Zivilgesellschaftliches Bündnis fordert mehr Investitionen in soziale Infrastruktur für Familien
Berlin, 26. Juni 2025 – Angesichts der laufenden Haushaltsverhandlungen fordert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis die Bundesregierung auf, mit umfassenden Strukturreformen die soziale Infrastruktur für Kinder und Familien massiv zu stärken. „Investitionen in Kinder und Jugendliche sind Investitionen in Wohlstand und Demokratie“, erklärt der Ratschlag Kinderarmut, ein Zusammenschluss aus 49 Organisationen und drei Wissenschaftler*innen, in einem gemeinsamen Appell. In Deutschland entscheiden die soziale Herkunft und der Wohnort maßgeblich über Teilhabemöglichkeiten und Zukunftschancen. Familien und Kinder, die in Armut leben, sind mit vielfältigen Benachteiligungen konfrontiert. „Wirtschaft und Gesellschaft können jedoch ihr volles Potential nicht entfalten, wenn einem Teil der Kinder und Jugendlichen keine echte Chance auf Entwicklung gegeben wird“, erklärt das Bündnis.
Birgit Merkel, stellv. Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Alle Kinder und Jugendlichen, die in Deutschland aufwachsen, verdienen unsere volle Aufmerksamkeit. Wir alle tragen eine Verantwortung dafür, dass sie gut aufwachsen, sich zu zufriedenen und selbstbewussten Persönlichkeiten entwickeln sowie die Unterstützung erhalten, die sie brauchen – insbesondere, bei Armut und sozialer Benachteiligung. Wird die soziale Infrastruktur und die familien- sowie sozialpolitischen Leistungen für Familien nicht gestärkt, lassen wir Familien im Stich. Das gefährdet nicht nur das Wohlergehen der Kinder, sondern auch unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie.“
In Armut lebende Kinder und Familien sind besonders auf eine funktionierende soziale Infrastruktur angewiesen, die Ungleichheiten kompensiert und die Weichen für ein selbstbestimmtes Leben ohne Armut stellen kann. Niedrigschwellige Unterstützungs-, Beratungs- und Freizeitangebote, Förder- und Sprachunterricht, eine ausreichende Kinderbetreuung, ein Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr oder die Nähe zu einem Sportverein – all diese Möglichkeiten können Biografien prägen. Aktuell wird die soziale Infrastruktur in Deutschland den Bedarfen nicht gerecht.
Die Liste der Probleme ist lang und reicht von fehlenden Fachkräften über unzuverlässige Betreuungszeiten bis hin zu maroden Schultoiletten. Die 49 unterzeichnenden Organisationen des Appells fordern daher die Bundesregierung auf: „Nehmen Sie Geld im Bereich der sozialen Infrastruktur in die Hand, damit Kinder und Jugendliche nicht ihrer Chancen beraubt werden!“ Notwendig ist eine breite Palette an Maßnahmen, darunter eine bedarfsgerechte Finanzierung der frühkindlichen Bildung, mehr Investitionen in die Qualität von Kitas, Haushaltsmittel für den Kampf gegen Kinderarmut und ein kostenloses Mittagessen für benachteiligte Kinder und Jugendliche in Betreuungs- und Bildungseinrichtungen.
Bund, Länder und Kommunen müssen an einem Strang ziehen und zusätzliche Finanzspielräume schaffen, damit die soziale Infrastruktur massiv gestärkt werden kann. Diese Investitionen für Kinder und ihre Familien werden sich langfristig auszahlen, denn sie führen zu weniger Armut, mehr Wachstum und mehr gesellschaftlichem Zusammenhalt.
Den Appell im Wortlaut finden Sie hier.
Informationen zum Ratschlag Kinderarmut:
Auf Initiative der Nationalen Armutskonferenz (nak) trafen sich 2016 zahlreiche bundesweit agierende Organisationen, um gemeinsam Perspektiven der Bekämpfung von Kinderarmut zu diskutieren. Die erste gemeinsame Erklärung „Keine Ausreden mehr: Armut von Kindern und Jugendlichen endlich bekämpfen!“ wurde 2017 unter breiter medialer Beachtung veröffentlicht. In den Folgejahren engagierte sich der Ratschlag mit weiteren gemeinsamen Erklärungen, wie zuletzt im Jahr 2024 mit der von über 50 Organisationen gezeichneten Erklärung „Vom Kooperationsverbot zum Kooperationsgebot“.