ZFF-Info 16/2022

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AUS DEM ZFF

In diesen Tagen wird der Koalitionsvertrag der Ampelparteien ein Jahr alt. Das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) hat von Anfang an die familien- und gleichstellungspolitischen Pläne der Ampelparteien begrüßt. Nach einem Jahr ziehen wir aber eine ernüchternde Bilanz: Viele der angekündigten Vorhaben sind auf Grund von Finanzierungsvorbehalten steckengeblieben oder verschoben worden. Der erhoffte Aufbruch lässt daher noch auf sich warten.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Kinder, Jugendliche und ihre Familien brauchen gerade jetzt Unterstützung: Neben der andauernden Coronakrise hat sich – ausgehend vom Krieg Russlands gegen die Ukraine – eine Wirtschaftskrise entwickelt, die mit enorm hohen Energiekosten Familien zusätzlich belastet. Zwar wurde der Kinder-Sofortzuschlag eingeführt sowie eine Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderzuschlags beschlossen. Diese Leistungen reichen aber bei Weitem nicht, denn sie gleichen noch nicht einmal die Inflation aus. Es ist daher an der Zeit, Familien, Kinder und Jugendliche mit ihren Sorgen und Ängsten ernst zu nehmen und die angekündigten Vorhaben umfassend und zügig umzusetzen.“

Altenkamp ergänzt: „Familien warten derzeit aber vergebens auf die Umsetzung vieler familien- und gleichstellungspolitischen Impulse der Ampelkoalition: Die Kindergrundsicherung, eigentlich für 2023 geplant, verzögert sich aus Gründen des Finanzierungsvorbehaltes und wird voraussichtlich nicht existenzsichernd ausgestaltet. Hier vermissen wir zusätzlich den politischen Willen, das kindliche Existenzminimum bedarfsgerecht auszugestalten. Ebenfalls werden gute und sinnvolle Maßnahmen wie das Startchancenprogramm zu langsam angegangen. Auch Vorhaben, die zu einer gerechten Absicherung der Sorgearbeit im Lebensverlauf beitragen – von der Freistellung des zweiten Elternteils nach der Geburt bis hin zu Instrumenten zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf –  lassen auf sich warten.

Das entspricht nicht den selbst gesteckten Zielen der Ampelkoalition, Familien  vermehrt aus der Armut zu holen, Partnerschaftlichkeit zu stärken und der Vielfalt der Familie mehr Zeit und Anerkennung zu ermöglichen. Wir fordern daher ein zügiges Umdenken und eine Prioritätensetzung hin zu mehr Umverteilung und sozialer Gerechtigkeit!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 07.12.2022

Die Mitgliedsorganisationen des Bündnisses Sorgearbeit fair teilen fordern, die im Koalitionsvertrag verankerten Maßnahmen zur Verringerung der Sorgelücke zügig umzusetzen und die Finanzierung hierfür sicherzustellen. 

Das ZFF ist einer von 26 Mitgliedsverbänden des zivilgesellschaftlichen Bündnisses Sorgearbeit fair teilen. Das Bündnis setzt sich für die geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit im Lebensverlauf ein. Seine Mitgliedsverbände haben sich zum Ziel gesetzt, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft für den Gender Care Gap und seine Auswirkungen zu sensibilisieren und sich für die Schließung der Sorgelücke einzusetzen.

Die Pressemitteilung des Bündnisses finden Sie hier.

Den Offenen Brief des Bündnisses finden Sie unter: https://www.sorgearbeit-fair-teilen.de/wp-content/uploads/2022/12/BSFT-Offener-Brief-Partnerschaftlichkeitspaket.pdf

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 06.12.2022

Der Monitor #Jugendarmut 2022 ist erschienen: Über 4 Millionen Kinder und Jugendliche sind derzeit von bedroht und erleben täglich, was es heißt, abgehängt zu sein vom Rest der Gesellschaft. Das Interview mit dem ZFF-Geschäftsführer Alexander Nöhring finden Sie hier: Interview Noehring – Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e.V.

SCHWERPUNKT I: Kompromiss Bürger*innengeld

Der Vermittlungsausschuss hat am Mittwochabend über den Beschlussvorschlag zum Bürgergeld entschieden. Der gefundene Kompromiss erhält den Kern der Reform. Denn Bürgergeld heißt: Respekt vor Lebensleistung und ein Umgang auf Augenhöhe.

„Dem Vermittlungsausschuss wurde am Mittwoch ein Kompromiss zur Bürgergeldreform vorgelegt, den die Ampel und Unionsparteien erarbeitet haben. Diese Einigung ebnet den Weg für die Zustimmung im Bundesrat. Das ist ein Erfolg, denn der Kern unseres Gesetzentwurfes bleibt dabei erhalten. Die Kompromisse bei Karenzzeit und Schonvermögen, die für die Einigung nötig waren, beschneiden nicht den grundlegenden Kulturwandel, den das Bürgergeld bedeutet.

Es bleibt dabei: Das Bürgergeld ist die größte Sozialreform seit Jahrzehnten. Diese wichtigen, zentralen Säulen des Bürgergelds werden ab dem 1. Januar zum Tragen kommen:

Mehr Fördern und Fordern: Wer von Beginn an mitwirkt, wird nicht mit Sanktionen bedroht. Gleichzeitig bauen wir die individuelle und passgenaue Unterstützung aus, zum Beispiel durch das Entfristen des sozialen Arbeitsmarkts, aufsuchende Beratungsangebote, Weiterbildungsgeld, Coaching und Bürgergeldbonus.

Mehr Nachhaltigkeit: Der Vermittlungsvorrang wird abgeschafft – für eine nachhaltige Vermittlung in passende Jobs, statt eine schnelle Vermittlung in irgendeinen Job.

Mehr Leistungsgerechtigkeit: Die Zuverdienstmöglichkeiten für junge Leute werden verbessert, sodass sie früh die Erfahrung machen können, dass sich Arbeit lohnt.

Mehr Geld: Der Regelsatz wird um 53 Euro im Monat erhöht.

Weniger Bürokratie: Wir entlasten die Jobcenter von Rückforderungen und Kontrollen, stattdessen gibt es mehr Kapazitäten für Vermittlung und Betreuung.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 24.11.2022

Das Bürgergeld-Gesetz (20/3873) der Bundesregierung, das der Bundestag am 10. November beschlossen hat, ist durch den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat in einigen Punkten geändert worden.

Die nun vorliegende Beschlussempfehlung (20/4600) des Vermittlungsausschusses sieht unter anderem folgende Änderungen beim Bürgergeld vor: Die sechsmonatige, weitgehend sanktionsfreie Vertrauenszeit zu Beginn des Bürgergeld-Bezugs fällt weg. Statt nur um zehn Prozent sollen die Regelleistungen von Beginn an in Stufen um bis zu 30 Prozent gekürzt werden können. Die bisherige Karenzzeit von zwei Jahren wird auf ein Jahr verkürzt. In dieser Zeit soll die Angemessenheit der Wohnung und des Vermögens nicht geprüft werden. Das Schonvermögen bleibt künftig nur noch bis zu 40.000 Euro (statt 60.000 Euro) vor Anrechnung geschützt. Alle weiteren Haushaltsmitglieder dürfen mit 15.000 Euro nur noch halb so viel behalten wie ursprünglich geplant.

Die Anrufung des Vermittlungsausschusses war nötig geworden, nachdem das zustimmungspflichtige Gesetz am Widerstand der unionsgeführten Bundesländer im Bundesrat gescheitert war.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 685 vom 24.11.2022

Die Nationale Armutskonferenz (nak) stellt fest, dass mit der Blockade des Bürgergeldes im Bundesrat und dem anschließenden Kompromiss zum Bürgergeld wieder Kontrolle von Armen statt Bekämpfung von Armut ins Zentrum der Sozialpolitik gerückt wurden.

„Im Bürgergeld-Entwurf gab es erste zarte Ansätze, Sanktionen deutlich abzumildern, Beratung menschenfreundlicher zu gestalten und umfassendere Hilfen zu verwirklichen“, fasst Carmen Mauerer vom Koordinierungskreis der Nationalen Armutskonferenz zusammen. „Diese Ansätze sind noch zarter geworden. Die harte Diskriminierung und Brandmarkung von sozial Ausgegrenzten, die besonders unter der gegenwärtigen Krise leiden, ist dagegen in den Vordergrund geraten“. Darüber hinaus lägen die Regelsätze weiterhin deutlich unter dem tatsächlichen Existenzminimum und die Erhöhung zum 1. Januar gleiche nicht einmal die Inflation voll aus.

Starke Kritik an dieser Entwicklung gibt es von den Teilnehmenden des „Treffens der Menschen mit Armutserfahrung“, das die nak regelmäßig ausrichtet: „Es entsetzt uns Menschen mit Armutserfahrung, wie mit einer menschenfeindlichen Desinformationskampagne der Opposition mögliche Fortschritte innerhalb des Bürgergeldes verhindert werden sollten. Stattdessen muss die personelle und fachliche Überlastung, sowie die schlechte Erreichbarkeit der Jobcenter endlich als gesellschaftliches Problem wahrgenommen und gelöst werden“, so Kay Raasch aus Freiburg.

Er betont: „Jetzt muss die Debatte darüber geführt werden, wie die Jobcenter die kommenden Aufgaben menschengerecht und lebensnah erfüllen sollen und die Menschen das Lebensnotwendige bekommen, statt auf die Warteschlangen vor den Tafeln verwiesen zu werden.“ Auch die Finanzierung hierfür müsse sichergestellt werden.

Antonie Krause aus Kiel kritisiert: „Die Konzentration auf Sanktionen soll einen substantiellen Wandel verhindern. Es droht ein Etikettenwechsel statt des angekündigten Kulturwandels. Dieses Anprangern von in Armut Lebenden statt von Armut ist respektlos. Wir vermissen einen kritischen Umgang der Medien mit diesen Kampagnen. Regelmäßig wurden und werden bewusst Falschinformationen über in bitterer Armut Lebende verbreitet, die mit der Realität von Menschen, welche um ihre Existenz kämpfen, nichts zu tun haben.“

Monja Ben Messaoud aus dem Bundesland Baden-Württemberg, fasst diese Entwicklung wie folgt zusammen: „Bevormundung und Paternalismus werden mit dem Bürgergeld nicht überwunden. Diese Haltung verhindert, dass Leistungsberechtigte eigenständig eine Perspektive für ein Heraustreten aus der Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung entwickeln können. Die Politik muss sich endlich ernsthaft mit der Überwindung von Armut auseinandersetzen, statt ideologische Debatten auf dem Rücken der Betroffenen zu führen.“

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 24.11.2022

SCHWERPUNKT II: Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

Bundesministerinnen Lisa Paus und Nancy Faeser stellen Auswertung der Polizei-Statistik für 2021 vor

Während die Anzahl der Opfer von Gewalt in Partnerschaften von 2020 auf 2021 um drei Prozent gesunken ist, stieg sie in den vergangenen fünf Jahren insgesamt um 3,4 Prozent, von 138.893 in 2017 auf 143.604 im vergangenen Jahr. Ganz überwiegend trifft diese Gewalt Frauen, während die Täter meist Männer sind: 2021 waren 80,3 Prozent der Opfer weiblich, 78,8 Prozent der Tatverdächtigen waren männlich. Das zeigt die Kriminalistische Auswertung Partnerschaftsgewalt 2021, die Bundesfrauenministerin Lisa Paus und Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, heute in Berlin vorgestellt haben.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: „Jede Stunde erleiden durchschnittlich 13 Frauen Gewalt in der Partnerschaft. Beinahe jeden Tag versucht ein Partner oder Expartner eine Frau zu töten. Fast jeden dritten Tag stirbt eine Frau durch ihren derzeitigen oder vorherigen Partner. Das ist die Realität. Realität ist auch, dass viele Gewaltopfer Angst haben, sich Hilfe zu holen. Deshalb brauchen wir ein flächendeckendes, niedrigschwelliges Unterstützungsangebot, in der Stadt genauso wie auf dem Land. Ich kämpfe dafür, die Lücken im Netz der Frauenhäuser und Beratungsstellen zu schließen. Wir werden eine einheitliche Rechtsgrundlage schaffen, um die Hilfeeinrichtungen verlässlich finanziell absichern zu können. Damit Frauen in Zukunft überall in Deutschland einen sicheren Zufluchtsort und kompetente Beratung und Hilfe finden.“

Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Wir dürfen Gewalt gegen Frauen niemals akzeptieren. Sondern wir müssen ihr entschlossen entgegentreten! Für uns als offenes und demokratisches Land ist die Gleichstellung von Männern und Frauen ein unabdingbarer Teil unseres gesellschaftlichen Wertefundamentes. Wir müssen Gewalt gegen Frauen noch klarer als solche benennen und noch besser erfassen, um sie wirksam bekämpfen zu können. Es darf keinerlei Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen geben. Wenn Männer Frauen töten, weil sie Frauen sind, dann ist es angemessen und auch notwendig, von „Femizid“ zu sprechen. Männer, die Gewalt gegen Frauen ausüben, egal ob psychische oder physische, sind Straftäter. Straftäter, die wir mit aller Härte verfolgen. Denn was sie tun, ist abscheulich und steht unseren gesellschaftlichen Grundwerten fundamental entgegen.“

Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch: „Der Begriff Partnerschaftsgewalt umfasst sowohl psychische als auch physische Gewalttaten – bis hin zu Tötungsdelikten. Auch wenn wir mit -2,5% der Fälle in 2021 einen leichten Rückgang verzeichnen, zeigt die Tendenz bei den registrierten Fallzahlen in diesem Kriminalitätsbereich in den vergangenen Jahren kontinuierlich nach oben. Zudem werden viele dieser Taten, denen inmitten unserer Gesellschaft tagtäglich weit überwiegend Frauen zum Opfer fallen, nach wie vor nicht bei der Polizei gemeldet. Für das BKA ist es daher eine Kernaufgabe, das Dunkelfeld weiter auszuleuchten und mit entsprechender Forschung Informationen zur Verbreitung, Risikofaktoren, dem Anzeigeverhalten sowie der Nutzung von Hilfs- und Unterstützungsangeboten zu generieren. Denn nur auf Grundlage einer soliden Datenbasis lassen sich wirkungsvolle Bekämpfungs- und Präventionskonzepte erarbeiten. Darüber hinaus gilt: Hinsehen statt wegschauen! Sowohl die Beratungsstellen als auch die Polizei sind für Sie da. Jede Anzeige eines solchen Delikts – durch Betroffene selbst, aber auch durch Zeuginnen und Zeugen – trägt dazu bei, die Täter zur Verantwortung zu ziehen.“

Kernaussagen zur Partnerschaftsgewalt 2021:

(in Klammern die Angaben für 2020;)

  • 143.016 Fälle von Gewalt in Partnerschaften (146.655)
  • 143.604 Opfer (148.031), davon 80,3 % weiblich (115.342), 19,7 % männlich (28.262)

Art der Delikte:

  • 59,6 % vorsätzliche einfache Körperverletzung
  • 24,2 % Bedrohung, Stalking, Nötigung
  • 12,2 % gefährliche Körperverletzung
  • 2,5 % Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexuelle Übergriffe
  • 0,3 % Mord und Totschlag
  • 1,3 % andere Delikte

Die Polizeiliche Kriminalstatistik registriert die Straftaten nicht nach der Tatzeit, sondern zum Zeitpunkt der Abgabe an die Staatsanwaltschaft.

2021 wurden insgesamt 369 Personen als Opfer von versuchtem und vollendeten Mord und Totschlag (0,3 %) erfasst. Die Anzahl der Opfer bei vollendetem Mord und Totschlag lag bei 121, davon 109 weibliche und 12 männliche. Hinzu kommen vier Fälle von Körperverletzung mit Todesfolge durch Partnerschaftsgewalt bei Frauen und zwei Fälle bei Männern. Damit sind 113 Frauen und 14 Männer Opfer von Partnerschaftsgewalt mit tödlichem Ausgang geworden.

Trotz Pandemie und Corona-Schutzmaßnahmen ergab sich auch 2021 kein signifikanter Anstieg der Fälle von Partnerschaftsgewalt: Insgesamt wurden 139.327 Fälle von Partnerschaftsgewalt mit Tatzeit innerhalb des Jahres 2021 registriert. Das entspricht einem Anstieg von 0,6 % verglichen mit dem Vorjahr. Möglicherweise hat die Situation während der Pandemie das Anzeigeverhalten von Opfern und die Möglichkeiten zur Aufdeckung durch Dritte beeinflusst. Daher könnte sich das tatsächliche Ausmaß von Partnerschaftsgewalt vergrößert haben, ohne von der Polizei registriert zu werden. Darauf deuten die Auswertungen des bundesweiten Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“ hin. Diese zeigen, dass die Zahl der Beratungskontakte in den Corona-Lockdowns zugenommen hat: 2021 wurden mehr als 54.000 Beratungen dokumentiert, rund fünf Prozent mehr als im Vorjahr.

Um einen besseren Einblick in das sogenannte Dunkelfeld zu erhalten, führen das Bundesinnenministerium und das Bundesfrauenministerium gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt eine repräsentative Befragung zu Gewalterfahrungen durch, die nicht der Polizei gemeldet wurden. Die Studie soll helfen, Kenntnisse über das Dunkelfeld bei häuslicher Gewalt und sexualisierter Gewalt zu sammeln, um Hilfsangebote und Opferschutzangebote zielgenau ausbauen zu können.

Weitere Informationen unter: www.bka.de/lesubia  

Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ bietet Frauen unter der Nummer 08000 116 016 rund um die Uhr kostenlose und anonyme Beratung in 18 Sprachen an. Weitere Informationen unter www.hilfetelefon.de  

Die Kriminalistische Auswertung Partnerschaftsgewalt 2021 des Bundeskriminalamtes finden Sie hier: https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/Partnerschaftsgewalt/partnerschaftsgewalt_node.html

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 25.11.2022

Am 25. November ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Auch im 21. Jahrhundert gehört geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen zur bitteren Realität. Weltweit, auch in Deutschland. Die SPD-Bundestagsfraktion macht sich dafür stark, dass sich das ändert – für ein gewaltfreies Leben für Frauen.

Leni Breymaier, frauenpolitische Sprecherin:

„Seit Wochen gehen Frauen und Männer im Iran auf die Straße, um für Freiheit und Frauenrechte zu kämpfen. Das brutale Vorgehen des iranischen Regimes gegen Demonstrierende verurteilen wir aufs Schärfste und stehen solidarisch an der Seite derjenigen, die mit ihrem unfassbaren Mut für eine freie Gesellschaft kämpfen.

Für die SPD-Fraktion hat der Kampf gegen Gewalt an Frauen höchste Priorität. Wir setzen uns für eine ressortübergreifende Strategie gegen Gewalt ein. Dabei wollen wir besonders die Gewaltprävention und Rechte der Betroffenen in den Fokus nehmen. Als wichtigstes völkerrechtliches Instrument im Kampf gegen Gewalt an Frauen werden wir die Istanbul-Konvention mit einer staatlichen Koordinierungsstelle vollständig umsetzen. Gewalt gegen Frauen ist menschenverachtend. Daher werden wir das Strafrecht konkretisieren und geschlechtsspezifische Tatmotive ausdrücklich in die Liste menschenverachtender Tatmotive aufnehmen. Ist eine Straftat durch das Geschlecht des Opfers motiviert, soll dies zu einer Verschärfung der Strafe führen.“

Ariane Fäscher, zuständige Berichterstatterin:

„Gewaltbetroffene Frauen brauchen verlässlichen Schutz. Das Recht darauf werden wir für jede Frau und ihre Kinder absichern. Mit dem Bundesförderprogramm ‚Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen‘ fördern wir bereits erfolgreich den bundesweiten Ausbau von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen. Wir werden einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern sicherstellen und das Hilfesystem bedarfsgerecht ausbauen. Künftig ist eine Bundesbeteiligung an der Regelfinanzierung vorgesehen.

Unser Koalitionsvertrag ist auch ein Vertrag für ein gewaltfreies Leben für Frauen. Die Beseitigung geschlechtsspezifischer Gewalt sowie der Schutz und die Unterstützung der Betroffenen müssen immer ganz oben auf der politischen Agenda stehen. Dafür machen wir uns stark.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 24.11.2022

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen erklären Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik, und Denise Loop, Obfrau im Familienausschuss:

Gewalt gegen Frauen ist Alltag, auch in Deutschland. Als Ampelregierung gehen wir deshalb Gewalt gegen Frauen gezielt und vorrangig an: Wir setzen die Istanbul-Konvention vorbehaltlos um, richten dafür eine Koordinierungsstelle im Ministerium ein und stärken effektiv die Programme gegen Gewaltschutz. Damit endlich alle Frauen und Mädchen in Deutschland ein Leben frei von Gewalt führen können.

Das heißt konkret, dass wir als Ampelregierung die unabhängige Berichterstattungsstelle zu geschlechtsspezifischer Gewalt am Deutschen Institut für Menschenrechte (DIMR) eingerichtet haben. Sie dient zur langfristigen Beobachtung, Datenerfassung und Bewertung des Umsetzungsstands der Istanbul-Konvention in Deutschland. Weiterhin wird die Koordinierungsstelle im Bundesfamilienministerium eingerichtet, um den Umsetzungsprozess der Istanbul-Konvention effektiv und ressortübergreifend zu koordinieren.

Dass geschlechtsspezifische Gewalt ein strukturelles Problem ist, zeigt auch die aktuelle Kriminalstatistik zu Partnerschaftsgewalt: Frauen erfahren Gewalt, weil sie Frauen sind. Geschlechtsspezifische Gewalt betrifft Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten und kann viele unterschiedliche Formen annehmen – es gibt digitale, psychische, sexualisierte und körperliche Gewalt, die separat oder gleichzeitig auftreten können.

Besonders gefährlich ist für Frauen das eigene Zuhause. Mehr als die Hälfte der gewaltbetroffenen Frauen lebt mit der gewaltausübenden Person, meist dem männlichen Partner, in einem Haushalt. Gewalterfahrungen werden häufig aus Scham verschwiegen, aber auch deswegen, weil Frauen von den Tätern finanziell oder anderweitig abhängig sind.

Die Vorgängerregierung hatte vor vier Jahren Vorbehalte gegen Artikel 44 und Artikel 59 der Istanbul-Konvention eingelegt, die u.a. die Situation von Frauen und Mädchen ohne eigenen Aufenthaltstitel betreffen. Diese Vorbehalte haben wir aufgehoben, damit gilt die Istanbul-Konvention ab Februar 2023 in Deutschland uneingeschränkt. Denn jede Frau und jedes Mädchen hat ein Recht auf ein Leben frei von Gewalt, unabhängig von Aufenthaltsstatus, Einkommen, sexueller Orientierung oder Religion.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im deutschen Bundestag vom 25.11.2022

Anlässlich der Vorstellung der Kriminalstatistischen Auswertung von Partnerschaftsgewalt im Jahr 2021 erklären Dr. Irene Mihalic, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin und Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Dr. Irene Mihalic:
Fast ein Fünftel der in der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik erfassten Opfer sind Opfer von Gewalt in Partnerschaften. Ganz überwiegend sind Frauen von dieser Gewalt betroffen. Erschreckend ist, dass 60 Prozent der festgestellten Gewalttaten in bestehenden Ehe- und Lebenspartnerschaften stattfindet. Das eigene Zuhause ist für die betroffenen Personen damit kein sicherer Ort.

Auch wenn sich auf Grundlage dieser Daten kein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Pandemie und der Entwicklung der Fallzahlen feststellen lässt, ist zu vermuten, dass sich die Situation für viele Frauen und von Partnerschaftsgewalt betroffene Menschen weiter verschärft hat. Die Möglichkeiten für Betroffene, der Gewalt im eigenen Hause zu entgehen und sie zu melden, waren womöglich stark eingeschränkt. Dunkelfeldforschung spielt daher eine wichtige Rolle und muss noch weiter ausgebaut werden. Der im Koalitionsvertrag verankerte Periodische Sicherheitsbericht ist daher ein wichtiger Schritt, um das Dunkelfeld im Bereich der Partnerschaftsgewalt weiter aufzuhellen.“

Ulle Schauws:
„Gewalt gegen Frauen ist noch immer Alltagsrealität in Deutschland. Innerhalb einer Partnerschaft erfahren jede Stunde im Durchschnitt 13 Frauen Gewalt, alle drei Tage stirbt eine Frau durch die Hand ihres gewalttätigen, meist männlichen (Ex-)Partners. Laut der aktuellen Kriminalstatistik sind die Gewaltausübungen in über 39 Prozent der polizeilich registrierten Fälle ehemalige Partner oder Partnerinnen, gut ein Drittel erfährt Gewalt in bestehenden Eheverhältnissen. In sehr geringerem Maße findet in nichtehelichen Lebensgemeinschaften Gewalt statt.

Die aktuelle Kriminalstatistik bestätigt, dass dabei immer noch knapp 80 Prozent der Gewaltausübenden Männer sind. Das zeigt: Wir haben immer noch ein extremes und strukturelles Problem in Bezug auf geschlechtsspezifische Gewalt, was endlich effektiv bekämpft werden muss. Gewaltprävention und Schutz vor Gewalt für alle Betroffenen muss umfangreich abgesichert werden. Im Koalitionsvertrag haben wir festgeschrieben, dass die Finanzierung von Frauenhäusern auch unter Beteiligung des Bundes sichergestellt werden soll. Das Recht auf Schutz vor Gewalt gilt für jede Betroffene und ihre Kinder.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 24.11.2022

Zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen erklärt die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion Nicole Bauer:

 „Häusliche Gewalt und jegliche Form geschlechterspezifischer Gewalt haben in unserer Gesellschaft keinen Platz und dürfen niemals toleriert werden. Menschen, die Gewalt erleben, müssen sich unserer Unterstützung sicher sein. Wir fordern daher, die Istanbul-Konvention in Deutschland so schnell wie möglich umfassend umzusetzen. Dazu gehören eine bessere Finanzierung der Frauenhäuser, verstärkte Präventions- und Täterarbeit, die bessere Koordination der verschiedenen Akteure in Bund und Ländern und mehr Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagnen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 24.11.2022

Am morgigen Freitag ist der Internationale Tag gegen Gewalt gegen Frauen. Dazu können Sie die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär, wie folgt zitieren:

Mehr Respekt für Frauen
Gewalt gegen Frauen passiert nicht nur in fernen Ländern. Sie passiert Frauen in Deutschland jeden Tag. Die neuesten Zahlen zu Partnerschaftsgewalt in Deutschland erschrecken. Die Bundesinnenministerin und die Bundesfamilienministerin konstatieren dazu aber leider nicht viel mehr als Selbstverständlichkeiten. Mehr Unterstützungsangebote, sichere Zufluchtsorte und Beratung sind nötig. Wo all dies fehlt, gerade in ländlichen Regionen, muss nachgesteuert werden. Absichtserklärungen reichen nicht, Frau Paus muss endlich handeln.

Hintergrund:
Die neuen BKA-Zahlen zu Partnerschaftsgewalt in Deutschland  finden Sie hier:
https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/Partnerschaftsgewalt/partnerschaftsgewalt_node.html

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 24.11.2022

„Viel zu lange hat die Regierung beim Gewaltschutz von Frauen und Mädchen einfach nur weggeschaut. Und noch immer gibt es keine ausreichenden Daten und auch keine umfassende Gewaltschutzstrategie, die alle Formen von Gewalt und die unterschiedlichen Lebensbedingungen von Frauen umfasst, wie z. B.  von Frauen mit Behinderungen“, erklärt Heidi Reichinnek, frauenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE, anlässlich des Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November. Reichinnek weiter:

„Frauen mit Behinderungen erfahren zwei- bis dreimal häufiger Gewalt, doppelt so häufig psychische und körperliche Gewalt und bis zu dreimal häufiger sexualisierte Gewalt. Und was unternimmt die Bundesregierung? Anstatt das Gewaltschutzsystem barrierefrei auszubauen, kürzt sie die Mittel zum Aus- und Umbau barrierefreier Frauenhäuser radikal um über 30 Prozent. Gewaltschutz sieht anders aus!

Ein Bericht von GREVIO, einer Expertinnen-Kommission des Europarates zur Umsetzung der Istanbul-Konvention (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt) hat kürzlich einmal mehr deutlich gemacht: Die Gewaltbetroffenheit von Frauen in Deutschland ist verheerend und das Fehlen einer Gesamtstrategie, um Gewalt gegen Frauen wirksam zu bekämpfen, katastrophal.

Auch deshalb haben wir diese Woche den Antrag „Istanbul-Konvention vorbehaltlos umsetzen“ in den Bundestag eingebracht, in dem wir fordern, dass die Bundesregierung unverzüglich einen Gesetzentwurf vorlegt, der entsprechend der Istanbul-Konvention die Anzahl der Beratungsstellen und Frauenhausplätze erhöht und deren bundesweit einheitlich Finanzierung garantiert.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 24.11.2022

Den heutigen internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen nimmt der AWO Bundesverband zum Anlass, um Leerstellen bei Schutz und Hilfe in Deutschland anzuprangern und Lösungen einzufordern. Dazu erklärt Selvi Naidu, Mitglied des AWO Bundesvorstandes: „Es gibt nach wie vor keine bundesweite Gesamtstrategie zur Umsetzung der Istanbul-Konvention mit beispielsweise zentralen Definitionen von Gewalt gegen Frauen, häuslicher Gewalt und Zielen z .B. von Prävention, es gibt keine systematische und geschlechtersensible Risikobewertung plus standardisiertem Sicherheitsmanagement, es fehlen auch Datenerfassungen und Statistiken zum Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt und Vieles mehr. Die Bundesrepublik hat sich dazu aber mit Ratifizierung der Istanbul-Konvention verpflichtet. Es ist ein Skandal, dass die Umsetzung derart stagniert.“

Im kürzlich veröffentlichten Bericht des unabhängigen Menschenrechtsüberwachungsgremiums GREVIO, dass die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (die sogenannte Istanbul-Konvention) überwacht, werden weitere gravierende Lücken im Gewaltschutz identifiziert und deren Beseitigung angemahnt. So wird gefordert, die Zahl verfügbarer, erreichbarer und barrierefreier spezialisierter Schutzräume für Frauen und Kinder zu erhöhen.

„Für Frauen mit vielen Kindern oder älteren jugendlichen Söhnen, für Frauen mit Behinderungen oder Frauen mit unsicherem Aufenthaltsstatus gibt es nach wie vor große Zugangsbarrieren. Komplexe Finanzierungsanforderungen für den Aufenthalt in einem Frauenhaus oder Wohnsitzauflagen sind weitere Hürden, die den Zugang zu Schutz und Hilfe erschweren und teils ganz versperren“, so Selvi Naidu, „Für gewaltbetroffene Frauen bedeutet dies oft, entweder beim gewaltausübenden Partner zu bleiben, in provisorischen Unterkünften unterzukommen oder obdachlos zu werden. Jeder Tag, an dem die Politik tatenlos bleibt, bringt Frauen und Kinder in Lebensgefahr. Der GREVIO-Bericht befeuert hoffentlich die Umsetzungsanstrengungen zur Istanbul-Konvention auf Bundesebene.“

Der AWO als Trägerin von Frauenhäusern, Fachberatungsstellen gegen häusliche Gewalt und Interventionsstellen ist die bundesweite finanzielle Absicherung der Hilfeinfrastruktur ein prioritäres Anliegen, damit gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder genau den Schutz und die Hilfe und Beratung erhalten, die sie brauchen. Naidu: „Wenn der Runde Tisch „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ von Bund, Ländern und Kommunen am 29.11.2022 zusammenkommt, dann erwarten wir, dass sehr zügig ein Entwurf für einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für die verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern und Beratungsangeboten für gewaltbetroffene Frauen vorgelegt wird. Es dürfen hier keine weiteren Jahre ungenutzt verstreichen.“

Die AWO als Teil des bundesweiten Gewaltschutznetzes für Frauen und deren mitbetroffene Kinder bietet in mehr als 40 Frauenhäusern und Schutzwohnungen sowie in Fachberatungs- und Interventionsstellen Beratung, Notfallhilfe und Schutz an.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 25.11.2022

Orangefarbene Bank und schwarze Kleidung: Brot für die Welt und Diakonie Deutschland demonstrieren gegen geschlechtsspezifische Gewalt

An einem „Thursday in Black“ greifen Brot für die Welt und Diakonie Deutschland heute das Thema geschlechterspezifischer Gewalt auf. Anlässlich des morgigen Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, der europaweit seit 1991 mit dem Anstrahlen zentraler Gebäude in der Farbe orange begangen wird, setzen Dagmar Pruin, Präsidentin Brot für die Welt, und Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik Diakonie Deutschland, in schwarz gekleidet auf einer orangefarbenen Bank ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen. Dabei blicken beide in diesem Jahr besonders in Richtung Iran: „Mit unserer Arbeit leisten wir einen wichtigen Beitrag beim Kampf gegen Gewalt gegen Frauen. Mit der orangen Bank setzen wir auch optisch ein Zeichen, Gewalt gegen Frauen nicht zu tolerieren,“ erklären Pruin und Loheide.

In diesen drei Bereichen tritt Gewalt gegen Frauen besonders stark auf: sexualisierte Gewalt in Kriegssituationen, sexualisierte Gewalt im Netz und Gewalt in den eigenen vier Wänden. „Gewalt gegen Frauen ist leider nach wie vor ein großes Thema. Vor allem in autoritären Regimen, aber auch im Nahen und Mittleren Osten oder in Nordafrika gibt es kaum Rechtsnormen, die Frauen vor Gewalt schützen“, sagt Brot für die Welt-Präsidentin Pruin. Die Hilfsorganisation unterstützt Frauen weltweit in ihrem Kampf und fördert Projekte, die mit Aufklärung gegen Gewalt gegen Frauen und Mädchen vorbeugen. „Die Rechte von Frauen und Mädchen dürfen nicht durch so ein brutales Vorgehen gegen die eigene Bevölkerung wie in Iran beschnitten werden. Aber auch der alltäglichen Unterdrückung von Frauen durch Kleidervorschriften sowie die Ahndung von Verstößen schauen wir nicht tatenlos zu. Wir unterstützen beispielsweise im Stipendienprogramm für geflüchtete Frauen derzeit zwei Stipendiatinnen, die schon vor einger Zeit aus dem Iran geflohen sind, weil sie sich für mehr Frauenrechte eingesetzt haben“, erklärt Pruin. Sie fordert die Bundesregierung auf, weltweit – und derzeit besonders in Iran – die politischen und gesellschaftlichen Anstrengungen zur Gleichberechtigung zu fördern. Denn Gewalt gegen Frauen sei Ausdruck historisch verwurzelter patriarchalischer Geschlechter- und Machtverhältnisse, untergrabe die Autonomie von Frauen und verhindere ihre gesellschaftliche Teilhabe.

Auslöser für die Massenproteste in Iran war der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini im September. Die Proteste halten an und das Mullah-Regime bringt nach wie vor Demonstrant:innen vor Gericht.

Geschlechtsspezifische Gewalt ist in allen Kulturen und Gesellschaftsschichten präsent. Auch hierzulande gehört Gewalt für viele Frauen zum Alltag. Allein 2021 waren laut der heute vorgestellten Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes über 80 Prozent der Opfer von häuslicher Gewalt in Deutschland Frauen. In den Deliktsbereichen Vergewaltigung und sexuelle Nötigung, bei der Freiheitsberaubung oder im Bereich Bedrohung, Stalking, Nötigung ist der prozentuale Anteil weiblicher Opfer an allen Opfern von Partnerschaftsgewalt besonders hoch. „Wir wollen mit der Bank Frauen ermutigen, Gewalt nicht hinzunehmen und zu tolerieren, sich ihr zu widersetzen und die zahlreichen Hilfsangebote wie Frauenhäuser oder Hilfetelefone zu nutzen“, erklärt Diakonie-Vorständin Maria Loheide. „Wir wünschen uns, dass viele – Frauen wie Männer, Organisationen und Initiativen – es uns gleichtun und ein deutliches, öffentliches Statement gegen Gewalt gegen Frauen setzen“, sagt Loheide und ruft dazu auf, ein Foto auf der orangen Bank gegen Gewalt an Frauen in den sozialen Medien zu posten, Brot für die Welt und Diakonie Deutschland zu markieren sowie die Hashtags #Stopp Gewalt und #OrangeTheWorld zu nutzen.

Die orange Bank steht ab dem 25.11.2022 in der Caroline-Michaelis-Straße 1.

Kostenfreies Pressefoto zum Download: Dagmar Pruin (links) und Maria Loheide https://diakonie.canto.global/b/J9PLV

Hintergrund:

Der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen ist ein jährlich am 25. November stattfindender Gedenk- und Aktionstag zur Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt jeder Form gegenüber Frauen und Mädchen. Er wird am Todestag der drei Schwestern Mirabal begangen, die sich in der Dominikanischen Republik gegen die Diktatur unter Rafael Trujillo wehrten und deshalb am 25. November 1960 brutal ermordet wurden.

Die Kampagne „Orange the World“ wurde von UN Women 1991 ins Leben gerufen. Seitdem werden europaweit am 25. November Gebäude in orange angestrahlt oder es finden Aktionen unter diesem Motto statt, bei denen die Farbe orange im Fokus steht. Denn: Gewalt gegen Frauen ist eine der am weitesten verbreiteten Menschenrechtsverletzungen. In diesem Jahr wird aufgrund der steigenden Energiekosten vom Anstrahlen der Gebäude Abstand genommen. Alternative Ideen, wie die orangene Bank vor unserem Haus, stehen im Fokus.

Die globale ökumenische Kampagne „Thursdays in Black“ des Weltkirchenrates, die gegen Vergewaltigung und Gewalt mobilisieren will, entstand aus der Dekade der Kirchen in Solidarität mit den Frauen (1988-1998). Bis heute tragen Leute donnerstags weltweit schwarze Kleidung, um regelmäßig auf geschlechtsspezifische Gewalt aufmerksam zu machen. Das Tragen von Schwarz soll symbolisieren, das Thema aus der Dunkelheit ans Licht zu bringen.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 24.11.2022

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) pocht anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt an Frauen am 25.11.2022 auf Verbesserung des Gewaltschutzes. Gewalt an Frauen kommt in unserer Gesellschaft in verschiedenen Situationen und Formen zum Ausdruck: Ob in der Arbeitswelt, in Paarbeziehungen oder im digitalen Raum. Nährboden hierfür ist ein misogynes Rollenverständnis mit einem Machtgefälle zuungunsten der Frauen. Zuletzt hat der GREVIO-Bericht für Deutschland einmal mehr deutlich gemacht, dass der Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt nicht ausreichend ist. An einer gänzlichen Umsetzung der Istanbul-Konvention, die zur Beseitigung von Gewalt an Frauen wesentlich ist, fehlt es noch immer.  Dabei steht für die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes (djb) e.V., Prof. Dr. Maria Wersig, fest: „Wir dürfen uns nicht auf dem ausruhen, was wir bisher erreicht haben, sondern müssen weiterhin die Bedürfnisse aller Frauen beim Schutz vor Gewalt im Blick behalten und dabei insbesondere auch marginalisierte Personengruppen in den Blick nehmen.“

Wesentliche Forderungen des djb in diesem Bereich sind präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt sowie entsprechende Fortbildungen der Strafverfolgungsbehörden. Ein zentraler Bestandteil einer Strategie zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen ist zudem mehr Forschung zu diesem Thema. Denn nur auf Grundlage gesicherter empirischer und rechtswissenschaftlicher Erkenntnisse lassen sich die vielfältigen Ausdrucksformen von geschlechtsspezifischer Gewalt vollständig erfassen und effektiv bekämpfen. Der djb veranstaltet daher heute und morgen gemeinsam mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen die Tagung „Gender and Crime – sexuelle Selbstbestimmung und geschlechtsspezifische Gewalt“ um Forschung zum Thema geschlechtsspezifische und sexualisierte Gewalt in Deutschland und international sichtbar zu machen und einen Austausch zwischen Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen auch unter Einbeziehung einer interessierten Öffentlichkeit zu ermöglichen. Eine Anmeldung ist weiterhin möglich und die kostenfreie Teilnahme steht allen Interessierten offen.

Wie die Vorsitzende der Strafrechtskommission, Dr. Leonie Steinl, in ihrer Eröffnungsrede zu der Gender and Crime-Tagung heute Morgen festhielt: „Wir müssen die gesellschaftlichen Strukturen, die geschlechtsspezifische Gewalt begünstigen, genau erfassen können, um sie abbauen zu können.“ Für den Abbau dieser Strukturen setzt sich der djb am 25.11 und an jedem anderen Tag des Jahres ein.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 24.11.2022

eaf weist zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen auf Defizite bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention hin

Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) macht sich stark für den Schutz und die Unterstützung von gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern. „Deshalb haben wir aktiv an den Handlungsempfehlungen des Deutschen Vereins zu diesem Themenfeld mitgearbeitet. Diese verstehen wir als Aufforderung an den Gesetzgeber“, betont Svenja Kraus, Bundesgeschäfts­führerin der eaf und erläutert: „Der Umgang mit beiden Eltern dient in der Regel dem Wohl des Kindes, das ist richtig und steht so im Gesetz. Das Miterleben häuslicher Gewalt aber hat erhebliche negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und ist ein gewichtiger Anhaltspunkt für Kindeswohlgefährdung. Wir wollen Richter:innen darin stärken, sehr kritisch zu prüfen, ob Kinder nach einer Trennung mit einem Vater Umgang haben sollten, der gegenüber der Mutter des Kindes Gewalt ausgeübt hat.“ Kraus‘ Forderung ist deutlich: „Der Schutz des Kindes muss im Vordergrund stehen und nicht die Rechte des Täters. Das wird in der Praxis viel zu oft übersehen.“

Mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention (IK) hat Deutschland sich verpflichtet, Vorfälle häuslicher Gewalt bei sorge- und umgangsrechtlichen Entscheidungen zu berücksichtigen. Die Ausübung des Sorge- und Umgangsrechts darf Rechte und Sicherheit des Opfers oder des Kindes laut Artikel 31 der Konvention nicht gefährden. Das ist aus Sicht von GREVIO, einem Exper­tengremium des Europarates, in der deutschen Praxis allerdings nicht ausreichend der Fall.

„Die Antwort der Bundesregierung auf den GREVIO-Report geht auf die angemahnten Defizite bei der Umsetzung von Artikel 31 Istanbul-Konvention aber gar nicht ein“, bemängelt Kraus. „Die in dieser Legislaturperiode anstehende Reform des Kindschaftsrechts muss dringend zur Stärkung des Gewaltschutzes nach Trennung und Scheidung genutzt werden!“

Quelle Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 24.11.2022

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

130 Erstunterzeichnende setzen mit persönlichen Projekten Zeichen der Solidarität mit jungen Menschen in Krisenzeiten

Die rund 22 Millionen Kinder, Jugendlichen und jungen Menschen in Deutschland wachsen in einer von Krisen geprägten Zeit auf. Viele fühlen sich durch die Inflation, den Krieg in der Ukraine, die Folgen der Pandemie und den Klimawandel verunsichert. Zusätzlich verstärkt sich bei jungen Menschen der Eindruck, ihre Bedürfnisse und Anliegen würden von Politik und Gesellschaft nicht ausreichend wahrgenommen.

Bundesjugendministerin Lisa Paus hat deshalb zu einem breiten gesellschaftlichen „Bündnis für die junge Generation“ aufgerufen. Ziel ist es, die Anliegen junger Menschen stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Mehr als 130 Persönlichkeiten aus Medien, Kultur, Wissenschaft und Politik sind der Einladung bereits gefolgt und haben die Gemeinsame Erklärung des Bündnisses unterzeichnet. Heute stellt Lisa Paus gemeinsam mit acht Bündnispartner*innen das Bündnis auf einer Auftaktveranstaltung in Berlin vor.

Bundesministerin Lisa Paus: „Kinder und Jugendliche haben in den vergangenen Jahren zurückgesteckt und große Solidarität mit den Älteren gezeigt. Jetzt ist es an der Zeit, mit den jungen Menschen solidarisch zu sein. Mit dem Bündnis für die junge Generation verschaffen wir Kindern und Jugendlichen Stimme und Gehör. Diese Stimme wird in den kommenden Jahren weiter hörbar sein, damit junge Menschen endlich die Aufmerksamkeit bekommen, die ihnen zusteht. Unsere Gesellschaft braucht die Jugend – ihre Ideen, ihr Engagement und ihre Potenziale. Es ist Zeit, das den jungen Menschen zu zeigen.“

Durch die Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung verpflichten sich die Bündnispartner*innen, mit eigenen Projekten dazu beizutragen, das Lebensgefühl und die Situation junger Menschen zu verbessern. Acht der Erstunterzeichnenden sind heute bei der Pressekonferenz dabei: Fiete Aleksander vom Instagram-Kanal „jung genug“, die Musikerin Balbina, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin, Marcel Fratzscher, der Arzt Mazda Adli (Fliedner Klinik Berlin; Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité Berlin), Baro Vicenta Ra Gabbert von Climate Clinic e. V., Emilia Fester (Mitglied des Deutschen Bundestages), die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, Jutta Allmendinger, sowie die Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung, Antje Boetius.

Wie alle Bündnispartner*innen hat auch Bundesjugendministerin Lisa Paus eine Selbstverpflichtung formuliert: „Junge Menschen brauchen Zuversicht. Als ihre Anwältin in der Bundespolitik fechte ich ihre Rechte durch. Der Kinderarmut sage ich den Kampf an. Ich lasse die junge Generation mitreden – bei allen Entscheidungen, die sie betreffen.“

Das Bündnis – mehr als eine Kampagne

Nach dem Auftakt werden Gespräche und Veranstaltungen des Bündnisses folgen, die sich über die gesamte Legislaturperiode erstrecken. Dabei wird es um Themen wie Jugend und Medien, Jugend und Wirtschaft sowie Jugend und Gesundheit gehen.

So wird der Abschlussbericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMA) Kindergesundheit im Februar 2023 dem Bundeskabinett vorgelegt. Die IMA beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Pandemie auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Bündnispartner*innen werden noch am gleichen Tag besprechen, wie sie die Umsetzung der Empfehlungen unterstützen können.

Auch an bereits bestehende Formate wie die JugendPolitikTage beim Bundestreffen der Kinder- und Jugendparlamente im Mai 2023 in Berlin will das Bündnis anknüpfen. Dort werden rund tausend junge Menschen Maßnahmen und Ideen für eine jugendgerechte Politik entwickeln und mit Bündnispartner*innen diskutieren.

Auf einer gemeinsamen Konferenz des Bündnisses soll nach einem Jahr eine Zwischenbilanz gezogen werden.

Die Erstunterzeichnenden der gemeinsamen Erklärung, ihre Statements und weitere Informationen finden Sie auf www.buendnis-junge-generation.de.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 08.12.2022

Die Homeoffice-Pauschale wird erhöht und mit dem Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zusammengeführt. Es entfällt außerdem die Voraussetzung des abgeschlossenen Arbeitszimmers.

„Das Jahressteuergesetz sieht wesentliche Erleichterungen für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vor, indem insbesondere die Homeoffice-Pauschale erhöht, entfristet und mit dem Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer zu einer Tagespauschale zusammengeführt wird. Das erleichtert den Zugang, vereinfacht das Steuerrecht und baut bürokratische Hürden ab.

Der Finanzausschuss hat heute mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen dem Jahressteuergesetz 2022 zugestimmt, der Bundestag wird es zum Ende der Woche abschließend beraten. Das Gesetz hält dabei wichtige Entlastungen durch gezielte Anpassungsmaßnahmen an die Arbeits- und Lebensrealitäten vieler Arbeitnehmenden bereit.

Vor allem beim Thema ‚Arbeiten von zu Hause‘ werden steuerliche Verbesserungen ausgebaut: Neben der Entfristung der Homeoffice-Pauschale wird der steuerlich absetzbare Maximalbetrag auf insgesamt 1.260 Euro (im Regierungsentwurf 1.000 Euro) – das heißt auf sechs Euro bei maximal 210 Tagen – angehoben. Dazu wird eine wesentliche Vereinfachung durch die Zusammenlegung mit dem Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer erreicht. Von nun an muss kein abgeschlossenes Arbeitszimmer mehr vorgehalten werden, wenn dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen kommt direkt die Tagespauschale (Homeoffice-Pauschale) zum Tragen. Bei Mittelpunktfällen werden die Aufwendungen – wie bisher – weiterhin in voller Höhe abziehbar bleiben.

Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag wird außerdem auf 1.230 Euro angehoben.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 30.11.2022

Zum Gutachten „Basale Kompetenzen vermitteln – Bildungschancen sichern. Perspektiven für die Grundschule“ der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) erklärt Nina Stahr, Sprecherin für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung:

Das SWK-Gutachten zeigt den immensen Handlungsbedarf in der Bildungspolitik. Alle Ebenen – vom Bund über die Länder bis hin zu den Schulverwaltungen – müssen gemeinsam die Voraussetzungen schaffen, dass grundlegende Kompetenzen erfolgreich vermittelt werden und Chancengerechtigkeit gewährleistet wird.

Die Empfehlung einer Konzentration auf den Erwerb basaler sprachlicher und mathematischer Kompetenzen und einer verstärkten Implementierung evidenzbasierter Konzepte sind richtige Schritte, dürfen jedoch nicht langfristig dazu führen, dass vermeintlich unwichtigere Schulfächer hinten runter fallen – denn beispielsweise der Sportunterricht ist für viele Kinder die einzige Möglichkeit zur Bewegung und damit wichtig für ihre Gesundheit.

Seitens des Bundes werden wir mit dem Startchancenprogramm Schulen in benachteiligten Quartieren und Regionen gezielt unterstützen, unter anderem auch mit zusätzlichen Stellen für Schulsozialarbeit. Eine Einigung auf konkrete Ausgestaltung und Finanzierung muss hier zeitnah erfolgen. Insbesondere ist sicherzustellen, dass die zusätzlichen Mittel dort ankommen, wo sie benötigt werden. Das SWK-Gutachten zeigt erneut den großen Handlungsbedarf.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 09.12.2022

Zur Vorstellung des ersten Wohnungslosenberichts erklären Wolfgang Strengmann-Kuhn, Obmann im Ausschuss für Arbeit und Soziales, und Hanna Steinmüller, Mitglied im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen:

Wir begrüßen, dass mit der Vorlage des ersten Wohnungslosenberichts der Bundesregierung erstmals belastbare Daten über Menschen in verdeckter Wohnungslosigkeit vorliegen. Nun müssen den Worten Taten folgen und der im Koalitionsvertrag vereinbarte nationale Aktionsplan zur Überwindung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis 2030 schnell umgesetzt werden. Die Zeit drängt. Dabei müssen Bund, Länder und Kommunen gemeinsam an einem Strang ziehen.

Der größte Anteil der Wohnungslosen ohne deutsche Staatsangehörigkeit stammt laut Bericht aus EU-Ländern (56 Prozent). Deswegen muss ein eigener Fokus auf die Bekämpfung der zunehmenden Obdachlosigkeit von EU-Bürger*innen gelegt werden. Auch hier gibt es die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, diese Problematik gemeinsam mit den Ländern, Kommunen, Sozialverbänden und mit Beteiligung Betroffener stärker in den Blick zu nehmen.

Zentral ist auch, dass Bund und Länder gemeinsam einen Fokus auf die Prävention von Wohnungslosigkeit legen. Wir arbeiten deshalb an einem besseren Mieter*innenschutz – beispielsweise über die Regelung der Schonfristzahlungen. Außerdem müssen wir gerade in den angespannten Wohnungsmärkten für mehr bezahlbaren Wohnraum sorgen. Wir haben dazu die Mittel für den sozialen Wohnungsbau für 2023 erhöht und werden die „Neue Wohngemeinnützigkeit“ einführen.

Ein wichtiges Mittel zur Überwindung von Obdachlosigkeit ist der flächendeckende Ausbau von Housing First als Ergänzung zum bestehenden Hilfesystem. Unter anderem das Modellprojekt Housing First Berlin hat verdeutlicht, dass obdachlosen Menschen mit diesem Ansatz wirksam geholfen werden kann. Wohnungslosigkeit hat viele Gesichter und bedarf verschiedener wirkungsvoller Maßnahmen, um den Betroffenen zu helfen und ihnen eine Perspektive zu geben. Extreme Armut geht uns alle an.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 08.12.2022

Ampel sorgt für Rückwärtsgang bei frühkindlicher Bildung

Am heutigen Freitag wird im Deutschen Bundestag das sogenannte „KiTa-Qualitätsgesetz“ in 2./3. Lesung debattiert. Dazu erklären die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär, und die familienpolitische Sprecherin Silvia Breher:

Dorothee Bär:
„Einmal mehr beweist diese Bundesregierung, welchen geringen Stellenwert unsere Kinder für sie haben. Wenn es der Familienministerin wirklich um die besten Chancen für unsere Jüngsten ginge, dann würde sie kein Gesetz vorlegen, in dem es vor allem um Beitragsfreiheit geht. Das schafft keine bessere Qualität in unseren Kitas. Für uns als Union ist das unehrlich und eine Politik mit falschem Schwerpunkt. Eine weitere Mogelpackung eben, die die Ampel als vermeintlichen Erfolg vermarktet.“

Silvia Breher:
„Statt mit einem echten KiTa-Qualitätsgesetz zu glänzen, legt die Ampel ein „Verpasste-Chancen-Gesetz“ vor. Qualität steht drauf, steckt aber nicht drin. Sämtliche erfolgreichen Bundesprogramme für die frühkindliche Bildung wie beispielsweise das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ oder die Fachkräfteoffensive Erzieherinnen und Erzieher haben die Koalitionsfraktionen gestoppt. Es bleibt dagegen weiterhin möglich, Bundesmittel für bereits vereinbarte Beitragsreduzierungen fortzuführen. Davon ausgeschlossen sind aber die Bundesländer, die bislang die Bundesmittel ausschließlich für Qualitätsmaßnahmen eingesetzt haben. Schon allein dieser Widerspruch zeigt, mit welcher heißen Nadel dieses Gesetz gestrickt ist.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 02.12.2022

„Insbesondere arme Menschen in Deutschland verlieren das Vertrauen in die Politik und demokratische Institutionen. Dieser Befund ist nicht neu, aber er ist gerade jetzt umso alarmierender. Denn die Realitätsverweigerung seitens der Ampel-Parteien ist aktuell auf einem Höchststand angekommen. Das Bürgergeld ist eben gerade kein Erfolg, sondern die Fortsetzung des Hartz IV-Regimes mit milderen Mitteln. Das Gegenteil zu behaupten, leistet der Entfremdung weiter Bevölkerungsteile von der Politik Vorschub und gefährdet die Demokratie“, erklärt Susanne Ferschl. Stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, zum heute veröffentlichten Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung. Ferschl weiter:

„Nichts ist gut, solange so viele Menschen vom gesellschaftlichen Reichtum abgeschnitten sind. Beherztes Handeln ist jetzt notwendig, um zu verhindern, dass sich die Schere zwischen arm und reich noch weiter öffnet. Eine echte Abkehr vom Hartz IV-System bedeutet auch, den Arbeitsmarkt zu regulieren, denn Minijobs, Leiharbeit und sachgrundlose Beschäftigung bieten Beschäftigten kaum soziale Sicherheit oder ein planbares, abgesichertes Leben. Die Koalition geht leider keine Schritte in diese Richtung, sondern weitet prekäre Beschäftigungsformen wie Mini- und Midijobs sogar aus. Statt, wie in den vergangenen Wochen geschehen, Niedriglohnempfänger und Sozialleistungsbeziehende gegeneinander auszuspielen, müssen endlich die Superreichen und Vermögenden in die Pflicht genommen werden. DIE LINKE fordert, Dividendenauszahlungen zu verbieten, wenn staatliche Hilfen in Anspruch genommen wurden. Auch eine Vermögenssteuer ist überfällig. Es muss endlich das klare Zeichen gesetzt werden, dass Politik für die Menschen gemacht wird und nicht diejenigen mit dem dicksten Geldbeutel die Politik dirigieren.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 24.11.2022

Öffentliche Leistungen sollen in Zukunft unbürokratisch und schnell direkt an die Bürger unbar ausgezahlt werden können. Für Kinder unter 18 Jahren soll die Familienkasse dem Bundeszentralamt für Steuern die IBAN (International Bank Account Number) übermitteln, auf die das Kindergeld zuletzt ausgezahlt worden sei, heißt es in der Antwort der Regierung (20/4753) auf eine Kleine Anfrage CDU/CSU-Fraktion (20/4459). Erwachsene könnten verschiedene Konten unterhalten. Sie sollten daher selbst entscheiden, auf welches Konto eine künftige öffentliche Leistung überwiesen werden soll. Man setze darauf, dass diejenigen, die öffentliche Leistungen in Anspruch nehmen wollen, eigenverantwortlich ihre Kontoverbindungen an das Bundeszentralamt für Steuern übermitteln lassen würden. Die Banken sollen dafür geeignete Meldewege bereitstellen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 728 vom 08.12.2022

Das im Koalitionsvertrag verankerte Startchancen-Programm befindet sich in der Konzeptionsphase. Diese beinhalte Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung sowie den fachlichen Austausch mit den Ländern und solle bis voraussichtlich 2023 andauern, heißt es in der Antwort (20/4598) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/4279) der Fraktion Die Linke.

Im Zuge des Startchancen-Programms sollen 4.000 Schulen in Deutschland speziell gefördert werden. Laut der Antwort besteht das Programm aus drei Säulen: So sei ein „Investitionsprogramm für moderne, klimagerechte, barrierefreie Schulen mit einer zeitgemäßen Lernumgebung und Kreativlaboren“ geplant. Außerdem beinhalte es ein Chancenbudget für geförderte Schulen und die Stärkung der schulischen Sozialarbeit.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 722 vom 05.12.2022

Um Queerfeindlichkeit entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung einen bundesweiten Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt verabschiedet, der nun als Unterrichtung (20/4573) durch die Bundesregierung vorliegt. Das 16-seitige Dokument enthält Empfehlungen für Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern (Rechtliche Anerkennung, Teilhabe, Sicherheit, Gesundheit, Stärkung von Beratungs- und Communitystrukturen, Internationales).

Die Regierung betont darin: „Alle Menschen sollen gleichberechtigt, frei, sicher und selbstbestimmt an der Gesellschaft teilhaben. Damit dies auch für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie andere queere Menschen (LSBTIQ*) möglich ist, sieht sich die Bundesregierung in der Verantwortung für eine aktive Politik gegen Diskriminierung und für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt.“

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 706 vom 30.11.2022

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat am Mittwochmittag dem Gesetzentwurf (20/3880) der Bundesregierung zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung (KiTa-Qualitätsgesetz) in geänderter Fassung zugestimmt. Damit stellt der Bund in den kommenden zwei Jahren jeweils zwei Milliarden Euro für den Ausbau der Qualität der frühkindlichen Bildung zur Verfügung. Für den Entwurf stimmten die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP und die AfD-Fraktion. Die CDU/CSU-Fraktion stimmte dagegen und Die Linke enthielt sich.

Die Regierung verweist in dem Entwurf auf den Evaluationsbericht zum 2018 beschlossenen KiTa-Qualitäts- und -Teilhabeverbesserungsgesetz („Gute-KiTa-Gesetz“). Dieser habe im Herbst 2021 gezeigt, dass an unterschiedlichen Stellen des Gesetzes sowie in Bezug auf die Pflicht zur Staffelung der Kostenbeiträge nach dem SGB VIII (Achtes Sozialgesetzbuch) Reformbedarf bestehe, um die Ziele dieses Gesetzes zu erreichen. Mit dem vorliegenden Entwurf soll das „Gute-KiTa-Gesetz“ auf Grundlage der Empfehlungen der Evaluation weiterentwickelt werden. Demnach sollen bereits begonnene Maßnahmen der Länder zur Qualitätsentwicklung und zur Entlastung der Eltern bei den Beiträgen zwar fortgeführt werden können. Neue Maßnahmen ab dem 1. Januar 2023 sollen aber ausschließlich zur Weiterentwicklung der qualitativen „Handlungsfelder von vorrangiger Bedeutung“ dienen. Künftig sollen also keine neuen länderspezifischen Maßnahmen zur Beitragsentlastung mehr umgesetzt werden können. Zusätzlich sollen die „Handlungsfelder von vorrangiger Bedeutung“ um das Handlungsfeld 6 (Förderung der kindlichen Entwicklung, Gesundheit, Ernährung und Bewegung), das Handlungsfeld 7 (Förderung der sprachlichen Bildung) und das Handlungsfeld 8 (Stärkung der Kindertagespflege) ergänzt und stärker priorisiert werden. Durch die Änderung werden die Länder verpflichtet, Maßnahmen überwiegend in den Handlungsfeldern von vorrangiger Bedeutung zu ergreifen. Um die beabsichtigte Wirkung der im SGB VIII geregelten Pflicht zur Staffelung der Kostenbeiträge für die Kindertagesbetreuung zu stärken, sollte es ursprünglich eine verbindliche Vorgabe sozialer Staffelungskriterien geben, mit einer stärkeren Ausrichtung der Beiträge an der finanziellen Situation der Familien. Dies hatten die Bundesländer allerdings abgelehnt und konnten dies durchsetzen, weil der Bundesrat dem Gesetz zustimmen muss. Durch den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen ebenfalls geändert wurde die Dauer des Bundesprogramms für die Sprach-Kitas, das eigentlich Ende dieses Jahres auslaufen sollte. Nun wird es um sechs Monate verlängert und damit den Ländern mehr Zeit gegeben, eine Anschlusslösung zu finden.

Die Koalitionsfraktionen betonten, dass das Gesetz, anders als das Gute-KiTa-Gesetz, endlich einen Schwerpunkt auf die Qualität der Kinderbetreuung setze. Wenn die Länder die Beitragsfreiheit wollten, hindere sie niemand, diese auch umzusetzen. Aber der Bund wolle vor allem mehr Qualität, hieß es. SPD, Grüne und FDP lobten auch den Kompromiss zu den Sprach-Kitas, man sei auf die Länder zugegangen, nun seien diese in der Pflicht.

Die CDU/CSU-Fraktion hielt an ihrer Kritik bezogen auf die Sprach-Kitas fest. Es wäre gut gewesen, die Bundesförderung bis Ende 2023 weiterlaufen zu lassen. Die AfD-Fraktion verwies auf die negativen Folgen der Corona-Maßnahmen auf die frühkindliche Entwicklung, deshalb sei das Gesetz der richtige Ansatz. Es kuriere aber nur die Fehlentwicklungen der vergangenen zwei Jahre. Die Linke betonte, das Gesetz habe seinen Namen nicht verdient, sondern sei ein typisches Besser-als-nichts-Gesetz der Ampel. Tatsächlich würden die Mittel von zwei Milliarden Euro gekürzt, weil die Ausgaben nicht an die Inflation angepasst worden seien. Wer wirklich mehr Qualität wolle, müsse deutlich mehr Geld in die Hand nehmen, so Die Linke.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 703 vom 30.11.2022

Gute Noten für das geplante Chancen-Aufenthaltsrecht und klare Ablehnung des Vorhabens haben sich bei einer Sachverständigen-Anhörung heute im Ausschuss für Inneres und Heimat unter der Leitung von Prof. Lars Castellucci (SPD) gegenüber gestanden. Bewertet wurde der von der Bundesregierung dazu eingebrachte Gesetzentwurf (20/3717). Danach sollen unter anderem Ausländer, deren Aufenthalt in Deutschland am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren geduldet wurde, ein einjähriges Chancen-Aufenthaltsrecht erwerben können. Zudem ging es um zwei Gesetzentwürfe und einen Antrag der Fraktion Die Linke zum Familiennachzug und zum Bleiberecht. (20/1850, 20/1851, 20/3973).

Kerstin Becker, Der Paritätische Gesamtverband, begrüßte die Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrecht als Brücke in eine der bereits bestehenden Bleiberechtsregelungen. Es bedürfe jedoch noch wesentlicher Korrekturen, damit nicht das Ziel verfehlt werde, Kettenduldungen zu beenden sowie die Integrationen der betroffenen Menschen zu fördern. So müsse der Stichtag 1. Januar 2022 gestrichen werden, damit auch in Zukunft Menschen, die sich länger als fünf Jahre in Deutschland aufhalten, die Regelungen in Anspruch nehmen können.

Anne Courbois vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) wies auf das Risiko für Unternehmen hin, geduldete Ausländer einzustellen. Es bestehe das Risiko, dass sie von einem Tag auf den anderen abgeschoben würden. Auch weil hier das Gesetzesvorhaben Verbesserungen verspreche, sei es grundsätzlich zu begrüßen. Mit Blick auf die Praxis gebe es Verbesserungsbedarf.

Prof. Andreas Dietz, Verwaltungsgericht Augsburg, Vorsitzender Richter der 6. Kammer, machte migrationsrechtliche Einwände gegen den Gesetzentwurf geltend, da er die von einer Chancen-Aufenthaltserlaubnis Begünstigten gegenüber vergleichbaren Gruppen von Ausländern zu Unrecht deutlich bevorzuge. Die Begünstigten beschrieb er als Gruppe unerlaubt im Bundesgebiet Aufhältiger, die die Kernvoraussetzungen jedes Aufenthaltstitels – Identitätsklärung, Passbesitz – nicht erfüllten. Sie würden bevorzugt gegenüber jenen Ausländern, die ordnungsgemäß einreisen und sich erlaubt in Deutschland aufhalten.

Sophia Eckert, terre des hommes Deutschland, befand bei grundsätzlicher Zustimmung zum Gesetzentwurf, dass insbesondere beim Chancen-Aufenthaltsrecht Anpassungen notwendig seien. So sei ein Flickenteppich in der bundesdeutschen Erteilungspraxis zu befürchten, da Ausländerbehörden weiterhin teils große Entscheidungsspielräume hätten.

Kristian Garthus-Niegel vom Sächsischen Flüchtlingsrat empfahl, dem Antrag der Fraktion Die Linke stattzugeben. Danach sollten Kettenduldungen wirksam beendet werden durch die Einführung einer stichtagsunabhängigen Regelung, durch Erleichterungen beim Übergang in ein dauerhaftes Bleiberecht und durch Abmilderung der im aktuellen Gesetz bestehenden sowie im Regierungsentwurf vorgesehenen Ausschlussgründe der Bleiberechtsregelungen.

Holger Kolb, Sachverständigenrat für Integration und Migration, strich heraus, dass zum einen der Tatsache Rechnung getragen werde, dass eine Vielzahl von Flüchtlingen, die im Rahmen der Flüchtlingskrise 2015/2016 eingereist waren, längerfristig in Deutschland aufhältig bleiben werde und für sie ein aufenthaltsrechtlicher Umgang gefunden werden müsse. Durch das vorgesehene Ablaufdatum am 1. Februar 2026 werde deutlich, dass keine dauerhafte Relativierung des Ergebnisses eines Asylverfahrens erfolgen werde.

Klaus Ritgen meinte, der Deutsche Landkreistag lehne die Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts in der vorgeschlagenen Ausgestaltung ab. Es gebe keinen Bedarf für weitere Bleiberechtsregelungen. Darüber hinaus würden Ausländer ermutigt, illegal und ohne Aussicht auf ein Aufenthaltsrecht nach Deutschland einzureisen oder ihrer Ausreisepflicht nicht nachzukommen. Die vorgeschlagenen Regelungen würden auch nicht zu einer Entlastung der Ausländerbehörden führen. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall.

Für den Deutschen Städtetag erklärte Daniela Schneckenburger, die kommunalen Ausländerbehörden müssten dringend in den Blick genommen werden. Sie arbeiteten seit Jahren im Krisenmodus und seien zusätzlich durch die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine in einer Art und Weise belastet wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Sie regte an, das Gesetz nicht unmittelbar in Kraft treten zu lassen, damit sich die Behörden darauf vorbereiten können.

Axel Ströhlein, Präsident des Bayerischen Landesamtes für Asyl und Rückführungen, strich heraus, das angepeilte Chancen-Aufenthaltsrecht beziehe sich auf einen Personenkreis, bei dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Gerichte zu dem Ergebnis gekommen seien, dass diesen weder Asyl noch Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz oder Abschiebungsschutz zustehe. Mit der geplanten Neuregelung werde der Sinn und Zweck des Asylrechts ausgehöhlt. Es könne das Signal gesendet werden, dass sich eine fehlende Mitwirkung bei der Identitätsregelung lohne und zu einem Aufenthaltstitel führe.

Prof. Daniel Thym von der Universität Konstanz lenkte den Blick darauf, dass beim Umgang mit ausreisepflichtigen Personen der Gesetzgeber mit einem Zielkonflikt zwischen Integrationsförderung und Migrationssteuerung konfrontiert sei. Dieser Zielkonflikt werde durch eine vergangenheitsbezogene Stichtagsregelung nach dem Modell des Chancen-Aufenthaltsrechts besser austariert als durch dauerhafte Legalisierungsmöglichkeiten.

Barbara Weiser, Caritasverband für die Diözese Osnabrück, begrüßte die vorgeschlagene Schaffung eines Chancen-Aufenthaltsrecht, die Erleichterungen beim Übergang von einer Duldung in eine Aufenthaltserlaubnis sowie die Eröffnung des Zugangs zu Integrations- und Berufssprachkursen für alle Asylsuchenden mit einer Aufenthaltsgestattung. Um die Praxis der Kettenduldungen in einem relevanten Umfang zu beenden und den Betroffenen eine realistische Chance auf einen dauerhaften Aufenthalt zu geben, seien verschiedene Änderungen nötig. Zentral sei dabei die Schaffung einer stichtagsfreien Regelung.

Philipp Wittmann, Richter am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, meinte, der Gesetzgeber gehe mit dem Thema der Kettenduldung und der Beschleunigung von Asylverfahren zwei Großthemen an. Er äußerte Bedenken, ob durch die Änderung von Rahmenbedingungen deutliche Verbesserungen zu erreichen seien.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 690 vom 28.11.2022

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (20/4589), die Istanbul-Konvention vorbehaltlos umzusetzen. „Mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention hat Deutschland anerkannt, dass Gewalt an Frauen und Mädchen auch in der Bundesrepublik ein tiefgreifendes Problem ist, dem mit umfassenden Maßnahmen im Bereich Prävention, Intervention, dem Schutz von Frauen und Mädchen und rechtlichen Sanktionen begegnet werden muss“, schreiben die Abgeordneten. Sie kritisieren, dass bisher weder ein politisches Dokument noch eine nationale Strategie erarbeitet wurde, die die Rechte der Opfer in den Mittelpunkt stellten. Auch verweisen sie auf die je nach Bundesland sehr unterschiedlich ausgestalteten Hilfesysteme.

Die Linke verlangt von der Bundesregierung deshalb unter anderem, einen wirksamen nationalen Aktionsplan zu erarbeiten, der eine allgemein gültige Definition von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt enthält und bundesweite Ziele zur Umsetzung der Konvention setzt, die die Rechte der Opfer in den Mittelpunkt stellen und alle Formen von Gewalt gegen Frauen beachtet. Ferner soll eine nationale Koordinierungsstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention mit angemessenen finanziellen und personellen Ressourcen etabliert werden, die die Anstrengungen der einzelnen Ministerien und die der Länder koordiniert. Auch müsse unverzüglich ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, der entsprechend der Istanbul-Konvention die Anzahl der Beratungsstellen und Frauenhausplätze erhöht und eine bundesweit einheitliche Finanzierung der Frauenhäuser garantiert.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 688 vom 25.11.2022

Studie untersucht Effekte des Ausbaus von Ganztagsangeboten in Westdeutschland seit 2003 – Freiwillige Inanspruchnahme verbessert Sozialverhalten und mentale Gesundheit, Effekt auf Schulnoten aber nicht feststellbar – Weitere Investitionen in höhere Qualitätsstandards nötig

Kinder, die im Grundschulalter eine Ganztagsschule besuchen, haben bessere soziale Fähigkeiten und sind mental gesünder als andere Kinder – zumindest, wenn der Besuch freiwillig ist. Mit Blick auf die Schulnoten hingegen sind bisher überwiegend keine statistisch signifikanten Effekte eines Ganztagsschulbesuchs feststellbar. Lediglich Kinder mit alleinerziehenden Elternteilen profitieren auch in Form einer besseren Deutschnote vom Besuch einer Ganztagsschule. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Studie von Laura Schmitz aus der Abteilung Bildung und Familie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Demnach nutzen insbesondere Kinder von Alleinerziehenden, Kinder mit Migrationshintergrund und sozioökonomisch benachteiligte Kinder, die beispielsweise in einem Haushalt mit geringem Einkommen aufwachsen oder Eltern mit niedrigem Bildungsstand haben, besonders häufig Ganztagsangebote. Und: Sie profitieren tendenziell auch eher von diesen Angeboten. „Ganztagsschulen helfen dabei, Ungleichheiten im Bildungssystem abzubauen“, so Schmitz. „Das zeigt, dass der Ausbau hin zu einem flächendeckenden Ganztagsangebot für Grundschüler*innen seit dem Jahr 2003 offenbar der richtige Weg ist.“

Für die Studie hat Schmitz Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) für die Jahre 2002 bis 2018 ausgewertet. Insgesamt nahm sie mehr als 4 000 Schüler*innen aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern unter die Lupe. Damit sind die Ergebnisse repräsentativ für große Teile Westdeutschlands. Ostdeutschland wurde in der Analyse ausgespart, da der Anteil von Kindern in Ganztagsschulen dort bereits vor Beginn des Untersuchungszeitraums sehr hoch war. Die Ergebnisse sind insbesondere vor dem Hintergrund des im vergangenen Jahr beschlossenen Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz im Grundschulalter relevant. Dieser soll ab dem Jahr 2026 gelten. Im Schuljahr 2020/2021 boten in Westdeutschland knapp drei Viertel aller Grundschulen Ganztagsangebote an.

Kinder aus benachteiligten Familien sollten in Ganztagsangeboten nicht unter sich bleiben

Ein entscheidender Faktor für den Erfolg von Ganztagsangeboten ist der Studie zufolge, ob Kinder freiwillig oder unfreiwillig Ganztagsangebote wahrnehmen. Möchten sie die Nachmittage eigentlich nicht in der Schule verbringen, profitieren sie in der Regel auch nicht davon. Im Jahr 2020 waren 74 Prozent aller Ganztagsschulen in Westdeutschland offen organisiert, die Teilnahme also freiwillig. Gebundene und teilgebundene Ganztagsschulen, an denen das Nachmittagsprogramm zumindest teilweise verpflichtend ist, sind klar in der Minderheit. Angesichts der Studienergebnisse sollte dies auch so bleiben, so Schmitz.

„Für die Entwicklung sozialer Kompetenzen mag der bloße Kontakt mit Gleichaltrigen und Betreuungspersonal in der Nachmittagsbetreuung ausreichend sein – für die Entwicklung schulischer Kompetenzen ist er es jedoch nicht.“ Laura Schmitz

Vor dem Hintergrund der bisher ausbleibenden Effekte auf die Schulleistungen müsste Schmitz zufolge die pädagogische Qualität der Hausaufgabenbetreuung an Ganztagsschulen noch deutlich verbessert werden. „Für die Entwicklung sozialer Kompetenzen mag der bloße Kontakt mit Gleichaltrigen und Betreuungspersonal in der Nachmittagsbetreuung ausreichend sein – für die Entwicklung schulischer Kompetenzen ist er es jedoch nicht“, sagt Schmitz. Deshalb brauche es bessere und einheitlichere Qualitätsstandards. „Angesicht des ohnehin schon bestehenden Mangels an pädagogischem Personal ist das natürlich eine große Herausforderung und nicht von heute auf morgen umsetzbar, aber langfristig steht und fällt der Erfolg von Ganztagsschulen vor allem auch damit“, so Schmitz. Wichtig sei zudem, dass Ganztagsangebote für alle Kinder interessant seien, also auch für solche aus besser gestellten Familien. „Wenn am Ende in der Ganztagsbetreuung Kinder aus benachteiligten Familien unter sich blieben, wäre das keine gute Entwicklung“, sagt Schmitz.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 30.11.2022

Die Armut in Deutschland ist über die vergangene Dekade deutlich angestiegen – eine denkbar schlechte Ausgangsposition für die fortgesetzten sozialen Stresstests durch Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Rekordinflation. Der finanzielle Rückstand von Haushalten unter der Armutsgrenze gegenüber dem Einkommensmedian ist schon vor Beginn der Corona-Krise um ein Drittel gegenüber dem Jahr 2010 gewachsen. Auch die Ungleichheit der Einkommen insgesamt in Deutschland hatte, gemessen am Gini-Koeffizienten, 2019 einen neuen Höchststand erreicht. Zu diesen Ergebnissen kommt der neue Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.* Die Studie zeigt zudem, wie stark dauerhafte Armut in Deutschland die gesellschaftliche Teilhabe schon in wirtschaftlich stabilen Zeiten einschränkt: Arme müssen etwa deutlich häufiger auf Güter des alltäglichen Lebens wie eine Grundausstattung mit Kleidung oder Schuhen verzichten, sie können seltener angemessen heizen, leben auf kleinerem Wohnraum. Sie haben einen schlechteren Gesundheitszustand, geringere Bildungschancen und sind mit ihrem Leben unzufriedener. Das führt bei vielen Betroffenen zu einer erhöhten Distanz gegenüber dem politischen System: Lediglich 68 Prozent der Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, halten die Demokratie für die beste Staatsform, nur 59 Prozent finden, die Demokratie in Deutschland funktioniere gut. „Armut und soziale Polarisierung können die Grundfesten unseres demokratischen Miteinanders ins Wanken bringen, vor allem dann, wenn sie sich verfestigen“, sagt WSI-Direktorin Prof. Dr. Bettina Kohlrausch. „Mehr und wirksameres politisches Engagement gegen Armut ist also nicht nur notwendig, um den direkt Betroffenen zu helfen, sondern auch, um die Gesellschaft zusammenzuhalten. Das gilt umso mehr, da in Zeiten von hoher Inflation sozialer Abstieg auch Menschen droht, die sich während des vergangenen Jahrzehnts darum wenig Sorgen machen mussten. Es ist deshalb gut, dass das Bürgergeld jetzt schnell kommt. Es ist allerdings bedauerlich, dass sich der Vorschlag einer Vertrauenszeit, die das Vertrauen in staatliche Institutionen vermutlich gestärkt hätte, nicht durchsetzen konnte.“

Im neuen Verteilungsbericht werten die WSI-Expertinnen Dr. Dorothee Spannagel und Dr. Aline Zucco die aktuellsten vorliegenden Daten aus zwei repräsentativen Befragungen aus: Erstens aus dem sozio-oekonomischen-Panel (SOEP), für das rund 16000 Haushalte jedes Jahr interviewt werden, und das aktuell bis 2019 reicht. Zweitens der Lebenslagenuntersuchung der Hans-Böckler-Stiftung, für die 2020 und 2021 gut 4000 Menschen befragt wurden. Hinzu kommen Daten aus einer Repräsentativbefragung, die das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Stiftung im August 2022 zur Inflationsbelastung durchgeführt hat. Als arm definieren die Forscherinnen gemäß der üblichen wissenschaftlichen Definition Menschen, deren bedarfsgewichtetes Nettoeinkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens in Deutschland beträgt.

Die Kernergebnisse:

Armut schon vor Beginn der Corona-Krise deutlich gewachsen: „Armut ist in der letzten Dekade deutlich angestiegen. Im Jahr 2019 waren so viele Menschen in Deutschland von Armut betroffen wie nie zuvor“, konstatieren Spannagel und Zucco zur Entwicklung während der 2010er Jahre – einem Zeitraum mit generell guter Wirtschaftsentwicklung und sinkender Arbeitslosigkeit, in dem auch die mittleren Einkommen spürbar zunahmen. Mit einigen zwischenzeitlichen Schwankungen stieg die Armutsquote laut SOEP zwischen 2010 und 2019 von 14,3 Prozent auf 16,8 Prozent – eine relative Zunahme um 17,5 Prozent. Die Quote der sehr armen Menschen, die weniger als 50 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hatten, ging im gleichen Zeitraum sogar um gut 40 Prozent in die Höhe: Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung wuchs von 7,9 auf 11,1 Prozent. Deutlich größer wurde auch die Armutslücke – sie bezeichnet den Betrag, der einem durchschnittlichen armen Haushalt fehlt, um rechnerisch über die Armutsgrenze von 60 Prozent zu kommen. Im Jahr 2010 betrug der Rückstand 2968 Euro und sank bis 2013 leicht, um dann sehr schnell auf 3912 Euro im Jahr 2019 anzuwachsen, dem letzten vor dem wirtschaftlichen Einbruch durch die Corona-Pandemie. „Hier zeigt sich, dass die armen Haushalte von diesem Aufschwung nicht profitieren konnten, sondern den Anschluss daran verlieren“, schreiben Spannagel und Zucco (siehe auch die Abbildungen 1 und 2 in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

Ungleichheit der Einkommen ebenfalls auf Höchststand: Das spiegelt sich auch im so genannten Gini-Koeffizienten wider, der ausweist, wie gleich oder ungleich die Einkommen verteilt sind. Auch die Gini-Kurve zeigte im Laufe der 2010er Jahre einige Schwankungen. Sie ging in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts moderat nach unten, um 2019 mit 0,296 einen neuen Höchststand zu erreichen. 2010 hatte der Wert noch bei 0,283 gelegen. Der vermeintlich kleine Anstieg ist durchaus signifikant. Und „selbst in den Jahren der Massenarbeitslosigkeit Anfang der 2000er Jahre“ war der Gini nicht höher, betonen die Wissenschaftlerinnen (Abbildung 3).

Schon vor der Energiepreisexplosion konnten fünf Prozent der Armen nicht richtig heizen. Die SOEP-Daten für 2019, die Spannagel und Zucco analysieren, machen deutlich, dass Armut selbst in einem reichen Land wie der Bundesrepublik und in wirtschaftlich recht stabilen Zeiten nicht selten mit alltäglichen Entbehrungen verbunden ist: Schon vor Corona-Krise und Rekordinflation konnten es sich gut 14 Prozent der Menschen unter der Armutsgrenze nicht leisten, neue Kleidung zu kaufen. Immerhin fünf Prozent fehlten die Mittel, um ihre Wohnung angemessen zu heizen, gut drei Prozent verfügten nicht einmal über zwei Paar Straßenschuhe (Abbildung 4).

Messbar sind auch andere Folgen von Armut: Lebenszufriedenheit, Qualität der Gesundheit, Bildung und Qualifikationen sind niedriger als im Bevölkerungsdurchschnitt, ebenso das Vertrauen in staatliche Institutionen von der Bundesregierung bis zu Polizei und Gerichten. In der Böckler-Lebenslagenbefragung stimmten lediglich 59 Prozent der Armen der Einschätzung zu, dass die Demokratie in Deutschland im Großen und Ganzen gut funktioniere, lediglich 68 Prozent hielten sie für die beste Staatsform – elf bzw.14 Prozentpunkte weniger als in der Gesamtbevölkerung.

Aktuelle Zahlen: Spardruck für Ärmere hoch – zunehmend auch mittlere Einkommen betroffen: Mit SOEP-Daten lässt sich aktuell die Frage nicht beantworten, ob Armut und Ungleichheit nach 2019 weiter zugenommen haben, oder nicht. Bei der Armut kommen einzelne Studien auf Basis anderer Datenquellen zu unterschiedlichen Trendaussagen für die beiden von der Corona-Pandemie geprägten Jahre bis 2021. So zeigen vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Daten einen leichten Rückgang der Armutsquote zwischen 2020 und 2021 an. Dagegen weist der Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands für 2021 einen neuen Höchststand aus.

Aktuell ist angesichts von enormen Preissteigerungen bei den Basisgütern Energie und Nahrungsmitteln, die Haushalte mit niedrigeren Einkommen stärker treffen als Haushalte mit hohen Einkommen, eine weitere wirtschaftliche Polarisierung sehr plausibel, analysieren die WSI-Expertinnen. Das legen auch aktuelle Befunde aus der Erwerbspersonen- und der IMK-Inflationsumfrage nahe. Im August gaben beispielsweise mehr als zwei Drittel der Befragten mit niedrigeren Haushaltseinkommen unter 2000 Euro netto im Monat an, sich bei Ausgaben für Bekleidung oder Schuhe etwas oder bedeutend einschränken zu wollen – wohlgemerkt gegenüber einem schon vorher relativ geringen Niveau. Knapp 35 Prozent wollten sogar beim Kauf von Lebensmitteln kürzertreten. In der nächsthöheren Einkommensgruppe bis 3500 Euro Haushaltsnettoeinkommen lagen die Anteile mit gut 61 bzw. knapp 32 Prozent auch nicht viel niedriger und auch darüber war die Neigung zu Einschränkungen erheblich. Der Spardruck reicht also deutlich in die Mittelschicht hinein.

Politik zur Reduzierung von Armut senkt auch soziale Kosten und Risiken. Die Befunde unterstrichen, dass Armut nicht nur die direkt Betroffenen schwer belaste, sondern auch die Gesellschaft insgesamt, so Spannagel und Zucco – sei es durch erhöhte Gesundheitskosten, mit Blick auf Fachkräftemangel oder schwindenden Rückhalt für die Demokratie. Um Armut nachhaltig zu bekämpfen, heben sie – jenseits von wirksamen und sozial gerechten Entlastungsmaßnahmen in der akuten Krise – fünf Maßnahmen hervor:

  1. Höhere Löhne für Geringverdienende durch Stärkung der Tarifbindung und Rückbau des Niedriglohnsektors: In tarifgebundenen Betrieben sind die Löhne höher, auch und gerade am unteren Ende der Einkommenshierarchie. Daher profitierten Geringverdienende direkt von einer Bezahlung nach Tarif, so die WSI-Forscherinnen. Um die seit Jahren fortschreitende Erosion der Tarifbindung umzukehren, sollten das Instrument der Allgemeinverbindlicherklärung erleichtert und Tariftreuevorgaben bei öffentlichen Aufträgen gestärkt werden. Zudem sollte sich der Mindestlohn langfristig an relativen Größen orientieren, um immer Anschluss an die allgemeine Entwicklung zu halten. Die Europäische Kommission etwa empfiehlt, den Mindestlohn bei mindestens 60 Prozent des mittleren Lohns anzusetzen.
  2. Anhebung der Grundsicherung auf ein armutsfestes Niveau: Egal, ob sie ALG II heißt oder Bürgergeld: Die Regelsätze der sozialen Grundsicherung müssen nach Analyse der Verteilungsexpertinnen so weit angehoben werden, dass sie Einkommensarmut tatsächlich verhindern. Ebenso wichtig sei eine verlässliche öffentliche Daseinsvorsorge, also etwa ein gutes, bezahlbares Angebot bei öffentlichem Personennahverkehr und in der Energie- und Wasserversorgung, zudem flächendeckend gute Bildungseinrichtungen.
  3. Förderung von sozialem Wohnraum und gut durchdachtes Quartiersmanagement: Bereits im Jahr 2018 gaben über 10 Prozent der Haushalte, die in Deutschlands Großstädten zur Miete lebten, mehr als die Hälfte ihres Einkommens für die Warmmiete aus. Fast die Hälfte musste dafür mindestens 30 Prozent aufwenden – ein Wert, der in Sozialforschung und Immobilienwirtschaft oft als Belastungsgrenze genannt wird. Aktuell dürfte die Zahl noch deutlich höher liegen. Es bestehe daher ein großer Bedarf an der Förderung von bezahlbarem Wohnraum, so Spannagel und Zucco. Gleichzeitig sollten Wohnquartiere so gestaltet sein, dass sie gezielt eine heterogene Sozialstruktur fördern. „Auch das ist ein wichtiger Baustein, um einer weiteren sozialen Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken“, betonen die Expertinnen.
  4. Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Wenn Familie und Beruf besser miteinander vereinbar sind, profitieren zwei Bevölkerungsgruppen ganz besonders davon: Familien mit nur einem (Vollzeit-)Erwerbseinkommen sowie Alleinerziehende – beides Haushaltstypen, die überdurchschnittlich von Armut betroffen sind. Flexiblere Arbeitszeitmodelle sowie leichterer Zugang zu verlässlicher, idealerweise kostenfreier, Kinderbetreuung sind hierzu wichtige Schritte. Auch egalitäre Sorgemodelle wie der Ausbau der Partnermonate und mehr Teilzeitmöglichkeiten für Väter könnten den Weg hin zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf ebnen.

5. Förderung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und Qualifizierung: Gerade Personen im unteren Einkommensbereich arbeiten oft in atypischer Beschäftigung, haben befristete Stellen oder lediglich Minijobs. Hier müsse gezielt der Übergang in sichere und angemessen bezahlte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gefördert werden, fordern die WSI-Expertinnen. Eine passgenaue Weiterqualifizierung von Menschen an den Rändern des Arbeitsmarktes sei ein weiterer wichtiger Baustein. Auch in dieser Frage setze das Bürgergeld-System der Bundesregierung die richtigen Schwerpunkte. Bei der Qualifizierung müssten ganz besonders Migrantinnen und Migranten in den Fokus genommen werden. So können das Missmatch auf dem Arbeitsmarkt verbessert, Fachkräftemangel gemildert und Menschen ihren Qualifikationen entsprechend vermittelt werden.

WSI-Verteilungsbericht 2022. WSI Report Nr. 79, November 2022

PM mit Abbildungen

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 24.11.2022

Coaching ist ein wichtiger Bestandteil des Sozialen Arbeitsmarkts. Damit soll das geförderte Beschäftigungsverhältnis stabilisiert werden. Die Geförderten sind überwiegend mit dem Coaching zufrieden, sie wünschen sich aber zum Teil eine weitergehende Unterstützung. Dies könnte auf spezifische Verbesserungspotenziale hinweisen. Das geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

Durchschnittlich erhielten die Geförderten der beiden neuen Förderinstrumente des Teilhabechancengesetzes Coaching zu drei Betreuungsbereichen. Etwa die Hälfte der Geförderten wurde – laut Befragungsdaten – beim Umgang mit Behörden, bei der Bewältigung persönlicher Probleme oder bei Problemen im Betrieb, zum Beispiel mit Kolleginnen und Kollegen, von einer Coachin oder einem Coach unterstützt. Zwei Fünftel der Geförderten wurden bei Gesundheitsfragen oder der Organisation des Arbeitsalltags und der Anpassung von Arbeitsbedingungen gecoacht. Von den Geförderten mit Betreuungsaufgaben wurde etwa ein Viertel bei der Organisation der Pflege von Angehörigen beziehungsweise der Kinderbetreuung unterstützt. Zwei Fünftel der Geförderten wünschten sich Coaching in weiteren Bereichen.

Befragungsergebnissen zufolge hat die überwiegende Mehrheit der Geförderten bereits ein Coaching erhalten und es fanden im Schnitt fünf bis sechs Coaching-Gespräche pro Quartal statt. 43 Prozent der Geförderten wurden von Mitarbeitenden des Jobcenters und 57 Prozent durch externe Coaches betreut. Mit Blick auf mögliche Verbesserungen ihrer persönlichen Situation empfanden die Gecoachten eine Coachin oder einen Coach aus dem Jobcenter hilfreicher. Dies könnte, so die IAB-Forschenden, an der größeren Erfahrung im Umgang mit Behörden oder mit Problemlagen von Grundsicherungsbeziehenden bei der Integration in Erwerbsarbeit liegen. Konkrete Hilfen in diesen Bereichen könnten schon kurzfristig zu einer wahrgenommenen Verbesserung der persönlichen Situation führen. „Allerdings wünschten sich Befragte mit einer Coachin oder einem Coach aus dem Jobcenter öfter zusätzliche Beratungsinhalte und ein umfangreicheres Coaching als bei einer externen Coachin oder einem externen Coach“, fügt Mit-Autorin Zein Kasrin hinzu.

Mit der Bürgergeldreform plant die Bundesregierung, ein Coaching unabhängig von der Teilnahme an Fördermaßnahmen zu ermöglichen. Dadurch können erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit vielfältigen Problemlagen unterstützt werden. „Angesichts unserer Befunde sollte bei der Umsetzung darauf geachtet werden, dass die unterschiedlichen Bedarfe der Leistungsberechtigten breit abgedeckt werden können“, so IAB-Forschungsbereichsleiter Joachim Wolff.

Die Studie basiert auf der Panelbefragung „Lebensqualität und Teilhabe“, in deren ersten Welle insgesamt 5.444 Geförderte der beiden 2019 neu eingeführten Förderinstrumente „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“ und „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ befragt wurden. Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2022/kb2022-23.pdf. Ein begleitendes Interview dazu finden Sie unter: https://www.iab-forum.de/die-gefoerderten-erteilen-dem-coaching-eine-gute-note.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vom 13.12.2022

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Anlässlich der Verhandlungen zur sog. „Instrumentalisierungsverordnung“ im europäischen Rat am 08.12.2022 stellen sich über 30 Organisationen aus dem Fluchtbereich gegen die Einführung des Konzepts der Instrumentalisierung und seine Kodifizierung im EU-Recht. Die AWO ist Mitglied des Bündnisses.

Derzeit steht ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission im europäischen Rat zur Verhandlung, der es Mitgliedstaaten erlauben soll, von geltendem EU-Asylrecht substanziell abzuweichen und die Rechte von Schutzsuchenden erheblich einzuschränken.

Die Instrumentalisierungsverordnung droht an den Außengrenzen den schon bestehenden Ausnahmezustand rechtlich zu zementieren. Das können und wollen wir nicht hinnehmen. Europäisches Recht muss wieder angewendet werden – die vorgelegte Verordnung verbiegt es aber und gibt so denen Recht, die es derzeit an den Außengrenzen brechen.

Sollte der Gesetzesvorschlag angenommen werden, würde das für Geflüchtete zukünftig bedeuten, dass es durch die Schließung von Grenzübergängen für sie nahezu unmöglich wird, an den Außengrenzen einen Asylantrag zu stellen. Wenn es doch jemand schafft, einen Asylantrag zu stellen, erlaubt es die Verordnung, die Menschen bis zu fünf Monate zu inhaftieren. Dies beträfe auch Traumatisierte, Menschen mit Behinderung, Familien und allein fliehende Kinder. An den Grenzen würde dies faktisch zu menschenunwürdigen Bedingungen führen, wie auf den griechischen Inseln und anderswo häufig genug gesehen.

Die Einschränkung der Grundrechte der von dem Vorschlag betroffenen Menschen ist so weitreichend, dass das Recht auf Asyl, ein faires Verfahren und angemessene, menschenwürdige Aufnahme insgesamt zur Disposition gestellt wird. „Wenn Regierungen von Drittstaaten oder nichtstaatliche Akteur*innen zu politischen Zwecken Schutzsuchende benutzen, darf die EU diese nicht „instrumentalisieren“. Ihre Rechte einzuschränken ist geradezu zynisch“, so Brigitte Döcker, Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes. „Die Absenkung der Asylstandards und die Erschwerung des Zugangs zu internationalem Schutz lehnen wir entschieden ab.“

Unter den zeichnenden Organisationen sind neben der AWO u.a. Diakonie, Pro Asyl, Amnesty International und Brot für die Welt.

Die gesamte Stellungnahme hier zum Download (PDF): https://awo.org/sites/default/files/2022-12/Gemeinsamens-Statement-gegen-die-Instrumentalisierungsverordnung_5.12.2022_0.pdf

Hintergrund:

Das Gesetzesvorhaben sieht unter gewissen Umständen erhebliche Verschlechterungen für Schutzsuchende vor: Es gälte in  Situationen, in denen ein Drittstaat oder ein nichtstaatlicher Akteur Reisen von Drittstaatsangehörigen “instrumentalisiert“, um die Union oder einen Mitgliedstaat zu destabilisieren, auch dann, wenn mit dieser Handlung ein solche Destabilisierung nur drohen könnte. Träte ein solcher Fall ein, hätte der Mitgliedsstaat vier Wochen Zeit, einen Asylantrag zu registrieren, alle Asylanträge im Grenzverfahren zu bearbeiten und materielle Leistungen laut Aufnahmebedingungen‐Richtlinie auszusetzen. Stattdessen würden nur noch die „Grundbedürfnisse“ der Schutzsuchenden gewährt. Anlass dafür sind die Geschehnisse an der Polnisch-Belarussischen Grenze, wo die belarussischen Grenzbehörden versuchten, rund 4.000 Schutzsuchende, v.a. aus dem Irak, Syrien und Afghanistan, gewaltsam  über die Grenze nach Polen zu ‚pushen‘.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 06.12.2022

30 Initiator*innen, überwiegend aus der Gesundheitsversorgung, haben ein Positionspapier veröffentlicht mit der Forderung der schnellen Umsetzung des Koalitionsvorhabens, Sprachmittlung in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen bzw. als Leistung des SGB V aufzunehmen. Auch die AWO hat das Positionspapier des Bündnisses Sprachmittlung mitunterzeichnet.

Die Aufnahme von Sprachmittlungsleistungen in den Katalog der Gesetzlichen Krankenkassen bzw. in das SGB V wurde bereits in den letzten Jahren von verschiedenen Fachverbänden und Gremien gefordert. Das jetzt veröffentlichte Positionspapier konkretisiert diese Forderung. Dazu erklärt Brigitte Döcker, Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes: „Die AWO begrüßt ausdrücklich, dass es zukünftig einen gesetzlichen Anspruch auf Übernahme von Dolmetscher*innen-Kosten im SGB V geben wird. Das ist ein wichtiges Signal und wird auch vielen psychisch kranken Menschen mit geringen deutschen Sprachkenntnissen den Weg zu einer Behandlung erleichtern, weil die Sprache nun einmal ein zentraler Bestandteil bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen ist.“

Empirisch sind die negativen Auswirkungen von Sprachbarrieren in der Gesundheitsversorgung sowie auch umgekehrt der positive Einfluss von Sprachmittlung längst belegt. Der jedoch fehlende rechtliche Anspruch auf Sprachmittlung im Gesundheitswesen und die aktuelle Kostenübernahme-Regelung verfestigen die strukturelle Benachteiligung von Menschen mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen und sind damit unter dem Gesichtspunkt des strukturellen Rassismus zu betrachten. Der Behebung des Problems der Sprachbarrieren widmen sich bundesweit bereits verschiedene Anbieter*innen und Sprachmittlungsnetzwerke, doch die fehlende Finanzierung führt nach wie vor dazu, dass in der Gesundheitsversorgung Kompromisslösungen gefunden werden, die weder für Mitarbeitende noch Patient*innen sinnvoll sind und zahlreiche negative Folgen mit sich bringen. Das Bündnis fordert daher in elf Punkten die umfangreiche Finanzierung von Sprachmittlung sowie u. a. konkrete Regelungen zur Umsetzung im medizinischen Alltag.

Zur Kurzversion des Positionspapiers:

https://awo.org/sites/default/files/2022-12/Positionspapier-Buendnis-Sprachmittlung_Kurzversion_finalisiert_30112022…_0.pdf

Zur Langversion des Positionspapiers:

https://awo.org/sites/default/files/2022-12/Positionspapier-Buendnis-Sprachmittlung_Langversion_finalisiert_30112022…_0.pdf

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 05.12.2022

Anlässlich der Sonder-Verkehrsminister*innenkonferenz (VMK) am 29.11. fordert das Bündnis Sozialverträgliche Mobilitätswende ein bundesweit gültiges Sozialticket für maximal 29 Euro. Dieses soll das Deutschlandticket ergänzen und sich speziell an einkommensschwache Haushalte richten. „Ohne eine zusätzliche soziale Lösung verspielen Bund und Länder die Chance, mit dem Deutschlandticket einen echten Beitrag für nachhaltige Mobilität und gesellschaftliche Teilhabe zu leisten“, so die Bündnisvertreter*innen einstimmig. „Die Verkehrs- und Sozialressorts der Länder sind in der Pflicht, für mehr soziale Gerechtigkeit durch Mobilität zu sorgen.“

Das Deutschlandticket ist grundsätzlich ein wichtiger Schritt für die dringend notwendige Mobilitätswende. Der geplante Standardpreis für 49 Euro liegt aber weit über dem, was für viele bezahlbar ist. „Gerade Menschen mit geringem Einkommen brauchen jedoch angesichts der beispiellosen Inflation gezielte finanzielle Entlastung“, so das Bündnis. Das 9-Euro-Ticket hat gezeigt, dass ein einfaches und günstiges ÖPNV-Ticket einen wichtigen Beitrag leistet, Mobilitätsarmut zu beseitigen – denn nachhaltige Mobilität darf keine Frage des Einkommens sein und nicht an Stadt-, Kreis- oder Ländergrenzen enden. Regionale Angebote, wie das Berliner Sozialticket für 9 Euro, werden als zusätzliche Entlastung begrüßt.

Um dem Anspruch der Barrierefreiheit gerecht zu werden und somit Teilhabe insbesondere für Senior*innen, Menschen mit Behinderungen und Armutsbetroffene zu ermöglichen, müssen die Tickets sowohl digital als auch analog am Automaten oder Schalter zu kaufen sein – und zwar jederzeit, monatlich und nicht nur im Abonnement.

Das Bündnis kritisiert, dass Bund und Länder noch nicht genug Geld für das Deutschlandticket bereitgestellt haben, damit keine Linien gestrichen, keine Ticketpreise erhöht und keine Löhne gekürzt werden. Abschließend erklärt das Bündnis: „Eine sozialverträgliche Mobilitätswende erfordert massive und dauerhafte Investitionen in Personal und Infrastruktur. Nur so kann das Deutschlandticket gleichermaßen zu einem Erfolgsprojekt in städtischen und bislang schlecht angebundenen ländlichen Gegenden werden.“

Das Bündnis Sozialverträgliche Mobilitätswende bündelt die Expertise aus Gewerkschaften, Sozial-, Wohlfahrts- und Umweltverbänden sowie der Evangelischen Kirche, um zusammen die Transformation der Mobilität in Deutschland zu unterstützen. Gemeinsam vertritt das Bündnis viele Millionen Mitglieder und bietet eine Plattform für die Fragestellungen rund um eine soziale und ökologische Mobilitätswende. Das Bündnis wird gefördert und unterstützt durch die Stiftung Mercator

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 27.11.2022

Die digitale Transformation der Arbeitswelt bedeutet für viele Beschäftigte stärkere Belastungen. Das hat die repräsentative Beschäftigtenbefragung Index Gute Arbeit 2022 des Deutschen Gewerkschaftsbundes ergeben, die heute in Berlin vorgestellt wurde.

40 Prozent der Beschäftigten fühlen sich durch die Digitalisierung ihrer Tätigkeit stärker belastet. 46 Prozent gaben an, dass durch Multitasking Anforderungen gewachsen sind; mehr als ein Drittel (33 Prozent) sehen sich bei der Arbeit stärker überwacht. Zudem steigen für zwei Drittel der Beschäftigten die Anforderungen an ihre Qualifikation. Über bessere Arbeitsbedingungen durch Digitalisierung berichtet hingegen nur ein kleinerer Anteil der Beschäftigten. So hat sich zum Beispiel für knapp ein Viertel (23 Prozent) der Befragten durch digitale Arbeitsmittel der Entscheidungsspielraum bei der eigenen Tätigkeit vergrößert.

„Die Ergebnisse der Befragung sind ein Alarmsignal. Die Potenziale der Digitalisierung werden viel zu wenig genutzt“, schlussfolgerte die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi. „Digitalisierung soll Unterstützung und Erleichterung sein, statt Beschäftigte zu belasten, Stress zu erzeugen und so das Risiko für psychische Erkrankungen zu erhöhen.“ Insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels könne sich Deutschland das nicht leisten. Lösung für das Problem sei mehr Mitbestimmung: „Die starke Beteiligung von Arbeitnehmer*innen ist der Schlüssel, um die Arbeitswelt nachhaltig, gesund und transparent zu digitalisieren. Die Beschäftigten sind schließlich Expert*innen für ihre tägliche Arbeit und auch ihr Wohlbefinden,“ sagte Fahimi.

Die Digitalisierung ist laut der DGB-Umfrage inzwischen selbstverständlich im Arbeitsleben angekommen. 83 Prozent der Beschäftigten nutzen bei ihrer Arbeit digitale Arbeitsmittel – am häufigsten verbreitet ist die digitale Kommunikation (79 Prozent). Immerhin ein Fünftel (21 Prozent) arbeitet mit Künstlicher Intelligenz.

„Corona hatte einen regelrechten Digitalisierungsschub zur Folge“, erklärte Fahimi weitere Ergebnisse der Studie. Eng verbunden sei dies mit der Ausbreitung mobiler Arbeit: Die Mehrheit der Beschäftigten (56 Prozent) nutzen inzwischen regelmäßig Videokonferenzen. Dabei zeigt sich, dass die neuen Kommunikationsmöglichkeiten im Homeoffice oder bei mobiler Arbeit zwar effizient sind, aber für viele Beschäftigte mit Arbeitsverdichtung einhergehen: Wenn Videokonferenzen intensiv genutzt werden, berichten drei Viertel (74 Prozent) von einer wachsenden Zahl an Besprechungen, 26 Prozent sind (sehr) häufig mit mehreren pausenlos aufeinanderfolgenden Videokonferenzen konfrontiert.

Die Ergebnisse des DGB-Index Gute Arbeit zeigen auch den großen Stellenwert von Mitbestimmung und Beteiligung für bessere Arbeitsbedingungen. „Wo es einen Betriebsrat gibt, gibt es viel seltener Überwachung der Beschäftigten durch digitale Technik“, erläuterte Fahimi. Trotzdem sei die direkte Beteiligung der Arbeitnehmer*innen an der digitalen Transformation ihrer Arbeit gering ausgeprägt. Lediglich ein Viertel (26 Prozent) kann die Veränderungen am eigenen Arbeitsplatz nachhaltig beeinflussen. Sind Beteiligungsmöglichkeit vorhanden, wird Digitalisierung deutlich positiver bewertet: Beschäftigte mit Einfluss berichten über größere Entscheidungsspielräume, weniger digitale Überwachung und Kontrolle und über eine bessere Steuerung der Arbeitsbelastung.

Zum DGB-Index Gute Arbeit

Mit der repräsentativen Befragung „DGB-Index Gute Arbeit“ werden seit 2007 einmal im Jahr abhängig Beschäftigte telefonisch zur Qualität ihrer Arbeitsbedingungen interviewt. Die Ergebnisse spiegeln die Sicht der Beschäftigten auf ihre Arbeitsbedingungen wider. 2022 wurden bundesweit 6.689 zufällig ausgewählte Arbeitnehmer*innen aller Branchen, Berufe, Einkommens- und Altersgruppen, Regionen und Betriebsgrößen befragt.

Die Befragung fand im Zeitraum von Januar bis Juni 2022 statt. Schwerpunktthema war die Digitale Transformation der Arbeitswelt.

Weitere Informationen: www.dgb-index-gute-arbeit.de

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 01.12.2022

Zur aktuellen Debatte über die Erleichterung der Einbürgerung erklärt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie:

„Angesichts des dramatischen Arbeitskräftemangels sollten wir jetzt die Chance nutzen und die Einbürgerung endlich erleichtern. Rückwärtsgewandte Debatten führen nur zu Verunsicherung bei den Menschen, die wir als Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen möchten. Es geht aber um viel mehr als um potenzielle Arbeitskräfte: Menschen, die schon viele Jahre hier leben und zu wirtschaftlicher Prosperität und zur Finanzierung des Sozialstaats längst beitragen, haben die staatsbürgerschaftlichen Rechte verdient. Einbürgerung stärkt die Demokratie, ermöglicht bessere gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten und damit die Identifikation mit diesem Land. Nun muss es darum gehen, dass Deutschland ein modernes Einwanderungsland wird und Vielfalt als Chance nutzt. Wichtige Schritte sind dabei der Abbau bürokratischer Hürden bei der Einbürgerung wie bei der Arbeitserlaubnis und eine erheblich beschleunigte Bearbeitung von Anträgen. Deutschland ist im europäischen Vergleich bereits jetzt schon Nachzügler bei der Einbürgerung.“

Hintergrund

Rund fünf Millionen Menschen leben dauerhaft und schon viele Jahre ohne deutschen Pass in Deutschland und damit ohne volle Teilhabemöglichkeiten. Deutschlands Einbürgerungsquote ist im europäischen Vergleich niedrig. Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht gilt als modernisierungsbedürftig, der Wechsel vom Abstammungs- zum Geburtsortsprinzip ist bislang nur ansatzweise vollzogen. Viele Kinder werden in Deutschland als Ausländer:innen ohne deutsche Staatsangehörigkeit geboren und wachsen mit eingeschränkten Rechten und Aufenthaltsunsicherheit auf.

Im Koalitionsvertrag von 2021 nimmt unter den migrationspolitischen Vorhaben die Einbürgerungspolitik eine prominente Stellung ein. Die Diakonie hat dieses Vorhaben begrüßt. Die Migrationsfachdienste der Diakonie sind in ihrer Praxis täglich mit Einbürgerungsfragen konfrontiert und kriegen die Enttäuschung vieler Einbürgerungswilliger über lange Wartezeiten sowie bürokratische Hemmnisse bei ihren Anträgen mit. Ohne deutschen Pass gibt es keine Aufenthaltssicherheit und damit ist keine vollständige soziale und politische Teilhabe möglich.

Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht war 2000 nach großem Streit und einer fragwürdigen Unterschriftenkampagne nur unzureichend reformiert worden.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 28.11.2022

Inflation, wachsende Armut, die Versorgung von Geflüchteten – das deutsche Gesundheitssystem ist den aktuellen Herausforderungen nicht gewachsen. Davor warnt eine zivilgesellschaftliche Allianz anlässlich des heutigen Welttags der allgemeinen Gesundheitsversorgung.

Die Bundesregierung muss zügig Maßnahmen ergreifen, um Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Deutschland zu gewährleisten und diskriminierende Hürden abzubauen. Das fordern die NGO Ärzte der Welt, die Diakonie Deutschland und die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe gemeinsam mit der neu gegründeten Bundesarbeitsgemeinschaft Anonymer Krankenschein- und Clearingstellen (BACK).

„Deutschland stellt sich als Musterbeispiel dar, aber immer noch können Hunderttausende notwendige medizinische Leistungen nicht in Anspruch nehmen“, kritisiert Robert Limmer von der Clearingstelle München.

Mitarbeitende in Anlaufstellen für Menschen ohne Krankenversicherung erleben täglich die Auswirkungen der zahlreichen Barrieren: „Ich habe zum Beispiel schwangere Frauen beraten, die erst kurz vor der Geburt das erste Mal von einer Gynäkologin untersucht wurden. Diese Situation birgt eine große Gefahr für Mutter und Kind“, sagt Nele Wilk von der Clearingstelle Rheinland-Pfalz.

Häufig suchen Geflüchtete, Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus sowie erwerbslose oder prekär beschäftigte Menschen aus andern EU-Ländern Unterstützung bei den Anlaufstellen. Aber auch zahlreiche deutsche Staatsbürger*innen, die sich vor allem die Beiträge der privaten Krankenversicherung nicht mehr leisten können, sind darunter.

Offizielle Daten, wer in Deutschland nicht krankenversichert ist, sind unzureichend. Zum besseren Verständnis des Problems will Ärzte der Welt mit seinem heute erscheinenden Gesundheitsreport beitragen. „60 Prozent der Patient*innen haben angegeben, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten darauf verzichtet haben, eine Arztpraxis oder Klinik aufzusuchen, obwohl sie krank waren. Bei obdachlosen Patient*innen waren das über 80 Prozent“, sagt Ärzte der Welt-Referentin Janina Gach.

Zahlreiche ehrenamtlich getragene medizinische Versorgungsprojekte sowie von Kommunen und Ländern eingerichtete Clearingstellen versuchen, die klaffende Lücke im deutschen Gesundheitssystem notdürftig zu schließen. Doch sie arbeiten am Rande ihrer Kapazitäten.

„Jeder Mensch muss sich darauf verlassen können, dass er Zugang zu medizinischer Versorgung bekommt. Gesundheit ist ein Menschenrecht und das muss in Deutschland für alle hier lebenden Menschen gelten – ohne Einschränkungen“, sagt Maike Grube, Referentin für gesundheitliche Versorgung der Diakonie Deutschland.

Angesichts der sich zuspitzenden Lage fordern die Organisationen und Verbände die Bundesregierung auf, endlich zu handeln, und folgende Maßnahmen zu ergreifen:

  • Trennung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung abschaffen, Einführung einer gesetzlichen Krankenversicherung für alle
  • Mindestbeitragssatz zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung für einkommensschwache Personengruppen senken
  • Übermittlungspflicht nach § 87 Aufenthaltsgesetz abschaffen
  • EU-Bürger*innen im Bezug von Sozialleistungen gleichbehandeln und Leistungsausschluss abschaffen
  • Umfassende, barrierearme Gesundheitsversorgung für Geflüchtete
  • Bürokratische Hürden beim Zugang zu gesundheitlicher Versorgung abschaffen, barrierearme Informationen bereitstellen
  • Recht auf professionelle Sprachmittlung im Gesundheitssystem und Finanzierung dieser
  • Maßnahmen zum Abbau von Diskriminierung im Gesundheitswesen und bei Behörden
  • Solange der diskriminierungsfreie Zugang nicht für alle gesichert ist:
  • Clearingstellen einrichten und finanzieren
  • Finanzierungsmöglichkeiten medizinischer Versorgung für Menschen ohne Krankenversicherungsschutz einrichten

Hintergrund:

Seit Jahrzehnten bemühen sich zivilgesellschaftliche Organisationen, Menschen ohne Krankenversicherung zu versorgen. Zum großen Teil wird diese Leistung durch ehrenamtlich tätiges medizinisches Personal erbracht. In den vergangenen Jahren haben zudem einige Länder und Kommunen Clearingstellen eingerichtet. Diese unterstützen Menschen dabei, in eine Krankenversicherung aufgenommen zu werden oder zu klären, wie die Kosten für eine Behandlung gedeckt werden können. Indem die Clearingstellen anonymisierte Behandlungsscheine ausstellen, können sie kurzfristig Zugang zum Gesundheitssystem ermöglichen. Clearingstellen sind bisher aber noch nicht flächendeckend eingerichtet worden und sind nicht für alle Ratsuchenden in erreichbarer Nähe. Zudem existieren weder einheitliche Standards noch eine ausreichende und langfristige Finanzierung.

Weiterführende Links:

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V., Ärzte der Welt e. V., Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe und Bundesarbeitsgemeinschaft Anonymer Krankenschein- und Clearingstellen (BACK) vom 12.12.2022

Mehr als eine Viertelmillion Menschen in Deutschland haben keinen Mietvertrag und kein eigenes Zuhause. Das geht aus dem heute vom Bundessozialministerium veröffentlichten ersten Wohnungslosenbericht hervor. Sie sind wohnungslos untergebracht, sie leben verdeckt wohnungslos bei Freundinnen und Bekannten oder ohne jede Unterkunft auf der Straße. Die Diakonie Deutschland und der Evangelische Bundesfachverband Existenzsicherung und Teilhabe e.V. (EBET) fordern die Bundesregierung angesichts der großen Wohnungsnot auf, endlich wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung und Prävention von Wohnungslosigkeit auf den Weg zu bringen.

„Wenn die Ampelkoalition jetzt nicht schnell handelt, wird sie an ihren eigenen Ansprüchen, Wohnungslosigkeit bis 2030 zu beenden, garantiert scheitern“, sagt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Der Wohnungslosenbericht liefere wichtige Erkenntnisse zu Umfang und Lebensumständen wohnungsloser Menschen. Allerdings sei die Dunkelziffer tatsächlich wohnungsloser Menschen noch um einiges höher. „Es werden nicht alle Wohnungslose aus den genannten Gruppen erfasst und andere werden nicht als wohnungslos gezählt, die es aber sind: Frauen in Frauenhäusern, Menschen in Haftanstalten oder geflüchtete Menschen mit anerkanntem Bleiberecht, die in Asylbewerberunterkünften wohnen müssen, weil sie keine eigene Wohnung finden“, so Loheide.

Die akute Wohnungsnot – insbesondere in Großstädten – sei bekannt. „Es fehlen vor allem kleine und günstige Wohnungen sowie bezahlbare Wohnungen für Familien bzw. Alleinstehende mit einem mehreren Kindern. Erst mit einer eigenen Wohnung können Menschen ein Zuhause finden. Der Staat muss diejenigen unterstützen, die auf dem freien Wohnungsmarkt kaum eine Chance haben“, so Dr. Jens Rannenberg, Vorsitzender des EBET. Der von der Bundesregierung angekündigte „Nationale Aktionsplan zur Überwindung der Obdach- und Wohnungslosigkeit bis 2030″ müsse nun schnell entwickelt und umgesetzt werden. „Damit der Plan Wirkung zeigt, müssen alle wichtigen Akteurinnen und Akteure in die Entwicklung und Ausgestaltung einbezogen werden: Wohnungslose und ehemals wohnungslose Menschen als Expertinnen und Experten in eigener Sache wie auch Länder und Kommunen, die vor Ort verpflichtet sind, bezahlbaren und angemessenen Wohnraum zu schaffen und Wohnungsverluste zu verhindern. Um das Grundrecht auf Wohnen zu verwirklichen, ist ein Neustart für eine soziale Wohnungspolitik nötig“, betont Diakonie-Vorständin Loheide.

Hintergrund:

Mit dem Wohnungslosenbericht wird der Auftrag des Wohnungslosenberichterstattungsgesetzes (WoBerichtsG) umgesetzt, Informationen und Analysen über Umfang und Struktur von Wohnungslosigkeit vorzulegen. Im Mittelpunkt stehen drei Gruppen wohnungsloser Personen: Die untergebrachten wohnungslosen Menschen, über die das Statistische Bundesamt erstmals zum Stichtag des 31. Januar 2022 eine Statistik erhoben hat, sowie die Gruppen der verdeckt Wohnungslosen und die der Straßenobdachlosen, zu denen das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen Forschungsauftrag an das Konsortium GISS/Kantar vergeben hat, um mittels einer Stichprobe entsprechende Informationen zu gewinnen.

Laut GISS/Kantar leben in Deutschland etwa 37.400 Menschen ohne jede Unterkunft auf der Straße. 49.300 Menschen sind verdeckt wohnungslos, haben also vorübergehend Zuflucht bei Bekannten oder Familienangehörigen gesucht. 178.100 Menschen waren zum Stichtag 31.01.2022 institutionell untergebracht. Damit sind also etwa doppelt so viele wohnungslose Menschen institutionell untergebracht wie auf der Straße lebend oder verdeckt wohnungslos (rund 86.700). Die Gesamtzahl der 262.600 wohnungslosen Menschen ergibt sich aus der Summe der institutionell untergebrachten Menschen, der verdeckt wohnungslosen Menschen, der auf der Straße lebenden Menschen sowie rund 6.600 Kinder, die nicht selbst befragt wurden, aber mit ihren Eltern zusammen auf der Straße oder in verdeckter Wohnungslosigkeit leben. Hiervon müssen 8.800 Personen abgezogen werden, die sonst doppelt gezählt würden.

Wohnungslosenbericht 2022 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales: https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Meldungen/2022/bundesregierung-legt-ersten-wohnungslosenbericht-vor.html

Wissen Kompakt Obdachlosigkeit: https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/obdachlosigkeit

Themenschwerpunkt zu Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit: https://www.diakonie.de/wohnungslosigkeit 

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V., Evangelischer Bundesfachverband Existenzsicherung und Teilhabe e.V. vom 08.12.2022

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) setzt sich in seinem Policy Paper für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches (StGB) ein, das sich am reproduktiven Selbstbestimmungsrecht und der körperlichen Integrität schwangerer Personen orientiert.

Der djb kritisiert die defizitäre Versorgungslage ungewollt schwangerer Personen in Deutschland und veranschaulicht, wie restriktiv das deutsche Recht im europäischen Vergleich ausfällt. Anlass für das Policy Paper ist die derzeitige internationale Diskussion um die Regulierung von Schwangerschaftsabbrüchen, die durch das Urteil des US-Amerikanischen Supreme Courts Dobbs v. Jackson Women’s Health Organization ausgelöst wurde. Auf nationaler Ebene zeigt sich zudem der Wille der Bundesregierung über eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs mit Blick auf eine Stärkung reproduktiver Rechte nachzudenken, wie der Ampel-Koalitionsvertrag zeigt. So ist die Einrichtung einer Kommission geplant, die sich mit einer Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches befassen soll.

Derzeit stellt das deutsche Recht den Schwangerschaftsabbruch in § 218 StGB grundsätzlich unter Strafe, bleibt jedoch unter bestimmten Bedingungen straffrei. Eine Regelung des selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruchs mit Mitteln des Strafrechts stößt aus heutiger Perspektive auf erhebliche Bedenken. Der djb setzt sich für eine Regelung des selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches ein und plädiert dafür, die §§ 218 ff. aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Stattdessen sieht er eine Fristenlösung im Schwangerschaftsabbruch (SchkG) vor, nach der selbstbestimme Schwangerschaftsabbrüche ausnahmslos bis zur Überlebensfähigkeit des Fötus erlaubt sein sollten. Der djb schlägt für Schwangerschaftsabbrüche, die gegen oder ohne den Willen der schwangeren Person vorgenommen werden, einen eigenen Tatbestand im StGB vor (etwa in § 226b StGB). Außerdem macht sich der djb für die Verbesserung der Versorgungslage ungewollt schwangerer Personen stark, darunter die Verankerung eines Rechts auf Beratung statt der momentanen Beratungspflicht und die Übernahme der Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch von der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Schwangerschaftsabbruch sollte zum verpflichtenden Programm der medizinischen Ausbildung im Studium sowie der Weiterbildung für die gynäkologische Facharztausbildung werden.

Eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs ist für den djb auch unter Berücksichtigung der neueren verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung angezeigt. Die strafrechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs gegen oder ohne den Willen der schwangeren Person ist dagegen weiterhin geboten.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) vom 08.12.2022

Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert an Bund, Länder und Kommunen, ihre Bemühungen zur Bekanntmachung der Kinderrechte in Deutschland voranzutreiben. Dafür braucht es aus Sicht der Kinderrechtsorganisation eine Bildungsoffensive in Sachen Kinderrechte, die Kinder und Erwachsene erreicht. Zentrale Rollen sollten dabei sowohl die Familien als auch die Schulen spielen.

Eine Umfrage des Deutschen Kinderhilfswerkes unter Eltern von Grundschulkindern hat ergeben, dass nur 7 Prozent der Befragten durch die Schule ihres Kindes über Kinderrechte und deren Umsetzung im Schulalltag informiert werden. Gleichzeitig äußerten 83 Prozent den Wunsch, mehr über die Umsetzungsmöglichkeiten der Kinderrechte sowohl in der Schule als auch zu Hause zu erfahren. Nach möglichen Informationsmaterialien für Eltern zu Kinderrechten befragt, wünschen sich 59 Prozent der Eltern ein Kinderbuch zum gemeinsamen Lesen mit ihrem Kind und 53 Prozent kurze Informationsbroschüren mit Infos zu Kinderrechten. 30 Prozent sprechen sich für Schulveranstaltungen für Eltern, beispielsweise Elternabende zu Kinderrechten aus. Ebenfalls 30 Prozent wünschen sich kurze Videos zu Kinderrechten zum Beispiel auf YouTube, und 27 Prozent digitale Veranstaltungsangebote der Schulen für Eltern.

Die Eltern wurden auch gefragt, welche Angebote zu Kinderrechten sie sich für die Schule ihres Kindes wünschen. 73 Prozent plädieren hier für Projekttage oder Projektwochen zu Kinderrechten innerhalb des Unterrichts, 40 Prozent für Beteiligungsprojekte der Schülerinnen und Schüler. 87 Prozent der Eltern (46 Prozent ja, 41 Prozent vielleicht) könnten sich vorstellen, sich an solchen Angeboten auch aktiv zu beteiligen, beispielsweise durch ehrenamtliche Begleitung. Die Erhebung erfolgte als Pilotbefragung über Kooperationsschulen des Deutschen Kinderhilfswerkes und hatte zum Ziel, Bedarfe von Eltern hinsichtlich kinderrechtebezogener Bildungsarbeit aufzuzeigen. Auch wenn die Befragung unter Eltern nicht repräsentativ ist, zeigt sie doch ein Stimmungsbild, was sich Eltern von Grundschulkindern in Sachen Kinderrechte wünschen.

„Wir müssen das Wissen über Kinderrechte und ihre Bedeutung bei den Eltern und Erziehungspersonen deutlich erhöhen. Kinderrechte dürfen nicht nur dann ein Thema im Unterricht sein, wenn es um Kinderarbeit in Entwicklungsländern geht. Alle Kinder in Deutschland haben Rechte, die nicht umgesetzt werden, das gilt für den Bereich der Mitbestimmung genauso wie für soziale Sicherheit. Deshalb sollte die Kinderrechtevermittlung an Schulen deutlich ausgebaut werden. Nur, wer seine Rechte kennt, kann diese auch einfordern. Deshalb gilt es, Schulteams und Fachkräften konkrete Praxismaterialien und Handlungsempfehlungen zur Verfügung zu stellen. Zudem ist es wichtig, Eltern bei der Gestaltung eines kinderrechtlich orientierten Schulalltags auch im Sinne einer Verantwortungsübernahme mehr als bisher einzubeziehen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Erst vor wenigen Wochen hatte sich der UN-Kinderrechtsausschuss bei der Frage der Bekanntmachung der Kinderrechte in Deutschland besorgt darüber gezeigt, dass der Kenntnisstand der Kinder über die UN-Kinderrechtskonvention relativ gering ist. Deshalb hat der UN-Ausschuss der Bundesrepublik Deutschland empfohlen, die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Rechte der Kinder fortzusetzen und die aktive Beteiligung von Kindern an öffentlichen Aktivitäten zu fördern.

Anregungen und Praxismaterialien für schulische Projekttage und Projektwochen zu Kinderrechten finden sich auf der Webseite www.schulsache.de des Deutschen Kinderhilfswerkes. Für Eltern und Erziehungspersonen, die sich individuell mit dem Thema Kinderrechte beschäftigen möchten, stellt das Deutsche Kinderhilfswerk Materialien auf www.dkhw.de bereit. Kindgerechte Informationen sind auf www.kindersache.de erhältlich.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Kinderhilfswerk e.V. vom 13.12.2022

Ein Bündnis von 12 Verbänden und Organisationen hat in einem Offenen Brief an Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder einen Schutz vor Energiesperren und vor Wohnungsverlust gefordert. In dem Brief begrüßen die Unterzeichnenden die Maßnahmen der Bundesregierung zur Abfederung sozialer Härten. Gleichzeitig schreiben sie: „Allerdings haben wir Sorge, dass die verschiedenen auf den Weg gebrachten Maßnahmen nicht ausreichen oder administrativ zu spät kommen können, um Mieter*innen vielerorts vor einer Überlastung durch die Energiekosten zu schützen und ihnen Sicherheit zu geben. Wir halten ein gesetzliches Kündigungsmoratorium für Mietverträge und ein Verbot von Energiesperren als Sofortmaßnahme für dringend erforderlich, um Sicherheit für die Menschen zu schaffen. Es geht sozusagen um ein letztes Auffangnetz für den Fall, dass vorgelagerte Maßnahmen nicht oder noch nicht greifen werden.“

„Viele Familien und ihre Kinder haben Angst vor der nächsten Heizkosten- und Stromrechnung. Die Ampelkoalition hat hier einiges auf den Weg gebracht hat, aber das reicht einfach nicht. Es muss klar sein, dass kein Kind wegen der Inflation obdachlos werden darf oder im Dunkeln sitzen muss. Viele Familien trifft jetzt die Inflation und die Energiekrise mit unfassbarer Wucht. Dadurch geraten Familien mit geringem Einkommen an oder sogar über die Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten, viele sind finanziell schlicht am Ende. Die Förderung armer Familien und ihrer Kinder sowie unbürokratische Zugänge zu armutsvermeidenden Leistungen gehören auf der Prioritätenliste ganz nach oben“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Gerade in der kalten Jahreszeit, in der viele Menschen daheim bleiben, sind Energiesperren grausam“, gibt Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes zu bedenken. „Man stelle sich nur eine kalte Wohnung ohne Elektrizität vor, in der man sich nicht einmal einen Tee kochen kann. Das droht gerade mehr Bürgerinnen und Bürgern als jemals zuvor“, so Rosenbrock weiter. Noch schlimmer ist nur der Wohnungsverlust, meint Rosenbrock: „Seit Jahren steigen die Mieten und die Zahl der Wohnungslosen. Die sowieso schon angespannte Situation wird sich weiter verschlechtern. Der Verlust der Wohnung muss auf jeden Fall verhindert werden!“

Neben dem Paritätischen Gesamtverband haben das Deutsche Kinderhilfswerk, der Kinderschutzbund, die BAG Wohnungslosenhilfe, der Deutsche Mieterbund, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Volkssolidarität, die Verbraucherzentrale Bundesverband, Tafel Deutschland, Sanktionsfrei, der SoVD und der VdK den Offenen Brief unterzeichnet. Der Offene Brief zum Schutz vor Energiesperren und Wohnungskündigungen kann unter www.dkhw.de/Offener-Brief-Energiepreiskrise heruntergeladen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Kinderhilfswerk e.V. vom 07.12.2022

Mit einem Appell für eine Kindergrundsicherung zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland und für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz hat heute in Berlin die Online-Fachtagung „Kinderrechte für Alle?! Klassismuskritische Arbeit in Kita und Grundschule“ begonnen. Dabei wurde insbesondere betont, dass es neben einer besseren finanziellen Unterstützung von Armut betroffener Kinder und ihrer Familien auch darauf ankomme, die kulturelle Teilhabe dieser Kinder zu verbessern und ihnen mehr Chancengerechtigkeit im Zugang zu Bildungsangeboten zu garantieren. Denn Armut bedeute nicht nur, ökonomisch benachteiligt zu sein, sie führe damit einhergehend zu schlechteren Chancen auf Erfolg im Schulsystem und auf dem weiteren Bildungsweg von Kindern. Entsprechend müssen auch für das Bildungssystem längst überfällige Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine Benachteiligung von Armut betroffener Kinder und Jugendlicher abbaut. Ausgerichtet wird die Tagung vom Deutschen Kinderhilfswerk im Projekt „Kompetenznetzwerk Demokratiebildung im Kindesalter“, das im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert wird.

„Mein Herzensprojekt ist die Kindergrundsicherung, denn es ist schwer zu ertragen, dass in unserem Land ein Fünftel der Kinder in Armut lebt. Aber mit finanzieller Unterstützung allein lässt sich Ausgrenzung nicht beseitigen. Auch kulturelle Ausgrenzung ist ein wichtiger Faktor und vereitelt oft den sozialen Aufstieg. Deshalb ist diese Fachtagung so wichtig, die sich mit Klassismus und Ausschlussmechanismen gerade in Kitas und Grundschulen befasst. Wichtig ist zudem, dass Kinder ihre Rechte kennen und den Raum haben sie wahrzunehmen. Das ist auch in diesem Jahr, in dem wir 30 Jahre UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland feiern, nach wie vor nötig. Deshalb gehören die Kinderrechte ins Grundgesetz“, sagte Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in einem Grußwort zu Beginn der Fachtagung.

„Die Corona-Krise hat zu einer weiteren Verschärfung der Kinderarmut in Deutschland beigetragen. Viele Unterstützungsangebote für arme Kinder und ihre Familien fielen weg, wodurch Bildungsungleichheiten umso offensichtlicher hervortraten. Aktuell treiben der Krieg in der Ukraine sowie eine steigende Inflationsrate die Preise für Energie und Lebensmittel in ungeahnte Höhen, wodurch sich die ohnehin schon prekäre Lage der Betroffenen noch einmal verschlechtert. Doch Armut bedeutet nicht nur, ökonomisch benachteiligt zu sein, sie erschwert auch den Zugang zum kulturellen Leben und zu digitalen Teilhabemöglichkeiten, und sie führt zu schlechteren Chancen auf Erfolg im Schulsystem und auf dem weiteren Bildungsweg von Kindern. Dies stellt einen deutlichen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot der UN-Kinderrechtskonvention dar, das besagt, dass alle Kinder unabhängig ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder ihres sozialen Status die gleichen Rechte besitzen“, betonte Kai Hanke, stellvertretender Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Die Online-Fachtagung „Kinderrechte für Alle?! Klassismuskritische Arbeit in Kita und Grundschule“ widmet sich der Frage, welche Auswirkungen die oft fest verankerten klassistischen Strukturen sowie Diskriminierungen auf die kinderrechtebasierte Demokratiebildung in Kita, Hort und Ganztag haben und wie man dem in der pädagogischen Praxis begegnen kann: Auf welche Barrieren im Bildungssystem stoßen von sozioökonomischer Benachteiligung betroffene Kinder und ihre Familien? Wie können klassistische Diskriminierungen erkannt und Kinder gezielt geschützt werden? Welche staatlichen Hilfen gibt es und wie gerecht sind diese? Welche Rolle können digitale Medien dabei spielen? Wie können Angebote so gestaltet werden, dass sie alle Kinder erreichen? Im Rahmen der Veranstaltung werden aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse sowie Konzepte, Methoden und Erfahrungen aus der Praxis vorgestellt und vor dem Hintergrund gesellschaftlicher und bildungspolitischer Entwicklungen gemeinsam mit den Teilnehmenden diskutiert.

Zur Unterstützung der Demokratiebildung in Kita, Hort und Ganztag betreibt das Deutsche Kinderhilfswerk die Website www.kompetenznetzwerk-deki.de. Auf dieser Seite präsentiert das im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ geförderte Kompetenznetzwerk „Demokratiebildung im Kindesalter“ sich und seine Arbeit und bietet vielfältige Informationsangebote für Fachkräfte der frühkindlichen Bildung und Erziehung. Auf der Website finden die Besucherinnen und Besucher umfangreiche Informationen, Empfehlungen und praxisbezogene Tipps rund um das Thema Demokratiebildung im frühkindlichen und Primarbildungsbereich. Verantwortlich für die Website sind das Deutsche Kinderhilfswerk und das Institut für den Situationsansatz (ISTA) als Träger des Kompetenznetzwerkes. Dieses wird unter dem offiziellen Fördertitel „Kompetenznetzwerk Frühkindliche Bildung und Bildung in der Primarstufe“ durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Kinderhilfswerk e.V. vom 24.11.2022

So lautete die Kernforderung zweier Familienforen mit queeren Familien, die der Familienbeirat im Herbst 2022 durchführte. Queere Eltern berichteten von ihren diskriminierenden Erfahrungen und forderten rechtliche Gleichstellung mit Hetero-Eltern – auch um ihre Kinder besser zu schützen.

Der Familienbeirat geht mit Berliner Familien in Austausch und möchte wissen: Wo drückt der Schuh? Welche Unterstützung benötigen Familien? Was hilft ihnen? Was wünschen sich Berliner Familien? Und was erwarten sie von der Berliner Politik?

Die beiden im September und Oktober dieses Jahres durchgeführten Familienforen fanden in Kooperation mit dem Regenbogenfamilienzentrum in Schöneberg und LesLeFam in Lichtenberg statt.

In beiden Gesprächsrunden waren vor allem soziale und strukturelle Benachteiligungen in Form von Unverständnis bis hin zu offener Diskriminierung ihrer Familienform bzw. ihres Geschlechts auf gesellschaftlicher Ebene, die Ungleichbehandlung beim Abstammungsrecht sowie demütigende Erfahrungen mit Ämtern und Behörden Thema. Nach Ansicht der anwesenden Familien kann allein die queere Community einen geschützten Raum zur freien Entfaltung von Eltern und Kindern bieten. Angebote speziell für Regenbogenfamilien sind daher in der Stadt stark nachgefragt.

Die queeren Familien wünschen sich, dass Berlin seinen Ruf als „offene Stadt“ mehr entsprechen und bei Bundesratsinitiativen zur Verbesserung der rechtlichen Situation von queeren Familien eine Vorreiter*innenrolle übernehmen sollte.

Kazım Erdoğan, Vorsitzender des Berliner Beirats für Familienfragen: „Der Familienbeirat möchte durch aufsuchende Arbeit in Erfahrung bringen, wie Familien besser geholfen werden kann. Wir gehen dafür an Orte, wo sich die Familien aufhalten: in Schulen, Kitas, Familienzentren, Elterncafés usw. Die Anregungen der Familien werden dokumentiert und an die Politik weitergegeben. Sie fließen auch in den nächsten Berliner Familienbericht ein, den der Beirat erstellt.

Auch wenn Berlin mit drei Regenbogenfamilienzentren im Bundesvergleich sehr gut ausgestattest ist, müssen viele queere Familien oft lange Fahrwege in Kauf nehmen, um ein Angebot für speziell queere Familien wahrnehmen zu können. Wir danken allen Teilnehmenden der Familienforen für den regen Austausch und den Regenbogenfamilienzentren für ihre wichtige Arbeit.“

Die einzelnen Ergebnisse der beiden Familienforen mit queeren Familien finden Sie auf der Webseite des Familienbeirats (www.familienbeirat-berlin.de):

Weitere Informationen zu den Familienforen des Berliner Beirats für Familienfragen sind auf der Webseite eingestellt.

Quelle: Pressemitteilung Berliner Beirat für Familienfragen vom 01.12.2022

Die ärztliche Versorgung ist eine grundlegende Daseinsvorsorge und muss flächendeckend auch für Kinder gewährleistet sein.

Angesichts der aktuellen Überlastung in den Kinderkliniken ruft der Familienbund der Katholiken die Politik zu schnellem Handeln auf. „Wenn Kinder wegen einer Krankheit mit unmittelbarem Handlungsbedarf nicht unmittelbar behandelt werden können, dann ist ein grundlegendes Recht nicht gewährleistet. Dass so etwas elementar zum Leben Gehörendes gerade nicht gesichert ist, erschüttert mich, und ich frage mich, warum ich keinen gesellschaftlichen und politischen Aufschrei höre“, erklärte heute Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes der Katholiken. „Als aufgrund von Coronainfektionen eine Überlastung der Erwachsenenstationen drohte, sah das ganz anders aus.“

 

Der Familienbund fordert neben Notfallmaßnahmen grundlegende Vorsorgemaßnahmen, um das Problem der Gesundheitsversorgung in und außerhalb der Krankenhäuser anzugehen. In den letzten 30 Jahren wurden über 30 % der Kinderintensivbetten in Deutschland und damit eine grundlegende Gesundheitsversorgung abgebaut. Zusätzlich stehen entsprechende Betten wegen Personalmangels nicht zur Verfügung. „Es ist eine gesellschaftliche Pflicht, hier hinreichende Behandlungskapazitäten vorzuhalten“, führte Hoffmann weiter aus. „Es ist ein Skandal, dass die Kindermedizin schon seit langer Zeit unterfinanziert ist.“

 

Schlechte Abrechnungssysteme mit zu niedrigen Fallpauschalen, fehlendes Personal nicht nur in der Pflege, fehlende niedergelassene Kinderärzte, fehlende Intensivbetten, der Notstand der gesundheitlichen Versorgung von Kindern und ihren Familien zeigt die Auswirkungen eines Gesundheitssystems, das nur nach wirtschaftlichen Kriterien ausgerichtet ist. Das derzeitig akute Problem wirft die Frage auf, wie viel katastrophaler es in den weiteren Wintermonaten noch kommen mag.

 

„Wir haben hier ein Problem, das sowohl erwartbar als auch prophezeit war, und dennoch gab es keinerlei Vorkehrungen. Es lässt mich fragend zurück, wie wir mit unseren Kindern und unserer Zukunft umgehen“, ergänzte Hoffmann.

 

Der Familienbund fordert hier unverzügliches Handeln, denn es muss ein gemeinsames Anliegen aller sein, dass Gesundheitsvorsorge nicht nur für Erwachsene prioritär ist. Dazu gehört auch die finanzielle Aufwertung der Pflegeberufe und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Damit die Quantität und Intensität der Arbeitsbelastung abnehmen, fordert der Familienbund zudem bessere Personalschlüssel. „Die Politik muss verhindern, dass Pflegekräfte in der aktuellen Überlastungssituation den Beruf verlassen und sich die Situation weiter verschlimmert“, so Ulrich Hoffmann. Er appellierte auch an die Allgemeinheit: „Ich möchte auch zur Solidarität von uns allen aufrufen, damit Infektionsketten gebrochen werden“.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken – Bundesverband vom 13.12.2022

Wir warten seit einem Jahr auf die Einlösung der Versprechen aus dem Koalitionsvertrag!

Die Ampelregierung ist heute seit einem Jahr im Amt. Aber der angekündigte queerpolitische Aufbruch lässt noch auf sich warten. Dazu erklärt Henny Engels, Mitglied des Bundesvorstands des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Ein Viertel der Legislatur der Ampelregierung ist vergangen. Mit dem Koalitionsvertrag haben die Koalitionsparteien SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP einen queerpolitischen Aufbruch versprochen und zahlreiche Vorhaben zur Verbesserung der Situation queerer Menschen in Aussicht gestellt. Mit der Vorstellung des Eckpunktepapiers für ein neues Selbstbestimmungsgesetz und dem Kick-off zur Umsetzung des Aktionsplans „Queer leben“ der Bundesregierung sind die ersten Schritte getan. Außerdem hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Dienstanweisung Asyl aktualisiert und hiermit der Anwendung des sogenannten Diskretionsgebots konsequent einen Riegel vorgeschoben. Das ist erfreulich. Trotzdem ist bis heute kein einziges Gesetzesvorhaben aus dem queerpolitischen Aufbruch verabschiedet worden.

Noch immer durchlaufen trans* Menschen in Deutschland tagtäglich den pathologisierenden, diskriminierenden und teuren Prozess der Personenstandsänderung wegen des sogenannten Transsexuellengesetzes (TSG). In einer demokratischen Gesellschaft muss die Grundlage staatlichen Handelns der Schutz der persönlichen Freiheit sein und nicht eine ideologisch aufgeladene Ordnungsvorstellung über Geschlechtszugehörigkeit.

Regenbogenfamilien warten seit vielen Jahren auf eine rechtliche Gleichstellung. Fast fünf Jahre nach der #EheFürAlle und über zwei Jahre nach Einführung des dritten Geschlechtseintrags „divers“ fehlt es nun aber noch immer an den erforderlichen rechtlichen Reformen im Familien- und Abstammungsrecht. Die gesellschaftliche Anerkennung und rechtliche Absicherung der Vielfalt an gelebten Familienformen wie Zwei-Mütter-Familien, Zwei-Väter-Familien, Mehrelternfamilien oder Familien mit trans* und intergeschlechtlichen Eltern müssen angegangen werden.

Durch die aktuelle Gesetzeslage entgehen der medizinischen Infrastruktur immer noch Blutspenden von Männern, die Sex mit Männern haben! Außerdem stehen bis heute längst überfällige Reformen im Antidiskriminierungsrecht aus, wie beispielsweise der flächendeckende Ausbau und die nachhaltige Finanzierung eines Netzwerkes zivilgesellschaftlicher Beratungsstellen gegen Diskriminierung.

Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche und queere Menschen (LSBTIQ*) warten seit einem Jahr darauf, dass die Bundesregierung ihre Versprechen umsetzt! Der Aktionsplan „Queer leben“ ist hier ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings wurden dort überwiegend Punkte erneut bekräftigt, die bereits im Koalitionsvertrag angekündigt waren. Damit der Aktionsplan auch wirklich Leben verändert, müssen die angekündigten Maßnahmen nun umgesetzt und das heißt natürlich auch finanziert werden. Dafür schlägt der LSVD die Einrichtung eines Sonderfonds vor. Denn die LSBTIQ* Community braucht nicht noch mehr Worte der Hoffnung, sondern Taten und Gesetze, die das Leben in Deutschland für alle freier und damit demokratischer gestalten.

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 08.12.2022

pro familia fordert Bundesregierung zum Handeln auf und bietet Unterstützung an

Die Bundesregierung hat die Einsetzung einer Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin für diesen Herbst angekündigt. Nun ist das Jahr fast vorbei und die Kommission wurde noch nicht eingesetzt. pro familia fordert die Bundesregierung auf, die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung umgehend einzusetzen. Gleichzeitig weist der Verband auf die vorhandene nationale und internationale Expertise hin und bietet seine Unterstützung an.

„Die Arbeit der Regierungskommission zur reproduktiven Selbstbestimmung darf kein Selbstzweck sein“, erklärt Monika Börding, Vorsitzende des pro familia Bundesverbands. „Ihr Ziel muss sein, eine solide Grundlage für Gesetzesänderungen in dieser Wahlperiode zu erarbeiten. Wenn die Regierung Gesetzesänderungen zum Schwangerschaftsabbruch in dieser Wahlperiode erreichen will, darf sie keine Zeit verlieren, sondern muss die Kommission zügig einsetzen und ihre Arbeit umfassend unterstützen.“

Die Regierung kann dabei auf die Fachkenntnisse und Unterstützung von Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen zu den verschiedenen Aspekten der Regelung des Schwangerschaftsabbruchs zählen. Institutionen der Zivilgesellschaft haben sich in den letzten Jahren intensiv mit den Problemstellungen und mit Lösungsansätzen auseinandergesetzt. Mit seinem heute veröffentlichten Policy-Paper zu einem neuen Regelungsmodell zum Schwangerschaftsabbruch leistet der Deutsche Juristinnenbund einen wichtigen Beitrag zu dieser Auseinandersetzung. Aufbauend auf seine Empfehlungen von 2012 erarbeitet der pro familia Bundesverband ebenfalls eine umfassende Positionierung. Dem Beispiel anderer Regierungen folgend sollte die Bundesregierung die Weltgesundheitsorganisation bitten, den deutschen Gesetzesreformprozess durch ihre wissenschaftliche Expertise zu unterstützen.

Der §218 StGB steht aus guten Gründen auf dem Prüfstand. Die Versorgungslage zum Schwangerschaftsabbruch verschlechtert sich. Die Stigmatisierung und Kriminalisierung Schwangerer und derjenigen, die sie bei einem sicheren Schwangerschaftsabbruch unterstützen, ist nicht länger haltbar.

Es ist geplant, dass sich die Kommission auch mit der Fortpflanzungsmedizin befassen wird. Dies ist ein wichtiger Schritt, denn auf diesem Gebiet besteht erhebliche Rechtsunsicherheit und Bedarf nach einer gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung zu Regelungsoptionen.

Link zum pro familia Positionspapier zum Schwangerschaftsabbruch

Link zum pro familia Positionspapier zu Reproduktionsmedizin

Link zur Richtlinie der WHO „Abortion care guideline“ (2022)

Quelle: Pressemitteilung pro familia vom 08.12.2022

Der Bundestag hat heute beschlossen, dass der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ab 2023 auf 4.260 Euro steigt. Der Finanzausschuss hatte diese Verbesse-rung für Alleinerziehende noch in das Jahressteuergesetz 2022 auf-genommen. „Ein gutes politisches Signal für Alleinerziehende, dass Politik auch ihre besondere Belastung in der Inflationskrise sieht und sie entlasten will“, betont Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV). „Auch wenn die Erhöhung besonders für Alleinziehende mit kleinen Ein-kommen eher ein Trostpflaster als ein Kühlschrankfüller ist.“
„Umso wichtiger ist, dass Familienministerin Lisa Paus heute zudem bei Twitter angekündigt hat, dass der nächste Schritt eine Umwand-lung in eine Steuergutschrift für Alleinerziehende sein soll“, unter-streicht Jaspers. „Eine Steuergutschrift wäre ein echter Fortschritt für Alleinerziehende! Denn ein Abzugsbetrag von der Steuerschuld bis hin zu einer Auszahlung würde auch Alleinerziehende mit kleinen und mittleren Einkommen gezielt unterstützen. Damit es zu keiner Schlechterstellung kommt, müsste diese an die maximale Wirkung des jetzigen Entlastungsbetrags anknüpfen und bei ca. 1.900 Euro liegen.“
„Familien mit kleinem Einkommen und somit viele Alleinerziehende und ihre Kinder treffen die steigenden Lebenshaltungspreise und Energiekosten besonders hart“, erläutert Jaspers. „Schnelle Abhilfe durch eine Steuergutschrift ist deshalb wichtig! Auch, weil das höhere Kindergeld ab 2023 im Zusammenspiel mit Unterhaltsvorschuss für viele Alleinerziehende verpufft.“

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 02.12.2022

Kooperationsauftakt von der Familienkasse der BA und dem Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) zum Internationalen Tag der Menschenrechte

Familien stehen täglich vor den unterschiedlichsten komplexen Herausforderungen. Gerade in Zeiten finanzieller Unsicherheit durch Pandemie, Energiekrise und auch Inflation sind Familien von hohen sozialen und finanziellen Risiken betroffen – nicht nur im unteren Bereich der Einkommensverteilung. Sorgen und Nöte sind inzwischen bis weit in die Mittelschicht vorgedrungen und treffen nicht zuletzt insbesondere berufstätige Eltern und, in noch höherem Maße, allein- und getrennterziehende Berufstätige.

Mit der Kooperation zwischen der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit (BA) und dem Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) sollen alle Familien und Familienformen im Hinblick auf familienpolitische Leistungen sowie Teilhabe aktiv unterstützt und beraten werden. Ziel ist somit ein serviceorientierter, zielgruppengerechter, niederschwelliger Zugang zu den jeweiligen Leistungen durch enge Zusammenarbeit der beteiligten Akteurinnen und Akteuren und damit die Erhöhung der Inanspruchnahme der verschiedensten Familienleistungen.

Damit dies künftig gut gelingen kann, soll im Rahmen des Netzwerks an möglichst vielen Standorten und vor allem aber auch online das breite Spektrum an Hilfen für Familien und die jeweilige Expertise nach Bedarf kombiniert werden, um betroffene berufstätige Eltern zu unterstützen.

Information, zielgruppengerechte Beratung und Reduzierung von Hilfsbedürftigkeit ratsuchender Familien und Eltern unter besonderer Berücksichtigung der Belange berufstätiger Sorgeberechtigter – das ist also der Anspruch, dem sowohl die Familienkasse der BA als auch der Verband berufstätiger Mütter mit dieser Kooperation gerecht werden möchten. Die notwendige Expertise bringen beide im gegenseitigen Schulterschluss – auf Augenhöhe von Hauptamt und Ehrenamt – ein.

Um dem sozialen Bewusstsein aller Beteiligten Nachdruck zu verleihen, hat man sich für die Unterzeichnung am 09.12.2022 nicht irgendein Datum, sondern den Vortag des Internationalen Tags der Menschenrechte ausgesucht. Kinder haben ein Recht gewaltfrei und armutsfrei gesund aufwachsen zu dürfen. Kinderrechte sind Menschenrechte, das ist auch Anspruch dieser Kooperation.

Alle aktuellen Informationen rund um Kindergeld und Kinderzuschlag finden Familien online unter www.familienkasse.de.

Gemeinsames Statement von Karsten Bunk, Leiter der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit (BA) und Cornelia Spachtholz, Vorstandsvorsitzende des Verbands berufstätiger Mütter e.V. (VBM) und Initiatorin Equal Pension Day:

„Wir helfen Familien! Für die Familienkasse der BA ist das mehr als nur ein werbewirksamer Ausspruch. In vielen Bereichen geht das nur in einem stetig wachsenden Netzwerk von lokalen Akteurinnen und Akteuren, die das gleiche Ziel vor Augen haben. Mit der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung mit dem VBM legen wir den hierfür bereits gesetzten Grundsteinen gemeinschaftlich einen weiteren wichtigen Baustein hinzu.

Damit sind wir fachlich nicht nur deutlich breiter aufgestellt – der gegenseitige Blick über den jeweiligen Tellerrand eröffnet uns zudem viele weitere Themen und ermöglicht uns nachhaltig, voneinander und miteinander zu lernen.

Berufstätige Eltern brauchen eine gute Vereinbarkeit von Privatleben und Arbeit, Familien brauchen Infrastruktur, Zeit und Geld. Familien über ihre Ansprüche an Familienleistungen niederschwellig und barrierefrei zu informieren, ist unser gemeinsames Ziel.

Durch Kooperationen wie diese und der daraus resultierenden übergreifenden Zusammenarbeit können wir ein Zeichen setzen, wie es gelingen kann, familienrelevante Dienstleistungen zu kombinieren, zu modernisieren und weiterzuentwickeln, um auch in Zukunft in punkto Familienleistungen in Deutschland noch besser aufgestellt zu sein.“

Quelle: Pressemitteilung Verband berufstätiger Mütter e.V. vom 09.12.2022

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 12. Januar 2023

Veranstalter: Netzwerk Familien | eaf Landesverband in der Nordkirche

Ort: Berlin und Livestream

die Transformation stellt den auf Erwerbsarbeit ruhenden Sozialstaat auf die Probe und lässt immer wieder den Ruf nach einem Grundeinkommen aufkommen. Auch in der jüngsten Debatte um das Bürgergeld spielte es eine Rolle.

Welche Lücken und Probleme im bestehenden Sozialsystem, welche Sehnsüchte werden durch das Grundeinkommen angesprochen? Welche Probleme und Fallstricke birgt es? Welche anderen Möglichkeiten haben wir, gute Arbeit und verlässliche soziale Sicherheit im Wandel zu gestalten?

Diese Fragen wollen wir mit Expert*innen aus Wissenschaft und IG Metall diskutieren.

Nähere Informationen und eine Möglichkeit zur Anmeldung für eine Teilnahme vor Ort finden Sie hier: https://www.igmetall.de/download/20221125_einladung_arbeit_einkommen_grundeinkommen_final_ac96ba259fd61327c5a919122be886265ba7aba7.pdf

ANMELDUNG (nur nötig für eine Teilnahme vor Ort (kostenfrei)) bitte bis 06.01.2023 unter https://GesellschaftspolitischeReihe.igmetall.events

Termin: 16. Januar 2023

Veranstalter: SOS-Kinderdorf e.V.

Ort: Berlin

obwohl Deutschland zu den reichsten Ländern der Welt gehört, lebt hierzulande jedes fünfte Kind in Armut. Die Bundesregierung will mit der Einführung der Kindergrundsicherung einen wichtigen Schritt im Kampf gegen Kinderarmut gehen. Die Eckpunkte dieses entscheidenden familienpolitischen Vorhabens sollen Anfang 2023 vorgestellt werden. Wir wollen mit Ihnen diskutieren, ob und wie die Kindergrundsicherung die wirklichen Bedarfe aller Kinder abdecken und dabei z.B. auch auf die Situation von Kindern und Jugendlichen eingehen kann, die in Angeboten der Jugendhilfe leben.

Wie kann die Kindergrundsicherung die Übergänge aus der stationären Unterbringung absichern? Wie kommen die BuT-Leistungen, die in die Kindergrundsicherung einfließen sollen, den Kindern und Jugendlichen einfach und unbürokratisch zugute? Wir laden Sie herzlich dazu ein, diese und weitere Fragen gemeinsam mit unseren Redner*innen zu diskutieren.

Anmelden können Sie sich hier.

Termin: 26. Januar 2023

Veranstalter: Konsortium Elternchance

Die Lebens- und Arbeitswelten von Familien und Fachkräften in der Familienbildung haben sich in den letzten Jahren rasant verändert und  vermehrt zu neuen Herausforderungen im Alltag geführt. Die  andauernden Krisen beschleunigen den Wandel und verschärfen  Alltagssorgen zusätzlich. Während sich viele Familien überlastet fühlen, richten sich andere in einer Art Krisenmodus ein. Zertifizierte  Elternbegleiter:innen sind im kommunalen Kontext zu einer wichtigen  Unterstützungsressource für besonders belastete Familien geworden.  Professionell stehen sie Familien bei. Sie reagieren gezielt auf die  aktuellen Bedarfslagen von Eltern und Kindern und können sie flexibel  unterstützen, ihre Alltagsherausforderungen zu bewältigen.

Wir wollen an dem Tag miteinander ins Gespräch kommen,  Fachimpulse diskutieren und gemeinsam überlegen, welche Chance die  aktuellen Krisen für die Familienbildung darstellt und welche Möglichkeiten insbesondere Elternbegleiterinnen und Elternbegleiter  haben, um Familien zu entlasten. Was brauchen die Familien und wir  als Fachkräfte in sozial-, bildungs- und fachpolitischer Hinsicht?
Hier eine Auswahl unserer Workshop-Themen:

  • Krisensituationen als Wachstums- und Entwicklungsfaktoren
  • Digitale Elternbegleitung: Mediale und neue Formate als Unterstützung von Familien
  • Arme und benachteiligte Familien in der Krise
  • Bildungschancen: Durch die Krise vermiest?
  • Umgang mit politischen Haltungen und Diskursen in der Krise
  • Ressourcen von Familien in Krisenzeiten

Unser digitales Dialogformat bietet die Gelegenheit, mit viele Adressatengruppen in den Austausch zu kommen. Eingeladen sind  Fachkräfte, Trägervertreter:innen, kommunal und politisch Verantwortliche sowie interessierte Familien. Gemeinsam wollen wir in  schwierigen Zeiten neue Wege der Familienbildungsarbeit ausloten und  entwickeln. 

Anmeldung hier.
Die Teilnahme ist kostenfrei.