen“, so Weidemann weiter.

Die Sorge von Kritikern einer solchen Regelung, die Freiheit und die Verantwortung der Elternrechte einzuschränken, könne die Kindernothilfe nicht teilen. „Kinder haben ein Recht darauf, bei Dingen, die ihr Leben betreffen, einbezogen zu werden. Es ist beschämend, dass Kindern und Jugendlichen mit dieser Entscheidung wieder einmal deutlich gemacht wird, wie wenig ihre Bedürfnisse zählen!“

Der jahrelange Einsatz der Kindernothilfe und vieler Kinderrechtsorganisationen erlebe einen großen Rückschritt. „Aber wir geben nicht auf und kämpfen in der nächsten Legislaturperiode weiter dafür, dass Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen werden“, so Weidemann.

 
Quelle: Pressemitteilung Kindernothilfe vom 08.06.2021

SoVD-Präsident Adolf Bauer: „Die Rechte von Kindern müssen gestärkt werden, das steht fest. Das dieses Vorhaben nun wieder aufgeschoben wird, enttäuscht mich maßlos.“

Kinder haben keine starke Lobby in der Politik. So jedenfalls die Schlussfolgerung des Sozialverband Deutschland (SoVD) nach den gescheiterten Verhandlungen der Bundesregierung zur Verankerung echter Kinderrechte im Grundgesetz. 

„Es ist ein Armutszeugnis für die große Koalition, dass es nach monatelangen Verhandlungen nicht möglich ist ein Gesetz zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz auf den Weg zu bringen. Die Rechte von Kindern müssen gestärkt werden, das steht fest. Dass dieses Vorhaben nun wieder aufgeschoben wird, enttäuscht mich maßlos“, sagt SoVD-Präsident Adolf Bauer.

Gemeinsam mit Organisationen, wie dem Deutschen Kinderhilfswerk, UNICEF Deutschland, dem Kinderschutzbund und der Deutschen Liga für das Kind, beteiligt sich der SoVD an dem Bündnis „Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!“. Wir werden nicht lockerlassen und uns weiter für die Aufnahme echter Kinderrechte im Grundgesetz stark machen, die den Ansprüchen der UN-Kinderrechtskonvention gerecht werden“, so Bauer.

Entscheidend ist, dass die Kinderrechte im Grundgesetz einen eigenen Absatz erhalten. „Wenn die Kinderrechte im Grundgesetz unmittelbar mit den Elternrechten verknüpft werden,führt das zu Konflikten zwischen Eltern- und Kinderrechten, die schlichtweg vermeidbar sind“, betont der SoVD-Präsident.

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Quelle: Pressemitteilung Sozialverband Deutschland e.V. vom 08.06.2021

SCHWERPUNKT II: Elternschutz nach der Geburt

Die von der Linksfraktion geforderte Weiterentwicklung des Mutterschutzgesetzes zu einem Elternschutzgesetz, das die Einführung einer zehntägigen Freistellung von der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich für den zweiten Elternteil oder eine zu benennende soziale Bezugsperson nach der Geburt eines Kindes vorsieht, stößt auf ein geteiltes Echo. Während dies von Arbeitnehmervertretern, Familienverbänden und dem Deutschen Frauenrat ausdrücklich begrüßt wird, lehnen dies Arbeitgeber und Vertreter der Wirtschaft ab. Dies zeigte sich in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag über den entsprechenden Antrag der Fraktion Die Linke (19/26979).

Ausdrücklich begrüßt wurde die Forderung von Alexander Nöhring vom Zukunftsforum Familie, Alexandra Nordmann vom Deutschen Frauenrat, Anja Weusthoff vom Deutschen Gewerkschaftsbund und Sandra Runge vom Deutschen Juristinnenbund. Nöhring argumentierte, dass der vorgeschlagene Elternschutz auch die Väter beziehungsweise den zweiten Elternteil in der besonderen Lebensphase nach der Geburt eines Kindes unterstütze. Dadurch werde die gesamte Familie gestärkt. Nordmann führte aus, dass der zehntägige Anspruch auf Freistellung mit Lohnersatz für den zweiten Elternteil zur unabhängigen Existenzsicherung von Frauen beitrage und Vätern einen Anreiz setze, sich langfristig stärker in der Familie zu engagieren. Auch Weusthoff argumentierte, dass der Elternschutz einen guten Start in eine gerechtere Aufteilung der Sorgearbeit in der Familie darstelle. Runge wies darauf hin, dass die „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige“ einen zehntägigen Freistellungsanspruch für den zweiten Elternteil vorsehe. Dies müsse auch in deutsches Recht umgesetzt werden.

Auf Ablehnung stieß der Antrag der Linken hingegen bei Vertretern der Arbeitnehmer und der Wirtschaft. Übereinstimmend wiesen Ingbert Liebing vom Verband kommunaler Unternehmen, Kerstin Plack von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und Caroline Rigo vom Zentralverband des deutschen Handwerks die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf einen Elternschutz ab. Einerseits sprachen sie sich zwar dezidiert dafür aus, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken. Der Linken-Antrag sei jedoch weder zielführend noch nötig. Liebing, Plack und Rifo verwiesen darauf, dass die Elternzeit und das Elterngeld deutlich über die Vorgaben der EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie hinausgingen. Insofern sei ein erweiterter Elternschutz nicht nötig. Zum anderen handle es sich beim bestehenden Mutterschutzgesetz vorrangig um ein Arbeitsschutzgesetz, das den besonderen Anforderungen einer Schwangerschaft und der besonderen Schutzbedürftigkeit von Mutter und Kind nach der Entbindung Rechnung trage. Eine Ausweitung dieses Schutzes auf die Väter passe nicht in die Systematik. Ebenfalls auf Ablehnung stieß die Forderung, den Elternschutz auf eine von der Mutter benannte soziale Bezugsperson auszuweiten. Dies würde zu einer nicht überschaubaren Gruppe von Anspruchspersonen führen, befanden Plack und Rigo. Liebing räumte aber ein, dass bei der Elternzeit für Väter in manchen Unternehmen noch Nachholbedarf bestehe. Hier müsse es zu einem weiteren Umdenken in der Unternehmenskultur kommen.

Nina Katrin Straßner vom Softwareunternehmen SAP berichtete von den guten Erfahrungen, die das Unternehmen mit der freiwilligen Einführung einer Väterzeit gemacht habe. Diese sehe vor, dass Väter während der Mutterschutzzeit für 20 Prozent ihrer Arbeitszeit bezahlt freigestellt werden können. In den ersten 15 Monaten nach Einführung hätten mehr als 500 Väter von dieser Regelung Gebrauch gemacht. Dies habe sich auch auf die Unternehmenskultur insgesamt positiv ausgewirkt. Zudem habe sich die Elternzeitquote bei den Vätern in der Folgezeit erhöht, führte Straßner aus.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 753 vom 07.06.2021

Bindung und Partnerschaftlichkeit stärken durch bezahlte Freistellung für zweiten Elternteil!

Die Geburt eines Kindes ist einer der bedeutendsten und emotional tiefgreifendsten Augenblicke – nicht nur für die Mutter, sondern auch für den zweiten Elternteil. Da ist es wichtig, den Kopf frei zu haben für das, worauf es ankommt: Die Bindung zum Kind zu stärken und als Familie zusammenzuwachsen.

Nicht zuletzt deswegen fordert der DGB einen Rechtsanspruch einzuführen auf eine zehntägige bezahlte Freistellung des zweiten Elternteils rund um die Geburt. Die „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158)“ konsequent umzusetzen und in einem eigenständigen Vaterschaftsfreistellungsgesetz die Voraussetzungen für eine enge Vater-Kind-Bindung und mehr Partnerschaftlichkeit bei der Verteilung der Sorge- und Hausarbeit zu verbessern, ist das Gebot der Stunde.

Denn die letzten Jahre zeigen: Familien- und gleichstellungspolitische Reformen haben traditionelle Rollenvorstellungen und Fehlanreize bei den strukturellen Rahmenbedingungen zur ungleichen Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit in Deutschland nicht beseitigt. Frauen übernehmen immer noch die Hauptlast der Sorge- und Hausarbeit und reduzieren dafür ihre Erwerbsarbeitszeit. Die ungleiche Teilhabe am Arbeitsmarkt verhindert die eigenständige Existenzsicherung, schmälert Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten und erhöht das Risiko für Altersarmut. 

Für mehr Partnerschaftlichkeit brauchen Männer und Frauen endlich einen Paradigmenwechsel. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen mit Kindern muss gestärkt und die Übernahme von Sorgeverantwortung durch Väter durch gezielte Anreize besser unterstützt werden.

Studien zeigen, dass die Unternehmenskultur einen relevanten Einfluss darauf hat, wie die Sorgeverantwortung in Paarhaushalten verteilt ist. Zwar ist eine familienfreundliche Unternehmenskultur noch keineswegs die Regel, aber sie ist eine maßgebliche Bedingung für partnerschaftliche Vereinbarkeit. Untersuchungen zur Inanspruchnahme von Elternzeit zeigen zudem, dass für Väter die Sorge vor negativen beruflichen Folgen zu den drei häufigsten für einen Verzicht auf Elternzeit zählt. Statt auf den guten Willen der Unternehmen hoffen zu müssen, würde die Einführung einer Vaterschaftsfreistellung einen verbindlichen Rechtsanspruch schaffen, der die Unternehmenskultur nachhaltig verändern kann.

Die am 20. Juni 2019 verabschiedete „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158)“ setzt Mindeststandards, mit denen die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbessert werden soll. Ein vom DGB in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten des Arbeits- und Sozialrechtlers Stefan Treichel zeigt: Die aktuellen Regelungen in Deutschland reichen nicht aus. Die Vaterschaftsfreistellung muss unabhängig von bisherigen Regelungen eingeführt werden. Und auch andere familienpolitisch relevante Regelungen müssen grundlegend nachjustiert werden, darunter diejenigen zur Elternzeit und Pflegezeit und jene im Bereich des allgemeinen Teilzeitrechts.

Diese Forderungen bekräftigt der DGB in seiner Stellungnahme anlässlich einer öffentlichen Anhörung zum Antrag der Fraktion DIE LINKE „Zehn Tage Elternschutz zusätzlich einführen“ (BT-Drs. 19/26979) vom 24. Februar 2021. 

Als Sachverständige wird Anja Weusthoff den DGB in der öffentlichen Anhörung vor dem Ausschuss Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Bundestag zum Antrag der Fraktion DIE LINKE vertreten. Die Anhörung findet am Montag, den 07. Juni 2021 von 14.00 Uhr – 15.45 Uhr digital statt.


Hier könnt ihr die Stellungnahme des DGB zum Antrag der Fraktion DIE LINKE herunterladen:

 
Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 07.06.2021

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme im Rahmen der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. „Zehn Tage Elternschutz zusätzlich einführen“.

1. Forderung

Die Fraktion DIE LINKE fordert im Rahmen des unter II gestellten Antrages auf, unverzüglich einen Gesetzesentwurf vorzulegen, um die „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158)“ umzusetzen, das bestehende Mutterschutzgesetz zu einem Elternschutzgesetz weiterzuentwickeln und darin einen Rechtsanspruch auf Elternschutz festzuschreiben, der eine bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung von zehn Arbeitstagen für den zweiten Elternteil oder für eine von der leiblichen Mutter benannte soziale Bezugsperson unmittelbar nach der Geburt des Kindes vorsieht. Dabei werden folgende Regelungen gefordert

1. Eine Entgeltfortzahlung von 100 Prozent, die sicherstellt, dass die Lohnfortzahlung für fünf Tage durch Arbeitgeber*innen und die weiteren fünf Tage durch Entgeltfortzahlung durch den Bundeshaushalt erfolgen und 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze nach § 223 Absatz 3 SGB V nicht überschreitet.

2. Ein Rückkehrrecht auf den früheren Arbeitsplatz.

3. Die Festschreibung eines Diskriminierungs- und Kündigungsverbot im Zusammenhang mit dem Elternschutz.

2. Stellungnahme

a)  10-tägiger bezahlter Freistellungsanspruch („Rechtsanspruch auf Elternschutz“) für den zweiten Elternteil oder eine von der leiblichen Mutter benannte Bezugsperson unmittelbar nach der Geburt des Kindes.

Art 4 der EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158), die bis zum August 2022 umgesetzt werden muss, sieht einen 10-tägigen Freistellungsanspruch für den zweiten Elternteil vor. Dieser gewährt Vätern bzw. dem zweiten Elternteil unabhängig vom Familienstand einen gesetzlichen Anspruch auf bezahlte Freistellung anlässlich der Geburt – mindestens in Höhe des Krankengeldes. 

Die Regelung eines im Mutterschutzgesetz verankerten Freistellungsanspruchs wird daher vom djb unterstützt und begrüßt. Wichtig ist, dass es sich um einen eigenständigen Rechtsanspruch handeln sollte, der nicht in den Regelungen des Elterngelds aufgehen und als fiktiver Elterngeldverbrauch bewertet werden sollte. Die Freistellung aus Anlass der Geburt –   zusätzlich zu Elternzeit und Elterngeld bedeutet nicht nur eine Entlastung für die gebärende Mutter, sondern fördert die Eltern-Kind-Beziehung des anderen Elternteils von Anfang an. Letztere haben dann aufgrund der Lohnersatzleistung den finanziellen Spielraum, sich bereits in der frühen familiären Phase nach der Geburt um das Kind zu kümmern. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass der 10-tägige Elternschutz oftmals den Grundstein dafür legen wird, dass der zweite Elternteil im Anschluss Elternzeit, ggf. auch Teilzeit in Elternzeit beansprucht. Dadurch wird ein wichtiger Anreiz gesetzt, Fürsorgearbeit und Erwerbsarbeit innerhalb der Familie partnerschaftlich aufzuteilen.

b) Rückkehrrecht nach der Elternzeit

Das unionsrechtlich zu gewährleistende Recht auf Rückkehr auf den vorherigen oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz zu den Bedingungen aus der Zeit vor Beginn des Mutterschutzes sowie auf alle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, die im Laufe der Schutzfristen entstanden sind, bedarf einer Regelung im MuSchG bzw. im BEEG. Das Rückkehrrecht nach der Elternzeit wird bislang lediglich über das Direktions- und Weisungsrecht nach § 106 GewO erfasst. Hier sollte zur Stärkung der Rechte von Elternzeit-Rückkehrenden eine klare gesetzliche Regelung existieren. Dies könnte auch dazu beitragen, dass Elternzeitrückkehrer seltener ihren Arbeitsplatz verlieren bzw. degradiert werden, wie dies oftmals in der Praxis der Fall ist. Der djb hält die eindeutige gesetzliche Regelung des Rückkehrrechts nach der Elternzeit für einen längst überfälligen Schritt, der Familien dabei unterstützen wird, Beruf und Familie leichter miteinander zu vereinbaren.

c) Diskriminierungs-/Kündigungsverbot im Zusammenhang mit der Elternzeit

Es gibt inzwischen sowohl statistische Erhebungen als auch zahlreiche Beschwerden bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes[1], die belegen, dass Personen, die Fürsorgearbeit leisten, etwa betreuende Eltern oder Personen, die Angehörige pflegen, in der Arbeitswelt erheblich benachteiligt werden. Fälle wie z.B. die Nichtverlängerung befristeter Arbeitsverträge während der Elternzeit, Degradierungen, Kündigungen, und Vorlage von Aufhebungsverträgen nach der Rückkehr aus der Elternzeit belegen dies anschaulich. Auch abwertende Bemerkungen, wenn das Kind oder andere Angehörige erkrankt sind, der Ausschluss von Karriereprogrammen etc. sind Ausdruck solcher Schlechterstellung von Eltern und haben nachteilige Folgen für Erwerbsbiographien bis hin in das Rentenalter – für Mütter, aber auch für Väter, die Sorgeaufgaben übernehmen.   

Die Corona-Krise hat diese Benachteiligungen noch verschärft. Aufgrund geschlossener bzw. nicht vollständig geöffneter Betreuungseinrichtungen und negativer wirtschaftlicher Folgen, die in vielen Fällen Umstrukturierungen und betriebsbedingte Kündigungen zur Folge haben, stehen sehr häufig Mütter in Elternzeit im Fokus der (strategischen) Überlegungen.

Der Schutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) erfasst fürsorgeleistende Erwerbstätige derzeit allenfalls über das Merkmal Geschlecht. Hier kann die Benachteiligung von Eltern und Pflegenden zwar als mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts einzuordnen sein. Eine solche Benachteiligung setzt jedoch den Nachweis voraus, dass entweder Frauen oder Männer besonders betroffen sind. Der Schutz des AGG greift daher nicht, wenn Mütter und Väter in gleicher Weise als Eltern gegenüber Nichteltern benachteiligt werden. Bei Männern, die im Gegensatz zur Mehrzahl der anderen männlichen Beschäftigten in einem Unternehmen, die Sorge für Kinder oder Angehörige übernehmen wollen, etwa durch die langfristige Inanspruchnahme von Elternzeit und Familienpflegezeit, stellt sich zudem die Frage nach der richtigen Vergleichsgruppe. 

Der djb regt daher an, sich vertieft mit Benachteiligungen von Eltern und pflegenden Angehörigen im Erwerbsleben zu befassen und zu prüfen, inwieweit diese Benachteiligungen vom Schutz des AGG umfasst sind und ggf. entsprechende Reformen auf den Weg zu bringen. Der Diskriminierungsschutz sollte dann auch Pflegeeltern einbeziehen.

Die bis 2022 umzusetzenden EU-Vereinbarkeitsrichtlinie, die darauf zielt, die die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf zu verbessern, bietet den passenden Anlass sich in der kommenden Legislaturperiode mit diesem Vorhaben zu befassen.

Die Aufnahme einer weiteren Kategorie zum Schutz fürsorgender Erwerbstätiger und ein klarer gesetzlicher Auftrag könnten auch dazu beitragen, dass sich Unternehmen familienfreundlich ausgestalten und Vorgesetzte, Betriebsrät*innen, Gleichstellungsbeauftragte etc. bei der Umsetzung familienfreundlicher Maßnahmen unterstützen. 

Ein verbesserter gesetzlicher Schutz von Elternschaft und Fürsorgearbeit wird unter dem Stichwort „parenthood“ bereits auf europäischer Ebene von EU-Projekten wie
parents@work diskutiert.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb)  vom 07.06.2021

Heute beschäftigt sich der Familienausschuss in einer öffentlichen Anhörung mit einem Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Einführung eines zehntägigen Elternschutzes. Grundlage ist eine EU-Richtlinie, die einen Rechtsanspruch auf einen sogenannten „Vaterschaftsurlaub“ vorsieht. Deutschland hat ein im EU-Vergleich modernes Elterngeld, zu dem die bezahlte Freistellung eine sinnvolle Ergänzung wäre.

„Ein Kind kriegt man nicht mal eben so. Das Team Eltern muss schon zur Geburt gemeinsam an den Start gehen können“, betont eaf-Präsident Dr. Martin Bujard und stellt fest: „Ausschließlich den Müttern bei der Geburt eine bezahlte Freistellung einzuräumen, ist nicht mehr zeitgemäß. Eltern sehen die Familiengründung als gemeinsame Aufgabe und wollen sich von Anfang an gegenseitig partnerschaftlich unterstützen.“

Zwar ist es auch jetzt schon möglich, dass Väter, bzw. Co-Mütter, für kurze Zeit unbezahlte Elternzeit nehmen können. Die bezahlte Elternzeit beginnt aber erst ab einem Zeitraum von mindestens zwei Monaten. Mehr als die Hälfte der Väter nehmen gar keine Elternzeit, viele Familien geben an, dass die Väter aus finanziellen Gründen nicht so lange aussteigen können oder berufliche Nachteile fürchten.

„Hier ist noch ein Bewusstseinswandel in der Arbeitswelt notwendig“, so Bujard. „Das Signal einer bezahlten Freistellung für Väter zum Zeitpunkt der Geburt richtet sich an die Gesellschaft, aber insbesondere an Arbeitgeber und Kollegen: Mit der Geburt eines Kindes sind beide Eltern für den Familienalltag zuständig und das kann dann auch bei beiden dazu führen, dass die Erwerbsarbeit phasenweise zurückstehen muss.“ Eltern von Anfang an Zeit für ihr Familienleben zu ermöglichen, ist ein wichtiges Anliegen der eaf.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 07.06.2021

SCHWERPUNKT III: Internationaler Kindertag

Anlässlich des Internationalen Kindertags am 1. Juni erinnert Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, an die überfällige Einführung des Umgangsmehrbedarfs für Kinder getrennt lebender Eltern im Hartz-IV-Bezug. Wenn ein Kind im Wechselmodell bei beiden Eltern lebt, werden die Leistungen des Regelbedarfs tageweise zwischen den Eltern aufgeteilt. Jeder Tag, den das Kind bei einem Elternteil verbringt, fehlt beim anderen am Ende des Monats. Dinge, die in beiden Haushalten angeschafft werden müssen, sowie höhere Kommunikationskosten sind dabei nicht vorgesehen. Auch die Kosten für das Kinderzimmer laufen einfach weiter. Konflikte sind vorprogrammiert. Wohlfahrtsverbände und Sozialexperten fordern daher seit Jahren die Einführung eines Umgangsmehrbedarfs. Er würde kaum Kosten verursachen, hätte aber eine große Wirkung. Doch die Bundesregierung verschleppt die Einführung des Umgangsmehrbedarfs für Kinder. Kipping erklärte dazu:

„Die Untätigkeit der Bundesregierung ist beschämend. Alle Kinder sollen das Recht haben, den Umgang mit ihren Eltern zu genießen, auch wenn die Lebensumstände gerade nicht einfach sind. Kinder, deren Eltern beide auf Hartz IV angewiesen sind und getrennt leben, haben ohnehin ein Päckchen zu tragen. Die Bundesregierung schuldet ihnen mehr Einsatz, um diese Last etwas zu mildern. Doch sie liefert nur Nichtstun. Sie hat eine ganze Wahlperiode verstreichen lassen, ohne beim Umgangsmehrbedarf voranzukommen. Sie hat damit Kinder, die ohnehin keinen leichten Start ins Leben haben, erneut im Stich gelassen. Die Folge: Getrennt lebende Eltern in Hartz IV werden bestraft, wenn sie sich um ihre Kinder kümmern.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 31.05.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV) fordert zum Welteltern- und Internationalen Kindertag die Altersgrenze beim Kindergeld wieder anzuheben.

Familien, deren Kinder in der Ausbildung sind, erhalten Kindergeld bis zum vollendeten 25. Lebensjahr. Durch die Pandemie ist es zu Verzögerungen bei Berufsausbildung oder Studium gekommen, so dass Familien ihre Kinder länger finanziell unterstützen werden. „Mehrere Bundesländer haben die Regelstudienzeit pandemiebedingt verlängert und damit den BAföG-Bezug erweitert. Eltern finanzieren jedoch die Ausbildung ihrer Kinder entscheidend mit. An dieser Stelle braucht es Unterstützung in Form eines verlängerten Kindergeldes bis 27“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV.

Der Familienverband setzt sich für eine Erweiterung des Kindergeldbezugs bis zum vollendeten 27. Lebensjahr ein. Einerseits soll damit der zusätzlichen Belastung von Familien bei der Ausbildung ihrer Kinder in der Coronapandemie Rechnung getragen werden. Andererseits fordert der DFV die Ausweitung des Kindergeldbezugs bereits seit Jahren. „Kindergeld bis zum Alter von 27 Jahren muss dauerhaft bestehen. Viele Bundesländer sind ab 2015 zum G-9-Modell, also der längeren Schulzeit, zurückgekehrt. Außerdem sind Studiengänge gegen Ende besonders kostenintensiv“, so Zeh.

Vor 2007 lag die Altersgrenze beim Kindergeld bereits bei 27 Jahren. Danach wurde sie stufenweise auf 25 Jahre herabgesetzt, um eine schnellere Aufnahme der Berufstätigkeit des Kindes anzuregen. Eine weitere Begründung für die Absenkung war, dass Kinder durch frühere Einschulungen und verkürzte Schulzeiten (G-8) ihre Berufsausbildung oder das Studium früher abschließen können (Bundestagsdrucksache 16/1545). „Die Einschätzungen, die zu Herabsenkung der Altersgrenze beim Kindergeldbezug geführt haben, haben sich nicht bewahrheitet. Viele Familien und ihre Kinder werden bei den Kosten für die Ausbildung über das 25. Lebensjahr hinaus im Regen stehen gelassen. Kindergeld muss krisenfest sein“, sagt der Verbandspräsident. „Eine Ausweitung des Kindergeldes bis zum 27. Lebensjahr ist unausweichlich.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 31.05.2021

Kinder und Jugendliche, insbesondere aus sozial benachteiligten Verhältnissen, leiden am meisten unter den Corona-bedingten Einschränkungen – häufig im Stillen. Sie brauchen dringend mehr Unterstützung, damit sie nicht zu den Verlierern der Corona-Pandemie werden. Zum Internationalen Kindertag am 1. Juni plädiert die Diakonie dafür, die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu stärken und ihre Perspektiven in alle politischen Entscheidungsprozesse zur Pandemiebewältigung einzubeziehen.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Kinder und Jugendliche sind durch die Pandemie gleich in mehrfacher Weise betroffen, teilweise mit dramatischen Folgen. Kinder waren, so zeigt es die polizeiliche Kriminalstatistik 2020, häufiger häuslicher Gewalt ausgesetzt. Da Kindertageseinrichtungen geschlossen waren, konnten beispielsweise blaue Flecken nicht auffallen und Kinder nicht frühzeitig geschützt werden. Insbesondere Kinder aus ärmeren Verhältnissen werden nach wie vor um ihre Bildungschancen gebracht. Für das Homeschooling fehlten ihnen oftmals die digitale Ausstattung und Eltern, die sie beim Lernen unterstützen konnten. Aber auch auf Spiel und altersgemäße Freizeitbeschäftigung mussten Kinder und Jugendliche weitgehend verzichten, weil Abenteuerspielplätze oder Freizeiteinrichtungen geschlossen sind.“

Trotz weiter sinkender Inzidenzzahlen gehen Kinder und Jugendliche immer noch nicht regelmäßig in die Schule und können Freundinnen und Freunde noch nicht uneingeschränkt treffen. Sie verbringen oftmals viel Zeit vor dem Bildschirm, fühlen sich mit ihren Interessen nicht wahrgenommen. Viele sorgen sich um ihre Zukunft. Deshalb brauchen sie dringend mehr Unterstützung: „Bei allen politischen Entscheidungen müssen die Situation und die Perspektiven der Kinder und Jugendlichen gehört und einbezogen werden. Sie gehören bei allen Maßnahmen und Prozessen zur Pandemiebewältigung ganz oben auf die Agenda. Das geplante Aufholprogramm für Kinder und Jugendliche der Bundesregierung muss jetzt zügig und unbürokratisch umgesetzt werden“, fordert Loheide. „Und dabei darf es nicht bleiben.“

Damit Kinder und Jugendliche sich von den Folgen der Corona-Pandemie erholen, Defizite in der Bildung und der sozialen Entwicklung aufholen können, müssen die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe in den nächsten Jahren in einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen gestärkt werden. Das betrifft die Angebote und Hilfen der Kindertagesbetreuung, Familienberatung und Familienerholung, Kinder- und Jugendarbeit sowie Jugendsozialarbeit. Ihre Finanzierung muss ausreichend gesichert sein und darf nicht den Sparplänen der Kommunen zum Opfer fallen. „Die Politik wird sich daran messen lassen müssen, wie es gelingt, Kinder und Jugendliche nachhaltig zu fördern. Dazu reichen keine einmaligen Programme, sondern nur eine Stärkung der Angebote und Sicherung der Infrastruktur für Kinder und Jugendliche“, so Loheide.

Weitere Informationen:

Pressemitteilung des Bundeskriminalamtes zu den Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik 2020 zu Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche: https://www.bka.de/DE/Presse/Listenseite_Pressemitteilungen/2021/Presse2021/210526_pmkindgewaltopfer.html

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 31.05.2021

Die Corona-Pandemie hat Kindern und Jugendlichen viel abverlangt. Sie haben sich nach Kräften mit der ungewöhnlichen Situation arrangiert, auf Kontakte, Sport- und Freizeitan­gebote verzichtet und dabei versucht, schulisch am Ball zu bleiben. Mit einem Aufholprogramm will die Bundesregierung sie nun stärken und fit machen für die Zukunft. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) begrüßt das Anliegen der Regierung, insbesondere, da neben dem schulischen Aufholen auch Ferienfreizeiten und außerschulische Angebote gefördert werden. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass die Debatte in den Schulen und Kultus­ministerien zu stark auf das Schließen der schulischen Lernlücken abzielt. Dadurch werden Kinder einseitig vor allem als Schüler*innen wahrgenommen. Die Perspektive der Kinder und Jugendlichen, ihre Situation in der Pandemie, sollte im Hinblick auf Entwicklungsprozesse und psychische Gesundheit ganzheitlich in die Bildungsdebatte eingebracht werden, gerade auch durch das „Jugendministerium“, dass das BMFSFJ auch ist.

eaf-Präsident Dr. Martin Bujard stellt fest: „Der defizitorientierte Blick auf fehlenden Lernstoff schwächt unnötig das Selbstvertrauen der Kinder und verunsichert sie. Dabei haben die Kinder viel geleistet und durch ihren Verzicht auf Bildung und auf Kontakte zu Gleichaltrigen in der Krise Solidarität geübt. Aus unserer Sicht kommt es nun darauf an, den Kindern und Jugendlichen erst einmal Zeit für vielfältige soziale Kontakte und außerschulische Erfahrungen zu lassen. Dafür müssen wir Erwachsenen sorgen. Viele Kinder haben Ängste und andere psychische Beschwerden entwickelt. Das Letzte was sie jetzt brauchen, ist der Druck, ganz schnell ganz viel Schulstoff aufholen zu müssen.“

Auch Eltern und Lehrkräfte sollten sich freimachen von der Vorstellung, den Schüler*innen nun möglichst schnell den verpassten Lernstoff nahebringen zu müssen. Vielmehr ist es in Anbetracht der durch die Pandemie sichtbar gewordenen Versäumnisse wichtig, gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen neue, zukunftsorientiertere Bildungsansätze zu entwickeln. Dies haben auch die jugendlichen Expert*innen aus dem Projekt „Fragt uns 2.0“ der Bertelsmann Stiftung gefordert. „Dafür braucht es entschieden mehr Zeit und Gelassenheit“, so Bujard weiter.

Der Zeithorizont des Aufholpakets greift aus Sicht der eaf zu kurz, die Folgen der Corona-Krise werden auch über das Jahr 2022 hinaus zu spüren sein. Die Familien haben die Hauptlast der Pandemie getragen und sind weit über ihre Belastungsgrenze hinaus gegangen. Eltern und Kinder benötigen deshalb langfristig finanziell abgesicherte Strukturen mit ausreichend personellen Ressourcen, bei denen sie Unterstützung finden können. Schulpsycholog*innen und Schulsozialarbeit für die Schüler*innen sind dabei genauso wichtig wie Angebote der Familienberatung, Familienbildung und Familienerholung für die Eltern bzw. die gesamte Familie.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 01.06.2021

SCHWERPUNKT IV: Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung

2./3. Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen CDU/CSU und SPD

Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter

Ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote sorgen für mehr Chancengerechtigkeit und unterstützen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Deshalb wollen wir, dass der Rechtsanspruch auf gute Ganztagsbildung zügig umgesetzt wird. Die meisten Eltern wünschen sich ein Ganztagsangebot, doch bislang steht nicht einmal für die Hälfte der Kinder im Grundschulalter ein entsprechendes Angebot zur Verfügung.
Ein rein quantitativer Ganztagsausbau verbessert allerdings weder die Bildungs- noch die Chancengerechtigkeit. Entscheidend ist, dass die Angebote auch qualitativ abgesichert werden. Dafür nötig sind hochwertige Angebote, lernfördernde Räumlichkeiten, eine moderne Ausstattung und ein gutes Zusammenspiel aller Lehr- und Fachkräfte. Um das sicherzustellen, fordern wir eine faire Kostenteilung zwischen Bund, Länder und Kommunen und die Definition hoher Qualitätsstandards im SGB VIII. Erforderlich ist außerdem, gemeinsam mit den Ländern, eine Qualifizierungsoffensive, um ausreichend pädagogisches Fachpersonal an Schulen zu gewinnen. Die bittere Pille des Gesetzentwurfs: Die Regierung lässt Grundschulkinder noch ein weiteres Jahr warten, bevor der Rechtsanspruch in Kraft tritt.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 07.06.2021

Ab dem Schuljahr 2026/27 soll stufenweise ein bundesweit gültiger Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Grundschülern eingeführt werden. Der Rechtsanspruch soll zunächst für die erste Klassenstufe gelten und bis 2030 Jahr für Jahr bis zur vierten Klasse ausgeweitet werden. Der Familienausschuss billigte am Mittwoch den entsprechenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD (19/29764) ohne Gegenstimmen in geänderter Fassung. Die AfD-, die FDP- und die Linksfraktion enthielten sich der Stimme. Der Bundestag wird am Freitag abschließend über die Gesetzesvorlage beraten und abstimmen.

Zuvor hatte der Ausschuss ebenfalls ohne Gegenstimmen bei Enthaltung der AfD und der FDP einen Änderungsantrag der Koalition angenommen. Dieser sieht vor, dass die vom Bund bereitgestellten Mittel für Investitionskosten nicht nur für den Neubau, den Umbau sowie die Sanierung der kommunalen Bildungsinfrastruktur verwendet werden dürfen, sondern auch für die Ausstattung, soweit damit zusätzliche Betreuungsplätze oder räumliche Kapazitäten geschaffen werden. Zudem wird im Ganztagsfinanzierungsgesetz die Frist zum Erwerb von Anwartschaften auf die Bonusmittel um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.

Zudem verabschiedete der Ausschuss ohne Gegenstimmen bei Enthaltung der AfD, FDP und Linken einen Entschließungsantrag, in dem die Bundesländer aufgefordert werden, die vom Bund bereitgestellte Beteiligung an den jährlichen Betriebsausgaben vollumfänglich an die mit der Umsetzung des Rechtsanspruchs beauftragten Träger weiterleiten. Zudem sollen die Länder gemeinsam mit dem Bund eine Fachkräfteoffensive starten, um den zusätzlichen Bedarf an pädagogischem Betreuungspersonal zu decken.

Zur Realisierung des Rechtsanspruchs stellt der Bund Ländern und Kommunen Investitionshilfen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Darüber hinaus soll er sich auch an den laufenden Betriebskosten beteiligen. Finanziert werden soll dies über eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder. So sollen im Jahr 2026 rund 100 Millionen Euro, 2027 rund 340 Millionen Euro, 2028 rund 580 Millionen Euro und 2029 rund 820 Millionen Euro an die Länder fließen. In den Folgejahren rechnet der Bund mit rund 960 Millionen Euro, die an die Länder umverteilt werden sollen.

Die Koalitionsfraktionen verwiesen darauf, dass mit dem Rechtsanspruch die bestehende Lücke in der Ganztagsbetreuung von Kindern geschlossen werde. Die Koalition setze damit eine zentrale Vereinbarung ihres Koalitionsvertrages um. Durch die Verschiebung des ursprünglich bereits ab 2025 geplanten Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung und dessen stufenweise Umsetzung räume man Ländern und Kommunen mehr Zeit für die Umsetzung ein. Mit dem verabschiedeten Änderungsantrag habe man zudem weitere Wünsche der Länder erfüllt.

Übereinstimmend begrüßten auch alle Oppositionsfraktionen den Rechtsanspruch. FDP, Linke und Grüne monierten allerdings, dass der Gesetzentwurf keine verbindlichen Vorgaben zur Qualität des Betreuungsangebot mache. Zudem fehle es an einer Fachkräfteoffensive. Dass die Koalition diese Fachkräfteoffensive nun in einem Entschließungsantrag anmahne, zeige deutlich, was im Gesetzentwurf fehle, hieß es aus den Reihen der FDP. Die AfD kritisierte, dass die Betriebskosten trotz Beteiligung des Bundes überwiegend durch die Länder und Kommunen zu tragen seien.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 769 vom 09.06.2021

Der geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter soll stufenweise ab dem 1. August 2026 in Kraft treten. Dies sieht der von Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Ganztagsförderungsgesetzes (19/30236) vor. Der Rechtsanspruch soll mit Beginn des Schuljahres 2026/2027 zunächst für Grundschüler der ersten Klasse gelten und dann jährlich um je eine weitere Klassenstufe ausgeweitet werden. Ab dem 1. August 2029 sollen somit alle Grundschulkinder der Klassenstufen eins bis vier einen Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung haben.

Über den gleichlautenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD (19/29764) hat der Bundestag bereits im Mai in erster Lesung beraten. Der Entwurf der Bundesregierung wurde gemäß Artikel 76 Grundgesetz zunächst dem Bundesrat zur Stellungnahme vorgelegt. Dieses Verfahren der gleichzeitigen Einbringung zweier identischer Gesetzentwürfe wird angewendet, um das Gesetzgebungsverfahren zu beschleunigen.

Zur Realisierung des Rechtsanspruchs stellt der Bund Ländern und Kommunen Investitionshilfen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Darüber hinaus soll er sich auch an den laufenden Betriebskosten beteiligen. Finanziert werden soll dies über eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder. So sollen im Jahr 2026 rund 100 Millionen Euro, 2027 rund 340 Millionen Euro, 2028 rund 580 Millionen Euro und 2029 rund 820 Millionen Euro an die Länder fließen. In den Folgejahren rechnet der Bund mit rund 960 Millionen Euro, die an die Länder umverteilt werden sollen. Die Investitionskosten der Länder abzüglich der Bundesmittel beziffert der Bund je nach Betreuungsbedarf auf 1,38 bis 3,18 Milliarden Euro. Ab dem Jahr 2030 sollen sich die Betriebskosten der Länder auf 2,22 bis 3,42 Milliarden belaufen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 739 vom 03.06.2021

Die geplante stufenweise Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler ab 2026 stößt bei Sozial-und Familienverbänden, Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern sowie Wissenschaftlern auf große Zustimmung. Angemahnt wird jedoch der Mangel an Fachkräften in den kommenden Jahren. Vertreter der Kommunen bewerten den Gesetzentwurf hingegen äußerst kritisch. Sie befürchten eine finanzielle Überbelastung. Der Bund müsse sich stärker engagieren. Dies wurde in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag über den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD (19/29764) und einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/22117) deutlich.

Claudia Linsel vom Paritätischen Landesverband begrüßte die Verankerung des Rechtsanspruchs im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Die bereits bestehenden Rechtsansprüche auf Betreuung vor dem Schuleintritt würden so logisch weitergeführt. Die Kindertagesbetreuung könne dazu beitragen, soziale, kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe von Kindern sicherzustellen, sagte Linsel. Maria Theresia Münch vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge wies darauf hin, dass eine Verankerung im SGB VIII die einzige Möglichkeit für den Bund darstelle, bundesweit für gleichwertige Lebensverhältnisse für Familien und Kinder zu sorgen. Allerdings sei es fraglich, ob der Bund den Kommunen weitere Aufgaben im SGB VIII zuweisen könne. Elke Alsago von der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) und Björn Köhler von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßten die Verankerung des Rechtsanspruchs im SGB VIII ausdrücklich. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit hätten gezeigt, dass die Länder nur dann ausreichend Plätze für die Ganztagsbetreuung von Kindern zur Verfügung stellten, wenn bundesweit ein entsprechender Rechtsanspruch gelte, führte Alsago aus.

Übereinstimmend vertraten alle Sachverständigen die Auffassung, dass der Rechtsanspruch für Grundschüler eine gravierende Lücke in der Kindertagesbetreuung schließt. Miriam Hoheisel vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter führte aus, dass sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Eltern bei Beginn der Schulzeit ihrer Kinder bislang sehr schwierig gestalte. Vor allem für Alleinerziehende sei der Rechtsanspruch besonders wichtig, da sie ansonsten in vielen Fällen keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen könnten. Zugleich monierte sie, dass der Rechtsanspruch erst ab 2026 stufenweise eingeführt werden soll. Auch Thomas Rauschenbach vom Deutschen Jugendinstitut kritisierte, dass der Rechtsanspruch faktisch erst bis zum Ende des Jahrzehnts für alle vier Klassenstufen der Grundschule umgesetzt werde.

Ebenfalls einstimmig mahnten alle Sachverständigen eine Offensive zur Gewinnung von ausreichend pädagogischem Fachpersonal an. Nach Schätzung des Deutschen Jugendinstituts würden bei Umsetzung des Rechtsanspruchs etwa eine Million Betreuungsplätze geschaffen und etwa 100.000 Betreuer zusätzlich eingestellt werden müssen, führte Alsago an. Der Gesetzentwurf mache jedoch keine Angaben dazu, wie dieses Personal gewonnen werden soll. Eine Fachkräfteoffensive wie von den Grünen in ihrem Antrag gefordert, sei deshalb notwendig. Dieser Forderung schlossen sich die deutliche Mehrheit der Sachverständigen an. Donata Kluxen-Pyta von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände lehnte allerdings den von den Grünen geforderten Rechtsanspruch auf Weiterbildung, um den Einstieg in den Erzieher-Beruf zu erleichtern, ab. Dies gehe am Sinn der Förderung von beruflicher Weiterbildung vorbei.

Auf massive Kritik stößt der Gesetzentwurf hingegen bei Kommunen und Landkreisen. Übereinstimmend lehnten Stefan Hahn vom Deutschen Städtetag, Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund und Jörg Freese vom Deutschen Landkreistag die Verankerung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler im SGB VIII ab. Sie machten einerseits verfassungsrechtliche Gründe geltend, da der Bund mit diesem Gesetz in die Kompetenz der Länder im Bildungssektor eingreife. Ein Rechtsanspruch müsse vielmehr in den jeweiligen Schulgesetzen der Länder verankert werden. Hahn, Lübking und Freese argumentierten zudem, dass die zusätzlichen finanziellen Belastungen durch die Kommunen nicht getragen werden könnten. Trotz der geplanten finanziellen Beteiligung des Bundes müssten Länder und Kommunen dauerhaft mehr als die Hälfte der Investitionskosten und knapp 80 Prozent der Betriebskosten tragen, führt Hahn in seiner schriftlichen Stellungsnahme aus. Die drei Sachverständigen bekannten sich allerdings ebenfalls ausdrücklich dazu, die Ganztagsangebote für Grundschulkinder auszubauen. Um dies zu gewährleisten, müssten Bund und Länder jedoch eine verfassungsrechtlich und finanziell tragfähige Lösung finden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 721 vom 31.05.2021

SCHWERPUNKT V: Corona-Krise

Mit der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Corona-Pandemie befasst sich die Grünen-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/30029). Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung wissen, wie viele Kinder und Jugendliche sich bisher infiziert haben.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 727 vom 02.06.2021

Die geplante Fristverlängerung für Bewilligungen von Bundesmitteln aus dem fünften Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung 2020-2021“ um ein Jahr bis zum 30. Juni 2022 wird von Experten einhellig begrüßt. Dies zeigte sich in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag über den entsprechenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD zur Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder und weiterer Gesetze (19/29765). Nicht ganz so einhellig positiv fiel das Urteil der Sachverständigen über das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ aus.

Jörg Freese von der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände begrüßte die Fristverlängerung für die Bewilligung von Bundesmitteln aus dem Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung 2020-2021“ ausdrücklich. Die Fristverlängerung erfolge auf ausdrücklichen Wunsch der Länder und Kommunen. Die Länder hatten darauf hingewiesen, dass die für das Investitionsprogramm vorgesehenen Fristen vor allem wegen der anhaltenden Anforderungen der Corona-Pandemie zu knapp bemessen seien, um die Errichtung von 90.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen für Kinder bis zum Schuleintritt zu realisieren. Die Fristen würden die notwendigen Zeitabläufe für die Planung und Umsetzung von Baumaßnahmen nicht ausreichend berücksichtigen. Auch alle anderen Sachverständigen begrüßten die verlängerte Frist als „sachgerecht“ und „sinnvoll“.

Begrüßt wurden zudem der Kinderfreizeitbonus in Höhe von 100 Euro je Kind als Unterstützung für bedürftige Familien und Familien mit kleinen Einkommen im Rahmen des Aktionsprogramms „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“. Hein Hilgers vom Kinderschutzbund begrüßte die Regelung, dass Eltern gemeinsam mit ihren Kindern frei entscheiden können, wofür sie den Kinderfreizeitbonus ausgeben wollen. Die Haltung, Familien Vertrauen entgegenzubringen und ihnen eigene Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen, sollte auch bei künftigen Förderentscheidungen maßgeblich sein. Auch Martin Künkler vom Deutschen Gewerkschaftsbund bewertete den Kinderfreizeitbonus prinzipiell positiv. Allerdings sei er noch nicht bedarfsdeckend, um eine ausreichende Teilhabe zu gewähren und die Mehrbelastungen aufgrund der Corona-Pandemie zu kompensieren. Zustimmung äußerten Hilgers und Künkler für die Regelung, dass der gesonderte Antrag auf Übernahme der Aufwendungen für die Leistungen für Lernförderung bis zum 31. Dezember 2023 entfallen soll. Miriam Hoheisel vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter begrüßte zudem ebenso wie Hilgers und Künkler, dass mit dem Gesetz der generelle Nachrang des Kinderzuschlags für Familien mit kleinen Einkommen gegenüber dem Unterhaltsrecht geregelt werden soll. So soll sichergestellt werden, dass der Kinderzuschlag den jeweiligen aktuellen unterhaltsrechtlichen Bedarf des Kindes nicht mindert.

So sehr die Sachverständigen die einzelnen Regelungen des Gesetzentwurfes begrüßten, so prinzipiell fiel ihre Kritik an der Bundesregierung im Umgang mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie aus. Niels Espenhorst vom Paritätischen Gesamtverband wies darauf hin, dass Kinder und Jugendliche die Verlierer der Pandemie seien, vor allem jene aus einkommensschwachen Familien. Seit mehr als einem Jahr verzichteten junge Menschen weitestgehend auf die Infrastruktur in Kitas, Schulen, Vereinen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Die Auswirkungen seien dramatisch. „Will man Kinder und Jugendliche jetzt wirklich mit 100 Euro und ein bisschen Nachhilfe abspeisen?“, fragte Espenhorst. Im vorliegenden Gesetzentwurf wie auch im gesamten Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ fehle eine nachhaltige Stärkung der Angebote für Kinder und Jugendliche. In diesem Sinne argumentierte auch der Humanwissenschaftler Michael Klundt von der Hochschule Magdeburg-Stendal. Aufholen müssten eigentlich nicht die Kinder- und Jugendlichen, sondern die Regierenden für die versäumte Bildungs-, Sozial- und Familienpolitik während der Corona-Pandemie.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 722 vom 01.06.2021

Die junge Generation ist unter Druck: Die Pandemie verbaut ihr viel, zugleich muss sie die Älteren versorgen und soll die Gesellschaft voranbringen. Geld könnte helfen.

Junge Menschen sind in vielerlei Hinsicht die Hauptleidtragenden der Pandemie. Nicht, weil sie vom Coronavirus gesundheitlich stärker bedroht würden. Sondern vielmehr, weil viele von ihnen in der wichtigen, formenden Lebensphase empfindlich getroffen wurden und werden. Gleichzeitig hatten sie nicht die Chance, sich vor den Auswirkungen der Pandemie zu schützen. Das trifft auf Kitakinder, Schülerinnen, Studenten, Berufseinsteigerinnen und viele andere junge Menschen gleichermaßen zu. Politik und Gesellschaft haben deren Situation zu lange ignoriert. Während viele Industrieunternehmen mit nur geringen Einschränkungen ihr Geschäft verfolgen konnten und teilweise sogar noch großzügige Hilfen erhalten haben, hatten Schulen und Kitas für mehr als ein Jahr geschlossen oder waren nur eingeschränkt funktionsfähig. Die Politik braucht nun dringend eine Strategie, wie sie diesem Schaden begegnen will. Andernfalls läuft sie Gefahr, einen Teil der jungen Generation für immer zu verlieren.

Eltern können nicht alles auffangen

Wissenschaftliche Studien von Ökonominnen und Soziologen zeigen, wie enorm groß der Schaden der Pandemie für die junge Generation ist. Viele wurden aus ihren sozialen Strukturen herausgerissen und waren auf sich allein gestellt. Natürlich haben die Eltern versucht, ihre Kinder, so gut es ging, zu unterstützen und diesen Schaden zu kompensieren. Aber selbst beim besten Willen der Eltern kann dies nur begrenzt gelingen. Zumal viele Eltern noch stärker als sonst in ihrem Arbeitsleben gefordert waren und die Mehrheit eben nicht im Homeoffice arbeiten kann, um sich nebenbei um die Kinder zu kümmern – und selbst das ist eine fast unlösbare Aufgabe.

Einkommensschwache sind besonders betroffen

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass junge Menschen zwar weniger stark direkt gesundheitlich vom Virus betroffen waren. Aber die indirekten gesundheitlichen Schäden sind häufig höher. So deutet sich an, dass Depressionen gerade unter jungen Menschen besonders stark zugenommen haben. Auch bei der Bildung haben fast alle jungen Menschen große Nachteile erfahren müssen. Aber dieser Schaden ist extrem ungleich verteilt. Kinder und Jugendliche aus einkommensschwächeren Familien und in Brennpunktbereichen haben besonders starke Bildungsnachteile erfahren müssen.

Wo ist die Strategie?

Ein solcher Schaden für Gesundheit, soziale Strukturen und Bildung ist in den meisten Fällen nicht in ein oder zwei Jahren aufzuholen. Die Pandemie wird die Schere zwischen verschiedenen sozialen Gruppen vor allem bei jungen Menschen deutlich vergrößern. Der Politik fehlt eine Strategie, bisher gab es lediglich Lippenbekenntnisse. Die Politik muss weg von einer engstirnigen und kurzfristigen Perspektive. Die zentrale Frage lautet: Was muss nun geschehen, damit alle jungen Menschen gute Zukunftsperspektiven und Chancen haben, ihr Leben so zu gestalten, wie sie es möchten und verdienen?

Ein „Startgeld“ oder „Lebenschancenerbe“ (wie ich es in einer früheren Kolumne bereits vorgeschlagen habe) in Höhe von 20.000 Euro für jeden jungen Menschen nach Abschluss des ersten Berufsabschlusses sollte ein wichtiger Teil einer solchen Strategie sein. Dies wäre eine ganz wichtige und unmittelbar wirksame Unterstützung für junge Menschen, die jetzt vor dem Einstieg ins Berufsleben stehen.

20.000 Euro Startgeld

Ein solches Startgeld würde junge Menschen bei drei für ihr Leben existenziellen Aspekten unterstützen: Autonomie, Flexibilität und Sicherheit. So würde ein solches Startgeld jungen Menschen mehr Freiheiten eröffnen, beispielsweise einen weniger gut bezahlten Job anzunehmen und stattdessen Tätigkeiten mit einer stärkeren sozialen Komponente zu verfolgen. Es würde die Flexibilität erhöhen, weil es Menschen erleichtern würde, sich fortzubilden oder einen beruflichen Richtungswechsel zu vollziehen – beispielsweise ein Risiko einzugehen und sich selbstständig zu machen. Und es würde denen mehr Sicherheit geben, die sich beispielsweise sorgen, ob sie sich für ihre junge Familie eine Wohnung leisten können.

Die Ausgestaltung eines solchen Startgeldes könnte recht einfach und transparent geschehen: Jeder Mensch erhält einmalig nach Abschluss des ersten Berufsabschlusses oder spätestens mit dem vollendeten 21. Lebensjahr ein Lebenschancenkonto mit 20.000 Euro. Dieses Geld kann jederzeit mit einer unbürokratischen Erklärung für die Verwendung – für Fortbildung oder Qualifikation, für soziale Tätigkeit (wie die Pflege von Angehörigen oder ein gemeinnütziges Engagement) oder um sich beruflich selbstständig zu machen – abgerufen werden. Es kann aber auch gespart werden, um beispielsweise später einen beruflichen Wechsel vorzunehmen oder sich eine Auszeit für Familie oder Verwandte zu nehmen.

Mehr Autonomie

Bei knapp 600.000 Menschen in einem Jahrgang würde ein solches Startgeld den deutschen Staat jedes Jahr knapp zwölf Milliarden Euro kosten. Das ist eine erhebliche Summe. Aber aus mindestens zweierlei Perspektive ist dies weniger, als man denkt – und dazu noch hervorragend investiertes Geld. So gibt der deutsche Staat jedes Jahr allein 100 Milliarden Euro an Steuermitteln für die ältere Generation und deren gesetzliche Rente aus – langfristige Tendenz: stark steigend. Es ist gerade die junge Generation, die mit ihren Steuern und Beiträgen die heutigen Renten bezahlt. Und wenn die junge Generation diese Leistung auch in zehn oder 20 Jahren noch erbringen soll, braucht sie heute eine deutlich bessere Unterstützung, um produktiv und erfolgreich im Arbeitsleben sein zu können: durch ein exzellentes Bildungssystem, aber eben auch durch Unterstützung im Arbeitsleben und mehr Autonomie, das Leben eigenständig gestalten zu können.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 27.05.2021

Ab kommender Woche ist die Impfung von Kindern ab dem Alter von 12 Jahren möglich. Der Deutsche Familienverband (DFV) plädiert für eine Impfpriorisierung von Eltern, um Kinder zu schützen.

Die Pandemie hat es besonders deutlich gezeigt: Eltern sind systemrelevant. Sie sorgen rund um die Uhr für ihre Kinder und leisten damit der Gesellschaft einen großen Dienst – ohne Bezahlung. „Dass unbezahlte Sorgearbeit in unserer Gesellschaft keine Wertschätzung findet, zeigt sich in der Impfstrategie der Bundesregierung. Eltern und ihre Erfordernisse sind unberücksichtigt geblieben, obwohl sie große Lasten in der Pandemie zu schultern hatten. Mit dem Impfangebot für Kinder hat sich die Situation leider nicht verbessert“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des DFV.

Die ab nächsten Montag geltende Impfmöglichkeit für Minderjährige stellt Eltern vor die schwierige Frage, ob der Nutzen der Impfung vor mögliche Risiken zu stellen ist. Zwar wurde der Impfstoff Biontech/Pfizer von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ab einem Alter von 12 Jahren zugelassen, eine Impfung ihrer Kinder ist für Eltern jedoch oftmals bedenklich. Sie machen sich Sorgen um ihre Kinder. „Die meisten Erwachsenen sind selbst noch nicht geimpft. Würde man Eltern bevorzugt ein Impfangebot unterbreiten, würde es die Bekämpfung der Corona-Pandemie beschleunigen“, so Heimann. „Gesunde Eltern sind der beste Schutz für Kinder.“

Es spricht vieles dafür, Eltern zuerst zu impfen. Sie haben allein aufgrund des Alters ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf als gesunde Minderjährige. Fallen Eltern wegen einer Covid-19-Erkrankung aus, hat das direkte Konsequenzen für die Kinder – insbesondere bei Alleinerziehenden oder kinderreichen Familien. Außerdem bleiben mit der Impfung von den 12- bis 16-Jährigen immer noch die jüngeren Kinder unberücksichtigt und damit auch Übertragungswege für das Coronavirus offen. „Statt sich auf die Impfung von Kindern und Jugendlichen zu konzentrieren, sollten Mütter und Väter in den Vordergrund gestellt werden. Sind die Erwachsenen im Umfeld der Kinder geimpft, bietet das Schutz für die Kinder – und zwar für alle“, sagt Heimann.

Nach Auffassung des Bundesgeschäftsführers würde die Impfung von Eltern die Rückkehr der Schulkinder zum Präsenzunterricht absichern. „Da Lehrkräfte bereits geimpft sind, wären mit den Eltern zentrale Kontaktpersonen von Kindern immunisiert. Das Argument, dass der Schulbesuch die Verbreitung des Coronavirus begünstigt, wäre hinfällig. Kindern wäre es nach langer Zeit wieder möglich, in die Schule zu gehen“, so Heimann. „Die Impfstrategie der Bundesregierung enthüllt, wie sehr es in unserer Gesellschaft an grundlegendem Verständnis für Familien mangelt. Es bleibt zu hoffen, dass die Pandemie es den Menschen ins Bewusstsein bringt.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 01.06.2021

In einer Mitteilung (en) vom 26. Mai bedauert Eurochild, dass Kinder trotz der nachteiligen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf ihre Rechte und ihr Wohlbefinden in den nationalen Aufbau- und Resilienzplänen weitestgehend unberücksichtigt geblieben sind. Aus diesem Grund fordert die Organisation die Europäische Union mit Nachdruck auf, die Bedarfe und Notlagen von Kindern bei der Bewertung der Pläne miteinzubeziehen. Insgesamt wurden 16 Pläne analysiert, die die EU-Mitgliedstaaten erstellen sollen, um im Rahmen von NextGenerationEU (de) finanzielle Mittel zur Unterstützung von Reformen und Investitionen seitens der Europäischen Union zur erhalten. Ziel der Mittelbereitstellung ist es, die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf Wirtschaft und Gesellschaft abzufedern. Darüber hinaus sollen Wirtschaft und Gesellschaft in Europa nachhaltiger und krisenfester und besser auf die Herausforderungen und Chancen des ökologischen wie digitalen Wandels vorbereitet werden.

Quelle: Ausgabe EU-Monitoring 05/2021 der Beobachtungsstelle für gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa vom 03.06.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

4. Bundeskongress mit 1.400 digital zugeschalteten Teilnehmenden

Seit zehn Jahren gibt es die Qualifizierung zur Elternbegleiterin und zum Elternbegleiter. Das wurde heute beim inzwischen vierten Bundeskongress gewürdigt und gefeiert – mit bundesweit 1.400 digital zugeschalteten Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Elternbegleiterinnen und Elternbegleiter stehen Familien bei Fragen zur Entwicklung und Bildung ihrer Kinder zur Seite und unterstützen sie dabei, ihre Erziehungskompetenz zu stärken. Sie tun dies im Alltag vor Ort, auf Augenhöhe und vertrauensvoll. Bis heute haben bundesweit nahezu 14.000 Fachkräfte eine Qualifizierung zur Elternbegleiterin oder zum Elternbegleiter wahrgenommen.

In ihrer Grußbotschaft dankte Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht den Elternbegleiterinnen und Elternbegleitern für ihre besondere Arbeit, bei der es darum gehe, dass alle Kinder in unserem Land gut aufwachsen können.

In einem Impulsreferat ging die Forschungsdirektorin am Deutschen Jugendinstitut und Vorsitzenden der 9. Familienberichtskommission, Frau Prof. Dr. Sabine Walper, der Frage nach, welche Unterstützung Mütter und Väter brauchen, damit ihre Kinder alle Chancen im Leben haben. Dr. David Juncke, Leiter des Bereichs Familienpolitik bei der Prognos AG, stellte die heute veröffentlichte Studie „Bestandsaufnahme der Angebote in der Familienbildung und Familienberatung“ vor.

Eines der zentralen Ergebnisse der Studie ist: Familienbildung und Familienberatung leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Stärkung von Familien in Deutschland. Deutlich wurde, dass Familien in besonderen Lebenslagen wie Alleinerziehende und sozio-ökonomisch schwächere Familien mittlerweile besser als noch vor 15 Jahren mit familienunterstützenden Angeboten erreicht werden. Dazu tragen auch die Programme des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) bei, wie die Frühen Hilfen, Elternbegleitung und die Mehrgenerationenhäuser.

Die Parlamentarische Staatssekretärin Caren Marks erklärte auf der Tagung: „Die Studie bestätigt eine positive Entwicklung bei der Familienbildung und Familienberatung. Sie bestätigt damit, dass wir mit unserer Arbeit der vergangenen Jahre zur Unterstützung und Hilfe für Familien wesentlich beigetragen haben. Die Studie zeigt jedoch auch, dass wir weiter dranbleiben müssen und beispielsweise noch mehr Väter und Familien mit Migrationshintergrund erreicht werden müssen, vor allem mit mehr niedrigschwelligen und Angeboten direkt dort, wo die Familien sind. Ab 2022 beginnen wir mit einem neuen Förderprogramm. Damit sollen Eltern und Kinder in benachteiligten Lebenslagen, besonders auch Familien mit kleinen Einkommen, durch Elternbegleitung gezielt gestärkt werden, damit sie Leistungen wie den Kinderzuschlag oder das Bildungs- und Teilhabepaket in Anspruch nehmen können und ihre Teilhabechancen verbessert werden.“

Caren Marks betonte gegenüber den Teilnehmenden aus den Bereichen der Familienbildung, Kita, Familienzentren, Pädagogik, aber auch aus anderen Bundesprogrammen wie Sprach-Kita, Kita-Einstieg, Mehrgenerationenhäuser oder Lokalen Bündnissen für Familie und den qualifizierten Elternbegleitern: „Kinder haben ein Recht auf frühe Förderung sowie auf gute und gleiche Bildungschancen. Dafür stehen wir gemeinsam mit Ihnen ein, den Elternbegleiterinnen und Elternbegleitern. Sie beraten Eltern auf Augenhöhe. Sie begleiten bei Amtsgängen und helfen ihnen, ihre Kinder gut zu fördern: von der richtigen Kita oder der weiterführenden Schule bis hin zu allgemeinen Erziehungsfragen. Ich freue mich, dass wir seit 2011 so viele Fachkräfte dafür gewinnen konnten, dass sie sich haben weiterqualifizieren lassen und seitdem Eltern kompetent zur Seite stehen.“

Pandemiebedingt fand der Kongress digital statt, was der Nachfrage an themenbezogenen Workshops für den 2. Kongresstag am 10.06.2021 keinen Abbruch getan hat. Im Gegenteil, einzelne Workshops zu den Themen Digitalisierung oder Vernetzung im Sozialraum sind ganz besonderes stark nachgefragt und zeigen damit die Relevanz für die Praxis bei den Elternbegleiterinnen und Elternbegleitern vor Ort, die vor allem in den vergangenen Pandemiemonaten viele Herausforderungen bewältigen mussten. Es ist ihnen trotz der Einschränkungen gelungen, neue Formate und Angebote zu schaffen und den Kontakt zu den Familien zu halten: per Videotelefonie, über soziale Medien oder mit Paket-Aktionen mit Büchern und Spielzeug.

Zum 10-jährigen Jubiläum Elternbegleitung wird ein „Chartbook“ zu den Ergebnissen aus dem Bundesprogramm „Elternchance ist Kinderchance“ (2011–2015) sowie dem über den Europäischen Sozialfond kofinanzierten Bundesprogramm „Elternchance II“ (2015–2021) veröffentlicht. Das Chartbook gibt anhand von Zahlen und Fakten einen kompakten Überblick über die Ziele und Ergebnisse der Qualifizierungsprogramme, aber auch Informationen zu den Herausforderungen und Entwicklungen im Feld der Elternbegleitung.

Zum ESF-Bundesprogramm Elternchance II

Die Förderung der Qualifizierung über die großen Bundesprogramme wie Bundesprogramm Elternchance ist Kinderchance (2011–2015) und dem ESF-Bundesprogramm Elternchance II (2015–2021) läuft bis zum 31.12.2021. Elternbegleitung ist ein präventives Angebot aus der Familienbildung und zielt auf die Stärkung der Familie als zentralem Ort der (frühen) Bildung und Förderung der Kinder ab. Bildungsbegleitung von Familien leistet einen wesentlichen Beitrag zur Bildungszukunft und sozialen Chancengleichheit aller Kinder.

Weiterführende Links:

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 09.06.2021

Für noch mehr starke Familien

Als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter in den Familienberatungsstellen wissen Sie genau, welche Schwierigkeiten Familien gerade in der Coronavirus-Pandemie zu bewältigen haben. Mehr noch: Sie stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite, informieren über Hilfsangebote und klären individuelle Fragen. Dafür danke ich Ihnen herzlich!

Gerade Familien mit geringem Einkommen brauchen jetzt Unterstützung. Deshalb haben wir bereits Anfang 2020 Erleichterungen beim Kinderzuschlag geschaffen. Schnell hat sich gezeigt: Der Bedarf ist da. Hilfreich ist jetzt, dass der Kinderzuschlag 2021 auf bis zu 205 Euro pro Kind pro Monat gestiegen ist. Unser Ziel ist, dass sich der Kinderzuschlag bei Familien mit geringem Einkommen als bekannte und gefragte Leistung etabliert. Mit dem KiZ-Lotsen können Familien vorab prüfen, ob ein Anspruch in Betracht kommt. Die Antragstellung selbst haben wir vereinfacht und digitalisiert. Informationen zum Kinderzuschlag finden Sie auf www.kiz-digital.de

Auch der beitragsfreie Kita-Besuch sowie zusätzliche Leistungen für Bildung und Teilhabe helfen – und stehen allen zu, die den Kinderzuschlag erhalten. All diese Erleichterungen kommen aber nur zum Tragen, wenn Familien über ihre Ansprüche Bescheid wissen. 

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 02.06.2021

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (19/30394) ein Zukunftsprogramm gegen Armut, um Teilhabe zu garantieren und den Zusammenhalt zu stärken.

Deutschland sei ein reiches Land, in dem es dennoch seit Jahrzehnten eine soziale Schieflage gebe. Dies betreffe sowohl die Einkommens- als auch die Vermögensverteilung, die Armut und Ungleichheit verfestigten, kritisiert die Fraktion. Die Armutsrisikoquote stagniere seit vielen Jahren auf einem zu hohen Niveau zwischen 15 und 16 Prozent, die Pandemie habe die Situation ärmerer Bevölkerungsgruppen zusätzlich verschärft, heißt es in dem Antrag weiter.

Von der Bundesregierung verlangen die Grünen unter anderem, die Grundsicherung zu einer sanktionsfreien Garantiesicherung weiterzuentwickeln, eine Kindergrundsicherung und einen gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde einzuführen, die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung weiterzuentwickeln und Konzepte gegen Altersarmut vorzulegen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 769 vom 09.06.2021

Die FDP-Fraktion interessiert sich in einer Kleinen Anfrage (19/30267) für Hinzuverdienstmöglichkeiten für Jugendliche im SGB II (Zweites Sozialgesetzbuch). Darin fragt sie die Bundesregierung unter anderem nach der Anzahl der Schüler, die seit 2015 einen regelmäßigen Schülerjob ausgeübt haben und wie die Regierung das Angebot dieser Jobs vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie einschätzt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 756 vom 07.06.2021

Die FDP-Fraktion möchte von der Bundesregierung wissen, ob sie die Notwendigkeit einer Reform im Familienrecht sieht, die die Beziehung von Enkelkindern zu ihren Großeltern stärkt. Hintergrund ist der Kleinen Anfrage (19/30185) zufolge, dass viele Großeltern in der kindlichen Entwicklung neben den Eltern eine besondere Rolle einnehmen und Großelternumgang insbesondere für Trennungskinder, die vor der Trennung ihrer Eltern viel Zeit mit ihren Großeltern verbracht haben, besonders wichtig ist. Schätzungen zufolge verlören jedes Jahr aber rund 150.000 Kinder den Kontakt zu ihren Großeltern. Ursächlich für die Kontraktbrüche dürfte auch die derzeitige Rechtslage sein. Unter anderem fragen die Abgeordneten, ob es nach Auffassung der Bundesregierung sinnvoll beziehungsweise erstrebenswert wäre, wenn Kinder ein eigenes Recht auf Umgang mit ihren Großeltern erhalten, und ob die Bundesregierung der Auffassung ist, dass das großelterliche Umgangsrecht durch die Implementierung des Wechselmodells als gesetzliches Leitbild gestärkt werden würde.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 750 vom 07.06.2021

Das EU-Parlament hat gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Kinderrechte im EU-Parlament und der EU Alliance for Investing in Children ein Manifest gegen Kinderarmut und soziale Schließung erarbeitet. Anlässlich der Veröffentlichungen der EU-Kindergarantie, der EU-Kinderrechtsstrategie und des Aktionsplans zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte (s. EuropaNews 03/21) wird im Manifest zum entschlossenen Handeln aufgerufen. Mitgliedstaaten sollten Aktionspläne entwickeln, die der Situation in ihrem Land gerecht werden und nationale Ziele zur Bekämpfung von Kinderarmut und sozialer Ausgrenzung definieren. Sie sollten außerdem daran arbeiten, die politische Beteiligung von Kindern zu verbessern. Auf der EU-Ebene sollten konkrete Ziele definiert werden, mit denen die Kinderarmut in der EU bis zum Jahr 2030 beendet werden kann. Die EU wird außerdem aufgerufen, die Umsetzung der Kindergarantie und der Kinderrechtsstrategie so zu planen, dass sie miteinander kohärent sind und sich ergänzen. Ihre Umsetzung müsse in das Europäische Semester und die länderspezifischen Empfehlungen zur volkswirtschaftlichen Entwicklung aufgenommen werden.

Quelle: EuropaNews Mai 2021 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 28.05.2021

Das EU-Parlament hat eine Entschließung zur EU-Kindergarantie angenommen. In ihr schließt sich dem Vorschlag der Kommission aus dem März für eine Ratsempfehlung zur Kindergarantie an (s. EuropaNews 03/21). Der Rat wird aufgerufen, diesen Vorschlag zügig umzusetzen, da sich die Situation von Kindern in prekären Lebenssituationen durch die Pandemie noch verschlechtert habe. Die Mitgliedstaaten sollten die EUKindergarantie in allen Politikbereichen berücksichtigen und mindestens 5 Prozent der Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds + (ESF+) für die Umsetzung der Kindergarantie verwenden. EU-Mittel der verschiedenen Programme sollten so koordiniert werden, dass alle Ziele der Kindergarantie implementiert werden könnten. Die Anstrengungen zur Prävention von Gewalt an  Kindern, insbesondere sexueller Gewalt, müssten intensiviert werden. Die Kommission wird aufgerufen, die Möglichkeit einer Europäischen Behörde zu überprüfen, die die Wahrung der Kinderrechte in den Mitgliedstaaten unterstützen und überwachen könnte.

Quelle: EuropaNews Mai 2021 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.  vom 28.05.2021

Jedes vierte bis fünfte Kind in Deutschland lebt in relativer Armut, schätzen ExpertInnen. Um soziale Teilhabe für alle Kinder zu ermöglichen, wird in einigen Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2021 gefordert, das Kindergeld deutlich zu erhöhen und eine Kindergrundsicherung einzuführen, die das Existenzminimum von Kindern effektiver sichern soll. Die vorliegenden Berechnungen zeigen, dass von der bisherigen steuerlichen Ungleichbehandlung durch Kindergeld und Kinderfreibeträge vor allem Haushalte mit hohen Einkommen profitieren. Um diese zu reduzieren, sollte der überhöhte Anteil für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf im Kinderfreibetrag deutlich gesenkt werden. Die dadurch entstehenden Mehreinnahmen von bis zu 3,5 Milliarden Euro sollten vor allem für die Bildungsinfrastruktur und eine zielgenaue Kindergrundsicherung für einkommensschwache Haushalte eingesetzt werden. 

Rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland sind nach Schätzungen armutsgefährdet – und damit häufig auch bildungsbenachteiligt. Der Anteil armutsgefährdeter Kinder hält sich zwar seit Jahren relativ konstant bei etwas über 20 Prozent.info Doch die Tatsache, dass diese Quote trotz der wirtschaftlich starken Jahre vor der Corona-Pandemie gleichblieb und gerade Kinder aus einkommensschwachen Familien in der Pandemie durch die Schulschließungen negativ betroffen waren, macht dieses Thema besonders brisant – und bereits jetzt zum Wahlkampfthema. Debattiert wird zum einen, wie die Kinderbetreuung und schulische Bildung ausgebaut werden können. Zum anderen aber auch, wie die finanzielle Situation für Kinder verbessert werden kann, vor allem in Familien mit geringem Einkommen. Neben einer Erhöhung des Kindergelds schlagen die Parteien links der Mitte eine Kindergrundsicherung vor.info

Bei beiden Maßnahmen ist es wichtig, die fiskalischen Kosten und die Verteilungswirkungen zu beachten. Eine Kindergrundsicherung für bedürftige Familien ist ein besonders effektives Instrument zur Reduktion von Kinderarmut und hat die stärksten Verteilungseffekte zugunsten von Geringverdienenden. Bei einer Erhöhung des Kindergeldes ist die Zielgenauigkeit hingegen geringer, da alle Kinder beziehungsweise Familien unabhängig von der Bedürftigkeit profitieren. Das Kindergeld ist auch Teil des steuerlichen Familienleistungsausgleichs. Besser- und Hochverdienende profitieren erheblich von zusätzlichen Steuervorteilen durch den Kinderfreibetrag bei der Einkommensteuer.

Im Folgenden soll anhand von Berechnungsbeispielen gezeigt werden, wie die Kinderfreibeträge Haushalte mit höheren Einkommen bevorteilen. Zudem wird berechnet, wie eine Senkung des Kinderfreibetrags und eine Erhöhung des Kindergeldes wirken. Gerechnet wird in den verschiedenen Szenarien mit dem Einkommensteuertarif 2022.

Steuerlicher Familienleistungsausgleich: Bis zu 1354 Euro zusätzlich für höhere Töchter und Söhne

Beim gegenwärtigen „dualen System“ des Familienleistungsausgleichs der Einkommensteuer wird die steuerliche Entlastung durch den Kinderfreibetrag mit dem Kindergeld verglichen. Familien mit höheren Einkommen und Steuersätzen bekommen zusätzlich zum Kindergeld noch den übersteigenden Steuervorteil. Das Finanzamt führt die Günstigerprüfung automatisch bei der Steuerveranlagung durch. Der Kinderfreibetrag liegt in den Jahren 2021 und 2022 für beide Elternteile bei insgesamt 8 388 Euro im Jahr, das Kindergeld für das erste und zweite Kind bei 219 Euro im Monat oder 2 628 Euro im Jahr.info

Bei einem Paar übersteigt der Steuervorteil des Kinderfreibetrags das Kindergeld für das erste Kind ab einem gemeinsamen zu versteuernden Einkommen von knapp 70 000 Euro (Abbildung 1). Mit höheren Einkommen steigt der Vorteil des Kinderfreibetrags auf 896 Euro im Jahr, die bei Einkommen über 125 500 Euro erreicht werden, bei denen der erste Spitzensteuersatz von 42 Prozent gilt. Bei Steuerpflichtigen mit dem Reichensteuersatz von 45 Prozent steigt der Zusatzvorteil auf 1 146 Euro im Jahr, die bei Einkommen über 564 000 Euro erreicht werden.

Hinzu kommt der Steuervorteil beim Solidaritätszuschlag, der ab dem Jahr 2021 nur noch bei höheren Einkommen erhoben wird. Bei einem Paar setzt die Belastung mit Solidaritätszuschlag ab einem gemeinsamen zu versteuernden Einkommen von 125 000 Euro ein. Die neue Freigrenzen-Regelung führt bei übersteigenden Einkommen zu einer deutlichen Erhöhung des Grenzsteuersatzes.info Dadurch steigt der Steuervorteil des Kinderfreibetrags beim Solidaritätszuschlag auf 419 Euro im Jahr ab einem zu versteuernden Einkommen von gut 133 000 Euro. Nach dem Auslaufen der Freigrenzen-Gleitzone ab 203 000 Euro fällt dieser auf 194 Euro. Bei hohen Einkommen unter dem Reichensteuersatz steigt der Vorteil beim Solidaritätszuschlag auf 208 Euro im Jahr.

Insgesamt bringt der Kinderfreibetrag Familien mit höheren Einkommen für ihre Töchter und Söhne über das Kindergeld hinaus einen deutlichen Steuervorteil. Dieser steigt auf 1 315 Euro im Jahr in der Freigrenzen-Gleitzone des Solidaritätszuschlags, fällt bei übersteigenden Einkommen auf 1 090 Euro und steigt auf 1 354 Euro im Jahr bei den Reichensteuer-Familien.

Sinn und Zweck des Kinderfreibetrags

Diese zusätzliche Entlastungswirkung des Kinderfreibetrags für Besser- und Hochverdienende ist seit jeher umstritten und gilt als sozial- und familienpolitisch verfehlt. Steuersystematisch ist die ergänzende Entlastungwirkung aber durchaus stringent, sofern man mit dem Kinderfreibetrag die Kosten für den grundlegenden Lebensbedarf der Kinder sowie weitere Aufwendungen für Betreuung, Erziehung und Ausbildung als Minderungen persönlicher „Leistungsfähigkeit“ berücksichtigen will – wie es auch das Bundesverfassungsgericht explizit fordert. Insoweit geht es beim Kinderfreibetrag nicht um vertikale, sondern um horizontale Gleichbehandlung: Wer Kinder hat, hat höhere Aufwendungen im Vergleich zu jemandem mit gleichem Einkommen ohne Kinder – und damit eine niedrigere steuerliche Leistungsfähigkeit, die man bei der Steuerbelastung berücksichtigen sollte. Die höhere steuerliche Entlastungwirkung bei Familien mit höheren Einkommen ist Folge des progressiven Einkommensteuertarifs. Bei einem „flatrate“-Einkommensteuertarif mit durchgängig proportionalem Steuersatz würde sie verschwinden.

Kinderfreibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung („BEA“) reduzieren

Allerdings könnte die Höhe des Kinderfreibetrags von derzeit 8 388 Euro reduziert werden. Beim Kinderfreibetrag entfallen nur 5 460 Euro auf das „sächliche Existenzminimum“ der Kinder, also die notwendigen Lebenshaltungskosten für Nahrung, Kleidung, Wohnung, Gesundheit etc.info Zusätzlich werden 2 928 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf („BEA“) eines Kindes berücksichtigt – unabhängig von konkreten Aufwendungen. Diese Regelung wurde vor zwei Jahrzehnten nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eingeführt. Dies ist aber seitdem umstritten, da tatsächliche Aufwendungen für Betreuung, Erziehung oder Ausbildung bei den meisten Steuerpflichtigen in dieser Höhe nicht vorliegen dürften. Die damit offenbar beabsichtigte zusätzliche Berücksichtigung fiktiver nichtmonetärer Aufwendungen wie dem Betreuungsaufwand der Eltern ist im Einkommensteuerrecht systemwidrig.info Daher sollte eine deutlich niedrigere Pauschale für den BEA-Aufwand reicheninfo – zum Beispiel in Höhe von 600 Euro im Jahr, was in etwa einer Pauschalierung der verschiedenen Leistungen des „Bildungspakets“ für Bildung und Teilhabe (BuT) entsprechen dürfte.info

Darüber hinaus sollten allerdings tatsächlich entstehende höhere Beträge auf Nachweis abgezogen werden dürfen, gegebenenfalls bis zu bestimmten Höchstgrenzen für einzelne Ausgabenarten, wie es derzeit bereits bei den Kinderbetreuungskosten oder beim Schulgeld der Fall ist.info Dies wäre mit einem gewissen Verwaltungs- und Befolgungsaufwand bei Finanzbehörden und Steuerpflichtigen verbunden, sollte aber zu bewältigen sein.

Mit dieser Reform könnte der Kinderfreibetrag auf 6 060 Euro sinken. Entsprechend sänke seine steuerliche Entlastungswirkung deutlich (Abbildung 2). Der Zusatzvorteil gegenüber dem Kindergeld würde auf 221 Euro pro Jahr in der Freigrenzen-Gleitzone des Solidaritätszuschlags fallen, auf 58 Euro bei übersteigenden Einkommen und auf 248 Euro im Jahr bei den Reichensteuer-Familien.

Diese Senkung des Kinderfreibetrags würde für sich genommen Mehreinnahmen von schätzungsweise 3,5 Milliarden Euro im Jahr erzielen. Belastet wären die Familien in den oberen beiden Dezilen der Einkommensverteilung, vor allem die oberen zehn Prozent. Soweit Eltern dann aber tatsächlichen BEA-Aufwand deklarieren, fallen die Mehrbelastungen und damit die Mehreinnahmen geringer aus. Diese Wirkungen sind mangels Datengrundlagen nur schwer zu quantifizieren. Die Mehreinnahmen dürften dann schätzungsweise auf 2,5 bis drei Milliarden Euro im Jahr zurückgehen.

Mehreinnahmen gezielter für das Kindeswohl verwenden

Diese zusätzlichen Mittel könnten gezielt für das Kindeswohl und die Senkung von Kinderarmut verwendet werden. Zum einen könnten dadurch Betreuungs-Infrastruktur und Bildungsangebote für Kinder verbessert werden. Zum anderen könnten die Mittel verwendet werden, um eine Erhöhung des Kindergeldes und die Kindergrundsicherung zu finanzieren.

Die SPD schlägt vor, das Kindergeld auf einheitlich 250 Euro im Monat zu erhöhen. Dies würde unter Berücksichtigung der Anrechnung auf die einkommensgeprüften Sozialleistungen etwa 5,5 Milliarden Euro im Jahr kosten und damit die Mehreinnahmen beim Kinderfreibetrag deutlich übersteigen. Die Kindergrundsicherung dürfte je nach Ausgestaltung und Inanspruchnahme weitere Milliarden kosten. Bei einer Kindergelderhöhung würde aber der Steuervorteil des Kinderfreibetrags auch bei den Besser- und Hochverdienenden verschwinden (Abbildung 3) – man könnte ihn also abschaffen oder nur noch in Sonderfällen berücksichtigen. Das gilt allerdings nicht mehr, wenn die Spitzensteuersätze erhöht werden und dadurch der Steuervorteil des Kinderfreibetrags steigt. 

Die Grünen wollen das Kindergeld auf einheitlich 290 Euro im Monat erhöhen. Das würde etwa 13 Milliarden Euro im Jahr kosten, plus Mehrkosten durch die Kindergrundsicherung. Dann wäre der Kinderfreibetrag auch bei deutlich höheren Spitzensteuersätzen nicht mehr relevant (Abbildung 4). Die Linke will das Kindergeld sogar auf einheitlich 328 Euro im Monat erhöhen. Allein das würde etwa 20 Milliarden Euro kosten, hinzu kämen Kosten für die großzügige Kindergrundsicherung.

Fazit: Kindergrundsicherung statt Kinderzuschlag

Da eine Anhebung des Kindergeldes zu hohen Mehrbelastungen führt und nach dem Gießkanneprinzip allen Haushalten zugutekommt, sollte sich die nächste Bundesregierung stattdessen auf die Kindergrundsicherung für die Haushalte mit geringeren Einkommen konzentrieren. Finanziert werden könnte diese durch eine Absenkung der BEA-Pauschale im Kinderfreibetrag.  

Diese Kindergrundsicherung sollte den bisherigen Kinderzuschlag ersetzen und mit der Grundsicherung und dem Wohngeld besser abgestimmt werden. Insbesondere sollten Zugang und Beantragung niederschwelliger und einfacher werden, damit sich die Inanspruchnahme erhöht. Dazu könnten mit Zustimmung der antragstellenden Familien alle Informationen automatisiert genutzt werden, die den Finanz- und Sozialbehörden bekannt sind. Potenzielle Leistungsberechtigte sollten von den Finanz- und Sozialbehörden auf die Möglichkeit der Beantragung hingewiesen werden, etwa bei der Lohnsteuerbescheinigung, der Einkommensteuerveranlagung oder bei Bescheiden zu Lohnersatzleistungen oder Alterseinkünften. Darüber hinaus müssen die Einkommensgrenzen und Entzugsraten von Einkommen so gestaltet werden, dass Familien mit Anspruch auf Kindergrundsicherung auch einen Anreiz zur Beschäftigung haben.

Abstract

Jedes vierte bis fünfte Kind in Deutschland lebt in relativer Armut, schätzen ExpertInnen. Um soziale Teilhabe für alle Kinder zu ermöglichen, wird in einigen Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2021 gefordert, das Kindergeld deutlich zu erhöhen und eine Kindergrundsicherung einzuführen, die das Existenzminimum von Kindern effektiver sichern soll. Die vorliegenden Berechnungen zeigen, dass von der bisherigen steuerlichen Ungleichbehandlung durch Kindergeld und Kinderfreibeträge vor allem Haushalte mit hohen Einkommen profitieren. Um diese zu reduzieren, sollte der überhöhte Anteil für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf im Kinderfreibetrag deutlich gesenkt werden. Die dadurch entstehenden Mehreinnahmen von bis zu 3,5 Milliarden Euro sollten vor allem für die Bildungsinfrastruktur und eine zielgenaue Kindergrundsicherung für einkommensschwache Haushalte eingesetzt werden.

DIW aktuell ; 64 : Sonderausgaben zur Bundestagswahl 2021, 8 S. Stefan Bach, Peter Haan 2021  get_appDownload (PDF  0.57 MB)

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 31.05.2021

 

Im Jahr 2020 haben nahezu genauso viele Frauen wie Männer die Dienste einer Schuldner- oder Insolvenzberatungsstelle in Anspruch genommen. Insgesamt ließen sich 588 000 Personen beraten, davon waren 273 000 Frauen (46,4 %) und 315 000 Männer (53,6 %). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich der Aktionswoche Schuldnerberatung 2021 weiter mitteilt, ergaben sich je nach Haushalts- beziehungsweise Familiensituation deutliche Unterschiede. So waren 13,8 % der beratenen Personen alleinerziehende Frauen, ihr Anteil in der Gesamtbevölkerung betrug aber nur 5,2 %. Alleinlebende Männer waren ebenfalls überproportional häufig von Überschuldung betroffen: Während auf sie 29,9 % der von Schuldnerberatungsstellen betreuten Personen entfielen, betrug ihr Anteil in der Gesamtbevölkerung lediglich 19,5 %.

Fast jede dritte alleinerziehende und überschuldete Frau (29,0 %) sowie jeder fünfte alleinlebende und überschuldete Mann (20,0 %) war geschieden. Paare ohne Kinder waren hingegen vergleichsweise selten überschuldet. Kinderlose Paare stellten 13,7 % der überschuldeten Personen, ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung lag etwa doppelt so hoch (28,2 %).

25- bis 44-Jährige sind am häufigsten überschuldet

Betrachtet man die beratenen Überschuldeten nach dem Alter, so waren 25- bis 44-Jährige besonders häufig betroffen. Während sie nur 30,2 % der Gesamtbevölkerung ausmachten, kam mehr als die Hälfte der Klientinnen und Klienten von Beratungsstellen aus dieser Altersgruppe (51,6 %). Personen ab 65 Jahren nahmen die Dienste von Schuldnerberatungsstellen hingegen kaum in Anspruch: Obwohl sie ein gutes Viertel der Gesamtbevölkerung stellten (25,1 %), waren nur 7,5 % der beratenen Personen in diesem Alter. Über die Gründe hierfür liegen seitens der Überschuldungsstatistik keine Angaben vor. Möglicherweise ist die eigene Zahlungsunfähigkeit gerade in dieser Altersgruppe ein Tabuthema. Auch könnten ältere Menschen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein, eine Beratungsstelle aufzusuchen.

Die durchschnittliche Schuldenlast steigt mit dem Alter

Durchschnittlich betrugen die Verbindlichkeiten von beratenen überschuldeten Personen 29 230 Euro, wobei Männer mit 33 050 Euro über dem Durchschnitt und Frauen mit 24 830 Euro darunterlagen. Nach dem Alter betrachtet trugen die über 65-Jährigen mit 49 930 Euro die höchste durchschnittliche Schuldenlast. Die größte Altersgruppe in Schuldnerberatung, die 25 bis 44-Jährigen, waren mit 22 270 Euro unterdurchschnittlich überschuldet.

Methodischer Hinweis:

Die Ergebnisse der Überschuldungsstatistik 2020 beruhen auf Angaben von 593 der insgesamt rund 1 430 Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in Deutschland. Sie haben anonymisierte Daten von rund 143 000 beratenen Personen mit deren Einverständnis bereitgestellt. Die Teilnahme an dieser Statistik ist sowohl für die Beratungsstellen als auch für die Ratsuchenden freiwillig; es gibt keine Auskunftspflicht. Die gemeldeten Daten werden anschließend auf die Grundgesamtheit aller durch Schuldnerberatungsstellen beratenen Personen in den Bundesländern hochgerechnet. Die Angaben zur Gesamtbevölkerung stammen aus dem Mikrozensus 2019.

Weitere Informationen:

Zu den Ergebnissen der Überschuldungsstatistik können detaillierte Daten und Zeitreihen in der Datenbank GENESIS-Online 63511 sowie in der Fachserie 15, Reihe 5 abgerufen werden. Zusätzlich zeigt der Schuldnerberatungsatlas des Statistischen Bundesamtes die Erreichbarkeit der nächsten Beratungsstelle von verschiedenen Standorten in ganz Deutschland.

Weiterführende Informationen zur Überschuldungsstatistik finden Sie unter www.destatis.de Gesellschaft und Umwelt; Einkommen; Konsum und Lebensbedingungen; Vermögen und Schulden.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt (DESTATIS) vom 07.06.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Der AWO Bundesverband begrüßt die beschlossene Frauenquote für Vorstände von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitenden. Diese sei ein wichtiger Schritt, dürfe aber nicht das Ende der Bemühungen gegen die „gläserne Decke“ sein, so der Verband. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Nachdem die Wirtschaft nie mehr als Absichtserklärungen lieferte, ist es richtig und überfällig, dass die Politik eine Quote durchgesetzt hat. Großunternehmen haben auch gesellschaftliche Verpflichtungen, die ernst zu nehmen sind. Man darf deshalb natürlich darauf bestehen, dass sich die Förderung der Geschlechtergerechtigkeit auch bei ihnen verwirklicht. Nach der Quote für Aufsichtsräte ist die Frauenquote für Vorstände der zweite wichtige Schritt auf einem langen Weg mit absehbaren Stolpersteinen. Mit der 3+1-Regelung steht nämlich zu befürchten, dass in die betroffenen Vorstände jeweils eine Frau als Feigenblatt, aber ohne echte Entscheidungsgewalt berufen wird. Eine prozentuale Lösung bzw. Staffelung würde das verhindern.“

Deshalb brauche es neben der beschlossenen Quote weiteren Wandel in der Arbeitswelt. Dazu gehöre die Etablierung von geschlechtergerechten und vielfaltsbewussten Unternehmens- und Führungskulturen. Schubert: „Von dem Gesetz werden letztlich rund 70 Unternehmen betroffen sein. Um Gleichstellung nachhaltig zu etablieren, reicht das natürlich lange nicht. Dafür müssen strukturelle Defizite angegangen werden, die Arbeitskultur insgesamt gehört auf den Prüfstand: Gibt es zum Beispiel Alternativen für Präsenzansprüche oder Möglichkeiten für flexible Arbeitszeiten? Gibt es hochgezogene Augenbrauen, wenn eine Führungskraft egal welchen Geschlechts ein Meeting der Kinder wegen frühzeitig verlässt? Gibt es vielfaltsbewusste Personalentwicklungskonzepte? Es bleibt viel zu tun.“

Mit dem ESF-Projekt „Vielfaltsbewusst in Führung“ fördert die AWO aktiv Vielfalt in ihren Unternehmen und Diensten. Ihr zweiter Gleichstellungsbericht ist in Arbeit, ab dem Sommer 2021 wird das Präsidium des Verbandes eine Doppelspitze haben. Der Verband strebt nachdrücklich an, mindestens 50% der haupt- und ehrenamtlichen Führungspositionen mit Frauen zu besetzen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 01.06.2021

Ohne einen allgemeinen, langfristigen und konkreten Schutz vor Benachteiligungen können Elternschaft und Fürsorgeverantwortung in Deutschland laut der Initiative #proparents bspw. folgendes bedeuten: Kündigungen am ersten Tag nach der Elternzeit, kein gleichwertiger Arbeitsplatz und weniger Gehalt beim Wiedereinstieg, Benachteiligungen beim weiteren beruflichen Fortkommen, abwertende Bemerkungen von Vorgesetzten bei Fehlzeiten aufgrund eines kranken Kindes. Um Mütter und Väter besser zu schützen, hat das Bundesforum Männer die Petition #GleichesRechtfürEltern mitgezeichnet. Unterstützen auch Sie die Kampagne mit Ihrer Stimme! Die Initiative #proparents und die Zeitschriften „Brigitte“ und „Eltern“ fordern den Bundestag und den Bundesrat dazu auf, das Diskriminierungsmerkmal „Elternschaft“ in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) aufzunehmen bzw. eine Ergänzung des AGG auf den Weg zu bringen, wonach in der Arbeitswelt niemand „Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden darf“ (§ 4 GlBG).

Hier geht’s zur Petition #GleichesRechtfürEltern

ZEIT-ONLINE Artikel „Eltern? Stören den Betrieb!“ vom 22.04.2021

Quelle: Newsletter Mai 2021 Bundesforum Männer vom 28.05.2021

Bei den Diskussionen um die Finanzierung der Pflegeversicherung wird vergessen, dass Familien immer noch verfassungswidrig sowohl in der gesetzlichen Pflegeversicherung als auch in der Renten- und Krankenversicherung belastet werden.

„Die Pläne der Bundesregierung für eine Reform der Pflegeversicherung sorgen für Kontroversen: Kinderlose sollen einen höheren Beitragssatz zahlen. Dabei wird vergessen, dass Eltern bereits doppelte Beiträge in die Pflegeversicherung leisten, zum einen mit Geldbeiträgen und zum anderen mit der Kindererziehung“, sagt Siegfried Stresing, Vizepräsident des Deutschen Familienverbands (DFV). Ziel müsse sein, Eltern in der Sozialversicherung zu entlasten. Wer keine Unterhaltspflichten für Kinder hat, ist grundsätzlich finanziell leistungsstärker. Familien hingegen rutschen regelmäßig – trotz Kindergeld – unter das steuerliche Existenzminimum wie Berechnungen im Horizontalen Vergleich zeigen.

Die DFV-Forderungen nach familiengerechten Beiträgen während der aktiven Familienphase begründen sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 1629/94), wonach gleich hohe Beiträge für Eltern und Beitragszahlende ohne Kinder in der Pflegeversicherung verfassungswidrig sind.

„Mit seinem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht 2001 deutlich gemacht, dass das Sozialversicherungssystem ohne neue Generationen nicht überlebensfähig ist. Unsere Gesellschaft ist darauf angewiesen, dass Kinder großgezogen werden. Wer Kinder erzieht und Sozialbeiträge zahlt, leistet doppelte Beiträge in den Generationenvertrag“, sagt Stresing. „Es ist bedrückend, wie mutlos mit familienbezogenen Reformen der Sozialversicherung umgegangen wird. Wir müssen endlich verstehen, dass es nicht darum geht, Familien zu bevorteilen oder Kinderlose abzustrafen. Es geht um den Bestand des Sozialversicherungssystems.“

Zusammen mit dem Familienbund der Katholiken (FDK) unterstützt der DFV Familien, die den Rechtsweg für Beitragsgerechtigkeit in den Sozialversicherungen beschritten haben. Mit mehreren Verfassungsbeschwerden und einer Richtervorlage stehen sie vor dem Bundesverfassungsgericht. „Auf dem Weg nach Karlsruhe mussten die klagenden Familien mehrere unsägliche Urteile von Sozialgerichten hinnehmen, die dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2001 klar widersprechen oder es sogar ins Gegenteil verkehrten“, sagt der DFV-Vizepräsident. „Jetzt müssen die Karlsruher Richter ein Machtwort sprechen.“

Auf www.elternklagen.de informieren die Familienverbände über den Stand der Familienklagen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V.  vom 01.06.2021

Die Schließung von Schulen stellt Familien vor enorme persönliche und finanzielle Herausforderungen. Familien leiden an der monatelangen Dauerüberlastung zwischen Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und Homeschooling. Das haben inzwischen mehrere Studien deutlich nachweisen können. Eine Zeit lang ist der Wegfall von Bildungseinrichtungen durch Eltern kompensierbar, aber es kann kein Dauerzustand sein.

Über das Homeschooling unterhalten wir uns heute mit Dr. Sabine Buder. Sie ist vierfache Mutter, Unternehmerin und vielfach ehrenamtlich engagiert. Als CDU-Mitglied kandidiert sie im Wahlkreis 59 (Brandenburg) für einen Sitz im Bundestag. Mehr Informationen finden sich auf ihrer Webseite, auf Twitter sowie auf ihrem Facebook-Profil.

Frau Buder, Sie sind Mutter von vier Kindern, Tierärztin mit eigener Praxis und gleichzeitig kandidieren Sie für einen Sitz im Bundestag. Wie schaffen Sie es, all das – und jetzt noch mit dem Unterricht zu Hause – unter einen Hut zu bringen?

Als ich am 15. August vergangenen Jahres als CDU-Direktkandidatin für die Bundestagswahl im Brandenburger Wahlkreis 59 nominiert wurde, war mir klar, dass dieser Wahlkampf ein richtig hartes Stück Arbeit werden wird. Neun Monate, zwei Lockdowns und ganz viel Homeschooling später muss ich sagen: viel härter kann es selbst in der „heißen“ Phase des Wahlkampfs nicht mehr werden.

Als Familie haben wir das nur mit der großartigen Unterstützung meiner Eltern und Schwiegereltern geschafft. Mein Mann mit Vollzeitjob und ich mit eigener Praxis und vielen Wahlkampfterminen – vor Ort und Online – hätten es alleine auf uns gestellt nicht bewältigen können. Zusammen mit unseren Kindern sind wir im Lockdown an unsere körperlichen und psychischen Grenzen gestoßen. Diese Erfahrung haben sehr viele Eltern gemacht. Ich empfinde größten Respekt und Dankbarkeit für all diejenigen, die den Familien in dieser schweren Zeit zur Seite stehen.

Die Eindämmungsmaßnahmen in der Corona-Pandemie haben Familien hart getroffen. Das gilt besonders für Schulkinder. Hat die Krise Auswirkungen auf die Lernergebnisse von Kindern? Sind Kinder Verlierer dieser Krise?

Bereits vor der Krise hatten wir im Bildungssektor mit vielen Herausforderungen zu kämpfen. Das zeigen die PISA-Studien eindrücklich. Mit der Corona-Pandemie hat das alles eine dramatische Zuspitzung erfahren.

In diesem Zusammenhang stelle ich mir noch eine andere Frage. Warum müssen Kitas und Grundschulen über lange Zeiträume geschlossen sein? Wie sinnvoll sind Kita- und Schulschließungen, wenn selbst wissenschaftliche Studien zum Ergebnis kommen, dass Kinder bei der Virusübertragung kaum eine Rolle spielen? Gleichzeitig wird von Eltern eingefordert, einen anstrengenden Spagat zwischen Familie, Homeoffice und Ersatzlehrer hinzubekommen. Letztendlich auf Kosten der Gesundheit.

Es fehlt weiterhin an praktikablen digitalen Lernangeboten und guten Konzepten für Hybrid-Unterricht. Es ist ungemein schwierig, Grundschülern Lerninhalte sinnvoll nur über „Distanzunterricht“ zu vermitteln. Die Politik hat bisher keine oder unbefriedigende Lösungen gefunden. Sind also Kinder Verlierer dieser Krise? Ich fürchte JA.

Wird Corona der Motor der Digitalisierung unserer Bildungslandschaft werden?

Ich würde es begrüßen, wenn die Corona-Pandemie diese positive Nebenwirkung hätte. Wenn ich mich in meinem persönlichen Umfeld umsehe, kann ich allerdinge nicht zu einer optimistischen Schlussfolgerung kommen. Ähnliche Bedenken höre ich als Mitglied im Landeselternrat und aus anderen Bildungsbereichen.

Eine nüchterne Bestandsaufnahme führt eher zu deprimierenden Ergebnissen. So hat Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) erst kürzlich in einem Interview eingeräumt, Deutschland hänge bei der Digitalisierung der Schulen „fünf bis acht Jahre zurück“. Das könne man nicht in neun Monaten aufholen. Wenn dann aus dem Landeshaushalt 23,2 Millionen Euro für die Anschaffung von Laptops, Tablets und anderen digitalen Endgeräten für Schulen freigegeben werden, ist das zwar erfreulich, kommt aber reichlich spät.

Mein Wahlkreis Barnim und Märkisch-Oderland sind weit entfernt vom modernen Online-Unterricht. Die technische und personelle Ausstattung der Schulen sowie die Internet-Infrastruktur sind meist unzureichend, um Distanz- oder Hybridunterricht digital umzusetzen. Wobei ich Hybridunterricht bei Grundschulkindern und insbesondere Lernanfängern ohnehin kritisch sehe, da diese nicht unbeaufsichtigt zu Hause lernen können. Wenn Kinder zu Hause betreut werden müssen, können Eltern nebenbei nicht beruflich tätig sein. Daher ist der Hybrid-Unterricht für Grundschüler aus meiner Sicht nahezu ausgeschlossen.

Der Digitalisierungsschub in unserer Bildungslandschaft ist also mehr als überfällig. Dafür brauchen wir unbedingt starke Motoren – nicht aber Corona.

Welche Erwartungen haben Sie an Lehrer und Schulen in der Krise? Hat Homeschooling gut funktioniert?

Ich schätze das Engagement vieler Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen sowie von Erziehern und Erzieherinnen in den Kitas. Das ist mir wichtig zu sagen. Sie sind in der Corona-Pandemie immer wieder an ihre Grenzen gegangen – und darüber hinaus.

Klar ist aber auch, dass Homeschooling für die meisten Familien nicht funktioniert. Egal wie oft das Gegenteil von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey oder Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst behauptet wird. Es macht fassungslos, dass es diesbezüglich eine bewusst verschwommene Wahrnehmung und keine Fehlerkultur zu geben scheint.

Corona verlangt uns allen einiges ab und jeder muss seinen Beitrag zur Krisenbewältigung leisten. Aber was (Grundschul-)Kindern, Eltern und Lehrern in den letzten Monaten durch eine verfehlte Bildungspolitik zugemutet wurde, setzt neue Maßstäbe. Da hilft auch kein Schönreden.

Wie können wir hier helfen?

Das von der Bundesregierung beschlossene „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ geht in die richtige Richtung. Dafür sollen Mittel in Höhe von 2 Milliarden Euro bereitgestellt werden.

Eine große Summe. Gleichzeitig ist der Nachholbedarf enorm – schon vor Corona. Ich finde es sinnvoll, dass mit dem Programm nicht nur pandemiebedingte Lernrückstände aufgeholt werden sollen, sondern umfangreiche Maßnahmen zur Unterstützung der sozialen Kompetenzen und der allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen finanziert werden.

Ganz wichtig ist mir eines: Kinder und Jugendliche dürfen mit ihren Sorgen nicht alleingelassen werden. Die Schulsozialarbeit verdient mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung. Entscheidend für den Erfolg dieser Maßnahmen ist allerdings, dass Mütter, Väter und Kinder dabei mitwirken. Geld und gute Konzepte allein reichen nicht.

Versuchen wir am Ende einen positiven Ausblick auf die Zukunft. Was können wir aus der Krise Positives mitnehmen? Was hat uns in der Corona-Pandemie stark gemacht?

Kinder haben Rechte und ihr Schutz sollte bei allen politischen Entscheidungen oberste Priorität haben. Für mich ist die Wertschätzung der Familien als Keimzellen der Gesellschaft die Voraussetzung für ein zukunftsfähiges Deutschland.

Ich setze mich dafür ein, dass unsere Kinder unter bestmöglichen Bedingungen aufwachsen können. Das bedeutet einen Kitaplatz für jedes Kind, kurze Schulwege und die Erhaltung von Schulstandorten. Mir ist wichtig, dass individuelle Förderung der Kinder in der Schule und in der Freizeit ermöglicht und effektiver Kinderschutz gewährleistet wird.

Wer erstklassige Bildung für alle Kinder will, muss die Digitalisierung der Bildungslandschaft konsequent vorantreiben. Das sind Ziele, für deren Verwirklichung ich mich engagiere – als Mutter, im Ehrenamt und als Direktkandidatin für die Wahl zum Deutschen Bundestag. Und ich verspreche, mich auch nach dem Einzug in den Bundestag an das Motto meines Wahlkampfes zu halten: Zuhören. Verstehen. Kümmern. Denn Familien brauchen in Deutschland dringend eine starke Lobby!

Sehr geehrte Frau Buder, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sebastian Heimann (Twitter), Bundesgeschäftsführer des DFV

Quelle: Interview Deutscher Familienverband e.V.  vom 01.06.2021

Die Schließung von Schulen stellt Familien vor enorme persönliche und finanzielle Herausforderungen. Familien leiden an der monatelangen Dauerüberlastung zwischen Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und Homeschooling. Das haben inzwischen mehrere Studien deutlich nachweisen können. Eine Zeit lang ist der Wegfall von Bildungseinrichtungen durch Eltern kompensierbar, aber es kann kein Dauerzustand sein.

Über das Homeschooling unterhalten wir uns heute mit Nina Stahr. Sie ist dreifache Mutter, arbeitete als Referendarin im Oberstufenzentrum in Neukölln sowie in einem Gymnasium in Grunewald. Seit 2006 ist sie Mitglied bei den Grünen und seit Dezember 2016 Landesvorsitzende in Berlin. Nina Stahr kandidiert im Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf für einen Sitz im Bundestag. Mehr Informationen finden sich auf ihrer Webseite, auf Twitter sowie auf ihrem Facebook-Profil.

Frau Stahr, Sie sind Mutter von 3 Kindern, sehr aktiv in der Berliner Landespolitik tätig und kandidieren gleichzeitig für den Bundestag. Wie schaffen Sie es, all das – und jetzt noch mit dem Unterricht zu Hause – unter einen Hut zu bringen?

Wir haben das Glück, dass unsere Kinder alle noch Kitakinder sind, so dass wir zumindest keinen Unterricht zu Hause machen mussten. Aber natürlich haben wir den Anspruch, diese schwierige Zeit für die Kinder so gut wie möglich zu gestalten und haben versucht, ein bisschen etwas vom üblichen Kitaprogramm auch zu Hause zu machen – wie basteln, experimentieren oder Musik machen.

Das ging nur, weil mein Mann in Kurzarbeit war, anschließend Kinderkrankentage genommen hat und Vollzeit für die Betreuung unserer Kinder da sein konnte. Neben meinem Job hätte ich das nicht hinbekommen. Das ist aber genau das Problem: dass Homeoffice und Kinderbetreuung nicht parallel stattfinden können – dieses Problem wurde von der Bundesregierung allerdings völlig ignoriert.

Alleinerziehende Eltern oder Eltern die beide arbeiten mussten – womöglich nicht mal im Homeoffice – standen vor kaum lösbaren Betreuungsproblemen. Die hätte man mit einem Corona-Elterngeld verhältnismäßig einfach lösen können – aber dies war leider keine Priorität für die Bundesregierung.

Die Eindämmungsmaßnahmen in der Corona-Pandemie haben Familien hart getroffen. Das gilt besonders für Schulkinder. Hat die Krise Auswirkungen auf die Lernergebnisse von Kindern? Sind Kinder Verlierer dieser Krise?

Natürlich hat die Krise Auswirkungen auf die Lernergebnisse. Aber das sollte nicht allein im Fokus stehen. Viel wichtiger sind die psychischen und sozialen Folgen. Denn ja, Kinder und Jugendliche sind die Verlierer der Krise – sie wurden kaum mitgedacht und haben selbst keine große Lobby. Kinderrechte wurden mit Füßen getreten und ich mache mir Sorgen, dass das auch Folgen für unsere Demokratie haben wird. Kindern und Jugendlichen wurde vermittelt: wer am lautesten schreit, bekommt, was er will, während die Schwächsten in der Gesellschaft keine Rolle spielen. Ist das wirklich die Art und Weise, wie wir in Zukunft zusammenleben wollen?

Wenn wir uns jetzt damit beschäftigen, was wir für Kinder und Jugendliche nach der Krise tun müssen, dann sollten für mich deshalb genau diese Themen im Fokus stehen. Und ich wünsche mir, dass Schulen genau daran mitarbeiten: dass sie Raum für Begegnung und Austausch bieten und Beziehungsarbeit in den Fokus stellen und den Schülerinnen und Schülern vermitteln, dass es jetzt gerade nicht darauf ankommt, ob sie in Mathe eine super Note haben oder nicht, sondern darum, dass es ihnen erstmal grundlegend gut geht.

Natürlich müssen wir im nächsten Schritt dann auch schauen, wie wir die Lernrückstände des vergangenen Jahres aufholen können. Manche Familien haben das mit dem Homeschooling super hinbekommen, für andere war es eine kaum zu bewältigende Herausforderung – die Heterogenität der Lerngruppen nimmt also enorm zu.

Aber ich halte es für den falschen Weg, den Kindern und Jugendlichen, für die die vergangenen Monate ohnehin besonders schwer waren, gerade jetzt die Ferien noch mit Nachhilfeunterricht zu überladen. Stattdessen müssen wir in den kommenden Jahren nach und nach aufarbeiten, was verloren gegangen ist. Dazu bedarf es einer Entschlackung der Lehrpläne und mehr binnendifferenzierten Unterricht. Ich würde mir aber auch generell ein Umdenken in der Schule wünschen: natürlich ist ein Schulabschluss die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben mit einem selbst gewählten Beruf etc., und dafür muss man natürlich Inhalte vermitteln – aber Schule ist eben so viel mehr als Wissensvermittlung.

Viele Lehrkräfte machen einen großartigen Job und sehen ihre Verantwortung, die über pure Wissensvermittlung hinaus geht, aber in unserer alten Schulstruktur sind Themen wie Beziehungsarbeit noch kaum verankert.

Wird Corona der Motor der Digitalisierung unserer Bildungslandschaft werden?

Das hätte ich mir gewünscht. Und es wäre dringend nötig. Corona hat gezeigt, wie weit wir hier zurückstehen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Deshalb müssen hier sowohl die Bundes- als auch die Landesregierungen in den kommenden Jahren nachhaltige Programme aufsetzen: das fängt bei der Anbindung von Schulen ans Internet mit ausreichender Bandbreite an, geht über Endgeräte für alle Lehrkräfte sowie Schüler und Schülerinnen sowie passende Software und Lernplattformen bis zur Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte.

Auf keinen Fall dürfen wir jetzt denken: nun haben sich das ja alle selbst angeeignet, wir sind viel weiter als vor einem Jahr. Denn die Wahrheit ist: auch nach einem Jahr Pandemie sind wir beim Thema Digitalisierung der Bildungspolitik mit wenigen Ausnahmen noch im Mittelalter.

Welche Erwartungen haben Sie an Lehrer und Schulen in der Krise? Hat Homeschooling gut funktioniert?

Das war sehr unterschiedlich. Und ob es funktioniert hat oder nicht, hing viel zu sehr vom Engagement einzelner Lehrkräfte und/oder Schulleitungen ab. Es gab Lehrkräfte, die einen großartigen Job gemacht haben, die bis spät in die Nacht sich selbst digitale Tools angeeignet haben, um ihre Schülerinnen und Schüler gut unterrichten zu können.

Und auf der anderen Seite gab es Lehrkräfte, die wochenlang kaum etwas von sich haben hören lassen, wo die Kinder ein paar Arbeitsblätter bekommen haben und das war’s. Ich möchte hier aber keiner einzelnen Lehrkraft einen Vorwurf machen – dass viele nicht in der Lage waren, ihre Schüler und Schülerinnen so zu betreuen, wie es nötig gewesen wäre. Es liegt vor allem daran, dass die Digitalisierung von den zuständigen Ministerien sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene so lange verschlafen wurde.

Wie können wir hier helfen?

Wir müssen aus den Versäumnissen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte lernen und Schule nun endlich moderner aufstellen. Digitale Tools und Unterrichtsmöglichkeiten, die ja nicht nur in Zeiten von Distanzunterricht relevant sind, müssen essenzieller Bestandteil der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften sein.

Es kann doch nicht sein, dass jüngere Lehrkräfte – und dieses Beispiel kenne ich aus mehreren Schilderungen – bis spät in die Nacht noch die Arbeitsblätter ihrer Kolleginnen und Kollegen in PDFs umwandeln und hochladen, weil die Älteren das selbst nicht können. Da haben doch über Jahrzehnte die Bildungsministerien geschlafen, da hätten Fortbildungen gemacht werden und die Angst vor digitalen Medien im Unterricht genommen werden müssen.

In vielen Köpfen sind Kinder vor Bildschirmen immer noch etwas Schlimmes – das muss ein Ende haben und wir müssen endlich die Chancen der Digitalisierung für die Schule nutzen. Und gleichzeitig müssen wir überdenken, was wir in der Schule noch vermitteln müssen: vieles wird in Zukunft von Maschinen erledigt, die wirklich relevanten Fähigkeiten, die es in Schule zu erlernen gilt, sind die sozialen. Auch darauf müssen wir einen stärkeren Fokus legen.

Versuchen wir am Ende einen positiven Ausblick auf die Zukunft. Was können wir aus der Krise Positives mitnehmen? Was hat uns in der Corona-Pandemie stark gemacht?

Während der Krise war vieles möglich, was sonst nicht ging: in vielen Büros konnten Menschen ins Homeoffice, wo es jahrelang nie erlaubt wurde. Eltern durften plötzlich ihre Arbeitszeit flexibler einteilen, um das mit der Kinderbetreuung hinzukriegen.

Ich möchte, dass wir das nach der Krise mitnehmen und ein Recht auf Homeoffice und flexible Arbeitszeitmodelle gesetzlich festschreiben. Das darf aber nicht zu einer Entgrenzung von Arbeit und Privatleben führen. Familien sind die Keimzellen unserer Gesellschaft, sie brauchen gemeinsame Zeit. Deswegen setze ich mich für die 30-Stunden-Woche für Eltern ein.

Sehr geehrte Frau Stahr, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sebastian Heimann (Twitter), Bundesgeschäftsführer des DFV

Quelle: Interview Deutscher Familienverband e.V.  vom 01.06.2021

  • Nur Solidarität und ein starker Sozialstaat helfen durch die Krise
  • Bentele: „Soziale Gerechtigkeit muss das Maß allen Handelns sein“

Am 1. Juni startet der Sozialverband VdK unter dem Motto „Sozialer Aufschwung JETZT!“ seine Kampagne zur Bundestagswahl 2021. Zum Auftakt erklärt VdK-Präsidentin Verena Bentele: „Die nächste Bundesregierung wird eine enorm große Verantwortung tragen: Sie wird darüber entscheiden, wer die Kosten der Corona-Pandemie zahlen muss. Denen die Last aufzubürden, die ohnehin wenig haben, ist gefährlicher gesellschaftlicher Zündstoff.“

Die Corona-Pandemie hat die soziale Schieflage in Deutschland noch weiter verstärkt. Viele Menschen haben täglich mit existenziellen Sorgen zu kämpfen. Die Friseurin mit kleinem Lohn muss mit wenig Kurzarbeitergeld auskommen. Der Rentner hat seinen Minijob verloren, bekommt aber keine staatlichen Hilfen. Die Solo-Selbstständige hat ihre Altersvorsorge aufgebraucht, Schulden angehäuft und lebt von Grundsicherung. Viele Kinder und Jugendliche aus ärmeren Verhältnissen sind in der Schule abgehängt. Die Pandemie hat gezeigt, wie stark die soziale Herkunft die persönliche Bewältigung der Krise bestimmt.

Mit seiner Kampagne „Sozialer Aufschwung JETZT!“ zeigt der VdK, wie der soziale Aufschwung in Deutschland gelingen kann und wie wir verhindern, dass ärmere Menschen zurückgelassen werden. Er fordert von den Parteien Vorschläge ein, wie sie die Zukunft des Landes gerecht gestalten wollen. Der VdK ist überzeugt: Solidarität und ein starker Sozialstaat sind die besten Lösungen, die wir in Deutschland zur Krisenbewältigung haben. „Nur wenn wir für den sozialen Aufschwung für alle sorgen, kommt auch die Wirtschaft dauerhaft in Schwung“, ist Bentele überzeugt.

„Unsere Mitglieder wollen Sicherheit statt Sozialhilfe, Zuversicht statt Abstiegsangst. Ein Sozialstaat, der die Lebensleistung der Menschen in den Blick nimmt und ein Leben ohne Angst vor Armut sicherstellt, hilft allen“, sagt Bentele. Der VdK fordert den Umbau der sozialen Sicherungssysteme: Alle Erwerbstätigen müssen in eine Sozialversicherung einzahlen, um sich für das Alter und gegen Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Unfall oder Arbeitslosigkeit abzusichern. Auch Beamte, Selbstständige und Politikerinnen und Politiker müssen einzahlen. Doch das reicht nicht: Es braucht auch ein gerechtes Steuersystem, das Vermögende stärker fordert, und eine Vermögensabgabe. Wird Vermögen oberhalb von einer Million Euro herangezogen, wäre weniger als ein Prozent der Bevölkerung betroffen. „Dann ist unser Land für die Zukunft gerüstet“, erklärt Bentele.

Mit seinen Forderungen wird der VdK die Bundestagswahl kritisch begleiten. Im Rahmen der Kampagne wird es in ganz Deutschland zahlreiche Veranstaltungen und Social-Media-Aktionen, Diskussionen mit Abgeordneten und mit Vertretern der Parteien geben. „Wir fordern von den Politikerinnen und Politikern Antworten auf die drängendsten Fragen. Für uns als VdK ist ein starker Sozialstaat die Lösung, um gut durch die Corona-Pandemie zu kommen. Daran werden sich die Parteien und die neue Bundesregierung messen lassen müssen“, so Bentele.

Alle Forderungen des VdK finden Sie im Internet unter www.vdk.de/btw21

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland vom 31.05.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 14. Juni 2021

Veranstalter: Deutscher Familienverband e.V.

Eine der drängendsten Fragen zu den Folgen der Corona-Pandemie lautet:

Welchen Einfluss haben Schulschließungen mit Distanzunterricht auf die Bildung von Millionen von Kindern?

Aussagekräftige Untersichungen werden zu selten durchgeführt, vergleichende Leistungserhebungen gibt es kaum. Und dort, wo sie geplant waren, werden sie abgesagt. So drängt sich die Frage auf, ob die Verantwortlichen überhaupt wissen wollen, was Schulschließungen angerichtet haben.

Der Erziehungswissenschaftler und Professor für Schulpädagogik Klaus Zierer hat eine Datenanalyse vergleichbarer Länder vorgenommen und kommt zu alarmierenden Befunden:

Homeschooling und Unterrichtsausfall haben teilweise verheerende Auswirkungen auf den Bildungsstand, aber auch auf die körperliche und emotionale Verfassung von Schülern. Seine Ergebnisse und Lösungsvorschläge präsentiert er in seinem am 14.06.2021 im Verlag Herder erscheinenden Buch „Ein Jahr zum Vergessen. Wie wir die drohende Bildungskatastrophe nach Corona verhindern“.

Es wird herzlich zur Buchvorstellung und anschließenden Diskussion mit dem Autor Klaus Zierer, Friedhelm Boginski (Bürgermeister und Lehrer) und Christina Adler vom Brandenburgischen Pädagogen-Verband eingeladen. Das Gespräch wird vom Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes, Sebastian Heimann, moderiert.

Hier geht es zur ANMELDUNG. Die Veranstaltung ist kostenfrei

Termin: 14. Juni 2021

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Die Diskussion über die mögliche Impfung von Kindern und Jugendlichen gegen SARS-CoV-2 bietet einen Nährboden für Verschwörungsideologien. Professorin Esther Lehnert wird über die gegenwärtigen Entwicklungen sprechen. Anschließend besteht Gelegenheit, über die Auswirkungen etwa im Hinblick auf die Elternarbeit für die Akteure der Kinder- und Jugendhilfe zu diskutieren.

Mit Prof. Dr. Esther Lehnert, Professorin für Theorie, Geschichte und Praxis Sozialer Arbeit mit dem Schwerpunkt Rechtsextremismus an der Alice Salomon Hochschule Berlin.


Hier geht es zur Anmeldung. Anmeldeschluss ist Donnerstag, 10.06.2021.

Bitte beachten Sie: Sie erhalten nach Ihrer Anmeldung eine E-Mail, mit der Sie Ihre Anmeldung bestätigen müssen, und erst danach eine Anmeldebestätigung.

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben. Die Einwahldaten gehen den Teilnehmer*innen nach Anmeldeschluss zu.

Termin: 18. Juni 2021

Veranstalter: Pestalozzi-Fröbel-Verband e. V.

Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf für einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder soll ab 2026 eingeführt werden. Er ist im SGB VIII verankert und damit im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe umzusetzen. Dies kann die Chance sein dazu beizutragen, soziale, kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe von Kindern sicherzustellen, so Claudia Linsel vom Paritätischen bei einer Expert*innenanhörung im Familienausschuss des Bundestages.

Grundsätzlich begrüßt der Pestalozzi-Fröbel-Verband die Initiative der Bundesregierung, die stufenweise Einführung eines Anspruchs auf ganztägige Förderung für Grundschulkinder durch die Anpassung des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu regeln. Damit wird die Rolle der Jugendhilfe gestärkt und diese noch konkreter zum Partner des formalen Bildungssettings Schule ausgebaut. Das fördert ganzheitliche Bildung und damit ein gelingendes Aufwachsen von Kindern, welches alle Kompetenz-und Bildungsbereiche abdeckt sowie Chancen-und Bildungsgerechtigkeit sichert.

In der digitalen Dialogveranstaltung können Erfahrungen zum Thema aus unterschiedlichen Perspektiven und Bundesländern zusammengetragen werden. Es sollen Kontroversen offengelegt werden. In einer von Respekt und Anerkennung getragenen Gesprächsatmosphäre sollen Praktiker*innen mit ihren Positionen Gehör bekommen. Alle sind eingeladen, dieses aktuelle Thema mit uns zu diskutieren.

Zur Anmeldung:

https://www.pfv.info/

Termin: 22., 24. und 30. Juni 2021

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V.

Im Juni 2021 führt der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. unter Beteiligung des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, des Bundesministerium für Arbeit und Soziales und des Bundesministerium für Gesundheit, die digitale Veranstaltungsreihe „COVID 19 – any lessons learned?!“ durch.

Seit über einem Jahr hält uns die Covid-19-Pandemie in Atem und stellt die Akteure des Sozialen vor große Herausforderungen. Deutschland ist im internationalen Vergleich bisher sowohl mit Blick auf die Infektionszahlen als auch vor dem Hintergrund diverser Sozialschutzpakete, Regelungen zur Kurzarbeit und tragfähiger Infrastrukturen gut durch die Krise gekommen.

Im Rahmen der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „COVID 19 – any lessons learned?!“ soll reflektiert werden, welche bisherigen Lernerfahrungen für sozialpolitisches Handeln aus der Covid-19-Pandemie und den zu ihrer Bekämpfung ergriffenen Maßnahmen gezogen werden können. Die Pandemie hat zum einen bereits bestehende soziale Ungleichheiten sowie Benachteiligungen im Bereich der Bildung und gesellschaftlichen Teilhabe wie unter einem Brennglas sichtbar gemacht. Zum anderen ist es nach über einem Jahr Pandemie-Erfahrung an der Zeit, die getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens kritisch zu bilanzieren: Welche Maßnahmen haben sich bewährt, welche sind gescheitert und bedürfen einer Anpassung? Welche Maßnahmen können Wegweiser für die weitere Entwicklung in der Sozialen Arbeit und Sozialpolitik sein? Welche nachsorgenden Maßnahmen sind nötig?

Die Veranstaltungsreihe fokussiert dabei drei Themen:

+ am 22.06.2021: Teilhabe und Selbstbestimmung von alten, pflegebedürftigen Menschen und Menschen mit Behinderungen sichern – Lernerfahrungen aus der COVID-19-Pandemie und Schlussfolgerungen für notwendige Veränderungen

+ am 24.06.2021: Herausforderungen in der Grundsicherung in der Corona-Pandemie

+ am 30.6.2021: Ausgebremst, aber keine Generation Corona: Lernerfahrungen aus der COVID-19-Pandemie und Schlussfolgerungen für notwendige Veränderungen.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Termin: 16. – 17. September 2021

Veranstalter: OUTLAW.die Stiftung

Beim diesjährigen Kinderrechtekongress handelt es sich um eine kostenfreie Online-Veranstaltung, der sich dem Thema widmet:        

aufwachsen – gerecht – gestalten

Kinderrechte in Alltag und Politik

Das Kongressprogramm und weitere Informationen finden Sie auf der Website unter: www.kinderrechte-kongress.de.  

Termin: 06. Dezember 2021

Veranstalter: DEVI – Demokratie stärken. Vielfalt gestalten.

Hiermit möchten wir auf unsere Fachveranstaltung des Begleitprojekts „Demokratie und Vielfalt in der Kindertagesbetreuung“ am 06.12.2021 von 09:00-16:00 Uhr aufmerksam machen. Die Veranstaltung wird u. a. durch Fachvorträge sowie intensive Workshop Einheiten gekennzeichnet sein. Die Beteiligung der Teilnehmenden und das gemeinsame Erarbeiten stehen hierbei im Fokus.

Eine Einladung mit konkretem Programm folgt.

WEITERE INFORMATIONEN

Der Zugang zu Gesundheitsleistungen für Frauen* ist in Deutschland nicht flächendeckend gesichert. Neben sehr weitreichenden Werbeverboten und der Kriminalisierung von Ärzt*innen erschweren Abtreibungsgegner*innen mit sogenannten „Gehsteigbelästigungen“ den ungehinderten Zugang ungewollt Schwangerer zu Beratungseinrichtungen und ärztlichen Praxen. Dies geschieht meist durch Plakate, direkte Ansprache oder kollektives Beten. Berater*innen von pro familia und anderen Einrichtungen, die die gesetzlich vorgeschriebene Schwangerschaftskonfliktberatung anbieten, fordern schon seit langem einen besseren Schutz der Beratung Suchenden und der Berater*innen selbst.

Das Gunda-Werner-Institut in der Heinrich-Böll-Stiftung hat deshalb ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Es kommt zu dem Schluss, dass das Persönlichkeitsrecht der schwangeren Person, welches im Falle einer frühen Schwangerschaft der besonders schützenswerten Intimsphäre zuzuordnen ist, in der Regel schwerer wiegt als die Meinungsfreiheit, das Versammlungsrecht oder die Religionsfreiheit der Abtreibungsgegner*innen.

Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit könnten auch außerhalb der Hör- und Sichtweite der Einrichtung ausgeübt werden. Die schwangere Person hingegen ist gesetzlich verpflichtet, die Pflichtberatung aufzusuchen, um im Rahmen des StGB §218 straffrei einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu können.

Das Gutachten schlägt daher die Ergänzung eines §14a SchKG um einen Ordnungswidrigkeitstatbestand vor, der die versuchte oder erfolgreiche Beeinflussung der Ratsuchenden mit einem Bußgeld belegt.

Das Gutachten trägt den Titel „Möglichkeiten gesetzlicher Neuregelungen im Konfliktfeld ‚Gehsteigbelästigungen‘“. Autorin ist Dr. Sina Fontana, Rechtswissenschaftlerin und Vorsitzende der Kommission Verfassungsrecht, Öffentliches Recht, Gleichstellung im Deutschen Juristinnenbund. Sie hat neben einer verfassungsrechtlichen Abwägung der derzeitigen Situation politische Handlungsempfehlungen formuliert.

„Die freie Entscheidung über die Fortführung der Schwangerschaft ist elementarer Bestandteil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Es gehört zur Schutzpflicht des Staates, durch eine bundeseinheitliche Regelung die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Frauen unbeeinträchtigt durch Dritte von diesem Recht auch tatsächlich Gebrauch machen können”, so Dr. Sina Fontana.

Dass es dringend geboten ist, eine einheitliche Regelung in der gesamten Bundesrepublik umzusetzen, ist Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, besonders wichtig. „Aggressive Abtreibungsgegner*innen, die Schwangere belästigen, sind vielerorts aktiv. Bislang sind Pforzheim und Frankfurt/Main die einzigen Kommunen, die Proteste in Sichtweite von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen verboten haben. Doch kommunale Regelungen stehen auf wackligen Beinen und sind stark von der aktuellen politischen Zusammensetzung der Entscheidungsgremien abhängig. Wir brauchen daher einen bundesweit einheitlichen rechtssicheren Weg.“

Die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V., Prof. Dr. Maria Wersig, betont: „Belästigungen und verbale oder visuelle Angriffe sind in der Situation der Pflichtberatung, die bereits vom Ausschuss der Vereinten Nationen für die Umsetzung der UN Frauenrechtskonvention kritisiert wurde, für die Betroffenen unzumutbar. Auch wenn bereits jetzt ordnungs- und versammlungsrechtliche Möglichkeiten in den Bundesländern bestehen, gegen diese Aktionen vorzugehen, werden sie zu zögerlich genutzt.“

Zum Gutachten

Die Beobachtungsstelle hat ein neues Format veröffentlicht: Das LGBTIQ*-Monitoring 2020 beinhaltet kurzzusammengefasst alle relevanten Entwicklungen und Aktivitäten in der Europäischen Union und im Europarat sowie in den europäischen zivilgesellschaftlichen Organisationen zu den Rechten von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, inter* und queeren Personen im Jahr 2020.

Diese Informationen gehen aus dem monatlichen EU-Monitoring* der Beobachtungsstelle hervor. Ergänzend wird die erste LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie 2020–2025 der Europäischen Kommission ausführlicher vorgestellt.

https://beobachtungsstelle-gesellschaftspolitik.de/f/15967b2ea6.pdf

 „Zukunft gestalten – Der Podcast der Bertelmann Stiftung“: Das ist unser neues Audio-Format: Einmal im Monat reden wir hier mit den Expert:innen der Stiftung über die großen gesellschaftlichen Fragen – und geben Antworten.

Worüber sprechen wir im Podcast? Zum Beispiel über die Frage, wie Algorithmen längst unser Leben beeinflussen. Oder darüber, was die Gesellschaft in diesen schwierigen Zeiten zusammenhält. Und wie steht es um unser Wahlsystem und die Demokratie im Superwahljahr 2021? Themen wie diese und viele mehr besprechen Malva Sucker und Jochen Arntz mit unseren Kolleg:innen im neuen Podcast „Zukunft gestalten“. Die Brandmanagerin mit Verlagshintergrund und der frühere Chefredakteur leiten zusammen die Kommunikationsabteilung der Stiftung. Sie begegnen täglich den Fachkolleg:innen, die sich seit Jahren mit den drängenden Fragestellungen unserer Zeit auseinandersetzen. Unsere Expert:innen erforschen Deutschland und die Welt. Sie fragen, analysieren und reisen, um die Probleme und Herausforderungen unserer Gesellschaft transparent und messbar zu machen und vor allem Denkanstöße und Lösungskonzepte zu erarbeiten. Im Podcast berichten Sie nun authentisch und persönlich von ihren Erkenntnissen, Zielen und der Stiftungsarbeit.

Zu hören gibt es „Zukunft gestalten“ auf allen gängigen Podcastplattformen – so zum Beispiel über Apple Podcasts, Spotify, Deezer, Amazon Music, Google Podcasts und AudioNow.

FOLGE #04: Generation Lockdown? Jugend in Corona-Zeiten

Von einer Pause oder einem kurzen Einschnitt kann man nicht mehr sprechen: Das Leben vieler junger Menschen steht seit langer Zeit still. Gut zwei Drittel der jungen Menschen zwischen 15 und 30 Jahren haben Zukunftsängste – das zeigt unsere kürzlich veröffentlichte Studie zum Thema „Jugend und Corona“. Und mehr als ein Drittel hat speziell auch finanzielle Sorgen, deutlich mehr als vor Corona. Wir wollen wissen, wie sich Jugendliche und junge Erwachsene nach über einem Jahr Pandemie fühlen, was sie gern ändern würden und was getan werden müsste. 

Antje Funcke, unsere Expertin für Familien- und Bildungspolitik, hat die Studie betreut. Sie befasst sich seit fast zehn Jahren mit den Themen Bildung und Teilhabe von jungen Menschen sowie Kinderarmut. Ihre Überzeugung: Politik muss dringend etwas gegen Kinderarmut unternehmen – das war schon vor der Pandemie wichtig, jetzt, da sich die Probleme noch verschärfen, umso mehr. Zudem muss die Politik Kinder und Jugendliche viel stärker beteiligen. Junge Menschen haben ein Recht gehört zu werden und mitzubestimmen. Sie sollten daher auch regelmäßig nach ihren Bedarfen, Sorgen und Wünschen gefragt und einbezogen werden.

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 09/2021

AUS DEM ZFF

Angesichts der Ungerechtigkeiten, die sich in der Corona-Krise immer deutlicher in Bezug auf Kinder und Jugendliche zeigen, fordert das Zukunftsforum Familie (ZFF) dringend eine Neuausrichtung der Pandemiepolitik und kritisiert die fehlende Nachbesetzung der Leitung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Mit dem Sinken der Inzidenzen beginnen die Bundesländer mit der Wiederöffnung zahlreicher gesellschaftlicher Bereiche. Vielfach davon ausgenommen sind die Schulen, in etwa der Hälfte aller Bundesländern gibt es noch keine Rückkehr zum Normalbetrieb. Gleichzeitig zeigen sich die Folgen des Lockdowns für die physische und psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen immer deutlicher.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Lockerungen im Bereich der Gastronomie, für den Sommerurlaub oder Kulturveranstaltungen – all das sind wichtige Schritte der Öffnung nach dem Lockdown. Doch angesichts der nach wie vor geltenden Einschränkungen beim Schulunterricht wirkt dies sozial vollkommen unausgeglichen. Es kann nicht sein, dass es in über einem Jahr der Pandemie nicht gelungen ist, Lehrpläne zu entwickeln, die auf Wechselunterricht und digital ausgerichtetes Lernen reagieren, genügend Luftfilter in die Schulen zu bekommen und alternative Formen des Unterrichts zu finden. So verharren gut die Hälfte aller Bundesländer im kleinteiligen Wechselunterricht. In der Folge erleben wir, wie Kinder und Jugendliche zunehmend psychisch belastet sind, Familien an den Rand der Erschöpfung gelangen und insbesondere arme und armutsgefährdete Familien den Anschluss verlieren. Auch viele der niedrigschwelligen familienunterstützenden Angebote wie die Familienbildung, die in den vergangenen Monaten Unterstützung geleistet und Halt gegeben haben, können nach wie vor nicht zum Normalbetrieb zurückkehren.“

Altenkamp fordert daher: „Bei all dem entsetzt zusätzlich, dass die Bundesregierung es nicht für nötig hält, das Kinder- und Familienministerium nach dem Rücktritt von Franziska Giffey eigenständig nachzubesetzen Wir brauchen dringend eine Neubesetzung des Postens, um gerade jetzt Kindern, Jugendlichen und Familien eine starke Stimme zu geben! Eine der ersten Aufgaben der neuen Ministerin bzw. des neuen Ministers muss es sein, in einem Familiengipfel die bestehenden Probleme zu benennen und Lösungen zügig auf den Weg zu bringen. Dazu gehören die Aufrechterhaltung des Regelunterrichts, die Vorbereitung der Impfung von Jugendlichen, ein sozial ausgerichtetes Aufholprogramm – und nicht nur ein auf den Bildungsstand ausgerichtetes Aufholpaket –, die Festlegung guter Bildungsstandards für digital ausgerichtetes Lernen und die psycho-soziale Begleitung der Kinder, Jugendlichen und ihrer Familien bei der Bewältigung und Aufarbeitung der Krise. Sie alle haben unsere Gesellschaft in den vergangenen Monaten zusammengehalten, wir sind es ihnen mehr als schuldig!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 27.05.2021

Anlässlich des Frauengesundheitstages am 28. Mai fordert das Bündnis „Sorgearbeit fair teilen“ die Politik auf, sich für eine gerechtere Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern über den ganzen Lebensverlauf hinweg einzusetzen.

Das Zukunftsforum Familie (ZFF) ist einer von 13 Mitgliedsverbänden des im Sommer 2020 gegründeten zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Sorgearbeit fair teilen“. Dieses engagiert sich für die geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit und hat es sich zum Ziel gesetzt, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft für das Thema und die Auswirkungen des so genannten Gender Care Gap zu sensibilisieren.

Die Presseerklärung des Bündnisses finden Sie hier.

Weitere Informationen zum Bündnis „Sorgearbeit fair teilen“ unter: www.sorgearbeit-fair-teilen.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 26.05.2021

SCHWERPUNKT I: Internationaler Tag der Familie

In der heutigen Anhörung des Familienausschusses im Deutschen Bundestag zum Neunten Familienbericht der Bundesregierung – zwei Tage nach dem Internationalen Tag der Familie – unterstützt das Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF) eine Vielzahl der Vorschläge der zuständigen Sachverständigenkommission und fordert den Bundestag auf, diese zügig umzusetzen. 

Der Neunte Familienbericht zeigt, dass Eltern heute unter enormem Druck stehen, da sie steigende gesellschaftliche und persönliche Erwartungen erfüllen müssen. Insbesondere ist die Zeit, die sich Eltern für die Fürsorge ihrer Kinder nehmen (müssen), stark angestiegen und dies obwohl Mütter heute deutlich umfangreicher erwerbstätig sind als noch vor einigen Jahren. Dieser Trend verstärkt u. a. die soziale Ungleichheit zwischen den Familien. Die von der Sachverständigenkommission formulierten Handlungsempfehlungen reichen daher von Instrumenten der Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit, über Bildungsgerechtigkeit bis hin zur Stärkung der wirtschaftlichen Stabilität von Familien. Auch Anpassungen verschiedener Rechtsbereiche stehen angesichts vielfältig werdender Elternschaft im Fokus.

Lisa Sommer, Referentin des ZFF, erklärt dazu: „Es liegt in öffentlicher Verantwortung, gute Rahmenbedingungen für Menschen zu schaffen, die Verantwortung für Kinder und Jugendliche übernehmen. Aus Sicht des ZFF gehört dazu ein gleichberechtigter Zugang zu Erwerbs- und Sorgearbeit für alle Geschlechter. Dafür sollten partnerschaftlichen Ansätze im Elterngeld weiter gestärkt und endlich ‚der Einstieg in den Ausstieg‘ des Ehegattensplittings gewagt werden. Letzteres setzt, wie auch steuerfreie Minijobs und die beitragsfreie Mitversicherung von Ehe- und Lebenspartner*innen in der gesetzlichen Krankenversicherung, Anreize für eine asymmetrische Arbeitsteilung zwischen den Elternteilen. Daneben unterstützen wir die Vorschläge für eine gebündelte Leistung zur Absicherung von Kindern ausdrücklich! Es ist an der Zeit, die Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ zu stellen und endlich durch eine sozial gerechte und auskömmliche Kindergrundsicherung zu ersetzen.“

Sommer ergänzt: „Angesichts der gesellschaftlichen Anforderungen, die Eltern unter Druck setzen, hätten wir auf mehr zeitpolitische Impulse seitens der Sachverständigenkommission gehofft. Aus Sicht des ZFF ist die partnerschaftliche Weiterentwicklung des Elterngelds nur ein Einstieg in Arbeitszeitkonzepte, die den familiären Sorgeverpflichtungen im Lebensverlauf Rechnung tragen. Eine Familienarbeitszeit mit teilweisem Lohnersatz bei einer Reduzierung der Arbeitszeit im Anschluss an die Elterngeldphase oder auch für eine Pflegephase wäre ein wichtiger weiterer Schritt.“

Lisa Sommer, familienpolitische Referentin beim ZFF, nimmt heute als Sachverständige an der öffentlichen Anhörung teil. Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Deutschen Bundestages.

Die Stellungnahme des Zukunftsforum Familie e.V. anlässlich der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages zum Neunten Familienbericht „Eltern sein in Deutschland – Ansprüche, Anforderungen und Angebote bei wachsender Vielfalt“ (Drs. 19/27200) finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 17.05.2021

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages teilt mit:

„Seit 1993 wird jährlich am 15. Mai in vielen Ländern der Internationale Tag der Familie als Gedenk- und Aktionstag der Vereinten Nationen begangen. Der Tag soll hervorheben, wie wichtig Familien als Grundlage für Staat und Gesellschaft sind und wie Familien von sozialen, ökonomischen und demographischen Entwicklungen betroffen sind. Die Vereinten Nationen haben den Internationalen Tag der Familie im Jahr 2021 unter das Motto ‚families and new technologies‘ gestellt.“

Die Vorsitzende der Kinderkommission, Charlotte Schneidewind-Hartnagel, erklärt anlässlich des Internationalen Tages der Familie:

„Familien in all ihren Formen und Ausprägungen sind die Grundlage jeder Gesellschaft, weil in ihnen Menschen dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen. Kinder werden in Familien groß und dort auf ihr eigenes Leben vorbereitet. Deshalb ist es eine der grundlegendsten Aufgaben der Politik, Familien in all ihrer Vielfalt zu unterstützen und dadurch Kindern ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen.

Dazu gehört heute mehr denn je auch der Zugang zu neuen Technologien und ein verantwortungsvoller Umgang mit digitalen Medien. Die Digitalisierung ist in der Bildung bei der Wissensaneignung, beim Diskurs und Austausch mit anderen und für den Kontakt zu Freunden und Familienangehörigen seit Langem nicht mehr wegzudenken.

Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, welche Bedeutung neuen Technologien in einer Zeit zukommt, in der Familien und Kinder durch Kontaktbeschränkungen, Einschränkungen bei Schulen und Kitas sowie fehlende Freizeit- und Vereinsangebote ganz besonders belastet sind.

Auch wenn neue Technologien und digitale Medien wichtig sind, ersetzen sie nicht die persönlichen Kontakte mit Familienangehörigen, in der Schule, im Freundeskreis und am Arbeitsplatz. Auch das zeigen die Erfahrungen in der Corona-Pandemie.

Deshalb ist es gerade im Sinne der Familien und Kinder wichtig, dass passgenaue Strategien zur Pandemiebekämpfung entwickelt und umgesetzt werden, um bald wieder mehr Normalität und Alltag in diesen Bereichen zu ermöglichen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 15.05.2021

Von der Covid-19-Epidemie und den Maßnahmen dagegen sind Familien besonders betroffen. Die Schließung von Kindertagesstätten, Schulen und Ausbildungsstätten, die Betreuung und Beschulung der Kinder in der eigenen Wohnung, Wegfall von Sport und Freizeitangeboten, Wegfall von privaten Kontakten zu Freundinnen und Freunden führte und führt zu enormen Belastungen der Kinder, Jugendlichen und deren Eltern. Die Folgen sind vielfältig und noch gar nicht in vollem Umfang abzusehen.

Gerade deshalb ist es wichtig schon jetzt Maßnahmen zu planen, die zu einer Erholung der Familien, zur Gesundung seelischer und psychischer Folgen beitragen können.

Die in der Landesarbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen Familienverbände fordern daher,

  • die Mittel für Ferienzuschüsse für Familien mit geringem Einkommen nicht zu kürzen, sondern sogar zu erhöhen. Jede Familie braucht Erholung. Insbesondere Familien mit geringem Einkommen waren und sind besonders belastet und benötigen Unterstützung , Entlastung und Erholung .
  • die Mittel aus dem Bundes-Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ umfänglich zu nutzen, damit Kinder, Jugendliche und Eltern davon profitieren können.

Der Internationale Tag der Familie wurde 1993 durch die Vereinten Nationen eingeführt. Er soll auf die Bedeutung der Familie für unsere Gesellschaft und für den Staat aufmerksam machen.

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände im Land Brandenburg (LAGF) setzt sich für die Interessen und Rechte von Brandenburger Familien in Politik und Gesellschaft ein.

Quelle: Pressemitteilung Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände in Brandenburg vom 14.05.2021

Zum Internationalen Tag der Familie fordert die AWO deutliche Entlastung für Familien. Seit Beginn der Pandemie seien Familien zu wenig im Fokus politischer Maßnahmen gewesen, obwohl gerade sie einen Großteil der Belastungen getragen hätten. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Seit einem Jahr versuchen Eltern unter extremen Bedingungen weiter zu funktionieren – ihre Kinder gut zu betreuen oder zu beschulen, ihrer Arbeit nachzugehen und sich um Angehörige zu kümmern. Die Herausforderungen sind vor allem für Alleinerziehende, Familien mit pflegebedürftigen Kindern und berufstätige Paarfamilien mit Kindern enorm. Die Mehrbelastungen haben Mütter und Väter größtenteils durch Arbeitszeitreduzierungen getragen. Viele Familien haben deshalb mit der Verringerung ihres Haushaltseinkommens zu kämpfen und fürchten zusätzlich die mittel- bis langfristigen Auswirkungen der aktuellen Situation auf die Entwicklung ihrer Kinder.“

Die AWO fordert deshalb neue Rahmenbedingungen für Familien, die sie auch in Krisenzeiten stärken. „Dabei gibt es nicht die eine Maßnahme, die für alle Familien passt“, so Schubert, „Wir hören aus unseren Einrichtungen und Diensten vermehrt Berichte von zunehmender Verzweiflung und Angst vor Verarmung, weil die Familien am Ende ihrer Kräfte sind. Die Problemlagen sind zum Teil hochkomplex. Bereits vor der Pandemie war deutlich, dass Belastungen aus mangelnder Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Pflege von Angehörigen oder Kinderarmut in Familien zusammenlaufen und sich dort potenzieren. Die derzeitige Lage verschärft das. Es ist dringend geboten, dass die Politik ihre Energien verstärkt und zielgerichtet auf diese Herausforderungen und mögliche Lösungen richtet.“

Grundsätzlich fordert die AWO ein verständliches und am Lebensverlauf orientiertes Gesamtkonzept, das Menschen und Familien ermöglicht, ein Leben nach ihren Vorstellungen selbstbestimmt und ohne Angst zu leben und dabei Fürsorge erbringen und empfangen zu können. Dazu liegen bereits Vorschläge wie das Optionszeitmodell, das die Vereinbarkeit von Sorge- und Erwerbsarbeit im Lebensverlauf flexibler ermöglichen würde, auf dem Tisch. Diese müssen aus Sicht der AWO endlich einer gesamtgesellschaftlichen Debatte zugeführt und umgesetzt werden, damit Familien ihre Funktionen – auch für die Stabilität unserer Gesellschaft – wieder erfüllen können.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 15.05.2021

Caritas-Forderung zum Internationalen Tag der Familie

„Zum Internationalen Tag der Familie am kommenden Samstag denken wir insbesondere an die Familien, welche durch Flucht und Vertreibung getrennt sind,“ so Caritas-Präsident Peter Neher. „Wir fordern von der Politik menschliche, das heißt unbürokratische und pragmatische Lösungen für die Zusammenführung von Eltern und Kindern, Ehepartnern, Geschwistern. Migrantinnen und Migranten haben ein Recht auf Familiennachzug.“

Gesetzlich dürfen jeden Monat 1.000 enge Verwandte von Menschen, die hierzulande subsidiären Schutz genießen, nach Deutschland ziehen. Dieses Kontingent ist angesichts des Bedarfs viel zu knapp gemessen. Aktuell warten über 10.000 Familienangehörige auf einen Termin zur Antragsstellung. Dazu kommt: die tatsächlichen Familiennachzugszahlen bleiben schon seit Juli 2019 hinter den gesetzlichen Möglichkeiten zurück. Und seit dem Beginn der Pandemie sind die Zahlen regelrecht eingebrochen: Statt 12.000 sind im vergangenen Jahr nur 5.000 Menschen im Rahmen der Familienzusammenführung zu subsidiär Geschützten nach Deutschland gekommen.

Grundrecht auf Familie

„Hinter den Zahlen stehen Geschichten von Ehepartnern, die seit Jahren getrennt sind, von Kindern, die ohne ihre Eltern oder ihre Geschwister aufwachsen,“ so Neher. „Und jedes dieser Schicksale ist auch eine Geschichte der erschwerten Integration.“

Die Verfahren sind bereits in normalen Zeiten viel zu komplex, in der Pandemie hat sich das Problem noch verschärft. Der Nachweis einfacher Deutschkenntnisse zum Beispiel, den viele Ehegatten liefern müssen, um zu ihrem Ehemann oder ihrer Ehefrau zu ziehen, stellt eine enorme Hürde dar, wenn die Sprachschulen pandemie-bedingt geschlossen sind oder nur ganz wenige Kurse anbieten.

„Die Politik hat für viele Probleme in der Pandemie pragmatische Lösungen gefunden, das sollte auch in Sachen Familiennachzug möglich sein,“ so der Caritas-Präsident. „Das Grundrecht auf Familie gilt auch für Migrantinnen und Migranten.“

Der Deutsche Caritasverband hat, zusammen mit über 200 anderen Organisationen – unter anderem Pro Asyl und der Diakonie Deutschland sowie zahlreiche Caritasverbände – den Aufruf „Familien gehören zusammen“ unterzeichnet. Gemeinsam fordern wir die Bundesregierung und den Bundestag auf, sich für Beschleunigung der Bearbeitung von Familiennachzugsverfahren einzusetzen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 11.05.2021

Zum Internationalen Tag der Familie am 15. Mai fordert die Diakonie, das Grundrecht auf Familieneinheit für Flüchtlingsfamilien in vollem Umfang zu garantieren und umzusetzen. Die Diakonie Deutschland unterstützt gemeinsam mit mehr als 200 Organisationen den Aufruf „Familien gehören zusammen“ (#familiengehörenzusammen).

Die Einheit der Familie ist verfassungsrechtlich im Grundgesetz verankert.

Geflüchtete Menschen, die einen Anspruch auf Schutz in Deutschland haben, weil sie zum Beispiel aus ihrem Heimatland vor politischer Verfolgung geflohen sind, haben grundsätzlich das Recht, ihre Ehegatten und minderjährigen Kinder nachzuholen. Allerdings bleiben viele Flüchtlingsfamilien trotzdem dauerhaft getrennt, weil das Grundrecht für geflüchtete Menschen gesetzlich stark eingeschränkt wurde. Auch langwierige und komplizierte Verwaltungsverfahren führen dazu, dass geflüchtete Menschen jahrelang ohne Kinder und Ehepartnerin oder -partner leben müssen. 

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Die Einheit der Familie ist ein besonders hohes Gut. Die engsten Familienangehörigen bei sich zu haben, ist ein elementares Bedürfnis von Menschen und ihr natürliches Recht. Menschen übernehmen füreinander Verantwortung und unterstützen sich gegenseitig. Sie schaffen füreinander einen Raum der Geborgenheit und des Vertrauens. Die Familienzusammenführung von geflüchteten Menschen in Deutschland wird jedoch an allen Ecken und Enden behindert. Das ist ein Armutszeugnis für unser reiches Land und verschwendet Chancen und Ressourcen.  Menschen sollten ohne Sorge um ihre Angehörigen hier leben können. Sie brauchen ihre Kraft, um in unserer Gesellschaft gut anzukommen. Flüchtlingsfamilien gehören zusammen!“

Hintergrund:

– Subsidiär schutzberechtigte Flüchtlinge haben keinen Rechtsanspruch auf Familiennachzug mehr, sondern müssen nunmehr warten, bis sie einen Platz im Kontingent von monatlich 1.000 Visa zum Familiennachzug bekommen. Aufgrund der unzureichenden personellen und räumlichen Ausstattung der Auslandsvertretungen und langer Abstimmungswege mit den Ausländerbehörden wurde dieses Kontingent in den vergangenen Monaten nicht einmal ausgeschöpft.

– Flüchtlingskinder, die ohne ihre Eltern in Deutschland leben und Schutz bekommen, können nur ihre Eltern, nicht aber ihre Geschwister nachholen. In der Praxis bedeutet dies, dass die Eltern entscheiden müssen, ob sie ihr Kind in Deutschland oder die Kinder im Herkunftsland alleine lassen oder sich trennen.

Die Familieneinheit kann ohne das Recht, auch die Geschwister nachholen zu können, nicht hergestellt werden.

– Die Pandemie hat zusätzlich dazu geführt, dass Auslandsvertretungen geschlossen wurden bzw. nur eingeschränkt arbeiten. Die Zahl der Visa zur Familienzusammenführung geflüchteter Menschen hat sich daher halbiert. Digitale Wege, die vielfach im Zuge der Pandemie erprobt wurden, sollten auch im Visumsverfahren genutzt werden.

– Flüchtlinge haben zumeist auch nicht die Mittel, die hohen Kosten der Familienzusammenführung zum Beispiel für Pässe, Visa, notwendige Dokumente oder den Flug, zu tragen. Sozialrechtlich ist zur Umsetzung des Rechtes auf Familienzusammenführung weder ein Zuschuss noch Darlehen vorgesehen, sodass eine Zusammenführung am Geld scheitern kann.

Weitere Informationen:

Aufruf „Familien gehören zusammen“: https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/Aufruf-FamilienGehoerenZusammen-Stand-11.05.2021-1.pdf?vgo_ee=MimscPSRaAriQe69K1xuYg%3D%3D

Die Diakonie berät und unterstützt geflüchtete Familien in über tausend Beratungsstellen bundesweit. Damit die Zusammenführung nicht an den Kosten scheitert, unterstützt die Diakonie Deutschland jedes Jahr ca. 1.000 Flüchtlingsfamilien aus ihrem Fonds. Dies ist jedoch bei weitem nicht bedarfsdeckend und es werden dringend Spenden benötigt. Informationen zum Fonds

Familienzusammenführung: https://hilfe.diakonie.de/spenden-fuer-fluechtlingsfamilien

Näheres zu den gesetzlichen und administrativen Hürden der Familienzusammenführung von Flüchtlingen finden Sie in einem Wissen Kompakt zur Familienzusammenführung hier: https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/familienzusammenfuehrung

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 14.05.2021

Der Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD) adressiert fünf Forderungen an die Politik im Bundestagswahlkampf 2021: „Steuergerechtigkeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Wohnraum, Bildung und Mobilität – da brauchen wir mutige Konzepte und politischen Willen“, sagt die Bundesvorsitzende Dr. Elisabeth Müller. „Die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft fängt in den Familien an. Wer die Folgen der Corona-Pandemie effektiv bearbeiten will, muss bei den Familien ansetzen“, so Müller.

„Als KRFD bringen wir die Lebenssituation von 1,4 Millionen Mehrkindfamilien und etwa 7 Millionen Menschen in die Politische Debatte. Die Parteien sollten bei der Bundestagswahl den Familien konkrete Angebote machen und den politischen Wettbewerb an diesen Themen ausrichten“, fordert sie.

Der KRFD fordert, dass Familien in der Phase der fürsorgeintensiven Betreuung der Kinder, in der erhöhter Finanzbedarf mit oft geringerem Erwerbseinkommen einhergeht, von den Rentenbeiträgen entlastet werden, ohne dass ihnen Einbußen in der Altersvorsorge entstehen. „Faktisch bedeutet die Entscheidung für mehrere Kinder das Risiko der Altersarmut, denn die Erziehung von Kindern gilt in unserer Gesellschaft noch immer nicht als Leistung, obgleich sie ein elementarer Beitrag zur Erhaltung unseres umlagefinanzierten Rentensystems selbst ist“, macht sie deutlich.

Die Corona-Zeit zeigte, wie flexibel Arbeit organisiert werden kann, wenn der Wille da ist. Anfänglich waren viele Fragen zu klären, rechtliche, versicherungstechnische und juristische, doch der Anfang ist gemacht. Deshalb fordert der KRFD, die Erfahrungen des HomeOffice im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familien und Beruf als auch Pflege und Beruf zu erhalten. Dabei können HomeOffice und Betreuung nicht einfach addiert werden, wie es die Politik leichtfertig annahm. Gute Betreuung und flexible Arbeitsformate müssen komplementär gedacht werden. Branchen, in denen „rund- um-die Uhr“ gearbeitet werde, müssten ihre Arbeitnehmer in familiären Bezügen denken und deshalb die Dienstpläne von Eltern familienvereinbar gestalten.

Mehrkindfamilien haben im Vergleich zu anderen Lebensformen eine geringere Wohnfläche zur Verfügung. Wohnungssuche oder Immobilienerwerb sind gerade für sie schwieriger als für andere. Deshalb fordert der KRFD die Konzeption von familientauglichem und bezahlbarem Wohnraum sowohl in Städten als auch in strukturschwachen und ländlichen Gebieten. Wie stabilisierend ein familienfreundliches Wohnumfeld sein kann, hat Corona klar vor Augen geführt.

„Spätestens als deutlich wurde, dass das Homeschooling kein kurzes Provisorium darstellt, sondern die Funktion einer eigenständigen Unterrichtsform annimmt, konnten die Versäumnisse im Bereich Schule und Bildung nicht mehr übersehen werden“, erklärt Müller. Der KRFD fordert deshalb stärkere Investitionen in Bildung und konkret bei den Themen Digitalität, Personal, Ausstattung und Gebäude. „Wir sind es unseren Kindern schuldig, sie für die kommenden Herausforderungen anständig auszurüsten“, heißt es in dem Forderungspapier.

Die Gestaltung von Mobilität setzt die zentralen Anreize für Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Gerade bei Mehrkindfamilien häuften sich die Kosten für Mobilität bei schulpflichtigen und in Ausbildung befindlichen Kindern. „Mobilität muss mit Teilhabe und Nachhaltigkeit zusammengedacht werden“, appelliert der KRFD und spricht sich für eine „klar erkennbare Weichenstellung und gezielte Förderung intelligenter Verkehrskonzepte für Stadt und Land, Jung und Alt“ aus.

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. vom 15.05.2021

SCHWERPUNKT II: 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung

Bericht zeigt, dass überwiegender Teil der Menschen in stabilen sozialen Lagen lebt – Problematisch ist die Verfestigung in den unteren sozialen Lagen.

Das Bundeskabinett hat heute den Sechsten Armuts- und Reichtumsbericht (6. ARB) beschlossen. Damit kommt die Bundesregierung dem Auftrag des Deutschen Bundestags nach, in jeder Legislaturperiode einen Bericht über die Entwicklung von Armut und Reichtum vorzulegen.“

Der Bericht zeigt, wo es Licht und Schatten gibt: Positiv ist, dass vor der COVID-19-Pandemie alle Einkommensbereiche von der damals günstigen Wirtschaftsentwicklung profitiert haben. Auch im unteren Bereich sind die Löhne gestiegen und die Erwerbstätigkeit hat zugenommen. Der gesetzliche Mindestlohn hat gewirkt: Die Stundenlöhne bei den Beschäftigten im untersten Zehntel der Einkommensverteilung sind in den letzten Jahren am stärksten gestiegen. Allerdings müssen wir feststellen, dass sich in den letzten Jahrzehnten eine Verfestigung von Armutslagen ergeben hat: Für Langzeitarbeitslose und Menschen, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, existieren zu wenige Aufstiegsmöglichkeiten. Auch der Umstand, dass viele Menschen unsere Gesellschaft als sehr polarisiert wahrnehmen, zeigt, dass wir den sozialen Zusammenhalt stärken müssen.

Die Ergebnisse des Berichts bestärken mich daher in meinem Ziel, dass wir für mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt sorgen müssen: Wir brauchen schnellstmöglich einen gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro / Stunde, wir müssen die Tarifbindung stärken, und die Grundsicherung für Arbeitsuchende muss reformiert werden.“ Bundessozialminister Hubertus Heil

Die Ergebnisse des Berichts zeigen, dass der überwiegende Teil der Menschen in stabilen sozialen Lagen lebt: Deutschland ist keine „Abstiegsgesellschaft“, weiterhin bestehen gute Aufstiegschancen aus der Mitte nach Oben. Problematisch ist die Verfestigung in den unteren sozialen Lagen, aus denen es im Zeitablauf immer weniger Personen gelungen ist, aufzusteigen.

Hinsichtlich der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie deuten die vorliegenden Befragungs- bzw. erste Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Sozialschutzpakete bislang negative Verteilungseffekte weitgehend vermieden haben und durch die Regelungen des Kurzarbeitergeldes die Beschäftigung gesichert werden konnte. Langfristig gilt es aber, die Bereich Bildung und Betreuung besonders im Blick zu behalten, da sich hier in den Belastungen sozioökonomische Unterschiede gezeigt haben.

Der Bericht dient dazu, die Lebenslagen der Bürgerinnen und Bürger zu analysieren, die Wirksamkeit der bisherigen Politikansätze zu überprüfen und neue Maßnahmen anzuregen. Die soziale Lage in Deutschland wird dafür ausführlich beschrieben. Zugrunde liegen die vorliegenden Statistiken und eigens für den Bericht in Auftrag gegebene Forschungsvorhaben. Die aktuellen Daten bewertet der Bericht mit Blick auf die Entwicklung der sozialen Aufstiegschancen und Abstiegsrisiken innerhalb der Biographie und – soweit möglich – auch im Vergleich zu früheren Alterskohorten und Generationen.

Für diesen Sechsten Armuts- und Reichtumsbericht wurden erstmals Einzelinformationen aus verschiedenen Dimensionen (Einkommen, Vermögen, Erwerbsintegration und Wohnungsausstattung) miteinander verknüpft, um soziale Lagen auch in der Gesamtschau zu bewerten und im Zeitablauf zu vergleichen. Die ebenfalls erstmals durchgeführte Untersuchung zur Verfügbarkeit und Inanspruchnahme der sozialen Infrastruktur und von Angeboten der Daseinsvorsorge nimmt ergänzend die Bedeutung nicht-monetärer Leistungen für soziale und gesellschaftliche Teilhabe in den Blick. Verstärkt wurde auch die Analyse, wie Verteilungsergebnisse und soziale Mobilität individuell erfahren und bewertet werden. In Ergänzung zu einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung, die differenzierte Auswertungen ermöglicht hat, wurden Personen aus benachteiligten sozialen Lagen zu ihren Biografien, ihrer Lebenssituation und ihren Zukunftsaussichten persönlich interviewt.

Den Erstellungsprozess zum 6. ARB haben ein Beraterkreis, dem eine Vielzahl an Verbänden, Institutionen und Vertreter*innen der Bundestagsfraktionen angehören, und ein wissenschaftliches Gutachtergremium begleitet. In einer Reihe von Symposien hat das BMAS kontinuierlich über die Schwerpunkte und Ergebnisse der Begleitforschung berichtet, um Transparenz zu gewährleisten.

Der Bericht sowie die Begleitgutachten können unter www.armuts-und-reichtumsbericht.de abgerufen werden. Darüber hinaus sind dort umfangreiche Informationen zum Erstellungsprozess sowie eine Übersicht aller relevanten Indikatoren dargestellt.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 12.05.2021

Die AWO warnt angesichts der heutigen Verabschiedung des 6. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung vor der im Bericht ausgewiesenen gesellschaftlichen Polarisierung und einer zunehmenden Verfestigung von Armutslagen. Corona habe die Ungleichheiten weiter verschärft. Es brauche jetzt und für die Zeit nach Corona eine entschlossene Stärkung des Sozialstaates und wirksame Investitionen in den sozialen Zusammenhalt. 

„Arbeit und eigene Anstrengung sollten ein Garant für ein Leben ohne Armut sein. Gleichzeitig sehen wir, dass Arbeit häufig nicht mehr vor Armut schützt – das Aufstiegs- und Sicherheitsversprechen hat Risse bekommen.“, so Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes. Der Regierungsbericht zeige insgesamt, dass Armut und Ungleichheit trotz einer günstigen wirtschaftlichen Entwicklung in den Vor-Corona-Jahren weiterhin auf einem hohen Niveau bleibt. Zudem manifestiert sich Armut in Teilen in einer zunehmenden Verfestigung und Kumulation sozialer Problemlagen, die gesellschaftliche Mitte schrumpft.

Auch Ungleichheiten und Risiken auf dem Arbeitsmarkt sind hoch: Im SGB II befinden sich über 1 Million Erwerbstätige. 8 bis 9 Prozent der Erwerbstätigen erzielt ein Einkommen unterhalb der Armutsschwelle. Mehr als jede*r fünfte Arbeitnehmer*in arbeitet im Niedriglohnsektor. Schubert: „Die Erfahrungen der Vor-Corona-Jahre haben uns dabei gezeigt: Aus der Armut können wir nicht einfach herauswachsen, sondern müssen sowohl bei Einkommens- als auch bei der Umverteilung nachsteuern. Wir fordern daher, die Tarifbindung zu erhöhen und prekäre Beschäftigung einzudämmen. Es gilt zudem, die Umverteilungswirkung des Steuer- und Transfersystems zu erhöhen – auch und gerade in Zeiten knapper Mittel.“

Hintergrund: 

Seit 2001 veröffentlicht die Bundesregierung auf der Grundlage von Beschlüssen des Deutschen Bundestages einmal in jeder Legislaturperiode einen Armuts- und Reichtumsbericht. Der Bericht wird von einem wissenschaftlichen Gutachtergremium und einem zivilgesellschaftlichen Beraterkreis begleiten. Letzterem gehörte auch für den vorliegenden sechsten Armuts- und Reichtumsbericht der AWO Bundesverband an.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 12.05.2021

Caritas fordert politische Konsequenzen aus dem 6. Armuts- und Reichtumsbericht

Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, der heute im Kabinett verabschiedet wird, zeigt auf der Grundlage neuer Daten: Wer in Deutschland arm wird, bleibt es lange. Die Wahrscheinlichkeit, in der nächsten Fünfjahresperiode weiter der sozialen Lage „Armut“ zuzugehören, liegt für arme Menschen aktuell bei 70 Prozent. „Besonders ernüchternd ist die Situation für Kinder und Jugendliche aus einkommensarmen Familien. Der Bericht zeigt, dass ein hoher Anteil der Kinder, die in Armut aufwachsen, sich auch im jungen Erwachsenenalter aus der Armut nicht befreien kann. Wir müssen Konsequenzen aus dem Bericht ziehen; Politik und Gesellschaft müssen sich dieser Verfestigung von Armut zuwenden,“ so Caritas-Präsident Peter Neher. „Wie sollen Kinder und Jugendliche eine Lebensperspektive entwickeln, wenn die Armut ein ständiger Begleiter ist?“

Je früher geholfen wird, desto besser

Der Armuts- und Reichtumsbericht zeigt, dass der sozialen Daseinsvorsorge eine große Bedeutung bei der Prävention und Überwindung von Armut zukommt. Besonders Hilfsangebote, die früh einsetzen, wirken nachhaltig präventiv. Frühe Hilfen für junge Eltern – etwa Babylotsen, die junge Familien rund um die Geburt begleiten und beraten -, Angebote der Familienpflege und Kinderbetreuung im Vorschul- und Grundschulalter gehören zu den Leistungen, welche gestärkt und flächendeckend gesichert werden müssen.

„Gleichwertige Lebensverhältnisse dürfen nicht auf das Straßen- und Mobilfunknetz reduziert werden. Wichtig ist vor allem das Netz sozialer Dienste und Einrichtungen, das Armutsspiralen vermeidet und Teilhabechancen sichert,“ so Neher.

Armut als Corona-Folge

Der Armuts- und Reichtumsbericht richtet ausdrücklich auch das Augenmerk auf die sozialen Folgen der Corona-Pandemie. Die vorliegenden Zahlen bestätigen die Risiken für kleine Selbstständige, aber auch für Familien und verschuldete Haushalte, die durch die Folgen der Pandemie zusätzlichen Armutsgefahren ausgesetzt sind. Mit dem Programm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ hat die Bundesregierung nun gezielte Schritte getan, um die Folgen für junge Menschen abzufedern und besseren Zugang zu Sozialarbeit zu gewährleisten.

„Corona-Schutzschirme gegen sozialen Absturz sind wichtig, um die Gesellschaft gegen Entsolidarisierung zu impfen,“ so Neher. „Damit das Geld für Schulsozialarbeit und Frühe Hilfen an der richtigen Stelle ankommt, brauchen wir eine gute Zusammenarbeit zwischen Ländern, Kommunen und Wohlfahrtsverbänden,“ so Neher. „Wir brauchen deutlich mehr niedrigschwellige analoge und digitale Beratungsangebote für Familien, psychosoziale Angebote für Kinder und Jugendliche sowie Nachbarschaftshilfe und ehrenamtliches Engagement in den Quartieren.“

Ein erfolgreiches niederschwelliges Angebot der Caritas ist die [U25]-Online-Beratung für junge suizidgefährdete Menschen. Sie wurde in den vergangenen Monaten deutlich ausgebaut, denn in der Pandemie haben die psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen zugenommen.

Kinder und Jugendliche beteiligen

Auch beim Übergang von der Schule in die berufliche Bildung sieht der Deutsche Caritasverband Handlungsbedarf. Junge Menschen brauchen eine verlässliche Infrastruktur von Beratungs- und Förderangeboten in allen Schularten. „Bund und Länder sind dringend gefordert, die Begleitung dieses wichtigen Schrittes der Auswahl eines Berufsweges bundesweit nach einheitlichen Standards zu flankieren,“ so der Caritas-Präsident.

Neher kritisiert, dass Kinder und Jugendliche in der Pandemie im öffentlichen Diskurs häufig auf ihr Schüler- oder Studierenden-Dasein reduziert werden und plädiert dafür, sie an der Erarbeitung von Lösungen als Expertinnen und Experten in eigener Sache zu beteiligen. „Wir brauchen Dialogformate, in denen Kinder und Jugendliche ihre Sorgen, aber auch Lösungsideen einbringen können.“

Hier geht es zur Stellungnahme des Deutschen Caritasverbandes zum 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 12.05.2021

Heute wird der sechste Armuts- und Reichtumsbericht im Bundeskabinett verabschiedet. Die Nationale Armutskonferenz (nak) sieht in den Befunden einen dringenden Handlungsauftrag an die Politik, die Lebenslagen armutserfahrener Menschen spürbar zu verbessern. Der Trend verfestigter Armut und sich verschärfender Ungleichheit muss gebrochen und eine umfassende Teilhabe von Menschen mit Armutserfahrung organisiert werden.

Gerwin Stöcken, Sprecher der Nak kommentiert: „Die Befunde des vorliegenden Berichtes sprechen eine eindeutige Sprache: Der wachsende Wohlstand erreicht bei weitem nicht alle Menschen. Während sich Armut als strukturelles Problem herausgebildet hat und zunehmend verfestigt, entwickeln sich die Lebensverhältnisse der Menschen weiter auseinander. Das gefährdet den sozialen Zusammenhalt nachhaltig. Die nak fordert, dass die Sozialpolitik stärker auf das Ziel der Vermeidung und Überwindung von Armut ausgerichtet wird.“

Der Bericht zeigt, dass sich Armut in den letzten Jahren weiter verfestigt hat. Diese kommt zunehmend auch in einer deutlichen Kumulation sozialer Problemlagen in unserer Gesellschaft zum Ausdruck. Die materielle Lebenswirklichkeit der Menschen am unteren Ende der Einkommensverteilung hat sich in den vergangenen 15 Jahren kaum verbessert, während in mittleren und oberen Bereichen Zuwächse bei den Einkommen und insbesondere bei den Vermögen zu verzeichnen sind. Die Kluft zwischen Arm und Reich hat sich weiter vergrößert: Auf Kosten der Mitte der Gesellschaft hat die Polarisierung der Lebenslagen – Menschen, die in verfestigten Armutslagen ohne Aufstiegsmobilität leben sowie Menschen, die in Wohlhabenheit und Reichtum leben – zugenommen.

„In einer wohlhabenden Gesellschaft auf Grund von Armut ausgegrenzt und abgewertet zu werden, ist eine bittere Erfahrung, die vielen Menschen nicht erspart bleibt. Zu sehen, dass sich der Lebensstandard der gesellschaftlichen Mitte immer weiter entfernt, während man selbst tagtäglich gegen Windmühlen ankämpfen muss, ist unerträglich. Die nak fordert Solidarität und Anerkennung für Menschen mit Armutserfahrung und eine Politik gegen Armut, die die Lebenslagen der Menschen wieder spürbar verbessert. Die nak ist der festen Überzeugung: Das Leistungsniveau in der Grundsicherung muss wieder steigen, um materiellen Mangel zu verhindern und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Erst die Abwesenheit von ständiger Knappheit schafft die Voraussetzung für eine Aufwärtsmobilität in andere Lebensbereiche und ein Aufbrechen verfestigter und kumulierter Armutslagen. Das erfordert Mut und entschiedene Schritte zur Umverteilung“, formuliert Gerwin Stöcken die zentrale politische Forderung im aufziehenden Bundestagswahlkampf.

Hintergrund:

Seit 2001 veröffentlicht die Bundesregierung einmal in jeder Legislaturperiode einen Armuts- und Reichtumsbericht. Die nak brachte ihre Expertise im Beraterkreis beim federführenden Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein. Die Stellungnahme der nak zum Entwurf des Berichtes kann hier abgerufen werden: https://www.nationale-armutskonferenz.de/wp-content/uploads/2021/04/NAK_2021-04-09_Stellungnahme_sechster_ARB_final.pdf

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 12.05.2021

SCHWERPUNKT III: 150 Jahre §218

Zum 150-jährigen Bestehen des Paragrafen 218 StGB erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauen- und Queerpolitik:

Der 1871 eingeführte und bis heute geltende Paragraf 218 StGB führte zu einer grundsätzlichen Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Die Auswirkungen für Frauen waren verheerend. Dagegen haben sich Frauen und die Frauenbewegungen in allen Jahrzehnten aufgelehnt. Die Regelungen wurden verändert und verbessert, aber auch heute noch ist der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch verankert und nur unter bestimmten Voraussetzungen straffrei.

Aktuell tragen weiterhin Schwangere die negativen Folgen dieser Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen: Die Versorgungslage für ungewollt Schwangere ist nicht so gut, wie sie sein müsste. Immer weniger Ärzt*innen sind bereit, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Schwangere, die einen Abbruch brauchen, stehen vor unnötigen Hürden: lange Wege, keine Wahlfreiheit in der Methode des Abbruchs, die Pflicht zur Beratung und Einschränkungen der Information über Schwangerschaftsabbrüche. Dazu kommen gesellschaftliche Stigmatisierung und Tabuisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Auch die Kosten eines Abbruchs müssen ungewollt Schwangere in der Regel selbst zahlen.

Wir wollen die Versorgung beim Schwangerschaftsabbruch deutlich verbessern. Es braucht bundesweit ausreichend Ärzt*innen, die Abbrüche durchführen, Versorgung sicherstellen und dabei durch die Gesetzeslage abgesichert werden. Informationen müssen leicht zugänglich sein, weshalb der Paragraf 219a StGB ersatzlos gestrichen werden muss. Wir wollen keine Kriminalisierung selbstbestimmter Schwangerschaftsabbrüche, sondern diese durch eine zeitgemäße Regelung ablösen, die eine bessere Gesundheitsversorgung ermöglicht. Darüber wollen wir eine Debatte anstoßen. Wir müssen dafür sorgen, dass sichere und legale Zugänge zu selbstbestimmten Schwangerschaftsabbrüchen und die beste Gesundheitsversorgung ermöglicht werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 14.05.2021

„Seit 150 Jahren gibt es den §218 im Strafgesetzbuch, 1871 wurde er in das Strafgesetzbuch des Deutschen Reiches aufgenommen. Seit 150 Jahren sind Schwangerschaftsabbrüche verboten. Auch wenn Änderungen des Paragraphen Abbrüche zwar erleichtert haben, bleibt ein Schwangerschaftsabbruch – direkt hinter Mord und Totschlag geregelt – eine Straftat. Damit gibt es noch immer eine Austragungspflicht. Echte Wahlmöglichkeit ist aber nur ohne Zwang möglich. Wir wollen Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch streichen und stattdessen ein Recht auf selbstbestimmte Schwangerschaft. Das heißt nicht, dass Schwangerschaftsabbrüche und deren Nachsorge überhaupt nicht mehr gesetzlich geregelt werden sollen. Sie sollen aber als das geregelt werden, was sie sind: ein medizinischer Eingriff, der zur gesundheitlichen Versorgung gehört“, so Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, anlässlich des bundesweiten Aktionstages zu 150 Jahre §218 am 15. Mai. Möhring weiter:

„So lange wie es das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen gibt, gibt es Widerstand dagegen. Weg mit §218 – diese Losung muss endlich umgesetzt werden. Mit der Union in der Regierung wird das nicht möglich sein, die würde das Rad lieber zurückdrehen. Und auch mit der FDP wird es keine Selbstbestimmung geben, denn sie schert sich nicht um soziale Gerechtigkeit. Ohne Gerechtigkeit ist aber echte Selbstbestimmung nicht möglich, denn eine Entscheidung für oder gegen ein Kind muss frei von gesetzlichem Zwang, aber auch ohne materielle Zwänge und frei von Diskriminierung möglich sein. Deshalb fordern wir das Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung, das Recht, selbst zu entscheiden, ob ein Mensch ein Kind bekommt oder nicht, sowie das Recht auf ein gutes und sicheres Leben mit Kindern.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 14.05.2021

Am 15. Mai 1871 wurde der §218 ins Strafgesetzbuch aufgenommen. 150 Jahre später ist das Recht auf selbstbestimmte Familienplanung immer noch nicht verwirklicht. Die AWO fordert vor diesem Hintergrund, den Paragraphen aus dem Strafgesetzbuch zu entfernen und das so genannte „Werbeverbot“ zu kippen. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Die AWO setzt sich seit ihrer Gründung für die umfassende Emanzipation und Selbstbestimmung von Frauen ein. Dazu gehört ausdrücklich auch das Recht, selbstbestimmt darüber zu entscheiden, ob, wann und wie viele Kinder eine Frau im Laufe ihres Lebens bekommen möchte. Frauen müssen vollständige, umfassende und aus einer Hand verfügbare medizinische Informationen erhalten, um eine für sie sinnvolle Entscheidung zu treffen zu können.“

Ein wichtiger Baustein dafür ist aus Sicht der AWO kostenfreie Verhütung. „Es kann nicht sein, dass Verhütung eine Frage des Geldbeutels ist und einkommensarme Paare sich zwischen den Kosten für Nahrungs- oder Verhütungsmittel entscheiden müssen“, so Schubert. „Weiterhin erreicht die mangelnde Verwirklichung reproduktiver Rechte in Deutschland ihren absurden Höhepunkt im 2019 reformierten §219a StGB, wonach Ärzt*innen zwar darüber informieren dürfen, dass sie Abbrüche durchführen, aber öffentlich nichts zu Methoden oder Kosten sagen dürfen. Das treibt die anhaltende Tabuisierung dieses Bereiches von Frauengesundheit auf die Spitze.“

In den bundesweit vorhandenen Schwangerschaftsberatungsstellen der AWO mehren sich die Fälle von Frauen, die wohnortnah keine Praxis oder Klinik finden, in denen sie einen Abbruch vornehmen lassen können. Die Zahl der Praxen und Kliniken, die Abbrüche durchführen, ist in den letzten Jahren um rund 40% gesunken. Frauen müssen teilweise 150 km weit fahren, um einen Schwangerschaftsabbruch zu erhalten. Zusätzlich schaffen die anhaltenden Anzeigen und Verurteilungen gegen Ärzt*innen wegen des Verstoßes gegen den §219a StGB – dem sogenannten Werbeverbot für Abtreibungen – auch nach der Reform des Paragraphen 2019 ein Klima der Angst.

Die AWO setzt sich gemeinsam mit ihren bundesweit vorhandenen Schwangerschaftsberatungsstellen für die Verwirklichung der sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen ein. Sie kämpft daher für umfassende sexuelle Bildung und Aufklärung und gute Beratung, eine bundesgesetzliche Regelung für die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln für alle Geschlechter, die ersatzlose Streichung des §219a StGB sowie eine gesetzliche Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafgesetzbuches.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 14.05.2021

SCHWERPUNKT IV: Rücktritt von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey

Franziska Giffey hat am 19. Mai in der Sitzung des Bundeskabinetts die Bundeskanzlerin um Entlassung aus ihrem Amt als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gebeten.

In der 142. Sitzung des Bundeskabinetts am 19. Mai hat Bundesfamilienministerin Franziska Giffey im Kreise ihrer Kolleginnen und Kollegen die Bundeskanzlerin um Entlassung aus ihrem Amt als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gebeten. Sie äußert sich dazu wie folgt:

„In den letzten Tagen sind erneut Diskussionen um meine Dissertation aus dem Jahr 2010 aufgekommen. Nachdem die Freie Universität Berlin bereits im Jahr 2019 eine zweite Überprüfung der Arbeit vorgenommen und eine Entscheidung auf Nichtaberkennung des Titels getroffen hat, wurde das Verfahren im Jahr 2020 erneut aufgerollt. Dies geschah über ein Jahr nach dem abschließenden und rechtskräftigen Verwaltungsakt aus dem Jahr 2019.

Ich habe daraufhin erklärt, meinen Titel nicht mehr zu führen, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Das neu eingesetzte Gremium hat seinen Prüfbericht nun abgeschlossen. Die Freie Universität Berlin hat mir bis Anfang Juni Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, die ich wahrnehmen werde. Danach soll das noch laufende Verfahren abgeschlossen werden.

Die Mitglieder der Bundesregierung, meine Partei und die Öffentlichkeit haben aber schon jetzt Anspruch auf Klarheit und Verbindlichkeit. Daher habe ich mich entschieden, die Bundeskanzlerin um Entlassung durch den Bundespräsidenten aus meinem Amt als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu bitten.

Ich stehe weiterhin zu meiner Aussage, dass ich meine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben habe – so wie ich es vor zwölf Jahren für richtig gehalten und mit der wissenschaftlichen Begleitung meiner Arbeit durch eine Professur im Fachbereich Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin abgestimmt habe. Ich bedauere, wenn mir dabei Fehler unterlaufen sind. Sollte die Freie Universität in ihrer nunmehr dritten Überprüfung meiner Arbeit zu dem Ergebnis kommen, mir den Titel abzuerkennen, werde ich diese Entscheidung akzeptieren. Bereits heute ziehe ich die Konsequenzen aus dem andauernden und belastenden Verfahren. Damit stehe ich zu meinem Wort.

Ich bin stolz darauf, was ich in über drei Jahren Regierungsarbeit im Bund erreichen konnte. Gemeinsam mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit der Bundeskanzlerin, den Kolleginnen und Kollegen im Kabinett und mit den Bundestagsabgeordneten der Koalitionsfraktionen ist es mir gelungen, alle Aufträge aus dem Koalitionsvertrag in meinem Ressort durch die Kabinettsbeschlussfassung zu bringen.

Ich danke allen, die dabei mitgeholfen haben, für ihre Unterstützung und die gute Zusammenarbeit.“

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 19.05.2021

Bundeskanzlerin Merkel hat Familienministerin Giffey nach deren Bitte um Entlassung für eine „gute und vertrauensvolle“ Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren gedankt. Giffey habe in ihrem Amt “wichtige und bleibende Fortschritte erreicht“.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Donnerstag Franziska Giffey aus dem Amt der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend entlassen und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht zusätzlich zur Familienministerin ernannt. Kanzlerin Merkel hat an der Aushändigung der Entlassungs-und Ernennungsurkunde im Schloss Bellevue teilgenommen.

„Ich nehme die Entscheidung mit großem Respekt – aber ich sage auch – mit ebenso großem Bedauern entgegen“: Mit diesen Worten kommentiert Bundeskanzlerin Angela Merkel den Rücktritt von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey.

Giffey hatte in der Kabinettssitzung am 19. Mai die Bundeskanzlerin um Entlassung aus ihrem Amt gebeten. Hintergrund sind Diskussionen um ihre Dissertation von 2010.

Die Bundeskanzlerin äußerte sich bei einem virtuellen Forschungsgipfel zur Entlassungsbitte der Ministerin. „Ich habe mit Franziska Giffey in den vergangenen Jahren sehr gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet, und dafür danke ich ihr von Herzen“, betonte Merkel.

Giffey habe sich „mit Leidenschaft und mit Geschick für ihre politischen Themen eingesetzt“, so die Kanzlerin. Sie sagte weiter: „Für die Familien, Senioren, Frauen und Kinder in Deutschland hat Franziska Giffey in den Jahren als Ministerin wichtige und bleibende Fortschritte erreicht. Und ich wünsche ihr für die kommende Zeit alles Gute“.

Die Familienministerin äußerte sich im Anschluss an die Kabinettssitzung am Mittwoch: „Ich bin stolz darauf, was ich in über drei Jahren Regierungsarbeit im Bund erreichen konnte. Gemeinsam mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit der Bundeskanzlerin, den Kolleginnen und Kollegen im Kabinett und mit den Bundestagsabgeordneten der Koalitionsfraktionen ist es mir gelungen, alle Aufträge aus dem Koalitionsvertrag in meinem Ressort durch die Kabinettsbeschlussfassung zu bringen.“

Quelle: Pressemitteilung der Bundesregierung vom 19.05.2021

Zum Rücktritt von Bundesfamilienministerin Giffey erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding:

„Der Rücktritt von Familienministerin Giffey ist angesichts der bevorstehenden Aberkennung ihres Doktortitels und ihrer Ankündigung richtig und notwendig. Bei wissenschaftlichen Arbeiten darf es auch für Bundesminister keine doppelten Standards geben. Die Bundeskanzlerin muss nun schnell für klare Verhältnisse sorgen und die Spitze des Familienministeriums neu besetzen. Angesichts der immensen sozialen und psychischen Folgen der Corona-Pandemie für unsere Kinder muss das Familienministerium handlungsfähig sein.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 19.05.2021

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert, dass nach dem kurzfristigen Rücktritt von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) die Leitung des Ministeriums kommissarisch an Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) übertragen wird. Gerade in Corona-Zeiten wäre es besser gewesen, für eine Nachbesetzung mit einer geeigneten Fachpolitikerin zu sorgen und damit Kontinuität in der Regierung sicher zu stellen. „Kinder, Jugendliche, Fachkräfte und Familien brauchen eine starke Stimme in der Regierung“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Donnerstag in Frankfurt a.M. „Wir hätten es begrüßt, die Aufgabe an jemanden aus der Führungsspitze des Familienministeriums zu übertragen. Durch die Doppelbelastung der Justizministerin besteht die Gefahr, dass bei den wichtigen, jetzt anstehenden Themen wie der Einführung des Rechtsanspruchs auf ganztägige Betreuung oder der Bewältigung der Pandemiefolgen für junge Menschen und deren Familien ein Vakuum entsteht und wichtige Fürsprache fehlt“, betonte Tepe.

Die GEW sieht in der kommissarischen Besetzung eine Schwächung der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Familien- und Frauenpolitik. Die Zeit der kommissarischen Besetzung könne wegen der Bundestagswahl und sich möglicherweise ziehenden Koalitionsverhandlungen sehr lang werden. Deshalb sei eine Interimslösung nicht zu verantworten, sagte Tepe.

Quelle: Pressemitteilung Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vom 20.05.2021

SCHWERPUNKT V: Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung

Der Deutsche Bundestag berät am heutigen Freitag in erster Lesung den Gesetzentwurf zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter. Dazu können Sie den familienpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg, gerne wie folgt zitieren:

„Mit dem Gesetzentwurf zur Ganztagsförderung für Kinder im Grundschulalter stehen wir zu unserem Wort, das wir im Wahlprogramm und im Koalitionsvertrag gegeben haben: Wir schaffen einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Denn was für Kindergartenkinder bereits gilt, muss auch für Grundschulkinder kommen. Eltern, die einen Betreuungsplatz für ihr Grundschulkind am Nachmittag benötigen, sollen einen Platz bekommen und damit entlastet werden. Mit diesem Rechtsanspruch erleichtern wir aber nicht nur Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir unterstützen mit guten und zuverlässigen Betreuungsangeboten gleichzeitig auch die Attraktivität von Wirtschaftsstandorten insbesondere im ländlichen Raum. Hinzu kommt: Der Anspruch auf Ganztagsbetreuung hat eine wichtige bildungs-, integrations- und sozialpolitische Wirkung und schafft mehr Chancengerechtigkeit für Kinder.  

Nun müssen die Bundesländer mitziehen. Der Bund nimmt seine gesamtgesellschaftliche Aufgabe an und investiert 3,5 Milliarden Euro in die Ganztagsförderung von Grundschulkindern und zusätzlich 960 Millionen Euro im Jahr für laufende Betriebskosten. Die Länder sind in der Verantwortung, die notwendigen Mittel an die Kommunen weiterzureichen. Nur so können wir dieses wichtige Vorhaben gemeinsam stemmen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 21.05.2021

Ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote sorgen für gleiche Startchancen und unterstützen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Deshalb wollen wir, dass der angekündigte Rechtsanspruch auf gute Ganztagsbildung zügig umgesetzt wird. Die meisten Eltern wünschen sich ein Ganztagsangebot, doch bislang steht nicht einmal für die Hälfte der Kinder im Grundschulalter ein entsprechendes Angebot zur Verfügung.
Ein rein quantitativer Ganztagsausbau verbessert weder die Bildungs- noch die Chancengerechtigkeit. Entscheidend ist, dass die Angebote auch qualitativ abgesichert werden. Dafür nötig sind hochwertige Angebote, lernfördernde Räumlichkeiten, eine moderne Ausstattung und ein gutes Zusammenspiel aller Lehr- und Fachkräfte. Um das sicherzustellen, fordern wir eine faire Kostenteilung zwischen Bund, Länder und Kommunen und die Definition hoher Qualitätsstandards im SGB VIII. Erforderlich ist außerdem, gemeinsam mit den Ländern, eine Qualifizierungsoffensive, um ausreichend pädagogisches Fachpersonal an Schulen sicherzustellen.
Die bittere Pille des Gesetzesentwurfs: Die Regierung lässt Grundschulkinder noch ein weiteres Jahr warten, bevor die Umsetzung angegangen wird.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 19.05.2021

Der geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter soll stufenweise ab dem 1. August 2026 in Kraft treten. Dies sieht der von den Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und der SPD vorgelegte Entwurf eines Ganztagsförderungsgesetzes (19/29764) vor. Der Rechtsanspruch soll mit Beginn des Schuljahres 2026/2027 zunächst für Grundschüler der ersten Klasse gelten und dann jährlich um je eine weitere Klassenstufe ausgeweitet werden. Ab dem 1. August 2029 sollen somit alle Grundschulkinder der Klassenstufen eins bis vier über den Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung haben.

Der Bund stellt den Bundesländern zur Realisierung des Rechtsanspruch Investitionshilfen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Darüber hinaus soll er sich auch den laufenden Betriebskosten beteiligen. Finanziert werden soll dies über eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder. So sollen im Jahr 2026 rund 100 Millionen Euro, 2027 rund 340 Millionen Euro, 2028 rund 580 Millionen Euro und 2029 rund 820 Millionen Euro an die Länder fließen. In den Folgejahren rechnet der Bund mit rund 960 Millionen Euro, die an die Länder umverteilt werden sollen. Die Investitionskosten der Länder abzüglich der Bundesmittel beziffert der Bund je nach Betreuungsbedarf auf 1,38 bis 3,18 Milliarden Euro. Ab dem Jahr 2030 sollen sich die Betriebskosten der Länder auf 2,22 bis 3,42 Milliarden belaufen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 687 vom 21.05.2021

Der Bundestag berät am 21. Mai in erster Lesung das Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter (Ganztagsförderungsgesetz), mit dem ab Beginn des Schuljahres 2026/27 für alle Kinder, die eingeschult werden, ein Recht auf Ganztagsbetreuung bestehen soll.

Ab 2029 soll ein Rechtsanspruch für alle Kinder im Grundschulalter gelten.

„Es ist wichtig, dass dieses Gesetz noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht wird. Mit dem Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung und Betreuung erhalten alle Grundschulkinder und Familien gleichwertige Bildungschancen. Es ist enttäuschend, dass der Rechtsanspruch erst im Sommer 2026 in Kraft treten soll“, sagt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

Die Bildungs- und Entwicklungsversäumnisse als Folge der Corona-Pandemie haben mehr als deutlich gemacht, dass Ganztagsangebote gerade für benachteiligte Kinder dringend notwendig sind, um ihre Bildungschancen deutlich zu verbessern.

„2026 ist definitiv zu spät. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die Lücke bei der Kinderbetreuung und in der Förderung geschlossen wird. Grundschulkinder brauchen für ihre individuelle Entwicklung ganz besonders das soziale Miteinander und ein förderliches Umfeld. Im vergangenen Jahr waren Ganztagsangebote wochenlang geschlossen oder standen nur begrenzt zur Verfügung.

Bildung und Förderung blieben komplett auf der Strecke“, so Loheide.

Aus Sicht der Diakonie reicht allerdings die Garantie von Plätzen allein nicht aus, damit Kinder von ganztägiger Bildung und Betreuung profitieren. Nur wenn auch die Qualität der Ganztagsangebote stimmt, können tatsächlich Teilhabechancen verbessert und für mehr Bildungsgerechtigkeit gesorgt werden.

„Neben der Garantie auf Ganztagsbetreuung muss vor allem die Förderung ausgebaut und aufgewertet werden. Dazu sind qualifiziertes Personal und Konzepte erforderlich, die auch Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder schaffen und kindgerechte Räumlichkeiten für verschiedene Bedürfnisse vorsehen“, so Loheide.

Weitere Informationen: BAGFW-Stellungnahme

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und  ntwicklung e.V. vom 20.05.2021

SCHWERPUNKT VI: Corona-Krise

„Die Prüfung von Impfstoffen für Kinder dauert so lange, wie sie dauern muss. Die Gründlichkeit der Prüfung ist grundlegend für das Vertrauen von Eltern und Kindern in die Impfstoffe. Gesundheitsminister Spahn sollte das selber wissen, statt willkürliche Zeitvorgaben festzusetzen und verantwortungslos Termine herauszuhauen. Er täte er besser daran, bei der Impfkampagne für Kinder und Jugendliche dieses eine Mal mit einem Plan vorzugehen“, erklärt Jan Korte, 1. Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE, zur Kritik aus der Stiko an Jens Spahn. Korte weiter:

„Kinder und Jugendliche sind in der Pandemie am meisten von schlechter staatlicher Infrastruktur und kurzsichtigem politischen Handeln betroffen. Spahn darf nicht mit der Hoffnung von Kindern und ihren Eltern spielen. Solange die notwendige, gründliche Prüfung andauert, bleibt seine Aufgabe, sich um neue Produktionsstrecken für immer noch knappe Impfstoffe zu kümmern und die Impfkampagne mit den Ländern zu planen. Zudem erledigt sich mit der Impfung für Kinder ab 12 weder die Pandemie an den Grundschulen noch gibt es dort damit guten Unterricht oder genügend Lehrpersonal.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 12.05.2021

Zur Studie der DAK-Gesundheit zur Belastung von Kindern und Jugendlichen erklärt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP-Fraktion Katja Suding:

„Die Ergebnisse der DAK-Studie sind erneut ein erschütternder Beleg, wie sehr die Bundesregierung die Belange von Kindern und Jugendlichen während der Corona-Pandemie vernachlässigt hat. Über Monate fehlender Kontakt zu Freunden und ausgefallener Präsenzunterricht haben dramatische Folgen für die soziale Entwicklung und psychische Gesundheit unserer Kinder. Es ist ein klarer Ausdruck mangelnder Prioritätensetzung der Bundesregierung, dass in einer solch kritischen Lage eine Familienministerin in Teilzeit berufen wurde. Kinder und Jugendliche brauchen angesichts stetig sinkender Fallzahlen jetzt wieder mehr Normalität. Die sofortige und bundesweite Rückkehr zum Präsenzunterricht mit funktionierenden Hygienekonzepten ist dafür unerlässlich.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 21.05.2021

Zur Forderung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin nach schnellen Schulöffnungen erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding:

„Dieser dringliche Appell der Kinder- und Jugendärzte muss endlich Gehör finden. Schulen und Kitas müssen jetzt flächendeckend und für alle wieder geöffnet werden. Zum wiederholten Male wird vor den dramatischen sozialen und psychischen Folgen der monatelangen Isolation von Kindern aufgrund geschlossener Schulen und Kitas gewarnt. Diese Warnungen muss die Bundesregierung endlich ernst nehmen. Kindern und Eltern hat die Politik versprochen, dass Bildungseinrichtungen als allererstes wieder öffnen, wenn die Fallzahlen sinken. Es ist unbegreiflich, dass Schulen nun weiter im Wechselunterricht bleiben. Luftfilter, kluge Hygienekonzepte und Impfungen für Lehrkräfte ermöglichen einen pandemiefesten Unterricht auch in Präsenz. Es gibt keinen Grund mehr, Kindern ihr Recht auf Bildung nur einen Tag länger zu verwehren.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 18.05.2021

Die Frist für Bewilligungen von Bundesmitteln aus dem 5. Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung 2020-2021“ soll um ein Jahr bis zum 30. Juni 2022 verlängert werden. Dies sieht ein Gesetzentwurf (19/29765) der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und der SPD zur Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder und weiterer Gesetze vor. Bislang seien erst 311 Millionen Euro aus dem Investitionsprogramm bewilligt worden; abgerufen worden seien sogar erst 14 Millionen Euro (Stand März 2021), heißt es in der Gesetzesvorlage. Die Bundesländer hätten darauf hingewiesen, dass die für das Investitionsprogramm vorgesehenen Fristen insbesondere wegen der anhaltenden Anforderungen der Corona-Pandemie zu knapp bemessen seien, um die Errichtung von 90.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen für Kinder bis zum Schuleintritt zu realisieren. Die aktuellen Fristen würden die notwendigen Zeitabläufe für die Planung und Umsetzung von Baumaßnahmen nicht ausreichend berücksichtigen.

Mit der Gesetzesvorlage soll zudem der generelle Nachrang des Kinderzuschlags für Familien mit kleinen Einkommen gegenüber dem Unterhaltsrecht geregelt werden. So soll sichergestellt werden, dass der Kinderzuschlag den jeweiligen aktuellen unterhaltsrechtlichen Bedarf des Kindes nicht mindert. Ebenso sieht die Gesetzesnovelle eine Verlängerung der Akuthilfen als Sonderregelungen für pflegende Angehörige, um die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf während der Corona-Pandemie zu verbessern, bis Ende 2021 vor. Zudem soll mit dem Gesetz der im Rahmen des Aktionsprogramms „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ vorgesehene Kinderfreizeitbonus in Höhe von 100 Euro je Kind als Unterstützung für bedürftige Familien und Familien mit kleinen Einkommen umgesetzt werden. Außerdem soll der gesonderte Antrag auf Übernahme der Kosten für Lernförderung bis Ende 2023 entfallen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 688 vom 21.05.2021

Die Schulschließungen in der Corona-Pandemie haben Ängste geweckt, dass gerade lernschwache Kinder oder Kinder von weniger gebildeten Eltern durch das Homeschooling abgehängt werden. Aktuelle Auswertung der SOEP-CoV-Studie zeigen nun, dass die Bildung der Eltern zwar kaum Auswirkung auf die Lernzeiten der SchülerInnen hatte, solange die Schulen geschlossen waren. Aber das änderte sich in der Zeit unmittelbar nach dem ersten Lockdown, als die Schulen teilweise wieder öffneten. Kinder von weniger gebildeten Eltern verbrachten damals zu Hause wesentlich weniger Zeit mit Schulaufgaben als ihre MitschülerInnen. Eine ähnliche Entwicklung ist auch aktuell zu erwarten, wenn an immer mehr Schulen wieder Präsenzunterricht stattfindet. Um die unterschiedlichen Leistungsrückstände der SchülerInnen aufzufangen, plant das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) groß angelegte Förderprogramme. Damit diese erfolgreich sind, muss der Leistungsstand der Kinder und Jugendlichen zeitnah, überall zur gleichen Zeit und konsistent zueinander erfasst werden.

Auch während der Corona-Pandemie ist es erklärtes politisches Ziel, dass alle Kinder den gleichen Zugang zu Bildung haben. Bereits im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 zeigte sich jedoch, dass dies nur bedingt der Fall ist. Damals erhielten Kinder, die auf private Schulen gingen, ihr Lern- und Schulmaterial eher über digitale Kanäle als Kinder, die öffentliche Schulen besuchten.info Die SOEP-CoV-Studieinfo zeigt, dass Kinder auf weiterführenden Schulen, die Lern- und Schulmaterial über digitale Kanäle erhielten, während der Schulschließungen im ersten Lockdown im Schnitt 70 Minuten länger pro Tag zu Hause lernten als andere. Außerdem verbrachten GymnasiastInnen im Schnitt eine knappe halbe Stunde mehr mit Lernen als Kinder auf anderen Schulen. Dieser Unterschied erklärt sich vermutlich aus den höheren Anforderungen der gymnasialen Schulform.

Während der Schulschließungen hatte die Bildung der Eltern keinen Einfluss auf die Lernzeiten der Kinder

Frühere Studien kamen immer wieder zum Ergebnis, dass die Bildung der Eltern einen Einfluss darauf hat, wie viel Zeit Kinder zu Hause mit Schulaufgaben und Lernen verbringen. Während der coronabedingten Schulschließungen im Frühjahr 2020 war das jedoch kaum der Fall, wie die SOEP-CoV-Studie zeigt (Abbildung 1).info Auch die Beschäftigungssituation der Eltern hatte keinen messbaren Einfluss auf die Lernzeiten der Kinder. Ob SchülerInnen vor der Corona-Pandemie eher gut (durchschnittliche Mathematik- und Deutschnote 1 oder 2) oder mittelmäßig bis schlecht (durchschnittliche Mathematik- und Deutschnote 3, 4, 5, oder 6) in der Schule waren, wirkte sich ebenfalls kaum auf die Schularbeits- und Lernzeiten aus. Nur in Bezug auf das Alter wird deutlich, dass ältere Kinder und Jugendliche (15-18 Jahre) etwas weniger Zeit für das Lernen und Schularbeiten zu Hause verwandten als jüngere Kinder (10-14 Jahre), im Schnitt 20 Minuten pro Tag.

Ein ähnliches Bild findet sich in der Zeit des zweiten Lockdowns im Winter 2021.info Auch in dieser Zeit bestanden keine Zusammenhänge zwischen den Lern- und Schularbeitszeiten von Kindern und dem Bildungsgrad ihrer Eltern.info Gleiches gilt für die Erwerbssituation der Eltern und das Notenniveau der Kinder. Wie schon beim ersten Lockdown verbrachten die GymnasiastInnen zu Hause etwas mehr Zeit mit Lernen als andere, im Schnitt arbeiteten sie täglich aber nur 15 Minuten länger. Auch verbrachten wiederum jüngere Kinder (10-14 Jahre) durchschnittlich etwas mehr Zeit zu Hause mit Lernen als ältere Kinder beziehungsweise Jugendliche (15-18 Jahre), im Schnitt ebenfalls 15 Minuten pro Tag.

Während der Schulschließungen im zweiten Lockdown lernten die SchülerInnen täglich länger als im ersten Lockdown

Während des zweiten Lockdowns im Winter 2021 arbeiteten die SchülerInnen durchschnittlich 25 Minuten länger für die Schule als während des ersten Lockdowns. Das lässt sich vermutlich darauf zurückführen, dass ab dem zweiten Lockdown die Schulmaterialien häufiger über digitale Kanäle übermittelt wurden und die SchülerInnen digitale Beschulungsplattformen nutzten. Auch die direkt vorangegangenen Weihnachtsferieninfo dürften eine Rolle gespielt haben. So waren Kinder, Eltern und Lehrkräfte während der zweiten Schulschließungen direkt nach den Ferieninfo nicht nur erholter, sondern die Schulen hatten auch mehr Zeit, um sich auf den Distanzunterricht vorzubereiten.

Nach Ende der Schulschließungen verbrachten Kinder weniger gebildeter Eltern viel weniger Zeit mit Lernen und Schularbeiten als andere

Für die Zeit unmittelbar nach dem ersten Lockdown ergibt sich ein anderes Bild als während der beiden Lockdowns: Kinder auf weiterführenden Schulen mit weniger gebildeten Eltern lernten zu Hause dann wesentlich weniger als andere: Im Schnitt verbrachten sie 50 Minuten weniger Zeit pro Tag mit Lernen und Schularbeiten als Kinder von höher gebildeten Eltern (Abbildung 2). Ob die Kinder in dieser Zeit regulären Unterricht oder Wechselunterricht hatten, spielte dabei keine Rolle.

Der Grund dafür könnte darin liegen, dass die Eltern sich in ihrer Beziehung zu den Schulen unterscheiden. Möglicherweise haben weniger gebildete Eltern die Aufgabe der Beschulung ihrer Kinder zum Zeitpunkt der Schulöffnungen sofort wieder an die Schule überantwortet, was sich auf die Lern- und Schularbeitszeiten der Kinder zu Hause ausgewirkt hat. Dabei können auch Gefühle von Überforderung und Erschöpfung eine Rolle gespielt haben.

Derzeit findet in Deutschland in fast allen Jahrgangsstufen Distanz- und Wechselunterricht statt. Nun stellt sich die Frage, ob auch jetzt die Kinder weniger gebildeter Eltern von zu Hause aus weniger für die Schule arbeiten als andere. Denkbar wäre eher, dass – wenn die aktuelle Situation weiter anhält – auch andere Kinder und ihre Eltern die zusätzliche Belastung nicht mehr erschöpfungsfrei auffangen können und die Kinder zu Hause entsprechend weniger Zeit mit Lernen verbringen.

Das Engagement einzelner Lehrkräfte und Schulen spielt vermutlich eine entscheidende Rolle

Auch unabhängig von der Schulart und vom Bildungshintergrund der Eltern bestehen große Unterschiede in den Zeiten, die Kinder zu Hause mit Lern- und Schulaufgaben verbringen (Abbildung 3). Da hierzu bisher keine Daten vorliegen, bleibt nur zu vermuten, dass hier die Arbeit der einzelnen Lehrkräfte und Schulen und deren Umgang mit der Pandemie eine entscheidende Rolle spielen.

Fazit: Damit Lernrückstände aufgeholt werden, braucht die Regierung eine einheitliche Strategie, die gleichzeitig jede einzelne Schule im Blick behält

Die Ergebnisse machen klar, dass auch nach dem zweiten Lockdown kein Grund zur Entwarnung besteht. Denn es ist zu vermuten, dass die Lernzeiten von Kindern in Familien mit niedrigem Bildungsniveau auch dann wieder ihre Lernzeiten reduzieren. Es sollten also dringend Vorkehrungen für diese Zeit getroffen werden, um Kinder davor zu bewahren, abgehängt zu werden.

Im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bestehen Pläne, große Summen für Förderprogramme für Kinder mit Leistungsrückstand auszuschütten.info Um den Nachhilfe- beziehungsweise Förderbedarf bemessen zu können, sollen Lernstandserhebungen in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und möglicherweise einer ersten Fremdsprache erfolgen. Doch bisher ist weitgehend unklar, wie solche Lernstandserhebungen durchzuführen sind. Ebenfalls nicht geklärt ist, wie die Nachhilfe und Förderung in den einzelnen Bundesländern aussehen wird und welche Institutionen genau sie umsetzen sollen. Das heißt: Bisher fehlt eine ausgereifte und nachhaltige Strategie, die von allen Bundesländern mitgetragen werden muss.

Vor allem müssten die Kompetenzmessungen zeitnah, überall zur gleichen Zeit und konsistent zueinander erfolgen, um valide Ergebnisse daraus ableiten zu können. Ob eine solche gemeinsame und abgestimmte Strategie überhaupt und zudem noch rechtzeitig entwickelt wird, um möglicherweise irreversible Rückstände benachteiligter SchülerInnen eingefangen zu könneninfo, ist in Anbetracht der Erfahrungen mit dem „Digitalpakt Schule“ eher zu bezweifeln. Eine solche Förderung müsste jedoch in jedem Fall auf der Ebene der Einzelschule ansetzen, da hier die stärksten Benachteiligungen der Kinder und Jugendlichen zu entstehen scheinen. Darüber hinaus sollte die Belastung der Lehrkräfte stärker als bisher in den Blick genommen werden und Bestandteil der anvisierten Förderungsstrategie werden.

Abstract

Die Schulschließungen in der Corona-Pandemie haben Ängste geweckt, dass gerade lernschwache Kinder oder Kinder von weniger gebildeten Eltern durch das Homeschooling abgehängt werden. Aktuelle Auswertung der SOEP-CoV-Studie zeigen nun, dass die Bildung der Eltern zwar kaum Auswirkung auf die Lernzeiten der SchülerInnen hatte, solange die Schulen geschlossen waren. Aber das änderte sich in der Zeit unmittelbar nach dem ersten Lockdown, als die Schulen teilweise wieder öffneten. Kinder von weniger gebildeten Eltern verbrachten damals zu Hause wesentlich weniger Zeit mit Schulaufgaben als ihre MitschülerInnen. Eine ähnliche Entwicklung ist auch aktuell zu erwarten, wenn an immer mehr Schulen wieder Präsenzunterricht stattfindet. Um die unterschiedlichen Leistungsrückstände der SchülerInnen aufzufangen, plant das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) groß angelegte Förderprogramme. Damit diese erfolgreich sind, muss der Leistungsstand der Kinder und Jugendlichen zeitnah, überall zur gleichen Zeit und konsistent zueinander erfasst werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 11.05.2021

Die wiederkehrende Schließung von Bildungseinrichtungen bedroht den Schulerfolg und die Entwicklung von jungen Menschen. Zum Internationalen Tag der Familie (15.05.2021) kritisieren der Deutsche Familienverband (DFV) und der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSH), dass der schuli­schen und außerschulischen Bildung bei der Pandemiebewältigung insgesamt zu wenig Stellenwert gegeben wird – und fordern zugleich die nachhaltige Stärkung der Schulsozialarbeit.

Durch die Corona-Pandemie ist der Bildungsort Familie ganz besonders in den Vordergrund gerückt. Das Zuhause ist für Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen über Monate zum Lernort Nummer eins geworden. Noch immer ist ein Ende des Homeschoolings nicht in Sicht. Die Herausforderungen für Eltern sind seit Monaten extrem hoch, ihre Leistung enorm. Eltern stemmen den Beruf und sind gleichzeitig Lehrerinnen, Erzieher, Pflegekräfte und anderes mehr. Das zehrt an der Substanz.

„Der langanhaltende Wegfall des Präsenzunterrichts ist eine Zumutung für junge Menschen und Eltern. Familie kann Schule nicht dauerhaft ersetzen. Auf der einen Seite brauchen Kinder und Jugendliche Lehrer sowie das soziale Miteinander mit Gleichaltrigen. Auf der anderen Seite haben Eltern Verpflichtungen in der Arbeit, für die sie Zeit und Ruhe benötigen“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV.

Mit der Bundesnotbremse entsteht neuer Druck bei den Familien. Innerhalb weniger Tage schließen Schulen oder öffnen wieder, weil sich der Inzidenzwert an der Schwelle von 165 hin- und herbewegt. „Es ist nicht hinnehmbar, dass Familien die Leidtragenden der Bildungsmisere sind und die Entwicklung vieler Kinder und Jugendlicher massiv bedroht ist. Die Impfung des pädagogischen Personals, aus­reichend Tests und Luftfilter in den Klassenzimmern können den Präsenzunterricht weitgehend erhalten“, so Zeh. „Familien brauchen Gewissheit. Das gilt speziell für Eltern und junge Menschen in besonderen Lebenslagen wie zum Beispiel Migration.“

Bildungsangebote garantieren

DFV und DBSH fordern, dass sich Maßnahmen stärker an den unterschiedlichen Lebenswelten und Bedürfnissen von jungen Menschen und ihren Familien orien­tieren. Zusätzlich müssen die dauerhafte Öffnung von Schulen sichergestellt und außerschulische Bildungsangebote berücksichtigt werden. „Kein junger Mensch sollte wegen der Pandemie ins Hintertreffen geraten. Familien mit Schulkindern brauchen direkte Unterstützung. Vor allem Alleinerziehende müssen hier berücksichtigt werden“, sagt Melissa Manzel, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands des DBSH.

Laut Bildungsministerin Anja Karliczek haben 20 bis 25 Prozent der Schülerinnen und Schüler wegen der Corona-Pandemie Wissenslücken. Ein Aufholprogramm mit Mitteln des Bundes soll Abhilfe leisten. „Die Schwierigkeiten von Schulkindern und ihren Eltern bestehen längst. Fördernde Maßnahmen müssen schneller kommen und auf längere Sicht gedacht sein, sonst haben wir nicht nur eine Pandemiekrise, sondern auch noch eine Bildungskrise“, so Manzel.

Um junge Menschen und ihre Familien zu stärken und Schulabbrüche zu vermeiden, muss auch die Schulsozialarbeit nachhaltig gefördert werden. Nach Auffassung von DBSH und DFV zeigt die Pandemie besonders deutlich, wie wichtig der Beitrag von Sozialer Arbeit an Schulen – und damit die Persönlichkeitsförderung junger Menschen sowie die Realisierung von Chancengerechtigkeit – ist.

„Obwohl die positiven Wirkungen der Schulsozialarbeit seit langem bekannt sind, fehlen noch immer klare und auf Dauer angelegte Unterstützungsmaßnahmen. Vielfach ist die Schulsozialarbeit abhängig von kurzfristigen Projektfinanzierungen und Förderprogrammen, die keine dauerhafte und nachhaltige Planung und Arbeit zulassen. Schulsozialarbeit braucht Verlässlichkeit“, sagen Manzel und Zeh.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. und Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. vom 14.05.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundesjugendministerin eröffnet den
17. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag

Bundesjugendministerin Franziska Giffey hat heute den 17. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag (DJHT) zusammen mit Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, und Thomas Kufen, Oberbürgermeister der Stadt Essen, eröffnet.

Unter dem Motto „Wir machen Zukunft – Jetzt!“, findet der DJHT vom 18. bis zum 20. Mai 2021 statt, diesmal rein digital. Mit mehr als 270 Online-Veranstaltungen und einer digitalen Fachmesse mit rund 260 Ausstellerinnen und Ausstellern, ist es der größte Jugendhilfegipfel in Europa. An drei Tagen stehen der Erfahrungsaustausch und Diskussionen zwischen Fachkräften und Trägern der Kinder- und Jugendhilfe sowie Politik und Verwaltung im Mittelpunkt. Durchgeführt wird der Kongress von der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ.

In einer Grundsatzrede stellte Ministerin Giffey ihre Kinder- und Jugendpolitik dar.

Bundesjugendministerin Franziska Giffey: „Alle Kinder sollen gleiche Chancen haben – jederzeit. Mein Motto steht daher seit Anfang an fest: ‚Wir arbeiten dafür, dass es jedes Kind packt‘. Darin liegen für mich Anspruch und Ansporn zugleich. Ich bin stolz darauf, dass ich als Ministerin 100 Prozent aller großen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag durch die Kabinettsbeschlussfassung auf den Weg gebracht habe. Allen voran haben wir es geschafft, das Kinder- und Jugendhilferecht zu modernisieren und den Jugendschutz ins digitale Zeitalter zu führen. Mit dem Gute-KiTa-Gesetz haben wir die Qualität in der Bildung, Erziehung und Betreuung für die Kleinsten gestärkt und auch der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter wurde im Kabinett beschlossen. Zudem haben wir einen Vorschlag für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz unterbreitet. Es ist wichtig, Kinder und Jugendliche ernst zu nehmen und einzubeziehen, denn ihre Sichtweisen und Meinungen lassen sich durch keine andere Perspektive ersetzen. Es geht immer darum, ihnen ein gesundes und sicheres Aufwachsen zu ermöglichen. Auch in Zeiten von Corona. Seit Beginn der Pandemie haben wir als Bundesregierung Milliarden zur Verfügung gestellt, um Familien in dieser schweren Zeit zu unterstützen. Insbesondere Eltern mit kleinen Einkommen haben wir finanziell geholfen. Jetzt geht es bei unserem Aufholprogramm für Kinder und Jugendliche darum, Perspektiven und Zuversicht für die Zeit nach Corona zu schaffen.“

Zwei Milliarden Euro für das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“

Junge Menschen waren und sind besonders stark von den Maßnahmen zur Virus-Eindämmung und den damit verbundenen Einschränkungen betroffen. Viele von ihnen haben Lernrückstände aufgebaut. Zudem fielen Kontakte und Aktivitäten weg, die junge Menschen für ihre Entwicklung brauchen. Darum investiert die Bundesregierung mit dem Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ zwei Milliarden Euro in den Jahren 2021 und 2022. Kinder und Jugendliche sollen Lernstoff aufholen, sich in Ferien- und Wochenendfreizeiten erholen und bei außerschulischen Angeboten Verpasstes nachholen können. Ebenso vorgesehen sind Mittel für mehr frühkindliche Bildung und für die Begleitung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen bei der Rückkehr in den normalen Schulalltag.

Über die Deutschen Kinder und Jugendhilfetage

Alle drei bis vier Jahre veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe seit 1964 die Deutschen Kinder und Jugendhilfetage. Sie richten sich an Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, Träger, Politik und Verwaltung. Die Teilnahme ist kostenlos. Gefördert werden diese vom Bund, dem ausrichtenden Land und der ausrichtenden Stadt.  

Allgemein: www.jugendhilfetag.de

Hier finden Sie den digitalen Messestand des BMFSFJ auf dem 17. DJHT: https://messe.jugendhilfetag.de/s/bmfsfj-5e7b (Freischaltung ab 13:30 Uhr)

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 18.05.2021

Zu den heute vorgestellten Zahlen zur sexuellen Gewalt an Kindern erklären Ekin Deligöz, familienpolitische Sprecherin und Katja Keul, rechtspolitische Sprecherin:

Die aktuellen Zahlen sind ein weiteres Alarmzeichen, dass noch immer viel zu wenig für den Kinderschutz getan wird. Durch die Pandemie wird die Dunkelziffer der Kinder, die unvorstellbares Leid erfahren, noch größer geworden sein. Gerade deshalb müssen die Anstrengungen bei Prävention, Intervention und Hilfen weiter erhöht werden. Auch wenn in den letzten Jahren einiges erreicht wurde, sind der Bund und auch die Bundesländer angehalten, ihre Maßnahmen zu intensivieren und strategisch besser abzustimmen.

Es gibt zahlreiche Ansatzpunkte für Verbesserungen. Die Bundesregierung hat bislang versäumt, die Netzwerkarbeit im Kinderschutz endlich über gesetzliche Kooperationsgebote in diversen Berufsfeldern zu verankern. Diese Arbeit muss zudem ausreichend finanziert werden. Das Nationale Zentrum frühe Hilfen muss dauerhaft auskömmlich finanziert sein. Es braucht systematisch Qualifizierungen in Behörden, einschlägigen Berufsfeldern und Vereinen. Von Jugendämtern bis zu Polizei und Justiz muss eine ehrliche Bestandsaufnahme gemacht werden, welche behördliche Personalausstattung tatsächlich notwendig ist, um Gewalt an Kindern effektiv bekämpfen zu können.

Bei der extremen Zunahme von Delikten im Internet zeigt sich besonders deutlich der Bedarf an qualifizierten Ermittlern, Staatsanwälten und Richtern und an geeigneter technischer Ausrüstung. Hier fordern wir, dass der Bund die Ländern über eine Verlängerung und Erweiterung des ‚Pakts für den Rechtsstaat‘ unterstützt. Und es fehlt das ebenfalls von uns seit Langem geforderte Zeugnisverweigerungsrecht für Mitarbeitende in Fachberatungsstellen. Dies würde die Zugangshürden zu den Angeboten nochmals senken. Schließlich müssen die Durchsuchungsmöglichkeiten zur Nachtzeit verbessert werden – auch hier hinkt die Koalition hinterher.

Auf Landesebene sollten Kinderschutz-Fachberatungsstellen ausgebaut und finanziell abgesichert werden. Zu empfehlen ist zudem die Schaffung von Landes-Beauftragtenstellen analog zum Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs im Bund. Sicherzustellen ist ferner die verbindliche Schaffung von Kinder-und Traumaambulanzen in den Ländern. Die heute vorgeschlagene Einrichtung einer Enquete Kommission kann mit Blick auf künftige strategische Ausrichtung des Kinderschutzes einen wertvollen Beitrag leisten. Ebenso ist intensivere Forschung unabdingbar, gerade vor dem Hintergrund des erheblichen Dunkelfeldes in diesem Tatbereich. Es bleiben aber genügend Ansatzpunkte, die schon jetzt anzugehen sind. Ein deutlicher Beitrag zur Stärkung und zum Schutz von Kindern bestünde nicht zuletzt darin , Kinderrechte endlich mit einer starken Formulierung ins Grundgesetz aufzunehmen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 26.05.2021

Zum Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT) am 17. Mai erklären Ulle Schauws und Sven Lehmann, Sprecherin und Sprecher für Queerpolitik:

Dieser Tag mahnt uns, beim Kampf für Akzeptanz und gleiche Rechte nicht nachzulassen. Nichts ist gut, wenn Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen nicht gleichberechtigt und in Sicherheit und Freiheit leben können, weltweit und in Deutschland.

Queere Menschen werden in ihrem Alltag gesellschaftlich noch immer nicht als gleichwertig angesehen, erleben Diskriminierung, Bevormundung und Gewalt. Ihre gesundheitliche und soziale Situation ist besorgniserregend. Das zeigen alle internationalen und nationalen Studien. Diskriminierung macht krank und grenzt sozial aus. Die Corona-Krise hat zudem sichere Orte wie Kneipen, Clubs oder Beratungsstellen verschwinden lassen oder ihre Arbeit zumindest erschwert.

Leider ist die Bundesregierung queerpolitisch ein Totalausfall. Die wenigen Fortschritte, die es in dieser Legislaturperiode gab, wurden entweder durch Petitionen erzwungen oder durch Gerichte angeschoben. Das ist unambitioniert. Das können und müssen wir ändern, am besten noch vor der Sommerpause. Wir fordern die Gleichstellung lesbischer Mütter im Abstammungsrecht, die Überwindung des Transsexuellengesetzes und die Ergänzung des Schutzauftrags in Artikel 3 unserer Verfassung um das Merkmal der „sexuellen Identität“. Vor allem brauchen wir einen bundesweiten Aktionsplan gegen Homo- und Transfeindlichkeit und für die Akzeptanz von Vielfalt.

Wir haben in dieser Legislaturperiode zahlreiche Anträge und Gesetzesentwürfe dazu vorgelegt. Viele davon waren Gegenstand der öffentlichen Anhörungen in den Ausschüssen. Am 19. Mai werden wir sie im Bundestag zur Abstimmung bringen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 16.05.2021

„Die aktuellen Krisen und der parlamentarische und gesellschaftliche Rechtsruck der letzten Jahre verschärfen existierende Ungleichheiten, auch für alle queeren Menschen. In der Pandemie berichten besonders jüngere und ältere queere Menschen von Einsamkeit und Abbruch wichtiger sozialer Kontakte. Queere Infrastrukturen, die über Jahre und Jahrzehnte unter hohem Einsatz aufgebaut wurden, seien es Clubs oder Beratungsangebote, stehen nach erkämpfter Anerkennung jetzt ökonomisch unter Druck. Gleichzeitig nimmt queerfeindliche Gewalt zu. Die Politik muss diese Zusammenhänge mit starken Gegenmaßnahmen beantworten. Es braucht einen Rettungsschirm für die Landschaft queerer Einrichtungen und Bedarfe und Gesetzgebungen, die klar machen: Besonders diskriminierte und verletzliche Menschen stehen bei uns unter besonderem Schutz. Die Erweiterung des Artikels 3 Absatz 3 im Grundgesetz um entsprechende Merkmale wäre da ein wichtiges Signal“, so Doris Achelwilm, queerpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des Internationalen Tages gegen Homo-, Bi- Inter- und Transfeindlichkeit am 17. Mai 2021. Achelwilm weiter:

„Der Tag rückt in den Fokus der Aufmerksamkeit, was zum Alltag vieler queerer Menschen dazugehört: Diskriminierung auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, im Gesundheitsbereich oder auch in der eigenen Familie sowie queerfeindliche Gewalt. Erst kürzlich wurden die aktuellen Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität für 2020 veröffentlicht. Bei Straftaten, die sich gegen die sexuelle oder geschlechtliche Orientierung richteten, wurde ein Anstieg von 36 Prozent gegenüber 2019 verzeichnet. Diese Gewalt ist nicht hinnehmbar. Die Bundesregierung muss endlich den Gewaltschutz von queeren Menschen stärken. Es braucht den Ausbau unabhängiger (Anti-)Gewaltberatung und eine systematische Erfassung queerfeindlicher Straftaten in der Polizeistatistik, mehr Mittel für Opferschutz und Gewaltprävention gegen Hasskriminalität.“

Die queeren Errungenschaften der letzten Jahre sind nicht selbstverständlich, sondern wurden hart erkämpft. Nach der ‚Ehe für alle‘ 2017 wurde 2019 der dritte Geschlechtseintrag (‚divers‘) eingeführt, sogenannte ‚Konversionsbehandlungen‘ wurden 2020 an unter 18-Jährigen formal verboten sowie fremdbestimmte Operationen an trans- und intergeschlechtlichen Menschen. Diese Gesetze sind wichtig, aber ihre Wirksamkeit muss in der nächsten Legislatur überprüft werden.

Diese Fortschritte dürfen nicht davon ablenken, dass der Emanzipations- und Gleichstellungsprozess nicht annähernd abgeschlossen ist und die GroKo weiter lang bekannte Dringlichkeiten verschleppt hat: Die Abschaffung des entmündigenden und pathologisierenden ‚Transsexuellengesetzes‘, aber auch die Entschädigung der von Zwangsoperationen betroffenen Menschen muss dringend angegangen werden. Schwule Männer und trans Menschen dürfen bei der Blutspende nicht länger diskriminiert werden und dass Regenbogenfamilien, insbesondere lesbische Mütter und ihre Kinder, noch immer vom Familien- und Abstammungsrecht benachteiligt werden, kann genau genommen keine Woche länger so bleiben. DIE LINKE steht an der Seite queerer Menschen. Es gibt viel zu tun, um ihre Rechte zu stärken. Heute und an jedem Tag!“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 14.05.2021

Was erwarten junge Menschen von der Politik? Wie kann eine Politik aussehen, die auch jungen Menschen gerecht wird? Und wie kann es gelingen, dass junge Menschen auch in Krisen mehr Gehör finden? Diese und andere Fragen diskutierte Bundeskanzlerin Merkel mit jungen Menschen zum Abschluss des Kinder- und Jugendhilfetages.

Kanzlerin Merkel bei der virtuellen Diskussionsrunde zum Abschluss des Kinder- und Jugendhilfetages. Leitfrage des Austauschs: „Was können wir gemeinsam tun, damit junge Menschen gut aufwachsen?“

Drei Tage lang ging es beim 17. Kinder- und Jugendhilfetag um die Perspektiven der jungen Generation und ihrer Familien. Sowohl heute als auch zum Beispiel mit Blick auf die Corona-Folgen. Wie können Politik und Gesellschaft bereits jetzt im Sinne der heutigen Jugend und zukünftiger Generationen tätig werden? Darüber diskutierten Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe.

Zum Abschluss der Veranstaltung diskutierte auch Bundeskanzlerin Merkel in einer Online-Diskussion mit vier jungen Leuten über diese Frage. Merkel sagte, dass die Regierung genau aus diesem Grund eine eigene Jugendstrategie entwickelt habe. Alle Ministerien müssten nun überlegen, wie man besser auf die Ideen und Bedürfnisse der jungen Leute eingehen kann. Das sei nicht länger nur eine Aufgabe des Jugendministeriums. Die Beteiligung von Jugendlichen sei dabei ein wichtiges Vorhaben. „Wir versuchen, möglichst viel von jungen Menschen mit aufzunehmen in unsere Regierungsarbeit“, so Merkel.

Man arbeite beispielsweise darauf hin, die Jugendfreiwilligendienste finanziell so auszugestalten, dass alle die wollen, auch einen Freiwilligendienst machen könnten.

Alle drei bis vier Jahre veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe seit 1964 die Deutschen Kinder und Jugendhilfetage. Sie richten sich an Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, Träger, Politik und Verwaltung. Dieses Jahr fand die Veranstaltung unter dem Motto „Wir machen Zukunft – Jetzt!“ vom 18. bis zum 20. Mai statt, zum ersten mal rein digital. Mit mehr als 270 Online-Veranstaltungen und einer digitalen Fachmesse mit rund 260 Ausstellerinnen und Ausstellern, ist es der größte Jugendhilfegipfel in Europa.

Jugendliche wollen besser gehört werden

Bei den jugendlichen Teilnehmern der Diskussion wurde schnell eine Gemeinsamkeit deutlich: Sie alle wünschen sich mehr Beteiligung. Der 15-jährige Levi aus Essen betonte, Jugendliche wollten über ihre Zukunft mitentscheiden.  Er sprach sich dafür aus, dass das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt werden sollte. 

Die Kanzlerin zeigte sich diesbezüglich „nicht so aufgeschlossen“: Für sie gehörten Volljährigkeit und Wahlalter zusammen, erläuterte Merkel. Ein Argument, was hingegen für ein früheres Wahlalter spreche sei der Altersaufbau der Gesellschaft. Der sei so, „dass die Stimme der Jungen zu wenig gehört wird, weil wir einfach sehr viele Ältere haben“, gab sie zu.

Den Vorschlag, dass die Jugend – zumindest ab und zu – eine Stimme am Tisch des Corona-Kabinetts haben solle, nannte die Bundeskanzlerin hingegen „einen sehr interessanten Gedanken“, den sie einmal mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Kabinett besprechen wolle.

Mehr politische Bildung gewünscht

Ein weiteres Thema, das von den Jugendlichen immer wieder angesprochen wurde, war die politische Bildung. Ana (18) aus Bayern, beklagte, dass politische Bildung im deutschen Schulsystem nicht ausreichend verankert sei. Jugendliche bräuchten aber mehr Informationen, um sich einbringen zu können. Auch Karolina (16) aus Deggendorf betonte, diese Informationen müssten verständlich und leicht zugänglich sein. „Wenn man nicht weiß, wo man sich informieren und wie man sich beteiligen kann, dann wird es schwierig mit der Beteiligung.“

Kanzlerin Merkel betonte, dass sie – wie viele andere Abgeordnete – auch in Schulklassen gehe, um dort über ihre Arbeit zu berichten und Rede und Antwort zu stehen. Auch die Bundeszentrale für politische Bildung mache sehr viele Angebote. Vielleicht kämen diese nicht ausreichend in den Schulen an.

Die Bundeskanzlerin machte dafür auch unterschiedlicher Kommunikationskanäle verantwortlich: „Die Informationskanäle, die junge Menschen benutzen, und die, die wir in der Politik benutzen, sind in den letzten Jahren noch mehr auseinandergefallen als früher.“ Man erreiche offensichtlich die jungen Leute nicht mehr so wie man sich das wünsche, trotz Angeboten auf Facebook, Instagram und Co. Daher müsse man eine vertiefte Diskussion darüber führen, wie man zueinander käme.

In der Krise ins Hintertreffen geraten

Levi sprach auch die Situation der letzten Monate an. Es dürfe nicht wieder passieren, dass die Jugend an die zweite Stelle gerückt werde. So vieles, was jungen Menschen wichtig sei, sei zurückgefahren worden. Das dürfe sich nicht wiederholen.  Wenn die Politik betone, dass die Jugend wichtig sei, dann müssten auch Taten folgen.

Die Bundeskanzlerin gab zu Bedenken, dass es die letzten Monate viele Einschränkungen gegeben habe, nicht nur für die Jugend. Aber sie betonte, dass nun in der Tat die Aufmerksamkeit der Jugend gehöre. Die Politik müsse jetzt sicherstellen, dass Schulabschlüsse gemacht, Ausbildungsplätze angeboten, Freizeitaktivitäten wieder genutzt werden könnten.

Kanzlerin Merkel nehme vor allen zwei Punkte aus der Diskussion mit: Wie man sicherstellen kann, dass Politik und Jugend besser in Kontakt kämen und die Mahnung, die Perspektiven der jungen Leute nicht aus dem Blick zu verlieren.

Auftaktveranstaltung mit Jugendministerin Giffey

Am Dienstag hatte – die damalige – Bundesjugendministerin Giffey den Kinder- und Jugendhilfetag mit eröffnet. Dabei betonte sie, wie wichtig es sei, „Kinder und Jugendliche ernst zu nehmen und einzubeziehen“.

Auch in Zeiten von Corona gehe es darum, ihnen ein gesundes und sicheres Aufwachsen zu ermöglichen. Daher habe die Bundesregierung gerade ein Aktionsprogramm beschlossen, dessen Ziel es ist, Lernrückstände abzubauen, die frühkindliche Bildung zu stärken sowie Ferienfreizeiten und außerschulische Angebote zu fördern. Es liege in der Verantwortung der Erwachsenen, „der jungen Generation das Selbstbewusstsein zu geben, dass sie eine starke Generation ist“, so Giffey. 

Die Kinder- und Jugendhilfe fördert Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung und hilft jungen Erwachsenen in besonders schwierigen Situationen. Sie berät und unterstützt Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung ihrer Kinder.

Quelle: Pressemitteilung der Bundesregierung vom 21.05.2021

Der Bundesregierung liegen keine Informationen zur Entwicklung des Vermögens von Kindern und Jugendlichen vor. Das schreibt sie in der Antwort (19/29334) auf eine Kleine Anfrage (19/28283) der FDP-Fraktion.

Auf die Frage nach der finanziellen und wirtschaftlichen Situation von Kindern und Jugendlichen verweist die Bundesregierung auf Studien des Deutschen Jugendinstituts, des Instituts für Jugendforschung und auf die „MetallRente Studie ‚Jugend, Vorsorge, Finanzen 2019′“. Außerdem gibt sie eine tabellarische Übersicht über verschiedene Projekte der Bundeszentrale für politische Bildung zur Stärkung der Wirtschafts- und Finanzkompetenz von Kindern und Jugendlichen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 699 vom 26.05.2021

Die FDP-Fraktion hat einen Antrag mit dem Titel „Das Familienrecht an die Lebenswirklichkeiten anpassen“ vorgelegt (19/29741). Danach soll der Bundestag die Bundesregierung auffordern, einen Gesetzentwurf zur Reform des Familienrechts vorzulegen, der unter anderem ein gemeinsames Sorgerecht für unverheiratete Väter vorsieht, mehr Gestaltungsfreiheit der Eltern bei der Sorgeerklärung ermöglicht, das Wechselmodell der Kindesbetreuung als Leitbild implementiert, das Unterhaltsrecht reformiert und ein zeitgemäßes Adoptionsrecht schafft. Der Antrag steht am Donnerstag im Rahmen der Beratung über mehrere FDP-Anträge zur Familienpolitik erstmals auf der Tagesordnung des Bundestages und soll anschließend in den Rechtsausschuss überwiesen werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 679 vom 20.05.2021

Die Fraktion Die Linke fordert einen Umgangsmehrbedarf in der Grundsicherung für getrennt lebende Eltern. In einem Antrag (19/29749) verweist sie auf die sozialen und ökonomischen Belastungen, denen Trennungsfamilien ausgesetzt seien. Dies gelte vor allem für Eltern in der Grundsicherung, die sich die Erziehungsverantwortung für die Kinder aufteilen. „In dieser Situation sieht das geltende Recht eine tageweise Aufteilung des Regelbedarfs des Kindes zwischen den Elternteilen vor. Bei vielen Kosten ist die Vorstellung, dass eine genaue Zurechnung auf ein Elternteil möglich ist, jedoch höchst praxisfremd. Bestimmte Ausgaben fallen zudem doppelt an“, erläutern die Abgeordneten.

Sie fordern deshalb von der Bundesregierung einen Gesetzentwurf, um in den Regelungen im SGB II (Zweites Sozialgesetzbuch) das Konstrukt der „temporären Bedarfsgemeinschaft“ aufzulösen. Stattdessen soll übergangsweise bis zur Ermittlung der tatsächlich durchschnittlich entstehenden Mehrkosten dem Elternteil im SGB-II-Leistungsbezug, bei dem sich das Kind vorwiegend, also mehr als die Hälfte des Monats, aufhält, der volle Regelsatz für das Kind zugesprochen werden. Dem anderen Elternteil im Grundsicherungsbezug soll ein pauschaler Umgangsmehrbedarf in Höhe des hälftigen Regelbedarfs zuerkannt werden. Im Falle einer paritätischen oder fast paritätischen Teilung des Umgangs mit dem Kind soll beiden Elternteilen jeweils der hälftige Regelsatz für das Kind und ein pauschaler Umgangsmehrbedarf in Höhe von einem Viertel des Regelsatzes für das Kind zugesprochen werden. Außerdem müsse festgelegt werden, dass bei der Berechnung der Kosten der Unterkunft und Heizung das Kind als Mitglied beider Haushalte zu betrachten ist und die entsprechenden Angemessenheitsgrenzen anzuwenden sind, fordern die Abgeordneten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 672 vom 19.05.2021

Zeit, Geld und Infrastruktur sind die entscheidenden Stellschrauben für eine erfolgreiche Familienpolitik. Dies war der einhellige Tenor in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag über den Neunten Familienbericht (19/27200).

Sabine Walper, Forschungsdirektorin beim Deutschen Jugendinstitut und Vorsitzende der Sachverständigenkommission des Neunten Familienberichts, führte aus, dass Familienpolitik als Querschnittsaufgabe aller Ressorts in Bund, Ländern und Kommunen verstanden werden müsse. Sie verwies auf die gravierenden Folgen der Corona-Pandemie auf die Familien. Der sich abzeichnenden verstärkten sozialen Spaltung müsse durch den Ausbau der Bildungsinfrastruktur, vor allem von Ganztagsangeboten, begegnet werden. Die Zusammenarbeit von Schulen und Eltern müsse durch ein Bundesprogramm gefördert werden, forderte Walper. Zudem sprach sie sich für eine Ausweitung des Programms „Elternchancen“ auf den Grundschulbereich und für die Etablierung von Elternzentren an allen Schulen und den Ausbau digitaler Angebote aus.

Der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, wies darauf hin, dass in vielen Fällen gegen Kinderarmut auch keine „harte Arbeit“ der Eltern helfe. All zu oft seien die Löhne der berufstätigen Eltern zu gering oder allenfalls auf der Höhe des Existenzminimums. Ein Stundenlohn von zehn Euro reiche vielleicht für einen Single zum Leben, bei einem Kind werde aber bereits ein Stundenlohn von mindestens 13 Euro und beim zweiten Kind von mindestens 16 Euro benötigt. Der Kinderschutzbund plädiert für einen Umbau der existierenden monetären Leistungen für Kinder zu einer Kindergrundsicherung. Dazu gehöre die Neuberechnung des kindlichen Existenzminimums, die Bündelung von Leistungen, eine sozial gerechte Ausgestaltung und die automatische Auszahlung.

Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft verwies darauf, dass die Erwerbstätigkeit beider Elternteile ein wirksamer Schutz vor Verarmung und ökonomischen Risiken darstelle – vor allem angesichts der gestiegenen Scheidungsrate und drohendem Arbeitsplatzverlust des Alleinverdieners. Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, sei deshalb ein weiterer Ausbau der Ganztagsbetreuung unverzichtbar, vor allem für Kinder unter drei Jahren und im Grundschulalter. So fehlten noch immer mehr als 340.000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren.

Für den konsequenten Ausbau der Kinderbetreuung plädierten übereinstimmend auch Oliver Schmitz von der Beruf und Familie Service GmbH, Insa Schöningh von der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Familie und Lisa Sommer vom Zukunftsforum Familie. Schmitz sprach sich zudem für eine Flexibilisierung von Arbeitszeiten aus. In Deutschland müsse man weg von der Präsenzkultur zu einer familienorientierten Unternehmenskultur. Er räumte zugleich aber ein, dass diese Flexibilität ein schwer zu regelnder Bereich sei. Es werde Zeit erfordern, damit sich eine Kultur in allen Unternehmen entwickeln könne. Schöningh und Sommer monierten, dass der Familienbericht dem Thema Zeit für Familien zu wenig Raum eingeräumt habe, es fehle an neuen Impulsen. Übereinstimmend plädierten die Sachverständigen für eine Weiterentwicklung von Elternzeit und Elterngeld. Vor allem müsse der Aspekt der Partnerschaftlichkeit bei der Elternzeit stärker berücksichtigt werden.

Regina Offer von der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände bestätigte, dass der Ausbau einer familienfreundlichen Infrastruktur und der Kinderbetreuung weiterhin zu den wichtigsten und größten Herausforderungen für die Kommunen gehöre. Aber die Vereinbarkeit von Familie und Beruf habe sich deutlich verbessert. So sei die Erwerbsquote bei Frauen auf 73 Prozent gestiegen. Die Kommunen würden derzeit rund 37 Millionen Euro jährlich für die Kindertagesbetreuung aufbringen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 660 vom 18.05.2021

Der politischen Bildung von Kindern und Jugendlichen muss deutlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dies war das einhellige Votum in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses über den 16. Kinder- und Jugendbericht (19/24200) am Montag. Die geladenen Sachverständigen mahnten zudem, dass politische Bildung nicht neutral sein könne, sondern sich an der demokratischen Ordnung und ihren Werten orientieren müsse.

Die Sozial- und Erziehungswissenschaftlerin Anja Besand von der TU Dresden – sie gehörte selbst der Sachverständigenkommission des Kinder- und Jugendberichts an – mahnte, in Sachsen können man gut erkennen, wohin es führe, wenn der politischen Bildung ein zu geringer Stellenwert beigemessen werde. So sei an Sachsens Schulen sehr lange politische Bildung erst ab der 9. Klasse in den Schulen verankert gewesen, seit kurzer Zeit sei dies ab der 7. Klasse der Fall. Die Familie sei zwar ein wichtiger Ort der Sozialisation für die politische Bildung, dies könne die institutionelle politische Bildung aber nicht ersetzen. Besand wies zudem darauf hin, dass politische Bildung zwar einerseits „keine Bevormundung“ darstellen dürfe. Anderseits sei sie aber „nicht neutral“, sondern orientiere sich an der demokratischen Ordnung.

In diesem Sinne argumentierte auch der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, der ebenfalls Mitglied der Sachverständigenkommission war. Politische Bildung verstehe sich normativ als aktives Eintreten für demokratische und menschenrechtsbasierte Werte. Im Gegensatz zur Extremismusprävention, die einer „Verhinderungslogik“ folge und die demokratische Ordnung vor demokratiefeindlichen Bestrebungen zu schützen versuche, folge die politische Bildung einer „Ermöglichungslogik“, die dazu ermutige, sich aktiv an der Gestaltung der Demokratie zu beteiligen.

Auch Lisi Maier vom Deutschen Bundesjugendring begrüßte ausdrücklich, dass politische Bildung „nicht neutral“ sein dürfe, sondern mit einem Bekenntnis zu den demokratischen Prinzipien einhergehen müsse. Zugleich warnte sie davor, politische Bildung nur als einen „Brandlöscher“ im Fall von rechtsextremistischen Übergriffen oder bei einem Anwachsen rechtsextremistischer Übergriffe zu begreifen. Politische Bildung sei nicht nur ein gesetzlich verbrieftes Recht, sondern eine Daueraufgabe. Kinder und Jugendliche müssten in die Lage versetzt werden, sich als politische Subjekte zu begreifen und zu handeln. Diese Erkenntnis müsse auf die Ebene der Länder und Kommunen transportiert werden, da diese maßgeblich für die politische Bildung zuständig seien. Um so mehr verwundere es, dass der Bundesrat den Kinder- und Jugendbericht lediglich „kommentarlos zur Kenntnis genommen“ habe, sagte Maier.

Der Bildungswissenschaftler Christian Palentien von der Universität Bremen, er leitete als Vorsitzender die Sachverständigenkommission des Kinder- und Jugendberichts, mahnte, dass der politischen Bildung mehr Gewicht während der gesamten Lebensspanne junger Menschen von der frühen Kindheit bis ins späte Jugendalter verliehen werden müsse. Der Bericht fordere beispielsweise konkret ein Minimum von zwei Stunden Politikunterricht in der Woche für alle Schulformen. Zudem forderte Palentien mehr konkrete Mitbestimmungsmöglichkeiten junger Menschen zum Erlernen demokratischer Spielregeln. Teilhabe dürfe nicht nur simuliert werden.

Dieser Forderung schlossen sich Volker Rohde von der Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendeinrichtungen und der Sozialpädagoge Moritz Schwerthelm von der Universität Hamburg an. Aus dem Recht auf politische Bildung müsse ein Recht auf demokratisches Handeln abgeleitet werden, mahnten sie übereinstimmend. Zugleich forderten sie eine ausreichende finanzielle Absicherung der politischen Bildung auf allen Ebenen. Vor allem in der Kinder- und Jugendarbeit in den Kommunen vor Ort müsse die Finanzierung weniger projektbezogen, sondern langfristig und strukturell sichergestellt werden, sagte Rohde. Schwerthelm mahnte, dass soziale Ungleichheit sehr oft auch zu politischer Ungleichheit führe und dass Partizipationsversuche benachteiligter junger Menschen nicht anerkannt würden.

Regina Offer von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände begrüßte die Ergebnisse und Empfehlungen des Kinder- und Jugendberichts ausdrücklich. Dieser gebe eine gute Darstellung der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen. Sie mahnte, dass die Sozialarbeit und die politische Bildung stärker im Corona-Aufholprogramm des Bundes für Kinder und Jugendliche berücksichtigt werden müssten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 656 vom 18.05.2021

Um die Aufnahme expliziter Kinderrechte in das Grundgesetz ging es in einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Montag. In der vom stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Heribert Hirte (CDU) geleiteten Sitzung wurde die Zielsetzung des von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurfs (19/28138) überwiegend begrüßt, gleichzeitig machten die Sachverständigen in ihren schriftlichen Stellungnahmen auf eine Reihe ihrer Meinung nach vorhandener Mängel aufmerksam. Neben dem Regierungsentwurf lagen den sieben Experten und einer Expertin Gesetzentwürfe der Fraktionen FDP, Die Linke Bündnis 90/Die Grünen zu dem Thema vor (19/28440, 19/10622, 19/10552).

Florian Becker von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, verwies darauf, dass das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf die UN-Kinderrechtskonvention (KRK) ausdrücklich festgestellt habe, dass diese als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes herangezogen werden kann. Allerdings werde die völkerrechtskonforme Auslegung der Verfassung und des einfachen Rechts der Bedeutung der Kinderrechte bisweilen nicht gerecht. Einzelne besonders wichtige Aspekte der KRK könne man daher auch in den Rang von Verfassungsrecht heben.

Auch nach Ansicht von Philipp Donath von der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main werden die Kernprinzipien der KRK in Deutschland nicht in allen Rechtsbereichen umgesetzt. Daher sollten die Kinderrechte im Grundgesetz sichtbar gemacht werden, die entsprechende Zielsetzung der Bundesregierung sei daher sinnvoll. Der vorgelegte Gesetzentwurf werde dem allerdings nicht gerecht und sei aus völkerrechtlicher und verfassungsrechtlicher Perspektive teilweise bedenklich. So könnte durch die Aufnahme des ausdrücklichen Kindergrundrechts in das staatliche Wächteramt ein rechtssystematischer Fehler begangen werden.

Gregor Kirchhof vom Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Finanzrecht und Steuerrecht der Universität Augsburg verwies auf die Entwurfsbegründung, wonach das „bestehende wohl austarierte Verhältnis zwischen Eltern, Kindern und Staat“ nicht zu verändern und die „Elternverantwortung nicht zu beschränken“ sei. Der Reformvorschlag diene so dem Kindeswohl. Er sei deshalb der beste Gesetzentwurf zu den Kinderrechten, der bisher in den Bundestag eingebracht worden sei. Er erfülle den heiklen verfassungspolitischen Auftrag, die Kinderrechte des Grundgesetzes „besser sichtbar“ zu machen, ohne dabei das Verhältnis zwischen Kindern, Eltern und Staat zu verändern.

Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, begrüßte, dass die Bundesregierung kurz vor Ende der Legislaturperiode in Umsetzung des Koalitionsvertrags einen Gesetzentwurf zur verfassungsrechtlichen Verankerung von Kinderrechten vorgelegt hat. Auch Krüger kritisierte die gewählte Verortung der Kinderrechte im Regierungsentwurf inmitten des staatlichen Wächteramts und der Elternrechte. Dies sei „misslungen und gefährlich“ und könnte ein argumentativer Anknüpfungspunkt dafür sein, die Kinderrechte in unangemessener und gar nicht beabsichtigter Weise gegen die Eltern zu richten. Insgesamt sei der Regierungsentwurf ungeeignet, die Stellung von Kindern in der Praxis zu verbessern.

Thomas Mayen, Vorsitzender des Verfassungsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins, befürwortete ausdrücklich die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz, jedoch nicht in der von der Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf vorgesehenen Formulierung. Diese bleibe deutlich hinter den völkerrechtlich und europarechtlich verbürgten Rechten Minderjähriger zurück. Der Entwurf suggeriere zudem durch die Verwendung des Begriffs der elterlichen „Erstverantwortung“ einen Vorrang der Elternrechte nicht nur gegenüber dem staatlichen Wächteramt, sondern auch gegenüber dem Kindeswohl, was hinter der bestehenden Verfassungsrechtslage zurückbliebe.

Sebastian Sedlmayr vom Deutschen Komitee für UNICEF erklärte, der Regierungsentwurf sei in seinen Grundzügen geeignet, die Kinderrechte zu stärken, sollte aber insgesamt prägnanter und kompakter sein. Unverzichtbar sei eine Formulierung zum Kindeswohl beziehungsweise den Interessen des Kindes, welche nicht hinter die Maßgaben und den Geist der KRK zurückfalle. Die Verortung der Kinderrechte in den Grundrechtsartikeln des Grundgesetzes sollte nochmals eingehend geprüft werden. Offensichtlich sei, dass eine Engführung der Kinderrechte auf das Verhältnis zu den Eltern dem kinderrechtlichen Rahmen nicht gerecht wird. Das Wesen der Kinderrechte gehe über das innerfamiliäre Verhältnis hinaus.

Robert Seegmüller, Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin, urteilte in seiner Stellungnahme, der Regierungsentwurf sei darum bemüht, lediglich die bisherige verfassungsgerichtliche Rechtsprechung betreffend der Kinderrechte sichtbar zu machen. Größere inhaltliche Änderungen strebe er nicht an. Die Vorlagen der Fraktionen seien hier substantieller. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass die gewählten Formulierungen Ausgangspunkt für einen zukünftigen Verfassungswandel sein können, der das Verhältnis von Elternrecht und staatlichem Wächteramt aus seiner derzeitigen Balance bringt.

Friederike Wapler vom Lehrstuhl für Rechtsphilosophie und Öffentliches Recht der Johannes Gutenberg-Universität Mainz vertrat die Meinung, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung in der vorliegenden Fassung nicht verabschiedet werden sollte. Er sei der schlechteste Vorschlag von allen. Er löse die selbst gesetzten Regelungsziele nicht ein, werfe mehr Fragen auf, als er beantworte, und bleibe hinter dem Stand der Diskussion zurück. Er scheine das bewährte verfassungsrechtliche Verhältnis von Eltern, Kindern und Staat zwar vordergründig zu bewahren, gefährde es in der Sache aber stärker als jede der alternativ vorgeschlagenen Formulierungen. Es könne durchaus auch eine Lösung sein, auf eine Verfassungsänderung zu verzichten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 647 vom 17.05.2021

Die Bundesregierung hat in einer Unterrichtung (19/29640) über die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) 2019/1111 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften (19/28681) informiert. Danach schlägt der Bundesrat eine Änderung vor, die von der Bundesregierung abgelehnt wird. Die vorgeschlagene Änderung sei rein redaktionell und nicht erforderlich, so die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 646 vom 17.05.2021

Die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie hängt stark vom betrieblichen Umfeld ab. Nur wenn Beschäftigte an einem Strang ziehen, können sie bessere Arbeitszeiten durchsetzen.

Wie lassen sich Beruf und Privates so vereinbaren, dass Menschen gut damit leben können? Das hängt oft vom betrieblichen Umfeld ab. Die besten Möglichkeiten haben Beschäftigte in Unternehmen mit Tarifbindung und Betriebsrat. Das ist das Ergebnis einer Studie von Doris Holtmann und Wenzel Matiaske vom Institut für Personal und Arbeit der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg.

In ihrer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie haben die Forscher untersucht, welche arbeitszeitpolitischen Instrumente in verschiedenen Unternehmen zum Einsatz kommen. Basis der Untersuchung waren einerseits eine breit angelegte Befragung von Personalmanagern, andererseits acht Fallstudien in ausgewählten Betrieben. Für die Fallstudien haben die Forscher Groß- und Kleinbetriebe, Betriebe aus Ost- und Westdeutschland sowie aus frauen- und männerdominierten Branchen ausgesucht. So war es möglich, die Arbeitszeitpolitik vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher Rahmenbedingungen zu beleuchten – etwa in einer großen Klinik in Westdeutschland, in der überwiegend Frauen arbeiten, oder bei einem kleinen Automobilzulieferer im Osten, der fast ausschließlich Männer beschäftigt. Voraussetzung war, dass das Personalmanagement zu einer Kooperation bereit war – dadurch kamen nur solche Unternehmen infrage, in denen ein Problembewusstsein für Arbeitszeitfragen vorhanden ist. 

Je nach Branche, Betriebsgröße oder Standort unterscheiden sich die Voraussetzungen: Bei Tätigkeiten in der Produktion oder bei Dienstleistungen, die kontinuierlich erbracht werden müssen, sind Schicht- und Wochenendarbeit der Regelfall. Gleitzeit lässt sich schwer verwirklichen, wenn Aufgaben zu festen Zeitpunkten anfallen, Prozesse nicht unbeaufsichtigt laufen können oder Fließbandarbeit dominiert. Telearbeit ist nur dann möglich, wenn die Arbeiten ortsungebunden erledigt werden können. „Allerdings verbleiben erhebliche Gestaltungsspielräume“, schreiben die Forscher. Selbst im Gesundheitswesen oder der Metallindustrie, wo Tag für Tag in mehreren Schichten gearbeitet wird, fänden sich Möglichkeiten, die Vereinbarkeit zu verbessern. 

Arbeitgeber müssen etwas bieten

In vielen Interviews klingt durch, dass eine bessere Vereinbarkeit auch im Interesse der Arbeitgeber liegt. Wer Fachkräfte gewinnen oder halten will, kommt nicht umhin, attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten. So betont der Leiter eines Altenpflegedienstes aus Westdeutschland: „Wir müssen unseren Fachkräften was bieten, damit wir die für uns gewinnen können.“ Schon bei Einstellungsgesprächen sei Teilzeit ein großes Thema: „Ich möchte 20, 50, 75 oder 88 Prozent. Damit kommen alle hierher“, sagt der Einrichtungsleiter. Auch die Geschäftsführung einer bundesweit agierenden Akademie für berufliche Weiterbildung erklärt: „Die größte Herausforderung ist, Personal überhaupt zu finden. Wir brauchen einen hohen Anteil sozialpädagogischen Personals und stehen vor der Herausforderung, dass der Arbeitsmarkt auf diesem Gebiet leergefegt ist.“ Teilweise räumen die Arbeitgeber aber auch Nachholbedarf ein. So erklärt etwa der Personalchef eines Stahlherstellers aus Niedersachsen, dass das Stahlwerk im Hinblick auf die individuellen Interessen noch „unterbelichtet“ sei. „Es ist halt ein klassischer Männerbetrieb, muss man auch ganz ehrlich sagen.“ 

Tarif und Mitbestimmung erleichtern Arbeitszeitgestaltung

Die Fallstudien machen deutlich, dass es Beschäftigte leichter haben, Arbeitszeitwünsche durchzusetzen, wenn sie sich zusammentun. Der Betriebsratsvorsitzende einer Gießerei in Ostdeutschland sagt im Interview, als er im Jahr 2000 angefangen habe, hätten 24 Gewerkschaftsmitglieder im Betrieb gearbeitet. Jetzt seien es über 200. Als Signal an den Chef habe immer die Streikweste in seinem Büro gehangen. Gleichzeitig hebt der Betriebsrat hervor, dass das Verhältnis zur Geschäftsführung, trotz mancher Konflikte, generell gut sei. In einem Ergänzungstarifvertrag wurde „Flexibilität gegen kürzere Arbeitszeiten“ eingetauscht: „Denn wir haben ja sogar noch Verbesserungsregelungen reingekriegt, wir haben jetzt eine bezahlte Pause und bezahlte Schichtübergabezeiten, sodass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit bloß noch 36 Stunden beträgt.“

Ein zentrales Ergebnis der Studie: Letztlich kommt es weniger darauf an, ob es sich um einen Groß- oder Kleinbetrieb, einen Betrieb im Westen oder Osten oder eine von Frauen oder Männern dominierte Branche handelt. Viel entscheidender wirkt sich der Einfluss der betrieblichen Mitbestimmung und von Gewerkschaften aus. Wo Beschäftigte mitbestimmen und Tarifverträge gelten, sind Gleitzeit, Homeoffice, kürzere Wochenarbeitszeit oder besser vergütete Wochenendarbeit weiter verbreitet. „Tarifbindung und aktive Mitbestimmung erleichtern Möglichkeiten der Arbeitszeitgestaltung“, halten Holtmann und Matiaske fest. Zudem seien Fluktuation und Fehlzeiten unter den Beschäftigten in diesen Betrieben meist geringer.

Doris Holtmann, Wenzel Matiaske: Betriebliche Arbeitszeitpolitiken, Exploration in ausgewählten Frauen- und Männerbranchen Ost- und Westdeutschlands, Working Papers des Forschungsclusters OPAL der Helmut-Schmidt-Universität Nr. 7, März 2021

Impuls-Beitrag als PDF

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 14.05.2021

Kurz vor dem Ende der Legislaturperiode hat das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) die letzte Hürde genommen. Zuvor hatte der Familienausschuss des Bundestages sich umfangreiche Änderungen des Regierungsentwurfes (Bundestagsdrucksache 19/26107) verständigt. Das Gesetz tritt in der Fassung in Kraft, die dieser Entwurf durch die Beschlussempfehlung des Ausschusses (Bundestagsdrucksache 19/28870) erlangt hat. Die Dokumente des parlamentarischen Verfahrens sind hier zu finden. Auf einige wenige Aspekte der Reform möchte Roland Rosenow besonders hinweisen: https://t1p.de/6tg0

Quelle: Pressemitteilung Harald Thomé / Referent für Sozialrecht vom 16.05.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Am heutigen Tag der Pflege fordert der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt bessere Arbeitsbedingungen für beruflich Pflegende und mehr Unterstützung für pflegende Angehörige. Nach inzwischen über einem Jahr unter pandemischen Bedingungen sei ihre gesellschaftliche Bedeutung weiter gestiegen, aber nach wie vor nicht ausreichend anerkannt. Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes:

„Wir sind denen, die beruflich oder privat in der Pflege tätig sind, zu großem Dank verpflichtet. Sei es in der ambulanten Pflege, in stationären Einrichtungen oder als Angehörige zu Hause. Das letzte Jahr hat uns mehr als deutlich vor Augen geführt, wie sehr wir als Gesellschaft uns auf sie stützen. Es darf aber nicht bei symbolischem Dank bleiben. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege müssen jetzt verbessert werden, das darf nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden. Zu geringe Personalschlüssel, hohe Arbeitsbelastung und keine flächendeckende tarifliche Bezahlung höhlen das System Pflege aus, weil uns langfristig die Fachkräfte wegbrechen. Um die Gesundheitsversorgung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu sichern, sind spätestens jetzt Lehren aus der Pandemie zu ziehen: die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung in der Pflege müssen deutlich und dauerhaft verbessert werden. Und auch die Situation pflegender Angehörige dürfen wir nicht vergessen: 80% der 4,1 Millionen Pflegebedürftigen werden zu Hause von ihren Angehörigen gepflegt. Viel zu häufig passiert das zusätzlich zu den herkömmlichen Belastungen des Alltags und führt die Pflegenden an den Rand körperlicher und psychischer Überlastung oder darüber hinaus. Sie müssen unterstützt und entlastet werden; z.B. über die  Einführung einer Entgeltersatzleistung analog zum Elterngeld für bis zu 36 Monate sowie die Erhöhung der teilweisen Freistellungsmöglichkeiten.

Die Art und Weise, wie wir Pflege institutionell und privat organisiert haben, ist schlicht nicht nachhaltig. Das System funktioniert nur deshalb, weil Menschen beruflich und privat mit großem Engagement mehr geben, als sie müssten oder langfristig leisten können. Das ist nicht nur ein Armutszeugnis für unseren Umgang mit Pflegebedürftigen und denen, die für sie da sind, sondern führt uns mit Ansage in eine Krise der Pflege, die sich jetzt schon deutlich abzuzeichnen beginnt. Mit Dank und Klatschen ist es bei Weitem nicht getan. Wir brauchen eine grundsätzliche Neujustierung des Systems.“

Zum 201. Mal jährt sich am 12. Juni der Geburtstag von Florence Nightingale, der Begründerin der modernen Pflege. Seit den 1970er Jahren wird dieses Datum als internationaler Tag der Pflege begangen. Gerade im letzten Jahr hat die SARS-CoV-2-Pandemie gezeigt, welchen wesentlichen Beitrag die Pflege für die Gesundheitsversorgung, z. T. unter Gefahr für die eigene Gesundheit und  das eigene Leben, leistet. 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 12.05.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV) und der Familienbund der Katholiken (FDK) betonen die Bedeutung des Klima-Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) für die im Generationenvertrag finanzierte Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Die Verbände halten eine Beitragsentlastung von Familien nicht nur aus Gründen der gleichwertigen Bewertung monetärer und generativer Beiträge, sondern insbesondere mit Blick auf die Generationengerechtigkeit für erforderlich.

„Das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts setzt neue Maßstäbe. Belastungen müssen über Generationen hinweg gerecht verteilt sein“, sagt Siegfried Stresing, DFV-Vizepräsident. „Generationengerechtigkeit ist nicht auf den Umweltschutz beschränkt. Diese Entscheidung verlangt eine analoge Antwort für die seit Jahrzehnten bestehende Familienblindheit der Sozialversicherung.“

Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbunds, erläutert: „Eine Sozialversicherung, die durch eine strukturelle Benachteiligung von Familien ökonomische Anreize gegen Kinder setzt und zeitgleich Familien in der Erziehungsphase dringend benötigte Mittel entzieht, führt zur Überlastung der gegenwärtigen und nächsten Generation. Der demografische Wandel verstärkt die Situation. Weniger Kinder müssen in Zukunft höhere Beiträge stemmen. Das führt zwangsläufig zur Einschränkung der persönlichen Freiheit. Gegen eine solche einseitige Belastung der jungen Generation wendet sich das Bundesverfassungsgericht.“

Vor diesem Hintergrund fordern der DFV und der Familienbund eine Beitragsentlastung für Familien durch einen Kinderfreibetrag analog zum Steuerrecht. Derzeit klagen 2.000 Familien mit Unterstützung der beiden Verbände auf Generationengerechtigkeit in der Sozialversicherung. Zwei Verfassungsbeschwerden und eine Richtervorlage liegen beim BVerfG. Auf dem Weg nach Karlsruhe mussten die Kläger mehrere unsägliche Urteile von Sozialgerichten hinnehmen, die dem wegweisenden Pflegeversicherungsurteil des BVerfG widersprachen oder es gar ins Gegenteil verkehrten.

Heutige Versäumnisse in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung zerstören die sozialen Ressourcen der Nachwuchsgeneration und damit deren Freiheitsspielräume in exponentiell zunehmendem Maße. Besonders deutlich wird dies an der beharrlichen Weigerung des Bundesgesetzgebers, den Auftrag aus dem Beitragskinderurteil des BVerfG zur Pflegeversicherung (03.04.2001) sachgerecht umzusetzen. In diesem hatten die Karlsruher Richter entschieden, es sei mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren, dass Versicherte mit Kindern einen gleich hohen Beitragssatz wie Mitglieder ohne Kinder leisten müssen.

„Wenn Rechte derzeitiger und künftiger Generationen durch eine unfaire Lastenverteilung in der gesetzlichen Sozialversicherung unzumutbar eingeschränkt werden, muss das Grundgesetz Schranken setzen“, so Hoffmann. „Die Sozialversicherung muss auf die Leistungsfähigkeit von Familien Rücksicht nehmen. Einkommen, das zur Existenzsicherung des Kindes benötigt wird, darf nicht mit Abgaben belastet werden.“

„Familien lassen sich nicht leicht unterkriegen. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich Familienverbände durch die Instanzen klagen, um dann vor dem Bundesverfassungsgericht weitreichende Familienurteile zu erstreiten“, sagt Stresing und verweist auf die Urteile zum steuerfreien Existenzminimum (29.05.1990) und das Trümmerfrauenurteil (07.07.1992).

Selbst der oberste Sozialrichter, der Präsident des Bundessozialgerichts Rainer Schlegel, sieht in der Entscheidung eine „epochale“ Neuausrichtung des Verfassungsrechts mit weitreichenden Folgen – auch für die Zukunft des Sozialstaats.

Stresing äußert sich zurückhaltender: „Das Wesen des Generationenvertrages bleibt vielen, auch wegen irreführender öffentlicher Darstellungen, verborgen. Realitäten werden geleugnet, Beiträge aus der Vergangenheit werden als Substanz der individuellen Altersversorgung betrachtet. Solange dieser fundamentale Irrtum und die daraus abgeleitete Anspruchshaltung genährt werden, sind keine Veränderungen zu erwarten.“

Hoffmann fügt hinzu: „Die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung muss die wirtschaftliche Realität transparent zum Ausdruck bringen: Die monetären Beiträge dienen der Finanzierung der heutigen Renten, die eigene Altersvorsorge wird ausschließlich durch die Beiträge der nächsten Generation gesichert. Investitionen in Kinder sind eine Investition in die Altersvorsorge von allen.“

Die Bundesregierung verneint in einem Gutachten vor dem Bundesverfassungsgericht die Notwendigkeit von Änderungen im System der gesetzlichen Sozialversicherungen. Eine aktuelle Verbände-Antwort hierauf liegt dem Bundesverfassungsgericht inzwischen vor.

Weitere Informationen:

Webseite mit Verfassungsbeschwerden zur Benachteiligung von Familien in der Sozialversicherung: www.elternklagen.de

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 18.05.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert nachdrücklich, dass der Bundestag mit der heute beabsichtigen Ablehnung der Anträge zur Absenkung des Wahlalters bei Bundestags- und Europawahlen auf 16 Jahre eine wichtige Chance zum Ausbau der Partizipationsrechte von Jugendlichen vergibt. Das gilt auch für die Ablehnung der Absenkung des Mindestalters für die Unterstützung einer Europäischen Bürgerinitiative. Beides würde nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation dem veränderten Altersaufbau der Gesellschaft Rechnung tragen, da es seit einigen Jahren mehr Rentnerinnen und Rentner als Kinder und Jugendliche gibt. Mit dieser veränderten Struktur sind die Möglichkeiten der jungen Bevölkerung gesunken, ihre Interessen wahrzunehmen und durchzusetzen.

„Die Absenkung des Wahlalters bei Bundestags- und Europawahlen ist mehr als überfällig. Kinder und Jugendliche verfolgen gesellschaftliche Prozesse sehr aufmerksam, fühlen sich jedoch zu einem großen Teil von den politischen Parteien nicht vertreten. Dabei sind sie diejenigen, die am längsten von heute getroffenen politischen Entscheidungen betroffen sein werden. Die Absenkung des Wahlalters bei Landtags- und Kommunalwahlen in zahlreichen Bundesländern hat gezeigt, dass unsere Demokratie von der politischen Partizipation von Jugendlichen durch das Wahlrecht profitiert, und eine Koppelung der Wahlaltersgrenze an die Volljährigkeit auch auf der Bundes- und Europaebene der Vergangenheit angehören sollte. Um die Interessen von Kindern und Jugendlichen stärker in politische Entscheidungsprozesse einzubinden, tritt das Deutsche Kinderhilfswerk dafür ein, die Wahlaltersgrenze auf allen Ebenen, also von der Europa- bis zu den Kommunalwahlen, zunächst auf 16 Jahre und in einem zweiten Schritt auf 14 Jahre abzusenken“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Neben einer Absenkung des Wahlalters braucht es nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes eine Stärkung der Beteiligungsstrukturen in Kita, Schule und Jugendhilfe, und zudem den Ausbau kommunalpolitischer Instrumente, etwa durch Kinder- und Jugendparlamente mit verbindlichen Beteiligungskonzepten und Mitwirkungsrechten. So wie Mitwirkungsinitiativen vor allem dort funktionieren, wo es eine Begleitung durch Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe gibt, sollte ein Wahlrecht für Jugendliche zu einer Kultur der Demokratieerziehung führen, durch die die Legitimation unseres demokratischen Systems nachhaltig gestärkt wird.

Zum Thema Wahlalter hat das Deutsche Kinderhilfswerk die Broschüre „Absenkung des Wahlalters – Eine Auseinandersetzung mit Argumenten gegen eine Absenkung der Altersgrenzen bei politischen Wahlen“ veröffentlicht. Die Publikation fasst die gängigen Argumente gegen eine Absenkung des Wahlalters aus den zahlreichen Debatten zusammen und stellt entsprechende Fachbeiträge zur Seite, welche die Gegenargumente entkräften. Dabei wird beispielsweise dem Argument begegnet, dass die Absenkung des Wahlalters negative Folgen für die Demokratie habe und zu einer Stärkung der Parteien an den extremen politischen Rändern führe. Ein weiterer Beitrag tritt der Behauptung entgegen, dass Jugendliche aufgrund von noch nicht voll entwickelten kognitiven Fähigkeiten, die Verantwortung, die mit einer Teilnahme an Wahlen einhergeht, nur unzureichend wahrnehmen könnten. Die Broschüre kann beim Deutschen Kinderhilfswerk im Online-Shop bestellt werden oder steht unter www.dkhw.de/Argumentationshilfe-Wahlalterabsenkung zum kostenlosen Download bereit.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 21.05.2021

Anlässlich der heutigen Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags ruft das Aktionsbündnis Kinderrechte Bund und Länder dazu auf, tragfähige Lösungen für die bestehenden Kritikpunkte am aktuellen Regierungsentwurf zur Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz zu finden.

In ihren Stellungnahmen vor dem Rechtsausschuss begrüßten die geladenen Vertreter vom Deutschen Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland die konstruktive Debatte um den endgültigen Verfassungstext. Gleichzeitig appellierten sie an das Gremium, sich für einen Gesetzentwurf auszusprechen, in dem bestehende Unklarheiten und Defizite bereinigt sind.

„Bei der Formulierung der Kinderrechte im Grundgesetz muss es darum gehen, eine nachhaltige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention sicherzustellen. Reine Symbolpolitik bringt uns hier keinen Schritt weiter. Deshalb braucht es einen eigenen Absatz für die Kinderrechte, die unabhängig von den Elternrechten gegen den Staat gelten. Dabei müssen die Kinderrechte auf Förderung, Schutz und Beteiligung sowie der Kindeswohlvorrang Grundlage der Normierung sein. Nur so werden wir es schaffen, kindgerechte Lebensverhältnisse und bessere Entwicklungschancen für alle Kinder zu schaffen, ihre Rechtsposition deutlich zu stärken, und Kinder an den sie betreffenden Entscheidungen zu beteiligen. Denn die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist ein zentraler Wert einer demokratischen Gesellschaft. Mit der Aufnahme der Kinderrechte im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention besteht die große Chance, langfristig eine wichtige Grundlage für ein kinder- und familienfreundlicheres Land zu schaffen. Diese Chance dürfen wir nicht verspielen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Kinderrechte brauchen ein großes Ausrufezeichen im Grundgesetz, damit Kinder und Jugendliche gehört und ihre Belange ernst genommen werden. Die Covid-19-Krise zeigt uns deutlich, dass sie bisher zu häufig hintangestellt werden. Mit der Aufnahme der Kinderrechte in das deutsche Grundgesetz können Bund und Länder klarstellen, dass die Rechte von Kindern in Deutschland umfassend und verbindlich gelten. Dazu braucht es jedoch eine unmissverständliche und prägnante Formulierung, die nicht hinter die UN-Kinderrechtskonvention und die geltende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zurückfallen darf. Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung sollte nun rasch überarbeitet werden, um diesen Anforderungen zu entsprechen,“ ergänzt Dr. Sebastian Sedlmayr, Leiter der Abteilung Politik und Advocacy, UNICEF Deutschland.

Hintergrund

Das Aktionsbündnis Kinderrechte (Deutsches Kinderhilfswerk, Deutscher Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind) setzt sich für die vollständige Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland und die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz ein.

Anfang des Jahres hat sich die Bundesregierung nach jahrelangen Diskussionen auf einen Gesetzentwurf zur Aufnahme der Kinderrechte in das deutsche Grundgesetz geeinigt. Das Aktionsbündnis Kinderrechte hat den vorliegenden Regierungsentwurf inhaltlich als unzureichend kritisiert und entscheidende Nachbesserungen gefordert. Der vom Aktionsbündnis Kinderrechte initiierte Appell „Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!“ wird von mehr als 100 Organisationen aus der Kinder- und Jugendhilfe, Medizin, Pädagogik und anderen Bereichen unterstützt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk, Deutscher Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland und Deutsche Liga für das Kind vom 17.05.2021

Rechtsausschuss tagt heute zur Verankerung der Kinderrechte

Heute beschäftigt sich der Rechtsausschuss damit, ob es in dieser Legislaturperiode noch zu einer Grundgesetzänderung und damit zu einem politischen Signal für eine bessere Durchsetzung von Kinderrechten kommt. Dazu werden zahlreiche Sachverständige öffentlich angehört. Für die erforderlichen Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat müssten dazu einige Kompromisse gefunden werden: Neben dem Gesetzesentwurf der Regierung haben BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE eigene Gesetzesentwürfe vorgelegt.

In einer Stellungnahme zu den aktuellen Gesetzesvorhaben weist die eaf erneut auf ihren Alternativvorschlag hin, der die umstrittene Klippe der Wiederholung einzelner Kinderrechte aus der UN-Kinderrechtskonvention umschifft und damit geeignet ist, die gegensätzlichen Po­sitionen zu vereinen. „Kinder werden bei unserem Vorschlag unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung gestellt. Das verleiht ihren Interessen bei verfassungsrechtlichen Ab­wägungen künftig mehr Gewicht und geht so über den Gesetzesentwurf der Regierung hinaus. Das bedeutet aber nicht, dass es einen generellen Vorrang der Kinderinteressen gäbe, der sich stets durchsetzt“, erläutert Dr. Insa Schöningh, Geschäftsführerin der eaf. „Denn das sieht auch die UN-Kinderrechtskonvention nicht vor.“

Zudem enthält der Vorschlag der eaf ein Staatsziel, das die tatsächliche Durchsetzung aller Kinderrechte aus der UN-Kinderrechtskonvention normiert. „Staatsziele werden vielfach unter­schätzt, weil sie keine direkt einklagbaren Rechte darstellen“, führt Schöningh aus „aber die Verfassungsbeschwerden gegen das Klimaschutzgesetz waren auch deshalb erfolgreich, weil das Staatsziel des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen seine Wirkung entfaltet hat.“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 17.05.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 02. Juni 2021

Veranstalter: HAW Hamburg

Der Weiterbildungs-Master „Angewandte Familienwissenschaften“ (M.A.) an der HAW Hamburg wird zum Sommersemester 2022 erneut Studierende aufnehmen. Bis zum 31.08.2021 können Sie sich für einen Studienplatz bewerben. Auch Personen ohne ersten Hochschulabschluss können Zugang zum Studium erhalten. Weitere Informationen zum Studiengang finden Sie auf unserer Internetseite: https://familienwissenschaftenhamburg.wordpress.com/

Am 02.06.2021 um 18.00 Uhr findet eine Informationsveranstaltung über ZOOM statt. Bei Interesse an einer Teilnahme oder anderen Fragen nehmen Sie gern Kontakt zu uns auf: familienwissenschaften@haw-hamburg.de

Termin: 16. / 17. September 2021

Veranstalter: OUTLAW.die Stiftung in Kooperation mit Hessischem Ministerium für Soziales und Integration, Karl Kübel Stiftung, Institut für Soziale Arbeit und Kinderrechte Institut

Der diesjährige Kinderrechtekongress widmet sich dem Thema:

aufwachsen – gerecht – gestalten

Kinderrechte in Alltag und Politik

Kinder sind einerseits vollwertige Akteure ihres eigenen Lebens vom ersten Tag an, also Träger aller Grundrechte aus unserer Verfassung, wie andererseits in besonderer Weise schutzbedürftig – je jünger, desto mehr.

Daher gibt es die Kinderrechtskonvention als Konkretisierung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte für eine besonders schutzbedürftige Gruppe.

Eine von den Kinderrechten ausgehende Politik muss daher auch beides sein:   

  • Politik mit und von Kindern als vollwertige Akteure ihrer Interessen, mit Formaten und Konzepten, die dieses Versprechen auch real einlösen: Kindern die Formulierung, Vertretung und Durchsetzung ihrer Interessen tatsächlich ermöglichen – in diesem Sinne eine Politik von Kindern.
  • und eine Politik für Kinder, eine Politik also, die in generationaler Verantwortung Erwachsener dafür sorgt, fundamentale Interessen der nachwachsenden Generationen zu vertreten; dieses betrifft „gelingendes Aufwachsen“, aber auch Handeln und Denken im Sinne von Nachhaltigkeit für in Zukunft lebende Kinder und junge Menschen.

Beide Politikperspektiven müssen die Tatsachen sozialer Ungleichheit zur Kenntnis nehmen, unter anderem wie gerade Armut in ihren vielfältigen Ausprägungen für das „Nichtgelingen“ von Aufwachsen ursächlich sein kann.

Der Kongress will online Raum und Rahmen bieten, über Bedeutung und Praxis der Kinderrechte zu debattieren, und er will kritisch danach fragen, was und wie Kinderrechte konkret dazu beitragen, allen Kindern ein gelingendes Aufwachsen zu ermöglichen.

Mit Vorträgen, Fachforen, Workshops und Podiumsdiskussionen bietet der Online-Kongress allen Interessierten die Möglichkeit, aktiv am Kongress teilzunehmen und sich zu beteiligen. Eine Vielzahl an Expert*innen aus Praxis, Wissenschaft, Politik und Forschung unterstützen den Kongress mit Ihren Inputs.

Der Kinderrechte-Kongress findet statt im Rahmen des Hessischen Jahres der Rechte für alle Kinder und Jugendlichen „KinderRechte! ‘20/‘21“ und wird moderiert von Miriam Zeleke, Hessische Landesbeauftragte für Kinder- und Jugendrechte.

Details zu den einzelnen Inhalten und Angeboten finden Sie auf derHomepage www.kinderrechte-kongress.de .

WEITERE INFORMATIONEN

…neue Ausgabe frühe Kindheit erschienen.

Zu dem Thema „Folgen der Corona-Pandemie: neue Belastungen und neue Solidarität“ ist ab sofort die neue Ausgabe der Zeitschrift frühe Kindheit erhältlich: Die Zeitschrift enthält unter anderem folgende Beiträge: Kind sein in Zeiten von Corona, Wie Eltern und Kinder die Situation im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 erlebten (Alexandra Langmeyer, Ursula Winklhofer, Thorsten Naab, Angelika Guglhör-Rudan und Sophia Chabursky, München); Familienleben als Seismograph sozialer Folgen der Pandemie (Sabine Andresen, Frankfurt am Main, Anna Lips, Hildesheim, Tanja Rusack, Hildesheim, Wolfgang Schröer, Hildesheim, Severine Thomas, Hildesheim und Johanna Wilmes, Frankfurt am Main); Kinderbetreuung in Zeiten der Pandemie zwischen Gesundheitsschutz und Förderauftrag (Bärbel Barbarino, Hanna Lena Maly-Motta, Mariana Grgic, Florian Spensberger, Bernhard Kalicki, Susanne Kuger und Thomas Rauschenbach, München); Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen während der ersten und zweiten Welle der COVID-19-Pandemie, Ergebnisse der COPSY-Längsschnittstudie (Anne Kaman, Christiane Otto, Michael Erhart, Teresa Seum und Ulrike Ravens-Sieberer, Hamburg); Kinder unter der Corona-Politik: Opfer von System, Wellen und Peaks. Ein Diskussionsbeitrag (Christoph Schickhardt, Heidelberg); Kinderschutz in Zeiten der Pandemie (Bernd Kasper, Nörten-Hardenberg); Kinder als Akteure in der Randzeitenbetreuung (Dana Harring und Sabina Schutter, Rosenheim); Spielt nicht mit unserer Zukunft! Vorstellungen von Kindern und Jugendlichen über ihre Zugangsrechte in Umweltfragen (Frederike Lindau, Potsdam); Wie den familiären Umgang mit Krisen untersuchen? Forschungspraktische Erfahrungen mit Einzel- und Familieninterviews am Beispiel der Knochenmarktransplantation zwischen Geschwisterkindern (Martina Jürgensen, Madeleine Herzog, Christoph Rehmann-Sutter, Lübeck, und Christina Schües, Lüneburg); Interview mit Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte und Mitglied im Vorstand der Deutschen Liga für das Kind, und Sabine Walper, Forschungsdirektorin des Deutschen Jugendinstituts und Präsidentin der Deutschen Liga für das Kind zum Thema:  COVID-19-Pandemie: die Folgen für die Kinder sowie folgenden Praxisartikel: Kindergarten plus: Den Neubeginn im Herbst im Blick: Lions Clubs für Kita-Kinder (Stella Valentien, Berlin).

Das Heft kann zum Preis von 9,- Euro (zzgl. Versandkosten) bestellt werden unter: www.fruehe-kindheit-online.de oder als E-Magazin unter: https://zeitschrift.liga-kind.de

Zu jung für Politik? Von wegen! Politische Bildung in Kindheit und Jugend ist Thema der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins DJI Impulse.

Die Demokratie steht vor großen Herausforderungen: Krisen wie die aktuelle Corona-Pandemie oder der Klimawandel, aber auch Globalisierung, Migration und Digitalisierung verlangen der demokratischen Lebens- und Gesellschaftsform vieles ab. „In diesem Kontext bekommt die politische Bildung, die jahrzehntelang ein Schattendasein führte, neue Relevanz“, betont Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, Direktor des Deutschen Jugendinstituts (DJI), anlässlich der neu erschienenen Ausgabe des Forschungsmagazins DJI Impulse.

Unter dem Titel „Politische Bildung von Anfang an: Wie Kinder und Jugendliche Demokratie lernen und erfahren können“ analysieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Herausforderungen in der politischen Bildung. Entscheidende Weichen für demokratisches Handeln und kritische Urteilskraft werden demnach in der Familie gestellt. Doch auch weil Kinder und Jugendliche immer mehr Zeit in schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen verbringen, steigt deren Bedeutung in der politischen Bildung. 

Der These des aktuellen 16. Kinder- und Jugendberichts folgend, dass politische Bildung auf ganz unterschiedliche Weise in der gesamten Kindheit und Jugend stattfindet, zeigen die Autorinnen und Autoren des Forschungsmagazins Potenziale auf, die in Kindertageseinrichtungen, Schulen und der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit bislang nicht ausreichend genutzt werden. So spielt die politische Bildung in Kitas und Grundschulen noch immer ein eher untergeordnetes Thema. Nachholbedarf identifizieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aber auch in weiterführenden Schulen und der Kinder- und Jugendarbeit.

Durch den geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter sowie den generellen Ausbau der Ganztagsbetreuung in Kitas und Schulen entsteht nicht nur die Chance, sondern auch die Notwendigkeit politische Bildung in den Institutionen stärker zu verankern, lautet ein zentrales Fazit der Autorinnen und Autoren. Zudem fordert der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), Thomas Krüger, im Interview, politische Bildung zur „kritischen politischen Medienbildung“ weiterzuentwickeln, da demokratiegefährdende Inhalte durch soziale Medien früh auf Kinder zukommen. 

Das Forschungsmagazin DJI Impulse berichtet allgemein verständlich über die wissenschaftliche Arbeit am DJI, einem der größten sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitute in Deutschland. Regelmäßig informieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über relevante Themen aus den Bereichen Kindheit, Jugend, Familie und Bildung. 

Die aktuelle Ausgabe von DJI Impulse kann kostenlos bestellt und heruntergeladen werden, auch ein Abonnement des Forschungsmagazins ist möglich: www.dji.de/impulse

Mehr Angebote zum aktuellen Impulse-Schwerpunkt: www.dji.de/politischeBildung

Based on panel data from 1997 to 2018, we investigate the socioeconomic preconditions and economic consequences of ‘shared parenting (SP)’ forms in Germany. Referring to the post-separation year, we build SP groups from information on child residence and fathers’ childcare hours during a regular weekday. We explore the short-term gender and SP group associations with economic well-being as well as, for mothers only, its medium-term associations in the five years after separation. Our findings indicate that around separation, intense SP is a superior strategy in terms of equivalized household income. This also holds true for mothers in the medium-term, but their earnings barely improve during that time. Mothers stay highly involved in childcare even in shared parenting settings and/or fail to redirect released childcare time to the labor market. Our data support the notion that even high resources do not shield mothers against remaining trapped in economic dependence post-separation.

SOEPpapers 1131, 37 S., Christina Boll, Simone Schüller 2021 get_appDownload (PDF  1.58 MB)

Das Deutsche Kinderhilfswerk plädiert dafür, kinderrechtliche Aspekte von Digitalisierungsprozessen mehr als bisher aus einer ganzheitlichen Perspektive in den Blick zu nehmen. Dazu hat die Kinderrechtsorganisation heute gemeinsam mit dem Institut für Medienforschung und Medienpädagogik der TH Köln ein Online-Dossier veröffentlicht, das aufzeigt, wie Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit digitalen Medien gelingt. In diesem Dossier wird nicht nur der Stand der Kinderrechte im digitalen Raum erfasst, sondern werden auch Impulse und Perspektiven für eine Stärkung der Teilhabemöglichkeiten junger Menschen an unserer Gesellschaft gegeben. Das Dossier „Teilhaben! Kinderrechtliche Potenziale der Digitalisierung“ wird schrittweise erweitert und kann unter https://dossier.kinderrechte.de/ gelesen werden.

„Gerade die Corona-Pandemie hat uns an vielen Stellen gezeigt, dass es gleichermaßen Schutz und Teilhabe bedarf, um Kindern in digital geprägten Gesellschaften ein gesundes Aufwachsen mit Medien zu ermöglichen. Mit dem reformierten Jugendschutzgesetz ist jetzt ein moderner Kinder- und Jugendmedienschutz in Kraft getreten. Parallel dazu und gleichberechtigt mit der Förderung von Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen muss es ein Ziel sein, die Chancen, die digitale Medien mit sich bringen, zu nutzen. Wir müssen in diesem Bereich wesentlich ganzheitlicher denken als bisher. Gerade Schulen, Kitas sowie die Kinder- und Jugendarbeit müssen dabei eine ebenso große Rolle spielen wie die Familie, die Peergroup oder das kommunale Wohnumfeld. Hier gilt es nachhaltig bildungs- und sozialpolitische Konsequenzen aus den Erfahrungen der letzten Monate zu ziehen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Kindheit und Jugend sind aufgrund radikal fortschreitender Digitalisierungsprozesse in unserer Gesellschaft mehr denn je durchdrungen und geprägt von digitalen Medien. In nahezu allen Lebensbereichen und Altersgruppen spielen digitale Medien eine bedeutende Rolle. In diesem Sinne leistet das Dossier einen Beitrag zur Identifizierung von Entwicklungsbedarfen für ein gutes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in digital geprägten Gesellschaften. Es richtet die Aufmerksamkeit darauf, was ein solches gutes Aufwachsen ausmacht. Vor allem aber betont es, an welchen Stellen die in der UN-Kinderrechtskonvention festgelegten Rechte von Kindern aktuell begünstigt oder gefährdet sein können“, sagt Prof. Dr. Friederike Siller, Leiterin des Instituts für Medienforschung und Medienpädagogik der TH Köln.

Wie selbstverständlich Kinder bereits an digitalen Welten teilhaben und dafür Medien nutzen, zeigt auch eine explorative Untersuchung, die im Rahmen des Dossiers erstmals veröffentlicht wird. In der Untersuchung sprechen Kinder zwischen 10 und 13 Jahren über ihr Medienhandeln und ihre Online-Erfahrungen mit Blick auf soziale und digitale Teilhabe. So wird auch deutlich, dass viele Angebote, die Kinder nutzen, nicht für sie entwickelt wurden. Kinder geraten dann in Interessenkonflikte zwischen Teilhabewunsch und Schutzbedürfnis.

Die Erstellung des Dossiers erfolgte im Rahmen eines Projekts der Koordinierungsstelle Kinderrechte des Deutschen Kinderhilfswerkes. Die Koordinierungsstelle Kinderrechte begleitet die Umsetzung der aktuellen Strategie des Europarates für die Rechte des Kindes (Sofia-Strategie 2016–2021) und wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Während beim Deutschen Kita-Preis 2021 noch alle gespannt auf die Bekanntgabe der Preisträger warten, fällt auch schon der Startschuss für die nächste Runde: Nachdem bereits eine Registrierung möglich war, können sich Kitas und lokale Bündnisse für frühe Bildung ab sofort um den Deutschen Kita-Preis 2022 bewerben. Für eine Bewerbung sind nur drei Schritte notwendig: Interessierte registrieren sich – soweit nicht schon erfolgt – im Online-Portal unter www.deutscher-kita-preis.de/bewerbung, beantworten die Fragen zu ihrer Motivation und senden ihre Bewerbung online ab. Bewerbungsschluss ist der 15. Juli 2021. Wer eine Auszeichnung mit nach Hause nehmen darf, entscheidet sich dann nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren im Frühjahr 2022.

Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie nach dem Registrierungsaufruf auch die Ankündigung des Bewerbungsstarts in ihren Netzwerken und Sozialen Medien verbreiten könnten. Anbei übersenden wir Ihnen ein Toolkit sowie ein Anschreiben zur Vorlage.

Darüber hinaus wollen wir Sie ganz herzlich einladen zur feierlichen

Preisverleihung des Deutschen Kita-Preises 2021

am 9. Juni 2021, ab 18:00 Uhr per Livestream unter:  www.deutscher-kita-preis.de.

Im Rahmen der digitalen Preisverleihung präsentieren wir unsere diesjährigen 20 Finalist:innen. In einer Live-Show wird Barbara Schöneberger durch das spannende Programm voller Überraschungen, prominenter Gäste und natürlich Einblicken in die Arbeit der Finalisten führen. Seien Sie dabei, wenn wir die Preisträger in den beiden Kategorien digital verkünden. Gerne dürfen Sie die Einladung ebenfalls weitergeben.

Die Beobachtungsstelle für gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa hat in einem neu veröffentlichten Arbeitspapier das Thema „Vereinbarkeit von Pflege und Beruf bei pflegebedürftigen Kindern in Dänemark, Finnland und Schweden untersucht.

Eltern, die Verantwortung für ein Kind mit Pflegebedarf und/oder Behinderungen haben, stehen trotz Fortschritten durch die Einführung vereinbarkeitspolitischer Maßnahmen weiterhin vor großen Herausforderungen. Das Arbeitspapier geht der Frage nach, mit welchen Modellen und Maßnahmen – insbesondere die Flexibilisierung und Freistellung betreffend – Staaten bei der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf unterstützen.

Aufgrund der vielfältigen Investitionen in eine gute Work-Life-Balance in den nordischen Staaten, werden gute Praxisbeispiele aus Dänemark, Finnland und Schweden vorgestellt.

Weitere neue Veröffentlichungen der Beobachtungsstelle, auf die wir Sie gerne hinweisen möchten:

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre. Alle unsere Veröffentlichungen können Sie auf unserer Webseite hier einsehen.

Eigentlich sind sich fast alle einig. Eine zweiwöchige Vaterschaftsfreistellung nach Geburt des Kindes mit Lohnersatz ist ein wichtiger und vor allem auch geeigneter Schritt, eine frühe Vater-Kind-Bindung und eine stärkere Beteiligung von Vätern an der Sorgearbeit in der Familie zu fördern. Das Bundesforum Männer fordert seit langem eine solche Freistellung als eigenständige familien- und gleichstellungspolitische Leistung und hat anlässlich des Vatertages 2021 ein Positionspapier zum Thema veröffentlicht.

Hier geht’s zum Positionspapier „Aktive Vaterschaft von Anfang an!“

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 08/2021

AUS DEM ZFF

Anlässlich der morgigen Verabschiedung des 6. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung im Kabinett fordert das Zukunftsforum Familie (ZFF) zum entschlossenen Handeln gegen Kinderarmut auf.

Seit 2001 legt die Bundesregierung in jeder Legislaturperiode einen Bericht zu Armut, Reichtum sowie den zentralen Lebenslagen in Deutschland vor. Der aktuelle sechste Bericht, der auch die Auswirkungen der Corona-Krise in den Blick nimmt, zeichnet ein erschreckendes Bild: Armut verfestigt sich zunehmend und die Ungleichheit im Hinblick auf Einkommen und Vermögen nimmt zu. Der Bericht zeigt darüber hinaus, dass die Corona-Krise und die zugehörigen Maßnahmen bestehende Ungleichheiten verschärft haben. Besonders gravierend ist die Situation für Familien sowie Kinder und Jugendliche, die schon vor der Pandemie in Armut gelebt haben oder ein erhöhtes Armutsrisiko aufweisen. So sind Alleinerziehende nach wie vor die Gruppe mit der größten Armutsgefährdung.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, zeigt sich besorgt: „Spätestens jetzt, mit der Vorlage des sechsten Armutsberichts, muss es doch jeder und jedem klar sein: Wir haben ein Umsetzungs-, aber längst kein Erkenntnisproblem mehr. Kinderarmut muss abgeschafft werden. Es ist unerträglich, dass noch immer etwa ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen unter den Bedingungen von Armut und sozialer Ausgrenzung aufwächst. Kinder- und Jugendarmut wirkt sich mit zum Teil langfristigen Folgen auf Bildungschancen, gesundheitliche Entwicklung sowie kulturelle und soziale Teilhabe aus. Wir fordern seit Langem in einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis, dass die die Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ gestellt und vom Bedarf des Kindes aus gedacht wird in Form einer Kindergrundsicherung. Ebenso dürfen die Anstrengungen zum Ausbau und zur Verbesserung der Qualität in den Bildungsinstitutionen nicht nachlassen. Es ist schon schlimm genug, dass erst eine Pandemie kommen musste, um auch der bzw. dem letzten klar zu machen, wo in unserem Land die sozialen Schieflagen sind. Nun sind sie nicht mehr zu leugnen – also fordern wir von der Bundesregierung: Schafft diese Missstände endlich ab!“

Seit 2009 fordert ein breites Bündnis aus Verbänden und Einzelpersonen die Einführung einer Kindegrundsicherung. Weitere Informationen finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 11.05.2021

Anlässlich des Muttertages am kommenden Sonntag zeigt sich das Zukunftsforum Familie (ZFF) entsetzt über die Rückwärtsbewegung bei der innerfamiliären Gleichstellung während der Corona-Pandemie, kritisiert fehlende politische Anreize für eine partnerschaftliche Arbeitsteilung in Familien und warnt vor einem „Weiter-so“.

Bereits vor der Corona-Krise lag der Gender Care Gap, d.h. der zeitliche Unterschied in der Übernahme privater und unbezahlter Fürsorgearbeit zwischen Müttern und Vätern, bei 52 Prozent bzw. 87 Minuten täglich, bei Kindern unter 18 Jahren im Haushalt sogar deutlich höher. Diese Lücke hat sich durch die Corona-Pandemie und die daraus folgenden Schließungen von Kitas und Schulen massiv verstärkt. Der Anteil der Frauen, die die Kinderbetreuung vollständig übernehmen, ist während der Pandemie deutlich angestiegen; insbesondere bei Paaren, die schon vor der Krise keine egalitäre Arbeitsteilung lebten, wie eine Erhebung des DIW Anfang 2021 zeigte.

Die bisher beschlossenen Unterstützungsinstrumente federn diese ungleiche Arbeitsteilung nicht ab: Schon vor der Krise wurden Kinderkrankentage überwiegend von Müttern in Anspruch genommen. Gleichzeitig profitieren Frauen weit weniger vom Kurzarbeitergeld bzw. dessen familienbedingter Aufstockung, da sie oftmals in Branchen arbeiten, in denen geringfügige Beschäftigungsverhältnisse vorherrschen. Hinzu kommen Nachteile für Frauen, die sich aufgrund des Ehegattensplittings in einer ungünstigen Steuerklasse befinden.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, blickt besorgt in die Zukunft: „Machen wir weiter wie bisher, dann wird der Muttertag 2022 noch düsterer, als es dieser bereits ist! Die Krisenpolitik mit Schulschließungen, Ausweitungen der Kinderkrankentage, die überwiegend von Müttern in Anspruch genommen werden, und gleichzeitig einer staatlichen Unterstützung, die sich weitgehend auf das Wirtschafts- und Arbeitsleben beschränkt, zwingen viele Mutter dazu, den Großteil der privaten Fürsorgearbeit zu übernehmen. Die eigene Erwerbstätigkeit muss in den Hintergrund treten – mit allen bekannten Folgen für die kurz- und langfristige Sicherung der eigenen Existenz. Staatlich etablierte Strukturen wie das Ehegattensplitting stabilisieren diesen Trend zusätzlich, erst recht in der Krise. So kann es nicht weitergehen!“

Altenkamp fordert: „Wir brauchen dringend Instrumente, die die partnerschaftliche Vereinbarkeit fördern, auch und gerade in die Krise. Dazu gehören eine Familienarbeitszeit, die auch auf längere Sicht Erwerbsarbeit und Fürsorge absichert und die Herausforderungen auf die Schultern aller Geschlechter verteilt, ein Bildungssystem mit ausgereiften didaktischen Konzepten zu digitalem Distanzlernen sowie niedrigschwellige Unterstützung der Familien bei der alltäglichen Organisation bspw. durch eine gut ausgestattete Familienbildung. Sonst setzt sich der gleichstellungspolitische Alptraum, den wir derzeit erleben, fort – weit über den Muttertag 2022 hinaus!“

Das ZFF-Positionspapier „Familien auch in Krisenzeiten gut absichern! Positionspapier des Zukunftsforums Familie e.V. (ZFF) zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

Das ZFF-Positionspapier „Fifty-Fifty?! Wie kann die partnerschaftliche Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit gelingen?“ finden Sie hier.

Die Zahlen des DIW zur Verteilung von Sorgearbeit in Familien während der Pandemie finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 07.05.2021

Heute findet die gemeinsame digitale Fachtagung „Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“ des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) und des AWO Bundesverbandes e.V. (AWO) statt. Rund 100 Interessierte und Expert*innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis nehmen teil.

Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist eine der zentralen familienpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Von derzeit ca. vier Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden etwa 3/4 zu Hause und überwiegend von Angehörigen versorgt. Die Situation hat sich unter den Bedingungen der Corona-Krise weiter verschärft. In der Folge sind viele pflegende Angehörige – überwiegend Frauen – enormen finanziellen, physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Mit dem Ziel einer Gesellschaft, die die Sorge um Pflegedürftige als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift, sollen auf der Fachtagung Konzepte für eine gute Vereinbarkeit diskutiert und weitergedacht werden.

So betont Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, in ihrem Grußwort die gesellschaftliche Bedeutung der häuslichen Pflege durch Angehörige, deren Leistung bislang viel zu selten anerkannt werde und die besonders im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit einer Berufstätigkeit vor besonderen Herausforderungen stehen. Hier bestehe die Notwendigkeit, Bedürfnisse von Pflegenden stärker in den Blick zu nehmen. Vor allem Frauen stünden häufig vor der Aufgabe, Berufstätigkeit, Kindererziehung und Pflege miteinander zu vereinbaren.

Brigitte Döcker, Vorstandsmitglied des AWO Bundesverbandes e.V., unterstreicht: „Die Bedeutung der Familie als Ort der Pflege wächst: 80% der 4,1 Millionen Pflegebedürftigen werden zu Hause von ihren Angehörigen gepflegt. Die Gesellschaft ist ihnen für ihren Dienst zu Dank verpflichtet, weil sie einen Großteil der Betreuung pflegebedürftiger Personen stemmen. Dafür verdienen sie nicht nur deutlich mehr Anerkennung, sondern vor allem auch jede mögliche Unterstützung und Entlastung. Ihre finanzielle Absicherung z.B. über die Einführung einer Entgeltersatzleistung analog zum Elterngeld für bis zu 36 Monate sowie die Erhöhung der teilweisen Freistellungsmöglichkeiten sind hier bereits im 2019 veröffentlichten Abschlussbericht des unabhängigen Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf gefordert. Auch muss in der Gesundheitsvorsorge und Prävention auf die Zielgruppe der pflegenden Angehörigen besonderes Augenmerk gerichtet werden, damit sie nicht durch kontinuierliche Überlastung letztlich selbst krank werden.“

Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), resümiert: „Für unsere Gesellschaft ist die Pflege alter und kranker Menschen genauso wichtig wie die Betreuung und Erziehung von Kindern. Sie muss ebenfalls in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung abgesichert werden. Doch das Bedürfnis, füreinander Sorge zu tragen, trifft bislang nicht auf passende Rahmenbedingungen, die die Vereinbarkeit von familiärer Pflege und Erwerbstätigkeit nachhaltig unterstützen. Es ist dringend an der Zeit, eine moderne Familien- und Sozialpolitik auf den Weg zu bringen, die die Bedürfnisse von erwerbstätigen, pflegenden Angehörigen und ihren Familien in den Mittelpunkt von Reformen zu stellt!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 06.05.2021

SCHWERPUNKT I: Corona-Aufholpaket

Kabinett verabschiedet „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ über zwei Milliarden Euro

Das Bundeskabinett hat in seiner heutigen Sitzung das „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ beschlossen. Es besteht aus einem Nachholprogramm für pandemiebedingte Lernrückstände und einem umfangreichen Maßnahmenpaket zur Unterstützung der sozialen Kompetenzen und der allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey:

„2.000 Millionen Euro für Kinder, Jugendliche und deren Familien – das ist ein klares Bekenntnis von uns als Bundesregierung: Wir unterstützen Kinder, Jugendliche und ihre Familien nach den harten Lockdown-Zeiten auf dem Weg zurück in einen geregelten Alltag und ein unbeschwerteres Aufwachsen. Unser Aktionsprogramm für dieses und nächstes Jahr investiert in der Krise gezielt in das Wertvollste und das Wichtigste, was wir haben: in unsere Kinder und Jugendlichen, in unsere Zukunft. Sie haben im vergangenen Jahr auf eine Menge verzichtet. Es sind Bildungs-, aber auch Bindungslücken entstanden. Wir können nicht erwarten, dass alles so weiter funktioniert wie vor der Krise. Kinder und Jugendliche brauchen Zeit, Begleitung und Unterstützung, um in den Alltag zurückzufinden und Versäumtes aufzuholen. Von den zwei Milliarden Euro setzt das Bundesfamilienministerium insgesamt eine Milliarde Euro für die frühkindliche Bildung, Ferienfreizeiten und Familienerholung, zusätzliche Sozialarbeit und Freiwilligendienstleistende ein.“

Dazu erklärt Bundesbildungsministerin Anja Karliczek:

„Jedes Kind soll trotz und nach der Corona-Pandemie die bestmöglichen Chancen auf gute Bildung und persönliche Entwicklung erhalten. Mit dem ‚Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche‘ reagiert die Bundesregierung auf die eingetretenen Lernrückstände von Schülerinnen und Schülern wegen des Ausfalls von sehr vielen Stunden im Präsenzunterricht sowie die psychosozialen Belastungen von Kindern, Jugendlichen und deren Familien. Ich hatte schon vor Wochen ein solches Programm insbesondere zur Beseitigung von Lernrückständen angeregt und wir haben seitdem mit den Ländern darüber verhandelt. Ich freue mich sehr, dass wir das Programm nun beschlossen und sogar ausgeweitet haben. Die auf den Weg gebrachte Unterstützung des Bundes umfasst zwei Milliarden Euro. Die Hälfte davon steht für Fördermaßnahmen zum Abbau pandemiebedingter Lernrückstände in den Kernfächern – wie etwa Deutsch und Mathematik sowie Fremdsprache – zur Verfügung. Das ist ein wichtiges Signal vor dem Ende des Schuljahres. Ich erwarte, dass sich die Länder auch substanziell beteiligen, denn Bildung ist zuallererst Ländersache. Das Bundesbildungsministerium beteiligt sich außerdem bei der außerschulischen Förderung für die Persönlichkeitsentwicklung z.B. mit seinem Programm ‚Kultur macht stark‘ an dem Aktionsprogramm. Wichtig ist mir auch, dass das wichtige ehrenamtliche und bürgerschaftliche Engagement für Kinder, Jugendliche und Familien unterstützt wird. Es ist ein umfassendes Unterstützungspaket, das wir geschnürt haben, um jungen Menschen auf ihrem Weg ins Leben nach der Pandemie zu helfen.“

Hintergrund:

Das vom Bund aufgelegte „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ hat vier Säulen:

  1. Abbau von Lernrückständen

Bund und Länder haben das gemeinsame Ziel, pandemiebedingte Lernrückstände durch zusätzliche Förderangebote für Schülerinnen und Schüler aufzuholen. Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt im Rahmen der bestehenden Strukturen durch die Länder. Im Zentrum der Umsetzung soll dabei die Schule und ihre Vernetzung mit zusätzlichen Angeboten stehen. Mit den vom Bund zur Verfügung gestellten Mitteln sollen die Länder im Schwerpunkt in den Sommerferien Sommercamps und Lernwerkstätten durchführen und mit Beginn des neuen Schuljahres unterrichtsbegleitende Fördermaßnahmen in den Kernfächern.

Die finanzielle Unterstützung des Bundes erfolgt über das Finanzausgleichsgesetz. Der Bund wird hierfür 1 Milliarde Euro befristet auf die Jahre 2021/2022 zur Verfügung zu stellen.

  1. Maßnahmen zur Förderung der frühkindlichen Bildung

Die Bundesregierung wird sich auch im frühkindlichen Bildungsbereich zusätzlich engagieren. Im Rahmen des Bundesprogramms „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ sollen bundesweit 1.000 zusätzliche Sprach-Kitas aufgenommen werden. Dafür stehen 100 Millionen Euro bereit.

Mit weiteren 50 Millionen Euro werden die Mittel der Bundesstiftung Frühe Hilfen aufgestockt. Damit können mehr junge Familien mit der niedrigschwelligen Unterstützung erreicht und weitere Angebote wie Elternkurse zur Sprach- oder Ernährungsbildung für belastete Familien mit Kindern unter drei Jahren umgesetzt werden.

  1. Unterstützung für Ferienfreizeiten und außerschulische Angebote

Kinder und Jugendliche sollen Unterstützung erhalten, damit sie Angebote zur Ferien- und Freizeitgestaltung wahrnehmen und Versäumtes nachholen können. Auch Familien brauchen Hilfe und Erholungsangebote, um wieder Kraft tanken zu können. Insgesamt stehen dafür 530 Millionen Euro zur Verfügung.

Darin enthalten ist unter anderem ein Kinderfreizeitbonus in Höhe von einmalig 100 Euro je Kind aus bedürftigen Familien.

Außerdem werden die Mittel des Kinder- und Jugendplans für Ferienfreizeiten, die kulturelle, sportliche, politische und internationale Jugendarbeit sowie die Jugendverbände erhöht. Damit können Vereine, Verbände und Organisationen vermehrt günstige Ferien- und Wochenendfreizeiten sowie Jugendbegegnungen und Angebote zur Demokratiebildung ausgestalten und ihre Strukturen gezielt hierfür ertüchtigen. Zudem erhalten gemeinnützige Familienferienstätten einen Zuschuss für den Aufenthalt von Familien und geben diesen an Familien weiter.

Darüber hinaus erhalten die Länder Mittel, um günstige Ferien- und Wochenendfreizeiten sowie Jugendbegegnungen zu ermöglichen.

Und außerschulische Angebote werden unterstützt, die zusätzliche Anregungen geben und die Persönlichkeitsentwicklung von jungen Menschen fördern. Hierzu zählt etwa das Programm „Kultur macht stark“ des BMBF. Weiterhin sollen über das Netzwerk der Schülerlabore in Deutschland und des Bundesverbands der Schülerlabore – Lernort Labor (LeLa) zusätzliche außerschulische Lernangebote z. B. in den Bereichen Naturwissenschaften und Technik, Sprachen, Wirtschafts- und Politikwissenschaften bereitgestellt werden. Hierzu wird die Projektförderung des BMBF insgesamt um 50 Mio. Euro für die Jahre 2021/2022 aufgestockt.

Das bürgerschaftliche und ehrenamtliche Engagement für Kinder, Jugendliche und Familien wird gestärkt. Für die gezielte Förderung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt in diesem Bereich stehen 2021/2022 30 Mio. Euro zur Verfügung.

Auch die geförderten Mehrgenerationenhäuser (MGH) erhalten finanzielle Unterstützung, um Kinder und Jugendliche bei der Aufarbeitung von Entwicklungsdefiziten zu unterstützen.

  1. Kinder und Jugendliche im Alltag und in der Schule begleiten und unterstützen

Zur Bewältigung der Krisenfolgen ist es notwendig, Kinder und Jugendliche in ihren sozialen Kompetenzen zu stärken. Gerade Schülerinnen und Schüler dürfen nicht mit ihren Sorgen und dem Druck, verpassten Lehrstoff möglichst schnell aufholen zu müssen, alleine gelassen werden. Dafür unterstützt der Bund mehr Schulsozialarbeit. Auch Freiwilligendienstleistende können Kinder und Jugendliche gezielt in Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe unterstützen. Für zusätzliche Sozialarbeit und Freiwilligendienstleistende stehen insgesamt 220 Millionen Euro zur Verfügung.

Zusätzlich erhält die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung 100 Millionen Euro zur Unterstützung und Begleitung von Kindern und Jugendlichen vor Ort.

Den vollständigen Text des Aktionsprogramms finden Sie unter: www.bmbf.de/aufholpaket

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 05.05.2021

Lernwerkstätten und Feriencamps

Mit einem großen Aktionsprogramm will die Koalition Kinder und Jugendliche unterstützen, pandemiebedingte Lernrückstände wieder aufzuholen. Dafür stellt sie insgesamt zwei Milliarden Euro bereit.

Kinder und Jugendliche sind besonders betroffen von Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie. Es fehlen die Kontakte zu den Freund:innen in der Schule und in der Freizeit. Dazu kann auch der beste Distanzunterricht den täglichen Unterricht im Klassenraum nicht dauerhaft ersetzen. Klassenfahrten, Exkursionen, Urlaube und Sport im Verein sind weggefallen und nicht mehr nachzuholen. Umso mehr muss es jetzt darum gehen, dass Schüler:innen ihre Lernrückstände wieder aufholen können – und sie brauchen neue Angebote für Ferien, Freizeit und Sport.

„Kinder- und Jugendliche haben durch die notwendigen pandemiebedingten Einschränkungen zahlreiche Entbehrungen im Bereich des Lebens und Lernens hinnehmen müssen“, sagt der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Oliver Kaczmarek. Daraus dürften ihnen in ihrer Bildungslaufbahn und persönlichen Entwicklung sowie im Hinblick auf ihre beruflichen Wünsche keine Nachteile entstehen. Für ihn ist klar: „Mit dem nun beschlossenen Aufholprogramm geben wir Schüler:innen die Unterstützung bei der Bewältigung und Rückkehr in den Schulalltag, die sie dringend benötigen. Damit Lernwerkstätten und Sommercamps sowie unterrichtsbegleitende Fördermaßnahmen stattfinden können, gehört auch der verstärkte Einsatz von unterschiedlichem Personal an den Schulen für uns dazu.“

Deshalb hat sich die SPD-Bundestagsfraktion für das „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ stark gemacht. Die Koalition stellt mit dem Programm zwei Milliarden Euro für die Jahre 2021 und 2022 zur Verfügung.

„Weil der Aufholbedarf vor Ort riesig ist, stellen wir mit dem zwei-Milliarden-Paket auch von Bundesseite schnelle und unbürokratische Unterstützungen für junge Menschen zur Verfügung“, sagt Sönke Rix, familienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Der Bund fördert über das Programm Maßnahmen in verschiedenen Bereichen. Dazu gehören neben dem Abbau von Lernrückständen auch die Förderung frühkindlicher Bildung, Ferienfreizeiten und außerschulische Angebote sowie die Begleitung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen im Schulalltag.

„Kinder- und Jugendliche sollen zusammen herumhängen und toben können. Das war und ist in Corona-Zeiten leider nicht selbstverständlich“ sagt Sönke Rix. „Deshalb fördern wir besonders belastete Familien mit vielseitigen Unterstützungsangeboten. Gerade für sie bauen wir das Bundesprogramm Sprach-Kitas, die Bundesinitiative Frühen Hilfen, den Kinder- und Jugendplan und gemeinnützige Familienferienangebote aus.“

Quelle: Pressemitteilung SPD–Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 07.05.2021

Kinder und Jugendliche profitieren vom Aufholpaket nach Corona, das die SPD-Fraktion im Bundestag gefordert hat. Mit dem Paket unterstützen wir junge Menschen mit insgesamt zwei Milliarden Euro – auch für außerschulische Maßnahmen. Das Bundeskabinett beschließt das Corona-Aufholpaket heute.

„Kinder- und Jugendliche sollen zusammen herumhängen und toben können. Das war und ist in Corona-Zeiten leider nicht selbstverständlich. Deshalb fördern wir besonders belastete Familien mit vielseitigen Unterstützungsangeboten. Gerade für sie bauen wir das Bundesprogramm Sprach-Kitas, die Bundesinitiative Frühen Hilfen, den Kinder- und Jugendplan und gemeinnützige Familienferienangebote aus.

Kinder und Jugendliche sollen sich engagieren und verwirklichen können. Deshalb stärken wir bundesweite Engagementstrukturen. Dazu gehören sowohl die Freiwilligendienste als auch die Deutsche Engagementstiftung.

Damit alle jungen Menschen eine Perspektive bekommen, sorgen wir für wichtige Impulse bei der Schulsozialarbeit und stellen der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung zusätzliche Gelder für die ‚Aktion Zukunft‘ zur Verfügung.

Weil der Aufholbedarf vor Ort riesig ist, stellen wir mit dem zwei-Milliarden-Paket auch von Bundesseite schnelle und unbürokratische Unterstützungen für junge Menschen zur Verfügung. Die SPD-Bundestagsfraktion packt an.“

Quelle: Pressemitteilung SPD–Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

Das von der SPD-Bundestagsfraktion lange geforderte Aufholpaket wurde heute im Kabinett beschlossen. Damit unterstützen wir junge Menschen im Kindes- und Jugendalter mit insgesamt zwei Milliarden Euro in ihrer schulischen und sozial-emotionalen Entwicklung.

„Kinder- und Jugendliche haben durch die notwendigen pandemiebedingten Einschränkungen zahlreiche Entbehrungen im Bereich des Lernens hinnehmen müssen. Daraus dürfen ihnen in ihrer Bildungslaufbahn und im Hinblick auf ihre beruflichen Wünsche keine Nachteile entstehen. Deshalb fördern wir im Rahmen des Aufholpaketes Sommerferiencamps und Lernwerkstätten sowie mit Beginn des neuen Schuljahres unterrichtsbegleitende Fördermaßnahmen in den Kernfächern.

Schülerinnen und Schüler brauchen nach über einem Jahr in der Corona-Pandemie besondere Unterstützung bei der Rückkehr in den Schulalltag oder auch im Distanzmodell. Im Rahmen des Aufholpaketes sorgen wir deshalb für mehr Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter, Studierende sowie Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen an den Schulen, die den Schülerinnen und Schülern als Mentorinnen und Mentoren zur Seite stehen.

Flankiert wird das Programm durch zahlreiche Maßnahmen im Bereich der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Dafür hat die SPD-Bundestagsfraktion hart gekämpft und sich schließlich durchgesetzt. Weil gutes Lernen und Aufholen für uns mehr ist als ein paar Stunden Nachhilfe. Wir sehen Kinder und Jugendliche als ganzheitliche Persönlichkeiten.“

Quelle: Pressemitteilung SPD–Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

Das Bundeskabinett hat heute das „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche für die Jahre 2021 und 2022“ beschlossen: Mit zwei Milliarden Euro will die Bundesregierung die Folgen der Corona-Maßnahmen für Kinder und Jugendliche abmildern. Hierzu können Sie den digitalpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Tankred Schipanski, gern wie folgt zitieren:

„Bei den anstehenden Bund-Länder-Verhandlungen müssen die Bundesmittel von den Ländern jetzt dafür genutzt werden, bestehende digitale Anwendungen von den vielen Digitalinitiativen und EdTech-Startups nutzbar zu machen und den Schulen sowie Lehrkräften zur Verfügung zu stellen. Die ‚Initiative deutscher digitaler Bildungsanbieter‘ unterstütze ich dabei ausdrücklich. Es gibt hervorragende digitale Module, zum Beispiel bei der Lernstandsermittlung und bei adaptiven Lernanwendungen. Die Mittel sollten jetzt nicht für eingescannte Aufgabenblätter ausgegeben werden, sondern für Anwendungen mit einem echten Mehrwert in der digitalen Schulbildung.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

Bund bringt milliardenschweres Nachhilfeprogramm für 2021 und 2022 auf den Weg

Zu dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ erklären der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Albert Rupprecht, und die zuständige Berichterstatterin Dr. Dietlind Tiemann:

Albert Rupprecht: „Die Corona-Pandemie erfordert ein besonderes gesamtstaatliches Engagement. Noch nie waren die Schulen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland so lange und so massiv beeinträchtigt. Die Auswirkungen auf die Lernsituation der Kinder und Jugendlichen ist offensichtlich und begründet eine außerordentliche Kraftanstrengung des Bundes. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hat frühzeitig ein Nachhilfeprogramm angeregt und die Gespräche mit den Ländern dazu gesucht. Als Union wollen wir, dass Schüler durch die Corona-Pandemie nicht den Anschluss verlieren. Daher begrüßen wir den heutigen Kabinettbeschluss ausdrücklich und haben die klare Erwartungshaltung an die Länder, dass diese einen substanziellen eigenen Beitrag leisten und die Umsetzung zügig und konstruktiv begleiten.“

Dr. Dietlind Tiemann: „Das BMBF bleibt seiner Linie seit Beginn der Pandemie treu und stellt proaktiv fachliche Hilfe und dringend erforderliche finanzielle Mittel zur Verfügung. Wichtig ist uns bei dem Programm, dass die Hilfen schnell zur Umsetzung kommen können, indem vorhandene Förder- und Hilfestrukturen genutzt und erweitert werden. Den Ländern und Kommunen wird somit ein schlagkräftiges Instrument an die Hand gegeben, welches passgenau und vor allem schnell die Lernrückstände beseitigen kann – wenn es auch von den Ländern als prioritär betrachtet und umgesetzt wird.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

Aufholpaket stärkt Kinder und Jugendliche

Das Bundeskabinett hat am heutigen Mittwoch das „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche für die Jahre 2021 und 2022 – 2 Mrd. Euro“ beschlossen. Dazu erklären die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und der jugend- und familienpolitische Sprecher Marcus Weinberg:

Nadine Schön: „Mit dem 2 Milliarden Euro schweren Nachhilfe- und Sozialpaket wollen wir Lernrückstände sowie physische und seelische Belastungen bei Kindern und Jugendlichen auffangen. Schon jetzt ist klar: Die pandemiebedingten Folgen für Kinder und Jugendliche werden uns noch über Jahre beschäftigen. Deshalb ist es entscheidend, dass wir jetzt handeln und kein Kind zurücklassen: mit maßgeschneiderter und niedrigschwelliger Unterstützung zum Abbau von Lernrückständen, aber auch zur Förderung frühkindlicher Bildung, für Freizeit-, Ferien- und Sportaktivitäten sowie für die Begleitung von Kindern und Jugendlichen im Alltag und in der Schule. Mir war es ein besonderes Anliegen, dass auch das für unser gesellschaftliches Miteinander so unverzichtbare bürgerliche Engagement in Vereinen und Organisation vor Ort unmittelbar profitieren kann. Dazu haben wir 30 Millionen Euro für die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt eingeplant.“

Marcus Weinberg: „Mit dem 2-Milliarden-Aufholpaket starten wir durch: Wir unterstützen Kinder, Jugendliche und ihre Familien in einer schwierigen Zeit zielgenau und bedarfsorientiert.

Denn eines ist uns von CDU/CSU klar: Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie haben Spuren auf den Seelen unserer Kinder hinterlassen. Den Kindern fehlen nicht nur die Schulen und Kitas, sondern auch die Freizeit- und Sportangebote sowie Angebote der Kinder- und Jugendhilfe. Ein Großteil ihrer Lebensräume und ihrer sozialen Kontakte fallen aktuell weg.

Das wollen wir mit einem umfangreichen Aktionsprogramm ändern: Mit zusätzlichen finanziellen Mitteln auch für die Jugendarbeit im Sport werden wir niedrigschwellige Angebote für Bewegung, Spiel und Sport für Kinder und Jugendliche ermöglichen. Ziel ist es, wieder Spaß an Bewegung und Lebensfreude zu fördern und das Wir-Gefühl zu stärken, damit alle Kinder Zugang zu Bewegung und Gesundheit sowie sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe bekommen. Mit zusätzlichen Freiwilligendienststellen in Schulen aber auch in der Sportorganisation soll ein wertvoller Beitrag zum zivilgesellschaftlichen Zusammenhalt erbracht werden.

Durch eine gezielte Förderung von Kinder- und Jugendfreizeiten in den Ländern und eine Erleichterung von Familienferienzeiten unterstützen wir Kinder, Jugendliche und Eltern darin, sich von den derzeitigen Strapazen zu erholen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

Zu den Kabinettsbeschlüssen zum Aufholpaket für Kinder und Jugendliche und zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder erklären Margit Stumpp, Sprecherin für Bildungspolitik, und Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Es war höchste Eisenbahn, dass über ein solches Paket endlich auch entschieden wird. Denn damit die Maßnahmen greifen können, bedarf es vielfältiger Vorbereitung. Es liegt nun an allen Verantwortlichen, dass schnellstmöglich eine gradlinige, verlässliche Umsetzung erfolgt. Bund und Ländern dürfen keine weitere Zeit vergeuden, denn die Angebote müssen in diesem Sommer, spätestens aber zum Schuljahresbeginn vor Ort starten. Auch wird mit der konkreten Planung zu sehen sein, ob die schulischen und außerschulischen Angebote auch ausreichend sind und genügend Kinder und Jugendliche erreichen.

Ein Programm für das Aufholen von Lernrückständen ist ebenso wichtig wie dringend. Damit dieses Lernlücken-Programm ein echter Startschuss für mehr Bildungsgerechtigkeit jetzt und in Zukunft sein kann, brauchen wir neue Formen der Zusammenarbeit der föderalen Ebenen und längerfristige Unterstützungsangebote, um die Ungleichheiten strukturiert zu verringern, indem wir etwa einen umfassenden Bildungsschutzschirm für Kinder und Jugendliche aufspannen. Die Folgen der pandemiebedingten Schulschließungen werden längere Aufmerksamkeit und Anstrengungen bedürfen als das eine Jahr, das von der Bundesregierung adressiert wird.

Es gibt nach dem Lockdown großen Bedarf an Unterstützung – gerade auch was die psychosozialen Folgen der Pandemie betrifft -, denn Kindern, Jugendlichen und Familien ist in der Pandemie Folgenschweres zugemutet worden. Für Kinder und Jugendliche im Sozialleistungsbezug ist dabei ein einmaliges Freizeitgeld von 100 Euro unzureichend. Schon längst wäre ein Corona-Zuschlag für sie von monatlich 60 Euro notwendig, um ihre Teilhabemöglichkeiten zu wahren. Die finanzielle Stärkung der Frühen Hilfen durch den Bund ist gut, sie war aber schon ohne die Pandemieauswirkungen längst überfällig. An dieser Stelle hat die Bundesregierung schlicht und ergreifend ihr Versäumtes nachgeholt.

Zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder: Besser spät als nie. Auf den letzten Metern legt die Koalition nach vier verlorenen Jahren endlich einen  Gesetzentwurf zum Ganztagsausbau vor. Das wäre immerhin ein Schritt nach vorne. Die bittere Pille: Union und SPD lassen Grundschulkinder ein weiteres Jahr warten. Der Ausbau von Ganztagsschulen muss jetzt umgehend angegangen werden. Gute Ganztagsschulen und Horte sind entscheidend, damit Kinder stark aus der Krise kommen. Damit sich alle Kinder und Eltern auf gute Bildung und Betreuung verlassen können, braucht der Rechtsanspruch eine seriöse Finanzierung. Dazu gehört eine faire Kostenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen.

Ein rein quantitativer Ganztagsausbau verbessert weder Bildungs- noch Chancengerechtigkeit. Entscheidend ist, dass die Angebote auch qualitativ abgesichert werden. Dazu ist eine Qualifizierungsoffensive für pädagogisches Personal in Schulen und Horten ebenso erforderlich wie eine bessere Vergütung und attraktivere Arbeitsbedingungen. Schulen brauchen professionelle Unterstützung bei Schulentwicklungsprozessen und langfristige Unterstützung bei der Digitalisierung. Hier bleibt die Regierung notwendige Vorschläge und substanzielle Unterstützung schuldig.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

„Das Aufholpaket ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber bei weitem nicht ausreichend, weil es nicht langfristig angelegt ist und mit zwei Milliarden Euro viel zu klein ausfällt. Während für große Unternehmen geklotzt wurde, wird für ärmere Familien nur gekleckert. Allein für die Lufthansa waren in Windeseile neun Milliarden Euro da. Am Armutssystem Hartz IV hält die Regierung hingegen auch in der Krise fest, die für alle Menschen eine enorme Mehrbelastung und durch Homeschooling und Infektionsschutz auch Mehrkosten bedeutet. Da ist ein einmaliger Bonus von 100 Euro für ärmere Familien blanker Hohn. Es ist Zeit für eine soziale Familienpolitik, die eine Kindergrundsicherung schafft, die soziale Infrastruktur für Kinder und Familien ausreichend finanziert und ein echtes Aufholpaket auf den Weg bringt“, erklärt Katrin Werner, familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, zu dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen sogenannten Aufholpaket für Kinder und Jugendliche aus ärmeren Familien.

Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, ergänzt: „Das Aufholpaket ist Schönfärberei mit Regierungsstempel. Über Monate hat die Bundesregierung es verpasst, Kinder und Jugendliche angemessen in ihrer Pandemie-Politik zu berücksichtigen. Wiederum ohne die geringste Beteiligung der Betroffenen selbst, hechelt sie nun den eigenen Versäumnissen hinterher. Dabei ist noch völlig unklar, wie genau sie das viel zu knapp bemessene Geld verteilen will.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

Das Bundesfamilienministerium plant ein Zwei- Milliarden-„Aufholprogramm“, um die negativen Folgen der Corona-Pandemie für junge Menschen und Familien auszugleichen. Das Programm ist heute vom Bundeskabinett beschlossen worden. Dazu sagt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Das Aufholprogramm für Kinder und Jugendliche ist ein wichtiges und längst überfälliges Signal an hoch belastete Familien in Deutschland. Die Corona- Pandemie bringt viele Familien mit Kindern an den Rand ihrer Grenzen. Durch Homeschooling, geschlossene Kindertageseinrichtungen und fehlende soziale Kontakte sind Jugendliche und Kinder seit mehr als einem Jahr über die Maße belastet. Ihnen fehlen kontinuierliche Bildungsangebote, Entwicklungsförderungen und der Austausch mit Freunden. Viele Familien können ohne Unterstützung diese Lücken nicht kompensieren und aufholen. Die Einschränkungen, die junge Menschen erleben, werden ihre soziale Entwicklung, Bildungsbiographie, berufliche Chancen und Perspektiven langfristig beeinträchtigen.

Kinder und Jugendliche durch ein Bundesprogramm gezielt zu unterstützen und zu fördern, ist daher dringend notwendig; gerade, um Nachteile – insbesondere für Menschen in prekären Lebenssituationen – auszugleichen. Denn wer schon vor Corona benachteiligt war, den trifft auch die Pandemie härter. Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Jugendinstituts fühlen sich in der Corona-Krise besonders viele Kinder aus finanziell belasteten Familien einsam. Etwa ein Drittel der Kinder hatte Schwierigkeiten, mit dem Lockdown zurechtzukommen – gab es häufiger Konflikte in der Familie, betraf dies sogar mehr als die Hälfte.

Umso wichtiger ist, dass es nicht nur um ‚Aufholung‘ von Bildungslücken geht, sondern auch um psychosoziale Entlastung, Freizeitaktivitäten für Kinder und spürbare ‚Erholung‘. Das ‚Aufholprogramm‘ darf kein einmaliges ‚Wahlgeschenk‘ sein, sondern wir brauchen Programme, die Familien, Kinder und Jugendliche unmittelbar und nachhaltig fördern, damit sie ‚aufholen‘ können.

Dazu sollten Fördermittel möglichst direkt bei den Betroffenen und in der sozialen Infrastruktur ankommen.“

Weitere Informationen:

Corona-Informationsseite der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

DJI-Studie zu Kindsein in Zeiten von Corona: https://www.dji.de/themen/familie/kindsein-in-zeiten-von-corona-studienergebnisse.html

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 05.05.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt im Vorfeld der heutigen Bundestagsdebatte ausdrücklich den Gesetzentwurf zur Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Gleichzeitig appelliert die Kinderrechtsorganisation an Bund, Länder und Kommunen, den angestrebten Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen auch konsequent an den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention auszurichten. Wichtig ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes zudem die dauerhafte Finanzierung und Einhaltung von Qualitätsstandards in diesem Bereich. Ein rein quantitativer Ausbau von Betreuungsplätzen ohne ausreichende Qualitätssicherung widerspricht der in der UN-Kinderrechtskonvention normierten Vorrangstellung des Kindeswohls. Die wichtigsten Kriterien aller Anstrengungen müssen daher das psychische und physische Wohlergehen der betroffenen Kinder und eine demokratische Verfasstheit des Ganztagsangebotes sein. Hier braucht es klare, deutschlandweit einheitliche Rahmenvorgaben durch den Bund, um die Qualität dieser Plätze nachhaltig sicherzustellen.

„Der Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen muss sich konsequent an den in der UN-Kinderrechtskonvention normierten Kinderrechten ausrichten. Dazu müssen klare Rahmenvorgaben durch den Bund im Kinder- und Jugendhilfegesetz festgeschrieben werden, um so eine Umsetzung unabhängig vom Wohnort der Kinder zu garantieren. Dafür braucht es qualifiziertes pädagogisches Personal durch eine entsprechende Ausbildung angehender pädagogischer Fachkräfte und die Fort- und Weiterbildung von bereits im Hort und Ganztag tätigen Fachkräften. Um den Bedarf an zusätzlichen Erzieherinnen und Erziehern an den Grundschulen zu decken, muss zudem bereits jetzt die Erhöhung der erforderlichen Ausbildungskapazitäten kurzfristig umgesetzt werden“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die Qualitätsstandards müssen sicherstellen, dass die Ganztagsbetreuung nicht in mittelmäßigen Verwahranstalten am Nachmittag endet. Ganztagsbetreuung muss Ganztagsbildung ermöglichen, die sich an kindlichen Bedarfen und individuellen Entwicklungsschritten orientiert, die über den Tag verteilt Raum für formale und non-formale Bildung und für die persönliche Entwicklung der Kinder, aber auch für Spiel, Erholung und Bewegung bietet. Bei den Investitionen in Neu- und Umbauten müssen deshalb auch Räume für freies Spiel und Außengelände sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht mitgedacht und finanziert werden. Zudem ist die Öffnung von Schulen in den Sozialraum und die verpflichtende Zusammenarbeit mit außerschulischen Bildungspartnern voranzutreiben. Das gilt es ebenso zu beachten wie die Sicherstellung eines angemessenen Personalschlüssels, und eine qualitativ gute Mittagsverpflegung nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung“, so Hofmann weiter.

Bei der Erarbeitung von Ganztagskonzepten in den Schulen selbst ist es nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes wichtig, nicht nur Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher sowie die Eltern einzubeziehen, sondern vor allem die Rechte und Interessen der Schülerinnen und Schüler ausreichend zu berücksichtigen. Die Beteiligung von Kindern ist in Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention normiert und darf nicht am Schultor enden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 07.05.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert im Vorfeld der heutigen Sitzung des Bundeskabinetts das von der Bundesregierung geplante „Corona-Aufholpaket“ für Kinder und Jugendliche als völlig unzureichend. „Natürlich hört sich ein Zwei-Milliarden-Programm erst einmal gut an, aber im Endeffekt werden damit weniger als 150 Euro pro Kind in die Hand genommen. Das wird bei Weitem nicht ausreichen, um auch nur annähernd die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen zur Bewältigung der Corona-Pandemie zu decken. Dafür sind die Befunde der Studien über die Auswirkungen der Pandemie auf die physische und psychische Verfassung unserer Kinder zu gravierend. Und wenn dann die Hälfte des Geldes unter Einbeziehung kommerzieller Nachhilfeeinrichtungen für die Kompensation der Versäumnisse der Schulen eingesetzt werden soll, ist das Paket in der Gesamtschau eher ein schlechter Witz. Denn von entscheidender Bedeutung sind langfristige und nachhaltige Investitionen in bereits bestehende Strukturen, die Krisenfestigkeit und die Digitalisierung von Schulen. Zudem braucht es jetzt außerschulische Angebote unter Einbezug erfahrener Akteure der Zivilgesellschaft und Jugendhilfe, die soziale Interaktion ermöglichen, Bewegungs- und Ernährungsangebote für Kinder und Jugendliche schaffen sowie eine Ansprechfunktion in schwierigen familiären Situationen bieten“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Das ‚Corona-Aufholpaket‘ ist im Endeffekt die Fortsetzung des leeren Versprechens ‚Schulen und Kitas zuerst‘, von dem nicht mehr viel übriggeblieben ist. Die vielerorts dramatischen Berichte aus Kinder- und Jugendarztpraxen, aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie oder aus Kinderhäusern zeigen ganz deutlich, dass sowohl Ängste, Vereinsamung, Unsicherheiten und Depressionen bei Kindern und Jugendlichen als auch innerfamiliäre Konflikte deutlich zugenommen haben. Mit warmen Worten und einem halbherzigen Programm ist den Kindern und Jugendlichen in Deutschland nicht geholfen, notwendig sind nachhaltige und effiziente Maßnahmen zur Stärkung des Bildungswesens und der Jugendhilfe“, so Krüger weiter.

„Es muss sichergestellt werden, dass das ‚Corona-Aufholpaket‘ nicht an den Bedarfen der Kinder und Jugendlichen vorbeigeplant wird. Das kann am besten gelingen, wenn die wesentlichen Akteure der Kinder- und Jugendhilfe ebenso wie die Kinder und Jugendlichen selbst auf einem ‚Corona-Kindergipfel‘ über die notwendigen Weichenstellungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie diskutieren und mitentscheiden. Bei allen Maßnahmen, die jetzt auf den Weg gebracht werden, muss aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes klar sein, dass Kinder und Jugendliche als ‚ganze Menschen‘ und als umfassende Persönlichkeiten betrachtet und nicht auf ihr Dasein als Schülerinnen und Schüler reduziert werden dürfen. Insgesamt müssen wir insbesondere die Kinder und Jugendlichen in den Blick nehmen, die egal aus welchen Gründen, vergleichsweise schlecht durch die Corona-Pandemie kommen. Fördermaßnahmen mit der Gießkanne sind hier der falsche Weg. Niedrigschwellige Beratung-, Hilfs und Unterstützungsangebote für junge Menschen in persönlichen Problemlagen müssen ausgebaut werden“, so Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 05.05.2021

Das Bundeskabinett hat heute beschlossen, ein „Aufholpaket“ über 2 Milliarden Euro zu schnüren. Damit will der Bund die Länder bei Nachhilfe und Förderung für Schüler:innen  mit einer Milliarde sowie der Aufstockung sozialer Programme mit einer weiteren Milliarde unterstützen.

Das sei sehr begrüßenswert, so die Bundesgeschäftsführerin des Verbands binationaler Familien und Partnerschaften Chrysovalantou Vangeltziki. „Dabei kann es aber nicht bleiben. Die Kinder, die in der Pandemie besonders betroffen sind, sind die gleichen, die auch vorher schon unter Bildungsungerechtigkeit litten. Das sind besonders migrantische Kinder und hier braucht es eine größere Anstrengung seitens der Bildungspolitik, um diese Ungerechtigkeiten zu beheben.“, so Vangeltziki.

Alle Studien zeigten, dass einkommensschwache und Menschen mit Migrationsbezug am stärksten von der Pandemie betroffen sind. Sei es im sozialen, im ökonomischen, gesundheitlichen und eben auch im Bildungsbereich. Die Ifo-Studie vom April 2021 habe erneut festgestellt, dass Schüler:innen im Durchschnitt 3 Stunden weniger Schulunterricht hatten als vor Corona. Jedes vierte Kind habe sich sogar nur zwei Stunden täglich mit schulischen Aufgaben befasst. Förderunterricht, Nachhilfe oder Ferienschule hätten überproportional Akademikerkinder in Anspruch genommen und nicht die benachteiligten Kinder, die eine gezielte Förderung bräuchten.

„Das ist eine bildungspolitische Katastrophe. Ausgerechnet die Kinder und Jugendlichen, die es am meisten brauchen, haben seltener Online-Unterricht und auch weniger individuellen Kontakt zu ihren Lehrkräften wie es die Ifo-Studie zeigt! Wir haben bereits im März 2020 darauf hingewiesen, dass die sowieso schon benachteiligten Kinder und Jugendlichen ganz besondere Berücksichtigung brauchen. Es wird wieder einmal deutlich, dass es noch immer nicht gelungen ist, hier Konzepte zu erarbeiten, die an der Benachteiligung migrantischer Kinder im Bildungsbereich ansetzen, um mehr Bildungsgerechtigkeit zu verwirklichen“, so Vangeltziki

Die Quote der Schulabbrecher:innen habe sich in 2020 verdoppelt, in 2021 werde es nicht viel besser. Viele Kinder- und Jugendliche seien während der Schulschließungen regelrecht abgetaucht, nicht mehr erreichbar gewesen. In einer bundesweiten Befragung von Jugendämtern kommt das Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz (ISM) auch zu dem Schluss, dass sich vor allem die Situation von Kindern mit Migrationsbezug und bildungsbenachteiligten Schülern noch weiter verschlechtern wird.

„Was wir jetzt brauchen ist nicht nur eine Aufstockung von Lehrpersonal. Das ist eine wichtige langfristige Maßnahme. Wir brauchen dringend eine bedarfsorientierte, individuelle Begleitung migrantischer und benachteiligter Kinder und ihrer Eltern. Wir brauchen diversitätssensible Teams in den Schulen, Mentoringprogramme und mehr Schulsozialarbeit. Wir brauchen vor Allem mehr Zuständigkeit auf der Bundesebene, um flächendeckend qualitative Standards zu setzen. Jedes Bundesland macht in der Bildungspolitik was es will – das kann auf Dauer nicht funktionieren. Die Bildungspolitik muss endlich begreifen, dass hier Potentiale verloren gehen und die Gesellschaft das in den nächsten Jahrzehnten dann zu tragen hat.“

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. vom 05.05.2021

  • Bundesregierung bringt „Aktionsprogramm Aufholen“ auf den Weg
  • Bentele: „Das Paket ist ein richtiger Schritt, kommt aber zu spät“

Die Bundesregierung schnürt ein Paket mit zwei Milliarden Euro, um Kinder und Jugendliche in der Corona-Pandemie zu unterstützen. Das „Aktionsprogramm Aufholen“ wurde am Mittwoch, 5. Mai vom Bundeskabinett beschlossen. Eine Milliarde Euro soll in Nachhilfe- und Förderprogramme für Schülerinnen und Schüler fließen, mit der zweiten Milliarde Euro sollen soziale Programme aufgestockt werden. VdK-Präsidentin Verena Bentele:

„Endlich wird die Bundesregierung aktiv. Es ist gut, dass das Paket kommt, aber es kommt reichlich spät. Die Corona-Pandemie hat schon ihre Spuren an der jungen Generation hinterlassen: Psychisch stark belastet und im Homeschooling oft auf sich allein gestellt, fühlen sich viele Kinder schon jetzt als Verlierer. Wenn wir nicht in Zukunft von der verlorenen Generation Corona sprechen wollen, muss die Politik mehr bieten: Schülerinnen und Schüler müssen Schulabschlüsse nachholen können. Und junge Menschen brauchen mehr Unterstützung, damit sie einen Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag in der Tasche haben und ihnen der Start ins Berufsleben gelingen kann.“

Neben dem „Aktionsprogramm Aufholen“ müssen Bund und Länder auch das gemeinsame Lernen voranbringen. Der VdK fordert, dass Inklusion nicht zur leeren Worthülse verkommt, sondern in allen Kitas, Schulen und Hochschulen umgesetzt wird.

Das Paket ist ein erster Schritt, aber um Bildungsarmut zu bekämpfen, braucht es mehr als eine Einmalzahlung von 100 Euro an Kinder, deren Eltern Grundsicherung beziehen. Bentele weiter: „Der Kampf gegen Bildungsarmut muss endlich ganz oben auf die politische Agenda. Es kann nicht sein, dass vor allem das Elternhaus entscheidet, ob Jungen oder Mädchen Erfolg in der Schule haben. Alle Kinder haben ein Recht auf Bildung und brauchen Unterstützung auf ihrem Bildungsweg.“

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland vom 05.05.2021

SCHWERPUNKT II: Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung

Heute hat die Bundesregierung die Voraussetzungen geschaffen, um eines der Flaggschiffprojekte der Koalition in dieser Legislatur für mehr Vereinbarkeit und mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung umzusetzen. Mit dem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter kann endlich eine Betreuungslücke geschlossen werden, die nach der Kita für viele Familien wieder aufklafft, wenn die Kinder eingeschult werden.

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder schafft perspektivisch dafür Abhilfe. Ab August 2026 sollen zunächst alle Kinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch darauf haben, ganztägig gefördert zu werden. Der Anspruch wird in den Folgejahren um je eine Klassenstufe ausgeweitet. Damit hat ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassenstufen 1-4 einen Anspruch auf ganztägige Betreuung.

Der Rechtsanspruch wird im SGB VIII geregelt und sieht einen Betreuungsumfang von 8 Stunden an allen fünf Werktagen vor. Die Unterrichtszeit wird angerechnet. Der Rechtsanspruch soll – bis auf maximal 4 Wochen – auch in den Ferien gelten. Hier können die Länder eine entsprechende Schließzeit regeln. Bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs wird der Freiwilligkeit der Inanspruchnahme ebenso Rechnung getragen wie der Vielfalt der Angebote vor Ort. Erfüllt werden kann der Rechtsanspruch sowohl in Horten als auch in offenen und gebundenen Ganztagsschulen.

Damit dies Wirklichkeit werden kann, müssen bis 2026 zusätzliche Plätze geschaffen werden. Den erforderlichen Ganztagsausbau unterstützt der Bund mit Finanzhilfen in Höhe von bis zu 3,5 Mrd. Euro für Investitionen in die Infrastruktur. Davon werden 750 Mio. Euro über das Investitionsprogramm zum beschleunigten Ausbau der Bildungsinfrastruktur für Grundschulkinder bereits seit Ende 2020 bereitgestellt. Auch an den laufenden Kosten wird sich der Bund beteiligen und damit die Länder dauerhaft unterstützen. Die Mittel wachsen jährlich an und erreichen 2030 dann 960 Mio. Euro pro Jahr.

Nach dem Kabinettbeschluss ist ein zügiges Gesetzgebungsverfahren vorgesehen, um eine Realisierung in dieser Legislaturperiode zu ermöglichen. Mit dem heutigen Beschluss macht der Bund deutlich, dass er die bisherigen Bedenken der Länder und Kommunen bezüglich der Umsetzung des Rechtsanspruchs ernst nimmt, denn der jährliche Anteil des Bundes an den laufenden Kosten wird auf 960 Mio. Euro in der finalen Ausbaustufe erhöht. Zudem wird das stufenweise Inkrafttreten um ein Jahr verschoben auf das Schuljahr 2026/27.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder kann zum Gamechanger werden – für mehr Vereinbarkeit und Bildungsgerechtigkeit. Denn was vor der Pandemie wichtig war, ist nach den Erfahrungen des letzten Jahres noch dringlicher: Es braucht einen verbindlichen Rahmen dafür, dass alle Kinder gleich gut gefördert werden und ihre Chancen nutzen können. Und wir wollen Eltern ihr Leben erleichtern, in dem wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Mit dem Rechtanspruch auf Ganztagsbetreuung kommen wir beiden Zielen deutlich näher und stellen die Weichen für spürbare Verbesserungen für 2,8 Millionen Grundschulkinder und ihre Familien. Es geht aber nur mit den Ländern. Sie müssen dem Vorhaben zustimmen. Ich hoffe sehr, dass wir hier gemeinsam an einem Strang ziehen werden und eine Lösung im Interesse der Familien finden.“

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek: „Der Rechtsanspruch auf Ganztag ist ein Meilenstein in der weiteren Modernisierung Deutschlands. Durch eine Ganztagsbetreuung schaffen wir die Grundlage, um Kinder in der Anfangszeit ihres Schulbesuchs individueller fördern zu können. Das ist auch ein Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung!

Ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote bieten aber nicht nur enorme Chancen für die Grundschülerinnen und Grundschüler, sondern auch für Mütter und Väter, für die Arbeitgeber, für die Wirtschaft, für die Forschung. Das BMBF fördert auf vielfältige Weise Karriereentwicklungen, in der beruflichen Bildung ebenso wie im akademischen Bereich. Möglichkeiten der Qualifizierung und berufliche Aufstiege liegen mir daher in besonderer Weise am Herzen. Aber lebensbegleitendes Lernen erfordert Zeit. Und dies ist für Menschen mit familiären Aufgaben unmittelbar verknüpft mit einer guten und zuverlässigen Kinderbetreuung.

Nun ist es an den Ländern, mitzuziehen. Dadurch, dass der Rechtsanspruch gestaffelt eingeführt wird, gewinnen die Länder Zeit, um das erforderliche Personal auszubilden. Das Bundesbildungsministerium unterstützt bereits seit Langem bei der Qualifizierung und Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte und bei der Qualitätsentwicklung der Angebote.

Die Menschen erwarten von uns, dass wir – Bund, Länder und Kommunen – gemeinsam anpacken, um Kindern und Familien die optimale Betreuung und Förderung zu ermöglichen.“

Hintergrund:

Mit dem Beschluss setzt die Bundesregierung ein zentrales Vorhaben des Koalitionsvertrags zwischen CDU/CSU und SPD um und sendet ein wichtiges Signal: In Zeiten großer finanzieller Anspannung investiert Deutschland in die Zukunft und in die junge Generation. Die aktuelle Krise hat gezeigt, wie wichtig eine gute und verlässliche Kinderbetreuung ist.

Der geplante Rechtsanspruch stellt die Weichen für eine strukturelle Verbesserung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der Chancengerechtigkeit. Mit dem Infrastrukturausbau wird zudem ein konjunktureller Impuls ausgelöst, auch um den Herausforderungen der Corona-Krise zu begegnen.

Hochwertige Betreuungs- und Bildungsangebote am Nachmittag unterstützen Kinder und Jugendliche in ihrer sozialen, emotionalen und körperlichen Entwicklung. Schülerinnen und Schüler können über die Unterrichtszeit hinaus individuell gefördert werden. So lassen sich ihre Motivation und ihr Selbstwertgefühl steigern.

Vom Ausbau der Ganztagsbetreuung profitieren auch Arbeitgeber und der Staat, wie ein Gutachten des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), das im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erstellt wurde, belegt. Demnach steigt die Erwerbstätigkeit und das Erwerbsvolumen von Müttern je nach durchgerechnetem Szenario um zwei bis sechs Prozentpunkte. Familien haben dadurch ein höheres Einkommen und sind seltener auf staatliche Unterstützung angewiesen. Auch die Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen steigen deutlich.

Der Ausbau der Ganztagsbetreuung im Grundschulalter ist auch ein Beitrag zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Der Bedarf an Ganztagsangeboten für Kinder im Grundschulalter wird trotz des bisherigen Ausbaus der Betreuungsinfrastruktur in den Ländern noch nicht gedeckt. Während in manchen Bundesländern die Betreuungsquote bei über 80 Prozent liegt, liegt sie in vielen Regionen deutlich darunter.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 05.05.2021

Der Rechtsanspruch auf ganztägige Angebote für Bildung, Erziehung und Betreuung kommt. Das hat das Bundeskabinett heute beschlossen. Die SPD-Fraktion im Bundestag hat jetzt endlich in der Koalition erreicht, dass ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder in Tageseinrichtungen und Grundschulen ausgebaut werden.

„Mit dem heutigen Beschluss im Kabinett für einen Rechtsanspruch auf Ganztag gehen wir einen großen Schritt in Richtung Chancengleichheit für Kinder und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Gerade in der Nach-Corona-Zeit wird es darauf ankommen, allen Kindern beste Bildungs-, Entwicklungs- und Teilhabechancen zu eröffnen. Kein Kind darf zurückgelassen werden. Und eine Ganztagsbetreuung im Grundschulalter gibt Kindern mehr Zeit zum Lesen, Schreiben, Rechnen, Spielen und Sporttreiben.

Oliver Kaczmarek, bildungspolitischer Sprecher:

„Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig ein gut funktionierende Kinderbetreuung ist und wie sehr Bildungschancen von verlässlichen Angeboten und festen Strukturen abhängen. Deshalb führen wir den Anspruch auf ganztägige Förderung für Grundschulkinder zum 1. August 2026 ein. Damit bleibt mehr Zeit, um Strukturen und Personal in den Kommunen aufzubauen.

Der Bund beteiligt sich mit 3,5 Milliarden Euro an den Investitionskosten und langfristig mit rund einer Milliarde Euro jährlich auch an den Betriebskosten. Für die SPD-Fraktion im Bundestag ist wichtig, dass wir damit einen neuen Schub zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie besseren Bildungschancen für alle Kinder geben“.

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 05.05.2021

Bis zum Schuljahr 2025/2026 soll bundesweit ein Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung von Grundschulkindern geschaffen werden. Viele Eltern wünschen sich das. Doch was wollen eigentlich die Kinder? Eine Studie rekonstruiert 14 Qualitätsdimensionen eines guten Ganztags aus Kindersicht.

Ein Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung muss pädagogisch wertvoll sein

Ab dem Schuljahr 2025/2026 soll bundesweit ein Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung von Kindern im Grundschulalter geschaffen sein. Neben einer ausreichenden Anzahl an Plätzen sollen es qualitätsvolle, auswahlfähige und verlässliche Angebote werden.

Grundschulkinder wissen, was sie im Ganztag glücklich macht

Flankierend zum Gesetzesvorhaben hat sich 2018 eine Expert*innen-Runde „Rechtsanspruch guter Ganztag“ gebildet, in der Wissen und Diskursräume für die an der Umsetzung des Rechtsanspruchs Beteiligten zur Verfügung gestellt werden. Hierdurch sollen fundierte Erkenntnisse zur Umsetzung des Rechtsanspruchs für Kinder im Grundschulalter die pädagogische Qualität in Ganztagsangeboten sichern.

Die aktuellste Veröffentlichung aus ihrer fast dreijährigen Arbeit richtet mit der Studie „Ganztag aus der Perspektive von Kindern im Grundschulalter“ den Blick gezielt auf die Grundschulkinder, für die dieser Rechtsanspruch vorrangig gedacht ist: Wie blicken Kinder als Experten ihrer selbst auf ganztägige Bildungseinrichtungen? Welche Dinge sind ihnen wichtig? Was gefällt ihnen, was gefällt ihnen nicht? Was wünschen sie sich mit Blick auf Angebote, Zeitstruktur, Verbindlichkeit, Pädagogen, Räume, Essen, etc.? Kurz gesagt: Was brauchen Grundschulkinder, um glücklich aufzuwachsen? Und mit Blick auf das Ziel Chancengerechtigkeit: Inwiefern unterscheiden sich Kinder in ihren Bedürfnissen an ganztägiger Förderung und Bildung? Lassen sich diese Bedürfnisse bestimmten Sozialisationskontexten/ elterlichen Hintergründen/ sozioökonomischen Schichten zuordnen?

Diesen Fragen hat sich das Forschungsteam Bastian Walther, Iris Nentwig-Gesemann und Florian Fried in ihrer Studie gewidmet und Kindern dazu das Wort gegeben. Dabei wurden 14 Qualitätsdimensionen eines „guten“ Ganztags aus Kindersicht rekonstruiert, die noch einmal zu vier Qualitätsbereichen abstrahiert wurden: »Die Gestaltung positiver pädagogischer Beziehungen«, »die Gestaltung einer positiven Peer-Kultur«, »die produktive Bearbeitung von Themen und Aufgaben der mittleren und späten Kindheit« sowie »die Erweiterung des Bildungsraums Ganztag in die Natur und die Außenwelt«.

Die explorative Studie folgt den Kernprinzipien einer dokumentarischen Kindheitsforschung und erkennt Mädchen und Jungen als Subjekte von Forschung und Qualitätsentwicklung an. Die Autor*innen diskutieren im Kontext zunehmender Institutionalisierung von Kindheit, welche Potenziale mit dem Ganztag verbunden sein können und vor welchen Herausforderungen sein Ausbau steht, wenn das Wohlergehen, das Glück und die Rechte der Kinder ins Zentrum gestellt werden. Beauftragt von der Bertelsmann Stiftung, wurde diese Kinderperspektivenstudie realisiert mit Unterstützung des Arbeiterwohlfahrt Bundesverbands, der Robert Bosch Stiftung und der Stiftung Mercator als Initiatoren der Expert*innen-Runde.

Weitere Fachexpertisen für einen guten Ganztag

Im Verlauf der bislang acht Veranstaltungen der Expert*innen-Runde „Rechtsanspruch guter Ganztag“ wurden weitere Publikationen veröffentlicht:

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 05.05.2021

Die Bundesregierung hat heute den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter beschlossen. Der DGB setzt auf ein schnelles parlamentarisches Verfahren, damit das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode kommt. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack sagte am Mittwoch in Berlin:

„Es ist höchste Zeit, dass Bund und Länder dieses wichtige bildungs-, familien- und sozialpolitische Vorhaben auf den Weg bringen und gemeinsam mehr Ganztagsangebote für Grundschulkinder schaffen. Dafür war es wichtig, dass der Bund seinen finanziellen Anteil am Ausbau deutlich erhöht. So können Familien ab 2026 schrittweise besser planen und mehr Schülerinnen und Schüler an Förderangeboten teilnehmen. Beides ist gerade nach der Pandemie enorm wichtig.

Notwendig sind allerdings deutlich mehr gut qualifizierte pädagogische Fachkräfte, damit der Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung nicht verpufft. Denn schließlich muss auch die Qualität der Betreuungsangebote überzeugen. Schon heute ist der Fachkräftemangel in der frühen Bildung und Betreuung eklatant. Dies wird sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen, wenn Bund und Länder nicht zügig eine Fachkräfteoffensive für frühe Bildung starten. Bis 2030 brauchen wir mindestens 300.000 Erzieherinnen und Erzieher, bis 2025 über 10.000 Grundschullehrkräfte.“

Hintergrund:

Mit dem Ganztagsförderungsgesetz sollen Grundschulkinder von der ersten bis zur vierten Klasse einen Rechtsanspruch auf Betreuung von acht Stunden pro Tag bekommen. Ab dem Jahr 2025 soll dies zunächst für die Erstklässler gelten, in den Folgejahren sollen die weiteren Klassenstufen das Angebot erhalten.

Gute Ganztagsangebote fördern die Bildungschancen, insbesondere bildungsbenachteiligte Schülerinnen und Schüler profitieren davon. Jedes fünfte Kind in Deutschland ist von Armut bedroht. Ganztagsschulen und Horte sind für sie immens wichtige Lebens- und Erlebnisorte.

Auch familien- und gleichstellungspolitisch ist der Ganztagsausbau enorm wichtig. Denn nur, wenn die Kinderbetreuung funktioniert, lassen sich Beruf und Familie besser vereinbaren. Es sind meist Mütter, die ihre Berufstätigkeit unterbrechen oder die Arbeitszeit reduzieren, weil es für die Kinder im Grundschulalter keine Ganztagsangebote gibt. Diese Frauen werden beruflich ausgebremst. Der Rechtsanspruch auf die Ganztagsbetreuung fördert die Gleichstellung der Geschlechter und die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt.

DGB-Empfehlungen: Gewinnung und Sicherung von Fachkräften (Erzieher*innen) in der Kindertagesbetreuung 

DGB-Empfehlungen: Schulen während und nach der Corona-Krise: Ein Programm für mehr Chancengleichheit

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 05.05.2021

SCHWERPUNKT III: Pflege und Familie

„Pflegende Angehörige brauchen dringend Verbesserungen. Die Rentenansprüche müssen rauf und alle Angehörige, die pflegen, sollen Ansprüche erwerben können, auch Altersrentner und arbeitslose Menschen“, erklärt Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE, anlässlich der heutigen Anhörung zum Antrag „Rentenplus für pflegende Angehörige“. Zimmermann weiter:

„Besonders optimistisch stimmen mich die Aussagen aus dem Sozialverband VdK, der unseren Antrag ausdrücklich und vollständig begrüßte. Es ist doch absurd: Sichern pflegende Angehörige gute Pflege durch zusätzliche professionelle Pflegedienste, werden Rentenleistungen auch noch gekürzt. Und wer bereits Altersrente bezieht, erwirbt gar keine Ansprüche. Die vielen Pflegestunden im Pflegegrad 1 werden bisher völlig ignoriert.

Wohin das führt, machte vor allem der Zusammenschluss pflegender Angehöriger „wir pflegen“ e.V. deutlich: in Altersarmut, vor allem von Frauen. In den Stellungnahmen unterstützten auch die Caritas, der BAG Selbsthilfe und der Pflegeexperte Prof. Heinz Rothgang Verbesserungen für pflegende Angehörige. Auch über die Rentenregelungen hinaus. Angesichts dessen erwarte ich, dass die Koalition in ihrer angekündigten Finanzierungsreform der Pflege unsere Vorschläge aufgreift.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

„Das ist eine wichtige Unterstützung für unsere Forderungen“, sagt Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE, über die heute vom Deutschen Institut für Altersvorsorge veröffentlichen Ergebnisse zu den Belastungen pflegender Angehöriger. Anlässlich der morgigen Anhörung zum Antrag „Rentenplus für pflegende Angehörige“ ergänzt sie:

„Angehörige, die pflegen, leisten Arbeit, die einer Wertschöpfung von mindestens 44 Milliarden Euro im Jahr entspricht – so viel wie die kompletten Rüstungsausgaben. Dennoch sind viele nicht nur während der Pflege arm. Denn die Lohnarbeit muss oft reduziert, häufig ganz aufgegeben werden. Und die bislang möglichen zusätzlichen Rentenansprüche sind lächerlich. Der anstrengenden und häufig mit Armut verbundenen Pflege folgt dann: Altersarmut. Diese unwürdigen Zustände müssen endlich beendet werden.

Hinzu kommen Demütigungen verschiedener Art im Pflegealltag. Nutzen pflegende Angehörige für Entlastung und Pflegequalität einen Pflegedienst, werden die Rentenansprüche noch gesenkt. Und obwohl sich häusliche Pflege West von der Pflege Ost nicht unterscheidet, fallen die Rentenansprüche für pflegende Angehörige in Ostdeutschland niedriger aus. Und leisten Angehörige im Rentenalter Pflege, wird dafür gar nichts mehr in die Rentenkasse eingezahlt. Das gilt auch für pflegende Angehörige, die mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten. Daher fordern wir: Rentenansprüche auch im Pflegegrad 1 und für Menschen, die schon Altersrente beziehen. Höhere Leistungsbeträge in allen Pflegegraden und endlich eine Gleichstellung von pflegenden Angehörigen in Ost und West. Mit Spannung erwarte ich die Einschätzungen der Sachverständigen in der Anhörung am 5. Mai 2021 dazu.“

Link zur Anhörung:

www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw18-pa-gesundheit-rente-836184 Anmerkung: Die 44 Mrd. Euro Wertschöpfung gehen zurück auf Angaben und Berechnungen von „wir pflegen e. V.“ (https://www.wir-pflegen.net/aktuelles/nachrichten/104-nachrichten/492-pandemie-wir-brauchen-groesstmoeglichen-schutz-von-pflegenden-angehoerigen-und-gesellschaftliche-teilhabe) sowie vom Sozialverband Deutschland e. V.: www.sovd.de/fileadmin/bundesverband/pdf/broschueren/pflege/SoVD_Gutachten_Altersarmut_Frauen2019.pdf (S. 40 – 42).

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 04.05.2021

Die Vorschläge von Linken und Grünen für eine praktische Entlastung und rentenrechtliche Besserstellung pflegender Angehöriger finden bei Betroffenen und Fachverbänden viel Zustimmung. Anlässlich einer Anhörung über Vorlagen der beiden Fraktionen am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages wiesen die Experten auf die enorme Arbeitsleistung hin, die von Angehörigen in der Pflege erbracht wird. Zugleich riskierten die ehrenamtlichen Pfleger, durch Gehaltseinbußen in die Altersarmut zu rutschen. Sachverständige forderten in ihren schriftlichen Stellungnahmen substanzielle Verbesserungen für pflegende Angehörige.

Die Linksfraktion fordert in ihrem Antrag (19/25349) höhere Rentenleistungen für pflegende Angehörige. Die Grünen-Fraktion schlägt in ihrem Antrag (19/28781) vor, das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz zu einem Gesetz für mehr Zeitsouveränität für pflegende Angehörige weiterzuentwickeln.

Der Sozialverband VdK mahnte, die langjährige Betreuung dürfe für pflegende Angehörige im Alter nicht zur Armutsfalle werden. Deshalb müssten die Pflegezeiten rentenrechtlich verbessert werden. Von den rund 4,1 Millionen Pflegebedürftigen würden 80 Prozent zu Hause versorgt. Nur 673.000 Personen seien 2018 als nichterwerbsmäßig Pflegende in der Rentenversicherung pflichtversichert gewesen. Somit werde die Pflegearbeit von einem Großteil der Angehörigen gar nicht rentenrechtlich anerkannt.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG Selbsthilfe) erklärte, ohne pflegende Angehörige wäre die Corona-Pandemie kaum zu bewältigen. Schon vor der Pandemie seien viele pflegende Angehörige ausgebrannt gewesen, dieses Gefühl habe sich seither erheblich verstärkt. Die Übernahme der Pflege bedeute für viele Angehörige erhebliche finanzielle Einbußen bei der Rente. Die Betroffenen bräuchten eine bessere rentenrechtliche Absicherung.

Nach Einschätzung der Stiftung pflegender Angehöriger haben sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die Pflege stark verändert und erfordern neue Lösungen. Die finanziell nicht dotierte Angehörigenpflege sei Basis für die Pflege. Es gebe aber weder eine Begriffsdefinition noch eine Tätigkeitsbeschreibung für die Sorge- und Pflegearbeit der Angehörigen. Es stelle sich die Frage, wie ohne Anspruch auf finanziellen Leistungsausgleich für die Pflegearbeit eine auskömmliche Altersversorgung zu erwirtschaften sei.

Der Arbeitgeberverband BDA hält die Unterstützung pflegender Angehöriger grundsätzlich für richtig. Die Pflegezeitgesetze kämen den Bedürfnissen pflegender Angehöriger schon heute weit entgegen und ermöglichten Freistellungen von der Arbeit. Darüber hinausgehende Freistellungsansprüche können zu einer übermäßigen Belastung insbesondere kleiner und mittelgroßer Firmen führen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 610 vom 05.05.2021

Anlässlich des Muttertages weist der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt auf Mehrfachbelastungen von Frauen hin und fordert eine gerechtere Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit in Familien. Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes:

„War es vorher schon schwierig, Erziehung, Beruf, Haushalt sowie die Pflege von Angehörigen unter einen Hut zu bringen, so hat die Corona-Pandemie die Situation nur weiter verschärft. Diese Fürsorgearbeit lastet nach wie vor vor allem auf den Schultern von Frauen. Insbesondere alleinerziehende Mütter sehen sich derzeit zahlreichen Belastungen ausgesetzt und stehen unter massivem Druck. Erschöpfung und Überforderung sind vielfach die Folgen dieser Mehrfachbelastungen unter aktuell extremen Bedingungen. Auch pflegende Angehörige haben aus Sorge vor Ansteckungen auf entlastende Angebote wie die Tagespflege vielfach verzichtet.“

Private Sorgearbeit führt gerade für Frauen aufgrund der strukturellen Rahmenbedingungen zu massiven ökonomischen und gesundheitlichen Benachteiligungen. In Haushalten mit kleinen Kindern liegt zum Beispiel der Gender Care Gap bei 83,8% – Väter übernehmen demnach weiterhin nur wenige Aufgaben in Haushalt und Familie. Zusammen mit dem bestehenden Gender Pay Gap von rund 19% führt das zu einer Überlastung von Frauen und einer hohen Armutsgefährdung. Ein wichtiger Bestandteil, diese Schieflage auszugleichen, sind Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen.

Unter dem Dach der gemeinnützigen Stiftung des Müttergenesungswerkes setzt sich die Arbeiterwohlfahrt deshalb für die Gesunderhaltung von Frauen und ihren Familien ein. „Als Verband der Freien Wohlfahrtspflege unterstützen wir mit Nachdruck die aktuelle Spendenkampagne des Müttergenesungswerks rund um den Muttertag unter dem Motto #gemeinsamstark“, so Döcker, „Gerade in diesen Zeiten werden Spenden zur Unterstützung erholungsbedürftiger Mütter und ihrer Kinder, für Beratung und Nachsorgeangebote sowie für Informations- und Aufklärungsarbeit mehr als dringend benötigt. Durch eine Spende können wir uns gemeinsam für Mütter stark machen – nicht nur an einem Tag im Jahr!

Die Elly Heuss-Knapp-Stiftung Deutsches Müttergenesungswerk (MGW) setzt sich seit über 70 Jahren im Rahmen der therapeutischen Kette mit einem Beratungsnetz, mit Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen sowie einem Nachsorgeangebot für die Gesundheit von Müttern und inzwischen auch von Vätern und pflegenden Angehörigen ein. Durch medizinische, physio- und psychotherapeutische sowie psychosoziale Therapien und durch den Austausch mit anderen Müttern im Rahmen der dreiwöchigen Kuren, entfliehen die Frauen dem Alltag, schöpfen neue Kraft und entwickeln veränderte Perspektiven auf ihr Zuhause

Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft, IBAN: DE13 7002 0500 0008 8555 04 oder online: www.muettergenesungswerk.de/spenden 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 07.05.2021

  • Anhörung im Gesundheitsausschuss
  • Bentele: „Der größte Pflegedienst im Land braucht dringend Unterstützung“

Pflegende Angehörige müssen endlich entlastet werden. Das fordert der Sozialverband VdK anlässlich der Anhörung im Gesundheitsausschuss am 5. Mai zur rentenrechtlichen Absicherung pflegender Angehöriger sowie zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. 3,3 Millionen Menschen werden zu Hause von ihren Angehörigen versorgt. Viele der Pflegenden sind an der Belastungsgrenze angelangt. Durch die Corona-Pandemie und den Wegfall von Angeboten wie Tagespflege und Betreuungsdiensten können sie nicht mehr. VdK-Präsidentin Verena Bentele:

„Die Große Koalition hat in dieser Legislatur weitgehend versagt und die pflegenden Angehörigen im Stich gelassen. Viele fühlen sich nach über einem Jahr der Pandemie ausgebrannt. Der größte Pflegedienst im Land ist am Ende und braucht dringend mehr Unterstützung.“

Nach Ansicht des VdK wäre es ein wichtiger und richtiger Schritt, die Pflegearbeit auch über den Renteneintritt hinaus rentenrechtlich anzuerkennen. Solange die Pflegeversicherung die Rentenbeiträge zahlt, müssen als Ausgleich Steuerzuschüsse in die Pflegeversicherung fließen. Bentele weiter:

„Pflege ist in Deutschland oft eine Familienangelegenheit: Vor allem Frauen pflegen Mütter, Schwiegerväter oder Großeltern. Doch für viele von ihnen wird die Angehörigenpflege zur Armutsfalle: Wer zu Hause seine Angehörigen versorgt, reduziert oft die Arbeitszeit oder steigt aus. Finanzielle Probleme sind die Folge. Die Einkommensverluste schmälern später die Rente. Nur wenn Pflegende gut abgesichert werden, verhindert das Altersarmut und im schlimmsten Fall den Gang zum Sozialamt. Angehörigenpflege muss in der Rente den gleichen Stellenwert haben wie Kindererziehung.“

Für viele Pflegende ist es nahezu unmöglich, Pflege und Beruf miteinander zu vereinbaren. Eine Lohnersatzleistung analog zum Elterngeld und eine Freistellung von der Arbeit analog zur Elternzeit wären für den VdK der richtige Weg, um pflegende Angehörige spürbar zu entlasten. Als größte Interessensvertretung all derer, die zu Hause pflegen oder gepflegt werden, fordert der VdK, dass diejenigen, die einen Angehörigen versorgen, sich unabhängig von der Betriebsgröße bis zu drei Jahre freistellen lassen können und ein sogenanntes Pflegepersonengeld in Höhe von 67 Prozent des letzten Gehalts bekommen. Bentele:

„Eine Lohnersatzleistung würde vielen Pflegenden etwas Luft zum Atmen verschaffen. Es wäre ein richtiges Signal an die pflegenden Angehörigen, aber auch an die Gesellschaft: Das, was die Angehörigen täglich zu Hause leisten, ist enorm. Ohne sie würde das System Pflege schlicht zusammenbrechen. Deshalb brauchen die, die es am Leben erhalten, endlich Anerkennung und eine echte Reform.“

Der Sozialverband VdK Deutschland führt derzeit gemeinsam mit der Hochschule Osnabrück die bisher größte Studie zum Thema häusliche Pflege durch. Pflegende Angehörige, Pflegebedürftige und alle anderen können sich noch bis zum 9. Mai beteiligen. Mehr Informationen zur Pflegestudie gibt es hier.

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland vom 05.05.2021

SCHWERPUNKT IV: Corona-Krise

Bundesfamilienministerin Giffey: „Wir brauchen eine neue Qualität der Vereinbarkeit“

Beim Digitalen Forum „Vereinbarkeit stärkt – Familienbewusstsein in Unternehmen“ hat Bundesfamilienministerin Franziska Giffey heute mit Verantwortlichen aus kleinen, mittleren und großen Unternehmen aus verschiedenen Branchen und Regionen über das Thema Vereinbarkeit diskutiert. Es ging ganz konkret um die betrieblichen Erfahrungen im Umgang mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf während der Corona-Krise und die Lehren für eine familienbewusste Arbeitswelt der Zukunft.

Bundesfamilienministerin Giffey appellierte dabei an die Unternehmen in Deutschland, die Erfahrungen während der Pandemie als Impulse für eine moderne Unternehmenskultur nach der Krise zu nutzen: „Die Krise ist eine immense Belastung für Eltern und Arbeitgeber. Aber sie hat auch Raum geschaffen für unkonventionelle Lösungen und neue Ideen, wie Beschäftigte Familie und Beruf trotz allem vereinbaren können. Daraus müssen wir lernen! Wir dürfen nach der Krise nicht wieder in den alten Status quo zurückfallen, sondern weiterhin Vereinbarkeit partnerschaftlich aushandeln: zwischen Müttern und Vätern, zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten, zwischen Politik und Wirtschaft. Wir brauchen eine neue Qualität der Vereinbarkeit.“

Anlässlich der Veranstaltung haben die Unternehmen auf Initiative des Bundesministeriums die gemeinsame Erklärung „Vereinbarkeit stärkt“ veröffentlicht. Mit der Erklärung bekennen sich die Unternehmen dazu, dass Vereinbarkeit vor dem Hintergrund der Fachkräftesicherung und des gesellschaftlichen Wertewandels hin zu mehr Partnerschaftlichkeit ein wesentlicher Baustein einer nachhaltigen, innovativen Wirtschaft nach der Bewältigung der Krise sein muss. Zu den Teilnehmenden des Digitalen Forums und Unterzeichnern der Erklärung gehören unter anderem die Deutsche Bahn AG, Henkel AG, SAP Deutschland SE, Stihl AG und Vaude Sport GmbH.

Unternehmen, die sich der Erklärung „Vereinbarkeit stärkt“ anschließen wollen, können sich per Mail an das Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor Familie“ wenden: info@erfolgsfaktor-familie.de.

Das Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor Familie“ ist die zentrale Plattform zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mit dem Unternehmensprogramm setzt sich das Bundesfamilienministerium zusammen mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft (BDA, DIHK, ZDH) und dem DGB dafür ein, Familienfreundlichkeit zu einem Markenzeichen der deutschen Wirtschaft zu machen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.04.2021

Die Folgen der Kontaktbeschränkungen für Kinder und Jugendliche sind Thema einer Kleinen Anfrage (19/29183) der FDP-Fraktion. Die Abgeordneten erkundigen sich bei der Bundesregierung nach bekannten Auswirkungen der Kontaktbeschränkungen auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 616 vom 06.05.2021

Mehr als 70 Prozent der 14- bis 20-Jährigen in Deutschland beklagen, dass sich die Chancen auf dem Ausbildungsmarkt durch Corona verschlechtert haben. Die Hälfte ist der Auffassung, dass die Politik wenig bis gar nichts für junge Menschen tut, die einen Ausbildungsplatz suchen. Wer demnächst ein Studium anfangen möchte, sieht die Situation dagegen deutlich positiver. Das zeigt eine Befragung unserer Stiftung.

Die Corona-Krise führt zu einer wachsenden Verunsicherung junger Menschen im Hinblick auf die Situation am Ausbildungsmarkt. 71 Prozent aller Befragten – das sind 10 Prozent mehr als im Vorjahr – sind der Ansicht, dass sich die Chancen auf einen Ausbildungsplatz durch Corona verschlechtert haben. Bei Jugendlichen mit niedriger Schulbildung sind es sogar 78 Prozent. Für zukünftige Studierende sieht es deutlich besser aus: Weniger als ein Viertel (24 Prozent) aller Befragten glaubt, die Chancen auf einen Studienplatz seien durch Corona beeinträchtigt. Zu diesen Ergebnissen kommt die zweite Ausgabe einer repräsentativen Befragung von iconkids & youth im Auftrag unserer Stiftung von Februar/März 2021.

Die Unterschiede in der Beurteilung der Zukunft sind nachvollziehbar, sagt Jörg Dräger, Vorstandsmitglied: „Wer das Abitur hat, besitzt quasi eine Studiengarantie. Jugendliche mit niedrigeren Schulabschlüssen lassen wir in Krisenzeiten allein. Das ist nicht gerecht.“

53 Prozent der Jugendlichen haben den Eindruck, die Politik tue wenig oder gar nichts für Ausbildungsplatzsuchende. Das sind noch einmal drei Prozent mehr als bei der Befragung im August vergangenen Jahres. Weitere 20 Prozent sagen, dass die Politik zwar eher viel tue, aber noch immer nicht genug. „Wir müssen jedem jungen Menschen eine Ausbildungsperspektive geben, gerade in der Krise“, fordert Dräger. Das sei eine Frage der Chancengerechtigkeit und diene der Fachkräftesicherung. „Jede Krise vernichtet dauerhaft Ausbildungsplätze. Das war 2008 so und wird auch jetzt wieder so sein. Ausbildungsprämien für Betriebe reichen leider nicht, um diese Entwicklung aufzuhalten. Wir brauchen eine Ausbildungsgarantie.“

Ausbildung nach wie vor sehr attraktiv für junge Menschen

Das Interesse junger Menschen an einer Ausbildung ist auch im zweiten Corona-Jahr groß: 41 Prozent der 14- bis 20 -Jährigen, die noch Schüler:innen einer allgemeinbildenden Schule sind, möchten auf jeden Fall eine Ausbildung machen. Weitere 36 Prozent sind noch unentschieden. Das bedeutet, dass fast vier Fünftel der Schüler:innen eine Ausbildung zumindest als Möglichkeit in Betracht ziehen.

Jugendliche, die ihren Ausbildungsplatz schon angetreten oder bereits eine Zusage erhalten haben, sind mit ihrer Wahl höchst zufrieden: Mehr als 80 Prozent geben auf einer fünfstufigen Skala die beiden positivsten Bewertungen ab. Bemerkenswert ist, dass die Zufriedenheitsquote bei Jugendlichen mit niedriger Schulbildung mit 95 Prozent besonders hoch ist. „Das Potenzial der beruflichen Bildung ist nach wie vor sehr groß. Wir müssen alles daransetzen, dieses auch zu realisieren“, so Dräger.

Berufsorientierung: Im Dschungel der Wegweiser

Die große Mehrheit (79 Prozent) der Jugendlichen in Deutschland hält zwar das Informationsangebot zur Berufswahl insgesamt für ausreichend, allerdings beklagen 54 Prozent von ihnen, dass sie Schwierigkeiten haben, sich in der Fülle von Informationen zurechtzufinden. Was speziell das schulische Angebot zur Berufsorientierung betrifft, so schneiden Hauptschulen in den Einschätzungen der Schüler:innen besonders gut ab: 43 Prozent der Jugendlichen mit niedriger Schulbildung geben an, gut bis sehr gut über Berufe informiert zu sein. Umgekehrt zeigt sich die größte Unzufriedenheit bei den jungen Menschen mit hoher Schulbildung: Hier fühlen sich lediglich 23 Prozent gut bis sehr gut informiert und fast die Hälfte von ihnen (47 Prozent) hält sich für nicht so gut oder gar nicht gut informiert.

Mehr Infos unter www.ausbildungsgarantie.de.

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung vom 29.04.2021

Katholischer Kita-Verband setzt sich für eine nachhaltige Gesamtstrategie ein

Der Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband e. V., ein Fachverband der Caritas, sieht es als dringend erforderlich an, Kindertageseinrichtungen zu entlasten und einen höheren Schutz vor Corona-Infektionen durch eine politische Gesamtstrategie sicherzustellen. „Seit über einem Jahr arbeiten die pädagogischen Fachkräfte in unseren Kindertageseinrichtungen unter den belastenden Voraussetzungen einer Pandemie“, unterstreicht Clemens Bieber, Vorsitzender des KTK-Bundesverbandes.  Durch die Angebote unserer Kitas in der Notbetreuung oder im Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen sei es vielen Menschen erst möglich, ihren beruflichen Verpflichtungen nachzukommen und unser gesellschaftliches Leben aufrechtzuerhalten, so der Würzburger Domkapitular.

„Mit Sorge beobachten wir, dass das Engagement in unseren Kindertageseinrichtungen mit einer zunehmenden Überlastung des Systems verbunden ist“, betont Mirja Wolfs, stellvertretende Vorsitzende des Kita-Verbandes. Das erhöhte Arbeitsaufkommen durch krankheits- und quarantänebedingte Personalausfälle, zusätzliche Organisations- und Koordinationsaufgaben, sowie Ängste der pädagogischen Fachkräfte vor eigenen Infektionen würden im Arbeitsfeld einen enormen Druck erzeugen, so Wolfs.

Nach Auffassung des KTK-Bundesverbandes sind in einer politischen Gesamtstrategie verlässliche Regelungen zu Corona-Schutzimpfungen, zu Hygienemaßnahmen und der regelmäßigen Testung von Erwachsenen und Kindern ebenso auszuführen wie die Notwendigkeit reduzierter Gruppengrößen und die Möglichkeit, zusätzliche öffentliche Räume für die Betreuung der Kinder unbürokratisch nutzen zu können. Die einzelnen Regelungsbedarfe liegen in der vom Verband gerade veröffentlichten Position für eine nachhaltige Gesamtstrategie Kinder, Familien und Kindertageseinrichtungen in der Pandemie stärken vor.

Quelle: Pressemitteilung Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband e. V. vom 04.05.2021

Noch immer prägt die Corona-Pandemie das Leben der rund 40 Millionen Mütter, Väter und Kinder in Deutschland. Der Deutsche Familienverband (DFV) fordert zum Muttertag, das Hauptaugenmerk auf die Familien zu legen und endlich mit ihnen in den Dialog zu treten. Ein Familiengipfel ist überfällig, so Verbandspräsident Klaus Zeh.

Die Corona-Pandemie macht sichtbar, wie systemrelevant Familien sind. Ohne die Mitwirkung von Müttern, Vätern und Kindern können Maßnahmen der Pandemiebekämpfung nicht greifen. Familien übernehmen Verantwortung, halten zusammen und kümmern sich nicht zuletzt um andere. Dem Staat fällt die Aufgabe zu, die Last von Familien zu mindern.

„Familien gehören in den Mittelpunkt des politischen Handelns. Das gilt grundsätzlich, aber besonders in dieser Krise. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Bildung, Gesundheitsschutz und Erholung sowie finanzielle Stabilität müssen für Familien gewährleistet werden. Hier hat es zu viele Versäumnisse gegeben“, sagt Zeh.

Seit März 2020 gibt es nur noch sehr wenig Normalität im Alltag von Familien. Eltern und Kinder leben unter Dauerbelastung, insbesondere seitdem im Dezember die Corona-Bestimmungen wieder verschärft worden sind. In vielen Familien sind die Kraftreserven erschöpft. Das Verständnis für die Corona-Politik des Bundes und der Landesregierungen schwindet zunehmend.

Neue Schwierigkeiten durch Bundesnotbremse

„Die bundesweite Corona-Notbremse hat die Hoffnungen von Familien auf baldige Entlastungen und Entwarnung in der Pandemie noch einmal enttäuscht. Wieder stehen Eltern unter enormem Druck, wenn die Inzidenzwerte in einem Kreis am Schwellenwert von 165 hin- und herpendeln und damit Schulen und Kindertagesstätten mal schließen und mal öffnen. Familien fühlen sich erneut von der Politik allein gelassen“, so Zeh.

Für Familien ist besonders schwer zu verstehen, dass ihre Wünsche und Bedürfnisse seit Beginn der Pandemie immer wieder nur wenig Beachtung finden, obwohl sie entscheidend zu deren Bewältigung beitragen. „Es wird ständig über Familien in der Krise gesprochen, aber nie mit ihnen. Es ist längst Zeit für einen Bundesfamiliengipfel“, sagt Zeh. „Mit Familien reden, statt nur über sie, muss das Credo lauten. Wer Akzeptanz für Regeln will, darf nicht an den Familien vorbei regieren.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 07.05.2021

Die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen müssen bei der Planung von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie deutlich stärker als bisher in den Blick genommen werden. Dies fordert die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) mit Blick auf die andauernde Ausnahmesituation in der Coronakrise. Besonders hart trifft es die 5,2 Millionen Kinder und Jugendlichen der Sekundarstufe: Viele von ihnen sind seit Dezember 2020 gar nicht oder nur wenige Tage in der Schule gewesen, je nach Bundesland. Da für sie auch die meisten Freizeitangebote geschlossen und ihre Möglichkeiten für soziale Kontakte stark eingeschränkt sind, kommt es inzwischen vermehrt zu starken psychischen Belastungen und zu gesundheit­lichen Problemen bei den Heranwachsenden. Nach Analysen des Bundesinstituts für Be­völkerungsforschung ist der Anteil der Jugendlichen mit depressiven Symptomen nach Selbsteinschätzung enorm angestiegen und betrifft über 400.000 junge Menschen mehr als vor der Pandemie.

„Die Größenordnung der gesundheitlichen, seelischen Belastung der Kinder und Jugendlichen wird völlig unterschätzt. Wir erleben eine stille „Pandemie“ im Kinderzimmer mit depressiven Symptomatiken und Angststörungen. Da die Diagnostik für psychische Erkrankungen auf­wändiger ist, fehlen genaue Zahlen. Trotzdem ist die Situation alarmierend. Jede Woche Schulschließung verschärft diese Situation. Die Jugendlichen benötigen dringend eine Perspektive. Es darf nicht sein, dass sie weiterhin die stärksten Einschränkungen von allen tragen, weil es an tragfähigen Hygienekonzepten mangelt und die Schulen in vielen Bundesländern weiterhin geschlossen bleiben. In einem Alter, in dem Jugendliche sich schrittweise aus ihrem Elternhaus lösen und soziales Lernen vorrangig mit Gleichaltrigen stattfindet, haben viele derzeit fast nur Eltern und Geschwister als Ansprechpartner“, stellt eaf-Präsident Dr. Martin Bujard fest. „Das birgt großes Konfliktpotenzial, führt zu psychischen Belastungen und kann von den ebenfalls belasteten Eltern kaum aufgefangen werden.“

Befragungen aus den letzten Monaten (JuCo I und II der Universitäten Hildesheim und Frankfurt) zeigen, dass sich die jungen Menschen mit ihren Sorgen und Ängsten, mit ihren Bedürfnissen und Ideen nicht gesehen fühlen. Sie haben den Eindruck, dass über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. „Wenn Familien ihre Kinder gut durch die schwere Zeit der Beschränkungen bringen sollen, müssen wir deren Bedürfnisse weit stärker als bisher in den Fokus rücken. Mit Schulen, die zumindest Wechselunterricht anbieten, und Angeboten für die Freizeit an der frischen Luft sollte den Heranwachsenden nicht nur schulisches Lernen, sondern insbesondere soziale Interaktion mit Gleichaltrigen ermöglicht werden – und damit wieder mehr Lebensfreude“, so Bujard weiter.

Darüber hinaus müssten für junge Menschen gerade jetzt verstärkt echte Beteiligungs­möglichkeiten geschaffen und wegweisende Entscheidungen mit ihnen gemeinsam getroffen werden. Denn wenn Kinder und Jugendliche sich in einer schwierigen und herausfordernden Situation als aktiv handelnde Personen erleben, können sie gestärkt daraus hervorgehen und tragen weniger psychische Folgeschäden davon.

Die eaf schlägt in ihrem Policy Paper „Kinderrechte und Grundgesetz“ vor, ein Kinder-Mainstreaming als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. Martin Bujard ist überzeugt: „Wenn ein solches Kinder-Mainstreaming den Staat bereits im vergangenen Jahr zu einer aktiven und wirkungsvollen Kinderrechtspolitik verpflichtet hätte, wären Familien weit besser durch die Corona-Pandemie gekommen!“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 30.04.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Handlungsfelder einer Digitalstrategie, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt

Die Covid-19-Pandemie hat zu einem großen Digitalisierungsschub in Deutschland geführt, aber auch aufgezeigt, wo es Potenzial für Verbesserungen gibt. Mit der „Agenda für smarte Gesellschaftspolitik“ stellt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vor, wie es an den digitalen Fortschritt anknüpften will und die Menschen dabei in den Mittelpunkt stellt.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Ob Home-Office, Video-Konferenzen oder papierlose Anträge – für viele Menschen gehören diese digitalen Hilfsmittel inzwischen zur alltäglichen Normalität, ohne sie wäre die Pandemie nicht zu bewältigen gewesen. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass diese Möglichkeiten nicht nur ein besseres Leben für wenige, sondern für alle Menschen in unserem Land bedeuten. Ich sehe den digitalen Wandel vor allem als Chance, das Leben einfacher, sicherer und unbürokratischer zu machen, aber es muss sozial verträglich und zugänglich gestaltet sein.“

In seiner „Agenda für smarte Gesellschaftspolitik“ beschreibt das Familienministerium in fünf Handlungsfeldern, wie die Menschen von einer smarten Gesellschaftspolitik profitieren können: Zum Beispiel können digitale Tools älteren Menschen helfen, länger eigenständig zu Hause zu leben. Mobiles Arbeiten kann zu mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen, wenn gute Kinderbetreuung gesichert ist. Intelligente Assistenten und Bots können helfen, Bürokratie abzubauen.

Die fünf Handlungsfelder im Überblick:

  1. Smarte Lebensführung: Digitale Innovationen sollen den Alltag der Menschen einfacher, sicher und sozialer machen.
  2. Digitale Souveränität:  Alle Menschen sollen digitale Technologien informell selbstbestimmt, reflektiert und sicher nutzen können. Niemand wird abgehängt.
  3. Digitale Teilhabe und Beteiligung: Alle Menschen sollen mitmachen können: für ein demokratisches Zusammenleben in der digitalen Gesellschaft.
  4. Intelligente Services: Alle Menschen bekommen den Service, den sie brauchen.
  5. Innovative Datennutzung: Zusammen mit der Zivilgesellschaft etablieren wir ein Innovationsnetz in Deutschland, in dem Daten gemeinsam, innovativ, verantwortungsvoll und gemeinwohlorientiert genutzt werden.

Um diese von uns gesteckten Ziele zu erreichen, fördert das Familienministerium bereits viele verschiedene Projekte, von denen wir ausgewählte auch in unserer Agenda als Leuchttürme vorstellen. Beispielsweise Mehrgenerationshäuser die zeigen, wie auch Digitalität Zwischenmenschlichkeit fördern kann. Ein digitaler Computerkurs für ältere Mitbewohner, Eltern-Kind-Treffs vor dem Monitor oder auch ein neuer Podcast stärken das Miteinander der Generationen. Für mehr Frauen in IT-Berufen setzt sich das Projekt „YouCodeGirls“ ein. Ziel ist es, eine digitale Lern- und Lehrplattform zu entwickeln, auf der sich Mädchen und junge Frauen weiterbilden können. YouCodeGirls wird sie mit den entsprechenden Programmierfähigkeiten ausstatten.

Die „Agenda für smarte Gesellschaftspolitik“ präsentiert eine Vision für die digitale Gesellschaft von morgen: Digitale Innovationen können gesellschaftliche Herausforderungen auf neue Weise inklusiv und nachhaltig lösen, wenn der technologische Fortschritt in den Dienst der Allgemeinheit gestellt wird.

Denn die Digitalisierung umfasst vielmehr als den Ausbau des Glasfasernetzes oder die Modernisierung der Industrie. Smartphones und Tablets, Videocalls und digitale Plattformen verändern die Lebensgewohnheiten der Menschen, die Art und Weise, wie sie kommunizieren oder arbeiten. In der neuen Digitalstrategie stellt das Bundesfamilienministerium vor, wie eine Digitalisierung aussehen kann, die konsequent von den Menschen für die Menschen gedacht ist. Die „Agenda für smarte Gesellschaftspolitik“ ist der Kompass für eine innovative und intelligente Digitalpolitik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Unsere neue Digitalstrategie richtet sich an eine digitalpolitisch interessierte Fachöffentlichkeit, die organisierte Zivilgesellschaft, die Politik, die Digitalwirtschaft und Bürgerinnen und Bürger.

Hier der Link zur Agenda für smarte Gesellschaftspolitik:

www.bmfsfj.de/smarte-gesellschaftspolitik

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 04.05.2021

Bund und Bremen starten bundesweite Umsetzung

Durch eine umfassende Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen im Bereich Familie und Kind werden antragstellende Bürgerinnen und Bürger in Zukunft entlastet. Das Bundesfamilienministerium und – stellvertretend für den Bremer Senat – Bremens Finanzsenator Dietmar Strehl haben heute eine Vereinbarung zur Umsetzung digitaler Leistungen im Bereich Familie und Kind unterzeichnet, die sich aus dem Onlinezugangsgesetz ergibt.

Das bundesweit geltende Onlinezugangsgesetz (OZG) schreibt vor, dass bis Ende 2022 alle Verwaltungsdienstleistungen online zur Verfügung stehen müssen. Für die Digitalisierung der wichtigsten Familienleistungen ist das Themenfeld „Familie und Kind“ unter gemeinsamer Federführung des Bundesfamilienministeriums und der Freien Hansestadt Bremen zuständig. Dem Land kommt dabei die wichtige Rolle zu, die digitalen Angebote zu konzipieren, die notwendige technische Infrastruktur aufzubauen und schließlich die innovativen Angebote bundesweit verfügbar zu machen. Dafür werden nun 134 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket des Bundes bereitgestellt.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Bremen und das Bundesfamilienministerium arbeiten schon seit Jahren erfolgreich daran, Familienleistungen für die Bürgerinnen und Bürger zu digitalisieren. Jetzt schalten wir noch einen Gang höher. Die heutige Vereinbarung ermöglicht, dass wir ab sofort die Digitalisierung aller Familienleistungen in den Bundesländern weiter beschleunigen können. 134 Millionen Euro stehen bereit. Eltern sollen spätestens Ende 2022 die für sie besonders wichtigen Verwaltungsleistungen – von der Schwangerschaft bis zur Geburt und darüber hinaus – bundesweit komplett papierlos beantragen können. Das heißt: Weniger Papierkram und mehr Zeit für die Familie.“

„Schneller und einfacher lautet das Ziel. Wir wollen das Leben der Bürger:innen erleichtern. Die Vereinbarung mit dem zur Verfügung gestellten Geld sorgt für einen Schub bei der Entwicklung barrierefreier Onlineangebote. Die Sicht der Nutzer:innen steht im Mittelpunkt,“ erklärt Finanzsenator Dietmar Strehl und fügt hinzu: „Behördengänge werden durch die Digitalisierung auf ein Minimum beschränkt. Ich freue mich ganz besonders, dass wir mit zeitsparenden Online-Dienstleistungen den besonders stressigen Alltag von Alleinerziehenden erleichtern werden.“

Im Themenfeld „Familie und Kind“ werden 21 verschiedene Verwaltungsleistungen digitalisiert, die für Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel bei einer gewünschten Schwangerschaft, bei der Geburt oder Adoption eines Kindes, im Kontext der Eheschließung oder im Bereich Vaterschaft, Unterhalt und Sorgeerklärung wichtig sind.

Beispiele für die Online-Dienste im Themenfeld sind:

  • Antrag auf Eheschließung
  • Antrag auf Unterhaltsvorschuss
  • Antrag auf Kindergeld
  • Antrag auf Elterngeld
  • Antrag zur Namensfestlegung und Namensänderung
  • Kita-Anmeldung
  • Antrag für Leistungen im Rahmen eines Schwangerschaftsabbruchs
  • Antrag für die Inanspruchnahme von Sachleistungen für die Herbeiführung einer Schwangerschaft
  • Antrag auf Pflegekindergeld

Die Leistungen des Themenfelds sowie weitere Informationen finden Sie hier: https://www.onlinezugangsgesetz.de/Webs/OZG/DE/umsetzung/themenfelder/familie-und-kind/familie-und-kind-node.html

Bei der Umsetzung profitieren die Freie Hansestadt Bremen und das Bundesfamilienministerium als Themenfeld-Federführer von den gemeinsamen Erfahrungen aus bereits gestarteten Digitalisierungsprojekten, wie ElterngeldDigital oder dem Pilotprojekt „Einfach Leistungen für Eltern“ (ELFE).  Bei ELFE haben in der Freien Hansestadt Bremen auch die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport, der Senator für Inneres und der Senator für Finanzen bereits erfolgreich zusammengearbeitet. Im Rahmen der Bearbeitung des Themenfeldes wird nun die Zusammenarbeit auf die Senatorin für Kinder und Bildung, die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz und den Senator für Kultur ausgedehnt.

Zum Hintergrund:

Im Rahmen des Corona-Konjunkturprogramms „Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken“ hat die Bundesregierung für die beschleunigte Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes Finanzmittel in Höhe von insgesamt 3 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.

575 Verwaltungsdienstleistungen wurden in 14 Themenfelder unterteilt, die insgesamt 35 Lebens- und 17 Unternehmenslagen abbilden. Das Bremer Themenfeld kümmert sich um digitale Verwaltungsleistungen rund um Familie und Kind. Die einzelnen Themenfelder bilden die Grundlage für die arbeitsteilige Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. Die 14 Themenfelder wurden verschiedenen Federführenden zugeteilt: Mindestens ein Bundesland und ein zuständiges Bundesressort haben als Vertragspartner die Federführung einzelner Themenfelder inne, an denen auch kommunale Partner und gegebenenfalls weitere Länder beteiligt sind.

Federführend für das Themenfeld Familie und Kind sind das Bundesfamilienministerium und das Land Bremen, außerdem sind als Projektpartner beteiligt: das Bundesministerium der Finanzen, die Länder, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Weitere Informationen: www.finanzen.bremen.de/ozg

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 03.05.2021

Gutes Aufwachsen mit Medien – auch im 21. Jahrhundert

Mit der Reform des Jugendschutzgesetzes treten zum 1. Mai 2021 neue Regelungen für den Kinder- und Jugendmedienschutz in Kraft.

Das Gesetz packt mit moderner und zukunftsoffener Regulierung die zentralen Herausforderungen für ein gutes Aufwachsen mit Medien von Kindern und Jugendlichen an. Langjährige Forderungen der Fachwelt, Einigungen zwischen Bund und Ländern, der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien für die 19. Legislaturperiode sowie Forderungen der Kinderkommission des Deutschen Bundestages und des Kinderrechtsausschusses der Vereinten Nationen werden damit umgesetzt.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Mit dem neuen Jugendschutzgesetz geben wir zeitgemäße Antworten auf die drängenden Herausforderungen des Kinder- und Jugendmedienschutzes: Bisher ging es vor allem um den Schutz vor der Konfrontation mit Inhalten und es gab Unterschiede zwischen den Regelungen on- und offline. Aber das entspricht nicht mehr der Realität, wie Kinder und Jugendliche Medien nutzen. Aktuelle Risiken wie beispielsweise eine sexuell motivierte Ansprache, also das sogenannte Cybergrooming, oder Kostenfallen und Mobbing waren noch nicht geregelt.

Kinder und Jugendliche sind einen großen Teil des Tages online – häufig schon im Grundschulalter mit dem eigenen Smartphone und ohne elterliche Begleitung. Das ist wichtig für die digitale Teilhabe, birgt aber eben auch neue Gefahren. Kinder und Jugendliche sollen gut und unbeschwert aufwachsen. Dazu gehört, dass sie sich in altersgerechten Interaktionsräumen bewegen können. Ganz bewusst haben wir die neuen Regelungen deshalb auch aus der Perspektive von Kindern und Jugendlichen gedacht und haben uns weniger an Verbreitungswegen und Mediensparten orientiert.“

Das Gesetz hat mehrere neue Regelungsansätze, die den Dreiklang aus Schutz, Orientierung und Durchsetzung umfassen und die Schaffung einer Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz regeln.

Die neuen Regelungssätze im Überblick:

  1. Verpflichtung zu strukturellen Vorsorgemaßnahmen

Für Kinder und Jugendliche relevante Internetdienste werden verpflichtet, angemessene und wirksame strukturelle Vorsorgemaßnahmen zum Schutz der persönlichen Integrität von Kindern und Jugendlichen zu treffen. Vorsorge kann beispielsweise in sicheren Voreinstellungen, leicht erreichbaren Melde- und Hilfesystemen oder Systemen zur Altersverifikation getroffen werden. Die konkret erforderlichen Vorsorgemaßnahmen können mit Blick auf Eigenheiten und Nutzungsanwendungsbestimmungen eines Angebots variieren. Die gesetzliche Regelung lässt den notwendigen Spielraum sowohl für eine passgenaue Anwendung als auch für die Berücksichtigung künftiger Entwicklungen.

  1. Modernisierung von Alterskennzeichen

Die Regelungen zu Alterskennzeichnungen für Computerspiele und Filme werden modernisiert und bieten künftig wieder verlässliche und nachvollziehbare Orientierung für Eltern, Fachkräfte sowie Kinder und Jugendliche selbst: Auch Online-Film- und Spieleplattformen müssen ihre Angebote künftig mit Alterskennzeichen versehen, die auf einer transparenten Grundlage zustande gekommen sind. Interaktionsrisiken finden Eingang in die Altersbewertung, wenn und soweit sie die Alterseignung des Mediums wesentlich prägen. Dies bedeutet, dass beispielsweise offene Chats, die eine Kontaktanbahnung ermöglichen und damit Einfallstor für Mobbing, sexuelle Belästigung u.a. sein können, nun bei der Frage der Alterseignung berücksichtigt werden können. Gleiches gilt für Kaufanreize und glücksspielähnliche Elemente wie Lootboxen. Durch eine Einbeziehung in das Alterskennzeichen selbst werden zum Beispiel Eltern auf einen Blick befähigt, eine Entscheidung zu treffen.

  1. Konsequente Rechtsdurchsetzung

Das Jugendschutzgesetz ermöglicht eine konsequente Rechtsdurchsetzung auch gegenüber Anbietern, die ihren Sitz nicht in Deutschland haben. In einem ersten Schritt wird Anbietern in einem dialogischen Verfahren ausreichend Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben. Verläuft dieses Verfahren jedoch fruchtlos, drohen als letzte Konsequenz Bußgelder in Höhe von bis zu 50 Millionen Euro.

  1. Weiterentwicklung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien zur Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz

Die bisherige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien mit Sitz in Bonn wird zur Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz weiterentwickelt. Sie wird die Aufsicht über die Einhaltung der neuen Anbieterpflichten führen. Ebenso wird sie alle im Kinder- und Jugendmedienschutz wichtigen Akteure vernetzen, die auch weiterhin notwendige Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendmedienschutzes vorantreiben und Orientierung ermöglichen. Für die Erfüllung dieser neuen Aufgabe wird die Behörde sukzessive auch personell ausgestattet; schon für 2021 sind 37 zusätzliche Stellen vorgesehen. Bei der Bundeszentrale wird ein Beirat eingerichtet, der nicht nur konsequent die Interessen von Kindern und Jugendlichen einbringt, sondern in dem Kinder und Jugendliche auch – erstmals bei einer Behörde – selbst vertreten sind.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.04.2021

Zum Internationalen Hebammentag erklärt Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Gesundheitsförderung:

Auf den guten Anfang kommt es an. Deshalb brauchen wir eine Geburtshilfe, die Eltern und Kinder in den Mittelpunkt stellt. Wir wollen, dass Schwangere vor, während und nach der Geburt umfassend unterstützt werden. Dafür brauchen wir Hebammen, die ihren Beruf gut und gerne ausüben. Unsere Gesellschaft kann es sich nicht leisten, weiterhin gut ausgebildete und erfahrene Kräfte wegen Überlastung und zu geringer Vergütung zu verlieren. Wir müssen sicherstellen, dass Hebammen nicht wegen hoher Hürden bei der Anerkennung der Gleichwertigkeit ihrer nicht-akademischen Ausbildungen schlechter gestellt werden.

Die Bilanz der Bundesregierung zum Ende der Wahlperiode ist ernüchternd: In der Corona-Pandemie wurden die Belange von Hebammen bei der Versorgung mit Schutzausrüstungen und beim Impfen übersehen oder zweitrangig bedacht. Die verschleppte Akademisierung der Hebammenausbildung nimmt die Benachteiligung altrechtlich qualifizierter Hebammen billigend in Kauf. Für eine Eins-zu-Eins-Betreuung in den wesentlichen Phasen der Geburt und gute Arbeitsbedingungen in der Geburtshilfe braucht es mehr als ein minimales Stellenförderprogramm über nur drei Jahre.

Neben der besseren Bezahlung von Hebammen müssen die gute Zusammenarbeit von Ärzt*innen, Hebammen und anderen Gesundheitsberufen gezielt gefördert werden. Dazu gehören eine adäquate Personalausstattung, gemeinsame Aus- und Weiterbildungen, mehr Kooperation in Gesundheitsregionen und der Ausbau der Hebammenwissenschaft. Hebammen mit altrechtlicher Berufsausbildung und Berufserfahrung muss niedrigschwellig der nachträgliche Erwerb des Bachelor-Titels ermöglicht werden. Mit einem Sicherstellungszuschlag können freiberufliche Hebammen Schwangere auch in unterversorgten Regionen unterstützen. Diese und weitere Maßnahmen gehören auf den Tisch bei einem Geburtshilfegipfel, wo alle relevanten Akteur*innen den notwendigen Kulturwandel in der Geburtshilfe konzipieren und umsetzen

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 04.05.2021

Zum Tag der gewaltfreien Erziehung erklärt Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Vor 20 Jahren hat der Bundestag mit dem Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung einen gesellschaftspolitischen Meilenstein beschlossen. Nachdem innerhalb der ersten zehn Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes die Akzeptanz gegenüber körperlicher Gewalt in der Erziehung deutlich zurückging, verdeutlicht eine neue Studie („Aktuelle Einstellungen zu Körperstrafen und elterliches Erziehungsverhalten in Deutschland“ von Prof. Dr. Jörg M. Fegert), dass sich diese positive Entwicklung im vergangenen Jahrzehnt nicht fortgesetzt hat.

Leider ist die eigene Familie nicht immer der sicherste Ort für Kinder. Die Zunahme häuslicher Gewalt während der Corona-Pandemie hat diesen traurigen Umstand noch einmal verdeutlicht: Gewaltfreie Erziehung ist in Deutschland noch immer keine Selbstverständlichkeit.

Deshalb darf Kinderschutz nicht nur am Tag der gewaltfreien Erziehung im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit stehen, sondern wir müssen konsequentere Maßnahmen ergreifen, um den Schutz unserer Kinder zu fördern. Neben körperlicher Gewalt muss auch psychische Gewalt wie Demütigung, Missachtung und Entzug von Liebe stärker als eine Form der häuslichen Gewalt anerkannt werden. Es braucht außerdem eine bessere Datenerfassung, auf dessen Grundlage Präventions- und Interventionsstrategien verbessert werden können. Schließlich müssen die Kinderrechte in Deutschland gestärkt werden, um die Rahmenbedingungen für einen wirksamen Kinderschutz zu verbessern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 30.04.2021

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am Mittwochvormittag einem Gesetzentwurf (19/28115) der Bundesregierung für ein Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über den Mutterschutz zugestimmt. Gegen den Entwurf stimmte nur die AfD-Fraktion, während alle anderen Fraktionen dafür votierten.

Das Übereinkommen Nr. 183 vom 15. Juni 2000 ist eine Überarbeitung des Mutterschutz-Übereinkommens von 1952, das wegen seiner zu detaillierten Regelungen nur von wenigen Mitgliedstaaten der IAO unterzeichnet worden war. Das Übereinkommen Nr. 183 vermeide durch flexiblere Regelungen diese Hindernisse, schreibt die Regierung in dem Entwurf. Ziel des Übereinkommens ist es demnach, die Gleichstellung aller erwerbstätigen Frauen sowie die Gesundheit und Sicherheit von Mutter und Kind weiter zu fördern. Mit dem Gesetz werden die Voraussetzungen für eine Ratifizierung des Übereinkommens durch Deutschland geschaffen. Im Rahmen der Ratifizierung seien Änderungen oder Ergänzungen der innerstaatlichen gesetzlichen Vorschriften nicht erforderlich, so die Bundesregierung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 603 vom 05.05.2021

Im März hat die EU-Kommission ihre Empfehlung für die Europäische Kindergarantie vorgestellt und die EU-Kinderrechtsstrategie beschlossen (s. EuropaNews 03/21). Eurochild hat nun die Kampagne #CanWeBelieveInYou? gestartet, mit der sie auf Fragen der Umsetzung aufmerksam machen will. Die Organisation verweist darauf, dass die Empfehlung „Investitionen in Kinder“ bereits im Jahr 2013 angenommen wurde und seitdem wenig Fortschritt in der Bekämpfung von Kinderarmut und in der Investition in die frühen Lebensjahre erzielt wurde.

Quelle: EuropaNews April 2021 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 30.04.2021

Die Organisation Eurocities unterstützt Städte im Rahmen der Initiative „Inclusive Cities for All“ dabei, die Europäische Säule sozialer Rechte auf lokaler Ebene umzusetzen. In diesem Rahmen hat Eurocities eine Untersuchung zu Kinderarmut in europäischen Städten durchgeführt. Es ist die vierte Umfrage dieser Art, bei denen sich jeweils an einem der Prinzipien aus der Säule orientiert wird. Der Fokus dieser Untersuchung lag auf Prinzip 11, das die Betreuung und Unterstützung von Kindern festschreibt. Untersucht wurde, welche Maßnahmen Städte speziell zur Bekämpfung von Kinderarmut ergreifen, wie sie die Chancengleichheit von Kindern fördern und welche Problemlagen in diesem Bereich noch bestehen. Der Bericht bezieht Daten aus 35 europäischen Städten in 18 Staaten ein, die bei zuständigen Behörden der Städte erhoben wurden. Der Bericht stellt Best Practices vor, weist aber auch auf bestehende Herausforderungen hin: Insbesondere für einkommensschwache Familien sei die Versorgung mit Wohnraum ein sich verschärfendes Problem. Weitere Probleme waren die pandemiebedingten Schulschließungen, da der Zugang zum Home Schooling für arme Familien erschwert sei, sowie die fehlende Finanzierung und Schwierigkeiten im Bereich der politischen Steuerung.

Quelle: EuropaNews April 2021 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 30.04.2021

EU-Parlament hat eine Studie zur rechtlichen Situation von Regenbogenfamilien veröffentlicht. Damit gemeint sind gleichgeschlechtliche Paare mit oder ohne Kinder. Die Studie untersucht vor allem die Umsetzung ihres Rechts auf Bewegungsfreiheit und die Behandlung von gleichgeschlechtlichen Ehen und Lebenspartnerschaften bei der Überschreitung von Grenzen innerhalb der EU. Für Regenbogenfamilien besteht das Problem, dass ihre Partnerschaften und ggf. das Sorgerecht beider Eltern nicht in allen EU-Mitgliedstaaten gleichermaßen anerkennt werden. Das kann dazu führen, dass Familien nach einem Umzug in einen entsprechenden Mitgliedstaat rechtlich anders behandelt werden. Ggf. verlieren sie damit den Zugang zu Familienleistungen der sozialen Sicherung und weitere Rechte, die im Herkunftsstaat selbstverständlich waren. Abschließend gibt die Studie Empfehlungen zu rechtlichen Änderungen, allen voran die Angleichung der Anerkennung von Regenbogenfamilien EU-weit.

Quelle: EuropaNews April 2021 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 30.04.2021

Männer arbeiten im Durchschnitt neun Stunden pro Woche mehr als Frauen. Dabei möchten mehr Männer als Frauen ihre Arbeitszeit reduzieren und andererseits mehr Frauen als Männer ihre Arbeitszeit ausweiten. Damit besteht Potenzial zur Angleichung der Arbeitszeiten zwischen den Geschlechtern.  

In Deutschland arbeiten erwerbstätige Männer im Durchschnitt 41 Stunden und erwerbstätige Frauen 32 Stunden pro Woche. Allerdings wünschen sich Männer mit 37 und Frauen mit 30 Stunden pro Woche eine kürzere Arbeitszeit. Insgesamt arbeiten 50 Prozent der männlichen und 41 Prozent der weiblichen Beschäftigten mehr, als sie gerne würden, und sind damit überbeschäftigt. Dieses Bild dreht sich beim Blick auf jene Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit gerne ausweiten würden, die also unterbeschäftigt sind: Mehr Frauen als Männer möchten ihre Stundenzahl ausweiten. So ist der Anteil unterbeschäftigter Frauen mit 17 Prozent fast doppelt so hoch wie bei Männern – von ihnen arbeiten nur neun Prozent weniger als gewünscht.

„Unterschiedliche Arbeitszeiten sind einer der Hauptgründe für die unterschiedlichen Erwerbseinkommen von Männern und Frauen. Unsere Analysen zeigen: Das Potenzial für die Angleichung von Arbeitszeiten ist da. Und es ist auch gesellschaftlich geboten“, kommentiert Jörg Dräger, Vorstand unserer Stiftung. Im Mittelpunkt der neuen Studie, die ein Forscher:innen-Team um Andreas Peichl vom ifo Institut im Auftrag der Stiftung erstellt hat, stehen die Entwicklung der tatsächlichen und gewünschten Arbeitszeiten seit 1985 sowie die Gründe für die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit.

Müttern fällt es schwerer als Vätern, ihre Arbeitszeitwünsche umzusetzen

Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte können ihre Arbeitszeitwünsche nicht gleich gut umsetzen. Während Vollzeitbeschäftigte im Durchschnitt gerne rund sechs Stunden weniger pro Woche arbeiten würden, besteht bei in Teilzeit beschäftigten Frauen und Männern zwischen gewünschter und tatsächlicher Arbeitszeit nahezu kein Unterschied.  

Insbesondere Müttern fällt es schwer, ihre Arbeitszeitwünsche zu realisieren. Die Berechnungen zeigen, dass dies nicht auf Kinder an sich, sondern auf den Mangel an Betreuungsmöglichkeiten oder die zu hohen Kosten dafür zurückzuführen ist. Lassen sich Familie und Beruf gut miteinander vereinbaren, können auch Arbeitszeitwünsche besser verwirklicht werden.

Auf die Arbeitszeitwünsche von Männern haben Kinder und die Betreuungssituation hingegen so gut wie keinen Einfluss. Dies deutet darauf hin, dass die traditionelle Rollenaufteilung nach wie vor dominiert. „Fehlende oder zu teure Kinderbetreuung führt immer noch dazu, dass insbesondere Mütter ihre Arbeitszeitwünsche nicht realisieren können“, kommentiert Dräger. „Auch acht Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz müssen die Angebote ausgeweitet werden.“

Verfügbarkeit von Betreuungsmöglichkeiten ist ein zentraler Hebel

Die Corona-Pandemie verschärft die Situation – erste Untersuchungen zeigen, dass sich die Kita- und Schulschließungen negativ auf die Arbeitszeitwünsche von Müttern auswirken. Ohne funktionierende Kinderbetreuung ziehen sie sich weiter aus der Erwerbsarbeit zurück. „Die Pandemie verdeutlicht: Gute Kitas und ein gutes Ganztagsangebot in den Schulen sind zentral, damit Mütter ihre Arbeitszeitwünsche umsetzen können“, sagt Dräger.

Darüber hinaus müssten Fehlanreize im Steuer-, Abgaben- und Transfersystem abgebaut werden, weil sie die Mehrarbeit für Frauen und Mütter häufig unattraktiv machen. Die Kombination aus Ehegattensplitting und Minijobs führt beispielsweise dazu, dass es sich für Zweitverdiener:innen häufig nicht lohnt, eine substanzielle Beschäftigung aufzunehmen. Die Verwirklichung von Arbeitszeitwünschen von Männern und Frauen ist aber eine wesentliche Voraussetzung für eine gleichere Aufteilung der Erwerbs- und Fürsorgearbeit.

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit weiterlesen

Quelle: Newsletter Bertelsmann Stiftung vom 30.04.2021

Windeln wechseln statt Job – zumindest eine Zeit lang? Was für viele Väter früherer Generationen noch undenkbar war, haben hierzulande 462 300 Väter im Jahr 2020 bewusst gewählt – und Elterngeld bezogen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Vatertags mitteilt, war jeder vierte Elterngeldbeziehende (25 %) im vergangenen Jahr männlich – im Jahr 2015 war es noch jeder fünfte (21 %).

Eltern können das klassische Elterngeld ab 2 bis zu 14 Monaten beziehen. Eltern, deren Kinder ab dem 1. Juli 2015 geboren wurden, können für bis zu insgesamt 36 Monate das sogenannte Elterngeld Plus beantragen.

Die meisten Väter haben 2020 jedoch nur eine vergleichsweise kurze Auszeit vom Beruf geplant: Knapp drei von vier Vätern (72 %) planten 2020 mit der minimalen Elterngeldbezugsdauer von 2 Monaten. Zum Vergleich: Die meisten Mütter (62 %) beantragten das Elterngeld für einen Zeitraum von 10 bis 12 Monaten. Männer planten beim Elterngeldbezug mit einer durchschnittlichen Dauer von 3,7 Monaten, Frauen mit 14,5 Monaten. Die wenigsten Väter entschieden sich 2020 dafür, das Elterngeld länger als ein Jahr für eine berufliche Pause zu nutzen. Allerdings hat sich ihr Anteil seit 2015 verdoppelt. 

Väter aus Sachsen erhielten am häufigsten Elterngeld

Ein Vergleich der Bundesländer zeigte im Jahr 2020 deutliche Unterschiede, jedoch keine übergreifenden Muster wie etwa ein Nord-Süd- oder Ost-West-Gefälle: Väter aus Sachsen bezogen mit einem Anteil von 30,0 % am häufigsten Elterngeld, gefolgt von jenen in Bayern und in Berlin mit jeweils 27,2 %. Dagegen beantragten im Saarland (19,1 %) und Bremen (20,7 %) die wenigsten Väter Elterngeld.

Bremer Väter beabsichtigten 2020 durchschnittlich 5,4 Monate Elterngeld zu beziehen – der bundesweite Spitzenwert. Auf den Plätzen zwei und drei folgten die Väter aus Berlin (4,9 Monate) und Nordrhein-Westfalen (4,3 Monate). Am wenigsten Zeit kalkulierten Väter aus Baden-Württemberg, Bayern und Thüringen mit jeweils 3,1 Monaten ein. 

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 11.05.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Heute hat der Bundesrat dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz zugestimmt. Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt die Novellierung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes als „überfällig“. Nun müssten Träger und Ämter für eine zügige Umsetzung unterstützt werden. Dazu erklärt Jens M. Schubert:

„Mit der Verabschiedung des Gesetzes ist die Grundlage für eine inklusive Ausgestaltung der Kinder- und Jugendhilfe gelegt worden – über 10 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland wurde es Zeit! Es verbessert den Zugang von Kindern, Jugendlichen und Familien zu Hilfen. Insbesondere die schon längst überfällige Gesamtzuständigkeit der Jugendhilfe ist damit auf den Weg gebracht.“

Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz regelt zum einen, dass Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe zukünftig allen Kindern und Jugendlichen zugänglich werden. Bis 2028 werden die Unterstützungsangebote zur Teilhabe für Kinder mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung in die Zuständigkeit der Jugendämter überführt.

„Die gesetzlichen Regelungen alleine reichen aber nicht aus, um die Kinder und Jugendlichen nachhaltig zu stärken. Sie müssen in der Praxis auch personell und finanziell umgesetzt werden können“, ergänzt Schubert, „Die Jugendhilfe vor Ort bedarf deshalb einer angemessenen finanziellen Ausstattung. Um verlässlichere Strukturen für die Familien zu schaffen, müssen die Jugendämter und Leistungserbringer in den neuen, komplexeren Aufgaben erheblich unterstützt werden. Da dürfen Bund, Länder und Kommunen nicht bremsen, wenn es ihnen Ernst ist mit der Stärkung der Kinder und Jugendlichen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 07.05.2021

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG legt sein erweitertes Konzept vor und bekräftigt damit im Bundestagswahljahr die Forderung nach einer bedarfs- und sozial gerechten sowie unbürokratischen Kindergrundsicherung. Die Kinderarmut ist unverändert auf einem zu hohen Niveau, gleichzeitig steht zu befürchten, dass die Pandemie die Lage verschärft. Deshalb macht das Bündnis klar: Ein durchdachtes Konzept einer Kindergrundsicherung ist Maßstab für jedes Wahlprogramm.

„Wir haben unser Konzept noch einmal überarbeitet und bringen dieses in die Diskussion ein. Wir gehen von einem realistisch und juristisch einwandfrei berechneten kindlichen Existenzminimum aus, bündeln neben dem Kinderregelsatz, Kindergeld und Kinderzuschlag auch den Kinderfreibetrag, um unbürokratisch jedem Kind Leistungen unmittelbar zur Verfügung zu stellen; verbunden mit einem Sozialfaktor, der mit steigendem Einkommen den Kindergrundsicherungsbetrag linear abschmelzen lässt. Damit ist offengelegt, wie eine Kindergrundsicherung sozial gerecht funktionieren kann“, erklärt dazu Professor Jens M. Schubert, Sprecher des Bündnisses und Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt (AWO).

Bisher haben SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Linke konkrete Konzepte für eine Kindergrundsicherung vorgelegt, die FDP fordert ein Kinderchancengeld. „Für uns ist der Hintergrund und Auftrag glasklar: Die hohe Kinderarmut in Deutschland muss beendet werden. Deshalb gehört eine sozial gerechte Kindergrundsicherung in jedes Wahlprogramm“, so Schubert.

Das Bündnis befürchtet durch die pandemische Situation eine weitere Verschärfung der Kinderarmut. „Kinder und Jugendliche sind die großen Verlierer dieser Pandemie. Alle mussten auf so viel verzichten, was sonst zu einem unbeschwerten Aufwachsen dazugehört: Vom Kindergeburtstag bis zum Trainieren im Sportverein. Wenn in Deutschland bald wieder mehr Normalität einkehrt, werden aber viele arme Kinder weiterhin auf vieles verzichten müssen, was auch für sie normal sein sollte. Nur weil ihnen das Geld zur Teilhabe fehlt“, so Heinz Hilgers, Bündnis-Koordinator und Präsident des Kinderschutzbundes. „Um Teilhabe für alle Kinder zu gewährleisten, brauchen wir eine Kindergrundsicherung, die ihren Namen auch wirklich verdient. Denn nur so können wir wirklich einen Beitrag zur Verminderung der Kinderarmut leisten“, so Hilgers weiter.

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG setzt sich seit 2009 mit einer wachsenden Zahl von Mitgliedsverbänden für einen Systemwechsel in der Kinder- und Familienförderung und für eine monatliche Kindergrundsicherung ein, die die bisherigen Leistungen bündelt und das kindliche Existenzminimum einfach und direkt sichert.

Weitere Informationen zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG sowie unser aktualisiertes Konzept finden Sie auf www.kinderarmut-hat-folgen.de.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 06.05.2021

Zum Tag der Arbeit warnt der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt vor den Folgen der Pandemie für Berufsanfänger*innen. Auf Grund der sicherlich notwendigen Schutzmaßnahmen fehlten Ausbildungsplätze, vor allem von Armut betroffenen jungen Menschen würde der Einstieg in das Arbeitsleben erschwert. Es drohten langfristige Folgen für die Sozialsysteme und die Armutsentwicklung in Deutschland. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

 

„Junge Menschen, die kurz vor Ende ihrer Schullaufbahn stehen, haben es derzeit besonders schwer. So wichtig die Schutzmaßnahmen sind, erschweren sie faktisch vielen jungen Menschen den Start in ihren beruflichen Werdegang und damit möglicherweise langfristig den Lebensweg. Es wird nicht nur weniger ausgebildet, auch die besondere Situation in Jobcentern und Arbeitsagenturen geht zu Lasten junger Menschen, denen wichtige Beratungen zur Berufsorientierung und -vermittlung nicht angeboten werden können. Insbesondere Jugendliche, die über geringere Unterstützungsleistungen im privaten Umfeld verfügen, drohen, in dieser Zeit noch einmal zusätzlich abgehängt zu werden.“

 

Bereits im Herbst 2020 zeigten sich konkrete Auswirkungen der Pandemie. Es blieben deutlich mehr Bewerber*innen für Ausbildungsstellen unversorgt als im Vorjahr. Vielfach fehlten im letzten Jahr technische Mittel und Kompetenzen, um am Unterricht oder an anderen Maßnahmen des digitalen Unterrichts oder Distanzlernens teilzunehmen, Praktika und berufliche Orientierungen fielen aus oder fanden digital statt, so dass sie nicht für alle Zielgruppen verfügbar waren. Auch eine Beantragung von Leistungen war trotz vereinfachter Antragstellung für viele junge Menschen ohne begleitende Unterstützung erschwert.

 

„Eine Ausbildung stellt eine wesentliche Grundlage für ein Leben in sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe dar“, erklärt dazu Jens M. Schubert, „Die Armutsforschung und im Übrigen auch der aktuelle Armutsbericht der Bundesregierung zeigen ganz deutlich, dass Armutskarrieren in der Kindheit beginnen und vererbt werden. Beim Übergang von der Schule in den Beruf passiert dabei eine wichtige Weichenstellung, die positiven wie negativen Einfluss auf die weitere Biografie junger Menschen nehmen kann. Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, laufen wir Gefahr, dass es tatsächlich zu einer abgehängten so genannten „Generation Corona“ kommt. Das wäre nicht nur eine individuelle Tragödie, sondern wird mit Blick auf den Fachkräftemangel und drohende steigende Altersarmut ein gesamtgesellschaftliches Problem werden.“

 

Die AWO fordert deshalb Unterstützung für Betriebe, die Ausbildungsverträge anbieten. Darüber hinaus müssten Auszubildende mit Unterstützungsbedarf durch die assistierte Ausbildung und ausbildungsbegleitende Angebote zuverlässig unterstützt werden können. Hierzu müssten die Bedingungen für die Durchführung der Angebote so gestaltet sein, dass Träger diese möglichst unbürokratisch umsetzen können. Träger der Jugendsozialarbeit und Jugendberufshilfe stünden darüber hinaus bereit, im Rahmen von Auftragsausbildung, Verbundausbildungsmodellen und außerbetrieblicher Berufsausbildung Angebote aufrechtzuerhalten. In diesem Zusammenhang hält die AWO in den nächsten Jahren eine Stärkung und Ausweitung der öffentlich geförderten Ausbildung für durch die Krise abgehängte Zielgruppen für notwendig und erneuert ihre Forderungen nach der im Koalitionsvertrag angekündigten Ausbildungsgarantie.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 30.04.2021

Unter dem Motto „Solidarität ist Zukunft!“ begeht der Deutsche Gewerkschaftsbund im zweiten Corona-Jahr den Tag der Arbeit mit Kundgebungen vor Ort und einem Live-Stream im Netz.

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann betonte bei der zentralen 1. Mai-Veranstaltung auf dem Hamburger Fischmarkt, wie wichtig der solidarische Zusammenhalt nach über einem Jahr Pandemie sei. Zwar seien die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krise enorm. Durch solidarisches Handeln sei es aber gelungen, das Schlimmste zu verhindern: „In den vergangenen Monaten haben Gewerkschaften, Betriebs- und Personalräte dafür gekämpft, dass soziale Härten abgefedert und viele Jobs gesichert wurden“, so Hoffmann. Die Gewerkschaften hätten sich erfolgreich für mehr Arbeits- und Gesundheitsschutz eingesetzt und dafür gesorgt, dass verbindliche Regeln fürs Homeoffice gelten. Auch die Unterstützung für Familien wurde verbessert und das Kurzarbeitergeld auf Druck der Gewerkschaften verlängert und erhöht.

Mit Blick auf die Zeit nach der Pandemie mahnte Hoffmann, ein Zurück zur Politik vor der Pandemie sei keine Option: „Wir machen uns auf den Weg in eine bessere Zukunft, mit guter Arbeit in einer gesunden Umwelt. Wir wollen und werden den Umbau zu einer digitalen und klimaneutralen Wirtschaft erfolgreich gestalten.“ Zukunftsgestaltung bedeute eben nicht eisern zu sparen, sondern zu investieren und nochmals zu investieren. „Nur dann werden wir Arbeitsplätze für morgen sichern, für eine leistungsfähige Infrastruktur sorgen und verhindern, dass ganze Branchen und Regionen den Bach runter gehen“, so der DGB-Chef.

Auch in Hinblick auf die Kosten der Krise sei Solidarität das oberste Gebot: „Wir lassen nicht zu, dass Arbeitgeber die Pandemie als Vorwand für Jobabbau, Betriebsverlagerungen und Lohn-Dumping missbrauchen. Wir lassen nicht zu, dass die Pandemie als Ausrede für fehlende Investitionen genutzt wird. Jeder Euro, der jetzt nicht ausgegeben wird, belastet die nachfolgenden Generationen doppelt und dreifach!“

Solidarität hieße viel mehr, den Sozialstaat zu stärken, gleiche Bildungschancen für alle sicherzustellen, für mehr Gerechtigkeit in unserem Steuersystem zu sorgen und die Mitbestimmung der Beschäftigten auszubauen.

Vor einem Corona-Crash auf dem Ausbildungsmarkt warnte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack auf einer DGB-Veranstaltung in Magdeburg. „Wir brauchen eine Ausbildungsgarantie für jede und jeden, der die Schule verlässt“, betonte die Gewerkschafterin. Schon heute gebe es mehr als zwei Millionen Jugendliche ohne Berufsabschluss. „Ihnen drohen schlecht bezahlte Kurzfristjobs und immer wieder lange Phasen der Arbeitslosigkeit. Das kann und das darf sich unsere Demokratie nicht leisten – so geht Vertrauen in Politik verloren“, sagte Hannack. Auch von den Arbeitgebern forderte sie mehr Engagement: „Die Jugendlichen, die sie heute nicht ausbilden, fehlen ihnen später als Fachkräfte.“

„Corona schleudert Familien zurück in alte Rollenbilder“, sagte Hannack. „Die gleichstellungspolitische Rolle rückwärts muss unbedingt ausgebremst werden. Wir brauchen bessere Arbeitszeitmodelle im Sinne der Beschäftigten und bessere Betreuungsangebote für Kinder, um die Sorgearbeit zu Hause gerechter zwischen den Geschlechtern zu verteilen. „Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, dass Bund und Länder noch immer um den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter streiten. Wir erwarten hier einen Beschluss noch in dieser Legislaturperiode.“ 

Generell sollten künftig alle politischen Vorhaben daraufhin geprüft werden, „ob sie die Gleichstellung von Männern und Frauen vorantreiben. Die Ziele sind klar: Wir brauchen bessere Löhne in frauendominierten Berufen und mehr Frauen in Führungspositionen. Denn wo Frauen fehlen, fehlen auch ihre Perspektiven, ihre Lösungsvorschläge und Ideen.“

Für den öffentlichen Dienst verlangte Hannack massive Investitionen in Bildung, Gesundheit und Pflege und in die Infrastruktur. „In vielen Bereichen der Daseinsfürsorge fehlen Fachkräfte und Ausstattung. Der jahrelange Sparkurs in den Schulen, im Polizeidienst, bei der Feuerwehr oder bei den Gesundheitsämtern fällt uns aktuell schmerzlich auf die Füße. Wer einen handlungsfähigen Staat will, darf ihn nicht kaputtsparen“, sagte Hannack.

Gleiche Arbeitsbedingungen in Ost und West forderte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell auf einer Mai-Kundgebung in Hennigsdorf bei Berlin. „Es ist asozial, dass die Arbeitgeber in der Metall- und Elektroindustrie ihre Beschäftigten im Osten im 31. Jahr nach der deutschen Einheit noch immer drei Stunden pro Woche unbezahlt mehr arbeiten lassen“, sagte Körzell zur laufenden Tarifauseinandersetzung in Berlin, Brandenburg und Sachsen, wo noch immer 38 Stunden je Woche gearbeitet werden muss. „Wir fordern ein tarifliches Angleichungsgeld, um diese Benachteiligung zu beenden.“ Überdies verlangte der Gewerkschafter „Tariftreueklauseln überall dort, wo öffentliche Aufträge vergeben werden“. Die Tarifbindung gehöre gestärkt, indem Tarifverträge leichter „allgemeinverbindlich“ für gesamte Branchen erklärt werden können.

Angesichts der gestiegenen Staatsausgaben sagte Körzell: „Einer Krise lässt sich nicht hinterhersparen, die Schuldenbremse ist und bleibt eine Zukunftsbremse.“ Wichtig seien massive Investitionen in die Infrastruktur, damit die Wirtschaft aus der Krise „herauswachsen“ könne. Dafür müsse der Staat auch seine Einnahmebasis erweitern. „Die nächste Bundesregierung muss eine gerechte Steuerreform beschließen, die kleine und mittlere Einkommen entlastet und Reiche und Spitzenverdiener mehr zum Gemeinwesen beitragen lässt. Denn die Lasten der Corona-Krise dürfen nicht bei den Beschäftigten hängen bleiben“, betonte Körzell.

Mit Blick auf die Zukunftsthemen Digitalisierung und Energiewende sagte Körzell: „Gute Arbeit, Tarifbindung und Mitbestimmung sind ein Muss – für bestehende wie für neue Arbeitsplätze und Branchen.“ Um den Strukturwandel sozialverträglich abzufedern, „brauchen wir einen aktiven Staat, der in Weiterbildung, Infrastruktur und Zukunftstechnologen investiert. Und wir brauchen Transformationsbeiräte mit allen regionalen Akteuren: Gewerkschaften, Arbeitgebern, Politik, Hochschulen und den Arbeitsagenturen, die ihre Erfahrungen in die Prozesse einbringen.“

Der Sozialstaat habe Menschen im vergangenen Jahr durch die Krise gebracht, erinnerte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel bei ihrer Rede in Hannover: „Egal ob Kurzarbeitergeld, längeres Arbeitslosengeld, Kinderkrankentage, Rente, Krankenversicherung – soziale Sicherheit ist wirksamer Impfstoff gegen Massenarbeitslosigkeit, den Absturz ins Nichts für viele Menschen und gegen das Auseinanderdriften der Gesellschaft.“ Die nächste Bundesregierung müsse aus der Krise lernen. „Wir brauchen für soziale Sicherheit eine neue, umfassende Solidarität – mit einer Verteilung der Lasten auf mehr Schultern. Die Reichen und Superreichen müssen stärker in Verantwortung“, forderte Piel. Das gelte auch für die Verteilung der Krisenkosten: „Wir werden nicht zulassen, dass am Ende hauptsächlich die Beschäftigten zu Kasse gebeten werden“. Mehr Solidarität sei ein Schutzprogramm für Demokratie. „Die Folgen sozialer Spaltung sind Hass, Hetze und Rassismus. Wir müssen unsere Demokratie aktiv verteidigen“, forderte Piel.

Neben einem starken, solidarischen Sozialstaat gehöre die Abschaffung prekärer Beschäftigung ganz oben auf die politische Agenda. „Prekär Beschäftigte waren die ersten, die auf der Straße landeten. Die Zahl der Befristungen ist seit Jahren unverändert hoch, besonders bei Jüngeren. Mit der Befristung können sie nicht planen, keine Familie gründen oder eine Mietwohnung finden. Die sachgrundlose Befristung gehört abgeschafft“, forderte Piel. Prekär Beschäftigte seien in der Pandemie einem besonders hohen Infektionsrisiko ausgesetzt. „Das betrifft besonders Beschäftigte in der Fleischwirtschaft oder Erntehilfe. Diese Ausbeutung muss ein Ende haben. In der Fleischwirtschaft haben wir mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz zwar Verbesserungen erreicht, aber nun muss ein Tarifvertrag folgen“, so die Gewerkschafterin.

Die Forderung nach einem flächendeckenden, Tarifvertrag erhob Piel auch für die Pflege: „Wir brauchen bessere Bedingungen, bessere Bezahlung und mehr Personal. Die Pflegereform und ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag sind überfällig.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 01.05.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt im Vorfeld der heutigen Sitzung des Bundesrates eine massive Aufstockung der Zahl der Ermittlerinnen und Ermittler bei Polizei und Staatsanwaltschaften im Bereich des Kinderschutzes an. „Wenn der Bundesrat das Gesetz zur Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder heute durch Verzicht auf eine Anrufung des Vermittlungsausschusses wie geplant billigt, dürfen wir uns nicht zurücklehnen. Natürlich sind die Verschärfungen des Strafrechts zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt wichtig, um Kinder effektiver zu schützen. Auch die Prävention in diesem Bereich ist ein weiterer wichtiger Baustein. Gleichzeitig muss aber auch der Fahndungsdruck zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt steigen, alle zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mittel müssen hier ausgeschöpft werden“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die Zerschlagung der Darknet-Plattform ,Boystown‘ zu Beginn dieser Woche lässt erahnen, welches Ausmaß die Kriminalität in diesem Bereich inzwischen angenommen hat. Hier braucht es kompromisslose Aufklärung und Strafverfolgung. Bei sexueller Gewalt gegen Kinder ist ein Markt entstanden, auf dem Anbieterinnen und Anbieter sowie Kundinnen und Kunden unnachgiebig bekämpft werden müssen“, so Lütkes weiter.

„Wir brauchen aber auch eine besser abgesicherte und funktionierende Kinder- und Jugendhilfe, die im Bereich der Prävention und als Vertrauensinstitution für Kinder und Jugendliche tätig sein muss. Zudem sollte in Strafverfahren und familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren das Kindeswohl stärker in den Blick genommen werden. Anhörungsrechte von Kindern in gerichtlichen und behördlichen Verfahren sowie eine kindgerechte Begleitung in jedem Verfahrensstadium sind kein pädagogisches Beiwerk, sondern ein Recht der Kinder, das es einzuhalten gilt. Werden die Belastungen durch das Verfahren möglichst geringgehalten, können sich die betroffenen Kinder ruhiger und konzentrierter äußern, was auch einer besseren Sachverhaltsaufklärung dient. Dafür braucht es insbesondere zum Thema Kinderrechte und im Umgang mit Kindern geschulte und qualifizierte Richterinnen und Richter, Strafverfolgungsbeamtinnen und -beamte, sowie flächendeckend Fachberatungsstellen, die für Kinder und Jugendliche problemlos erreichbar sind“, so Anne Lütkes.

Zum Thema „Kindgerechte Justiz – Zugang zum Recht für Kinder“ hat das Deutsche Kinderhilfswerk einen Sammelband herausgegeben, in dem über Beiträge von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis verschiedene Perspektiven zu der Frage in den Blick genommenen werden, wie die Justiz in Deutschland im Familien-, Straf- und Öffentlichen Recht kindgerechter gestaltet werden kann. Der Sammelband liefert dazu konkrete Handlungsschritte und Empfehlungen für Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 07.05.2021

Ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland fordert umfangreiche Maßnahmen, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen in der Freizeit entgegenzuwirken. So halten es sowohl Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene nach einer repräsentativen Umfrage für den Kinderreport 2021 des Deutschen Kinderhilfswerkes für sinnvoll, deshalb das Thema Mediensucht an Schulen zu behandeln. Eine große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen und auch der Erwachsenen plädiert zudem dafür, dass Medien, die süchtig machen können, entsprechend gekennzeichnet werden sollten. Auch müssten Eltern stärker über das Thema Mediensucht informiert und Therapie- sowie Beratungsangebote ausgebaut werden.

Fast alle befragten Kinder und Jugendlichen sowie Erwachsenen sehen Familien und Eltern in der Verantwortung, um Mediensucht entgegenzuwirken. Eine sehr große Mehrheit sieht hier auch die Nutzerinnen und Nutzer selbst verantwortlich, ebenso die entsprechenden Medienanbieter, wie z.B. Facebook, Instagram oder Onlinespiele-Anbieter. Das sind die zentralen Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Politikforschungsinstituts Kantar Public im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes für den Kinderreport 2021, den der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, Thomas Krüger, und die Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium Juliane Seifert heute in Berlin vorstellten.

„So wie die Mediennutzungszeiten von Kindern und Jugendlichen steigen, nehmen auch die Debattenbeiträge und Warnungen vor Mediensucht bei Kindern zu. Statt Panikmache ist Kindern und Jugendlichen aber mehr durch eine kinderrechtlich ausgewogene Debatte darüber geholfen, wann eine Mediennutzung nicht mehr als gesund gelten kann und welche Hilfestellungen für junge Menschen und Familien notwendig sind. Die Ergebnisse des Kinderreports 2021 zeigen sehr deutlich, dass professionelle Beratung und Hilfe zum Thema Mediensucht dringend benötigt werden. Dafür ist ein bundesweit flächendeckendes Netz an Einrichtungen unabdingbar, die Präventionsarbeit leisten und Fälle pathologischer Mediennutzung in professionelle Therapien vermitteln können. Damit es aber gar nicht erst zum Therapiebedarf kommt, sollte in der Schule allen Kindern der Umgang mit Medien vermittelt werden. Aus kinderrechtlicher Sicht müssen dabei Chancen und Risiken der Mediennutzung gleichberechtigt thematisiert werden. Damit dies gelingt, brauchen wir Lehrkräfte, die selbst fit im Umgang mit Medien sind, und Schulen, die über funktionierende und leistungsfähige Ausstattungen verfügen und ihren Lehrkräften Weiterbildungen ermöglichen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium Juliane Seifert: „Es kann nicht allein Aufgabe der Eltern sein, ihre Kinder vor exzessiver Mediennutzung zu schützen. Anbietern kommt hier eine besondere Verantwortung zu. Mit dem neuen Jugendschutzgesetz sind sie erstmals zu wirksamen Vorsorgemaßnahmen verpflichtet. Konkret können das beispielsweise Altersbeschränkungen bei Angeboten mit Suchtrisiken, der Verzicht auf Lootboxen oder technische Voreinstellungen für begrenzte Nutzungszeiten sein. Die neue Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz wird dazu gemeinsam mit der Wissenschaft, Fachstellen und Unternehmen neue verbindliche Standards entwickeln und Orientierung ermöglichen. Mit den neuen Regelungen sorgen wir sowohl für Teilhabe von Kindern und Jugendlichen am digitalen Zeitalter als auch für ihr gesundes Aufwachsen mit modernen Medien.“

Ausgewählte Ergebnisse der repräsentativen Umfrage für den Kinderreport 2021 im Einzelnen

Verständnis von Mediensucht

Für 88 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen besteht eine sogenannte Mediensucht, wenn die betroffene Person nicht mit der Mediennutzung aufhören kann, obwohl sie das gerne möchte, und für 86 Prozent auch dann, wenn andere Lebensbereiche, wie z.B. Arbeit oder Schule, wegen der Mediennutzung vernachlässigt werden. Als problematisch sieht es eine sehr große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen (83 Prozent) zudem an, wenn Freunde und Familie wegen der Mediennutzung vernachlässigt werden oder sich die betroffene Person von ihnen zurückzieht. Für 81 Prozent besteht eine sogenannte Mediensucht, wenn die betroffene Person sich unwohl fühlt, nervös oder unzufrieden ist, sollte die gewohnte Mediennutzung nicht möglich sein, und für 70 Prozent, wenn die betroffene Person wegen ihrer Mediennutzung wiederholt Konflikte und Stress mit Freunden, Eltern und Bekannten hat. Und nach Meinung von knapp zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen (64 Prozent) besteht eine sogenannte Mediensucht, wenn die betroffene Person ein bestimmtes Medium in ihrer Freizeit eine sehr lange Zeit bzw. mehrere Stunden am Tag nutzt.

Wenn die betroffene Person nicht mit der Mediennutzung aufhören kann, obwohl sie das gerne möchte, konstatieren 92 Prozent der Erwachsenen eine sogenannte Mediensucht, und 91 Prozent dann, wenn andere Lebensbereiche, wie z.B. Arbeit oder Schule, wegen der Mediennutzung vernachlässigt werden. Als problematisch sieht es eine sehr große Mehrheit der Erwachsenen (89 Prozent) zudem an, wenn Freunde und Familie wegen der Mediennutzung vernachlässigt werden oder sich die betroffene Person von ihnen zurückzieht. Für 76 Prozent besteht eine sogenannte Mediensucht, wenn die betroffene Person gestresst oder unzufrieden ist, wenn die gewohnte Mediennutzung nicht möglich ist, und für 72 Prozent, wenn die betroffene Person wegen ihrer Mediennutzung wiederholt Konflikte und Stress mit Freunden, Eltern und Bekannten hat. Und nach Meinung von 57 Prozent der Erwachsenen besteht eine sogenannte Mediensucht, wenn die betroffene Person ein bestimmtes Medium in ihrer Freizeit eine sehr lange Zeit bzw. mehrere Stunden am Tag nutzt.

Erfahrungen mit Mediensucht im persönlichen Umfeld Insgesamt 12 Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, dass sie bei sich selbst bereits Erfahrungen mit Mediensucht gemacht haben. Die Frage, ob es im Freundes- oder Familienkreis bei Kindern unter 14 Jahren Erfahrung mit Mediensucht gibt oder gab, bejahen 15 Prozent, weitere 14 Prozent geben an, dies bei Jugendlichen ab 14 Jahren festgestellt zu haben.

Bei den erwachsenen Befragten sind es insgesamt 6 Prozent, die bei sich selbst bereits Erfahrungen mit Mediensucht festgestellt haben. Die Frage, ob es im persönlichen Umfeld bei Kindern unter 14 Jahren Erfahrung mit Mediensucht gibt oder gab, bejahen 10 Prozent, weitere 15 Prozent geben an, dies bei Jugendlichen ab 14 Jahren festgestellt zu haben.

Maßnahmen zur Eindämmung von Mediensucht und zu viel Mediennutzung in der Freizeit

90 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen halten es für sinnvoll, das Thema Mediensucht an Schulen zu behandeln, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung in der Freizeit entgegenzuwirken. Zudem sprechen sich 84 Prozent dafür aus, dass Medien, die süchtig machen können, entsprechend gekennzeichnet werden sollten. Eine sehr große Mehrheit plädiert auch dafür, dass Eltern stärker über das Thema Mediensucht informiert werden sollten, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung in der Freizeit entgegenzuwirken. Insgesamt 83 Prozent sehen das so. Außerdem sind die Kinder und Jugendlichen mit sehr großer Mehrheit (78 Prozent) dafür, dass es für Medien, die süchtig machen können, Altersgrenzen geben sollte. Große Zustimmung findet auch der Vorschlag, Medien, die süchtig machen können, dahingehend zu beschränken, wie lange am Stück sie genutzt werden können. 77 Prozent unterstützen eine solche Maßnahme. Für mehr kostenfreie Beratungs- und Behandlungsangebote zum Thema Mediensucht plädieren ebenfalls 77 Prozent der Kinder und Jugendlichen. Keine Mehrheiten finden zwei mögliche Maßnahmen, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung in der Freizeit entgegenzuwirken. So lehnen die meisten die Forderung nach einem Verbot von Medien, die süchtig machen können, ab. Lediglich 38 Prozent sehen darin eine sinnvolle Maßnahme. Die zweite Maßnahme, die keine Mehrheit bei den Kindern und Jugendlichen findet, ist ein Verbot der Handynutzung für Jugendliche unter 14 Jahren. Eine solche Maßnahme befürworten nur 17 Prozent.

Auch die befragten Erwachsenen halten es für sinnvoll (insgesamt 95 Prozent), das Thema Mediensucht an Schulen zu behandeln, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung in der Freizeit entgegenzuwirken. Eine sehr große Mehrheit plädiert auch dafür, dass Eltern stärker über das Thema Mediensucht informiert werden sollten, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung in der Freizeit entgegenzuwirken. Insgesamt 91 Prozent sehen das so. 82 Prozent spricht sich für mehr kostenfreie Beratungs- und Behandlungsangebote zum Thema Mediensucht aus. Eine Kennzeichnungspflicht von Medien, die süchtig machen können, befürworten auch sehr viele Erwachsene. Insgesamt 74 Prozent sehen das als sinnvolle Maßnahme an. Außerdem sind die Erwachsenen mit großer Mehrheit (72 Prozent) dafür, dass es für Medien, die süchtig machen können, Altersgrenzen geben sollte. 60 Prozent unterstützenden Vorschlag, Medien, die süchtig machen können, dahingehend zu beschränken, wie lange am Stück sie genutzt werden können. Ein Verbot von Medien, die süchtig machen können, lehnen die Erwachsenen mehrheitlich ab. Nur 27 Prozent sehen darin eine sinnvolle Maßnahme. Ein Verbot der Handynutzung für Jugendliche unter 14 Jahren lehnen die Erwachsenen ebenfalls ab. Lediglich 20 Prozent befürworten eine solche Maßnahme, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung in der Freizeit entgegenzuwirken.

Verantwortlichkeiten bei der Bekämpfung von Mediensucht

94 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen sehen Familien und Eltern bei der Frage, wer sich vor allem darum kümmern sollte, Mediensucht entgegenzuwirken, in der Verantwortung, eine sehr große Mehrheit (90 Prozent) auch die Nutzerinnen und Nutzer selbst. 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen sehen die entsprechenden Medienanbieter, wie z.B. Facebook, Instagram oder Onlinespiele-Anbieter in der Pflicht, Mediensucht entgegenzuwirken. 74 Prozent der Kinder und Jugendlichen meinen, dass auch die Schulen in der Verantwortung stehen, eine Mehrheit (62 Prozent) sieht das auch für Jugend- und Freizeiteinrichtungen so. 61 Prozent der Kinder und Jugendlichen schreiben auch der Politik Verantwortung zu, Mediensucht entgegenzuwirken. 44 Prozent sehen diese bei medizinischen Einrichtungen sowie Ärztinnen und Ärzten.

93 Prozent der befragten Erwachsenen sehen Familien und Eltern bei der Frage, wer sich vor allem darum kümmern sollte, Mediensucht entgegenzuwirken, in der Verantwortung, eine sehr große Mehrheit (90 Prozent) auch die Nutzerinnen und Nutzer selbst. 81 Prozent der Erwachsenen sehen die entsprechenden Medienanbieter, wie z.B. Facebook, Instagram oder Onlinespiele-Anbieter in der Pflicht, Mediensucht entgegenzuwirken. 79 Prozent der Erwachsenen meinen, dass auch die Schulen in der Verantwortung stehen, eine Mehrheit (73 Prozent) sieht das auch für Jugend- und Freizeiteinrichtungen. 66 Prozent der Erwachsenen sehen auch eine Verantwortung der Politik, Mediensucht entgegenzuwirken. 43 Prozent sehen diese bei medizinischen Einrichtungen sowie Ärztinnen und Ärzten.

Für den Kinderreport 2021 des Deutschen Kinderhilfswerkes führte das Politikforschungsinstitut Kantar Public zwei Umfragen, eine unter Kindern und Jugendlichen (10- bis 17-Jährige) und eine unter Erwachsenen (ab 18-Jährige), in Deutschland durch. Befragt wurden insgesamt 1.692 Personen, davon 669 Kinder und Jugendliche sowie 1.023 Erwachsene. Die Befragungen wurden online unter Nutzung eines Access-Panels (Kinder und Jugendliche) sowie mittels computergestützter Telefoninterviews (Erwachsene) durchgeführt. Die Fragen wurden Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen gleichermaßen gestellt, allerdings wurde den Kindern und Jugendlichen ein Fragebogen mit Formulierungen vorgelegt, die der Altersgruppe angepasst worden waren. Die Fehlertoleranz der Umfrage bei den Kindern und Jugendlichen liegt mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit bei unter 1,7 (bei einem Anteilswert von 5 Prozent) bzw. 4,0 Prozentpunkten (bei einem Anteilswert von 50 Prozent), die bei den Erwachsenen bei unter 1,4 (bei einem Anteilswert von 5 Prozent) bzw. 3,1 Prozentpunkten (bei einem Anteilswert von 50 Prozent).

Der Kinderreport 2021 des Deutschen Kinderhilfswerkes, die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage für den Kinderreport 2021 und eine Zusammenfassung des Kinderreports 2021 können unter www.dkhw.de/Kinderreport2021 heruntergeladen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 06.05.2021

Kinder und Eltern im Abstammungs- und Familienrecht nicht länger diskriminieren

An diesem Sonntag, den 02. Mai, ist der 10. Internationale Regenbogenfamilientag. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Tausende Kinder wachsen derzeit in Deutschland mit lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Eltern auf. Ziel des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) ist eine Gesellschaft, in der Regenbogenfamilien in ihren vielfältigen Konstellationen als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität respektiert und anerkannt werden. Weder die Kinder noch die Eltern in Regenbogenfamilien sollten aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität diskriminiert werden. Dazu bedarf es der rechtlichen Gleichstellung und Weiterentwicklung des Abstammungs- und Familienrechts. Regenbogenfamilien warten seit vielen Jahren auf eine rechtliche Gleichstellung und Verbesserung. Fast vier Jahre nach der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und über zwei Jahre nach Einführung des Dritten Geschlechtseintrags „divers“ fehlt es nun aber noch immer an den erforderlichen rechtlichen Reformen im Familien- und Abstammungsrecht.

Leider ist zu befürchten, dass es in dieser Legislatur durch die Bundesregierung keine Verbesserung für Regenbogenfamilien mehr geben wird. Der LSVD hat daher eine E-Mail-Aktion an die Abgeordneten von Union und SPD gestartet. Die Bundestagsabgeordneten der Regierungsfraktionen könnten mit einem eigenen Gesetzentwurf die lang versprochene und notwendige Reform im Abstammungsrecht noch in dieser Legislatur auf den Weg bringen. Denn im Koalitionsvertrag finden sich Vereinbarungen, die zu einer Verbesserung der rechtlichen Situation von Regenbogenfamilien in dieser Legislatur hätten führen müssen.

In seiner Sitzung am kommenden Freitag entscheidet der Bundesrat auch über den Entschließungsantrag „Reform des Abstammungsrechts: Alle Familien stärken – Gleichstellung voranbringen“ der Bundesländer Berlin und Thüringen. Der LSVD hat alle Ministerpräsident*innen aufgefordert, den Antrag zu unterstützen. Mit der Zustimmung würde die Länderkammer deutlich machen, dass ihr alle Familien am Herzen liegen und Kinder nicht aufgrund der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität der Eltern diskriminiert werden.

Der LSVD fordert die gesellschaftliche Anerkennung und rechtliche Absicherung der Vielfalt an gelebten Familienformen wie Zwei-Mütter-Familien, Zwei-Väter-Familien, Mehrelternfamilien oder Familien mit trans- und intergeschlechtlichen Eltern.

In den vergangenen Jahren konnte zunehmende gesellschaftliche Anerkennung von Regenbogenfamilien erkämpft werden. Doch noch immer stoßen sie im Alltag auf Ignoranz oder Vorbehalte – bei einzelnen Behörden, im Schulbuch, wenn sie als Familienkonstellation ausgespart bleiben, oder wenn ihnen Familienvergünstigungen verweigert werden. Um die gleichberechtigte Teilhabe aller zu gewährleisten, stehen Behörden, Kindertagesstätten, Schulen und soziale Einrichtungen, kurzum alle Institutionen, die mit Kindern, Jugendlichen und Familien zu tun haben, in der Verantwortung, Regenbogenkompetenz zu erwerben.

Hintergrund

Veranstaltungen zum Internationalen Regenbogenfamilientag: Fotoaktion vom Regenbogenfamilienzentrum des LSVD Berlin-Brandenburg und Onlinetalkrunde „Was brauchen Regenbogenfamilien?“ mit dem neugegründeten LSVD-Beratungszentrum BerTa, dem Netzwerk LSBTTIQ, ILSE Rhein-Neckar und PLUS-Rhein-Neckar

Gleichgeschlechtliche Eltern: Studien über Kinder in Regenbogenfamilien. Internationale Studien belegen: Weder Kindeswohlgefährdung noch andere Nachteile für die Kinder
 
Reform im Abstammungsrecht: Regenbogenfamilien endlich rechtlich absichern. Kein Kind darf bezüglich seiner Familienform diskriminiert werden
 
Was fordert der LSVD für Regenbogenfamilien? LSVD-Positionspapier „Regenbogenfamilien im Recht“

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 30.04.2021

„Schenk mir keine Blumen, schenk mir eine Lobby“, so wurde die Vorstandsvorsitzende des Verbands berufstätiger Mütter e. V. (VBM), Cornelia Spachtholz, bereits 2017 in einem Spiegel-Artikel zum Muttertag zitiert. Vier Jahre später, davon über ein Jahr Corona-Pandemie, ist dieser Leitsatz aktueller denn je. Von den langjährigen Forderungen des VBM sind bisher nur zwei Forderungen gesetzlich umgesetzt worden. Deshalb fordern wir, insbesondere am Muttertag, weiterhin:

Betreuung & Bildung

Die Vision: eine Betreuungswelt, die Raum und Zeit lässt für Beruf und Karriere:

  • Qualitativ hochwertige, personell, zeitlich sowie räumlich und technisch bedarfsgerechte und zudem gebührenfreie Ganztagsbetreuung in Krippen, Kindertagesstätten und Schulen von 0 bis 14+ Jahren, verbunden mit einem Rechtsanspruch
  • Bundeseinheitliche Standards in Betreuung und Bildung für Unterdreijährige, Überdreijährige sowie für Schüler*innen Grund- und weiterführender Schulen mit bundeseinheitlichen Lehr-plänen und Abschlüssen der weiterführenden Schulen
  • Flächendeckende Einführung der „gebundenen, rhythmisierten Ganztagsschule“
  • Bedarfsgerechter Ausbau der Notfall- und Ferienbetreuung

Arbeit & Karriere

Die Vision: eine Arbeitswelt, die Raum und Zeit lässt für Familie und individuelle Existenzsicherung bis ins Alter ermöglicht:

  • Verbreitung flexibilisierter Arbeitszeit-Modelle
  • Wertschätzung von Teilzeit-Arbeitnehmer*innen
  • Möglichkeit, Führungspositionen in Teilzeit auszuüben (Top-Sharing)
  • Quote Gender-Top-Sharing
  • Möglichkeit, in Teilzeit fachlich Karriere zu machen, z. B. in kooperativen Teams (Job-Sharing)
  • Entlohnung und Anerkennung nach Ergebnissen, nicht nach Anwesenheit am Arbeitsplatz (Effizienz statt Präsenz)
  • Entgeltgleichheit von Frauen und Männern für vergleichbare Arbeit bei vergleichbarer Qualifikation (Equal Pay)
  • Finanzielle Aufwertung und gesellschaftliche Wertschätzung von Berufen, die zurzeit eher von Frauen als von Männern ausgeübt werden
  • Männerquote in sozialen Berufen
  • Abschaffung der Minijobs bei gleichzeitiger vollständiger Sozialversicherungspflicht unabhängig von der Höhe des Einkommens
  • Beschäftigungsverhältnisse mit adäquaten Laufzeiten und existenzsichernden Einkommen auch in Hinblick auf die Altersvorsoge
  • Verpflichtende geplante Budgets in Unternehmen, Organisationen und Verwaltung, für definierte Gleichstellungsziele und um Frauen und Mütter zu fördern (Gender-Budgeting)
  • Anerkennung von Familienzeit als Karrierebaustein im Lebens-(ver-)lauf

Familie & Rollenbilder

Die Vision: eine Familienwelt, in der moderne Gleichberechtigung gelebt werden kann:

  • Änderung von stereotypen Rollendarstellungen in pädagogischen Materialien und Erziehungs-, Betreuungs- und Bildungseinrichtungen
  • Gerechte, partnerschaftliche Verteilung der Familien-, Haus- und Erwerbsarbeit
  • Ersetzen des „Rabenmutterbildes“ durch ein modernes Bild einer berufstätigen Mutter und angemessene Wertschätzung ihrer Leistungen
  • Ersetzen des Bildes eines „Wochenend- und Zahlpapas“ durch ein modernes Bild eines berufstätigen Vaters, der fest in den Familienalltag eingebunden ist – unabhängig der Paarbeziehung
  • Männliches pädagogisches Personal als Vorbilder in Krippen, Kindertagesstätten und Grundschulen
  • Verpflichtende Berufspraktika im sozialen Bereich für Jungen und im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) für Mädchen
  • Gleichwertigkeit aller Familienmodelle (z. B. Klassisch, Regenbogen, Patchwork, Alleinerziehend, Getrennterziehend)

Recht & Steuern

Die Vision: eine politische Welt, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und Männer konsequent fördert:

  • Abschaffung des Ehegattensplittings und der an Einkommen anstelle Betreuungs-, Bildungs- oder Pflegeverantwortung gekoppelten kostenlosen Krankenkassen-Mitversicherung für Ehepartner*innen, da diese traditionelle Rollenmodelle zementieren und Fehlanreize bieten zur ungleichen Verteilung der Erwerbsarbeit zwischen Ehepaaren und zudem nicht alle Familienmodelle gleichwertig fördern
  • Individualbesteuerung mit Rücksichtnahme auf zu betreuende Kinder, zu pflegende Angehörige oder besondere Fürsorgeaufgaben
  • Kündigungsschutz für werdende Väter, z. B. nach 3. Monat der Schwangerschaft der Partnerin
  • Elternzeitmodelle, die die egalitäre Aufteilung der Elternzeit fördern
  • Jeweils hälftige Elternzeit zur vollen Ausschöpfung des Elterngeldes
  • Nach der Trennung der Eltern als Paar ersetzen Wechselmodell/Doppelresidenz das Leitbild des Residenzmodells
  • Statistische Erhebung bzw. Kommunikation in der Differenzierung Allein – oder Getrennterziehende Elternteile
  • Jungen- und Männerpolitik, die neue Rollenbilder fördert für eine gleichberechtigte Teilung der Haus- und Familien- und Erwerbspflichten
  • für alle Familien niederschwellige und finanziell leistbare haushaltsnahe/familienunterstützende Dienstleistungen, z.B. durch Gutscheinmodelle
  • Familienarbeitszeit, d. h. vollzeitnahe Teilzeit, im Anschluss an die Elternzeit zur partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbs-, Familien- und Hausarbeit
  • Einheitliche, vom Einkommen der Eltern unabhängige Kindergrundsicherung
  • Möglichkeiten zum Aufbau eigenständiger Altersvorsorge für Frauen und Männer durch konsequente Abschaffung geschlechtsspezifischer, ungleicher Tarife
  • Öffentliche Mittelvergabe von Gender-Budgeting abhängig machen (d. h. geplante Budgets für definierte Gleichstellungsziele und um Frauen und Mütter zu fördern)
  • Gesetzlich festgeschriebene Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft

„Seit nunmehr 30 Jahren engagieren wir uns als Lobby berufstätiger Mütter und solcher, die es (wieder) werden möchten zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und Männer in der Lebensverlaufsperspektive. Manche unserer Forderungen bestehen seit Gründung des VBM, wie z. B. die Abschaffung des Ehegattensplittings hin zur Individualbesteuerung. Corona zeigt uns wie ein Brennglas, wo bereits vor der Pandemie die Herausforderungen in unserer Gesellschaft und zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie lagen. Ich habe größtes Verständnis, dass nicht nur alle Bürger*innen und das Wahlvolk mit dieser lebensbedrohenden Krise überfordert waren, sondern auch unsere verantwortlichen Entscheidungsträger*innen in Bund, Ländern und Kommunen. Aber dass Kinder, Jugendliche und deren (berufstätigen) Eltern erst nach über einem Jahr der Pandemie in den Fokus genommen werden, wenngleich wir als VBM bereits mit der ersten Schließung von Kita & Co einen offenen Brandbrief an die Bundesregierung gesandt haben, um auf die besondere Notlage der Familien mit den kurz-, mittel- und langfristigen dramatischen Folgen hinzuweisen und von Anfang an kreative Ideen und Forderungen eingebracht haben, um hier Linderung zu schaffen, dann kann ich mich des Eindrucks nicht verwehren, dass die verantwortlichen Entscheidungsträger*innen in Bund, Ländern und Kommunen entweder keine Kinder haben, oder aber finanziell gut gebettet mit einem sicheren Einkommen und ausreichend großem Wohn- bzw. Lebensraum private (ergänzende) Betreuungs- und Bildungslandschaft einbinden können.“ so Cornelia Spachtholz, Vorstandsvorsitzende des Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) und fordert „Das Aufholpaket für Kinder, Jugend und Familien darf keine Eintagsfliege sein, sondern muss ständig optimiert an die Umstände der Pandemie angepasst werden, damit wir kein Kind, keine Jugendlichen und keine Familien zurücklassen – als verlorene Coronageneration.“

Quelle: Pressemitteilung Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) vom 08.05.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 18. – 20. Mai 2021

Der 17. Deutsche Kinder- und Jugendhilfetag öffnet vom 18. – 20. Mai 2021 digital seine Türen! Der größte Jugendhilfegipfel in Europa findet in diesem Jahr rein digital statt. Entdecken Sie die vielfältigen Angebote, die für alle Besucher*innen komplett kostenfrei sind.

Der AWO Bundesverband e. V. ist Ausrichter von zehn Fachveranstaltungen beim DJHT-Fachkongress.

Das ZFF ist auch dabei:

Fachforum: Sorge, Umgang, Unterhalt: Die Quadratur des Kreises oder nur eine Frage der Perspektive?

18. Mai 2021, 15:45 – 17:15 Uhr

In Debatten zur Reform des Sorge-, Umgangs- und Unterhaltsrecht bleiben Perspektiven und Erfahrungen von Kindern, Jugendlichen und der in diesem Feld tätigen Fachkräfte oft unsichtbar. Wir wollen zu diesem Themenfeld informieren und sensibilisieren.

Sorge-, Umgangs- und Unterhaltsrecht stehen nicht grundlos in der politischen Debatte und einige Reformen, wie sie aktuell auf der gesetzlichen Ebene angegangen werden sollen, sind überfällig. Auch wenn diese Rechtsgebiete dringend den gesellschaftlichen Realitäten angepasst werden müssen, rückt dabei, so scheint es, die herausragende Verantwortung, die Eltern für das Aufwachsen ihrer Kinder in Wohlergehen haben, manchmal in den Hintergrund. In der gegenwärtigen Diskussion um eine Reform des Sorge-, Umgangs- und Unterhaltsrechts stehen sich manche Positionen der unterschiedlichen gesellschaftlichen und politischen Akteure beinahe unvereinbar gegenüber; die Konflikthaftigkeit in den Familien bei Trennung und Scheidung findet sich möglicherweise in den (fach)politischen Diskursen wieder.

Die bisher unbeantwortete und eigentlich unstrittige Grundfrage lautet: Wie können die Rechtsgebiete so ineinandergreifen und weiterentwickelt werden, dass sie für alle Beteiligten – und insbesondere für die betroffenen Kinder und Jugendlichen – und für die meisten Fälle eine gute Lösung bereithalten und inwiefern können sie helfen, die Konflikthaftigkeit von Umgangsstreitigkeiten zu verringern?

In den Debatten bisher weitgehend unsichtbar (u. a. weil empirisch kaum beforscht) bleiben die Perspektiven und Erfahrungen der von Trennung und Scheidung betroffenen Kindern und Jugendlichen selbst; unsichtbar bleiben aber auch die fachlichen Konzepte und praktischen Erfahrungen derjenigen Fachkräfte, die direkt mit diesen Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern arbeiten.

Die Veranstalter wollen mit diesem Forum die Reformdebatte aufgreifen, Fach- und Leitungskräfte aus der Kinder- und Jugendhilfe informieren und sensibilisieren und ggf. die bis dahin tatsächlich erfolgte Reform diskutieren. Vor allem aber wollen wir der Frage nachgehen, ob und wie die Fachpraxis dem Anspruch gerecht werden kann, die Perspektive der Kinder und Jugendlichen in das Zentrum einer jeden Regelung zu Sorge, Umgang und Unterhalt zu stellen und welcher weiterführender Anstrengungen es bedarf, der Vielgestaltigkeit von familiären Lebenslagen im Kontext von Trennung und Scheidung gerechter zu werden.

Weitere Informationen zum Ablauf sowie zur Registrierung finden Sie hier.

Fachforum: Auf dem Weg zur Kindergrundsicherung

19. Mai 2021, 10:45 – 12:15 Uhr

Die Kindergrundsicherung wird seit längerem als wichtiges Instrument gegen Kinderarmut diskutiert.

  1. Das Nds. Sozialministerium stellt gemeinsam mit wichtigen NGOs die zentralen Inhalte und Positionen für die Einführung einer Kindergrundsicherung vor.
  2. Jeweils 15 Minuten Vortrag mit anschließender Möglichkeit zur Nachfrage und moderierten Diskussion
  • Nds. Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
  • Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
  • Bündnis Kindergrundsicherung
  • Bertelsmann-Stiftung

Weitere Informationen sowie die Registrierung finden Sie hier.

Digitaler Messestand: Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) – Für die Vielfalt der Familie

19. Mai 2021, 14:00 – 17:00 Uhr

Das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) wurde 2002 auf Initiative der Arbeiterwohlfahrt als familienpolitischer Fachverband gegründet. Wir setzen uns für eine zukunftsorientierte Familienpolitik ein: Für uns ist Familie überall dort, wo Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen, Sorge tragen und Zuwendung schenken. An unserem Messestand stellen wir unsere Arbeit vor und diskutieren zentrale familienpolitische Themen des Wahlkampfjahres 2021 rund um Fürsorge, Vereinbarkeitsfragen, Bekämpfung von Kinderarmut und vielfältige Familienformen.

Mit Britta Altenkamp (ZFF-Vorsitzende), Alexander Nöhring (ZFF-Geschäftsführer) und den Referentinnen Ulrike Mewald und Lisa Sommer.

  • 15:00 Uhr Gespräch mit der Vorsitzenden Britta Altenkamp zur Arbeit des ZFF
  • 16:15 Uhr Gespräch mit dem Geschäftsführer Alexander Nöhring zu familienpolitischen Schwerpunkten im Bundestagswahlkampf

Besuchen Sie uns gern über Zoom am Messestand: https://us02web.zoom.us/j/82573291299

AKTUELLES

Migration ist oft eine „Familienangelegenheit“. Das bestätigt auch der erst kürzlich veröffentlichte Neunte Familienbericht der Bundesregierung. Vielfach reisen Partnerinnen und Partner von Zugewanderten mit ein oder ziehen nach. Partnerschaftlicher Familiennachzug ist ein Hauptmotiv für Zuwanderung nach Deutschland. Der aktuelle Monitor Familienforschung beleuchtet die Situation nachreisender Familienangehöriger im Kontext der Fachkräftegewinnung. Diese mitreisenden Partner – es sind ganz überwiegend Frauen – bieten ein erhebliches Potenzial für den deutschen Arbeitsmarkt. Die Pandemie dämpft aktuell auch den Zuzug aus dem Ausland, doch die demografische Entwicklung und die Fachkräftebedarfe bleiben bestehen.

Mehrere hunderttausend Partnerinnen und Partner von Zugewanderten aus EU- und Drittstaaten leben bereits in Deutschland. Obwohl oft qualifiziert für den deutschen Arbeitsmarkt, ist der Anteil der aktiv Erwerbstätigen unter ihnen gering. Es gilt, die Familien von neu einreisenden Arbeits- und Fachkräften in den deutschen Regelangeboten mitzudenken, sei es bei der Erstorientierung in Deutschland, bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, bei der Förderung der Erwerbstätigkeit. Gerade nachreisende Frauen werden in der Phase der Einwanderung von den beratenden Stellen oft nicht mit ihren Bedarfen und Potenzialen, sondern nur als „im Schatten des Mannes stehend“ betrachtet.

Darum ist es besonders wichtig, auch die mit- und nachreisenden Partnerinnen für eine Erwerbsperspektive in Deutschland zu gewinnen. Ein auskömmliches Erwerbseinkommen fördert die wirtschaftliche Stabilität der Familie, schützt vor Armutsrisiken und fördert eigene Lebensperspektiven für die Frauen. Hier setzt unser ESF-Bundesprogramm „Stark im Beruf – Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein“ an. Diesen Weg müssen wir weitergehen: Machen wir die Integration zu einer Familienangelegenheit. So gewinnen wir Fachkräfte und geben Familien sichere Perspektiven in Deutschland. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre!

Fachkräfte im Inland gewinnen – Erwerbspotenziale aus dem Familiennachzug

Der Gleichstellungsbericht 2021 der Europäischen Kommission wurde veröffentlicht.

2021 Report on gender equality in the EU (engl.)

Der Global Gender Gap Report 2021 ist erschienen.

Global Gender Gap Report 2021 (engl.)

Zwar wurde die Ganztagsbetreuung für Kinder im Alter von 3 bis unter 6 Jahren in den vergangenen Jahren ausgebaut, die regionalen Unterschiede nach Bundesländern aber auch auf Ebene der Kreise und Städte sind aber weiterhin groß. Zudem ist die Passung zwischen Bedarf und Angebot nicht immer gegeben. Hinzu kommt außerdem, dass ein Ganztagsbetreuungsplatz allein noch kein Garant für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist, sondern die konkreten Betreuungszeiten von hoher Bedeutung sind. 

Mehr…

Der vorliegende Entwurf des Sechsten Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung vom 22. März 2021 (6. ARB) ist ein umfassendes Werk statistischer Daten aus unterschiedlichen Studien und Indikatoren. Die Daten werden in dem Bericht miteinander in Verbindung gesetzt, um eine umfassende sozialpolitische Interpretation der Lebensverhältnisse in Deutschland und der Maßnahmen der Bundesregierung unter dem Aspekt der Armutsprävention und der Förderung von Wohlstand und sozialer Mobilität zu ermöglichen. Der aktuelle Bericht entwickelt die Berichterstattung des Fünften Armuts- und Reichtumsberichts methodisch und inhaltlich weiter und bietet eine Vielzahl an unterschiedlichen Daten, Informationen und Interpretationen zu Themenbereichen wie Arbeit, Familie, Gesundheit, Bürgerschaftliches Engagement etc. Die Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie auf unterschiedliche Lebenslagen wurden dabei so weit wie möglich einbezogen bzw. es wurden Einschätzungen hierzu vorgenommen.

  mehr Informationen

Mit dem vorgelegten Referentenentwurf plant die Bundesregierung die Einführung eines Rechtsanspruchs für ganztägige Erziehung, Bildung und Betreuung für Kinder im Grundschulalter. Die Geschäftsstelle des Deutschen Vereins begrüßt dieses Vorhaben ausdrücklich. Bereits 2015 hatte sich der Deutsche Verein für die Prüfung, einen solchen Rechtsanspruch einzuführen, ausgesprochen. 2019 formulierte er Empfehlungen zur Implementierung und Ausgestaltung desselben. Diesen folgt der vorgelegte Referentenentwurf zu weiten Teilen. Angesichts der durch die COVID-19-Pandemie noch stärker offenbar gewordenen Notwendigkeit, der Bildungsbenachteiligung von Kindern entgegenzuwirken und die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit zu stärken, ist nach Auffassung der Geschäftsstelle des Deutschen Vereins ein individueller Rechtsanspruch auf ganztägige Erziehung, Bildung und Betreuung für Kinder im Grundschulalter dringend erforderlich.

  mehr Informationen

Die Debatte um die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz war lange festgefahren. Auf der einen Seite wird eine juristische Notwendigkeit für eine Verfassungsänderung nicht gesehen und im Gegenteil vor unbeabsichtigten und unerwünschten Folgewirkungen gewarnt. Insbesondere wird befürchtet, die Formulierung von ausdrücklichen Kinderrechten im Grundgesetz könne zur Schwächung der Elternverantwortung beitragen und dem Staat stärkere Eingriffsmöglichkeiten als bisher geben. Auf der anderen Seite wird eine Änderung der Verfassung dringend angemahnt und um die Einführung eines umfassenden Kinderrechtekatalogs in das Grundgesetz gerungen.

Anfang Januar 2021 haben sich nun die Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD auf eine Formulierung geeinigt (BR-Drs.54/21). Schnell wurde diese jedoch von den Oppositionsparteien scharf kritisiert. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) befürchtet deshalb, dass der Vorschlag der Regierung den jahrzehntelangen Streit nicht beenden wird. Dazu sind – jeweils unterschiedliche – Zweidrittelmehrheiten im Bundestag und im Bundesrat erforderlich, ohne zusätzliche Stimmen aus den anderen Parteien geht es also nicht. Die Zeit läuft bereits davon: Das parlamentarische Verfahren ist so knapp geplant, dass für die Anrufung des Vermittlungsausschusses, der üblicherweise bei verschiedenen Positionen von Bundestag und Bundesrat in Bezug auf ein Gesetzesvorhaben in Aktion tritt, vor Ende der Legislaturperiode kein Raum mehr ist. Dass sich im Bundesrat nach einer ersten Beratung des Gesetzesvorhabens Ende März weder eine Mehrheit für ein positives Votum noch für konkrete Änderungswünsche gefunden hat, stimmt diesbezüglich nicht zuversichtlicher. Und auch die Mitte April im Bundestag geführte Debatte hat erneut die Bandbreite der verschiedenen Positionen vor Augen geführt, die eine Verabschiedung des Regierungsentwurfs in der vorgeschlagenen Form nicht erwarten lässt. Deshalb hat die eaf einen Alternativvorschlag erarbeitet, der geeignet sein könnte, in der noch verbleibenden Zeit die erforderlichen Zweidrittelmehrheiten zu erreichen.

Weitere Informationen finden Sie hier.

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ZFF-Info 04/2021

SCHWERPUNKT I: Equal Pay Day

Anlässlich des Equal Pay Day 2021 setzt sich das Zukunftsforum Familie (ZFF) für die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern ein und fordert nachhaltige politische Schritte, um Entgeltgleichheit zu erreichen.

Zum 14. Mal ruft der Business and Professional Women (BPW) Germany e.V. den Equal Pay Day aus, der auf die Entgeltungleichheit zwischen den Geschlechtern aufmerksam macht. Die diesjährige Kampagne steht unter dem Motto „GameChanger – Mach dich stark für equal pay!“ und zeigt anhand von Vorbildern aus Politik, Wirtschaft, Sport, Medien und Kultur, wie die deutsche Lohnlücke von 18 Prozent geschlossen werden kann. Nach der letzten Erhebung des Statistischen Bundesamtes liegt der Gender Pay Gap in Deutschland damit zwar weiterhin unter 20 Prozent, aber noch immer deutlich über dem EU-Durchschnitt von rund 15 Prozent.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Die weiterhin bestehende Einkommensungleichheit zwischen Frauen und Männern ist nicht nur ungerecht, sondern wirkt sich für Familien auch unmittelbar auf die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit aus. Die Ursachen für die Lohnlücke sind vielfältig und oftmals strukturell verankert. So haben Frauen z.B. schlechtere Zugangschancen zu unterschiedlichen Berufen oder Karrierestufen und arbeiten häufiger in Teilzeit und Minijobs. Hinzu kommt die ungleiche Verteilung von Sorgearbeit: Frauen reduzieren häufiger als Männer familienbedingt ihre Erwerbsarbeitszeit und übernehmen nach wie vor den Löwenanteil der Erziehungs-, Pflege- und Hausarbeit – auch und gerade in der Corona-Pandemie. Von einer geschlechtergerechten Arbeitsteilung sind viele Familien weit entfernt. Besonders Alleinerziehende, überwiegend Frauen, sind durch den Gender Pay Gap benachteiligt.“ 

Altenkamp führt weiter aus: „Insbesondere im Wahljahr erwarten wir von der Politik, dass die Weichen für politische Lösungen gestellt werden, die es Männern wie Frauen gleichermaßen ermöglichen, familiäre Sorgeverpflichtungen zu übernehmen. Dazu müssen Regulierungen abgebaut werden, die einer geschlechtergerechten Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit entgegenstehen, wie etwa das Ehegattensplitting. Partnerschaftliche Ansätze bei Elterngeld und Pflegezeit müssen ausgebaut werden, sodass Verkürzungen der Arbeitszeit oder befristete Ausstiege aus dem Beruf für beide Geschlechter möglich sind, ohne die eigene soziale Absicherung zu gefährden.“

Alle Informationen zur Equal Pay Day Kampagne 2021 finden Sie unter www.equalpayday.de.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 10.03.2021

Der Equal Pay Day, der in diesem Jahr auf den 10. März fällt, markiert die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. Für das gleiche Gehalt wie das der Männer müssten Frauen 69 Tage länger arbeiten. Die Lohnlücke liegt bei 19 Prozent. Für die SPD-Bundestagfraktion ist klar: Das sind 19 Prozent zu viel. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss selbstverständlich sein.

„Auf dem Weg zur Entgeltgleichheit ist die SPD-Bundestagsfraktion bereits wichtige Schritte gegangen. Dazu gehört das Entgelttransparenzgesetz, die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Aufwertung sozialer Berufe und verbindliche Vorgaben für mehr Frauen in Führungspositionen. Es müssen aber weitere Schritte folgen.

Wir wollen, dass soziale Berufe die Anerkennung erhalten, die sie verdienen. Daher haben wir im Koalitionsvertrag durchgesetzt, die Arbeitsbedingungen in der Altenpflege zu verbessern. Dazu braucht es einen flächendeckenden Tarifvertrag. Damit wird die gesamte Pflegebranche aufgewertet, die höchste Anforderungen stellt und in der vor allem Frauen beschäftigt sind.

Wir kritisieren, dass ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, der die Arbeitsbedingungen in den Pflegeberufen massiv verbessert hätte, am Widerstand privater Arbeitgeber und von Teilen der Wohlfahrtsverbände und Kirchen gescheitert ist. Wir appellieren an alle Beteiligten, sich weiterhin für einen solchen Tarifvertrag einzusetzen.  Wir halten eine stärkere Tarifbindung für unerlässlich, um die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern zu verkleinern.

Auch beim Entgelttransparenzgesetz wollen wir nachlegen. Wir wollen ein Verbandsklagerecht einführen, damit Frauen, die von Lohndiskriminierung betroffen sind, nicht allein gegen ihre Arbeitgeber vor Gericht ziehen müssen.

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit muss Realität werden. Unser Ziel: Null Prozent Lohnunterschied. Hierfür setzen wir uns mit aller Kraft ein – so lange, bis der Equal Pay Day auf den Jahresanfang fällt.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 09.03.2021

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert konsequentes Equal Pay, Parität in der Politik, mehr Frauen in den Spitzenposten der Wirtschaft. Gleichstellung müsse auch in Zeiten der Pandemie Leitgedanke sein.

Die Corona-Pandemie stellt die gesamte Gesellschaft vor große Herausforderungen – Frauen sind jedoch besonders betroffen. Studien zufolge haben Frauen beruflich besonders viel zurückgesteckt, um zu Hause die Kinderbetreuung und das Homeschooling aufzufangen. Wissenschaftlerinnen wie Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB), befürchten gar eine Retraditionalisierung der Geschlechterrollen, durch die Pandemie-Maßnahmen ausgelöst.

Die Krise wirkt wie ein Brennglas: Sie macht die gleichstellungspolitischen Herausforderungen und bestehende Gleichstellungsdefizite, die noch immer bestehen, noch deutlicher. Die Botschaft der SPD-Bundestagsfraktion zum Internationalen Frauentag lautet deswegen: „Gleichstellung – gerade jetzt“.

„Ich will, dass die 2020er Jahre das Jahrzehnt der Frauen werden. Wir müssen in allen Bereichen unserer Gesellschaft den Gleichstellungs-Turbo zünden: Konsequentes Equal Pay, Parität in der Politik, mehr Frauen in den Spitzenposten der Wirtschaft, gleiche Chancen und Teilhabe in der Digitalisierung und endlich mehr Partnerschaftlichkeit bei der Sorgearbeit“, sagt Katja Mast, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion.

Die SPD-Fraktionsvizin erwartet auch einen Kulturwandel in Unternehmen, indem diese mehr Führungspositionen in Teilzeit, Anreize für partnerschaftliche Vereinbarkeit, mehr Flexibilität anbieten.

„Die SPD hat in dieser Koalition vorgelegt. Wir sorgen mit Reformen beim Elterngeld für mehr Partnerschaftlichkeit und Flexibilität, unterstützen in der Krise insbesondere die Familien, haben mit dem Gute-Kita-Gesetz Milliarden in die Betreuungsinfrastruktur investiert und sind mit unseren Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht auf dem Weg die erste Vorstandsquote in der Geschichte dieses Landes einzuführen“, so Mast.

Zum internationalen Frauentag (8. März) und Equal-Pay-Day (10. März) stellt die SPD-Bundestagsfraktion folgende Forderungen:

-Mehr Frauen in Führungspositionen: Frauen stehen in der Krisenbewältigung in vorderster Reihe – dies ist viel zu selten der Fall, wenn es um Führungsverantwortung in der Wirtschaft geht. Um das zu ändern, hat die SPD-Fraktion das Zweite Führungspositionen-Gesetz mit auf den Weg gebracht: Damit soll den Unternehmen eine feste Quote für Frauen in Vorständen vorgeschrieben werden.

-Mehr Ideen für Gleichstellungspolitik:  Die SPD-Fraktion hat sich dafür stark gemacht, dass die bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte Bundesstiftung Gleichstellung gegründet wird. Diese wird sich wissenschaftlich fundiert mit der Geschlechtergleichstellung in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auseinandersetzen und dazu beitragen, Gleichstellungsdefizite zu beheben. Sie wird Informationen bereitstellen.

Entschiedene Schritte hin zur Entgeltgleichheit/ Lohngerechtigkeit: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss endlich Realität werden. Dazu tragen die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Aufwertung sozialer Berufe und das Recht auf Entgelttransparenz bei.

In Deutschland gilt seit Anfang 2018 das Entgelttransparenzgesetz, das Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten das Recht gibt, das eigene Gehalt mit dem des Kollegen oder der Kollegin vergleichen zu lassen. Erfahrungen mit dem Gesetz zeigen, dass hier nachgebessert werden muss. Hierzu gehört die Einführung eines Verbandsklagerechts. Das Problem darf nicht länger individualisiert werden. Zudem muss das Auskunftsrecht über die Gehälter von Kolleg*innen in vergleichbaren Positionen auf kleinere und mittlere Unternehmen ausgeweitet werden.

-Eine gerechte Aufteilung von Erwerbs- und Familienaufgaben

Die SPD-Fraktion setzt sich für die Einführung einer Familienarbeitszeit und eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung auch im Grundschulalter ein. Durch die bereits im Bundestag verabschiedete Elterngeldreform werden Eltern noch besser dabei unterstützt, Familien- und Arbeitszeit miteinander zu vereinbaren und partnerschaftlich zu verteilen.

– Aufwertung sozialer Berufe: Soziale Berufe, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, müssen ihren Anforderungen und hoher Verantwortung entsprechend angemessen gewürdigt werden. Die Systemrelevanz dieser Berufe wird in Pandemiezeiten besonders deutlich. Gute Arbeitsbedingungen und eine faire Entlohnung müssen für soziale Berufe endlich selbstverständlich sein.

– Mehr Frauen in die Parlamente – In den Parlamenten muss Parität erreicht werden, vom Gemeinderat bis zum Bundestag.

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 04.03.2021

Am heutigen 10. März ist Equal Pay Day. Dazu können Sie die Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Yvonne Magwas, gerne wie folgt zitieren:

„Die unbereinigte Lohnlücke beträgt in Deutschland immer noch 18 Prozent. Mit ein Grund für die immer noch bestehende Lohnlücke zwischen Frauen und Männern ist die Tatsache, dass Frauen häufiger als Männer in Sozial- und Pflegeberufen arbeiten. Beide Berufe gelten nach wie vor eher als Frauenberufe und sind in Deutschland oft systemrelevant. Faire Bezahlung ist hier nicht selbstverständlich. Wir müssen uns deshalb die Lohnstruktur und die Tarifbindung in diesem Bereich genau anschauen. Beides muss im Sinne der Frauen gestärkt werden.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 10.03.2021

Zum morgigen Equal Pay Day können Sie die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Nadine Schön wie folgt zitieren:

„Die Lohnlücke liegt in Deutschland kaum verändert bei 18 Prozent. Dies steht in engem Zusammenhang mit dem so genannten Gender Care Gap, wonach Frauen zuletzt 87 Minuten pro Tag mehr für unbezahlte Sorgearbeit aufwendeten als Männer. Obwohl bei der Chancengleichheit schon vieles erreicht wurde, sind es in der Corona-Krise erneut vor allem die Frauen, die Homeoffice und Homeschooling mit Haushalt und Pflege vereinbaren und dafür beruflich kürzer treten. Laut Studien des Jobportals LinkedIn bewerben sich derzeit deutlich weniger Frauen auf lukrative Stellen als Männer. Für uns heißt dies: Wir müssen in der Krise noch einmal den Turbo starten – für bessere Karrierechancen, bessere Bezahlung und mehr Vereinbarkeit und Gestaltungsmöglichkeiten.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 09.03.2021

Zu den neusten Zahlen des statistischen Bundesamtes zum Gender Pay Gap in Deutschland erklären Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte und aktive Arbeitsmarktpolitik, und Ulle Schauws, Sprecherin für und Frauenpolitik:

Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern schließt sich in Deutschland nur im Schneckentempo. Und das ist einfach nicht genug. Gleichzeitig verweisen erste Analysen darauf, dass der etwas kleinere Gender Pay Gap auch coronabedingt sein kann. Denn viele Männer waren im Jahr 2020 in Kurzarbeit und haben dadurch Einkommenseinbußen.

Im Vergleich zu den europäischen Nachbarn hinkt Deutschland immer noch den meisten Ländern hinterher. Ein Gender Pay Gap von 18 Prozent ist heute noch einer der größten in Europa. Damit wird deutlich: Das Entgelttransparenzgesetz der Bundesregierung wirkt nicht. Ob Equal Pay eingehalten wird, muss auch verbindlich überprüft werden. Außerdem dürfen Frauen nicht allein gelassen werden, wenn sie wissen, dass sie bei gleicher Arbeit weniger als ihre männlichen Kollegen verdienen. Die Sorge um den Arbeitsplatz lässt viele Frauen davor zurückschrecken, ihre Rechte vor Gericht individuell durchzusetzen. Deshalb brauchen wir hier ein Verbandsklagerecht in Verbindung mit dem Gruppenverfahren, so dass Ve rbände und Gewerkschaften bei struktureller Entgeltdiskriminierung die Betroffenen effektiv unterstützen können. Nur so lässt sich Lohndiskriminierung effektiv verhindern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 09.03.2021

„Es ist bekannt, dass Frauen während der Krise ihre Erwerbsarbeit stärker reduziert und im Durchschnitt mehr zusätzliche Sorge- bzw. Care-Arbeit im privaten Umfeld übernommen haben. Dies hat oft mit finanziellen Abwägungen z.B. aufgrund des Ehegattensplittings zu tun sowie mit einer ungleichen ‚Normalverteilung‘ von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern, die sich in Krisenzeiten schnell vertieft. Die Bundesregierung lässt kaum erkennen, solche gleichstellungspolitischen Schieflagen anzugehen, ein angemessenes Gegensteuern fehlt. Dabei braucht es gerade jetzt Anstrengungen, Fehlanreize bei der Steuerveranlagung zulasten von Frauen erstens übergangsweise auszugleichen und zweitens an der Wurzel des Ehegattensplittings zu beenden“, erklärt Doris Achelwilm, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des Equal Pay Day am 10. März, der auf die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern (Gender Pay Gap) aufmerksam macht. Achelwilm weiter:

„Wesentliche Ursachen für den Gender Pay Gap liegen auch in der systematischen Unterbezahlung ‚feminisierter Berufe‘, von Tätigkeiten also, die überwiegend Frauen ausüben, z.B. im Gesundheitswesen oder Einzelhandel. Hier braucht es gründliche Aufwertung und gute Arbeitsbedingungen, stärkere Tarifbindungen sowie die ernsthafte Wertschätzung gesellschaftlich notwendiger Arbeit statt nur einmalige Bonuszahlungen und phasenweise Applaus.

Das 2017 in Kraft getretene Entgelttransparenzgesetz hat sich als Mittel gegen Lohndiskriminierung nicht bewährt, es ist weitgehend wirkungslos. Statt weiter auf seine langfristigen Effekte zu hoffen, braucht es konkrete Hebel für mehr Lohngerechtigkeit: ein Verbandsklagerecht, die Einführung zertifizierter Instrumente zur diskriminierungsfreien Arbeitsbewertung, die Ausweitung des Anwendungsbereichs auf kleinere Betriebe. Die Europäische Kommission hat die notwendige Verbesserung der rechtlichen Handhabe für Betroffene von Lohndiskriminierung im Blick. Gerade die Bundesregierung muss hier nachziehen.

Zur Beendigung von Lohndiskriminierung ist es nötig, dass sich die Bundesregierung von ihrer Symbolpolitik verabschiedet: Einen ‚German Equal Pay Award‘ auszuloben, der einzelne Unternehmen würdigt, wenn sie geschlechtergerechte Löhne zahlen, ist ein schwaches Signal. Stattdessen sollte Bundesministerin Giffey zusammen mit größeren Ressorts Maßnahmen verankern, die flächendeckend und verbindlich greifen: für die Aufwertung strukturell unterbezahlter Berufe, wirksame Gesetze gegen Niedriglöhne und -renten, gleichstellungsaktive Krisenprogramme, ein Ende des Ehegattensplittings und die geschlechtergerechte Aufteilung unbezahlter Sorge- und Pflegearbeit.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 09.03.2021

Frauen bekommen hierzulande noch immer durchschnittlich 18 Prozent weniger Gehalt als Männer. Sie müssen in den März hinein arbeiten, um auf die gleiche Entgeltsumme zu kommen wie Männer im Vorjahr. Mit Blick auf die Lohnlücke belegt Deutschland im europäischen Vergleich einen der letzten Plätze.

Bei einer Gewerkschafts-Aktion vor dem Brandenburger Tor forderte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann die Bundesregierung auf, endlich die Tarifbindung zu stärken: „Zu Beginn der Pandemie wurde noch geklatscht für die vielen Frauen in den systemrelevanten Berufen, im Einzelhandel, in Krankenhäusern und in Pflegeeinrichtungen. Doch den warmen Worten müssen endlich Taten folgen“, so Hoffmann. „Eine echte Aufwertung dieser Berufe ist überfällig – und sie gelingt am besten mit Tarifverträgen. In Betrieben, in denen es Betriebs- und Personalräte gibt und wir einen Tarifvertrag haben, ist der Entgeltunterschied durchschnittlich 10 Prozentpunkte geringer. Dort haben wir flexible Arbeitszeitmodelle, faire Eingruppierungen und mehr Unterstützung bei der Pflege von Angehörigen.“

Einmal mehr zeige sich, „wie wichtig es ist, dass diese Bundesregierung endlich die Tarifbindung stärkt, wie sie es im Koalitionsvertrag versprochen hat“. Hoffmann betonte: „Wir lassen nicht locker, bis Frauen gleich bezahlt werden und der Equal Pay Day Silvester stattfindet.“

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack verwies auf die coronabedingten Belastungen vor allem für Frauen. Es sei ein „gleichstellungspolitisches Desaster“, dass nun vor allem Frauen wieder verstärkt die Sorgearbeit zu Hause erledigen und sich in Zeiten geschlossener Kitas und Schulen um Homeschooling, Kinderbetreuung, Pflegebedürftige und den Haushalt kümmerten. „Das geht zu Lasten ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt“, betonte Hannack. Jetzt komme es darauf an, „den Frauen den Rücken zu stärken, damit sie ihre berufliche Laufbahn fortsetzen und auf ihr ursprüngliches Stundenvolumen zurückkehren können.“ Langfristig müsse es darum gehen, die (unbezahlte) Sorgearbeit und die (bezahlte) Erwerbsarbeit gerechter zwischen den Geschlechtern zu verteilen. „Damit dies besser gelingen kann, fordern wir einen Anspruch auf lebensphasenorientierte Arbeitszeiten und öffentliche Zuschüsse für haushaltsnahe Dienstleistungen.“

Wichtig sei überdies mehr Geld bereitzustellen für wohnortnahe, bedarfsgerechte und hochwertige Betreuungsangebote für Kinder. „Die sind Gold wert“, sagte die Gewerkschafterin, „das ist eine Investition in die Bildung von Kindern – und in die Zukunft von Frauen.“ Dass der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter an der Kostenaufteilung zwischen Bund und Ländern zu scheitern droht, nannte Hannack einen „Skandal.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 10.03.2021

Sind in einem Land viele Frauen erwerbstätig, ist der Gender Pay Gap tendenziell höher – Lohnlücke in Deutschland aber auch bei Berücksichtigung dieses Zusammenhangs mit am größten in Europa – Vor allem nordeuropäische Länder zeigen, dass es auch anders geht

Der Gender Pay Gap ist in Deutschland auch dann einer der höchsten in Europa, wenn er nur mit dem in Ländern mit einer ähnlichen Frauenerwerbsquote verglichen wird. Das geht aus einer aktuellen Analyse von Julia Schmieder und Katharina Wrohlich aus der Forschungsgruppe Gender Economics des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) anlässlich des bevorstehenden Equal Pay Days hervor. „Der Gender Pay Gap alleine ist nicht der Maßstab für die Frage, wie es um die Gleichstellung in einem Land bestellt ist“, erklärt Wrohlich. „Man muss auch berücksichtigen, wie viele Frauen in einem Land überhaupt erwerbstätig sind. Allerdings erscheint die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern in Deutschland auch dann nicht positiver – sie ist und bleibt im internationalen Vergleich sehr hoch.“

Im Jahr 2019 – dem aktuellsten, für das entsprechende Daten vorliegen – betrug der Gender Pay Gap in Deutschland 19 Prozent. Seit Jahren verringern sich die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern hierzulande kaum. Der Equal Pay Day, also der Tag, bis zu dem Frauen in diesem Jahr über das vorangegangene hinaus arbeiten müssen, um das durchschnittliche Vorjahresgehalt ihrer Kollegen zu erreichen, fällt in diesem Jahr auf den 10. März.

Nordeuropäische Länder als Vorbilder

Die Analyse von Schmieder und Wrohlich zeigt, dass im europäischen Vergleich eine höhere Frauenerwerbsquote tendenziell mit einem größeren Gender Pay Gap einhergeht. Hintergrund ist, dass bei einer hohen Erwerbsquote auch viele gering verdienende Frauen in die Rechnung einfließen. Umgekehrt ist der Gender Pay Gap in Ländern mit niedrigen Frauenerwerbsquoten vergleichsweise gering, weil oft nur die Frauen mit hohem Lohnpotenzial überhaupt erwerbstätig sind. Ein prominentes Beispiel ist Italien, das mit einem Gender Pay Gap von 5,5 Prozent nach Luxemburg und Rumänien den drittniedrigsten in Europa hat. Dort ist jedoch nur etwas mehr als die Hälfte der Frauen (56,2 Prozent) erwerbstätig, in Deutschland sind es hingegen fast drei Viertel (74,3 Prozent). Und: Der Aussage „Es ist die Aufgabe des Mannes, Geld zu verdienen, die Frau ist für Haushalt und Familie zuständig“ stimmen in Italien 34 Prozent der Bevölkerung zu, in Deutschland aber nur 13,5 Prozent.

Betrachtet man nur die 14 europäischen Länder, deren Frauenerwerbsquote zwischen 70 und 80 Prozent liegt, schneidet Deutschland jedoch nicht besser ab. Auch in diesem Ranking ist der Gender Pay Gap hierzulande einer der größten, wiederum stehen nur Österreich und Estland noch schlechter da. Wie es besser geht, zeigen vor allem die nordeuropäischen Länder: In Dänemark, Norwegen, Finnland und Schweden sind mitunter noch mehr Frauen erwerbstätig als in Deutschland, dennoch ist die Lohnlücke zu Männern oft deutlich geringer. In Schweden beispielsweise liegt sie bei einer Frauenerwerbsquote von 81 Prozent bei gut zwölf Prozent.

„Aus dem Muster, wonach eine höhere Frauenerwerbsquote wie in Deutschland mit einem höheren Gender Pay Gap einhergeht, lässt sich also ausbrechen“, fasst Schmieder die Erkenntnisse zusammen. „Das steht und fällt jedoch mit einer Familienpolitik mit starken gleichstellungspolitischen Elementen – und in dieser Hinsicht gibt es in Deutschland noch viel Potenzial.“ Mit der Einführung des Elterngeldes und dem Kita-Ausbau hat es den Studienautorinnen zufolge zwar Schritte in die richtige Richtung gegeben. Neben einer Ausweitung der Partnermonate beim Elterngeld und der Einführung einer Familienarbeitszeit sollte aber vor allem das Ehegattensplitting reformiert werden, das in seiner jetzigen Form die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt konterkariert.

Links: 

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 03.03.2021

SCHWERPUNKT II: Internationaler Frauentag

Bundeskabinett beschließt Formulierungshilfe für ein Gesetz zur Errichtung einer „Bundesstiftung Gleichstellung“

Heute hat das Bundeskabinett beschlossen eine „Bundesstiftung Gleichstellung“ zu errichten. Die Schaffung einer solchen Stiftung wurde bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Dieser sieht die Gründung einer Bundesstiftung vor, die sich „wissenschaftlich fundiert insbesondere Fragen der gerechten Partizipation von Frauen in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft widmet.“ Auf Bitte der Regierungsfraktionen hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine Formulierungshilfe für ein Errichtungsgesetz vorgelegt.

Bundesministerin Franziska Giffey: „Seit Jahrzehnten kämpfen wir für gleiche Chancen von Männern und Frauen. Es geht darum, das Leben unabhängig vom Geschlecht frei gestalten zu können, Potentiale zu entfalten, es geht um faire Bezahlung und Zeit für die Familie, die eigenen Bedürfnisse und Chancengerechtigkeit. Das sind die Maßstäbe einer modernen Gesellschaft. Die Bundesstiftung Gleichstellung soll dazu beitragen, die notwendigen Veränderungen zu beschleunigen. Die Stiftung wird ein offenes Haus werden, in dem sich Menschen treffen, vernetzen und bestärken. Wir wollen so dafür sorgen, dass Gleichstellung von Vielen und vor allem gemeinsam vorangebracht wird.“

Die Bundesstiftung Gleichstellung verfolgt drei Ziele:

  1. Wir wollen zeigen, wo es noch mehr Gleichstellung braucht und dafür Lösungen finden.
  2. Wir wollen Engagierte für die Gleichstellung vernetzen und sie unterstützen.
  3. Wir wollen das Wissen zu Gleichstellungsfragen vergrößern und mit Bürgerinnen und Bürgern diskutieren.

Die Bundesregierung hat in ihrer Formulierungshilfe vorgeschlagen, die Bundesstiftung als Stiftung des öffentlichen Rechts neben der Organisation des offenen Hauses für die Gleichstellung mit folgenden Aufgaben zu betrauen:

  • MEHR WISSEN: Wir wissen schon viel über Gleichstellung. Aber damit sich das Wissen verbreitet, muss man es leicht finden können. Daher soll die Stiftung leicht verständliche und gut aufbereitete Informationen zum Stand der Gleichstellung in Deutschland bereitstellen.
     
  • MEHR AKTION: Die Bundesstiftung soll die praktische Gleichstellungsarbeit von Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft stärken. Sie soll zum Beispiel Gleichstellungsbeauftragte dabei unterstützen, Aktionspläne zur Gleichstellung vor Ort aufzustellen. Zudem soll sie die Bundesregierung bei der Umsetzung der ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie beraten und ihren Ausbau begleiten.
     
  • MEHR INNOVATIONEN: Bürgerinnen und Bürger haben viele innovative Ideen. Verbände entwickeln kluge Konzepte für eine gleichberechtigtere Gesellschaft. Die Stiftung soll ein Ort sein, an dem neue Ideen gemeinsam entwickelt und umgesetzt werden.

Der Gesetzentwurf zur Errichtung der „Bundesstiftung Gleichstellung“ wird auf Initiative der Regierungsfraktionen in den Deutschen Bundestag eingebracht werden. Nachdem im Bundeshaushalt bereits Mittel für die Bundestiftung eingestellt wurden, sollen noch in diesem Jahr wichtige Schritte zum Stiftungsaufbau wie die Berufung eines Direktoriums erfolgen. 2021 stehen für die Bundesstiftung bis zu 3 Millionen Euro zur Verfügung, ab 2022 sollen jährlich 5 Millionen Euro eingeplant werden.

Die Errichtung der „Bundesstiftung Gleichstellung“ ist ein Vorhaben aus der ersten ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Webseite www.gleichstellungsstrategie.de.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 10.03.2021

Heute hat das Bundeskabinett die Formulierungshilfe für den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Errichtung einer Bundesstiftung für Gleichstellung beschlossen. Damit lösen wir ein von der SPD initiiertes Versprechen des Koalitionsvertrags ein. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich mit Hochdruck für die Gründung der Stiftung eingesetzt.

„Die Corona-Krise offenbart Gleichstellungsdefizite besonders drastisch und macht deutlich, wie wichtig die Gründung einer Bundesstiftung für Gleichstellung ist. Die Stiftung hat zum Ziel, strukturelle Benachteiligungen von Frauen abzubauen und die Gleichstellung der Geschlechter in allen Lebensbereichen nachhaltig voranzubringen. Wir haben uns dafür stark gemacht, dass die Stiftung mit Sitz in Berlin zeitnah ihre Arbeit aufnehmen kann. Unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes kann mit dem Stiftungsaufbau begonnen werden.

Die Stiftung wird sich wissenschaftlich fundiert mit der Gleichstellung der Geschlechter in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auseinandersetzen. Sie wird Informationen bereitstellen, die Gleichstellungspraxis vor Ort stärken und innovative Ideen entwickeln. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist auch der starke Vernetzungscharakter der Stiftung von besonderer Bedeutung. Die Stiftung wird ein offenes Haus für Gleichstellung sein, in dem gleichstellungspolitische Initiativen arbeiten und sich vernetzen können. Darüber hinaus wird die Zivilgesellschaft auch im ständigen Stiftungsbeirat vertreten sein.

Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten war immer klar, dass wir eine solche Stiftung brauchen. Die Stiftung ist ein Riesenschritt für die Gleichstellung in Deutschland. Uns geht es darum, die Gleichstellungspolitik in Deutschland strukturell zu stärken.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 10.03.2021

Bundestagsdebatte anlässlich des Internationalen Frauentags

Der 8. März ist Internationaler Frauentag. Der Bundestag nimmt diesen Tag zum Anlass für eine Debatte am heutigen Freitag. Dazu erklären die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und die Vorsitzende der Gruppe der Frauen der Fraktion, Yvonne Magwas:

Nadine Schön: „Für Frauen war das letzte Jahr besonders hart: Sei es im Job, als Pflegerin, Kassiererin oder Erzieherin, als Mutter zwischen Homeschooling und Homeoffice oder als Seniorin, die als Angehörige einer Risikogruppe monatelang auf Begegnungen verzichten musste. Es waren mehrheitlich Frauen, die zu den besonders Betroffenen gehörten. In Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen wir jetzt die richtigen Lehren aus dieser Krise ziehen und dafür sorgen, dass sie Frauen nicht nachhaltig zurückwirft. Obwohl im Bereich der Chancengleichheit in den letzten Jahren schon Vieles vorangebracht wurde, lehrt uns Corona, dass wir in der Krise noch einmal den Turbo starten müssen für eine bessere Vereinbarkeit, bessere Karrierechancen, bessere Bezahlung und mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Wir brauchen mehr Frauen, die sich in die Politik mit ihrem Ideenreichtum einbringen, wir brauchen mehr Frauen in der IT und wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen.“

Yvonne Magwas: „Wir sind jetzt an einem Punkt in der Pandemie, wo wir in die Zukunft schauen müssen, uns fragen müssen, welche Lehren ziehen wir aus Corona, welche Chancen nutzen wir. Wir sollten die Krise nutzen, um bei strukturellen Benachteiligungen von Frauen zu Lösungen zu kommen. Sei es beim Verdienst, bei der sozialen Absicherung oder auch bei der Anerkennung der Care-Arbeit.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 05.03.2021

Zum Internationalen Frauentag am 8. März 2021 erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Frauen kämpfen weltweit für ihre Rechte und müssen es mit Blick auf Corona und die Folgen in diesem Jahr besonders kraftvoll tun, weil sie von dieser Pandemie besonders hart getroffen werden. Denn Frauen sind nicht nur besonders in den systemrelevanten Gesundheits-, Pflege- und Careberufen die Krisenmanagerinnen, denen viel zu wenig Anerkennung zukommt. Sie sind es auch, die schneller den Job verlieren, weniger finanziellen Ausgleich bekommen. Sie werden ungefragt zu Hauptverantwortlichen für die Carearbeit im Homeoffice. Die Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel und besonders unter Frauenministerin Franziska Giffey haben es versäumt, Frauen in der Krise mit an den Tisch zu holen und ihre Kompetenzen bei den Lösungen abzurufen. Geschlechtergerechtigkeit wird von der Koalition unter Corona verschlafen und dies geht immens zulasten der Frauen.
Unser Ziel ist eine geschlechtergerechte Gesellschaft, echte Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen, rechtlich, kulturell und ökonomisch. Feminismus ist für uns eine geteilte Aufgabe aller Geschlechter. Macht, Möglichkeiten und Verantwortung müssen paritätisch geteilt werden – in den Parlamenten, der Wirtschaft, der Kultur. Darum fordern wir hier wirksame Quoten in den Vorständen und Verbesserungen auf allen Ebenen von Führungspositionen.
Wir müssen endlich die patriarchalen Strukturen aufbrechen, die Frauen im Job behindern und in der Vereinbarkeitsfrage sowie bei der Care- und Sorgearbeit wieder und wieder nach hinten drängen. Gerade jetzt in der Pandemie zeigt sich, dass die Rollenmuster noch festgefahrener sind als vermutet. Unser Ziel ist, eine Gesellschaft zu gestalten, in der alle Geschlechter frei von einschränkenden Rollenbildern leben können.
Dazu gehört zwingend das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper und das eigene Leben von Frauen in allen Lebenslagen. Wir sehen dies als Teil einer guten öffentlichen Gesundheitsversorgung ohne Kriminalisierung. Wir wollen die Istanbul-Konvention konsequent umsetzen, umfangreiche Daten zu geschlechtsspezifischer und zu häuslicher Gewalt und einen Rechtsanspruch für Frauen auf umfassenden Schutz vor Gewalt sowie endlich die Finanzierung der Frauenhäuser zusätzlich über den Bund verankern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 05.03.2021

Zum Frauen*kampftag am 8. März erklären Doris Achelwilm, gleichstellungspolitische Sprecherin, und Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag: „Es braucht mehr Feminismus, gerade jetzt. Viele Forderungen, die seit dem ersten von Clara Zetkin initiierten Weltfrauentag in den letzten 110 Jahren als grundlegende Gerechtigkeitsfrage gestellt wurden, sind 2021 ungebrochen aktuell und in neuer Form dringend. In der Krise zeigt sich, dass Frauen aufgrund politischer Versäumnisse schärfer von Lohneinbußen, Mehraufwand zu Hause, mangelnder Anerkennung und Altersabsicherung, Unterrepräsentation auf sichtbaren Entscheidungs- und Expert*innen-Ebenen, von sexualisierter Gewalt, ökonomischen Abhängigkeiten und Fremdbestimmung betroffen sind. Es drohen Rückschritte und Verschärfungen sozialer Ungleichheiten, wenn jetzt nicht gegengesteuert und ein Kurswechsel für geschlechtergerechtes Handeln quer durch alle Politikfelder umgesetzt wird – nicht zuletzt beim Zuschnitt von Bundeshaushalten und Krisenprogrammen.

Dass Frauen einen Großteil gesellschaftlich notwendiger Arbeit unentgeltlich wegtragen, erfordert Instrumente der Umverteilung bezahlter und unbezahlter Tätigkeiten, die allen eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben garantiert. Strukturell unterbezahlte Bereiche wie die Pflege gehören kapitalistischen Profitlogiken entzogen, nach gesundheitlichen Bedürfnissen ausgerichtet und höher bewertet und ausgestattet. Die Löhne müssen steigen. Sogenannte „Systemrelevanz“ anzuerkennen, darf nicht beim Applaus und Einmal-Bonus enden. Die Bundesregierungen der letzten Jahre und Jahrzehnte haben gegen gleichstellungspolitische Schieflagen versagt: Gender Pay Gap und Gender Care Gap als Nachweise ungleicher Verteilungen von Zeit und Geld stagnieren auf hohem Niveau. Im europäischen Vergleich schneiden die Anstrengungen und Erfolge der Bundesregierung in Sachen Geschlechtergerechtigkeit sehr bescheiden ab. Statt weitgehend wirkungslosen Instrumenten wie dem Entgelttransparenzgesetz braucht es ein Ende jeder Lohndiskriminierung aufgrund von Geschlecht oder Herkunft, starke Mindestlöhne, Tarifbindungen. Das Ehegattensplitting, das zulasten von Frauen, Müttern, Alleinerziehenden maximale Gehaltsunterschiede zwischen Verheirateten und damit alte Rollenverteilungen belohnt, muss abgeschafft werden. Familien- und Elternkonstellationen gehören in ihrer realen Vielfalt anerkannt und gegen Risiken der Kinder- oder Altersarmut geschützt. Es braucht Parität in den Parlamenten und Führungsetagen, aber auch bei der partnerschaftlichen Ausgestaltung von Elternzeiten. Dass hier zu wenig erreicht wurde, gehört wie der Fortbestand des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch zu den Enttäuschungen dieser Wahlperiode, die sich in Zukunft nicht wiederholen dürfen.

Der Internationale Frauentag 2021 fällt zusammen mit der einjährigen Existenz der Pandemie-bedingten Krise. Er ist Gelegenheit, das „Von unten“ in dieser Krise Bewältigte zu sehen und klarzustellen, dass eine ungleiche Verteilung von Lasten und Entlastung, von Risiken und Perspektiven, und dass eine systematische Abwertung von „Care“, also der Sorge um unsere Existenzgrundlagen, nicht länger hinnehmbar ist. Der Frauentag 2021 ist trotz aller Einschränkungen ein Ereignis, das zentrale Schieflagen aktueller Krisen und Wirtschaftsweisen klar zur Debatte und auf den Prüfstand stellt. Auf solidarische Zeiten und einen kämpferischen internationalen Frauentag!“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 07.03.2021

Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnt in ihrem aktuellen Podcast mit Blick auf den Weltfrauentag am 8. März an, immer wieder kritisch zu hinterfragen, was auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter noch fehle. „Es kann nicht sein, dass Frauen unsere Gesellschaften maßgeblich tragen und gleichzeitig nicht gleichberechtigt an wichtigen Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beteiligt sind“, sagt die Kanzlerin. Die Bundesregierung setze sich dafür ein, dies zu ändern.

Gerade in der Corona-Pandemie seien schon überwunden geglaubte Rollenmuster zu erkennen. „So sind es doch wieder vermehrt Frauen, die den Spagat zwischen Homeschooling, Kinderbetreuung und dem eigenen Beruf meistern. Und es sind vor allem auch Frauen, die mit ihrem unermüdlichen Einsatz in sozialen und Pflegeberufen derzeit besonders gefordert sind“, unterstreicht Merkel. So werde die Regierung auch immer wieder daran arbeiten, dass Familie und Beruf noch besser vereinbar sind. Dafür sei der Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder im Vorschulalter von großer Bedeutung. Hierbei unterstütze der Bund die Länder seit Jahren intensiv, so Merkel.

Es gehe in den Bemühungen der Bundesregierung um nicht mehr, aber auch nicht weniger als um gleiche Chancen von Männern und Frauen, um echte Gleichstellung, sagt die Bundeskanzlerin. „Dazu gehört auch: Frauen müssen endlich so viel verdienen können wie Männer!“, macht die Kanzlerin im Podcast deutlich. „Deshalb brauchen wir Parität in allen Bereichen der Gesellschaft.“ Sie ist sich außerdem sicher, dass die jüngst auf dem Weg gebrachte Quotenregel für Vorstände die deutsche Wirtschaft stärken werde.

Hinweis: Der Video-Podcast ist heute, Samstag, ab 10:00 Uhr unter www.bundeskanzlerin.de abrufbar. Unter dieser Internetadresse ist dann auch der vollständige Text zu finden.

Quelle: Pressemitteilung der Bundesregierung vom 06.03.2021

Die Bundesregierung hat heute ein wichtiges gleichstellungspolitisches Vorhaben auf den Weg gebracht. Nun ist der Bundestag am Zug, die Bundesstiftung Gleichstellung per Gesetz einzurichten. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack sagte dazu am Mittwoch in Berlin:  

„Wir setzen darauf, dass der Bundestag nun schnell handelt und die Einrichtung der neuen Bundesstiftung Gleichstellung noch vor der Sommerpause beschließt. Als ein Kompetenzzentrum für Gleichstellung ist eine Bundesstiftung von großer Bedeutung, wenn es um die Einlösung des Versprechens in Art. 3 (2) unseres Grundgesetzes geht: Die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Darüber hinaus ist sie ein weiterer Baustein, um die Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung umzusetzen und endlich in Angriff zu nehmen, woran es noch immer mangelt: Die Vorhaben und Gesetze aller Ressorts daraufhin zu überprüfen, ob sie die Gleichstellung von Frauen und Männer in Deutschland voranbringen.“   

Die erste ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie hatte die Bundesregierung im Juli des letzten Jahres beschlossen. Demnach ist die Gleichberechtigung in Deutschland künftig in allen Gesetzen und Vorhaben des Bundes stärker zu berücksichtigen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 10.03.2021

Am kommenden Montag, den 08.03.2021, wird der Internationale Frauentag zum einhundertsten Mal begangen. Die Arbeiterwohlfahrt warnt zu diesem Anlass vor steigender Altersarmut von Frauen und fordert ein schnelles Gegensteuern der Politik.

„Dieser internationale Frauentag steht im Schatten der Corona-Pandemie und der gravierenden Auswirkungen, die sie auf Frauen hat. In der Krise muss auch dem Letzten klar geworden sein, wie massiv allein die ökonomische Benachteiligung von Frauen in diesem Land ist“, erklärt dazu der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes, Jens M. Schubert, „Die systematische Unterbezahlung von systemrelevanten Berufen wie der Pflege, die anhaltende Lohnlücke zwischen den Geschlechtern, die Ungleichverteilung von privater Fürsorgearbeit und die steuerrechtlich falschen Anreize wie bspw. das Ehegattensplitting führen zu einer dauerhaften finanziellen Schlechterstellung von Frauen. Das dürfen wir nicht einfach achselzuckend hinnehmen.“

Inzwischen ist durch Studien eindrucksvoll belegt, dass die durch Schul- und Kitaschließungen entstandene Mehrarbeit in Familien hauptsächlich zu Lasten von Frauen gegangen ist und langfristig eine weitere Verschlechterung ihrer finanziellen Situation auch lange nach Ende der Pandemie zu erwarten ist.

„Frauen arbeiten seltener in tarifgebundenen Betrieben und häufiger in Minijobs. Frauen arbeiten seltener in Führungspositionen und häufiger in Teilzeit. Frauen haben häufiger schlechte Arbeitsbedingungen und erhalten seltener Aufstockungen beim Kurzarbeitergeld. Diese Auflistung macht deutlich, dass wir endlich eine geschlechtergerechte Sozial- und Arbeitsmarktpolitik brauchen. Wenn wir jetzt nicht entschlossen gegensteuern, werden wir in zehn Jahren einen deutlichen Anstieg der Altersarmut von Frauen haben“ führt der Vorstandsvorsitzende aus.

„Neben den bekannten Maßnahmen wie der Schließung der Lohnlücke zwischen den Geschlechtern und der Aufwertung systemrelevanter Berufe brauchen wir konkrete Vorschläge, wie die durch die Pandemie entstandene zusätzliche Sorgearbeit von Frauen in der Rente und den anderen sozialen Sicherungssystemen anerkannt wird. Wenn wir über Gleichstellung und Frauenrechte sprechen, müssen wir über Geld reden“, schließt Jens M. Schubert.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 05.03.2021

Seit mehr als 100 Jahren macht der Internationale Frauentag weltweit auf Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter aufmerksam. Die Corona-Krise hat auch die lang erarbeitete Gleichberechtigung in eine Krise gebracht.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Arbeitsmarkt und Politik in der Corona-Pandemie haben die Gleichberechtigung um Jahrzehnte zurückgeworfen. Frauen wie Männer sind deutlich in rückständige Rollenbilder gedrängt: Wie selbstverständlich tragen die meisten Frauen die Hauptlast im Alltag, jonglieren zugleich Job, Kinderbetreuung, Home-Schooling und Care-Arbeit. Dafür müssen sie oft ihre Arbeitszeit reduzieren. In der Pandemie sind ihre Jobs unsicherer geworden oder sie haben sogar ihre Arbeit verloren; für die eigene Berufs- und Karriereplanung fehlt Zeit und Kraft – und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt werden erkennbar weniger.

Und das in einer Situation, in der Frauen auf dem Arbeitsmarkt, in Beruf und Karriere ohnehin deutlich benachteiligt sind. Frauen arbeiten weiterhin häufiger als Männer in Teilzeit und Minijobs oder sind in Branchen tätig, in denen schlechter bezahlt wird. Weitaus seltener als Männer erreichen sie Führungspositionen.

Deutschland ist in Europa eines der Länder mit dem höchsten Einkommensgefälle zwischen Männern und Frauen. Und auch im internationalen Vergleich ist Deutschland absolut rückständig: Durchschnittlich 19 Prozent Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen sind immer noch 19 Prozent zu viel!  Frauen sind schlechter abgesichert und erhalten oft eine unzureichende, zumindest geringere Rente und sind weitaus häufiger von Armut bedroht als Männer.

Wir dürfen Rückschritte der Gleichberechtigung nicht widerspruchslos geschehen lassen und brauchen einen richtigen großen Sprung nach vorne – und zwar jetzt, gerade in der Corona-Krise! Die Pandemie darf kein Vorwand sein, Benachteiligungen und die ungerechten Machtverhältnisse zu zementieren.

Frauenspezifische Berufe müssen dringend aufgewertet und besser entlohnt werden.

Vor allem muss gleichwertige Arbeit auch gleich bezahlt werden. Nötig sind flexible, familienfreundliche Arbeitsmodelle und der Ausbau der Kinderbetreuung.

Frauenförderung und Gleichstellung gehören ganz oben auf die politische Agenda und in die Personalplanung der Arbeitgeber und Unternehmen.“

Weitere Informationen:

https://www.diakonie.de/gleichstellungsatlas

https://www.equalpayday.de/startseite/

https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Verdienste-Verdienstunterschiede/_inhalt.html

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 07.03.2021

Der Internationale Frauentag wird dieses Jahr zum 110. Mal begangen. „Ja, wir haben viel erreicht. Wir dürfen ein eigenes Konto haben, wir dürfen arbeiten, und wir dürfen einiges mehr. Und ja, wir haben z. B. den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, das Elterngeld Plus, den Ausbau der Kinderbetreuung und Ganztagsschulen sowie die Novellierung des Führungspostengesetzes. Aber gemessen an dem, was uns zusteht – die Gleichwertigkeit aller Geschlechter mit Leben zu füllen und hierfür die strukturellen Voraussetzungen zu schaffen – ob in Familie, Wirtschaft, Wissenschaft, Kirche, Kultur, Sport, Politik oder Gesellschaft – davon sind wir Meilen entfernt.“ so Cornelia Spachtholz, Vorsitzende des Verbands berufstätiger Mütter (VBM). „Und Corona zeigt uns wie ein Brennglas, wo vor der Pandemie bereits die Herausforderungen und strukturellen Benachteiligungen und somit auch kulturellen Benachteiligungen lagen. Und Benachteiligung ist Diskriminierung und steht unserer Verfassung Art. 3 entgegen!“, entrüstet sich die VBM-Vorsitzende.

Spiralen-Faktencheck von fehlender Gleichberechtigung und Gleichstellung: Mehr unbezahlte Familienarbeit, weniger Gehalt und als Belohnung Altersarmut für uns Frauen

„Die ehe- und familienpolitischen Leistungen müssen nochmals massiv auf den Prüfstand. Auch im aktuellen Familienbericht ist das Ehegattensplitting, wie bereits in den vergangenen Gleichstellungsberichten der Bundesregierung und von einer Expert*innengruppe im Bundesfinanzministerium als Erwerbshemmnis von Frauen identifiziert. Außerdem steht das Ehegattensplitting Art. 3 unserer Verfassung entgegen. Es fördert die ungleiche Verteilung von Familien- und Erwerbsarbeit zwischen den Geschlechtern, spätestens mit Familiengründung. Wir brauchen eine Besteuerung, wie z. B. die Individualbesteuerung, die alle Familienformen gleichwertig fördert. Hierzu muss auch nochmals die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern mit geringfügigem Einkommen auf den Prüfstand und eine Analogie zum Elterngeldbezug erarbeitet werden, um Anreize zur Erwerbsbeteiligung von Frauen, insbesondere Müttern zu gestalten. Mit anderem Kündigungsschutz von werdenden Vätern und Karenzzeit ab Geburt und schließlich hälftiger Elternzeit zur vollen Ausschöpfung des Elterngeldes kann frühzeitig der Weg geebnet werden, sich mit Familiengründung sowohl Familien- als auch Erwerbsarbeit gleichwertig aufzuteilen.“ ist Cornelia Spachtholz überzeugt.

„Natürlich müssen auch die systemrelevanten Berufe und Berufe, in denen überrepräsentativ Frauen beschäftigt sind, finanziell endlich angemessen entlohnt werden. Zudem brauchen wir Wege aus der Präsenzkultur, wie z. B. Führen in Teilzeit – da wo möglich auf allen Ebenen und in allen Branchen.“, so Spachtholz

„Und es geht nicht nur um Kinderbetreuung und Homeschooling, sondern um Hausarbeit und auch um die Fürsorge von hilfsbedürftigen oder pflegebedürftigen Angehörigen. Auch hier übernehmen überwiegend die Töchter die Pflegeverantwortung.“ Spachtholz ist überzeugt, dass wir mit sämtlichen Maßnahmen Männern den Weg in Familie ebnen müssen. „Wir müssen die Männer endlich entlasten, von ihrer Verantwortung die Familien zu ernähren, von ihrer Verantwortung, ihren Führungsposten. Wir brauchen Maßnahmen, die Männer zum gleichen unternehmerischen Risiko wie Frauen machen – und zwar in der Lebensverlaufsperspektive, dann ist allen geholfen und wir setzen Art. 3 unserer Verfassung endlich um.“ ist die Vorsitzende des Verbands berufstätiger Mütter überzeugt und fordert. „Den Frauen mehr Karriere, den Männern mehr Familie!“ Dann würde der Spiegel der Erwerbsleistung die Frauen nicht mehr wie jetzt für ihre Lebensleistung bestrafen mit Altersarmut.

Gewalt hat viele Gesichter – von wirtschaftlicher über psychische bis physische Gewalt.

Der pandemiebedingte Lockdown mit Kontaktbeschränkungen, Ausgehbeschränkungen, Gesundheitssorgen, Kurzarbeitergeld, wachsenden Existenzängsten und Jobverlust sowie Homeschooling ist eine massive Belastung für viele Menschen, Paare und Familien. „Die Zahlen belegen, dass mehr Kinder und Frauen zu Pandemiezeiten von Gewalt betroffen sind und die Dunkelziffer ist noch höher. Viele niederschwellige Zugänge für gewaltbetroffene Frauen und Kinder sind eingeschränkt, auch durch die Schließung von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen, Mobiles Arbeiten zu Hause und fehlende organisierte Freizeitgestaltung wie z. B. das Vereinsleben. „Manche Familien sind auf engstem Raum 24/7 mit alle den skizzierten Rahmenbedingungen und Belastungen sich selbst überlassen. Auch wenn der Opferschutz in vielen Bereichen greift, so sind noch viele Stellschrauben fehlend um die Istanbul-Konvention, dem Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt, vollumfänglich zu erfüllen. Auch das zeigt uns die Pandemie traurigerweise!“ so Spachtholz.

Quelle: Pressemitteilung Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) vom 08.03.2021

SCHWERPUNKT III: Corona-Krise

Der Bundestag hat am heutigen Donnerstag den Gesetzentwurf zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen verabschiedet. Dazu können Sie die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, gerne wie folgt zitieren:

„Familien sind in dieser Pandemie weiterhin einer enormen Belastung ausgesetzt. Deshalb ist es völlig angemessen, dass wir die finanzielle Unterstützung für Familien noch einmal gezielt ausweiten: Der Anspruch auf Lohnersatz für insgesamt zehn Wochen pro Elternteil bzw. zwanzig Wochen für alleinerziehende Mütter oder Väter zählt ab Ende März 2021 neu. Außerdem werden die Anspruchsvoraussetzungen für den Lohnersatz nach dem Infektionsschutzgesetz nun an die des Kinderkrankengeldes angepasst. Das ist richtig, denn die privat krankenversicherten Eltern profitieren nicht von Kinderkrankentagen. Privat versicherte Eltern können künftig die Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz auch dann bekommen, wenn der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wird oder eine behördliche Empfehlung vorliegt, vom Besuch einer der genannten Einrichtungen abzusehen. Es ist dabei egal, ob die Eltern im Homeoffice arbeiten können oder nicht.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 04.03.2021

Studie zur Verteilung von Sorgearbeit im ersten coronabedingten Lockdown ergibt differenziertes Bild – Anteil der Familien, in denen die Frau Kinderbetreuung fast vollständig alleine trägt, hat sich verdoppelt – Keine signifikanten Änderungen bei Paaren, die Sorgearbeit schon zuvor gleichmäßig aufgeteilt haben – Reform der Partnermonate beim Elterngeld könnte ungleiche Arbeitsteilung im Haushalt verringern

In erster Linie Mütter haben während des coronabedingten ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 die Kita- und Schulschließungen kompensiert und ihre Kinder selbst betreut. Das geht aus einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis von pairfam-Daten hervor. So hat sich der Anteil der Familien in Deutschland, in denen die Frauen die Kinderbetreuung fast vollständig übernehmen, im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019 von etwa acht auf 16 Prozent verdoppelt. Die Hausarbeit erledigen in fast 27 Prozent der Familien – statt zuvor in rund 22 Prozent – fast vollständig die Frauen. Allerdings bleibt der Anteil der Paare, die sich die Sorgearbeit egalitär aufteilen, infolge der Pandemie weitgehend unverändert. Zudem gibt es sogar wenige Familien mehr als zuvor, in denen der Mann fast vollständig oder überwiegend Kinderbetreuung und Hausarbeit übernimmt – allerdings handelt es sich dabei um nicht mehr als etwa fünf Prozent der Familien.

„Mit Blick auf die Aufteilung der Sorgearbeit während der Corona-Pandemie ergibt sich ein differenziertes Bild“, erklärt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics in der Abteilung Staat des DIW Berlin. „In Familien, in denen sich Frauen schon zuvor deutlich mehr um Kinderbetreuung und Haushalt gekümmert haben, ist das Ungleichgewicht während der Corona-Pandemie aber noch größer geworden“, so C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie.

Wahrnehmung der Aufteilung von Sorgearbeit sehr unterschiedlich

Gemeinsam mit Jonas Jessen, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Bildung und Familie, haben Spieß und Wrohlich Daten des Beziehungs- und Familienpanels pairfam ausgewertet. Im Rahmen dieser Längsschnittstudie werden jährlich rund 12.000 Personen befragt. Im Frühjahr 2020 wurde eine Corona-Zusatzerhebung gestartet, an der sich mehr als 3.000 Menschen beteiligten. Die Studie stützt sich insgesamt auf 967 Paarhaushalte mit Kindern.

Die Analysen geben auch Auskunft darüber, wie sich die Aufteilung der Sorgearbeit in Abhängigkeit der Homeoffice-Nutzung verändert hat. Wenn Mütter im Homeoffice arbeiten, erledigen sie demnach auch mehr Sorgearbeit, während dies bei Männern umgekehrt nicht der Fall ist. Konnten beide Elternteile von zu Hause arbeiten, ergaben sich jedoch keine signifikanten Unterschiede in der Aufteilung von Kinderbetreuung und Hausarbeit.

„Bemerkenswert ist, dass Unterschiede in der Wahrnehmung der Aufteilung von Sorgearbeit in der Pandemie größer geworden sind“, sagt Jessen. So gaben von den befragten Frauen 24 Prozent an, dass sie in ihrer Familie die Kinderbetreuung (fast) vollständig alleine übernehmen – bei den Männern berichteten dies nur fünf Prozent.

Anpassung der familienpolitischen Leistungen könnten zu kurz greifen

Die Politik hat im Zuge der Pandemie familienpolitische Leistungen an einigen Stellen angepasst und die Zahl der sogenannten Kinderkrankentage auf 20 Tage erhöht, um Eltern die Kinderbetreuung zu erleichtern. „Die Erhöhung der Kinderkrankentage ist zwar grundsätzlich gut, womöglich aber zu knapp bemessen“, so Katharina Wrohlich. Weitere Maßnahmen, etwa eine abermalige Ausweitung der Kinderkrankentage, wären wünschenswert. „Unabhängig von der Corona-Pandemie könnten beim Elterngeld bei gleichbleibender Bezugsdauer die Partnermonate auf vier Monate ausgedehnt werden, um eine größere Gleichstellung bei der Verteilung von Sorgearbeit zu erreichen“, so Spieß.

Links: 

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 03.03.2021

40 Prozent der Erwerbspersonen in Deutschland fühlen sich während des zweiten Lockdowns stark oder sogar äußerst belastet. Wenn Kinder im Haushalt leben, sagen das 49 Prozent. Damit haben fast genauso viele Beschäftigte, Selbständige und Arbeitslose ihre Gesamtsituation Ende Januar 2021 als stark oder äußerst belastend wahrgenommen wie im ersten Lockdown vom April 2020. Bei Erwerbspersonen mit Kindern im Haushalt lag das allgemeine Belastungsempfinden noch geringfügig höher als im April. Vor allem die Einschätzung der eigenen familiären Situation hat sich in den Wintermonaten mit geschlossenen Kitas, Schulen und Freizeiteinrichtungen spürbar verschlechtert. Besonders angespannt ist die Lage bei Alleinerziehenden und generell in vielen Familien mit niedrigeren Einkommen: In diesen Gruppen empfinden rund 60 Prozent ihre Gesamtsituation als stark oder äußerst belastend. Das ergibt eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die die Erwerbspersonenbefragung der Stiftung auswertet.*

„Auch die zweite Corona-Welle war und ist ein drastischer Stresstest, und das ganz besonders für Familien. 46 Prozent der befragten Eltern haben Ende Januar ihre familiäre Situation als stark oder äußerst belastend erlebt. Das waren sogar sechs Prozentpunkte mehr als im ersten Lockdown. Noch deutlich größer ist die Belastung für Mütter und insbesondere für Alleinerziehende“, sagt Studienautor Dr. Andreas Hövermann. „Das ist ein Indiz dafür, wie wichtig funktionierende Kindertagesstätten und Schulen sind.“ Eltern von Kita- und Grundschulkindern sowie von Schülerinnen und Schülern der Abschlussklassen dürften den Wiederbeginn von Präsenzbetreuung und -unterricht in letzter Zeit daher als wichtige Entlastung wahrgenommen haben, so der Forscher. „Allerdings funktioniert die Entlastung natürlich nur, wenn die Konzepte für Hygiene und Infektionsschutz, für Tests und Impfungen wirklich tragen“, betont Hövermann. „Abgesehen von den individuellen Gesundheitsrisiken, die durch die Ausbreitung aggressiverer Virus-Mutanten steigen: Niemand hat etwas davon, wenn sich Infektionen häufen und Einrichtungen nach kurzer Zeit wieder schließen müssen. So ein Stop- and Go dürfte berufstätige Eltern nur vor noch größere Probleme stellen.“ Träger sollten Hinweise auf Defizite in Hygienekonzepten daher unbedingt ernst nehmen. Falls Kita- oder Schulschließungen aufgrund des Infektionsgeschehens notwendig sind, müssten Eltern durch einen einfachen Zugang zu Kinderkrankentagen bestmöglich entlastet werden.

Für die Erwerbspersonenbefragung wurden Ende Januar mehr als 6200 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online befragt. Dasselbe Sample war bereits im April, im Juni und im November 2020 interviewt worden, so dass sich Entwicklungen im Zeitverlauf analysieren lassen. Die Befragten bilden die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. Gefragt wurde unter anderem danach, ob die Befragten ihre aktuelle Lage als belastend empfinden oder nicht. Neben den Antwortmöglichkeiten „äußerst belastend“ und „stark belastend“ gab es drei weitere: „etwas“, „kaum“ oder „gar nicht belastend“ (sowie „weiß nicht“). „Wer sich für eine der beiden höchsten Kategorien entscheidet, dürfte also wirklich großen Druck verspüren“, erklärt Sozialforscher Hövermann. Neben der Einschätzung der eigenen Gesamtsituation wurde differenziert nach der Arbeitssituation, der finanziellen und der familiären Situation gefragt.

Im Vergleich zum Sommer und zum Herbst sind bis Ende Januar die Quoten der stark/äußerst Belasteten in allen Bereichen gestiegen. In Puncto Arbeitssituation und finanzielle Situation war die Zunahme relativ moderat, der Anteil der Befragten, die ihre Lage als stark oder äußerst belastend einschätzen, blieb spürbar unter den bisherigen Höchstwerten im April. Allerdings war das Niveau bei der Arbeitssituation mit 32 Prozent stark/äußerst Belasteten auch Ende Januar hoch. „Und selbst die im Vergleich niedrigeren Werte bei der finanziellen Situation bedeuten immer noch für jede und jeden Fünften extreme Belastung“, sagt Hövermann. „Sowohl die Anpassung von Arbeitsprozessen als auch der Schutz vor wirtschaftlichem Abstieg scheinen in vielen Fällen zu funktionieren. Doch aus Sicht eines guten Teils der Befragten ist das Eis dünn, der Stress groß“, interpretiert der Forscher die Entwicklung.

Besonders stark gingen die Belastungswerte bei der Einschätzung der Gesamtsituation wieder nach oben – auf 40 Prozent, während es im November 34, im Juni 27 Prozent und im April 42 Prozent waren. Frauen wiesen Ende Januar mit 45 Prozent einen überdurchschnittlich hohen Belastungsanteil auf, bei Männern waren es 36 Prozent.

Einen erheblichen Anteil an dieser Entwicklung könnte die ebenfalls deutlich negativere Einschätzung der familiären Situation haben. Vor allem Eltern konstatieren eine Verschärfung: Der Anteil der stark/äußerst belasteten Befragten schoss in dieser Gruppe zwischen November und Januar von 27 auf 46 Prozent in die Höhe. Zugleich beurteilten 49 Prozent der Eltern ihre Gesamtsituation als stark/äußerst belastend, während das unter den Befragten ohne Kinder im Haushalt 38 Prozent sagten. Noch einmal zugespitzt empfinden viele Alleinerziehende ihre Lage: 62 Prozent stuften im Januar ihre Gesamtsituation als stark oder äußerst belastend ein – zehn Prozentpunkte mehr als während des ersten Lockdowns.

Schaut man noch genauer auf die Familien, berichten Mütter besonders oft von großen Belastungen. Ende Januar stuften 54 Prozent der befragten Frauen mit Kindern ihre Gesamtsituation und 51 Prozent ihre familiäre Situation als stark/äußerst belastend ein. Unter den Männern mit Kindern im Haushalt taten das 44 bzw. 43 Prozent.

Wenig überraschend, hängt die wahrgenommene Belastung auch stark mit der finanziellen Situation zusammen. Befragte mit niedrigeren Haushaltseinkommen berichteten deutlich häufiger von starken/äußersten Belastungen als Befragte mit höheren Einkommen. Das gilt für alle abgefragten Belastungsdimensionen. Gerade in Familien mit niedrigeren Haushaltseinkommen ergeben sich Belastungsniveaus, die Sozialforscher Hövermann als „alarmierend hoch“ bezeichnet. So empfanden unter den Befragten mit Kind/Kindern und einem Haushaltseinkommen unter 2600 Euro netto monatlich rund 60 Prozent ihre familiäre Situation und ihre Gesamtsituation als stark oder äußerst belastend.

Belastungswahrnehmung in der Corona-Pandemie. Erkenntnisse aus vier Wellen der HBS-Erwerbspersonenbefragung 2020/21. WSI Policy Brief Nr. 50, März 2021.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 03.03.2021

In einem heute veröffentlichten Positionspapier spricht sich der Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband für umfassende Maßnahmen in der Kindertagesbetreuung aus, die als Reaktion auf die Belastungen notwendig werden, denen Kinder, Familien und pädagogische Fachkräfte seit einem Jahr ausgesetzt sind. Der Verband formuliert konkrete Forderungen an die politisch Verantwortlichen.

„Ein Jahr Pandemie hat deutlich gemacht, dass mit dem Ausbau der Kindertagesbetreuung keine Weiterentwicklung der strukturellen Bedingungen erfolgt ist. Wie durch ein Brennglas zeigt sich der Handlungsbedarf. Die nächsten Jahre werden entscheidend für uns alle sein“, mahnt Clemens Bieber, Vorsitzender des KTK-Bundesverbandes.

Mit Blick auf die Bundestagswahl müsse der Blick nun konsequent auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen in Kindertageseinrichtungen gelenkt werden, so der Würzburger Domkapitular. Die Fortführung und Weiterentwicklung des „Gute-Kita-Gesetzes“ zu einem Qualitätsgesetz mit bundesweit verbindlichen Personalschlüsseln und einer dauerhaften Finanzierung durch den Bund sei nur eines der Themen, mit denen den Auswirkungen der Pandemie begegnet werden müsse. „Die Fachkräfteoffensive wurde vorzeitig zurückgefahren, obwohl keine Lösungen in Sicht sind, den Fachkräftebedarf in den Griff zu bekommen. Deshalb sind der Ausbau der praxisintegrierten und vergüteten Ausbildung und die Förderung differenzierter Teamprofile dringend erforderlich. Die Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern wurde nicht auf den Weg gebracht, weil sich Bund und Länder bislang nicht auf eine Finanzierung einigen können. Sie würde zum Abbau der durch die Pandemie gestiegenen Bildungsbenachteiligung beitragen und muss noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden. Die digitale Ausstattung der Einrichtungen ist vielerorts nicht vorhanden. Ein Digitalpakt Kita ist längst überfällig“, unterstreicht Mirja Wolfs, stellvertretende Vorsitzende des KTK-Bundesverbandes.

Ohne gesetzliche Vorgaben für die wissenschaftlich geforderten Rahmenbedingungen bei der Fachkraft-Kind-Relation und den Zeitressourcen für Leitung bleibe Kindertagesbetreuung ein Flickenteppich. „Es liegt eine große Verantwortung auf den Kitas und Ganztagsangeboten. Sie haben in den kommenden Jahren die Folgen der Pandemie auf die Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern aufzufangen. Wer die Politik der nächsten Jahre gestalten will, muss jetzt sagen, wie er dieser Herausforderung begegnet“, betont Domkapitular Bieber. „Konkrete Vorschläge liegen mit unserem Positionspapier nun auf dem Tisch.“

Das Positionspapier „Die Kindertagesbetreuung ist unverzichtbar. Politische Konsequenzen aus der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband e. V. vom 04.03.2021

Als massiven armuts- und konjunkturpolitischen Fehlschlag wertet der Paritätische Wohlfahrtsverband die Konjunkturmaßnahmen der Bundesregierung anlässlich der heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zur Wirkung der Coronahilfen aus dem vergangenen Jahr. Der Verband fordert gezielte Hilfen für arme Haushalte für die Dauer der Krise und eine deutliche Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung.

“Die Konjunkturpolitik der Bundesregierung zeigt eine bemerkenswerte soziale Schlagseite,” so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.

Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigten nach Ansicht des Verbandes eindeutig, dass von den Konjunkturmaßnahmen vor allem wohlhabende Haushalte profitiert haben.

“Es ist absolut unverständlich, dass die Not armer Menschen so dermaßen missachtet und eine weitere Vertiefung der sozialen Spaltung in Kauf genommen wird”, so Ulrich Schneider weiter.

Die heute vorgelegten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigten, dass rund die Hälfte der Haushalte den Kinderbonus im letzten Jahr zur Erhöhung der Familiensparquote nutzte und ihn folglich gar nicht brauchte, kritisiert der Verband. Auch die Mehrwertsteuersenkung habe vor allem besserverdienenden Haushalten genutzt, während einkommensschwache Haushalte so gut wie gar nicht profitierten.

“Die bereits im letzten Sommer von uns geäußerten Befürchtungen haben sich mit den Daten des Statistischen Bundesamtes leider bestätigt,” so Ulrich Schneider. Unter armutspolitischer Perspektive stellen die konjunkturpolitischen Beschlüsse von 2020 einen fulminanten Fehlschlag dar. “Wir fordern die Bundesregierung zu einer sofortigen Korrektur auf,” so Ulrich Schneider weiter.

Der Verband fordert die zügige Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und Altersgrundsicherung um 100 Euro pro Kopf und Monat während der Corona-Krise und eine dauerhafte Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro.

Das Statistische Bundesamt veröffentlichte heute Daten, wonach durch die Mehrwertsteuersenkung im letzten Jahr lediglich zwischen 20 und 25 Prozent der Haushalte Anschaffungen vorzogen oder sich ungeplante Anschaffungen leisteten und dabei insbesondere einkommenstärkere Haushalte profitierten. Über die Hälfte der befragten Haushalte gaben zudem an, den Kinderbonus teilweise oder gänzlich zum Sparen genutzt zu haben.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 11.03.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Der Bundestag hat am Freitag, 5. März 2021, nach halbstündiger Debatte den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Jugendschutzgesetzes (19/24909) in der vom Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geänderten Fassung (19/27289) beschlossen. Die Koalitionsfraktionen stimmten für den Gesetzentwurf, der den Jugendschutz im Internet und in den sozialen Medien in den Blick nimmt. FDP und Linksfraktion stimmten dagegen, die AfD und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. Zur Abstimmung lag auch ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 Geschäftsordnung des Bundestages (19/27290) zur Finanzierbarkeit vor.

Entschließungsanträge abgelehnt

In dritter Beratung lehnte der Bundestag drei Entschließungsanträge zu dem Gesetzentwurf ab. Der
Entschließungsantrag der FDP (19/27296) zielte unter anderem darauf ab, bestehende Systeme der Alterskennzeichung für Medien stärken und angemessen fortzuentwickeln. Die Koalitionsfraktionen und die Grünen stimmten dagegen, die AfD und die Linksfraktion enthielten sich.

Der Entschließungsantrag der Linken (19/27297) forderte staatsferne und unabhängige Aufsichtsstrukturen beim Jugendmedienschutz. Die Koalitionsfraktionen und die Grünen stimmten dagegen, die AfD und die FDP enthielten sich.

Der Entschließungsantrag der Grünen (19/27298) wollte den Verantwortungsbereich sowie die Verpflichtungen und Kompetenzen der beteiligten Institutionen so klar regeln, dass der Bedarf an Koordinierung, mit dem die neue Bundeszentrale für Jugendmedienschutz betraut werden soll, auf das Nötigste reduziert wird. Die Grünen und die Linksfraktion stimmten dafür, die Koalitionsfraktionen dagegen, die AfD und die FDP enthielten sich.

Verpflichtende Anbietervorsorge

Mit der Annahme des Regierungsentwurfs werden für Kinder und Jugendliche relevante Internetdienste verpflichtet, „angemessene und wirksame strukturelle Vorsorgemaßnahmen für eine unbeschwerte Teilhabe zu treffen (sogenannte Anbietervorsorge)“.

Anbieter werden zu Voreinstellungen verpflichtet, die Kinder und Jugendliche besonders vor Interaktionsrisiken wie Mobbing, sexualisierter Ansprache („Cybergrooming“), Hassrede, Tracking und Kostenfallen schützen. Sie sollen sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche etwa bei Spielen oder in sozialen Netzwerken von Fremden nicht mehr
einfach gefunden und angesprochen werden können. Weitere Punkte beziehen sich auf die Einführung von Hilfs- und Beschwerdesysteme sowie bessere Möglichkeiten für Eltern, die Mediennutzung ihrer Kinder zu begleiten und zu steuern.

„Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ausbauen“

Mehr Orientierung will die Bundesregierung zudem mit der Einführung einheitlicher Alterskennzeichen für Spiele und Filme auch online schaffen. Zur besseren Durchsetzung des Kinder- und Jugendmedienschutz soll zudem die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) zur „Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz“ weiterentwickelt werden.

Geplant ist auch, künftig die „in der Mediennutzungsrealität von Kindern und Jugendlichen hochrelevanten“ ausländischen Anbieter in den Blick zu nehmen.

Änderungen am Regierungsentwurf beschlossen

Der federführende Familienausschuss hat am 3. März 2021 einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Regierungsentwurf angenommen. Damit wird geregelt, dass die künftige Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz einen Beirat einrichtet, der sich „in besonderer Weise für die Verwirklichung der Rechte und den Schutz von Kindern und Jugendlichen“ einsetzt. Diesem zwölfköpfigen Gremium sollen auch zwei Vertreter von Kinder und Jugendverbänden angehören, die nicht älter als 17 Jahre alt sein dürfen.

Umgekehrt wird mit Annahme des Änderungsantrags Kindern der Zugang zu Kinos und öffentlichen Filmvorführungen erleichtert. So wird das auf bislang personensorgeberechtigte Personen begrenzte Begleitungsrecht auf „erziehungsbeauftragte Personen“ erweitert. Damit soll den flexibilisierten Lebensformen und der Zunahme von Patchworkfamilien Rechnung getragen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 05.03.2021

Das Vorhaben der Bundesregierung, für die Erhebung statistischer Daten zur Zeitverwendung eine eigene gesetzliche Grundlage zu schaffen, ist bei einer Expertenanhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montagnachmittag auf breite Zustimmung gestoßen. Kritik gab es an der Ausgestaltung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (19/26935) – vor allem an der vorgesehenen Beibehaltung des Zehn-Jahres Turnus, in dem die Erhebungen bislang als „Bundesstatistiken für besondere Zwecke nach dem Bundesstatistikgesetz“ durchgeführt wurden. Eine deutliche Mehrheit sprach sich während der Anhörung für eine Erhebung alle fünf Jahre aus.

Ruth Abramowski vom SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik an der Universität Bremen betonte, Zeitverwendungserhebungen lieferten nicht nur relevante Erkenntnisse über zeitliche Gestaltungsspielräume, sondern seien auch eine äußerst zentrale Datenbasis für die Messung des Wohlstandes von Bevölkerungen. So könnten gezielte politische Maßnahmen abgeleitet werden. Lücken in dem Entwurf gibt es aus ihrer Sicht bei den Erhebungsmerkmalen. Es brauche eine Präzisierung der unbezahlten „Care-Arbeit“, die zumeist von Frauen ausgeübt werde. Auch die Auslagerung der Care-Arbeit an Frauen, „die sich in noch prekäreren Verhältnissen befinden“, müsse erfasst werden, forderte Abramowski mit Verweis auf mehr als 500.000 „informell und überwiegend schwarz beschäftigte Pflegemigranten“ in Deutschland, die in keiner amtlichen Statistik auftauchen würden.

Antje Asmus vom Deutschen Frauenrat nannte die Darstellung der Verteilung von bezahlter und unbezahlter Zeit zwischen Frauen und Männern „für die Entwicklung gleichstellungspolitischer Maßnahmen unerlässlich“. Zeitverwendungserhebungen stellten mit ihren Daten zu unbezahlter Haus- und Sorgearbeit auch wichtige Ergänzungen zu der klassischen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung dar, die sich primär auf Wohlstand und Wertschätzung der Produktion von Waren und Dienstleistungen fokussiere. Der Bedarf an repräsentativen Zeitbudgeterhebungen zur Verteilung der Sorgearbeit sei während der Corona-Krise noch dringender geworden, befand Asmus. Es seien Frauen und vor allem Mütter, die während der Pandemie den größeren Anteil der zusätzlich anfallenden Sorgearbeit übernehmen und ihre Erwerbsarbeitszeiten dafür reduzieren, sagte die Frauenrats-Vertreterin.

Christina Boll vom Deutschen Jugendinstitut hält – ebenso wie ihre Vorrednerinnen – den Zehnjahreszeitraum zwischen den Erhebungen für zu lang. Zum einen erschwerten seltene Messzeitpunkte den Ländervergleich auf europäischer sowie auf internationaler Ebene. Zudem sei die Evaluation von Politikreformen mithilfe dieser Daten nahezu unmöglich. Als unzureichende bewertete Boll zugleich den Versuch, im Bereich der Nachtrennungsfamilien mit der Erfassung der Kontakthäufigkeit zu außerhalb des eigenen Haushalts wohnenden Kindern, elterliche Zeitinvestments einzufangen.

Fünf Jahre, „besser noch zwei Jahre“, sollten aus Sicht von Martin Bujard vom Verein Evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie höchstens zwischen den Erhebungen liegen. Für einen zehnjährigen Rhythmus seien die Entwicklungen zu dynamisch, sagte er. Bujard sprach sich zudem für die Erhebung in Form einer Panelstruktur, „das heißt mit Wiederholungsbefragungen“, aus. So könnten die Veränderungen innerhalb von Familien – als Folge von Kindergeburt aber auch in Folge politischer Maßnahmen – besser nachvollzogen werden.

Sebastian Heimann vom Deutschen Familienverband begrüßte den Gesetzentwurf ebenfalls. Ergänzt werden müsse er jedoch dringend um die Berücksichtigung von kinderreichen Familien „als gesellschaftlich und demografisch besonders bedeutsame Gruppe“. Der Entwurf berücksichtige alleinerziehende Mütter und Väter durch überproportionale Auswahlsätze besonders. Dies müsse auch für die Gruppe der Mehr-Kind-Familien unbedingt sichergestellt werden. Kinderreiche Familien seien schließlich überproportional von Armut gefährdet und sähen sich verstärkten Herausforderungen hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegenüber, sagte Heimann.

Mit dem Gesetzesentwurf würden vor allem die Erhebungsmerkmale festgelegt, sagte die Soziologin Michaela Kreyenfeld von der Hertie School of Governance. Mit der Integration einer neuen Frage zum „Kontakt zu eigenen Kindern, die nicht im Haushalt leben“, sollen erstmalig auch haushaltsübergreifende Informationen zu Kindern erhoben werden, was zu begrüßen sei. Dennoch könne die Zeitverwendungsstudie in der vorgesehenen Form die Lebenswirklichkeiten von Trennungseltern und -kindern nicht hinreichend abbilden, bemängelte Kreyenfeld. Das etwa Trennungsväter durch die Regelung nicht identifiziert würden, sei „mehr als bedauerlich“.

Heike Wirth vom Mannheimer GESIS Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften hält eine Periodizität von zehn Jahren für richtig, weil aus ihrer Sicht bei einer Erhebung alle fünf Jahre Abstriche in der Datenqualität hingenommen werden müssten. Im Übrigen sei durch die Verordnungsermächtigung in dem Gesetz die Flexibilität gegeben, bei erkennbarem Bedarf die Periodizität anzupassen. Handlungsbedarf sieht Wirth in Bezug auf die Messung der Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb des Haushalts, die Erfassung von Kontakten von außerhalb der Haushalte lebenden Eltern und Kindern sowie beim Erwerbsstatus. Wichtig sei es zudem, bei der Quotierung der Haushalte explizit darauf zu achten, „dass die Gruppe der 20- bis 30-Jährigen mit einem ausreichend hohen Umfang in der Stichprobe vertreten ist“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 335 vom 15.03.2021

Die Zahl der Kinder, für die Kinderzuschlag gewährt wurde, hat sich im vergangenen Jahr deutlich erhöht. Das zeigen Zahlen, auf die sich die Bundesregierung in einer Antwort (19/27100) auf eine Kleine Anfrage (19/26657) der Fraktion Die Linke bezieht. Demnach betraf dies im März 2020, zu Beginn der Corona-Pandemie, rund 376.000 Kinder. Diese Zahl stieg dann in den Folgemonaten konstant an, auf einen Höchststand von rund 941.000 Kinder im Juli 2020. Im Januar lag die Zahl der Berechtigten mit rund 708.000 Kindern zwar wieder deutlich darunter, aber gleichzeitig noch deutlich über dem März-Wert.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 299 vom 09.03.2021

Die Bundesregierung will für die Erhebung von statistischen Daten zur Zeitverwendung eine eigne gesetzliche Grundlage schaffen. Die bisherigen Erhebungen seien als Bundesstatistiken für besondere Zwecke nach dem Bundesstatistikgesetzes durchgeführt worden, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfes (19/26935). Dies erlaube die Anordnung von Bundesstatistiken auch ohne Gesetz oder Rechtsvorschrift, um kurzfristig auftretende Bedarfe nach statistischen Informationen zu decken.

Nach Angaben der Bundesregierung hat sie seit den 1990er Jahren im Turnus von etwa zehn Jahren Daten zur Zeitverwendung der in Deutschland lebenden Menschen erheben lassen. Durch diese Erhebungen seien wesentliche Erkenntnisse für gesellschaftspolitische Maßnahmen gewonnen worden. Sie lieferten Informationen darüber, wie viel Zeit Menschen im Tagesverlauf für bestimmte Aktivitäten aufwenden. Die Auswertung dieser Daten gebe beispielsweise Auskunft über die Arbeitsbelastung und Arbeitsteilung in Familien, Kinderbetreuung und Pflege oder freiwilliges gesellschaftliches Engagement.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 295 vom 04.03.2021

Kein Kind kann sich alleine schützen

In den letzten Monaten wurde die Familie als Ort von psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt öffentlich stärker thematisiert. Mit dem vorliegenden Impulspapier möchte der Betroffenenrat beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) eine breite Diskussion anregen und diese mit der Forderung nach einer dauerhaft geführten Auseinandersetzung mit dem Tatort Familie verbinden.

Babys, Kleinkinder, Kinder und Jugendliche, die in ihrer Familie sexualisierte Gewalt erleben, sind besonders schutzlos ausgeliefert. Die Gewalt erfahren sie ausgerechnet von den Menschen, auf deren Schutz sie angewiesen sind. Betroffene Kinder lernen früh, dass sie niemanden vertrauen können und erleben den schwersten Verrat durch diejenigen, von denen sie existentiell abhängig sind. Es gibt für sie keinen sicheren und heilen Ort.

Wir wissen, wie es war und ist, wenn niemand sieht, in welcher großen Not Kinder und Jugendliche in ihren eigenen Familien sind. Wir wissen, wie es ist, wenn niemand Etwas unternimmt. Aktive Vertuschung, Wegsehen oder Ignoranz werden in Familien von Müttern, Vätern, Geschwistern und anderen Familienangehörigen aufrechterhalten und konfrontieren Betroffene oft ein Leben lang mit Ohnmachtssituationen und Verletzungen.

Betroffene Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben schon immer das Schweigen gebrochen und Hilfe gesucht. Die Täter_innen blieben und bleiben zumeist jedoch integriert in den Familien. Während durch eine gesellschaftliche und öffentliche Diskussion der Druck auf Institutionen wächst, sind Betroffene bei Aufdeckung im familiären Kontext weiterhin oft alleingelassen. Dies ist zusätzlich schwer belastend, gerade wenn sie das Schweigen brechen. Der Tatort Familie, an dem Kinder und Jugendliche in hohem Ausmaß sexualisierte Gewalt erleben, muss endlich vertiefend in den Blick genommen werden. Eine halbherzige Debatte über Kinderrechte ins Grundgesetz kompensiert nicht die jahrelange Untätigkeit politisch Verantwortlicher auf allen Ebenen.

Wir – Betroffene, die im familiären Kontext sexualisierte Gewalt erlebt haben, können keine Institution in die Pflicht nehmen. Familien sind zu Recht ein besonders geschützter Ort, in den der Staat nur begrenzt hineingreifen darf. Jedoch muss die gesellschaftliche Aufmerksamkeit dem Ausmaß an Kindeswohlgefährdung durch sexualisierte Gewalt in Familien entsprechen. Das Recht auf Schutz vor Gewalt ist ein Menschenrecht. Kein Kind kann sich alleine schützen.

Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die verbreitete Kultur des Vertuschens und Schweigens zu überwinden und ein Ethos der Einmischung zu entwickeln. Es liegt in unser aller Verantwortung, Kinder und Jugendliche auch in ihren Herkunftsfamilien vor sexualisierter Gewalt zu schützen und Ihnen zu helfen. Wir sind uns bewusst, dass viele Aspekte in diesem Impulspapier weiterentwickelt werden müssen und wir wichtige Themen lediglich angerissen haben.

Wir werden uns der Diskussion stellen. Wir schweigen nicht. Wir sprechen auch noch, wenn die Gesellschaft schon wieder den Mantel des Schweigens ausbreiten will.

Alle Betroffene haben unabhängig vom Tatkontext das Recht auf Schutz und Aufarbeitung, Unterstützung und Hilfen.

Quelle: Pressemitteilung Geschäftsstelle des Betroffenenrats beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 15.03.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Berechnungen des Deutschen Familienverbands (DFV) und des Familienbunds der Katholiken (FDK) zeigen, dass Sozialabgaben Familien übermäßig belasten und im Vergleich zu Beitragszahlern ohne Unterhaltspflichten für Kinder schlechterstellen.

(Berlin). Eine Familie mit zwei Kindern und einem durchschnittlichen Einkommen von 41.541 Euro im Jahr fällt nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben inklusive Kindergeld knapp unter das steuerliche Existenzminimum. Mit mehr Kindern verschärft sich die Situation. Angesichts dieses alarmierenden Befunds fordern DFV und der FDK eine Korrektur der verfassungswidrigen Abgabenerhebung in der Sozialversicherung. Die Verbände weisen darauf hin, dass sich die Position der Familien im Vergleich zu Personen ohne Unterhaltspflichten für Kinder erneut verschlechtert hat. Sie fordern im Hinblick auf kursierende Meldungen über eine 2021 angeblich erfolgte Entlastung von Familien: „Bitte lasst die Märchenstunde!“.

„Einem Paar mit drei Kindern und einem Durchschnittseinkommen fehlen im Monat fast 500 Euro zur gesellschaftlichen Teilhabe. Bei vier Kindern ist es fast doppelt so viel“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV. Familienbundpräsident Ulrich Hoffman äußert sich wie folgt: „Die horizontalen Berechnungen von DFV und FDK zeigen beispielhaft, dass die Entscheidung für Kinder ein Armutsrisiko ist. Es besteht dringend Handlungsbedarf.“

Es ist wichtig und richtig, Notleidenden rasch zur Seite zu stehen. In diesem Sinne begrüßen DFV und FDK den Kinderbonus in der Corona-Pandemie. Doch einer reagierenden Politik muss endlich eine gestaltende zukunftsorientierte Familienpolitik folgen. Hoffmann erläutert: „Die strukturelle Benachteiligung von Familien in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung muss endlich beendet werden. Dass Familien trotz der kostenaufwändigen und den Fortbestand der Sozialsysteme sichernden Kindererziehung mit gleich hohen Beiträgen belastet werden wie Kinderlose, ist nicht nur ungerecht. Es ist auch verfassungswidrig.“ Zeh führt aus: „Familien sind weder Bittsteller noch unersättliche Transferempfänger. Sie wollen nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Umsetzung deutlicher Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Sozialversicherung.“

Beiträge nach Leistungsfähigkeit

Um Familien zu entlasten, fordern die Familienverbände für die Dauer der Erziehungszeit einen für jedes Kind gleichen Freibetrag in der gesetzlichen Sozialversicherung. In der Höhe soll er mindestens dem steuerlichen Kinderfreibetrag entsprechen.

„Ein Kinderfreibetrag in der Sozialversicherung würde die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Beitragszahler angemessen berücksichtigen. Wer Unterhaltspflichten für Kinder hat, ist vorübergehend weniger leistungsfähig. Das muss sich in den Beiträgen zur Sozialversicherung widerspiegeln, sonst sind sie ungerecht und nicht solidarisch“, so Zeh.

Bei der Entlastung von Familien geht es nicht nur um Gerechtigkeit für Eltern und Kinder. Familienarmut zu verhindern und Kindern ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen, ist gesamtgesellschaftlich bedeutend.

„Kinder sind die Zukunft – auch unseres umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems. Ohne Familien, die heute Kinder großziehen, gäbe es morgen keine Beitragszahler. Ohne sie würde das System zusammenbrechen. Familien erweisen der Gesellschaft einen beträchtlichen Dienst. Ohne sie ist kein Staat zu machen“, äußert Familienbundpräsident Hoffmann.

Sozialversicherung: Belastung ist verfassungswidrig

Mit Unterstützung von DFV und FDK haben Familien den Rechtsweg für familiengerechte Sozialabgaben beschritten. Sie stützen sich dabei auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dies hatte 2001 entschieden, dass Eltern in der Pflegeversicherung verfassungswidrig belastet werden. Gleichzeitig verpflichtete das Karlsruher Gericht den Gesetzgeber, auch die anderen Zweige der Sozialversicherung auf Familiengerechtigkeit hin zu prüfen. Bis heute wurde dies nicht umgesetzt.

Mit Blick auf das Pflegeversicherungsurteil von 2001 äußern Hoffmann und Zeh: „Die Politik hat die familiengerechte Gestaltung der Sozialversicherung sträflich vernachlässigt, obwohl die Übertragbarkeit des Urteils auf die Renten- und Krankenversicherung auf der Hand liegt. Familien mussten sich viele Jahre durch die Instanzen klagen. Jetzt liegt die Entscheidung erneut beim Bundesverfassungsgericht.“

Weiterführende Informationen

Horizontaler Vergleich 2021 – Was am Monatsende übrig bleibt

Erklärfilm: Generationenvertrag Sozialversicherung

Klageverfahren für die Beitragsgerechtigkeit von Familien

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 11.03.2021

evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) e. V. fordert kürzere Zeitabstände zwischen Erhebungen für neue Zeitverwendungsstatistik.

Der Präsident der eaf, PD Dr. Martin Bujard, nimmt heute als Sachverständiger an einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses zum Zeitverwendungserhebungsgesetz teil. Das Gesetz sieht vor, Zeitverwendungsdaten künftig in Form einer Bundesstatistik zu erheben. Die eaf begrüßt nachdrücklich die damit mögliche kontinuierliche Erfassung der Lebenswelten von Familien, kritisiert aber die ins Auge gefassten Erhebungsintervalle von zehn Jahren als zu lang.

„Aktuelle Zeitverwendungsdaten sind für eine verantwortungsvolle Familienpolitik unverzicht­bar“, mahnt Bujard, der als Forschungsdirektor beim Bundesinstitut für Bevölkerungs­forschung tätig ist. „Die Erhebung sollte künftig alle fünf Jahre erfolgen, sonst treten bei politischen Entscheidungen aktuelle Meinungsumfragen an die Stelle valider wissenschaftlicher Daten, weil diese bereits veraltet sind. Gute Familienpolitik braucht aber Einblicke in die tatsächlichen Lebensverhältnisse von Familien und darf nicht auf Wunschdenken aufsetzen. Diese Erkenntnis ist durch die Überforderung von Familien während der akuten Pandemiephasen noch einmal deutlich geworden.“

Zeitpolitik ist eine der zentralen Zukunftsfragen für Familie und Familienpolitik: Die Gesamt­arbeitsbelastung – also Familien- und Erwerbsarbeit – von Paaren mit Kindern ist signifikant höher als ohne Kinder. Insbesondere Mütter mit kleinen Kindern stemmen in der „Rushhour des Lebens“ regelmäßig 65 Wochenstunden und sind dementsprechend stressbelastet. Um familien­politische Maßnahmen in der wissenschaftlich gebotenen Güte besser evaluieren zu können, ist es nach Ansicht der eaf zudem sinnvoll, für die Zeitverwendungserhebung eine Panel-Struktur zu etablieren.

Die Stellungnahme der eaf zum Zeitverwendungserhebungsgesetz lesen Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 15.03.2021

Der Entwurf des 6. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung sei ein „Beleg des jahrelangen armutspolitischen Versagens“, kommentiert der Paritätische Wohlfahrtsverband den Entwurf des Berichts aus dem Bundesarbeitsministerium. Der Verband hat den mehrere hundert Seiten umfassenden Text einer ausführlichen Analyse unterzogen: Die Entwicklung der Ungleichheit in Deutschland sei zutiefst besorgniserregend, so die Bilanz der Expert*innen.

Der Bericht komme einem Armutszeugnis gleich, so der Paritätische. “Der Bericht belegt, wie sowohl Armut, als auch Reichtum wachsen und sich verfestigen. Die sogenannte “Mitte” schrumpft, soziale Mobilität nimmt ab und soziale Ungleichheit steigt. Und der Bericht weist nach, wie dramatisch sich die Situation gerade der Arbeitslosen verschärft hat“, so Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Der Bericht dokumentiere u.a. die dramatischen Effekte der Agenda-Reformen. Mit den sogenannten Hartz-Reformen sei die Absicherung des sozialen Risikos Erwerbslosigkeit zu einem erheblichen Teil der Fürsorge übertragen worden, die Armutsquote Erwerbsloser habe sich seitdem vervielfacht. “Erwerbslose stoßen auf ein soziales Sicherungssystem, das bereits vor Corona nicht vor Armut schützte und dessen Schwächen nun noch deutlicher zutage treten”, so Hesse.

Dass die Corona-Pandemie die Ungleichheit noch verschärft, belegt der Bericht selbst anhand aktueller Daten. “Diese Befunde können kaum überraschen, sind doch bspw. die Menschen, die zuvor schon in der Grundsicherung waren, bislang von zusätzlichen, auf ihre Bedarfe zugeschnittenen Hilfen ausgeschlossen gewesen”, so Dr. Joachim Rock, Leiter der Abteilung Arbeit, Soziales und Europa im Paritätischen Gesamtverband, die den Berichtsentwurf ausgewertet hat. “Die geplante Einmalzahlung für Grundsicherungsbeziehende von 150 Euro geht weit an den Mehrbelastungen armer Menschen in der Pandemie vorbei und kann schon gar kein Beitrag dazu sein, die sich verfestigende Ungleichheit in irgendeiner Weise positiv zu beeinflussen.”

Der Paritätische fordert eine politische Offensive zur Beseitigung von Armut. Deutschland habe es in der Hand, seine Einkommensarmut abzuschaffen und parallel für eine gute soziale Infrastruktur zu sorgen. Es klinge banal und werde bei vielen nicht gern gehört, “aber gegen Einkommensarmut, Existenzängste und mangelnde Teilhabe hilft Geld“, so Hesse. Konkret seien eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung (nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle auf mindestens 644 Euro), die Einführung einer Kindergrundsicherung sowie Reformen von Arbeitslosen- und Rentenversicherung nötig. Der Verband untermauert zudem die Forderung nach einer monatlichen Zusatzzahlung für die Dauer der Pandemie von 100 Euro für alle Menschen, die existenzsichernde Leistungen beziehen.

Eine erste Kurzanalyse des Paritätischen sowie den Entwurf des 6. Armuts- und Reichtumsberichts zum Download finden Sie hier: https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/entwurf-des-6-armuts-und-reichtumsberichts-der-bundesregierung/

Die Forderung nach einer zügigen Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro sowie angemessener Soforthilfen für arme Menschen während der Corona-Krise wird unterstützt von rund 50 Verbänden und Gewerkschaften. Mehr Infos zum Online-Appell “Corona trifft Arme extra hart – Soforthilfen jetzt!” unter www.der-paritaetische.de/coronahilfe

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 05.03.2021

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28.Oktober 2020 (XII ZB 512/19) mindert der Kinderzuschlag im Rahmen der Unterhaltsberechnung als Einkommen des Kindes in voller Höhe den Unterhaltsbedarf des Kindes. Dies wird die Unterhaltsberechnung in der Praxis maßgeblich beeinflussen – allerdings wird in Folge der Sinn und Zweck des Kinderzuschlags nicht mehr erreicht, sondern ad absurdum geführt. Denn durch das Anrechnen des Kindeszuschlags auf den Kindesunterhalt kommt dieser nicht mehr dem Haushalt zugute, in dem das Kind lebt und in dem der Anspruch auf Kinderzuschlag besteht, sondern dem Barunterhaltspflichtigen. Der Kinderzuschlag wird in der Konsequenz zu einer Sozialleistung für den gegebenenfalls sogar gutverdienenden Barunterhaltspflichtigen.

Der VAMV sieht die dringende Notwendigkeit einer gesetzlichen Klarstellung, damit der Kinderzuschlag in Einelternfamilien weiter seine armutsvermeidende Wirkung entfalten kann.

Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. (VAMV) vom 16.03.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 22. bis 24. März 2021

Veranstalter: Diakonie Deutschland und das europäische Forschungsnetzwerk Population Europe

Vom 22.-24. März 2021 finden zum ersten Mal die Berliner Demografie-Tage statt. Bei der Online-Veranstaltung spricht die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Dubravka Suica, über das Verhältnis von Demokratie und Demografie. Außerdem werden die Preisträger*innen der European Demographer Awards ausgezeichnet.

In den nächsten beiden Jahrzehnten erreichen die letzten geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer das Rentenalter. Gleichzeitig verändert sich die Zusammensetzung der Bevölkerung. Unsere Gesellschaft wird älter, aber auch vielfältiger. Daraus ergeben sich Herausforderungen an den Sozialstaat und die Zivilgesellschaft. Die europäischen Demokratien geraten vielerorts unter Druck.

Auch der Globale Süden ist davon betroffen, wo uns oftmals wichtige Daten fehlen, um die Bevölkerungsentwicklung besser zu verstehen. Diese Themenschwerpunkte diskutieren Expert*innen aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft aus aller Welt.

Bei der öffentlichen Auftaktveranstaltung am 22. März 2021 von 13.00 – 14.30 Uhr diskutieren über das Thema Generationengerechtigkeit: Anna Braam (Vorsitzende und Sprecherin der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen), Clara Mayer (Sprecherin Fridays for Future, Berlin), Franz Müntefering (Bundesminister a. D. und Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e. V.) sowie Elisabeth Niejahr (Mitglied der Geschäftsführung der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung).

Von 15.00 – 17.00 Uhr findet die Veranstaltung u. a. mit der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Stefan Zierke, sowie der Preisverleihung der European Demographer Awards statt.

Sie finden online das jeweils aktuelle Programm des Berliner Demografie-Forums, des European Demography Forum (23. März 2021) und des Global Demography Forum (24. März 2021): https://www.berlinerdemografieforum.org/bdf-2021/programm-2021/

An allen drei Tagen steht eine Simultanübersetzung ins Deutsche zur Verfügung.

Sie können sich hier anmelden: https://survey3.gwdg.de/index.php?r=survey/index&sid=616591&lang=de

Termin: 13. April 2021

Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung

Für viele deutsche Städte liegen Studien vor, die aufzeigen, dass Kinder unterschiedliche Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe haben, je nach Quartier, in dem sie leben. So spielen Kinder in ärmeren Stadtteilen seltener ein Instrument, sind seltener Mitglied eines Sportvereins, besuchen seltener ein Museum, ein Theater, eine Musikschule, eine Bibliothek oder eine Schwimmhalle. Befragungen zeigen auch, dass Kinder und Jugendliche in ärmeren Stadtteilen weniger zufrieden mit ihrem Wohnumfeld sind.

Weitgehend ungeklärt ist im Forschungsstand, inwieweit die Unterschiede zwischen den Stadtquartieren Folge von Angebots- oder Folge von Nachfrageunterschieden sind. Fehlen in ärmeren Stadtteilen infrastrukturelle Einrichtungen wie z.B. Schulen mit einer gymnasialen Oberstufe, Bibliotheken, Schwimmhallen oder gesundheitliche Einrichtungen? Werden diese Angebote zur gesellschaftlichen Teilhabe in bestimmten Stadtteilen seltener nachgefragt? Oder gibt es Zugangshürden, die eine Inanspruchnahme verhindern?

In einer aktuellen Studie, die am 13. April 2021 veröffentlicht wird, hat das Wissenschaftszentrum Berlin im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerk und der Heinrich-Böll-Stiftung für sieben deutsche Großstädte untersucht, inwieweit die soziale Lage von Quartieren mit der Verteilung von infrastrukturellen Rahmenbedingungen zusammenhängt.

Die Studie wird im Rahmen des Fachgesprächs erstmals vorgestellt. Anhand der Ergebnisse wird diskutiert, inwieweit Kinder und Jugendliche in ärmeren Stadtteilen aufgrund ihres Wohnumfeldes benachteiligt sind und weniger Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe haben. Dazu werden drei Panels mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten angeboten.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie hier.

AUS DEM ZFF

Anlässlich des im Kabinett verabschiedeten Neunten Familienberichts der Bundesregierung unterstützt das ZFF eine Vielzahl der Vorschläge der zuständigen Sachverständigenkommission und fordert alle politischen Parteien auf, die Handlungsempfehlungen zu berücksichtigen.

Der Neunte Familienbericht der Bundesregierung stellt die Eltern in den Mittelpunkt. Auf Basis der untersuchten gesellschaftlichen Anforderungen und Ansprüche an Elternschaft weist die Sachverständigenkommission auf vielfältige familienpolitische Handlungsfelder hin. Diese reichen von Empfehlungen zur Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit oder zu Bildungsgerechtigkeit bis zu Empfehlungen zur Stärkung der wirtschaftlichen Stabilität von Familien sowie zu Anpassungen verschiedener Rechtsbereiche angesichts vielfältig werdender Elternschaft.

Britta Altenkamp, Vorstandsvorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Die Erkenntnisse des Neunten Familienberichts bestärken schon lang geführte Debatten um eine gleichmäßigere elterliche Arbeitsteilung bei der Erwerbs- und Sorgearbeit: Es liegt in öffentlicher Verantwortung für gute Rahmenbedingungen zu sorgen, die Männern wie Frauen einen gleichberechtigten Zugang zu beiden Lebensbereichen verschaffen. Dafür sollten die partnerschaftlichen Ansätze im Elterngeld, wie vom Bericht empfohlen, weiter gestärkt werden und endlich „der Einstieg in den Ausstieg“ des Ehegattensplittings gewagt werden. Dieses setzt neben steuerfreien Minijobs und der beitragsfreien Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung enorme Anreize für eine asymmetrische innerfamiliäre Arbeitsteilung. Die Sachverständigenkommission hat hier gute Reformvorschläge vorgelegt, wie diese dicken Bretter nachhaltig angegangen werden können.

Wir teilen außerdem die Kritik am aktuellen System der monetären Familienförderung, dass das Ziel der Armutsbekämpfung von Kindern und Familien klar verfehlt. Die Vorschläge für eine gebündelte Leistung einer Kinderabsicherung unterstützen wir ausdrücklich! Aus Sicht des ZFF ist es an der Zeit, die Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ zu stellen und endlich durch eine sozial gerechte und auskömmliche Kindergrundsicherung zu ersetzen.“

Altenkamp ergänzt: „Angesichts der gesellschaftlichen Anforderungen, die Eltern zunehmend unter Druck setzen, hätten wir auf mehr zeitpolitische Impulse seitens der Sachverständigenkommission gehofft. Aus Sicht des ZFF ist die partnerschaftliche Weiterentwicklung des Elterngelds nur ein Einstieg in Arbeitszeitkonzepte, die den familiären Sorgeverpflichtungen im Lebensverlauf Rechnung tragen. Eine Familienarbeitszeit mit teilweisem Lohnersatz bei einer Reduzierung der Arbeitszeit im Anschluss an die Elterngeldphase oder auch für eine Pflegephase wäre ein sinnvoller weiterer Schritt.“

Das Zukunftsforum Familie wird sich intensiv mit dem Bericht auseinandersetzen und zeitnah eine umfangreichere Einschätzung vorlegen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 05.03.2021

AKTUELLES

BAGSO-Ratgeber für pflegende Angehörige in aktualisierter Neuauflage erschienen

In Deutschland sind knapp vier Millionen Menschen pflegebedürftig und etwa drei Viertel von ihnen werden zu Hause durch ihre Angehörigen versorgt. Viele pflegende Angehörige sehen sich enormen Anforderungen gegenüber. Was sind typische Herausforderungen in der häuslichen Pflege? Und wie kann ein gesunder Umgang mit den eigenen Kräften gelingen? Antworten gibt die Broschüre „Entlastung für die Seele – Ratgeber für pflegende Angehörige“ der BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen.

Der Ratgeber zeigt Möglichkeiten der Entlastung auf, gibt eine Übersicht über konkrete Unterstützungsangebote und ermutigt dazu, rechtzeitig Hilfen von außen in Anspruch zu nehmen. Ein eigenes Kapitel ist hilfreichen Angeboten in Zeiten von Corona gewidmet.

Die Broschüre „Entlastung für die Seele – Ratgeber für pflegende Angehörige“ liegt in 9., völlig aktualisierter Auflage als Druckversion und als Hörbuch vor. Die Publikation wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung erstellt. Die Neuausgabe wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Der Ratgeber kann kostenlos über die Website der BAGSO bestellt oder dort als barrierefreies pdf-Dokument heruntergeladen werden.

Zur Publikation

Das barrierefreie Hörbuch im DAISY-Format kann in der BAGSO-Geschäftsstelle per E-Mail bestellt werden:  bestellungen@bagso.de

  • Eltern haben während coronabedingter Kita- und Schulschließungen im Frühjahr und Sommer 2020 Großteil der Betreuung ihrer Kinder selbst übernommen
  • Anteil der Familien, in denen Frau die Kinderbetreuung (fast) vollständig übernimmt, hat sich von acht auf 16 Prozent in etwa verdoppelt
  • Insgesamt aber differenziertes Bild: So hat sich Anteil der Familien, in denen Sorgearbeit gleich aufgeteilt ist, in der Krise nicht signifikant verändert
  • Große Unterschiede in der Wahrnehmung: 24 Prozent der Mütter sagen, sie hätten im Lockdown Kinderbetreuung alleine gestemmt – unter den Vätern sagen dies nur fünf Prozent
  • Politik sollte finanzielle Anreize für mehr Geschlechtergerechtigkeit bei Aufteilung von Sorgearbeit setzen

Im März 2020 wurden im Zuge der Corona-Pandemie zum ersten Mal Kitas und Schulen in ganz Deutschland geschlossen. Zwar konnten Kita-Kinder und SchülerInnen nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 nach und nach wieder vor Ort betreut und beschult werden, eine Rückkehr zur Normalität gab es in den meisten Kitas und Schulen aber nicht – oder sie war nur von kurzer Dauer, bevor es zum zweiten Lockdown kam. Viele Eltern mit jungen Kindern müssen wegen dieser Einschränkungen – häufig neben ihrer Erwerbstätigkeit – die Betreuung und in Teilen auch die Bildung ihrer Kinder mehr oder weniger selbst gewährleisten. Eine Auswertung von DIW-ForscherInnen im Frühjahr 2020 hat gezeigt, dass in zwei Dritteln aller Familien mit Kindern bis zwölf Jahren der alleinerziehende Elternteil oder beide Elternteile erwerbstätig sind – das entspricht mehr als vier Millionen Haushalten.info Diese Familien sind in besonderer Weise von den Kita- und Schulschließungen betroffen. Vielfach können sie selbst auf die Betreuung durch die Großeltern als Notfalloption nicht zurückgreifen, um diese in der Pandemie keinem erhöhten Infektionsrisiko auszusetzen.info

Wie Eltern die wegfallende Bildung und Betreuung tatsächlich gewährleisten und wie sich die zusätzliche Sorgearbeit auf Mütter und Väter verteilt, ist ein in Politik, Medien und Wissenschaft viel diskutiertes Thema. Bereits im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 wurde einerseits die Befürchtung geäußert, dass Mütter die Hauptlast der zusätzlichen Bildungs- und Betreuungsaufgaben übernehmen müssten und sie daher überdurchschnittlich stark von den Maßnahmen zum Infektionsschutz betroffen seien. In diesem Zusammenhang wurde häufig von einer Retraditionalisierung der Geschlechterrollen gesprochen.info Auf der anderen Seite wurde – auch von Seiten der Wissenschaft – auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Schließung von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen dazu beitragen könnte, die Beteiligung von Vätern an der Kinderbetreuung und Hausarbeit zu steigern und damit mittelfristig einen Wandel der sozialen Normen herbeizuführen.info

Letztlich ist es eine empirische Frage, wie sich Eltern die zusätzlichen Aufgaben aufgeteilt haben. Dabei geht es neben Kinderbetreuung auch um Hausarbeit, die zum Beispiel Kochen, Putzen und andere Arbeiten umfasst, die nun in einem größeren Umfang anfallen, da die Kinder und viele Eltern mehr Zeit zu Hause verbringen.

Die vollständige Publikation finden Sie hier.

Die Corona-Krise stellt erwerbstätige Frauen und Männer zum Teil vor die gleichen Herausforderungen, teilweise sind sie aber auch unterschiedlich von den Folgen der Pandemie betroffen. Dadurch dürften sich bei der Datenlage zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland für das Corona-Jahr 2020 ambivalente Muster ergeben: Scheinbare kurzfristige Fortschritte beim Gender Pay Gap treffen auf möglicherweise dauerhafte Verschlechterungen der Arbeitszeit-Situation von erwerbstätigen Frauen. In einigen Familien verfestigt sich die traditionelle Verteilung der unbezahlten Kinderbetreuung, in anderen eröffnen sich aber auch neue Chancen für eine fairere Aufteilung. Das ergibt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Im Vorfeld des Internationalen Frauentags am 8. März beleuchtet sie neueste geschlechtsspezifische Trends bei Einkommen, Erwerbsarbeitszeiten und dem Anteil an unbezahlter Sorgearbeit.

So finden die WSI-Forscherinnen Dr. Yvonne Lott und Dr. Aline Zucco erste Indizien dafür, dass der Gender Pay Gap, also der Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen, durch die Krise etwas kleiner geworden sein könnte. Das hat allerdings wenig mit Verbesserungen bei den Fraueneinkommen zu tun, sondern damit, dass in der ersten Welle der Pandemie mehr Männer als Frauen arbeitslos geworden sind und in Kurzarbeit arbeiten mussten, weshalb Männer-Einkommen im Mittel stärker unter Druck geraten sind. Dieser Effekt könnte sich zudem mittlerweile umkehren, zumindest war die Arbeitsmarktentwicklung für Frauen im Januar 2021 schlechter als bei Männern. Außerdem erhalten verheiratete Frauen durch das Ehegattensplitting bei Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit häufig niedrigere Sozialleistungen, was ihre Einkommen schmälert.

Gleichzeitig nimmt der Rückstand von Frauen bei der durchschnittlichen Erwerbsarbeitszeit (Gender Time Gap) Pandemie-bedingt zu, auch weil vor allem Mütter ihre Arbeitszeit im Job reduzieren, um bei geschlossenen Schulen und Kitas Kinder zu betreuen. Es besteht die Gefahr, dass ein Teil dieser Arbeitszeitreduzierungen auch nach Ende der akuten Krise nicht zurückgenommen werden kann, falls Arbeitgeber an einer Aufstockung der Arbeitszeit kein Interesse haben. Die Corona-Krise offenbart neben solchen Risiken aber auch ein Potenzial für mehr Geschlechtergleichheit: Während sich bei rund 75 Prozent der Familien die (meist vorwiegend von den Frauen übernommene) Verteilung der Kinderbetreuung während des Jahres 2020 nicht veränderte und sich in manchen Familien die traditionelle Arbeitsteilung zumindest zeitweise vertiefte, haben innerhalb der letzten 12 Monate auch etliche Väter durch kürzere Arbeitszeiten oder Homeoffice mehr Zeit mit Sorgearbeit verbracht.

„In der Gesamtschau spricht vieles dafür, dass sich die bereits vor der Krise existierenden Ungleichheitsstrukturen in der Krise verschärfen und damit auch langfristig zu einer wachsenden Ungleichheit zwischen den Geschlechtern führen könnten, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird“, fasst Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, die aktuellen Trends zusammen. Dafür macht die neue Studie Vorschläge, die von Verbesserungen bei der Kinderbetreuung über Reformen der Ehegattenbesteuerung bis zu neuen Modellen verkürzter Vollzeit reichen. Denn: „Gleichzeitig können wir durch die Erfahrungen der Krise lernen, welche Faktoren eine egalitäre Verteilung der Sorgearbeit ermöglichen: mehr Arbeit im Homeoffice und ein geringeres Arbeitszeitvolumen sind wichtige Säulen einer gerechteren Geschlechterordnung“, so Kohlrausch.

Da zu Einkommen oder Arbeitszeiten im Corona-Jahr 2020 derzeit noch keine Daten der amtlichen Statistik vorliegen, werten die Gender-Expertinnen Lott und Zucco für ihre Untersuchung neben dem aktuellen internationalen Forschungsstand auch die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung intensiv aus. Dafür wurden erstmalig im April 2020 mehr als 7600 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online befragt. Weitere Befragungswellen richteten sich im Juni und im November 2020 an dieselben Personen, so dass Trends im Zeitverlauf analysiert werden können. Die Panel-Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

Die Ergebnisse im Einzelnen finden Sie hier.

Die Ergebnisse der AWO Online-Kampagne 2020 für gute Ganztagsangebote für Grundschulkinder ab 2025 sind dokumentiert.

Der AWO Bundesverband hat eine Online-Dokumentation zusammengestellt, in der alle Fachartikel, Pressemeldungen aber auch zusätzlich entstandene Interviews zum Thema der Online-Kampagne „Ganztagsbetreuung. Ganz schnell? Ganz gut?!“ veröffentlicht sind. Die Leserin und der Leser erhalten einen guten Einblick in die Vielfalt und Qualität der Fragen, die für einen Rechtsanspruch auf eine gute Ganztagsbetreuung relevant sind. 

Am 23. Juli 2020 startete die sechswöchige, bundesweite AWO Online-Kampagne „Guter Ganztag. Ganz schnell? Ganz gut?!“ mit einer „Gemeinsamen Erklärung“ mit GEW, Diakonie und DRK. Mit dieser Aktion war die Absicht verbunden, bundesweit breite Fachkreise für das Thema „Qualität im Rechtsanspruch auf Ganztags-betreuung“ zu sensibilisieren. 

Über sechs Wochen hinweg stellte die AWO gemeinsam mit vielen Kolleg*innen und Expert*innen aus Verbänden, Organisationen und Institutionen das Thema „Rechtsanspruch auf einen guten Ganztag“ in den Mittelpunkt der Kampagne. „Mit sieben (Video-)Statements, acht Pressemitteilungen, elf Blog-Artikeln und insgesamt 43 Beiträgen sowie beispielhaften Aktivitäten aus AWO Verbandsgliederungen können wir zum Schluss der Kampagne mit Stolz sagen: Die AWO bekennt sich zu einem guten Ganztag und kann dies auch benennen!“

Die Online-Dokumentation finden Sie hier.

  1. Angesichts der schwierigen Lage, in der sich junge Menschen aufgrund der Corona-Pandemie und des Lockdowns in vielen Fällen befinden, erscheint die Untersagung wesentlicher Teile der Jugendarbeit nicht verhältnismäßig. Im Hinblick darauf, dass es möglich ist, auf vielfältige Weise präsenz- bzw. kontaktlose Angebote zu unterbreiten, ist ein solches Verbot zur Verhinderung der Verbreitung der Pandemie nicht erforderlich.
  2. Eine Beschränkung auf präsenz- bzw. kontaktlose Angebote der Jugendarbeit erscheint auch bei hohen Infektionszahlen ausreichend, um mögliche Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung durch die Angebote auszuschließen. Sinken die Infektionszahlen, ist auch die Möglichkeit einer Durchführung von aufsuchender Arbeit sowie von Präsenzangeboten mit beschränkter Teilnehmerzahl unter Abstands- und Hygieneauflagen zu prüfen.
  3. Zudem ist der Verordnungsgeber bei dem Erlass von Schutzmaßnahmen gehalten, das aus dem Rechtsstaatsgebot gemäß Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Gebot der Normenbestimmtheit und der Normenklarheit zu beachten. Das bedeutet, dass die Betroffenen imstande sein müssen, die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung zu erkennen, damit sie ihr Verhalten danach ausrichten können.

Die vollständige Gutachten finden Sie hier.

Das Netzwerk Evangelischer und Katholischer Eltern-Kind-Gruppen in Deutschland (NEKED) hat kürzlich die Arbeitshilfe „Eltern-Kind-Gruppen gehen online – Wie geht das?“ veröffentlicht. Anhand vieler praktischer Beispiele zeigt die Broschüre Wege auf, wie digitale Angebote für Eltern mit Kindern bis drei Jahren und digitale Elternabende konzipiert und umgesetzt werden können. Denn derzeit können Eltern und Kindern keine Angebote vor Ort gemacht werden, obwohl junge Familien doch gerade jetzt Beratung und Begleitung benötigen: Wen kann ich fragen? Mit wem kann ich mich austauschen? Wo erfahre ich Unterstützung? Die eaf als Teil des NEKED-Netzwerks möchte die Leiter/innen in der Eltern-Kind-Arbeit und die Familien ermutigen, neue Wege zu gehen und online-Formate zu nutzen.

„Vor einem Jahr schien es für viele noch unvorstellbar, eine Eltern-Kind-Gruppe online durchzuführen. Aber die Praxis in unseren vielen Familienbildungsstätten hat gezeigt: Es geht, und zwar sehr gut. Ich freue mich sehr, dass die Erfahrungen und das Fachwissen aus dem Netzwerk nun als Arbeitshilfe auch einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden kann. Davon werden sicherlich viele Kursleiter/innen und mit ihnen viele Familien profitieren,“ so Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf.

Eltern-Kind-Gruppen als Herzstück der Familienbildung sind ein geeigneter Ort zur Stärkung der Elternkompetenzen und Eltern-Kind-Bindung. Sie bieten Begleitung, Bildung, Orientierung, Impulse zur religiösen Sozialisation und dienen der Entwicklungsförderung, sowie der Gesundheitsprävention. Die Eltern profitieren von dem Informations- und Erfahrungsaustausch, dem Gemeinschaftserlebnis und der Netzwerkbildung. Sie erfahren Entlastung und Selbstvergewisserung für den Familienalltag.

Download Arbeitshilfe „Eltern-Kind-Gruppen gehen online – Wie geht das?“

Viele Anregungen und praktische Beispiele stehen auch als Video auf dem YouTube-Kanal des Forums Familienbildung zur Verfügung.

In Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflege werden erste Grundsteine für demokratische Bildung gelegt. „Kinderrechte, Demokratiebildung und Partizipation sollten daher fester Bestandteil des pädagogischen Alltags sein…“ – so der 16. Kinder- und Jugendbericht 2020 (BMFSFJ, S. 16).

Was bedeutet dies konkret? Wie sind diese Rechte entstanden und welche Bedeutung haben sie heute? Welche Verantwortung haben Träger und Einrichtungen gegenüber der Gesellschaft? Was hat das „Bild vom Kind“ mit Kinderrechten zu tun und welche Bedeutung hat die Beziehung zwischen Pädagog*innen und Kindern? Diesen und weiteren Fragen gehen die einzelnen Beiträge der zweisprachigen Broschüre aus unterschiedlichen Perspektiven nach – bis hin zu einem konkreten Beispiel zur Umsetzung in einer Berliner Kindertageseinrichtung.

Die Broschüre liegt zweisprachig vor und kann hier bestellt werden.

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 03/2021

SCHWERPUNKT I: 9. Familienbericht

Bundesfamilienministerin legt Kabinett den 9. Familienbericht vor

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 03.03.2021

Zur Vorstellung des Familienberichts der Bundesregierung erklärt Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder und Familienpolitik:

Die Kernelemente des Familienberichts bringen keine grundsätzliche Neuerung. Ob Kindergrundsicherung, Betreuungsangebote, Ehegattensplittung oder Minijobs: Hier sind die Herausforderungen und Instrumente bekannt. Hier hat aber das seit sieben Jahren sozialdemokratisch geführte Bundesfamilienministerium viel zu wenig erreicht. Kein Wunder, dass Ministerin Giffey die heutige Vorstellung eher als Wahlkampfauftakt nutzt und unverbindliche Zukunftsversprechungen macht.

Das Armutsrisiko von Kindern und Familien, besonders Alleinerziehenden, ist beschämend hoch, trotz jahrelang wirtschaftlich guter Zeiten. Statt eine echte Neusortierung der Familienförderung anzugehen, hat die Regierung mehr schlecht als recht an etlichen Stellen herumgedoktert. Es ist daher kein bisschen überzeugend, wenn Ministerin Giffey nun die Kindergelderhöhungen von insgesamt 25 Euro oder auch gewisse Verbesserungen beim Kinderzuschlag als Erfolg verkaufen will. Der von der SPD artikulierte Einsatz für eine Kindergrundsicherung kommt Jahre zu spät.

Natürlich ist es schwer, gegen den Willen der Union das Ende des Ehegattensplittings einzuläuten. Aber noch im letzten Bundestagswahlkampf hatte die SPD das auch gar nicht vor. Sie hatte daher auch keine echten Ambitionen, hier im Sinne des Familienberichts zu agieren. Eine Abkehr von Minijobs, wie sie im Familienbericht vorgeschlagen wird, ist auch nach vielen Jahren eines SPD-geführten Bundesarbeitsministeriums in weiter Ferne. Und in punkto Vereinbarkeit muss man sagen: Das Gute-Kita-Gesetz hat klare Schwächen und eine längere Finanzierung steht in den Sternen. Die Verhandlungen mit den Ländern zur Schulkinderbetreuung stehen auf der Kippe. Bei der Schaffung bezahlbaren Wohnraums, so im Bericht gefordert, sind die Beiträge der Bundesregierung wirkungslos geblie ben.

Abschließend ist festzuhalten, dass eine ganze Reihe der Kommissionsvorschläge Belange von Ländern und Kommunen betreffen. Hier ist überaus fraglich, an welchen Stellen Bundesprogramme tatsächlich das Mittel der Wahl sein sollten.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 03.03.2021

„Kinderarmut muss endlich effektiv bekämpft werden. Dazu braucht es eine Kindergrundsicherung, die alle Kinder wirksam vor Armut schützt. Das sollte in einem reichen Land wie Deutschland selbstverständlich sein. Die Corona-Pandemie hat die soziale Lage in vielen Familien verschärft. Es muss endlich politisch gehandelt werden, um einer sozialen Katastrophe entgegenzuwirken. Denn Armut hat ganz konkrete Auswirkungen auf die Gesundheit, die Bildung und die Entwicklung von Kindern“, erklärt Katrin Werner, familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den heute vorgestellten Neunten Familienbericht. Werner weiter:

„Die partnerschaftliche Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit in den Familien muss besser unterstützt werden. Zwölf Monate Elterngeld pro Elternteil, die nicht übertragbar sind, wären dazu ein Anfang. Zudem braucht es einen zusätzlichen Elternschutz von zehn Tagen bezahlter Freistellung für den zweiten Elternteil nach der Geburt des Kindes. Mit dem Elternschutz wird eine partnerschaftliche Aufteilung von Sorgearbeit in der Familie von Anfang an unterstützt, und Eltern erhalten einen Schonraum, um sich ganz auf den Nachwuchs und sich konzentrieren zu können.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 03.03.2021

SCHWERPUNKT II: Sozialschutz-Paket III + Kinderbonus

Bundeskabinett beschließt Formulierungshilfe für das Sozialschutz-Paket III

Das Bundeskabinett hat heute die Formulierungshilfen für die Regierungsfraktionen zu einem Entwurf für ein Sozialschutz-Paket III beschlossen. Damit sollen sowohl der Corona-Zuschlag für Leistungsberechtigte der Grundsicherungssysteme als auch weitere Maßnahmen gesetzlich festgelegt werden, die die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie für besonders hilfsbedürftige Menschen abmildern. Der Entwurf wird nun durch die Koalitionsfraktionen in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Das Gesetz soll am 1. April 2021 in Kraft treten.

Die Corona-Pandemie ist für die Menschen in unserem Land eine enorme Belastung. Besonders hilfsbedürftige Menschen werden durch die lang andauernden Maßnahmen besonders hart getroffen und brauchen jetzt konkrete Unterstützung. Mit kostenlosen FFP2-Masken und der Kostenübernahme für digitale Endgeräte dort, wo die Schulen diese nicht zur Verfügung stellen, sind konkrete Maßnahmen für viele Betroffene in die Wege geleitet. Darüber hinaus stärken wir jetzt mit dem Sozialschutz-Paket III den Sozialstaat in der Pandemie weiter. Mit dem Corona-Zuschlag von 150 Euro mildern wir die Belastungen der lang anhaltenden Maßnahmen für Menschen ab, die Grundsicherung beziehen. Wir verlängern den vereinfachten Zugang zur Grundsicherung und nehmen den Menschen die Sorgen vor dem Verlust der Wohnung oder des Ersparten. Diese und die weiteren Maßnahmen des Sozialschutz-Pakets unterstützen Menschen konkret, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind. Das ist wichtig, um den sozialen Zusammenhalt in unserem Land zu stärken.

BUNDESMINISTER FÜR ARBEIT UND SOZIALES, HUBERTUS HEIL

Das Sozialschutz-Paket III sieht insbesondere folgende Maßnahmen vor:

  • Die Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro erhalten alle erwachsenen Personen, die im Monat Mai 2021 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) haben, leistungsberechtigt nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII) sowie nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sind oder ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt als fürsorgerische Leistung der Sozialen Entschädigung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) beziehen. Erwachsene Leistungsberechtigte im SGB II und SGB XII in der Regelbedarfsstufe 3 erhalten die Einmalzahlung, sofern ein etwaig gezahltes Kindergeld und somit auch der Kinderbonus nicht von ihren Eltern an sie weitergeleitet wird.
  • Die Verlängerung des vereinfachten Zugangs zu den Grundsicherungssystemen stellt sicher, dass diejenigen, die weiterhin unter den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie leiden, auch künftig möglichst einfach und schnell die nötige Unterstützung erhalten. Daher werden die im SGB II, SGB XII, BVG und Bundeskindergeldgesetz (BKGG) getroffenen Sonderregelungen bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Im Einzelnen betrifft das die befristete Aussetzung der Berücksichtigung von Vermögen bis zu 60.000 Euro für das erste, zuzüglich 30.000 Euro für jedes weitere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft und eine befristete Anerkennung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als angemessen. Das gilt auch für die erleichterte Vermögensprüfung beim Kinderzuschlag.
  • Die Schließungen der Schulen und sozialen Einrichtungen führen zum Wegfall der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung, die daher individuell sichergestellt werden muss. Die Regelungen im SGB II, dem SGB XII und dem BVG zur Kostenerstattung für die Mittagsverpflegung inklusive der Lieferkosten werden bis 30. Juni 2021 verlängert.
  • Soziale Dienstleister und Einrichtungen der Fürsorge in Deutschland sollen weiterhin finanziell unterstützt werden, damit sie nicht in ihrem Bestand gefährdet sind. Der Sicherstellungsauftrag der öffentlichen Hand für die sozialen Dienstleister und Einrichtungen, die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern und anderen Gesetzen erbringen, wird bis zum 30. Juni 2021 verlängert.
  • Für Versicherte nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz wird geregelt, dass ein Unterschreiten des mindestens erforderlichen Jahreseinkommens von 3.900 Euro auch im Jahr 2021 keine negativen Auswirkungen auf den Versicherungsschutz in der Künstlersozialversicherung hat.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 09.02.2021

Kinderbonus, Corona-Zuschuss oder auch der verlängerte erleichterte Zugang zur Grundsicherung sollen jenen helfen, durch die Krise zu kommen, die es am nötigsten haben.

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 26.02.2021

Mit dem Sozialschutzpaket III verlängern wir wichtige sozialpolitische Maßnahmen und stemmen uns gegen soziale Notlagen während der Pandemie

Der Deutsche Bundestag hat am heutigen Freitag das Sozialschutzpaket III beschlossen. Dazu erklärt der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Weiß:

„Viele Menschen haben aufgrund der sozialen und wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie weiterhin finanzielle Sorgen. Wir lassen diese Menschen nicht im Stich und halten weitere zusätzliche finanzielle Unterstützungen für geboten. Daher haben wir im Deutschen Bundestag mit dem Sozialschutzpaket III eine Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro für erwachsene Leistungsberechtigte der sozialen Mindestsicherungssysteme beschlossen.

Darüber hinaus wird der vereinfachte Zugang in die Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie die erleichterte Vermögensprüfung beim Bezug von Kinderzuschlag bis Ende des Jahres 2021 verlängert. So kann die notwendige finanzielle Unterstützung weiterhin einfacher und schneller an die Betroffenen, die derzeit ihren Lebensunterhalt nicht eigenständig bestreiten können, geleistet werden.

Auch Schulen, Kitas und Werkstätten für Behinderte sind weiter teilweise geschlossen. Eine Verlängerung der Sonderregelung für Hilfebedürftige zur gemeinschaftlichen Mittagsversorgung bis zum 30. Juni 2021 war damit notwendig.

Als weitergehende Unterstützung für Kreativ- und Kunstschaffenden wird die jährliche Mindesteinkommensgrenze von 3.900 Euro im Künstlersozialversicherungsgesetz auch für das Jahr 2021 ausgesetzt und das Rettungs- und Zukunftsprogramm „Neustart Kultur“ noch einmal um 1 Mrd. Euro auf jetzt 2 Mrd. Euro aufgestockt.

Soziale Dienstleister und Einrichtungen der Fürsorge in Deutschland sollen auch weiterhin in ihrem Bestand gesichert und finanziell unterstützt werden. Der Sicherstellungsauftrag der öffentlichen Hand für die sozialen Dienstleister und Einrichtungen, die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern und anderen Gesetzen erbringen, wird daher bis zum 30. Juni 2021 verlängert.

Unser Ziel in dieser Krise ist und bleibt es, die Menschen zu unterstützen, die ohnehin bedürftig sind, aber auch vor allem die Menschen, die wegen der Corona-Pandemie unverschuldet vor Existenzproblemen stehen. Wir stärken das soziale Sicherungsnetz, auf das sich die Menschen in unserem Land verlassen können.“ 

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 26.02.2021

2./3. Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD

Gesetz zur Regelung einer Einmalzahlung der Grundsicherungssysteme an erwachsene Leistungsberechtigte und zur Verlängerung des erleichterten Zugangs zu sozialer Sicherung und zur Änderung des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes aus Anlass der COVID-19-Pandemie (Sozialschutz-Paket III)

Die im Gesetzespaket vorgesehene Einmalzahlung an Leistungsempfänger*innen in den sozialen Mindestsicherungssystemen ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Betrag reicht nicht aus, um die Mehrkosten einzudämmen, die durch die Pandemie entstehen und entstanden sind. Deswegen bleiben wir dabei und fordern für die Dauer der Pandemie einen Corona-Zuschlag, der monatlich ausbezahlt werden soll. Erwachsene in der Grundsicherung, der Sozialhilfe und im Asylbewerberleistungsgesetz sollen jeden Monat 100 Euro erhalten und Kinder sollen 60 Euro ausgezahlt bekommen.
Wir kritisieren auch, dass die von der Bundesregierung vorgenommenen Änderungen in der Grundsicherung nichts an den strukturellen Problemen ändern. Hierzu haben wir kürzlich mit unserem Garantiesicherungskonzept Vorschläge gemacht. Zum Beispiel ist der Regelsatz viel zu niedrig, die Sanktionen sind unmenschlich, die Bedarfsgemeinschaft schafft Abhängigkeiten und die Hinzuverdienstregelungen sind zu restriktiv.
Außerdem können wir überhaupt nicht nachzuvollziehen, dass das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) nur bis zum 30. Juni 2021 gelten wird, obwohl absehbar ist, dass die Pandemie länger dauern wird. Deswegen fordern wir die Verlängerung des SodEG bis zum 31.12.2021. So könnte den sozialen Dienstleistern eine verlässliche Perspektive geboten werden, die sie auch dringend brauchen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 24.02.2021

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat dem Gesetzentwurf (19/26542) der Koalitionsfraktionen für das Sozialschutzpaket III zugestimmt. Mit dem Paket wollen CDU/CSU und SPD Menschen, die Grundsicherung beziehen, während der Corona-Pandemie erneut entlasten. Es beinhaltet auch Erleichterungen für soziale Dienstleister. Der Entwurf wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Fraktionen von AfD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Geändert wurde der Entwurf vor allem hinsichtlich der Dauer der geplanten Verlängerungen, die nun vielfach zum einen an die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite gekoppelt beziehungsweise längstens bis 31. Dezember 2021 verlängert wurden. Dies hatten zahlreiche Experten in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses am Montag vorgeschlagen.

Der Entwurf sieht zum einen vor, den erleichterten Zugang in die Grundsicherungssysteme sowie die erleichterte Vermögensprüfung beim Kinderzuschlag bis zum 31. Dezember 2021 zu verlängern. Außerdem werden die Sonderregeln zu den Bedarfen für gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Schulen, Kitas und Werkstätten für behinderte Menschen längstens bis Ende des Jahres verlängert.

Erwachsene Leistungsberechtigte der sozialen Mindestsicherungssysteme erhalten eine einmalige finanzielle Unterstützung in Höhe von 150 Euro je Person für das erste Halbjahr 2021.

Auch der besondere Sicherstellungsauftrag nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) ist aktuell bis zum 31. März 2021 befristet. „Der Bestand der sozialen Infrastruktur ist jedoch aufgrund des ungewissen Verlaufs der COVID-19-Pandemie und der bundesweit ergriffenen Infektionsschutzmaßnahmen weiterhin gefährdet.“ Geändert wurde der Ursprungsentwurf dahingehend, dass der Sicherstellungsauftrag nicht schon am 31. März, sondern erst nach Aufhebung der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite beziehungsweise am 31. Dezember 2021 endet.

Zur Abmilderung der erheblichen negativen wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie für Versicherte wie für abgabepflichtige Unternehmen wird im Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) geregelt, dass ein Unterschreiten des für eine Versicherung mindestens erforderlichen Jahreseinkommens von 3.900 Euro auch im Jahr 2021 keine negativen Auswirkungen auf den Versicherungsschutz in der Künstlersozialversicherung hat.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 235 vom 24.02.2021

Der Finanzausschuss hat das Dritte Corona-Steuerhilfegesetz beschlossen. In einer Sitzung des Ausschusses am Mittwoch unter Leitung der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) stimmten die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD sowie die Fraktionen der AfD und der FDP dem Entwurf eines dritten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (19/26544) in geänderter Form zu. Die Fraktionen von Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich.

Mit dem Gesetz soll Familien, Gaststätten und Gewerbe, die krisenbedingt Verluste machen, geholfen werden. Familien sollen 2021 einen einmaligen Kinderbonus von 150 Euro für jedes kindergeldberechtigte Kind bekommen. Für Gaststätten soll der bereits geltende ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Speisen über den 30. Juni hinaus bis Ende 2022 verlängert werden. Getränke bleiben davon ausgenommen. Für Unternehmen und Selbständige soll der steuerliche Verlustrücktrag für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 auf zehn Millionen Euro angehoben werden, bei Zusammenveranlagung auf zwanzig Millionen Euro. Dies soll auch beim vorläufigen Verlustrücktrag gelten.

Angenommen wurde mit dem Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie der Fraktionen von AfD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen ein Änderungsantrag von CDU/CSU und SPD, wonach auch der vorläufige Verlustrücktrag für 2021 bei der Steuerfestsetzung für 2020 berücksichtigt wird.

Die CDU/CSU-Fraktion erklärte in der Aussprache, mit den Maßnahmen des Gesetzes setze die Koalition die massive Entlastung in der Krise fort. Durch die Anpassungen auch beim vorläufigen Verlustrücktrag werde vorzeitig Liquidität in die Unternehmen gehen.

Die SPD-Fraktion erklärte, dass die Ausweitung des Verlustrücktrags, so wie er jetzt sei, eine kluge Ergänzung sei. In der verlängerten Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in der Gastronomie sehe man die Chance für eine Beschleunigung des Wachstums der Branche, sobald die Krise zum Ende komme.

Die AfD-Fraktion übte Kritik. Echte, wirksame Hilfe finde durch das Gesetzespaket nicht statt. Vor allem beim Verlustrücktrag sei eine stärkere zeitliche Ausweitung nötig, um Unternehmen zu helfen. Das sei unverständlich, da sich nahezu alle Sachverständigen in der Anhörung zum Gesetzentwurf dafür ausgesprochen hätten.

Auch die FDP-Fraktion kritisierte, dass die Regelung zum Verlustrücktrag, was Betrag und Zeitraum angehe, nicht weiter gefasst wurde. Die Anrechnung des Kinderbonus auf den Kinderfreibetrag sei richtig im Sinne des sorgsamen Umgangs mit Steuermitteln, damit besser situierte Familien nicht profitierten. Das Gesetz sei insgesamt relativ unambitioniert.

Die Fraktion Die Linke übte grundsätzliche Kritik. Es sei keine gute Idee, in der Krise mit Steuer-Entlastungen zu reagieren. Direkte Fördermaßnahmen seien der bessere Weg. Der Kinderbonus sei mit 150 Euro viel zu gering und müsse verstetigt werden.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen äußerte sich kritisch zur verlängerten Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in der Gastronomie. Diese sei zu einseitig, Direkthilfen seien zudem wichtiger. Den Verlustrücktragszeitraum müsse man auf vier Jahre erweitern, um Liquidität zu schaffen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 233 vom 24.02.2021

Die Mehrheit der Sachverständigen hat das Dritte Corona-Steuerhilfegesetz der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und der SPD positiv bewertet. Im Mittelpunkt der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag unter Leitung der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) standen die Ausweitung des Verlustrücktrags für Unternehmen für 2020 und 2021, die verlängerte Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in der Gastronomie und der Kinderbonus. Nahezu alle Sachverständigen sprachen sich für eine Ausweitung der geplanten Regelung zum Verlustrücktrag aus. Ein Teil der Sachverständigen empfahl eine Verdoppelung des Kinderbonus auf 300 Euro pro Kind. Kontrovers diskutierten die Sachverständigen die Pläne zum ermäßigten Umsatzsteuersatz in der Gastronomie.

Marius Clemens vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) führte aus, dass das erneute Aufflammen der Corona-Pandemie dem Wirtschaftsaufschwung zu Beginn des Jahres 2021 einen Dämpfer versetze. Er lobte daher die geplanten Maßnahmen, die sich bereits nach dem ersten Lockdown bewährt hätten und sich damit auch in die bereits existierende Gesamtkomposition des Konjunkturprogramms einbetten würden.

Sylvia Mein vom Deutschen Steuerberaterverband (DStV) lobte die geplante erneute Ausweitung der Verlustverrechnung. Sie habe sich als das maßgebliche, branchenübergreifende Hilfsinstrument für Unternehmen in der Krise erwiesen. Die erneute Anhebung der Betragsgrenzen für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 im Rahmen des Verlustrücktrags stufte sie als einen richtigen Schritt zur Stärkung der Liquidität ein, was großen Unternehmen zugute komme.

Kritisch bewertete sie, dass der Rücktragszeitraum nicht ausgeweitet würde, was für kleine und mittlere Unternehmen sehr ungünstig sei. Bei diesen herrsche weiter Liquiditätsnot. Sie empfahl „dringend“, den Rücktragszeitraum um drei Jahre auszuweiten.

Ähnlich argumentierte die Sachverständige Deborah Schanz vom Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre der Ludwig-Maximilians-Universität München, zur Ausweitung des Verlustrücktrags. Da es sich dabei um einen Stundungseffekt handele, stelle der Rücktrag für sie die mit Abstand beste Regelung sowohl aus fiskalischer Sicht als auch als Hilfsmaßnahme dar. Sie begrüßte die Ausweitung des Höchstbetrags. Ihrer Ansicht nach sollte er der Höhe nach nochmals erweitert werden. Auch sie plädierte dafür, den Rücktragszeitraum um drei Jahre auszuweiten.

Ebenso argumentierte der Sachverständige des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Bertram Kawlath. Er betonte, wie wichtig das Instrument für seine Branche sei. Sie helfe Unternehmen, die gute Geschäfte gemacht hatten, welche ausschließlich krisenbedingt gestört worden seien. Der Maschinenbau brauche das Instrument, weil nach der Krise insbesondere die Anlagenbauer erheblich vorfinanzieren müssten, sie seien auf die Möglichkeit, Gewinne und Verluste periodenübergreifend verrechnen zu können, besonders angewiesen.

Christopher Ludwig vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung lenkte den Blick auf die Mindestbesteuerung und plädierte dafür, diese für Krisenverluste auszusetzen.

Als lediglich „noch vertretbar“ hatte dagegen Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG) in seiner schriftlichen Stellungnahme die Ausweitung des Rücktrags bezeichnet. Forderungen nach einer stärkeren Ausweitung des Rücktrags bewertete er als finanziell nicht darstellbar. Aus Sicht der Praxis wies er auf eine zu erwartende vermehrte Arbeitsbelastung hin, weil durch die vorläufige und dann endgültige Berechnung die Fälle mehrfach in die Hand genommen werden müssten.

Die Sachverständige Deborah Schanz lobte den Doppeleffekt des Kinderbonus. Zum einen helfe der Bonus Familien in schwieriger Lage. Andererseits bewirke er einen Konjunktur-Impuls, der sehr hoch eingeschätzt werde. Dazu helfe der Bonus gezielt Haushalten mit niedrigem bis mittleren Einkommen, weil er auf den Kinderfreibetrag angerechnet werde. Sie sprach sich angesichts der hohen Lasten der Familien in der Corona-Krise für eine Anhebung des Betrags auf 300 Euro aus.

Der DSTG-Sachverständige Thomas Eigenthaler hielt den geplanten Betrag von 150 Euro pro Kind ebenso für zu gering. Der Betrag sei unverständlich, da die Belastungen der Familien nach dem abermaligen Lockdown härter seien als im Jahr 2020, in dem der Kinder-Bonus 300 Euro betragen hätte. Er plädierte für eine Auszahlung von zwei Mal 150 Euro.

Der Sachverständige des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Raoul Didier, schloss sich der Forderung an und plädierte dafür, sicherzustellen, dass der Kinderbonus möglichst zielgenau dort ankomme, wo die Kinder ihren Lebensmittelpunkt haben, wenn sie nicht mit beiden Eltern im gemeinsamen Haushalt lebten. Er forderte die Bundesregierung auf, bis zur Auszahlung eine gesetzliche Regelung dazu umzusetzen.

Ingrid Hartges vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) schilderte die aus ihrer Sicht schwierige Situation der Branche und der getränkelastigen Betriebe. Sie erklärte die Erwartungshaltung der Gastronomen, dass Getränke unter die Regelung des verminderten Umsatzsteuersatzes fallen sollen.

Kritisch äußerte sich dazu Marius Clemens (DIW). Die Umsatzsteuerermäßigung in der Gastronomie werde zu keinen wesentlichen Konjunktureffekten führen, anders als bei einer generellen Mehrwertsteuersenkung. Die Daten zeigten zudem, dass die Senkung nicht an die Haushalte weiter gegeben werde.

Ähnlich argumentierte die Sachverständige Mein vom Deutschen Steuerberater-Verband. Mit der Verlängerung des reduzierten Steuersatzes würden zusätzliche Steuer-Mindereinnahmen wegen bestimmter Branchen in Kauf genommen, ohne Konjunkturimpulse zu setzen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 222 vom 23.02.2021

Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen für das Sozialschutz-Paket III wird von einer Mehrheit der Experten begrüßt. Insbesondere Wohlfahrtsverbände forderten jedoch gleichzeitig Nachbesserungen für einkommensschwache Haushalte, die nicht im Grundsicherungsbezug sind. Arbeitgebervertreter warnten davor, die erleichterten Zugangsbedingungen für die Grundsicherung über das Ende der Corona-Pandemie hinaus zu verstetigen. Das wurde in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag deutlich.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 220 vom 22.02.2021

Heute wird das Sozialschutz-Paket III verabschiedet. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Natürlich ist es begrüßenswert, dass die Bundesregierung mit dem Sozialschutz-Paket III die sozialen Folgen der Pandemie erneut in den Blick nimmt. Neben der Verlängerung bereits bestehender Regelungen – dem SodEG, dem erleichterten Zugang zu existenzsichernden Leistungen und der Sonderregelung zur Mittagsverpflegung – werden mit der Einmalzahlung von 150 Euro nunmehr auch von der Politik die finanziellen Mehraufwendungen von Leistungsberechtigten der sozialen Mindestsicherung anerkannt.

Allerdings bleibt aus Sicht der AWO diese Einmalzahlung weit hinter den pandemiebedingt zusätzlich anfallenden Bedarfen der Betroffenen zurück. Diese bestehen schon seit fast einem Jahr, ohne dass im Regelsatz dafür ausreichend Mittel vorgesehen sind. Dazu kommt, dass durch die Kopplung an den Leistungsbezug im Mai weitere Menschen durchs Raster fallen werden. Wir setzen uns daher nach wie vor für eine monatliche Sonderzahlung ein.

Um die soziale Infrastruktur weiterhin verlässlich abzusichern, braucht es zudem mehr Planungssicherheit beim SodEG. Auch wenn hier noch einmal nachgebessert wurde und eine Verlängerungsoption bis zum Jahresende besteht, gibt es de facto bisher nur volle Planungssicherheit bis Ende Juni 2021.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 26.02.2021

Mit Blick auf den bevorstehenden Beschluss des Sozialschutzpakets III im Bundestag sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, am Freitag in Berlin:

„Wer aktuell Hartz IV bezieht, etwa Soloselbständige und Beschäftigte in Kurzarbeit mit kleinem Verdienst, kann sich jetzt weiterhin darauf verlassen, dass seine Ersparnisse geschützt sind und die Wohnkosten erstattet werden. Damit kann das Sozialschutzpaket für eine Vielzahl der Menschen das Risiko des sozialen Abstiegs vermindern. Aber eben nicht für alle:

Völlig absurd ist, dass CDU und CSU den Geringverdienenden die Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro verweigern – nach Ansicht der Union sollen nur die in der Grundsicherung diese Leistung bekommen. Das ignoriert komplett, dass Menschen mit geringen Einkünften ebenso hart von Krisenmehrkosten betroffen sind. Die Union handelt damit nicht nur unsozial, sondern sendet auch ein komplett falsches Signal an Beschäftigte im Niedriglohnbereich. Ihre Not spielt offenbar für CDU und CSU keine Rolle.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 26.02.2021

Zum Sozialschutzpaket III, das am morgigen Freitag im Bundestag beschlossen werden soll, erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Vom großen Sozialschutzpaket III wird bei Menschen, die Hartz-IV beziehen, nur ein kleines Almosen ankommen. Der einmalige 150 Euro Corona-Zuschlag reicht bei weitem nicht aus, um die finanziellen Mehrbelastungen seit Beginn der Pandemie aufzufangen. Das sind 10 Euro im Monat, mit denen fehlende Sonderangebote, geschlossene Tafeln oder Kosten für mehr Hygieneartikel kompensiert werden sollen. Für bedürftige Kinder fallen seit Beginn der Kontaktbeschränkungen allein 67,50 Euro monatlich für Mittagessen in Schule und Hort faktisch weg, während Kosten für Homeschooling hinzugekommen sind.

Während große Unternehmen mit Milliardenhilfen bedacht werden, hat sich für die Ärmsten in der Pandemie das Leben am Rande des Existenzminimums verschärft.

Statt Almosen brauchen sie mindestens einen verlässlichen Krisenzuschlag von monatlich 100 Euro pro Person für die Dauer der Pandemie.

Deutschland braucht endlich eine ganzheitliche Strategie zur Armutsbekämpfung anstelle ab und zu Almosen. Eine engagierte und auf Dauer angelegte Sozialpolitik, die Armut vorsorgend bekämpft und in Bildung und Teilhabe investiert – das wäre echter Sozialschutz.“

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 25.02.2021

Eine Mehrheit der Bevölkerung (54 %) hält die von der Bundesregierung geplante Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro für Grundsicherungsbeziehende, die heute im Bundestag beschlossen werden soll, für nicht ausreichend.  Dies ergibt eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Paritätischen Gesamtverbandes. 68 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Menschen mit geringen Einkommen in der Corona-Krise bisher insgesamt von der Bundesregierung nicht ausreichend unterstützt werden, im Gegensatz zu beispielsweise Großkonzernen, die finanzielle Umsatzverluste erlitten haben. Mit einer kreativen Protestaktion vor dem Reichstag wird ein Bündnis von fast 50 Organisationen, darunter Campact, Paritätischer und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, heute gegen die unzureichende Nothilfe für die Ärmsten in der Corona-Pandemie demonstrieren. Die Organisationen fordern eine zügige Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro sowie für die Dauer der Krise eine monatliche Zusatzzahlung von 100 Euro.

Die große Mehrheit der Befragten (62 %) geht nicht davon aus, dass die in Hartz IV und Grundsicherung im Alter, bei Erwerbsminderung und im Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehenen Regelsätze ausreichen, um den alltäglichen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Im Durchschnitt liegt das als nötig erachtete Budget mit 573 Euro pro Monat um fast 30 Prozent über dem, was alleinlebenden Grundsicherungsbeziehenden derzeit tatsächlich regierungsamtlich zugestanden wird (446 Euro). Der durch die Befragten im Durchschnitt für Ernährung veranschlagte Bedarf liegt mit 289 Euro im Monat fast doppelt so hoch wie der Betrag, den die Bundesregierung in ihrem Regelsatz rechnerisch für Ernährung als ausreichend erachtet. Die notwendigen Ausgaben für Körperpflegeprodukte werden von den Befragten gleich fast dreimal so hoch wie von den Statistiker*innen der Bundesregierung veranschlagt.

 „Das Krisenmanagement der Bundesregierung ist ein armutspolitisches Trauerspiel. Die Einmalhilfe ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

„Kein Geld für schnelles Internet im Homeschooling, kein Geld für die Reparatur der Waschmaschine, kein Geld für frisches Obst und Gemüse – die Ärmsten leiden doppelt unter Lockdown und knapper Kasse. Mit den Regelsätzen und ohne Unterstützung in der Krise zementiert die Regierung Armut bis in die nächsten Generationen. 150 Euro mehr: das ist lächerlich!”, so Christoph Bautz, geschäftsführender Vorstand Campact.

Der Online-Appell “Corona trifft Arme extra hart – Soforthilfen jetzt!” wird unterstützt von Campact, Paritätischem Gesamtverband, Diakonie Deutschland, Sozialverband VdK, Deutscher Kinderschutzbund, Attac, foodwatch und dem Deutschen Mieterbund sowie 40 weiteren bundesweiten Organisationen. Der Appell wurde inzwischen von über 134.000 Menschen unterschrieben.

Unter dem Motto “Keine halben Sachen” werden die Organisationen heute um 11.30 Uhr halbierte Gegenstände von der halben Matratze, über halbe Staubsauger und halbe Kinderwagen bis zur halben Kommode auf der Reichstagswiese aufstellen, um gegen die unzureichende Nothilfe für die Ärmsten in der Corona-Pandemie zu demonstrieren. Der Termin eignet sich auch für die Rundfunk- und Bildberichterstattung.

Die repräsentative Umfrage wurde vom 12. bis 18. Februar 2021 vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Paritätischen Gesamtverbands durchgeführt. Insgesamt wurden 1.003 Personen über 18 Jahre befragt.

Sie finden die Umfrage hier: https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/coronahilfen-reichen-nicht-einschaetzungen-der-bevoelkerung-zu-kosten-des-taeglichen-lebensunterhalts/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 26.02.2021

Der Bundestag hat heute einen Kinderbonus in Höhe von 150 Euro beschlossen, um Familien in der Corona-Krise zu entlasten. „Alleinerziehende sind enttäuscht, dass unterm Strich wieder nur der halbe Bonus bei ihnen ankommt, wenn das Kind Unterhalt erhält“, kritisiert Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV). Unterhaltszahlende Elternteile können die Hälfte des Kinderbonus für sich beanspruchen, selbst wenn sie sich angesichts geschlossener Schulen und Kitas kaum oder gar nicht um die Betreuung ihres Kindes kümmern und keine Mehrkosten haben.

 

„Halber Kinderbonus trotz doppelter Belastung sorgt bei Alleinerziehenden für viel Unverständnis und Empörung. Nur wenige Alleinerziehende sind in der glücklichen Situation, dass der andere Elternteil die fehlende Kinderbetreuung mit ausgleicht“, erläutert Jaspers. Laut einer Elternbefragung aus 2020 blieb bei Alleinerziehenden die Aufteilung der Betreuung mit 73 Prozent stabil, bei 18 Prozent wurde sie ungleicher und bei lediglich 9 Prozent weniger ungleich. Deshalb hat der VAMV einen vollen Kinderbonus für Alleinerziehende gefordert, so dass er voll dort zur Verfügung stehen kann, wo er gebraucht wird: am Lebensmittelpunkt des Kindes, da hier die Kosten für das Kind entstehen. Fürs Wechselmodell schlägt der VAMV eine hälftige Verteilung des Kinderbonus in den paritätisch betreuenden Haushalten vor. „Dass die Bundeskanzlerin im Familiendialog in Aussicht gestellt hatte, mit der Familienministerin über diese hälftige Aufteilung des Kinderbonus zu sprechen, hatte Alleinerziehenden Hoffnung auf eine gerechte Ausgestaltung gemacht“, betont Jaspers.

 

„Positiv ist dagegen, dass der Kinderbonus im Gegensatz zum Kindergeld weder auf den Unterhaltsvorschuss noch auf SGB II-Leistungen angerechnet wird“, erläutert Jaspers.

 

Da der Kinderbonus als einmalige Erhöhung des Kindesgelds umgesetzt ist, greift auch hier die hälftige Aufteilung zwischen getrennten Eltern. Der Kinderbonus hat aber einen ganz anderen Zweck als das Kindergeld: die anhaltenden Belastungen aufgrund der Corona-Pandemie aufzufangen und so die Konjunktur anzukurbeln. Der VAMV hat bereits 2020 einen Formulierungsvorschlag vorgelegt, mit dem der Kinderbonus voll bei Alleinerziehenden ankommen kann, ohne das Unterhaltsrecht grundlegend ändern zu müssen.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 26.02.2021

SCHWERPUNKT III: Corona-Krise

Mit Angaben zu ihren Arbeits- und Lebensbedingungen während der Pandemie können Menschen in ganz Europa zur Bewältigung der Krise beitragen.

Die Corona-Pandemie hat weitreichende Auswirkungen auf die Lebensqualität und die Arbeit der Menschen. Eine europaweite Online-Befragung soll dies näher beleuchten: Die Menschen in ganz Europa können in einem kurzen Fragebogen ihre Arbeits- und Lebensbedingungen während der Pandemie einschätzen. Hiermit lassen sich wertvolle Hinweise für die Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen gewinnen. Deshalb ist auch in Deutschland eine lebhafte Teilnahme wichtig.

In den ersten beiden Befragungsrunden gingen im vergangenen Jahr insgesamt über 90.000 Antworten ein. Die nun gestartete dritte Runde läuft bis zum 29. März 2021. Der Fragebogen ist auch in deutscher Sprache erreichbar unter eurofound.link/survey002.

Durchgeführt wird die Befragung durch die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound). Diese Agentur der Europäischen Union (EU) hat den Auftrag, Fachwissen zur Unterstützung der Erarbeitung besserer sozial-, beschäftigungs- und arbeitspolitischer Strategien bereitzustellen. Die Bundesregierung wird im Verwaltungsrat von Eurofound durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vertreten. Nähere Informationen finden sich unter www.eurofound.europa.eu/de.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 17.02.2021

„Die Härten der Covid-19-Krise treffen Frauen auf zahllosen Ebenen heftiger“, sagte Doris Achelwilm in ihrer Rede zum Antrag der Fraktion. Es reiche nicht, Geschlechterfragen in der Krisenpolitik nur symbolisch als Bonus mitzudenken. Die Fraktion fordert einen Aktionsplan, um geschlechtsspezifische Kriseneffekte auf Frauen zu überwinden.

Rede lesen und sehen

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 25.02.2021

„Der aktuelle EFI-Bericht betont zu Recht wieder die Bedeutung sozialer Innovationen. Gerade die Corona-Krise wirft zahlreiche Fragen auf, die sich nicht rein technisch oder medizinisch lösen lassen, sondern sich darauf beziehen, wie wir arbeiten, kommunizieren, Familien- und Berufsleben in Einklang bringen und vieles mehr. Die Schwierigkeiten bei der Formulierung praktikabler Strategien zum Umgang mit der Pandemie bieten einen reichhaltigen Fundus an Forschungsgegenständen, die schnellstens bearbeitet werden sollten. Offensichtlich ist aber, dass die digitale Infrastruktur stark ausgebaut und verbessert werden muss. Die bisherigen Strategien der Bundesregierung waren hier nicht ausreichend“, erklärt Petra Sitte, forschungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zum aktuellen Jahresbericht der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI). Petra Sitte weiter:

„Die staatliche Förderung der Forschung an Corona-Impfstoffen hat im vergangenen Jahr rasch Ergebnisse hervorgebracht, auch weil sie großzügig bemessen war. Angesichts der anhaltenden Probleme mit der Produktion und Verteilung der Impfstoffe ist die Bundesregierung aber gefordert, auch in diesem Bereich den Forschungshorizont zu erweitern und das Zusammenspiel staatlicher und gewinnorientierter privater Akteure in den Fokus zu nehmen. Die gesellschaftlichen Auswirkungen medizinischer Forschung – oder deren Unterlassung – müssen künftig besser eingeschätzt und gestaltet werden, denn die Forschung zu wichtigen, aber nicht profitablen Medikamenten, einschließlich solcher gegen Corona-Viren, kommt in der Regel zu kurz.

Zu begrüßen ist der sachliche und wenig alarmistische Umgang der EFI mit der wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit China. Leider bislang erfolglos fordert sie seit Jahren ein zentrales Kompetenzenzzentrum China, das Informationen sammelt und sachkundig Kenntnisse über das fernöstliche Land verbreitet.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 24.02.2021

„Kinder müssen leider draußen bleiben“, hieß es zu Zeiten des ersten Lockdowns noch an vielen Ladentüren. Auch wenn sich dieser Umstand an den meisten Orten mittlerweile gebessert hat: Es bleibt dabei, Kinder und Jugendliche und vor allem ihre Interessen sind von den Entscheidungsprozessen ausgeschlossen. Noch nicht einmal das Bundesfamilienministerium hatte einen Sitz im Corona-Krisenkabinett. 

Man muss auch kein Zyniker sein, um zu bemerken, dass die im zweiten Lockdown lang durchgehaltene Öffnung von KiTas und Schulen eher auf die Interessen der Wirtschaft zurückzuführen ist und nicht etwa in Orientierung am Kindeswohl.

Meine Zeit als Vorsitzender der Kinderkommission habe ich genutzt, um diese Leerstelle zumindest ansatzweise zu füllen. In acht Sitzungen berieten uns erwachsene und jugendliche Expertinnen und Experten über die derzeit zu beobachtenden Auswirkungen. Beteiligt an den schwierigen Entscheidungen wurden Kinder und Jugendliche so gut wie nie. Gerade in Krisensituationen wird der Kreis der Entscheiderinnen und Entscheidern oft klein gehalten, meist mit dem Verweis auf eine schnellere Abstimmungsfähigkeit. Mit diesem Argument wurde übrigens auch eine Mitbestimmung durch das Parlament lange Zeit ausgespart.

Doch genau umgekehrt wird ein Schuh draus: Erst wenn alle sich widerstreitenden Interessen zumindest bekannt sind, können sie gegeneinander abgewogen werden. Sind sie im Moment der Entscheidungsfindung nicht bekannt, muss später nachjustiert werden – ein deutlich ineffizienterer Weg. Dies gilt im Kleinen wie im Großen. Vor Ort heißt das zum Beispiel, mit den Stammbesucherinnen und -besuchern einer Freizeiteinrichtung gemeinsam abzuwägen, wie mobile Jugendarbeit möglichst kontaktarm ablaufen kann. Als Politik haben wir dann im Großen die Aufgabe, aus der Sammlung der vielen Einzelerfahrungen Richtlinien zu formulieren. Letzteres ist in den vergangenen Monaten und Monaten mitnichten passiert, sodass wir nach einem Jahr genauso schlau sind wie vorher. Denn während die Bundesregierung es mit Müh und Not schafft, Wirtschafts- und Gesundheitsinteressen miteinander in Einklang zu bringen, fallen die übrigen Belange eines solidarischen Miteinanders hinten runter.

Als Fraktion DIE LINKE fordern wir seit Beginn der Krise einen vom Kanzleramt ausgerichteten Kindergipfel, um die mannigfaltigen Lagen der Jüngsten sichtbar zu machen. Auch das ist mit Sicherheit nicht der Weisheit letzter Schluss, wenn es um eine nachhaltige Beteiligung junger Menschen gehen soll. Dafür braucht es einen langen Atem und ernsthaftes Interesse. Über beides scheint die Bundesregierung nicht zu verfügen, wie auch im jüngsten Gesetzentwurf für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz sichtbar wird. Als Fraktion DIE LINKE werden wir weiterhin an der Seite der Schwächsten und Leisesten der Gesellschaft stehen, ihnen unsere Stimmen leihen und ihr Gehörtwerden einfordern. 


Hier mehr erfahren:

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 15.02.2021

Die FDP-Fraktion spricht sich für ein pandemiegerechtes Öffnungskonzept für den Bereich der frühkindlichen Bildung aus. In einem Antrag (19/26780) fordert sie die Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Bundesländern und den Kommunen sowohl eine Analyse der Gesundheitssituation der Fachkräfte in der frühkindlichen Bildung als auch der Gesundheitsrisiken von Fachkräften und Kindern sowie zu Hygienekonzepten zu initiieren. Aufgrund der Ergebnisse dieser Analysen soll dann ein Expertenrat bestehend aus Praktikern der frühkindlichen Bildung, Kinderpsychologen, Pädiatern, Elternvertretern, Arbeitsschutzexperten, Epidemiologen sowie Vertretern von Ländern und Kommen gebildet werden, der Konzepte für verschiedene Pandemieszenarien entwickelt. Diese müssten sowohl dem Gesundheitsschutz der Fachkräfte als auch dem Entwicklungs- und Bildungsbedarf der Kinder Rechnung tragen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 242 vom 25.02.2021

Verbände fordern praktikable Lösungen für die Ansprüche auf Kinderkrankengeld und Verdienstausfallentschädigung in der Corona-Pandemie und darüber hinaus. Die in der Coronakrise veränderten Regelungen seien teilweise zu bürokratisch oder entsprächen nicht der Lebenswirklichkeit, kritisierten die Experten am Mittwoch in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages über Reformvorschläge der Fraktionen Die Linke (19/22496) und Bündnis 90/Die Grünen (19/22501). Die Sachverständigen äußerten sich in schriftlichen Stellungnahmen.

Nach Ansicht der Linksfraktion sollten der Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung wie auch die finanzielle Absicherung der Betreuung erkrankter Kinder im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) eigenständig geregelt werden. Der Krankengeldanspruch gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen sollte entfristet werden.

Die Grünen-Fraktion schlägt in ihrem Antrag vor, den Kinderkrankengeldanspruch von Eltern bis zum Ende der Corona-Pandemie auf jährlich 20 Tage pro Kind und Elternteil und nach Ende der Pandemie auf jährlich 15 Tage pro Kind und Elternteil anzuheben. Bei Alleinerziehenden sollte der Anspruch auf 40 beziehungsweise 30 Tage pro Kind erhöht werden. Die Altersgrenze der Kinder sollte ferner von zwölf auf 14 Jahre angehoben werden.

Der Verband alleinerziehender Müller und Väter (VAMV) erklärte, der Zweck, Familien mit kranken Kindern finanziell zu unterstützen, werde für Alleinerziehende mit dem Kinderkrankengeld häufig nicht ausreichend erreicht. Mit den Anspruchsvoraussetzungen werde die Lebensrealität vieler Familien nur unzureichend berücksichtigt. Daher werde die Anhebung der Altersgrenze auf 14 Jahre, eine Staffelung des Anspruchs auf Kinderkrankentage nach Kindesalter und die Einführung einer Lohnfortzahlung bei Krankheit eines Kindes im EntgFG ausdrücklich unterstützt.

Nach Ansicht des Verbandes der Gründer und Selbstständigen sind in der Pandemie alle Familien gleichermaßen durch geschlossene Schulen und Kitas betroffen. Erwerbstätige Eltern sollten daher im gleichen Maße unterstützt werden, zumal das Corona-Kinderkrankengeld aus Steuermitteln finanziert werde. Tatsächlich werde aber einem Teil der Familien die Unterstützung vorenthalten. Besonders betroffen seien Familien von Freiberuflern und Selbstständigen.

Für gesetzlich Versicherte gebe es eine unbürokratische und großzügige Entschädigung, anderen erwerbstätigen Eltern ohne Anspruch auf Kinderkrankengeld bleibe nur der Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung. Die Vergabepraxis sei aber restriktiv.

Der Arbeitgeberverband BDA forderte eine bessere Handhabung der Regelungen. Entschädigungsansprüche nach Paragraf 56 IfSG müssten ebenso praktikabel und unbürokratisch einsetzbar sein wie die Vorgaben für das Kinderkrankengeld. Daran mangele es jedoch. Bislang müsse der Arbeitgeber die Anspruchsberechtigung seines Mitarbeiters im Erstattungsverfahren darlegen. Viele Firmen kämpften anschließend um die Rückerstattung der Vorausleistungen.

Der DGB warnte vor den finanziellen Auswirkungen einer Leistungsausweitung und empfahl, die Finanzlage der GKV über das Jahr 2021 hinaus zu berücksichtigen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 237 vom 24.02.2021

Für die Entwicklung der Kinderarmut in der Corona-Krise interessiert sich die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (19/26657). Sie fragt die Bundesregierung unter anderem nach der Situation von Einrichtungen frühkindlicher Bildung und Betreuung und nach der Zahl der Kinder, deren Eltern Arbeitslosengeld I oder II beziehen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 213 vom 22.02.2021

Fast zwei Monate des zweiten harten Lockdowns haben deutliche Spuren im Leben vieler Familien in Deutschland hinterlassen. Das zeigen aktuelle Analysen auf Basis von Daten von infratest dimap zu den Sorgen und der Zufriedenheit von Eltern. Im Vergleich zum Lockdown „light“ im November ist besonders die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung gesunken, aber auch die Zufriedenheit mit dem Familienleben und dem Leben allgemein. Mütter weisen in dieser Situation wie schon im ersten Lockdown im Frühjahr vergangenen Jahres ein geringeres Wohlbefinden auf als Väter. Auch Faktoren wie die Bildung der Eltern und das Haushaltseinkommen machen einen Unterschied. Eltern, die sich große Sorgen um die Bildung ihrer Kinder machen, sorgen sich auch um deren Gesundheit. Während die Kita- und Schulschließungen einerseits mit Blick auf die Gesundheit eher positiv bewertet werden, sorgen sie andererseits mit Blick auf die Bildung der Kinder für eine geringere Zufriedenheit. Umso dringlicher erscheinen gut durchdachte Konzepte, die beiden Aspekten gerecht werden und somit Kinder und Eltern mit ihren Sorgen in den Fokus nehmen.

Analysen für den ersten Lockdown im Frühjahr 2020 und die Zeit danach haben gezeigt, dass Kita- und Schulschließungen das Wohlbefinden von Eltern vielfach signifikant beeinträchtigen.info Insbesondere die Zufriedenheit mit dem Familienleben war bei Müttern mit Kindern im Kita-Alter gesunken – ebenso die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung. Wie sieht es mit der Zufriedenheit und den Sorgen von Eltern mit Kindern unter 16 Jahren in den vergangenen Wochen während des zweiten Lockdowns aus? Diese und weiterführende Fragen können anhand einer aktuellen Befragung von Eltern zum Jahresanfang 2021 beantwortet werden.

Die folgenden Analysen basieren auf den im Zeitraum vom 7. Januar bis 2. Februar 2021 erhobenen Daten der CoronaCOMPASS-Studie von infratest dimap. Dabei werden täglich 250 bis 350 in Deutschland wahlberechtigte Personen online befragt. Insgesamt enthalten die Analysen Angaben von 1 376 Müttern und Vätern mit Kindern unter 16 Jahren im Haushalt.info Auf der Basis dieses Datensatzes erstellt das DIW Berlin in Kooperation mit infratest dimap auch den FamilienMonitor_Corona, der hochaktuell über das Wohlbefinden und die Sorgen von Müttern und Vätern während der Pandemie berichtet.info Die hier dargestellten Analysen gehen über die im FamilienMonitor_Corona berichteten Befunde hinaus und vertiefen diese.

Neben den Sorgen von Individuen ist das individuelle Wohlbefinden auch in der Ökonomie eine zentrale Untersuchungsgröße, da es nicht nur als alternatives Maß zur Messung der Wohlfahrt einer Volkswirtschaft herangezogen wird, sondern unter anderem auch einen wesentlichen Beitrag für ein gelungenes Familienleben, die Entwicklung von Kindern und der Stabilität von Partnerschaften leistet. Ein hohes individuelles Wohlbefinden hängt auch wesentlich mit der Bereitschaft zusammen, einschränkende Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus mitzutragen.info

Eltern sorgen sich derzeit insbesondere um die Bildung ihrer Kinder

Im Januar dieses Jahres sorgten sich etwa 90 Prozent der Eltern um die Bildung und die wirtschaftliche Zukunft ihrer Kinder beziehungsweise ihres Kindes. Um die Gesundheit des Kindes machten sich etwa 80 Prozent große oder einige Sorgen, während sich nur jedes dritte Elternteil um die eigene wirtschaftliche Situation große Sorgen und 48 Prozent einige Sorgen machten.

Sorgen um die Bildung gehen mit Sorgen um die Gesundheit einher

In der öffentlichen Diskussion wird häufig die Sorge um die Gesundheit der Sorge um die Bildung der Kinder gegenübergestellt und als „Entweder-oder“ dargestellt. Tatsächlich gehen diese Sorgen aber meist Hand in Hand: Von den Eltern, die sich große Sorgen um die Bildung ihrer Kinder machen, sind auch mehr als die Hälfte sehr um die Gesundheit ihrer Kinder besorgt. Weitere 37 Prozent machen sich einige Sorgen. Unter Eltern mit einigen Sorgen um die Bildung der Kinder macht sich eine Mehrheit auch einige Sorgen um die Gesundheit der Kinder. Wenn Eltern angeben, sich keine Sorgen um die Bildung der Kinder zu machen, machen sie sich auch vermehrt keine oder nur einige Sorgen um die Gesundheit der Kinder.

Mütter machen sich mehr Sorgen als Väter

Welche Eltern machen sich nun in besonderem Maße Sorgen? Für die Analyse wird neben den sozioökonomischen Merkmalen und dem Alter des jüngsten Kindes im Haushalt auch die Kontrollüberzeugung des Elternteils, das an der COMPASS-Erhebung teilgenommen hat, als Persönlichkeitsmerkmal herangezogen. Das Konzept der Kontrollüberzeugung ermöglicht es zu untersuchen, inwiefern sich Menschen, die glauben ihr Leben eher selbst bestimmen zu können, weniger sorgen. Darüber hinaus werden subjektive Einstellungen gegenüber einer Erwerbstätigkeit von Müttern betrachtet.info Diese ermöglicht es, Befragte einem eher traditionellen oder emanzipatorisch egalitären Rollenverständnis zuzuordnen.

Die Ergebnisse zeigen, dass Mütter sich noch mehr als Väter um die Bildung, die wirtschaftliche Zukunft und die Gesundheit der Kinder sorgen. Eltern mit einem Abitur und einem höheren Haushaltseinkommen machen sich weniger Sorgen in diesen Bereichen. Das könnte daran liegen, dass sie auch bei (teil-)geschlossenen Kitas und Schulen ihren Kindern eher ein Bildungs- und Betreuungsumfeld bereitstellen können, das zumindest teilweise Bildungseinrichtungen ersetzen kann. Im Vergleich zu Eltern von älteren Schulkindern sorgen sich Eltern von Kindern im Kita-Alter weniger um die Bildung ihrer Kinder und tendenziell auch etwas weniger um deren Gesundheit, obwohl diese Differenzen nicht statistisch signifikant sind. Eine größere internale Kontrollüberzeugung reduziert die Sorgen nicht statistisch signifikant. Ein eher egalitäres Rollenverständnis geht mit etwas geringeren Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft und Gesundheit des Kindes einher.

Betrachtet man die Sorgen von Eltern um ihre eigene wirtschaftliche Situation, zeigt sich ein differenziertes Bild: Die Sorgen betreffen Mütter und Väter gleichermaßen, sind aber weniger ausgeprägt bei Eltern mit Abitur, höherem Haushaltseinkommen und einem egalitäreren Rollenverständnis. Bei Eltern von jüngeren Kindern gibt es tendenziell größere Sorgen, diese Unterschiede zu Eltern mit älteren Kindern sind aber statistisch nicht signifikant.

Mütter und Väter sind insbesondere mit Kinderbetreuung unzufrieden

Betrachtet man die Zufriedenheit von Müttern und Vätern in verschiedenen Bereichen, zeichnet sich auf Basis der Befragungsdaten vom Januar 2021 ein differenziertes Bild ab. Die Zufriedenheit, gemessen auf einer 11er-Likert-Skala (0 = „ganz und gar unzufrieden“ bis 10 = „ganz und gar zufrieden“), liegt bei der Kinderbetreuung bei fast 5. Die Zufriedenheit mit dem Familienleben liegt bei 7, mit der Wohnsituation bei 7,4 und mit dem Leben im Allgemeinen bei 6,8 Punkten.

Gegenüber der Situation im November 2020, also der Zeit des Lockdown „light“, in der unter anderem Kitas und Schulen, aber auch der Einzelhandel zunächst geöffnet blieben, ist die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung deutlich zurückgegangen. Auch im Bereich des Familienlebens und des Lebens allgemein sind signifikante Rückgänge in der Zufriedenheit im Vergleich zum November 2020 zu beobachten. Dies verdeutlichen auch weitere Analysen der Zufriedenheit im Verlauf der Pandemie. Sie werden im FamilienMonitor_Corona, der eine größere zeitliche Entwicklung der Veränderungen in unterschiedlichen Zufriedenheitsbereichen von Müttern und Vätern darstellt, erfasst. Gegenüber den Werten kurz nach dem ersten Lockdown im Jahr 2020 hat sich die Zufriedenheit mit dem Leben im Allgemeinen noch weiter verschlechtert – die Zufriedenheit mit dem Familienleben ist mit 7,0 damals wie heute deutlich geringer als zur Zeit vor der Pandemie.

Zufriedenheit von Eltern unterscheidet sich unter anderem nach Bildung und Einkommen

Die Zufriedenheit in den unterschiedlichen Bereichen variiert deutlich nach sozioökonomischen Merkmalen und dem Alter der Kinder im Haushalt. Die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung ist bei Müttern geringer als bei Vätern (allerdings nicht im statistischen Sinne signifikant) und Haushalten mit jüngeren Kindern. Ein höheres Haushaltseinkommen und eine stärkere internale Kontrollüberzeugung gehen mit höheren Zufriedenheitswerten einher. Auch die Zufriedenheit mit dem Familienleben und der Wohnsituation ist eher geringer für Mütter als für Väter. Weiterhin weisen Eltern mit höherem Haushaltseinkommen, einem egalitäreren Rollenbild und einer größeren internalen Kontrollüberzeugung höhere Zufriedenheitswerte beim Familienleben und der Wohnung auf. Hervorzuheben ist außerdem, dass die Zufriedenheit mit der Wohnung während des Lockdowns deutlich niedriger ist, wenn Kinder im Kita-Alter im Haushalt leben.

Die allgemeine Lebenszufriedenheit ist höher für Eltern aus einkommensstärkeren Haushalten und Eltern mit einer höheren internalen Kontrollüberzeugung. Auch solche mit einem Kita-Kind sind in diesem Bereich zufriedener. Insgesamt zeigt sich, dass die Zufriedenheit in den unterschiedlichen Bereichen sehr viel eher als die Sorgen mit der Persönlichkeit der Befragten und auch ihren Einstellungen zusammenhängen.

Wer sich sehr um Gesundheit des Kindes sorgt, ist mit Kinderbetreuung zufriedener

Abschließend wird betrachtet, wie die oben beschriebenen Sorgen von Eltern mit dem aktuellen Wohlbefinden, also der Zufriedenheit in unterschiedlichen Bereichen, zusammenhängen. Die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung ist im aktuellen Lockdown mit umfangreichen Kita- und Schulschließungen deutlich höher bei Eltern, die sich große Sorgen um die Gesundheit ihrer Kinder machen. Das könnte darauf zurückgeführt werden, dass aufgrund der (Teil-)Schließungen von Kitas und Schulen das Infektionsrisiko in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen geringer ist.

Daneben gehen große Sorgen um die Bildung und wirtschaftliche Zukunft der Kinder auch mit einer geringeren Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung einher. Das deutet darauf hin, dass Eltern bewusst wahrnehmen, dass die veränderte Bildungs- und Betreuungssituation das Lernen im Kita- und Schulkontext nicht für alle folgenlos ersetzen kann und somit bildungspolitische Ziele auf der einen Seite sowie gesundheitspolitische Ziele auf der anderen Seite – und beide sind Eltern wichtig – in der Pandemie schwer zu vereinbaren sind.

Sorgen um die Bildung und Zukunft der Kinder hängen auch mit der Familienzufriedenheit zusammen, nicht aber Sorgen um die Gesundheit des Kindes. Wer sich Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation macht, der ist auch mit dem Familienleben deutlich unzufriedener. Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation zeigen auch einen Zusammenhang mit der Wohnzufriedenheit: Je größer diese Sorgen, umso unzufriedener sind die Befragten mit ihrer Wohnsituation. Bemerkenswert ist, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit mit der Wohnsituation und den Sorgen um die Kinder in unterschiedlichen Bereichen gibt. Dieser Befund überrascht, da davon ausgegangen werden kann, dass eine subjektiv empfundene bessere Wohnsituation die Herausforderungen von Home-Kita und Home-Schooling leichter bewältigbar macht.

Schließlich wird auch bei der Zufriedenheit mit dem Leben allgemein ersichtlich, dass Sorgen um die Bildung und Zukunft der Kinder auf der einen Seite und Sorgen um deren Gesundheit vor dem Hintergrund geschlossener Kitas und Schulen einen Zielkonflikt im Wohlbefinden von Eltern darstellen können. Während Eltern mit großen Sorgen um die Gesundheit der Kinder im aktuellen Lockdown tendenziell eine höhere Lebenszufriedenheit aufweisen, ist sie geringer, wenn Eltern sich verstärkt um die Bildung und insbesondere die wirtschaftliche Zukunft ihrer Kinder sorgen.

Fazit: Sorgen und Wohlbefinden von Eltern bei Pandemiebekämpfung stärker berücksichtigen

Die Analysen auf Basis aktueller Daten zu Sorgen und Wohlbefinden von Eltern nach fast zwei Monaten Lockdown zeigen, dass Eltern sich gleichermaßen um die Gesundheit und die Bildung ihrer Kinder sorgen – Bildung und Gesundheit werden also beide als zentral für Kinder erachtet.

Das Wohlbefinden der Eltern ist im Januar gegenüber den Werten vom November vergangenen Jahres – also zur Zeit des Lockdown „light“ – deutlich gesunken: insbesondere die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung, aber auch mit dem Familienleben und dem Leben insgesamt. Dies belegt empirisch, wie bereits für die Zeit des ersten Lockdowns, dass die Kita- und Schulschließungen für viele Familien eine sehr große Belastung darstellen. (Teil-)Geschlossene Kitas werden mit Blick auf die Gesundheit der Kinder zwar positiv bewertet, führen mit Blick auf die Bildung und wirtschaftliche Zukunft der Kinder aber auch zu Unzufriedenheit aufseiten der Eltern. Insgesamt ist die Lebenszufriedenheit von Müttern stärker beeinträchtigt, was auch mit Blick auf die Entwicklung von Kindern ein Befund ist, der nicht vernachlässigt werden darf. Auch hier zeigt sich, dass ressourcenstärkere Haushalte mehr Möglichkeiten haben und im Mittel zufriedener sind.

In jedem Fall sollten die Sorgen von Eltern und auch ihr Wohlbefinden bei der Beurteilung von Maßnahmen zur weiteren Eindämmung der Pandemie mit einbezogen werden, da sie mit nachhaltigen Folgen für Familien und Kinder einhergehen. Deswegen sind empirische Befunde, die zeitnah über die Sorgen und Zufriedenheiten der Betroffenen berichten, sehr bedeutend. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil die Zustimmung zum Corona-Krisenmanagement seit Dezember deutlich rückläufig ist und die Akzeptanz der Maßnahmen hinter der vom Frühjahr 2020 liegt. Die Belastungen von Familien, vor allem mit Blick auf Bildungs- und Betreuungsangebote, sind dabei von zentraler Relevanz. Der FamilienMonitor_Corona wird dazu auch in der nächsten Zeit aktuelle empirische Befunde und Einschätzungen liefern.

Abstract

Fast zwei Monate des zweiten harten Lockdowns haben deutliche Spuren im Leben vieler Familien in Deutschland hinterlassen. Das zeigen aktuelle Analysen auf Basis von Daten von infratest dimap zu den Sorgen und der Zufriedenheit von Eltern. Im Vergleich zum Lockdown „light“ im November ist besonders die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung gesunken, aber auch die Zufriedenheit mit dem Familienleben und dem Leben allgemein. Mütter weisen in dieser Situation wie schon im ersten Lockdown im Frühjahr vergangenen Jahres ein geringeres Wohlbefinden auf als Väter. Auch Faktoren wie die Bildung der Eltern und das Haushaltseinkommen machen einen Unterschied. Eltern, die sich große Sorgen um die Bildung ihrer Kinder machen, sorgen sich auch um deren Gesundheit. Während die Kita- und Schulschließungen einerseits mit Blick auf die Gesundheit eher positiv bewertet werden, sorgen sie andererseits mit Blick auf die Bildung der Kinder für eine geringere Zufriedenheit. Umso dringlicher erscheinen gut durchdachte Konzepte, die beiden Aspekten gerecht werden und somit Kinder und Eltern mit ihren Sorgen in den Fokus nehmen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 17.02.2021

Die Coronavirus-Pandemie hat den Alltag von Familien in Deutschland vollkommen verändert. Wie sich Kita- und Schul- Schließungen sowie stark eingeschränkte Kontakte im Frühjahr 2020 auf das Familienklima sowie das Wohlbefinden der Kinder auswirkte und was ihnen dabei half, mit den Veränderungen zurechtzukommen, zeigen die Ergebnisse der Studie „Kind sein in Zeiten von Corona“ des Deutschen Jugendinstituts (DJI).

Besonders viele Kinder aus finanziell belasteten Familien fühlen sich einsam

Für einige Kinder ist die Pandemie mit Gefühlen der Einsamkeit verbunden: Mehr als ein Viertel (27 Prozent) der befragten Eltern stimmten der Aussage eher oder ganz zu, dass sich ihr Kind während des ersten Lockdowns einsam fühlte. In Familien mit schwieriger finanzieller Lage traf dies auf noch weit mehr Kinder zu: Unter ihnen fühlten sich den Angaben der Eltern nach fast die Hälfte (48 Prozent) einsam gegenüber 21 Prozent der Kinder aus Familien, die mit ihrem Einkommen gut leben können. Auch mit emotionalen Problemen wie Niedergeschlagenheit, Ängste und Sorgen sowie mit Hyperaktivität haben mehr Kinder aus finanziell schlechter gestellten Familien zu kämpfen (44 Prozent vs. 18 Prozent // 39 vs. 18 Prozent) – und zwar umso mehr, je angespannter die Eltern ihre wirtschaftliche Situation empfinden.

Was hilft, ist der Kontakt zu Bezugspersonen in Kita und Schule

Die Studienergebnisse machen deutlich, was zu einer guten Krisen-Bewältigung betragen kann: Der Anteil der Kinder, die mit der Situation gut zurechtkamen, war unter denjenigen höher, die Geschwister zum Spielen und zum Aufmuntern haben (70 vs. 66 Prozent) und bei denjenigen, die in regelmäßigen Kontakt mit ihren Großeltern standen (71 vs. 56 Prozent). Unter den Kindern in der Sekundarstufe hatten diejenigen Vorteile, die mit Freunden (70 vs. 66 Prozent) und Lehrkräften (73 vs. 64 Prozent) im Austausch blieben. Alle Kinder und Jugendlichen fühlten sich durch häufige Kontakte zu pädagogischen Fachkräften und Lehrkräften zudem weniger einsam (20 vs. 35 Prozent). Das zeigen die Einschätzungen der Eltern ebenso wie die der Kinder und Jugendlichen selbst. Vom Austausch mit Bezugspersonen aus Kita und Schule profitieren den Analysen nach auch die Eltern: Sie fühlten sich dann mit der Doppelbelastung durch Homeschooling und Erwerbsarbeit weniger überfordert.

Ein Drittel der Kinder hatte Schwierigkeiten, mit dem Lockdown zurechtzukommen

Wenngleich viele Kinder die Herausforderungen der Corona-Krise eher gut oder sehr gut zu bewältigen scheinen, berichtete nahezu ein Drittel der befragten Eltern, dass ihr Kind Schwierigkeiten hatte, mit der Situation umzugehen. Den Studienergebnissen nach machen ihnen insbesondere die Trennung von Freunden, das Fehlen des gewohnten (Schul-)Alltags und der Mangel an Freizeitaktivitäten zu schaffen. Aus den Interviews geht zudem hervor, dass sie durch Corona verstärkt mit Ängsten konfrontiert sind. Mehr gemeinsame Zeit mit der Familie und einen weniger eng getakteten Alltag erlebten viele hingegen positiv. Gemeinsame Aktivitäten und Mahlzeiten sowie mehr Zeit mit den Vätern hoben viele Kinder in diesem Zusammenhang hervor.

In Familien, in denen Konflikte und Chaos an der Tagessordnung standen, war der Anteil der Kinder mit Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Pandemie noch weitaus höher: Mehr als die Hälfte der Eltern (53 Prozent), bei denen häufig oder sogar sehr häufig ein konflikthaltiges Klima herrschte, gaben an, dass ihr Kind nicht gut mit den Veränderungen zurechtgekommen sei. Jede fünfte Familie (22 Prozent) berichtete, dass bei ihnen häufig oder sehr häufig ein konflikthaltiges beziehungsweise chaotisches Klima herrschte. Diese Situation kam offenbar verstärkt in Haushalten mit mehreren Kindern vor.

Treffen schwierige Lebensverhältnisse, belastete Eltern und anspruchsvolle Kinder aufeinander, verstärken sich bereits vor der Pandemie bestehende Nachteile. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund des Kinderschutzes besorgniserregend. Deshalb ist es wichtig, Familien in dieser Zeit vermehrt Beratung anzubieten.
Dr. Alexandra Langmeyer, Leiterin der Studie

Das Wohlbefinden der Kinder hänge während der Krise noch mehr als sonst von der Familie ab – einerseits durch die finanzielle Situation, andererseits durch das Familienklima. Die wichtige Rolle der Familie komme ganz besonders zum Tragen, wenn Kinder – durch eine eigene Infektion oder durch Infektionsfälle in der Kita-Gruppe oder Klasse – in Quarantäne müssen, schreiben die Studienautorinnen und -autoren in ihrem Fazit. Zur besseren Unterstützung fordern sie standardisierte, altersdifferenzierte Informationen der Gesundheitsämter für Eltern, die beschreiben, wie sie die Zeit der Quarantäne ihrer Kinder gut gestalten können, und ihnen aufzeigen, wo sie sich bei Bedarf Hilfe holen können.

Einige Familien beziehen die Großeltern weiter in die Kinderbetreuung ein

Trotz der Empfehlung, während des Lockdowns im Frühjahr 2020 auf persönliche Kontakte mit den Großeltern zu verzichten, bezogen 15 Prozent der befragten Familien diese in die Betreuung ihrer Kinder ein. Je jünger die Enkelkinder, umso häufiger wurden sie nach Auskunft der befragten Eltern von Oma oder Opa betreut. „Unter dem Druck, Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung gleichzeitig nachkommen zu müssen, sahen sich möglicherweise einige Eltern dazu gezwungen, auf die Unterstützung der Großeltern zurückzugreifen“, sagt Langmeyer. Denkbar sind aber auch weitere Gründe, etwa, dass die Großeltern jünger sind und sich selbst als nicht besonders gefährdet einschätzen oder dass sie im gleichen Haushalt wohnen und zur Familie gezählt werden.

Auch wenn ein Großteil der befragten Eltern (86 Prozent) angab, dass die Zeit der Kinder mit den Großeltern weniger geworden ist, gelang es so gut wie allen (98 Prozent), zumindest sporadisch mit Oma und Opa verbunden zu bleiben. Hatten die Kinder keinen persönlichen Kontakt zu ihren Großeltern, tauschten sie sich hauptsächlich per Telefon mit ihnen aus (88 Prozent), jüngere Kinder zusätzlich oftmals auch per Videoanrufe.

Mit steigendem Alter der Kinder nimmt die Nutzung digitaler Medien zu

Durch die Einschränkungen während des Lockdowns veränderten sich bei allen Kindern die Freizeitaktivitäten: Nach Auskunft der befragten Eltern spielten alle Altersgruppen häufiger in der Wohnung und gingen vermehrt kreativen Tätigkeiten nach, wie beispielsweise basteln und malen. Kinder im Schulalter verbrachten zudem offenbar mehr Zeit mit Schulaufgaben als vor dem Lockdown. Auch die Mediennutzung hat nach Einschätzung der Befragten in allen Altersgruppen deutlich zugenommen – mit unterschiedlichen Schwerpunkten.

Mädchen und Jungen im Kindergartenalter verbrachten nach Einschätzung der befragten Eltern die Zeit zuhause verstärkt mit traditionellen Medien wie Fernsehen (68 Prozent), Radio hören  Hörspiele oder Geschichten anhören (60 Prozent) sowie dem Betrachten von (Bilder-)Büchern oder dem elterlichen Vorlesen (44 Prozent). Digitale Medien haben in diesem Alter nur einen geringen Stellenwert, wobei immerhin ein knappes Drittel der befragten Eltern angab, dass ihre Kinder häufiger am Computer oder Smartphone spielten und 14 Prozent, dass ihre Kinder öfter im Internet surften als zuvor.

Die Zahlen deuten darauf hin, dass der ‚digitale Babysitter‘ in einigen Familien zum Einsatz kam. Solange das nur vorrübergehend geschieht und mit den jeweiligen Lockerungen der Medienkonsum wieder zurückgeht, ist das allerdings nicht zwingend problematisch.
Dr. Alexandra Langmeyer

Kinder im Schulalter nutzten digitale Medien offenbar deutlich stärker, um die entstandenen Lücken in den Freizeitaktivitäten zu füllen: Mehr als die Hälfte der Grundschulkinder verbrachten nach Einschätzung ihrer Eltern mehr Zeit mit Computerspielen und ein Drittel war häufiger im Internet. Unter den Kindern und Jugendlichen der Sekundarstufe beschäftigten sich Dreiviertel mehr mit Fernsehen, Streamingdiensten oder YouTube, fast ebenso viele surften häufiger im Internet und gut zwei Drittel spielten häufiger am Computer, Tablet oder Smartphone. Knapp die Hälfte hörte laut Angaben der befragten Eltern mehr Musik, Radio oder Hörspiele, gut ein Drittel las mehr Bücher.

Dass Schulkinder während Kita- und Schulschließungen zu Hause mehr Medien nutzen, hält die Sozialwissenschaftlerin Langmeyer kaum für vermeidbar, schließlich erfordere das bereits die veränderte Lernsituation. Die Interviews mit den Kindern und Jugendlichen zeigen, dass sie Medien zum Teil recht innovativ nutzen: Sie spielten beispielsweise per Skype gemeinsam Brettspiele oder klassische Kinderspiele, wie „Stein, Schere, Papier“.

Die Studie „Kind sein in Zeiten von Corona“

Nach einem breiten Studienaufruf über Webseiten, soziale Netzwerke und E-Mail-Verteiler haben sich zwischen dem 22. April und dem 21. Mai 2020 deutschlandweit 12.628 Eltern von Kindern im Alter von drei bis 15 Jahren an der Befragung beteiligt. Wie in vielen anderen Online-Umfragen haben auch hier vor allem Eltern mit einem hohen formalen Bildungsabschluss teilgenommen, Eltern mit mittlerem und niedrigem Bildungsabschluss sind hingegen unterrepräsentiert. Deshalb lassen sich die dargestellten Befunde nicht auf die Gesamtbevölkerung übertragen. Es sind aber Vergleiche von Kindern in unterschiedlichen Lebenslagen möglich. Zwischen dem 26. Mai und dem 8. Juni interviewten die DJI-Forscherinnen und -Forscher zusätzlich in 21 Familien Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren und ein Elternteil ausführlich, um insbesondere die Perspektive der Kinder und Jugendlichen einzubeziehen und die Herausforderungen der Familien tiefergehender betrachten zu können.

Langmeyer, Alexandra; Guglhör-Rudan, Angelika; Naab, Thorsten; Urlen, Marc; Winklhofer, Ursula (2020): Kind sein in Zeiten von Corona. Ergebnisbericht zur Situation von Kindern während des Lockdowns im Frühjahr 2020

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut e.V. vom 18.02.2021

Die Corona-Krise stellt erwerbstätige Frauen und Männer zum Teil vor die gleichen Herausforderungen, teilweise sind sie aber auch unterschiedlich von den Folgen der Pandemie betroffen. Dadurch dürften sich bei der Datenlage zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland für das Corona-Jahr 2020 ambivalente Muster ergeben: Scheinbare kurzfristige Fortschritte beim Gender Pay Gap treffen auf möglicherweise dauerhafte Verschlechterungen der Arbeitszeit-Situation von erwerbstätigen Frauen. In einigen Familien verfestigt sich die traditionelle Verteilung der unbezahlten Kinderbetreuung, in anderen eröffnen sich aber auch neue Chancen für eine fairere Aufteilung. Das ergibt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Im Vorfeld des Internationalen Frauentags am 8. März beleuchtet sie neueste geschlechtsspezifische Trends bei Einkommen, Erwerbsarbeitszeiten und dem Anteil an unbezahlter Sorgearbeit.*

So finden die WSI-Forscherinnen Dr. Yvonne Lott und Dr. Aline Zucco erste Indizien dafür, dass der Gender Pay Gap, also der Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen, durch die Krise etwas kleiner geworden sein könnte. Das hat allerdings wenig mit Verbesserungen bei den Fraueneinkommen zu tun, sondern damit, dass in der ersten Welle der Pandemie mehr Männer als Frauen arbeitslos geworden sind und in Kurzarbeit arbeiten mussten, weshalb Männer-Einkommen im Mittel stärker unter Druck geraten sind. Dieser Effekt könnte sich zudem mittlerweile umkehren, zumindest war die Arbeitsmarktentwicklung für Frauen im Januar 2021 schlechter als bei Männern. Außerdem erhalten verheiratete Frauen durch das Ehegattensplitting bei Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit häufig niedrigere Sozialleistungen, was ihre Einkommen schmälert.

Gleichzeitig nimmt der Rückstand von Frauen bei der durchschnittlichen Erwerbsarbeitszeit (Gender Time Gap) Pandemie-bedingt zu, auch weil vor allem Mütter ihre Arbeitszeit im Job reduzieren, um bei geschlossenen Schulen und Kitas Kinder zu betreuen. Es besteht die Gefahr, dass ein Teil dieser Arbeitszeitreduzierungen auch nach Ende der akuten Krise nicht zurückgenommen werden kann, falls Arbeitgeber an einer Aufstockung der Arbeitszeit kein Interesse haben. Die Corona-Krise offenbart neben solchen Risiken aber auch ein Potenzial für mehr Geschlechtergleichheit: Während sich bei rund 75 Prozent der Familien die (meist vorwiegend von den Frauen übernommene) Verteilung der Kinderbetreuung während des Jahres 2020 nicht veränderte und sich in manchen Familien die traditionelle Arbeitsteilung zumindest zeitweise vertiefte, haben innerhalb der letzten 12 Monate auch etliche Väter durch kürzere Arbeitszeiten oder Homeoffice mehr Zeit mit Sorgearbeit verbracht.

„In der Gesamtschau spricht vieles dafür, dass sich die bereits vor der Krise existierenden Ungleichheitsstrukturen in der Krise verschärfen und damit auch langfristig zu einer wachsenden Ungleichheit zwischen den Geschlechtern führen könnten, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird“, fasst Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, die aktuellen Trends zusammen. Dafür macht die neue Studie Vorschläge, die von Verbesserungen bei der Kinderbetreuung über Reformen der Ehegattenbesteuerung bis zu neuen Modellen verkürzter Vollzeit reichen (mehr dazu unten). Denn: „Gleichzeitig können wir durch die Erfahrungen der Krise lernen, welche Faktoren eine egalitäre Verteilung der Sorgearbeit ermöglichen: mehr Arbeit im Homeoffice und ein geringeres Arbeitszeitvolumen sind wichtige Säulen einer gerechteren Geschlechterordnung“, so Kohlrausch.

Da zu Einkommen oder Arbeitszeiten im Corona-Jahr 2020 derzeit noch keine Daten der amtlichen Statistik vorliegen, werten die Gender-Expertinnen Lott und Zucco für ihre Untersuchung neben dem aktuellen internationalen Forschungsstand auch die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung intensiv aus. Dafür wurden erstmalig im April 2020 mehr als 7600 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online befragt. Weitere Befragungswellen richteten sich im Juni und im November 2020 an dieselben Personen, so dass Trends im Zeitverlauf analysiert werden können. Die Panel-Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

Die Ergebnisse im Einzelnen:       

Gender Pay Gap könnte sinken, weil Männer häufiger arbeitslos oder in Kurzarbeit waren

Der Rückstand von Frauen beim durchschnittlichen Bruttostundenverdienst ist zwischen 2009 und 2019 zwar leicht zurückgegangen, zeigen Lott und Zucco. Mit 19 Prozent 2019 war der Gender Pay Gap in Deutschland aber weiterhin groß, auch im europäischen Vergleich. Die Forscherinnen halten es für wahrscheinlich, dass sich die Schere in der Corona-Krise zunächst wieder etwas schließen könnte. Ein wesentlicher Grund dafür wäre allerdings alles andere als positiv: Zwischen Frühjahr und Herbst 2020 stieg die Arbeitslosigkeit relativ bei Männern noch deutlich stärker an als bei Frauen (siehe Grafik 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten), gleichzeitig waren mehr männliche Beschäftigte in Kurzarbeit. Beide Faktoren dürften die durchschnittlichen Stundenlöhne von Männern stärker in Mitleidenschaft gezogen haben als die von Frauen – obwohl im speziellen Segment der Minijobs vor allem weibliche Beschäftigte von Arbeitslosigkeit betroffen waren.

Der Effekt könnte sich zum Jahreswechsel aber wieder gedreht haben, weil sich im zweiten Lockdown die Beschäftigungsentwicklung bei den Frauen relativ stärker verschlechterte. Außerdem wirken sich Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit bei weiblichen Beschäftigten häufig negativer aufs Einkommen aus als bei männlichen. Das hat zwei wesentliche Ursachen: Erstens leitet sich die Höhe des Kurzarbeitergeldes, wie auch die des Arbeitslosengeldes, vom Nettoeinkommen ab. Und das ist bei vielen verheirateten Frauen niedriger, weil beim Ehegattensplitting in Steuerklasse V überproportional hohe Abzüge fällig werden. Zweitens erhalten Frauen seltener eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes über das gesetzliche Niveau hinaus. Laut Erwerbspersonenbefragung profitierten davon im November knapp 48 Prozent der Kurzarbeiter, aber nur 36,5 Prozent der Kurzarbeiterinnen (siehe Grafik 2 in der pdf-Version). Das liegt unter anderem daran, dass Frauen seltener in tarifgebundenen Betrieben arbeiten, für die Gewerkschaften häufig eine Aufstockung durch den Arbeitgeber vereinbaren konnten.            

Gender Time Gap: In der Krise gewachsen

Insbesondere während der ersten Lockdown-Phase schlug die Pandemie sowohl auf die Erwerbsarbeitszeiten von Frauen als auch die von Männern durch. Allerdings mit signifikanten Unterschieden, wie Lott und Zucco herausarbeiten: „Frauen reduzierten ihre Arbeitszeiten häufiger wegen Kinderbetreuung, während Männer aufgrund von Kurzarbeit oder anderen betrieblichen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus kürzer arbeiten.“ So gaben zur Zeit der weitgehenden Schul- und Kitaschließungen im April rund 24 Prozent der erwerbstätigen Mütter an, ihre Arbeitszeit wegen der Kinder reduziert zu haben, unter den Vätern waren es etwa 16 Prozent. Bis zum November sank der Anteil zwar bei beiden Geschlechtern, er war mit fast zehn Prozent unter den Müttern aber weiterhin deutlich höher als unter den Vätern (knapp sechs Prozent; siehe Grafik 3).

Zwar ging auch die durchschnittliche Erwerbsarbeitszeit von Frauen ohne Kinder im Zuge der Corona-Krise stärker zurück als die der Männer, die  Arbeitszeitreduzierung zur Kindebetreuung ist nach Analyse der Forscherinnen aber ein wichtiger Faktor dafür, dass der Gender Time Gap gewachsen ist: Vor Ausbruch der Pandemie arbeiteten erwerbstätige Mütter im Durchschnitt zehn Stunden pro Woche kürzer als erwerbstätige Väter in einem bezahlten Job. Im Frühjahr 2020 betrug die Differenz 12 Stunden und auch im November, als nach den Arbeitszeiten vom Oktober gefragt wurde, noch 11 Stunden (siehe Grafik 4).

Die WSI-Expertinnen sehen das Risiko, dass diese Schere auch längerfristig weiter geöffnet bleibt – zumal seit Dezember erneut Schulen und Kitas weitestgehend geschlossen waren. Denn: Anders als bei der Kurzarbeit, bei der der Wechsel zurück zur vorherigen Arbeitszeit durch die Beteiligung der Bundesagentur faktisch „automatisch“ geschehe, sei der Einfluss der Arbeitgeber nach familienbedingten Reduzierungen größer. Im schlimmsten Fall könnte sich „ungewünschte Teilzeit“ verstetigen. Außerdem signalisierten kürzere Erwerbsarbeitszeiten aus familiären Gründen aus Arbeitgebersicht „oftmals ein geringeres Arbeitsengagement, was negative Folgen für den weiteren beruflichen Werdegang wie geringere Löhne, weniger Weiterbildungschancen und Aufstiegsmöglichkeiten haben kann“, schreiben Lott und Zucco.    

Gender Care Gap: Bei den meisten Familien wenig Änderung, vertiefte Traditionalisierung vs. Egalisierung in Teilgruppen

Unbezahlte Arbeit bei der Kinderbetreuung übernehmen in Deutschland nach wie vor in erster Linie die Frauen, und zwar auch, wenn sie berufstätig sind. Das zeigen ältere repräsentative Zeitverwendungsstudien, aus denen die Forscherinnen zitieren. 2013 wandten Männer mit Vollzeitjob in Paarhaushalten mit minderjährigen Kindern über die Woche gemittelt 2:49 Stunden pro Tag für solche unbezahlten Tätigkeiten auf. Vollzeiterwerbstätige Frauen waren hingegen täglich 4:12 Stunden mit Sorgearbeit beschäftigt, Teilzeitbeschäftigte 5:23 Stunden. Andererseits war die Erwerbsarbeitszeit von Männern in Vollzeit spürbar länger als die vollzeitbeschäftigter Frauen – ein Hinweis auf mehr Überstunden.

Im Zuge der Corona-Krise hat sich an diesen meist ungleichen Verhältnissen in der großen Mehrheit der Familien nicht viel geändert, zeigen die Daten aus der aktuellen Erwerbspersonenbefragung: Rund 75 Prozent der Befragten mit Job und Kindern gaben an, die Verteilung der Betreuungszeit sei im Verhältnis zu vor der Pandemie gleich geblieben. In gut sieben Prozent der Partnerschaften zeigte sich ein Wechsel zu einer traditionellen Arbeitsteilung: Die Frauen übernahmen den größten Anteil der anfallenden zusätzlichen Sorgearbeit, obwohl diese vor der Krise einigermaßen gleich verteilt war.

Auf der anderen Seite berichteten fast 12 Prozent der Befragten, in ihrem Haushalt sei die Kinderbetreuung ausgeglichener, egalisierter, verteilt. Bei weiteren knapp fünf Prozent sprechen die Forscherinnen von einer „umgekehrten Traditionalisierung“, bei der sich vor allem der Mann um die Kinder kümmert (siehe Grafik 5). Diese Veränderungen waren zwar im Zeitverlauf der unterschiedlichen Befragungswellen etwas weniger stabil als der in anderen Familien beobachtete Wechsel zur traditionellen Arbeitsteilung. Dass die Väter mehr Sorgearbeit übernahmen, scheine also „in erster Linie eine kurzfristige Anpassung an die Notsituation zu sein“, schreiben Lott und Zucco. Gleichwohl machen sie auf dieser Basis ein gewisses „Modernisierungspotenzial bei der partnerschaftlichen Arbeitsteilung“ aus, das sich oft ergeben habe, wenn Väter durch Kurzarbeit oder Homeoffice mehr Zeit zu Hause verbrachten.         

Empfehlungen: Bessere Vereinbarkeit, mehr Vätermonate in der Elternzeit, Reform von Kurzarbeitergeld und Ehegattensplitting

Um negative gleichstellungspolitischen Folgen der Krise aufzuhalten bzw. abzufedern empfehlen die Wissenschaftlerinnen einige kurzfristige Reformen. Zusätzlich bedürfe es aber auch langfristiger Schritte, um den Gender Pay Gap, Gender Time Gap und Gender Care Gap dauerhaft zu reduzieren.

Zu den kurzfristigen Maßnahmen zählen:

Gewährleistung der institutionellen Kinderbetreuung: Die institutionelle Kinderbetreuung solle ausgebaut und besser ausgestattet werden. Das gewährleiste auch mehr Stabilität in Krisen.

Förderung betrieblicher Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Damit Mütter und Väter auch in Krisenzeiten ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen und Beruf und Familie besser vereinbaren können, müsse die Arbeitszeitsouveränität von Beschäftigten gestärkt werden. Betriebliche Angebote zu orts- und zeitflexiblen Arbeitsarrangements müssten flankiert werden durch eine betriebliche Kultur, die familiäre Verpflichtungen anerkennt, und eine Arbeitsorganisation, die flexibles Arbeiten durch eine ausreichende Personalausstattung und verbindliche Vertretungsmöglichkeiten unterstützt.

Loslösen des Kurzarbeitergelds und des Arbeitslosengelds von der Steuerklasse III/V: Da Frauen deutlich häufiger in der Steuerklasse V und Männer häufiger in der Steuerklasse III vertreten sind und Frauen somit aufgrund der ungleichen steuerlichen Belastung geringere Nettoeinkommen beziehen, erhalten sie im Schnitt auch ein geringeres Kurzarbeitergeld bzw. Arbeitslosengeld. Um diese Ungleichheit zu vermeiden, sollten diese Leistungen an die Steuerklasse IV gekoppelt werden. Zugleich sollten aber Verschlechterungen der bisherigen Entgeltersatzleistungen wegen des Entfallens dieser Steuerklassenkombination verhindert werden, um Familieneinkommen nicht zu schädigen. Dazu empfehlen die Forscherinnen, die Lohnersatzraten generell zu erhöhen.

Aufwertung der sozialen Dienstleistungsberufe:  Einmal mehr sei in der Krise die Unterbewertung von Dienstleistungsberufen (z.B. Pflegeberufe, Einzelhandel) deutlich geworden. Die Arbeitsleistung von Beschäftigten diesen Bereichen müssten gesellschaftlich und finanziell anerkannt und aufgewertet werden.

Langfristig empfehlen die WSI-Expertinnen:

Reform des Ehegattensplittings: Die Steuerklassenkombination III/V bei verheirateten Paaren setze Fehlanreize, da aufgrund der überproportionalen steuerlichen Belastung bei einer Aufstockung der Arbeitsstunden das Nettoeinkommen unterproportional steigt. Zusammen mit der kostenlosen Mitversicherung in der Krankenkasse führe dies dazu, dass es für verheirate Frauen teilweise (kurzfristig) sinnvoller erscheint, geringfügig statt sozialversicherungspflichtig beschäftigt zu sein. Eine mögliche Reform des Ehegattensplittings könnte die Abschaffung der Steuerklasse V sein, sodass Ehepaare auf die bestehende Alternative IV/IV oder das Faktorverfahren zurückgreifen.

Ausbau der Partnermonate des Elterngeldes: Zur langfristigen Förderung der egalitären Aufteilung der Kinderbetreuung sollten die Partnermonate von 2 auf 4 und langfristig auf 6 Monate erhöht werden.

Ausbau der 30-Stunden-Woche: Mit der Förderung der 30-Stunden-Woche könnte ein Abbau von Arbeitsplätzen verhindert und gleichzeitig die Gleichstellung zwischen Frau und Mann gefördert werden.

Stand der Gleichstellung. Ein Jahr mit Corona. WSI Report Nr. 64, März 2021

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Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 01.03.2021

Der Kinderbonus hat die Konjunktur stärker stabilisiert als die Mehrwertsteuersenkung – und der Effekt war sozial ausgewogener.

Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr viel Geld in die Hand genommen, um den Absturz der Wirtschaft in der Coronakrise zu bremsen. Dabei haben nicht alle Ausgaben gleich gut angeschlagen: Laut einer Studie des IMK hat sich der Kinderbonus als deutlich effektiveres Instrument zur Stützung des privaten Konsums erwiesen als die temporäre Mehrwertsteuersenkung. Der Effekt pro eingesetzten Euro dürfte demnach rund doppelt so groß sein. Auch im Hinblick auf die Verteilungswirkung schneidet der Kinderbonus besser ab: Er erreichte gerade Haushalte mit Kindern und niedrigen bis mittleren Einkommen, die während der Pandemie besonders häufig zusätzliche Ausgaben hatten. Dagegen nutzten vor allem Haushalte mit höheren Einkommen die Mehrwertsteuersenkung, um Anschaffungen zu niedrigeren Preisen vorzuziehen.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 18.02.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert zum morgigen Welttag der sozialen Gerechtigkeit Bund, Länder und Kommunen auf, angesichts der Corona-Pandemie der Bekämpfung von Kinderarmut in Deutschland endlich die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken. „Sehr viele Kinder sind die Verliererinnen und Verlierer der Corona-Pandemie, das betrifft insbesondere arme Kinder. Ihre Eltern können die finanziellen und organisatorischen Belastungen der Pandemie gar nicht oder nur sehr schlecht schultern. Wenn dazu noch die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe geschlossen sind, das Schul- und Kitaessen wegfällt und gleichzeitig viele Tafeln nur eingeschränkt arbeiten können, hat das für arme Kinder teils dramatische Auswirkungen. Hier ist wirksame Hilfe angesagt, damit die Corona-Pandemie für sie keine langfristigen, weit über die Krise hinaus andauernden negativen Folgen hat“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 19.02.2021

Der zweite Lockdown bringt Familien zunehmend an ihre Belastungsgrenze. Zuletzt zeigte die COPSY-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), dass sich Lebensqualität und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland im Verlauf der Corona-Pandemie weiter verschlechtert haben. Die Größenordnungen sind immens: Wenn wahrgenommene psychische Gesundheitsprobleme bei 7- bis 17-Jährigen in der Pandemie um acht Prozentpunkte ansteigen, entspricht dies etwa 500.000 Kindern und Jugendlichen. Auch Angststörungen und Verhaltensauffälligkeiten haben in erheblichem Maße zugenommen. Mütter und Väter können diese Probleme nicht immer ausreichend auffangen, vor allem nicht, wenn sie selbst stark belastet sind.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 19.02.2021

SCHWERPUNKT IV: Equal Care Day

Die Pflege in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder von Angehörigen zuhause, die Betreuung von Kindern in Kitas oder zuhause, die sozialen Tätigkeiten im Beruf oder im Ehrenamt – sie bilden die Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Noch immer werden diese Tätigkeiten vor allem von Frauen geleistet. Die SPD-Bundestagsfraktion macht sich dafür stark, dass Care-Arbeit endlich die Anerkennung erfährt, die sie verdient.

„Wie existenziell Care-Arbeit für unsere gesamte Gesellschaft ist, führt uns die Corona-Pandemie deutlich vor Augen. Sorgearbeit muss darum endlich ihren Anforderungen und hoher Verantwortung entsprechend gewürdigt werden. Das ist auch eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit.

In Deutschland arbeiten 5,7 Millionen Menschen in sozialen Berufen – 80 Prozent von ihnen sind Frauen. Gute Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung müssen für soziale Berufe selbstverständlich sein. Dafür brauchen wir endlich flächendeckende Tarifverträge für Pflege-, Gesundheits- und Erziehungsberufe. Auch die unbezahlte Sorgearbeit wird größtenteils von Frauen geschultert. Die Corona-Krise verstärkt diese Schieflage sogar noch. Damit aber Frauen die gleichen Chancen auf eine berufliche Selbstverwirklichung wie Männer haben, muss es eine gerechte Verteilung von privater Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern geben.

Dafür tritt die SPD-Bundestagfraktion ein. Eine Voraussetzung für mehr Partnerschaftlichkeit bei der Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Sorgearbeit ist die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die kürzlich beschlossenen Verbesserungen beim Elterngeld sind ein wichtiger Schritt. Der Rechtsanspruch auf Ganztagbetreuung im Grundschulalter wird weitere Erleichterung bringen. Außerdem wollen wir die Familienarbeitszeit und das Familiengeld einführen.

Für uns ist die Aufwertung sozialer Berufe und die faire Verteilung bezahlter und unbezahlter Sorgearbeit eine Frage der Gerechtigkeit. Wir wollen den Gender Care Gap schließen. Dafür setzen wir uns mit aller Kraft ein!“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 01.03.2021

Zum Equal Care Day (01.03.2021) erklärt Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Alten- und Pflegepolitik:

Care-Arbeit, sowohl bezahlt als auch unbezahlt, ist systemrelevant und für unsere Gesellschaft unverzichtbar. Die Corona-Pandemie legt jedoch mehr denn je die unfaire Verteilung der Pflege- und Sorgearbeit in Deutschland offen und zeigt, an welchen Stellen politischer Nachholbedarf besteht. Immer noch werden 80 Prozent der Care-Arbeit in Deutschland von Frauen geleistet – ein seit Jahren unveränderter Wert. Gleichzeitig sind über die Hälfte der Frauen im Alter von 30-65 Jahren in Teilzeit beschäftigt, während Führungspositionen in der Sorgearbeit überproportional mit Männern besetzt sind.

Die Aufmerksamkeit, die Care-Arbeiterinnen zu Beginn der Corona-Pandemie bekommen haben, hat Hoffnung auf Veränderung gemacht. Es sind Versprechungen gemacht, Wertschätzung ausgedrückt und Applaus gespendet worden. Beschäftigte in der Pflege haben auf bessere Arbeitsbedingungen, bessere Bezahlung und einen Image-Wechsel für ihren Beruf gehofft. Ein Jahr später ist die Enttäuschung umso größer. Pflegende Angehörige und beruflich Pflegende arbeiten über ihrer Belastungsgrenze – ohne Aussicht auf Verbesserungen. Das ist nicht auszuhalten, zumal die Bundesregierung auch nach einem Jahr der Pandemie noch immer auf Sicht fährt – ohne erkennbare Strategie und ohne langfristige Maßnahmen zur Aufwertung der Care-Arbeit.

Um auch dieses Jahr das Licht der Öffentlichkeit auf die bezahlte und unbezahlte Pflege- und Sorgearbeit zu richten, unterstützen wir den Equal Care Day, der in diesem Jahr unter dem Motto „Vorausschauende Rücksichtnahme“ steht. Hoffentlich nimmt die Bundesregierung diesen Tag zum Anlass, endlich mehr Verbesserungen in der Care-Arbeit einzuleiten. Gestalten wir eine Zukunft, in der wir gerne leben und alt werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 27.02.2021

„Eine der dringlichsten Aufgaben dieser Zeit ist die gerechte Verteilung von Arbeit, Zeit und Geld. Bereits existierende geschlechtsspezifische Schieflagen haben sich in der Krisenzeit verschärft. Es ist wichtig, dass es dazu mehr Daten und Erkenntnisse gibt, wie sie heute die neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung liefert. Sie untersucht Auswirkungen der Krise unter Bezugnahme auf die geschlechtsspezifischen Lohn-, Zeit- und Sorgelücken (Gender Pay Gap, Gender Time Gap, Gender Care Gap) und resümiert, dass die existierenden Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern absehbar zunehmen, wenn jetzt nicht gegengesteuert wird. Diese Botschaft, die sich seit Monaten durch viele Medienberichte und Zwischenbilanzen zur Krisenpolitik zieht, muss von der Bundesregierung endlich ernst genommen werden“, erklärt Doris Achelwilm, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, anlässlich der Veröffentlichung der Studie „Stand der Gleichstellung. Ein Jahr mit Corona“ der Hans-Böckler-Stiftung am heutigen Equal Care Day. Achelwilm weiter:

„Schon vor der Pandemie wurde der größte Teil notwendiger Sorge- und Pflegearbeit von Frauen getätigt, beruflich oder privat, unterbezahlt oder unbezahlt. Auch wenn Männer im Vergleich zu vorpandemischen Zeiten durchschnittlich mehr familiäre Sorgearbeit übernehmen, liegt die Hauptlast nach wie vor auf den Schultern von Frauen, teils unter Reduzierung der Erwerbsarbeit. Gleichzeitig schneiden sie durchschnittlich schlechter ab, wenn es um Kurzarbeitergeld und andere Finanzhilfen und Konjunkturpakete geht. Es ist wichtig, dass diese Schieflage klar erkannt und mit politischen Gegenprogrammen angegangen wird. Der heutige Equal Care Day schafft Bewusstsein für die Wechselwirkungen von Sorgeverantwortung und sozialer Unabhängigkeit. Der Bundesregierung sind die Zusammenhänge bekannt. Es wird Zeit, dass sie danach handelt und Maßnahmen trifft, damit lebensrelevante Sorge- und Pflegearbeiten zu Hause gerechter verteilt und entlastet werden und berufliche Care-Arbeit viel besser bezahlt und personell aufgestockt wird.

Erst letzte Woche hat DIE LINKE mit einem eigenen Antrag im Bundestag einen Kurswechsel hin zu einer geschlechtergerechten Krisen- und Zukunftspolitik gefordert. Die soziale und geschlechtergerechte Bewältigung der Krise ist eine politische Mammutaufgabe, die mit vielen übergeordneten Aufgaben wie einer zu stärkenden Tarifbindung und der Schaffung sozialversicherungspflichtiger Arbeit statt Minijobs zu tun hat. Die Bundesregierung ist in der Pflicht, Geschlechtergerechtigkeit ressortübergreifend zu verankern – für bessere Verhältnisse zu Hause und im Erwerbsleben, eine paritätische Ausgestaltung der Elternzeiten, Individualbesteuerung und Kindergrundsicherung statt Ehegattensplitting sowie wirksamere Gesetze gegen Niedriglöhne bzw. –renten und Lohndiskriminierung.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 01.03.2021

Die Aufgaben rund um Haushalt, Kinder, Pflege sind in unserer Gesellschaft nach wie vor sehr ungleich verteilt: 80 Prozent dieser Fürsorgearbeit wird von Frauen geleistet. Gleichzeitig mangelt es an Wertschätzung für die Care-Arbeit. Darauf macht der Equal Care Day am 1. März aufmerksam. Die Diakonie plädiert dafür, pflegende Angehörige im Alter besser abzusichern.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Care-Arbeit darf nicht zu Altersarmut führen. In Deutschland werden fast zwei Drittel aller pflegebedürftigen Menschen von Angehörigen zuhause gepflegt – überwiegend von Frauen. Viele reduzieren dafür ihren Job oder geben ihn zeitweise ganz auf. Sie verzichten dabei nicht nur auf Einkommen, sondern auch auf einen Teil ihrer künftigen Rente. Dadurch gefährden sie ihre eigene soziale Absicherung. Die Diakonie setzt sich seit langem dafür ein, Pflegezeiten stärker für die Rentenansprüche zu berücksichtigen – und zwar auch dann, wenn Menschen ihre Arbeitszeit nur wenig reduzieren.

Außerdem muss die berufliche Freistellung zur Pflege Angehöriger unbedingt erleichtert werden. Dazu plädiert die Diakonie für eine Lohnersatzleistung für bis zu drei Jahre – ähnlich dem Elterngeld. Das könnte die ohnehin schwierige Situation pflegender Angehöriger grundlegend verbessern und sie wirksam vor Altersarmut schützen. Menschen, die Pflege und Fürsorge für andere übernehmen, leisten einen unverzichtbaren Beitrag für unsere Gesellschaft. Sie verdienen nicht nur höchste Wertschätzung, sondern auch eine gute finanzielle Absicherung.

Es ist ein Armutszeugnis für unser Land, wenn wir diese Menschen im Regen stehen lassen.“

Zum Hintergrund:

Der Equal Care Day ist eine Initiative, die Menschen, Organisationen und Institutionen international dazu aufruft, einen Aktionstag zu organisieren um auf die mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Care-Arbeit aufmerksam zu machen. Die Initiative Equal Care Day fordert eine faire Bezahlung der professionellen Pflegearbeit und eine gerechtere Verteilung der privaten Care-Arbeit sowie den Abbau struktureller Diskriminierung.  Der Tag wurde 2016 ins Leben gerufen und findet am 01. März 2021 das nächste Mal statt.

https://equalcareday.de/

Weitere Informationen:

Handreichung der Diakonie für eine verbesserte Alterssicherung pflegender

Angehöriger: https://www.diakonie.de/diakonie-texte/012020-fuer-eine-verbesserte-alterssicherung-pflegender-angehoeriger

Nachgefragt: Pflegende Angehörige müssen im Alter besser abgesichert werden

https://www.diakonie.de/journal/pflegende-angehoerige-muessen-im-alter-besser-abgesichert-werden  

Konzept der Diakonie für eine umfassende Pflegereform:

https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Diakonie-Texte_PDF/06_2019_Grundlegende_Pflegereform.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 28.02.2021

Professionelle Care-Arbeit ist auch im Jahr 2021 oft Frauenarbeit und darüber hinaus noch schlecht bezahlt. Laut der Initiative Equal Care Day sind in Deutschland über 80 Prozent der Beschäftigten in diesen Berufen Frauen. Darunter sind vermutlich viele Mütter, die stark doppeltbelastet sind und über wenig Einkommen verfügen. Obwohl diese Frauen einen der größten Werte für unsere Gesellschaft leisten – nämlich die Sorge für Personen, die darauf angewiesen sind, wie Alte, Kranke, Menschen mit Handicap und Kinder. „Wir sollten endlich diese Berufe neu bewerten. Es ist ein trauriges Bild, dass wir es uns mehr kosten lassen, die Gebäude mit Infrastruktur zu bauen, als die Menschen angemessen zu entlohnen, die sich um so wichtige Aufgaben kümmern, wie die Erziehung und Bildung unserer Kinder oder die Pflege unserer Eltern“, so Cornelia Spachtholz, Vorstandsvorsitzende des Verbands der berufstätigen Mütter (VBM e.V.). „Es ist für uns auch kaum nachvollziehbar, warum ausgerechnet die Caritas gegen den Mindestlohn für die Pflegebranche stimmte und so einen wichtigen Schritt für die bessere Bezahlung dieser Berufsgruppe verhindert hat,“ so Cornelia Spachtholz weiter.

Mütter leisten doppelt so viel Care-Arbeit

Laut der Initiative Equal Care Day übernehmen Frauen im Alter von 34 Jahren mehr als doppelt so viel Care-Arbeit als Männer. Inbegriffen in diese Zahl sind auch Arbeiten wie Steuererklärung, Autoreparatur und Gartenarbeit. Nicht inbegriffen ist der alltägliche „Mental Load“, der sich aus den Aufgaben „Verantwortung übernehmen für bestimmte Bereiche, Wissen und Organisation“ zusammensetzt. Eine zu hohe mentale Belastung kann jedoch zu gesundheitlichen Schäden führen, die sich u. a. in Stresssymptomen wie Schlaflosigkeit und permanentem erschöpft sein zeigen, ähnlich wie bei einem „Burnout“. „Vor allem in Familien mit Kindern zeigt sich diese starke Ungleichheit der Aufgabenverteilung. Meist setzt diese ungünstige Umverteilung der Care-Arbeit nach dem ersten Kind ein und bleibt ab dann hartnäckig bestehen und Corona zeigt die Verschärfung diese Unwucht der Aufgabenverteilung wie ein Brennglas“ so Cornelia Spachtholz. Die Folge daraus ist, dass Frauen sich eine Rückkehr in den Beruf meist nur noch in Teilzeit zutrauen, da sie sich den Aufgaben einer Vollzeittätigkeit mit der Familienarbeit gepaart nicht mehr gewachsen sehen. Dadurch verdienen sie langfristig weniger Geld, machen weniger häufig Karriere und haben am Ende des Berufslebens weniger Rente.

Ehegattensplitting fördert ungleiche Verteilung

„Die ganze Misere wird durch das Ehegattensplitting scheinbar abgemildert, in Wirklichkeit jedoch noch begünstigt. Doch das böse Erwachen kommt für die Mütter dann, wenn sie sich scheiden lassen und plötzlich alleinerziehend oder auf Arbeitslosengeld angewiesen sind. Dann zählt nämlich nur noch das Geld, was sie tatsächlich verdient haben“ erklärt Cornelia Spachtholz die verheerenden Folgen des Ehegattensplittings. Der Verband berufstätiger Mütter fordert seit seiner Gründung die Abschaffung des Ehegattensplittung. Anlässlich des Equal Care Day wiederholt der Verband die Forderung, dass das Ehegattensplitting umgehend abgeschafft werden muss. Es kostet den Staat Milliarden, dieses Geld könnte man in die Unterstützung aller Familienformen investieren. Es könnte sinnvoll angelegt werden in den Ausbau von qualitativ hochwertigen Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und Bildungsförderung für Jugendliche. „Gerade jetzt in der Corona-Zeit ist sehr deutlich sichtbar geworden, dass Familien, Kinder und Jugendliche zu schlecht gestellt sind in unserer Gesellschaft. Sie sollten es der Politik und der Gesellschaft wert sein, die richtigen Entscheidungen zu treffen und dafür genügend Geld in die Hand zu nehmen. Dazu gehört eben auch eine bessere Bezahlung und Sichtbarkeit von Care-Arbeit“, schlussfolgert Cornelia Spachtholz. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie mit reduzierten Steuereinnahmen und im Gegensatz dazu erhöhten Steuerausgaben, müssen alle familienunterstützenden Leistungen nochmals auf den Prüfstand.

Zum Hintergrund: Der Equal Care Day ist eine Initiative, die auf mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Care-Arbeit aufmerksam macht. Ziel der Initiative ist es, dass die Sorgearbeit sichtbar gemacht wird, um Politik und Wirtschaft dafür zu gewinnen, die vielen Bereiche der Care-Arbeit ernst zu nehmen und neu zu denken. Der VBM unterstützt dieses Anliegen, da vor allen berufstätige Mütter davon betroffen sind. Sie übernehmen trotz der eigenen Erwerbsarbeit auch oft die Mehrheit der häuslichen Care-Arbeit. Das führt in vielen Fällen dazu, dass Frauen weniger bezahlte Erwerbsarbeit leisten, als vielleicht möglich wäre und sich darüber hinaus auch permanent im Dauer-Stress befinden und ihrer Gesundheit damit langfristig schaden.

Quelle: Pressemitteilung Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) vom 01.03.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Einrichtungen können ab dem 1. März Anträge stellen

Jugendbildungsstätten, Familienferienstätten, Jugendherbergen – Häuser, die sonst mit Leben gefüllt sind, stehen derzeit leer. Seit März 2020 sind  außerschulische Bildungsangebote mit Übernachtungen nur sehr eingeschränkt möglich, Schul- und Klassenfahrten wurden abgesagt. Die Folgen für die Einrichtungen sind massive Einnahmeausfälle bei weiterlaufenden Fixkosten. Eine existenzbedrohende Situation insbesondere für gemeinnützige Einrichtungen, die nur in eingeschränktem Maße Rücklagen bilden können.

Aus diesem Grund verlängert Bundesjugendministerin Franziska Giffey das Sonderprogramm „Kinder- und Jugendbildung, Kinder- und Jugendarbeit“. Weitere 100 Millionen Euro stehen für 2021 zur Verfügung. Ab heute bis zum 28. März können gemeinnützige Einrichtungen der Kinder- und Jugendbildung und der Kinder- und Jugendarbeit in schwierigen wirtschaftlichen Situationen die Finanzhilfe beantragen. Die entsprechende Richtlinie hat Ministerin Giffey heute unterschrieben. Bereits im vergangenen Jahr hat das Bundesfamilienministerium diese gemeinnützigen Einrichtungen mit einem kurzfristig aufgelegten 100-Millionen-Euro-Sonderprogramm unterstützt.

Bundesjugendministerin Franziska Giffey: „Jugendherbergen, Schullandheime, Familienferienstätten oder Jugendbildungsstätten sind wichtige Bestandteile unserer sozialen Infrastruktur und ein besonderer Schatz, den wir bewahren müssen. Wenn Reisen und das Zusammentreffen in größeren Gruppen wieder möglich sind, wird unsere Gesellschaft diese Orte der Begegnung dringender denn je benötigen. Mit den weiteren 100 Millionen Euro aus dem Sonderprogramm sichern wir die Existenz vieler gemeinnütziger Einrichtungen, die gerade in einer finanziellen Notlage sind. Davon können unzählige Einrichtungen deutschlandweit profitieren.“

Bereits 2020 wurde ein erstes Sonderprogramm Kinder- und Jugendbildung, Kinder- und Jugendarbeit umgesetzt. Neben den gemeinnützigen Übernachtungsangeboten für Kinder, Jugendliche und Familien in Teil A wurden in Teil B Träger des längerfristigen gemeinnützigen internationalen Jugendaustausches unterstützt. Während für den internationalen Jugendaustausch noch der Zeitraum bis zum 31. August 2021 abgedeckt ist, endete Programmteil A am 31. Dezember 2020.

Bundesjugendministerin Franziska Giffey: „Das Sonderprogramm 2020 war ein großer Erfolg, weil wir schnell und unbürokratisch helfen konnten. Knapp 63 Millionen Euro wurden eingesetzt und der Bestand von mehr als 130.000 Betten gesichert. Der Bedarf der Häuser endete jedoch nicht mit dem Jahreswechsel. Darum kommen die Mittel, die der Bundestag bereits freigegeben hat, zur rechten Zeit.“

Mit der Neuauflage des Sonderprogramms können finanzielle Notlagen bei gemeinnützigen Übernachtungsstätten im Bereich der Kinder- und Jugendbildung und Kinder- und Jugendarbeit im Zeitraum von Anfang Januar bis Ende Juni 2021 abgemildert werden. Antragsberechtigt sind Jugendherbergen, Schullandheime, Familienferienstätten, Kindererholungszentren, Naturfreundehäuser, Jugendbildungs- und begegnungsstätten der Jugendverbände sowie der politischen, kulturellen und sportlichen Kinder- und Jugendarbeit mit Übernachtungsangeboten. Die Beantragung der Mittel ist vergleichsweise einfach möglich. Die Einrichtungen müssen eine durch die Corona-Pandemie bedingte finanzielle Notlage nachweisen. Vorhandene Liquiditätsengpässe beziehungsweise nicht gedeckte Fixkosten können bis zu einem Anteil von 90 Prozent durch einen Zuschuss aus dem Sonderprogramm ausgeglichen werden. Die maximale Zuschusshöhe pro Bett wurde von 400 Euro im Jahr 2020 auf bis zu 800 Euro angehoben.

Für die Sicherung des ersten Halbjahres 2021 können bis zum 28. März Zuschüsse beantragt werden. Weitere Informationen zur Antragstellung erhalten Sie unter https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/corona-pandemie/hilfen-fuer-soziale-einrichtungen/sonderprogramm-kinder-jugend-bildung-arbeit.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 01.03.2021

Rheinland-Pfalz tritt als elftes Bundesland bei

Rheinland-Pfalz hat sich als nunmehr elftes Bundesland der Bundesinitiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ des Bundesfamilienministeriums angeschlossen. Ab dem 01. März 2021 können Kinderwunschpaare mit Wohnsitz in Rheinland-Pfalz einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für eine Kinderwunschbehandlung durch Bund und Land stellen.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Als Bundesfamilienministerin setze ich mich dafür ein, dass der sehnliche Wunsch von Paaren nach einem eigenen Kind für möglichst viele in Erfüllung gehen kann. Mit der Bundesinitiative unterstützen wir ungewollt kinderlose Paare und entlasten sie bei den Behandlungskosten. Denn die Aufwendungen für eine Kinderwunschbehandlung können schnell in die Tausende Euro gehen. Mit dem Beitritt von Rheinland-Pfalz als elftes Bundesland zu unserer Initiative, kann nun noch mehr Paaren bei den finanziellen Herausforderungen geholfen werden. Jedoch sollten diejenigen, die gerne eine Familie gründen möchten, bei denen es aber auf natürlichem Wege nicht klappen will, in ganz Deutschland unterstützt werden. Daher mache ich mich weiterhin dafür stark, dass die verbliebenen Bundesländer unserer Initiative beitreten.“

Details zur gemeinsamen Förderung durch Bund und Land
Der Bund und das Land Rheinland-Pfalz gewähren heterosexuellen Paaren, die sich zur Erfüllung ihres Kinderwunsches einer Behandlung nach Art der In-vitro-Fertilisation (IVF) oder einer Intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) unterziehen müssen, fortan für den ersten bis vierten Behandlungszyklus einen Zuschuss in Höhe von bis zu 50 Prozent des verbleibenden Eigenanteils nach Abrechnung mit den Krankenkassen beziehungsweise den Beihilfestellen.

Der Zuschuss, den Bund und Land jeweils hälftig finanzieren, beträgt bei der ersten bis zur dritten Behandlung bis zu 800 Euro (IVF) bzw. 900 Euro (ICSI) und bei der vierten Behandlung bis zu 1.600 Euro (IVF) bzw. 1.800 Euro (ICSI).

Erstmals auch Förderung gleichgeschlechtlicher Frauenpaare

Rheinland-Pfalz wird als erstes Bundesland auch gleichgeschlechtlichen Frauenpaaren eine finanzielle Förderung gewähren, sofern eine medizinische Indikation vorliegt, die eine IVF oder ICSI für die Erfüllung ihres Kinderwunsches nötig macht. Dieser Zuschuss wird ausschließlich aus Landesmitteln finanziert.

Immer mehr Bundesländer schließen sich der Initiative an

Neben Rheinland-Pfalz beteiligen sich bereits die Länder Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen an der Bundesinitiative.

Alleine in dieser Legislaturperiode haben sich bereits fünf weitere Bundesländer der Förderkooperation angeschlossen. Das Saarland und Bremen beabsichtigen in naher Zukunft ebenfalls den Abschluss einer entsprechenden Kooperationsvereinbarung.

Weitere Informationen

Das Antragsformular sowie Informationen zu den Fördervoraussetzungen in Rheinland-Pfalz sind hier abrufbar: https://lsjv.rlp.de/de/unsere-aufgaben/foerderung/assistierte-reproduktion/

Wie es den von ungewollter Kinderlosigkeit in Deutschland betroffenen Paaren geht und welche Hilfs- und Unterstützungsangebote sie sich wünschen, zeigt die vom Bundesfamilienministerium im September 2020 veröffentlichte Studie „Ungewollte Kinderlosigkeit 2020 – Leiden – Hemmungen – Lösungen“.

Informationen zur Bundesinitiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ finden Sie unter www.informationsportal-kinderwunsch.de. Ob die Voraussetzungen für eine finanzielle Förderung erfüllt sind, kann durch Beantwortung von elf einfachen Fragen im Förder-Check auf dem Informationsportal herausgefunden werden.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 26.02.2021

530 Häuser erhalten deutschlandweit mit der achtjährigen Laufzeit mehr Planungssicherheit. 

Mehrgenerationenhäuser sind Orte, an denen sich jüngere und ältere Menschen begegnen und das Miteinander der Generationen aktiv leben können.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey hat heute den offiziellen Startschuss für das neue „Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus. Miteinander – Füreinander (2021-2028)“ gegeben. Damit wird die Laufzeit des Programms für die rund 530 Begegnungsorte um weitere acht Jahre sichergestellt.

Bundesfamilienministerin Giffey: „Die Mehrgenerationshäuser sind ein unverzichtbarer Teil der sozialen Infrastruktur unseres Landes. Sie stärken den Zusammenhalt vor Ort und haben mit ihren vielen ehrenamtlich Aktiven gerade während der Pandemie gezeigt, dass soziale Nähe trotz räumlicher Distanz möglich ist. Der Fokus des neuen Bundesprogramms ist es, unsere Demokratie und den sozialen Zusammenhalt zu stärken, digitale Kompetenzen zu fördern und sich für ökologische Nachhaltigkeit zu engagieren. Die Mehrgenerationenhäuser sollen dazu beitragen, gute Entwicklungschancen und faire Teilhabemöglichkeiten zu schaffen – für alle Menschen, die in Deutschland leben. Gleichwertige und bessere Lebensverhältnisse fangen im Konkreten mit der Begegnung von Menschen an. Die Mehrgenerationenhäuser sind großartige Orte dafür.“

Das neue Bundesprogramm setzt wie das vorherige Bundesprogramm (2017-2020) die enge Zusammenarbeit der Mehrgenerationenhäuser mit ihren Kommunen sowie die flexible und bedarfsorientierte Ausrichtung fort. Mit niedrigschwelligen Informations-, Beratungs- und Begegnungsangeboten bieten sie Raum für gemeinsame Aktivitäten, fördern das freiwillige Engagement aller Altersgruppen und stärken das nachbarschaftliche Miteinander in der Kommune. Das Bundesprogramm ist Teil des gesamtdeutschen Fördersystems, das strukturschwache Regionen langfristig unterstützt.

Mit Beginn der neuen Förderphase schließt das Bundesfamilienministerium zudem eine neue Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) ab. Das Ziel ist die Zusammenarbeit im Bereich Arbeitsmarktintegration und Beschäftigungsförderung sowie Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Pflege auszubauen.

Detlef Scheele, Vorsitzender des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit: „Durch die leicht zugänglichen Angebote können sowohl die Nutzerinnen und Nutzer als auch die in den Mehrgenerationenhäusern ehrenamtlich Engagierten zusätzliche Kompetenzen erwerben und neue Kontakte aufbauen. Das kann ihnen helfen, eine Ausbildung oder eine neue Beschäftigung zu finden. Mehrgenerationenhäuser tragen damit zur Integration in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft bei.“

Im neuen Bundesprogramm wird auch die Kooperation mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung 2016-2026 mit dem durch das BMBF geförderten Sonderschwerpunkt „Förderung der Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen“ fortgesetzt. Seit 2018 können die Mehrgenerationenhäuser für Angebote in diesem Bereich einen zusätzlichen jährlichen Zuschuss von bis zu 15.000 Euro beantragen. Im Jahr 2021 nehmen 170 Mehrgenerationenhäuser teil und bieten Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten eine erste Beratung, alltags- und praxisbezogene Unterstützungsangebote und unkomplizierte Hilfe.

In 2020 und 2021 ist es dank guter Haushaltslage gelungen, die Programmmittel um 5,45 Millionen Euro auf insgesamt 22,95 Millionen Euro zu erhöhen. Dadurch konnte der Bundeszuschuss für die Mehrgenerationenhäuser auf 40.000 Euro angehoben werden. Es ist auch Ziel, diesen erhöhten Zuschuss in der Haushaltsplanung für 2022 und der weiteren Finanzplanung fortzuschreiben.

Die Fördermittel dürfen flexibel als Personal- oder Sachkosten eingesetzt werden. Neben dem jährlichen Bundeszuschuss erhalten alle Mehrgenerationenhäuser auch im neuen Bundesprogramm weiterhin eine Kofinanzierung in Höhe von 10.000 Euro pro Jahr von Kommune, Landkreis und/oder (anteilig) vom Land.

Zusätzliche Unterstützung erhalten die Mehrgenerationenhäuser vom BMFSFJ im Rahmen der Programmbegleitung durch fachliche Beratung, Öffentlichkeitsarbeit und bei der Qualitätssicherung. Alle Mehrgenerationenhäuser sind im neuen Bundesprogramm erstmals verpflichtet, regelmäßig ein selbst gewähltes Review-Verfahren durchzuführen, an dem die jeweilige Standortkommune zu beteiligen ist.

Weitere Informationen zum Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus. Miteinander – Füreinander und zur Arbeit der Mehrgenerationenhäuser unter www.mehrgenerationenhaeuser.de.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 23.02.2021

Schulen brauchen ein zukunftssicheres Ökosystem

Am heutigen Montag fand der Online-Dialog über Perspektiven und Anforderungen an die Bildung in der digitalen Welt mit der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Bundesbildungsministerin Anja Karliczek sowie Expertinnen und Experten der digitalen Bildung statt. Zudem wurden aktuelle Zahlen zur Umsetzung des DigitalPakt Schule veröffentlicht. Dazu erklärt die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag Nadine Schön:

„In der Pandemie wird deutlich: Digitale Schulbildung ist als fester Bestandteil zukünftiger Schulkonzepte zu begreifen. Ziel muss es dabei sein, dass Schulen sowohl analoges als auch digitales Lehren und Lernen beherrschen. Die Erwartungen an eine gute digitale Bildung in Deutschland gehen weit über das hinaus, was viele Familien in der aktuellen Situation mit Distanz- und Wechselunterricht erleben.

Schulen, Lehrkräfte, Eltern und Ehrenamtliche haben in den letzten Wochen und Monaten sehr viele gute, wirksame und kreative Lösungen auf den Weg gebracht. Besser wäre es gewesen, es hätte überall schon wirksame Lösungen und Strategien für digitale Bildung gegeben. Ich finde es wichtig, dass im heutigen Dialog über den Status Quo und gleichzeitig über künftige Perspektiven diskutiert wird.

Schulen sind auf eine ausreichende digitale Infrastruktur angewiesen, um digitale Angebote und Videokonferenzen in den Schulalltag zu integrieren. Es ist unverständlich, warum selbst in Großstädten viele Schulen noch nicht an leistungsfähige Netze angeschlossen sind. Deshalb ist die schnelle Umsetzung des DigitalPakt Schule so wichtig. Erfreulich, dass jetzt Schwung in den Mittelabfluss gekommen ist. Bedauerlich, dass es in manchen Ländern so lange dauert, bis die insgesamt 6,5 Milliarden Euro, die der Bund bereits vor zwei Jahren zur Verfügung gestellt hat, auch wirklich in den Schulen ankommen. Die Soforthilfe, die der Bund etwa zur Anschaffung von Tablets und Laptops für Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte zusätzlich leistet, ist wichtig, um allen Kindern und Jugendlichen die Teilhabe an Bildung in der momentanen Krise zu ermöglichen. Das wird gut angenommen.

Doch mit Geld allein wird digitale Bildung nicht verwirklicht. Geschaffen werden muss ein zukunftssicheres Ökosystem für digitale Bildung, in dem sich innovative und kreative Lösungen im Wettbewerb entwickeln können. Bundeshilfe ist dafür nur ein Baustein. Den eigentlichen Kraftakt müssen die Länder und Kommunen leisten, die für Schulbildung die Verantwortung im föderativen System tragen, und die Schulen selbst. Es braucht die Entwicklung eines übergreifend geltenden, rechtssicheren Handlungsrahmens sowie zentrale Leitlinien für die organisatorische, personelle und technische Umsetzung von digitaler Bildung in Schule und zu Hause. Dass 16 Mal neu entschieden wird, ob ein Tool für den Schulunterricht zugelassen wird oder nicht, ist ein Unding. Alle Betroffenen – Schulen, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie Eltern – müssen befähigt und unterstützt werden. Aus der Krise lernen heißt: 2021 die Kräfte noch stärker bündeln und das Tempo im Infrastrukturausbau der Schulen und bei der digitalen Weiterbildung der Lehrkräfte weiter erhöhen.

Mit den von Ministerin Karliczek vorgeschlagenen Kompetenzzentren und dem Nationalen Bildungsraum schaffen wir bundesseitig nun zwei wichtige Innovationsmotoren und Voraussetzungen für das Gelingen von lebenslanger digitaler Bildung. Dabei darf es nicht bleiben. Wir müssen auch Strukturen hinterfragen und den Föderalismus, gerade bei der Bildung, neu denken.“

Hintergrund:
Knapp 488 Millionen Euro sind bis zum Jahresende 2020 aus dem Digitalpakt Schule abgeflossen. Das geht aus den Zahlen hervor, welche die Länder halbjährlich zum 15. Februar (Stichtag 31. Dezember) und zum 15. August (Stichtag 30. Juni) an den Bund melden. Die Mittelbindung – also bereits beantragte, aber noch nicht abgerufene Summen – liegt mit rund 875 Millionen Euro fast doppelt so hoch. Die bereits verausgabten und bewilligten Mittel belaufen sich auf insgesamt 1,363 Mrd. Euro. Von den abgeflossenen Mitteln stammen rund 376 Mio. Euro aus dem Sofortausstattungsprogramm, das Bund und Länder im Zuge der Pandemie 2020 auf den Weg gebracht haben. Der DigitalPakt Schule läuft bis 2024. Im Zuge der Corona-Pandemie haben Bund und Länder mit drei Zusatzvereinbarungen den DigitalPakt Schule ausgeweitet:

  • 500 Millionen Euro für ein Sofortausstattungsprogramm, damit Schulen Endgeräte anschaffen und an Schülerinnen und Schüler ausleihen können, die Zuhause keine eigenen Geräte nutzen können. Es trat am 4. Juli 2020 in Kraft.
  • 500 Millionen Euro zur Förderung von Administratoren, die sich um die digitale Technik kümmern sollen. Sie trat am 4. November 2020 in Kraft. Zahlen zum Mittelabfluss werden zum nächsten Stichtag (30.06.2021) erstmals erhoben.
  • 500 Millionen Euro, um Leihgeräte für Lehrkräfte zu beschaffen. Diese Maßnahme trat am 28. Januar 2021 in Kraft und damit nach dem Stichtag für die vorliegenden Zahlen.

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 22.02.2021

Die Fraktion DIE LINKE hat den Antrag „Für das Leben – Das Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung sichern, reproduktive Gerechtigkeit ermöglichen“ (Drucksachennummer 19/26980, https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/269/1926980.pdf) veröffentlicht und als eigenen Tagesordnungspunkt im Plenum aufgesetzt. Aus diesem Anlass möchte ich Sie und euch auf die Bundestagsdebatte am Donnerstag, den 4. März, sowie unseren Antrag aufmerksam machen.

Wir fordern mit diesem Antrag, reproduktive Gerechtigkeit zum Staatsziel zu machen. Und wir fordern ein reproduktive Rechte-Gesetz, mit dem unter anderem Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch gestrichen und endlich als das geregelt werden sollen, was sie sind: ein Bestandteil der gesundheitlichen Versorgung.

Zu oft wird die Auseinandersetzung um Schwangerschaftsabbrüche auf einen Konflikt zweier Lager – pro life und pro choice – verengt. Diese Verkürzung trifft es doppelt nicht, denn zum einen geht es den rechten Abtreibungsgegner:innen nicht um ein gutes Leben für alle, sondern in erster Linie wollen sie ungewollt Schwangere in ihrer Selbstbestimmung einschränken. Zum anderen geht es bei Wahlfreiheit um mehr als allein um das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch, denn wirkliche Wahlfreiheit entsteht erst aus der Verbindung von Rechten und deren materieller Absicherung für alle Menschen.

Deshalb wollen wir mit unserem Antrag einen Dreiklang – das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, das Recht, selbst zu entscheiden, ob ein Mensch ein Kind bekommt oder nicht, das Recht auf ein gutes und sicheres Leben mit Kindern – zum Ziel politischen Handelns machen. Alle drei Punkte hängen eng zusammen: Die sexuelle Selbstbestimmung wird natürlich davon beeinflusst, ob es eine Entscheidungsfreiheit für oder gegen Kinder gibt, die durch den Zugang zu Verhütungsmitteln, aber auch durch die Möglichkeit eines Abbruchs einer ungewollten Schwangerschaft abgesichert wird. Diese Möglichkeit entsteht nicht nur durch das Recht, sondern muss durch eine entsprechende Versorgung und einen kostenfreien Zugang abgesichert werden. Und: Eine wirklich selbstbestimmte Entscheidung für oder gegen ein Kind, ist nur dann möglich, wenn beide Entscheidungen ohne Stigmatisierung und Zwang möglich sind. Sie ist dann möglich, wenn nicht der unsichtbare Zwang der materiellen Bedingungen eine Entscheidung einschränkt: Armut und Diskriminierung machen es vielen Menschen schwer bis unmöglich, selbstbestimmt und unter guten Bedingungen Kinder zu bekommen und aufzuziehen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 01.03.2021

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (19/27189) vorgelegt, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagplenums steht. Danach sollen minderjährige, ledige Kinder leichter zusammen mit ihren Eltern zu einem in Deutschland als schutzberechtigt anerkannten Geschwisterkind nachziehen können.

Wie die Fraktion in der Vorlage darlegt, führt die aktuelle Rechtspraxis in Deutschland dazu, dass zu unbegleiteten Kindern, die in Deutschland als schutzberechtigt anerkannt wurden, zwar ihre Eltern nachziehen können, aber nicht ihre Geschwister. Die fehlende Regelung zum Geschwisternachzug im Aufenthaltsgesetz verursache unbillige Härten für Eltern, die neben dem in Deutschland als schutzberechtigt anerkannten minderjährigen Kind noch weitere Kinder im Ausland haben. Während für den Nachzug der Eltern zu ihrem Kind vereinfachte Voraussetzungen gelten, werde der Nachzug der Geschwisterkinder unter die Bedingung gestellt, dass ausreichender Wohnraum vorhanden und der Lebensunterhalt der Nachziehenden gedeckt ist.

„Diese Voraussetzungen kann der oder die stammberechtigte Minderjährige in Deutschland aber in aller Regel nicht erfüllen“, schreiben die Abgeordneten weiter. Dadurch müssten die Eltern sich zwischen der Sorge für ihre im Ausland befindlichen Kinder und dem in Deutschland lebenden stammberechtigten Kind entscheiden, was zu jahrelangen Familientrennungen führe.

Mit dem Gesetzentwurf sollen die minderjährigen ledigen Geschwister der als Flüchtling anerkannten oder subsidiär schutzberechtigten Referenzperson in den Kreis der privilegiert nachzugsberechtigten Personen aufgenommen werden. Der Kindernachzug für gleichzeitig mit ihren Eltern einreisende Kinder soll nicht mehr unter die Voraussetzung der Lebensunterhaltssicherung und des ausreichenden Wohnraums gestellt werden.

Gesetzlich geregelt werden sollen mit dem Entwurf auch die Zeitpunkte für die Minderjährigkeit der stammberechtigten und nachziehenden Kinder. Danach sollen stammberechtigte Kinder zum Zeitpunkt ihrer Asylantragstellung minderjährig sein müssen, damit ihre Eltern ein Nachzugsrecht erhalten. Gemeinsam mit den Eltern nachziehende Geschwisterkinder sollen laut Vorlage zum Zeitpunkt der Visumsantragstellung ihrer Eltern minderjährig sein müssen, ebenso wie zu ihren stammberechtigten Eltern nachziehende Kinder zum Zeitpunkt der Asylantragstellung ihrer Eltern.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 287 vom 03.03.2021

Die Bundesregierung kann nicht beantworten, inwiefern das Starke-Familien-Gesetz zu einer höheren Inanspruchnahme des Bildungs- und Teilhabepaketes bei Kindern und Jugendlichen geführt hat. Das schreibt sie in einer Antwort (19/26910) auf eine Kleine Anfrage (19/26157) der Fraktion Die Linke.

Die Regierung verweist darauf, dass eine gemeinsame Statistik zu Bildungs- und Teilhabeleistungen für alle Rechtskreise nicht existiere. So ließen die Daten des Rechtskreises SGB II (Zweites Buch Sozialgesetzbuch) keine Rückschlüsse darüber zu, inwieweit die Zahlen auf das Starke-Familien-Gesetz zurückzuführen seien. Auch im Bereich des Bundeskindergeldgesetzes würde die Zahl der Empfänger dieser Leistungen nicht statistisch erfasst. „Die Einführung einer zusätzlichen Statistik- und Berichtspflicht konkurriert mit dem Anliegen des Programms der Regierung ‚Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung'“, heißt es in der Antwort.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 278 vom 03.03.2021

Diskriminierendes Verhalten von Jobcentern und Familienkassen gegenüber ausländischen EU-Angehörigen steht im Mittelpunkt einer Kleinen Anfrage (19/26865) der Fraktion Die Linke. Die Bundesregierung soll unter anderem ihre empirischen Befunde über bandenmäßigen Leistungsmissbrauch darlegen. Außerdem interessiert die Abgeordneten der Umgang mit der internen Arbeitshilfe zu diesem Komplex sowie die Existenz von Studien zum Thema Diskriminierung in Jobcentern und Schulungen des Personals.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 264 vom 01.03.2021

Die Linksfraktion plädiert für die Einführung eines zehntägigen Elternschutzes. In einem Antrag (19/26979) fordert sie die Bundesregierung auf, das bestehende Mutterschutzgesetz zu einem Elternschutzgesetz weiterzuentwickeln. In dessen Rahmen soll eine zehntägige bezahlte Freistellung von der Arbeit für den zweiten Elternteil oder eine von der leiblichen Mutter benannte soziale Bezugsperson unmittelbar nach der Geburt eines Kindes gewährt werden. Jeweils fünf Tage der Lohnfortzahlung sollen durch den Arbeitgeber und durch den Bund finanziert werden. Zudem sei ein Rückkehrrecht auf den früheren Arbeitsplatz sowie ein Diskriminierungs- und ein Kündigungsverbot im Elternschutz zu verankern.

Nach Ansicht der Linksfraktion müssten mehr Maßnahmen als bisher ergriffen werden, um eine partnerschaftliche Aufteilung der Sorge- und Erwerbsarbeit zu erreichen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf müsse verbessert und die Übernahme der Sorgearbeit durch Väter beziehungsweise den zweiten Elternteil gefördert werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 246 vom 25.02.2021

Die Linksfraktion erfragt eine Bilanz der Wohnungspolitik in dieser Legislaturperiode. In einer Kleinen Anfrage (19/26556) erkundigen sich die Abgeordneten nach Zahlen und Daten zum sozialen Wohnungsbau, zur Liegenschaftspolitik des Bundes, zu Wohngeld und Mietenentwicklung, Bodenpreisen, Baukindergeld und Sonderabschreibungen für den Mietwohnungsbau.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 236 vom 24.02.2021

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/26874) eine geschlechtergerechte Krisen- und Zukunftspolitik. Eine Krisenpolitik, die über Geschlechterungerechtigkeiten hinwegsehe, manifestiere diese neu. Davon betroffen seien Frauen und die mit ihnen verbundenen Kinder und Familien. Auch Verantwortungsgemeinschaften, die nicht dem traditionellen Familienmodell entsprächen, würden häufig übersehen, schreiben die Abgeordneten.

Sie fordern unter anderem, die seit 2020 erfolgten Pandemie-Krisenmaßnahmen daraufhin auszuwerten, wie sie sich auf die Einkommens-, Arbeitsmarkt-, Pflege-, Rentensituation von Frauen und Männern, speziell Müttern und Vätern, ausgewirkt haben. Die Bundesregierung soll außerdem noch in dieser Legislaturperiode einen konkreten Aktionsplan zur Überwindung geschlechtsspezifischer Kriseneffekte auf Frauen vorlegen. Dieser Plan soll berücksichtigen, inwiefern sich geschlechtsspezifische Ungleichheiten mit Benachteiligungen aufgrund von Rassismus, Alter, Behinderung, sexueller Identität und geschlechtlicher Orientierung sowie Bildungsabschluss und Einkommensstatus verschränken oder verstärken. Ferner müsse dem Gleichstellungsgrundsatz des Grundgesetzes nachgekommen werden, indem künftige Konjunkturpakete, Hilfsprogramme und Haushaltsaufstellungen einem konsequenten „Gender Budgeting“ unterzogen werden, fordert Die Linke.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 233 vom 24.02.2021

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat heute eine Vorstudie veröffentlicht, die Strukturen, Organisationsformen, Vernetzungen und Debatten pädosexueller Gruppierungen in Berlin seit den 1970er-Jahren untersucht. Recherchiert wurde in Beständen staatlicher Archive und Bewegungsarchive sowie privater Sammlungen. Die eingesehen Dokumente und Gespräche mit Zeitzeuginnen, Zeitzeugen und Betroffenen zeigen, wie pädosexuelle Gruppierungen versuchten, eine deutschlandweite Bewegung zu etablieren und sich international zu vernetzen. Um ihre pädokriminellen Positionen zu legitimieren, suchten die Aktivisten nicht nur in neuen sozialen Bewegungen oder bei politischen Parteien Bündnispartner, sondern auch in der Wissenschaft. Sichtbar wurde zudem die enge Anbindung an kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen.

Die Vorstudie beinhaltet neben einem einführenden Text der Vorsitzenden der Kommission, Prof. Dr. Sabine Andresen, die Geschichten von zwei Betroffenen, die in ihrer Kindheit und Jungend sexueller Gewalt in pädosexuellen Netzwerken ausgesetzt waren.

Zur Publikation

Quelle: Pressemitteilung Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs vom 24.02.2021

Junge Menschen aus nicht akademischen Elternhäusern entscheiden sich auch heutzutage im Schnitt seltener für ein Universitätsstudium als Akademikerkinder – selbst bei gleichen schulischen Leistungen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zugleich legen Studien nahe, dass Schulen und Bundesagentur für Arbeit mit einem konzertierten Ausbau berufsorientierender Maßnahmen wesentlich dazu beitragen könnten, dass sich mehr Jugendliche aus bildungsferneren Haushalten für ein Studium entscheiden.

In den 1950er Jahren setzte in Deutschland die sogenannte Bildungsexpansion ein. Seit Jahrzehnten steigt die Zahl der Menschen mit einer Hochschulzugangsberechtigung ebenso wie die der Studierenden. Dies forcierte die Politik durch den Aufbau und die Öffnung von weiterführenden Bildungseinrichtungen, um die Chancengleichheit im Bildungssystem zu verbessern. Damit sollten insbesondere soziale Ungleichheiten abgebaut werden und Jugendliche aus nicht akademischen Haushalten verstärkt für tertiäre Bildungswege gewonnen werden. Dank der Bildungsexpansion wurde dieses Ziel teilweise erreicht, denn die Aufnahme eines Studiums hängt heutzutage weniger von der Bildung der Eltern ab als noch in den 1950er Jahren. Gleichwohl entscheiden sich Kinder aus nicht akademischen Haushalten auch bei gleichen Schulleistungen noch immer seltener für ein Hochschulstudium als Akademikerkinder.

Ob sich die Bildungsexpansion künftig fortsetzen wird, ist indes offen. Zwischen 1999 und 2018 stieg der Anteil eines Schülerjahrgangs, der die allgemeine Hochschulreife erwarb, deutschlandweit von knapp 28 auf knapp 40 Prozent. Allerdings verzeichnen einige wenige Bundesländer einen gegensätzlichen Trend. Dort nahm im gleichen Zeitraum der Anteil der Schulabsolventinnen und -absolventen mit Abitur sogar leicht ab. Auch in vielen anderen Bundesländern nehmen die Abiturientenanteile seit einigen Jahren nur noch sehr langsam oder gar nicht mehr zu (ausführliche Daten hierzu finden Sie im Datenportal des Bundesministeriums für Bildung und Forschung).

Höhere Bildungsabschlüsse führen im Lebensverlauf im Schnitt zu deutlich höheren Einkommen

Unverändert gilt, dass höhere Bildungsabschlüsse im Durchschnitt mit höheren beruflichen Positionen und damit deutlich höheren Löhnen im Lebensverlauf einhergehen (siehe Abbildung). So verdienen Abiturientinnen und Abiturienten mit Universitätsabschluss im Schnitt deutlich besser als solche mit beruflicher Bildung und auch besser als Menschen mit einer abgeschlossenen Meister- oder Technikerausbildung. Diese Einkommenskluft wächst mit zunehmendem Lebensalter.

Knapp 30 Prozent der Studienberechtigten beginnen eine Ausbildung

Die Bildungsentscheidung nach dem Abitur ist eine grundlegende Weichenstellung für die weitere berufliche Karriere – und damit auch eine wichtige Frage für die Bildungsforschung. Aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang Daten des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Demnach planten 63 Prozent der Schülerinnen und Schüler des Abschlussjahrgangs 2018 ein halbes Jahr vor dem Abschluss, unmittelbar nach dem Abitur ein Studium aufzunehmen. 23 Prozent strebten im direkten Anschluss an das Abitur eine Ausbildung an. Der Rest wollte die Zeit unmittelbar nach dem Abitur erst einmal anderweitig nutzen und zum Beispiel für ein Jahr ins Ausland gehen oder ein „soziales Jahr“ absolvieren (das sogenannte Gap Year).

Laut Berufsbildungsbericht liegt der Anteil der Studienberechtigten, die eine Ausbildung beginnen, aktuell bei knapp 30 Prozent. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. So nehmen in Bayern etwa vier Fünftel der Studienberechtigten ein Studium auf, in Nordrhein-Westfalen dagegen drei Fünftel. Ein Grund dafür liegt beispielsweise in der unterschiedlichen Selektivität der Schulsysteme beim Übergang von der Grundschule in weiterführende Schultypen. So werden in einigen Bundesländern Grundschülerinnen und Grundschüler schon nach der vierten Klasse in Abhängigkeit von ihren Schulleistungen in unterschiedliche Schultypen eingeteilt. In anderen Bundesländern erfolgt diese leistungsbezogene Einteilung dagegen später und weniger differenziert. So schaffen in Nordrhein-Westfalen auch mehr leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler das Abitur als in Bayern. Sie schrecken aber eher vor einem Studium zurück als die leistungsstärkeren.

Eine Studie von Marcel Helbig und Koautorinnen aus dem Jahr 2015 verweist auf zwei weitere Einflussfaktoren, die ebenfalls zu entsprechenden Unterschieden zwischen den Bundesländern beitragen. Zum einen wächst mit einem steigenden Angebot an Hochschulen in einer Region auch die Studierneigung von Abiturientinnen und Abiturienten. Zum anderen ist eine Art „Herdeneffekt“ zu beobachten: Je mehr junge Erwachsene eines Abiturjahrganges ein Studium beginnen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch junge Menschen ein Studium beginnen, die es zum Ende ihrer schulischen Laufbahn eigentlich gar nicht vorhatten.

Einer der wichtigsten Einflussfaktoren für die Bildungsentscheidung nach dem Abitur ist die soziale Herkunft

Die soziale Herkunft hat ebenfalls einen Einfluss darauf, welche Alternative junge Menschen nach dem Abitur für ihren Bildungsweg auswählen. In der Bildungsforschung wird die soziale Herkunft von jungen Menschen oft über den Bildungsstand der Eltern abgebildet. Denn es zeigt sich das typische Muster, dass die Bildung der Eltern Bildungsentscheidungen junger Menschen beeinflusst. Darüber hinaus zeigen Forschungsarbeiten, dass das Einkommen der Familie und die Berufe der Eltern einen Einfluss auf Bildungsentscheidungen haben. Nichtsdestotrotz hängen Bildungsentscheidungen junger Menschen am stärksten von den schulischen und beruflichen Abschlüssen der Eltern ab. Die Begriffe „Bildungsherkunft“ und „soziale Herkunft“ werden deswegen häufig – so auch hier – synonym verwendet.

Insgesamt beginnen Jugendliche aus bildungsfernen Elternhäusern seltener ein Hochschulstudium als Jugendliche aus Familien mit akademischem Hintergrund. Dies zeigen Daten des DZHW. Die Gründe dafür sind vielfältig, wie einschlägige Forschungsarbeiten zeigen. So haben Jugendliche aus akademischen Elternhäusern im Schnitt die besseren Abiturnoten. Und je besser diese Noten, desto höher ist die Studierneigung.

Doch auch bei gleichen Schulleistungen werden die Kosten eines Studiums oftmals unterschiedlich eingeschätzt, was ebenfalls die Studienentscheidung beeinflusst. So überschätzen Abiturientinnen und Abiturienten aus Elternhäusern mit niedrigerem Bildungsstatus meist die Kosten eines Studiums. Zugleich sind sie weniger gut informiert über das Spektrum an Finanzierungsmöglichkeiten, etwa über Stipendien oder Studienkredite. Zu diesem Ergebnis kommen Rolf Becker und Anna Etta Hecken in einer 2008 erschienenen Studie.

Was die Studie ebenfalls zeigt: Jugendliche aus nicht akademischen Haushalten schätzen ihre Chancen, das Studium erfolgreich zu beenden, geringer ein als Akademikerkinder – auch wenn sie vergleichbare Schulleistungen aufweisen. Dies verstärkt ebenfalls bestehende Vorbehalte gegen ein Studium.

Aus den genannten Gründen hat die soziale Herkunft einen starken Einfluss auf den Übergang von der Schule in weiterführende Bildungsgänge. Natürlich spielen Geschlecht oder Migrationshintergrund hier ebenfalls eine wichtige Rolle. Doch auch bei geschlechts- und migrationsspezifischen Unterschieden in Bildungsentscheidungen kommt dem Elternhaus, etwa aufgrund unterschiedlicher Erziehungsmethoden, eine gewichtige Rolle zu.

Ein besseres Informationsangebot könnte die Studierneigung erhöhen

Die im Jugendalter getroffene Entscheidung für einen bestimmten Bildungsweg hat also langfristige Folgen, die sich nicht zuletzt in unterschiedlichen Löhnen über den gesamten Erwerbsverlauf niederschlagen kann. Die Entscheidung wird stark durch die soziale Herkunft der Jugendlichen beeinflusst. Es kann also durchaus einen Unterschied machen, ob deren Eltern selbst studiert haben oder nicht. So zeigt sich beispielsweise, dass die Informiertheit der Schülerinnen und Schüler über verschiedene Bildungswege stark mit deren sozialer Herkunft zusammenhängt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die im DIW-Wochenbericht 26/2016 erschienen ist.

Eine Möglichkeit, dieser Ungleichheit entgegenzuwirken, besteht darin, die betroffenen Jugendlichen möglichst umfassend darüber zu informieren, welche Bildungsoptionen sich ihnen durch ein Abitur eröffnen.  Dabei geht es unter anderem um die Kosten und den zeitlichen Aufwand für ein Studium, um die Zukunftspotenziale bestimmter Ausbildungsberufe und Studienfächer, um mögliche finanzielle Hilfen (zum Beispiel Stipendien) und um die Anforderungen, die mit spezifischen Bildungswegen verbunden sind.

Neben den Schulen selbst sind hier auch externe Institutionen wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) gefordert. Indem Schulen und Bundesagentur eng zusammenarbeiten, können sie ein breites Informations- und Beratungsangebot sicherstellen, das so viele Jugendliche wie möglich erreicht.

Für Deutschland lässt sich beispielsweise auf Basis der Daten aus dem Berliner Studienberechtigtenpanel zeigen, dass „bereitgestellte Informationen zum Nutzen und zur Finanzierung eines Studiums insbesondere bei Jugendlichen ohne akademischen Bildungshintergrund der Eltern dafür sorgen, dass sie eher ein Studium anstreben“,  wie in einem DIW-Wochenbericht (26/2016) argumentiert wird.

Eine 2017 erschienene Studie von Martin Ehlert und Koautorinnen, die sich ebenfalls auf diese Daten stützt, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: Demnach erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Bewerbung für ein Studium für Jugendliche, deren Eltern keine akademischen Abschlüsse aufweisen, um rund 12 Prozentpunkte, wenn entsprechende Informationen bereitgestellt werden.

Die Ergebnisse einer 2017 erschienenen italienischen Experimentalstudie von Giovanni Abbiati  und Koautoren deuten allerdings darauf hin, dass entsprechende Informationen je nach Schichtzugehörigkeit der Jugendlichen unterschiedlich interpretiert werden und die Entscheidung für ein Studium nicht zwangsläufig begünstigen. Die gleiche Informationsbereitstellung führte in dieser Studie zwar dazu, dass alle betrachteten Gruppen sich eher gegen ein Studium mit ungünstigeren Zukunftsaussichten entschieden. Allerdings tendierten Jugendliche aus nicht akademischen Familien in diesem Fall eher zu einer Ausbildung, während Kinder aus akademischen Elternhäusern in der Folge eher andere Studienfächer wählten, von denen sie sich bessere Berufsperspektiven versprachen.

Um die Auswirkungen einer intensivierten Berufsberatung und Informationsbereitstellung geht es auch in dem aktuellen Projekt „Berufliche Orientierung: Studien- und Berufswahl – eine Wirkungsanalyse intensivierter Berufsberatung an Gymnasien“ des IAB. Es handelt sich dabei um eine auf mehrere Jahre angelegte Experimentalstudie, bei der Schülerinnen und Schüler von insgesamt 210 Gymnasien wiederholt befragt werden.

Fazit

Auch heute hängt die Studierneigung zumindest teilweise noch vom Bildungsstand des Elternhauses ab. Bessere Informationen über zukünftige Bildungswege und Berufsoptionen können dieser Schieflage entgegenwirken. So verstärkt beispielsweise die BA zurzeit ihr Berufsorientierungs- und Berufsberatungsangebot an Schulen in ganz Deutschland, um Schülerinnen und Schüler gezielt über post-schulische Bildungswege zu informieren.

Weiterhin könnten Jugendliche aus nicht akademischen Familien noch stärker als bisher über Mentorenprogramme angesprochen werden. Aktuellen Forschungsbefunden zufolge profitieren gerade Kinder aus benachteiligten Familien von solchen Programmen sehr. Auch eine vertiefte Berufsorientierung an Schulen, die praktische Einblicke in bestimmte Berufsfelder ermöglicht, könnte hilfreich sein, um Bildungsentscheidungen weniger abhängig vom Elternhaus zu machen. Dasselbe gilt für duale Studiengänge, denn sie bieten eine praxisnahe und zugleich theoretisch fundierte Ausbildung mit guten Einstiegsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt. Diese Kombination könnte gerade für Jugendliche aus bildungsfernen Elternhäusern die Hemmschwellen für die Aufnahme eines Studiums senken.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit vom 24.02.2021

Während die relative Armut in Deutschland in den 2010er Jahren zunächst zunahm und dann auf hohem Niveau stagnierte, nahm die materielle Unterversorgung in der gleichen Zeit deutlich ab. Letztere kann als Maß für absolute Armut betrachtet werden.

Die Veränderung von Armut in der Bevölkerung spielt bei Debatten um sozialpolitische Maßnahmen eine wichtige Rolle. Aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich die Frage nach dem Ausmaß der Armut aber nicht so leicht beantworten, gibt es doch verschiedene Wege, „Armut“ zu messen.

So hat die Armutsgefährdung in Deutschland, gemessen an der sogenannten Armutsrisikoquote, von 1990 bis 2009 erheblich zugenommen. Diese Kennziffer beschreibt den Anteil der Personen, die mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (gemeint ist hier das Medianeinkommen) auskommen müssen. Neueren Analysen zufolge ist die Armutsrisikoquote in den 2010er Jahren, spätestens aber ab 2015, nicht weiter gestiegen, sondern verharrt eher auf einem vergleichsweise hohen Niveau (die ausführlichen Daten finden Sie auf der IAB-Website unter Aktuelle Daten und Indikatoren).

Neue Auswertungen des „Panels Arbeitsmarkt und soziale Sicherung“ (PASS) wiederum zeigen, dass Armut im Sinne einer materiellen Unterversorgung der Bevölkerung im gleichen Zeitraum um etwa ein Drittel abgenommen hat. Materielle Unterversorgung bemisst sich anhand einer über die Zeit konstanten Liste von Gütern und Aktivitäten, die sich die Haushalte nicht leisten können.

Armutsrisikoquote: Die Entwicklung der Armutsgefährdung in Deutschland von 1990 bis 2009

In den 1990er und 2000er Jahren war die wachsende Armutsgefährdung in Deutschland ein steter Anlass zur Sorge. Die 1990er Jahre waren geprägt von einem gleichzeitigen Anstieg der Arbeitslosigkeit und der relativen Einkommensarmut. Der Anstieg der relativen Einkommensarmut setzte sich auch in der ersten Dekade des neuen Jahrtausends fort, obwohl die Arbeitslosigkeit in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts stark zurückging.

Der Befund, dass offenbar immer mehr Menschen armutsgefährdet sind, obwohl die Arbeitslosigkeit zurückgeht („arm trotz Arbeit“), prägte in den 2010er Jahren zusehends die sozialpolitische Diskussion. Auch dies trug mit dazu bei, dass im Jahre 2015 schließlich ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn eingeführt wurde.

Inzwischen liegen erstmals Daten zur Entwicklung der Armutsrisikoquote von 2010 bis 2019 vor. Abbildung 1 zeigt die Verläufe der Armutsrisikoquote auf Basis der wichtigsten Datenquellen der Armutsforschung in Deutschland. Da die Datenquellen mit einer statistischen Unsicherheit behaftet sind, die meist bei etwa plus/minus 1,5 Prozent liegt, hilft die Zusammenschau der Quellen bei der Einordnung.

Hierbei fällt auf, dass die unterschiedlichen Datensätze zu Beginn des letzten Jahrzehnts stärker divergieren als gegen Ende. Laut Mikrozensus und Sozio-oekonomischem Panel (SOEP) lag die Armutsrisikoquote Anfang 2010 noch bei knapp über 14 Prozent und stieg dann im Laufe des letzten Jahrzehnts auf etwa 16 Prozent. Demgegenüber lag die Armutsrisikoquote laut EU-Gemeinschaftserhebung über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) und dem Panel Arbeitsmarkt und soziale Sicherung (PASS) des IAB schon zu Beginn der Dekade bei etwa 16 Prozent und bewegte sich dann relativ konstant auf diesem Niveau.

Im Jahr 2017 lagen erstmals alle vier Erhebungen bei etwa 16 Prozent sehr eng beieinander. Damit ist es wahrscheinlich, dass dieser Wert das Ausmaß der relativen Einkommensarmut zutreffend beschreibt.

Des Weiteren stimmen alle vier verwendeten Datenquellen dahingehend überein, dass spätestens ab 2015 nur noch marginale Ausschläge nach oben oder unten festzustellen sind. Angesichts der angesprochenen Fehlermarge ist die seitdem zu beobachtende Stabilität der Armutsrisikoquote bemerkenswert.

Was misst die Armutsrisikoquote eigentlich genau?

An dieser Stelle lohnt es sich, kurz zu reflektieren, warum die bisher verwendete Armutsrisikoquote in der Armutsforschung so populär ist, welchen Aspekt von Armut sie misst und welche Schwächen sie hat.

Mit Armut bezeichnen wir in der Regel einen Mangel an für das Leben wichtigen Gütern. Unterschieden wird in der Armutsforschung zwischen der absoluten und der relativen Armut. Unter absoluter Armut versteht man, dass Menschen ihre Grundbedürfnisse, etwa nach Ernährung, Kleidung oder Wohnung nicht befriedigen können. Relative Armut bedeutet dagegen, dass man sich im Verhältnis zur Gesellschaft, in der man lebt, weniger leisten kann als der Großteil der Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Die Armutsrisikoquote ist damit eindeutig ein relatives Armutsmaß. Ihr großer Vorteil ist, dass sie sich leicht zwischen Staaten sowie im Zeitverlauf vergleichen lässt. Sie gibt an, welcher Teil der Bevölkerung gegenüber der Person in der Mitte der Verteilung beim sogenannten äquivalenzgewichteten Nettohaushaltseinkommen einen Rückstand von mehr als 40 Prozent aufweist. Steigt das Wohlfahrtsniveau aller Mitglieder einer Gesellschaft im gleichen Ausmaß, bleibt die Armutsrisikoquote konstant. Die Armutsrisikoquote reflektiert daher auch die Ungleichheit der Einkommen innerhalb einer Gesellschaft.

Ihr liegt zudem die Annahme zugrunde, dass die Einkommenssituation eines Haushalts entscheidend ist für die Wohlfahrt seiner Mitglieder. Damit wird indirekt unterstellt, dass die finanziellen Ressourcen im Haushalt fair verteilt und rational zur Mehrung der Wohlfahrt seiner Mitglieder eingesetzt werden. Man nennt diesen Ansatz daher auch einen indirekten Ansatz der Armutsmessung, denn eigentlich bezieht sich Armut ja auf das Fehlen für das Leben wichtiger Güter.

Kann man Armut auch anders messen? Das Konzept der „materiellen Unterversorgung“

Einen anderen Zugang verfolgt das Konzept der materiellen Deprivation beziehungsweise der materiellen Unterversorgung. Mit diesem Armutsmaß lässt sich das Fehlen wichtiger Güter direkt messen. Nun ist in entwickelten Ländern nur in äußersten Ausnahmefällen die Grundversorgung mit überlebenswichtigen Gütern wie Nahrung oder Kleidung nicht sichergestellt. Daher bezieht sich dieses Maß auf das Fehlen von Gütern beziehungsweise Aktivitäten, die in einem weiteren Sinne für ein normales Leben wichtig sind und eine soziale Teilhabe ermöglichen.

Die IAB-Panelstudie „PASS“ liefert eine besonders geeignete Datenquelle zur Untersuchung der zeitlichen Entwicklung materieller Unterversorgung (für mehr Informationen über PASS siehe die Beschreibung von Mark Trappmann und Koautoren aus dem Jahr 2019).

In dieser Erhebung wird seit 2007 für dieselben 22 Güter und Aktivitäten abgefragt, ob sie im Haushalt vorhanden sind oder realisiert werden können. Sofern dies nicht der Fall war, wird abgefragt, ob dies finanzielle Gründe hatte. Diese 22 Güter und Aktivitäten lassen sich fünf Dimensionen zuordnen (siehe Infokasten „Zuordnung der Güter und Aktivitäten zu den Dimensionen materieller Unterversorgung“):

  • Wohnung (zum Beispiel ausreichende Zahl von Zimmern, Bad vorhanden)
  • Nahrung und Kleidung (zum Beispiel ausreichende Winterkleidung, täglich warme Mahlzeit)
  • Ausstattung mit langlebigen Konsumgütern (zum Beispiel Auto, Computer mit Internetanschluss)
  • soziale Teilhabe (zum Beispiel Urlaubsreise, Kinobesuch)
  • Finanzen (zum Beispiel Sparen eines festen Betrags, pünktliche Mietzahlung).

Ein einfacher Index für die Unterversorgung lässt sich aus der Zahl der Aktivitäten und Güter konstruieren, die in einem Haushalt aus finanziellen Gründen fehlen. Für diesen sogenannten Deprivationsindex gilt im Gegensatz zur Armutsrisikoquote: Steigt der Lebensstandard in einer Gesellschaft für alle gleichermaßen, so sinkt auch die materielle Unterversorgung. Bei unveränderter Zusammensetzung der abgefragten Güter und Aktivitäten verhält sich der Deprivationsindex daher, wie Hans-Jürgen Andreß in einem 2018 erschienenen Aufsatz ebenfalls feststellte, wie ein absolutes Armutsmaß.

Die materielle Unterversorgung hat in Deutschland seit 2010 abgenommen

Abbildung 2 zeigt, dass die materielle Unterversorgung in der Gesamtbevölkerung in Deutschland seit 2010 stetig und statistisch signifikant abgenommen hat. Fehlten Anfang der 2010er Jahre im Durchschnitt noch fast 2 (1,7) der 22 Güter aus finanziellen Gründen, so fiel dieser Wert bis 2018 und 2019 auf gut 1 (1,1).

Eine separate Auswertung für Hartz-IV-Haushalte zeigt, dass von diesem Rückgang auch diejenigen profitiert haben, die von geringen Einkommen leben müssen. Etwa 70 bis 80 Prozent der Grundsicherungsbeziehenden sind armutsgefährdet im Sinne der Armutsrisikoquote. Entsprechend hoch ist im Vergleich zur Gesamtbevölkerung das Niveau der materiellen Unterversorgung. Fehlten Personen in Haushalten mit Grundsicherungsbezug 2010 im Durchschnitt 6,5 der 22 Güter, so ist auch dieser Wert bis 2014 stetig zurückgegangen und liegt seitdem zwischen 5 und 5,4.

Absolut ist dieser Rückgang bei den Grundsicherungsempfängern um etwas mehr als einen Punkt zwar stärker als in der Gesamtbevölkerung. Prozentual gesehen fällt der Rückgang von 2010 bis 2019 mit 20 Prozent bei den Grundsicherungsempfängern gegenüber 35 Prozent in der gesamten Bevölkerung jedoch geringer aus.

An welchen Gütern mangelt es besonders?

Betrachtet man die fünf Dimensionen materieller Unterversorgung, so zeigen sich deutliche Unterschiede im Grad der Verbreitung und ihrer Entwicklung über die Zeit. Da für die einzelnen Dimensionen unterschiedlich viele Güter erhoben wurden, wurde berechnet, welcher Anteil an Gütern aus allen Gütern einer Dimension fehlt. Die einzelnen Indizes können damit Werte zwischen null und hundert Prozent annehmen. Null Prozent bedeutet, dass kein Gut aus dieser Dimension fehlt, hundert Prozent bedeutet, dass alle fehlen.

Abbildung 3 verdeutlicht, dass sich Bezieherinnen und Bezieher von SGB-II-Leistungen von der gesamten Bevölkerung im Niveau der Unterversorgung unterscheiden, nicht jedoch hinsichtlich der Rangfolge der Dimensionen, in denen die Unterversorgung am gravierendsten ist.

Am größten ist der Mangel bei beiden Gruppen im Bereich der sozialen Teilhabe: Grundsicherungsempfänger mussten 2019 aus finanziellen Gründen durchschnittlich auf 46 Prozent der genannten Aktivitäten verzichten, in der gesamten Bevölkerung waren es 10 Prozent.

Auch im Bereich Finanzen ist der Grad der Unterversorgung relativ groß. Er beträgt bei den Grundsicherungsbeziehenden 35 Prozent, bei der gesamten Bevölkerung 8 Prozent. Im Bereich Wohnung hingegen liegt bei beiden Gruppen nur ein geringer Grad an Unterversorgung vor. Selbst Grundsicherungsempfänger liegen hier konstant unter 5 Prozent.

Wo gab es die deutlichsten Verbesserungen seit 2010?

Von 2010 bis 2019 ging die Unterversorgung der Bevölkerung in allen Dimensionen zurück. Dieser Rückgang fällt in denjenigen Dimensionen besonders stark fällt aus, bei denen vorher ein höheres Ausmaß an Unterversorgung vorlag. So hat sich der Wert im Bereich der sozialen Teilhabe fast halbiert (um 9 Prozentpunkte), im Bereich Finanzen sank der Index um fast ein Drittel (um 3 Prozentpunkte). Ebenfalls deutlich rückläufig ist die materielle Unterversorgung im Bereich Nahrung und Kleidung, auch wenn hier das Ausgangsniveau deutlich niedriger liegt. Dieser Index sank um gut 40 Prozent (2 Prozentpunkte).

Bei Personen aus SGB-II-Haushalten kam es in den Bereichen „soziale Teilhabe“ sowie „Nahrung und Kleidung“ zu den deutlichsten Verbesserungen. Bei der sozialen Teilhabe sank der Wert um gut ein Viertel (16 Prozentpunkte), bei Nahrung und Kleidung sogar um über 40 Prozent (9 Prozentpunkte). Der Rückgang im Bereich Finanzen liegt bei gut 10 Prozent (5 Prozentpunkte).

Fazit

In den 2010er Jahren konnte der bis dahin über fast zwei Jahrzehnte steigende Trend bei der Einkommensarmut in Deutschland gestoppt werden. Allerdings verharrte die Armutsrisikoquote trotz wirtschaftlicher Prosperität gegen Ende des letzten Jahrzehnts auf hohem Niveau.

Die für diese Diagnose verwendete Armutsrisikoquote beurteilt die Einkommenssituation armutsgefährdeter Personen in Relation zur Einkommenssituation einer Person in der Mitte der Einkommensverteilung. Insofern bedeutet dieser Befund letztlich vor allem, dass die unteren Haushaltseinkommen gegenüber den mittleren Haushaltseinkommen – trotz politischer Maßnahmen wie der Einführung des Mindestlohns – nicht aufholen konnten.

Betrachtet man dagegen die Entwicklung der Unterversorgung als ein im Zeitverlauf absolutes Maß für Armut, so ist über das letzte Jahrzehnt hinweg ein Rückgang zu verzeichnen. Von diesem haben auch die Ärmsten profitiert, nämlich diejenigen Personen, die auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind. Doch relativ gesehen ist der Rückgang in dieser Gruppe geringer als in anderen Gruppen. Insbesondere in den Bereichen „soziale Teilhabe“ und „Finanzen“ können sie sich nach wie vor vieles nicht so ohne Weiteres leisten, was für das Gros der Bevölkerung in Deutschland selbstverständlich ist.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit vom 17.02.2021

In einem offenen Brief wendet sich UNICEF an die internationale Gemeinschaft und fordert entschlossenes Handeln, um die Zukunft von Kindern nach der Covid-19 Pandemie positiv zu gestalten. Es wird darauf hingewiesen, dass die Krise in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Ernährung drastische Auswirkungen hat. Bereits vor der Pandemie seien diese Grundrechte von Kindern weltweit nicht erfüllt worden. Die Krise müsse als Anlass zum entschlossenen politischen Handeln für die Zukunft von Kindern genommen werden. Aktuell seien der Kampf gegen Desinformationen zum Thema Impfung, die Verringerung digitaler Ungleichheiten als Voraussetzung zum Homeschooling, ein Fokus auf die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, Ungleichheiten im materiellen Bereich und in der sozialen Teilhabe und der Klimawandel die zentralen Herausforderungen.

UNICEF: Offener Brief „Five opportunities for children we must seize now“

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 26.02.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Im Rahmen des turnusgemäßen Wechsels übernimmt der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e. V. die Federführung der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen e. V. für 2021 und 2022. Mit ihrer neuen Vorsitzenden Sidonie Fernau startet die AGF in das neue Jahr. Neue stellvertretende Vorsitzende ist ihre Vorgängerin, Daniela Jaspers vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V.

Der AGF steht in einem zweijährigen Turnus ein Mitgliedsverband federführend vor. Mit dem Jahreswechsel hat der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e. V. den 2019 und 2020 amtierenden Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e. V. (VAMV) abgelöst. Bereits auf der Mitgliederversammlung Ende 2020 wurden daher mit Wirkung zum 01. Januar 2021 die Vorsitzende der iaf, Sidonie Fernau zur Vorsitzenden sowie ihre Vorgängerin, Daniela Jaspers, zu ihrer Stellvertreterin gewählt.

Wichtige Themen der AGF in den letzten zwei Jahren waren die Erstellung eines Grundsatzpapiers zu Digitalisierung und Familie sowie die Unterstützung von Familien und Kindern bei Trennung und Scheidung. Ebenso war die Frage nach einer hohen Qualität bei der Entwicklung eines Rechtsanspruchs auf eine Ganztagsbetreuung von Kindern im Grundschulalter von großer Bedeutung. Im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wurde das Thema Kinderarmut mit dem Fokus auf die EU-Kindergarantie wieder verstärkt aufgenommen. Zudem wurde die europäische und internationale Arbeit der AGF weiter gestärkt.

Insbesondere die letzten Themen werden auch unter der zukünftigen Federführung intensiv weiterbearbeitet. Dies gilt vor allem auch vor dem Hintergrund der Herausforderungen für Familien durch die Corona-Pandemie, die für die Familienorganisationen eine große Bedeutung bleiben wird. „Angesichts der bisherigen Erfahrungen der Familien, dass die Aufrechterhaltung des Lebens weitgehend auf Ihren Schultern liegt, müssen ihre Perspektiven systematischer in die politischen Entscheidungsprozesse eingebunden werden“, so die neue Vorsitzende, Sidonie Fernau. Für die nächsten zwei Jahre hat sie zum Ziel, „die Synergien aus der Zusammenarbeit weiterhin intensiv zu nutzen, weitere Themen gemeinsam zu erarbeiten und dabei verstärkt die Lebenslagen von binationalen und eingewanderten Familien einzubeziehen sowie am Themenkomplex diversitätsbewusste und rassismuskritische Familienpolitik zu arbeiten.“ So plant die AGF neben den benannten Themen aus Familiensicht die Ambivalenzen der Unterstützung Pflegebedürftiger durch ausländische Pflege-/ Haushaltskräfte in der Häuslichkeit genauer zu betrachten.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e. V. vom 12.02.2021

SGB-VIII-Reform auf der Zielgeraden – Nachbesserungen werden angemahnt

Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt in ihrer Stellungnahme sehr, dass das Vorhaben der Bundesregierung, die Kinder- und Jugendhilfe zu modernisieren mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf noch in der laufenden Legislaturperiode zum Abschluss gebracht werden kann.
Die notwendige und seit vielen Jahren von der Fachöffentlichkeit geforderte und vorbereitete Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendhilferechts ist somit in greifbarer Nähe. Insbesondere ist zu begrüßen, dass die Kinder- und Jugendhilfe inklusiv weiterentwickelt wird, wenn auch aus Sicht der AWO eine verbindlichere und schnellere Verankerung im Gesetz dringend notwendig ist.
Die Ansätze des Gesetzesentwurfes, die Beteiligungsrechte der Adressat*innen zu stärken und den Schutz der Kinder und Jugendlichen zu verbessern werden seitens der AWO unterstützt.

Die Inhalte der AWO-Stellungnahme wurden in der Sachverständigenanhörung des Familienausschusses am 22. Februar 2021 durch Hubert Lautenbach, Referent beim AWO Bundesverband e. V., erläutert.

Die Stellungnahme ist hier als Download verfügbar:  AWO Stellungnahme KJSG 

 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 23.02.2021

Zum Welttag der sozialen Gerechtigkeit am 20. Februar fordert die AWO in Sachsen-Anhalt eine konsequente und wirksame Bekämpfung von Kinder-, Jugend- und Familienarmut.

Ein gutes Aufwachsen von allen Kindern und Jugendlichen muss in unserer Gesellschaft Priorität haben

Die Vorsitzende des AWO-Präsidiums Barbara Höckmann appelliert: „Armut ist nicht selbstverschuldet und geht uns alle an. Die wachsende Spaltung der Gesellschaft in arm und reich ist für uns als AWO nicht hinnehmbar und lässt sich dauerhaft nur durch eine Veränderung der Verhältnisse beseitigen. Eine entschlossene und wirksame Bekämpfung von Armut bestimmt maßgeblich unsere tägliche Arbeit. Die AWO in Sachsen-Anhalt unterstützt landesweit Familien mit Hilfebedarf, sei es in Beratungsstellen, der Kita, der Kinder- und Jugendhilfe, in Tafeln, der offenen Jugend- und Jugendsozialarbeit. Wie unverzichtbar ein funktionierendes Gemeinwesen mit einer sozialen Infrastruktur für die Menschen ist, hat sich in der Coronakrise mit der Schließung sozialer und Bildungs-Einrichtungen im Lockdown nochmals besonders deutlich gezeigt. Die materiellen und psychosozialen Folgen der Corona-Pandemie sind gravierend, treffen arme Menschen besonders hart und verfestigen soziale Ungleichheit. Kinder und Jugendliche mit Hilfebedarf werden noch stärker als bisher von Bildung abgehängt und Teilhabe- und Verwirklichungschancen werden ihnen genommen.

AWO-Position zu Wegen aus Armutspfaden

Aber auch eine soziale Infrastruktur allein kann ausreichende Transferleistungen nicht ersetzen. Will man Armut dauerhaft beseitigen, sind eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung, die Einführung einer Kindergrundsicherung sowie Reformen von Arbeitslosen- und Rentenversicherung nötig.

Wir brauchen eine nachhaltige Armutsprävention mit sozialpolitischen Instrumenten, die materielle Armut verhindern. Und wir brauchen auch eine verlässlich finanzierte und konzeptionell abgestimmte soziale Infrastruktur, die für alle Kindern und Jugendlichen Bildungs- und Teilhabechancen gewährleistet und Eltern in ihrer Sozialisationsaufgabe unterstützt. Es braucht einen gemeinsamen Kraftakt, einen ressortübergreifenden ganzheitlichen Weg zur wirksamen Armutsbekämpfung in Sachsen-Anhalt und auf Bundesebene.“

In einem umfassenden Positionspapier erläutert die AWO, dass Armut ein Zusammenspiel von strukturellen Benachteiligungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Wohnen, sozialer Teilhabe und materieller Versorgung ist. Das zeigen zudem die Ergebnisse der AWO-ISS-Langzeitstudie zu Kinderarmut und den Folgen für junge Menschen, in der seit 1999 bis 2019 1000 Kinder in fünf wichtigen Entwicklungsphasen wiederholt befragt wurden. Eine wesentliche Erkenntnis ist, dass besonders Übergänge im Lebensverlauf junger Menschen Scheidewege in der Entwicklung sind. Wenn Übergänge, wie z. B. von der Schule in den Beruf, durch funktionierende soziale Netze und Unterstützungsstrukturen begleitet werden, steigen die Chancen für ein Entkommen aus Armutsschleifen.

Die AWO schlägt vor, dass im Sinne einer Landes-Gesamtstrategie alle Landkreise und kreisfreien Städte regional maßgeschneiderte Präventionsketten entwickeln, die durch eine Landeskoordination unterstützt und begleitet werden. Hier werden qualitativ hochwertige und armutssensible Angebote der Bildung, Betreuung, Erziehung, Begleitung und gesundheitlichen Versorgung verbunden und sinnvoll aufeinander abgestimmt. Gleichzeitig bedarf es bundesweit deutlich verbesserter Rahmenbedingungen in der Sozial-Arbeits-, Wohnungs- und Familienpolitik.

„Armut kann nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene mit guter Koordination überwunden werden. Das Herumdoktern an individuellen Armutssymptomen löst die strukturellen Probleme nicht und ist allenfalls Augenwischerei. Ein gutes Aufwachsen von allen Kindern und Jugendlichen muss in unserer Gesellschaft Priorität haben.“, so Barbara Höckmann abschließend.

Die AWO-Position Wege aus Armutspfaden als Download

Positionierung der AWO Sachsen-Anhalt zur Kinder-, Jugend- und Familienarmut

Quelle: Pressemitteilung AWO Landesverband Sachsen-Anhalt e. V. vom 17.02.2021

BAGSO legt Positionspapier zur ambulanten Pflege vor

Die Rahmenbedingungen für die ambulante Pflege müssen verbessert werden. Das fordert die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen in ihrem Positionspapier „Zukunft der Hilfe und Pflege zu Hause“. Rund achtzig Prozent der Pflegebedürftigen werden derzeit zu Hause versorgt, die meisten fast ausschließlich von Angehörigen. Die Zahl der Pflegebedürftigen wird in den kommenden Jahren weiter steigen, während gleichzeitig die Zahl der potenziellen Pflegekräfte abnimmt.

„Wir brauchen gute Lösungen, um auch in Zukunft möglichst vielen Menschen bei Hilfs- und Pflegebedürftigkeit ein Leben zu Hause zu ermöglichen. Dazu zählen frühzeitige Beratung, Hilfenetzwerke aus Familien, Fachkräften und Ehrenamtlichen vor Ort und ein Lebensumfeld, das die Gesundheit fördert“, sagte Franz Müntefering, Vorsitzender der BAGSO.

Die BAGSO fordert, dass die Voraussetzungen für den Verbleib zu Hause verbessert werden. Präventive Hausbesuche sollten bundesweit eingeführt werden, um frühzeitig Hilfebedarfe älterer Menschen zu erkennen und passgenaue Unterstützung zu organisieren. Dazu gehörten auch hauswirtschaftliche Hilfen und Angebote zur Alltags- und Lebensgestaltung. Pflegende Angehörige müssten durch den Aufbau gemischter Pflegearrangements unterstützt und die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege verbessert werden. Für die sogenannte 24-Stunden-Betreuung durch meist osteuropäische Hilfskräfte fordert die BAGSO dringend gesetzliche Initiativen, um die vielschichtigen Probleme dieser Betreuungsform zu lösen. Die medizinische Versorgung müsse u. a. durch den Ausbau flächendeckender und wohnortnaher geriatrischer Behandlungs- und Rehabilitationsangebote gestärkt werden.

Nach Ansicht der BAGSO kommt den Kommunen in der Gestaltung und Koordination zukunftssicherer Unterstützungs-, Versorgungs- und Pflegestrukturen eine besondere Rolle zu. Für die Erfüllung dieser Aufgaben müssten sie angemessen ausgestattet werden.

Zum Positionspapier „Zukunft der Hilfe und Pflege zu Hause“

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. vom 24.02.2021

In dem aktuellen Zwischenruf stellt das Bundesjugendkuratorium (BJK) in elf Punkten konkrete Forderungen für einen DigitalPakt Kinder- und Jugendhilfe auf. Die gegenwärtigen Herausforderungen während der Covid-19-Pandemie haben besonders deutlich werden lassen, dass die Kinder- und Jugendhilfe unzureichend auf die Herausforderungen und Chancen der Digitalität von Kindheit und Jugend vorbereitet ist. Es braucht eine differenzierte Digitalstrategie, die die soziale Infrastruktur für junge Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe ausgestaltet. Dazu gehört neben einer angemessenen Ausstattung mit Internetverbindungen sowie geeigneter Hard- und Software auch die Sicherung der fachlichen Qualität der Kinder- und Jugendhilfe im Zusammenhang mit den verschiedenen digitalen Formaten.

Ausgehend von einer kinderrechtlichen Perspektive unterstreicht das BJK die Relevanz diskriminierungsfreier Teilhabechancen sowie die Bedeutung des Kinder- und Jugendschutzes im digitalen Raum. Das soziale Leben von jungen Menschen ist heute durch einen digitalisierten Alltag geprägt. Unterschiede in der digitalen Ausstattung und der sozialen sowie fachlichen Begleitung im institutionellen Gefüge des Aufwachsens führen zu einem Mehr an sozialer Benachteiligung unter den jungen Menschen. Der DigitalPakt Kinder- und Jugendhilfe muss fachliche Standards setzen, die Barrierefreiheit zum Ziel haben und Ausschlüsse sowie Stigmatisierungen auch in der digitalen Welt verhindern.

Das BJK hat sich im Vorfeld des Zwischenrufes intensiv mit Expert*innen aus der Kinder- und Jugendhilfe beraten. Auch die Ausgestaltung des DigitalPaktes Kinder- und Jugendhilfe benötigt den systematischen Einbezug von Expert*innen für Kindheit, Jugend, Familie und Kinder- und Jugendhilfe sowie auf allen Ebenen die Beteiligung von jungen Menschen im Rahmen der Digitalstrategie von Bund, Ländern und Kommunen.

Eine zukünftige Bundesregierung sollte sich darüber verständigen, wie und mit welchen Ressourcen sie die Digitalstrategien mit Bezug auf die Kindheit und Jugend politisch unterstützen und wie sie einen DigitalPakt Kinder- und Jugendhilfe nachhaltig und langfristig gestalten will.

Der Zwischenruf des BJK steht auf www.bundesjugendkuratorium.de/stellungnahmen zum Download bereit. 

Quelle: Pressemitteilung Bundesjugendkuratoriums vom 23.02.2021

Die WELT berichtet am 28.01.2021, dass sich das BMFSFJ gegen den von der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie geforderten „Väterurlaub“ positioniert habe. Uns als BUNDESFORUM MÄNNER, dem Dachverband für Jungen, Männer und Väter, erstaunt und ärgert das sehr. Die Vaterschaftsfreistellung würde es Vätern ermöglichen, die Geburt des Kindes aktiv zu begleiten und die Partnerin zu unterstützen. Der DGB pochte erst kürzlich in einem Gutachten auf die baldige Umsetzung der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie und einen Vaterschaftsurlaub von 10 Tagen rund um die Geburt – bei voller Vergütung. Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der Bevölkerung durch YouGov zeigen, dass fast zwei Drittel der Befragten die Vaterschaftstage anlässlich der Geburt unterstützen.

Freistellung zusätzlich zu Elterngeld und Elternzeit

Das Bundesforum Männer vertritt schon seit langem die Position, dass diese Freistellung zusätzlich zu Elterngeld und Elternzeit eingeführt werden muss. Ohne jeden bürokratischen Antragsvorlauf würden Väter damit in die Lage versetzt, sich in dieser wichtigen ersten Phase voll auf ihre Kinder und ihre Partnerinnen konzentrieren zu können.

Argumente wie „die sollen halt ihren Erholungsurlaub nehmen“ drücken vor allem eine Geringschätzung für Väter in ihrer unmittelbaren Bedeutung für ihre Kinder und Partnerinnen aus. Was, wenn der Vater noch gar nicht lang genug beim neuen Arbeitgeber beschäftigt ist und daher keinen Anspruch auf Urlaub hat? Was, wenn der Jahresurlaub zum Zeitpunkt der Geburt schon aufgebraucht ist? Und: In vielen Unternehmen muss Urlaub langfristig vorher angemeldet werden. Oder: Wenn die Auftragslage drückt, dann wird das Vätern auch schon einmal sehr schwer fallen, sich gegen einen unwilligen Chef durchzusetzen und gefühlt die Kolleg:innen hängen zu lassen. Eine gesetzlich geregelte Vaterschaftsfreistellung würde klare Rahmenbedingungen schaffen. Denn es geht bei der geforderten Freistellung nicht um Erholungsurlaub. Es geht um partnerschaftliche elterliche Verantwortungsübernahme – und um das Wohl des Kindes.

Positionierung des BMFSFJ unverständlich

Bereits in der letzten Legislaturperiode hatte die Sachverständigenkommission für den Zweiten Gleichstellungsbericht deutlich gemacht, dass diese Freistellung einen wichtigen Einstieg in die gemeinsame Elternschaft darstelle.  Die Bundesregierung hatte damals noch  in ihrer Stellungnahme zum Gutachten der Sachverständigenkommission kommentiert: „Für die Förderung einer möglichst frühen Vater-Kind-Bindung und damit einer nachhaltig stärkeren Beteiligung von Männern an Erziehung und Betreuung von Kindern empfiehlt die Sachverständigenkommission als neue Leistung eine zweiwöchige Vaterschaftsfreistellung. Die Bundesregierung sieht in diesen Empfehlungen geeignete Impulse für die Weiterentwicklung der Männerpolitik.“ (S. 21)

In dem im November 2020 vom BMFSFJ herausgegebenen Dossier „Gleichstellungspolitik für Jungen und Männer“ findet sich zudem im abschließenden Kapitel die Empfehlung M4.2 A. Diese sieht als gleichstellungspolitisch relevante Maßnahme die „Umsetzung der EU-Richtlinie zur Einrichtung eines zusätzlichen Vaterschaftsurlaubs von 10 Tagen unmittelbar nach der Geburt“ vor. (S. 103)

Warum sich das BMFSFJ nun selbst gegen die Empfehlung ausspricht, ist unverständlich. Einer gleichstellungsorientierten und familienfreundlichen Gesellschaft sollte es wert sein, eine solche Leistung einzuführen – und zwar nicht nur für Väter, sondern für alle Familienkonstellationen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesforum Männer – Interessenverband für Jungen, Männer & Väter e.V. vom 17.02.2021

 
Das Aus des Ehegattensplittings bestraft vor allem kinderreiche Familien. Anstatt für eine gerechte Besteuerung von Familien einzutreten, setzt die SPD auf eine alte und verfassungswackelige Idee.
 
„Die Abschaffung des Ehegattensplittings ist eine familien- und steuerpolitische Bankrotterklärung“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes (DFV). „Das Ziel einer guten Politik muss immer sein, Eltern und Kinder in jeder Familienform zu unterstützen, nicht abzustrafen.“

Falsche Annahmen über die Effekte des Ehegattensplittings können nur zu unklugen Wahlkampfideen heranreifen. Die Abschaffung des Ehegattensplittings wird vor allem Zwei- und Mehrkindfamilien finanziell hart treffen – also gerade diejenigen Familien, die für den Sozialstaat und den Generationenvertrag Sozialversicherung am Wichtigsten sind.

„Es ist schlichtweg Humbug zu behaupten, Nutznießer des Ehegattensplittings seien vor allem Alleinverdiener-Ehepaare“, stellt Heimann klar. „Von den Sozialdemokraten hätte ich mir in der ideologisch aufgeheizten Debatte um das Ehegattensplitting klare Fakten gewünscht. Das Ehegattensplitting ist nichts anderes als eine sachgerechte Besteuerung einer Erwerbs- und Wirtschaftsgemeinschaft, mehrfach vom Bundesverfassungsgericht bestätigt.“

Der DFV sperrt sich keinesfalls gegen eine Diskussion um die Reform des Ehegattensplittings. Klar muss jedoch sein, dass nach Leistungsfähigkeit besteuert werden muss. Es ist einleuchtend, dass Eltern mit zwei, drei oder vier Kindern weniger finanziell leistungsfähig sind als jemand, der keine Unterhaltspflichten für Kinder zu tragen hat.

Nicht das Ehegattensplitting ist im fiskalischen Bereich das eigentliche Problem und verhindert Erwerbsarbeit. Es ist ein durch und durch unsolidarisches Sozialversicherungssystem, das nicht nur Familien doppelt belastet, sondern dem Leistungsfähigkeitsprinzip völlig zuwiderläuft.

„Schon jetzt lebt eine Familie mit zwei Kindern – sogar bei einem Durchschnittseinkommen – nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben unter dem steuerrechtlichen Existenzminimum, wie der DFV regelmäßig in seinem Horizontalen Einkommensvergleich vorrechnet. Das Aus für das Ehegattensplitting würde Familien endgültig in die Armut drücken“, sagt Heimann.

Weitere Informationen

Horizontaler Vergleich 2021 – Was am Monatsende übrig bleibt (PDF)

Familienförderung 2021 – Nebelkerzen statt realer Entlastung (PDF)

Erklärfilm: Generationenvertrag Sozialversicherung

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 01.03.2021

Berechnungen des Deutschen Familienverbands (DFV) und des Familienbunds der Katholiken (FDK) zeigen, dass Sozialabgaben Familien übermäßig belasten und im Vergleich zu Beitragszahlern ohne Unterhaltspflichten für Kinder schlechterstellen.

Eine Familie mit zwei Kindern und einem durchschnittlichen Einkommen von 41.541 Euro im Jahr fällt nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben inklusive Kindergeld knapp unter das steuerliche Existenzminimum. Mit mehr Kindern verschärft sich die Situation. Angesichts dieses alarmierenden Befunds fordern DFV und FDK eine Korrektur der verfassungswidrigen Abgabenerhebung in der Sozialversicherung. Die Verbände weisen darauf hin, dass sich die Position der Familien im Vergleich zu Personen ohne Unterhaltspflichten für Kinder erneut verschlechtert hat. Sie fordern im Hinblick auf kursierende Meldungen über eine 2021 angeblich erfolgte Entlastung von Familien: „Bitte lasst die Märchenstunde!“.

„Einem Paar mit drei Kindern und einem Durchschnittseinkommen fehlen im Monat fast 500 Euro zur gesellschaftlichen Teilhabe. Bei vier Kindern ist es fast doppelt so viel“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV. Familienbundpräsident Ulrich Hoffman äußert sich wie folgt: „Die horizontalen Berechnungen von DFV und FDK zeigen beispielhaft, dass die Entscheidung für Kinder ein Armutsrisiko ist. Es besteht dringend Handlungsbedarf.“

Es ist wichtig und richtig, Notleidenden rasch zur Seite zu stehen. In diesem Sinne begrüßen DFV und FDK den Kinderbonus in der Corona-Pandemie. Doch einer reagierenden Politik muss eine gestaltende zukunftsorientierte Familienpolitik folgen. Hoffmann erläutert: „Die strukturelle Benachteiligung von Familien in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung muss endlich beendet werden. Dass Familien trotz der kostenaufwändigen und den Fortbestand der Sozialsysteme sichernden Kindererziehung mit gleich hohen Beiträgen belastet werden wie Kinderlose, ist nicht nur ungerecht. Es ist auch verfassungswidrig.“ Zeh führt aus: „Familien sind weder Bittsteller noch unersättliche Transferempfänger. Sie wollen nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Umsetzung deutlicher Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Sozialversicherung.“

Beiträge nach Leistungsfähigkeit

Um Familien zu entlasten, fordern die Familienverbände für die Dauer der Erziehungszeit einen für jedes Kind gleichen Freibetrag in der gesetzlichen Sozialversicherung. In der Höhe soll er mindestens dem steuerlichen Kinderfreibetrag entsprechen.

„Ein Kinderfreibetrag in der Sozialversicherung würde die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Beitragszahler angemessen berücksichtigen. Wer Unterhaltspflichten für Kinder hat, ist vorübergehend weniger leistungsfähig. Das muss sich in den Beiträgen zur Sozialversicherung widerspiegeln, sonst sind sie ungerecht und nicht solidarisch“, so Zeh.

Bei der Entlastung von Familien geht es nicht nur um Gerechtigkeit für Eltern und Kinder. Familienarmut zu verhindern und Kindern ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen, ist gesamtgesellschaftlich bedeutend.

„Kinder sind die Zukunft – auch unseres umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems. Ohne Familien, die heute Kinder großziehen, gäbe es morgen keine Beitragszahler. Ohne sie würde das System zusammenbrechen. Familien erweisen der Gesellschaft einen beträchtlichen Dienst. Ohne sie ist kein Staat zu machen“, äußert Familienbundpräsident Hoffmann.

Sozialversicherung: Belastung ist verfassungswidrig

Mit Unterstützung von DFV und FDK haben Familien den Rechtsweg für familiengerechte Sozialabgaben beschritten. Sie stützen sich dabei auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dies hatte 2001 entschieden, dass Eltern in der Pflegeversicherung verfassungswidrig belastet werden. Gleichzeitig verpflichtete das Karlsruher Gericht den Gesetzgeber, auch die anderen Zweige der Sozialversicherung auf Familiengerechtigkeit hin zu prüfen. Bis heute wurde dies nicht umgesetzt.

Mit Blick auf das Pflegeversicherungsurteil von 2001 äußern Hoffmann und Zeh: „Die Politik hat die familiengerechte Gestaltung der Sozialversicherung sträflich vernachlässigt, obwohl die Übertragbarkeit des Urteils auf die Renten- und Krankenversicherung auf der Hand liegt. Familien mussten sich viele Jahre durch die Instanzen klagen. Jetzt liegt die Entscheidung erneut beim Bundesverfassungsgericht.“

Weiterführende Informationen

Horizontaler Vergleich 2021 – Was am Monatsende übrig bleibt

Erklärfilm: Generationenvertrag Sozialversicherung

Klageverfahren für die Beitragsgerechtigkeit von Familien

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 22.02.2021

Für Initiativen, Vereine und Projekte der Kinder- und Jugendarbeit aus dem gesamten Bundesgebiet besteht noch bis zum 31. März 2021 die Möglichkeit, Anträge bei den Förderfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes zu stellen und bis zu 5.000 Euro zu erhalten. Überjährige Projekte können sogar mit bis zu

10.000 Euro gefördert werden. Ziel der Förderfonds ist die Bekanntmachung der Kinderrechte und die Verbesserung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen unter dem Aspekt der Mitbestimmung. Anträge können Vereine, freie Träger, Initiativen, Elterngruppen, Kinder- und Jugendgruppen sowie Schülerinitiativen für noch nicht begonnene Projekte stellen.

Außerdem können von gemeinnützigen Organisationen weiterhin Corona-Nothilfe-Pakete beantragt werden. Unterstützt werden hier Projekte beispielsweise von Vereinen, Flüchtlingseinrichtungen und Kinderhäusern.

Über die Corona-Nothilfe-Pakete fördert das Deutsche Kinderhilfswerk folgende Schwerpunkte:

  • „Digitales Lernen“: Unterstützung für eine digitale Lernausstattung für ein Kind. Es werden Vereine/Initiativen gefördert, die Leihgeräte an Kinder vergeben.
  • „Gesunde Ernährung“: Vereine und Initiativen setzen Angebote für ausgewogene und gesunde Ernährung um, wie digitale Kochkurse oder Mittagsversorgung.
  • „Lern- und Spielpakte“: Kinder ohne Kitazugang erhalten über Vereine/Initiativen ein Spiel- und Lernpaket zur Entwicklungsförderung für zuhause.
  • „Nachhilfe“: Nachhilfeunterricht für ein Kind – entweder digital oder unter Beachtung der bestehenden gesundheitlichen Sicherheitsvorkehrungen.
  • „Homeschooling in Flüchtlingsunterkünften“: Für PC, Drucker und Papier sowie Schreibmaterialien werden finanzielle Mittel bereitgestellt.

Das Deutsche Kinderhilfswerk hat in den letzten fünf Jahren durch seine Förderfonds 1.956 Projekte mit insgesamt rund 6.602.000 Euro unterstützt.

Durch die Fonds erhalten Projekte, Einrichtungen und Initiativen finanzielle Unterstützung, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, zum Grundsatz ihrer Arbeit gemacht haben. Dabei geht es vor allem um Beteiligung in Bereichen demokratischer Partizipation, um Chancengerechtigkeit und faire Bildungschancen für benachteiligte Kinder, gesunde Ernährung oder kinder- und jugendfreundliche Veränderungen in Stadt und Dorf, auf Schulhöfen, Kita-Außengeländen oder Spielplätzen. Die Schaffung sinnvoller Freizeitangebote und Möglichkeiten zur Entwicklung einer kulturellen Identität, zu kultureller Bildung und Medienkompetenz sind ebenso Förderschwerpunkte.

So werden zum Beispiel Projekte gefördert, die das demokratische und politische Engagement von Kindern und Jugendlichen unterstützen, deren Mitbestimmung an Prozessen in Jugendeinrichtungen, Schule und Stadtteil ermöglichen, den Zugang zu Medien verbessern bzw. den kompetenten Umgang mit diesen befördern, oder Kinder und Jugendliche bei der kreativen Auseinandersetzung mit für sie relevanten Themen fördern. Ferner sollen Projekte Unterstützung erhalten, die bewegungsfördernde und interessante Spielorte im Wohnumfeld oder auf dem Schulgelände schaffen oder der Vernetzung, Sicherung bzw. Rückgewinnung von Spiel- und Aufenthaltsmöglichkeiten dienen. Voraussetzung für eine Bewilligung ist auch hier, dass die Kinder und Jugendlichen an der Planung und Durchführung des Projektes aktiv beteiligt werden.

Weitere Informationen zu den Förderfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes unter www.dkhw.de/foerderfonds.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 22.02.2021

Mit Enttäuschung hat die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) aufgenommen, dass Familienbildungsstätten auch aus der zweiten Runde des Sonderprogramms des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) keine finanziellen Hilfen erhalten werden.

„Der gesamte Bereich der Familienbildung und die damit verbundenen, täglichen Unterstützungsangebote für Familien und Eltern scheinen aus dem Blickfeld der politisch Handelnden zu geraten. Schon im letzten Jahr haben wir im Zusammenhang mit den Schutzschirmen und der ersten Auflage des nun verlängerten Sonderprogramms darauf hingewiesen, dass die Familienbildung ebenso zu den stark gefährdeten Unterstützungsstrukturen zählt und unbedingt in den Kreis der Anspruchsberechtigten gehört.“, so Martin Bujard, Präsident der eaf.

Familienbildungseinrichtungen sind konkrete Anlaufstellen für Familien mit ihren Nöten und Ängsten. Sie bieten Unterstützung vor Ort und halten auch in der aktuellen Krisensituation Kontakt zu den stark belasteten Familien. Alle Einrichtungen zeigen, wie mit Kreativität und Engagement gute und nachgefragte Angebote bereit gehalten werden können. Allerdings sind diese in der Regel nicht refinanziert. Durch das Wegbrechen von Teilnahmebeiträgen und weiteren Finanzierungsquellen ist eine Vielzahl der Einrichtungen in ihrer Existenz akut gefährdet.

Bujard fordert eine Erweiterung des Sofortprogramms für Familienbildungseinrichtungen: „Familien brauchen niedrigschwellige Angebote direkt vor Ort. Sie benötigen die Unterstützung der Familienbildung jetzt mehr denn je, da sie in den vergangenen Monaten durch das Fehlen von Kinderbetreuungsangeboten, Schulschließungen und Unsicherheiten im Beruf oft außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt waren. Deshalb müssen die vorhandenen Angebote verlässlich abgesichert werden.“ Darüber hinaus müssen Angebote der Familienbildung zukünftig auch über das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) nachhaltig verankert und gefördert werden.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 04.03.2021

Mehr als 10.000 Kinder und Jugendliche gaben Stimmen zur Gestaltung der kommenden EU-Kinderrechtsstrategie und Kindergarantie ab.

Die Meinung von Kindern und Jugendlichen könnte bald eine größere Rolle bei politischen Entscheidungen in der EU spielen. Eine Gruppe von fünf Kinderrechtsorganisationen hat eine Online-Umfrage und Konsultationen durchgeführt, um Prioritäten von Kindern und Jugendlichen zur Verwirklichung ihrer Rechte und ihre Vorstellungen für die Zukunft zu erfahren. Mehr als 10.000 Mädchen und Jungen zwischen 11 und 17 Jahren haben sich beteiligt. Heute werden die Ergebnisse in dem Bericht „Unser Europa, unsere Rechte, unsere Zukunft“ veröffentlicht. Die Europäische Kommission hat die Umfrage in Auftrag gegeben und mit den Organisationen zusammengearbeitet. Mit den Beiträgen der Kinder und Jugendlichen sollen zwei zentrale Instrumente zur Umsetzung der Kinderrechte ausgestaltet werden: zum einen die EU-Strategie für die weltweite Stärkung der Kinderrechte, zum anderen die sogenannte „Kindergarantie“, mit der gezielt benachteiligte Kinder in der EU gefördert werden sollen. 

Neue Realität durch Auswirkungen der Pandemie: „Diese Konsultation mit Kindern ist für uns in der Europäischen Kommission ein Novum und ein wichtiger Schritt zu mehr Kinderbeteiligung“, sagte die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Dubravka Šuica. „Kinder sind Experten in den Angelegenheiten, die sie betreffen, und diese Konsultation beweist einmal mehr, dass Kinder bereits wichtige Akteure im Hier und Jetzt sind. Unsere Aufgabe ist es, sie alle zu befähigen und zu ermächtigen, den Weg zu den Führungspersönlichkeiten von morgen schon jetzt zu beschreiten. Deshalb sind Partizipation, Gleichberechtigung und Inklusion die Leitprinzipien sowohl für die EU-Kinderrechtsstrategie als auch für die Kindergarantie 2021. Wir müssen und werden dafür sorgen, dass alle Kinder den gleichen Start ins Leben haben und sich in dieser Welt frei von Angst und Not entfalten können.“ 

Die Vertreter*innen von ChildFund Alliance, Eurochild, Save the Children, UNICEF und World Vision erklärten: „Dies ist an sich schon ein historischer Bericht, denn es ist das erste Mal, dass so viele Kinder und Jugendliche die EU-Politik direkt beeinflussen und gestalten können. Er könnte zu keinem wichtigeren Zeitpunkt kommen, da Kinder mit den psychologischen und praktischen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie konfrontiert sind und sich für die nächsten Jahre auf eine neue Realität einstellen müssen. Da es ihre Zukunft ist, muss ihre Meinung in den Entscheidungen der EU zum Ausdruck kommen.“

Unterstützung für diesen neuen Kurs kommt auch von Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte: „Angesichts der sozioökonomischen Folgen der COVID-19-Pandemie wollen wir unsere Kinder nicht nur schützen, sondern auch in sie investieren, damit sie den bestmöglichen Start ins Leben haben und sich entfalten können. Und wer könnte uns besser von den Schwierigkeiten berichten, mit denen sie konfrontiert sind, als die Kinder selbst? Ich begrüße den Geist dieser Konsultation von ganzem Herzen und bin den Tausenden von Kindern dankbar, die uns ihren Input gegeben haben. Ihre Stimmen werden gehört.“

„Als politische Entscheidungsträger müssen wir sicherstellen, dass sich unsere Strategien auf die persönlichen Erfahrungen aller Bürger stützen können. Der Aufbau einer umfassenden Kinderrechtsstrategie muss alle relevanten Bereiche einbeziehen – von Gesundheit (einschließlich psychischer Gesundheit), über soziale Inklusion, Bildung, kinderfreundliche Justiz, Kinder in der Migration bis zu Beteiligung am demokratischen Prozess. Es ist von größter Bedeutung, den Kindern zuzuhören, ihre Stimmen zu diesen Themen zu hören – deshalb ist diese Konsultation so wertvoll und wird dazu beitragen, die EU-Kinderrechtsstrategie zu unterstützen“, ergänzte Didier Reynders, EU-Kommissar für Justiz. 

„Kinder sind vollwertige Bürger und Träger von Rechten. Es ist wichtig anzuerkennen, dass sie bei der Gestaltung der Zukunft Europas ein Mitspracherecht haben. Ich bin sehr froh, dass die anstehende erste umfassende EU-Kinderrechtsstrategie die Kinder in den Mittelpunkt stellt, und diese Konsultation ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Als Politiker tragen wir dafür Verantwortung, allen Kindern eine echte Chance zu geben, ihr volles Potenzial auszuschöpfen und sich in allen Lebensbereichen zu entfalten und niemanden zurückzulassen“, sagte David Lega, Europaabgeordneter und Ko-Vorsitzender der Interfraktionellen Arbeitsgruppe für Kinderrechte im Europäischen Parlament.  

Die Hauptergebnisse der Umfrage: 

  • Die COVID-19-Pandemie hat bei Kindern und Jugendlichen in Europa und darüber hinaus zu Stress und Unsicherheit geführt. Jedes fünfte Kind in der EU, das an der Umfrage teilgenommen hat, berichtet, dass es unglücklich aufwächst und sich Sorgen um die Zukunft macht, so das Ergebnis der neuen Studie von ChildFund Alliance, Eurochild, Save The Children, UNICEF und World Vision. 
  • Fast jedes zehnte befragte Kind gab an, mit psychischen Problemen oder Symptomen wie Depressionen oder Ängsten zu leben. Die befragten Mädchen waren weit mehr gefährdet als die Jungen, und ältere Kinder berichteten über ein höheres Maß an Problemen als jüngere Kinder; 
  • Ein Drittel der befragten Kinder erlebte Diskriminierung oder Ausgrenzung. Dieser Prozentsatz stieg auf 50 bei Kindern mit Behinderungen, Migranten, ethnischen Minderheiten oder solchen, die sich als LGBTQ+ identifizieren; 
  • Drei Viertel der befragten Kinder fühlen sich in der Schule wohl, aber 80 Prozent der 17-Jährigen haben das Gefühl, dass die angebotene Bildung sie nicht gut auf ihre Zukunft vorbereitet;
  • Die Mehrheit der befragten Kinder wünscht sich Veränderungen in ihrem Schulalltag: 62 Prozent der Befragten hätten gerne weniger Hausaufgaben, 57 Prozent der Befragten wünschen sich einen interessanteren Unterricht. Fast ein Drittel der Befragten würde gerne Einfluss auf die Inhalte des Schulunterrichts nehmen: mehr sportliche Aktivitäten (33 Prozent), Lernen über Kinderrechte (31 Prozent) und mehr musische Fächer (31 Prozent). Allerdings hatten fast alle Befragten schon von Kinderrechten gehört;
  • 88 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen wissen über den Klimawandel und seine Auswirkungen auf ihre Umgebung Bescheid, 8 Prozent wussten ein wenig darüber und 4 Prozent waren sich nicht sicher.

Quelle: Pressemitteilung Save the Children Deutschland e.V. und World Vision Deutschland e.V. vom 23.02.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 10. März 2021

Veranstalter: Deutsches Jugendinstitut e.V.

In der Politik wird derzeit intensiv über Vorschläge zur Einführung einer Kindergrundsicherung diskutiert. Neben grundlegenden Gemeinsamkeiten zeichnen sich auch unterschiedliche Schwerpunktsetzungen bei den damit angestrebten Reformen des sozialen Sicherungssystems für Familien und Kinder ab. Der Vortrag zeigt solche Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf und diskutiert, wie sich eine neue Kindergrundsicherung in das bestehende System einfügen könnte.

Er stützt sich unter anderem auf eine Expertise im Auftrag des Landessozialministeriums von NRW (Ott/Schürmann/Werding 2020).

Vortragender:
Prof. Dr. Martin Werding ist Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Termine:

  • 17. März 2021
  • 07. April 2021
  • 12. Mai 2021

Veranstalter: Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e. V.

Dreiteiliges Online-Fortbildungsformat für Fachkräfte (und Eltern am 3. Termin)

Wenn wir von Eltern sprechen, neigen wir gern dazu, sie in Gruppen aufzuteilen: in Eltern, die „hier“ aufgewachsen sind und jenen die „von woanders“ herkommen. Möglicherweise haben wir Schwierigkeiten, dieses Thema emotionslos bzw. vorurteilsfrei zu besprechen – oft geht es hierbei auch um persönliche Erfahrungen. In dieser Online-Reihe geht es in erster Linie darum, die eigene Haltung im achtsamen Gespräch mit Fachkräften, Expert*innen und/oder Elternteilen zu reflektieren und ein vielfältiges Miteinander in unserer Gesellschaft zu würdigen.

Referent*innen:
Ulrike Gaidosch-Nwankwo M.A., DaF/DaZ-Lehrerin, Fortbildnerin im Bereich der Migrationspädagogik. Um die jeweiligen Angebote noch partizipativer bzw. inklusiver zu gestalten, laden wir pro Nachmittag noch einen Gast (m/w) mit entsprechender Expertise dazu: Wir freuen uns auf einen lebendigen Austausch mit Ihnen!

Die Vorträge ergänzen sich, können aber auch einzeln gebucht werden.

Teilnahmebeitrag: 35 € je Vortrag – oder 90 € für die Teilnahme an allen drei Vorträgen

Weitere Informationen zu den Inhalten der jeweiligen Termine finden Sie hier.

Bitte melden Sie sich bis zum 6. Mai per E-Mail bei uns an.

Termin: 24. März 2021

Veranstalter: Deutsches Jugendinstitut e. V.

Auch und insbesondere im Migrationskontext wird elterlichen Erziehungskompetenzen eine Schlüsselrolle für die Entwicklung und Bildung von Kindern zugeschrieben. Der Vortrag beleuchtet, welche Vorstellungen von Erziehung in Zusammenhang mit Migration einerseits von der Familienbildung und andererseits von Migrantinnen und Migranten selbst entwickelt werden.

Vortragende:
Dr. Eveline Reisenauer ist wissenschaftliche Referentin in der Fachgruppe F2 „Familienpolitik und Familienförderung“ der Abteilung Familie und Familienpolitik am Deutschen Jugendinstitut e.V.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 08. – 09. Juni 2021

Veranstalter: AWO Bundesakademie

Drei Millionen Kinder und Jugendliche gelten in Deutschland als arm. Hierunter befinden sich auch viele Kinder im Krippen- und Kindergartenbereich. Für die Arbeit in Kindertageseinrichtungen stellt sich der Umgang mit armutsbelasteten Kindern und Familien als Herausforderung dar. Gleichwohl muss die Kindertageseinrichtung als wichtige Ressource zur Stärkung von armutsbetroffenen Kindern angesehen werden.

Im Seminar werden Wissen zu Armut und den Auswirkungen vermittelt und einhergehende Belastungen der Kinder und der Familien thematisiert. Die eigenen Bilder zu Armut und die pädagogische Arbeit werden aus einer vorurteilsbewussten Perspektive reflektiert.

Hier weiter informieren und anmelden!

AUS DEM ZFF

Das Zukunftsforum Familie (ZFF) begrüßt anlässlich der heutigen Anhörung des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag die Reformansätze zur Neuregelung der Kinderkrankentage aus dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. und dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mahnt aber grundsätzlichere Schritte an, die eine partnerschaftliche Gestaltung von Erwerbs- und Sorgearbeit ermöglichen sollen. 

Beide Entwürfe schlagen vor, die Freistellungsmöglichkeiten von Eltern aufgrund der Erkrankung eines Kindes auch über die Pandemie hinaus auszuweiten und sozial abzusichern. Während der Antrag der Grünen in den aktuellen Regelungen des SGB V verbleibt, schlägt die Linke vor, die Erkrankung von Kindern denen von Erwachsenen systematisch gleichzustellen: Durch Änderungen im Entgeltfortzahlungsgesetz sollen Eltern, die ihr erkranktes Kind betreuen, Anspruch auf längere Freistellungen sowie Lohnfortzahlung erhalten. Arbeitgeber*innen erhalten im Rahmen des U2-Umlageverfahrens eine volle Erstattung des gezahlten Lohns von den Krankenkassen. Ist ein Kind schwer bzw. chronisch erkrankt und/oder lebt mit Behinderungen, so soll der Anspruch für beide Elternteile gleichzeitig gelten.

Alexander Nöhring (Geschäftsführer des ZFF) erklärt dazu: „Aktuell zeigt sich, dass Eltern klare und verlässliche Regelungen benötigen, damit sie sich um ihr Kind bzw. ihre Kinder kümmern können, wenn diese sie brauchen. Das gilt sowohl in der Pandemie, solange der Zugang zu Kita und Schule nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, aber natürlich ebenso im Falle der Erkrankung eines Kindes. Wir begrüßen daher die vorgeschlagenen Regelungen und plädieren dafür, dass diese auch für die Zeit nach der Pandemie Eingang in die familienpolitische Regierungsarbeit finden. Denn eines bleibt klar: Die Erkrankung eines Kindes, erst recht dann, wenn das Kind chronisch krank ist oder mit Behinderungen lebt, richtet sich in der Dauer nicht nach den gesetzlichen Möglichkeiten der elterlichen Freistellung. Dass Eltern ihr krankes Kind betreuen, darf nicht wie eine Ausnahme von der Regel behandelt werden, sondern wie eine Selbstverständlichkeit!“

Nöhring ergänzt: „Sowohl der Gesetzesentwurf der Linken als auch der Antrag der Grünen tragen gute Ideen in sich: Das ZFF unterstützt auf der einen Seite die Idee der Linken, die Erkrankungen von Kindern denen von Eltern systematisch gleichzustellen und Eltern umfangreichere Freistellungsansprüche sowie eine Lohnfortzahlung zu ermöglichen. Auf der anderen Seite kann eine Anhebung der Altersgrenze von 12 auf 14 Jahre sowie eine verpflichtende Vorlage eines Krankenscheins des Kindes erst ab dem vierten Krankheitstag, wie die Grünen es vorschlagen, den Alltag vieler Familien entlasten. Beiden Entwürfen fehlen allerdings gleichstellungspolitische Perspektiven: Nach wie vor übernehmen Mütter den Löwenanteil an privat geleisteter Fürsorgearbeit und das erst recht bei der Betreuung kranker Kinder. Hier sind Nachbesserungen erforderlich, damit eine Ausweitung des Kinderkrankengeldes nicht den geschlechterpolitischen ‚Backlash‘, den wir derzeit erleben, zusätzlich unterstützt.“


Alexander Nöhring ist heute als Sachverständiger bei der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit geladen. Die öffentliche Anhörung wird zeitversetzt am 25.02. um 12 Uhr im Internet unter www.bundestag.de übertragen. Am Folgetag ist sie unter www.bundestag.de/mediathek abrufbar.


Die Stellungnahme des Zukunftsforum Familie e.V. anlässlich der öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zu dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch klare Regelung des Freistellungs- und Entgeltfortzahlungsanspruches bei Erkrankung der Kinder“ (BT-Drs. 19/22496) sowie zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Eltern mit kranken Kindern besser unterstützen – Lohnfortzahlungsanspruch und Kinderkrankengeld lebensnah reformieren“ (BT-Drs. 19/22501) finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 24.02.2021

Stellungnahme anlässlich der öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zu dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. “Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch klare Regelung des Freistellungs- und Entgeltfortzahlungsanspruches bei Erkrankung der Kinder” (BT-Drs. 19/22496) sowie zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN “Eltern mit kranken Kindern besser unterstützen – Lohnfortzahlungsanspruch und Kinderkrankengeld lebensnah reformieren” (BT-Drs. 19/22501).

Die Stellungnahme finden Sie hier.

Wir möchten Sie heute auf unsere Veranstaltung aufmerksam machen:

Fachtagung „Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“

Termin: 06.05.2021

Online-Fachtagung

Eine Kooperation zwischen dem Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) und dem Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO)

Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist eine der zentralen familienpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Von den derzeit ca. drei Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden etwa ¾ zu Hause gepflegt und überwiegend von Angehörigen versorgt. Die meisten Menschen wollen diese Aufgabe übernehmen. Doch dem Bedürfnis, füreinander Verantwortung zu übernehmen, Sorge zu tragen und Zuwendung zu schenken, stehen keine Regelungssysteme gegenüber, welche die Vereinbarkeit von familiärer Pflege und Erwerbstätigkeit nachhaltig unterstützen. Die Situation hat sich unter den Bedingungen der Corona-Krise weiter verschärft. In der Folge sind viele pflegende Angehörige – überwiegend Frauen – enormen finanziellen, physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt.

Wie kann aber eine moderne Familien- und Sozialpolitik aussehen, die die Bedarfe (erwerbstätiger) pflegender Angehöriger in den Mittelpunkt stellt und die Sorge um Pflegedürftige als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift?

Gemeinsam mit Ihnen wollen wir dazu ins Gespräch kommen und diskutieren, wie Instrumente für eine gute Vereinbarkeit aussehen können. Wir freuen uns auf Vorträge von Prof. Dr. Andreas Hoff (Hochschule Zittau/Görlitz) und Prof. Dr. Diana Auth (FH Bielefeld) und Einblicke aus der Praxis.

Wir bitten Sie, sich den Termin vorzumerken, gerne können Sie diese Vorankündigung auch an Interessierte weiterleiten. Die weiteren Details und Informationen, insbesondere zum Programm und zur Anmeldung, werden Ihnen rechtzeitig vor der Veranstaltung zugehen.

Mit freundlichen Grüßen

Britta Altenkamp                                        Brigitte Döcker

Vorsitzende, ZFF                                       Vorstandsmitglied, AWO Bundesverband 

AKTUELLES

Im Juni und Juli 2020 wurde im Rahmen des Deutschen Alterssurveys (DEAS) eine Kurzbefragung zu den Auswirkungen der Corona-Krise durchgeführt. Im Mittelpunkt der Befragung standen Veränderungen in
verschiedenen Lebensbereichen, die während der Pandemie bei Menschen in der zweiten Lebenshälfte aufgetreten sind.

Die Quote der informell geleisteten Unterstützung und Pflege steigt. Im Jahr 2017 haben 16 Prozent aller 46- bis 90-Jährigen für andere Personen gesundheitsbedingte Unterstützung oder Pflege erbracht. Während der ersten Welle der Corona-Pandemie sind es 19 Prozent. Dieser Anstieg geht vor allem auf die Frauen zurück, deren Unterstützungsquote von 18 Prozent auf 22 Prozent gestiegen ist.

Die Unterstützung und Pflege innerhalb der Nachbarschaft nimmt deutlich zu. Der Anteil der Unterstützungs- und Pflegeleistenden, die sich an der Versorgung von Nachbar*innen beteiligen, ist von 7 Prozent (2017) auf 17 Prozent (2020) angestiegen. Aber auch für Freund*innen zeigt sich ein Zuwachs von 7 Prozent (2017) auf 11 Prozent (2020). (Schwieger-)Eltern
sind auch 2020 die größte Empfänger*innengruppe von Unterstützung und Pflege (55 Prozent). Lediglich die
Partner*innenunterstützung und -pflege ist leicht zurückgegangen.

Unterstützungs- und Pflegeleistende schätzen ihre Gesundheit weniger gut ein als vor der Corona-Krise. Unter den Unterstützungs- und Pflegeleistenden ist der
Anteil derer, die ihre Gesundheit als gut oder sehr gut bewerten, von 59 Prozent auf 56 Prozent zurückgegangen. Demgegenüber schätzen Personen ohne Unterstützungs- oder Pflegeverpflichtung ihre Gesundheit während der Corona-Krise besser ein als zuvor.

Bei Unterstützungs- und Pflegeleistenden zeigt sich eine deutliche Verschlechterung ihrer psychosozialen Gesundheit gegenüber vor der Corona-Krise. Der Anteil der Unterstützungs- und Pflegeleistenden mit depressiven Symptomen hat zwischen 2017 (6 Prozent) und 2020 (15 Prozent) zugenommen. Das Gleiche gilt für
den Anteil derer, die sich einsam fühlen:
2017 waren 8 Prozent einsam und 2020 sind es 13 Prozent. Dabei sind Frauen von diesen Negativ-Trends stärker betroffen als Männer.

Unterstützungs- und Pflegeleistende berichten von fehlender informeller und professioneller Hilfe. Ein Viertel der Personen, die während der ersten CoronaWelle andere unterstützen oder pflegen, haben sich hierbei mehr Hilfe und Entlastung gewünscht, vor allem aus der Familie.

Die gesamte Ausgabe finden Sie hier.

  1. Angesichts der schwierigen Lage, in der sich junge Menschen aufgrund der Corona-Pandemie und des Lockdowns in vielen Fällen befinden, erscheint die Untersagung wesentlicher Teile der Jugendarbeit nicht verhältnismäßig. Im Hinblick darauf, dass es möglich ist, auf vielfältige Weise präsenz- bzw. kontaktlose Angebote zu unterbreiten, ist ein solches Verbot zur Verhinderung der Verbreitung der Pandemie nicht erforderlich.
  2. Eine Beschränkung auf präsenz- bzw. kontaktlose Angebote der Jugendarbeit erscheint auch bei hohen Infektionszahlen ausreichend, um mögliche Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung durch die Angebote auszuschließen. Sinken die Infektionszahlen, ist auch die Möglichkeit einer Durchführung von aufsuchender Arbeit sowie von Präsenzangeboten mit beschränkter Teilnehmerzahl unter Abstands- und Hygieneauflagen zu prüfen.
  3. Zudem ist der Verordnungsgeber bei dem Erlass von Schutzmaßnahmen gehalten, das aus dem Rechtsstaatsgebot gemäß Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Gebot der Normenbestimmtheit und der Normenklarheit zu beachten. Das bedeutet, dass die Betroffenen imstande sein müssen, die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung zu erkennen, damit sie ihr Verhalten danach ausrichten können.

Unter dem Motto „Zugänge schaffen für arme Kinder und Familien im Landkreis Osnabrück“ haben die Landkreisverwaltung und das Programm „Präventionsketten Niedersachsen“ in den vergangenen vier Jahren gemeinsam an einer integrierten Strategie für bessere Teilhabechancen für alle Kinder gearbeitet. Besonderes Highlight dieses Prozesses: Die „Checkliste Armutssensibilität“!

Das praxisnahe Instrument richtet sich an Mitarbeitende aus Politik, Verwaltung, Pädagogik und vielen weiteren Fachbereichen und stellt die Kernfrage: Handeln wir tatsächlich im Sinne armer Kinder und Familien?! Das Thema Kinderarmut soll dauerhaft im Blick behalten und Angebote und Leistungen für Familien grundsätzlich armutssensibel gestaltet werden. Dazu braucht es an vielen Stellen und von vielen Personen Kenntnis über das Ursachen und Ausmaß von Armut, eine reflektierte Haltung sowie das entsprechende Handeln, von dem arme Kinder tatsächlich profitieren. Deshalb führen Reflexionsfragen sowie Aussagen für armutssensibles Handeln die Nutzer*innen durch die Checkliste und verschiedene Themen. Die Kernaussagen können bei Zutreffen mit einem Häkchen versehen werden, sodass die persönliche Einschätzung visuell festgehalten und später nachvollzogen werden kann.

Auf der Website kinderarmut-im-blick.de wartet die Checkliste in einer druckbaren Kurz- sowie in einer digitalen Langversion auf Sie! Insbesondere die Langversion der „Checkliste Armutssensibilität“ regt zu einer intensiven Betrachtung des eigenen professionellen Umgangs mit armen Kindern und ihren Familien an.

Die Materialien sollen zum Diskurs und zum Nachdenken mit Kolleg*innen und anderen Professionen anregen. Inhaltliche Anfragen können an Christina Kruse (Fachreferentin Programm „Präventionsketten Niedersachsen“ Christina.kruse@gesundheit-nds.de) oder Janna Fabian (Fachdienst Jugend Landkreis Osnabrück, Janna.fabian@lkos.de) gerichtet werden.