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ZFF-Sonderinfo

AUS DEM ZFF

Mit der vergangenen letzten Sitzungswoche des Bundestages neigt sich die Legislaturperiode ihrem Ende zu und der Wahlkampf ist endgültig eröffnet: Das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) zieht mit Blick auf die Situation von Familien eine gemischte Bilanz der letzten Jahre der Großen Koalition.

Starke-Familien-Gesetz und Ausweitung des Unterhaltsvorschusses auf der einen, Scheitern von Reformen und soziale Schieflage auf der anderen Seite – die familienpolitische Bilanz der zu Ende gehenden Legislaturperiode fällt sehr durchwachsen aus. Mit dem Starke-Familien-Gesetz wurden Leistungen für Bildung und Teilhabe verbessert und der Kinderzuschlag neugestaltet. Der Unterhaltsvorschuss wurde über das 12. Lebensjahr hinaus ausgeweitet und mit dem Gute-KiTa-Gesetz wichtige Schritte zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur Entlastung der Eltern bei den Gebühren eingeleitet.

Neben diesen positiven Ansätzen sind andere wichtige familienpolitische Vorhaben gescheitert, so z.B. die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz gemäß der UN-Kinderrechtskonvention. Auch der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule wurde vorerst durch den Bundesrat gestoppt. Die Hoffnung auf eine Reform des Abstammungsrechts hat sich ebenfalls als vergeblich erwiesen, sodass die daraus resultierende Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien weiter besteht. Zudem hat sich die soziale Schieflage in der Familienförderung noch weiter verschärft: Während die Kinderfreibeträge im Steuerrecht ausgeweitet wurden, gab es bei den Regelsätzen im SGB II keine wesentliche Verbesserung. Insgesamt enttäuschend ist der Umstand, dass kaum Impulse zur Förderung einer partnerschaftlichen Familienorganisation gesetzt wurden.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Neben einer ohnehin gemischten familienpolitischen Bilanz der Legislaturperiode hat doch vor allem die Corona-Krise gezeigt, dass den Bedürfnissen von Kindern, Jugendlichen und Familien ein viel zu geringer Stellenwert bei politischen Entscheidungen eingeräumt wurde. Vor allem arme Familien waren im Lockdown weitgehend auf sich allein gestellt, die digitale Ausstattung von Schulen und Schüler*innen ließ und lässt auf sich warten. Hier gilt es, verlorenes Vertrauen in der Bevölkerung zurückzugewinnen und die Auswirkungen der Corona-Krise abzufangen.“

Altenkamp fordert deshalb: „In der nächsten Legislaturperiode müssen Kinder, Jugendliche und Familien im Mittelpunkt stehen. Wir brauchen eine sozial- und geschlechtergerechte Familien- und Bildungspolitik. Von einer guten Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf über die konsequente Umsetzung der Kinderrechte, die Digitalisierung in Schulen bis hin zu niedrigschwelligen Angeboten der Familienbildung und der Bekämpfung von Kinderarmut – die Große Koalition hat nicht genug unternommen, um Fürsorge in Deutschland endlich sozial abzusichern und hinterlässt der Nachfolgeregierung einen entsprechend großen Handlungsbedarf.“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 30.06.2021

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ZFF-Info 10/2021

AUS DEM ZFF

Anlässlich der heutigen Anhörung des Familienausschusses im Deutschen Bundestag begrüßt das Zukunftsforum Familie (ZFF) den Vorschlag zur Einführung eines Rechtsanspruchs auf Elternschutz für den zweiten Elternteil nach der Geburt und fordert dessen zügige Umsetzung.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. schlägt vor, das Mutterschutzgesetz zu einem Elternschutzgesetz weiterzuentwickeln. Zentral soll ein Rechtsanspruch auf Elternschutz, also eine bezahlte Freistellung von zehn Arbeitstagen für den zweiten Elternteil oder eine soziale Bezugsperson, unmittelbar nach der Geburt des Kindes eingeführt werden. Analog zum Mutterschaftsgeld soll dem zweiten Elternteil während der Freistellung ein Lohnersatz von 100 Prozent zustehen, um allen Familien den finanziellen Spielraum zu geben, den Elternschutz auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Daneben sieht der Antrag ein Rückkehrrecht auf den früheren Arbeitsplatz sowie ein Diskriminierungs- und Kündigungsverbot im Zusammenhang mit dem Elternschutz vor.

Alexander Nöhring, Geschäftsführer des ZFF, erklärt dazu: „Junge Eltern wollen Erwerbs- und Sorgearbeit partnerschaftlicher aufteilen, sie brauchen von Anfang an entsprechende Rahmenbedingungen. Ein Elternschutz von zehn Arbeitstagen bei 100 Prozent Lohnausgleich ist ein wichtiger Baustein für Väter oder den zweiten Elternteil, um sich ab der ersten Lebenswoche in die familiäre Kinderbetreuung einzubringen und die Mutter in dieser besonderen Zeit zu unterstützen. Die Regelung hat aus Sicht des ZFF das Potential, auch längerfristige partnerschaftliche Wirkung zu entfalten und kann u.a. einen Anreiz für eine längere Elternzeit des zweiten Elternteils darstellen.“

Nöhring ergänzt: „Um Familien bei einer gleichberechtigten Aufteilung von Betreuung und Erziehung von Kindern zu unterstützen, braucht es nachhaltige Reformschritte, die an die Zeit des Mutter- bzw. Elternschutzes anschließen. Wir setzen uns daher für eine Ausdehnung der Partnermonate beim Elterngeld ein. Darüber hinaus müssen wir gerade einkommensschwache Eltern dabei unterstützen, ohne finanzielle Nöte in ihr Familienleben zu starten. Das ZFF fordert, das Basis-Elterngeld als Familienförderleistung nicht wie bislang auf Transferleistungen anzurechnen. Daneben muss die Lohnersatzrate, gerade bei kleinen Einkommen, erhöht werden. Nur so schaffen wir es, allen Eltern Angebote für eine partnerschaftliche Familienorganisation zu machen!“

Alexander Nöhring ist heute als Sachverständiger bei der Sitzung des Familienausschusses geladen. Die öffentliche Anhörung wird zeitversetzt am 08. Juni um 17 Uhr unter www.bundestag.de übertragen.

Die Stellungnahme des Zukunftsforum Familie e.V. anlässlich der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 07. Juni 2021 zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. „Zehn Tage Elternschutz zusätzlich einführen“ (Drs. 19/26979) finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 07.06.2021

Anlässlich der heutigen öffentlichen Anhörung im Familienausschuss des Bundestages begrüßt das Zukunftsforum Familie (ZFF) die Anstrengungen zur Unterstützung von Familien im Rahmen des „Aufholpaketes“, mahnt jedoch Nachbesserungen für eine niedrigschwellige Begleitung nach der Krise an. 

Im Rahmen des „Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder und zur Änderung weiterer Gesetze“ soll ein Teil des von der Bundesregierung angekündigten „Corona-Aufholpaketes“ für Kinder und Jugendliche umgesetzt werden. Konkret betrifft dies die Zahlung eines einmaligen Kinderfreizeitbonus in Höhe von 100 Euro pro Kind/Jugendlichem sowie den Wegfall des einmaligen Antrags auf Lernförderung bis Ende 2023. Außerhalb dieses Gesetzesvorhabens ist, über Programmaufstockungen oder durch Erhöhungen des Umsatzsteueranteils der Länder u. a. geplant, die Bundesprogramme „Sprach-Kitas“ und „Frühe Hilfen“ auszubauen, Ferien- und Wochenendfreizeiten für Kinder, Jugendliche und Familien zu stärken und Mehrgenerationenhäuser besser auszustatten.

Darüber hinaus sollen mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf die pandemiebedingten Ausweitungen und Flexibilisierungen des Pflegezeitgesetzes verlängert werden. Ebenso wird im Bundeskindergeldgesetz klargestellt, dass der Kinderzuschlag eventuell bestehende Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind nicht mindert. 

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Kinder und Jugendliche sind in einem hohen Ausmaß von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen. Viele sind psychisch und physisch belastet, Lernrückstände werden immer größer und insbesondere armutsbetroffene Kinder und Jugendliche fühlen sich zunehmend abgehängt. Es ist gut und richtig, dass das geplante ‚Aufholpaket‘ ein Stück mehr Unterstützung bringt. Der Kinderfreizeitbonus und die Ausweitung der Lernförderung sind wichtige Schritte und auch die Ausweitung der Schulsozialarbeit, der Bundesprogramme ‚Sprach-Kitas‘ sowie ‚Frühe Hilfen‘, der Jugend- und Familienfreizeiten und der Mehrgenerationenhäuser sind enorm wichtig. Zudem wird Familien endlich vertraut, indem sie den Freizeitbonus selbst in die Hand bekommen und damit für sich entscheiden können, wie dieser am sinnvollsten für ihre Kinder und Jugendlichen eingesetzt wird.“

Altenkamp mahnt an: „Eine Milliarde für die Bekämpfung der Lernrückstände und eine Milliarde für den Rest, auf zwei Jahre verteilt – angesichts der Gesamtkosten zur Bewältigung der Krise sind das nur die Brosamen. Zudem geben uns Kinder und Jugendliche deutlich zu verstehen, dass Lernunterstützung nötig, aber bei weitem nicht ausreichend ist. Es muss jetzt auch darum gehen, Druck und Zukunftsängste abzubauen, sodass Kinder wieder Kinder und Jugendliche wieder Jugendliche sein können. Mit freien Zeiten, Phasen der Entspannung, offener Kinder- und Jugendarbeit, Familienbildung und weiterer niedrigschwelliger Begleitung und Unterstützung. Das muss jetzt im Fokus stehen, auch finanziell.“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 31.05.2021

SCHWERPUNKT I: Kinderrechte im Grundgesetz

Zum Scheitern der Aufnahme von Kindern ins Grundgesetz erklären Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, und Katja Keul, Sprecherin für Rechtspolitik:

Wir haben von Beginn an gesagt, dass wir für einen schlechten Kompromiss nicht zur Verfügung stehen würden. Nach schwierigen Verhandlungen müssen wir feststellen, dass bei den Kinderrechten weder eine Einigung auf Förderung noch auf Schutz noch auf Beteiligung erzielt werden konnte. Besonders die Unionsfraktion hat eine Stärkung der Kinderrechte abgelehnt.

Wir bedauern das sehr, gleichzeitig können wir keiner Vorlage zustimmen, die keinerlei Fortschritt für die Kinderrechte in Deutschland bedeutet. Der Vorschlag der Koalition enthält mit der Gewährleistung verfassungsmäßiger Rechte und des rechtlichen Gehörs überflüssige Verweise auf bereits geltendes Recht und damit letztlich nur eine Umschreibung, dass sich für die Kinder in Deutschland nichts ändern soll.

Letztlich müssen wir feststellen, dass eine Verankerung wirksamer Kinderrechte im Grundgesetz zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen ist. Es bleibt zu hoffen, dass die gesellschaftliche Debatte weitergeht und eines Tages die erforderliche Zweidrittelmehrheit für stärkere Kinderrechte im Grundgesetz ermöglicht. Wir werden auch in der neuen Wahlperiode alles daran setzen, dass Kinder starke Rechte im Grundgesetz bekommen, die ihnen zustehen, damit wir für unsere Kinder in der Zukunft einen echten Mehrwert schaffen können.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 08.06.2021

Mit dem Scheitern, die Rechte der Kinder stark in unsere Verfassung aufzunehmen, ist der Großen Koalition bei einem weiteren Großprojekt die Puste ausgegangen. Justizministerin Lambrecht, im Nebenjob auch noch Familienministerin, hat es nicht geschafft, die nötige Mehrheit zu organisieren, um Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Kinder stehen nach extrem schweren Monaten der Pandemie immer noch nicht im Mittelpunkt der Politik. Das ist ein Armutszeugnis für die Koalition, es ist ein Armutszeugnis insbesondere für die Union, die den Vorschlag blockiert hat.

Kinderrechte gehören ins Grundgesetz, damit Kindeswohl und Interessen bei staatlichen Entscheidungen endlich maßgeblich berücksichtigt werden. Eine starke Formulierung muss das Recht von Kindern auf Schutz, auf Förderung und auf Beteiligung in den Dingen, die sie betreffen, beinhalten. Zuletzt hatten wir einen kosmetischen Vorschlag auf dem Tisch, der sogar hinter der geltenden Rechtslage wie den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention zurückging.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Und egal, ob es um die Stadtplanung oder um die Sozialpolitik geht, ihre Rechte müssen im Vordergrund stehen.

Wir brauchen jetzt dringend eine konsequente Armutsvermeidung mit einer echten Kindergrundsicherung. Wir müssen dafür sorgen, dass wir aus der Pandemie herauskommen mit umfassenden Angeboten für Bildung und Freizeit.

Quelle: Pressedienst Dienstag-Statement Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 08.06.2021

Für die heutige Sitzung des Rechtsauschusses des Bundestages war ursprünglich die Behandlung der Kinderrechte-Gesetzentwürfe von LINKEN, Grünen und FDP geplant. Doch zur Überraschung der Oppositionsfraktionen setzte die Koalition den Tagesordnungspunkt kurzerhand ab. Begründung: Man habe noch Beratungsbedarf. Worin dieser besteht, bleibt unklar. Erst gestern hatten Justizministerin Lambrecht und Unionsfraktionsvorsitzender Brinkhaus das Scheitern der Verhandlungen zur Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz eingeräumt.

Niema Movassat, Obmann der Fraktion DIE LINKE im Rechtsauschuss, erklärt dazu: „Wir bedauern, dass die Koalition nicht willens ist, sich mit den demokratischen Fraktionen auf eine Formulierung der Kinderrechte im Grundgesetz zu einigen. Aber dass sie heute im Ausschuss auch noch die Abstimmung über die Gesetzentwürfe von LINKEN, Grünen und FDP verhindern will, ist ein Skandal und dem Parlament unwürdig.“

Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, ergänzt: „Das Versprechen der Kanzlerin und ihrer Koalition, Kinderrechte im Grundgesetz zu stärken, ist nichts wert. Gerade die Union hatte nie vor, irgendeiner Grundgesetzänderung zuzustimmen und hat nur zum Schein verhandelt. Ich bin nur noch wütend über dieses Manöver auf dem Rücken der Kinder.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 09.06.2021

„Die Koalition hat das Vorhaben, Kinderrechte endlich im Grundgesetz zu verankern, an die Wand gefahren“, kommentiert Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, das heute bekanntgegebene Scheitern der Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz. Norbert Müller weiter:

„Erst wurden anderthalb Jahre in einer ergebnislosen Bund-Länder-AG verplempert, dann wertvolle Monate im Koalitionsstreit. Schließlich haben SPD und Union die Debatte über die seit Jahren vorliegenden Vorschläge von LINKEN und Grünen im Rechtsausschuss blockiert. Der vorliegende Regierungsvorschlag wäre ein großer Rückschritt. Dennoch waren wir immer zur Debatte und zu Kompromissen bereit. Mit der von der Union forcierten Entscheidung der Koalitionsfraktionen, DIE LINKE aus den Verhandlungen auszuschließen, war absehbar, dass es keine Mehrheit im Bundestag mehr geben wird. Nach den Bundestagswahlen müssen die Verhandlungen im Parlament zwischen allen demokratischen Fraktionen umgehend wiederaufgenommen werden. Dabei ist für uns klar: Wir wollen umfassende Rechte auf Schutz, Förderung und Beteiligung und einen Vorrang des Kindeswohls im Grundgesetz sichern.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 08.06.2021

Zum Scheitern der Verhandlungen über eine ausdrückliche Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz erklärt der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae:

„Es ist bedauerlich, dass die Verhandlungen über die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz an der Ambitionslosigkeit der Großen Koalition gescheitert sind. Die FDP-Fraktion hat sich zu keinem Zeitpunkt einer ausdrücklichen Verankerung von Kinderrechten verschlossen. Vielmehr haben wir uns durchgehend konstruktiv an den Verhandlungen beteiligt und eigene Verbesserungsvorschläge eingebracht. Zudem haben wir stets dafür geworben, die sexuelle Identität als negatives Diskriminierungsmerkmal in Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz aufzunehmen. Letztlich war die Große Koalition aber nicht in der Lage, ernsthaft auf konstruktive Vorschläge einzugehen. Eine neue Bundesregierung wird sich dem Thema mit größerer Sorgfalt widmen müssen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 08.06.2021

Zum Scheitern des Koalitionsvorhabens, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, erklärt das Aktionsbündnis Kinderrechte (Deutsches Kinderhilfswerk, der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland, in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind):

„Das Scheitern der Verhandlungen über die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz ist ein herber Dämpfer für die Kinder, Jugendlichen und Familien unseres Landes, die in den vergangenen Monaten ohnehin schon wenig Unterstützung erfahren haben. Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, dass Kinderrechte bisher zu häufig übergangen werden.

Dass sich die Bundestagsfraktionen nicht auf eine gemeinsame Formulierung einigen konnten, ist enttäuschend. Kinder und ihre Familien hätten mehr Kompromissbereitschaft und Rückhalt über alle Parteien hinweg verdient. Mit dem Scheitern des Vorhabens wurde eine historische Chance verpasst, die Rechte von Kindern nachhaltig zu stärken.

Das Aktionsbündnis Kinderrechte wird sich weiter für eine Verankerung der Kinderrechte in der deutschen Verfassung einsetzen. Die im Aktionsbündnis vertretenen Kinderrechtsorganisationen rufen Bund und Länder dazu auf, weiter eine tragfähige Lösung zur Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz zu suchen. Es braucht eine starke und eindeutige Formulierung für die Kinderrechte, die unabhängig von den Elternrechten gegen den Staat gelten. Dies wäre eine wichtige Grundlage für kindgerechtere Lebensverhältnisse und bessere Entwicklungschancen für alle Kinder, für eine stärkere Rechtsposition und mehr Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland.“

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk, Deutscher Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland und Deutsche Liga für das Kind vom 08.06.2021

Der Kinderschutzbund zeigt sich enttäuscht über die gescheiterten Verhandlungen zu der Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz.

In der Corona-Krise hatte der Kinderschutzbund oft den Eindruck, dass Kinder in der Politik keine hohe Priorität haben. Dieser Eindruck setzt sich beim Umgang mit den Kinderrechten fort. „Ein deprimierendes Signal für Kinder und Familien in Deutschland“, findet der Präsident des Kinderschutzbunds, Heinz Hilgers.

„Wir brauchen echte Kinderrechte im Grundgesetz. Zu echten Kinderrechten gehören Schutz, Förderung und Beteiligung von Kindern sowie der Vorrang des Kindeswohls“, sagt Heinz Hilgers dazu. Der Kinderschutzbund wird weiter für die Kinderrechte kämpfen. „Neben der Kindergrundsicherung ist die Aufnahme echter Kinderrechte ins Grundgesetz der wichtigste Wahlprüfstein für den Kinderschutzbund“, erklärt Bundesgeschäftsführer Daniel Grein. Der Kinderschutzbund erwartet, dass eine zukünftige Regierung im Koalitionsvertrag festhält, dass echte Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden.

Dass das möglich ist, zeigen zwei Bundesländer: „Hessen hat nach einem überragenden Ergebnis einer Volksabstimmung ein gutes Beispiel abgegeben. Und erst kürzlich hat Bremen gezeigt, dass ernstgemeinte Kinderrechte in der Landesverfassung erreichbar sind“, so Heinz Hilgers.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund – Bundesverband e.V. vom 08.06.2021

Laut Aussage von Justiz- und Familienministerin Lambrecht wird die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr erfolgen. Die Parteien geben sich nun gegenseitig die Schuld daran, dass eine abschließende Verhandlungsrunde mit Vertreter*innen der Bundestagsfraktionen ergebnislos verlief. „Dass die Parteien keinen Kompromiss finden, ist kaum zu glauben! Kinder und Jugendliche sind die Verlierer“, bedauert Martin Bujard, Präsident der eaf. „Die Corona-Pandemie hat überdeutlich gezeigt, wie groß und dringend der Handlungsbedarf ist. Deshalb haben wir bereits im Januar davor gewarnt, das Vorhaben in die nächste Wahlperiode zu verschieben.“

 

Die eaf hatte schon früh befürchtet, dass der vorgelegte Regierungsentwurf die erforderlichen Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat verfehlen könnte und deshalb bereits Mitte Januar einen ausführlich begründeten Alternativvorschlag vorgelegt. Dieser verhindert sowohl ein Zurückfallen hinter die Regelungen der UN-Kinderrechtskonvention, wie es von der Opposition kritisiert wurde, als auch eine Verschiebung des wohlaustarierten Grundrechts-gefüges zwischen Eltern, Kindern und Staat, was wiederum von der Union abgelehnt wird.

 

„Eine Übernahme einzelner Rechte aus der UN-Kinderrechtskonvention ist gar nicht nötig, hat aber zu dem Streit um die richtige Formulierung geführt. Diese Klippe könnte mit der Einigung auf ein Staatsziel umschifft werden“, erläutert Bujard. „Wir meinen, es reicht aus, Kinder unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung zu stellen und sich mittels eines Staatsziels auf die tatsächliche Durchsetzung aller Kinderrechte aus der UN-Kinderrechtskonvention zu einigen. So aber wird die große Chance verpasst, jetzt, wo wir es besonders dringlich brauchen, einen Startschuss für eine aktivere Politik für Kinder und Jugendliche abzugeben.“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf) vom 09.06.2021

Die Kindernothilfe kritisiert die deutsche Regierung für das Scheitern der Verhandlungen zur Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz. Obwohl das Vorhaben im aktuellen Koalitionsvertrag verankert ist, wurde gestern bekannt, dass es nicht umgesetzt wird. „Die Regierung wird ihr Versprechen nicht halten und hat damit eine riesengroße Chance zur Stärkung der Kinder und ihrer Rechte vertan“, so Katrin Weidemann, Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe.

„Es ist unfassbar enttäuschend, dass die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz an Detailfragen scheitert“, sagt Katrin Weidemann, Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe. Obwohl das Vorhaben im aktuellen Koalitionsvertrag verankert ist, wurde gestern bekannt, dass es nicht umgesetzt wird. Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht hatte nach einer abschließenden Verhandlungsrunde mit den Bundestagsfraktionen die Nachricht veröffentlicht, dass es keine Zweidrittelmehrheit für den Vorstoß geben wird. 

Wie wichtig Kinderrechte sind und dass sie viel weiter reichen als Menschenrechte, zeige sich einmal mehr in der Pandemiezeit, sagt Weidemann mit Blick auf die steigenden Zahlen zu Gewalt gegen Kinder. „Wir sehen in einer Grundgesetzänderung die Chance, den Staat stärker in die Pflicht zu nehmen, kindgerechte Lebensverhältnisse zu schaffen und Kinderarmut zu bekämpfen“, so Weidemann weiter.

Die Sorge von Kritikern einer solchen Regelung, die Freiheit und die Verantwortung der Elternrechte einzuschränken, könne die Kindernothilfe nicht teilen. „Kinder haben ein Recht darauf, bei Dingen, die ihr Leben betreffen, einbezogen zu werden. Es ist beschämend, dass Kindern und Jugendlichen mit dieser Entscheidung wieder einmal deutlich gemacht wird, wie wenig ihre Bedürfnisse zählen!“

Der jahrelange Einsatz der Kindernothilfe und vieler Kinderrechtsorganisationen erlebe einen großen Rückschritt. „Aber wir geben nicht auf und kämpfen in der nächsten Legislaturperiode weiter dafür, dass Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen werden“, so Weidemann.

 
Quelle: Pressemitteilung Kindernothilfe vom 08.06.2021

SoVD-Präsident Adolf Bauer: „Die Rechte von Kindern müssen gestärkt werden, das steht fest. Das dieses Vorhaben nun wieder aufgeschoben wird, enttäuscht mich maßlos.“

Kinder haben keine starke Lobby in der Politik. So jedenfalls die Schlussfolgerung des Sozialverband Deutschland (SoVD) nach den gescheiterten Verhandlungen der Bundesregierung zur Verankerung echter Kinderrechte im Grundgesetz. 

„Es ist ein Armutszeugnis für die große Koalition, dass es nach monatelangen Verhandlungen nicht möglich ist ein Gesetz zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz auf den Weg zu bringen. Die Rechte von Kindern müssen gestärkt werden, das steht fest. Dass dieses Vorhaben nun wieder aufgeschoben wird, enttäuscht mich maßlos“, sagt SoVD-Präsident Adolf Bauer.

Gemeinsam mit Organisationen, wie dem Deutschen Kinderhilfswerk, UNICEF Deutschland, dem Kinderschutzbund und der Deutschen Liga für das Kind, beteiligt sich der SoVD an dem Bündnis „Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!“. Wir werden nicht lockerlassen und uns weiter für die Aufnahme echter Kinderrechte im Grundgesetz stark machen, die den Ansprüchen der UN-Kinderrechtskonvention gerecht werden“, so Bauer.

Entscheidend ist, dass die Kinderrechte im Grundgesetz einen eigenen Absatz erhalten. „Wenn die Kinderrechte im Grundgesetz unmittelbar mit den Elternrechten verknüpft werden,führt das zu Konflikten zwischen Eltern- und Kinderrechten, die schlichtweg vermeidbar sind“, betont der SoVD-Präsident.

In Verbindung stehende Artikel: Kinderrechte kommen nicht ins Grundgesetz

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband Deutschland e.V. vom 08.06.2021

SCHWERPUNKT II: Elternschutz nach der Geburt

Die von der Linksfraktion geforderte Weiterentwicklung des Mutterschutzgesetzes zu einem Elternschutzgesetz, das die Einführung einer zehntägigen Freistellung von der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich für den zweiten Elternteil oder eine zu benennende soziale Bezugsperson nach der Geburt eines Kindes vorsieht, stößt auf ein geteiltes Echo. Während dies von Arbeitnehmervertretern, Familienverbänden und dem Deutschen Frauenrat ausdrücklich begrüßt wird, lehnen dies Arbeitgeber und Vertreter der Wirtschaft ab. Dies zeigte sich in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag über den entsprechenden Antrag der Fraktion Die Linke (19/26979).

Ausdrücklich begrüßt wurde die Forderung von Alexander Nöhring vom Zukunftsforum Familie, Alexandra Nordmann vom Deutschen Frauenrat, Anja Weusthoff vom Deutschen Gewerkschaftsbund und Sandra Runge vom Deutschen Juristinnenbund. Nöhring argumentierte, dass der vorgeschlagene Elternschutz auch die Väter beziehungsweise den zweiten Elternteil in der besonderen Lebensphase nach der Geburt eines Kindes unterstütze. Dadurch werde die gesamte Familie gestärkt. Nordmann führte aus, dass der zehntägige Anspruch auf Freistellung mit Lohnersatz für den zweiten Elternteil zur unabhängigen Existenzsicherung von Frauen beitrage und Vätern einen Anreiz setze, sich langfristig stärker in der Familie zu engagieren. Auch Weusthoff argumentierte, dass der Elternschutz einen guten Start in eine gerechtere Aufteilung der Sorgearbeit in der Familie darstelle. Runge wies darauf hin, dass die „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige“ einen zehntägigen Freistellungsanspruch für den zweiten Elternteil vorsehe. Dies müsse auch in deutsches Recht umgesetzt werden.

Auf Ablehnung stieß der Antrag der Linken hingegen bei Vertretern der Arbeitnehmer und der Wirtschaft. Übereinstimmend wiesen Ingbert Liebing vom Verband kommunaler Unternehmen, Kerstin Plack von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und Caroline Rigo vom Zentralverband des deutschen Handwerks die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf einen Elternschutz ab. Einerseits sprachen sie sich zwar dezidiert dafür aus, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken. Der Linken-Antrag sei jedoch weder zielführend noch nötig. Liebing, Plack und Rifo verwiesen darauf, dass die Elternzeit und das Elterngeld deutlich über die Vorgaben der EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie hinausgingen. Insofern sei ein erweiterter Elternschutz nicht nötig. Zum anderen handle es sich beim bestehenden Mutterschutzgesetz vorrangig um ein Arbeitsschutzgesetz, das den besonderen Anforderungen einer Schwangerschaft und der besonderen Schutzbedürftigkeit von Mutter und Kind nach der Entbindung Rechnung trage. Eine Ausweitung dieses Schutzes auf die Väter passe nicht in die Systematik. Ebenfalls auf Ablehnung stieß die Forderung, den Elternschutz auf eine von der Mutter benannte soziale Bezugsperson auszuweiten. Dies würde zu einer nicht überschaubaren Gruppe von Anspruchspersonen führen, befanden Plack und Rigo. Liebing räumte aber ein, dass bei der Elternzeit für Väter in manchen Unternehmen noch Nachholbedarf bestehe. Hier müsse es zu einem weiteren Umdenken in der Unternehmenskultur kommen.

Nina Katrin Straßner vom Softwareunternehmen SAP berichtete von den guten Erfahrungen, die das Unternehmen mit der freiwilligen Einführung einer Väterzeit gemacht habe. Diese sehe vor, dass Väter während der Mutterschutzzeit für 20 Prozent ihrer Arbeitszeit bezahlt freigestellt werden können. In den ersten 15 Monaten nach Einführung hätten mehr als 500 Väter von dieser Regelung Gebrauch gemacht. Dies habe sich auch auf die Unternehmenskultur insgesamt positiv ausgewirkt. Zudem habe sich die Elternzeitquote bei den Vätern in der Folgezeit erhöht, führte Straßner aus.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 753 vom 07.06.2021

Bindung und Partnerschaftlichkeit stärken durch bezahlte Freistellung für zweiten Elternteil!

Die Geburt eines Kindes ist einer der bedeutendsten und emotional tiefgreifendsten Augenblicke – nicht nur für die Mutter, sondern auch für den zweiten Elternteil. Da ist es wichtig, den Kopf frei zu haben für das, worauf es ankommt: Die Bindung zum Kind zu stärken und als Familie zusammenzuwachsen.

Nicht zuletzt deswegen fordert der DGB einen Rechtsanspruch einzuführen auf eine zehntägige bezahlte Freistellung des zweiten Elternteils rund um die Geburt. Die „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158)“ konsequent umzusetzen und in einem eigenständigen Vaterschaftsfreistellungsgesetz die Voraussetzungen für eine enge Vater-Kind-Bindung und mehr Partnerschaftlichkeit bei der Verteilung der Sorge- und Hausarbeit zu verbessern, ist das Gebot der Stunde.

Denn die letzten Jahre zeigen: Familien- und gleichstellungspolitische Reformen haben traditionelle Rollenvorstellungen und Fehlanreize bei den strukturellen Rahmenbedingungen zur ungleichen Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit in Deutschland nicht beseitigt. Frauen übernehmen immer noch die Hauptlast der Sorge- und Hausarbeit und reduzieren dafür ihre Erwerbsarbeitszeit. Die ungleiche Teilhabe am Arbeitsmarkt verhindert die eigenständige Existenzsicherung, schmälert Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten und erhöht das Risiko für Altersarmut. 

Für mehr Partnerschaftlichkeit brauchen Männer und Frauen endlich einen Paradigmenwechsel. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen mit Kindern muss gestärkt und die Übernahme von Sorgeverantwortung durch Väter durch gezielte Anreize besser unterstützt werden.

Studien zeigen, dass die Unternehmenskultur einen relevanten Einfluss darauf hat, wie die Sorgeverantwortung in Paarhaushalten verteilt ist. Zwar ist eine familienfreundliche Unternehmenskultur noch keineswegs die Regel, aber sie ist eine maßgebliche Bedingung für partnerschaftliche Vereinbarkeit. Untersuchungen zur Inanspruchnahme von Elternzeit zeigen zudem, dass für Väter die Sorge vor negativen beruflichen Folgen zu den drei häufigsten für einen Verzicht auf Elternzeit zählt. Statt auf den guten Willen der Unternehmen hoffen zu müssen, würde die Einführung einer Vaterschaftsfreistellung einen verbindlichen Rechtsanspruch schaffen, der die Unternehmenskultur nachhaltig verändern kann.

Die am 20. Juni 2019 verabschiedete „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158)“ setzt Mindeststandards, mit denen die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbessert werden soll. Ein vom DGB in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten des Arbeits- und Sozialrechtlers Stefan Treichel zeigt: Die aktuellen Regelungen in Deutschland reichen nicht aus. Die Vaterschaftsfreistellung muss unabhängig von bisherigen Regelungen eingeführt werden. Und auch andere familienpolitisch relevante Regelungen müssen grundlegend nachjustiert werden, darunter diejenigen zur Elternzeit und Pflegezeit und jene im Bereich des allgemeinen Teilzeitrechts.

Diese Forderungen bekräftigt der DGB in seiner Stellungnahme anlässlich einer öffentlichen Anhörung zum Antrag der Fraktion DIE LINKE „Zehn Tage Elternschutz zusätzlich einführen“ (BT-Drs. 19/26979) vom 24. Februar 2021. 

Als Sachverständige wird Anja Weusthoff den DGB in der öffentlichen Anhörung vor dem Ausschuss Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Bundestag zum Antrag der Fraktion DIE LINKE vertreten. Die Anhörung findet am Montag, den 07. Juni 2021 von 14.00 Uhr – 15.45 Uhr digital statt.


Hier könnt ihr die Stellungnahme des DGB zum Antrag der Fraktion DIE LINKE herunterladen:

 
Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 07.06.2021

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme im Rahmen der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. „Zehn Tage Elternschutz zusätzlich einführen“.

1. Forderung

Die Fraktion DIE LINKE fordert im Rahmen des unter II gestellten Antrages auf, unverzüglich einen Gesetzesentwurf vorzulegen, um die „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158)“ umzusetzen, das bestehende Mutterschutzgesetz zu einem Elternschutzgesetz weiterzuentwickeln und darin einen Rechtsanspruch auf Elternschutz festzuschreiben, der eine bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung von zehn Arbeitstagen für den zweiten Elternteil oder für eine von der leiblichen Mutter benannte soziale Bezugsperson unmittelbar nach der Geburt des Kindes vorsieht. Dabei werden folgende Regelungen gefordert

1. Eine Entgeltfortzahlung von 100 Prozent, die sicherstellt, dass die Lohnfortzahlung für fünf Tage durch Arbeitgeber*innen und die weiteren fünf Tage durch Entgeltfortzahlung durch den Bundeshaushalt erfolgen und 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze nach § 223 Absatz 3 SGB V nicht überschreitet.

2. Ein Rückkehrrecht auf den früheren Arbeitsplatz.

3. Die Festschreibung eines Diskriminierungs- und Kündigungsverbot im Zusammenhang mit dem Elternschutz.

2. Stellungnahme

a)  10-tägiger bezahlter Freistellungsanspruch („Rechtsanspruch auf Elternschutz“) für den zweiten Elternteil oder eine von der leiblichen Mutter benannte Bezugsperson unmittelbar nach der Geburt des Kindes.

Art 4 der EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158), die bis zum August 2022 umgesetzt werden muss, sieht einen 10-tägigen Freistellungsanspruch für den zweiten Elternteil vor. Dieser gewährt Vätern bzw. dem zweiten Elternteil unabhängig vom Familienstand einen gesetzlichen Anspruch auf bezahlte Freistellung anlässlich der Geburt – mindestens in Höhe des Krankengeldes. 

Die Regelung eines im Mutterschutzgesetz verankerten Freistellungsanspruchs wird daher vom djb unterstützt und begrüßt. Wichtig ist, dass es sich um einen eigenständigen Rechtsanspruch handeln sollte, der nicht in den Regelungen des Elterngelds aufgehen und als fiktiver Elterngeldverbrauch bewertet werden sollte. Die Freistellung aus Anlass der Geburt –   zusätzlich zu Elternzeit und Elterngeld bedeutet nicht nur eine Entlastung für die gebärende Mutter, sondern fördert die Eltern-Kind-Beziehung des anderen Elternteils von Anfang an. Letztere haben dann aufgrund der Lohnersatzleistung den finanziellen Spielraum, sich bereits in der frühen familiären Phase nach der Geburt um das Kind zu kümmern. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass der 10-tägige Elternschutz oftmals den Grundstein dafür legen wird, dass der zweite Elternteil im Anschluss Elternzeit, ggf. auch Teilzeit in Elternzeit beansprucht. Dadurch wird ein wichtiger Anreiz gesetzt, Fürsorgearbeit und Erwerbsarbeit innerhalb der Familie partnerschaftlich aufzuteilen.

b) Rückkehrrecht nach der Elternzeit

Das unionsrechtlich zu gewährleistende Recht auf Rückkehr auf den vorherigen oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz zu den Bedingungen aus der Zeit vor Beginn des Mutterschutzes sowie auf alle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, die im Laufe der Schutzfristen entstanden sind, bedarf einer Regelung im MuSchG bzw. im BEEG. Das Rückkehrrecht nach der Elternzeit wird bislang lediglich über das Direktions- und Weisungsrecht nach § 106 GewO erfasst. Hier sollte zur Stärkung der Rechte von Elternzeit-Rückkehrenden eine klare gesetzliche Regelung existieren. Dies könnte auch dazu beitragen, dass Elternzeitrückkehrer seltener ihren Arbeitsplatz verlieren bzw. degradiert werden, wie dies oftmals in der Praxis der Fall ist. Der djb hält die eindeutige gesetzliche Regelung des Rückkehrrechts nach der Elternzeit für einen längst überfälligen Schritt, der Familien dabei unterstützen wird, Beruf und Familie leichter miteinander zu vereinbaren.

c) Diskriminierungs-/Kündigungsverbot im Zusammenhang mit der Elternzeit

Es gibt inzwischen sowohl statistische Erhebungen als auch zahlreiche Beschwerden bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes[1], die belegen, dass Personen, die Fürsorgearbeit leisten, etwa betreuende Eltern oder Personen, die Angehörige pflegen, in der Arbeitswelt erheblich benachteiligt werden. Fälle wie z.B. die Nichtverlängerung befristeter Arbeitsverträge während der Elternzeit, Degradierungen, Kündigungen, und Vorlage von Aufhebungsverträgen nach der Rückkehr aus der Elternzeit belegen dies anschaulich. Auch abwertende Bemerkungen, wenn das Kind oder andere Angehörige erkrankt sind, der Ausschluss von Karriereprogrammen etc. sind Ausdruck solcher Schlechterstellung von Eltern und haben nachteilige Folgen für Erwerbsbiographien bis hin in das Rentenalter – für Mütter, aber auch für Väter, die Sorgeaufgaben übernehmen.   

Die Corona-Krise hat diese Benachteiligungen noch verschärft. Aufgrund geschlossener bzw. nicht vollständig geöffneter Betreuungseinrichtungen und negativer wirtschaftlicher Folgen, die in vielen Fällen Umstrukturierungen und betriebsbedingte Kündigungen zur Folge haben, stehen sehr häufig Mütter in Elternzeit im Fokus der (strategischen) Überlegungen.

Der Schutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) erfasst fürsorgeleistende Erwerbstätige derzeit allenfalls über das Merkmal Geschlecht. Hier kann die Benachteiligung von Eltern und Pflegenden zwar als mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts einzuordnen sein. Eine solche Benachteiligung setzt jedoch den Nachweis voraus, dass entweder Frauen oder Männer besonders betroffen sind. Der Schutz des AGG greift daher nicht, wenn Mütter und Väter in gleicher Weise als Eltern gegenüber Nichteltern benachteiligt werden. Bei Männern, die im Gegensatz zur Mehrzahl der anderen männlichen Beschäftigten in einem Unternehmen, die Sorge für Kinder oder Angehörige übernehmen wollen, etwa durch die langfristige Inanspruchnahme von Elternzeit und Familienpflegezeit, stellt sich zudem die Frage nach der richtigen Vergleichsgruppe. 

Der djb regt daher an, sich vertieft mit Benachteiligungen von Eltern und pflegenden Angehörigen im Erwerbsleben zu befassen und zu prüfen, inwieweit diese Benachteiligungen vom Schutz des AGG umfasst sind und ggf. entsprechende Reformen auf den Weg zu bringen. Der Diskriminierungsschutz sollte dann auch Pflegeeltern einbeziehen.

Die bis 2022 umzusetzenden EU-Vereinbarkeitsrichtlinie, die darauf zielt, die die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf zu verbessern, bietet den passenden Anlass sich in der kommenden Legislaturperiode mit diesem Vorhaben zu befassen.

Die Aufnahme einer weiteren Kategorie zum Schutz fürsorgender Erwerbstätiger und ein klarer gesetzlicher Auftrag könnten auch dazu beitragen, dass sich Unternehmen familienfreundlich ausgestalten und Vorgesetzte, Betriebsrät*innen, Gleichstellungsbeauftragte etc. bei der Umsetzung familienfreundlicher Maßnahmen unterstützen. 

Ein verbesserter gesetzlicher Schutz von Elternschaft und Fürsorgearbeit wird unter dem Stichwort „parenthood“ bereits auf europäischer Ebene von EU-Projekten wie
parents@work diskutiert.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb)  vom 07.06.2021

Heute beschäftigt sich der Familienausschuss in einer öffentlichen Anhörung mit einem Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Einführung eines zehntägigen Elternschutzes. Grundlage ist eine EU-Richtlinie, die einen Rechtsanspruch auf einen sogenannten „Vaterschaftsurlaub“ vorsieht. Deutschland hat ein im EU-Vergleich modernes Elterngeld, zu dem die bezahlte Freistellung eine sinnvolle Ergänzung wäre.

„Ein Kind kriegt man nicht mal eben so. Das Team Eltern muss schon zur Geburt gemeinsam an den Start gehen können“, betont eaf-Präsident Dr. Martin Bujard und stellt fest: „Ausschließlich den Müttern bei der Geburt eine bezahlte Freistellung einzuräumen, ist nicht mehr zeitgemäß. Eltern sehen die Familiengründung als gemeinsame Aufgabe und wollen sich von Anfang an gegenseitig partnerschaftlich unterstützen.“

Zwar ist es auch jetzt schon möglich, dass Väter, bzw. Co-Mütter, für kurze Zeit unbezahlte Elternzeit nehmen können. Die bezahlte Elternzeit beginnt aber erst ab einem Zeitraum von mindestens zwei Monaten. Mehr als die Hälfte der Väter nehmen gar keine Elternzeit, viele Familien geben an, dass die Väter aus finanziellen Gründen nicht so lange aussteigen können oder berufliche Nachteile fürchten.

„Hier ist noch ein Bewusstseinswandel in der Arbeitswelt notwendig“, so Bujard. „Das Signal einer bezahlten Freistellung für Väter zum Zeitpunkt der Geburt richtet sich an die Gesellschaft, aber insbesondere an Arbeitgeber und Kollegen: Mit der Geburt eines Kindes sind beide Eltern für den Familienalltag zuständig und das kann dann auch bei beiden dazu führen, dass die Erwerbsarbeit phasenweise zurückstehen muss.“ Eltern von Anfang an Zeit für ihr Familienleben zu ermöglichen, ist ein wichtiges Anliegen der eaf.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 07.06.2021

SCHWERPUNKT III: Internationaler Kindertag

Anlässlich des Internationalen Kindertags am 1. Juni erinnert Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, an die überfällige Einführung des Umgangsmehrbedarfs für Kinder getrennt lebender Eltern im Hartz-IV-Bezug. Wenn ein Kind im Wechselmodell bei beiden Eltern lebt, werden die Leistungen des Regelbedarfs tageweise zwischen den Eltern aufgeteilt. Jeder Tag, den das Kind bei einem Elternteil verbringt, fehlt beim anderen am Ende des Monats. Dinge, die in beiden Haushalten angeschafft werden müssen, sowie höhere Kommunikationskosten sind dabei nicht vorgesehen. Auch die Kosten für das Kinderzimmer laufen einfach weiter. Konflikte sind vorprogrammiert. Wohlfahrtsverbände und Sozialexperten fordern daher seit Jahren die Einführung eines Umgangsmehrbedarfs. Er würde kaum Kosten verursachen, hätte aber eine große Wirkung. Doch die Bundesregierung verschleppt die Einführung des Umgangsmehrbedarfs für Kinder. Kipping erklärte dazu:

„Die Untätigkeit der Bundesregierung ist beschämend. Alle Kinder sollen das Recht haben, den Umgang mit ihren Eltern zu genießen, auch wenn die Lebensumstände gerade nicht einfach sind. Kinder, deren Eltern beide auf Hartz IV angewiesen sind und getrennt leben, haben ohnehin ein Päckchen zu tragen. Die Bundesregierung schuldet ihnen mehr Einsatz, um diese Last etwas zu mildern. Doch sie liefert nur Nichtstun. Sie hat eine ganze Wahlperiode verstreichen lassen, ohne beim Umgangsmehrbedarf voranzukommen. Sie hat damit Kinder, die ohnehin keinen leichten Start ins Leben haben, erneut im Stich gelassen. Die Folge: Getrennt lebende Eltern in Hartz IV werden bestraft, wenn sie sich um ihre Kinder kümmern.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 31.05.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV) fordert zum Welteltern- und Internationalen Kindertag die Altersgrenze beim Kindergeld wieder anzuheben.

Familien, deren Kinder in der Ausbildung sind, erhalten Kindergeld bis zum vollendeten 25. Lebensjahr. Durch die Pandemie ist es zu Verzögerungen bei Berufsausbildung oder Studium gekommen, so dass Familien ihre Kinder länger finanziell unterstützen werden. „Mehrere Bundesländer haben die Regelstudienzeit pandemiebedingt verlängert und damit den BAföG-Bezug erweitert. Eltern finanzieren jedoch die Ausbildung ihrer Kinder entscheidend mit. An dieser Stelle braucht es Unterstützung in Form eines verlängerten Kindergeldes bis 27“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV.

Der Familienverband setzt sich für eine Erweiterung des Kindergeldbezugs bis zum vollendeten 27. Lebensjahr ein. Einerseits soll damit der zusätzlichen Belastung von Familien bei der Ausbildung ihrer Kinder in der Coronapandemie Rechnung getragen werden. Andererseits fordert der DFV die Ausweitung des Kindergeldbezugs bereits seit Jahren. „Kindergeld bis zum Alter von 27 Jahren muss dauerhaft bestehen. Viele Bundesländer sind ab 2015 zum G-9-Modell, also der längeren Schulzeit, zurückgekehrt. Außerdem sind Studiengänge gegen Ende besonders kostenintensiv“, so Zeh.

Vor 2007 lag die Altersgrenze beim Kindergeld bereits bei 27 Jahren. Danach wurde sie stufenweise auf 25 Jahre herabgesetzt, um eine schnellere Aufnahme der Berufstätigkeit des Kindes anzuregen. Eine weitere Begründung für die Absenkung war, dass Kinder durch frühere Einschulungen und verkürzte Schulzeiten (G-8) ihre Berufsausbildung oder das Studium früher abschließen können (Bundestagsdrucksache 16/1545). „Die Einschätzungen, die zu Herabsenkung der Altersgrenze beim Kindergeldbezug geführt haben, haben sich nicht bewahrheitet. Viele Familien und ihre Kinder werden bei den Kosten für die Ausbildung über das 25. Lebensjahr hinaus im Regen stehen gelassen. Kindergeld muss krisenfest sein“, sagt der Verbandspräsident. „Eine Ausweitung des Kindergeldes bis zum 27. Lebensjahr ist unausweichlich.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 31.05.2021

Kinder und Jugendliche, insbesondere aus sozial benachteiligten Verhältnissen, leiden am meisten unter den Corona-bedingten Einschränkungen – häufig im Stillen. Sie brauchen dringend mehr Unterstützung, damit sie nicht zu den Verlierern der Corona-Pandemie werden. Zum Internationalen Kindertag am 1. Juni plädiert die Diakonie dafür, die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu stärken und ihre Perspektiven in alle politischen Entscheidungsprozesse zur Pandemiebewältigung einzubeziehen.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Kinder und Jugendliche sind durch die Pandemie gleich in mehrfacher Weise betroffen, teilweise mit dramatischen Folgen. Kinder waren, so zeigt es die polizeiliche Kriminalstatistik 2020, häufiger häuslicher Gewalt ausgesetzt. Da Kindertageseinrichtungen geschlossen waren, konnten beispielsweise blaue Flecken nicht auffallen und Kinder nicht frühzeitig geschützt werden. Insbesondere Kinder aus ärmeren Verhältnissen werden nach wie vor um ihre Bildungschancen gebracht. Für das Homeschooling fehlten ihnen oftmals die digitale Ausstattung und Eltern, die sie beim Lernen unterstützen konnten. Aber auch auf Spiel und altersgemäße Freizeitbeschäftigung mussten Kinder und Jugendliche weitgehend verzichten, weil Abenteuerspielplätze oder Freizeiteinrichtungen geschlossen sind.“

Trotz weiter sinkender Inzidenzzahlen gehen Kinder und Jugendliche immer noch nicht regelmäßig in die Schule und können Freundinnen und Freunde noch nicht uneingeschränkt treffen. Sie verbringen oftmals viel Zeit vor dem Bildschirm, fühlen sich mit ihren Interessen nicht wahrgenommen. Viele sorgen sich um ihre Zukunft. Deshalb brauchen sie dringend mehr Unterstützung: „Bei allen politischen Entscheidungen müssen die Situation und die Perspektiven der Kinder und Jugendlichen gehört und einbezogen werden. Sie gehören bei allen Maßnahmen und Prozessen zur Pandemiebewältigung ganz oben auf die Agenda. Das geplante Aufholprogramm für Kinder und Jugendliche der Bundesregierung muss jetzt zügig und unbürokratisch umgesetzt werden“, fordert Loheide. „Und dabei darf es nicht bleiben.“

Damit Kinder und Jugendliche sich von den Folgen der Corona-Pandemie erholen, Defizite in der Bildung und der sozialen Entwicklung aufholen können, müssen die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe in den nächsten Jahren in einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen gestärkt werden. Das betrifft die Angebote und Hilfen der Kindertagesbetreuung, Familienberatung und Familienerholung, Kinder- und Jugendarbeit sowie Jugendsozialarbeit. Ihre Finanzierung muss ausreichend gesichert sein und darf nicht den Sparplänen der Kommunen zum Opfer fallen. „Die Politik wird sich daran messen lassen müssen, wie es gelingt, Kinder und Jugendliche nachhaltig zu fördern. Dazu reichen keine einmaligen Programme, sondern nur eine Stärkung der Angebote und Sicherung der Infrastruktur für Kinder und Jugendliche“, so Loheide.

Weitere Informationen:

Pressemitteilung des Bundeskriminalamtes zu den Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik 2020 zu Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche: https://www.bka.de/DE/Presse/Listenseite_Pressemitteilungen/2021/Presse2021/210526_pmkindgewaltopfer.html

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 31.05.2021

Die Corona-Pandemie hat Kindern und Jugendlichen viel abverlangt. Sie haben sich nach Kräften mit der ungewöhnlichen Situation arrangiert, auf Kontakte, Sport- und Freizeitan­gebote verzichtet und dabei versucht, schulisch am Ball zu bleiben. Mit einem Aufholprogramm will die Bundesregierung sie nun stärken und fit machen für die Zukunft. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) begrüßt das Anliegen der Regierung, insbesondere, da neben dem schulischen Aufholen auch Ferienfreizeiten und außerschulische Angebote gefördert werden. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass die Debatte in den Schulen und Kultus­ministerien zu stark auf das Schließen der schulischen Lernlücken abzielt. Dadurch werden Kinder einseitig vor allem als Schüler*innen wahrgenommen. Die Perspektive der Kinder und Jugendlichen, ihre Situation in der Pandemie, sollte im Hinblick auf Entwicklungsprozesse und psychische Gesundheit ganzheitlich in die Bildungsdebatte eingebracht werden, gerade auch durch das „Jugendministerium“, dass das BMFSFJ auch ist.

eaf-Präsident Dr. Martin Bujard stellt fest: „Der defizitorientierte Blick auf fehlenden Lernstoff schwächt unnötig das Selbstvertrauen der Kinder und verunsichert sie. Dabei haben die Kinder viel geleistet und durch ihren Verzicht auf Bildung und auf Kontakte zu Gleichaltrigen in der Krise Solidarität geübt. Aus unserer Sicht kommt es nun darauf an, den Kindern und Jugendlichen erst einmal Zeit für vielfältige soziale Kontakte und außerschulische Erfahrungen zu lassen. Dafür müssen wir Erwachsenen sorgen. Viele Kinder haben Ängste und andere psychische Beschwerden entwickelt. Das Letzte was sie jetzt brauchen, ist der Druck, ganz schnell ganz viel Schulstoff aufholen zu müssen.“

Auch Eltern und Lehrkräfte sollten sich freimachen von der Vorstellung, den Schüler*innen nun möglichst schnell den verpassten Lernstoff nahebringen zu müssen. Vielmehr ist es in Anbetracht der durch die Pandemie sichtbar gewordenen Versäumnisse wichtig, gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen neue, zukunftsorientiertere Bildungsansätze zu entwickeln. Dies haben auch die jugendlichen Expert*innen aus dem Projekt „Fragt uns 2.0“ der Bertelsmann Stiftung gefordert. „Dafür braucht es entschieden mehr Zeit und Gelassenheit“, so Bujard weiter.

Der Zeithorizont des Aufholpakets greift aus Sicht der eaf zu kurz, die Folgen der Corona-Krise werden auch über das Jahr 2022 hinaus zu spüren sein. Die Familien haben die Hauptlast der Pandemie getragen und sind weit über ihre Belastungsgrenze hinaus gegangen. Eltern und Kinder benötigen deshalb langfristig finanziell abgesicherte Strukturen mit ausreichend personellen Ressourcen, bei denen sie Unterstützung finden können. Schulpsycholog*innen und Schulsozialarbeit für die Schüler*innen sind dabei genauso wichtig wie Angebote der Familienberatung, Familienbildung und Familienerholung für die Eltern bzw. die gesamte Familie.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 01.06.2021

SCHWERPUNKT IV: Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung

2./3. Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen CDU/CSU und SPD

Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter

Ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote sorgen für mehr Chancengerechtigkeit und unterstützen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Deshalb wollen wir, dass der Rechtsanspruch auf gute Ganztagsbildung zügig umgesetzt wird. Die meisten Eltern wünschen sich ein Ganztagsangebot, doch bislang steht nicht einmal für die Hälfte der Kinder im Grundschulalter ein entsprechendes Angebot zur Verfügung.
Ein rein quantitativer Ganztagsausbau verbessert allerdings weder die Bildungs- noch die Chancengerechtigkeit. Entscheidend ist, dass die Angebote auch qualitativ abgesichert werden. Dafür nötig sind hochwertige Angebote, lernfördernde Räumlichkeiten, eine moderne Ausstattung und ein gutes Zusammenspiel aller Lehr- und Fachkräfte. Um das sicherzustellen, fordern wir eine faire Kostenteilung zwischen Bund, Länder und Kommunen und die Definition hoher Qualitätsstandards im SGB VIII. Erforderlich ist außerdem, gemeinsam mit den Ländern, eine Qualifizierungsoffensive, um ausreichend pädagogisches Fachpersonal an Schulen zu gewinnen. Die bittere Pille des Gesetzentwurfs: Die Regierung lässt Grundschulkinder noch ein weiteres Jahr warten, bevor der Rechtsanspruch in Kraft tritt.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 07.06.2021

Ab dem Schuljahr 2026/27 soll stufenweise ein bundesweit gültiger Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Grundschülern eingeführt werden. Der Rechtsanspruch soll zunächst für die erste Klassenstufe gelten und bis 2030 Jahr für Jahr bis zur vierten Klasse ausgeweitet werden. Der Familienausschuss billigte am Mittwoch den entsprechenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD (19/29764) ohne Gegenstimmen in geänderter Fassung. Die AfD-, die FDP- und die Linksfraktion enthielten sich der Stimme. Der Bundestag wird am Freitag abschließend über die Gesetzesvorlage beraten und abstimmen.

Zuvor hatte der Ausschuss ebenfalls ohne Gegenstimmen bei Enthaltung der AfD und der FDP einen Änderungsantrag der Koalition angenommen. Dieser sieht vor, dass die vom Bund bereitgestellten Mittel für Investitionskosten nicht nur für den Neubau, den Umbau sowie die Sanierung der kommunalen Bildungsinfrastruktur verwendet werden dürfen, sondern auch für die Ausstattung, soweit damit zusätzliche Betreuungsplätze oder räumliche Kapazitäten geschaffen werden. Zudem wird im Ganztagsfinanzierungsgesetz die Frist zum Erwerb von Anwartschaften auf die Bonusmittel um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.

Zudem verabschiedete der Ausschuss ohne Gegenstimmen bei Enthaltung der AfD, FDP und Linken einen Entschließungsantrag, in dem die Bundesländer aufgefordert werden, die vom Bund bereitgestellte Beteiligung an den jährlichen Betriebsausgaben vollumfänglich an die mit der Umsetzung des Rechtsanspruchs beauftragten Träger weiterleiten. Zudem sollen die Länder gemeinsam mit dem Bund eine Fachkräfteoffensive starten, um den zusätzlichen Bedarf an pädagogischem Betreuungspersonal zu decken.

Zur Realisierung des Rechtsanspruchs stellt der Bund Ländern und Kommunen Investitionshilfen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Darüber hinaus soll er sich auch an den laufenden Betriebskosten beteiligen. Finanziert werden soll dies über eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder. So sollen im Jahr 2026 rund 100 Millionen Euro, 2027 rund 340 Millionen Euro, 2028 rund 580 Millionen Euro und 2029 rund 820 Millionen Euro an die Länder fließen. In den Folgejahren rechnet der Bund mit rund 960 Millionen Euro, die an die Länder umverteilt werden sollen.

Die Koalitionsfraktionen verwiesen darauf, dass mit dem Rechtsanspruch die bestehende Lücke in der Ganztagsbetreuung von Kindern geschlossen werde. Die Koalition setze damit eine zentrale Vereinbarung ihres Koalitionsvertrages um. Durch die Verschiebung des ursprünglich bereits ab 2025 geplanten Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung und dessen stufenweise Umsetzung räume man Ländern und Kommunen mehr Zeit für die Umsetzung ein. Mit dem verabschiedeten Änderungsantrag habe man zudem weitere Wünsche der Länder erfüllt.

Übereinstimmend begrüßten auch alle Oppositionsfraktionen den Rechtsanspruch. FDP, Linke und Grüne monierten allerdings, dass der Gesetzentwurf keine verbindlichen Vorgaben zur Qualität des Betreuungsangebot mache. Zudem fehle es an einer Fachkräfteoffensive. Dass die Koalition diese Fachkräfteoffensive nun in einem Entschließungsantrag anmahne, zeige deutlich, was im Gesetzentwurf fehle, hieß es aus den Reihen der FDP. Die AfD kritisierte, dass die Betriebskosten trotz Beteiligung des Bundes überwiegend durch die Länder und Kommunen zu tragen seien.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 769 vom 09.06.2021

Der geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter soll stufenweise ab dem 1. August 2026 in Kraft treten. Dies sieht der von Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Ganztagsförderungsgesetzes (19/30236) vor. Der Rechtsanspruch soll mit Beginn des Schuljahres 2026/2027 zunächst für Grundschüler der ersten Klasse gelten und dann jährlich um je eine weitere Klassenstufe ausgeweitet werden. Ab dem 1. August 2029 sollen somit alle Grundschulkinder der Klassenstufen eins bis vier einen Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung haben.

Über den gleichlautenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD (19/29764) hat der Bundestag bereits im Mai in erster Lesung beraten. Der Entwurf der Bundesregierung wurde gemäß Artikel 76 Grundgesetz zunächst dem Bundesrat zur Stellungnahme vorgelegt. Dieses Verfahren der gleichzeitigen Einbringung zweier identischer Gesetzentwürfe wird angewendet, um das Gesetzgebungsverfahren zu beschleunigen.

Zur Realisierung des Rechtsanspruchs stellt der Bund Ländern und Kommunen Investitionshilfen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Darüber hinaus soll er sich auch an den laufenden Betriebskosten beteiligen. Finanziert werden soll dies über eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder. So sollen im Jahr 2026 rund 100 Millionen Euro, 2027 rund 340 Millionen Euro, 2028 rund 580 Millionen Euro und 2029 rund 820 Millionen Euro an die Länder fließen. In den Folgejahren rechnet der Bund mit rund 960 Millionen Euro, die an die Länder umverteilt werden sollen. Die Investitionskosten der Länder abzüglich der Bundesmittel beziffert der Bund je nach Betreuungsbedarf auf 1,38 bis 3,18 Milliarden Euro. Ab dem Jahr 2030 sollen sich die Betriebskosten der Länder auf 2,22 bis 3,42 Milliarden belaufen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 739 vom 03.06.2021

Die geplante stufenweise Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler ab 2026 stößt bei Sozial-und Familienverbänden, Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern sowie Wissenschaftlern auf große Zustimmung. Angemahnt wird jedoch der Mangel an Fachkräften in den kommenden Jahren. Vertreter der Kommunen bewerten den Gesetzentwurf hingegen äußerst kritisch. Sie befürchten eine finanzielle Überbelastung. Der Bund müsse sich stärker engagieren. Dies wurde in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag über den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD (19/29764) und einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/22117) deutlich.

Claudia Linsel vom Paritätischen Landesverband begrüßte die Verankerung des Rechtsanspruchs im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Die bereits bestehenden Rechtsansprüche auf Betreuung vor dem Schuleintritt würden so logisch weitergeführt. Die Kindertagesbetreuung könne dazu beitragen, soziale, kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe von Kindern sicherzustellen, sagte Linsel. Maria Theresia Münch vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge wies darauf hin, dass eine Verankerung im SGB VIII die einzige Möglichkeit für den Bund darstelle, bundesweit für gleichwertige Lebensverhältnisse für Familien und Kinder zu sorgen. Allerdings sei es fraglich, ob der Bund den Kommunen weitere Aufgaben im SGB VIII zuweisen könne. Elke Alsago von der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) und Björn Köhler von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßten die Verankerung des Rechtsanspruchs im SGB VIII ausdrücklich. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit hätten gezeigt, dass die Länder nur dann ausreichend Plätze für die Ganztagsbetreuung von Kindern zur Verfügung stellten, wenn bundesweit ein entsprechender Rechtsanspruch gelte, führte Alsago aus.

Übereinstimmend vertraten alle Sachverständigen die Auffassung, dass der Rechtsanspruch für Grundschüler eine gravierende Lücke in der Kindertagesbetreuung schließt. Miriam Hoheisel vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter führte aus, dass sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Eltern bei Beginn der Schulzeit ihrer Kinder bislang sehr schwierig gestalte. Vor allem für Alleinerziehende sei der Rechtsanspruch besonders wichtig, da sie ansonsten in vielen Fällen keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen könnten. Zugleich monierte sie, dass der Rechtsanspruch erst ab 2026 stufenweise eingeführt werden soll. Auch Thomas Rauschenbach vom Deutschen Jugendinstitut kritisierte, dass der Rechtsanspruch faktisch erst bis zum Ende des Jahrzehnts für alle vier Klassenstufen der Grundschule umgesetzt werde.

Ebenfalls einstimmig mahnten alle Sachverständigen eine Offensive zur Gewinnung von ausreichend pädagogischem Fachpersonal an. Nach Schätzung des Deutschen Jugendinstituts würden bei Umsetzung des Rechtsanspruchs etwa eine Million Betreuungsplätze geschaffen und etwa 100.000 Betreuer zusätzlich eingestellt werden müssen, führte Alsago an. Der Gesetzentwurf mache jedoch keine Angaben dazu, wie dieses Personal gewonnen werden soll. Eine Fachkräfteoffensive wie von den Grünen in ihrem Antrag gefordert, sei deshalb notwendig. Dieser Forderung schlossen sich die deutliche Mehrheit der Sachverständigen an. Donata Kluxen-Pyta von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände lehnte allerdings den von den Grünen geforderten Rechtsanspruch auf Weiterbildung, um den Einstieg in den Erzieher-Beruf zu erleichtern, ab. Dies gehe am Sinn der Förderung von beruflicher Weiterbildung vorbei.

Auf massive Kritik stößt der Gesetzentwurf hingegen bei Kommunen und Landkreisen. Übereinstimmend lehnten Stefan Hahn vom Deutschen Städtetag, Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund und Jörg Freese vom Deutschen Landkreistag die Verankerung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler im SGB VIII ab. Sie machten einerseits verfassungsrechtliche Gründe geltend, da der Bund mit diesem Gesetz in die Kompetenz der Länder im Bildungssektor eingreife. Ein Rechtsanspruch müsse vielmehr in den jeweiligen Schulgesetzen der Länder verankert werden. Hahn, Lübking und Freese argumentierten zudem, dass die zusätzlichen finanziellen Belastungen durch die Kommunen nicht getragen werden könnten. Trotz der geplanten finanziellen Beteiligung des Bundes müssten Länder und Kommunen dauerhaft mehr als die Hälfte der Investitionskosten und knapp 80 Prozent der Betriebskosten tragen, führt Hahn in seiner schriftlichen Stellungsnahme aus. Die drei Sachverständigen bekannten sich allerdings ebenfalls ausdrücklich dazu, die Ganztagsangebote für Grundschulkinder auszubauen. Um dies zu gewährleisten, müssten Bund und Länder jedoch eine verfassungsrechtlich und finanziell tragfähige Lösung finden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 721 vom 31.05.2021

SCHWERPUNKT V: Corona-Krise

Mit der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Corona-Pandemie befasst sich die Grünen-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/30029). Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung wissen, wie viele Kinder und Jugendliche sich bisher infiziert haben.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 727 vom 02.06.2021

Die geplante Fristverlängerung für Bewilligungen von Bundesmitteln aus dem fünften Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung 2020-2021“ um ein Jahr bis zum 30. Juni 2022 wird von Experten einhellig begrüßt. Dies zeigte sich in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag über den entsprechenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD zur Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder und weiterer Gesetze (19/29765). Nicht ganz so einhellig positiv fiel das Urteil der Sachverständigen über das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ aus.

Jörg Freese von der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände begrüßte die Fristverlängerung für die Bewilligung von Bundesmitteln aus dem Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung 2020-2021“ ausdrücklich. Die Fristverlängerung erfolge auf ausdrücklichen Wunsch der Länder und Kommunen. Die Länder hatten darauf hingewiesen, dass die für das Investitionsprogramm vorgesehenen Fristen vor allem wegen der anhaltenden Anforderungen der Corona-Pandemie zu knapp bemessen seien, um die Errichtung von 90.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen für Kinder bis zum Schuleintritt zu realisieren. Die Fristen würden die notwendigen Zeitabläufe für die Planung und Umsetzung von Baumaßnahmen nicht ausreichend berücksichtigen. Auch alle anderen Sachverständigen begrüßten die verlängerte Frist als „sachgerecht“ und „sinnvoll“.

Begrüßt wurden zudem der Kinderfreizeitbonus in Höhe von 100 Euro je Kind als Unterstützung für bedürftige Familien und Familien mit kleinen Einkommen im Rahmen des Aktionsprogramms „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“. Hein Hilgers vom Kinderschutzbund begrüßte die Regelung, dass Eltern gemeinsam mit ihren Kindern frei entscheiden können, wofür sie den Kinderfreizeitbonus ausgeben wollen. Die Haltung, Familien Vertrauen entgegenzubringen und ihnen eigene Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen, sollte auch bei künftigen Förderentscheidungen maßgeblich sein. Auch Martin Künkler vom Deutschen Gewerkschaftsbund bewertete den Kinderfreizeitbonus prinzipiell positiv. Allerdings sei er noch nicht bedarfsdeckend, um eine ausreichende Teilhabe zu gewähren und die Mehrbelastungen aufgrund der Corona-Pandemie zu kompensieren. Zustimmung äußerten Hilgers und Künkler für die Regelung, dass der gesonderte Antrag auf Übernahme der Aufwendungen für die Leistungen für Lernförderung bis zum 31. Dezember 2023 entfallen soll. Miriam Hoheisel vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter begrüßte zudem ebenso wie Hilgers und Künkler, dass mit dem Gesetz der generelle Nachrang des Kinderzuschlags für Familien mit kleinen Einkommen gegenüber dem Unterhaltsrecht geregelt werden soll. So soll sichergestellt werden, dass der Kinderzuschlag den jeweiligen aktuellen unterhaltsrechtlichen Bedarf des Kindes nicht mindert.

So sehr die Sachverständigen die einzelnen Regelungen des Gesetzentwurfes begrüßten, so prinzipiell fiel ihre Kritik an der Bundesregierung im Umgang mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie aus. Niels Espenhorst vom Paritätischen Gesamtverband wies darauf hin, dass Kinder und Jugendliche die Verlierer der Pandemie seien, vor allem jene aus einkommensschwachen Familien. Seit mehr als einem Jahr verzichteten junge Menschen weitestgehend auf die Infrastruktur in Kitas, Schulen, Vereinen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Die Auswirkungen seien dramatisch. „Will man Kinder und Jugendliche jetzt wirklich mit 100 Euro und ein bisschen Nachhilfe abspeisen?“, fragte Espenhorst. Im vorliegenden Gesetzentwurf wie auch im gesamten Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ fehle eine nachhaltige Stärkung der Angebote für Kinder und Jugendliche. In diesem Sinne argumentierte auch der Humanwissenschaftler Michael Klundt von der Hochschule Magdeburg-Stendal. Aufholen müssten eigentlich nicht die Kinder- und Jugendlichen, sondern die Regierenden für die versäumte Bildungs-, Sozial- und Familienpolitik während der Corona-Pandemie.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 722 vom 01.06.2021

Die junge Generation ist unter Druck: Die Pandemie verbaut ihr viel, zugleich muss sie die Älteren versorgen und soll die Gesellschaft voranbringen. Geld könnte helfen.

Junge Menschen sind in vielerlei Hinsicht die Hauptleidtragenden der Pandemie. Nicht, weil sie vom Coronavirus gesundheitlich stärker bedroht würden. Sondern vielmehr, weil viele von ihnen in der wichtigen, formenden Lebensphase empfindlich getroffen wurden und werden. Gleichzeitig hatten sie nicht die Chance, sich vor den Auswirkungen der Pandemie zu schützen. Das trifft auf Kitakinder, Schülerinnen, Studenten, Berufseinsteigerinnen und viele andere junge Menschen gleichermaßen zu. Politik und Gesellschaft haben deren Situation zu lange ignoriert. Während viele Industrieunternehmen mit nur geringen Einschränkungen ihr Geschäft verfolgen konnten und teilweise sogar noch großzügige Hilfen erhalten haben, hatten Schulen und Kitas für mehr als ein Jahr geschlossen oder waren nur eingeschränkt funktionsfähig. Die Politik braucht nun dringend eine Strategie, wie sie diesem Schaden begegnen will. Andernfalls läuft sie Gefahr, einen Teil der jungen Generation für immer zu verlieren.

Eltern können nicht alles auffangen

Wissenschaftliche Studien von Ökonominnen und Soziologen zeigen, wie enorm groß der Schaden der Pandemie für die junge Generation ist. Viele wurden aus ihren sozialen Strukturen herausgerissen und waren auf sich allein gestellt. Natürlich haben die Eltern versucht, ihre Kinder, so gut es ging, zu unterstützen und diesen Schaden zu kompensieren. Aber selbst beim besten Willen der Eltern kann dies nur begrenzt gelingen. Zumal viele Eltern noch stärker als sonst in ihrem Arbeitsleben gefordert waren und die Mehrheit eben nicht im Homeoffice arbeiten kann, um sich nebenbei um die Kinder zu kümmern – und selbst das ist eine fast unlösbare Aufgabe.

Einkommensschwache sind besonders betroffen

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass junge Menschen zwar weniger stark direkt gesundheitlich vom Virus betroffen waren. Aber die indirekten gesundheitlichen Schäden sind häufig höher. So deutet sich an, dass Depressionen gerade unter jungen Menschen besonders stark zugenommen haben. Auch bei der Bildung haben fast alle jungen Menschen große Nachteile erfahren müssen. Aber dieser Schaden ist extrem ungleich verteilt. Kinder und Jugendliche aus einkommensschwächeren Familien und in Brennpunktbereichen haben besonders starke Bildungsnachteile erfahren müssen.

Wo ist die Strategie?

Ein solcher Schaden für Gesundheit, soziale Strukturen und Bildung ist in den meisten Fällen nicht in ein oder zwei Jahren aufzuholen. Die Pandemie wird die Schere zwischen verschiedenen sozialen Gruppen vor allem bei jungen Menschen deutlich vergrößern. Der Politik fehlt eine Strategie, bisher gab es lediglich Lippenbekenntnisse. Die Politik muss weg von einer engstirnigen und kurzfristigen Perspektive. Die zentrale Frage lautet: Was muss nun geschehen, damit alle jungen Menschen gute Zukunftsperspektiven und Chancen haben, ihr Leben so zu gestalten, wie sie es möchten und verdienen?

Ein „Startgeld“ oder „Lebenschancenerbe“ (wie ich es in einer früheren Kolumne bereits vorgeschlagen habe) in Höhe von 20.000 Euro für jeden jungen Menschen nach Abschluss des ersten Berufsabschlusses sollte ein wichtiger Teil einer solchen Strategie sein. Dies wäre eine ganz wichtige und unmittelbar wirksame Unterstützung für junge Menschen, die jetzt vor dem Einstieg ins Berufsleben stehen.

20.000 Euro Startgeld

Ein solches Startgeld würde junge Menschen bei drei für ihr Leben existenziellen Aspekten unterstützen: Autonomie, Flexibilität und Sicherheit. So würde ein solches Startgeld jungen Menschen mehr Freiheiten eröffnen, beispielsweise einen weniger gut bezahlten Job anzunehmen und stattdessen Tätigkeiten mit einer stärkeren sozialen Komponente zu verfolgen. Es würde die Flexibilität erhöhen, weil es Menschen erleichtern würde, sich fortzubilden oder einen beruflichen Richtungswechsel zu vollziehen – beispielsweise ein Risiko einzugehen und sich selbstständig zu machen. Und es würde denen mehr Sicherheit geben, die sich beispielsweise sorgen, ob sie sich für ihre junge Familie eine Wohnung leisten können.

Die Ausgestaltung eines solchen Startgeldes könnte recht einfach und transparent geschehen: Jeder Mensch erhält einmalig nach Abschluss des ersten Berufsabschlusses oder spätestens mit dem vollendeten 21. Lebensjahr ein Lebenschancenkonto mit 20.000 Euro. Dieses Geld kann jederzeit mit einer unbürokratischen Erklärung für die Verwendung – für Fortbildung oder Qualifikation, für soziale Tätigkeit (wie die Pflege von Angehörigen oder ein gemeinnütziges Engagement) oder um sich beruflich selbstständig zu machen – abgerufen werden. Es kann aber auch gespart werden, um beispielsweise später einen beruflichen Wechsel vorzunehmen oder sich eine Auszeit für Familie oder Verwandte zu nehmen.

Mehr Autonomie

Bei knapp 600.000 Menschen in einem Jahrgang würde ein solches Startgeld den deutschen Staat jedes Jahr knapp zwölf Milliarden Euro kosten. Das ist eine erhebliche Summe. Aber aus mindestens zweierlei Perspektive ist dies weniger, als man denkt – und dazu noch hervorragend investiertes Geld. So gibt der deutsche Staat jedes Jahr allein 100 Milliarden Euro an Steuermitteln für die ältere Generation und deren gesetzliche Rente aus – langfristige Tendenz: stark steigend. Es ist gerade die junge Generation, die mit ihren Steuern und Beiträgen die heutigen Renten bezahlt. Und wenn die junge Generation diese Leistung auch in zehn oder 20 Jahren noch erbringen soll, braucht sie heute eine deutlich bessere Unterstützung, um produktiv und erfolgreich im Arbeitsleben sein zu können: durch ein exzellentes Bildungssystem, aber eben auch durch Unterstützung im Arbeitsleben und mehr Autonomie, das Leben eigenständig gestalten zu können.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 27.05.2021

Ab kommender Woche ist die Impfung von Kindern ab dem Alter von 12 Jahren möglich. Der Deutsche Familienverband (DFV) plädiert für eine Impfpriorisierung von Eltern, um Kinder zu schützen.

Die Pandemie hat es besonders deutlich gezeigt: Eltern sind systemrelevant. Sie sorgen rund um die Uhr für ihre Kinder und leisten damit der Gesellschaft einen großen Dienst – ohne Bezahlung. „Dass unbezahlte Sorgearbeit in unserer Gesellschaft keine Wertschätzung findet, zeigt sich in der Impfstrategie der Bundesregierung. Eltern und ihre Erfordernisse sind unberücksichtigt geblieben, obwohl sie große Lasten in der Pandemie zu schultern hatten. Mit dem Impfangebot für Kinder hat sich die Situation leider nicht verbessert“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des DFV.

Die ab nächsten Montag geltende Impfmöglichkeit für Minderjährige stellt Eltern vor die schwierige Frage, ob der Nutzen der Impfung vor mögliche Risiken zu stellen ist. Zwar wurde der Impfstoff Biontech/Pfizer von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ab einem Alter von 12 Jahren zugelassen, eine Impfung ihrer Kinder ist für Eltern jedoch oftmals bedenklich. Sie machen sich Sorgen um ihre Kinder. „Die meisten Erwachsenen sind selbst noch nicht geimpft. Würde man Eltern bevorzugt ein Impfangebot unterbreiten, würde es die Bekämpfung der Corona-Pandemie beschleunigen“, so Heimann. „Gesunde Eltern sind der beste Schutz für Kinder.“

Es spricht vieles dafür, Eltern zuerst zu impfen. Sie haben allein aufgrund des Alters ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf als gesunde Minderjährige. Fallen Eltern wegen einer Covid-19-Erkrankung aus, hat das direkte Konsequenzen für die Kinder – insbesondere bei Alleinerziehenden oder kinderreichen Familien. Außerdem bleiben mit der Impfung von den 12- bis 16-Jährigen immer noch die jüngeren Kinder unberücksichtigt und damit auch Übertragungswege für das Coronavirus offen. „Statt sich auf die Impfung von Kindern und Jugendlichen zu konzentrieren, sollten Mütter und Väter in den Vordergrund gestellt werden. Sind die Erwachsenen im Umfeld der Kinder geimpft, bietet das Schutz für die Kinder – und zwar für alle“, sagt Heimann.

Nach Auffassung des Bundesgeschäftsführers würde die Impfung von Eltern die Rückkehr der Schulkinder zum Präsenzunterricht absichern. „Da Lehrkräfte bereits geimpft sind, wären mit den Eltern zentrale Kontaktpersonen von Kindern immunisiert. Das Argument, dass der Schulbesuch die Verbreitung des Coronavirus begünstigt, wäre hinfällig. Kindern wäre es nach langer Zeit wieder möglich, in die Schule zu gehen“, so Heimann. „Die Impfstrategie der Bundesregierung enthüllt, wie sehr es in unserer Gesellschaft an grundlegendem Verständnis für Familien mangelt. Es bleibt zu hoffen, dass die Pandemie es den Menschen ins Bewusstsein bringt.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 01.06.2021

In einer Mitteilung (en) vom 26. Mai bedauert Eurochild, dass Kinder trotz der nachteiligen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf ihre Rechte und ihr Wohlbefinden in den nationalen Aufbau- und Resilienzplänen weitestgehend unberücksichtigt geblieben sind. Aus diesem Grund fordert die Organisation die Europäische Union mit Nachdruck auf, die Bedarfe und Notlagen von Kindern bei der Bewertung der Pläne miteinzubeziehen. Insgesamt wurden 16 Pläne analysiert, die die EU-Mitgliedstaaten erstellen sollen, um im Rahmen von NextGenerationEU (de) finanzielle Mittel zur Unterstützung von Reformen und Investitionen seitens der Europäischen Union zur erhalten. Ziel der Mittelbereitstellung ist es, die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf Wirtschaft und Gesellschaft abzufedern. Darüber hinaus sollen Wirtschaft und Gesellschaft in Europa nachhaltiger und krisenfester und besser auf die Herausforderungen und Chancen des ökologischen wie digitalen Wandels vorbereitet werden.

Quelle: Ausgabe EU-Monitoring 05/2021 der Beobachtungsstelle für gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa vom 03.06.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

4. Bundeskongress mit 1.400 digital zugeschalteten Teilnehmenden

Seit zehn Jahren gibt es die Qualifizierung zur Elternbegleiterin und zum Elternbegleiter. Das wurde heute beim inzwischen vierten Bundeskongress gewürdigt und gefeiert – mit bundesweit 1.400 digital zugeschalteten Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Elternbegleiterinnen und Elternbegleiter stehen Familien bei Fragen zur Entwicklung und Bildung ihrer Kinder zur Seite und unterstützen sie dabei, ihre Erziehungskompetenz zu stärken. Sie tun dies im Alltag vor Ort, auf Augenhöhe und vertrauensvoll. Bis heute haben bundesweit nahezu 14.000 Fachkräfte eine Qualifizierung zur Elternbegleiterin oder zum Elternbegleiter wahrgenommen.

In ihrer Grußbotschaft dankte Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht den Elternbegleiterinnen und Elternbegleitern für ihre besondere Arbeit, bei der es darum gehe, dass alle Kinder in unserem Land gut aufwachsen können.

In einem Impulsreferat ging die Forschungsdirektorin am Deutschen Jugendinstitut und Vorsitzenden der 9. Familienberichtskommission, Frau Prof. Dr. Sabine Walper, der Frage nach, welche Unterstützung Mütter und Väter brauchen, damit ihre Kinder alle Chancen im Leben haben. Dr. David Juncke, Leiter des Bereichs Familienpolitik bei der Prognos AG, stellte die heute veröffentlichte Studie „Bestandsaufnahme der Angebote in der Familienbildung und Familienberatung“ vor.

Eines der zentralen Ergebnisse der Studie ist: Familienbildung und Familienberatung leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Stärkung von Familien in Deutschland. Deutlich wurde, dass Familien in besonderen Lebenslagen wie Alleinerziehende und sozio-ökonomisch schwächere Familien mittlerweile besser als noch vor 15 Jahren mit familienunterstützenden Angeboten erreicht werden. Dazu tragen auch die Programme des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) bei, wie die Frühen Hilfen, Elternbegleitung und die Mehrgenerationenhäuser.

Die Parlamentarische Staatssekretärin Caren Marks erklärte auf der Tagung: „Die Studie bestätigt eine positive Entwicklung bei der Familienbildung und Familienberatung. Sie bestätigt damit, dass wir mit unserer Arbeit der vergangenen Jahre zur Unterstützung und Hilfe für Familien wesentlich beigetragen haben. Die Studie zeigt jedoch auch, dass wir weiter dranbleiben müssen und beispielsweise noch mehr Väter und Familien mit Migrationshintergrund erreicht werden müssen, vor allem mit mehr niedrigschwelligen und Angeboten direkt dort, wo die Familien sind. Ab 2022 beginnen wir mit einem neuen Förderprogramm. Damit sollen Eltern und Kinder in benachteiligten Lebenslagen, besonders auch Familien mit kleinen Einkommen, durch Elternbegleitung gezielt gestärkt werden, damit sie Leistungen wie den Kinderzuschlag oder das Bildungs- und Teilhabepaket in Anspruch nehmen können und ihre Teilhabechancen verbessert werden.“

Caren Marks betonte gegenüber den Teilnehmenden aus den Bereichen der Familienbildung, Kita, Familienzentren, Pädagogik, aber auch aus anderen Bundesprogrammen wie Sprach-Kita, Kita-Einstieg, Mehrgenerationenhäuser oder Lokalen Bündnissen für Familie und den qualifizierten Elternbegleitern: „Kinder haben ein Recht auf frühe Förderung sowie auf gute und gleiche Bildungschancen. Dafür stehen wir gemeinsam mit Ihnen ein, den Elternbegleiterinnen und Elternbegleitern. Sie beraten Eltern auf Augenhöhe. Sie begleiten bei Amtsgängen und helfen ihnen, ihre Kinder gut zu fördern: von der richtigen Kita oder der weiterführenden Schule bis hin zu allgemeinen Erziehungsfragen. Ich freue mich, dass wir seit 2011 so viele Fachkräfte dafür gewinnen konnten, dass sie sich haben weiterqualifizieren lassen und seitdem Eltern kompetent zur Seite stehen.“

Pandemiebedingt fand der Kongress digital statt, was der Nachfrage an themenbezogenen Workshops für den 2. Kongresstag am 10.06.2021 keinen Abbruch getan hat. Im Gegenteil, einzelne Workshops zu den Themen Digitalisierung oder Vernetzung im Sozialraum sind ganz besonderes stark nachgefragt und zeigen damit die Relevanz für die Praxis bei den Elternbegleiterinnen und Elternbegleitern vor Ort, die vor allem in den vergangenen Pandemiemonaten viele Herausforderungen bewältigen mussten. Es ist ihnen trotz der Einschränkungen gelungen, neue Formate und Angebote zu schaffen und den Kontakt zu den Familien zu halten: per Videotelefonie, über soziale Medien oder mit Paket-Aktionen mit Büchern und Spielzeug.

Zum 10-jährigen Jubiläum Elternbegleitung wird ein „Chartbook“ zu den Ergebnissen aus dem Bundesprogramm „Elternchance ist Kinderchance“ (2011–2015) sowie dem über den Europäischen Sozialfond kofinanzierten Bundesprogramm „Elternchance II“ (2015–2021) veröffentlicht. Das Chartbook gibt anhand von Zahlen und Fakten einen kompakten Überblick über die Ziele und Ergebnisse der Qualifizierungsprogramme, aber auch Informationen zu den Herausforderungen und Entwicklungen im Feld der Elternbegleitung.

Zum ESF-Bundesprogramm Elternchance II

Die Förderung der Qualifizierung über die großen Bundesprogramme wie Bundesprogramm Elternchance ist Kinderchance (2011–2015) und dem ESF-Bundesprogramm Elternchance II (2015–2021) läuft bis zum 31.12.2021. Elternbegleitung ist ein präventives Angebot aus der Familienbildung und zielt auf die Stärkung der Familie als zentralem Ort der (frühen) Bildung und Förderung der Kinder ab. Bildungsbegleitung von Familien leistet einen wesentlichen Beitrag zur Bildungszukunft und sozialen Chancengleichheit aller Kinder.

Weiterführende Links:

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 09.06.2021

Für noch mehr starke Familien

Als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter in den Familienberatungsstellen wissen Sie genau, welche Schwierigkeiten Familien gerade in der Coronavirus-Pandemie zu bewältigen haben. Mehr noch: Sie stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite, informieren über Hilfsangebote und klären individuelle Fragen. Dafür danke ich Ihnen herzlich!

Gerade Familien mit geringem Einkommen brauchen jetzt Unterstützung. Deshalb haben wir bereits Anfang 2020 Erleichterungen beim Kinderzuschlag geschaffen. Schnell hat sich gezeigt: Der Bedarf ist da. Hilfreich ist jetzt, dass der Kinderzuschlag 2021 auf bis zu 205 Euro pro Kind pro Monat gestiegen ist. Unser Ziel ist, dass sich der Kinderzuschlag bei Familien mit geringem Einkommen als bekannte und gefragte Leistung etabliert. Mit dem KiZ-Lotsen können Familien vorab prüfen, ob ein Anspruch in Betracht kommt. Die Antragstellung selbst haben wir vereinfacht und digitalisiert. Informationen zum Kinderzuschlag finden Sie auf www.kiz-digital.de

Auch der beitragsfreie Kita-Besuch sowie zusätzliche Leistungen für Bildung und Teilhabe helfen – und stehen allen zu, die den Kinderzuschlag erhalten. All diese Erleichterungen kommen aber nur zum Tragen, wenn Familien über ihre Ansprüche Bescheid wissen. 

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 02.06.2021

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (19/30394) ein Zukunftsprogramm gegen Armut, um Teilhabe zu garantieren und den Zusammenhalt zu stärken.

Deutschland sei ein reiches Land, in dem es dennoch seit Jahrzehnten eine soziale Schieflage gebe. Dies betreffe sowohl die Einkommens- als auch die Vermögensverteilung, die Armut und Ungleichheit verfestigten, kritisiert die Fraktion. Die Armutsrisikoquote stagniere seit vielen Jahren auf einem zu hohen Niveau zwischen 15 und 16 Prozent, die Pandemie habe die Situation ärmerer Bevölkerungsgruppen zusätzlich verschärft, heißt es in dem Antrag weiter.

Von der Bundesregierung verlangen die Grünen unter anderem, die Grundsicherung zu einer sanktionsfreien Garantiesicherung weiterzuentwickeln, eine Kindergrundsicherung und einen gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde einzuführen, die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung weiterzuentwickeln und Konzepte gegen Altersarmut vorzulegen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 769 vom 09.06.2021

Die FDP-Fraktion interessiert sich in einer Kleinen Anfrage (19/30267) für Hinzuverdienstmöglichkeiten für Jugendliche im SGB II (Zweites Sozialgesetzbuch). Darin fragt sie die Bundesregierung unter anderem nach der Anzahl der Schüler, die seit 2015 einen regelmäßigen Schülerjob ausgeübt haben und wie die Regierung das Angebot dieser Jobs vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie einschätzt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 756 vom 07.06.2021

Die FDP-Fraktion möchte von der Bundesregierung wissen, ob sie die Notwendigkeit einer Reform im Familienrecht sieht, die die Beziehung von Enkelkindern zu ihren Großeltern stärkt. Hintergrund ist der Kleinen Anfrage (19/30185) zufolge, dass viele Großeltern in der kindlichen Entwicklung neben den Eltern eine besondere Rolle einnehmen und Großelternumgang insbesondere für Trennungskinder, die vor der Trennung ihrer Eltern viel Zeit mit ihren Großeltern verbracht haben, besonders wichtig ist. Schätzungen zufolge verlören jedes Jahr aber rund 150.000 Kinder den Kontakt zu ihren Großeltern. Ursächlich für die Kontraktbrüche dürfte auch die derzeitige Rechtslage sein. Unter anderem fragen die Abgeordneten, ob es nach Auffassung der Bundesregierung sinnvoll beziehungsweise erstrebenswert wäre, wenn Kinder ein eigenes Recht auf Umgang mit ihren Großeltern erhalten, und ob die Bundesregierung der Auffassung ist, dass das großelterliche Umgangsrecht durch die Implementierung des Wechselmodells als gesetzliches Leitbild gestärkt werden würde.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 750 vom 07.06.2021

Das EU-Parlament hat gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Kinderrechte im EU-Parlament und der EU Alliance for Investing in Children ein Manifest gegen Kinderarmut und soziale Schließung erarbeitet. Anlässlich der Veröffentlichungen der EU-Kindergarantie, der EU-Kinderrechtsstrategie und des Aktionsplans zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte (s. EuropaNews 03/21) wird im Manifest zum entschlossenen Handeln aufgerufen. Mitgliedstaaten sollten Aktionspläne entwickeln, die der Situation in ihrem Land gerecht werden und nationale Ziele zur Bekämpfung von Kinderarmut und sozialer Ausgrenzung definieren. Sie sollten außerdem daran arbeiten, die politische Beteiligung von Kindern zu verbessern. Auf der EU-Ebene sollten konkrete Ziele definiert werden, mit denen die Kinderarmut in der EU bis zum Jahr 2030 beendet werden kann. Die EU wird außerdem aufgerufen, die Umsetzung der Kindergarantie und der Kinderrechtsstrategie so zu planen, dass sie miteinander kohärent sind und sich ergänzen. Ihre Umsetzung müsse in das Europäische Semester und die länderspezifischen Empfehlungen zur volkswirtschaftlichen Entwicklung aufgenommen werden.

Quelle: EuropaNews Mai 2021 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 28.05.2021

Das EU-Parlament hat eine Entschließung zur EU-Kindergarantie angenommen. In ihr schließt sich dem Vorschlag der Kommission aus dem März für eine Ratsempfehlung zur Kindergarantie an (s. EuropaNews 03/21). Der Rat wird aufgerufen, diesen Vorschlag zügig umzusetzen, da sich die Situation von Kindern in prekären Lebenssituationen durch die Pandemie noch verschlechtert habe. Die Mitgliedstaaten sollten die EUKindergarantie in allen Politikbereichen berücksichtigen und mindestens 5 Prozent der Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds + (ESF+) für die Umsetzung der Kindergarantie verwenden. EU-Mittel der verschiedenen Programme sollten so koordiniert werden, dass alle Ziele der Kindergarantie implementiert werden könnten. Die Anstrengungen zur Prävention von Gewalt an  Kindern, insbesondere sexueller Gewalt, müssten intensiviert werden. Die Kommission wird aufgerufen, die Möglichkeit einer Europäischen Behörde zu überprüfen, die die Wahrung der Kinderrechte in den Mitgliedstaaten unterstützen und überwachen könnte.

Quelle: EuropaNews Mai 2021 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.  vom 28.05.2021

Jedes vierte bis fünfte Kind in Deutschland lebt in relativer Armut, schätzen ExpertInnen. Um soziale Teilhabe für alle Kinder zu ermöglichen, wird in einigen Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2021 gefordert, das Kindergeld deutlich zu erhöhen und eine Kindergrundsicherung einzuführen, die das Existenzminimum von Kindern effektiver sichern soll. Die vorliegenden Berechnungen zeigen, dass von der bisherigen steuerlichen Ungleichbehandlung durch Kindergeld und Kinderfreibeträge vor allem Haushalte mit hohen Einkommen profitieren. Um diese zu reduzieren, sollte der überhöhte Anteil für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf im Kinderfreibetrag deutlich gesenkt werden. Die dadurch entstehenden Mehreinnahmen von bis zu 3,5 Milliarden Euro sollten vor allem für die Bildungsinfrastruktur und eine zielgenaue Kindergrundsicherung für einkommensschwache Haushalte eingesetzt werden. 

Rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland sind nach Schätzungen armutsgefährdet – und damit häufig auch bildungsbenachteiligt. Der Anteil armutsgefährdeter Kinder hält sich zwar seit Jahren relativ konstant bei etwas über 20 Prozent.info Doch die Tatsache, dass diese Quote trotz der wirtschaftlich starken Jahre vor der Corona-Pandemie gleichblieb und gerade Kinder aus einkommensschwachen Familien in der Pandemie durch die Schulschließungen negativ betroffen waren, macht dieses Thema besonders brisant – und bereits jetzt zum Wahlkampfthema. Debattiert wird zum einen, wie die Kinderbetreuung und schulische Bildung ausgebaut werden können. Zum anderen aber auch, wie die finanzielle Situation für Kinder verbessert werden kann, vor allem in Familien mit geringem Einkommen. Neben einer Erhöhung des Kindergelds schlagen die Parteien links der Mitte eine Kindergrundsicherung vor.info

Bei beiden Maßnahmen ist es wichtig, die fiskalischen Kosten und die Verteilungswirkungen zu beachten. Eine Kindergrundsicherung für bedürftige Familien ist ein besonders effektives Instrument zur Reduktion von Kinderarmut und hat die stärksten Verteilungseffekte zugunsten von Geringverdienenden. Bei einer Erhöhung des Kindergeldes ist die Zielgenauigkeit hingegen geringer, da alle Kinder beziehungsweise Familien unabhängig von der Bedürftigkeit profitieren. Das Kindergeld ist auch Teil des steuerlichen Familienleistungsausgleichs. Besser- und Hochverdienende profitieren erheblich von zusätzlichen Steuervorteilen durch den Kinderfreibetrag bei der Einkommensteuer.

Im Folgenden soll anhand von Berechnungsbeispielen gezeigt werden, wie die Kinderfreibeträge Haushalte mit höheren Einkommen bevorteilen. Zudem wird berechnet, wie eine Senkung des Kinderfreibetrags und eine Erhöhung des Kindergeldes wirken. Gerechnet wird in den verschiedenen Szenarien mit dem Einkommensteuertarif 2022.

Steuerlicher Familienleistungsausgleich: Bis zu 1354 Euro zusätzlich für höhere Töchter und Söhne

Beim gegenwärtigen „dualen System“ des Familienleistungsausgleichs der Einkommensteuer wird die steuerliche Entlastung durch den Kinderfreibetrag mit dem Kindergeld verglichen. Familien mit höheren Einkommen und Steuersätzen bekommen zusätzlich zum Kindergeld noch den übersteigenden Steuervorteil. Das Finanzamt führt die Günstigerprüfung automatisch bei der Steuerveranlagung durch. Der Kinderfreibetrag liegt in den Jahren 2021 und 2022 für beide Elternteile bei insgesamt 8 388 Euro im Jahr, das Kindergeld für das erste und zweite Kind bei 219 Euro im Monat oder 2 628 Euro im Jahr.info

Bei einem Paar übersteigt der Steuervorteil des Kinderfreibetrags das Kindergeld für das erste Kind ab einem gemeinsamen zu versteuernden Einkommen von knapp 70 000 Euro (Abbildung 1). Mit höheren Einkommen steigt der Vorteil des Kinderfreibetrags auf 896 Euro im Jahr, die bei Einkommen über 125 500 Euro erreicht werden, bei denen der erste Spitzensteuersatz von 42 Prozent gilt. Bei Steuerpflichtigen mit dem Reichensteuersatz von 45 Prozent steigt der Zusatzvorteil auf 1 146 Euro im Jahr, die bei Einkommen über 564 000 Euro erreicht werden.

Hinzu kommt der Steuervorteil beim Solidaritätszuschlag, der ab dem Jahr 2021 nur noch bei höheren Einkommen erhoben wird. Bei einem Paar setzt die Belastung mit Solidaritätszuschlag ab einem gemeinsamen zu versteuernden Einkommen von 125 000 Euro ein. Die neue Freigrenzen-Regelung führt bei übersteigenden Einkommen zu einer deutlichen Erhöhung des Grenzsteuersatzes.info Dadurch steigt der Steuervorteil des Kinderfreibetrags beim Solidaritätszuschlag auf 419 Euro im Jahr ab einem zu versteuernden Einkommen von gut 133 000 Euro. Nach dem Auslaufen der Freigrenzen-Gleitzone ab 203 000 Euro fällt dieser auf 194 Euro. Bei hohen Einkommen unter dem Reichensteuersatz steigt der Vorteil beim Solidaritätszuschlag auf 208 Euro im Jahr.

Insgesamt bringt der Kinderfreibetrag Familien mit höheren Einkommen für ihre Töchter und Söhne über das Kindergeld hinaus einen deutlichen Steuervorteil. Dieser steigt auf 1 315 Euro im Jahr in der Freigrenzen-Gleitzone des Solidaritätszuschlags, fällt bei übersteigenden Einkommen auf 1 090 Euro und steigt auf 1 354 Euro im Jahr bei den Reichensteuer-Familien.

Sinn und Zweck des Kinderfreibetrags

Diese zusätzliche Entlastungswirkung des Kinderfreibetrags für Besser- und Hochverdienende ist seit jeher umstritten und gilt als sozial- und familienpolitisch verfehlt. Steuersystematisch ist die ergänzende Entlastungwirkung aber durchaus stringent, sofern man mit dem Kinderfreibetrag die Kosten für den grundlegenden Lebensbedarf der Kinder sowie weitere Aufwendungen für Betreuung, Erziehung und Ausbildung als Minderungen persönlicher „Leistungsfähigkeit“ berücksichtigen will – wie es auch das Bundesverfassungsgericht explizit fordert. Insoweit geht es beim Kinderfreibetrag nicht um vertikale, sondern um horizontale Gleichbehandlung: Wer Kinder hat, hat höhere Aufwendungen im Vergleich zu jemandem mit gleichem Einkommen ohne Kinder – und damit eine niedrigere steuerliche Leistungsfähigkeit, die man bei der Steuerbelastung berücksichtigen sollte. Die höhere steuerliche Entlastungwirkung bei Familien mit höheren Einkommen ist Folge des progressiven Einkommensteuertarifs. Bei einem „flatrate“-Einkommensteuertarif mit durchgängig proportionalem Steuersatz würde sie verschwinden.

Kinderfreibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung („BEA“) reduzieren

Allerdings könnte die Höhe des Kinderfreibetrags von derzeit 8 388 Euro reduziert werden. Beim Kinderfreibetrag entfallen nur 5 460 Euro auf das „sächliche Existenzminimum“ der Kinder, also die notwendigen Lebenshaltungskosten für Nahrung, Kleidung, Wohnung, Gesundheit etc.info Zusätzlich werden 2 928 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf („BEA“) eines Kindes berücksichtigt – unabhängig von konkreten Aufwendungen. Diese Regelung wurde vor zwei Jahrzehnten nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eingeführt. Dies ist aber seitdem umstritten, da tatsächliche Aufwendungen für Betreuung, Erziehung oder Ausbildung bei den meisten Steuerpflichtigen in dieser Höhe nicht vorliegen dürften. Die damit offenbar beabsichtigte zusätzliche Berücksichtigung fiktiver nichtmonetärer Aufwendungen wie dem Betreuungsaufwand der Eltern ist im Einkommensteuerrecht systemwidrig.info Daher sollte eine deutlich niedrigere Pauschale für den BEA-Aufwand reicheninfo – zum Beispiel in Höhe von 600 Euro im Jahr, was in etwa einer Pauschalierung der verschiedenen Leistungen des „Bildungspakets“ für Bildung und Teilhabe (BuT) entsprechen dürfte.info

Darüber hinaus sollten allerdings tatsächlich entstehende höhere Beträge auf Nachweis abgezogen werden dürfen, gegebenenfalls bis zu bestimmten Höchstgrenzen für einzelne Ausgabenarten, wie es derzeit bereits bei den Kinderbetreuungskosten oder beim Schulgeld der Fall ist.info Dies wäre mit einem gewissen Verwaltungs- und Befolgungsaufwand bei Finanzbehörden und Steuerpflichtigen verbunden, sollte aber zu bewältigen sein.

Mit dieser Reform könnte der Kinderfreibetrag auf 6 060 Euro sinken. Entsprechend sänke seine steuerliche Entlastungswirkung deutlich (Abbildung 2). Der Zusatzvorteil gegenüber dem Kindergeld würde auf 221 Euro pro Jahr in der Freigrenzen-Gleitzone des Solidaritätszuschlags fallen, auf 58 Euro bei übersteigenden Einkommen und auf 248 Euro im Jahr bei den Reichensteuer-Familien.

Diese Senkung des Kinderfreibetrags würde für sich genommen Mehreinnahmen von schätzungsweise 3,5 Milliarden Euro im Jahr erzielen. Belastet wären die Familien in den oberen beiden Dezilen der Einkommensverteilung, vor allem die oberen zehn Prozent. Soweit Eltern dann aber tatsächlichen BEA-Aufwand deklarieren, fallen die Mehrbelastungen und damit die Mehreinnahmen geringer aus. Diese Wirkungen sind mangels Datengrundlagen nur schwer zu quantifizieren. Die Mehreinnahmen dürften dann schätzungsweise auf 2,5 bis drei Milliarden Euro im Jahr zurückgehen.

Mehreinnahmen gezielter für das Kindeswohl verwenden

Diese zusätzlichen Mittel könnten gezielt für das Kindeswohl und die Senkung von Kinderarmut verwendet werden. Zum einen könnten dadurch Betreuungs-Infrastruktur und Bildungsangebote für Kinder verbessert werden. Zum anderen könnten die Mittel verwendet werden, um eine Erhöhung des Kindergeldes und die Kindergrundsicherung zu finanzieren.

Die SPD schlägt vor, das Kindergeld auf einheitlich 250 Euro im Monat zu erhöhen. Dies würde unter Berücksichtigung der Anrechnung auf die einkommensgeprüften Sozialleistungen etwa 5,5 Milliarden Euro im Jahr kosten und damit die Mehreinnahmen beim Kinderfreibetrag deutlich übersteigen. Die Kindergrundsicherung dürfte je nach Ausgestaltung und Inanspruchnahme weitere Milliarden kosten. Bei einer Kindergelderhöhung würde aber der Steuervorteil des Kinderfreibetrags auch bei den Besser- und Hochverdienenden verschwinden (Abbildung 3) – man könnte ihn also abschaffen oder nur noch in Sonderfällen berücksichtigen. Das gilt allerdings nicht mehr, wenn die Spitzensteuersätze erhöht werden und dadurch der Steuervorteil des Kinderfreibetrags steigt. 

Die Grünen wollen das Kindergeld auf einheitlich 290 Euro im Monat erhöhen. Das würde etwa 13 Milliarden Euro im Jahr kosten, plus Mehrkosten durch die Kindergrundsicherung. Dann wäre der Kinderfreibetrag auch bei deutlich höheren Spitzensteuersätzen nicht mehr relevant (Abbildung 4). Die Linke will das Kindergeld sogar auf einheitlich 328 Euro im Monat erhöhen. Allein das würde etwa 20 Milliarden Euro kosten, hinzu kämen Kosten für die großzügige Kindergrundsicherung.

Fazit: Kindergrundsicherung statt Kinderzuschlag

Da eine Anhebung des Kindergeldes zu hohen Mehrbelastungen führt und nach dem Gießkanneprinzip allen Haushalten zugutekommt, sollte sich die nächste Bundesregierung stattdessen auf die Kindergrundsicherung für die Haushalte mit geringeren Einkommen konzentrieren. Finanziert werden könnte diese durch eine Absenkung der BEA-Pauschale im Kinderfreibetrag.  

Diese Kindergrundsicherung sollte den bisherigen Kinderzuschlag ersetzen und mit der Grundsicherung und dem Wohngeld besser abgestimmt werden. Insbesondere sollten Zugang und Beantragung niederschwelliger und einfacher werden, damit sich die Inanspruchnahme erhöht. Dazu könnten mit Zustimmung der antragstellenden Familien alle Informationen automatisiert genutzt werden, die den Finanz- und Sozialbehörden bekannt sind. Potenzielle Leistungsberechtigte sollten von den Finanz- und Sozialbehörden auf die Möglichkeit der Beantragung hingewiesen werden, etwa bei der Lohnsteuerbescheinigung, der Einkommensteuerveranlagung oder bei Bescheiden zu Lohnersatzleistungen oder Alterseinkünften. Darüber hinaus müssen die Einkommensgrenzen und Entzugsraten von Einkommen so gestaltet werden, dass Familien mit Anspruch auf Kindergrundsicherung auch einen Anreiz zur Beschäftigung haben.

Abstract

Jedes vierte bis fünfte Kind in Deutschland lebt in relativer Armut, schätzen ExpertInnen. Um soziale Teilhabe für alle Kinder zu ermöglichen, wird in einigen Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2021 gefordert, das Kindergeld deutlich zu erhöhen und eine Kindergrundsicherung einzuführen, die das Existenzminimum von Kindern effektiver sichern soll. Die vorliegenden Berechnungen zeigen, dass von der bisherigen steuerlichen Ungleichbehandlung durch Kindergeld und Kinderfreibeträge vor allem Haushalte mit hohen Einkommen profitieren. Um diese zu reduzieren, sollte der überhöhte Anteil für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf im Kinderfreibetrag deutlich gesenkt werden. Die dadurch entstehenden Mehreinnahmen von bis zu 3,5 Milliarden Euro sollten vor allem für die Bildungsinfrastruktur und eine zielgenaue Kindergrundsicherung für einkommensschwache Haushalte eingesetzt werden.

DIW aktuell ; 64 : Sonderausgaben zur Bundestagswahl 2021, 8 S. Stefan Bach, Peter Haan 2021  get_appDownload (PDF  0.57 MB)

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 31.05.2021

 

Im Jahr 2020 haben nahezu genauso viele Frauen wie Männer die Dienste einer Schuldner- oder Insolvenzberatungsstelle in Anspruch genommen. Insgesamt ließen sich 588 000 Personen beraten, davon waren 273 000 Frauen (46,4 %) und 315 000 Männer (53,6 %). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich der Aktionswoche Schuldnerberatung 2021 weiter mitteilt, ergaben sich je nach Haushalts- beziehungsweise Familiensituation deutliche Unterschiede. So waren 13,8 % der beratenen Personen alleinerziehende Frauen, ihr Anteil in der Gesamtbevölkerung betrug aber nur 5,2 %. Alleinlebende Männer waren ebenfalls überproportional häufig von Überschuldung betroffen: Während auf sie 29,9 % der von Schuldnerberatungsstellen betreuten Personen entfielen, betrug ihr Anteil in der Gesamtbevölkerung lediglich 19,5 %.

Fast jede dritte alleinerziehende und überschuldete Frau (29,0 %) sowie jeder fünfte alleinlebende und überschuldete Mann (20,0 %) war geschieden. Paare ohne Kinder waren hingegen vergleichsweise selten überschuldet. Kinderlose Paare stellten 13,7 % der überschuldeten Personen, ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung lag etwa doppelt so hoch (28,2 %).

25- bis 44-Jährige sind am häufigsten überschuldet

Betrachtet man die beratenen Überschuldeten nach dem Alter, so waren 25- bis 44-Jährige besonders häufig betroffen. Während sie nur 30,2 % der Gesamtbevölkerung ausmachten, kam mehr als die Hälfte der Klientinnen und Klienten von Beratungsstellen aus dieser Altersgruppe (51,6 %). Personen ab 65 Jahren nahmen die Dienste von Schuldnerberatungsstellen hingegen kaum in Anspruch: Obwohl sie ein gutes Viertel der Gesamtbevölkerung stellten (25,1 %), waren nur 7,5 % der beratenen Personen in diesem Alter. Über die Gründe hierfür liegen seitens der Überschuldungsstatistik keine Angaben vor. Möglicherweise ist die eigene Zahlungsunfähigkeit gerade in dieser Altersgruppe ein Tabuthema. Auch könnten ältere Menschen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein, eine Beratungsstelle aufzusuchen.

Die durchschnittliche Schuldenlast steigt mit dem Alter

Durchschnittlich betrugen die Verbindlichkeiten von beratenen überschuldeten Personen 29 230 Euro, wobei Männer mit 33 050 Euro über dem Durchschnitt und Frauen mit 24 830 Euro darunterlagen. Nach dem Alter betrachtet trugen die über 65-Jährigen mit 49 930 Euro die höchste durchschnittliche Schuldenlast. Die größte Altersgruppe in Schuldnerberatung, die 25 bis 44-Jährigen, waren mit 22 270 Euro unterdurchschnittlich überschuldet.

Methodischer Hinweis:

Die Ergebnisse der Überschuldungsstatistik 2020 beruhen auf Angaben von 593 der insgesamt rund 1 430 Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in Deutschland. Sie haben anonymisierte Daten von rund 143 000 beratenen Personen mit deren Einverständnis bereitgestellt. Die Teilnahme an dieser Statistik ist sowohl für die Beratungsstellen als auch für die Ratsuchenden freiwillig; es gibt keine Auskunftspflicht. Die gemeldeten Daten werden anschließend auf die Grundgesamtheit aller durch Schuldnerberatungsstellen beratenen Personen in den Bundesländern hochgerechnet. Die Angaben zur Gesamtbevölkerung stammen aus dem Mikrozensus 2019.

Weitere Informationen:

Zu den Ergebnissen der Überschuldungsstatistik können detaillierte Daten und Zeitreihen in der Datenbank GENESIS-Online 63511 sowie in der Fachserie 15, Reihe 5 abgerufen werden. Zusätzlich zeigt der Schuldnerberatungsatlas des Statistischen Bundesamtes die Erreichbarkeit der nächsten Beratungsstelle von verschiedenen Standorten in ganz Deutschland.

Weiterführende Informationen zur Überschuldungsstatistik finden Sie unter www.destatis.de Gesellschaft und Umwelt; Einkommen; Konsum und Lebensbedingungen; Vermögen und Schulden.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt (DESTATIS) vom 07.06.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Der AWO Bundesverband begrüßt die beschlossene Frauenquote für Vorstände von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitenden. Diese sei ein wichtiger Schritt, dürfe aber nicht das Ende der Bemühungen gegen die „gläserne Decke“ sein, so der Verband. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Nachdem die Wirtschaft nie mehr als Absichtserklärungen lieferte, ist es richtig und überfällig, dass die Politik eine Quote durchgesetzt hat. Großunternehmen haben auch gesellschaftliche Verpflichtungen, die ernst zu nehmen sind. Man darf deshalb natürlich darauf bestehen, dass sich die Förderung der Geschlechtergerechtigkeit auch bei ihnen verwirklicht. Nach der Quote für Aufsichtsräte ist die Frauenquote für Vorstände der zweite wichtige Schritt auf einem langen Weg mit absehbaren Stolpersteinen. Mit der 3+1-Regelung steht nämlich zu befürchten, dass in die betroffenen Vorstände jeweils eine Frau als Feigenblatt, aber ohne echte Entscheidungsgewalt berufen wird. Eine prozentuale Lösung bzw. Staffelung würde das verhindern.“

Deshalb brauche es neben der beschlossenen Quote weiteren Wandel in der Arbeitswelt. Dazu gehöre die Etablierung von geschlechtergerechten und vielfaltsbewussten Unternehmens- und Führungskulturen. Schubert: „Von dem Gesetz werden letztlich rund 70 Unternehmen betroffen sein. Um Gleichstellung nachhaltig zu etablieren, reicht das natürlich lange nicht. Dafür müssen strukturelle Defizite angegangen werden, die Arbeitskultur insgesamt gehört auf den Prüfstand: Gibt es zum Beispiel Alternativen für Präsenzansprüche oder Möglichkeiten für flexible Arbeitszeiten? Gibt es hochgezogene Augenbrauen, wenn eine Führungskraft egal welchen Geschlechts ein Meeting der Kinder wegen frühzeitig verlässt? Gibt es vielfaltsbewusste Personalentwicklungskonzepte? Es bleibt viel zu tun.“

Mit dem ESF-Projekt „Vielfaltsbewusst in Führung“ fördert die AWO aktiv Vielfalt in ihren Unternehmen und Diensten. Ihr zweiter Gleichstellungsbericht ist in Arbeit, ab dem Sommer 2021 wird das Präsidium des Verbandes eine Doppelspitze haben. Der Verband strebt nachdrücklich an, mindestens 50% der haupt- und ehrenamtlichen Führungspositionen mit Frauen zu besetzen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 01.06.2021

Ohne einen allgemeinen, langfristigen und konkreten Schutz vor Benachteiligungen können Elternschaft und Fürsorgeverantwortung in Deutschland laut der Initiative #proparents bspw. folgendes bedeuten: Kündigungen am ersten Tag nach der Elternzeit, kein gleichwertiger Arbeitsplatz und weniger Gehalt beim Wiedereinstieg, Benachteiligungen beim weiteren beruflichen Fortkommen, abwertende Bemerkungen von Vorgesetzten bei Fehlzeiten aufgrund eines kranken Kindes. Um Mütter und Väter besser zu schützen, hat das Bundesforum Männer die Petition #GleichesRechtfürEltern mitgezeichnet. Unterstützen auch Sie die Kampagne mit Ihrer Stimme! Die Initiative #proparents und die Zeitschriften „Brigitte“ und „Eltern“ fordern den Bundestag und den Bundesrat dazu auf, das Diskriminierungsmerkmal „Elternschaft“ in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) aufzunehmen bzw. eine Ergänzung des AGG auf den Weg zu bringen, wonach in der Arbeitswelt niemand „Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden darf“ (§ 4 GlBG).

Hier geht’s zur Petition #GleichesRechtfürEltern

ZEIT-ONLINE Artikel „Eltern? Stören den Betrieb!“ vom 22.04.2021

Quelle: Newsletter Mai 2021 Bundesforum Männer vom 28.05.2021

Bei den Diskussionen um die Finanzierung der Pflegeversicherung wird vergessen, dass Familien immer noch verfassungswidrig sowohl in der gesetzlichen Pflegeversicherung als auch in der Renten- und Krankenversicherung belastet werden.

„Die Pläne der Bundesregierung für eine Reform der Pflegeversicherung sorgen für Kontroversen: Kinderlose sollen einen höheren Beitragssatz zahlen. Dabei wird vergessen, dass Eltern bereits doppelte Beiträge in die Pflegeversicherung leisten, zum einen mit Geldbeiträgen und zum anderen mit der Kindererziehung“, sagt Siegfried Stresing, Vizepräsident des Deutschen Familienverbands (DFV). Ziel müsse sein, Eltern in der Sozialversicherung zu entlasten. Wer keine Unterhaltspflichten für Kinder hat, ist grundsätzlich finanziell leistungsstärker. Familien hingegen rutschen regelmäßig – trotz Kindergeld – unter das steuerliche Existenzminimum wie Berechnungen im Horizontalen Vergleich zeigen.

Die DFV-Forderungen nach familiengerechten Beiträgen während der aktiven Familienphase begründen sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 1629/94), wonach gleich hohe Beiträge für Eltern und Beitragszahlende ohne Kinder in der Pflegeversicherung verfassungswidrig sind.

„Mit seinem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht 2001 deutlich gemacht, dass das Sozialversicherungssystem ohne neue Generationen nicht überlebensfähig ist. Unsere Gesellschaft ist darauf angewiesen, dass Kinder großgezogen werden. Wer Kinder erzieht und Sozialbeiträge zahlt, leistet doppelte Beiträge in den Generationenvertrag“, sagt Stresing. „Es ist bedrückend, wie mutlos mit familienbezogenen Reformen der Sozialversicherung umgegangen wird. Wir müssen endlich verstehen, dass es nicht darum geht, Familien zu bevorteilen oder Kinderlose abzustrafen. Es geht um den Bestand des Sozialversicherungssystems.“

Zusammen mit dem Familienbund der Katholiken (FDK) unterstützt der DFV Familien, die den Rechtsweg für Beitragsgerechtigkeit in den Sozialversicherungen beschritten haben. Mit mehreren Verfassungsbeschwerden und einer Richtervorlage stehen sie vor dem Bundesverfassungsgericht. „Auf dem Weg nach Karlsruhe mussten die klagenden Familien mehrere unsägliche Urteile von Sozialgerichten hinnehmen, die dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2001 klar widersprechen oder es sogar ins Gegenteil verkehrten“, sagt der DFV-Vizepräsident. „Jetzt müssen die Karlsruher Richter ein Machtwort sprechen.“

Auf www.elternklagen.de informieren die Familienverbände über den Stand der Familienklagen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V.  vom 01.06.2021

Die Schließung von Schulen stellt Familien vor enorme persönliche und finanzielle Herausforderungen. Familien leiden an der monatelangen Dauerüberlastung zwischen Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und Homeschooling. Das haben inzwischen mehrere Studien deutlich nachweisen können. Eine Zeit lang ist der Wegfall von Bildungseinrichtungen durch Eltern kompensierbar, aber es kann kein Dauerzustand sein.

Über das Homeschooling unterhalten wir uns heute mit Dr. Sabine Buder. Sie ist vierfache Mutter, Unternehmerin und vielfach ehrenamtlich engagiert. Als CDU-Mitglied kandidiert sie im Wahlkreis 59 (Brandenburg) für einen Sitz im Bundestag. Mehr Informationen finden sich auf ihrer Webseite, auf Twitter sowie auf ihrem Facebook-Profil.

Frau Buder, Sie sind Mutter von vier Kindern, Tierärztin mit eigener Praxis und gleichzeitig kandidieren Sie für einen Sitz im Bundestag. Wie schaffen Sie es, all das – und jetzt noch mit dem Unterricht zu Hause – unter einen Hut zu bringen?

Als ich am 15. August vergangenen Jahres als CDU-Direktkandidatin für die Bundestagswahl im Brandenburger Wahlkreis 59 nominiert wurde, war mir klar, dass dieser Wahlkampf ein richtig hartes Stück Arbeit werden wird. Neun Monate, zwei Lockdowns und ganz viel Homeschooling später muss ich sagen: viel härter kann es selbst in der „heißen“ Phase des Wahlkampfs nicht mehr werden.

Als Familie haben wir das nur mit der großartigen Unterstützung meiner Eltern und Schwiegereltern geschafft. Mein Mann mit Vollzeitjob und ich mit eigener Praxis und vielen Wahlkampfterminen – vor Ort und Online – hätten es alleine auf uns gestellt nicht bewältigen können. Zusammen mit unseren Kindern sind wir im Lockdown an unsere körperlichen und psychischen Grenzen gestoßen. Diese Erfahrung haben sehr viele Eltern gemacht. Ich empfinde größten Respekt und Dankbarkeit für all diejenigen, die den Familien in dieser schweren Zeit zur Seite stehen.

Die Eindämmungsmaßnahmen in der Corona-Pandemie haben Familien hart getroffen. Das gilt besonders für Schulkinder. Hat die Krise Auswirkungen auf die Lernergebnisse von Kindern? Sind Kinder Verlierer dieser Krise?

Bereits vor der Krise hatten wir im Bildungssektor mit vielen Herausforderungen zu kämpfen. Das zeigen die PISA-Studien eindrücklich. Mit der Corona-Pandemie hat das alles eine dramatische Zuspitzung erfahren.

In diesem Zusammenhang stelle ich mir noch eine andere Frage. Warum müssen Kitas und Grundschulen über lange Zeiträume geschlossen sein? Wie sinnvoll sind Kita- und Schulschließungen, wenn selbst wissenschaftliche Studien zum Ergebnis kommen, dass Kinder bei der Virusübertragung kaum eine Rolle spielen? Gleichzeitig wird von Eltern eingefordert, einen anstrengenden Spagat zwischen Familie, Homeoffice und Ersatzlehrer hinzubekommen. Letztendlich auf Kosten der Gesundheit.

Es fehlt weiterhin an praktikablen digitalen Lernangeboten und guten Konzepten für Hybrid-Unterricht. Es ist ungemein schwierig, Grundschülern Lerninhalte sinnvoll nur über „Distanzunterricht“ zu vermitteln. Die Politik hat bisher keine oder unbefriedigende Lösungen gefunden. Sind also Kinder Verlierer dieser Krise? Ich fürchte JA.

Wird Corona der Motor der Digitalisierung unserer Bildungslandschaft werden?

Ich würde es begrüßen, wenn die Corona-Pandemie diese positive Nebenwirkung hätte. Wenn ich mich in meinem persönlichen Umfeld umsehe, kann ich allerdinge nicht zu einer optimistischen Schlussfolgerung kommen. Ähnliche Bedenken höre ich als Mitglied im Landeselternrat und aus anderen Bildungsbereichen.

Eine nüchterne Bestandsaufnahme führt eher zu deprimierenden Ergebnissen. So hat Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) erst kürzlich in einem Interview eingeräumt, Deutschland hänge bei der Digitalisierung der Schulen „fünf bis acht Jahre zurück“. Das könne man nicht in neun Monaten aufholen. Wenn dann aus dem Landeshaushalt 23,2 Millionen Euro für die Anschaffung von Laptops, Tablets und anderen digitalen Endgeräten für Schulen freigegeben werden, ist das zwar erfreulich, kommt aber reichlich spät.

Mein Wahlkreis Barnim und Märkisch-Oderland sind weit entfernt vom modernen Online-Unterricht. Die technische und personelle Ausstattung der Schulen sowie die Internet-Infrastruktur sind meist unzureichend, um Distanz- oder Hybridunterricht digital umzusetzen. Wobei ich Hybridunterricht bei Grundschulkindern und insbesondere Lernanfängern ohnehin kritisch sehe, da diese nicht unbeaufsichtigt zu Hause lernen können. Wenn Kinder zu Hause betreut werden müssen, können Eltern nebenbei nicht beruflich tätig sein. Daher ist der Hybrid-Unterricht für Grundschüler aus meiner Sicht nahezu ausgeschlossen.

Der Digitalisierungsschub in unserer Bildungslandschaft ist also mehr als überfällig. Dafür brauchen wir unbedingt starke Motoren – nicht aber Corona.

Welche Erwartungen haben Sie an Lehrer und Schulen in der Krise? Hat Homeschooling gut funktioniert?

Ich schätze das Engagement vieler Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen sowie von Erziehern und Erzieherinnen in den Kitas. Das ist mir wichtig zu sagen. Sie sind in der Corona-Pandemie immer wieder an ihre Grenzen gegangen – und darüber hinaus.

Klar ist aber auch, dass Homeschooling für die meisten Familien nicht funktioniert. Egal wie oft das Gegenteil von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey oder Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst behauptet wird. Es macht fassungslos, dass es diesbezüglich eine bewusst verschwommene Wahrnehmung und keine Fehlerkultur zu geben scheint.

Corona verlangt uns allen einiges ab und jeder muss seinen Beitrag zur Krisenbewältigung leisten. Aber was (Grundschul-)Kindern, Eltern und Lehrern in den letzten Monaten durch eine verfehlte Bildungspolitik zugemutet wurde, setzt neue Maßstäbe. Da hilft auch kein Schönreden.

Wie können wir hier helfen?

Das von der Bundesregierung beschlossene „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ geht in die richtige Richtung. Dafür sollen Mittel in Höhe von 2 Milliarden Euro bereitgestellt werden.

Eine große Summe. Gleichzeitig ist der Nachholbedarf enorm – schon vor Corona. Ich finde es sinnvoll, dass mit dem Programm nicht nur pandemiebedingte Lernrückstände aufgeholt werden sollen, sondern umfangreiche Maßnahmen zur Unterstützung der sozialen Kompetenzen und der allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen finanziert werden.

Ganz wichtig ist mir eines: Kinder und Jugendliche dürfen mit ihren Sorgen nicht alleingelassen werden. Die Schulsozialarbeit verdient mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung. Entscheidend für den Erfolg dieser Maßnahmen ist allerdings, dass Mütter, Väter und Kinder dabei mitwirken. Geld und gute Konzepte allein reichen nicht.

Versuchen wir am Ende einen positiven Ausblick auf die Zukunft. Was können wir aus der Krise Positives mitnehmen? Was hat uns in der Corona-Pandemie stark gemacht?

Kinder haben Rechte und ihr Schutz sollte bei allen politischen Entscheidungen oberste Priorität haben. Für mich ist die Wertschätzung der Familien als Keimzellen der Gesellschaft die Voraussetzung für ein zukunftsfähiges Deutschland.

Ich setze mich dafür ein, dass unsere Kinder unter bestmöglichen Bedingungen aufwachsen können. Das bedeutet einen Kitaplatz für jedes Kind, kurze Schulwege und die Erhaltung von Schulstandorten. Mir ist wichtig, dass individuelle Förderung der Kinder in der Schule und in der Freizeit ermöglicht und effektiver Kinderschutz gewährleistet wird.

Wer erstklassige Bildung für alle Kinder will, muss die Digitalisierung der Bildungslandschaft konsequent vorantreiben. Das sind Ziele, für deren Verwirklichung ich mich engagiere – als Mutter, im Ehrenamt und als Direktkandidatin für die Wahl zum Deutschen Bundestag. Und ich verspreche, mich auch nach dem Einzug in den Bundestag an das Motto meines Wahlkampfes zu halten: Zuhören. Verstehen. Kümmern. Denn Familien brauchen in Deutschland dringend eine starke Lobby!

Sehr geehrte Frau Buder, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sebastian Heimann (Twitter), Bundesgeschäftsführer des DFV

Quelle: Interview Deutscher Familienverband e.V.  vom 01.06.2021

Die Schließung von Schulen stellt Familien vor enorme persönliche und finanzielle Herausforderungen. Familien leiden an der monatelangen Dauerüberlastung zwischen Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und Homeschooling. Das haben inzwischen mehrere Studien deutlich nachweisen können. Eine Zeit lang ist der Wegfall von Bildungseinrichtungen durch Eltern kompensierbar, aber es kann kein Dauerzustand sein.

Über das Homeschooling unterhalten wir uns heute mit Nina Stahr. Sie ist dreifache Mutter, arbeitete als Referendarin im Oberstufenzentrum in Neukölln sowie in einem Gymnasium in Grunewald. Seit 2006 ist sie Mitglied bei den Grünen und seit Dezember 2016 Landesvorsitzende in Berlin. Nina Stahr kandidiert im Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf für einen Sitz im Bundestag. Mehr Informationen finden sich auf ihrer Webseite, auf Twitter sowie auf ihrem Facebook-Profil.

Frau Stahr, Sie sind Mutter von 3 Kindern, sehr aktiv in der Berliner Landespolitik tätig und kandidieren gleichzeitig für den Bundestag. Wie schaffen Sie es, all das – und jetzt noch mit dem Unterricht zu Hause – unter einen Hut zu bringen?

Wir haben das Glück, dass unsere Kinder alle noch Kitakinder sind, so dass wir zumindest keinen Unterricht zu Hause machen mussten. Aber natürlich haben wir den Anspruch, diese schwierige Zeit für die Kinder so gut wie möglich zu gestalten und haben versucht, ein bisschen etwas vom üblichen Kitaprogramm auch zu Hause zu machen – wie basteln, experimentieren oder Musik machen.

Das ging nur, weil mein Mann in Kurzarbeit war, anschließend Kinderkrankentage genommen hat und Vollzeit für die Betreuung unserer Kinder da sein konnte. Neben meinem Job hätte ich das nicht hinbekommen. Das ist aber genau das Problem: dass Homeoffice und Kinderbetreuung nicht parallel stattfinden können – dieses Problem wurde von der Bundesregierung allerdings völlig ignoriert.

Alleinerziehende Eltern oder Eltern die beide arbeiten mussten – womöglich nicht mal im Homeoffice – standen vor kaum lösbaren Betreuungsproblemen. Die hätte man mit einem Corona-Elterngeld verhältnismäßig einfach lösen können – aber dies war leider keine Priorität für die Bundesregierung.

Die Eindämmungsmaßnahmen in der Corona-Pandemie haben Familien hart getroffen. Das gilt besonders für Schulkinder. Hat die Krise Auswirkungen auf die Lernergebnisse von Kindern? Sind Kinder Verlierer dieser Krise?

Natürlich hat die Krise Auswirkungen auf die Lernergebnisse. Aber das sollte nicht allein im Fokus stehen. Viel wichtiger sind die psychischen und sozialen Folgen. Denn ja, Kinder und Jugendliche sind die Verlierer der Krise – sie wurden kaum mitgedacht und haben selbst keine große Lobby. Kinderrechte wurden mit Füßen getreten und ich mache mir Sorgen, dass das auch Folgen für unsere Demokratie haben wird. Kindern und Jugendlichen wurde vermittelt: wer am lautesten schreit, bekommt, was er will, während die Schwächsten in der Gesellschaft keine Rolle spielen. Ist das wirklich die Art und Weise, wie wir in Zukunft zusammenleben wollen?

Wenn wir uns jetzt damit beschäftigen, was wir für Kinder und Jugendliche nach der Krise tun müssen, dann sollten für mich deshalb genau diese Themen im Fokus stehen. Und ich wünsche mir, dass Schulen genau daran mitarbeiten: dass sie Raum für Begegnung und Austausch bieten und Beziehungsarbeit in den Fokus stellen und den Schülerinnen und Schülern vermitteln, dass es jetzt gerade nicht darauf ankommt, ob sie in Mathe eine super Note haben oder nicht, sondern darum, dass es ihnen erstmal grundlegend gut geht.

Natürlich müssen wir im nächsten Schritt dann auch schauen, wie wir die Lernrückstände des vergangenen Jahres aufholen können. Manche Familien haben das mit dem Homeschooling super hinbekommen, für andere war es eine kaum zu bewältigende Herausforderung – die Heterogenität der Lerngruppen nimmt also enorm zu.

Aber ich halte es für den falschen Weg, den Kindern und Jugendlichen, für die die vergangenen Monate ohnehin besonders schwer waren, gerade jetzt die Ferien noch mit Nachhilfeunterricht zu überladen. Stattdessen müssen wir in den kommenden Jahren nach und nach aufarbeiten, was verloren gegangen ist. Dazu bedarf es einer Entschlackung der Lehrpläne und mehr binnendifferenzierten Unterricht. Ich würde mir aber auch generell ein Umdenken in der Schule wünschen: natürlich ist ein Schulabschluss die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben mit einem selbst gewählten Beruf etc., und dafür muss man natürlich Inhalte vermitteln – aber Schule ist eben so viel mehr als Wissensvermittlung.

Viele Lehrkräfte machen einen großartigen Job und sehen ihre Verantwortung, die über pure Wissensvermittlung hinaus geht, aber in unserer alten Schulstruktur sind Themen wie Beziehungsarbeit noch kaum verankert.

Wird Corona der Motor der Digitalisierung unserer Bildungslandschaft werden?

Das hätte ich mir gewünscht. Und es wäre dringend nötig. Corona hat gezeigt, wie weit wir hier zurückstehen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Deshalb müssen hier sowohl die Bundes- als auch die Landesregierungen in den kommenden Jahren nachhaltige Programme aufsetzen: das fängt bei der Anbindung von Schulen ans Internet mit ausreichender Bandbreite an, geht über Endgeräte für alle Lehrkräfte sowie Schüler und Schülerinnen sowie passende Software und Lernplattformen bis zur Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte.

Auf keinen Fall dürfen wir jetzt denken: nun haben sich das ja alle selbst angeeignet, wir sind viel weiter als vor einem Jahr. Denn die Wahrheit ist: auch nach einem Jahr Pandemie sind wir beim Thema Digitalisierung der Bildungspolitik mit wenigen Ausnahmen noch im Mittelalter.

Welche Erwartungen haben Sie an Lehrer und Schulen in der Krise? Hat Homeschooling gut funktioniert?

Das war sehr unterschiedlich. Und ob es funktioniert hat oder nicht, hing viel zu sehr vom Engagement einzelner Lehrkräfte und/oder Schulleitungen ab. Es gab Lehrkräfte, die einen großartigen Job gemacht haben, die bis spät in die Nacht sich selbst digitale Tools angeeignet haben, um ihre Schülerinnen und Schüler gut unterrichten zu können.

Und auf der anderen Seite gab es Lehrkräfte, die wochenlang kaum etwas von sich haben hören lassen, wo die Kinder ein paar Arbeitsblätter bekommen haben und das war’s. Ich möchte hier aber keiner einzelnen Lehrkraft einen Vorwurf machen – dass viele nicht in der Lage waren, ihre Schüler und Schülerinnen so zu betreuen, wie es nötig gewesen wäre. Es liegt vor allem daran, dass die Digitalisierung von den zuständigen Ministerien sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene so lange verschlafen wurde.

Wie können wir hier helfen?

Wir müssen aus den Versäumnissen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte lernen und Schule nun endlich moderner aufstellen. Digitale Tools und Unterrichtsmöglichkeiten, die ja nicht nur in Zeiten von Distanzunterricht relevant sind, müssen essenzieller Bestandteil der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften sein.

Es kann doch nicht sein, dass jüngere Lehrkräfte – und dieses Beispiel kenne ich aus mehreren Schilderungen – bis spät in die Nacht noch die Arbeitsblätter ihrer Kolleginnen und Kollegen in PDFs umwandeln und hochladen, weil die Älteren das selbst nicht können. Da haben doch über Jahrzehnte die Bildungsministerien geschlafen, da hätten Fortbildungen gemacht werden und die Angst vor digitalen Medien im Unterricht genommen werden müssen.

In vielen Köpfen sind Kinder vor Bildschirmen immer noch etwas Schlimmes – das muss ein Ende haben und wir müssen endlich die Chancen der Digitalisierung für die Schule nutzen. Und gleichzeitig müssen wir überdenken, was wir in der Schule noch vermitteln müssen: vieles wird in Zukunft von Maschinen erledigt, die wirklich relevanten Fähigkeiten, die es in Schule zu erlernen gilt, sind die sozialen. Auch darauf müssen wir einen stärkeren Fokus legen.

Versuchen wir am Ende einen positiven Ausblick auf die Zukunft. Was können wir aus der Krise Positives mitnehmen? Was hat uns in der Corona-Pandemie stark gemacht?

Während der Krise war vieles möglich, was sonst nicht ging: in vielen Büros konnten Menschen ins Homeoffice, wo es jahrelang nie erlaubt wurde. Eltern durften plötzlich ihre Arbeitszeit flexibler einteilen, um das mit der Kinderbetreuung hinzukriegen.

Ich möchte, dass wir das nach der Krise mitnehmen und ein Recht auf Homeoffice und flexible Arbeitszeitmodelle gesetzlich festschreiben. Das darf aber nicht zu einer Entgrenzung von Arbeit und Privatleben führen. Familien sind die Keimzellen unserer Gesellschaft, sie brauchen gemeinsame Zeit. Deswegen setze ich mich für die 30-Stunden-Woche für Eltern ein.

Sehr geehrte Frau Stahr, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sebastian Heimann (Twitter), Bundesgeschäftsführer des DFV

Quelle: Interview Deutscher Familienverband e.V.  vom 01.06.2021

  • Nur Solidarität und ein starker Sozialstaat helfen durch die Krise
  • Bentele: „Soziale Gerechtigkeit muss das Maß allen Handelns sein“

Am 1. Juni startet der Sozialverband VdK unter dem Motto „Sozialer Aufschwung JETZT!“ seine Kampagne zur Bundestagswahl 2021. Zum Auftakt erklärt VdK-Präsidentin Verena Bentele: „Die nächste Bundesregierung wird eine enorm große Verantwortung tragen: Sie wird darüber entscheiden, wer die Kosten der Corona-Pandemie zahlen muss. Denen die Last aufzubürden, die ohnehin wenig haben, ist gefährlicher gesellschaftlicher Zündstoff.“

Die Corona-Pandemie hat die soziale Schieflage in Deutschland noch weiter verstärkt. Viele Menschen haben täglich mit existenziellen Sorgen zu kämpfen. Die Friseurin mit kleinem Lohn muss mit wenig Kurzarbeitergeld auskommen. Der Rentner hat seinen Minijob verloren, bekommt aber keine staatlichen Hilfen. Die Solo-Selbstständige hat ihre Altersvorsorge aufgebraucht, Schulden angehäuft und lebt von Grundsicherung. Viele Kinder und Jugendliche aus ärmeren Verhältnissen sind in der Schule abgehängt. Die Pandemie hat gezeigt, wie stark die soziale Herkunft die persönliche Bewältigung der Krise bestimmt.

Mit seiner Kampagne „Sozialer Aufschwung JETZT!“ zeigt der VdK, wie der soziale Aufschwung in Deutschland gelingen kann und wie wir verhindern, dass ärmere Menschen zurückgelassen werden. Er fordert von den Parteien Vorschläge ein, wie sie die Zukunft des Landes gerecht gestalten wollen. Der VdK ist überzeugt: Solidarität und ein starker Sozialstaat sind die besten Lösungen, die wir in Deutschland zur Krisenbewältigung haben. „Nur wenn wir für den sozialen Aufschwung für alle sorgen, kommt auch die Wirtschaft dauerhaft in Schwung“, ist Bentele überzeugt.

„Unsere Mitglieder wollen Sicherheit statt Sozialhilfe, Zuversicht statt Abstiegsangst. Ein Sozialstaat, der die Lebensleistung der Menschen in den Blick nimmt und ein Leben ohne Angst vor Armut sicherstellt, hilft allen“, sagt Bentele. Der VdK fordert den Umbau der sozialen Sicherungssysteme: Alle Erwerbstätigen müssen in eine Sozialversicherung einzahlen, um sich für das Alter und gegen Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Unfall oder Arbeitslosigkeit abzusichern. Auch Beamte, Selbstständige und Politikerinnen und Politiker müssen einzahlen. Doch das reicht nicht: Es braucht auch ein gerechtes Steuersystem, das Vermögende stärker fordert, und eine Vermögensabgabe. Wird Vermögen oberhalb von einer Million Euro herangezogen, wäre weniger als ein Prozent der Bevölkerung betroffen. „Dann ist unser Land für die Zukunft gerüstet“, erklärt Bentele.

Mit seinen Forderungen wird der VdK die Bundestagswahl kritisch begleiten. Im Rahmen der Kampagne wird es in ganz Deutschland zahlreiche Veranstaltungen und Social-Media-Aktionen, Diskussionen mit Abgeordneten und mit Vertretern der Parteien geben. „Wir fordern von den Politikerinnen und Politikern Antworten auf die drängendsten Fragen. Für uns als VdK ist ein starker Sozialstaat die Lösung, um gut durch die Corona-Pandemie zu kommen. Daran werden sich die Parteien und die neue Bundesregierung messen lassen müssen“, so Bentele.

Alle Forderungen des VdK finden Sie im Internet unter www.vdk.de/btw21

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland vom 31.05.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 14. Juni 2021

Veranstalter: Deutscher Familienverband e.V.

Eine der drängendsten Fragen zu den Folgen der Corona-Pandemie lautet:

Welchen Einfluss haben Schulschließungen mit Distanzunterricht auf die Bildung von Millionen von Kindern?

Aussagekräftige Untersichungen werden zu selten durchgeführt, vergleichende Leistungserhebungen gibt es kaum. Und dort, wo sie geplant waren, werden sie abgesagt. So drängt sich die Frage auf, ob die Verantwortlichen überhaupt wissen wollen, was Schulschließungen angerichtet haben.

Der Erziehungswissenschaftler und Professor für Schulpädagogik Klaus Zierer hat eine Datenanalyse vergleichbarer Länder vorgenommen und kommt zu alarmierenden Befunden:

Homeschooling und Unterrichtsausfall haben teilweise verheerende Auswirkungen auf den Bildungsstand, aber auch auf die körperliche und emotionale Verfassung von Schülern. Seine Ergebnisse und Lösungsvorschläge präsentiert er in seinem am 14.06.2021 im Verlag Herder erscheinenden Buch „Ein Jahr zum Vergessen. Wie wir die drohende Bildungskatastrophe nach Corona verhindern“.

Es wird herzlich zur Buchvorstellung und anschließenden Diskussion mit dem Autor Klaus Zierer, Friedhelm Boginski (Bürgermeister und Lehrer) und Christina Adler vom Brandenburgischen Pädagogen-Verband eingeladen. Das Gespräch wird vom Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes, Sebastian Heimann, moderiert.

Hier geht es zur ANMELDUNG. Die Veranstaltung ist kostenfrei

Termin: 14. Juni 2021

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Die Diskussion über die mögliche Impfung von Kindern und Jugendlichen gegen SARS-CoV-2 bietet einen Nährboden für Verschwörungsideologien. Professorin Esther Lehnert wird über die gegenwärtigen Entwicklungen sprechen. Anschließend besteht Gelegenheit, über die Auswirkungen etwa im Hinblick auf die Elternarbeit für die Akteure der Kinder- und Jugendhilfe zu diskutieren.

Mit Prof. Dr. Esther Lehnert, Professorin für Theorie, Geschichte und Praxis Sozialer Arbeit mit dem Schwerpunkt Rechtsextremismus an der Alice Salomon Hochschule Berlin.


Hier geht es zur Anmeldung. Anmeldeschluss ist Donnerstag, 10.06.2021.

Bitte beachten Sie: Sie erhalten nach Ihrer Anmeldung eine E-Mail, mit der Sie Ihre Anmeldung bestätigen müssen, und erst danach eine Anmeldebestätigung.

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben. Die Einwahldaten gehen den Teilnehmer*innen nach Anmeldeschluss zu.

Termin: 18. Juni 2021

Veranstalter: Pestalozzi-Fröbel-Verband e. V.

Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf für einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder soll ab 2026 eingeführt werden. Er ist im SGB VIII verankert und damit im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe umzusetzen. Dies kann die Chance sein dazu beizutragen, soziale, kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe von Kindern sicherzustellen, so Claudia Linsel vom Paritätischen bei einer Expert*innenanhörung im Familienausschuss des Bundestages.

Grundsätzlich begrüßt der Pestalozzi-Fröbel-Verband die Initiative der Bundesregierung, die stufenweise Einführung eines Anspruchs auf ganztägige Förderung für Grundschulkinder durch die Anpassung des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu regeln. Damit wird die Rolle der Jugendhilfe gestärkt und diese noch konkreter zum Partner des formalen Bildungssettings Schule ausgebaut. Das fördert ganzheitliche Bildung und damit ein gelingendes Aufwachsen von Kindern, welches alle Kompetenz-und Bildungsbereiche abdeckt sowie Chancen-und Bildungsgerechtigkeit sichert.

In der digitalen Dialogveranstaltung können Erfahrungen zum Thema aus unterschiedlichen Perspektiven und Bundesländern zusammengetragen werden. Es sollen Kontroversen offengelegt werden. In einer von Respekt und Anerkennung getragenen Gesprächsatmosphäre sollen Praktiker*innen mit ihren Positionen Gehör bekommen. Alle sind eingeladen, dieses aktuelle Thema mit uns zu diskutieren.

Zur Anmeldung:

https://www.pfv.info/

Termin: 22., 24. und 30. Juni 2021

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V.

Im Juni 2021 führt der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. unter Beteiligung des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, des Bundesministerium für Arbeit und Soziales und des Bundesministerium für Gesundheit, die digitale Veranstaltungsreihe „COVID 19 – any lessons learned?!“ durch.

Seit über einem Jahr hält uns die Covid-19-Pandemie in Atem und stellt die Akteure des Sozialen vor große Herausforderungen. Deutschland ist im internationalen Vergleich bisher sowohl mit Blick auf die Infektionszahlen als auch vor dem Hintergrund diverser Sozialschutzpakete, Regelungen zur Kurzarbeit und tragfähiger Infrastrukturen gut durch die Krise gekommen.

Im Rahmen der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „COVID 19 – any lessons learned?!“ soll reflektiert werden, welche bisherigen Lernerfahrungen für sozialpolitisches Handeln aus der Covid-19-Pandemie und den zu ihrer Bekämpfung ergriffenen Maßnahmen gezogen werden können. Die Pandemie hat zum einen bereits bestehende soziale Ungleichheiten sowie Benachteiligungen im Bereich der Bildung und gesellschaftlichen Teilhabe wie unter einem Brennglas sichtbar gemacht. Zum anderen ist es nach über einem Jahr Pandemie-Erfahrung an der Zeit, die getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens kritisch zu bilanzieren: Welche Maßnahmen haben sich bewährt, welche sind gescheitert und bedürfen einer Anpassung? Welche Maßnahmen können Wegweiser für die weitere Entwicklung in der Sozialen Arbeit und Sozialpolitik sein? Welche nachsorgenden Maßnahmen sind nötig?

Die Veranstaltungsreihe fokussiert dabei drei Themen:

+ am 22.06.2021: Teilhabe und Selbstbestimmung von alten, pflegebedürftigen Menschen und Menschen mit Behinderungen sichern – Lernerfahrungen aus der COVID-19-Pandemie und Schlussfolgerungen für notwendige Veränderungen

+ am 24.06.2021: Herausforderungen in der Grundsicherung in der Corona-Pandemie

+ am 30.6.2021: Ausgebremst, aber keine Generation Corona: Lernerfahrungen aus der COVID-19-Pandemie und Schlussfolgerungen für notwendige Veränderungen.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Termin: 16. – 17. September 2021

Veranstalter: OUTLAW.die Stiftung

Beim diesjährigen Kinderrechtekongress handelt es sich um eine kostenfreie Online-Veranstaltung, der sich dem Thema widmet:        

aufwachsen – gerecht – gestalten

Kinderrechte in Alltag und Politik

Das Kongressprogramm und weitere Informationen finden Sie auf der Website unter: www.kinderrechte-kongress.de.  

Termin: 06. Dezember 2021

Veranstalter: DEVI – Demokratie stärken. Vielfalt gestalten.

Hiermit möchten wir auf unsere Fachveranstaltung des Begleitprojekts „Demokratie und Vielfalt in der Kindertagesbetreuung“ am 06.12.2021 von 09:00-16:00 Uhr aufmerksam machen. Die Veranstaltung wird u. a. durch Fachvorträge sowie intensive Workshop Einheiten gekennzeichnet sein. Die Beteiligung der Teilnehmenden und das gemeinsame Erarbeiten stehen hierbei im Fokus.

Eine Einladung mit konkretem Programm folgt.

WEITERE INFORMATIONEN

Der Zugang zu Gesundheitsleistungen für Frauen* ist in Deutschland nicht flächendeckend gesichert. Neben sehr weitreichenden Werbeverboten und der Kriminalisierung von Ärzt*innen erschweren Abtreibungsgegner*innen mit sogenannten „Gehsteigbelästigungen“ den ungehinderten Zugang ungewollt Schwangerer zu Beratungseinrichtungen und ärztlichen Praxen. Dies geschieht meist durch Plakate, direkte Ansprache oder kollektives Beten. Berater*innen von pro familia und anderen Einrichtungen, die die gesetzlich vorgeschriebene Schwangerschaftskonfliktberatung anbieten, fordern schon seit langem einen besseren Schutz der Beratung Suchenden und der Berater*innen selbst.

Das Gunda-Werner-Institut in der Heinrich-Böll-Stiftung hat deshalb ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Es kommt zu dem Schluss, dass das Persönlichkeitsrecht der schwangeren Person, welches im Falle einer frühen Schwangerschaft der besonders schützenswerten Intimsphäre zuzuordnen ist, in der Regel schwerer wiegt als die Meinungsfreiheit, das Versammlungsrecht oder die Religionsfreiheit der Abtreibungsgegner*innen.

Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit könnten auch außerhalb der Hör- und Sichtweite der Einrichtung ausgeübt werden. Die schwangere Person hingegen ist gesetzlich verpflichtet, die Pflichtberatung aufzusuchen, um im Rahmen des StGB §218 straffrei einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu können.

Das Gutachten schlägt daher die Ergänzung eines §14a SchKG um einen Ordnungswidrigkeitstatbestand vor, der die versuchte oder erfolgreiche Beeinflussung der Ratsuchenden mit einem Bußgeld belegt.

Das Gutachten trägt den Titel „Möglichkeiten gesetzlicher Neuregelungen im Konfliktfeld ‚Gehsteigbelästigungen‘“. Autorin ist Dr. Sina Fontana, Rechtswissenschaftlerin und Vorsitzende der Kommission Verfassungsrecht, Öffentliches Recht, Gleichstellung im Deutschen Juristinnenbund. Sie hat neben einer verfassungsrechtlichen Abwägung der derzeitigen Situation politische Handlungsempfehlungen formuliert.

„Die freie Entscheidung über die Fortführung der Schwangerschaft ist elementarer Bestandteil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Es gehört zur Schutzpflicht des Staates, durch eine bundeseinheitliche Regelung die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Frauen unbeeinträchtigt durch Dritte von diesem Recht auch tatsächlich Gebrauch machen können”, so Dr. Sina Fontana.

Dass es dringend geboten ist, eine einheitliche Regelung in der gesamten Bundesrepublik umzusetzen, ist Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, besonders wichtig. „Aggressive Abtreibungsgegner*innen, die Schwangere belästigen, sind vielerorts aktiv. Bislang sind Pforzheim und Frankfurt/Main die einzigen Kommunen, die Proteste in Sichtweite von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen verboten haben. Doch kommunale Regelungen stehen auf wackligen Beinen und sind stark von der aktuellen politischen Zusammensetzung der Entscheidungsgremien abhängig. Wir brauchen daher einen bundesweit einheitlichen rechtssicheren Weg.“

Die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V., Prof. Dr. Maria Wersig, betont: „Belästigungen und verbale oder visuelle Angriffe sind in der Situation der Pflichtberatung, die bereits vom Ausschuss der Vereinten Nationen für die Umsetzung der UN Frauenrechtskonvention kritisiert wurde, für die Betroffenen unzumutbar. Auch wenn bereits jetzt ordnungs- und versammlungsrechtliche Möglichkeiten in den Bundesländern bestehen, gegen diese Aktionen vorzugehen, werden sie zu zögerlich genutzt.“

Zum Gutachten

Die Beobachtungsstelle hat ein neues Format veröffentlicht: Das LGBTIQ*-Monitoring 2020 beinhaltet kurzzusammengefasst alle relevanten Entwicklungen und Aktivitäten in der Europäischen Union und im Europarat sowie in den europäischen zivilgesellschaftlichen Organisationen zu den Rechten von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, inter* und queeren Personen im Jahr 2020.

Diese Informationen gehen aus dem monatlichen EU-Monitoring* der Beobachtungsstelle hervor. Ergänzend wird die erste LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie 2020–2025 der Europäischen Kommission ausführlicher vorgestellt.

https://beobachtungsstelle-gesellschaftspolitik.de/f/15967b2ea6.pdf

 „Zukunft gestalten – Der Podcast der Bertelmann Stiftung“: Das ist unser neues Audio-Format: Einmal im Monat reden wir hier mit den Expert:innen der Stiftung über die großen gesellschaftlichen Fragen – und geben Antworten.

Worüber sprechen wir im Podcast? Zum Beispiel über die Frage, wie Algorithmen längst unser Leben beeinflussen. Oder darüber, was die Gesellschaft in diesen schwierigen Zeiten zusammenhält. Und wie steht es um unser Wahlsystem und die Demokratie im Superwahljahr 2021? Themen wie diese und viele mehr besprechen Malva Sucker und Jochen Arntz mit unseren Kolleg:innen im neuen Podcast „Zukunft gestalten“. Die Brandmanagerin mit Verlagshintergrund und der frühere Chefredakteur leiten zusammen die Kommunikationsabteilung der Stiftung. Sie begegnen täglich den Fachkolleg:innen, die sich seit Jahren mit den drängenden Fragestellungen unserer Zeit auseinandersetzen. Unsere Expert:innen erforschen Deutschland und die Welt. Sie fragen, analysieren und reisen, um die Probleme und Herausforderungen unserer Gesellschaft transparent und messbar zu machen und vor allem Denkanstöße und Lösungskonzepte zu erarbeiten. Im Podcast berichten Sie nun authentisch und persönlich von ihren Erkenntnissen, Zielen und der Stiftungsarbeit.

Zu hören gibt es „Zukunft gestalten“ auf allen gängigen Podcastplattformen – so zum Beispiel über Apple Podcasts, Spotify, Deezer, Amazon Music, Google Podcasts und AudioNow.

FOLGE #04: Generation Lockdown? Jugend in Corona-Zeiten

Von einer Pause oder einem kurzen Einschnitt kann man nicht mehr sprechen: Das Leben vieler junger Menschen steht seit langer Zeit still. Gut zwei Drittel der jungen Menschen zwischen 15 und 30 Jahren haben Zukunftsängste – das zeigt unsere kürzlich veröffentlichte Studie zum Thema „Jugend und Corona“. Und mehr als ein Drittel hat speziell auch finanzielle Sorgen, deutlich mehr als vor Corona. Wir wollen wissen, wie sich Jugendliche und junge Erwachsene nach über einem Jahr Pandemie fühlen, was sie gern ändern würden und was getan werden müsste. 

Antje Funcke, unsere Expertin für Familien- und Bildungspolitik, hat die Studie betreut. Sie befasst sich seit fast zehn Jahren mit den Themen Bildung und Teilhabe von jungen Menschen sowie Kinderarmut. Ihre Überzeugung: Politik muss dringend etwas gegen Kinderarmut unternehmen – das war schon vor der Pandemie wichtig, jetzt, da sich die Probleme noch verschärfen, umso mehr. Zudem muss die Politik Kinder und Jugendliche viel stärker beteiligen. Junge Menschen haben ein Recht gehört zu werden und mitzubestimmen. Sie sollten daher auch regelmäßig nach ihren Bedarfen, Sorgen und Wünschen gefragt und einbezogen werden.

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 09/2021

AUS DEM ZFF

Angesichts der Ungerechtigkeiten, die sich in der Corona-Krise immer deutlicher in Bezug auf Kinder und Jugendliche zeigen, fordert das Zukunftsforum Familie (ZFF) dringend eine Neuausrichtung der Pandemiepolitik und kritisiert die fehlende Nachbesetzung der Leitung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Mit dem Sinken der Inzidenzen beginnen die Bundesländer mit der Wiederöffnung zahlreicher gesellschaftlicher Bereiche. Vielfach davon ausgenommen sind die Schulen, in etwa der Hälfte aller Bundesländern gibt es noch keine Rückkehr zum Normalbetrieb. Gleichzeitig zeigen sich die Folgen des Lockdowns für die physische und psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen immer deutlicher.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Lockerungen im Bereich der Gastronomie, für den Sommerurlaub oder Kulturveranstaltungen – all das sind wichtige Schritte der Öffnung nach dem Lockdown. Doch angesichts der nach wie vor geltenden Einschränkungen beim Schulunterricht wirkt dies sozial vollkommen unausgeglichen. Es kann nicht sein, dass es in über einem Jahr der Pandemie nicht gelungen ist, Lehrpläne zu entwickeln, die auf Wechselunterricht und digital ausgerichtetes Lernen reagieren, genügend Luftfilter in die Schulen zu bekommen und alternative Formen des Unterrichts zu finden. So verharren gut die Hälfte aller Bundesländer im kleinteiligen Wechselunterricht. In der Folge erleben wir, wie Kinder und Jugendliche zunehmend psychisch belastet sind, Familien an den Rand der Erschöpfung gelangen und insbesondere arme und armutsgefährdete Familien den Anschluss verlieren. Auch viele der niedrigschwelligen familienunterstützenden Angebote wie die Familienbildung, die in den vergangenen Monaten Unterstützung geleistet und Halt gegeben haben, können nach wie vor nicht zum Normalbetrieb zurückkehren.“

Altenkamp fordert daher: „Bei all dem entsetzt zusätzlich, dass die Bundesregierung es nicht für nötig hält, das Kinder- und Familienministerium nach dem Rücktritt von Franziska Giffey eigenständig nachzubesetzen Wir brauchen dringend eine Neubesetzung des Postens, um gerade jetzt Kindern, Jugendlichen und Familien eine starke Stimme zu geben! Eine der ersten Aufgaben der neuen Ministerin bzw. des neuen Ministers muss es sein, in einem Familiengipfel die bestehenden Probleme zu benennen und Lösungen zügig auf den Weg zu bringen. Dazu gehören die Aufrechterhaltung des Regelunterrichts, die Vorbereitung der Impfung von Jugendlichen, ein sozial ausgerichtetes Aufholprogramm – und nicht nur ein auf den Bildungsstand ausgerichtetes Aufholpaket –, die Festlegung guter Bildungsstandards für digital ausgerichtetes Lernen und die psycho-soziale Begleitung der Kinder, Jugendlichen und ihrer Familien bei der Bewältigung und Aufarbeitung der Krise. Sie alle haben unsere Gesellschaft in den vergangenen Monaten zusammengehalten, wir sind es ihnen mehr als schuldig!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 27.05.2021

Anlässlich des Frauengesundheitstages am 28. Mai fordert das Bündnis „Sorgearbeit fair teilen“ die Politik auf, sich für eine gerechtere Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern über den ganzen Lebensverlauf hinweg einzusetzen.

Das Zukunftsforum Familie (ZFF) ist einer von 13 Mitgliedsverbänden des im Sommer 2020 gegründeten zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Sorgearbeit fair teilen“. Dieses engagiert sich für die geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit und hat es sich zum Ziel gesetzt, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft für das Thema und die Auswirkungen des so genannten Gender Care Gap zu sensibilisieren.

Die Presseerklärung des Bündnisses finden Sie hier.

Weitere Informationen zum Bündnis „Sorgearbeit fair teilen“ unter: www.sorgearbeit-fair-teilen.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 26.05.2021

SCHWERPUNKT I: Internationaler Tag der Familie

In der heutigen Anhörung des Familienausschusses im Deutschen Bundestag zum Neunten Familienbericht der Bundesregierung – zwei Tage nach dem Internationalen Tag der Familie – unterstützt das Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF) eine Vielzahl der Vorschläge der zuständigen Sachverständigenkommission und fordert den Bundestag auf, diese zügig umzusetzen. 

Der Neunte Familienbericht zeigt, dass Eltern heute unter enormem Druck stehen, da sie steigende gesellschaftliche und persönliche Erwartungen erfüllen müssen. Insbesondere ist die Zeit, die sich Eltern für die Fürsorge ihrer Kinder nehmen (müssen), stark angestiegen und dies obwohl Mütter heute deutlich umfangreicher erwerbstätig sind als noch vor einigen Jahren. Dieser Trend verstärkt u. a. die soziale Ungleichheit zwischen den Familien. Die von der Sachverständigenkommission formulierten Handlungsempfehlungen reichen daher von Instrumenten der Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit, über Bildungsgerechtigkeit bis hin zur Stärkung der wirtschaftlichen Stabilität von Familien. Auch Anpassungen verschiedener Rechtsbereiche stehen angesichts vielfältig werdender Elternschaft im Fokus.

Lisa Sommer, Referentin des ZFF, erklärt dazu: „Es liegt in öffentlicher Verantwortung, gute Rahmenbedingungen für Menschen zu schaffen, die Verantwortung für Kinder und Jugendliche übernehmen. Aus Sicht des ZFF gehört dazu ein gleichberechtigter Zugang zu Erwerbs- und Sorgearbeit für alle Geschlechter. Dafür sollten partnerschaftlichen Ansätze im Elterngeld weiter gestärkt und endlich ‚der Einstieg in den Ausstieg‘ des Ehegattensplittings gewagt werden. Letzteres setzt, wie auch steuerfreie Minijobs und die beitragsfreie Mitversicherung von Ehe- und Lebenspartner*innen in der gesetzlichen Krankenversicherung, Anreize für eine asymmetrische Arbeitsteilung zwischen den Elternteilen. Daneben unterstützen wir die Vorschläge für eine gebündelte Leistung zur Absicherung von Kindern ausdrücklich! Es ist an der Zeit, die Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ zu stellen und endlich durch eine sozial gerechte und auskömmliche Kindergrundsicherung zu ersetzen.“

Sommer ergänzt: „Angesichts der gesellschaftlichen Anforderungen, die Eltern unter Druck setzen, hätten wir auf mehr zeitpolitische Impulse seitens der Sachverständigenkommission gehofft. Aus Sicht des ZFF ist die partnerschaftliche Weiterentwicklung des Elterngelds nur ein Einstieg in Arbeitszeitkonzepte, die den familiären Sorgeverpflichtungen im Lebensverlauf Rechnung tragen. Eine Familienarbeitszeit mit teilweisem Lohnersatz bei einer Reduzierung der Arbeitszeit im Anschluss an die Elterngeldphase oder auch für eine Pflegephase wäre ein wichtiger weiterer Schritt.“

Lisa Sommer, familienpolitische Referentin beim ZFF, nimmt heute als Sachverständige an der öffentlichen Anhörung teil. Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Deutschen Bundestages.

Die Stellungnahme des Zukunftsforum Familie e.V. anlässlich der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages zum Neunten Familienbericht „Eltern sein in Deutschland – Ansprüche, Anforderungen und Angebote bei wachsender Vielfalt“ (Drs. 19/27200) finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 17.05.2021

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages teilt mit:

„Seit 1993 wird jährlich am 15. Mai in vielen Ländern der Internationale Tag der Familie als Gedenk- und Aktionstag der Vereinten Nationen begangen. Der Tag soll hervorheben, wie wichtig Familien als Grundlage für Staat und Gesellschaft sind und wie Familien von sozialen, ökonomischen und demographischen Entwicklungen betroffen sind. Die Vereinten Nationen haben den Internationalen Tag der Familie im Jahr 2021 unter das Motto ‚families and new technologies‘ gestellt.“

Die Vorsitzende der Kinderkommission, Charlotte Schneidewind-Hartnagel, erklärt anlässlich des Internationalen Tages der Familie:

„Familien in all ihren Formen und Ausprägungen sind die Grundlage jeder Gesellschaft, weil in ihnen Menschen dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen. Kinder werden in Familien groß und dort auf ihr eigenes Leben vorbereitet. Deshalb ist es eine der grundlegendsten Aufgaben der Politik, Familien in all ihrer Vielfalt zu unterstützen und dadurch Kindern ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen.

Dazu gehört heute mehr denn je auch der Zugang zu neuen Technologien und ein verantwortungsvoller Umgang mit digitalen Medien. Die Digitalisierung ist in der Bildung bei der Wissensaneignung, beim Diskurs und Austausch mit anderen und für den Kontakt zu Freunden und Familienangehörigen seit Langem nicht mehr wegzudenken.

Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, welche Bedeutung neuen Technologien in einer Zeit zukommt, in der Familien und Kinder durch Kontaktbeschränkungen, Einschränkungen bei Schulen und Kitas sowie fehlende Freizeit- und Vereinsangebote ganz besonders belastet sind.

Auch wenn neue Technologien und digitale Medien wichtig sind, ersetzen sie nicht die persönlichen Kontakte mit Familienangehörigen, in der Schule, im Freundeskreis und am Arbeitsplatz. Auch das zeigen die Erfahrungen in der Corona-Pandemie.

Deshalb ist es gerade im Sinne der Familien und Kinder wichtig, dass passgenaue Strategien zur Pandemiebekämpfung entwickelt und umgesetzt werden, um bald wieder mehr Normalität und Alltag in diesen Bereichen zu ermöglichen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 15.05.2021

Von der Covid-19-Epidemie und den Maßnahmen dagegen sind Familien besonders betroffen. Die Schließung von Kindertagesstätten, Schulen und Ausbildungsstätten, die Betreuung und Beschulung der Kinder in der eigenen Wohnung, Wegfall von Sport und Freizeitangeboten, Wegfall von privaten Kontakten zu Freundinnen und Freunden führte und führt zu enormen Belastungen der Kinder, Jugendlichen und deren Eltern. Die Folgen sind vielfältig und noch gar nicht in vollem Umfang abzusehen.

Gerade deshalb ist es wichtig schon jetzt Maßnahmen zu planen, die zu einer Erholung der Familien, zur Gesundung seelischer und psychischer Folgen beitragen können.

Die in der Landesarbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen Familienverbände fordern daher,

  • die Mittel für Ferienzuschüsse für Familien mit geringem Einkommen nicht zu kürzen, sondern sogar zu erhöhen. Jede Familie braucht Erholung. Insbesondere Familien mit geringem Einkommen waren und sind besonders belastet und benötigen Unterstützung , Entlastung und Erholung .
  • die Mittel aus dem Bundes-Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ umfänglich zu nutzen, damit Kinder, Jugendliche und Eltern davon profitieren können.

Der Internationale Tag der Familie wurde 1993 durch die Vereinten Nationen eingeführt. Er soll auf die Bedeutung der Familie für unsere Gesellschaft und für den Staat aufmerksam machen.

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände im Land Brandenburg (LAGF) setzt sich für die Interessen und Rechte von Brandenburger Familien in Politik und Gesellschaft ein.

Quelle: Pressemitteilung Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände in Brandenburg vom 14.05.2021

Zum Internationalen Tag der Familie fordert die AWO deutliche Entlastung für Familien. Seit Beginn der Pandemie seien Familien zu wenig im Fokus politischer Maßnahmen gewesen, obwohl gerade sie einen Großteil der Belastungen getragen hätten. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Seit einem Jahr versuchen Eltern unter extremen Bedingungen weiter zu funktionieren – ihre Kinder gut zu betreuen oder zu beschulen, ihrer Arbeit nachzugehen und sich um Angehörige zu kümmern. Die Herausforderungen sind vor allem für Alleinerziehende, Familien mit pflegebedürftigen Kindern und berufstätige Paarfamilien mit Kindern enorm. Die Mehrbelastungen haben Mütter und Väter größtenteils durch Arbeitszeitreduzierungen getragen. Viele Familien haben deshalb mit der Verringerung ihres Haushaltseinkommens zu kämpfen und fürchten zusätzlich die mittel- bis langfristigen Auswirkungen der aktuellen Situation auf die Entwicklung ihrer Kinder.“

Die AWO fordert deshalb neue Rahmenbedingungen für Familien, die sie auch in Krisenzeiten stärken. „Dabei gibt es nicht die eine Maßnahme, die für alle Familien passt“, so Schubert, „Wir hören aus unseren Einrichtungen und Diensten vermehrt Berichte von zunehmender Verzweiflung und Angst vor Verarmung, weil die Familien am Ende ihrer Kräfte sind. Die Problemlagen sind zum Teil hochkomplex. Bereits vor der Pandemie war deutlich, dass Belastungen aus mangelnder Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Pflege von Angehörigen oder Kinderarmut in Familien zusammenlaufen und sich dort potenzieren. Die derzeitige Lage verschärft das. Es ist dringend geboten, dass die Politik ihre Energien verstärkt und zielgerichtet auf diese Herausforderungen und mögliche Lösungen richtet.“

Grundsätzlich fordert die AWO ein verständliches und am Lebensverlauf orientiertes Gesamtkonzept, das Menschen und Familien ermöglicht, ein Leben nach ihren Vorstellungen selbstbestimmt und ohne Angst zu leben und dabei Fürsorge erbringen und empfangen zu können. Dazu liegen bereits Vorschläge wie das Optionszeitmodell, das die Vereinbarkeit von Sorge- und Erwerbsarbeit im Lebensverlauf flexibler ermöglichen würde, auf dem Tisch. Diese müssen aus Sicht der AWO endlich einer gesamtgesellschaftlichen Debatte zugeführt und umgesetzt werden, damit Familien ihre Funktionen – auch für die Stabilität unserer Gesellschaft – wieder erfüllen können.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 15.05.2021

Caritas-Forderung zum Internationalen Tag der Familie

„Zum Internationalen Tag der Familie am kommenden Samstag denken wir insbesondere an die Familien, welche durch Flucht und Vertreibung getrennt sind,“ so Caritas-Präsident Peter Neher. „Wir fordern von der Politik menschliche, das heißt unbürokratische und pragmatische Lösungen für die Zusammenführung von Eltern und Kindern, Ehepartnern, Geschwistern. Migrantinnen und Migranten haben ein Recht auf Familiennachzug.“

Gesetzlich dürfen jeden Monat 1.000 enge Verwandte von Menschen, die hierzulande subsidiären Schutz genießen, nach Deutschland ziehen. Dieses Kontingent ist angesichts des Bedarfs viel zu knapp gemessen. Aktuell warten über 10.000 Familienangehörige auf einen Termin zur Antragsstellung. Dazu kommt: die tatsächlichen Familiennachzugszahlen bleiben schon seit Juli 2019 hinter den gesetzlichen Möglichkeiten zurück. Und seit dem Beginn der Pandemie sind die Zahlen regelrecht eingebrochen: Statt 12.000 sind im vergangenen Jahr nur 5.000 Menschen im Rahmen der Familienzusammenführung zu subsidiär Geschützten nach Deutschland gekommen.

Grundrecht auf Familie

„Hinter den Zahlen stehen Geschichten von Ehepartnern, die seit Jahren getrennt sind, von Kindern, die ohne ihre Eltern oder ihre Geschwister aufwachsen,“ so Neher. „Und jedes dieser Schicksale ist auch eine Geschichte der erschwerten Integration.“

Die Verfahren sind bereits in normalen Zeiten viel zu komplex, in der Pandemie hat sich das Problem noch verschärft. Der Nachweis einfacher Deutschkenntnisse zum Beispiel, den viele Ehegatten liefern müssen, um zu ihrem Ehemann oder ihrer Ehefrau zu ziehen, stellt eine enorme Hürde dar, wenn die Sprachschulen pandemie-bedingt geschlossen sind oder nur ganz wenige Kurse anbieten.

„Die Politik hat für viele Probleme in der Pandemie pragmatische Lösungen gefunden, das sollte auch in Sachen Familiennachzug möglich sein,“ so der Caritas-Präsident. „Das Grundrecht auf Familie gilt auch für Migrantinnen und Migranten.“

Der Deutsche Caritasverband hat, zusammen mit über 200 anderen Organisationen – unter anderem Pro Asyl und der Diakonie Deutschland sowie zahlreiche Caritasverbände – den Aufruf „Familien gehören zusammen“ unterzeichnet. Gemeinsam fordern wir die Bundesregierung und den Bundestag auf, sich für Beschleunigung der Bearbeitung von Familiennachzugsverfahren einzusetzen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 11.05.2021

Zum Internationalen Tag der Familie am 15. Mai fordert die Diakonie, das Grundrecht auf Familieneinheit für Flüchtlingsfamilien in vollem Umfang zu garantieren und umzusetzen. Die Diakonie Deutschland unterstützt gemeinsam mit mehr als 200 Organisationen den Aufruf „Familien gehören zusammen“ (#familiengehörenzusammen).

Die Einheit der Familie ist verfassungsrechtlich im Grundgesetz verankert.

Geflüchtete Menschen, die einen Anspruch auf Schutz in Deutschland haben, weil sie zum Beispiel aus ihrem Heimatland vor politischer Verfolgung geflohen sind, haben grundsätzlich das Recht, ihre Ehegatten und minderjährigen Kinder nachzuholen. Allerdings bleiben viele Flüchtlingsfamilien trotzdem dauerhaft getrennt, weil das Grundrecht für geflüchtete Menschen gesetzlich stark eingeschränkt wurde. Auch langwierige und komplizierte Verwaltungsverfahren führen dazu, dass geflüchtete Menschen jahrelang ohne Kinder und Ehepartnerin oder -partner leben müssen. 

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Die Einheit der Familie ist ein besonders hohes Gut. Die engsten Familienangehörigen bei sich zu haben, ist ein elementares Bedürfnis von Menschen und ihr natürliches Recht. Menschen übernehmen füreinander Verantwortung und unterstützen sich gegenseitig. Sie schaffen füreinander einen Raum der Geborgenheit und des Vertrauens. Die Familienzusammenführung von geflüchteten Menschen in Deutschland wird jedoch an allen Ecken und Enden behindert. Das ist ein Armutszeugnis für unser reiches Land und verschwendet Chancen und Ressourcen.  Menschen sollten ohne Sorge um ihre Angehörigen hier leben können. Sie brauchen ihre Kraft, um in unserer Gesellschaft gut anzukommen. Flüchtlingsfamilien gehören zusammen!“

Hintergrund:

– Subsidiär schutzberechtigte Flüchtlinge haben keinen Rechtsanspruch auf Familiennachzug mehr, sondern müssen nunmehr warten, bis sie einen Platz im Kontingent von monatlich 1.000 Visa zum Familiennachzug bekommen. Aufgrund der unzureichenden personellen und räumlichen Ausstattung der Auslandsvertretungen und langer Abstimmungswege mit den Ausländerbehörden wurde dieses Kontingent in den vergangenen Monaten nicht einmal ausgeschöpft.

– Flüchtlingskinder, die ohne ihre Eltern in Deutschland leben und Schutz bekommen, können nur ihre Eltern, nicht aber ihre Geschwister nachholen. In der Praxis bedeutet dies, dass die Eltern entscheiden müssen, ob sie ihr Kind in Deutschland oder die Kinder im Herkunftsland alleine lassen oder sich trennen.

Die Familieneinheit kann ohne das Recht, auch die Geschwister nachholen zu können, nicht hergestellt werden.

– Die Pandemie hat zusätzlich dazu geführt, dass Auslandsvertretungen geschlossen wurden bzw. nur eingeschränkt arbeiten. Die Zahl der Visa zur Familienzusammenführung geflüchteter Menschen hat sich daher halbiert. Digitale Wege, die vielfach im Zuge der Pandemie erprobt wurden, sollten auch im Visumsverfahren genutzt werden.

– Flüchtlinge haben zumeist auch nicht die Mittel, die hohen Kosten der Familienzusammenführung zum Beispiel für Pässe, Visa, notwendige Dokumente oder den Flug, zu tragen. Sozialrechtlich ist zur Umsetzung des Rechtes auf Familienzusammenführung weder ein Zuschuss noch Darlehen vorgesehen, sodass eine Zusammenführung am Geld scheitern kann.

Weitere Informationen:

Aufruf „Familien gehören zusammen“: https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/Aufruf-FamilienGehoerenZusammen-Stand-11.05.2021-1.pdf?vgo_ee=MimscPSRaAriQe69K1xuYg%3D%3D

Die Diakonie berät und unterstützt geflüchtete Familien in über tausend Beratungsstellen bundesweit. Damit die Zusammenführung nicht an den Kosten scheitert, unterstützt die Diakonie Deutschland jedes Jahr ca. 1.000 Flüchtlingsfamilien aus ihrem Fonds. Dies ist jedoch bei weitem nicht bedarfsdeckend und es werden dringend Spenden benötigt. Informationen zum Fonds

Familienzusammenführung: https://hilfe.diakonie.de/spenden-fuer-fluechtlingsfamilien

Näheres zu den gesetzlichen und administrativen Hürden der Familienzusammenführung von Flüchtlingen finden Sie in einem Wissen Kompakt zur Familienzusammenführung hier: https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/familienzusammenfuehrung

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 14.05.2021

Der Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD) adressiert fünf Forderungen an die Politik im Bundestagswahlkampf 2021: „Steuergerechtigkeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Wohnraum, Bildung und Mobilität – da brauchen wir mutige Konzepte und politischen Willen“, sagt die Bundesvorsitzende Dr. Elisabeth Müller. „Die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft fängt in den Familien an. Wer die Folgen der Corona-Pandemie effektiv bearbeiten will, muss bei den Familien ansetzen“, so Müller.

„Als KRFD bringen wir die Lebenssituation von 1,4 Millionen Mehrkindfamilien und etwa 7 Millionen Menschen in die Politische Debatte. Die Parteien sollten bei der Bundestagswahl den Familien konkrete Angebote machen und den politischen Wettbewerb an diesen Themen ausrichten“, fordert sie.

Der KRFD fordert, dass Familien in der Phase der fürsorgeintensiven Betreuung der Kinder, in der erhöhter Finanzbedarf mit oft geringerem Erwerbseinkommen einhergeht, von den Rentenbeiträgen entlastet werden, ohne dass ihnen Einbußen in der Altersvorsorge entstehen. „Faktisch bedeutet die Entscheidung für mehrere Kinder das Risiko der Altersarmut, denn die Erziehung von Kindern gilt in unserer Gesellschaft noch immer nicht als Leistung, obgleich sie ein elementarer Beitrag zur Erhaltung unseres umlagefinanzierten Rentensystems selbst ist“, macht sie deutlich.

Die Corona-Zeit zeigte, wie flexibel Arbeit organisiert werden kann, wenn der Wille da ist. Anfänglich waren viele Fragen zu klären, rechtliche, versicherungstechnische und juristische, doch der Anfang ist gemacht. Deshalb fordert der KRFD, die Erfahrungen des HomeOffice im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familien und Beruf als auch Pflege und Beruf zu erhalten. Dabei können HomeOffice und Betreuung nicht einfach addiert werden, wie es die Politik leichtfertig annahm. Gute Betreuung und flexible Arbeitsformate müssen komplementär gedacht werden. Branchen, in denen „rund- um-die Uhr“ gearbeitet werde, müssten ihre Arbeitnehmer in familiären Bezügen denken und deshalb die Dienstpläne von Eltern familienvereinbar gestalten.

Mehrkindfamilien haben im Vergleich zu anderen Lebensformen eine geringere Wohnfläche zur Verfügung. Wohnungssuche oder Immobilienerwerb sind gerade für sie schwieriger als für andere. Deshalb fordert der KRFD die Konzeption von familientauglichem und bezahlbarem Wohnraum sowohl in Städten als auch in strukturschwachen und ländlichen Gebieten. Wie stabilisierend ein familienfreundliches Wohnumfeld sein kann, hat Corona klar vor Augen geführt.

„Spätestens als deutlich wurde, dass das Homeschooling kein kurzes Provisorium darstellt, sondern die Funktion einer eigenständigen Unterrichtsform annimmt, konnten die Versäumnisse im Bereich Schule und Bildung nicht mehr übersehen werden“, erklärt Müller. Der KRFD fordert deshalb stärkere Investitionen in Bildung und konkret bei den Themen Digitalität, Personal, Ausstattung und Gebäude. „Wir sind es unseren Kindern schuldig, sie für die kommenden Herausforderungen anständig auszurüsten“, heißt es in dem Forderungspapier.

Die Gestaltung von Mobilität setzt die zentralen Anreize für Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Gerade bei Mehrkindfamilien häuften sich die Kosten für Mobilität bei schulpflichtigen und in Ausbildung befindlichen Kindern. „Mobilität muss mit Teilhabe und Nachhaltigkeit zusammengedacht werden“, appelliert der KRFD und spricht sich für eine „klar erkennbare Weichenstellung und gezielte Förderung intelligenter Verkehrskonzepte für Stadt und Land, Jung und Alt“ aus.

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. vom 15.05.2021

SCHWERPUNKT II: 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung

Bericht zeigt, dass überwiegender Teil der Menschen in stabilen sozialen Lagen lebt – Problematisch ist die Verfestigung in den unteren sozialen Lagen.

Das Bundeskabinett hat heute den Sechsten Armuts- und Reichtumsbericht (6. ARB) beschlossen. Damit kommt die Bundesregierung dem Auftrag des Deutschen Bundestags nach, in jeder Legislaturperiode einen Bericht über die Entwicklung von Armut und Reichtum vorzulegen.“

Der Bericht zeigt, wo es Licht und Schatten gibt: Positiv ist, dass vor der COVID-19-Pandemie alle Einkommensbereiche von der damals günstigen Wirtschaftsentwicklung profitiert haben. Auch im unteren Bereich sind die Löhne gestiegen und die Erwerbstätigkeit hat zugenommen. Der gesetzliche Mindestlohn hat gewirkt: Die Stundenlöhne bei den Beschäftigten im untersten Zehntel der Einkommensverteilung sind in den letzten Jahren am stärksten gestiegen. Allerdings müssen wir feststellen, dass sich in den letzten Jahrzehnten eine Verfestigung von Armutslagen ergeben hat: Für Langzeitarbeitslose und Menschen, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, existieren zu wenige Aufstiegsmöglichkeiten. Auch der Umstand, dass viele Menschen unsere Gesellschaft als sehr polarisiert wahrnehmen, zeigt, dass wir den sozialen Zusammenhalt stärken müssen.

Die Ergebnisse des Berichts bestärken mich daher in meinem Ziel, dass wir für mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt sorgen müssen: Wir brauchen schnellstmöglich einen gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro / Stunde, wir müssen die Tarifbindung stärken, und die Grundsicherung für Arbeitsuchende muss reformiert werden.“ Bundessozialminister Hubertus Heil

Die Ergebnisse des Berichts zeigen, dass der überwiegende Teil der Menschen in stabilen sozialen Lagen lebt: Deutschland ist keine „Abstiegsgesellschaft“, weiterhin bestehen gute Aufstiegschancen aus der Mitte nach Oben. Problematisch ist die Verfestigung in den unteren sozialen Lagen, aus denen es im Zeitablauf immer weniger Personen gelungen ist, aufzusteigen.

Hinsichtlich der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie deuten die vorliegenden Befragungs- bzw. erste Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Sozialschutzpakete bislang negative Verteilungseffekte weitgehend vermieden haben und durch die Regelungen des Kurzarbeitergeldes die Beschäftigung gesichert werden konnte. Langfristig gilt es aber, die Bereich Bildung und Betreuung besonders im Blick zu behalten, da sich hier in den Belastungen sozioökonomische Unterschiede gezeigt haben.

Der Bericht dient dazu, die Lebenslagen der Bürgerinnen und Bürger zu analysieren, die Wirksamkeit der bisherigen Politikansätze zu überprüfen und neue Maßnahmen anzuregen. Die soziale Lage in Deutschland wird dafür ausführlich beschrieben. Zugrunde liegen die vorliegenden Statistiken und eigens für den Bericht in Auftrag gegebene Forschungsvorhaben. Die aktuellen Daten bewertet der Bericht mit Blick auf die Entwicklung der sozialen Aufstiegschancen und Abstiegsrisiken innerhalb der Biographie und – soweit möglich – auch im Vergleich zu früheren Alterskohorten und Generationen.

Für diesen Sechsten Armuts- und Reichtumsbericht wurden erstmals Einzelinformationen aus verschiedenen Dimensionen (Einkommen, Vermögen, Erwerbsintegration und Wohnungsausstattung) miteinander verknüpft, um soziale Lagen auch in der Gesamtschau zu bewerten und im Zeitablauf zu vergleichen. Die ebenfalls erstmals durchgeführte Untersuchung zur Verfügbarkeit und Inanspruchnahme der sozialen Infrastruktur und von Angeboten der Daseinsvorsorge nimmt ergänzend die Bedeutung nicht-monetärer Leistungen für soziale und gesellschaftliche Teilhabe in den Blick. Verstärkt wurde auch die Analyse, wie Verteilungsergebnisse und soziale Mobilität individuell erfahren und bewertet werden. In Ergänzung zu einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung, die differenzierte Auswertungen ermöglicht hat, wurden Personen aus benachteiligten sozialen Lagen zu ihren Biografien, ihrer Lebenssituation und ihren Zukunftsaussichten persönlich interviewt.

Den Erstellungsprozess zum 6. ARB haben ein Beraterkreis, dem eine Vielzahl an Verbänden, Institutionen und Vertreter*innen der Bundestagsfraktionen angehören, und ein wissenschaftliches Gutachtergremium begleitet. In einer Reihe von Symposien hat das BMAS kontinuierlich über die Schwerpunkte und Ergebnisse der Begleitforschung berichtet, um Transparenz zu gewährleisten.

Der Bericht sowie die Begleitgutachten können unter www.armuts-und-reichtumsbericht.de abgerufen werden. Darüber hinaus sind dort umfangreiche Informationen zum Erstellungsprozess sowie eine Übersicht aller relevanten Indikatoren dargestellt.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 12.05.2021

Die AWO warnt angesichts der heutigen Verabschiedung des 6. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung vor der im Bericht ausgewiesenen gesellschaftlichen Polarisierung und einer zunehmenden Verfestigung von Armutslagen. Corona habe die Ungleichheiten weiter verschärft. Es brauche jetzt und für die Zeit nach Corona eine entschlossene Stärkung des Sozialstaates und wirksame Investitionen in den sozialen Zusammenhalt. 

„Arbeit und eigene Anstrengung sollten ein Garant für ein Leben ohne Armut sein. Gleichzeitig sehen wir, dass Arbeit häufig nicht mehr vor Armut schützt – das Aufstiegs- und Sicherheitsversprechen hat Risse bekommen.“, so Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes. Der Regierungsbericht zeige insgesamt, dass Armut und Ungleichheit trotz einer günstigen wirtschaftlichen Entwicklung in den Vor-Corona-Jahren weiterhin auf einem hohen Niveau bleibt. Zudem manifestiert sich Armut in Teilen in einer zunehmenden Verfestigung und Kumulation sozialer Problemlagen, die gesellschaftliche Mitte schrumpft.

Auch Ungleichheiten und Risiken auf dem Arbeitsmarkt sind hoch: Im SGB II befinden sich über 1 Million Erwerbstätige. 8 bis 9 Prozent der Erwerbstätigen erzielt ein Einkommen unterhalb der Armutsschwelle. Mehr als jede*r fünfte Arbeitnehmer*in arbeitet im Niedriglohnsektor. Schubert: „Die Erfahrungen der Vor-Corona-Jahre haben uns dabei gezeigt: Aus der Armut können wir nicht einfach herauswachsen, sondern müssen sowohl bei Einkommens- als auch bei der Umverteilung nachsteuern. Wir fordern daher, die Tarifbindung zu erhöhen und prekäre Beschäftigung einzudämmen. Es gilt zudem, die Umverteilungswirkung des Steuer- und Transfersystems zu erhöhen – auch und gerade in Zeiten knapper Mittel.“

Hintergrund: 

Seit 2001 veröffentlicht die Bundesregierung auf der Grundlage von Beschlüssen des Deutschen Bundestages einmal in jeder Legislaturperiode einen Armuts- und Reichtumsbericht. Der Bericht wird von einem wissenschaftlichen Gutachtergremium und einem zivilgesellschaftlichen Beraterkreis begleiten. Letzterem gehörte auch für den vorliegenden sechsten Armuts- und Reichtumsbericht der AWO Bundesverband an.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 12.05.2021

Caritas fordert politische Konsequenzen aus dem 6. Armuts- und Reichtumsbericht

Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, der heute im Kabinett verabschiedet wird, zeigt auf der Grundlage neuer Daten: Wer in Deutschland arm wird, bleibt es lange. Die Wahrscheinlichkeit, in der nächsten Fünfjahresperiode weiter der sozialen Lage „Armut“ zuzugehören, liegt für arme Menschen aktuell bei 70 Prozent. „Besonders ernüchternd ist die Situation für Kinder und Jugendliche aus einkommensarmen Familien. Der Bericht zeigt, dass ein hoher Anteil der Kinder, die in Armut aufwachsen, sich auch im jungen Erwachsenenalter aus der Armut nicht befreien kann. Wir müssen Konsequenzen aus dem Bericht ziehen; Politik und Gesellschaft müssen sich dieser Verfestigung von Armut zuwenden,“ so Caritas-Präsident Peter Neher. „Wie sollen Kinder und Jugendliche eine Lebensperspektive entwickeln, wenn die Armut ein ständiger Begleiter ist?“

Je früher geholfen wird, desto besser

Der Armuts- und Reichtumsbericht zeigt, dass der sozialen Daseinsvorsorge eine große Bedeutung bei der Prävention und Überwindung von Armut zukommt. Besonders Hilfsangebote, die früh einsetzen, wirken nachhaltig präventiv. Frühe Hilfen für junge Eltern – etwa Babylotsen, die junge Familien rund um die Geburt begleiten und beraten -, Angebote der Familienpflege und Kinderbetreuung im Vorschul- und Grundschulalter gehören zu den Leistungen, welche gestärkt und flächendeckend gesichert werden müssen.

„Gleichwertige Lebensverhältnisse dürfen nicht auf das Straßen- und Mobilfunknetz reduziert werden. Wichtig ist vor allem das Netz sozialer Dienste und Einrichtungen, das Armutsspiralen vermeidet und Teilhabechancen sichert,“ so Neher.

Armut als Corona-Folge

Der Armuts- und Reichtumsbericht richtet ausdrücklich auch das Augenmerk auf die sozialen Folgen der Corona-Pandemie. Die vorliegenden Zahlen bestätigen die Risiken für kleine Selbstständige, aber auch für Familien und verschuldete Haushalte, die durch die Folgen der Pandemie zusätzlichen Armutsgefahren ausgesetzt sind. Mit dem Programm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ hat die Bundesregierung nun gezielte Schritte getan, um die Folgen für junge Menschen abzufedern und besseren Zugang zu Sozialarbeit zu gewährleisten.

„Corona-Schutzschirme gegen sozialen Absturz sind wichtig, um die Gesellschaft gegen Entsolidarisierung zu impfen,“ so Neher. „Damit das Geld für Schulsozialarbeit und Frühe Hilfen an der richtigen Stelle ankommt, brauchen wir eine gute Zusammenarbeit zwischen Ländern, Kommunen und Wohlfahrtsverbänden,“ so Neher. „Wir brauchen deutlich mehr niedrigschwellige analoge und digitale Beratungsangebote für Familien, psychosoziale Angebote für Kinder und Jugendliche sowie Nachbarschaftshilfe und ehrenamtliches Engagement in den Quartieren.“

Ein erfolgreiches niederschwelliges Angebot der Caritas ist die [U25]-Online-Beratung für junge suizidgefährdete Menschen. Sie wurde in den vergangenen Monaten deutlich ausgebaut, denn in der Pandemie haben die psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen zugenommen.

Kinder und Jugendliche beteiligen

Auch beim Übergang von der Schule in die berufliche Bildung sieht der Deutsche Caritasverband Handlungsbedarf. Junge Menschen brauchen eine verlässliche Infrastruktur von Beratungs- und Förderangeboten in allen Schularten. „Bund und Länder sind dringend gefordert, die Begleitung dieses wichtigen Schrittes der Auswahl eines Berufsweges bundesweit nach einheitlichen Standards zu flankieren,“ so der Caritas-Präsident.

Neher kritisiert, dass Kinder und Jugendliche in der Pandemie im öffentlichen Diskurs häufig auf ihr Schüler- oder Studierenden-Dasein reduziert werden und plädiert dafür, sie an der Erarbeitung von Lösungen als Expertinnen und Experten in eigener Sache zu beteiligen. „Wir brauchen Dialogformate, in denen Kinder und Jugendliche ihre Sorgen, aber auch Lösungsideen einbringen können.“

Hier geht es zur Stellungnahme des Deutschen Caritasverbandes zum 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Caritasverband e.V. vom 12.05.2021

Heute wird der sechste Armuts- und Reichtumsbericht im Bundeskabinett verabschiedet. Die Nationale Armutskonferenz (nak) sieht in den Befunden einen dringenden Handlungsauftrag an die Politik, die Lebenslagen armutserfahrener Menschen spürbar zu verbessern. Der Trend verfestigter Armut und sich verschärfender Ungleichheit muss gebrochen und eine umfassende Teilhabe von Menschen mit Armutserfahrung organisiert werden.

Gerwin Stöcken, Sprecher der Nak kommentiert: „Die Befunde des vorliegenden Berichtes sprechen eine eindeutige Sprache: Der wachsende Wohlstand erreicht bei weitem nicht alle Menschen. Während sich Armut als strukturelles Problem herausgebildet hat und zunehmend verfestigt, entwickeln sich die Lebensverhältnisse der Menschen weiter auseinander. Das gefährdet den sozialen Zusammenhalt nachhaltig. Die nak fordert, dass die Sozialpolitik stärker auf das Ziel der Vermeidung und Überwindung von Armut ausgerichtet wird.“

Der Bericht zeigt, dass sich Armut in den letzten Jahren weiter verfestigt hat. Diese kommt zunehmend auch in einer deutlichen Kumulation sozialer Problemlagen in unserer Gesellschaft zum Ausdruck. Die materielle Lebenswirklichkeit der Menschen am unteren Ende der Einkommensverteilung hat sich in den vergangenen 15 Jahren kaum verbessert, während in mittleren und oberen Bereichen Zuwächse bei den Einkommen und insbesondere bei den Vermögen zu verzeichnen sind. Die Kluft zwischen Arm und Reich hat sich weiter vergrößert: Auf Kosten der Mitte der Gesellschaft hat die Polarisierung der Lebenslagen – Menschen, die in verfestigten Armutslagen ohne Aufstiegsmobilität leben sowie Menschen, die in Wohlhabenheit und Reichtum leben – zugenommen.

„In einer wohlhabenden Gesellschaft auf Grund von Armut ausgegrenzt und abgewertet zu werden, ist eine bittere Erfahrung, die vielen Menschen nicht erspart bleibt. Zu sehen, dass sich der Lebensstandard der gesellschaftlichen Mitte immer weiter entfernt, während man selbst tagtäglich gegen Windmühlen ankämpfen muss, ist unerträglich. Die nak fordert Solidarität und Anerkennung für Menschen mit Armutserfahrung und eine Politik gegen Armut, die die Lebenslagen der Menschen wieder spürbar verbessert. Die nak ist der festen Überzeugung: Das Leistungsniveau in der Grundsicherung muss wieder steigen, um materiellen Mangel zu verhindern und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Erst die Abwesenheit von ständiger Knappheit schafft die Voraussetzung für eine Aufwärtsmobilität in andere Lebensbereiche und ein Aufbrechen verfestigter und kumulierter Armutslagen. Das erfordert Mut und entschiedene Schritte zur Umverteilung“, formuliert Gerwin Stöcken die zentrale politische Forderung im aufziehenden Bundestagswahlkampf.

Hintergrund:

Seit 2001 veröffentlicht die Bundesregierung einmal in jeder Legislaturperiode einen Armuts- und Reichtumsbericht. Die nak brachte ihre Expertise im Beraterkreis beim federführenden Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein. Die Stellungnahme der nak zum Entwurf des Berichtes kann hier abgerufen werden: https://www.nationale-armutskonferenz.de/wp-content/uploads/2021/04/NAK_2021-04-09_Stellungnahme_sechster_ARB_final.pdf

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 12.05.2021

SCHWERPUNKT III: 150 Jahre §218

Zum 150-jährigen Bestehen des Paragrafen 218 StGB erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauen- und Queerpolitik:

Der 1871 eingeführte und bis heute geltende Paragraf 218 StGB führte zu einer grundsätzlichen Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Die Auswirkungen für Frauen waren verheerend. Dagegen haben sich Frauen und die Frauenbewegungen in allen Jahrzehnten aufgelehnt. Die Regelungen wurden verändert und verbessert, aber auch heute noch ist der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch verankert und nur unter bestimmten Voraussetzungen straffrei.

Aktuell tragen weiterhin Schwangere die negativen Folgen dieser Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen: Die Versorgungslage für ungewollt Schwangere ist nicht so gut, wie sie sein müsste. Immer weniger Ärzt*innen sind bereit, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Schwangere, die einen Abbruch brauchen, stehen vor unnötigen Hürden: lange Wege, keine Wahlfreiheit in der Methode des Abbruchs, die Pflicht zur Beratung und Einschränkungen der Information über Schwangerschaftsabbrüche. Dazu kommen gesellschaftliche Stigmatisierung und Tabuisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Auch die Kosten eines Abbruchs müssen ungewollt Schwangere in der Regel selbst zahlen.

Wir wollen die Versorgung beim Schwangerschaftsabbruch deutlich verbessern. Es braucht bundesweit ausreichend Ärzt*innen, die Abbrüche durchführen, Versorgung sicherstellen und dabei durch die Gesetzeslage abgesichert werden. Informationen müssen leicht zugänglich sein, weshalb der Paragraf 219a StGB ersatzlos gestrichen werden muss. Wir wollen keine Kriminalisierung selbstbestimmter Schwangerschaftsabbrüche, sondern diese durch eine zeitgemäße Regelung ablösen, die eine bessere Gesundheitsversorgung ermöglicht. Darüber wollen wir eine Debatte anstoßen. Wir müssen dafür sorgen, dass sichere und legale Zugänge zu selbstbestimmten Schwangerschaftsabbrüchen und die beste Gesundheitsversorgung ermöglicht werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 14.05.2021

„Seit 150 Jahren gibt es den §218 im Strafgesetzbuch, 1871 wurde er in das Strafgesetzbuch des Deutschen Reiches aufgenommen. Seit 150 Jahren sind Schwangerschaftsabbrüche verboten. Auch wenn Änderungen des Paragraphen Abbrüche zwar erleichtert haben, bleibt ein Schwangerschaftsabbruch – direkt hinter Mord und Totschlag geregelt – eine Straftat. Damit gibt es noch immer eine Austragungspflicht. Echte Wahlmöglichkeit ist aber nur ohne Zwang möglich. Wir wollen Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch streichen und stattdessen ein Recht auf selbstbestimmte Schwangerschaft. Das heißt nicht, dass Schwangerschaftsabbrüche und deren Nachsorge überhaupt nicht mehr gesetzlich geregelt werden sollen. Sie sollen aber als das geregelt werden, was sie sind: ein medizinischer Eingriff, der zur gesundheitlichen Versorgung gehört“, so Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, anlässlich des bundesweiten Aktionstages zu 150 Jahre §218 am 15. Mai. Möhring weiter:

„So lange wie es das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen gibt, gibt es Widerstand dagegen. Weg mit §218 – diese Losung muss endlich umgesetzt werden. Mit der Union in der Regierung wird das nicht möglich sein, die würde das Rad lieber zurückdrehen. Und auch mit der FDP wird es keine Selbstbestimmung geben, denn sie schert sich nicht um soziale Gerechtigkeit. Ohne Gerechtigkeit ist aber echte Selbstbestimmung nicht möglich, denn eine Entscheidung für oder gegen ein Kind muss frei von gesetzlichem Zwang, aber auch ohne materielle Zwänge und frei von Diskriminierung möglich sein. Deshalb fordern wir das Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung, das Recht, selbst zu entscheiden, ob ein Mensch ein Kind bekommt oder nicht, sowie das Recht auf ein gutes und sicheres Leben mit Kindern.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 14.05.2021

Am 15. Mai 1871 wurde der §218 ins Strafgesetzbuch aufgenommen. 150 Jahre später ist das Recht auf selbstbestimmte Familienplanung immer noch nicht verwirklicht. Die AWO fordert vor diesem Hintergrund, den Paragraphen aus dem Strafgesetzbuch zu entfernen und das so genannte „Werbeverbot“ zu kippen. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Die AWO setzt sich seit ihrer Gründung für die umfassende Emanzipation und Selbstbestimmung von Frauen ein. Dazu gehört ausdrücklich auch das Recht, selbstbestimmt darüber zu entscheiden, ob, wann und wie viele Kinder eine Frau im Laufe ihres Lebens bekommen möchte. Frauen müssen vollständige, umfassende und aus einer Hand verfügbare medizinische Informationen erhalten, um eine für sie sinnvolle Entscheidung zu treffen zu können.“

Ein wichtiger Baustein dafür ist aus Sicht der AWO kostenfreie Verhütung. „Es kann nicht sein, dass Verhütung eine Frage des Geldbeutels ist und einkommensarme Paare sich zwischen den Kosten für Nahrungs- oder Verhütungsmittel entscheiden müssen“, so Schubert. „Weiterhin erreicht die mangelnde Verwirklichung reproduktiver Rechte in Deutschland ihren absurden Höhepunkt im 2019 reformierten §219a StGB, wonach Ärzt*innen zwar darüber informieren dürfen, dass sie Abbrüche durchführen, aber öffentlich nichts zu Methoden oder Kosten sagen dürfen. Das treibt die anhaltende Tabuisierung dieses Bereiches von Frauengesundheit auf die Spitze.“

In den bundesweit vorhandenen Schwangerschaftsberatungsstellen der AWO mehren sich die Fälle von Frauen, die wohnortnah keine Praxis oder Klinik finden, in denen sie einen Abbruch vornehmen lassen können. Die Zahl der Praxen und Kliniken, die Abbrüche durchführen, ist in den letzten Jahren um rund 40% gesunken. Frauen müssen teilweise 150 km weit fahren, um einen Schwangerschaftsabbruch zu erhalten. Zusätzlich schaffen die anhaltenden Anzeigen und Verurteilungen gegen Ärzt*innen wegen des Verstoßes gegen den §219a StGB – dem sogenannten Werbeverbot für Abtreibungen – auch nach der Reform des Paragraphen 2019 ein Klima der Angst.

Die AWO setzt sich gemeinsam mit ihren bundesweit vorhandenen Schwangerschaftsberatungsstellen für die Verwirklichung der sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen ein. Sie kämpft daher für umfassende sexuelle Bildung und Aufklärung und gute Beratung, eine bundesgesetzliche Regelung für die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln für alle Geschlechter, die ersatzlose Streichung des §219a StGB sowie eine gesetzliche Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafgesetzbuches.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 14.05.2021

SCHWERPUNKT IV: Rücktritt von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey

Franziska Giffey hat am 19. Mai in der Sitzung des Bundeskabinetts die Bundeskanzlerin um Entlassung aus ihrem Amt als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gebeten.

In der 142. Sitzung des Bundeskabinetts am 19. Mai hat Bundesfamilienministerin Franziska Giffey im Kreise ihrer Kolleginnen und Kollegen die Bundeskanzlerin um Entlassung aus ihrem Amt als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gebeten. Sie äußert sich dazu wie folgt:

„In den letzten Tagen sind erneut Diskussionen um meine Dissertation aus dem Jahr 2010 aufgekommen. Nachdem die Freie Universität Berlin bereits im Jahr 2019 eine zweite Überprüfung der Arbeit vorgenommen und eine Entscheidung auf Nichtaberkennung des Titels getroffen hat, wurde das Verfahren im Jahr 2020 erneut aufgerollt. Dies geschah über ein Jahr nach dem abschließenden und rechtskräftigen Verwaltungsakt aus dem Jahr 2019.

Ich habe daraufhin erklärt, meinen Titel nicht mehr zu führen, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Das neu eingesetzte Gremium hat seinen Prüfbericht nun abgeschlossen. Die Freie Universität Berlin hat mir bis Anfang Juni Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, die ich wahrnehmen werde. Danach soll das noch laufende Verfahren abgeschlossen werden.

Die Mitglieder der Bundesregierung, meine Partei und die Öffentlichkeit haben aber schon jetzt Anspruch auf Klarheit und Verbindlichkeit. Daher habe ich mich entschieden, die Bundeskanzlerin um Entlassung durch den Bundespräsidenten aus meinem Amt als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu bitten.

Ich stehe weiterhin zu meiner Aussage, dass ich meine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben habe – so wie ich es vor zwölf Jahren für richtig gehalten und mit der wissenschaftlichen Begleitung meiner Arbeit durch eine Professur im Fachbereich Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin abgestimmt habe. Ich bedauere, wenn mir dabei Fehler unterlaufen sind. Sollte die Freie Universität in ihrer nunmehr dritten Überprüfung meiner Arbeit zu dem Ergebnis kommen, mir den Titel abzuerkennen, werde ich diese Entscheidung akzeptieren. Bereits heute ziehe ich die Konsequenzen aus dem andauernden und belastenden Verfahren. Damit stehe ich zu meinem Wort.

Ich bin stolz darauf, was ich in über drei Jahren Regierungsarbeit im Bund erreichen konnte. Gemeinsam mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit der Bundeskanzlerin, den Kolleginnen und Kollegen im Kabinett und mit den Bundestagsabgeordneten der Koalitionsfraktionen ist es mir gelungen, alle Aufträge aus dem Koalitionsvertrag in meinem Ressort durch die Kabinettsbeschlussfassung zu bringen.

Ich danke allen, die dabei mitgeholfen haben, für ihre Unterstützung und die gute Zusammenarbeit.“

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 19.05.2021

Bundeskanzlerin Merkel hat Familienministerin Giffey nach deren Bitte um Entlassung für eine „gute und vertrauensvolle“ Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren gedankt. Giffey habe in ihrem Amt “wichtige und bleibende Fortschritte erreicht“.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Donnerstag Franziska Giffey aus dem Amt der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend entlassen und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht zusätzlich zur Familienministerin ernannt. Kanzlerin Merkel hat an der Aushändigung der Entlassungs-und Ernennungsurkunde im Schloss Bellevue teilgenommen.

„Ich nehme die Entscheidung mit großem Respekt – aber ich sage auch – mit ebenso großem Bedauern entgegen“: Mit diesen Worten kommentiert Bundeskanzlerin Angela Merkel den Rücktritt von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey.

Giffey hatte in der Kabinettssitzung am 19. Mai die Bundeskanzlerin um Entlassung aus ihrem Amt gebeten. Hintergrund sind Diskussionen um ihre Dissertation von 2010.

Die Bundeskanzlerin äußerte sich bei einem virtuellen Forschungsgipfel zur Entlassungsbitte der Ministerin. „Ich habe mit Franziska Giffey in den vergangenen Jahren sehr gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet, und dafür danke ich ihr von Herzen“, betonte Merkel.

Giffey habe sich „mit Leidenschaft und mit Geschick für ihre politischen Themen eingesetzt“, so die Kanzlerin. Sie sagte weiter: „Für die Familien, Senioren, Frauen und Kinder in Deutschland hat Franziska Giffey in den Jahren als Ministerin wichtige und bleibende Fortschritte erreicht. Und ich wünsche ihr für die kommende Zeit alles Gute“.

Die Familienministerin äußerte sich im Anschluss an die Kabinettssitzung am Mittwoch: „Ich bin stolz darauf, was ich in über drei Jahren Regierungsarbeit im Bund erreichen konnte. Gemeinsam mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit der Bundeskanzlerin, den Kolleginnen und Kollegen im Kabinett und mit den Bundestagsabgeordneten der Koalitionsfraktionen ist es mir gelungen, alle Aufträge aus dem Koalitionsvertrag in meinem Ressort durch die Kabinettsbeschlussfassung zu bringen.“

Quelle: Pressemitteilung der Bundesregierung vom 19.05.2021

Zum Rücktritt von Bundesfamilienministerin Giffey erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding:

„Der Rücktritt von Familienministerin Giffey ist angesichts der bevorstehenden Aberkennung ihres Doktortitels und ihrer Ankündigung richtig und notwendig. Bei wissenschaftlichen Arbeiten darf es auch für Bundesminister keine doppelten Standards geben. Die Bundeskanzlerin muss nun schnell für klare Verhältnisse sorgen und die Spitze des Familienministeriums neu besetzen. Angesichts der immensen sozialen und psychischen Folgen der Corona-Pandemie für unsere Kinder muss das Familienministerium handlungsfähig sein.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 19.05.2021

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert, dass nach dem kurzfristigen Rücktritt von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) die Leitung des Ministeriums kommissarisch an Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) übertragen wird. Gerade in Corona-Zeiten wäre es besser gewesen, für eine Nachbesetzung mit einer geeigneten Fachpolitikerin zu sorgen und damit Kontinuität in der Regierung sicher zu stellen. „Kinder, Jugendliche, Fachkräfte und Familien brauchen eine starke Stimme in der Regierung“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Donnerstag in Frankfurt a.M. „Wir hätten es begrüßt, die Aufgabe an jemanden aus der Führungsspitze des Familienministeriums zu übertragen. Durch die Doppelbelastung der Justizministerin besteht die Gefahr, dass bei den wichtigen, jetzt anstehenden Themen wie der Einführung des Rechtsanspruchs auf ganztägige Betreuung oder der Bewältigung der Pandemiefolgen für junge Menschen und deren Familien ein Vakuum entsteht und wichtige Fürsprache fehlt“, betonte Tepe.

Die GEW sieht in der kommissarischen Besetzung eine Schwächung der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Familien- und Frauenpolitik. Die Zeit der kommissarischen Besetzung könne wegen der Bundestagswahl und sich möglicherweise ziehenden Koalitionsverhandlungen sehr lang werden. Deshalb sei eine Interimslösung nicht zu verantworten, sagte Tepe.

Quelle: Pressemitteilung Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vom 20.05.2021

SCHWERPUNKT V: Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung

Der Deutsche Bundestag berät am heutigen Freitag in erster Lesung den Gesetzentwurf zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter. Dazu können Sie den familienpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg, gerne wie folgt zitieren:

„Mit dem Gesetzentwurf zur Ganztagsförderung für Kinder im Grundschulalter stehen wir zu unserem Wort, das wir im Wahlprogramm und im Koalitionsvertrag gegeben haben: Wir schaffen einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Denn was für Kindergartenkinder bereits gilt, muss auch für Grundschulkinder kommen. Eltern, die einen Betreuungsplatz für ihr Grundschulkind am Nachmittag benötigen, sollen einen Platz bekommen und damit entlastet werden. Mit diesem Rechtsanspruch erleichtern wir aber nicht nur Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir unterstützen mit guten und zuverlässigen Betreuungsangeboten gleichzeitig auch die Attraktivität von Wirtschaftsstandorten insbesondere im ländlichen Raum. Hinzu kommt: Der Anspruch auf Ganztagsbetreuung hat eine wichtige bildungs-, integrations- und sozialpolitische Wirkung und schafft mehr Chancengerechtigkeit für Kinder.  

Nun müssen die Bundesländer mitziehen. Der Bund nimmt seine gesamtgesellschaftliche Aufgabe an und investiert 3,5 Milliarden Euro in die Ganztagsförderung von Grundschulkindern und zusätzlich 960 Millionen Euro im Jahr für laufende Betriebskosten. Die Länder sind in der Verantwortung, die notwendigen Mittel an die Kommunen weiterzureichen. Nur so können wir dieses wichtige Vorhaben gemeinsam stemmen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 21.05.2021

Ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote sorgen für gleiche Startchancen und unterstützen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Deshalb wollen wir, dass der angekündigte Rechtsanspruch auf gute Ganztagsbildung zügig umgesetzt wird. Die meisten Eltern wünschen sich ein Ganztagsangebot, doch bislang steht nicht einmal für die Hälfte der Kinder im Grundschulalter ein entsprechendes Angebot zur Verfügung.
Ein rein quantitativer Ganztagsausbau verbessert weder die Bildungs- noch die Chancengerechtigkeit. Entscheidend ist, dass die Angebote auch qualitativ abgesichert werden. Dafür nötig sind hochwertige Angebote, lernfördernde Räumlichkeiten, eine moderne Ausstattung und ein gutes Zusammenspiel aller Lehr- und Fachkräfte. Um das sicherzustellen, fordern wir eine faire Kostenteilung zwischen Bund, Länder und Kommunen und die Definition hoher Qualitätsstandards im SGB VIII. Erforderlich ist außerdem, gemeinsam mit den Ländern, eine Qualifizierungsoffensive, um ausreichend pädagogisches Fachpersonal an Schulen sicherzustellen.
Die bittere Pille des Gesetzesentwurfs: Die Regierung lässt Grundschulkinder noch ein weiteres Jahr warten, bevor die Umsetzung angegangen wird.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 19.05.2021

Der geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter soll stufenweise ab dem 1. August 2026 in Kraft treten. Dies sieht der von den Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und der SPD vorgelegte Entwurf eines Ganztagsförderungsgesetzes (19/29764) vor. Der Rechtsanspruch soll mit Beginn des Schuljahres 2026/2027 zunächst für Grundschüler der ersten Klasse gelten und dann jährlich um je eine weitere Klassenstufe ausgeweitet werden. Ab dem 1. August 2029 sollen somit alle Grundschulkinder der Klassenstufen eins bis vier über den Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung haben.

Der Bund stellt den Bundesländern zur Realisierung des Rechtsanspruch Investitionshilfen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Darüber hinaus soll er sich auch den laufenden Betriebskosten beteiligen. Finanziert werden soll dies über eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder. So sollen im Jahr 2026 rund 100 Millionen Euro, 2027 rund 340 Millionen Euro, 2028 rund 580 Millionen Euro und 2029 rund 820 Millionen Euro an die Länder fließen. In den Folgejahren rechnet der Bund mit rund 960 Millionen Euro, die an die Länder umverteilt werden sollen. Die Investitionskosten der Länder abzüglich der Bundesmittel beziffert der Bund je nach Betreuungsbedarf auf 1,38 bis 3,18 Milliarden Euro. Ab dem Jahr 2030 sollen sich die Betriebskosten der Länder auf 2,22 bis 3,42 Milliarden belaufen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 687 vom 21.05.2021

Der Bundestag berät am 21. Mai in erster Lesung das Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter (Ganztagsförderungsgesetz), mit dem ab Beginn des Schuljahres 2026/27 für alle Kinder, die eingeschult werden, ein Recht auf Ganztagsbetreuung bestehen soll.

Ab 2029 soll ein Rechtsanspruch für alle Kinder im Grundschulalter gelten.

„Es ist wichtig, dass dieses Gesetz noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht wird. Mit dem Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung und Betreuung erhalten alle Grundschulkinder und Familien gleichwertige Bildungschancen. Es ist enttäuschend, dass der Rechtsanspruch erst im Sommer 2026 in Kraft treten soll“, sagt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

Die Bildungs- und Entwicklungsversäumnisse als Folge der Corona-Pandemie haben mehr als deutlich gemacht, dass Ganztagsangebote gerade für benachteiligte Kinder dringend notwendig sind, um ihre Bildungschancen deutlich zu verbessern.

„2026 ist definitiv zu spät. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die Lücke bei der Kinderbetreuung und in der Förderung geschlossen wird. Grundschulkinder brauchen für ihre individuelle Entwicklung ganz besonders das soziale Miteinander und ein förderliches Umfeld. Im vergangenen Jahr waren Ganztagsangebote wochenlang geschlossen oder standen nur begrenzt zur Verfügung.

Bildung und Förderung blieben komplett auf der Strecke“, so Loheide.

Aus Sicht der Diakonie reicht allerdings die Garantie von Plätzen allein nicht aus, damit Kinder von ganztägiger Bildung und Betreuung profitieren. Nur wenn auch die Qualität der Ganztagsangebote stimmt, können tatsächlich Teilhabechancen verbessert und für mehr Bildungsgerechtigkeit gesorgt werden.

„Neben der Garantie auf Ganztagsbetreuung muss vor allem die Förderung ausgebaut und aufgewertet werden. Dazu sind qualifiziertes Personal und Konzepte erforderlich, die auch Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder schaffen und kindgerechte Räumlichkeiten für verschiedene Bedürfnisse vorsehen“, so Loheide.

Weitere Informationen: BAGFW-Stellungnahme

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und  ntwicklung e.V. vom 20.05.2021

SCHWERPUNKT VI: Corona-Krise

„Die Prüfung von Impfstoffen für Kinder dauert so lange, wie sie dauern muss. Die Gründlichkeit der Prüfung ist grundlegend für das Vertrauen von Eltern und Kindern in die Impfstoffe. Gesundheitsminister Spahn sollte das selber wissen, statt willkürliche Zeitvorgaben festzusetzen und verantwortungslos Termine herauszuhauen. Er täte er besser daran, bei der Impfkampagne für Kinder und Jugendliche dieses eine Mal mit einem Plan vorzugehen“, erklärt Jan Korte, 1. Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE, zur Kritik aus der Stiko an Jens Spahn. Korte weiter:

„Kinder und Jugendliche sind in der Pandemie am meisten von schlechter staatlicher Infrastruktur und kurzsichtigem politischen Handeln betroffen. Spahn darf nicht mit der Hoffnung von Kindern und ihren Eltern spielen. Solange die notwendige, gründliche Prüfung andauert, bleibt seine Aufgabe, sich um neue Produktionsstrecken für immer noch knappe Impfstoffe zu kümmern und die Impfkampagne mit den Ländern zu planen. Zudem erledigt sich mit der Impfung für Kinder ab 12 weder die Pandemie an den Grundschulen noch gibt es dort damit guten Unterricht oder genügend Lehrpersonal.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 12.05.2021

Zur Studie der DAK-Gesundheit zur Belastung von Kindern und Jugendlichen erklärt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP-Fraktion Katja Suding:

„Die Ergebnisse der DAK-Studie sind erneut ein erschütternder Beleg, wie sehr die Bundesregierung die Belange von Kindern und Jugendlichen während der Corona-Pandemie vernachlässigt hat. Über Monate fehlender Kontakt zu Freunden und ausgefallener Präsenzunterricht haben dramatische Folgen für die soziale Entwicklung und psychische Gesundheit unserer Kinder. Es ist ein klarer Ausdruck mangelnder Prioritätensetzung der Bundesregierung, dass in einer solch kritischen Lage eine Familienministerin in Teilzeit berufen wurde. Kinder und Jugendliche brauchen angesichts stetig sinkender Fallzahlen jetzt wieder mehr Normalität. Die sofortige und bundesweite Rückkehr zum Präsenzunterricht mit funktionierenden Hygienekonzepten ist dafür unerlässlich.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 21.05.2021

Zur Forderung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin nach schnellen Schulöffnungen erklärt die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding:

„Dieser dringliche Appell der Kinder- und Jugendärzte muss endlich Gehör finden. Schulen und Kitas müssen jetzt flächendeckend und für alle wieder geöffnet werden. Zum wiederholten Male wird vor den dramatischen sozialen und psychischen Folgen der monatelangen Isolation von Kindern aufgrund geschlossener Schulen und Kitas gewarnt. Diese Warnungen muss die Bundesregierung endlich ernst nehmen. Kindern und Eltern hat die Politik versprochen, dass Bildungseinrichtungen als allererstes wieder öffnen, wenn die Fallzahlen sinken. Es ist unbegreiflich, dass Schulen nun weiter im Wechselunterricht bleiben. Luftfilter, kluge Hygienekonzepte und Impfungen für Lehrkräfte ermöglichen einen pandemiefesten Unterricht auch in Präsenz. Es gibt keinen Grund mehr, Kindern ihr Recht auf Bildung nur einen Tag länger zu verwehren.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 18.05.2021

Die Frist für Bewilligungen von Bundesmitteln aus dem 5. Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung 2020-2021“ soll um ein Jahr bis zum 30. Juni 2022 verlängert werden. Dies sieht ein Gesetzentwurf (19/29765) der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und der SPD zur Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder und weiterer Gesetze vor. Bislang seien erst 311 Millionen Euro aus dem Investitionsprogramm bewilligt worden; abgerufen worden seien sogar erst 14 Millionen Euro (Stand März 2021), heißt es in der Gesetzesvorlage. Die Bundesländer hätten darauf hingewiesen, dass die für das Investitionsprogramm vorgesehenen Fristen insbesondere wegen der anhaltenden Anforderungen der Corona-Pandemie zu knapp bemessen seien, um die Errichtung von 90.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen für Kinder bis zum Schuleintritt zu realisieren. Die aktuellen Fristen würden die notwendigen Zeitabläufe für die Planung und Umsetzung von Baumaßnahmen nicht ausreichend berücksichtigen.

Mit der Gesetzesvorlage soll zudem der generelle Nachrang des Kinderzuschlags für Familien mit kleinen Einkommen gegenüber dem Unterhaltsrecht geregelt werden. So soll sichergestellt werden, dass der Kinderzuschlag den jeweiligen aktuellen unterhaltsrechtlichen Bedarf des Kindes nicht mindert. Ebenso sieht die Gesetzesnovelle eine Verlängerung der Akuthilfen als Sonderregelungen für pflegende Angehörige, um die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf während der Corona-Pandemie zu verbessern, bis Ende 2021 vor. Zudem soll mit dem Gesetz der im Rahmen des Aktionsprogramms „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ vorgesehene Kinderfreizeitbonus in Höhe von 100 Euro je Kind als Unterstützung für bedürftige Familien und Familien mit kleinen Einkommen umgesetzt werden. Außerdem soll der gesonderte Antrag auf Übernahme der Kosten für Lernförderung bis Ende 2023 entfallen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 688 vom 21.05.2021

Die Schulschließungen in der Corona-Pandemie haben Ängste geweckt, dass gerade lernschwache Kinder oder Kinder von weniger gebildeten Eltern durch das Homeschooling abgehängt werden. Aktuelle Auswertung der SOEP-CoV-Studie zeigen nun, dass die Bildung der Eltern zwar kaum Auswirkung auf die Lernzeiten der SchülerInnen hatte, solange die Schulen geschlossen waren. Aber das änderte sich in der Zeit unmittelbar nach dem ersten Lockdown, als die Schulen teilweise wieder öffneten. Kinder von weniger gebildeten Eltern verbrachten damals zu Hause wesentlich weniger Zeit mit Schulaufgaben als ihre MitschülerInnen. Eine ähnliche Entwicklung ist auch aktuell zu erwarten, wenn an immer mehr Schulen wieder Präsenzunterricht stattfindet. Um die unterschiedlichen Leistungsrückstände der SchülerInnen aufzufangen, plant das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) groß angelegte Förderprogramme. Damit diese erfolgreich sind, muss der Leistungsstand der Kinder und Jugendlichen zeitnah, überall zur gleichen Zeit und konsistent zueinander erfasst werden.

Auch während der Corona-Pandemie ist es erklärtes politisches Ziel, dass alle Kinder den gleichen Zugang zu Bildung haben. Bereits im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 zeigte sich jedoch, dass dies nur bedingt der Fall ist. Damals erhielten Kinder, die auf private Schulen gingen, ihr Lern- und Schulmaterial eher über digitale Kanäle als Kinder, die öffentliche Schulen besuchten.info Die SOEP-CoV-Studieinfo zeigt, dass Kinder auf weiterführenden Schulen, die Lern- und Schulmaterial über digitale Kanäle erhielten, während der Schulschließungen im ersten Lockdown im Schnitt 70 Minuten länger pro Tag zu Hause lernten als andere. Außerdem verbrachten GymnasiastInnen im Schnitt eine knappe halbe Stunde mehr mit Lernen als Kinder auf anderen Schulen. Dieser Unterschied erklärt sich vermutlich aus den höheren Anforderungen der gymnasialen Schulform.

Während der Schulschließungen hatte die Bildung der Eltern keinen Einfluss auf die Lernzeiten der Kinder

Frühere Studien kamen immer wieder zum Ergebnis, dass die Bildung der Eltern einen Einfluss darauf hat, wie viel Zeit Kinder zu Hause mit Schulaufgaben und Lernen verbringen. Während der coronabedingten Schulschließungen im Frühjahr 2020 war das jedoch kaum der Fall, wie die SOEP-CoV-Studie zeigt (Abbildung 1).info Auch die Beschäftigungssituation der Eltern hatte keinen messbaren Einfluss auf die Lernzeiten der Kinder. Ob SchülerInnen vor der Corona-Pandemie eher gut (durchschnittliche Mathematik- und Deutschnote 1 oder 2) oder mittelmäßig bis schlecht (durchschnittliche Mathematik- und Deutschnote 3, 4, 5, oder 6) in der Schule waren, wirkte sich ebenfalls kaum auf die Schularbeits- und Lernzeiten aus. Nur in Bezug auf das Alter wird deutlich, dass ältere Kinder und Jugendliche (15-18 Jahre) etwas weniger Zeit für das Lernen und Schularbeiten zu Hause verwandten als jüngere Kinder (10-14 Jahre), im Schnitt 20 Minuten pro Tag.

Ein ähnliches Bild findet sich in der Zeit des zweiten Lockdowns im Winter 2021.info Auch in dieser Zeit bestanden keine Zusammenhänge zwischen den Lern- und Schularbeitszeiten von Kindern und dem Bildungsgrad ihrer Eltern.info Gleiches gilt für die Erwerbssituation der Eltern und das Notenniveau der Kinder. Wie schon beim ersten Lockdown verbrachten die GymnasiastInnen zu Hause etwas mehr Zeit mit Lernen als andere, im Schnitt arbeiteten sie täglich aber nur 15 Minuten länger. Auch verbrachten wiederum jüngere Kinder (10-14 Jahre) durchschnittlich etwas mehr Zeit zu Hause mit Lernen als ältere Kinder beziehungsweise Jugendliche (15-18 Jahre), im Schnitt ebenfalls 15 Minuten pro Tag.

Während der Schulschließungen im zweiten Lockdown lernten die SchülerInnen täglich länger als im ersten Lockdown

Während des zweiten Lockdowns im Winter 2021 arbeiteten die SchülerInnen durchschnittlich 25 Minuten länger für die Schule als während des ersten Lockdowns. Das lässt sich vermutlich darauf zurückführen, dass ab dem zweiten Lockdown die Schulmaterialien häufiger über digitale Kanäle übermittelt wurden und die SchülerInnen digitale Beschulungsplattformen nutzten. Auch die direkt vorangegangenen Weihnachtsferieninfo dürften eine Rolle gespielt haben. So waren Kinder, Eltern und Lehrkräfte während der zweiten Schulschließungen direkt nach den Ferieninfo nicht nur erholter, sondern die Schulen hatten auch mehr Zeit, um sich auf den Distanzunterricht vorzubereiten.

Nach Ende der Schulschließungen verbrachten Kinder weniger gebildeter Eltern viel weniger Zeit mit Lernen und Schularbeiten als andere

Für die Zeit unmittelbar nach dem ersten Lockdown ergibt sich ein anderes Bild als während der beiden Lockdowns: Kinder auf weiterführenden Schulen mit weniger gebildeten Eltern lernten zu Hause dann wesentlich weniger als andere: Im Schnitt verbrachten sie 50 Minuten weniger Zeit pro Tag mit Lernen und Schularbeiten als Kinder von höher gebildeten Eltern (Abbildung 2). Ob die Kinder in dieser Zeit regulären Unterricht oder Wechselunterricht hatten, spielte dabei keine Rolle.

Der Grund dafür könnte darin liegen, dass die Eltern sich in ihrer Beziehung zu den Schulen unterscheiden. Möglicherweise haben weniger gebildete Eltern die Aufgabe der Beschulung ihrer Kinder zum Zeitpunkt der Schulöffnungen sofort wieder an die Schule überantwortet, was sich auf die Lern- und Schularbeitszeiten der Kinder zu Hause ausgewirkt hat. Dabei können auch Gefühle von Überforderung und Erschöpfung eine Rolle gespielt haben.

Derzeit findet in Deutschland in fast allen Jahrgangsstufen Distanz- und Wechselunterricht statt. Nun stellt sich die Frage, ob auch jetzt die Kinder weniger gebildeter Eltern von zu Hause aus weniger für die Schule arbeiten als andere. Denkbar wäre eher, dass – wenn die aktuelle Situation weiter anhält – auch andere Kinder und ihre Eltern die zusätzliche Belastung nicht mehr erschöpfungsfrei auffangen können und die Kinder zu Hause entsprechend weniger Zeit mit Lernen verbringen.

Das Engagement einzelner Lehrkräfte und Schulen spielt vermutlich eine entscheidende Rolle

Auch unabhängig von der Schulart und vom Bildungshintergrund der Eltern bestehen große Unterschiede in den Zeiten, die Kinder zu Hause mit Lern- und Schulaufgaben verbringen (Abbildung 3). Da hierzu bisher keine Daten vorliegen, bleibt nur zu vermuten, dass hier die Arbeit der einzelnen Lehrkräfte und Schulen und deren Umgang mit der Pandemie eine entscheidende Rolle spielen.

Fazit: Damit Lernrückstände aufgeholt werden, braucht die Regierung eine einheitliche Strategie, die gleichzeitig jede einzelne Schule im Blick behält

Die Ergebnisse machen klar, dass auch nach dem zweiten Lockdown kein Grund zur Entwarnung besteht. Denn es ist zu vermuten, dass die Lernzeiten von Kindern in Familien mit niedrigem Bildungsniveau auch dann wieder ihre Lernzeiten reduzieren. Es sollten also dringend Vorkehrungen für diese Zeit getroffen werden, um Kinder davor zu bewahren, abgehängt zu werden.

Im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bestehen Pläne, große Summen für Förderprogramme für Kinder mit Leistungsrückstand auszuschütten.info Um den Nachhilfe- beziehungsweise Förderbedarf bemessen zu können, sollen Lernstandserhebungen in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und möglicherweise einer ersten Fremdsprache erfolgen. Doch bisher ist weitgehend unklar, wie solche Lernstandserhebungen durchzuführen sind. Ebenfalls nicht geklärt ist, wie die Nachhilfe und Förderung in den einzelnen Bundesländern aussehen wird und welche Institutionen genau sie umsetzen sollen. Das heißt: Bisher fehlt eine ausgereifte und nachhaltige Strategie, die von allen Bundesländern mitgetragen werden muss.

Vor allem müssten die Kompetenzmessungen zeitnah, überall zur gleichen Zeit und konsistent zueinander erfolgen, um valide Ergebnisse daraus ableiten zu können. Ob eine solche gemeinsame und abgestimmte Strategie überhaupt und zudem noch rechtzeitig entwickelt wird, um möglicherweise irreversible Rückstände benachteiligter SchülerInnen eingefangen zu könneninfo, ist in Anbetracht der Erfahrungen mit dem „Digitalpakt Schule“ eher zu bezweifeln. Eine solche Förderung müsste jedoch in jedem Fall auf der Ebene der Einzelschule ansetzen, da hier die stärksten Benachteiligungen der Kinder und Jugendlichen zu entstehen scheinen. Darüber hinaus sollte die Belastung der Lehrkräfte stärker als bisher in den Blick genommen werden und Bestandteil der anvisierten Förderungsstrategie werden.

Abstract

Die Schulschließungen in der Corona-Pandemie haben Ängste geweckt, dass gerade lernschwache Kinder oder Kinder von weniger gebildeten Eltern durch das Homeschooling abgehängt werden. Aktuelle Auswertung der SOEP-CoV-Studie zeigen nun, dass die Bildung der Eltern zwar kaum Auswirkung auf die Lernzeiten der SchülerInnen hatte, solange die Schulen geschlossen waren. Aber das änderte sich in der Zeit unmittelbar nach dem ersten Lockdown, als die Schulen teilweise wieder öffneten. Kinder von weniger gebildeten Eltern verbrachten damals zu Hause wesentlich weniger Zeit mit Schulaufgaben als ihre MitschülerInnen. Eine ähnliche Entwicklung ist auch aktuell zu erwarten, wenn an immer mehr Schulen wieder Präsenzunterricht stattfindet. Um die unterschiedlichen Leistungsrückstände der SchülerInnen aufzufangen, plant das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) groß angelegte Förderprogramme. Damit diese erfolgreich sind, muss der Leistungsstand der Kinder und Jugendlichen zeitnah, überall zur gleichen Zeit und konsistent zueinander erfasst werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 11.05.2021

Die wiederkehrende Schließung von Bildungseinrichtungen bedroht den Schulerfolg und die Entwicklung von jungen Menschen. Zum Internationalen Tag der Familie (15.05.2021) kritisieren der Deutsche Familienverband (DFV) und der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSH), dass der schuli­schen und außerschulischen Bildung bei der Pandemiebewältigung insgesamt zu wenig Stellenwert gegeben wird – und fordern zugleich die nachhaltige Stärkung der Schulsozialarbeit.

Durch die Corona-Pandemie ist der Bildungsort Familie ganz besonders in den Vordergrund gerückt. Das Zuhause ist für Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen über Monate zum Lernort Nummer eins geworden. Noch immer ist ein Ende des Homeschoolings nicht in Sicht. Die Herausforderungen für Eltern sind seit Monaten extrem hoch, ihre Leistung enorm. Eltern stemmen den Beruf und sind gleichzeitig Lehrerinnen, Erzieher, Pflegekräfte und anderes mehr. Das zehrt an der Substanz.

„Der langanhaltende Wegfall des Präsenzunterrichts ist eine Zumutung für junge Menschen und Eltern. Familie kann Schule nicht dauerhaft ersetzen. Auf der einen Seite brauchen Kinder und Jugendliche Lehrer sowie das soziale Miteinander mit Gleichaltrigen. Auf der anderen Seite haben Eltern Verpflichtungen in der Arbeit, für die sie Zeit und Ruhe benötigen“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV.

Mit der Bundesnotbremse entsteht neuer Druck bei den Familien. Innerhalb weniger Tage schließen Schulen oder öffnen wieder, weil sich der Inzidenzwert an der Schwelle von 165 hin- und herbewegt. „Es ist nicht hinnehmbar, dass Familien die Leidtragenden der Bildungsmisere sind und die Entwicklung vieler Kinder und Jugendlicher massiv bedroht ist. Die Impfung des pädagogischen Personals, aus­reichend Tests und Luftfilter in den Klassenzimmern können den Präsenzunterricht weitgehend erhalten“, so Zeh. „Familien brauchen Gewissheit. Das gilt speziell für Eltern und junge Menschen in besonderen Lebenslagen wie zum Beispiel Migration.“

Bildungsangebote garantieren

DFV und DBSH fordern, dass sich Maßnahmen stärker an den unterschiedlichen Lebenswelten und Bedürfnissen von jungen Menschen und ihren Familien orien­tieren. Zusätzlich müssen die dauerhafte Öffnung von Schulen sichergestellt und außerschulische Bildungsangebote berücksichtigt werden. „Kein junger Mensch sollte wegen der Pandemie ins Hintertreffen geraten. Familien mit Schulkindern brauchen direkte Unterstützung. Vor allem Alleinerziehende müssen hier berücksichtigt werden“, sagt Melissa Manzel, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands des DBSH.

Laut Bildungsministerin Anja Karliczek haben 20 bis 25 Prozent der Schülerinnen und Schüler wegen der Corona-Pandemie Wissenslücken. Ein Aufholprogramm mit Mitteln des Bundes soll Abhilfe leisten. „Die Schwierigkeiten von Schulkindern und ihren Eltern bestehen längst. Fördernde Maßnahmen müssen schneller kommen und auf längere Sicht gedacht sein, sonst haben wir nicht nur eine Pandemiekrise, sondern auch noch eine Bildungskrise“, so Manzel.

Um junge Menschen und ihre Familien zu stärken und Schulabbrüche zu vermeiden, muss auch die Schulsozialarbeit nachhaltig gefördert werden. Nach Auffassung von DBSH und DFV zeigt die Pandemie besonders deutlich, wie wichtig der Beitrag von Sozialer Arbeit an Schulen – und damit die Persönlichkeitsförderung junger Menschen sowie die Realisierung von Chancengerechtigkeit – ist.

„Obwohl die positiven Wirkungen der Schulsozialarbeit seit langem bekannt sind, fehlen noch immer klare und auf Dauer angelegte Unterstützungsmaßnahmen. Vielfach ist die Schulsozialarbeit abhängig von kurzfristigen Projektfinanzierungen und Förderprogrammen, die keine dauerhafte und nachhaltige Planung und Arbeit zulassen. Schulsozialarbeit braucht Verlässlichkeit“, sagen Manzel und Zeh.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. und Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. vom 14.05.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundesjugendministerin eröffnet den
17. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag

Bundesjugendministerin Franziska Giffey hat heute den 17. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag (DJHT) zusammen mit Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, und Thomas Kufen, Oberbürgermeister der Stadt Essen, eröffnet.

Unter dem Motto „Wir machen Zukunft – Jetzt!“, findet der DJHT vom 18. bis zum 20. Mai 2021 statt, diesmal rein digital. Mit mehr als 270 Online-Veranstaltungen und einer digitalen Fachmesse mit rund 260 Ausstellerinnen und Ausstellern, ist es der größte Jugendhilfegipfel in Europa. An drei Tagen stehen der Erfahrungsaustausch und Diskussionen zwischen Fachkräften und Trägern der Kinder- und Jugendhilfe sowie Politik und Verwaltung im Mittelpunkt. Durchgeführt wird der Kongress von der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ.

In einer Grundsatzrede stellte Ministerin Giffey ihre Kinder- und Jugendpolitik dar.

Bundesjugendministerin Franziska Giffey: „Alle Kinder sollen gleiche Chancen haben – jederzeit. Mein Motto steht daher seit Anfang an fest: ‚Wir arbeiten dafür, dass es jedes Kind packt‘. Darin liegen für mich Anspruch und Ansporn zugleich. Ich bin stolz darauf, dass ich als Ministerin 100 Prozent aller großen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag durch die Kabinettsbeschlussfassung auf den Weg gebracht habe. Allen voran haben wir es geschafft, das Kinder- und Jugendhilferecht zu modernisieren und den Jugendschutz ins digitale Zeitalter zu führen. Mit dem Gute-KiTa-Gesetz haben wir die Qualität in der Bildung, Erziehung und Betreuung für die Kleinsten gestärkt und auch der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter wurde im Kabinett beschlossen. Zudem haben wir einen Vorschlag für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz unterbreitet. Es ist wichtig, Kinder und Jugendliche ernst zu nehmen und einzubeziehen, denn ihre Sichtweisen und Meinungen lassen sich durch keine andere Perspektive ersetzen. Es geht immer darum, ihnen ein gesundes und sicheres Aufwachsen zu ermöglichen. Auch in Zeiten von Corona. Seit Beginn der Pandemie haben wir als Bundesregierung Milliarden zur Verfügung gestellt, um Familien in dieser schweren Zeit zu unterstützen. Insbesondere Eltern mit kleinen Einkommen haben wir finanziell geholfen. Jetzt geht es bei unserem Aufholprogramm für Kinder und Jugendliche darum, Perspektiven und Zuversicht für die Zeit nach Corona zu schaffen.“

Zwei Milliarden Euro für das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“

Junge Menschen waren und sind besonders stark von den Maßnahmen zur Virus-Eindämmung und den damit verbundenen Einschränkungen betroffen. Viele von ihnen haben Lernrückstände aufgebaut. Zudem fielen Kontakte und Aktivitäten weg, die junge Menschen für ihre Entwicklung brauchen. Darum investiert die Bundesregierung mit dem Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ zwei Milliarden Euro in den Jahren 2021 und 2022. Kinder und Jugendliche sollen Lernstoff aufholen, sich in Ferien- und Wochenendfreizeiten erholen und bei außerschulischen Angeboten Verpasstes nachholen können. Ebenso vorgesehen sind Mittel für mehr frühkindliche Bildung und für die Begleitung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen bei der Rückkehr in den normalen Schulalltag.

Über die Deutschen Kinder und Jugendhilfetage

Alle drei bis vier Jahre veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe seit 1964 die Deutschen Kinder und Jugendhilfetage. Sie richten sich an Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, Träger, Politik und Verwaltung. Die Teilnahme ist kostenlos. Gefördert werden diese vom Bund, dem ausrichtenden Land und der ausrichtenden Stadt.  

Allgemein: www.jugendhilfetag.de

Hier finden Sie den digitalen Messestand des BMFSFJ auf dem 17. DJHT: https://messe.jugendhilfetag.de/s/bmfsfj-5e7b (Freischaltung ab 13:30 Uhr)

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 18.05.2021

Zu den heute vorgestellten Zahlen zur sexuellen Gewalt an Kindern erklären Ekin Deligöz, familienpolitische Sprecherin und Katja Keul, rechtspolitische Sprecherin:

Die aktuellen Zahlen sind ein weiteres Alarmzeichen, dass noch immer viel zu wenig für den Kinderschutz getan wird. Durch die Pandemie wird die Dunkelziffer der Kinder, die unvorstellbares Leid erfahren, noch größer geworden sein. Gerade deshalb müssen die Anstrengungen bei Prävention, Intervention und Hilfen weiter erhöht werden. Auch wenn in den letzten Jahren einiges erreicht wurde, sind der Bund und auch die Bundesländer angehalten, ihre Maßnahmen zu intensivieren und strategisch besser abzustimmen.

Es gibt zahlreiche Ansatzpunkte für Verbesserungen. Die Bundesregierung hat bislang versäumt, die Netzwerkarbeit im Kinderschutz endlich über gesetzliche Kooperationsgebote in diversen Berufsfeldern zu verankern. Diese Arbeit muss zudem ausreichend finanziert werden. Das Nationale Zentrum frühe Hilfen muss dauerhaft auskömmlich finanziert sein. Es braucht systematisch Qualifizierungen in Behörden, einschlägigen Berufsfeldern und Vereinen. Von Jugendämtern bis zu Polizei und Justiz muss eine ehrliche Bestandsaufnahme gemacht werden, welche behördliche Personalausstattung tatsächlich notwendig ist, um Gewalt an Kindern effektiv bekämpfen zu können.

Bei der extremen Zunahme von Delikten im Internet zeigt sich besonders deutlich der Bedarf an qualifizierten Ermittlern, Staatsanwälten und Richtern und an geeigneter technischer Ausrüstung. Hier fordern wir, dass der Bund die Ländern über eine Verlängerung und Erweiterung des ‚Pakts für den Rechtsstaat‘ unterstützt. Und es fehlt das ebenfalls von uns seit Langem geforderte Zeugnisverweigerungsrecht für Mitarbeitende in Fachberatungsstellen. Dies würde die Zugangshürden zu den Angeboten nochmals senken. Schließlich müssen die Durchsuchungsmöglichkeiten zur Nachtzeit verbessert werden – auch hier hinkt die Koalition hinterher.

Auf Landesebene sollten Kinderschutz-Fachberatungsstellen ausgebaut und finanziell abgesichert werden. Zu empfehlen ist zudem die Schaffung von Landes-Beauftragtenstellen analog zum Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs im Bund. Sicherzustellen ist ferner die verbindliche Schaffung von Kinder-und Traumaambulanzen in den Ländern. Die heute vorgeschlagene Einrichtung einer Enquete Kommission kann mit Blick auf künftige strategische Ausrichtung des Kinderschutzes einen wertvollen Beitrag leisten. Ebenso ist intensivere Forschung unabdingbar, gerade vor dem Hintergrund des erheblichen Dunkelfeldes in diesem Tatbereich. Es bleiben aber genügend Ansatzpunkte, die schon jetzt anzugehen sind. Ein deutlicher Beitrag zur Stärkung und zum Schutz von Kindern bestünde nicht zuletzt darin , Kinderrechte endlich mit einer starken Formulierung ins Grundgesetz aufzunehmen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 26.05.2021

Zum Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT) am 17. Mai erklären Ulle Schauws und Sven Lehmann, Sprecherin und Sprecher für Queerpolitik:

Dieser Tag mahnt uns, beim Kampf für Akzeptanz und gleiche Rechte nicht nachzulassen. Nichts ist gut, wenn Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen nicht gleichberechtigt und in Sicherheit und Freiheit leben können, weltweit und in Deutschland.

Queere Menschen werden in ihrem Alltag gesellschaftlich noch immer nicht als gleichwertig angesehen, erleben Diskriminierung, Bevormundung und Gewalt. Ihre gesundheitliche und soziale Situation ist besorgniserregend. Das zeigen alle internationalen und nationalen Studien. Diskriminierung macht krank und grenzt sozial aus. Die Corona-Krise hat zudem sichere Orte wie Kneipen, Clubs oder Beratungsstellen verschwinden lassen oder ihre Arbeit zumindest erschwert.

Leider ist die Bundesregierung queerpolitisch ein Totalausfall. Die wenigen Fortschritte, die es in dieser Legislaturperiode gab, wurden entweder durch Petitionen erzwungen oder durch Gerichte angeschoben. Das ist unambitioniert. Das können und müssen wir ändern, am besten noch vor der Sommerpause. Wir fordern die Gleichstellung lesbischer Mütter im Abstammungsrecht, die Überwindung des Transsexuellengesetzes und die Ergänzung des Schutzauftrags in Artikel 3 unserer Verfassung um das Merkmal der „sexuellen Identität“. Vor allem brauchen wir einen bundesweiten Aktionsplan gegen Homo- und Transfeindlichkeit und für die Akzeptanz von Vielfalt.

Wir haben in dieser Legislaturperiode zahlreiche Anträge und Gesetzesentwürfe dazu vorgelegt. Viele davon waren Gegenstand der öffentlichen Anhörungen in den Ausschüssen. Am 19. Mai werden wir sie im Bundestag zur Abstimmung bringen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 16.05.2021

„Die aktuellen Krisen und der parlamentarische und gesellschaftliche Rechtsruck der letzten Jahre verschärfen existierende Ungleichheiten, auch für alle queeren Menschen. In der Pandemie berichten besonders jüngere und ältere queere Menschen von Einsamkeit und Abbruch wichtiger sozialer Kontakte. Queere Infrastrukturen, die über Jahre und Jahrzehnte unter hohem Einsatz aufgebaut wurden, seien es Clubs oder Beratungsangebote, stehen nach erkämpfter Anerkennung jetzt ökonomisch unter Druck. Gleichzeitig nimmt queerfeindliche Gewalt zu. Die Politik muss diese Zusammenhänge mit starken Gegenmaßnahmen beantworten. Es braucht einen Rettungsschirm für die Landschaft queerer Einrichtungen und Bedarfe und Gesetzgebungen, die klar machen: Besonders diskriminierte und verletzliche Menschen stehen bei uns unter besonderem Schutz. Die Erweiterung des Artikels 3 Absatz 3 im Grundgesetz um entsprechende Merkmale wäre da ein wichtiges Signal“, so Doris Achelwilm, queerpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des Internationalen Tages gegen Homo-, Bi- Inter- und Transfeindlichkeit am 17. Mai 2021. Achelwilm weiter:

„Der Tag rückt in den Fokus der Aufmerksamkeit, was zum Alltag vieler queerer Menschen dazugehört: Diskriminierung auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, im Gesundheitsbereich oder auch in der eigenen Familie sowie queerfeindliche Gewalt. Erst kürzlich wurden die aktuellen Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität für 2020 veröffentlicht. Bei Straftaten, die sich gegen die sexuelle oder geschlechtliche Orientierung richteten, wurde ein Anstieg von 36 Prozent gegenüber 2019 verzeichnet. Diese Gewalt ist nicht hinnehmbar. Die Bundesregierung muss endlich den Gewaltschutz von queeren Menschen stärken. Es braucht den Ausbau unabhängiger (Anti-)Gewaltberatung und eine systematische Erfassung queerfeindlicher Straftaten in der Polizeistatistik, mehr Mittel für Opferschutz und Gewaltprävention gegen Hasskriminalität.“

Die queeren Errungenschaften der letzten Jahre sind nicht selbstverständlich, sondern wurden hart erkämpft. Nach der ‚Ehe für alle‘ 2017 wurde 2019 der dritte Geschlechtseintrag (‚divers‘) eingeführt, sogenannte ‚Konversionsbehandlungen‘ wurden 2020 an unter 18-Jährigen formal verboten sowie fremdbestimmte Operationen an trans- und intergeschlechtlichen Menschen. Diese Gesetze sind wichtig, aber ihre Wirksamkeit muss in der nächsten Legislatur überprüft werden.

Diese Fortschritte dürfen nicht davon ablenken, dass der Emanzipations- und Gleichstellungsprozess nicht annähernd abgeschlossen ist und die GroKo weiter lang bekannte Dringlichkeiten verschleppt hat: Die Abschaffung des entmündigenden und pathologisierenden ‚Transsexuellengesetzes‘, aber auch die Entschädigung der von Zwangsoperationen betroffenen Menschen muss dringend angegangen werden. Schwule Männer und trans Menschen dürfen bei der Blutspende nicht länger diskriminiert werden und dass Regenbogenfamilien, insbesondere lesbische Mütter und ihre Kinder, noch immer vom Familien- und Abstammungsrecht benachteiligt werden, kann genau genommen keine Woche länger so bleiben. DIE LINKE steht an der Seite queerer Menschen. Es gibt viel zu tun, um ihre Rechte zu stärken. Heute und an jedem Tag!“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 14.05.2021

Was erwarten junge Menschen von der Politik? Wie kann eine Politik aussehen, die auch jungen Menschen gerecht wird? Und wie kann es gelingen, dass junge Menschen auch in Krisen mehr Gehör finden? Diese und andere Fragen diskutierte Bundeskanzlerin Merkel mit jungen Menschen zum Abschluss des Kinder- und Jugendhilfetages.

Kanzlerin Merkel bei der virtuellen Diskussionsrunde zum Abschluss des Kinder- und Jugendhilfetages. Leitfrage des Austauschs: „Was können wir gemeinsam tun, damit junge Menschen gut aufwachsen?“

Drei Tage lang ging es beim 17. Kinder- und Jugendhilfetag um die Perspektiven der jungen Generation und ihrer Familien. Sowohl heute als auch zum Beispiel mit Blick auf die Corona-Folgen. Wie können Politik und Gesellschaft bereits jetzt im Sinne der heutigen Jugend und zukünftiger Generationen tätig werden? Darüber diskutierten Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe.

Zum Abschluss der Veranstaltung diskutierte auch Bundeskanzlerin Merkel in einer Online-Diskussion mit vier jungen Leuten über diese Frage. Merkel sagte, dass die Regierung genau aus diesem Grund eine eigene Jugendstrategie entwickelt habe. Alle Ministerien müssten nun überlegen, wie man besser auf die Ideen und Bedürfnisse der jungen Leute eingehen kann. Das sei nicht länger nur eine Aufgabe des Jugendministeriums. Die Beteiligung von Jugendlichen sei dabei ein wichtiges Vorhaben. „Wir versuchen, möglichst viel von jungen Menschen mit aufzunehmen in unsere Regierungsarbeit“, so Merkel.

Man arbeite beispielsweise darauf hin, die Jugendfreiwilligendienste finanziell so auszugestalten, dass alle die wollen, auch einen Freiwilligendienst machen könnten.

Alle drei bis vier Jahre veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe seit 1964 die Deutschen Kinder und Jugendhilfetage. Sie richten sich an Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, Träger, Politik und Verwaltung. Dieses Jahr fand die Veranstaltung unter dem Motto „Wir machen Zukunft – Jetzt!“ vom 18. bis zum 20. Mai statt, zum ersten mal rein digital. Mit mehr als 270 Online-Veranstaltungen und einer digitalen Fachmesse mit rund 260 Ausstellerinnen und Ausstellern, ist es der größte Jugendhilfegipfel in Europa.

Jugendliche wollen besser gehört werden

Bei den jugendlichen Teilnehmern der Diskussion wurde schnell eine Gemeinsamkeit deutlich: Sie alle wünschen sich mehr Beteiligung. Der 15-jährige Levi aus Essen betonte, Jugendliche wollten über ihre Zukunft mitentscheiden.  Er sprach sich dafür aus, dass das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt werden sollte. 

Die Kanzlerin zeigte sich diesbezüglich „nicht so aufgeschlossen“: Für sie gehörten Volljährigkeit und Wahlalter zusammen, erläuterte Merkel. Ein Argument, was hingegen für ein früheres Wahlalter spreche sei der Altersaufbau der Gesellschaft. Der sei so, „dass die Stimme der Jungen zu wenig gehört wird, weil wir einfach sehr viele Ältere haben“, gab sie zu.

Den Vorschlag, dass die Jugend – zumindest ab und zu – eine Stimme am Tisch des Corona-Kabinetts haben solle, nannte die Bundeskanzlerin hingegen „einen sehr interessanten Gedanken“, den sie einmal mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Kabinett besprechen wolle.

Mehr politische Bildung gewünscht

Ein weiteres Thema, das von den Jugendlichen immer wieder angesprochen wurde, war die politische Bildung. Ana (18) aus Bayern, beklagte, dass politische Bildung im deutschen Schulsystem nicht ausreichend verankert sei. Jugendliche bräuchten aber mehr Informationen, um sich einbringen zu können. Auch Karolina (16) aus Deggendorf betonte, diese Informationen müssten verständlich und leicht zugänglich sein. „Wenn man nicht weiß, wo man sich informieren und wie man sich beteiligen kann, dann wird es schwierig mit der Beteiligung.“

Kanzlerin Merkel betonte, dass sie – wie viele andere Abgeordnete – auch in Schulklassen gehe, um dort über ihre Arbeit zu berichten und Rede und Antwort zu stehen. Auch die Bundeszentrale für politische Bildung mache sehr viele Angebote. Vielleicht kämen diese nicht ausreichend in den Schulen an.

Die Bundeskanzlerin machte dafür auch unterschiedlicher Kommunikationskanäle verantwortlich: „Die Informationskanäle, die junge Menschen benutzen, und die, die wir in der Politik benutzen, sind in den letzten Jahren noch mehr auseinandergefallen als früher.“ Man erreiche offensichtlich die jungen Leute nicht mehr so wie man sich das wünsche, trotz Angeboten auf Facebook, Instagram und Co. Daher müsse man eine vertiefte Diskussion darüber führen, wie man zueinander käme.

In der Krise ins Hintertreffen geraten

Levi sprach auch die Situation der letzten Monate an. Es dürfe nicht wieder passieren, dass die Jugend an die zweite Stelle gerückt werde. So vieles, was jungen Menschen wichtig sei, sei zurückgefahren worden. Das dürfe sich nicht wiederholen.  Wenn die Politik betone, dass die Jugend wichtig sei, dann müssten auch Taten folgen.

Die Bundeskanzlerin gab zu Bedenken, dass es die letzten Monate viele Einschränkungen gegeben habe, nicht nur für die Jugend. Aber sie betonte, dass nun in der Tat die Aufmerksamkeit der Jugend gehöre. Die Politik müsse jetzt sicherstellen, dass Schulabschlüsse gemacht, Ausbildungsplätze angeboten, Freizeitaktivitäten wieder genutzt werden könnten.

Kanzlerin Merkel nehme vor allen zwei Punkte aus der Diskussion mit: Wie man sicherstellen kann, dass Politik und Jugend besser in Kontakt kämen und die Mahnung, die Perspektiven der jungen Leute nicht aus dem Blick zu verlieren.

Auftaktveranstaltung mit Jugendministerin Giffey

Am Dienstag hatte – die damalige – Bundesjugendministerin Giffey den Kinder- und Jugendhilfetag mit eröffnet. Dabei betonte sie, wie wichtig es sei, „Kinder und Jugendliche ernst zu nehmen und einzubeziehen“.

Auch in Zeiten von Corona gehe es darum, ihnen ein gesundes und sicheres Aufwachsen zu ermöglichen. Daher habe die Bundesregierung gerade ein Aktionsprogramm beschlossen, dessen Ziel es ist, Lernrückstände abzubauen, die frühkindliche Bildung zu stärken sowie Ferienfreizeiten und außerschulische Angebote zu fördern. Es liege in der Verantwortung der Erwachsenen, „der jungen Generation das Selbstbewusstsein zu geben, dass sie eine starke Generation ist“, so Giffey. 

Die Kinder- und Jugendhilfe fördert Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung und hilft jungen Erwachsenen in besonders schwierigen Situationen. Sie berät und unterstützt Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung ihrer Kinder.

Quelle: Pressemitteilung der Bundesregierung vom 21.05.2021

Der Bundesregierung liegen keine Informationen zur Entwicklung des Vermögens von Kindern und Jugendlichen vor. Das schreibt sie in der Antwort (19/29334) auf eine Kleine Anfrage (19/28283) der FDP-Fraktion.

Auf die Frage nach der finanziellen und wirtschaftlichen Situation von Kindern und Jugendlichen verweist die Bundesregierung auf Studien des Deutschen Jugendinstituts, des Instituts für Jugendforschung und auf die „MetallRente Studie ‚Jugend, Vorsorge, Finanzen 2019′“. Außerdem gibt sie eine tabellarische Übersicht über verschiedene Projekte der Bundeszentrale für politische Bildung zur Stärkung der Wirtschafts- und Finanzkompetenz von Kindern und Jugendlichen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 699 vom 26.05.2021

Die FDP-Fraktion hat einen Antrag mit dem Titel „Das Familienrecht an die Lebenswirklichkeiten anpassen“ vorgelegt (19/29741). Danach soll der Bundestag die Bundesregierung auffordern, einen Gesetzentwurf zur Reform des Familienrechts vorzulegen, der unter anderem ein gemeinsames Sorgerecht für unverheiratete Väter vorsieht, mehr Gestaltungsfreiheit der Eltern bei der Sorgeerklärung ermöglicht, das Wechselmodell der Kindesbetreuung als Leitbild implementiert, das Unterhaltsrecht reformiert und ein zeitgemäßes Adoptionsrecht schafft. Der Antrag steht am Donnerstag im Rahmen der Beratung über mehrere FDP-Anträge zur Familienpolitik erstmals auf der Tagesordnung des Bundestages und soll anschließend in den Rechtsausschuss überwiesen werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 679 vom 20.05.2021

Die Fraktion Die Linke fordert einen Umgangsmehrbedarf in der Grundsicherung für getrennt lebende Eltern. In einem Antrag (19/29749) verweist sie auf die sozialen und ökonomischen Belastungen, denen Trennungsfamilien ausgesetzt seien. Dies gelte vor allem für Eltern in der Grundsicherung, die sich die Erziehungsverantwortung für die Kinder aufteilen. „In dieser Situation sieht das geltende Recht eine tageweise Aufteilung des Regelbedarfs des Kindes zwischen den Elternteilen vor. Bei vielen Kosten ist die Vorstellung, dass eine genaue Zurechnung auf ein Elternteil möglich ist, jedoch höchst praxisfremd. Bestimmte Ausgaben fallen zudem doppelt an“, erläutern die Abgeordneten.

Sie fordern deshalb von der Bundesregierung einen Gesetzentwurf, um in den Regelungen im SGB II (Zweites Sozialgesetzbuch) das Konstrukt der „temporären Bedarfsgemeinschaft“ aufzulösen. Stattdessen soll übergangsweise bis zur Ermittlung der tatsächlich durchschnittlich entstehenden Mehrkosten dem Elternteil im SGB-II-Leistungsbezug, bei dem sich das Kind vorwiegend, also mehr als die Hälfte des Monats, aufhält, der volle Regelsatz für das Kind zugesprochen werden. Dem anderen Elternteil im Grundsicherungsbezug soll ein pauschaler Umgangsmehrbedarf in Höhe des hälftigen Regelbedarfs zuerkannt werden. Im Falle einer paritätischen oder fast paritätischen Teilung des Umgangs mit dem Kind soll beiden Elternteilen jeweils der hälftige Regelsatz für das Kind und ein pauschaler Umgangsmehrbedarf in Höhe von einem Viertel des Regelsatzes für das Kind zugesprochen werden. Außerdem müsse festgelegt werden, dass bei der Berechnung der Kosten der Unterkunft und Heizung das Kind als Mitglied beider Haushalte zu betrachten ist und die entsprechenden Angemessenheitsgrenzen anzuwenden sind, fordern die Abgeordneten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 672 vom 19.05.2021

Zeit, Geld und Infrastruktur sind die entscheidenden Stellschrauben für eine erfolgreiche Familienpolitik. Dies war der einhellige Tenor in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag über den Neunten Familienbericht (19/27200).

Sabine Walper, Forschungsdirektorin beim Deutschen Jugendinstitut und Vorsitzende der Sachverständigenkommission des Neunten Familienberichts, führte aus, dass Familienpolitik als Querschnittsaufgabe aller Ressorts in Bund, Ländern und Kommunen verstanden werden müsse. Sie verwies auf die gravierenden Folgen der Corona-Pandemie auf die Familien. Der sich abzeichnenden verstärkten sozialen Spaltung müsse durch den Ausbau der Bildungsinfrastruktur, vor allem von Ganztagsangeboten, begegnet werden. Die Zusammenarbeit von Schulen und Eltern müsse durch ein Bundesprogramm gefördert werden, forderte Walper. Zudem sprach sie sich für eine Ausweitung des Programms „Elternchancen“ auf den Grundschulbereich und für die Etablierung von Elternzentren an allen Schulen und den Ausbau digitaler Angebote aus.

Der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, wies darauf hin, dass in vielen Fällen gegen Kinderarmut auch keine „harte Arbeit“ der Eltern helfe. All zu oft seien die Löhne der berufstätigen Eltern zu gering oder allenfalls auf der Höhe des Existenzminimums. Ein Stundenlohn von zehn Euro reiche vielleicht für einen Single zum Leben, bei einem Kind werde aber bereits ein Stundenlohn von mindestens 13 Euro und beim zweiten Kind von mindestens 16 Euro benötigt. Der Kinderschutzbund plädiert für einen Umbau der existierenden monetären Leistungen für Kinder zu einer Kindergrundsicherung. Dazu gehöre die Neuberechnung des kindlichen Existenzminimums, die Bündelung von Leistungen, eine sozial gerechte Ausgestaltung und die automatische Auszahlung.

Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft verwies darauf, dass die Erwerbstätigkeit beider Elternteile ein wirksamer Schutz vor Verarmung und ökonomischen Risiken darstelle – vor allem angesichts der gestiegenen Scheidungsrate und drohendem Arbeitsplatzverlust des Alleinverdieners. Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, sei deshalb ein weiterer Ausbau der Ganztagsbetreuung unverzichtbar, vor allem für Kinder unter drei Jahren und im Grundschulalter. So fehlten noch immer mehr als 340.000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren.

Für den konsequenten Ausbau der Kinderbetreuung plädierten übereinstimmend auch Oliver Schmitz von der Beruf und Familie Service GmbH, Insa Schöningh von der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Familie und Lisa Sommer vom Zukunftsforum Familie. Schmitz sprach sich zudem für eine Flexibilisierung von Arbeitszeiten aus. In Deutschland müsse man weg von der Präsenzkultur zu einer familienorientierten Unternehmenskultur. Er räumte zugleich aber ein, dass diese Flexibilität ein schwer zu regelnder Bereich sei. Es werde Zeit erfordern, damit sich eine Kultur in allen Unternehmen entwickeln könne. Schöningh und Sommer monierten, dass der Familienbericht dem Thema Zeit für Familien zu wenig Raum eingeräumt habe, es fehle an neuen Impulsen. Übereinstimmend plädierten die Sachverständigen für eine Weiterentwicklung von Elternzeit und Elterngeld. Vor allem müsse der Aspekt der Partnerschaftlichkeit bei der Elternzeit stärker berücksichtigt werden.

Regina Offer von der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände bestätigte, dass der Ausbau einer familienfreundlichen Infrastruktur und der Kinderbetreuung weiterhin zu den wichtigsten und größten Herausforderungen für die Kommunen gehöre. Aber die Vereinbarkeit von Familie und Beruf habe sich deutlich verbessert. So sei die Erwerbsquote bei Frauen auf 73 Prozent gestiegen. Die Kommunen würden derzeit rund 37 Millionen Euro jährlich für die Kindertagesbetreuung aufbringen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 660 vom 18.05.2021

Der politischen Bildung von Kindern und Jugendlichen muss deutlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dies war das einhellige Votum in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses über den 16. Kinder- und Jugendbericht (19/24200) am Montag. Die geladenen Sachverständigen mahnten zudem, dass politische Bildung nicht neutral sein könne, sondern sich an der demokratischen Ordnung und ihren Werten orientieren müsse.

Die Sozial- und Erziehungswissenschaftlerin Anja Besand von der TU Dresden – sie gehörte selbst der Sachverständigenkommission des Kinder- und Jugendberichts an – mahnte, in Sachsen können man gut erkennen, wohin es führe, wenn der politischen Bildung ein zu geringer Stellenwert beigemessen werde. So sei an Sachsens Schulen sehr lange politische Bildung erst ab der 9. Klasse in den Schulen verankert gewesen, seit kurzer Zeit sei dies ab der 7. Klasse der Fall. Die Familie sei zwar ein wichtiger Ort der Sozialisation für die politische Bildung, dies könne die institutionelle politische Bildung aber nicht ersetzen. Besand wies zudem darauf hin, dass politische Bildung zwar einerseits „keine Bevormundung“ darstellen dürfe. Anderseits sei sie aber „nicht neutral“, sondern orientiere sich an der demokratischen Ordnung.

In diesem Sinne argumentierte auch der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, der ebenfalls Mitglied der Sachverständigenkommission war. Politische Bildung verstehe sich normativ als aktives Eintreten für demokratische und menschenrechtsbasierte Werte. Im Gegensatz zur Extremismusprävention, die einer „Verhinderungslogik“ folge und die demokratische Ordnung vor demokratiefeindlichen Bestrebungen zu schützen versuche, folge die politische Bildung einer „Ermöglichungslogik“, die dazu ermutige, sich aktiv an der Gestaltung der Demokratie zu beteiligen.

Auch Lisi Maier vom Deutschen Bundesjugendring begrüßte ausdrücklich, dass politische Bildung „nicht neutral“ sein dürfe, sondern mit einem Bekenntnis zu den demokratischen Prinzipien einhergehen müsse. Zugleich warnte sie davor, politische Bildung nur als einen „Brandlöscher“ im Fall von rechtsextremistischen Übergriffen oder bei einem Anwachsen rechtsextremistischer Übergriffe zu begreifen. Politische Bildung sei nicht nur ein gesetzlich verbrieftes Recht, sondern eine Daueraufgabe. Kinder und Jugendliche müssten in die Lage versetzt werden, sich als politische Subjekte zu begreifen und zu handeln. Diese Erkenntnis müsse auf die Ebene der Länder und Kommunen transportiert werden, da diese maßgeblich für die politische Bildung zuständig seien. Um so mehr verwundere es, dass der Bundesrat den Kinder- und Jugendbericht lediglich „kommentarlos zur Kenntnis genommen“ habe, sagte Maier.

Der Bildungswissenschaftler Christian Palentien von der Universität Bremen, er leitete als Vorsitzender die Sachverständigenkommission des Kinder- und Jugendberichts, mahnte, dass der politischen Bildung mehr Gewicht während der gesamten Lebensspanne junger Menschen von der frühen Kindheit bis ins späte Jugendalter verliehen werden müsse. Der Bericht fordere beispielsweise konkret ein Minimum von zwei Stunden Politikunterricht in der Woche für alle Schulformen. Zudem forderte Palentien mehr konkrete Mitbestimmungsmöglichkeiten junger Menschen zum Erlernen demokratischer Spielregeln. Teilhabe dürfe nicht nur simuliert werden.

Dieser Forderung schlossen sich Volker Rohde von der Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendeinrichtungen und der Sozialpädagoge Moritz Schwerthelm von der Universität Hamburg an. Aus dem Recht auf politische Bildung müsse ein Recht auf demokratisches Handeln abgeleitet werden, mahnten sie übereinstimmend. Zugleich forderten sie eine ausreichende finanzielle Absicherung der politischen Bildung auf allen Ebenen. Vor allem in der Kinder- und Jugendarbeit in den Kommunen vor Ort müsse die Finanzierung weniger projektbezogen, sondern langfristig und strukturell sichergestellt werden, sagte Rohde. Schwerthelm mahnte, dass soziale Ungleichheit sehr oft auch zu politischer Ungleichheit führe und dass Partizipationsversuche benachteiligter junger Menschen nicht anerkannt würden.

Regina Offer von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände begrüßte die Ergebnisse und Empfehlungen des Kinder- und Jugendberichts ausdrücklich. Dieser gebe eine gute Darstellung der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen. Sie mahnte, dass die Sozialarbeit und die politische Bildung stärker im Corona-Aufholprogramm des Bundes für Kinder und Jugendliche berücksichtigt werden müssten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 656 vom 18.05.2021

Um die Aufnahme expliziter Kinderrechte in das Grundgesetz ging es in einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Montag. In der vom stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Heribert Hirte (CDU) geleiteten Sitzung wurde die Zielsetzung des von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurfs (19/28138) überwiegend begrüßt, gleichzeitig machten die Sachverständigen in ihren schriftlichen Stellungnahmen auf eine Reihe ihrer Meinung nach vorhandener Mängel aufmerksam. Neben dem Regierungsentwurf lagen den sieben Experten und einer Expertin Gesetzentwürfe der Fraktionen FDP, Die Linke Bündnis 90/Die Grünen zu dem Thema vor (19/28440, 19/10622, 19/10552).

Florian Becker von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, verwies darauf, dass das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf die UN-Kinderrechtskonvention (KRK) ausdrücklich festgestellt habe, dass diese als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes herangezogen werden kann. Allerdings werde die völkerrechtskonforme Auslegung der Verfassung und des einfachen Rechts der Bedeutung der Kinderrechte bisweilen nicht gerecht. Einzelne besonders wichtige Aspekte der KRK könne man daher auch in den Rang von Verfassungsrecht heben.

Auch nach Ansicht von Philipp Donath von der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main werden die Kernprinzipien der KRK in Deutschland nicht in allen Rechtsbereichen umgesetzt. Daher sollten die Kinderrechte im Grundgesetz sichtbar gemacht werden, die entsprechende Zielsetzung der Bundesregierung sei daher sinnvoll. Der vorgelegte Gesetzentwurf werde dem allerdings nicht gerecht und sei aus völkerrechtlicher und verfassungsrechtlicher Perspektive teilweise bedenklich. So könnte durch die Aufnahme des ausdrücklichen Kindergrundrechts in das staatliche Wächteramt ein rechtssystematischer Fehler begangen werden.

Gregor Kirchhof vom Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Finanzrecht und Steuerrecht der Universität Augsburg verwies auf die Entwurfsbegründung, wonach das „bestehende wohl austarierte Verhältnis zwischen Eltern, Kindern und Staat“ nicht zu verändern und die „Elternverantwortung nicht zu beschränken“ sei. Der Reformvorschlag diene so dem Kindeswohl. Er sei deshalb der beste Gesetzentwurf zu den Kinderrechten, der bisher in den Bundestag eingebracht worden sei. Er erfülle den heiklen verfassungspolitischen Auftrag, die Kinderrechte des Grundgesetzes „besser sichtbar“ zu machen, ohne dabei das Verhältnis zwischen Kindern, Eltern und Staat zu verändern.

Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, begrüßte, dass die Bundesregierung kurz vor Ende der Legislaturperiode in Umsetzung des Koalitionsvertrags einen Gesetzentwurf zur verfassungsrechtlichen Verankerung von Kinderrechten vorgelegt hat. Auch Krüger kritisierte die gewählte Verortung der Kinderrechte im Regierungsentwurf inmitten des staatlichen Wächteramts und der Elternrechte. Dies sei „misslungen und gefährlich“ und könnte ein argumentativer Anknüpfungspunkt dafür sein, die Kinderrechte in unangemessener und gar nicht beabsichtigter Weise gegen die Eltern zu richten. Insgesamt sei der Regierungsentwurf ungeeignet, die Stellung von Kindern in der Praxis zu verbessern.

Thomas Mayen, Vorsitzender des Verfassungsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins, befürwortete ausdrücklich die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz, jedoch nicht in der von der Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf vorgesehenen Formulierung. Diese bleibe deutlich hinter den völkerrechtlich und europarechtlich verbürgten Rechten Minderjähriger zurück. Der Entwurf suggeriere zudem durch die Verwendung des Begriffs der elterlichen „Erstverantwortung“ einen Vorrang der Elternrechte nicht nur gegenüber dem staatlichen Wächteramt, sondern auch gegenüber dem Kindeswohl, was hinter der bestehenden Verfassungsrechtslage zurückbliebe.

Sebastian Sedlmayr vom Deutschen Komitee für UNICEF erklärte, der Regierungsentwurf sei in seinen Grundzügen geeignet, die Kinderrechte zu stärken, sollte aber insgesamt prägnanter und kompakter sein. Unverzichtbar sei eine Formulierung zum Kindeswohl beziehungsweise den Interessen des Kindes, welche nicht hinter die Maßgaben und den Geist der KRK zurückfalle. Die Verortung der Kinderrechte in den Grundrechtsartikeln des Grundgesetzes sollte nochmals eingehend geprüft werden. Offensichtlich sei, dass eine Engführung der Kinderrechte auf das Verhältnis zu den Eltern dem kinderrechtlichen Rahmen nicht gerecht wird. Das Wesen der Kinderrechte gehe über das innerfamiliäre Verhältnis hinaus.

Robert Seegmüller, Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin, urteilte in seiner Stellungnahme, der Regierungsentwurf sei darum bemüht, lediglich die bisherige verfassungsgerichtliche Rechtsprechung betreffend der Kinderrechte sichtbar zu machen. Größere inhaltliche Änderungen strebe er nicht an. Die Vorlagen der Fraktionen seien hier substantieller. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass die gewählten Formulierungen Ausgangspunkt für einen zukünftigen Verfassungswandel sein können, der das Verhältnis von Elternrecht und staatlichem Wächteramt aus seiner derzeitigen Balance bringt.

Friederike Wapler vom Lehrstuhl für Rechtsphilosophie und Öffentliches Recht der Johannes Gutenberg-Universität Mainz vertrat die Meinung, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung in der vorliegenden Fassung nicht verabschiedet werden sollte. Er sei der schlechteste Vorschlag von allen. Er löse die selbst gesetzten Regelungsziele nicht ein, werfe mehr Fragen auf, als er beantworte, und bleibe hinter dem Stand der Diskussion zurück. Er scheine das bewährte verfassungsrechtliche Verhältnis von Eltern, Kindern und Staat zwar vordergründig zu bewahren, gefährde es in der Sache aber stärker als jede der alternativ vorgeschlagenen Formulierungen. Es könne durchaus auch eine Lösung sein, auf eine Verfassungsänderung zu verzichten.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 647 vom 17.05.2021

Die Bundesregierung hat in einer Unterrichtung (19/29640) über die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) 2019/1111 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften (19/28681) informiert. Danach schlägt der Bundesrat eine Änderung vor, die von der Bundesregierung abgelehnt wird. Die vorgeschlagene Änderung sei rein redaktionell und nicht erforderlich, so die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 646 vom 17.05.2021

Die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie hängt stark vom betrieblichen Umfeld ab. Nur wenn Beschäftigte an einem Strang ziehen, können sie bessere Arbeitszeiten durchsetzen.

Wie lassen sich Beruf und Privates so vereinbaren, dass Menschen gut damit leben können? Das hängt oft vom betrieblichen Umfeld ab. Die besten Möglichkeiten haben Beschäftigte in Unternehmen mit Tarifbindung und Betriebsrat. Das ist das Ergebnis einer Studie von Doris Holtmann und Wenzel Matiaske vom Institut für Personal und Arbeit der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg.

In ihrer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie haben die Forscher untersucht, welche arbeitszeitpolitischen Instrumente in verschiedenen Unternehmen zum Einsatz kommen. Basis der Untersuchung waren einerseits eine breit angelegte Befragung von Personalmanagern, andererseits acht Fallstudien in ausgewählten Betrieben. Für die Fallstudien haben die Forscher Groß- und Kleinbetriebe, Betriebe aus Ost- und Westdeutschland sowie aus frauen- und männerdominierten Branchen ausgesucht. So war es möglich, die Arbeitszeitpolitik vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher Rahmenbedingungen zu beleuchten – etwa in einer großen Klinik in Westdeutschland, in der überwiegend Frauen arbeiten, oder bei einem kleinen Automobilzulieferer im Osten, der fast ausschließlich Männer beschäftigt. Voraussetzung war, dass das Personalmanagement zu einer Kooperation bereit war – dadurch kamen nur solche Unternehmen infrage, in denen ein Problembewusstsein für Arbeitszeitfragen vorhanden ist. 

Je nach Branche, Betriebsgröße oder Standort unterscheiden sich die Voraussetzungen: Bei Tätigkeiten in der Produktion oder bei Dienstleistungen, die kontinuierlich erbracht werden müssen, sind Schicht- und Wochenendarbeit der Regelfall. Gleitzeit lässt sich schwer verwirklichen, wenn Aufgaben zu festen Zeitpunkten anfallen, Prozesse nicht unbeaufsichtigt laufen können oder Fließbandarbeit dominiert. Telearbeit ist nur dann möglich, wenn die Arbeiten ortsungebunden erledigt werden können. „Allerdings verbleiben erhebliche Gestaltungsspielräume“, schreiben die Forscher. Selbst im Gesundheitswesen oder der Metallindustrie, wo Tag für Tag in mehreren Schichten gearbeitet wird, fänden sich Möglichkeiten, die Vereinbarkeit zu verbessern. 

Arbeitgeber müssen etwas bieten

In vielen Interviews klingt durch, dass eine bessere Vereinbarkeit auch im Interesse der Arbeitgeber liegt. Wer Fachkräfte gewinnen oder halten will, kommt nicht umhin, attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten. So betont der Leiter eines Altenpflegedienstes aus Westdeutschland: „Wir müssen unseren Fachkräften was bieten, damit wir die für uns gewinnen können.“ Schon bei Einstellungsgesprächen sei Teilzeit ein großes Thema: „Ich möchte 20, 50, 75 oder 88 Prozent. Damit kommen alle hierher“, sagt der Einrichtungsleiter. Auch die Geschäftsführung einer bundesweit agierenden Akademie für berufliche Weiterbildung erklärt: „Die größte Herausforderung ist, Personal überhaupt zu finden. Wir brauchen einen hohen Anteil sozialpädagogischen Personals und stehen vor der Herausforderung, dass der Arbeitsmarkt auf diesem Gebiet leergefegt ist.“ Teilweise räumen die Arbeitgeber aber auch Nachholbedarf ein. So erklärt etwa der Personalchef eines Stahlherstellers aus Niedersachsen, dass das Stahlwerk im Hinblick auf die individuellen Interessen noch „unterbelichtet“ sei. „Es ist halt ein klassischer Männerbetrieb, muss man auch ganz ehrlich sagen.“ 

Tarif und Mitbestimmung erleichtern Arbeitszeitgestaltung

Die Fallstudien machen deutlich, dass es Beschäftigte leichter haben, Arbeitszeitwünsche durchzusetzen, wenn sie sich zusammentun. Der Betriebsratsvorsitzende einer Gießerei in Ostdeutschland sagt im Interview, als er im Jahr 2000 angefangen habe, hätten 24 Gewerkschaftsmitglieder im Betrieb gearbeitet. Jetzt seien es über 200. Als Signal an den Chef habe immer die Streikweste in seinem Büro gehangen. Gleichzeitig hebt der Betriebsrat hervor, dass das Verhältnis zur Geschäftsführung, trotz mancher Konflikte, generell gut sei. In einem Ergänzungstarifvertrag wurde „Flexibilität gegen kürzere Arbeitszeiten“ eingetauscht: „Denn wir haben ja sogar noch Verbesserungsregelungen reingekriegt, wir haben jetzt eine bezahlte Pause und bezahlte Schichtübergabezeiten, sodass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit bloß noch 36 Stunden beträgt.“

Ein zentrales Ergebnis der Studie: Letztlich kommt es weniger darauf an, ob es sich um einen Groß- oder Kleinbetrieb, einen Betrieb im Westen oder Osten oder eine von Frauen oder Männern dominierte Branche handelt. Viel entscheidender wirkt sich der Einfluss der betrieblichen Mitbestimmung und von Gewerkschaften aus. Wo Beschäftigte mitbestimmen und Tarifverträge gelten, sind Gleitzeit, Homeoffice, kürzere Wochenarbeitszeit oder besser vergütete Wochenendarbeit weiter verbreitet. „Tarifbindung und aktive Mitbestimmung erleichtern Möglichkeiten der Arbeitszeitgestaltung“, halten Holtmann und Matiaske fest. Zudem seien Fluktuation und Fehlzeiten unter den Beschäftigten in diesen Betrieben meist geringer.

Doris Holtmann, Wenzel Matiaske: Betriebliche Arbeitszeitpolitiken, Exploration in ausgewählten Frauen- und Männerbranchen Ost- und Westdeutschlands, Working Papers des Forschungsclusters OPAL der Helmut-Schmidt-Universität Nr. 7, März 2021

Impuls-Beitrag als PDF

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 14.05.2021

Kurz vor dem Ende der Legislaturperiode hat das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) die letzte Hürde genommen. Zuvor hatte der Familienausschuss des Bundestages sich umfangreiche Änderungen des Regierungsentwurfes (Bundestagsdrucksache 19/26107) verständigt. Das Gesetz tritt in der Fassung in Kraft, die dieser Entwurf durch die Beschlussempfehlung des Ausschusses (Bundestagsdrucksache 19/28870) erlangt hat. Die Dokumente des parlamentarischen Verfahrens sind hier zu finden. Auf einige wenige Aspekte der Reform möchte Roland Rosenow besonders hinweisen: https://t1p.de/6tg0

Quelle: Pressemitteilung Harald Thomé / Referent für Sozialrecht vom 16.05.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Am heutigen Tag der Pflege fordert der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt bessere Arbeitsbedingungen für beruflich Pflegende und mehr Unterstützung für pflegende Angehörige. Nach inzwischen über einem Jahr unter pandemischen Bedingungen sei ihre gesellschaftliche Bedeutung weiter gestiegen, aber nach wie vor nicht ausreichend anerkannt. Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes:

„Wir sind denen, die beruflich oder privat in der Pflege tätig sind, zu großem Dank verpflichtet. Sei es in der ambulanten Pflege, in stationären Einrichtungen oder als Angehörige zu Hause. Das letzte Jahr hat uns mehr als deutlich vor Augen geführt, wie sehr wir als Gesellschaft uns auf sie stützen. Es darf aber nicht bei symbolischem Dank bleiben. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege müssen jetzt verbessert werden, das darf nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden. Zu geringe Personalschlüssel, hohe Arbeitsbelastung und keine flächendeckende tarifliche Bezahlung höhlen das System Pflege aus, weil uns langfristig die Fachkräfte wegbrechen. Um die Gesundheitsversorgung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu sichern, sind spätestens jetzt Lehren aus der Pandemie zu ziehen: die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung in der Pflege müssen deutlich und dauerhaft verbessert werden. Und auch die Situation pflegender Angehörige dürfen wir nicht vergessen: 80% der 4,1 Millionen Pflegebedürftigen werden zu Hause von ihren Angehörigen gepflegt. Viel zu häufig passiert das zusätzlich zu den herkömmlichen Belastungen des Alltags und führt die Pflegenden an den Rand körperlicher und psychischer Überlastung oder darüber hinaus. Sie müssen unterstützt und entlastet werden; z.B. über die  Einführung einer Entgeltersatzleistung analog zum Elterngeld für bis zu 36 Monate sowie die Erhöhung der teilweisen Freistellungsmöglichkeiten.

Die Art und Weise, wie wir Pflege institutionell und privat organisiert haben, ist schlicht nicht nachhaltig. Das System funktioniert nur deshalb, weil Menschen beruflich und privat mit großem Engagement mehr geben, als sie müssten oder langfristig leisten können. Das ist nicht nur ein Armutszeugnis für unseren Umgang mit Pflegebedürftigen und denen, die für sie da sind, sondern führt uns mit Ansage in eine Krise der Pflege, die sich jetzt schon deutlich abzuzeichnen beginnt. Mit Dank und Klatschen ist es bei Weitem nicht getan. Wir brauchen eine grundsätzliche Neujustierung des Systems.“

Zum 201. Mal jährt sich am 12. Juni der Geburtstag von Florence Nightingale, der Begründerin der modernen Pflege. Seit den 1970er Jahren wird dieses Datum als internationaler Tag der Pflege begangen. Gerade im letzten Jahr hat die SARS-CoV-2-Pandemie gezeigt, welchen wesentlichen Beitrag die Pflege für die Gesundheitsversorgung, z. T. unter Gefahr für die eigene Gesundheit und  das eigene Leben, leistet. 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 12.05.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV) und der Familienbund der Katholiken (FDK) betonen die Bedeutung des Klima-Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) für die im Generationenvertrag finanzierte Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Die Verbände halten eine Beitragsentlastung von Familien nicht nur aus Gründen der gleichwertigen Bewertung monetärer und generativer Beiträge, sondern insbesondere mit Blick auf die Generationengerechtigkeit für erforderlich.

„Das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts setzt neue Maßstäbe. Belastungen müssen über Generationen hinweg gerecht verteilt sein“, sagt Siegfried Stresing, DFV-Vizepräsident. „Generationengerechtigkeit ist nicht auf den Umweltschutz beschränkt. Diese Entscheidung verlangt eine analoge Antwort für die seit Jahrzehnten bestehende Familienblindheit der Sozialversicherung.“

Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbunds, erläutert: „Eine Sozialversicherung, die durch eine strukturelle Benachteiligung von Familien ökonomische Anreize gegen Kinder setzt und zeitgleich Familien in der Erziehungsphase dringend benötigte Mittel entzieht, führt zur Überlastung der gegenwärtigen und nächsten Generation. Der demografische Wandel verstärkt die Situation. Weniger Kinder müssen in Zukunft höhere Beiträge stemmen. Das führt zwangsläufig zur Einschränkung der persönlichen Freiheit. Gegen eine solche einseitige Belastung der jungen Generation wendet sich das Bundesverfassungsgericht.“

Vor diesem Hintergrund fordern der DFV und der Familienbund eine Beitragsentlastung für Familien durch einen Kinderfreibetrag analog zum Steuerrecht. Derzeit klagen 2.000 Familien mit Unterstützung der beiden Verbände auf Generationengerechtigkeit in der Sozialversicherung. Zwei Verfassungsbeschwerden und eine Richtervorlage liegen beim BVerfG. Auf dem Weg nach Karlsruhe mussten die Kläger mehrere unsägliche Urteile von Sozialgerichten hinnehmen, die dem wegweisenden Pflegeversicherungsurteil des BVerfG widersprachen oder es gar ins Gegenteil verkehrten.

Heutige Versäumnisse in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung zerstören die sozialen Ressourcen der Nachwuchsgeneration und damit deren Freiheitsspielräume in exponentiell zunehmendem Maße. Besonders deutlich wird dies an der beharrlichen Weigerung des Bundesgesetzgebers, den Auftrag aus dem Beitragskinderurteil des BVerfG zur Pflegeversicherung (03.04.2001) sachgerecht umzusetzen. In diesem hatten die Karlsruher Richter entschieden, es sei mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren, dass Versicherte mit Kindern einen gleich hohen Beitragssatz wie Mitglieder ohne Kinder leisten müssen.

„Wenn Rechte derzeitiger und künftiger Generationen durch eine unfaire Lastenverteilung in der gesetzlichen Sozialversicherung unzumutbar eingeschränkt werden, muss das Grundgesetz Schranken setzen“, so Hoffmann. „Die Sozialversicherung muss auf die Leistungsfähigkeit von Familien Rücksicht nehmen. Einkommen, das zur Existenzsicherung des Kindes benötigt wird, darf nicht mit Abgaben belastet werden.“

„Familien lassen sich nicht leicht unterkriegen. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich Familienverbände durch die Instanzen klagen, um dann vor dem Bundesverfassungsgericht weitreichende Familienurteile zu erstreiten“, sagt Stresing und verweist auf die Urteile zum steuerfreien Existenzminimum (29.05.1990) und das Trümmerfrauenurteil (07.07.1992).

Selbst der oberste Sozialrichter, der Präsident des Bundessozialgerichts Rainer Schlegel, sieht in der Entscheidung eine „epochale“ Neuausrichtung des Verfassungsrechts mit weitreichenden Folgen – auch für die Zukunft des Sozialstaats.

Stresing äußert sich zurückhaltender: „Das Wesen des Generationenvertrages bleibt vielen, auch wegen irreführender öffentlicher Darstellungen, verborgen. Realitäten werden geleugnet, Beiträge aus der Vergangenheit werden als Substanz der individuellen Altersversorgung betrachtet. Solange dieser fundamentale Irrtum und die daraus abgeleitete Anspruchshaltung genährt werden, sind keine Veränderungen zu erwarten.“

Hoffmann fügt hinzu: „Die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung muss die wirtschaftliche Realität transparent zum Ausdruck bringen: Die monetären Beiträge dienen der Finanzierung der heutigen Renten, die eigene Altersvorsorge wird ausschließlich durch die Beiträge der nächsten Generation gesichert. Investitionen in Kinder sind eine Investition in die Altersvorsorge von allen.“

Die Bundesregierung verneint in einem Gutachten vor dem Bundesverfassungsgericht die Notwendigkeit von Änderungen im System der gesetzlichen Sozialversicherungen. Eine aktuelle Verbände-Antwort hierauf liegt dem Bundesverfassungsgericht inzwischen vor.

Weitere Informationen:

Webseite mit Verfassungsbeschwerden zur Benachteiligung von Familien in der Sozialversicherung: www.elternklagen.de

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 18.05.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert nachdrücklich, dass der Bundestag mit der heute beabsichtigen Ablehnung der Anträge zur Absenkung des Wahlalters bei Bundestags- und Europawahlen auf 16 Jahre eine wichtige Chance zum Ausbau der Partizipationsrechte von Jugendlichen vergibt. Das gilt auch für die Ablehnung der Absenkung des Mindestalters für die Unterstützung einer Europäischen Bürgerinitiative. Beides würde nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation dem veränderten Altersaufbau der Gesellschaft Rechnung tragen, da es seit einigen Jahren mehr Rentnerinnen und Rentner als Kinder und Jugendliche gibt. Mit dieser veränderten Struktur sind die Möglichkeiten der jungen Bevölkerung gesunken, ihre Interessen wahrzunehmen und durchzusetzen.

„Die Absenkung des Wahlalters bei Bundestags- und Europawahlen ist mehr als überfällig. Kinder und Jugendliche verfolgen gesellschaftliche Prozesse sehr aufmerksam, fühlen sich jedoch zu einem großen Teil von den politischen Parteien nicht vertreten. Dabei sind sie diejenigen, die am längsten von heute getroffenen politischen Entscheidungen betroffen sein werden. Die Absenkung des Wahlalters bei Landtags- und Kommunalwahlen in zahlreichen Bundesländern hat gezeigt, dass unsere Demokratie von der politischen Partizipation von Jugendlichen durch das Wahlrecht profitiert, und eine Koppelung der Wahlaltersgrenze an die Volljährigkeit auch auf der Bundes- und Europaebene der Vergangenheit angehören sollte. Um die Interessen von Kindern und Jugendlichen stärker in politische Entscheidungsprozesse einzubinden, tritt das Deutsche Kinderhilfswerk dafür ein, die Wahlaltersgrenze auf allen Ebenen, also von der Europa- bis zu den Kommunalwahlen, zunächst auf 16 Jahre und in einem zweiten Schritt auf 14 Jahre abzusenken“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Neben einer Absenkung des Wahlalters braucht es nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes eine Stärkung der Beteiligungsstrukturen in Kita, Schule und Jugendhilfe, und zudem den Ausbau kommunalpolitischer Instrumente, etwa durch Kinder- und Jugendparlamente mit verbindlichen Beteiligungskonzepten und Mitwirkungsrechten. So wie Mitwirkungsinitiativen vor allem dort funktionieren, wo es eine Begleitung durch Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe gibt, sollte ein Wahlrecht für Jugendliche zu einer Kultur der Demokratieerziehung führen, durch die die Legitimation unseres demokratischen Systems nachhaltig gestärkt wird.

Zum Thema Wahlalter hat das Deutsche Kinderhilfswerk die Broschüre „Absenkung des Wahlalters – Eine Auseinandersetzung mit Argumenten gegen eine Absenkung der Altersgrenzen bei politischen Wahlen“ veröffentlicht. Die Publikation fasst die gängigen Argumente gegen eine Absenkung des Wahlalters aus den zahlreichen Debatten zusammen und stellt entsprechende Fachbeiträge zur Seite, welche die Gegenargumente entkräften. Dabei wird beispielsweise dem Argument begegnet, dass die Absenkung des Wahlalters negative Folgen für die Demokratie habe und zu einer Stärkung der Parteien an den extremen politischen Rändern führe. Ein weiterer Beitrag tritt der Behauptung entgegen, dass Jugendliche aufgrund von noch nicht voll entwickelten kognitiven Fähigkeiten, die Verantwortung, die mit einer Teilnahme an Wahlen einhergeht, nur unzureichend wahrnehmen könnten. Die Broschüre kann beim Deutschen Kinderhilfswerk im Online-Shop bestellt werden oder steht unter www.dkhw.de/Argumentationshilfe-Wahlalterabsenkung zum kostenlosen Download bereit.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 21.05.2021

Anlässlich der heutigen Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags ruft das Aktionsbündnis Kinderrechte Bund und Länder dazu auf, tragfähige Lösungen für die bestehenden Kritikpunkte am aktuellen Regierungsentwurf zur Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz zu finden.

In ihren Stellungnahmen vor dem Rechtsausschuss begrüßten die geladenen Vertreter vom Deutschen Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland die konstruktive Debatte um den endgültigen Verfassungstext. Gleichzeitig appellierten sie an das Gremium, sich für einen Gesetzentwurf auszusprechen, in dem bestehende Unklarheiten und Defizite bereinigt sind.

„Bei der Formulierung der Kinderrechte im Grundgesetz muss es darum gehen, eine nachhaltige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention sicherzustellen. Reine Symbolpolitik bringt uns hier keinen Schritt weiter. Deshalb braucht es einen eigenen Absatz für die Kinderrechte, die unabhängig von den Elternrechten gegen den Staat gelten. Dabei müssen die Kinderrechte auf Förderung, Schutz und Beteiligung sowie der Kindeswohlvorrang Grundlage der Normierung sein. Nur so werden wir es schaffen, kindgerechte Lebensverhältnisse und bessere Entwicklungschancen für alle Kinder zu schaffen, ihre Rechtsposition deutlich zu stärken, und Kinder an den sie betreffenden Entscheidungen zu beteiligen. Denn die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist ein zentraler Wert einer demokratischen Gesellschaft. Mit der Aufnahme der Kinderrechte im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention besteht die große Chance, langfristig eine wichtige Grundlage für ein kinder- und familienfreundlicheres Land zu schaffen. Diese Chance dürfen wir nicht verspielen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Kinderrechte brauchen ein großes Ausrufezeichen im Grundgesetz, damit Kinder und Jugendliche gehört und ihre Belange ernst genommen werden. Die Covid-19-Krise zeigt uns deutlich, dass sie bisher zu häufig hintangestellt werden. Mit der Aufnahme der Kinderrechte in das deutsche Grundgesetz können Bund und Länder klarstellen, dass die Rechte von Kindern in Deutschland umfassend und verbindlich gelten. Dazu braucht es jedoch eine unmissverständliche und prägnante Formulierung, die nicht hinter die UN-Kinderrechtskonvention und die geltende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zurückfallen darf. Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung sollte nun rasch überarbeitet werden, um diesen Anforderungen zu entsprechen,“ ergänzt Dr. Sebastian Sedlmayr, Leiter der Abteilung Politik und Advocacy, UNICEF Deutschland.

Hintergrund

Das Aktionsbündnis Kinderrechte (Deutsches Kinderhilfswerk, Deutscher Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind) setzt sich für die vollständige Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland und die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz ein.

Anfang des Jahres hat sich die Bundesregierung nach jahrelangen Diskussionen auf einen Gesetzentwurf zur Aufnahme der Kinderrechte in das deutsche Grundgesetz geeinigt. Das Aktionsbündnis Kinderrechte hat den vorliegenden Regierungsentwurf inhaltlich als unzureichend kritisiert und entscheidende Nachbesserungen gefordert. Der vom Aktionsbündnis Kinderrechte initiierte Appell „Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!“ wird von mehr als 100 Organisationen aus der Kinder- und Jugendhilfe, Medizin, Pädagogik und anderen Bereichen unterstützt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk, Deutscher Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland und Deutsche Liga für das Kind vom 17.05.2021

Rechtsausschuss tagt heute zur Verankerung der Kinderrechte

Heute beschäftigt sich der Rechtsausschuss damit, ob es in dieser Legislaturperiode noch zu einer Grundgesetzänderung und damit zu einem politischen Signal für eine bessere Durchsetzung von Kinderrechten kommt. Dazu werden zahlreiche Sachverständige öffentlich angehört. Für die erforderlichen Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat müssten dazu einige Kompromisse gefunden werden: Neben dem Gesetzesentwurf der Regierung haben BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE eigene Gesetzesentwürfe vorgelegt.

In einer Stellungnahme zu den aktuellen Gesetzesvorhaben weist die eaf erneut auf ihren Alternativvorschlag hin, der die umstrittene Klippe der Wiederholung einzelner Kinderrechte aus der UN-Kinderrechtskonvention umschifft und damit geeignet ist, die gegensätzlichen Po­sitionen zu vereinen. „Kinder werden bei unserem Vorschlag unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung gestellt. Das verleiht ihren Interessen bei verfassungsrechtlichen Ab­wägungen künftig mehr Gewicht und geht so über den Gesetzesentwurf der Regierung hinaus. Das bedeutet aber nicht, dass es einen generellen Vorrang der Kinderinteressen gäbe, der sich stets durchsetzt“, erläutert Dr. Insa Schöningh, Geschäftsführerin der eaf. „Denn das sieht auch die UN-Kinderrechtskonvention nicht vor.“

Zudem enthält der Vorschlag der eaf ein Staatsziel, das die tatsächliche Durchsetzung aller Kinderrechte aus der UN-Kinderrechtskonvention normiert. „Staatsziele werden vielfach unter­schätzt, weil sie keine direkt einklagbaren Rechte darstellen“, führt Schöningh aus „aber die Verfassungsbeschwerden gegen das Klimaschutzgesetz waren auch deshalb erfolgreich, weil das Staatsziel des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen seine Wirkung entfaltet hat.“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 17.05.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 02. Juni 2021

Veranstalter: HAW Hamburg

Der Weiterbildungs-Master „Angewandte Familienwissenschaften“ (M.A.) an der HAW Hamburg wird zum Sommersemester 2022 erneut Studierende aufnehmen. Bis zum 31.08.2021 können Sie sich für einen Studienplatz bewerben. Auch Personen ohne ersten Hochschulabschluss können Zugang zum Studium erhalten. Weitere Informationen zum Studiengang finden Sie auf unserer Internetseite: https://familienwissenschaftenhamburg.wordpress.com/

Am 02.06.2021 um 18.00 Uhr findet eine Informationsveranstaltung über ZOOM statt. Bei Interesse an einer Teilnahme oder anderen Fragen nehmen Sie gern Kontakt zu uns auf: familienwissenschaften@haw-hamburg.de

Termin: 16. / 17. September 2021

Veranstalter: OUTLAW.die Stiftung in Kooperation mit Hessischem Ministerium für Soziales und Integration, Karl Kübel Stiftung, Institut für Soziale Arbeit und Kinderrechte Institut

Der diesjährige Kinderrechtekongress widmet sich dem Thema:

aufwachsen – gerecht – gestalten

Kinderrechte in Alltag und Politik

Kinder sind einerseits vollwertige Akteure ihres eigenen Lebens vom ersten Tag an, also Träger aller Grundrechte aus unserer Verfassung, wie andererseits in besonderer Weise schutzbedürftig – je jünger, desto mehr.

Daher gibt es die Kinderrechtskonvention als Konkretisierung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte für eine besonders schutzbedürftige Gruppe.

Eine von den Kinderrechten ausgehende Politik muss daher auch beides sein:   

  • Politik mit und von Kindern als vollwertige Akteure ihrer Interessen, mit Formaten und Konzepten, die dieses Versprechen auch real einlösen: Kindern die Formulierung, Vertretung und Durchsetzung ihrer Interessen tatsächlich ermöglichen – in diesem Sinne eine Politik von Kindern.
  • und eine Politik für Kinder, eine Politik also, die in generationaler Verantwortung Erwachsener dafür sorgt, fundamentale Interessen der nachwachsenden Generationen zu vertreten; dieses betrifft „gelingendes Aufwachsen“, aber auch Handeln und Denken im Sinne von Nachhaltigkeit für in Zukunft lebende Kinder und junge Menschen.

Beide Politikperspektiven müssen die Tatsachen sozialer Ungleichheit zur Kenntnis nehmen, unter anderem wie gerade Armut in ihren vielfältigen Ausprägungen für das „Nichtgelingen“ von Aufwachsen ursächlich sein kann.

Der Kongress will online Raum und Rahmen bieten, über Bedeutung und Praxis der Kinderrechte zu debattieren, und er will kritisch danach fragen, was und wie Kinderrechte konkret dazu beitragen, allen Kindern ein gelingendes Aufwachsen zu ermöglichen.

Mit Vorträgen, Fachforen, Workshops und Podiumsdiskussionen bietet der Online-Kongress allen Interessierten die Möglichkeit, aktiv am Kongress teilzunehmen und sich zu beteiligen. Eine Vielzahl an Expert*innen aus Praxis, Wissenschaft, Politik und Forschung unterstützen den Kongress mit Ihren Inputs.

Der Kinderrechte-Kongress findet statt im Rahmen des Hessischen Jahres der Rechte für alle Kinder und Jugendlichen „KinderRechte! ‘20/‘21“ und wird moderiert von Miriam Zeleke, Hessische Landesbeauftragte für Kinder- und Jugendrechte.

Details zu den einzelnen Inhalten und Angeboten finden Sie auf derHomepage www.kinderrechte-kongress.de .

WEITERE INFORMATIONEN

…neue Ausgabe frühe Kindheit erschienen.

Zu dem Thema „Folgen der Corona-Pandemie: neue Belastungen und neue Solidarität“ ist ab sofort die neue Ausgabe der Zeitschrift frühe Kindheit erhältlich: Die Zeitschrift enthält unter anderem folgende Beiträge: Kind sein in Zeiten von Corona, Wie Eltern und Kinder die Situation im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 erlebten (Alexandra Langmeyer, Ursula Winklhofer, Thorsten Naab, Angelika Guglhör-Rudan und Sophia Chabursky, München); Familienleben als Seismograph sozialer Folgen der Pandemie (Sabine Andresen, Frankfurt am Main, Anna Lips, Hildesheim, Tanja Rusack, Hildesheim, Wolfgang Schröer, Hildesheim, Severine Thomas, Hildesheim und Johanna Wilmes, Frankfurt am Main); Kinderbetreuung in Zeiten der Pandemie zwischen Gesundheitsschutz und Förderauftrag (Bärbel Barbarino, Hanna Lena Maly-Motta, Mariana Grgic, Florian Spensberger, Bernhard Kalicki, Susanne Kuger und Thomas Rauschenbach, München); Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen während der ersten und zweiten Welle der COVID-19-Pandemie, Ergebnisse der COPSY-Längsschnittstudie (Anne Kaman, Christiane Otto, Michael Erhart, Teresa Seum und Ulrike Ravens-Sieberer, Hamburg); Kinder unter der Corona-Politik: Opfer von System, Wellen und Peaks. Ein Diskussionsbeitrag (Christoph Schickhardt, Heidelberg); Kinderschutz in Zeiten der Pandemie (Bernd Kasper, Nörten-Hardenberg); Kinder als Akteure in der Randzeitenbetreuung (Dana Harring und Sabina Schutter, Rosenheim); Spielt nicht mit unserer Zukunft! Vorstellungen von Kindern und Jugendlichen über ihre Zugangsrechte in Umweltfragen (Frederike Lindau, Potsdam); Wie den familiären Umgang mit Krisen untersuchen? Forschungspraktische Erfahrungen mit Einzel- und Familieninterviews am Beispiel der Knochenmarktransplantation zwischen Geschwisterkindern (Martina Jürgensen, Madeleine Herzog, Christoph Rehmann-Sutter, Lübeck, und Christina Schües, Lüneburg); Interview mit Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte und Mitglied im Vorstand der Deutschen Liga für das Kind, und Sabine Walper, Forschungsdirektorin des Deutschen Jugendinstituts und Präsidentin der Deutschen Liga für das Kind zum Thema:  COVID-19-Pandemie: die Folgen für die Kinder sowie folgenden Praxisartikel: Kindergarten plus: Den Neubeginn im Herbst im Blick: Lions Clubs für Kita-Kinder (Stella Valentien, Berlin).

Das Heft kann zum Preis von 9,- Euro (zzgl. Versandkosten) bestellt werden unter: www.fruehe-kindheit-online.de oder als E-Magazin unter: https://zeitschrift.liga-kind.de

Zu jung für Politik? Von wegen! Politische Bildung in Kindheit und Jugend ist Thema der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins DJI Impulse.

Die Demokratie steht vor großen Herausforderungen: Krisen wie die aktuelle Corona-Pandemie oder der Klimawandel, aber auch Globalisierung, Migration und Digitalisierung verlangen der demokratischen Lebens- und Gesellschaftsform vieles ab. „In diesem Kontext bekommt die politische Bildung, die jahrzehntelang ein Schattendasein führte, neue Relevanz“, betont Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, Direktor des Deutschen Jugendinstituts (DJI), anlässlich der neu erschienenen Ausgabe des Forschungsmagazins DJI Impulse.

Unter dem Titel „Politische Bildung von Anfang an: Wie Kinder und Jugendliche Demokratie lernen und erfahren können“ analysieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Herausforderungen in der politischen Bildung. Entscheidende Weichen für demokratisches Handeln und kritische Urteilskraft werden demnach in der Familie gestellt. Doch auch weil Kinder und Jugendliche immer mehr Zeit in schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen verbringen, steigt deren Bedeutung in der politischen Bildung. 

Der These des aktuellen 16. Kinder- und Jugendberichts folgend, dass politische Bildung auf ganz unterschiedliche Weise in der gesamten Kindheit und Jugend stattfindet, zeigen die Autorinnen und Autoren des Forschungsmagazins Potenziale auf, die in Kindertageseinrichtungen, Schulen und der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit bislang nicht ausreichend genutzt werden. So spielt die politische Bildung in Kitas und Grundschulen noch immer ein eher untergeordnetes Thema. Nachholbedarf identifizieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aber auch in weiterführenden Schulen und der Kinder- und Jugendarbeit.

Durch den geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter sowie den generellen Ausbau der Ganztagsbetreuung in Kitas und Schulen entsteht nicht nur die Chance, sondern auch die Notwendigkeit politische Bildung in den Institutionen stärker zu verankern, lautet ein zentrales Fazit der Autorinnen und Autoren. Zudem fordert der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), Thomas Krüger, im Interview, politische Bildung zur „kritischen politischen Medienbildung“ weiterzuentwickeln, da demokratiegefährdende Inhalte durch soziale Medien früh auf Kinder zukommen. 

Das Forschungsmagazin DJI Impulse berichtet allgemein verständlich über die wissenschaftliche Arbeit am DJI, einem der größten sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitute in Deutschland. Regelmäßig informieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über relevante Themen aus den Bereichen Kindheit, Jugend, Familie und Bildung. 

Die aktuelle Ausgabe von DJI Impulse kann kostenlos bestellt und heruntergeladen werden, auch ein Abonnement des Forschungsmagazins ist möglich: www.dji.de/impulse

Mehr Angebote zum aktuellen Impulse-Schwerpunkt: www.dji.de/politischeBildung

Based on panel data from 1997 to 2018, we investigate the socioeconomic preconditions and economic consequences of ‘shared parenting (SP)’ forms in Germany. Referring to the post-separation year, we build SP groups from information on child residence and fathers’ childcare hours during a regular weekday. We explore the short-term gender and SP group associations with economic well-being as well as, for mothers only, its medium-term associations in the five years after separation. Our findings indicate that around separation, intense SP is a superior strategy in terms of equivalized household income. This also holds true for mothers in the medium-term, but their earnings barely improve during that time. Mothers stay highly involved in childcare even in shared parenting settings and/or fail to redirect released childcare time to the labor market. Our data support the notion that even high resources do not shield mothers against remaining trapped in economic dependence post-separation.

SOEPpapers 1131, 37 S., Christina Boll, Simone Schüller 2021 get_appDownload (PDF  1.58 MB)

Das Deutsche Kinderhilfswerk plädiert dafür, kinderrechtliche Aspekte von Digitalisierungsprozessen mehr als bisher aus einer ganzheitlichen Perspektive in den Blick zu nehmen. Dazu hat die Kinderrechtsorganisation heute gemeinsam mit dem Institut für Medienforschung und Medienpädagogik der TH Köln ein Online-Dossier veröffentlicht, das aufzeigt, wie Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit digitalen Medien gelingt. In diesem Dossier wird nicht nur der Stand der Kinderrechte im digitalen Raum erfasst, sondern werden auch Impulse und Perspektiven für eine Stärkung der Teilhabemöglichkeiten junger Menschen an unserer Gesellschaft gegeben. Das Dossier „Teilhaben! Kinderrechtliche Potenziale der Digitalisierung“ wird schrittweise erweitert und kann unter https://dossier.kinderrechte.de/ gelesen werden.

„Gerade die Corona-Pandemie hat uns an vielen Stellen gezeigt, dass es gleichermaßen Schutz und Teilhabe bedarf, um Kindern in digital geprägten Gesellschaften ein gesundes Aufwachsen mit Medien zu ermöglichen. Mit dem reformierten Jugendschutzgesetz ist jetzt ein moderner Kinder- und Jugendmedienschutz in Kraft getreten. Parallel dazu und gleichberechtigt mit der Förderung von Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen muss es ein Ziel sein, die Chancen, die digitale Medien mit sich bringen, zu nutzen. Wir müssen in diesem Bereich wesentlich ganzheitlicher denken als bisher. Gerade Schulen, Kitas sowie die Kinder- und Jugendarbeit müssen dabei eine ebenso große Rolle spielen wie die Familie, die Peergroup oder das kommunale Wohnumfeld. Hier gilt es nachhaltig bildungs- und sozialpolitische Konsequenzen aus den Erfahrungen der letzten Monate zu ziehen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Kindheit und Jugend sind aufgrund radikal fortschreitender Digitalisierungsprozesse in unserer Gesellschaft mehr denn je durchdrungen und geprägt von digitalen Medien. In nahezu allen Lebensbereichen und Altersgruppen spielen digitale Medien eine bedeutende Rolle. In diesem Sinne leistet das Dossier einen Beitrag zur Identifizierung von Entwicklungsbedarfen für ein gutes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in digital geprägten Gesellschaften. Es richtet die Aufmerksamkeit darauf, was ein solches gutes Aufwachsen ausmacht. Vor allem aber betont es, an welchen Stellen die in der UN-Kinderrechtskonvention festgelegten Rechte von Kindern aktuell begünstigt oder gefährdet sein können“, sagt Prof. Dr. Friederike Siller, Leiterin des Instituts für Medienforschung und Medienpädagogik der TH Köln.

Wie selbstverständlich Kinder bereits an digitalen Welten teilhaben und dafür Medien nutzen, zeigt auch eine explorative Untersuchung, die im Rahmen des Dossiers erstmals veröffentlicht wird. In der Untersuchung sprechen Kinder zwischen 10 und 13 Jahren über ihr Medienhandeln und ihre Online-Erfahrungen mit Blick auf soziale und digitale Teilhabe. So wird auch deutlich, dass viele Angebote, die Kinder nutzen, nicht für sie entwickelt wurden. Kinder geraten dann in Interessenkonflikte zwischen Teilhabewunsch und Schutzbedürfnis.

Die Erstellung des Dossiers erfolgte im Rahmen eines Projekts der Koordinierungsstelle Kinderrechte des Deutschen Kinderhilfswerkes. Die Koordinierungsstelle Kinderrechte begleitet die Umsetzung der aktuellen Strategie des Europarates für die Rechte des Kindes (Sofia-Strategie 2016–2021) und wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Während beim Deutschen Kita-Preis 2021 noch alle gespannt auf die Bekanntgabe der Preisträger warten, fällt auch schon der Startschuss für die nächste Runde: Nachdem bereits eine Registrierung möglich war, können sich Kitas und lokale Bündnisse für frühe Bildung ab sofort um den Deutschen Kita-Preis 2022 bewerben. Für eine Bewerbung sind nur drei Schritte notwendig: Interessierte registrieren sich – soweit nicht schon erfolgt – im Online-Portal unter www.deutscher-kita-preis.de/bewerbung, beantworten die Fragen zu ihrer Motivation und senden ihre Bewerbung online ab. Bewerbungsschluss ist der 15. Juli 2021. Wer eine Auszeichnung mit nach Hause nehmen darf, entscheidet sich dann nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren im Frühjahr 2022.

Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie nach dem Registrierungsaufruf auch die Ankündigung des Bewerbungsstarts in ihren Netzwerken und Sozialen Medien verbreiten könnten. Anbei übersenden wir Ihnen ein Toolkit sowie ein Anschreiben zur Vorlage.

Darüber hinaus wollen wir Sie ganz herzlich einladen zur feierlichen

Preisverleihung des Deutschen Kita-Preises 2021

am 9. Juni 2021, ab 18:00 Uhr per Livestream unter:  www.deutscher-kita-preis.de.

Im Rahmen der digitalen Preisverleihung präsentieren wir unsere diesjährigen 20 Finalist:innen. In einer Live-Show wird Barbara Schöneberger durch das spannende Programm voller Überraschungen, prominenter Gäste und natürlich Einblicken in die Arbeit der Finalisten führen. Seien Sie dabei, wenn wir die Preisträger in den beiden Kategorien digital verkünden. Gerne dürfen Sie die Einladung ebenfalls weitergeben.

Die Beobachtungsstelle für gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa hat in einem neu veröffentlichten Arbeitspapier das Thema „Vereinbarkeit von Pflege und Beruf bei pflegebedürftigen Kindern in Dänemark, Finnland und Schweden untersucht.

Eltern, die Verantwortung für ein Kind mit Pflegebedarf und/oder Behinderungen haben, stehen trotz Fortschritten durch die Einführung vereinbarkeitspolitischer Maßnahmen weiterhin vor großen Herausforderungen. Das Arbeitspapier geht der Frage nach, mit welchen Modellen und Maßnahmen – insbesondere die Flexibilisierung und Freistellung betreffend – Staaten bei der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf unterstützen.

Aufgrund der vielfältigen Investitionen in eine gute Work-Life-Balance in den nordischen Staaten, werden gute Praxisbeispiele aus Dänemark, Finnland und Schweden vorgestellt.

Weitere neue Veröffentlichungen der Beobachtungsstelle, auf die wir Sie gerne hinweisen möchten:

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre. Alle unsere Veröffentlichungen können Sie auf unserer Webseite hier einsehen.

Eigentlich sind sich fast alle einig. Eine zweiwöchige Vaterschaftsfreistellung nach Geburt des Kindes mit Lohnersatz ist ein wichtiger und vor allem auch geeigneter Schritt, eine frühe Vater-Kind-Bindung und eine stärkere Beteiligung von Vätern an der Sorgearbeit in der Familie zu fördern. Das Bundesforum Männer fordert seit langem eine solche Freistellung als eigenständige familien- und gleichstellungspolitische Leistung und hat anlässlich des Vatertages 2021 ein Positionspapier zum Thema veröffentlicht.

Hier geht’s zum Positionspapier „Aktive Vaterschaft von Anfang an!“

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 08/2021

AUS DEM ZFF

Anlässlich der morgigen Verabschiedung des 6. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung im Kabinett fordert das Zukunftsforum Familie (ZFF) zum entschlossenen Handeln gegen Kinderarmut auf.

Seit 2001 legt die Bundesregierung in jeder Legislaturperiode einen Bericht zu Armut, Reichtum sowie den zentralen Lebenslagen in Deutschland vor. Der aktuelle sechste Bericht, der auch die Auswirkungen der Corona-Krise in den Blick nimmt, zeichnet ein erschreckendes Bild: Armut verfestigt sich zunehmend und die Ungleichheit im Hinblick auf Einkommen und Vermögen nimmt zu. Der Bericht zeigt darüber hinaus, dass die Corona-Krise und die zugehörigen Maßnahmen bestehende Ungleichheiten verschärft haben. Besonders gravierend ist die Situation für Familien sowie Kinder und Jugendliche, die schon vor der Pandemie in Armut gelebt haben oder ein erhöhtes Armutsrisiko aufweisen. So sind Alleinerziehende nach wie vor die Gruppe mit der größten Armutsgefährdung.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, zeigt sich besorgt: „Spätestens jetzt, mit der Vorlage des sechsten Armutsberichts, muss es doch jeder und jedem klar sein: Wir haben ein Umsetzungs-, aber längst kein Erkenntnisproblem mehr. Kinderarmut muss abgeschafft werden. Es ist unerträglich, dass noch immer etwa ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen unter den Bedingungen von Armut und sozialer Ausgrenzung aufwächst. Kinder- und Jugendarmut wirkt sich mit zum Teil langfristigen Folgen auf Bildungschancen, gesundheitliche Entwicklung sowie kulturelle und soziale Teilhabe aus. Wir fordern seit Langem in einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis, dass die die Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ gestellt und vom Bedarf des Kindes aus gedacht wird in Form einer Kindergrundsicherung. Ebenso dürfen die Anstrengungen zum Ausbau und zur Verbesserung der Qualität in den Bildungsinstitutionen nicht nachlassen. Es ist schon schlimm genug, dass erst eine Pandemie kommen musste, um auch der bzw. dem letzten klar zu machen, wo in unserem Land die sozialen Schieflagen sind. Nun sind sie nicht mehr zu leugnen – also fordern wir von der Bundesregierung: Schafft diese Missstände endlich ab!“

Seit 2009 fordert ein breites Bündnis aus Verbänden und Einzelpersonen die Einführung einer Kindegrundsicherung. Weitere Informationen finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 11.05.2021

Anlässlich des Muttertages am kommenden Sonntag zeigt sich das Zukunftsforum Familie (ZFF) entsetzt über die Rückwärtsbewegung bei der innerfamiliären Gleichstellung während der Corona-Pandemie, kritisiert fehlende politische Anreize für eine partnerschaftliche Arbeitsteilung in Familien und warnt vor einem „Weiter-so“.

Bereits vor der Corona-Krise lag der Gender Care Gap, d.h. der zeitliche Unterschied in der Übernahme privater und unbezahlter Fürsorgearbeit zwischen Müttern und Vätern, bei 52 Prozent bzw. 87 Minuten täglich, bei Kindern unter 18 Jahren im Haushalt sogar deutlich höher. Diese Lücke hat sich durch die Corona-Pandemie und die daraus folgenden Schließungen von Kitas und Schulen massiv verstärkt. Der Anteil der Frauen, die die Kinderbetreuung vollständig übernehmen, ist während der Pandemie deutlich angestiegen; insbesondere bei Paaren, die schon vor der Krise keine egalitäre Arbeitsteilung lebten, wie eine Erhebung des DIW Anfang 2021 zeigte.

Die bisher beschlossenen Unterstützungsinstrumente federn diese ungleiche Arbeitsteilung nicht ab: Schon vor der Krise wurden Kinderkrankentage überwiegend von Müttern in Anspruch genommen. Gleichzeitig profitieren Frauen weit weniger vom Kurzarbeitergeld bzw. dessen familienbedingter Aufstockung, da sie oftmals in Branchen arbeiten, in denen geringfügige Beschäftigungsverhältnisse vorherrschen. Hinzu kommen Nachteile für Frauen, die sich aufgrund des Ehegattensplittings in einer ungünstigen Steuerklasse befinden.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, blickt besorgt in die Zukunft: „Machen wir weiter wie bisher, dann wird der Muttertag 2022 noch düsterer, als es dieser bereits ist! Die Krisenpolitik mit Schulschließungen, Ausweitungen der Kinderkrankentage, die überwiegend von Müttern in Anspruch genommen werden, und gleichzeitig einer staatlichen Unterstützung, die sich weitgehend auf das Wirtschafts- und Arbeitsleben beschränkt, zwingen viele Mutter dazu, den Großteil der privaten Fürsorgearbeit zu übernehmen. Die eigene Erwerbstätigkeit muss in den Hintergrund treten – mit allen bekannten Folgen für die kurz- und langfristige Sicherung der eigenen Existenz. Staatlich etablierte Strukturen wie das Ehegattensplitting stabilisieren diesen Trend zusätzlich, erst recht in der Krise. So kann es nicht weitergehen!“

Altenkamp fordert: „Wir brauchen dringend Instrumente, die die partnerschaftliche Vereinbarkeit fördern, auch und gerade in die Krise. Dazu gehören eine Familienarbeitszeit, die auch auf längere Sicht Erwerbsarbeit und Fürsorge absichert und die Herausforderungen auf die Schultern aller Geschlechter verteilt, ein Bildungssystem mit ausgereiften didaktischen Konzepten zu digitalem Distanzlernen sowie niedrigschwellige Unterstützung der Familien bei der alltäglichen Organisation bspw. durch eine gut ausgestattete Familienbildung. Sonst setzt sich der gleichstellungspolitische Alptraum, den wir derzeit erleben, fort – weit über den Muttertag 2022 hinaus!“

Das ZFF-Positionspapier „Familien auch in Krisenzeiten gut absichern! Positionspapier des Zukunftsforums Familie e.V. (ZFF) zur Situation von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

Das ZFF-Positionspapier „Fifty-Fifty?! Wie kann die partnerschaftliche Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit gelingen?“ finden Sie hier.

Die Zahlen des DIW zur Verteilung von Sorgearbeit in Familien während der Pandemie finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 07.05.2021

Heute findet die gemeinsame digitale Fachtagung „Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“ des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) und des AWO Bundesverbandes e.V. (AWO) statt. Rund 100 Interessierte und Expert*innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis nehmen teil.

Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist eine der zentralen familienpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Von derzeit ca. vier Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden etwa 3/4 zu Hause und überwiegend von Angehörigen versorgt. Die Situation hat sich unter den Bedingungen der Corona-Krise weiter verschärft. In der Folge sind viele pflegende Angehörige – überwiegend Frauen – enormen finanziellen, physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Mit dem Ziel einer Gesellschaft, die die Sorge um Pflegedürftige als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift, sollen auf der Fachtagung Konzepte für eine gute Vereinbarkeit diskutiert und weitergedacht werden.

So betont Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, in ihrem Grußwort die gesellschaftliche Bedeutung der häuslichen Pflege durch Angehörige, deren Leistung bislang viel zu selten anerkannt werde und die besonders im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit einer Berufstätigkeit vor besonderen Herausforderungen stehen. Hier bestehe die Notwendigkeit, Bedürfnisse von Pflegenden stärker in den Blick zu nehmen. Vor allem Frauen stünden häufig vor der Aufgabe, Berufstätigkeit, Kindererziehung und Pflege miteinander zu vereinbaren.

Brigitte Döcker, Vorstandsmitglied des AWO Bundesverbandes e.V., unterstreicht: „Die Bedeutung der Familie als Ort der Pflege wächst: 80% der 4,1 Millionen Pflegebedürftigen werden zu Hause von ihren Angehörigen gepflegt. Die Gesellschaft ist ihnen für ihren Dienst zu Dank verpflichtet, weil sie einen Großteil der Betreuung pflegebedürftiger Personen stemmen. Dafür verdienen sie nicht nur deutlich mehr Anerkennung, sondern vor allem auch jede mögliche Unterstützung und Entlastung. Ihre finanzielle Absicherung z.B. über die Einführung einer Entgeltersatzleistung analog zum Elterngeld für bis zu 36 Monate sowie die Erhöhung der teilweisen Freistellungsmöglichkeiten sind hier bereits im 2019 veröffentlichten Abschlussbericht des unabhängigen Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf gefordert. Auch muss in der Gesundheitsvorsorge und Prävention auf die Zielgruppe der pflegenden Angehörigen besonderes Augenmerk gerichtet werden, damit sie nicht durch kontinuierliche Überlastung letztlich selbst krank werden.“

Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF), resümiert: „Für unsere Gesellschaft ist die Pflege alter und kranker Menschen genauso wichtig wie die Betreuung und Erziehung von Kindern. Sie muss ebenfalls in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung abgesichert werden. Doch das Bedürfnis, füreinander Sorge zu tragen, trifft bislang nicht auf passende Rahmenbedingungen, die die Vereinbarkeit von familiärer Pflege und Erwerbstätigkeit nachhaltig unterstützen. Es ist dringend an der Zeit, eine moderne Familien- und Sozialpolitik auf den Weg zu bringen, die die Bedürfnisse von erwerbstätigen, pflegenden Angehörigen und ihren Familien in den Mittelpunkt von Reformen zu stellt!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 06.05.2021

SCHWERPUNKT I: Corona-Aufholpaket

Kabinett verabschiedet „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ über zwei Milliarden Euro

Das Bundeskabinett hat in seiner heutigen Sitzung das „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ beschlossen. Es besteht aus einem Nachholprogramm für pandemiebedingte Lernrückstände und einem umfangreichen Maßnahmenpaket zur Unterstützung der sozialen Kompetenzen und der allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey:

„2.000 Millionen Euro für Kinder, Jugendliche und deren Familien – das ist ein klares Bekenntnis von uns als Bundesregierung: Wir unterstützen Kinder, Jugendliche und ihre Familien nach den harten Lockdown-Zeiten auf dem Weg zurück in einen geregelten Alltag und ein unbeschwerteres Aufwachsen. Unser Aktionsprogramm für dieses und nächstes Jahr investiert in der Krise gezielt in das Wertvollste und das Wichtigste, was wir haben: in unsere Kinder und Jugendlichen, in unsere Zukunft. Sie haben im vergangenen Jahr auf eine Menge verzichtet. Es sind Bildungs-, aber auch Bindungslücken entstanden. Wir können nicht erwarten, dass alles so weiter funktioniert wie vor der Krise. Kinder und Jugendliche brauchen Zeit, Begleitung und Unterstützung, um in den Alltag zurückzufinden und Versäumtes aufzuholen. Von den zwei Milliarden Euro setzt das Bundesfamilienministerium insgesamt eine Milliarde Euro für die frühkindliche Bildung, Ferienfreizeiten und Familienerholung, zusätzliche Sozialarbeit und Freiwilligendienstleistende ein.“

Dazu erklärt Bundesbildungsministerin Anja Karliczek:

„Jedes Kind soll trotz und nach der Corona-Pandemie die bestmöglichen Chancen auf gute Bildung und persönliche Entwicklung erhalten. Mit dem ‚Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche‘ reagiert die Bundesregierung auf die eingetretenen Lernrückstände von Schülerinnen und Schülern wegen des Ausfalls von sehr vielen Stunden im Präsenzunterricht sowie die psychosozialen Belastungen von Kindern, Jugendlichen und deren Familien. Ich hatte schon vor Wochen ein solches Programm insbesondere zur Beseitigung von Lernrückständen angeregt und wir haben seitdem mit den Ländern darüber verhandelt. Ich freue mich sehr, dass wir das Programm nun beschlossen und sogar ausgeweitet haben. Die auf den Weg gebrachte Unterstützung des Bundes umfasst zwei Milliarden Euro. Die Hälfte davon steht für Fördermaßnahmen zum Abbau pandemiebedingter Lernrückstände in den Kernfächern – wie etwa Deutsch und Mathematik sowie Fremdsprache – zur Verfügung. Das ist ein wichtiges Signal vor dem Ende des Schuljahres. Ich erwarte, dass sich die Länder auch substanziell beteiligen, denn Bildung ist zuallererst Ländersache. Das Bundesbildungsministerium beteiligt sich außerdem bei der außerschulischen Förderung für die Persönlichkeitsentwicklung z.B. mit seinem Programm ‚Kultur macht stark‘ an dem Aktionsprogramm. Wichtig ist mir auch, dass das wichtige ehrenamtliche und bürgerschaftliche Engagement für Kinder, Jugendliche und Familien unterstützt wird. Es ist ein umfassendes Unterstützungspaket, das wir geschnürt haben, um jungen Menschen auf ihrem Weg ins Leben nach der Pandemie zu helfen.“

Hintergrund:

Das vom Bund aufgelegte „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ hat vier Säulen:

  1. Abbau von Lernrückständen

Bund und Länder haben das gemeinsame Ziel, pandemiebedingte Lernrückstände durch zusätzliche Förderangebote für Schülerinnen und Schüler aufzuholen. Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt im Rahmen der bestehenden Strukturen durch die Länder. Im Zentrum der Umsetzung soll dabei die Schule und ihre Vernetzung mit zusätzlichen Angeboten stehen. Mit den vom Bund zur Verfügung gestellten Mitteln sollen die Länder im Schwerpunkt in den Sommerferien Sommercamps und Lernwerkstätten durchführen und mit Beginn des neuen Schuljahres unterrichtsbegleitende Fördermaßnahmen in den Kernfächern.

Die finanzielle Unterstützung des Bundes erfolgt über das Finanzausgleichsgesetz. Der Bund wird hierfür 1 Milliarde Euro befristet auf die Jahre 2021/2022 zur Verfügung zu stellen.

  1. Maßnahmen zur Förderung der frühkindlichen Bildung

Die Bundesregierung wird sich auch im frühkindlichen Bildungsbereich zusätzlich engagieren. Im Rahmen des Bundesprogramms „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ sollen bundesweit 1.000 zusätzliche Sprach-Kitas aufgenommen werden. Dafür stehen 100 Millionen Euro bereit.

Mit weiteren 50 Millionen Euro werden die Mittel der Bundesstiftung Frühe Hilfen aufgestockt. Damit können mehr junge Familien mit der niedrigschwelligen Unterstützung erreicht und weitere Angebote wie Elternkurse zur Sprach- oder Ernährungsbildung für belastete Familien mit Kindern unter drei Jahren umgesetzt werden.

  1. Unterstützung für Ferienfreizeiten und außerschulische Angebote

Kinder und Jugendliche sollen Unterstützung erhalten, damit sie Angebote zur Ferien- und Freizeitgestaltung wahrnehmen und Versäumtes nachholen können. Auch Familien brauchen Hilfe und Erholungsangebote, um wieder Kraft tanken zu können. Insgesamt stehen dafür 530 Millionen Euro zur Verfügung.

Darin enthalten ist unter anderem ein Kinderfreizeitbonus in Höhe von einmalig 100 Euro je Kind aus bedürftigen Familien.

Außerdem werden die Mittel des Kinder- und Jugendplans für Ferienfreizeiten, die kulturelle, sportliche, politische und internationale Jugendarbeit sowie die Jugendverbände erhöht. Damit können Vereine, Verbände und Organisationen vermehrt günstige Ferien- und Wochenendfreizeiten sowie Jugendbegegnungen und Angebote zur Demokratiebildung ausgestalten und ihre Strukturen gezielt hierfür ertüchtigen. Zudem erhalten gemeinnützige Familienferienstätten einen Zuschuss für den Aufenthalt von Familien und geben diesen an Familien weiter.

Darüber hinaus erhalten die Länder Mittel, um günstige Ferien- und Wochenendfreizeiten sowie Jugendbegegnungen zu ermöglichen.

Und außerschulische Angebote werden unterstützt, die zusätzliche Anregungen geben und die Persönlichkeitsentwicklung von jungen Menschen fördern. Hierzu zählt etwa das Programm „Kultur macht stark“ des BMBF. Weiterhin sollen über das Netzwerk der Schülerlabore in Deutschland und des Bundesverbands der Schülerlabore – Lernort Labor (LeLa) zusätzliche außerschulische Lernangebote z. B. in den Bereichen Naturwissenschaften und Technik, Sprachen, Wirtschafts- und Politikwissenschaften bereitgestellt werden. Hierzu wird die Projektförderung des BMBF insgesamt um 50 Mio. Euro für die Jahre 2021/2022 aufgestockt.

Das bürgerschaftliche und ehrenamtliche Engagement für Kinder, Jugendliche und Familien wird gestärkt. Für die gezielte Förderung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt in diesem Bereich stehen 2021/2022 30 Mio. Euro zur Verfügung.

Auch die geförderten Mehrgenerationenhäuser (MGH) erhalten finanzielle Unterstützung, um Kinder und Jugendliche bei der Aufarbeitung von Entwicklungsdefiziten zu unterstützen.

  1. Kinder und Jugendliche im Alltag und in der Schule begleiten und unterstützen

Zur Bewältigung der Krisenfolgen ist es notwendig, Kinder und Jugendliche in ihren sozialen Kompetenzen zu stärken. Gerade Schülerinnen und Schüler dürfen nicht mit ihren Sorgen und dem Druck, verpassten Lehrstoff möglichst schnell aufholen zu müssen, alleine gelassen werden. Dafür unterstützt der Bund mehr Schulsozialarbeit. Auch Freiwilligendienstleistende können Kinder und Jugendliche gezielt in Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe unterstützen. Für zusätzliche Sozialarbeit und Freiwilligendienstleistende stehen insgesamt 220 Millionen Euro zur Verfügung.

Zusätzlich erhält die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung 100 Millionen Euro zur Unterstützung und Begleitung von Kindern und Jugendlichen vor Ort.

Den vollständigen Text des Aktionsprogramms finden Sie unter: www.bmbf.de/aufholpaket

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 05.05.2021

Lernwerkstätten und Feriencamps

Mit einem großen Aktionsprogramm will die Koalition Kinder und Jugendliche unterstützen, pandemiebedingte Lernrückstände wieder aufzuholen. Dafür stellt sie insgesamt zwei Milliarden Euro bereit.

Kinder und Jugendliche sind besonders betroffen von Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie. Es fehlen die Kontakte zu den Freund:innen in der Schule und in der Freizeit. Dazu kann auch der beste Distanzunterricht den täglichen Unterricht im Klassenraum nicht dauerhaft ersetzen. Klassenfahrten, Exkursionen, Urlaube und Sport im Verein sind weggefallen und nicht mehr nachzuholen. Umso mehr muss es jetzt darum gehen, dass Schüler:innen ihre Lernrückstände wieder aufholen können – und sie brauchen neue Angebote für Ferien, Freizeit und Sport.

„Kinder- und Jugendliche haben durch die notwendigen pandemiebedingten Einschränkungen zahlreiche Entbehrungen im Bereich des Lebens und Lernens hinnehmen müssen“, sagt der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Oliver Kaczmarek. Daraus dürften ihnen in ihrer Bildungslaufbahn und persönlichen Entwicklung sowie im Hinblick auf ihre beruflichen Wünsche keine Nachteile entstehen. Für ihn ist klar: „Mit dem nun beschlossenen Aufholprogramm geben wir Schüler:innen die Unterstützung bei der Bewältigung und Rückkehr in den Schulalltag, die sie dringend benötigen. Damit Lernwerkstätten und Sommercamps sowie unterrichtsbegleitende Fördermaßnahmen stattfinden können, gehört auch der verstärkte Einsatz von unterschiedlichem Personal an den Schulen für uns dazu.“

Deshalb hat sich die SPD-Bundestagsfraktion für das „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ stark gemacht. Die Koalition stellt mit dem Programm zwei Milliarden Euro für die Jahre 2021 und 2022 zur Verfügung.

„Weil der Aufholbedarf vor Ort riesig ist, stellen wir mit dem zwei-Milliarden-Paket auch von Bundesseite schnelle und unbürokratische Unterstützungen für junge Menschen zur Verfügung“, sagt Sönke Rix, familienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Der Bund fördert über das Programm Maßnahmen in verschiedenen Bereichen. Dazu gehören neben dem Abbau von Lernrückständen auch die Förderung frühkindlicher Bildung, Ferienfreizeiten und außerschulische Angebote sowie die Begleitung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen im Schulalltag.

„Kinder- und Jugendliche sollen zusammen herumhängen und toben können. Das war und ist in Corona-Zeiten leider nicht selbstverständlich“ sagt Sönke Rix. „Deshalb fördern wir besonders belastete Familien mit vielseitigen Unterstützungsangeboten. Gerade für sie bauen wir das Bundesprogramm Sprach-Kitas, die Bundesinitiative Frühen Hilfen, den Kinder- und Jugendplan und gemeinnützige Familienferienangebote aus.“

Quelle: Pressemitteilung SPD–Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 07.05.2021

Kinder und Jugendliche profitieren vom Aufholpaket nach Corona, das die SPD-Fraktion im Bundestag gefordert hat. Mit dem Paket unterstützen wir junge Menschen mit insgesamt zwei Milliarden Euro – auch für außerschulische Maßnahmen. Das Bundeskabinett beschließt das Corona-Aufholpaket heute.

„Kinder- und Jugendliche sollen zusammen herumhängen und toben können. Das war und ist in Corona-Zeiten leider nicht selbstverständlich. Deshalb fördern wir besonders belastete Familien mit vielseitigen Unterstützungsangeboten. Gerade für sie bauen wir das Bundesprogramm Sprach-Kitas, die Bundesinitiative Frühen Hilfen, den Kinder- und Jugendplan und gemeinnützige Familienferienangebote aus.

Kinder und Jugendliche sollen sich engagieren und verwirklichen können. Deshalb stärken wir bundesweite Engagementstrukturen. Dazu gehören sowohl die Freiwilligendienste als auch die Deutsche Engagementstiftung.

Damit alle jungen Menschen eine Perspektive bekommen, sorgen wir für wichtige Impulse bei der Schulsozialarbeit und stellen der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung zusätzliche Gelder für die ‚Aktion Zukunft‘ zur Verfügung.

Weil der Aufholbedarf vor Ort riesig ist, stellen wir mit dem zwei-Milliarden-Paket auch von Bundesseite schnelle und unbürokratische Unterstützungen für junge Menschen zur Verfügung. Die SPD-Bundestagsfraktion packt an.“

Quelle: Pressemitteilung SPD–Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

Das von der SPD-Bundestagsfraktion lange geforderte Aufholpaket wurde heute im Kabinett beschlossen. Damit unterstützen wir junge Menschen im Kindes- und Jugendalter mit insgesamt zwei Milliarden Euro in ihrer schulischen und sozial-emotionalen Entwicklung.

„Kinder- und Jugendliche haben durch die notwendigen pandemiebedingten Einschränkungen zahlreiche Entbehrungen im Bereich des Lernens hinnehmen müssen. Daraus dürfen ihnen in ihrer Bildungslaufbahn und im Hinblick auf ihre beruflichen Wünsche keine Nachteile entstehen. Deshalb fördern wir im Rahmen des Aufholpaketes Sommerferiencamps und Lernwerkstätten sowie mit Beginn des neuen Schuljahres unterrichtsbegleitende Fördermaßnahmen in den Kernfächern.

Schülerinnen und Schüler brauchen nach über einem Jahr in der Corona-Pandemie besondere Unterstützung bei der Rückkehr in den Schulalltag oder auch im Distanzmodell. Im Rahmen des Aufholpaketes sorgen wir deshalb für mehr Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter, Studierende sowie Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen an den Schulen, die den Schülerinnen und Schülern als Mentorinnen und Mentoren zur Seite stehen.

Flankiert wird das Programm durch zahlreiche Maßnahmen im Bereich der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Dafür hat die SPD-Bundestagsfraktion hart gekämpft und sich schließlich durchgesetzt. Weil gutes Lernen und Aufholen für uns mehr ist als ein paar Stunden Nachhilfe. Wir sehen Kinder und Jugendliche als ganzheitliche Persönlichkeiten.“

Quelle: Pressemitteilung SPD–Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

Das Bundeskabinett hat heute das „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche für die Jahre 2021 und 2022“ beschlossen: Mit zwei Milliarden Euro will die Bundesregierung die Folgen der Corona-Maßnahmen für Kinder und Jugendliche abmildern. Hierzu können Sie den digitalpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Tankred Schipanski, gern wie folgt zitieren:

„Bei den anstehenden Bund-Länder-Verhandlungen müssen die Bundesmittel von den Ländern jetzt dafür genutzt werden, bestehende digitale Anwendungen von den vielen Digitalinitiativen und EdTech-Startups nutzbar zu machen und den Schulen sowie Lehrkräften zur Verfügung zu stellen. Die ‚Initiative deutscher digitaler Bildungsanbieter‘ unterstütze ich dabei ausdrücklich. Es gibt hervorragende digitale Module, zum Beispiel bei der Lernstandsermittlung und bei adaptiven Lernanwendungen. Die Mittel sollten jetzt nicht für eingescannte Aufgabenblätter ausgegeben werden, sondern für Anwendungen mit einem echten Mehrwert in der digitalen Schulbildung.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

Bund bringt milliardenschweres Nachhilfeprogramm für 2021 und 2022 auf den Weg

Zu dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ erklären der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Albert Rupprecht, und die zuständige Berichterstatterin Dr. Dietlind Tiemann:

Albert Rupprecht: „Die Corona-Pandemie erfordert ein besonderes gesamtstaatliches Engagement. Noch nie waren die Schulen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland so lange und so massiv beeinträchtigt. Die Auswirkungen auf die Lernsituation der Kinder und Jugendlichen ist offensichtlich und begründet eine außerordentliche Kraftanstrengung des Bundes. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hat frühzeitig ein Nachhilfeprogramm angeregt und die Gespräche mit den Ländern dazu gesucht. Als Union wollen wir, dass Schüler durch die Corona-Pandemie nicht den Anschluss verlieren. Daher begrüßen wir den heutigen Kabinettbeschluss ausdrücklich und haben die klare Erwartungshaltung an die Länder, dass diese einen substanziellen eigenen Beitrag leisten und die Umsetzung zügig und konstruktiv begleiten.“

Dr. Dietlind Tiemann: „Das BMBF bleibt seiner Linie seit Beginn der Pandemie treu und stellt proaktiv fachliche Hilfe und dringend erforderliche finanzielle Mittel zur Verfügung. Wichtig ist uns bei dem Programm, dass die Hilfen schnell zur Umsetzung kommen können, indem vorhandene Förder- und Hilfestrukturen genutzt und erweitert werden. Den Ländern und Kommunen wird somit ein schlagkräftiges Instrument an die Hand gegeben, welches passgenau und vor allem schnell die Lernrückstände beseitigen kann – wenn es auch von den Ländern als prioritär betrachtet und umgesetzt wird.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

Aufholpaket stärkt Kinder und Jugendliche

Das Bundeskabinett hat am heutigen Mittwoch das „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche für die Jahre 2021 und 2022 – 2 Mrd. Euro“ beschlossen. Dazu erklären die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und der jugend- und familienpolitische Sprecher Marcus Weinberg:

Nadine Schön: „Mit dem 2 Milliarden Euro schweren Nachhilfe- und Sozialpaket wollen wir Lernrückstände sowie physische und seelische Belastungen bei Kindern und Jugendlichen auffangen. Schon jetzt ist klar: Die pandemiebedingten Folgen für Kinder und Jugendliche werden uns noch über Jahre beschäftigen. Deshalb ist es entscheidend, dass wir jetzt handeln und kein Kind zurücklassen: mit maßgeschneiderter und niedrigschwelliger Unterstützung zum Abbau von Lernrückständen, aber auch zur Förderung frühkindlicher Bildung, für Freizeit-, Ferien- und Sportaktivitäten sowie für die Begleitung von Kindern und Jugendlichen im Alltag und in der Schule. Mir war es ein besonderes Anliegen, dass auch das für unser gesellschaftliches Miteinander so unverzichtbare bürgerliche Engagement in Vereinen und Organisation vor Ort unmittelbar profitieren kann. Dazu haben wir 30 Millionen Euro für die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt eingeplant.“

Marcus Weinberg: „Mit dem 2-Milliarden-Aufholpaket starten wir durch: Wir unterstützen Kinder, Jugendliche und ihre Familien in einer schwierigen Zeit zielgenau und bedarfsorientiert.

Denn eines ist uns von CDU/CSU klar: Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie haben Spuren auf den Seelen unserer Kinder hinterlassen. Den Kindern fehlen nicht nur die Schulen und Kitas, sondern auch die Freizeit- und Sportangebote sowie Angebote der Kinder- und Jugendhilfe. Ein Großteil ihrer Lebensräume und ihrer sozialen Kontakte fallen aktuell weg.

Das wollen wir mit einem umfangreichen Aktionsprogramm ändern: Mit zusätzlichen finanziellen Mitteln auch für die Jugendarbeit im Sport werden wir niedrigschwellige Angebote für Bewegung, Spiel und Sport für Kinder und Jugendliche ermöglichen. Ziel ist es, wieder Spaß an Bewegung und Lebensfreude zu fördern und das Wir-Gefühl zu stärken, damit alle Kinder Zugang zu Bewegung und Gesundheit sowie sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe bekommen. Mit zusätzlichen Freiwilligendienststellen in Schulen aber auch in der Sportorganisation soll ein wertvoller Beitrag zum zivilgesellschaftlichen Zusammenhalt erbracht werden.

Durch eine gezielte Förderung von Kinder- und Jugendfreizeiten in den Ländern und eine Erleichterung von Familienferienzeiten unterstützen wir Kinder, Jugendliche und Eltern darin, sich von den derzeitigen Strapazen zu erholen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

Zu den Kabinettsbeschlüssen zum Aufholpaket für Kinder und Jugendliche und zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder erklären Margit Stumpp, Sprecherin für Bildungspolitik, und Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Es war höchste Eisenbahn, dass über ein solches Paket endlich auch entschieden wird. Denn damit die Maßnahmen greifen können, bedarf es vielfältiger Vorbereitung. Es liegt nun an allen Verantwortlichen, dass schnellstmöglich eine gradlinige, verlässliche Umsetzung erfolgt. Bund und Ländern dürfen keine weitere Zeit vergeuden, denn die Angebote müssen in diesem Sommer, spätestens aber zum Schuljahresbeginn vor Ort starten. Auch wird mit der konkreten Planung zu sehen sein, ob die schulischen und außerschulischen Angebote auch ausreichend sind und genügend Kinder und Jugendliche erreichen.

Ein Programm für das Aufholen von Lernrückständen ist ebenso wichtig wie dringend. Damit dieses Lernlücken-Programm ein echter Startschuss für mehr Bildungsgerechtigkeit jetzt und in Zukunft sein kann, brauchen wir neue Formen der Zusammenarbeit der föderalen Ebenen und längerfristige Unterstützungsangebote, um die Ungleichheiten strukturiert zu verringern, indem wir etwa einen umfassenden Bildungsschutzschirm für Kinder und Jugendliche aufspannen. Die Folgen der pandemiebedingten Schulschließungen werden längere Aufmerksamkeit und Anstrengungen bedürfen als das eine Jahr, das von der Bundesregierung adressiert wird.

Es gibt nach dem Lockdown großen Bedarf an Unterstützung – gerade auch was die psychosozialen Folgen der Pandemie betrifft -, denn Kindern, Jugendlichen und Familien ist in der Pandemie Folgenschweres zugemutet worden. Für Kinder und Jugendliche im Sozialleistungsbezug ist dabei ein einmaliges Freizeitgeld von 100 Euro unzureichend. Schon längst wäre ein Corona-Zuschlag für sie von monatlich 60 Euro notwendig, um ihre Teilhabemöglichkeiten zu wahren. Die finanzielle Stärkung der Frühen Hilfen durch den Bund ist gut, sie war aber schon ohne die Pandemieauswirkungen längst überfällig. An dieser Stelle hat die Bundesregierung schlicht und ergreifend ihr Versäumtes nachgeholt.

Zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder: Besser spät als nie. Auf den letzten Metern legt die Koalition nach vier verlorenen Jahren endlich einen  Gesetzentwurf zum Ganztagsausbau vor. Das wäre immerhin ein Schritt nach vorne. Die bittere Pille: Union und SPD lassen Grundschulkinder ein weiteres Jahr warten. Der Ausbau von Ganztagsschulen muss jetzt umgehend angegangen werden. Gute Ganztagsschulen und Horte sind entscheidend, damit Kinder stark aus der Krise kommen. Damit sich alle Kinder und Eltern auf gute Bildung und Betreuung verlassen können, braucht der Rechtsanspruch eine seriöse Finanzierung. Dazu gehört eine faire Kostenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen.

Ein rein quantitativer Ganztagsausbau verbessert weder Bildungs- noch Chancengerechtigkeit. Entscheidend ist, dass die Angebote auch qualitativ abgesichert werden. Dazu ist eine Qualifizierungsoffensive für pädagogisches Personal in Schulen und Horten ebenso erforderlich wie eine bessere Vergütung und attraktivere Arbeitsbedingungen. Schulen brauchen professionelle Unterstützung bei Schulentwicklungsprozessen und langfristige Unterstützung bei der Digitalisierung. Hier bleibt die Regierung notwendige Vorschläge und substanzielle Unterstützung schuldig.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

„Das Aufholpaket ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber bei weitem nicht ausreichend, weil es nicht langfristig angelegt ist und mit zwei Milliarden Euro viel zu klein ausfällt. Während für große Unternehmen geklotzt wurde, wird für ärmere Familien nur gekleckert. Allein für die Lufthansa waren in Windeseile neun Milliarden Euro da. Am Armutssystem Hartz IV hält die Regierung hingegen auch in der Krise fest, die für alle Menschen eine enorme Mehrbelastung und durch Homeschooling und Infektionsschutz auch Mehrkosten bedeutet. Da ist ein einmaliger Bonus von 100 Euro für ärmere Familien blanker Hohn. Es ist Zeit für eine soziale Familienpolitik, die eine Kindergrundsicherung schafft, die soziale Infrastruktur für Kinder und Familien ausreichend finanziert und ein echtes Aufholpaket auf den Weg bringt“, erklärt Katrin Werner, familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, zu dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen sogenannten Aufholpaket für Kinder und Jugendliche aus ärmeren Familien.

Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, ergänzt: „Das Aufholpaket ist Schönfärberei mit Regierungsstempel. Über Monate hat die Bundesregierung es verpasst, Kinder und Jugendliche angemessen in ihrer Pandemie-Politik zu berücksichtigen. Wiederum ohne die geringste Beteiligung der Betroffenen selbst, hechelt sie nun den eigenen Versäumnissen hinterher. Dabei ist noch völlig unklar, wie genau sie das viel zu knapp bemessene Geld verteilen will.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

Das Bundesfamilienministerium plant ein Zwei- Milliarden-„Aufholprogramm“, um die negativen Folgen der Corona-Pandemie für junge Menschen und Familien auszugleichen. Das Programm ist heute vom Bundeskabinett beschlossen worden. Dazu sagt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Das Aufholprogramm für Kinder und Jugendliche ist ein wichtiges und längst überfälliges Signal an hoch belastete Familien in Deutschland. Die Corona- Pandemie bringt viele Familien mit Kindern an den Rand ihrer Grenzen. Durch Homeschooling, geschlossene Kindertageseinrichtungen und fehlende soziale Kontakte sind Jugendliche und Kinder seit mehr als einem Jahr über die Maße belastet. Ihnen fehlen kontinuierliche Bildungsangebote, Entwicklungsförderungen und der Austausch mit Freunden. Viele Familien können ohne Unterstützung diese Lücken nicht kompensieren und aufholen. Die Einschränkungen, die junge Menschen erleben, werden ihre soziale Entwicklung, Bildungsbiographie, berufliche Chancen und Perspektiven langfristig beeinträchtigen.

Kinder und Jugendliche durch ein Bundesprogramm gezielt zu unterstützen und zu fördern, ist daher dringend notwendig; gerade, um Nachteile – insbesondere für Menschen in prekären Lebenssituationen – auszugleichen. Denn wer schon vor Corona benachteiligt war, den trifft auch die Pandemie härter. Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Jugendinstituts fühlen sich in der Corona-Krise besonders viele Kinder aus finanziell belasteten Familien einsam. Etwa ein Drittel der Kinder hatte Schwierigkeiten, mit dem Lockdown zurechtzukommen – gab es häufiger Konflikte in der Familie, betraf dies sogar mehr als die Hälfte.

Umso wichtiger ist, dass es nicht nur um ‚Aufholung‘ von Bildungslücken geht, sondern auch um psychosoziale Entlastung, Freizeitaktivitäten für Kinder und spürbare ‚Erholung‘. Das ‚Aufholprogramm‘ darf kein einmaliges ‚Wahlgeschenk‘ sein, sondern wir brauchen Programme, die Familien, Kinder und Jugendliche unmittelbar und nachhaltig fördern, damit sie ‚aufholen‘ können.

Dazu sollten Fördermittel möglichst direkt bei den Betroffenen und in der sozialen Infrastruktur ankommen.“

Weitere Informationen:

Corona-Informationsseite der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/coronavirus-hilfe-und-infos

DJI-Studie zu Kindsein in Zeiten von Corona: https://www.dji.de/themen/familie/kindsein-in-zeiten-von-corona-studienergebnisse.html

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 05.05.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt im Vorfeld der heutigen Bundestagsdebatte ausdrücklich den Gesetzentwurf zur Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Gleichzeitig appelliert die Kinderrechtsorganisation an Bund, Länder und Kommunen, den angestrebten Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen auch konsequent an den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention auszurichten. Wichtig ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes zudem die dauerhafte Finanzierung und Einhaltung von Qualitätsstandards in diesem Bereich. Ein rein quantitativer Ausbau von Betreuungsplätzen ohne ausreichende Qualitätssicherung widerspricht der in der UN-Kinderrechtskonvention normierten Vorrangstellung des Kindeswohls. Die wichtigsten Kriterien aller Anstrengungen müssen daher das psychische und physische Wohlergehen der betroffenen Kinder und eine demokratische Verfasstheit des Ganztagsangebotes sein. Hier braucht es klare, deutschlandweit einheitliche Rahmenvorgaben durch den Bund, um die Qualität dieser Plätze nachhaltig sicherzustellen.

„Der Ausbau der Ganztagsbetreuung an Grundschulen muss sich konsequent an den in der UN-Kinderrechtskonvention normierten Kinderrechten ausrichten. Dazu müssen klare Rahmenvorgaben durch den Bund im Kinder- und Jugendhilfegesetz festgeschrieben werden, um so eine Umsetzung unabhängig vom Wohnort der Kinder zu garantieren. Dafür braucht es qualifiziertes pädagogisches Personal durch eine entsprechende Ausbildung angehender pädagogischer Fachkräfte und die Fort- und Weiterbildung von bereits im Hort und Ganztag tätigen Fachkräften. Um den Bedarf an zusätzlichen Erzieherinnen und Erziehern an den Grundschulen zu decken, muss zudem bereits jetzt die Erhöhung der erforderlichen Ausbildungskapazitäten kurzfristig umgesetzt werden“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die Qualitätsstandards müssen sicherstellen, dass die Ganztagsbetreuung nicht in mittelmäßigen Verwahranstalten am Nachmittag endet. Ganztagsbetreuung muss Ganztagsbildung ermöglichen, die sich an kindlichen Bedarfen und individuellen Entwicklungsschritten orientiert, die über den Tag verteilt Raum für formale und non-formale Bildung und für die persönliche Entwicklung der Kinder, aber auch für Spiel, Erholung und Bewegung bietet. Bei den Investitionen in Neu- und Umbauten müssen deshalb auch Räume für freies Spiel und Außengelände sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht mitgedacht und finanziert werden. Zudem ist die Öffnung von Schulen in den Sozialraum und die verpflichtende Zusammenarbeit mit außerschulischen Bildungspartnern voranzutreiben. Das gilt es ebenso zu beachten wie die Sicherstellung eines angemessenen Personalschlüssels, und eine qualitativ gute Mittagsverpflegung nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung“, so Hofmann weiter.

Bei der Erarbeitung von Ganztagskonzepten in den Schulen selbst ist es nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes wichtig, nicht nur Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher sowie die Eltern einzubeziehen, sondern vor allem die Rechte und Interessen der Schülerinnen und Schüler ausreichend zu berücksichtigen. Die Beteiligung von Kindern ist in Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention normiert und darf nicht am Schultor enden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 07.05.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert im Vorfeld der heutigen Sitzung des Bundeskabinetts das von der Bundesregierung geplante „Corona-Aufholpaket“ für Kinder und Jugendliche als völlig unzureichend. „Natürlich hört sich ein Zwei-Milliarden-Programm erst einmal gut an, aber im Endeffekt werden damit weniger als 150 Euro pro Kind in die Hand genommen. Das wird bei Weitem nicht ausreichen, um auch nur annähernd die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen zur Bewältigung der Corona-Pandemie zu decken. Dafür sind die Befunde der Studien über die Auswirkungen der Pandemie auf die physische und psychische Verfassung unserer Kinder zu gravierend. Und wenn dann die Hälfte des Geldes unter Einbeziehung kommerzieller Nachhilfeeinrichtungen für die Kompensation der Versäumnisse der Schulen eingesetzt werden soll, ist das Paket in der Gesamtschau eher ein schlechter Witz. Denn von entscheidender Bedeutung sind langfristige und nachhaltige Investitionen in bereits bestehende Strukturen, die Krisenfestigkeit und die Digitalisierung von Schulen. Zudem braucht es jetzt außerschulische Angebote unter Einbezug erfahrener Akteure der Zivilgesellschaft und Jugendhilfe, die soziale Interaktion ermöglichen, Bewegungs- und Ernährungsangebote für Kinder und Jugendliche schaffen sowie eine Ansprechfunktion in schwierigen familiären Situationen bieten“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Das ‚Corona-Aufholpaket‘ ist im Endeffekt die Fortsetzung des leeren Versprechens ‚Schulen und Kitas zuerst‘, von dem nicht mehr viel übriggeblieben ist. Die vielerorts dramatischen Berichte aus Kinder- und Jugendarztpraxen, aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie oder aus Kinderhäusern zeigen ganz deutlich, dass sowohl Ängste, Vereinsamung, Unsicherheiten und Depressionen bei Kindern und Jugendlichen als auch innerfamiliäre Konflikte deutlich zugenommen haben. Mit warmen Worten und einem halbherzigen Programm ist den Kindern und Jugendlichen in Deutschland nicht geholfen, notwendig sind nachhaltige und effiziente Maßnahmen zur Stärkung des Bildungswesens und der Jugendhilfe“, so Krüger weiter.

„Es muss sichergestellt werden, dass das ‚Corona-Aufholpaket‘ nicht an den Bedarfen der Kinder und Jugendlichen vorbeigeplant wird. Das kann am besten gelingen, wenn die wesentlichen Akteure der Kinder- und Jugendhilfe ebenso wie die Kinder und Jugendlichen selbst auf einem ‚Corona-Kindergipfel‘ über die notwendigen Weichenstellungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie diskutieren und mitentscheiden. Bei allen Maßnahmen, die jetzt auf den Weg gebracht werden, muss aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes klar sein, dass Kinder und Jugendliche als ‚ganze Menschen‘ und als umfassende Persönlichkeiten betrachtet und nicht auf ihr Dasein als Schülerinnen und Schüler reduziert werden dürfen. Insgesamt müssen wir insbesondere die Kinder und Jugendlichen in den Blick nehmen, die egal aus welchen Gründen, vergleichsweise schlecht durch die Corona-Pandemie kommen. Fördermaßnahmen mit der Gießkanne sind hier der falsche Weg. Niedrigschwellige Beratung-, Hilfs und Unterstützungsangebote für junge Menschen in persönlichen Problemlagen müssen ausgebaut werden“, so Thomas Krüger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 05.05.2021

Das Bundeskabinett hat heute beschlossen, ein „Aufholpaket“ über 2 Milliarden Euro zu schnüren. Damit will der Bund die Länder bei Nachhilfe und Förderung für Schüler:innen  mit einer Milliarde sowie der Aufstockung sozialer Programme mit einer weiteren Milliarde unterstützen.

Das sei sehr begrüßenswert, so die Bundesgeschäftsführerin des Verbands binationaler Familien und Partnerschaften Chrysovalantou Vangeltziki. „Dabei kann es aber nicht bleiben. Die Kinder, die in der Pandemie besonders betroffen sind, sind die gleichen, die auch vorher schon unter Bildungsungerechtigkeit litten. Das sind besonders migrantische Kinder und hier braucht es eine größere Anstrengung seitens der Bildungspolitik, um diese Ungerechtigkeiten zu beheben.“, so Vangeltziki.

Alle Studien zeigten, dass einkommensschwache und Menschen mit Migrationsbezug am stärksten von der Pandemie betroffen sind. Sei es im sozialen, im ökonomischen, gesundheitlichen und eben auch im Bildungsbereich. Die Ifo-Studie vom April 2021 habe erneut festgestellt, dass Schüler:innen im Durchschnitt 3 Stunden weniger Schulunterricht hatten als vor Corona. Jedes vierte Kind habe sich sogar nur zwei Stunden täglich mit schulischen Aufgaben befasst. Förderunterricht, Nachhilfe oder Ferienschule hätten überproportional Akademikerkinder in Anspruch genommen und nicht die benachteiligten Kinder, die eine gezielte Förderung bräuchten.

„Das ist eine bildungspolitische Katastrophe. Ausgerechnet die Kinder und Jugendlichen, die es am meisten brauchen, haben seltener Online-Unterricht und auch weniger individuellen Kontakt zu ihren Lehrkräften wie es die Ifo-Studie zeigt! Wir haben bereits im März 2020 darauf hingewiesen, dass die sowieso schon benachteiligten Kinder und Jugendlichen ganz besondere Berücksichtigung brauchen. Es wird wieder einmal deutlich, dass es noch immer nicht gelungen ist, hier Konzepte zu erarbeiten, die an der Benachteiligung migrantischer Kinder im Bildungsbereich ansetzen, um mehr Bildungsgerechtigkeit zu verwirklichen“, so Vangeltziki

Die Quote der Schulabbrecher:innen habe sich in 2020 verdoppelt, in 2021 werde es nicht viel besser. Viele Kinder- und Jugendliche seien während der Schulschließungen regelrecht abgetaucht, nicht mehr erreichbar gewesen. In einer bundesweiten Befragung von Jugendämtern kommt das Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz (ISM) auch zu dem Schluss, dass sich vor allem die Situation von Kindern mit Migrationsbezug und bildungsbenachteiligten Schülern noch weiter verschlechtern wird.

„Was wir jetzt brauchen ist nicht nur eine Aufstockung von Lehrpersonal. Das ist eine wichtige langfristige Maßnahme. Wir brauchen dringend eine bedarfsorientierte, individuelle Begleitung migrantischer und benachteiligter Kinder und ihrer Eltern. Wir brauchen diversitätssensible Teams in den Schulen, Mentoringprogramme und mehr Schulsozialarbeit. Wir brauchen vor Allem mehr Zuständigkeit auf der Bundesebene, um flächendeckend qualitative Standards zu setzen. Jedes Bundesland macht in der Bildungspolitik was es will – das kann auf Dauer nicht funktionieren. Die Bildungspolitik muss endlich begreifen, dass hier Potentiale verloren gehen und die Gesellschaft das in den nächsten Jahrzehnten dann zu tragen hat.“

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. vom 05.05.2021

  • Bundesregierung bringt „Aktionsprogramm Aufholen“ auf den Weg
  • Bentele: „Das Paket ist ein richtiger Schritt, kommt aber zu spät“

Die Bundesregierung schnürt ein Paket mit zwei Milliarden Euro, um Kinder und Jugendliche in der Corona-Pandemie zu unterstützen. Das „Aktionsprogramm Aufholen“ wurde am Mittwoch, 5. Mai vom Bundeskabinett beschlossen. Eine Milliarde Euro soll in Nachhilfe- und Förderprogramme für Schülerinnen und Schüler fließen, mit der zweiten Milliarde Euro sollen soziale Programme aufgestockt werden. VdK-Präsidentin Verena Bentele:

„Endlich wird die Bundesregierung aktiv. Es ist gut, dass das Paket kommt, aber es kommt reichlich spät. Die Corona-Pandemie hat schon ihre Spuren an der jungen Generation hinterlassen: Psychisch stark belastet und im Homeschooling oft auf sich allein gestellt, fühlen sich viele Kinder schon jetzt als Verlierer. Wenn wir nicht in Zukunft von der verlorenen Generation Corona sprechen wollen, muss die Politik mehr bieten: Schülerinnen und Schüler müssen Schulabschlüsse nachholen können. Und junge Menschen brauchen mehr Unterstützung, damit sie einen Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag in der Tasche haben und ihnen der Start ins Berufsleben gelingen kann.“

Neben dem „Aktionsprogramm Aufholen“ müssen Bund und Länder auch das gemeinsame Lernen voranbringen. Der VdK fordert, dass Inklusion nicht zur leeren Worthülse verkommt, sondern in allen Kitas, Schulen und Hochschulen umgesetzt wird.

Das Paket ist ein erster Schritt, aber um Bildungsarmut zu bekämpfen, braucht es mehr als eine Einmalzahlung von 100 Euro an Kinder, deren Eltern Grundsicherung beziehen. Bentele weiter: „Der Kampf gegen Bildungsarmut muss endlich ganz oben auf die politische Agenda. Es kann nicht sein, dass vor allem das Elternhaus entscheidet, ob Jungen oder Mädchen Erfolg in der Schule haben. Alle Kinder haben ein Recht auf Bildung und brauchen Unterstützung auf ihrem Bildungsweg.“

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland vom 05.05.2021

SCHWERPUNKT II: Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung

Heute hat die Bundesregierung die Voraussetzungen geschaffen, um eines der Flaggschiffprojekte der Koalition in dieser Legislatur für mehr Vereinbarkeit und mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung umzusetzen. Mit dem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter kann endlich eine Betreuungslücke geschlossen werden, die nach der Kita für viele Familien wieder aufklafft, wenn die Kinder eingeschult werden.

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder schafft perspektivisch dafür Abhilfe. Ab August 2026 sollen zunächst alle Kinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch darauf haben, ganztägig gefördert zu werden. Der Anspruch wird in den Folgejahren um je eine Klassenstufe ausgeweitet. Damit hat ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassenstufen 1-4 einen Anspruch auf ganztägige Betreuung.

Der Rechtsanspruch wird im SGB VIII geregelt und sieht einen Betreuungsumfang von 8 Stunden an allen fünf Werktagen vor. Die Unterrichtszeit wird angerechnet. Der Rechtsanspruch soll – bis auf maximal 4 Wochen – auch in den Ferien gelten. Hier können die Länder eine entsprechende Schließzeit regeln. Bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs wird der Freiwilligkeit der Inanspruchnahme ebenso Rechnung getragen wie der Vielfalt der Angebote vor Ort. Erfüllt werden kann der Rechtsanspruch sowohl in Horten als auch in offenen und gebundenen Ganztagsschulen.

Damit dies Wirklichkeit werden kann, müssen bis 2026 zusätzliche Plätze geschaffen werden. Den erforderlichen Ganztagsausbau unterstützt der Bund mit Finanzhilfen in Höhe von bis zu 3,5 Mrd. Euro für Investitionen in die Infrastruktur. Davon werden 750 Mio. Euro über das Investitionsprogramm zum beschleunigten Ausbau der Bildungsinfrastruktur für Grundschulkinder bereits seit Ende 2020 bereitgestellt. Auch an den laufenden Kosten wird sich der Bund beteiligen und damit die Länder dauerhaft unterstützen. Die Mittel wachsen jährlich an und erreichen 2030 dann 960 Mio. Euro pro Jahr.

Nach dem Kabinettbeschluss ist ein zügiges Gesetzgebungsverfahren vorgesehen, um eine Realisierung in dieser Legislaturperiode zu ermöglichen. Mit dem heutigen Beschluss macht der Bund deutlich, dass er die bisherigen Bedenken der Länder und Kommunen bezüglich der Umsetzung des Rechtsanspruchs ernst nimmt, denn der jährliche Anteil des Bundes an den laufenden Kosten wird auf 960 Mio. Euro in der finalen Ausbaustufe erhöht. Zudem wird das stufenweise Inkrafttreten um ein Jahr verschoben auf das Schuljahr 2026/27.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder kann zum Gamechanger werden – für mehr Vereinbarkeit und Bildungsgerechtigkeit. Denn was vor der Pandemie wichtig war, ist nach den Erfahrungen des letzten Jahres noch dringlicher: Es braucht einen verbindlichen Rahmen dafür, dass alle Kinder gleich gut gefördert werden und ihre Chancen nutzen können. Und wir wollen Eltern ihr Leben erleichtern, in dem wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Mit dem Rechtanspruch auf Ganztagsbetreuung kommen wir beiden Zielen deutlich näher und stellen die Weichen für spürbare Verbesserungen für 2,8 Millionen Grundschulkinder und ihre Familien. Es geht aber nur mit den Ländern. Sie müssen dem Vorhaben zustimmen. Ich hoffe sehr, dass wir hier gemeinsam an einem Strang ziehen werden und eine Lösung im Interesse der Familien finden.“

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek: „Der Rechtsanspruch auf Ganztag ist ein Meilenstein in der weiteren Modernisierung Deutschlands. Durch eine Ganztagsbetreuung schaffen wir die Grundlage, um Kinder in der Anfangszeit ihres Schulbesuchs individueller fördern zu können. Das ist auch ein Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung!

Ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote bieten aber nicht nur enorme Chancen für die Grundschülerinnen und Grundschüler, sondern auch für Mütter und Väter, für die Arbeitgeber, für die Wirtschaft, für die Forschung. Das BMBF fördert auf vielfältige Weise Karriereentwicklungen, in der beruflichen Bildung ebenso wie im akademischen Bereich. Möglichkeiten der Qualifizierung und berufliche Aufstiege liegen mir daher in besonderer Weise am Herzen. Aber lebensbegleitendes Lernen erfordert Zeit. Und dies ist für Menschen mit familiären Aufgaben unmittelbar verknüpft mit einer guten und zuverlässigen Kinderbetreuung.

Nun ist es an den Ländern, mitzuziehen. Dadurch, dass der Rechtsanspruch gestaffelt eingeführt wird, gewinnen die Länder Zeit, um das erforderliche Personal auszubilden. Das Bundesbildungsministerium unterstützt bereits seit Langem bei der Qualifizierung und Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte und bei der Qualitätsentwicklung der Angebote.

Die Menschen erwarten von uns, dass wir – Bund, Länder und Kommunen – gemeinsam anpacken, um Kindern und Familien die optimale Betreuung und Förderung zu ermöglichen.“

Hintergrund:

Mit dem Beschluss setzt die Bundesregierung ein zentrales Vorhaben des Koalitionsvertrags zwischen CDU/CSU und SPD um und sendet ein wichtiges Signal: In Zeiten großer finanzieller Anspannung investiert Deutschland in die Zukunft und in die junge Generation. Die aktuelle Krise hat gezeigt, wie wichtig eine gute und verlässliche Kinderbetreuung ist.

Der geplante Rechtsanspruch stellt die Weichen für eine strukturelle Verbesserung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der Chancengerechtigkeit. Mit dem Infrastrukturausbau wird zudem ein konjunktureller Impuls ausgelöst, auch um den Herausforderungen der Corona-Krise zu begegnen.

Hochwertige Betreuungs- und Bildungsangebote am Nachmittag unterstützen Kinder und Jugendliche in ihrer sozialen, emotionalen und körperlichen Entwicklung. Schülerinnen und Schüler können über die Unterrichtszeit hinaus individuell gefördert werden. So lassen sich ihre Motivation und ihr Selbstwertgefühl steigern.

Vom Ausbau der Ganztagsbetreuung profitieren auch Arbeitgeber und der Staat, wie ein Gutachten des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), das im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erstellt wurde, belegt. Demnach steigt die Erwerbstätigkeit und das Erwerbsvolumen von Müttern je nach durchgerechnetem Szenario um zwei bis sechs Prozentpunkte. Familien haben dadurch ein höheres Einkommen und sind seltener auf staatliche Unterstützung angewiesen. Auch die Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen steigen deutlich.

Der Ausbau der Ganztagsbetreuung im Grundschulalter ist auch ein Beitrag zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Der Bedarf an Ganztagsangeboten für Kinder im Grundschulalter wird trotz des bisherigen Ausbaus der Betreuungsinfrastruktur in den Ländern noch nicht gedeckt. Während in manchen Bundesländern die Betreuungsquote bei über 80 Prozent liegt, liegt sie in vielen Regionen deutlich darunter.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 05.05.2021

Der Rechtsanspruch auf ganztägige Angebote für Bildung, Erziehung und Betreuung kommt. Das hat das Bundeskabinett heute beschlossen. Die SPD-Fraktion im Bundestag hat jetzt endlich in der Koalition erreicht, dass ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder in Tageseinrichtungen und Grundschulen ausgebaut werden.

„Mit dem heutigen Beschluss im Kabinett für einen Rechtsanspruch auf Ganztag gehen wir einen großen Schritt in Richtung Chancengleichheit für Kinder und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Gerade in der Nach-Corona-Zeit wird es darauf ankommen, allen Kindern beste Bildungs-, Entwicklungs- und Teilhabechancen zu eröffnen. Kein Kind darf zurückgelassen werden. Und eine Ganztagsbetreuung im Grundschulalter gibt Kindern mehr Zeit zum Lesen, Schreiben, Rechnen, Spielen und Sporttreiben.

Oliver Kaczmarek, bildungspolitischer Sprecher:

„Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig ein gut funktionierende Kinderbetreuung ist und wie sehr Bildungschancen von verlässlichen Angeboten und festen Strukturen abhängen. Deshalb führen wir den Anspruch auf ganztägige Förderung für Grundschulkinder zum 1. August 2026 ein. Damit bleibt mehr Zeit, um Strukturen und Personal in den Kommunen aufzubauen.

Der Bund beteiligt sich mit 3,5 Milliarden Euro an den Investitionskosten und langfristig mit rund einer Milliarde Euro jährlich auch an den Betriebskosten. Für die SPD-Fraktion im Bundestag ist wichtig, dass wir damit einen neuen Schub zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie besseren Bildungschancen für alle Kinder geben“.

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 05.05.2021

Bis zum Schuljahr 2025/2026 soll bundesweit ein Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung von Grundschulkindern geschaffen werden. Viele Eltern wünschen sich das. Doch was wollen eigentlich die Kinder? Eine Studie rekonstruiert 14 Qualitätsdimensionen eines guten Ganztags aus Kindersicht.

Ein Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung muss pädagogisch wertvoll sein

Ab dem Schuljahr 2025/2026 soll bundesweit ein Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung von Kindern im Grundschulalter geschaffen sein. Neben einer ausreichenden Anzahl an Plätzen sollen es qualitätsvolle, auswahlfähige und verlässliche Angebote werden.

Grundschulkinder wissen, was sie im Ganztag glücklich macht

Flankierend zum Gesetzesvorhaben hat sich 2018 eine Expert*innen-Runde „Rechtsanspruch guter Ganztag“ gebildet, in der Wissen und Diskursräume für die an der Umsetzung des Rechtsanspruchs Beteiligten zur Verfügung gestellt werden. Hierdurch sollen fundierte Erkenntnisse zur Umsetzung des Rechtsanspruchs für Kinder im Grundschulalter die pädagogische Qualität in Ganztagsangeboten sichern.

Die aktuellste Veröffentlichung aus ihrer fast dreijährigen Arbeit richtet mit der Studie „Ganztag aus der Perspektive von Kindern im Grundschulalter“ den Blick gezielt auf die Grundschulkinder, für die dieser Rechtsanspruch vorrangig gedacht ist: Wie blicken Kinder als Experten ihrer selbst auf ganztägige Bildungseinrichtungen? Welche Dinge sind ihnen wichtig? Was gefällt ihnen, was gefällt ihnen nicht? Was wünschen sie sich mit Blick auf Angebote, Zeitstruktur, Verbindlichkeit, Pädagogen, Räume, Essen, etc.? Kurz gesagt: Was brauchen Grundschulkinder, um glücklich aufzuwachsen? Und mit Blick auf das Ziel Chancengerechtigkeit: Inwiefern unterscheiden sich Kinder in ihren Bedürfnissen an ganztägiger Förderung und Bildung? Lassen sich diese Bedürfnisse bestimmten Sozialisationskontexten/ elterlichen Hintergründen/ sozioökonomischen Schichten zuordnen?

Diesen Fragen hat sich das Forschungsteam Bastian Walther, Iris Nentwig-Gesemann und Florian Fried in ihrer Studie gewidmet und Kindern dazu das Wort gegeben. Dabei wurden 14 Qualitätsdimensionen eines „guten“ Ganztags aus Kindersicht rekonstruiert, die noch einmal zu vier Qualitätsbereichen abstrahiert wurden: »Die Gestaltung positiver pädagogischer Beziehungen«, »die Gestaltung einer positiven Peer-Kultur«, »die produktive Bearbeitung von Themen und Aufgaben der mittleren und späten Kindheit« sowie »die Erweiterung des Bildungsraums Ganztag in die Natur und die Außenwelt«.

Die explorative Studie folgt den Kernprinzipien einer dokumentarischen Kindheitsforschung und erkennt Mädchen und Jungen als Subjekte von Forschung und Qualitätsentwicklung an. Die Autor*innen diskutieren im Kontext zunehmender Institutionalisierung von Kindheit, welche Potenziale mit dem Ganztag verbunden sein können und vor welchen Herausforderungen sein Ausbau steht, wenn das Wohlergehen, das Glück und die Rechte der Kinder ins Zentrum gestellt werden. Beauftragt von der Bertelsmann Stiftung, wurde diese Kinderperspektivenstudie realisiert mit Unterstützung des Arbeiterwohlfahrt Bundesverbands, der Robert Bosch Stiftung und der Stiftung Mercator als Initiatoren der Expert*innen-Runde.

Weitere Fachexpertisen für einen guten Ganztag

Im Verlauf der bislang acht Veranstaltungen der Expert*innen-Runde „Rechtsanspruch guter Ganztag“ wurden weitere Publikationen veröffentlicht:

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 05.05.2021

Die Bundesregierung hat heute den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter beschlossen. Der DGB setzt auf ein schnelles parlamentarisches Verfahren, damit das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode kommt. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack sagte am Mittwoch in Berlin:

„Es ist höchste Zeit, dass Bund und Länder dieses wichtige bildungs-, familien- und sozialpolitische Vorhaben auf den Weg bringen und gemeinsam mehr Ganztagsangebote für Grundschulkinder schaffen. Dafür war es wichtig, dass der Bund seinen finanziellen Anteil am Ausbau deutlich erhöht. So können Familien ab 2026 schrittweise besser planen und mehr Schülerinnen und Schüler an Förderangeboten teilnehmen. Beides ist gerade nach der Pandemie enorm wichtig.

Notwendig sind allerdings deutlich mehr gut qualifizierte pädagogische Fachkräfte, damit der Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung nicht verpufft. Denn schließlich muss auch die Qualität der Betreuungsangebote überzeugen. Schon heute ist der Fachkräftemangel in der frühen Bildung und Betreuung eklatant. Dies wird sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen, wenn Bund und Länder nicht zügig eine Fachkräfteoffensive für frühe Bildung starten. Bis 2030 brauchen wir mindestens 300.000 Erzieherinnen und Erzieher, bis 2025 über 10.000 Grundschullehrkräfte.“

Hintergrund:

Mit dem Ganztagsförderungsgesetz sollen Grundschulkinder von der ersten bis zur vierten Klasse einen Rechtsanspruch auf Betreuung von acht Stunden pro Tag bekommen. Ab dem Jahr 2025 soll dies zunächst für die Erstklässler gelten, in den Folgejahren sollen die weiteren Klassenstufen das Angebot erhalten.

Gute Ganztagsangebote fördern die Bildungschancen, insbesondere bildungsbenachteiligte Schülerinnen und Schüler profitieren davon. Jedes fünfte Kind in Deutschland ist von Armut bedroht. Ganztagsschulen und Horte sind für sie immens wichtige Lebens- und Erlebnisorte.

Auch familien- und gleichstellungspolitisch ist der Ganztagsausbau enorm wichtig. Denn nur, wenn die Kinderbetreuung funktioniert, lassen sich Beruf und Familie besser vereinbaren. Es sind meist Mütter, die ihre Berufstätigkeit unterbrechen oder die Arbeitszeit reduzieren, weil es für die Kinder im Grundschulalter keine Ganztagsangebote gibt. Diese Frauen werden beruflich ausgebremst. Der Rechtsanspruch auf die Ganztagsbetreuung fördert die Gleichstellung der Geschlechter und die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt.

DGB-Empfehlungen: Gewinnung und Sicherung von Fachkräften (Erzieher*innen) in der Kindertagesbetreuung 

DGB-Empfehlungen: Schulen während und nach der Corona-Krise: Ein Programm für mehr Chancengleichheit

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 05.05.2021

SCHWERPUNKT III: Pflege und Familie

„Pflegende Angehörige brauchen dringend Verbesserungen. Die Rentenansprüche müssen rauf und alle Angehörige, die pflegen, sollen Ansprüche erwerben können, auch Altersrentner und arbeitslose Menschen“, erklärt Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE, anlässlich der heutigen Anhörung zum Antrag „Rentenplus für pflegende Angehörige“. Zimmermann weiter:

„Besonders optimistisch stimmen mich die Aussagen aus dem Sozialverband VdK, der unseren Antrag ausdrücklich und vollständig begrüßte. Es ist doch absurd: Sichern pflegende Angehörige gute Pflege durch zusätzliche professionelle Pflegedienste, werden Rentenleistungen auch noch gekürzt. Und wer bereits Altersrente bezieht, erwirbt gar keine Ansprüche. Die vielen Pflegestunden im Pflegegrad 1 werden bisher völlig ignoriert.

Wohin das führt, machte vor allem der Zusammenschluss pflegender Angehöriger „wir pflegen“ e.V. deutlich: in Altersarmut, vor allem von Frauen. In den Stellungnahmen unterstützten auch die Caritas, der BAG Selbsthilfe und der Pflegeexperte Prof. Heinz Rothgang Verbesserungen für pflegende Angehörige. Auch über die Rentenregelungen hinaus. Angesichts dessen erwarte ich, dass die Koalition in ihrer angekündigten Finanzierungsreform der Pflege unsere Vorschläge aufgreift.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 05.05.2021

„Das ist eine wichtige Unterstützung für unsere Forderungen“, sagt Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE, über die heute vom Deutschen Institut für Altersvorsorge veröffentlichen Ergebnisse zu den Belastungen pflegender Angehöriger. Anlässlich der morgigen Anhörung zum Antrag „Rentenplus für pflegende Angehörige“ ergänzt sie:

„Angehörige, die pflegen, leisten Arbeit, die einer Wertschöpfung von mindestens 44 Milliarden Euro im Jahr entspricht – so viel wie die kompletten Rüstungsausgaben. Dennoch sind viele nicht nur während der Pflege arm. Denn die Lohnarbeit muss oft reduziert, häufig ganz aufgegeben werden. Und die bislang möglichen zusätzlichen Rentenansprüche sind lächerlich. Der anstrengenden und häufig mit Armut verbundenen Pflege folgt dann: Altersarmut. Diese unwürdigen Zustände müssen endlich beendet werden.

Hinzu kommen Demütigungen verschiedener Art im Pflegealltag. Nutzen pflegende Angehörige für Entlastung und Pflegequalität einen Pflegedienst, werden die Rentenansprüche noch gesenkt. Und obwohl sich häusliche Pflege West von der Pflege Ost nicht unterscheidet, fallen die Rentenansprüche für pflegende Angehörige in Ostdeutschland niedriger aus. Und leisten Angehörige im Rentenalter Pflege, wird dafür gar nichts mehr in die Rentenkasse eingezahlt. Das gilt auch für pflegende Angehörige, die mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten. Daher fordern wir: Rentenansprüche auch im Pflegegrad 1 und für Menschen, die schon Altersrente beziehen. Höhere Leistungsbeträge in allen Pflegegraden und endlich eine Gleichstellung von pflegenden Angehörigen in Ost und West. Mit Spannung erwarte ich die Einschätzungen der Sachverständigen in der Anhörung am 5. Mai 2021 dazu.“

Link zur Anhörung:

www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw18-pa-gesundheit-rente-836184 Anmerkung: Die 44 Mrd. Euro Wertschöpfung gehen zurück auf Angaben und Berechnungen von „wir pflegen e. V.“ (https://www.wir-pflegen.net/aktuelles/nachrichten/104-nachrichten/492-pandemie-wir-brauchen-groesstmoeglichen-schutz-von-pflegenden-angehoerigen-und-gesellschaftliche-teilhabe) sowie vom Sozialverband Deutschland e. V.: www.sovd.de/fileadmin/bundesverband/pdf/broschueren/pflege/SoVD_Gutachten_Altersarmut_Frauen2019.pdf (S. 40 – 42).

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 04.05.2021

Die Vorschläge von Linken und Grünen für eine praktische Entlastung und rentenrechtliche Besserstellung pflegender Angehöriger finden bei Betroffenen und Fachverbänden viel Zustimmung. Anlässlich einer Anhörung über Vorlagen der beiden Fraktionen am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages wiesen die Experten auf die enorme Arbeitsleistung hin, die von Angehörigen in der Pflege erbracht wird. Zugleich riskierten die ehrenamtlichen Pfleger, durch Gehaltseinbußen in die Altersarmut zu rutschen. Sachverständige forderten in ihren schriftlichen Stellungnahmen substanzielle Verbesserungen für pflegende Angehörige.

Die Linksfraktion fordert in ihrem Antrag (19/25349) höhere Rentenleistungen für pflegende Angehörige. Die Grünen-Fraktion schlägt in ihrem Antrag (19/28781) vor, das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz zu einem Gesetz für mehr Zeitsouveränität für pflegende Angehörige weiterzuentwickeln.

Der Sozialverband VdK mahnte, die langjährige Betreuung dürfe für pflegende Angehörige im Alter nicht zur Armutsfalle werden. Deshalb müssten die Pflegezeiten rentenrechtlich verbessert werden. Von den rund 4,1 Millionen Pflegebedürftigen würden 80 Prozent zu Hause versorgt. Nur 673.000 Personen seien 2018 als nichterwerbsmäßig Pflegende in der Rentenversicherung pflichtversichert gewesen. Somit werde die Pflegearbeit von einem Großteil der Angehörigen gar nicht rentenrechtlich anerkannt.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG Selbsthilfe) erklärte, ohne pflegende Angehörige wäre die Corona-Pandemie kaum zu bewältigen. Schon vor der Pandemie seien viele pflegende Angehörige ausgebrannt gewesen, dieses Gefühl habe sich seither erheblich verstärkt. Die Übernahme der Pflege bedeute für viele Angehörige erhebliche finanzielle Einbußen bei der Rente. Die Betroffenen bräuchten eine bessere rentenrechtliche Absicherung.

Nach Einschätzung der Stiftung pflegender Angehöriger haben sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die Pflege stark verändert und erfordern neue Lösungen. Die finanziell nicht dotierte Angehörigenpflege sei Basis für die Pflege. Es gebe aber weder eine Begriffsdefinition noch eine Tätigkeitsbeschreibung für die Sorge- und Pflegearbeit der Angehörigen. Es stelle sich die Frage, wie ohne Anspruch auf finanziellen Leistungsausgleich für die Pflegearbeit eine auskömmliche Altersversorgung zu erwirtschaften sei.

Der Arbeitgeberverband BDA hält die Unterstützung pflegender Angehöriger grundsätzlich für richtig. Die Pflegezeitgesetze kämen den Bedürfnissen pflegender Angehöriger schon heute weit entgegen und ermöglichten Freistellungen von der Arbeit. Darüber hinausgehende Freistellungsansprüche können zu einer übermäßigen Belastung insbesondere kleiner und mittelgroßer Firmen führen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 610 vom 05.05.2021

Anlässlich des Muttertages weist der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt auf Mehrfachbelastungen von Frauen hin und fordert eine gerechtere Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit in Familien. Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes:

„War es vorher schon schwierig, Erziehung, Beruf, Haushalt sowie die Pflege von Angehörigen unter einen Hut zu bringen, so hat die Corona-Pandemie die Situation nur weiter verschärft. Diese Fürsorgearbeit lastet nach wie vor vor allem auf den Schultern von Frauen. Insbesondere alleinerziehende Mütter sehen sich derzeit zahlreichen Belastungen ausgesetzt und stehen unter massivem Druck. Erschöpfung und Überforderung sind vielfach die Folgen dieser Mehrfachbelastungen unter aktuell extremen Bedingungen. Auch pflegende Angehörige haben aus Sorge vor Ansteckungen auf entlastende Angebote wie die Tagespflege vielfach verzichtet.“

Private Sorgearbeit führt gerade für Frauen aufgrund der strukturellen Rahmenbedingungen zu massiven ökonomischen und gesundheitlichen Benachteiligungen. In Haushalten mit kleinen Kindern liegt zum Beispiel der Gender Care Gap bei 83,8% – Väter übernehmen demnach weiterhin nur wenige Aufgaben in Haushalt und Familie. Zusammen mit dem bestehenden Gender Pay Gap von rund 19% führt das zu einer Überlastung von Frauen und einer hohen Armutsgefährdung. Ein wichtiger Bestandteil, diese Schieflage auszugleichen, sind Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen.

Unter dem Dach der gemeinnützigen Stiftung des Müttergenesungswerkes setzt sich die Arbeiterwohlfahrt deshalb für die Gesunderhaltung von Frauen und ihren Familien ein. „Als Verband der Freien Wohlfahrtspflege unterstützen wir mit Nachdruck die aktuelle Spendenkampagne des Müttergenesungswerks rund um den Muttertag unter dem Motto #gemeinsamstark“, so Döcker, „Gerade in diesen Zeiten werden Spenden zur Unterstützung erholungsbedürftiger Mütter und ihrer Kinder, für Beratung und Nachsorgeangebote sowie für Informations- und Aufklärungsarbeit mehr als dringend benötigt. Durch eine Spende können wir uns gemeinsam für Mütter stark machen – nicht nur an einem Tag im Jahr!

Die Elly Heuss-Knapp-Stiftung Deutsches Müttergenesungswerk (MGW) setzt sich seit über 70 Jahren im Rahmen der therapeutischen Kette mit einem Beratungsnetz, mit Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen sowie einem Nachsorgeangebot für die Gesundheit von Müttern und inzwischen auch von Vätern und pflegenden Angehörigen ein. Durch medizinische, physio- und psychotherapeutische sowie psychosoziale Therapien und durch den Austausch mit anderen Müttern im Rahmen der dreiwöchigen Kuren, entfliehen die Frauen dem Alltag, schöpfen neue Kraft und entwickeln veränderte Perspektiven auf ihr Zuhause

Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft, IBAN: DE13 7002 0500 0008 8555 04 oder online: www.muettergenesungswerk.de/spenden 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 07.05.2021

  • Anhörung im Gesundheitsausschuss
  • Bentele: „Der größte Pflegedienst im Land braucht dringend Unterstützung“

Pflegende Angehörige müssen endlich entlastet werden. Das fordert der Sozialverband VdK anlässlich der Anhörung im Gesundheitsausschuss am 5. Mai zur rentenrechtlichen Absicherung pflegender Angehöriger sowie zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. 3,3 Millionen Menschen werden zu Hause von ihren Angehörigen versorgt. Viele der Pflegenden sind an der Belastungsgrenze angelangt. Durch die Corona-Pandemie und den Wegfall von Angeboten wie Tagespflege und Betreuungsdiensten können sie nicht mehr. VdK-Präsidentin Verena Bentele:

„Die Große Koalition hat in dieser Legislatur weitgehend versagt und die pflegenden Angehörigen im Stich gelassen. Viele fühlen sich nach über einem Jahr der Pandemie ausgebrannt. Der größte Pflegedienst im Land ist am Ende und braucht dringend mehr Unterstützung.“

Nach Ansicht des VdK wäre es ein wichtiger und richtiger Schritt, die Pflegearbeit auch über den Renteneintritt hinaus rentenrechtlich anzuerkennen. Solange die Pflegeversicherung die Rentenbeiträge zahlt, müssen als Ausgleich Steuerzuschüsse in die Pflegeversicherung fließen. Bentele weiter:

„Pflege ist in Deutschland oft eine Familienangelegenheit: Vor allem Frauen pflegen Mütter, Schwiegerväter oder Großeltern. Doch für viele von ihnen wird die Angehörigenpflege zur Armutsfalle: Wer zu Hause seine Angehörigen versorgt, reduziert oft die Arbeitszeit oder steigt aus. Finanzielle Probleme sind die Folge. Die Einkommensverluste schmälern später die Rente. Nur wenn Pflegende gut abgesichert werden, verhindert das Altersarmut und im schlimmsten Fall den Gang zum Sozialamt. Angehörigenpflege muss in der Rente den gleichen Stellenwert haben wie Kindererziehung.“

Für viele Pflegende ist es nahezu unmöglich, Pflege und Beruf miteinander zu vereinbaren. Eine Lohnersatzleistung analog zum Elterngeld und eine Freistellung von der Arbeit analog zur Elternzeit wären für den VdK der richtige Weg, um pflegende Angehörige spürbar zu entlasten. Als größte Interessensvertretung all derer, die zu Hause pflegen oder gepflegt werden, fordert der VdK, dass diejenigen, die einen Angehörigen versorgen, sich unabhängig von der Betriebsgröße bis zu drei Jahre freistellen lassen können und ein sogenanntes Pflegepersonengeld in Höhe von 67 Prozent des letzten Gehalts bekommen. Bentele:

„Eine Lohnersatzleistung würde vielen Pflegenden etwas Luft zum Atmen verschaffen. Es wäre ein richtiges Signal an die pflegenden Angehörigen, aber auch an die Gesellschaft: Das, was die Angehörigen täglich zu Hause leisten, ist enorm. Ohne sie würde das System Pflege schlicht zusammenbrechen. Deshalb brauchen die, die es am Leben erhalten, endlich Anerkennung und eine echte Reform.“

Der Sozialverband VdK Deutschland führt derzeit gemeinsam mit der Hochschule Osnabrück die bisher größte Studie zum Thema häusliche Pflege durch. Pflegende Angehörige, Pflegebedürftige und alle anderen können sich noch bis zum 9. Mai beteiligen. Mehr Informationen zur Pflegestudie gibt es hier.

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland vom 05.05.2021

SCHWERPUNKT IV: Corona-Krise

Bundesfamilienministerin Giffey: „Wir brauchen eine neue Qualität der Vereinbarkeit“

Beim Digitalen Forum „Vereinbarkeit stärkt – Familienbewusstsein in Unternehmen“ hat Bundesfamilienministerin Franziska Giffey heute mit Verantwortlichen aus kleinen, mittleren und großen Unternehmen aus verschiedenen Branchen und Regionen über das Thema Vereinbarkeit diskutiert. Es ging ganz konkret um die betrieblichen Erfahrungen im Umgang mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf während der Corona-Krise und die Lehren für eine familienbewusste Arbeitswelt der Zukunft.

Bundesfamilienministerin Giffey appellierte dabei an die Unternehmen in Deutschland, die Erfahrungen während der Pandemie als Impulse für eine moderne Unternehmenskultur nach der Krise zu nutzen: „Die Krise ist eine immense Belastung für Eltern und Arbeitgeber. Aber sie hat auch Raum geschaffen für unkonventionelle Lösungen und neue Ideen, wie Beschäftigte Familie und Beruf trotz allem vereinbaren können. Daraus müssen wir lernen! Wir dürfen nach der Krise nicht wieder in den alten Status quo zurückfallen, sondern weiterhin Vereinbarkeit partnerschaftlich aushandeln: zwischen Müttern und Vätern, zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten, zwischen Politik und Wirtschaft. Wir brauchen eine neue Qualität der Vereinbarkeit.“

Anlässlich der Veranstaltung haben die Unternehmen auf Initiative des Bundesministeriums die gemeinsame Erklärung „Vereinbarkeit stärkt“ veröffentlicht. Mit der Erklärung bekennen sich die Unternehmen dazu, dass Vereinbarkeit vor dem Hintergrund der Fachkräftesicherung und des gesellschaftlichen Wertewandels hin zu mehr Partnerschaftlichkeit ein wesentlicher Baustein einer nachhaltigen, innovativen Wirtschaft nach der Bewältigung der Krise sein muss. Zu den Teilnehmenden des Digitalen Forums und Unterzeichnern der Erklärung gehören unter anderem die Deutsche Bahn AG, Henkel AG, SAP Deutschland SE, Stihl AG und Vaude Sport GmbH.

Unternehmen, die sich der Erklärung „Vereinbarkeit stärkt“ anschließen wollen, können sich per Mail an das Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor Familie“ wenden: info@erfolgsfaktor-familie.de.

Das Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor Familie“ ist die zentrale Plattform zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mit dem Unternehmensprogramm setzt sich das Bundesfamilienministerium zusammen mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft (BDA, DIHK, ZDH) und dem DGB dafür ein, Familienfreundlichkeit zu einem Markenzeichen der deutschen Wirtschaft zu machen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.04.2021

Die Folgen der Kontaktbeschränkungen für Kinder und Jugendliche sind Thema einer Kleinen Anfrage (19/29183) der FDP-Fraktion. Die Abgeordneten erkundigen sich bei der Bundesregierung nach bekannten Auswirkungen der Kontaktbeschränkungen auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 616 vom 06.05.2021

Mehr als 70 Prozent der 14- bis 20-Jährigen in Deutschland beklagen, dass sich die Chancen auf dem Ausbildungsmarkt durch Corona verschlechtert haben. Die Hälfte ist der Auffassung, dass die Politik wenig bis gar nichts für junge Menschen tut, die einen Ausbildungsplatz suchen. Wer demnächst ein Studium anfangen möchte, sieht die Situation dagegen deutlich positiver. Das zeigt eine Befragung unserer Stiftung.

Die Corona-Krise führt zu einer wachsenden Verunsicherung junger Menschen im Hinblick auf die Situation am Ausbildungsmarkt. 71 Prozent aller Befragten – das sind 10 Prozent mehr als im Vorjahr – sind der Ansicht, dass sich die Chancen auf einen Ausbildungsplatz durch Corona verschlechtert haben. Bei Jugendlichen mit niedriger Schulbildung sind es sogar 78 Prozent. Für zukünftige Studierende sieht es deutlich besser aus: Weniger als ein Viertel (24 Prozent) aller Befragten glaubt, die Chancen auf einen Studienplatz seien durch Corona beeinträchtigt. Zu diesen Ergebnissen kommt die zweite Ausgabe einer repräsentativen Befragung von iconkids & youth im Auftrag unserer Stiftung von Februar/März 2021.

Die Unterschiede in der Beurteilung der Zukunft sind nachvollziehbar, sagt Jörg Dräger, Vorstandsmitglied: „Wer das Abitur hat, besitzt quasi eine Studiengarantie. Jugendliche mit niedrigeren Schulabschlüssen lassen wir in Krisenzeiten allein. Das ist nicht gerecht.“

53 Prozent der Jugendlichen haben den Eindruck, die Politik tue wenig oder gar nichts für Ausbildungsplatzsuchende. Das sind noch einmal drei Prozent mehr als bei der Befragung im August vergangenen Jahres. Weitere 20 Prozent sagen, dass die Politik zwar eher viel tue, aber noch immer nicht genug. „Wir müssen jedem jungen Menschen eine Ausbildungsperspektive geben, gerade in der Krise“, fordert Dräger. Das sei eine Frage der Chancengerechtigkeit und diene der Fachkräftesicherung. „Jede Krise vernichtet dauerhaft Ausbildungsplätze. Das war 2008 so und wird auch jetzt wieder so sein. Ausbildungsprämien für Betriebe reichen leider nicht, um diese Entwicklung aufzuhalten. Wir brauchen eine Ausbildungsgarantie.“

Ausbildung nach wie vor sehr attraktiv für junge Menschen

Das Interesse junger Menschen an einer Ausbildung ist auch im zweiten Corona-Jahr groß: 41 Prozent der 14- bis 20 -Jährigen, die noch Schüler:innen einer allgemeinbildenden Schule sind, möchten auf jeden Fall eine Ausbildung machen. Weitere 36 Prozent sind noch unentschieden. Das bedeutet, dass fast vier Fünftel der Schüler:innen eine Ausbildung zumindest als Möglichkeit in Betracht ziehen.

Jugendliche, die ihren Ausbildungsplatz schon angetreten oder bereits eine Zusage erhalten haben, sind mit ihrer Wahl höchst zufrieden: Mehr als 80 Prozent geben auf einer fünfstufigen Skala die beiden positivsten Bewertungen ab. Bemerkenswert ist, dass die Zufriedenheitsquote bei Jugendlichen mit niedriger Schulbildung mit 95 Prozent besonders hoch ist. „Das Potenzial der beruflichen Bildung ist nach wie vor sehr groß. Wir müssen alles daransetzen, dieses auch zu realisieren“, so Dräger.

Berufsorientierung: Im Dschungel der Wegweiser

Die große Mehrheit (79 Prozent) der Jugendlichen in Deutschland hält zwar das Informationsangebot zur Berufswahl insgesamt für ausreichend, allerdings beklagen 54 Prozent von ihnen, dass sie Schwierigkeiten haben, sich in der Fülle von Informationen zurechtzufinden. Was speziell das schulische Angebot zur Berufsorientierung betrifft, so schneiden Hauptschulen in den Einschätzungen der Schüler:innen besonders gut ab: 43 Prozent der Jugendlichen mit niedriger Schulbildung geben an, gut bis sehr gut über Berufe informiert zu sein. Umgekehrt zeigt sich die größte Unzufriedenheit bei den jungen Menschen mit hoher Schulbildung: Hier fühlen sich lediglich 23 Prozent gut bis sehr gut informiert und fast die Hälfte von ihnen (47 Prozent) hält sich für nicht so gut oder gar nicht gut informiert.

Mehr Infos unter www.ausbildungsgarantie.de.

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung vom 29.04.2021

Katholischer Kita-Verband setzt sich für eine nachhaltige Gesamtstrategie ein

Der Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband e. V., ein Fachverband der Caritas, sieht es als dringend erforderlich an, Kindertageseinrichtungen zu entlasten und einen höheren Schutz vor Corona-Infektionen durch eine politische Gesamtstrategie sicherzustellen. „Seit über einem Jahr arbeiten die pädagogischen Fachkräfte in unseren Kindertageseinrichtungen unter den belastenden Voraussetzungen einer Pandemie“, unterstreicht Clemens Bieber, Vorsitzender des KTK-Bundesverbandes.  Durch die Angebote unserer Kitas in der Notbetreuung oder im Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen sei es vielen Menschen erst möglich, ihren beruflichen Verpflichtungen nachzukommen und unser gesellschaftliches Leben aufrechtzuerhalten, so der Würzburger Domkapitular.

„Mit Sorge beobachten wir, dass das Engagement in unseren Kindertageseinrichtungen mit einer zunehmenden Überlastung des Systems verbunden ist“, betont Mirja Wolfs, stellvertretende Vorsitzende des Kita-Verbandes. Das erhöhte Arbeitsaufkommen durch krankheits- und quarantänebedingte Personalausfälle, zusätzliche Organisations- und Koordinationsaufgaben, sowie Ängste der pädagogischen Fachkräfte vor eigenen Infektionen würden im Arbeitsfeld einen enormen Druck erzeugen, so Wolfs.

Nach Auffassung des KTK-Bundesverbandes sind in einer politischen Gesamtstrategie verlässliche Regelungen zu Corona-Schutzimpfungen, zu Hygienemaßnahmen und der regelmäßigen Testung von Erwachsenen und Kindern ebenso auszuführen wie die Notwendigkeit reduzierter Gruppengrößen und die Möglichkeit, zusätzliche öffentliche Räume für die Betreuung der Kinder unbürokratisch nutzen zu können. Die einzelnen Regelungsbedarfe liegen in der vom Verband gerade veröffentlichten Position für eine nachhaltige Gesamtstrategie Kinder, Familien und Kindertageseinrichtungen in der Pandemie stärken vor.

Quelle: Pressemitteilung Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband e. V. vom 04.05.2021

Noch immer prägt die Corona-Pandemie das Leben der rund 40 Millionen Mütter, Väter und Kinder in Deutschland. Der Deutsche Familienverband (DFV) fordert zum Muttertag, das Hauptaugenmerk auf die Familien zu legen und endlich mit ihnen in den Dialog zu treten. Ein Familiengipfel ist überfällig, so Verbandspräsident Klaus Zeh.

Die Corona-Pandemie macht sichtbar, wie systemrelevant Familien sind. Ohne die Mitwirkung von Müttern, Vätern und Kindern können Maßnahmen der Pandemiebekämpfung nicht greifen. Familien übernehmen Verantwortung, halten zusammen und kümmern sich nicht zuletzt um andere. Dem Staat fällt die Aufgabe zu, die Last von Familien zu mindern.

„Familien gehören in den Mittelpunkt des politischen Handelns. Das gilt grundsätzlich, aber besonders in dieser Krise. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Bildung, Gesundheitsschutz und Erholung sowie finanzielle Stabilität müssen für Familien gewährleistet werden. Hier hat es zu viele Versäumnisse gegeben“, sagt Zeh.

Seit März 2020 gibt es nur noch sehr wenig Normalität im Alltag von Familien. Eltern und Kinder leben unter Dauerbelastung, insbesondere seitdem im Dezember die Corona-Bestimmungen wieder verschärft worden sind. In vielen Familien sind die Kraftreserven erschöpft. Das Verständnis für die Corona-Politik des Bundes und der Landesregierungen schwindet zunehmend.

Neue Schwierigkeiten durch Bundesnotbremse

„Die bundesweite Corona-Notbremse hat die Hoffnungen von Familien auf baldige Entlastungen und Entwarnung in der Pandemie noch einmal enttäuscht. Wieder stehen Eltern unter enormem Druck, wenn die Inzidenzwerte in einem Kreis am Schwellenwert von 165 hin- und herpendeln und damit Schulen und Kindertagesstätten mal schließen und mal öffnen. Familien fühlen sich erneut von der Politik allein gelassen“, so Zeh.

Für Familien ist besonders schwer zu verstehen, dass ihre Wünsche und Bedürfnisse seit Beginn der Pandemie immer wieder nur wenig Beachtung finden, obwohl sie entscheidend zu deren Bewältigung beitragen. „Es wird ständig über Familien in der Krise gesprochen, aber nie mit ihnen. Es ist längst Zeit für einen Bundesfamiliengipfel“, sagt Zeh. „Mit Familien reden, statt nur über sie, muss das Credo lauten. Wer Akzeptanz für Regeln will, darf nicht an den Familien vorbei regieren.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 07.05.2021

Die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen müssen bei der Planung von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie deutlich stärker als bisher in den Blick genommen werden. Dies fordert die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) mit Blick auf die andauernde Ausnahmesituation in der Coronakrise. Besonders hart trifft es die 5,2 Millionen Kinder und Jugendlichen der Sekundarstufe: Viele von ihnen sind seit Dezember 2020 gar nicht oder nur wenige Tage in der Schule gewesen, je nach Bundesland. Da für sie auch die meisten Freizeitangebote geschlossen und ihre Möglichkeiten für soziale Kontakte stark eingeschränkt sind, kommt es inzwischen vermehrt zu starken psychischen Belastungen und zu gesundheit­lichen Problemen bei den Heranwachsenden. Nach Analysen des Bundesinstituts für Be­völkerungsforschung ist der Anteil der Jugendlichen mit depressiven Symptomen nach Selbsteinschätzung enorm angestiegen und betrifft über 400.000 junge Menschen mehr als vor der Pandemie.

„Die Größenordnung der gesundheitlichen, seelischen Belastung der Kinder und Jugendlichen wird völlig unterschätzt. Wir erleben eine stille „Pandemie“ im Kinderzimmer mit depressiven Symptomatiken und Angststörungen. Da die Diagnostik für psychische Erkrankungen auf­wändiger ist, fehlen genaue Zahlen. Trotzdem ist die Situation alarmierend. Jede Woche Schulschließung verschärft diese Situation. Die Jugendlichen benötigen dringend eine Perspektive. Es darf nicht sein, dass sie weiterhin die stärksten Einschränkungen von allen tragen, weil es an tragfähigen Hygienekonzepten mangelt und die Schulen in vielen Bundesländern weiterhin geschlossen bleiben. In einem Alter, in dem Jugendliche sich schrittweise aus ihrem Elternhaus lösen und soziales Lernen vorrangig mit Gleichaltrigen stattfindet, haben viele derzeit fast nur Eltern und Geschwister als Ansprechpartner“, stellt eaf-Präsident Dr. Martin Bujard fest. „Das birgt großes Konfliktpotenzial, führt zu psychischen Belastungen und kann von den ebenfalls belasteten Eltern kaum aufgefangen werden.“

Befragungen aus den letzten Monaten (JuCo I und II der Universitäten Hildesheim und Frankfurt) zeigen, dass sich die jungen Menschen mit ihren Sorgen und Ängsten, mit ihren Bedürfnissen und Ideen nicht gesehen fühlen. Sie haben den Eindruck, dass über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. „Wenn Familien ihre Kinder gut durch die schwere Zeit der Beschränkungen bringen sollen, müssen wir deren Bedürfnisse weit stärker als bisher in den Fokus rücken. Mit Schulen, die zumindest Wechselunterricht anbieten, und Angeboten für die Freizeit an der frischen Luft sollte den Heranwachsenden nicht nur schulisches Lernen, sondern insbesondere soziale Interaktion mit Gleichaltrigen ermöglicht werden – und damit wieder mehr Lebensfreude“, so Bujard weiter.

Darüber hinaus müssten für junge Menschen gerade jetzt verstärkt echte Beteiligungs­möglichkeiten geschaffen und wegweisende Entscheidungen mit ihnen gemeinsam getroffen werden. Denn wenn Kinder und Jugendliche sich in einer schwierigen und herausfordernden Situation als aktiv handelnde Personen erleben, können sie gestärkt daraus hervorgehen und tragen weniger psychische Folgeschäden davon.

Die eaf schlägt in ihrem Policy Paper „Kinderrechte und Grundgesetz“ vor, ein Kinder-Mainstreaming als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. Martin Bujard ist überzeugt: „Wenn ein solches Kinder-Mainstreaming den Staat bereits im vergangenen Jahr zu einer aktiven und wirkungsvollen Kinderrechtspolitik verpflichtet hätte, wären Familien weit besser durch die Corona-Pandemie gekommen!“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 30.04.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Handlungsfelder einer Digitalstrategie, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt

Die Covid-19-Pandemie hat zu einem großen Digitalisierungsschub in Deutschland geführt, aber auch aufgezeigt, wo es Potenzial für Verbesserungen gibt. Mit der „Agenda für smarte Gesellschaftspolitik“ stellt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vor, wie es an den digitalen Fortschritt anknüpften will und die Menschen dabei in den Mittelpunkt stellt.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Ob Home-Office, Video-Konferenzen oder papierlose Anträge – für viele Menschen gehören diese digitalen Hilfsmittel inzwischen zur alltäglichen Normalität, ohne sie wäre die Pandemie nicht zu bewältigen gewesen. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass diese Möglichkeiten nicht nur ein besseres Leben für wenige, sondern für alle Menschen in unserem Land bedeuten. Ich sehe den digitalen Wandel vor allem als Chance, das Leben einfacher, sicherer und unbürokratischer zu machen, aber es muss sozial verträglich und zugänglich gestaltet sein.“

In seiner „Agenda für smarte Gesellschaftspolitik“ beschreibt das Familienministerium in fünf Handlungsfeldern, wie die Menschen von einer smarten Gesellschaftspolitik profitieren können: Zum Beispiel können digitale Tools älteren Menschen helfen, länger eigenständig zu Hause zu leben. Mobiles Arbeiten kann zu mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen, wenn gute Kinderbetreuung gesichert ist. Intelligente Assistenten und Bots können helfen, Bürokratie abzubauen.

Die fünf Handlungsfelder im Überblick:

  1. Smarte Lebensführung: Digitale Innovationen sollen den Alltag der Menschen einfacher, sicher und sozialer machen.
  2. Digitale Souveränität:  Alle Menschen sollen digitale Technologien informell selbstbestimmt, reflektiert und sicher nutzen können. Niemand wird abgehängt.
  3. Digitale Teilhabe und Beteiligung: Alle Menschen sollen mitmachen können: für ein demokratisches Zusammenleben in der digitalen Gesellschaft.
  4. Intelligente Services: Alle Menschen bekommen den Service, den sie brauchen.
  5. Innovative Datennutzung: Zusammen mit der Zivilgesellschaft etablieren wir ein Innovationsnetz in Deutschland, in dem Daten gemeinsam, innovativ, verantwortungsvoll und gemeinwohlorientiert genutzt werden.

Um diese von uns gesteckten Ziele zu erreichen, fördert das Familienministerium bereits viele verschiedene Projekte, von denen wir ausgewählte auch in unserer Agenda als Leuchttürme vorstellen. Beispielsweise Mehrgenerationshäuser die zeigen, wie auch Digitalität Zwischenmenschlichkeit fördern kann. Ein digitaler Computerkurs für ältere Mitbewohner, Eltern-Kind-Treffs vor dem Monitor oder auch ein neuer Podcast stärken das Miteinander der Generationen. Für mehr Frauen in IT-Berufen setzt sich das Projekt „YouCodeGirls“ ein. Ziel ist es, eine digitale Lern- und Lehrplattform zu entwickeln, auf der sich Mädchen und junge Frauen weiterbilden können. YouCodeGirls wird sie mit den entsprechenden Programmierfähigkeiten ausstatten.

Die „Agenda für smarte Gesellschaftspolitik“ präsentiert eine Vision für die digitale Gesellschaft von morgen: Digitale Innovationen können gesellschaftliche Herausforderungen auf neue Weise inklusiv und nachhaltig lösen, wenn der technologische Fortschritt in den Dienst der Allgemeinheit gestellt wird.

Denn die Digitalisierung umfasst vielmehr als den Ausbau des Glasfasernetzes oder die Modernisierung der Industrie. Smartphones und Tablets, Videocalls und digitale Plattformen verändern die Lebensgewohnheiten der Menschen, die Art und Weise, wie sie kommunizieren oder arbeiten. In der neuen Digitalstrategie stellt das Bundesfamilienministerium vor, wie eine Digitalisierung aussehen kann, die konsequent von den Menschen für die Menschen gedacht ist. Die „Agenda für smarte Gesellschaftspolitik“ ist der Kompass für eine innovative und intelligente Digitalpolitik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Unsere neue Digitalstrategie richtet sich an eine digitalpolitisch interessierte Fachöffentlichkeit, die organisierte Zivilgesellschaft, die Politik, die Digitalwirtschaft und Bürgerinnen und Bürger.

Hier der Link zur Agenda für smarte Gesellschaftspolitik:

www.bmfsfj.de/smarte-gesellschaftspolitik

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 04.05.2021

Bund und Bremen starten bundesweite Umsetzung

Durch eine umfassende Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen im Bereich Familie und Kind werden antragstellende Bürgerinnen und Bürger in Zukunft entlastet. Das Bundesfamilienministerium und – stellvertretend für den Bremer Senat – Bremens Finanzsenator Dietmar Strehl haben heute eine Vereinbarung zur Umsetzung digitaler Leistungen im Bereich Familie und Kind unterzeichnet, die sich aus dem Onlinezugangsgesetz ergibt.

Das bundesweit geltende Onlinezugangsgesetz (OZG) schreibt vor, dass bis Ende 2022 alle Verwaltungsdienstleistungen online zur Verfügung stehen müssen. Für die Digitalisierung der wichtigsten Familienleistungen ist das Themenfeld „Familie und Kind“ unter gemeinsamer Federführung des Bundesfamilienministeriums und der Freien Hansestadt Bremen zuständig. Dem Land kommt dabei die wichtige Rolle zu, die digitalen Angebote zu konzipieren, die notwendige technische Infrastruktur aufzubauen und schließlich die innovativen Angebote bundesweit verfügbar zu machen. Dafür werden nun 134 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket des Bundes bereitgestellt.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Bremen und das Bundesfamilienministerium arbeiten schon seit Jahren erfolgreich daran, Familienleistungen für die Bürgerinnen und Bürger zu digitalisieren. Jetzt schalten wir noch einen Gang höher. Die heutige Vereinbarung ermöglicht, dass wir ab sofort die Digitalisierung aller Familienleistungen in den Bundesländern weiter beschleunigen können. 134 Millionen Euro stehen bereit. Eltern sollen spätestens Ende 2022 die für sie besonders wichtigen Verwaltungsleistungen – von der Schwangerschaft bis zur Geburt und darüber hinaus – bundesweit komplett papierlos beantragen können. Das heißt: Weniger Papierkram und mehr Zeit für die Familie.“

„Schneller und einfacher lautet das Ziel. Wir wollen das Leben der Bürger:innen erleichtern. Die Vereinbarung mit dem zur Verfügung gestellten Geld sorgt für einen Schub bei der Entwicklung barrierefreier Onlineangebote. Die Sicht der Nutzer:innen steht im Mittelpunkt,“ erklärt Finanzsenator Dietmar Strehl und fügt hinzu: „Behördengänge werden durch die Digitalisierung auf ein Minimum beschränkt. Ich freue mich ganz besonders, dass wir mit zeitsparenden Online-Dienstleistungen den besonders stressigen Alltag von Alleinerziehenden erleichtern werden.“

Im Themenfeld „Familie und Kind“ werden 21 verschiedene Verwaltungsleistungen digitalisiert, die für Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel bei einer gewünschten Schwangerschaft, bei der Geburt oder Adoption eines Kindes, im Kontext der Eheschließung oder im Bereich Vaterschaft, Unterhalt und Sorgeerklärung wichtig sind.

Beispiele für die Online-Dienste im Themenfeld sind:

  • Antrag auf Eheschließung
  • Antrag auf Unterhaltsvorschuss
  • Antrag auf Kindergeld
  • Antrag auf Elterngeld
  • Antrag zur Namensfestlegung und Namensänderung
  • Kita-Anmeldung
  • Antrag für Leistungen im Rahmen eines Schwangerschaftsabbruchs
  • Antrag für die Inanspruchnahme von Sachleistungen für die Herbeiführung einer Schwangerschaft
  • Antrag auf Pflegekindergeld

Die Leistungen des Themenfelds sowie weitere Informationen finden Sie hier: https://www.onlinezugangsgesetz.de/Webs/OZG/DE/umsetzung/themenfelder/familie-und-kind/familie-und-kind-node.html

Bei der Umsetzung profitieren die Freie Hansestadt Bremen und das Bundesfamilienministerium als Themenfeld-Federführer von den gemeinsamen Erfahrungen aus bereits gestarteten Digitalisierungsprojekten, wie ElterngeldDigital oder dem Pilotprojekt „Einfach Leistungen für Eltern“ (ELFE).  Bei ELFE haben in der Freien Hansestadt Bremen auch die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport, der Senator für Inneres und der Senator für Finanzen bereits erfolgreich zusammengearbeitet. Im Rahmen der Bearbeitung des Themenfeldes wird nun die Zusammenarbeit auf die Senatorin für Kinder und Bildung, die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz und den Senator für Kultur ausgedehnt.

Zum Hintergrund:

Im Rahmen des Corona-Konjunkturprogramms „Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken“ hat die Bundesregierung für die beschleunigte Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes Finanzmittel in Höhe von insgesamt 3 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.

575 Verwaltungsdienstleistungen wurden in 14 Themenfelder unterteilt, die insgesamt 35 Lebens- und 17 Unternehmenslagen abbilden. Das Bremer Themenfeld kümmert sich um digitale Verwaltungsleistungen rund um Familie und Kind. Die einzelnen Themenfelder bilden die Grundlage für die arbeitsteilige Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. Die 14 Themenfelder wurden verschiedenen Federführenden zugeteilt: Mindestens ein Bundesland und ein zuständiges Bundesressort haben als Vertragspartner die Federführung einzelner Themenfelder inne, an denen auch kommunale Partner und gegebenenfalls weitere Länder beteiligt sind.

Federführend für das Themenfeld Familie und Kind sind das Bundesfamilienministerium und das Land Bremen, außerdem sind als Projektpartner beteiligt: das Bundesministerium der Finanzen, die Länder, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Weitere Informationen: www.finanzen.bremen.de/ozg

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 03.05.2021

Gutes Aufwachsen mit Medien – auch im 21. Jahrhundert

Mit der Reform des Jugendschutzgesetzes treten zum 1. Mai 2021 neue Regelungen für den Kinder- und Jugendmedienschutz in Kraft.

Das Gesetz packt mit moderner und zukunftsoffener Regulierung die zentralen Herausforderungen für ein gutes Aufwachsen mit Medien von Kindern und Jugendlichen an. Langjährige Forderungen der Fachwelt, Einigungen zwischen Bund und Ländern, der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien für die 19. Legislaturperiode sowie Forderungen der Kinderkommission des Deutschen Bundestages und des Kinderrechtsausschusses der Vereinten Nationen werden damit umgesetzt.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Mit dem neuen Jugendschutzgesetz geben wir zeitgemäße Antworten auf die drängenden Herausforderungen des Kinder- und Jugendmedienschutzes: Bisher ging es vor allem um den Schutz vor der Konfrontation mit Inhalten und es gab Unterschiede zwischen den Regelungen on- und offline. Aber das entspricht nicht mehr der Realität, wie Kinder und Jugendliche Medien nutzen. Aktuelle Risiken wie beispielsweise eine sexuell motivierte Ansprache, also das sogenannte Cybergrooming, oder Kostenfallen und Mobbing waren noch nicht geregelt.

Kinder und Jugendliche sind einen großen Teil des Tages online – häufig schon im Grundschulalter mit dem eigenen Smartphone und ohne elterliche Begleitung. Das ist wichtig für die digitale Teilhabe, birgt aber eben auch neue Gefahren. Kinder und Jugendliche sollen gut und unbeschwert aufwachsen. Dazu gehört, dass sie sich in altersgerechten Interaktionsräumen bewegen können. Ganz bewusst haben wir die neuen Regelungen deshalb auch aus der Perspektive von Kindern und Jugendlichen gedacht und haben uns weniger an Verbreitungswegen und Mediensparten orientiert.“

Das Gesetz hat mehrere neue Regelungsansätze, die den Dreiklang aus Schutz, Orientierung und Durchsetzung umfassen und die Schaffung einer Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz regeln.

Die neuen Regelungssätze im Überblick:

  1. Verpflichtung zu strukturellen Vorsorgemaßnahmen

Für Kinder und Jugendliche relevante Internetdienste werden verpflichtet, angemessene und wirksame strukturelle Vorsorgemaßnahmen zum Schutz der persönlichen Integrität von Kindern und Jugendlichen zu treffen. Vorsorge kann beispielsweise in sicheren Voreinstellungen, leicht erreichbaren Melde- und Hilfesystemen oder Systemen zur Altersverifikation getroffen werden. Die konkret erforderlichen Vorsorgemaßnahmen können mit Blick auf Eigenheiten und Nutzungsanwendungsbestimmungen eines Angebots variieren. Die gesetzliche Regelung lässt den notwendigen Spielraum sowohl für eine passgenaue Anwendung als auch für die Berücksichtigung künftiger Entwicklungen.

  1. Modernisierung von Alterskennzeichen

Die Regelungen zu Alterskennzeichnungen für Computerspiele und Filme werden modernisiert und bieten künftig wieder verlässliche und nachvollziehbare Orientierung für Eltern, Fachkräfte sowie Kinder und Jugendliche selbst: Auch Online-Film- und Spieleplattformen müssen ihre Angebote künftig mit Alterskennzeichen versehen, die auf einer transparenten Grundlage zustande gekommen sind. Interaktionsrisiken finden Eingang in die Altersbewertung, wenn und soweit sie die Alterseignung des Mediums wesentlich prägen. Dies bedeutet, dass beispielsweise offene Chats, die eine Kontaktanbahnung ermöglichen und damit Einfallstor für Mobbing, sexuelle Belästigung u.a. sein können, nun bei der Frage der Alterseignung berücksichtigt werden können. Gleiches gilt für Kaufanreize und glücksspielähnliche Elemente wie Lootboxen. Durch eine Einbeziehung in das Alterskennzeichen selbst werden zum Beispiel Eltern auf einen Blick befähigt, eine Entscheidung zu treffen.

  1. Konsequente Rechtsdurchsetzung

Das Jugendschutzgesetz ermöglicht eine konsequente Rechtsdurchsetzung auch gegenüber Anbietern, die ihren Sitz nicht in Deutschland haben. In einem ersten Schritt wird Anbietern in einem dialogischen Verfahren ausreichend Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben. Verläuft dieses Verfahren jedoch fruchtlos, drohen als letzte Konsequenz Bußgelder in Höhe von bis zu 50 Millionen Euro.

  1. Weiterentwicklung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien zur Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz

Die bisherige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien mit Sitz in Bonn wird zur Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz weiterentwickelt. Sie wird die Aufsicht über die Einhaltung der neuen Anbieterpflichten führen. Ebenso wird sie alle im Kinder- und Jugendmedienschutz wichtigen Akteure vernetzen, die auch weiterhin notwendige Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendmedienschutzes vorantreiben und Orientierung ermöglichen. Für die Erfüllung dieser neuen Aufgabe wird die Behörde sukzessive auch personell ausgestattet; schon für 2021 sind 37 zusätzliche Stellen vorgesehen. Bei der Bundeszentrale wird ein Beirat eingerichtet, der nicht nur konsequent die Interessen von Kindern und Jugendlichen einbringt, sondern in dem Kinder und Jugendliche auch – erstmals bei einer Behörde – selbst vertreten sind.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.04.2021

Zum Internationalen Hebammentag erklärt Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Gesundheitsförderung:

Auf den guten Anfang kommt es an. Deshalb brauchen wir eine Geburtshilfe, die Eltern und Kinder in den Mittelpunkt stellt. Wir wollen, dass Schwangere vor, während und nach der Geburt umfassend unterstützt werden. Dafür brauchen wir Hebammen, die ihren Beruf gut und gerne ausüben. Unsere Gesellschaft kann es sich nicht leisten, weiterhin gut ausgebildete und erfahrene Kräfte wegen Überlastung und zu geringer Vergütung zu verlieren. Wir müssen sicherstellen, dass Hebammen nicht wegen hoher Hürden bei der Anerkennung der Gleichwertigkeit ihrer nicht-akademischen Ausbildungen schlechter gestellt werden.

Die Bilanz der Bundesregierung zum Ende der Wahlperiode ist ernüchternd: In der Corona-Pandemie wurden die Belange von Hebammen bei der Versorgung mit Schutzausrüstungen und beim Impfen übersehen oder zweitrangig bedacht. Die verschleppte Akademisierung der Hebammenausbildung nimmt die Benachteiligung altrechtlich qualifizierter Hebammen billigend in Kauf. Für eine Eins-zu-Eins-Betreuung in den wesentlichen Phasen der Geburt und gute Arbeitsbedingungen in der Geburtshilfe braucht es mehr als ein minimales Stellenförderprogramm über nur drei Jahre.

Neben der besseren Bezahlung von Hebammen müssen die gute Zusammenarbeit von Ärzt*innen, Hebammen und anderen Gesundheitsberufen gezielt gefördert werden. Dazu gehören eine adäquate Personalausstattung, gemeinsame Aus- und Weiterbildungen, mehr Kooperation in Gesundheitsregionen und der Ausbau der Hebammenwissenschaft. Hebammen mit altrechtlicher Berufsausbildung und Berufserfahrung muss niedrigschwellig der nachträgliche Erwerb des Bachelor-Titels ermöglicht werden. Mit einem Sicherstellungszuschlag können freiberufliche Hebammen Schwangere auch in unterversorgten Regionen unterstützen. Diese und weitere Maßnahmen gehören auf den Tisch bei einem Geburtshilfegipfel, wo alle relevanten Akteur*innen den notwendigen Kulturwandel in der Geburtshilfe konzipieren und umsetzen

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 04.05.2021

Zum Tag der gewaltfreien Erziehung erklärt Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Vor 20 Jahren hat der Bundestag mit dem Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung einen gesellschaftspolitischen Meilenstein beschlossen. Nachdem innerhalb der ersten zehn Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes die Akzeptanz gegenüber körperlicher Gewalt in der Erziehung deutlich zurückging, verdeutlicht eine neue Studie („Aktuelle Einstellungen zu Körperstrafen und elterliches Erziehungsverhalten in Deutschland“ von Prof. Dr. Jörg M. Fegert), dass sich diese positive Entwicklung im vergangenen Jahrzehnt nicht fortgesetzt hat.

Leider ist die eigene Familie nicht immer der sicherste Ort für Kinder. Die Zunahme häuslicher Gewalt während der Corona-Pandemie hat diesen traurigen Umstand noch einmal verdeutlicht: Gewaltfreie Erziehung ist in Deutschland noch immer keine Selbstverständlichkeit.

Deshalb darf Kinderschutz nicht nur am Tag der gewaltfreien Erziehung im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit stehen, sondern wir müssen konsequentere Maßnahmen ergreifen, um den Schutz unserer Kinder zu fördern. Neben körperlicher Gewalt muss auch psychische Gewalt wie Demütigung, Missachtung und Entzug von Liebe stärker als eine Form der häuslichen Gewalt anerkannt werden. Es braucht außerdem eine bessere Datenerfassung, auf dessen Grundlage Präventions- und Interventionsstrategien verbessert werden können. Schließlich müssen die Kinderrechte in Deutschland gestärkt werden, um die Rahmenbedingungen für einen wirksamen Kinderschutz zu verbessern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 30.04.2021

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am Mittwochvormittag einem Gesetzentwurf (19/28115) der Bundesregierung für ein Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über den Mutterschutz zugestimmt. Gegen den Entwurf stimmte nur die AfD-Fraktion, während alle anderen Fraktionen dafür votierten.

Das Übereinkommen Nr. 183 vom 15. Juni 2000 ist eine Überarbeitung des Mutterschutz-Übereinkommens von 1952, das wegen seiner zu detaillierten Regelungen nur von wenigen Mitgliedstaaten der IAO unterzeichnet worden war. Das Übereinkommen Nr. 183 vermeide durch flexiblere Regelungen diese Hindernisse, schreibt die Regierung in dem Entwurf. Ziel des Übereinkommens ist es demnach, die Gleichstellung aller erwerbstätigen Frauen sowie die Gesundheit und Sicherheit von Mutter und Kind weiter zu fördern. Mit dem Gesetz werden die Voraussetzungen für eine Ratifizierung des Übereinkommens durch Deutschland geschaffen. Im Rahmen der Ratifizierung seien Änderungen oder Ergänzungen der innerstaatlichen gesetzlichen Vorschriften nicht erforderlich, so die Bundesregierung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 603 vom 05.05.2021

Im März hat die EU-Kommission ihre Empfehlung für die Europäische Kindergarantie vorgestellt und die EU-Kinderrechtsstrategie beschlossen (s. EuropaNews 03/21). Eurochild hat nun die Kampagne #CanWeBelieveInYou? gestartet, mit der sie auf Fragen der Umsetzung aufmerksam machen will. Die Organisation verweist darauf, dass die Empfehlung „Investitionen in Kinder“ bereits im Jahr 2013 angenommen wurde und seitdem wenig Fortschritt in der Bekämpfung von Kinderarmut und in der Investition in die frühen Lebensjahre erzielt wurde.

Quelle: EuropaNews April 2021 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 30.04.2021

Die Organisation Eurocities unterstützt Städte im Rahmen der Initiative „Inclusive Cities for All“ dabei, die Europäische Säule sozialer Rechte auf lokaler Ebene umzusetzen. In diesem Rahmen hat Eurocities eine Untersuchung zu Kinderarmut in europäischen Städten durchgeführt. Es ist die vierte Umfrage dieser Art, bei denen sich jeweils an einem der Prinzipien aus der Säule orientiert wird. Der Fokus dieser Untersuchung lag auf Prinzip 11, das die Betreuung und Unterstützung von Kindern festschreibt. Untersucht wurde, welche Maßnahmen Städte speziell zur Bekämpfung von Kinderarmut ergreifen, wie sie die Chancengleichheit von Kindern fördern und welche Problemlagen in diesem Bereich noch bestehen. Der Bericht bezieht Daten aus 35 europäischen Städten in 18 Staaten ein, die bei zuständigen Behörden der Städte erhoben wurden. Der Bericht stellt Best Practices vor, weist aber auch auf bestehende Herausforderungen hin: Insbesondere für einkommensschwache Familien sei die Versorgung mit Wohnraum ein sich verschärfendes Problem. Weitere Probleme waren die pandemiebedingten Schulschließungen, da der Zugang zum Home Schooling für arme Familien erschwert sei, sowie die fehlende Finanzierung und Schwierigkeiten im Bereich der politischen Steuerung.

Quelle: EuropaNews April 2021 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 30.04.2021

EU-Parlament hat eine Studie zur rechtlichen Situation von Regenbogenfamilien veröffentlicht. Damit gemeint sind gleichgeschlechtliche Paare mit oder ohne Kinder. Die Studie untersucht vor allem die Umsetzung ihres Rechts auf Bewegungsfreiheit und die Behandlung von gleichgeschlechtlichen Ehen und Lebenspartnerschaften bei der Überschreitung von Grenzen innerhalb der EU. Für Regenbogenfamilien besteht das Problem, dass ihre Partnerschaften und ggf. das Sorgerecht beider Eltern nicht in allen EU-Mitgliedstaaten gleichermaßen anerkennt werden. Das kann dazu führen, dass Familien nach einem Umzug in einen entsprechenden Mitgliedstaat rechtlich anders behandelt werden. Ggf. verlieren sie damit den Zugang zu Familienleistungen der sozialen Sicherung und weitere Rechte, die im Herkunftsstaat selbstverständlich waren. Abschließend gibt die Studie Empfehlungen zu rechtlichen Änderungen, allen voran die Angleichung der Anerkennung von Regenbogenfamilien EU-weit.

Quelle: EuropaNews April 2021 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 30.04.2021

Männer arbeiten im Durchschnitt neun Stunden pro Woche mehr als Frauen. Dabei möchten mehr Männer als Frauen ihre Arbeitszeit reduzieren und andererseits mehr Frauen als Männer ihre Arbeitszeit ausweiten. Damit besteht Potenzial zur Angleichung der Arbeitszeiten zwischen den Geschlechtern.  

In Deutschland arbeiten erwerbstätige Männer im Durchschnitt 41 Stunden und erwerbstätige Frauen 32 Stunden pro Woche. Allerdings wünschen sich Männer mit 37 und Frauen mit 30 Stunden pro Woche eine kürzere Arbeitszeit. Insgesamt arbeiten 50 Prozent der männlichen und 41 Prozent der weiblichen Beschäftigten mehr, als sie gerne würden, und sind damit überbeschäftigt. Dieses Bild dreht sich beim Blick auf jene Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit gerne ausweiten würden, die also unterbeschäftigt sind: Mehr Frauen als Männer möchten ihre Stundenzahl ausweiten. So ist der Anteil unterbeschäftigter Frauen mit 17 Prozent fast doppelt so hoch wie bei Männern – von ihnen arbeiten nur neun Prozent weniger als gewünscht.

„Unterschiedliche Arbeitszeiten sind einer der Hauptgründe für die unterschiedlichen Erwerbseinkommen von Männern und Frauen. Unsere Analysen zeigen: Das Potenzial für die Angleichung von Arbeitszeiten ist da. Und es ist auch gesellschaftlich geboten“, kommentiert Jörg Dräger, Vorstand unserer Stiftung. Im Mittelpunkt der neuen Studie, die ein Forscher:innen-Team um Andreas Peichl vom ifo Institut im Auftrag der Stiftung erstellt hat, stehen die Entwicklung der tatsächlichen und gewünschten Arbeitszeiten seit 1985 sowie die Gründe für die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit.

Müttern fällt es schwerer als Vätern, ihre Arbeitszeitwünsche umzusetzen

Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte können ihre Arbeitszeitwünsche nicht gleich gut umsetzen. Während Vollzeitbeschäftigte im Durchschnitt gerne rund sechs Stunden weniger pro Woche arbeiten würden, besteht bei in Teilzeit beschäftigten Frauen und Männern zwischen gewünschter und tatsächlicher Arbeitszeit nahezu kein Unterschied.  

Insbesondere Müttern fällt es schwer, ihre Arbeitszeitwünsche zu realisieren. Die Berechnungen zeigen, dass dies nicht auf Kinder an sich, sondern auf den Mangel an Betreuungsmöglichkeiten oder die zu hohen Kosten dafür zurückzuführen ist. Lassen sich Familie und Beruf gut miteinander vereinbaren, können auch Arbeitszeitwünsche besser verwirklicht werden.

Auf die Arbeitszeitwünsche von Männern haben Kinder und die Betreuungssituation hingegen so gut wie keinen Einfluss. Dies deutet darauf hin, dass die traditionelle Rollenaufteilung nach wie vor dominiert. „Fehlende oder zu teure Kinderbetreuung führt immer noch dazu, dass insbesondere Mütter ihre Arbeitszeitwünsche nicht realisieren können“, kommentiert Dräger. „Auch acht Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz müssen die Angebote ausgeweitet werden.“

Verfügbarkeit von Betreuungsmöglichkeiten ist ein zentraler Hebel

Die Corona-Pandemie verschärft die Situation – erste Untersuchungen zeigen, dass sich die Kita- und Schulschließungen negativ auf die Arbeitszeitwünsche von Müttern auswirken. Ohne funktionierende Kinderbetreuung ziehen sie sich weiter aus der Erwerbsarbeit zurück. „Die Pandemie verdeutlicht: Gute Kitas und ein gutes Ganztagsangebot in den Schulen sind zentral, damit Mütter ihre Arbeitszeitwünsche umsetzen können“, sagt Dräger.

Darüber hinaus müssten Fehlanreize im Steuer-, Abgaben- und Transfersystem abgebaut werden, weil sie die Mehrarbeit für Frauen und Mütter häufig unattraktiv machen. Die Kombination aus Ehegattensplitting und Minijobs führt beispielsweise dazu, dass es sich für Zweitverdiener:innen häufig nicht lohnt, eine substanzielle Beschäftigung aufzunehmen. Die Verwirklichung von Arbeitszeitwünschen von Männern und Frauen ist aber eine wesentliche Voraussetzung für eine gleichere Aufteilung der Erwerbs- und Fürsorgearbeit.

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit weiterlesen

Quelle: Newsletter Bertelsmann Stiftung vom 30.04.2021

Windeln wechseln statt Job – zumindest eine Zeit lang? Was für viele Väter früherer Generationen noch undenkbar war, haben hierzulande 462 300 Väter im Jahr 2020 bewusst gewählt – und Elterngeld bezogen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Vatertags mitteilt, war jeder vierte Elterngeldbeziehende (25 %) im vergangenen Jahr männlich – im Jahr 2015 war es noch jeder fünfte (21 %).

Eltern können das klassische Elterngeld ab 2 bis zu 14 Monaten beziehen. Eltern, deren Kinder ab dem 1. Juli 2015 geboren wurden, können für bis zu insgesamt 36 Monate das sogenannte Elterngeld Plus beantragen.

Die meisten Väter haben 2020 jedoch nur eine vergleichsweise kurze Auszeit vom Beruf geplant: Knapp drei von vier Vätern (72 %) planten 2020 mit der minimalen Elterngeldbezugsdauer von 2 Monaten. Zum Vergleich: Die meisten Mütter (62 %) beantragten das Elterngeld für einen Zeitraum von 10 bis 12 Monaten. Männer planten beim Elterngeldbezug mit einer durchschnittlichen Dauer von 3,7 Monaten, Frauen mit 14,5 Monaten. Die wenigsten Väter entschieden sich 2020 dafür, das Elterngeld länger als ein Jahr für eine berufliche Pause zu nutzen. Allerdings hat sich ihr Anteil seit 2015 verdoppelt. 

Väter aus Sachsen erhielten am häufigsten Elterngeld

Ein Vergleich der Bundesländer zeigte im Jahr 2020 deutliche Unterschiede, jedoch keine übergreifenden Muster wie etwa ein Nord-Süd- oder Ost-West-Gefälle: Väter aus Sachsen bezogen mit einem Anteil von 30,0 % am häufigsten Elterngeld, gefolgt von jenen in Bayern und in Berlin mit jeweils 27,2 %. Dagegen beantragten im Saarland (19,1 %) und Bremen (20,7 %) die wenigsten Väter Elterngeld.

Bremer Väter beabsichtigten 2020 durchschnittlich 5,4 Monate Elterngeld zu beziehen – der bundesweite Spitzenwert. Auf den Plätzen zwei und drei folgten die Väter aus Berlin (4,9 Monate) und Nordrhein-Westfalen (4,3 Monate). Am wenigsten Zeit kalkulierten Väter aus Baden-Württemberg, Bayern und Thüringen mit jeweils 3,1 Monaten ein. 

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 11.05.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Heute hat der Bundesrat dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz zugestimmt. Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt die Novellierung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes als „überfällig“. Nun müssten Träger und Ämter für eine zügige Umsetzung unterstützt werden. Dazu erklärt Jens M. Schubert:

„Mit der Verabschiedung des Gesetzes ist die Grundlage für eine inklusive Ausgestaltung der Kinder- und Jugendhilfe gelegt worden – über 10 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland wurde es Zeit! Es verbessert den Zugang von Kindern, Jugendlichen und Familien zu Hilfen. Insbesondere die schon längst überfällige Gesamtzuständigkeit der Jugendhilfe ist damit auf den Weg gebracht.“

Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz regelt zum einen, dass Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe zukünftig allen Kindern und Jugendlichen zugänglich werden. Bis 2028 werden die Unterstützungsangebote zur Teilhabe für Kinder mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung in die Zuständigkeit der Jugendämter überführt.

„Die gesetzlichen Regelungen alleine reichen aber nicht aus, um die Kinder und Jugendlichen nachhaltig zu stärken. Sie müssen in der Praxis auch personell und finanziell umgesetzt werden können“, ergänzt Schubert, „Die Jugendhilfe vor Ort bedarf deshalb einer angemessenen finanziellen Ausstattung. Um verlässlichere Strukturen für die Familien zu schaffen, müssen die Jugendämter und Leistungserbringer in den neuen, komplexeren Aufgaben erheblich unterstützt werden. Da dürfen Bund, Länder und Kommunen nicht bremsen, wenn es ihnen Ernst ist mit der Stärkung der Kinder und Jugendlichen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 07.05.2021

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG legt sein erweitertes Konzept vor und bekräftigt damit im Bundestagswahljahr die Forderung nach einer bedarfs- und sozial gerechten sowie unbürokratischen Kindergrundsicherung. Die Kinderarmut ist unverändert auf einem zu hohen Niveau, gleichzeitig steht zu befürchten, dass die Pandemie die Lage verschärft. Deshalb macht das Bündnis klar: Ein durchdachtes Konzept einer Kindergrundsicherung ist Maßstab für jedes Wahlprogramm.

„Wir haben unser Konzept noch einmal überarbeitet und bringen dieses in die Diskussion ein. Wir gehen von einem realistisch und juristisch einwandfrei berechneten kindlichen Existenzminimum aus, bündeln neben dem Kinderregelsatz, Kindergeld und Kinderzuschlag auch den Kinderfreibetrag, um unbürokratisch jedem Kind Leistungen unmittelbar zur Verfügung zu stellen; verbunden mit einem Sozialfaktor, der mit steigendem Einkommen den Kindergrundsicherungsbetrag linear abschmelzen lässt. Damit ist offengelegt, wie eine Kindergrundsicherung sozial gerecht funktionieren kann“, erklärt dazu Professor Jens M. Schubert, Sprecher des Bündnisses und Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt (AWO).

Bisher haben SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Linke konkrete Konzepte für eine Kindergrundsicherung vorgelegt, die FDP fordert ein Kinderchancengeld. „Für uns ist der Hintergrund und Auftrag glasklar: Die hohe Kinderarmut in Deutschland muss beendet werden. Deshalb gehört eine sozial gerechte Kindergrundsicherung in jedes Wahlprogramm“, so Schubert.

Das Bündnis befürchtet durch die pandemische Situation eine weitere Verschärfung der Kinderarmut. „Kinder und Jugendliche sind die großen Verlierer dieser Pandemie. Alle mussten auf so viel verzichten, was sonst zu einem unbeschwerten Aufwachsen dazugehört: Vom Kindergeburtstag bis zum Trainieren im Sportverein. Wenn in Deutschland bald wieder mehr Normalität einkehrt, werden aber viele arme Kinder weiterhin auf vieles verzichten müssen, was auch für sie normal sein sollte. Nur weil ihnen das Geld zur Teilhabe fehlt“, so Heinz Hilgers, Bündnis-Koordinator und Präsident des Kinderschutzbundes. „Um Teilhabe für alle Kinder zu gewährleisten, brauchen wir eine Kindergrundsicherung, die ihren Namen auch wirklich verdient. Denn nur so können wir wirklich einen Beitrag zur Verminderung der Kinderarmut leisten“, so Hilgers weiter.

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG setzt sich seit 2009 mit einer wachsenden Zahl von Mitgliedsverbänden für einen Systemwechsel in der Kinder- und Familienförderung und für eine monatliche Kindergrundsicherung ein, die die bisherigen Leistungen bündelt und das kindliche Existenzminimum einfach und direkt sichert.

Weitere Informationen zum Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG sowie unser aktualisiertes Konzept finden Sie auf www.kinderarmut-hat-folgen.de.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 06.05.2021

Zum Tag der Arbeit warnt der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt vor den Folgen der Pandemie für Berufsanfänger*innen. Auf Grund der sicherlich notwendigen Schutzmaßnahmen fehlten Ausbildungsplätze, vor allem von Armut betroffenen jungen Menschen würde der Einstieg in das Arbeitsleben erschwert. Es drohten langfristige Folgen für die Sozialsysteme und die Armutsentwicklung in Deutschland. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

 

„Junge Menschen, die kurz vor Ende ihrer Schullaufbahn stehen, haben es derzeit besonders schwer. So wichtig die Schutzmaßnahmen sind, erschweren sie faktisch vielen jungen Menschen den Start in ihren beruflichen Werdegang und damit möglicherweise langfristig den Lebensweg. Es wird nicht nur weniger ausgebildet, auch die besondere Situation in Jobcentern und Arbeitsagenturen geht zu Lasten junger Menschen, denen wichtige Beratungen zur Berufsorientierung und -vermittlung nicht angeboten werden können. Insbesondere Jugendliche, die über geringere Unterstützungsleistungen im privaten Umfeld verfügen, drohen, in dieser Zeit noch einmal zusätzlich abgehängt zu werden.“

 

Bereits im Herbst 2020 zeigten sich konkrete Auswirkungen der Pandemie. Es blieben deutlich mehr Bewerber*innen für Ausbildungsstellen unversorgt als im Vorjahr. Vielfach fehlten im letzten Jahr technische Mittel und Kompetenzen, um am Unterricht oder an anderen Maßnahmen des digitalen Unterrichts oder Distanzlernens teilzunehmen, Praktika und berufliche Orientierungen fielen aus oder fanden digital statt, so dass sie nicht für alle Zielgruppen verfügbar waren. Auch eine Beantragung von Leistungen war trotz vereinfachter Antragstellung für viele junge Menschen ohne begleitende Unterstützung erschwert.

 

„Eine Ausbildung stellt eine wesentliche Grundlage für ein Leben in sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe dar“, erklärt dazu Jens M. Schubert, „Die Armutsforschung und im Übrigen auch der aktuelle Armutsbericht der Bundesregierung zeigen ganz deutlich, dass Armutskarrieren in der Kindheit beginnen und vererbt werden. Beim Übergang von der Schule in den Beruf passiert dabei eine wichtige Weichenstellung, die positiven wie negativen Einfluss auf die weitere Biografie junger Menschen nehmen kann. Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, laufen wir Gefahr, dass es tatsächlich zu einer abgehängten so genannten „Generation Corona“ kommt. Das wäre nicht nur eine individuelle Tragödie, sondern wird mit Blick auf den Fachkräftemangel und drohende steigende Altersarmut ein gesamtgesellschaftliches Problem werden.“

 

Die AWO fordert deshalb Unterstützung für Betriebe, die Ausbildungsverträge anbieten. Darüber hinaus müssten Auszubildende mit Unterstützungsbedarf durch die assistierte Ausbildung und ausbildungsbegleitende Angebote zuverlässig unterstützt werden können. Hierzu müssten die Bedingungen für die Durchführung der Angebote so gestaltet sein, dass Träger diese möglichst unbürokratisch umsetzen können. Träger der Jugendsozialarbeit und Jugendberufshilfe stünden darüber hinaus bereit, im Rahmen von Auftragsausbildung, Verbundausbildungsmodellen und außerbetrieblicher Berufsausbildung Angebote aufrechtzuerhalten. In diesem Zusammenhang hält die AWO in den nächsten Jahren eine Stärkung und Ausweitung der öffentlich geförderten Ausbildung für durch die Krise abgehängte Zielgruppen für notwendig und erneuert ihre Forderungen nach der im Koalitionsvertrag angekündigten Ausbildungsgarantie.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 30.04.2021

Unter dem Motto „Solidarität ist Zukunft!“ begeht der Deutsche Gewerkschaftsbund im zweiten Corona-Jahr den Tag der Arbeit mit Kundgebungen vor Ort und einem Live-Stream im Netz.

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann betonte bei der zentralen 1. Mai-Veranstaltung auf dem Hamburger Fischmarkt, wie wichtig der solidarische Zusammenhalt nach über einem Jahr Pandemie sei. Zwar seien die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krise enorm. Durch solidarisches Handeln sei es aber gelungen, das Schlimmste zu verhindern: „In den vergangenen Monaten haben Gewerkschaften, Betriebs- und Personalräte dafür gekämpft, dass soziale Härten abgefedert und viele Jobs gesichert wurden“, so Hoffmann. Die Gewerkschaften hätten sich erfolgreich für mehr Arbeits- und Gesundheitsschutz eingesetzt und dafür gesorgt, dass verbindliche Regeln fürs Homeoffice gelten. Auch die Unterstützung für Familien wurde verbessert und das Kurzarbeitergeld auf Druck der Gewerkschaften verlängert und erhöht.

Mit Blick auf die Zeit nach der Pandemie mahnte Hoffmann, ein Zurück zur Politik vor der Pandemie sei keine Option: „Wir machen uns auf den Weg in eine bessere Zukunft, mit guter Arbeit in einer gesunden Umwelt. Wir wollen und werden den Umbau zu einer digitalen und klimaneutralen Wirtschaft erfolgreich gestalten.“ Zukunftsgestaltung bedeute eben nicht eisern zu sparen, sondern zu investieren und nochmals zu investieren. „Nur dann werden wir Arbeitsplätze für morgen sichern, für eine leistungsfähige Infrastruktur sorgen und verhindern, dass ganze Branchen und Regionen den Bach runter gehen“, so der DGB-Chef.

Auch in Hinblick auf die Kosten der Krise sei Solidarität das oberste Gebot: „Wir lassen nicht zu, dass Arbeitgeber die Pandemie als Vorwand für Jobabbau, Betriebsverlagerungen und Lohn-Dumping missbrauchen. Wir lassen nicht zu, dass die Pandemie als Ausrede für fehlende Investitionen genutzt wird. Jeder Euro, der jetzt nicht ausgegeben wird, belastet die nachfolgenden Generationen doppelt und dreifach!“

Solidarität hieße viel mehr, den Sozialstaat zu stärken, gleiche Bildungschancen für alle sicherzustellen, für mehr Gerechtigkeit in unserem Steuersystem zu sorgen und die Mitbestimmung der Beschäftigten auszubauen.

Vor einem Corona-Crash auf dem Ausbildungsmarkt warnte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack auf einer DGB-Veranstaltung in Magdeburg. „Wir brauchen eine Ausbildungsgarantie für jede und jeden, der die Schule verlässt“, betonte die Gewerkschafterin. Schon heute gebe es mehr als zwei Millionen Jugendliche ohne Berufsabschluss. „Ihnen drohen schlecht bezahlte Kurzfristjobs und immer wieder lange Phasen der Arbeitslosigkeit. Das kann und das darf sich unsere Demokratie nicht leisten – so geht Vertrauen in Politik verloren“, sagte Hannack. Auch von den Arbeitgebern forderte sie mehr Engagement: „Die Jugendlichen, die sie heute nicht ausbilden, fehlen ihnen später als Fachkräfte.“

„Corona schleudert Familien zurück in alte Rollenbilder“, sagte Hannack. „Die gleichstellungspolitische Rolle rückwärts muss unbedingt ausgebremst werden. Wir brauchen bessere Arbeitszeitmodelle im Sinne der Beschäftigten und bessere Betreuungsangebote für Kinder, um die Sorgearbeit zu Hause gerechter zwischen den Geschlechtern zu verteilen. „Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, dass Bund und Länder noch immer um den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter streiten. Wir erwarten hier einen Beschluss noch in dieser Legislaturperiode.“ 

Generell sollten künftig alle politischen Vorhaben daraufhin geprüft werden, „ob sie die Gleichstellung von Männern und Frauen vorantreiben. Die Ziele sind klar: Wir brauchen bessere Löhne in frauendominierten Berufen und mehr Frauen in Führungspositionen. Denn wo Frauen fehlen, fehlen auch ihre Perspektiven, ihre Lösungsvorschläge und Ideen.“

Für den öffentlichen Dienst verlangte Hannack massive Investitionen in Bildung, Gesundheit und Pflege und in die Infrastruktur. „In vielen Bereichen der Daseinsfürsorge fehlen Fachkräfte und Ausstattung. Der jahrelange Sparkurs in den Schulen, im Polizeidienst, bei der Feuerwehr oder bei den Gesundheitsämtern fällt uns aktuell schmerzlich auf die Füße. Wer einen handlungsfähigen Staat will, darf ihn nicht kaputtsparen“, sagte Hannack.

Gleiche Arbeitsbedingungen in Ost und West forderte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell auf einer Mai-Kundgebung in Hennigsdorf bei Berlin. „Es ist asozial, dass die Arbeitgeber in der Metall- und Elektroindustrie ihre Beschäftigten im Osten im 31. Jahr nach der deutschen Einheit noch immer drei Stunden pro Woche unbezahlt mehr arbeiten lassen“, sagte Körzell zur laufenden Tarifauseinandersetzung in Berlin, Brandenburg und Sachsen, wo noch immer 38 Stunden je Woche gearbeitet werden muss. „Wir fordern ein tarifliches Angleichungsgeld, um diese Benachteiligung zu beenden.“ Überdies verlangte der Gewerkschafter „Tariftreueklauseln überall dort, wo öffentliche Aufträge vergeben werden“. Die Tarifbindung gehöre gestärkt, indem Tarifverträge leichter „allgemeinverbindlich“ für gesamte Branchen erklärt werden können.

Angesichts der gestiegenen Staatsausgaben sagte Körzell: „Einer Krise lässt sich nicht hinterhersparen, die Schuldenbremse ist und bleibt eine Zukunftsbremse.“ Wichtig seien massive Investitionen in die Infrastruktur, damit die Wirtschaft aus der Krise „herauswachsen“ könne. Dafür müsse der Staat auch seine Einnahmebasis erweitern. „Die nächste Bundesregierung muss eine gerechte Steuerreform beschließen, die kleine und mittlere Einkommen entlastet und Reiche und Spitzenverdiener mehr zum Gemeinwesen beitragen lässt. Denn die Lasten der Corona-Krise dürfen nicht bei den Beschäftigten hängen bleiben“, betonte Körzell.

Mit Blick auf die Zukunftsthemen Digitalisierung und Energiewende sagte Körzell: „Gute Arbeit, Tarifbindung und Mitbestimmung sind ein Muss – für bestehende wie für neue Arbeitsplätze und Branchen.“ Um den Strukturwandel sozialverträglich abzufedern, „brauchen wir einen aktiven Staat, der in Weiterbildung, Infrastruktur und Zukunftstechnologen investiert. Und wir brauchen Transformationsbeiräte mit allen regionalen Akteuren: Gewerkschaften, Arbeitgebern, Politik, Hochschulen und den Arbeitsagenturen, die ihre Erfahrungen in die Prozesse einbringen.“

Der Sozialstaat habe Menschen im vergangenen Jahr durch die Krise gebracht, erinnerte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel bei ihrer Rede in Hannover: „Egal ob Kurzarbeitergeld, längeres Arbeitslosengeld, Kinderkrankentage, Rente, Krankenversicherung – soziale Sicherheit ist wirksamer Impfstoff gegen Massenarbeitslosigkeit, den Absturz ins Nichts für viele Menschen und gegen das Auseinanderdriften der Gesellschaft.“ Die nächste Bundesregierung müsse aus der Krise lernen. „Wir brauchen für soziale Sicherheit eine neue, umfassende Solidarität – mit einer Verteilung der Lasten auf mehr Schultern. Die Reichen und Superreichen müssen stärker in Verantwortung“, forderte Piel. Das gelte auch für die Verteilung der Krisenkosten: „Wir werden nicht zulassen, dass am Ende hauptsächlich die Beschäftigten zu Kasse gebeten werden“. Mehr Solidarität sei ein Schutzprogramm für Demokratie. „Die Folgen sozialer Spaltung sind Hass, Hetze und Rassismus. Wir müssen unsere Demokratie aktiv verteidigen“, forderte Piel.

Neben einem starken, solidarischen Sozialstaat gehöre die Abschaffung prekärer Beschäftigung ganz oben auf die politische Agenda. „Prekär Beschäftigte waren die ersten, die auf der Straße landeten. Die Zahl der Befristungen ist seit Jahren unverändert hoch, besonders bei Jüngeren. Mit der Befristung können sie nicht planen, keine Familie gründen oder eine Mietwohnung finden. Die sachgrundlose Befristung gehört abgeschafft“, forderte Piel. Prekär Beschäftigte seien in der Pandemie einem besonders hohen Infektionsrisiko ausgesetzt. „Das betrifft besonders Beschäftigte in der Fleischwirtschaft oder Erntehilfe. Diese Ausbeutung muss ein Ende haben. In der Fleischwirtschaft haben wir mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz zwar Verbesserungen erreicht, aber nun muss ein Tarifvertrag folgen“, so die Gewerkschafterin.

Die Forderung nach einem flächendeckenden, Tarifvertrag erhob Piel auch für die Pflege: „Wir brauchen bessere Bedingungen, bessere Bezahlung und mehr Personal. Die Pflegereform und ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag sind überfällig.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 01.05.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt im Vorfeld der heutigen Sitzung des Bundesrates eine massive Aufstockung der Zahl der Ermittlerinnen und Ermittler bei Polizei und Staatsanwaltschaften im Bereich des Kinderschutzes an. „Wenn der Bundesrat das Gesetz zur Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder heute durch Verzicht auf eine Anrufung des Vermittlungsausschusses wie geplant billigt, dürfen wir uns nicht zurücklehnen. Natürlich sind die Verschärfungen des Strafrechts zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt wichtig, um Kinder effektiver zu schützen. Auch die Prävention in diesem Bereich ist ein weiterer wichtiger Baustein. Gleichzeitig muss aber auch der Fahndungsdruck zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt steigen, alle zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mittel müssen hier ausgeschöpft werden“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die Zerschlagung der Darknet-Plattform ,Boystown‘ zu Beginn dieser Woche lässt erahnen, welches Ausmaß die Kriminalität in diesem Bereich inzwischen angenommen hat. Hier braucht es kompromisslose Aufklärung und Strafverfolgung. Bei sexueller Gewalt gegen Kinder ist ein Markt entstanden, auf dem Anbieterinnen und Anbieter sowie Kundinnen und Kunden unnachgiebig bekämpft werden müssen“, so Lütkes weiter.

„Wir brauchen aber auch eine besser abgesicherte und funktionierende Kinder- und Jugendhilfe, die im Bereich der Prävention und als Vertrauensinstitution für Kinder und Jugendliche tätig sein muss. Zudem sollte in Strafverfahren und familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren das Kindeswohl stärker in den Blick genommen werden. Anhörungsrechte von Kindern in gerichtlichen und behördlichen Verfahren sowie eine kindgerechte Begleitung in jedem Verfahrensstadium sind kein pädagogisches Beiwerk, sondern ein Recht der Kinder, das es einzuhalten gilt. Werden die Belastungen durch das Verfahren möglichst geringgehalten, können sich die betroffenen Kinder ruhiger und konzentrierter äußern, was auch einer besseren Sachverhaltsaufklärung dient. Dafür braucht es insbesondere zum Thema Kinderrechte und im Umgang mit Kindern geschulte und qualifizierte Richterinnen und Richter, Strafverfolgungsbeamtinnen und -beamte, sowie flächendeckend Fachberatungsstellen, die für Kinder und Jugendliche problemlos erreichbar sind“, so Anne Lütkes.

Zum Thema „Kindgerechte Justiz – Zugang zum Recht für Kinder“ hat das Deutsche Kinderhilfswerk einen Sammelband herausgegeben, in dem über Beiträge von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis verschiedene Perspektiven zu der Frage in den Blick genommenen werden, wie die Justiz in Deutschland im Familien-, Straf- und Öffentlichen Recht kindgerechter gestaltet werden kann. Der Sammelband liefert dazu konkrete Handlungsschritte und Empfehlungen für Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 07.05.2021

Ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland fordert umfangreiche Maßnahmen, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen in der Freizeit entgegenzuwirken. So halten es sowohl Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene nach einer repräsentativen Umfrage für den Kinderreport 2021 des Deutschen Kinderhilfswerkes für sinnvoll, deshalb das Thema Mediensucht an Schulen zu behandeln. Eine große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen und auch der Erwachsenen plädiert zudem dafür, dass Medien, die süchtig machen können, entsprechend gekennzeichnet werden sollten. Auch müssten Eltern stärker über das Thema Mediensucht informiert und Therapie- sowie Beratungsangebote ausgebaut werden.

Fast alle befragten Kinder und Jugendlichen sowie Erwachsenen sehen Familien und Eltern in der Verantwortung, um Mediensucht entgegenzuwirken. Eine sehr große Mehrheit sieht hier auch die Nutzerinnen und Nutzer selbst verantwortlich, ebenso die entsprechenden Medienanbieter, wie z.B. Facebook, Instagram oder Onlinespiele-Anbieter. Das sind die zentralen Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Politikforschungsinstituts Kantar Public im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes für den Kinderreport 2021, den der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, Thomas Krüger, und die Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium Juliane Seifert heute in Berlin vorstellten.

„So wie die Mediennutzungszeiten von Kindern und Jugendlichen steigen, nehmen auch die Debattenbeiträge und Warnungen vor Mediensucht bei Kindern zu. Statt Panikmache ist Kindern und Jugendlichen aber mehr durch eine kinderrechtlich ausgewogene Debatte darüber geholfen, wann eine Mediennutzung nicht mehr als gesund gelten kann und welche Hilfestellungen für junge Menschen und Familien notwendig sind. Die Ergebnisse des Kinderreports 2021 zeigen sehr deutlich, dass professionelle Beratung und Hilfe zum Thema Mediensucht dringend benötigt werden. Dafür ist ein bundesweit flächendeckendes Netz an Einrichtungen unabdingbar, die Präventionsarbeit leisten und Fälle pathologischer Mediennutzung in professionelle Therapien vermitteln können. Damit es aber gar nicht erst zum Therapiebedarf kommt, sollte in der Schule allen Kindern der Umgang mit Medien vermittelt werden. Aus kinderrechtlicher Sicht müssen dabei Chancen und Risiken der Mediennutzung gleichberechtigt thematisiert werden. Damit dies gelingt, brauchen wir Lehrkräfte, die selbst fit im Umgang mit Medien sind, und Schulen, die über funktionierende und leistungsfähige Ausstattungen verfügen und ihren Lehrkräften Weiterbildungen ermöglichen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium Juliane Seifert: „Es kann nicht allein Aufgabe der Eltern sein, ihre Kinder vor exzessiver Mediennutzung zu schützen. Anbietern kommt hier eine besondere Verantwortung zu. Mit dem neuen Jugendschutzgesetz sind sie erstmals zu wirksamen Vorsorgemaßnahmen verpflichtet. Konkret können das beispielsweise Altersbeschränkungen bei Angeboten mit Suchtrisiken, der Verzicht auf Lootboxen oder technische Voreinstellungen für begrenzte Nutzungszeiten sein. Die neue Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz wird dazu gemeinsam mit der Wissenschaft, Fachstellen und Unternehmen neue verbindliche Standards entwickeln und Orientierung ermöglichen. Mit den neuen Regelungen sorgen wir sowohl für Teilhabe von Kindern und Jugendlichen am digitalen Zeitalter als auch für ihr gesundes Aufwachsen mit modernen Medien.“

Ausgewählte Ergebnisse der repräsentativen Umfrage für den Kinderreport 2021 im Einzelnen

Verständnis von Mediensucht

Für 88 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen besteht eine sogenannte Mediensucht, wenn die betroffene Person nicht mit der Mediennutzung aufhören kann, obwohl sie das gerne möchte, und für 86 Prozent auch dann, wenn andere Lebensbereiche, wie z.B. Arbeit oder Schule, wegen der Mediennutzung vernachlässigt werden. Als problematisch sieht es eine sehr große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen (83 Prozent) zudem an, wenn Freunde und Familie wegen der Mediennutzung vernachlässigt werden oder sich die betroffene Person von ihnen zurückzieht. Für 81 Prozent besteht eine sogenannte Mediensucht, wenn die betroffene Person sich unwohl fühlt, nervös oder unzufrieden ist, sollte die gewohnte Mediennutzung nicht möglich sein, und für 70 Prozent, wenn die betroffene Person wegen ihrer Mediennutzung wiederholt Konflikte und Stress mit Freunden, Eltern und Bekannten hat. Und nach Meinung von knapp zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen (64 Prozent) besteht eine sogenannte Mediensucht, wenn die betroffene Person ein bestimmtes Medium in ihrer Freizeit eine sehr lange Zeit bzw. mehrere Stunden am Tag nutzt.

Wenn die betroffene Person nicht mit der Mediennutzung aufhören kann, obwohl sie das gerne möchte, konstatieren 92 Prozent der Erwachsenen eine sogenannte Mediensucht, und 91 Prozent dann, wenn andere Lebensbereiche, wie z.B. Arbeit oder Schule, wegen der Mediennutzung vernachlässigt werden. Als problematisch sieht es eine sehr große Mehrheit der Erwachsenen (89 Prozent) zudem an, wenn Freunde und Familie wegen der Mediennutzung vernachlässigt werden oder sich die betroffene Person von ihnen zurückzieht. Für 76 Prozent besteht eine sogenannte Mediensucht, wenn die betroffene Person gestresst oder unzufrieden ist, wenn die gewohnte Mediennutzung nicht möglich ist, und für 72 Prozent, wenn die betroffene Person wegen ihrer Mediennutzung wiederholt Konflikte und Stress mit Freunden, Eltern und Bekannten hat. Und nach Meinung von 57 Prozent der Erwachsenen besteht eine sogenannte Mediensucht, wenn die betroffene Person ein bestimmtes Medium in ihrer Freizeit eine sehr lange Zeit bzw. mehrere Stunden am Tag nutzt.

Erfahrungen mit Mediensucht im persönlichen Umfeld Insgesamt 12 Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, dass sie bei sich selbst bereits Erfahrungen mit Mediensucht gemacht haben. Die Frage, ob es im Freundes- oder Familienkreis bei Kindern unter 14 Jahren Erfahrung mit Mediensucht gibt oder gab, bejahen 15 Prozent, weitere 14 Prozent geben an, dies bei Jugendlichen ab 14 Jahren festgestellt zu haben.

Bei den erwachsenen Befragten sind es insgesamt 6 Prozent, die bei sich selbst bereits Erfahrungen mit Mediensucht festgestellt haben. Die Frage, ob es im persönlichen Umfeld bei Kindern unter 14 Jahren Erfahrung mit Mediensucht gibt oder gab, bejahen 10 Prozent, weitere 15 Prozent geben an, dies bei Jugendlichen ab 14 Jahren festgestellt zu haben.

Maßnahmen zur Eindämmung von Mediensucht und zu viel Mediennutzung in der Freizeit

90 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen halten es für sinnvoll, das Thema Mediensucht an Schulen zu behandeln, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung in der Freizeit entgegenzuwirken. Zudem sprechen sich 84 Prozent dafür aus, dass Medien, die süchtig machen können, entsprechend gekennzeichnet werden sollten. Eine sehr große Mehrheit plädiert auch dafür, dass Eltern stärker über das Thema Mediensucht informiert werden sollten, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung in der Freizeit entgegenzuwirken. Insgesamt 83 Prozent sehen das so. Außerdem sind die Kinder und Jugendlichen mit sehr großer Mehrheit (78 Prozent) dafür, dass es für Medien, die süchtig machen können, Altersgrenzen geben sollte. Große Zustimmung findet auch der Vorschlag, Medien, die süchtig machen können, dahingehend zu beschränken, wie lange am Stück sie genutzt werden können. 77 Prozent unterstützen eine solche Maßnahme. Für mehr kostenfreie Beratungs- und Behandlungsangebote zum Thema Mediensucht plädieren ebenfalls 77 Prozent der Kinder und Jugendlichen. Keine Mehrheiten finden zwei mögliche Maßnahmen, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung in der Freizeit entgegenzuwirken. So lehnen die meisten die Forderung nach einem Verbot von Medien, die süchtig machen können, ab. Lediglich 38 Prozent sehen darin eine sinnvolle Maßnahme. Die zweite Maßnahme, die keine Mehrheit bei den Kindern und Jugendlichen findet, ist ein Verbot der Handynutzung für Jugendliche unter 14 Jahren. Eine solche Maßnahme befürworten nur 17 Prozent.

Auch die befragten Erwachsenen halten es für sinnvoll (insgesamt 95 Prozent), das Thema Mediensucht an Schulen zu behandeln, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung in der Freizeit entgegenzuwirken. Eine sehr große Mehrheit plädiert auch dafür, dass Eltern stärker über das Thema Mediensucht informiert werden sollten, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung in der Freizeit entgegenzuwirken. Insgesamt 91 Prozent sehen das so. 82 Prozent spricht sich für mehr kostenfreie Beratungs- und Behandlungsangebote zum Thema Mediensucht aus. Eine Kennzeichnungspflicht von Medien, die süchtig machen können, befürworten auch sehr viele Erwachsene. Insgesamt 74 Prozent sehen das als sinnvolle Maßnahme an. Außerdem sind die Erwachsenen mit großer Mehrheit (72 Prozent) dafür, dass es für Medien, die süchtig machen können, Altersgrenzen geben sollte. 60 Prozent unterstützenden Vorschlag, Medien, die süchtig machen können, dahingehend zu beschränken, wie lange am Stück sie genutzt werden können. Ein Verbot von Medien, die süchtig machen können, lehnen die Erwachsenen mehrheitlich ab. Nur 27 Prozent sehen darin eine sinnvolle Maßnahme. Ein Verbot der Handynutzung für Jugendliche unter 14 Jahren lehnen die Erwachsenen ebenfalls ab. Lediglich 20 Prozent befürworten eine solche Maßnahme, um Mediensucht und zu viel Mediennutzung in der Freizeit entgegenzuwirken.

Verantwortlichkeiten bei der Bekämpfung von Mediensucht

94 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen sehen Familien und Eltern bei der Frage, wer sich vor allem darum kümmern sollte, Mediensucht entgegenzuwirken, in der Verantwortung, eine sehr große Mehrheit (90 Prozent) auch die Nutzerinnen und Nutzer selbst. 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen sehen die entsprechenden Medienanbieter, wie z.B. Facebook, Instagram oder Onlinespiele-Anbieter in der Pflicht, Mediensucht entgegenzuwirken. 74 Prozent der Kinder und Jugendlichen meinen, dass auch die Schulen in der Verantwortung stehen, eine Mehrheit (62 Prozent) sieht das auch für Jugend- und Freizeiteinrichtungen so. 61 Prozent der Kinder und Jugendlichen schreiben auch der Politik Verantwortung zu, Mediensucht entgegenzuwirken. 44 Prozent sehen diese bei medizinischen Einrichtungen sowie Ärztinnen und Ärzten.

93 Prozent der befragten Erwachsenen sehen Familien und Eltern bei der Frage, wer sich vor allem darum kümmern sollte, Mediensucht entgegenzuwirken, in der Verantwortung, eine sehr große Mehrheit (90 Prozent) auch die Nutzerinnen und Nutzer selbst. 81 Prozent der Erwachsenen sehen die entsprechenden Medienanbieter, wie z.B. Facebook, Instagram oder Onlinespiele-Anbieter in der Pflicht, Mediensucht entgegenzuwirken. 79 Prozent der Erwachsenen meinen, dass auch die Schulen in der Verantwortung stehen, eine Mehrheit (73 Prozent) sieht das auch für Jugend- und Freizeiteinrichtungen. 66 Prozent der Erwachsenen sehen auch eine Verantwortung der Politik, Mediensucht entgegenzuwirken. 43 Prozent sehen diese bei medizinischen Einrichtungen sowie Ärztinnen und Ärzten.

Für den Kinderreport 2021 des Deutschen Kinderhilfswerkes führte das Politikforschungsinstitut Kantar Public zwei Umfragen, eine unter Kindern und Jugendlichen (10- bis 17-Jährige) und eine unter Erwachsenen (ab 18-Jährige), in Deutschland durch. Befragt wurden insgesamt 1.692 Personen, davon 669 Kinder und Jugendliche sowie 1.023 Erwachsene. Die Befragungen wurden online unter Nutzung eines Access-Panels (Kinder und Jugendliche) sowie mittels computergestützter Telefoninterviews (Erwachsene) durchgeführt. Die Fragen wurden Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen gleichermaßen gestellt, allerdings wurde den Kindern und Jugendlichen ein Fragebogen mit Formulierungen vorgelegt, die der Altersgruppe angepasst worden waren. Die Fehlertoleranz der Umfrage bei den Kindern und Jugendlichen liegt mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit bei unter 1,7 (bei einem Anteilswert von 5 Prozent) bzw. 4,0 Prozentpunkten (bei einem Anteilswert von 50 Prozent), die bei den Erwachsenen bei unter 1,4 (bei einem Anteilswert von 5 Prozent) bzw. 3,1 Prozentpunkten (bei einem Anteilswert von 50 Prozent).

Der Kinderreport 2021 des Deutschen Kinderhilfswerkes, die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage für den Kinderreport 2021 und eine Zusammenfassung des Kinderreports 2021 können unter www.dkhw.de/Kinderreport2021 heruntergeladen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 06.05.2021

Kinder und Eltern im Abstammungs- und Familienrecht nicht länger diskriminieren

An diesem Sonntag, den 02. Mai, ist der 10. Internationale Regenbogenfamilientag. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Tausende Kinder wachsen derzeit in Deutschland mit lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Eltern auf. Ziel des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) ist eine Gesellschaft, in der Regenbogenfamilien in ihren vielfältigen Konstellationen als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität respektiert und anerkannt werden. Weder die Kinder noch die Eltern in Regenbogenfamilien sollten aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität diskriminiert werden. Dazu bedarf es der rechtlichen Gleichstellung und Weiterentwicklung des Abstammungs- und Familienrechts. Regenbogenfamilien warten seit vielen Jahren auf eine rechtliche Gleichstellung und Verbesserung. Fast vier Jahre nach der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und über zwei Jahre nach Einführung des Dritten Geschlechtseintrags „divers“ fehlt es nun aber noch immer an den erforderlichen rechtlichen Reformen im Familien- und Abstammungsrecht.

Leider ist zu befürchten, dass es in dieser Legislatur durch die Bundesregierung keine Verbesserung für Regenbogenfamilien mehr geben wird. Der LSVD hat daher eine E-Mail-Aktion an die Abgeordneten von Union und SPD gestartet. Die Bundestagsabgeordneten der Regierungsfraktionen könnten mit einem eigenen Gesetzentwurf die lang versprochene und notwendige Reform im Abstammungsrecht noch in dieser Legislatur auf den Weg bringen. Denn im Koalitionsvertrag finden sich Vereinbarungen, die zu einer Verbesserung der rechtlichen Situation von Regenbogenfamilien in dieser Legislatur hätten führen müssen.

In seiner Sitzung am kommenden Freitag entscheidet der Bundesrat auch über den Entschließungsantrag „Reform des Abstammungsrechts: Alle Familien stärken – Gleichstellung voranbringen“ der Bundesländer Berlin und Thüringen. Der LSVD hat alle Ministerpräsident*innen aufgefordert, den Antrag zu unterstützen. Mit der Zustimmung würde die Länderkammer deutlich machen, dass ihr alle Familien am Herzen liegen und Kinder nicht aufgrund der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität der Eltern diskriminiert werden.

Der LSVD fordert die gesellschaftliche Anerkennung und rechtliche Absicherung der Vielfalt an gelebten Familienformen wie Zwei-Mütter-Familien, Zwei-Väter-Familien, Mehrelternfamilien oder Familien mit trans- und intergeschlechtlichen Eltern.

In den vergangenen Jahren konnte zunehmende gesellschaftliche Anerkennung von Regenbogenfamilien erkämpft werden. Doch noch immer stoßen sie im Alltag auf Ignoranz oder Vorbehalte – bei einzelnen Behörden, im Schulbuch, wenn sie als Familienkonstellation ausgespart bleiben, oder wenn ihnen Familienvergünstigungen verweigert werden. Um die gleichberechtigte Teilhabe aller zu gewährleisten, stehen Behörden, Kindertagesstätten, Schulen und soziale Einrichtungen, kurzum alle Institutionen, die mit Kindern, Jugendlichen und Familien zu tun haben, in der Verantwortung, Regenbogenkompetenz zu erwerben.

Hintergrund

Veranstaltungen zum Internationalen Regenbogenfamilientag: Fotoaktion vom Regenbogenfamilienzentrum des LSVD Berlin-Brandenburg und Onlinetalkrunde „Was brauchen Regenbogenfamilien?“ mit dem neugegründeten LSVD-Beratungszentrum BerTa, dem Netzwerk LSBTTIQ, ILSE Rhein-Neckar und PLUS-Rhein-Neckar

Gleichgeschlechtliche Eltern: Studien über Kinder in Regenbogenfamilien. Internationale Studien belegen: Weder Kindeswohlgefährdung noch andere Nachteile für die Kinder
 
Reform im Abstammungsrecht: Regenbogenfamilien endlich rechtlich absichern. Kein Kind darf bezüglich seiner Familienform diskriminiert werden
 
Was fordert der LSVD für Regenbogenfamilien? LSVD-Positionspapier „Regenbogenfamilien im Recht“

Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) vom 30.04.2021

„Schenk mir keine Blumen, schenk mir eine Lobby“, so wurde die Vorstandsvorsitzende des Verbands berufstätiger Mütter e. V. (VBM), Cornelia Spachtholz, bereits 2017 in einem Spiegel-Artikel zum Muttertag zitiert. Vier Jahre später, davon über ein Jahr Corona-Pandemie, ist dieser Leitsatz aktueller denn je. Von den langjährigen Forderungen des VBM sind bisher nur zwei Forderungen gesetzlich umgesetzt worden. Deshalb fordern wir, insbesondere am Muttertag, weiterhin:

Betreuung & Bildung

Die Vision: eine Betreuungswelt, die Raum und Zeit lässt für Beruf und Karriere:

  • Qualitativ hochwertige, personell, zeitlich sowie räumlich und technisch bedarfsgerechte und zudem gebührenfreie Ganztagsbetreuung in Krippen, Kindertagesstätten und Schulen von 0 bis 14+ Jahren, verbunden mit einem Rechtsanspruch
  • Bundeseinheitliche Standards in Betreuung und Bildung für Unterdreijährige, Überdreijährige sowie für Schüler*innen Grund- und weiterführender Schulen mit bundeseinheitlichen Lehr-plänen und Abschlüssen der weiterführenden Schulen
  • Flächendeckende Einführung der „gebundenen, rhythmisierten Ganztagsschule“
  • Bedarfsgerechter Ausbau der Notfall- und Ferienbetreuung

Arbeit & Karriere

Die Vision: eine Arbeitswelt, die Raum und Zeit lässt für Familie und individuelle Existenzsicherung bis ins Alter ermöglicht:

  • Verbreitung flexibilisierter Arbeitszeit-Modelle
  • Wertschätzung von Teilzeit-Arbeitnehmer*innen
  • Möglichkeit, Führungspositionen in Teilzeit auszuüben (Top-Sharing)
  • Quote Gender-Top-Sharing
  • Möglichkeit, in Teilzeit fachlich Karriere zu machen, z. B. in kooperativen Teams (Job-Sharing)
  • Entlohnung und Anerkennung nach Ergebnissen, nicht nach Anwesenheit am Arbeitsplatz (Effizienz statt Präsenz)
  • Entgeltgleichheit von Frauen und Männern für vergleichbare Arbeit bei vergleichbarer Qualifikation (Equal Pay)
  • Finanzielle Aufwertung und gesellschaftliche Wertschätzung von Berufen, die zurzeit eher von Frauen als von Männern ausgeübt werden
  • Männerquote in sozialen Berufen
  • Abschaffung der Minijobs bei gleichzeitiger vollständiger Sozialversicherungspflicht unabhängig von der Höhe des Einkommens
  • Beschäftigungsverhältnisse mit adäquaten Laufzeiten und existenzsichernden Einkommen auch in Hinblick auf die Altersvorsoge
  • Verpflichtende geplante Budgets in Unternehmen, Organisationen und Verwaltung, für definierte Gleichstellungsziele und um Frauen und Mütter zu fördern (Gender-Budgeting)
  • Anerkennung von Familienzeit als Karrierebaustein im Lebens-(ver-)lauf

Familie & Rollenbilder

Die Vision: eine Familienwelt, in der moderne Gleichberechtigung gelebt werden kann:

  • Änderung von stereotypen Rollendarstellungen in pädagogischen Materialien und Erziehungs-, Betreuungs- und Bildungseinrichtungen
  • Gerechte, partnerschaftliche Verteilung der Familien-, Haus- und Erwerbsarbeit
  • Ersetzen des „Rabenmutterbildes“ durch ein modernes Bild einer berufstätigen Mutter und angemessene Wertschätzung ihrer Leistungen
  • Ersetzen des Bildes eines „Wochenend- und Zahlpapas“ durch ein modernes Bild eines berufstätigen Vaters, der fest in den Familienalltag eingebunden ist – unabhängig der Paarbeziehung
  • Männliches pädagogisches Personal als Vorbilder in Krippen, Kindertagesstätten und Grundschulen
  • Verpflichtende Berufspraktika im sozialen Bereich für Jungen und im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) für Mädchen
  • Gleichwertigkeit aller Familienmodelle (z. B. Klassisch, Regenbogen, Patchwork, Alleinerziehend, Getrennterziehend)

Recht & Steuern

Die Vision: eine politische Welt, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und Männer konsequent fördert:

  • Abschaffung des Ehegattensplittings und der an Einkommen anstelle Betreuungs-, Bildungs- oder Pflegeverantwortung gekoppelten kostenlosen Krankenkassen-Mitversicherung für Ehepartner*innen, da diese traditionelle Rollenmodelle zementieren und Fehlanreize bieten zur ungleichen Verteilung der Erwerbsarbeit zwischen Ehepaaren und zudem nicht alle Familienmodelle gleichwertig fördern
  • Individualbesteuerung mit Rücksichtnahme auf zu betreuende Kinder, zu pflegende Angehörige oder besondere Fürsorgeaufgaben
  • Kündigungsschutz für werdende Väter, z. B. nach 3. Monat der Schwangerschaft der Partnerin
  • Elternzeitmodelle, die die egalitäre Aufteilung der Elternzeit fördern
  • Jeweils hälftige Elternzeit zur vollen Ausschöpfung des Elterngeldes
  • Nach der Trennung der Eltern als Paar ersetzen Wechselmodell/Doppelresidenz das Leitbild des Residenzmodells
  • Statistische Erhebung bzw. Kommunikation in der Differenzierung Allein – oder Getrennterziehende Elternteile
  • Jungen- und Männerpolitik, die neue Rollenbilder fördert für eine gleichberechtigte Teilung der Haus- und Familien- und Erwerbspflichten
  • für alle Familien niederschwellige und finanziell leistbare haushaltsnahe/familienunterstützende Dienstleistungen, z.B. durch Gutscheinmodelle
  • Familienarbeitszeit, d. h. vollzeitnahe Teilzeit, im Anschluss an die Elternzeit zur partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbs-, Familien- und Hausarbeit
  • Einheitliche, vom Einkommen der Eltern unabhängige Kindergrundsicherung
  • Möglichkeiten zum Aufbau eigenständiger Altersvorsorge für Frauen und Männer durch konsequente Abschaffung geschlechtsspezifischer, ungleicher Tarife
  • Öffentliche Mittelvergabe von Gender-Budgeting abhängig machen (d. h. geplante Budgets für definierte Gleichstellungsziele und um Frauen und Mütter zu fördern)
  • Gesetzlich festgeschriebene Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft

„Seit nunmehr 30 Jahren engagieren wir uns als Lobby berufstätiger Mütter und solcher, die es (wieder) werden möchten zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und Männer in der Lebensverlaufsperspektive. Manche unserer Forderungen bestehen seit Gründung des VBM, wie z. B. die Abschaffung des Ehegattensplittings hin zur Individualbesteuerung. Corona zeigt uns wie ein Brennglas, wo bereits vor der Pandemie die Herausforderungen in unserer Gesellschaft und zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie lagen. Ich habe größtes Verständnis, dass nicht nur alle Bürger*innen und das Wahlvolk mit dieser lebensbedrohenden Krise überfordert waren, sondern auch unsere verantwortlichen Entscheidungsträger*innen in Bund, Ländern und Kommunen. Aber dass Kinder, Jugendliche und deren (berufstätigen) Eltern erst nach über einem Jahr der Pandemie in den Fokus genommen werden, wenngleich wir als VBM bereits mit der ersten Schließung von Kita & Co einen offenen Brandbrief an die Bundesregierung gesandt haben, um auf die besondere Notlage der Familien mit den kurz-, mittel- und langfristigen dramatischen Folgen hinzuweisen und von Anfang an kreative Ideen und Forderungen eingebracht haben, um hier Linderung zu schaffen, dann kann ich mich des Eindrucks nicht verwehren, dass die verantwortlichen Entscheidungsträger*innen in Bund, Ländern und Kommunen entweder keine Kinder haben, oder aber finanziell gut gebettet mit einem sicheren Einkommen und ausreichend großem Wohn- bzw. Lebensraum private (ergänzende) Betreuungs- und Bildungslandschaft einbinden können.“ so Cornelia Spachtholz, Vorstandsvorsitzende des Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) und fordert „Das Aufholpaket für Kinder, Jugend und Familien darf keine Eintagsfliege sein, sondern muss ständig optimiert an die Umstände der Pandemie angepasst werden, damit wir kein Kind, keine Jugendlichen und keine Familien zurücklassen – als verlorene Coronageneration.“

Quelle: Pressemitteilung Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) vom 08.05.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 18. – 20. Mai 2021

Der 17. Deutsche Kinder- und Jugendhilfetag öffnet vom 18. – 20. Mai 2021 digital seine Türen! Der größte Jugendhilfegipfel in Europa findet in diesem Jahr rein digital statt. Entdecken Sie die vielfältigen Angebote, die für alle Besucher*innen komplett kostenfrei sind.

Der AWO Bundesverband e. V. ist Ausrichter von zehn Fachveranstaltungen beim DJHT-Fachkongress.

Das ZFF ist auch dabei:

Fachforum: Sorge, Umgang, Unterhalt: Die Quadratur des Kreises oder nur eine Frage der Perspektive?

18. Mai 2021, 15:45 – 17:15 Uhr

In Debatten zur Reform des Sorge-, Umgangs- und Unterhaltsrecht bleiben Perspektiven und Erfahrungen von Kindern, Jugendlichen und der in diesem Feld tätigen Fachkräfte oft unsichtbar. Wir wollen zu diesem Themenfeld informieren und sensibilisieren.

Sorge-, Umgangs- und Unterhaltsrecht stehen nicht grundlos in der politischen Debatte und einige Reformen, wie sie aktuell auf der gesetzlichen Ebene angegangen werden sollen, sind überfällig. Auch wenn diese Rechtsgebiete dringend den gesellschaftlichen Realitäten angepasst werden müssen, rückt dabei, so scheint es, die herausragende Verantwortung, die Eltern für das Aufwachsen ihrer Kinder in Wohlergehen haben, manchmal in den Hintergrund. In der gegenwärtigen Diskussion um eine Reform des Sorge-, Umgangs- und Unterhaltsrechts stehen sich manche Positionen der unterschiedlichen gesellschaftlichen und politischen Akteure beinahe unvereinbar gegenüber; die Konflikthaftigkeit in den Familien bei Trennung und Scheidung findet sich möglicherweise in den (fach)politischen Diskursen wieder.

Die bisher unbeantwortete und eigentlich unstrittige Grundfrage lautet: Wie können die Rechtsgebiete so ineinandergreifen und weiterentwickelt werden, dass sie für alle Beteiligten – und insbesondere für die betroffenen Kinder und Jugendlichen – und für die meisten Fälle eine gute Lösung bereithalten und inwiefern können sie helfen, die Konflikthaftigkeit von Umgangsstreitigkeiten zu verringern?

In den Debatten bisher weitgehend unsichtbar (u. a. weil empirisch kaum beforscht) bleiben die Perspektiven und Erfahrungen der von Trennung und Scheidung betroffenen Kindern und Jugendlichen selbst; unsichtbar bleiben aber auch die fachlichen Konzepte und praktischen Erfahrungen derjenigen Fachkräfte, die direkt mit diesen Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern arbeiten.

Die Veranstalter wollen mit diesem Forum die Reformdebatte aufgreifen, Fach- und Leitungskräfte aus der Kinder- und Jugendhilfe informieren und sensibilisieren und ggf. die bis dahin tatsächlich erfolgte Reform diskutieren. Vor allem aber wollen wir der Frage nachgehen, ob und wie die Fachpraxis dem Anspruch gerecht werden kann, die Perspektive der Kinder und Jugendlichen in das Zentrum einer jeden Regelung zu Sorge, Umgang und Unterhalt zu stellen und welcher weiterführender Anstrengungen es bedarf, der Vielgestaltigkeit von familiären Lebenslagen im Kontext von Trennung und Scheidung gerechter zu werden.

Weitere Informationen zum Ablauf sowie zur Registrierung finden Sie hier.

Fachforum: Auf dem Weg zur Kindergrundsicherung

19. Mai 2021, 10:45 – 12:15 Uhr

Die Kindergrundsicherung wird seit längerem als wichtiges Instrument gegen Kinderarmut diskutiert.

  1. Das Nds. Sozialministerium stellt gemeinsam mit wichtigen NGOs die zentralen Inhalte und Positionen für die Einführung einer Kindergrundsicherung vor.
  2. Jeweils 15 Minuten Vortrag mit anschließender Möglichkeit zur Nachfrage und moderierten Diskussion
  • Nds. Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
  • Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
  • Bündnis Kindergrundsicherung
  • Bertelsmann-Stiftung

Weitere Informationen sowie die Registrierung finden Sie hier.

Digitaler Messestand: Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) – Für die Vielfalt der Familie

19. Mai 2021, 14:00 – 17:00 Uhr

Das Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) wurde 2002 auf Initiative der Arbeiterwohlfahrt als familienpolitischer Fachverband gegründet. Wir setzen uns für eine zukunftsorientierte Familienpolitik ein: Für uns ist Familie überall dort, wo Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen, Sorge tragen und Zuwendung schenken. An unserem Messestand stellen wir unsere Arbeit vor und diskutieren zentrale familienpolitische Themen des Wahlkampfjahres 2021 rund um Fürsorge, Vereinbarkeitsfragen, Bekämpfung von Kinderarmut und vielfältige Familienformen.

Mit Britta Altenkamp (ZFF-Vorsitzende), Alexander Nöhring (ZFF-Geschäftsführer) und den Referentinnen Ulrike Mewald und Lisa Sommer.

  • 15:00 Uhr Gespräch mit der Vorsitzenden Britta Altenkamp zur Arbeit des ZFF
  • 16:15 Uhr Gespräch mit dem Geschäftsführer Alexander Nöhring zu familienpolitischen Schwerpunkten im Bundestagswahlkampf

Besuchen Sie uns gern über Zoom am Messestand: https://us02web.zoom.us/j/82573291299

AKTUELLES

Migration ist oft eine „Familienangelegenheit“. Das bestätigt auch der erst kürzlich veröffentlichte Neunte Familienbericht der Bundesregierung. Vielfach reisen Partnerinnen und Partner von Zugewanderten mit ein oder ziehen nach. Partnerschaftlicher Familiennachzug ist ein Hauptmotiv für Zuwanderung nach Deutschland. Der aktuelle Monitor Familienforschung beleuchtet die Situation nachreisender Familienangehöriger im Kontext der Fachkräftegewinnung. Diese mitreisenden Partner – es sind ganz überwiegend Frauen – bieten ein erhebliches Potenzial für den deutschen Arbeitsmarkt. Die Pandemie dämpft aktuell auch den Zuzug aus dem Ausland, doch die demografische Entwicklung und die Fachkräftebedarfe bleiben bestehen.

Mehrere hunderttausend Partnerinnen und Partner von Zugewanderten aus EU- und Drittstaaten leben bereits in Deutschland. Obwohl oft qualifiziert für den deutschen Arbeitsmarkt, ist der Anteil der aktiv Erwerbstätigen unter ihnen gering. Es gilt, die Familien von neu einreisenden Arbeits- und Fachkräften in den deutschen Regelangeboten mitzudenken, sei es bei der Erstorientierung in Deutschland, bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, bei der Förderung der Erwerbstätigkeit. Gerade nachreisende Frauen werden in der Phase der Einwanderung von den beratenden Stellen oft nicht mit ihren Bedarfen und Potenzialen, sondern nur als „im Schatten des Mannes stehend“ betrachtet.

Darum ist es besonders wichtig, auch die mit- und nachreisenden Partnerinnen für eine Erwerbsperspektive in Deutschland zu gewinnen. Ein auskömmliches Erwerbseinkommen fördert die wirtschaftliche Stabilität der Familie, schützt vor Armutsrisiken und fördert eigene Lebensperspektiven für die Frauen. Hier setzt unser ESF-Bundesprogramm „Stark im Beruf – Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein“ an. Diesen Weg müssen wir weitergehen: Machen wir die Integration zu einer Familienangelegenheit. So gewinnen wir Fachkräfte und geben Familien sichere Perspektiven in Deutschland. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre!

Fachkräfte im Inland gewinnen – Erwerbspotenziale aus dem Familiennachzug

Der Gleichstellungsbericht 2021 der Europäischen Kommission wurde veröffentlicht.

2021 Report on gender equality in the EU (engl.)

Der Global Gender Gap Report 2021 ist erschienen.

Global Gender Gap Report 2021 (engl.)

Zwar wurde die Ganztagsbetreuung für Kinder im Alter von 3 bis unter 6 Jahren in den vergangenen Jahren ausgebaut, die regionalen Unterschiede nach Bundesländern aber auch auf Ebene der Kreise und Städte sind aber weiterhin groß. Zudem ist die Passung zwischen Bedarf und Angebot nicht immer gegeben. Hinzu kommt außerdem, dass ein Ganztagsbetreuungsplatz allein noch kein Garant für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist, sondern die konkreten Betreuungszeiten von hoher Bedeutung sind. 

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Der vorliegende Entwurf des Sechsten Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung vom 22. März 2021 (6. ARB) ist ein umfassendes Werk statistischer Daten aus unterschiedlichen Studien und Indikatoren. Die Daten werden in dem Bericht miteinander in Verbindung gesetzt, um eine umfassende sozialpolitische Interpretation der Lebensverhältnisse in Deutschland und der Maßnahmen der Bundesregierung unter dem Aspekt der Armutsprävention und der Förderung von Wohlstand und sozialer Mobilität zu ermöglichen. Der aktuelle Bericht entwickelt die Berichterstattung des Fünften Armuts- und Reichtumsberichts methodisch und inhaltlich weiter und bietet eine Vielzahl an unterschiedlichen Daten, Informationen und Interpretationen zu Themenbereichen wie Arbeit, Familie, Gesundheit, Bürgerschaftliches Engagement etc. Die Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie auf unterschiedliche Lebenslagen wurden dabei so weit wie möglich einbezogen bzw. es wurden Einschätzungen hierzu vorgenommen.

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Mit dem vorgelegten Referentenentwurf plant die Bundesregierung die Einführung eines Rechtsanspruchs für ganztägige Erziehung, Bildung und Betreuung für Kinder im Grundschulalter. Die Geschäftsstelle des Deutschen Vereins begrüßt dieses Vorhaben ausdrücklich. Bereits 2015 hatte sich der Deutsche Verein für die Prüfung, einen solchen Rechtsanspruch einzuführen, ausgesprochen. 2019 formulierte er Empfehlungen zur Implementierung und Ausgestaltung desselben. Diesen folgt der vorgelegte Referentenentwurf zu weiten Teilen. Angesichts der durch die COVID-19-Pandemie noch stärker offenbar gewordenen Notwendigkeit, der Bildungsbenachteiligung von Kindern entgegenzuwirken und die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit zu stärken, ist nach Auffassung der Geschäftsstelle des Deutschen Vereins ein individueller Rechtsanspruch auf ganztägige Erziehung, Bildung und Betreuung für Kinder im Grundschulalter dringend erforderlich.

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Die Debatte um die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz war lange festgefahren. Auf der einen Seite wird eine juristische Notwendigkeit für eine Verfassungsänderung nicht gesehen und im Gegenteil vor unbeabsichtigten und unerwünschten Folgewirkungen gewarnt. Insbesondere wird befürchtet, die Formulierung von ausdrücklichen Kinderrechten im Grundgesetz könne zur Schwächung der Elternverantwortung beitragen und dem Staat stärkere Eingriffsmöglichkeiten als bisher geben. Auf der anderen Seite wird eine Änderung der Verfassung dringend angemahnt und um die Einführung eines umfassenden Kinderrechtekatalogs in das Grundgesetz gerungen.

Anfang Januar 2021 haben sich nun die Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD auf eine Formulierung geeinigt (BR-Drs.54/21). Schnell wurde diese jedoch von den Oppositionsparteien scharf kritisiert. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) befürchtet deshalb, dass der Vorschlag der Regierung den jahrzehntelangen Streit nicht beenden wird. Dazu sind – jeweils unterschiedliche – Zweidrittelmehrheiten im Bundestag und im Bundesrat erforderlich, ohne zusätzliche Stimmen aus den anderen Parteien geht es also nicht. Die Zeit läuft bereits davon: Das parlamentarische Verfahren ist so knapp geplant, dass für die Anrufung des Vermittlungsausschusses, der üblicherweise bei verschiedenen Positionen von Bundestag und Bundesrat in Bezug auf ein Gesetzesvorhaben in Aktion tritt, vor Ende der Legislaturperiode kein Raum mehr ist. Dass sich im Bundesrat nach einer ersten Beratung des Gesetzesvorhabens Ende März weder eine Mehrheit für ein positives Votum noch für konkrete Änderungswünsche gefunden hat, stimmt diesbezüglich nicht zuversichtlicher. Und auch die Mitte April im Bundestag geführte Debatte hat erneut die Bandbreite der verschiedenen Positionen vor Augen geführt, die eine Verabschiedung des Regierungsentwurfs in der vorgeschlagenen Form nicht erwarten lässt. Deshalb hat die eaf einen Alternativvorschlag erarbeitet, der geeignet sein könnte, in der noch verbleibenden Zeit die erforderlichen Zweidrittelmehrheiten zu erreichen.

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ZFF-Info 04/2021

SCHWERPUNKT I: Equal Pay Day

Anlässlich des Equal Pay Day 2021 setzt sich das Zukunftsforum Familie (ZFF) für die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern ein und fordert nachhaltige politische Schritte, um Entgeltgleichheit zu erreichen.

Zum 14. Mal ruft der Business and Professional Women (BPW) Germany e.V. den Equal Pay Day aus, der auf die Entgeltungleichheit zwischen den Geschlechtern aufmerksam macht. Die diesjährige Kampagne steht unter dem Motto „GameChanger – Mach dich stark für equal pay!“ und zeigt anhand von Vorbildern aus Politik, Wirtschaft, Sport, Medien und Kultur, wie die deutsche Lohnlücke von 18 Prozent geschlossen werden kann. Nach der letzten Erhebung des Statistischen Bundesamtes liegt der Gender Pay Gap in Deutschland damit zwar weiterhin unter 20 Prozent, aber noch immer deutlich über dem EU-Durchschnitt von rund 15 Prozent.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Die weiterhin bestehende Einkommensungleichheit zwischen Frauen und Männern ist nicht nur ungerecht, sondern wirkt sich für Familien auch unmittelbar auf die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit aus. Die Ursachen für die Lohnlücke sind vielfältig und oftmals strukturell verankert. So haben Frauen z.B. schlechtere Zugangschancen zu unterschiedlichen Berufen oder Karrierestufen und arbeiten häufiger in Teilzeit und Minijobs. Hinzu kommt die ungleiche Verteilung von Sorgearbeit: Frauen reduzieren häufiger als Männer familienbedingt ihre Erwerbsarbeitszeit und übernehmen nach wie vor den Löwenanteil der Erziehungs-, Pflege- und Hausarbeit – auch und gerade in der Corona-Pandemie. Von einer geschlechtergerechten Arbeitsteilung sind viele Familien weit entfernt. Besonders Alleinerziehende, überwiegend Frauen, sind durch den Gender Pay Gap benachteiligt.“ 

Altenkamp führt weiter aus: „Insbesondere im Wahljahr erwarten wir von der Politik, dass die Weichen für politische Lösungen gestellt werden, die es Männern wie Frauen gleichermaßen ermöglichen, familiäre Sorgeverpflichtungen zu übernehmen. Dazu müssen Regulierungen abgebaut werden, die einer geschlechtergerechten Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit entgegenstehen, wie etwa das Ehegattensplitting. Partnerschaftliche Ansätze bei Elterngeld und Pflegezeit müssen ausgebaut werden, sodass Verkürzungen der Arbeitszeit oder befristete Ausstiege aus dem Beruf für beide Geschlechter möglich sind, ohne die eigene soziale Absicherung zu gefährden.“

Alle Informationen zur Equal Pay Day Kampagne 2021 finden Sie unter www.equalpayday.de.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 10.03.2021

Der Equal Pay Day, der in diesem Jahr auf den 10. März fällt, markiert die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. Für das gleiche Gehalt wie das der Männer müssten Frauen 69 Tage länger arbeiten. Die Lohnlücke liegt bei 19 Prozent. Für die SPD-Bundestagfraktion ist klar: Das sind 19 Prozent zu viel. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss selbstverständlich sein.

„Auf dem Weg zur Entgeltgleichheit ist die SPD-Bundestagsfraktion bereits wichtige Schritte gegangen. Dazu gehört das Entgelttransparenzgesetz, die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Aufwertung sozialer Berufe und verbindliche Vorgaben für mehr Frauen in Führungspositionen. Es müssen aber weitere Schritte folgen.

Wir wollen, dass soziale Berufe die Anerkennung erhalten, die sie verdienen. Daher haben wir im Koalitionsvertrag durchgesetzt, die Arbeitsbedingungen in der Altenpflege zu verbessern. Dazu braucht es einen flächendeckenden Tarifvertrag. Damit wird die gesamte Pflegebranche aufgewertet, die höchste Anforderungen stellt und in der vor allem Frauen beschäftigt sind.

Wir kritisieren, dass ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, der die Arbeitsbedingungen in den Pflegeberufen massiv verbessert hätte, am Widerstand privater Arbeitgeber und von Teilen der Wohlfahrtsverbände und Kirchen gescheitert ist. Wir appellieren an alle Beteiligten, sich weiterhin für einen solchen Tarifvertrag einzusetzen.  Wir halten eine stärkere Tarifbindung für unerlässlich, um die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern zu verkleinern.

Auch beim Entgelttransparenzgesetz wollen wir nachlegen. Wir wollen ein Verbandsklagerecht einführen, damit Frauen, die von Lohndiskriminierung betroffen sind, nicht allein gegen ihre Arbeitgeber vor Gericht ziehen müssen.

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit muss Realität werden. Unser Ziel: Null Prozent Lohnunterschied. Hierfür setzen wir uns mit aller Kraft ein – so lange, bis der Equal Pay Day auf den Jahresanfang fällt.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 09.03.2021

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert konsequentes Equal Pay, Parität in der Politik, mehr Frauen in den Spitzenposten der Wirtschaft. Gleichstellung müsse auch in Zeiten der Pandemie Leitgedanke sein.

Die Corona-Pandemie stellt die gesamte Gesellschaft vor große Herausforderungen – Frauen sind jedoch besonders betroffen. Studien zufolge haben Frauen beruflich besonders viel zurückgesteckt, um zu Hause die Kinderbetreuung und das Homeschooling aufzufangen. Wissenschaftlerinnen wie Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB), befürchten gar eine Retraditionalisierung der Geschlechterrollen, durch die Pandemie-Maßnahmen ausgelöst.

Die Krise wirkt wie ein Brennglas: Sie macht die gleichstellungspolitischen Herausforderungen und bestehende Gleichstellungsdefizite, die noch immer bestehen, noch deutlicher. Die Botschaft der SPD-Bundestagsfraktion zum Internationalen Frauentag lautet deswegen: „Gleichstellung – gerade jetzt“.

„Ich will, dass die 2020er Jahre das Jahrzehnt der Frauen werden. Wir müssen in allen Bereichen unserer Gesellschaft den Gleichstellungs-Turbo zünden: Konsequentes Equal Pay, Parität in der Politik, mehr Frauen in den Spitzenposten der Wirtschaft, gleiche Chancen und Teilhabe in der Digitalisierung und endlich mehr Partnerschaftlichkeit bei der Sorgearbeit“, sagt Katja Mast, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion.

Die SPD-Fraktionsvizin erwartet auch einen Kulturwandel in Unternehmen, indem diese mehr Führungspositionen in Teilzeit, Anreize für partnerschaftliche Vereinbarkeit, mehr Flexibilität anbieten.

„Die SPD hat in dieser Koalition vorgelegt. Wir sorgen mit Reformen beim Elterngeld für mehr Partnerschaftlichkeit und Flexibilität, unterstützen in der Krise insbesondere die Familien, haben mit dem Gute-Kita-Gesetz Milliarden in die Betreuungsinfrastruktur investiert und sind mit unseren Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht auf dem Weg die erste Vorstandsquote in der Geschichte dieses Landes einzuführen“, so Mast.

Zum internationalen Frauentag (8. März) und Equal-Pay-Day (10. März) stellt die SPD-Bundestagsfraktion folgende Forderungen:

-Mehr Frauen in Führungspositionen: Frauen stehen in der Krisenbewältigung in vorderster Reihe – dies ist viel zu selten der Fall, wenn es um Führungsverantwortung in der Wirtschaft geht. Um das zu ändern, hat die SPD-Fraktion das Zweite Führungspositionen-Gesetz mit auf den Weg gebracht: Damit soll den Unternehmen eine feste Quote für Frauen in Vorständen vorgeschrieben werden.

-Mehr Ideen für Gleichstellungspolitik:  Die SPD-Fraktion hat sich dafür stark gemacht, dass die bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte Bundesstiftung Gleichstellung gegründet wird. Diese wird sich wissenschaftlich fundiert mit der Geschlechtergleichstellung in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auseinandersetzen und dazu beitragen, Gleichstellungsdefizite zu beheben. Sie wird Informationen bereitstellen.

Entschiedene Schritte hin zur Entgeltgleichheit/ Lohngerechtigkeit: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss endlich Realität werden. Dazu tragen die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Aufwertung sozialer Berufe und das Recht auf Entgelttransparenz bei.

In Deutschland gilt seit Anfang 2018 das Entgelttransparenzgesetz, das Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten das Recht gibt, das eigene Gehalt mit dem des Kollegen oder der Kollegin vergleichen zu lassen. Erfahrungen mit dem Gesetz zeigen, dass hier nachgebessert werden muss. Hierzu gehört die Einführung eines Verbandsklagerechts. Das Problem darf nicht länger individualisiert werden. Zudem muss das Auskunftsrecht über die Gehälter von Kolleg*innen in vergleichbaren Positionen auf kleinere und mittlere Unternehmen ausgeweitet werden.

-Eine gerechte Aufteilung von Erwerbs- und Familienaufgaben

Die SPD-Fraktion setzt sich für die Einführung einer Familienarbeitszeit und eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung auch im Grundschulalter ein. Durch die bereits im Bundestag verabschiedete Elterngeldreform werden Eltern noch besser dabei unterstützt, Familien- und Arbeitszeit miteinander zu vereinbaren und partnerschaftlich zu verteilen.

– Aufwertung sozialer Berufe: Soziale Berufe, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, müssen ihren Anforderungen und hoher Verantwortung entsprechend angemessen gewürdigt werden. Die Systemrelevanz dieser Berufe wird in Pandemiezeiten besonders deutlich. Gute Arbeitsbedingungen und eine faire Entlohnung müssen für soziale Berufe endlich selbstverständlich sein.

– Mehr Frauen in die Parlamente – In den Parlamenten muss Parität erreicht werden, vom Gemeinderat bis zum Bundestag.

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 04.03.2021

Am heutigen 10. März ist Equal Pay Day. Dazu können Sie die Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Yvonne Magwas, gerne wie folgt zitieren:

„Die unbereinigte Lohnlücke beträgt in Deutschland immer noch 18 Prozent. Mit ein Grund für die immer noch bestehende Lohnlücke zwischen Frauen und Männern ist die Tatsache, dass Frauen häufiger als Männer in Sozial- und Pflegeberufen arbeiten. Beide Berufe gelten nach wie vor eher als Frauenberufe und sind in Deutschland oft systemrelevant. Faire Bezahlung ist hier nicht selbstverständlich. Wir müssen uns deshalb die Lohnstruktur und die Tarifbindung in diesem Bereich genau anschauen. Beides muss im Sinne der Frauen gestärkt werden.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 10.03.2021

Zum morgigen Equal Pay Day können Sie die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Nadine Schön wie folgt zitieren:

„Die Lohnlücke liegt in Deutschland kaum verändert bei 18 Prozent. Dies steht in engem Zusammenhang mit dem so genannten Gender Care Gap, wonach Frauen zuletzt 87 Minuten pro Tag mehr für unbezahlte Sorgearbeit aufwendeten als Männer. Obwohl bei der Chancengleichheit schon vieles erreicht wurde, sind es in der Corona-Krise erneut vor allem die Frauen, die Homeoffice und Homeschooling mit Haushalt und Pflege vereinbaren und dafür beruflich kürzer treten. Laut Studien des Jobportals LinkedIn bewerben sich derzeit deutlich weniger Frauen auf lukrative Stellen als Männer. Für uns heißt dies: Wir müssen in der Krise noch einmal den Turbo starten – für bessere Karrierechancen, bessere Bezahlung und mehr Vereinbarkeit und Gestaltungsmöglichkeiten.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 09.03.2021

Zu den neusten Zahlen des statistischen Bundesamtes zum Gender Pay Gap in Deutschland erklären Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte und aktive Arbeitsmarktpolitik, und Ulle Schauws, Sprecherin für und Frauenpolitik:

Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern schließt sich in Deutschland nur im Schneckentempo. Und das ist einfach nicht genug. Gleichzeitig verweisen erste Analysen darauf, dass der etwas kleinere Gender Pay Gap auch coronabedingt sein kann. Denn viele Männer waren im Jahr 2020 in Kurzarbeit und haben dadurch Einkommenseinbußen.

Im Vergleich zu den europäischen Nachbarn hinkt Deutschland immer noch den meisten Ländern hinterher. Ein Gender Pay Gap von 18 Prozent ist heute noch einer der größten in Europa. Damit wird deutlich: Das Entgelttransparenzgesetz der Bundesregierung wirkt nicht. Ob Equal Pay eingehalten wird, muss auch verbindlich überprüft werden. Außerdem dürfen Frauen nicht allein gelassen werden, wenn sie wissen, dass sie bei gleicher Arbeit weniger als ihre männlichen Kollegen verdienen. Die Sorge um den Arbeitsplatz lässt viele Frauen davor zurückschrecken, ihre Rechte vor Gericht individuell durchzusetzen. Deshalb brauchen wir hier ein Verbandsklagerecht in Verbindung mit dem Gruppenverfahren, so dass Ve rbände und Gewerkschaften bei struktureller Entgeltdiskriminierung die Betroffenen effektiv unterstützen können. Nur so lässt sich Lohndiskriminierung effektiv verhindern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 09.03.2021

„Es ist bekannt, dass Frauen während der Krise ihre Erwerbsarbeit stärker reduziert und im Durchschnitt mehr zusätzliche Sorge- bzw. Care-Arbeit im privaten Umfeld übernommen haben. Dies hat oft mit finanziellen Abwägungen z.B. aufgrund des Ehegattensplittings zu tun sowie mit einer ungleichen ‚Normalverteilung‘ von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern, die sich in Krisenzeiten schnell vertieft. Die Bundesregierung lässt kaum erkennen, solche gleichstellungspolitischen Schieflagen anzugehen, ein angemessenes Gegensteuern fehlt. Dabei braucht es gerade jetzt Anstrengungen, Fehlanreize bei der Steuerveranlagung zulasten von Frauen erstens übergangsweise auszugleichen und zweitens an der Wurzel des Ehegattensplittings zu beenden“, erklärt Doris Achelwilm, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des Equal Pay Day am 10. März, der auf die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern (Gender Pay Gap) aufmerksam macht. Achelwilm weiter:

„Wesentliche Ursachen für den Gender Pay Gap liegen auch in der systematischen Unterbezahlung ‚feminisierter Berufe‘, von Tätigkeiten also, die überwiegend Frauen ausüben, z.B. im Gesundheitswesen oder Einzelhandel. Hier braucht es gründliche Aufwertung und gute Arbeitsbedingungen, stärkere Tarifbindungen sowie die ernsthafte Wertschätzung gesellschaftlich notwendiger Arbeit statt nur einmalige Bonuszahlungen und phasenweise Applaus.

Das 2017 in Kraft getretene Entgelttransparenzgesetz hat sich als Mittel gegen Lohndiskriminierung nicht bewährt, es ist weitgehend wirkungslos. Statt weiter auf seine langfristigen Effekte zu hoffen, braucht es konkrete Hebel für mehr Lohngerechtigkeit: ein Verbandsklagerecht, die Einführung zertifizierter Instrumente zur diskriminierungsfreien Arbeitsbewertung, die Ausweitung des Anwendungsbereichs auf kleinere Betriebe. Die Europäische Kommission hat die notwendige Verbesserung der rechtlichen Handhabe für Betroffene von Lohndiskriminierung im Blick. Gerade die Bundesregierung muss hier nachziehen.

Zur Beendigung von Lohndiskriminierung ist es nötig, dass sich die Bundesregierung von ihrer Symbolpolitik verabschiedet: Einen ‚German Equal Pay Award‘ auszuloben, der einzelne Unternehmen würdigt, wenn sie geschlechtergerechte Löhne zahlen, ist ein schwaches Signal. Stattdessen sollte Bundesministerin Giffey zusammen mit größeren Ressorts Maßnahmen verankern, die flächendeckend und verbindlich greifen: für die Aufwertung strukturell unterbezahlter Berufe, wirksame Gesetze gegen Niedriglöhne und -renten, gleichstellungsaktive Krisenprogramme, ein Ende des Ehegattensplittings und die geschlechtergerechte Aufteilung unbezahlter Sorge- und Pflegearbeit.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 09.03.2021

Frauen bekommen hierzulande noch immer durchschnittlich 18 Prozent weniger Gehalt als Männer. Sie müssen in den März hinein arbeiten, um auf die gleiche Entgeltsumme zu kommen wie Männer im Vorjahr. Mit Blick auf die Lohnlücke belegt Deutschland im europäischen Vergleich einen der letzten Plätze.

Bei einer Gewerkschafts-Aktion vor dem Brandenburger Tor forderte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann die Bundesregierung auf, endlich die Tarifbindung zu stärken: „Zu Beginn der Pandemie wurde noch geklatscht für die vielen Frauen in den systemrelevanten Berufen, im Einzelhandel, in Krankenhäusern und in Pflegeeinrichtungen. Doch den warmen Worten müssen endlich Taten folgen“, so Hoffmann. „Eine echte Aufwertung dieser Berufe ist überfällig – und sie gelingt am besten mit Tarifverträgen. In Betrieben, in denen es Betriebs- und Personalräte gibt und wir einen Tarifvertrag haben, ist der Entgeltunterschied durchschnittlich 10 Prozentpunkte geringer. Dort haben wir flexible Arbeitszeitmodelle, faire Eingruppierungen und mehr Unterstützung bei der Pflege von Angehörigen.“

Einmal mehr zeige sich, „wie wichtig es ist, dass diese Bundesregierung endlich die Tarifbindung stärkt, wie sie es im Koalitionsvertrag versprochen hat“. Hoffmann betonte: „Wir lassen nicht locker, bis Frauen gleich bezahlt werden und der Equal Pay Day Silvester stattfindet.“

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack verwies auf die coronabedingten Belastungen vor allem für Frauen. Es sei ein „gleichstellungspolitisches Desaster“, dass nun vor allem Frauen wieder verstärkt die Sorgearbeit zu Hause erledigen und sich in Zeiten geschlossener Kitas und Schulen um Homeschooling, Kinderbetreuung, Pflegebedürftige und den Haushalt kümmerten. „Das geht zu Lasten ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt“, betonte Hannack. Jetzt komme es darauf an, „den Frauen den Rücken zu stärken, damit sie ihre berufliche Laufbahn fortsetzen und auf ihr ursprüngliches Stundenvolumen zurückkehren können.“ Langfristig müsse es darum gehen, die (unbezahlte) Sorgearbeit und die (bezahlte) Erwerbsarbeit gerechter zwischen den Geschlechtern zu verteilen. „Damit dies besser gelingen kann, fordern wir einen Anspruch auf lebensphasenorientierte Arbeitszeiten und öffentliche Zuschüsse für haushaltsnahe Dienstleistungen.“

Wichtig sei überdies mehr Geld bereitzustellen für wohnortnahe, bedarfsgerechte und hochwertige Betreuungsangebote für Kinder. „Die sind Gold wert“, sagte die Gewerkschafterin, „das ist eine Investition in die Bildung von Kindern – und in die Zukunft von Frauen.“ Dass der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter an der Kostenaufteilung zwischen Bund und Ländern zu scheitern droht, nannte Hannack einen „Skandal.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 10.03.2021

Sind in einem Land viele Frauen erwerbstätig, ist der Gender Pay Gap tendenziell höher – Lohnlücke in Deutschland aber auch bei Berücksichtigung dieses Zusammenhangs mit am größten in Europa – Vor allem nordeuropäische Länder zeigen, dass es auch anders geht

Der Gender Pay Gap ist in Deutschland auch dann einer der höchsten in Europa, wenn er nur mit dem in Ländern mit einer ähnlichen Frauenerwerbsquote verglichen wird. Das geht aus einer aktuellen Analyse von Julia Schmieder und Katharina Wrohlich aus der Forschungsgruppe Gender Economics des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) anlässlich des bevorstehenden Equal Pay Days hervor. „Der Gender Pay Gap alleine ist nicht der Maßstab für die Frage, wie es um die Gleichstellung in einem Land bestellt ist“, erklärt Wrohlich. „Man muss auch berücksichtigen, wie viele Frauen in einem Land überhaupt erwerbstätig sind. Allerdings erscheint die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern in Deutschland auch dann nicht positiver – sie ist und bleibt im internationalen Vergleich sehr hoch.“

Im Jahr 2019 – dem aktuellsten, für das entsprechende Daten vorliegen – betrug der Gender Pay Gap in Deutschland 19 Prozent. Seit Jahren verringern sich die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern hierzulande kaum. Der Equal Pay Day, also der Tag, bis zu dem Frauen in diesem Jahr über das vorangegangene hinaus arbeiten müssen, um das durchschnittliche Vorjahresgehalt ihrer Kollegen zu erreichen, fällt in diesem Jahr auf den 10. März.

Nordeuropäische Länder als Vorbilder

Die Analyse von Schmieder und Wrohlich zeigt, dass im europäischen Vergleich eine höhere Frauenerwerbsquote tendenziell mit einem größeren Gender Pay Gap einhergeht. Hintergrund ist, dass bei einer hohen Erwerbsquote auch viele gering verdienende Frauen in die Rechnung einfließen. Umgekehrt ist der Gender Pay Gap in Ländern mit niedrigen Frauenerwerbsquoten vergleichsweise gering, weil oft nur die Frauen mit hohem Lohnpotenzial überhaupt erwerbstätig sind. Ein prominentes Beispiel ist Italien, das mit einem Gender Pay Gap von 5,5 Prozent nach Luxemburg und Rumänien den drittniedrigsten in Europa hat. Dort ist jedoch nur etwas mehr als die Hälfte der Frauen (56,2 Prozent) erwerbstätig, in Deutschland sind es hingegen fast drei Viertel (74,3 Prozent). Und: Der Aussage „Es ist die Aufgabe des Mannes, Geld zu verdienen, die Frau ist für Haushalt und Familie zuständig“ stimmen in Italien 34 Prozent der Bevölkerung zu, in Deutschland aber nur 13,5 Prozent.

Betrachtet man nur die 14 europäischen Länder, deren Frauenerwerbsquote zwischen 70 und 80 Prozent liegt, schneidet Deutschland jedoch nicht besser ab. Auch in diesem Ranking ist der Gender Pay Gap hierzulande einer der größten, wiederum stehen nur Österreich und Estland noch schlechter da. Wie es besser geht, zeigen vor allem die nordeuropäischen Länder: In Dänemark, Norwegen, Finnland und Schweden sind mitunter noch mehr Frauen erwerbstätig als in Deutschland, dennoch ist die Lohnlücke zu Männern oft deutlich geringer. In Schweden beispielsweise liegt sie bei einer Frauenerwerbsquote von 81 Prozent bei gut zwölf Prozent.

„Aus dem Muster, wonach eine höhere Frauenerwerbsquote wie in Deutschland mit einem höheren Gender Pay Gap einhergeht, lässt sich also ausbrechen“, fasst Schmieder die Erkenntnisse zusammen. „Das steht und fällt jedoch mit einer Familienpolitik mit starken gleichstellungspolitischen Elementen – und in dieser Hinsicht gibt es in Deutschland noch viel Potenzial.“ Mit der Einführung des Elterngeldes und dem Kita-Ausbau hat es den Studienautorinnen zufolge zwar Schritte in die richtige Richtung gegeben. Neben einer Ausweitung der Partnermonate beim Elterngeld und der Einführung einer Familienarbeitszeit sollte aber vor allem das Ehegattensplitting reformiert werden, das in seiner jetzigen Form die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt konterkariert.

Links: 

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 03.03.2021

SCHWERPUNKT II: Internationaler Frauentag

Bundeskabinett beschließt Formulierungshilfe für ein Gesetz zur Errichtung einer „Bundesstiftung Gleichstellung“

Heute hat das Bundeskabinett beschlossen eine „Bundesstiftung Gleichstellung“ zu errichten. Die Schaffung einer solchen Stiftung wurde bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Dieser sieht die Gründung einer Bundesstiftung vor, die sich „wissenschaftlich fundiert insbesondere Fragen der gerechten Partizipation von Frauen in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft widmet.“ Auf Bitte der Regierungsfraktionen hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine Formulierungshilfe für ein Errichtungsgesetz vorgelegt.

Bundesministerin Franziska Giffey: „Seit Jahrzehnten kämpfen wir für gleiche Chancen von Männern und Frauen. Es geht darum, das Leben unabhängig vom Geschlecht frei gestalten zu können, Potentiale zu entfalten, es geht um faire Bezahlung und Zeit für die Familie, die eigenen Bedürfnisse und Chancengerechtigkeit. Das sind die Maßstäbe einer modernen Gesellschaft. Die Bundesstiftung Gleichstellung soll dazu beitragen, die notwendigen Veränderungen zu beschleunigen. Die Stiftung wird ein offenes Haus werden, in dem sich Menschen treffen, vernetzen und bestärken. Wir wollen so dafür sorgen, dass Gleichstellung von Vielen und vor allem gemeinsam vorangebracht wird.“

Die Bundesstiftung Gleichstellung verfolgt drei Ziele:

  1. Wir wollen zeigen, wo es noch mehr Gleichstellung braucht und dafür Lösungen finden.
  2. Wir wollen Engagierte für die Gleichstellung vernetzen und sie unterstützen.
  3. Wir wollen das Wissen zu Gleichstellungsfragen vergrößern und mit Bürgerinnen und Bürgern diskutieren.

Die Bundesregierung hat in ihrer Formulierungshilfe vorgeschlagen, die Bundesstiftung als Stiftung des öffentlichen Rechts neben der Organisation des offenen Hauses für die Gleichstellung mit folgenden Aufgaben zu betrauen:

  • MEHR WISSEN: Wir wissen schon viel über Gleichstellung. Aber damit sich das Wissen verbreitet, muss man es leicht finden können. Daher soll die Stiftung leicht verständliche und gut aufbereitete Informationen zum Stand der Gleichstellung in Deutschland bereitstellen.
     
  • MEHR AKTION: Die Bundesstiftung soll die praktische Gleichstellungsarbeit von Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft stärken. Sie soll zum Beispiel Gleichstellungsbeauftragte dabei unterstützen, Aktionspläne zur Gleichstellung vor Ort aufzustellen. Zudem soll sie die Bundesregierung bei der Umsetzung der ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie beraten und ihren Ausbau begleiten.
     
  • MEHR INNOVATIONEN: Bürgerinnen und Bürger haben viele innovative Ideen. Verbände entwickeln kluge Konzepte für eine gleichberechtigtere Gesellschaft. Die Stiftung soll ein Ort sein, an dem neue Ideen gemeinsam entwickelt und umgesetzt werden.

Der Gesetzentwurf zur Errichtung der „Bundesstiftung Gleichstellung“ wird auf Initiative der Regierungsfraktionen in den Deutschen Bundestag eingebracht werden. Nachdem im Bundeshaushalt bereits Mittel für die Bundestiftung eingestellt wurden, sollen noch in diesem Jahr wichtige Schritte zum Stiftungsaufbau wie die Berufung eines Direktoriums erfolgen. 2021 stehen für die Bundesstiftung bis zu 3 Millionen Euro zur Verfügung, ab 2022 sollen jährlich 5 Millionen Euro eingeplant werden.

Die Errichtung der „Bundesstiftung Gleichstellung“ ist ein Vorhaben aus der ersten ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Webseite www.gleichstellungsstrategie.de.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 10.03.2021

Heute hat das Bundeskabinett die Formulierungshilfe für den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Errichtung einer Bundesstiftung für Gleichstellung beschlossen. Damit lösen wir ein von der SPD initiiertes Versprechen des Koalitionsvertrags ein. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich mit Hochdruck für die Gründung der Stiftung eingesetzt.

„Die Corona-Krise offenbart Gleichstellungsdefizite besonders drastisch und macht deutlich, wie wichtig die Gründung einer Bundesstiftung für Gleichstellung ist. Die Stiftung hat zum Ziel, strukturelle Benachteiligungen von Frauen abzubauen und die Gleichstellung der Geschlechter in allen Lebensbereichen nachhaltig voranzubringen. Wir haben uns dafür stark gemacht, dass die Stiftung mit Sitz in Berlin zeitnah ihre Arbeit aufnehmen kann. Unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes kann mit dem Stiftungsaufbau begonnen werden.

Die Stiftung wird sich wissenschaftlich fundiert mit der Gleichstellung der Geschlechter in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auseinandersetzen. Sie wird Informationen bereitstellen, die Gleichstellungspraxis vor Ort stärken und innovative Ideen entwickeln. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist auch der starke Vernetzungscharakter der Stiftung von besonderer Bedeutung. Die Stiftung wird ein offenes Haus für Gleichstellung sein, in dem gleichstellungspolitische Initiativen arbeiten und sich vernetzen können. Darüber hinaus wird die Zivilgesellschaft auch im ständigen Stiftungsbeirat vertreten sein.

Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten war immer klar, dass wir eine solche Stiftung brauchen. Die Stiftung ist ein Riesenschritt für die Gleichstellung in Deutschland. Uns geht es darum, die Gleichstellungspolitik in Deutschland strukturell zu stärken.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 10.03.2021

Bundestagsdebatte anlässlich des Internationalen Frauentags

Der 8. März ist Internationaler Frauentag. Der Bundestag nimmt diesen Tag zum Anlass für eine Debatte am heutigen Freitag. Dazu erklären die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und die Vorsitzende der Gruppe der Frauen der Fraktion, Yvonne Magwas:

Nadine Schön: „Für Frauen war das letzte Jahr besonders hart: Sei es im Job, als Pflegerin, Kassiererin oder Erzieherin, als Mutter zwischen Homeschooling und Homeoffice oder als Seniorin, die als Angehörige einer Risikogruppe monatelang auf Begegnungen verzichten musste. Es waren mehrheitlich Frauen, die zu den besonders Betroffenen gehörten. In Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen wir jetzt die richtigen Lehren aus dieser Krise ziehen und dafür sorgen, dass sie Frauen nicht nachhaltig zurückwirft. Obwohl im Bereich der Chancengleichheit in den letzten Jahren schon Vieles vorangebracht wurde, lehrt uns Corona, dass wir in der Krise noch einmal den Turbo starten müssen für eine bessere Vereinbarkeit, bessere Karrierechancen, bessere Bezahlung und mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Wir brauchen mehr Frauen, die sich in die Politik mit ihrem Ideenreichtum einbringen, wir brauchen mehr Frauen in der IT und wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen.“

Yvonne Magwas: „Wir sind jetzt an einem Punkt in der Pandemie, wo wir in die Zukunft schauen müssen, uns fragen müssen, welche Lehren ziehen wir aus Corona, welche Chancen nutzen wir. Wir sollten die Krise nutzen, um bei strukturellen Benachteiligungen von Frauen zu Lösungen zu kommen. Sei es beim Verdienst, bei der sozialen Absicherung oder auch bei der Anerkennung der Care-Arbeit.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 05.03.2021

Zum Internationalen Frauentag am 8. März 2021 erklärt Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:

Frauen kämpfen weltweit für ihre Rechte und müssen es mit Blick auf Corona und die Folgen in diesem Jahr besonders kraftvoll tun, weil sie von dieser Pandemie besonders hart getroffen werden. Denn Frauen sind nicht nur besonders in den systemrelevanten Gesundheits-, Pflege- und Careberufen die Krisenmanagerinnen, denen viel zu wenig Anerkennung zukommt. Sie sind es auch, die schneller den Job verlieren, weniger finanziellen Ausgleich bekommen. Sie werden ungefragt zu Hauptverantwortlichen für die Carearbeit im Homeoffice. Die Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel und besonders unter Frauenministerin Franziska Giffey haben es versäumt, Frauen in der Krise mit an den Tisch zu holen und ihre Kompetenzen bei den Lösungen abzurufen. Geschlechtergerechtigkeit wird von der Koalition unter Corona verschlafen und dies geht immens zulasten der Frauen.
Unser Ziel ist eine geschlechtergerechte Gesellschaft, echte Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen, rechtlich, kulturell und ökonomisch. Feminismus ist für uns eine geteilte Aufgabe aller Geschlechter. Macht, Möglichkeiten und Verantwortung müssen paritätisch geteilt werden – in den Parlamenten, der Wirtschaft, der Kultur. Darum fordern wir hier wirksame Quoten in den Vorständen und Verbesserungen auf allen Ebenen von Führungspositionen.
Wir müssen endlich die patriarchalen Strukturen aufbrechen, die Frauen im Job behindern und in der Vereinbarkeitsfrage sowie bei der Care- und Sorgearbeit wieder und wieder nach hinten drängen. Gerade jetzt in der Pandemie zeigt sich, dass die Rollenmuster noch festgefahrener sind als vermutet. Unser Ziel ist, eine Gesellschaft zu gestalten, in der alle Geschlechter frei von einschränkenden Rollenbildern leben können.
Dazu gehört zwingend das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper und das eigene Leben von Frauen in allen Lebenslagen. Wir sehen dies als Teil einer guten öffentlichen Gesundheitsversorgung ohne Kriminalisierung. Wir wollen die Istanbul-Konvention konsequent umsetzen, umfangreiche Daten zu geschlechtsspezifischer und zu häuslicher Gewalt und einen Rechtsanspruch für Frauen auf umfassenden Schutz vor Gewalt sowie endlich die Finanzierung der Frauenhäuser zusätzlich über den Bund verankern.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 05.03.2021

Zum Frauen*kampftag am 8. März erklären Doris Achelwilm, gleichstellungspolitische Sprecherin, und Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag: „Es braucht mehr Feminismus, gerade jetzt. Viele Forderungen, die seit dem ersten von Clara Zetkin initiierten Weltfrauentag in den letzten 110 Jahren als grundlegende Gerechtigkeitsfrage gestellt wurden, sind 2021 ungebrochen aktuell und in neuer Form dringend. In der Krise zeigt sich, dass Frauen aufgrund politischer Versäumnisse schärfer von Lohneinbußen, Mehraufwand zu Hause, mangelnder Anerkennung und Altersabsicherung, Unterrepräsentation auf sichtbaren Entscheidungs- und Expert*innen-Ebenen, von sexualisierter Gewalt, ökonomischen Abhängigkeiten und Fremdbestimmung betroffen sind. Es drohen Rückschritte und Verschärfungen sozialer Ungleichheiten, wenn jetzt nicht gegengesteuert und ein Kurswechsel für geschlechtergerechtes Handeln quer durch alle Politikfelder umgesetzt wird – nicht zuletzt beim Zuschnitt von Bundeshaushalten und Krisenprogrammen.

Dass Frauen einen Großteil gesellschaftlich notwendiger Arbeit unentgeltlich wegtragen, erfordert Instrumente der Umverteilung bezahlter und unbezahlter Tätigkeiten, die allen eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben garantiert. Strukturell unterbezahlte Bereiche wie die Pflege gehören kapitalistischen Profitlogiken entzogen, nach gesundheitlichen Bedürfnissen ausgerichtet und höher bewertet und ausgestattet. Die Löhne müssen steigen. Sogenannte „Systemrelevanz“ anzuerkennen, darf nicht beim Applaus und Einmal-Bonus enden. Die Bundesregierungen der letzten Jahre und Jahrzehnte haben gegen gleichstellungspolitische Schieflagen versagt: Gender Pay Gap und Gender Care Gap als Nachweise ungleicher Verteilungen von Zeit und Geld stagnieren auf hohem Niveau. Im europäischen Vergleich schneiden die Anstrengungen und Erfolge der Bundesregierung in Sachen Geschlechtergerechtigkeit sehr bescheiden ab. Statt weitgehend wirkungslosen Instrumenten wie dem Entgelttransparenzgesetz braucht es ein Ende jeder Lohndiskriminierung aufgrund von Geschlecht oder Herkunft, starke Mindestlöhne, Tarifbindungen. Das Ehegattensplitting, das zulasten von Frauen, Müttern, Alleinerziehenden maximale Gehaltsunterschiede zwischen Verheirateten und damit alte Rollenverteilungen belohnt, muss abgeschafft werden. Familien- und Elternkonstellationen gehören in ihrer realen Vielfalt anerkannt und gegen Risiken der Kinder- oder Altersarmut geschützt. Es braucht Parität in den Parlamenten und Führungsetagen, aber auch bei der partnerschaftlichen Ausgestaltung von Elternzeiten. Dass hier zu wenig erreicht wurde, gehört wie der Fortbestand des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch zu den Enttäuschungen dieser Wahlperiode, die sich in Zukunft nicht wiederholen dürfen.

Der Internationale Frauentag 2021 fällt zusammen mit der einjährigen Existenz der Pandemie-bedingten Krise. Er ist Gelegenheit, das „Von unten“ in dieser Krise Bewältigte zu sehen und klarzustellen, dass eine ungleiche Verteilung von Lasten und Entlastung, von Risiken und Perspektiven, und dass eine systematische Abwertung von „Care“, also der Sorge um unsere Existenzgrundlagen, nicht länger hinnehmbar ist. Der Frauentag 2021 ist trotz aller Einschränkungen ein Ereignis, das zentrale Schieflagen aktueller Krisen und Wirtschaftsweisen klar zur Debatte und auf den Prüfstand stellt. Auf solidarische Zeiten und einen kämpferischen internationalen Frauentag!“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 07.03.2021

Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnt in ihrem aktuellen Podcast mit Blick auf den Weltfrauentag am 8. März an, immer wieder kritisch zu hinterfragen, was auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter noch fehle. „Es kann nicht sein, dass Frauen unsere Gesellschaften maßgeblich tragen und gleichzeitig nicht gleichberechtigt an wichtigen Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beteiligt sind“, sagt die Kanzlerin. Die Bundesregierung setze sich dafür ein, dies zu ändern.

Gerade in der Corona-Pandemie seien schon überwunden geglaubte Rollenmuster zu erkennen. „So sind es doch wieder vermehrt Frauen, die den Spagat zwischen Homeschooling, Kinderbetreuung und dem eigenen Beruf meistern. Und es sind vor allem auch Frauen, die mit ihrem unermüdlichen Einsatz in sozialen und Pflegeberufen derzeit besonders gefordert sind“, unterstreicht Merkel. So werde die Regierung auch immer wieder daran arbeiten, dass Familie und Beruf noch besser vereinbar sind. Dafür sei der Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder im Vorschulalter von großer Bedeutung. Hierbei unterstütze der Bund die Länder seit Jahren intensiv, so Merkel.

Es gehe in den Bemühungen der Bundesregierung um nicht mehr, aber auch nicht weniger als um gleiche Chancen von Männern und Frauen, um echte Gleichstellung, sagt die Bundeskanzlerin. „Dazu gehört auch: Frauen müssen endlich so viel verdienen können wie Männer!“, macht die Kanzlerin im Podcast deutlich. „Deshalb brauchen wir Parität in allen Bereichen der Gesellschaft.“ Sie ist sich außerdem sicher, dass die jüngst auf dem Weg gebrachte Quotenregel für Vorstände die deutsche Wirtschaft stärken werde.

Hinweis: Der Video-Podcast ist heute, Samstag, ab 10:00 Uhr unter www.bundeskanzlerin.de abrufbar. Unter dieser Internetadresse ist dann auch der vollständige Text zu finden.

Quelle: Pressemitteilung der Bundesregierung vom 06.03.2021

Die Bundesregierung hat heute ein wichtiges gleichstellungspolitisches Vorhaben auf den Weg gebracht. Nun ist der Bundestag am Zug, die Bundesstiftung Gleichstellung per Gesetz einzurichten. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack sagte dazu am Mittwoch in Berlin:  

„Wir setzen darauf, dass der Bundestag nun schnell handelt und die Einrichtung der neuen Bundesstiftung Gleichstellung noch vor der Sommerpause beschließt. Als ein Kompetenzzentrum für Gleichstellung ist eine Bundesstiftung von großer Bedeutung, wenn es um die Einlösung des Versprechens in Art. 3 (2) unseres Grundgesetzes geht: Die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Darüber hinaus ist sie ein weiterer Baustein, um die Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung umzusetzen und endlich in Angriff zu nehmen, woran es noch immer mangelt: Die Vorhaben und Gesetze aller Ressorts daraufhin zu überprüfen, ob sie die Gleichstellung von Frauen und Männer in Deutschland voranbringen.“   

Die erste ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie hatte die Bundesregierung im Juli des letzten Jahres beschlossen. Demnach ist die Gleichberechtigung in Deutschland künftig in allen Gesetzen und Vorhaben des Bundes stärker zu berücksichtigen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 10.03.2021

Am kommenden Montag, den 08.03.2021, wird der Internationale Frauentag zum einhundertsten Mal begangen. Die Arbeiterwohlfahrt warnt zu diesem Anlass vor steigender Altersarmut von Frauen und fordert ein schnelles Gegensteuern der Politik.

„Dieser internationale Frauentag steht im Schatten der Corona-Pandemie und der gravierenden Auswirkungen, die sie auf Frauen hat. In der Krise muss auch dem Letzten klar geworden sein, wie massiv allein die ökonomische Benachteiligung von Frauen in diesem Land ist“, erklärt dazu der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes, Jens M. Schubert, „Die systematische Unterbezahlung von systemrelevanten Berufen wie der Pflege, die anhaltende Lohnlücke zwischen den Geschlechtern, die Ungleichverteilung von privater Fürsorgearbeit und die steuerrechtlich falschen Anreize wie bspw. das Ehegattensplitting führen zu einer dauerhaften finanziellen Schlechterstellung von Frauen. Das dürfen wir nicht einfach achselzuckend hinnehmen.“

Inzwischen ist durch Studien eindrucksvoll belegt, dass die durch Schul- und Kitaschließungen entstandene Mehrarbeit in Familien hauptsächlich zu Lasten von Frauen gegangen ist und langfristig eine weitere Verschlechterung ihrer finanziellen Situation auch lange nach Ende der Pandemie zu erwarten ist.

„Frauen arbeiten seltener in tarifgebundenen Betrieben und häufiger in Minijobs. Frauen arbeiten seltener in Führungspositionen und häufiger in Teilzeit. Frauen haben häufiger schlechte Arbeitsbedingungen und erhalten seltener Aufstockungen beim Kurzarbeitergeld. Diese Auflistung macht deutlich, dass wir endlich eine geschlechtergerechte Sozial- und Arbeitsmarktpolitik brauchen. Wenn wir jetzt nicht entschlossen gegensteuern, werden wir in zehn Jahren einen deutlichen Anstieg der Altersarmut von Frauen haben“ führt der Vorstandsvorsitzende aus.

„Neben den bekannten Maßnahmen wie der Schließung der Lohnlücke zwischen den Geschlechtern und der Aufwertung systemrelevanter Berufe brauchen wir konkrete Vorschläge, wie die durch die Pandemie entstandene zusätzliche Sorgearbeit von Frauen in der Rente und den anderen sozialen Sicherungssystemen anerkannt wird. Wenn wir über Gleichstellung und Frauenrechte sprechen, müssen wir über Geld reden“, schließt Jens M. Schubert.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 05.03.2021

Seit mehr als 100 Jahren macht der Internationale Frauentag weltweit auf Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter aufmerksam. Die Corona-Krise hat auch die lang erarbeitete Gleichberechtigung in eine Krise gebracht.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Arbeitsmarkt und Politik in der Corona-Pandemie haben die Gleichberechtigung um Jahrzehnte zurückgeworfen. Frauen wie Männer sind deutlich in rückständige Rollenbilder gedrängt: Wie selbstverständlich tragen die meisten Frauen die Hauptlast im Alltag, jonglieren zugleich Job, Kinderbetreuung, Home-Schooling und Care-Arbeit. Dafür müssen sie oft ihre Arbeitszeit reduzieren. In der Pandemie sind ihre Jobs unsicherer geworden oder sie haben sogar ihre Arbeit verloren; für die eigene Berufs- und Karriereplanung fehlt Zeit und Kraft – und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt werden erkennbar weniger.

Und das in einer Situation, in der Frauen auf dem Arbeitsmarkt, in Beruf und Karriere ohnehin deutlich benachteiligt sind. Frauen arbeiten weiterhin häufiger als Männer in Teilzeit und Minijobs oder sind in Branchen tätig, in denen schlechter bezahlt wird. Weitaus seltener als Männer erreichen sie Führungspositionen.

Deutschland ist in Europa eines der Länder mit dem höchsten Einkommensgefälle zwischen Männern und Frauen. Und auch im internationalen Vergleich ist Deutschland absolut rückständig: Durchschnittlich 19 Prozent Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen sind immer noch 19 Prozent zu viel!  Frauen sind schlechter abgesichert und erhalten oft eine unzureichende, zumindest geringere Rente und sind weitaus häufiger von Armut bedroht als Männer.

Wir dürfen Rückschritte der Gleichberechtigung nicht widerspruchslos geschehen lassen und brauchen einen richtigen großen Sprung nach vorne – und zwar jetzt, gerade in der Corona-Krise! Die Pandemie darf kein Vorwand sein, Benachteiligungen und die ungerechten Machtverhältnisse zu zementieren.

Frauenspezifische Berufe müssen dringend aufgewertet und besser entlohnt werden.

Vor allem muss gleichwertige Arbeit auch gleich bezahlt werden. Nötig sind flexible, familienfreundliche Arbeitsmodelle und der Ausbau der Kinderbetreuung.

Frauenförderung und Gleichstellung gehören ganz oben auf die politische Agenda und in die Personalplanung der Arbeitgeber und Unternehmen.“

Weitere Informationen:

https://www.diakonie.de/gleichstellungsatlas

https://www.equalpayday.de/startseite/

https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Verdienste-Verdienstunterschiede/_inhalt.html

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 07.03.2021

Der Internationale Frauentag wird dieses Jahr zum 110. Mal begangen. „Ja, wir haben viel erreicht. Wir dürfen ein eigenes Konto haben, wir dürfen arbeiten, und wir dürfen einiges mehr. Und ja, wir haben z. B. den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, das Elterngeld Plus, den Ausbau der Kinderbetreuung und Ganztagsschulen sowie die Novellierung des Führungspostengesetzes. Aber gemessen an dem, was uns zusteht – die Gleichwertigkeit aller Geschlechter mit Leben zu füllen und hierfür die strukturellen Voraussetzungen zu schaffen – ob in Familie, Wirtschaft, Wissenschaft, Kirche, Kultur, Sport, Politik oder Gesellschaft – davon sind wir Meilen entfernt.“ so Cornelia Spachtholz, Vorsitzende des Verbands berufstätiger Mütter (VBM). „Und Corona zeigt uns wie ein Brennglas, wo vor der Pandemie bereits die Herausforderungen und strukturellen Benachteiligungen und somit auch kulturellen Benachteiligungen lagen. Und Benachteiligung ist Diskriminierung und steht unserer Verfassung Art. 3 entgegen!“, entrüstet sich die VBM-Vorsitzende.

Spiralen-Faktencheck von fehlender Gleichberechtigung und Gleichstellung: Mehr unbezahlte Familienarbeit, weniger Gehalt und als Belohnung Altersarmut für uns Frauen

„Die ehe- und familienpolitischen Leistungen müssen nochmals massiv auf den Prüfstand. Auch im aktuellen Familienbericht ist das Ehegattensplitting, wie bereits in den vergangenen Gleichstellungsberichten der Bundesregierung und von einer Expert*innengruppe im Bundesfinanzministerium als Erwerbshemmnis von Frauen identifiziert. Außerdem steht das Ehegattensplitting Art. 3 unserer Verfassung entgegen. Es fördert die ungleiche Verteilung von Familien- und Erwerbsarbeit zwischen den Geschlechtern, spätestens mit Familiengründung. Wir brauchen eine Besteuerung, wie z. B. die Individualbesteuerung, die alle Familienformen gleichwertig fördert. Hierzu muss auch nochmals die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern mit geringfügigem Einkommen auf den Prüfstand und eine Analogie zum Elterngeldbezug erarbeitet werden, um Anreize zur Erwerbsbeteiligung von Frauen, insbesondere Müttern zu gestalten. Mit anderem Kündigungsschutz von werdenden Vätern und Karenzzeit ab Geburt und schließlich hälftiger Elternzeit zur vollen Ausschöpfung des Elterngeldes kann frühzeitig der Weg geebnet werden, sich mit Familiengründung sowohl Familien- als auch Erwerbsarbeit gleichwertig aufzuteilen.“ ist Cornelia Spachtholz überzeugt.

„Natürlich müssen auch die systemrelevanten Berufe und Berufe, in denen überrepräsentativ Frauen beschäftigt sind, finanziell endlich angemessen entlohnt werden. Zudem brauchen wir Wege aus der Präsenzkultur, wie z. B. Führen in Teilzeit – da wo möglich auf allen Ebenen und in allen Branchen.“, so Spachtholz

„Und es geht nicht nur um Kinderbetreuung und Homeschooling, sondern um Hausarbeit und auch um die Fürsorge von hilfsbedürftigen oder pflegebedürftigen Angehörigen. Auch hier übernehmen überwiegend die Töchter die Pflegeverantwortung.“ Spachtholz ist überzeugt, dass wir mit sämtlichen Maßnahmen Männern den Weg in Familie ebnen müssen. „Wir müssen die Männer endlich entlasten, von ihrer Verantwortung die Familien zu ernähren, von ihrer Verantwortung, ihren Führungsposten. Wir brauchen Maßnahmen, die Männer zum gleichen unternehmerischen Risiko wie Frauen machen – und zwar in der Lebensverlaufsperspektive, dann ist allen geholfen und wir setzen Art. 3 unserer Verfassung endlich um.“ ist die Vorsitzende des Verbands berufstätiger Mütter überzeugt und fordert. „Den Frauen mehr Karriere, den Männern mehr Familie!“ Dann würde der Spiegel der Erwerbsleistung die Frauen nicht mehr wie jetzt für ihre Lebensleistung bestrafen mit Altersarmut.

Gewalt hat viele Gesichter – von wirtschaftlicher über psychische bis physische Gewalt.

Der pandemiebedingte Lockdown mit Kontaktbeschränkungen, Ausgehbeschränkungen, Gesundheitssorgen, Kurzarbeitergeld, wachsenden Existenzängsten und Jobverlust sowie Homeschooling ist eine massive Belastung für viele Menschen, Paare und Familien. „Die Zahlen belegen, dass mehr Kinder und Frauen zu Pandemiezeiten von Gewalt betroffen sind und die Dunkelziffer ist noch höher. Viele niederschwellige Zugänge für gewaltbetroffene Frauen und Kinder sind eingeschränkt, auch durch die Schließung von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen, Mobiles Arbeiten zu Hause und fehlende organisierte Freizeitgestaltung wie z. B. das Vereinsleben. „Manche Familien sind auf engstem Raum 24/7 mit alle den skizzierten Rahmenbedingungen und Belastungen sich selbst überlassen. Auch wenn der Opferschutz in vielen Bereichen greift, so sind noch viele Stellschrauben fehlend um die Istanbul-Konvention, dem Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt, vollumfänglich zu erfüllen. Auch das zeigt uns die Pandemie traurigerweise!“ so Spachtholz.

Quelle: Pressemitteilung Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) vom 08.03.2021

SCHWERPUNKT III: Corona-Krise

Der Bundestag hat am heutigen Donnerstag den Gesetzentwurf zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen verabschiedet. Dazu können Sie die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, gerne wie folgt zitieren:

„Familien sind in dieser Pandemie weiterhin einer enormen Belastung ausgesetzt. Deshalb ist es völlig angemessen, dass wir die finanzielle Unterstützung für Familien noch einmal gezielt ausweiten: Der Anspruch auf Lohnersatz für insgesamt zehn Wochen pro Elternteil bzw. zwanzig Wochen für alleinerziehende Mütter oder Väter zählt ab Ende März 2021 neu. Außerdem werden die Anspruchsvoraussetzungen für den Lohnersatz nach dem Infektionsschutzgesetz nun an die des Kinderkrankengeldes angepasst. Das ist richtig, denn die privat krankenversicherten Eltern profitieren nicht von Kinderkrankentagen. Privat versicherte Eltern können künftig die Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz auch dann bekommen, wenn der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wird oder eine behördliche Empfehlung vorliegt, vom Besuch einer der genannten Einrichtungen abzusehen. Es ist dabei egal, ob die Eltern im Homeoffice arbeiten können oder nicht.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 04.03.2021

Studie zur Verteilung von Sorgearbeit im ersten coronabedingten Lockdown ergibt differenziertes Bild – Anteil der Familien, in denen die Frau Kinderbetreuung fast vollständig alleine trägt, hat sich verdoppelt – Keine signifikanten Änderungen bei Paaren, die Sorgearbeit schon zuvor gleichmäßig aufgeteilt haben – Reform der Partnermonate beim Elterngeld könnte ungleiche Arbeitsteilung im Haushalt verringern

In erster Linie Mütter haben während des coronabedingten ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 die Kita- und Schulschließungen kompensiert und ihre Kinder selbst betreut. Das geht aus einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis von pairfam-Daten hervor. So hat sich der Anteil der Familien in Deutschland, in denen die Frauen die Kinderbetreuung fast vollständig übernehmen, im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019 von etwa acht auf 16 Prozent verdoppelt. Die Hausarbeit erledigen in fast 27 Prozent der Familien – statt zuvor in rund 22 Prozent – fast vollständig die Frauen. Allerdings bleibt der Anteil der Paare, die sich die Sorgearbeit egalitär aufteilen, infolge der Pandemie weitgehend unverändert. Zudem gibt es sogar wenige Familien mehr als zuvor, in denen der Mann fast vollständig oder überwiegend Kinderbetreuung und Hausarbeit übernimmt – allerdings handelt es sich dabei um nicht mehr als etwa fünf Prozent der Familien.

„Mit Blick auf die Aufteilung der Sorgearbeit während der Corona-Pandemie ergibt sich ein differenziertes Bild“, erklärt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics in der Abteilung Staat des DIW Berlin. „In Familien, in denen sich Frauen schon zuvor deutlich mehr um Kinderbetreuung und Haushalt gekümmert haben, ist das Ungleichgewicht während der Corona-Pandemie aber noch größer geworden“, so C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie.

Wahrnehmung der Aufteilung von Sorgearbeit sehr unterschiedlich

Gemeinsam mit Jonas Jessen, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Bildung und Familie, haben Spieß und Wrohlich Daten des Beziehungs- und Familienpanels pairfam ausgewertet. Im Rahmen dieser Längsschnittstudie werden jährlich rund 12.000 Personen befragt. Im Frühjahr 2020 wurde eine Corona-Zusatzerhebung gestartet, an der sich mehr als 3.000 Menschen beteiligten. Die Studie stützt sich insgesamt auf 967 Paarhaushalte mit Kindern.

Die Analysen geben auch Auskunft darüber, wie sich die Aufteilung der Sorgearbeit in Abhängigkeit der Homeoffice-Nutzung verändert hat. Wenn Mütter im Homeoffice arbeiten, erledigen sie demnach auch mehr Sorgearbeit, während dies bei Männern umgekehrt nicht der Fall ist. Konnten beide Elternteile von zu Hause arbeiten, ergaben sich jedoch keine signifikanten Unterschiede in der Aufteilung von Kinderbetreuung und Hausarbeit.

„Bemerkenswert ist, dass Unterschiede in der Wahrnehmung der Aufteilung von Sorgearbeit in der Pandemie größer geworden sind“, sagt Jessen. So gaben von den befragten Frauen 24 Prozent an, dass sie in ihrer Familie die Kinderbetreuung (fast) vollständig alleine übernehmen – bei den Männern berichteten dies nur fünf Prozent.

Anpassung der familienpolitischen Leistungen könnten zu kurz greifen

Die Politik hat im Zuge der Pandemie familienpolitische Leistungen an einigen Stellen angepasst und die Zahl der sogenannten Kinderkrankentage auf 20 Tage erhöht, um Eltern die Kinderbetreuung zu erleichtern. „Die Erhöhung der Kinderkrankentage ist zwar grundsätzlich gut, womöglich aber zu knapp bemessen“, so Katharina Wrohlich. Weitere Maßnahmen, etwa eine abermalige Ausweitung der Kinderkrankentage, wären wünschenswert. „Unabhängig von der Corona-Pandemie könnten beim Elterngeld bei gleichbleibender Bezugsdauer die Partnermonate auf vier Monate ausgedehnt werden, um eine größere Gleichstellung bei der Verteilung von Sorgearbeit zu erreichen“, so Spieß.

Links: 

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 03.03.2021

40 Prozent der Erwerbspersonen in Deutschland fühlen sich während des zweiten Lockdowns stark oder sogar äußerst belastet. Wenn Kinder im Haushalt leben, sagen das 49 Prozent. Damit haben fast genauso viele Beschäftigte, Selbständige und Arbeitslose ihre Gesamtsituation Ende Januar 2021 als stark oder äußerst belastend wahrgenommen wie im ersten Lockdown vom April 2020. Bei Erwerbspersonen mit Kindern im Haushalt lag das allgemeine Belastungsempfinden noch geringfügig höher als im April. Vor allem die Einschätzung der eigenen familiären Situation hat sich in den Wintermonaten mit geschlossenen Kitas, Schulen und Freizeiteinrichtungen spürbar verschlechtert. Besonders angespannt ist die Lage bei Alleinerziehenden und generell in vielen Familien mit niedrigeren Einkommen: In diesen Gruppen empfinden rund 60 Prozent ihre Gesamtsituation als stark oder äußerst belastend. Das ergibt eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die die Erwerbspersonenbefragung der Stiftung auswertet.*

„Auch die zweite Corona-Welle war und ist ein drastischer Stresstest, und das ganz besonders für Familien. 46 Prozent der befragten Eltern haben Ende Januar ihre familiäre Situation als stark oder äußerst belastend erlebt. Das waren sogar sechs Prozentpunkte mehr als im ersten Lockdown. Noch deutlich größer ist die Belastung für Mütter und insbesondere für Alleinerziehende“, sagt Studienautor Dr. Andreas Hövermann. „Das ist ein Indiz dafür, wie wichtig funktionierende Kindertagesstätten und Schulen sind.“ Eltern von Kita- und Grundschulkindern sowie von Schülerinnen und Schülern der Abschlussklassen dürften den Wiederbeginn von Präsenzbetreuung und -unterricht in letzter Zeit daher als wichtige Entlastung wahrgenommen haben, so der Forscher. „Allerdings funktioniert die Entlastung natürlich nur, wenn die Konzepte für Hygiene und Infektionsschutz, für Tests und Impfungen wirklich tragen“, betont Hövermann. „Abgesehen von den individuellen Gesundheitsrisiken, die durch die Ausbreitung aggressiverer Virus-Mutanten steigen: Niemand hat etwas davon, wenn sich Infektionen häufen und Einrichtungen nach kurzer Zeit wieder schließen müssen. So ein Stop- and Go dürfte berufstätige Eltern nur vor noch größere Probleme stellen.“ Träger sollten Hinweise auf Defizite in Hygienekonzepten daher unbedingt ernst nehmen. Falls Kita- oder Schulschließungen aufgrund des Infektionsgeschehens notwendig sind, müssten Eltern durch einen einfachen Zugang zu Kinderkrankentagen bestmöglich entlastet werden.

Für die Erwerbspersonenbefragung wurden Ende Januar mehr als 6200 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online befragt. Dasselbe Sample war bereits im April, im Juni und im November 2020 interviewt worden, so dass sich Entwicklungen im Zeitverlauf analysieren lassen. Die Befragten bilden die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. Gefragt wurde unter anderem danach, ob die Befragten ihre aktuelle Lage als belastend empfinden oder nicht. Neben den Antwortmöglichkeiten „äußerst belastend“ und „stark belastend“ gab es drei weitere: „etwas“, „kaum“ oder „gar nicht belastend“ (sowie „weiß nicht“). „Wer sich für eine der beiden höchsten Kategorien entscheidet, dürfte also wirklich großen Druck verspüren“, erklärt Sozialforscher Hövermann. Neben der Einschätzung der eigenen Gesamtsituation wurde differenziert nach der Arbeitssituation, der finanziellen und der familiären Situation gefragt.

Im Vergleich zum Sommer und zum Herbst sind bis Ende Januar die Quoten der stark/äußerst Belasteten in allen Bereichen gestiegen. In Puncto Arbeitssituation und finanzielle Situation war die Zunahme relativ moderat, der Anteil der Befragten, die ihre Lage als stark oder äußerst belastend einschätzen, blieb spürbar unter den bisherigen Höchstwerten im April. Allerdings war das Niveau bei der Arbeitssituation mit 32 Prozent stark/äußerst Belasteten auch Ende Januar hoch. „Und selbst die im Vergleich niedrigeren Werte bei der finanziellen Situation bedeuten immer noch für jede und jeden Fünften extreme Belastung“, sagt Hövermann. „Sowohl die Anpassung von Arbeitsprozessen als auch der Schutz vor wirtschaftlichem Abstieg scheinen in vielen Fällen zu funktionieren. Doch aus Sicht eines guten Teils der Befragten ist das Eis dünn, der Stress groß“, interpretiert der Forscher die Entwicklung.

Besonders stark gingen die Belastungswerte bei der Einschätzung der Gesamtsituation wieder nach oben – auf 40 Prozent, während es im November 34, im Juni 27 Prozent und im April 42 Prozent waren. Frauen wiesen Ende Januar mit 45 Prozent einen überdurchschnittlich hohen Belastungsanteil auf, bei Männern waren es 36 Prozent.

Einen erheblichen Anteil an dieser Entwicklung könnte die ebenfalls deutlich negativere Einschätzung der familiären Situation haben. Vor allem Eltern konstatieren eine Verschärfung: Der Anteil der stark/äußerst belasteten Befragten schoss in dieser Gruppe zwischen November und Januar von 27 auf 46 Prozent in die Höhe. Zugleich beurteilten 49 Prozent der Eltern ihre Gesamtsituation als stark/äußerst belastend, während das unter den Befragten ohne Kinder im Haushalt 38 Prozent sagten. Noch einmal zugespitzt empfinden viele Alleinerziehende ihre Lage: 62 Prozent stuften im Januar ihre Gesamtsituation als stark oder äußerst belastend ein – zehn Prozentpunkte mehr als während des ersten Lockdowns.

Schaut man noch genauer auf die Familien, berichten Mütter besonders oft von großen Belastungen. Ende Januar stuften 54 Prozent der befragten Frauen mit Kindern ihre Gesamtsituation und 51 Prozent ihre familiäre Situation als stark/äußerst belastend ein. Unter den Männern mit Kindern im Haushalt taten das 44 bzw. 43 Prozent.

Wenig überraschend, hängt die wahrgenommene Belastung auch stark mit der finanziellen Situation zusammen. Befragte mit niedrigeren Haushaltseinkommen berichteten deutlich häufiger von starken/äußersten Belastungen als Befragte mit höheren Einkommen. Das gilt für alle abgefragten Belastungsdimensionen. Gerade in Familien mit niedrigeren Haushaltseinkommen ergeben sich Belastungsniveaus, die Sozialforscher Hövermann als „alarmierend hoch“ bezeichnet. So empfanden unter den Befragten mit Kind/Kindern und einem Haushaltseinkommen unter 2600 Euro netto monatlich rund 60 Prozent ihre familiäre Situation und ihre Gesamtsituation als stark oder äußerst belastend.

Belastungswahrnehmung in der Corona-Pandemie. Erkenntnisse aus vier Wellen der HBS-Erwerbspersonenbefragung 2020/21. WSI Policy Brief Nr. 50, März 2021.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 03.03.2021

In einem heute veröffentlichten Positionspapier spricht sich der Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband für umfassende Maßnahmen in der Kindertagesbetreuung aus, die als Reaktion auf die Belastungen notwendig werden, denen Kinder, Familien und pädagogische Fachkräfte seit einem Jahr ausgesetzt sind. Der Verband formuliert konkrete Forderungen an die politisch Verantwortlichen.

„Ein Jahr Pandemie hat deutlich gemacht, dass mit dem Ausbau der Kindertagesbetreuung keine Weiterentwicklung der strukturellen Bedingungen erfolgt ist. Wie durch ein Brennglas zeigt sich der Handlungsbedarf. Die nächsten Jahre werden entscheidend für uns alle sein“, mahnt Clemens Bieber, Vorsitzender des KTK-Bundesverbandes.

Mit Blick auf die Bundestagswahl müsse der Blick nun konsequent auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen in Kindertageseinrichtungen gelenkt werden, so der Würzburger Domkapitular. Die Fortführung und Weiterentwicklung des „Gute-Kita-Gesetzes“ zu einem Qualitätsgesetz mit bundesweit verbindlichen Personalschlüsseln und einer dauerhaften Finanzierung durch den Bund sei nur eines der Themen, mit denen den Auswirkungen der Pandemie begegnet werden müsse. „Die Fachkräfteoffensive wurde vorzeitig zurückgefahren, obwohl keine Lösungen in Sicht sind, den Fachkräftebedarf in den Griff zu bekommen. Deshalb sind der Ausbau der praxisintegrierten und vergüteten Ausbildung und die Förderung differenzierter Teamprofile dringend erforderlich. Die Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern wurde nicht auf den Weg gebracht, weil sich Bund und Länder bislang nicht auf eine Finanzierung einigen können. Sie würde zum Abbau der durch die Pandemie gestiegenen Bildungsbenachteiligung beitragen und muss noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden. Die digitale Ausstattung der Einrichtungen ist vielerorts nicht vorhanden. Ein Digitalpakt Kita ist längst überfällig“, unterstreicht Mirja Wolfs, stellvertretende Vorsitzende des KTK-Bundesverbandes.

Ohne gesetzliche Vorgaben für die wissenschaftlich geforderten Rahmenbedingungen bei der Fachkraft-Kind-Relation und den Zeitressourcen für Leitung bleibe Kindertagesbetreuung ein Flickenteppich. „Es liegt eine große Verantwortung auf den Kitas und Ganztagsangeboten. Sie haben in den kommenden Jahren die Folgen der Pandemie auf die Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern aufzufangen. Wer die Politik der nächsten Jahre gestalten will, muss jetzt sagen, wie er dieser Herausforderung begegnet“, betont Domkapitular Bieber. „Konkrete Vorschläge liegen mit unserem Positionspapier nun auf dem Tisch.“

Das Positionspapier „Die Kindertagesbetreuung ist unverzichtbar. Politische Konsequenzen aus der Corona-Pandemie“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband e. V. vom 04.03.2021

Als massiven armuts- und konjunkturpolitischen Fehlschlag wertet der Paritätische Wohlfahrtsverband die Konjunkturmaßnahmen der Bundesregierung anlässlich der heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zur Wirkung der Coronahilfen aus dem vergangenen Jahr. Der Verband fordert gezielte Hilfen für arme Haushalte für die Dauer der Krise und eine deutliche Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung.

“Die Konjunkturpolitik der Bundesregierung zeigt eine bemerkenswerte soziale Schlagseite,” so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.

Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigten nach Ansicht des Verbandes eindeutig, dass von den Konjunkturmaßnahmen vor allem wohlhabende Haushalte profitiert haben.

“Es ist absolut unverständlich, dass die Not armer Menschen so dermaßen missachtet und eine weitere Vertiefung der sozialen Spaltung in Kauf genommen wird”, so Ulrich Schneider weiter.

Die heute vorgelegten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigten, dass rund die Hälfte der Haushalte den Kinderbonus im letzten Jahr zur Erhöhung der Familiensparquote nutzte und ihn folglich gar nicht brauchte, kritisiert der Verband. Auch die Mehrwertsteuersenkung habe vor allem besserverdienenden Haushalten genutzt, während einkommensschwache Haushalte so gut wie gar nicht profitierten.

“Die bereits im letzten Sommer von uns geäußerten Befürchtungen haben sich mit den Daten des Statistischen Bundesamtes leider bestätigt,” so Ulrich Schneider. Unter armutspolitischer Perspektive stellen die konjunkturpolitischen Beschlüsse von 2020 einen fulminanten Fehlschlag dar. “Wir fordern die Bundesregierung zu einer sofortigen Korrektur auf,” so Ulrich Schneider weiter.

Der Verband fordert die zügige Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und Altersgrundsicherung um 100 Euro pro Kopf und Monat während der Corona-Krise und eine dauerhafte Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro.

Das Statistische Bundesamt veröffentlichte heute Daten, wonach durch die Mehrwertsteuersenkung im letzten Jahr lediglich zwischen 20 und 25 Prozent der Haushalte Anschaffungen vorzogen oder sich ungeplante Anschaffungen leisteten und dabei insbesondere einkommenstärkere Haushalte profitierten. Über die Hälfte der befragten Haushalte gaben zudem an, den Kinderbonus teilweise oder gänzlich zum Sparen genutzt zu haben.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 11.03.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Der Bundestag hat am Freitag, 5. März 2021, nach halbstündiger Debatte den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Jugendschutzgesetzes (19/24909) in der vom Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geänderten Fassung (19/27289) beschlossen. Die Koalitionsfraktionen stimmten für den Gesetzentwurf, der den Jugendschutz im Internet und in den sozialen Medien in den Blick nimmt. FDP und Linksfraktion stimmten dagegen, die AfD und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. Zur Abstimmung lag auch ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 Geschäftsordnung des Bundestages (19/27290) zur Finanzierbarkeit vor.

Entschließungsanträge abgelehnt

In dritter Beratung lehnte der Bundestag drei Entschließungsanträge zu dem Gesetzentwurf ab. Der
Entschließungsantrag der FDP (19/27296) zielte unter anderem darauf ab, bestehende Systeme der Alterskennzeichung für Medien stärken und angemessen fortzuentwickeln. Die Koalitionsfraktionen und die Grünen stimmten dagegen, die AfD und die Linksfraktion enthielten sich.

Der Entschließungsantrag der Linken (19/27297) forderte staatsferne und unabhängige Aufsichtsstrukturen beim Jugendmedienschutz. Die Koalitionsfraktionen und die Grünen stimmten dagegen, die AfD und die FDP enthielten sich.

Der Entschließungsantrag der Grünen (19/27298) wollte den Verantwortungsbereich sowie die Verpflichtungen und Kompetenzen der beteiligten Institutionen so klar regeln, dass der Bedarf an Koordinierung, mit dem die neue Bundeszentrale für Jugendmedienschutz betraut werden soll, auf das Nötigste reduziert wird. Die Grünen und die Linksfraktion stimmten dafür, die Koalitionsfraktionen dagegen, die AfD und die FDP enthielten sich.

Verpflichtende Anbietervorsorge

Mit der Annahme des Regierungsentwurfs werden für Kinder und Jugendliche relevante Internetdienste verpflichtet, „angemessene und wirksame strukturelle Vorsorgemaßnahmen für eine unbeschwerte Teilhabe zu treffen (sogenannte Anbietervorsorge)“.

Anbieter werden zu Voreinstellungen verpflichtet, die Kinder und Jugendliche besonders vor Interaktionsrisiken wie Mobbing, sexualisierter Ansprache („Cybergrooming“), Hassrede, Tracking und Kostenfallen schützen. Sie sollen sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche etwa bei Spielen oder in sozialen Netzwerken von Fremden nicht mehr
einfach gefunden und angesprochen werden können. Weitere Punkte beziehen sich auf die Einführung von Hilfs- und Beschwerdesysteme sowie bessere Möglichkeiten für Eltern, die Mediennutzung ihrer Kinder zu begleiten und zu steuern.

„Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ausbauen“

Mehr Orientierung will die Bundesregierung zudem mit der Einführung einheitlicher Alterskennzeichen für Spiele und Filme auch online schaffen. Zur besseren Durchsetzung des Kinder- und Jugendmedienschutz soll zudem die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) zur „Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz“ weiterentwickelt werden.

Geplant ist auch, künftig die „in der Mediennutzungsrealität von Kindern und Jugendlichen hochrelevanten“ ausländischen Anbieter in den Blick zu nehmen.

Änderungen am Regierungsentwurf beschlossen

Der federführende Familienausschuss hat am 3. März 2021 einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Regierungsentwurf angenommen. Damit wird geregelt, dass die künftige Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz einen Beirat einrichtet, der sich „in besonderer Weise für die Verwirklichung der Rechte und den Schutz von Kindern und Jugendlichen“ einsetzt. Diesem zwölfköpfigen Gremium sollen auch zwei Vertreter von Kinder und Jugendverbänden angehören, die nicht älter als 17 Jahre alt sein dürfen.

Umgekehrt wird mit Annahme des Änderungsantrags Kindern der Zugang zu Kinos und öffentlichen Filmvorführungen erleichtert. So wird das auf bislang personensorgeberechtigte Personen begrenzte Begleitungsrecht auf „erziehungsbeauftragte Personen“ erweitert. Damit soll den flexibilisierten Lebensformen und der Zunahme von Patchworkfamilien Rechnung getragen werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Bundestag vom 05.03.2021

Das Vorhaben der Bundesregierung, für die Erhebung statistischer Daten zur Zeitverwendung eine eigene gesetzliche Grundlage zu schaffen, ist bei einer Expertenanhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montagnachmittag auf breite Zustimmung gestoßen. Kritik gab es an der Ausgestaltung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung (19/26935) – vor allem an der vorgesehenen Beibehaltung des Zehn-Jahres Turnus, in dem die Erhebungen bislang als „Bundesstatistiken für besondere Zwecke nach dem Bundesstatistikgesetz“ durchgeführt wurden. Eine deutliche Mehrheit sprach sich während der Anhörung für eine Erhebung alle fünf Jahre aus.

Ruth Abramowski vom SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik an der Universität Bremen betonte, Zeitverwendungserhebungen lieferten nicht nur relevante Erkenntnisse über zeitliche Gestaltungsspielräume, sondern seien auch eine äußerst zentrale Datenbasis für die Messung des Wohlstandes von Bevölkerungen. So könnten gezielte politische Maßnahmen abgeleitet werden. Lücken in dem Entwurf gibt es aus ihrer Sicht bei den Erhebungsmerkmalen. Es brauche eine Präzisierung der unbezahlten „Care-Arbeit“, die zumeist von Frauen ausgeübt werde. Auch die Auslagerung der Care-Arbeit an Frauen, „die sich in noch prekäreren Verhältnissen befinden“, müsse erfasst werden, forderte Abramowski mit Verweis auf mehr als 500.000 „informell und überwiegend schwarz beschäftigte Pflegemigranten“ in Deutschland, die in keiner amtlichen Statistik auftauchen würden.

Antje Asmus vom Deutschen Frauenrat nannte die Darstellung der Verteilung von bezahlter und unbezahlter Zeit zwischen Frauen und Männern „für die Entwicklung gleichstellungspolitischer Maßnahmen unerlässlich“. Zeitverwendungserhebungen stellten mit ihren Daten zu unbezahlter Haus- und Sorgearbeit auch wichtige Ergänzungen zu der klassischen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung dar, die sich primär auf Wohlstand und Wertschätzung der Produktion von Waren und Dienstleistungen fokussiere. Der Bedarf an repräsentativen Zeitbudgeterhebungen zur Verteilung der Sorgearbeit sei während der Corona-Krise noch dringender geworden, befand Asmus. Es seien Frauen und vor allem Mütter, die während der Pandemie den größeren Anteil der zusätzlich anfallenden Sorgearbeit übernehmen und ihre Erwerbsarbeitszeiten dafür reduzieren, sagte die Frauenrats-Vertreterin.

Christina Boll vom Deutschen Jugendinstitut hält – ebenso wie ihre Vorrednerinnen – den Zehnjahreszeitraum zwischen den Erhebungen für zu lang. Zum einen erschwerten seltene Messzeitpunkte den Ländervergleich auf europäischer sowie auf internationaler Ebene. Zudem sei die Evaluation von Politikreformen mithilfe dieser Daten nahezu unmöglich. Als unzureichende bewertete Boll zugleich den Versuch, im Bereich der Nachtrennungsfamilien mit der Erfassung der Kontakthäufigkeit zu außerhalb des eigenen Haushalts wohnenden Kindern, elterliche Zeitinvestments einzufangen.

Fünf Jahre, „besser noch zwei Jahre“, sollten aus Sicht von Martin Bujard vom Verein Evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie höchstens zwischen den Erhebungen liegen. Für einen zehnjährigen Rhythmus seien die Entwicklungen zu dynamisch, sagte er. Bujard sprach sich zudem für die Erhebung in Form einer Panelstruktur, „das heißt mit Wiederholungsbefragungen“, aus. So könnten die Veränderungen innerhalb von Familien – als Folge von Kindergeburt aber auch in Folge politischer Maßnahmen – besser nachvollzogen werden.

Sebastian Heimann vom Deutschen Familienverband begrüßte den Gesetzentwurf ebenfalls. Ergänzt werden müsse er jedoch dringend um die Berücksichtigung von kinderreichen Familien „als gesellschaftlich und demografisch besonders bedeutsame Gruppe“. Der Entwurf berücksichtige alleinerziehende Mütter und Väter durch überproportionale Auswahlsätze besonders. Dies müsse auch für die Gruppe der Mehr-Kind-Familien unbedingt sichergestellt werden. Kinderreiche Familien seien schließlich überproportional von Armut gefährdet und sähen sich verstärkten Herausforderungen hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegenüber, sagte Heimann.

Mit dem Gesetzesentwurf würden vor allem die Erhebungsmerkmale festgelegt, sagte die Soziologin Michaela Kreyenfeld von der Hertie School of Governance. Mit der Integration einer neuen Frage zum „Kontakt zu eigenen Kindern, die nicht im Haushalt leben“, sollen erstmalig auch haushaltsübergreifende Informationen zu Kindern erhoben werden, was zu begrüßen sei. Dennoch könne die Zeitverwendungsstudie in der vorgesehenen Form die Lebenswirklichkeiten von Trennungseltern und -kindern nicht hinreichend abbilden, bemängelte Kreyenfeld. Das etwa Trennungsväter durch die Regelung nicht identifiziert würden, sei „mehr als bedauerlich“.

Heike Wirth vom Mannheimer GESIS Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften hält eine Periodizität von zehn Jahren für richtig, weil aus ihrer Sicht bei einer Erhebung alle fünf Jahre Abstriche in der Datenqualität hingenommen werden müssten. Im Übrigen sei durch die Verordnungsermächtigung in dem Gesetz die Flexibilität gegeben, bei erkennbarem Bedarf die Periodizität anzupassen. Handlungsbedarf sieht Wirth in Bezug auf die Messung der Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb des Haushalts, die Erfassung von Kontakten von außerhalb der Haushalte lebenden Eltern und Kindern sowie beim Erwerbsstatus. Wichtig sei es zudem, bei der Quotierung der Haushalte explizit darauf zu achten, „dass die Gruppe der 20- bis 30-Jährigen mit einem ausreichend hohen Umfang in der Stichprobe vertreten ist“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 335 vom 15.03.2021

Die Zahl der Kinder, für die Kinderzuschlag gewährt wurde, hat sich im vergangenen Jahr deutlich erhöht. Das zeigen Zahlen, auf die sich die Bundesregierung in einer Antwort (19/27100) auf eine Kleine Anfrage (19/26657) der Fraktion Die Linke bezieht. Demnach betraf dies im März 2020, zu Beginn der Corona-Pandemie, rund 376.000 Kinder. Diese Zahl stieg dann in den Folgemonaten konstant an, auf einen Höchststand von rund 941.000 Kinder im Juli 2020. Im Januar lag die Zahl der Berechtigten mit rund 708.000 Kindern zwar wieder deutlich darunter, aber gleichzeitig noch deutlich über dem März-Wert.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 299 vom 09.03.2021

Die Bundesregierung will für die Erhebung von statistischen Daten zur Zeitverwendung eine eigne gesetzliche Grundlage schaffen. Die bisherigen Erhebungen seien als Bundesstatistiken für besondere Zwecke nach dem Bundesstatistikgesetzes durchgeführt worden, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfes (19/26935). Dies erlaube die Anordnung von Bundesstatistiken auch ohne Gesetz oder Rechtsvorschrift, um kurzfristig auftretende Bedarfe nach statistischen Informationen zu decken.

Nach Angaben der Bundesregierung hat sie seit den 1990er Jahren im Turnus von etwa zehn Jahren Daten zur Zeitverwendung der in Deutschland lebenden Menschen erheben lassen. Durch diese Erhebungen seien wesentliche Erkenntnisse für gesellschaftspolitische Maßnahmen gewonnen worden. Sie lieferten Informationen darüber, wie viel Zeit Menschen im Tagesverlauf für bestimmte Aktivitäten aufwenden. Die Auswertung dieser Daten gebe beispielsweise Auskunft über die Arbeitsbelastung und Arbeitsteilung in Familien, Kinderbetreuung und Pflege oder freiwilliges gesellschaftliches Engagement.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 295 vom 04.03.2021

Kein Kind kann sich alleine schützen

In den letzten Monaten wurde die Familie als Ort von psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt öffentlich stärker thematisiert. Mit dem vorliegenden Impulspapier möchte der Betroffenenrat beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) eine breite Diskussion anregen und diese mit der Forderung nach einer dauerhaft geführten Auseinandersetzung mit dem Tatort Familie verbinden.

Babys, Kleinkinder, Kinder und Jugendliche, die in ihrer Familie sexualisierte Gewalt erleben, sind besonders schutzlos ausgeliefert. Die Gewalt erfahren sie ausgerechnet von den Menschen, auf deren Schutz sie angewiesen sind. Betroffene Kinder lernen früh, dass sie niemanden vertrauen können und erleben den schwersten Verrat durch diejenigen, von denen sie existentiell abhängig sind. Es gibt für sie keinen sicheren und heilen Ort.

Wir wissen, wie es war und ist, wenn niemand sieht, in welcher großen Not Kinder und Jugendliche in ihren eigenen Familien sind. Wir wissen, wie es ist, wenn niemand Etwas unternimmt. Aktive Vertuschung, Wegsehen oder Ignoranz werden in Familien von Müttern, Vätern, Geschwistern und anderen Familienangehörigen aufrechterhalten und konfrontieren Betroffene oft ein Leben lang mit Ohnmachtssituationen und Verletzungen.

Betroffene Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben schon immer das Schweigen gebrochen und Hilfe gesucht. Die Täter_innen blieben und bleiben zumeist jedoch integriert in den Familien. Während durch eine gesellschaftliche und öffentliche Diskussion der Druck auf Institutionen wächst, sind Betroffene bei Aufdeckung im familiären Kontext weiterhin oft alleingelassen. Dies ist zusätzlich schwer belastend, gerade wenn sie das Schweigen brechen. Der Tatort Familie, an dem Kinder und Jugendliche in hohem Ausmaß sexualisierte Gewalt erleben, muss endlich vertiefend in den Blick genommen werden. Eine halbherzige Debatte über Kinderrechte ins Grundgesetz kompensiert nicht die jahrelange Untätigkeit politisch Verantwortlicher auf allen Ebenen.

Wir – Betroffene, die im familiären Kontext sexualisierte Gewalt erlebt haben, können keine Institution in die Pflicht nehmen. Familien sind zu Recht ein besonders geschützter Ort, in den der Staat nur begrenzt hineingreifen darf. Jedoch muss die gesellschaftliche Aufmerksamkeit dem Ausmaß an Kindeswohlgefährdung durch sexualisierte Gewalt in Familien entsprechen. Das Recht auf Schutz vor Gewalt ist ein Menschenrecht. Kein Kind kann sich alleine schützen.

Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die verbreitete Kultur des Vertuschens und Schweigens zu überwinden und ein Ethos der Einmischung zu entwickeln. Es liegt in unser aller Verantwortung, Kinder und Jugendliche auch in ihren Herkunftsfamilien vor sexualisierter Gewalt zu schützen und Ihnen zu helfen. Wir sind uns bewusst, dass viele Aspekte in diesem Impulspapier weiterentwickelt werden müssen und wir wichtige Themen lediglich angerissen haben.

Wir werden uns der Diskussion stellen. Wir schweigen nicht. Wir sprechen auch noch, wenn die Gesellschaft schon wieder den Mantel des Schweigens ausbreiten will.

Alle Betroffene haben unabhängig vom Tatkontext das Recht auf Schutz und Aufarbeitung, Unterstützung und Hilfen.

Quelle: Pressemitteilung Geschäftsstelle des Betroffenenrats beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 15.03.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Berechnungen des Deutschen Familienverbands (DFV) und des Familienbunds der Katholiken (FDK) zeigen, dass Sozialabgaben Familien übermäßig belasten und im Vergleich zu Beitragszahlern ohne Unterhaltspflichten für Kinder schlechterstellen.

(Berlin). Eine Familie mit zwei Kindern und einem durchschnittlichen Einkommen von 41.541 Euro im Jahr fällt nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben inklusive Kindergeld knapp unter das steuerliche Existenzminimum. Mit mehr Kindern verschärft sich die Situation. Angesichts dieses alarmierenden Befunds fordern DFV und der FDK eine Korrektur der verfassungswidrigen Abgabenerhebung in der Sozialversicherung. Die Verbände weisen darauf hin, dass sich die Position der Familien im Vergleich zu Personen ohne Unterhaltspflichten für Kinder erneut verschlechtert hat. Sie fordern im Hinblick auf kursierende Meldungen über eine 2021 angeblich erfolgte Entlastung von Familien: „Bitte lasst die Märchenstunde!“.

„Einem Paar mit drei Kindern und einem Durchschnittseinkommen fehlen im Monat fast 500 Euro zur gesellschaftlichen Teilhabe. Bei vier Kindern ist es fast doppelt so viel“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV. Familienbundpräsident Ulrich Hoffman äußert sich wie folgt: „Die horizontalen Berechnungen von DFV und FDK zeigen beispielhaft, dass die Entscheidung für Kinder ein Armutsrisiko ist. Es besteht dringend Handlungsbedarf.“

Es ist wichtig und richtig, Notleidenden rasch zur Seite zu stehen. In diesem Sinne begrüßen DFV und FDK den Kinderbonus in der Corona-Pandemie. Doch einer reagierenden Politik muss endlich eine gestaltende zukunftsorientierte Familienpolitik folgen. Hoffmann erläutert: „Die strukturelle Benachteiligung von Familien in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung muss endlich beendet werden. Dass Familien trotz der kostenaufwändigen und den Fortbestand der Sozialsysteme sichernden Kindererziehung mit gleich hohen Beiträgen belastet werden wie Kinderlose, ist nicht nur ungerecht. Es ist auch verfassungswidrig.“ Zeh führt aus: „Familien sind weder Bittsteller noch unersättliche Transferempfänger. Sie wollen nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Umsetzung deutlicher Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Sozialversicherung.“

Beiträge nach Leistungsfähigkeit

Um Familien zu entlasten, fordern die Familienverbände für die Dauer der Erziehungszeit einen für jedes Kind gleichen Freibetrag in der gesetzlichen Sozialversicherung. In der Höhe soll er mindestens dem steuerlichen Kinderfreibetrag entsprechen.

„Ein Kinderfreibetrag in der Sozialversicherung würde die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Beitragszahler angemessen berücksichtigen. Wer Unterhaltspflichten für Kinder hat, ist vorübergehend weniger leistungsfähig. Das muss sich in den Beiträgen zur Sozialversicherung widerspiegeln, sonst sind sie ungerecht und nicht solidarisch“, so Zeh.

Bei der Entlastung von Familien geht es nicht nur um Gerechtigkeit für Eltern und Kinder. Familienarmut zu verhindern und Kindern ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen, ist gesamtgesellschaftlich bedeutend.

„Kinder sind die Zukunft – auch unseres umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems. Ohne Familien, die heute Kinder großziehen, gäbe es morgen keine Beitragszahler. Ohne sie würde das System zusammenbrechen. Familien erweisen der Gesellschaft einen beträchtlichen Dienst. Ohne sie ist kein Staat zu machen“, äußert Familienbundpräsident Hoffmann.

Sozialversicherung: Belastung ist verfassungswidrig

Mit Unterstützung von DFV und FDK haben Familien den Rechtsweg für familiengerechte Sozialabgaben beschritten. Sie stützen sich dabei auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dies hatte 2001 entschieden, dass Eltern in der Pflegeversicherung verfassungswidrig belastet werden. Gleichzeitig verpflichtete das Karlsruher Gericht den Gesetzgeber, auch die anderen Zweige der Sozialversicherung auf Familiengerechtigkeit hin zu prüfen. Bis heute wurde dies nicht umgesetzt.

Mit Blick auf das Pflegeversicherungsurteil von 2001 äußern Hoffmann und Zeh: „Die Politik hat die familiengerechte Gestaltung der Sozialversicherung sträflich vernachlässigt, obwohl die Übertragbarkeit des Urteils auf die Renten- und Krankenversicherung auf der Hand liegt. Familien mussten sich viele Jahre durch die Instanzen klagen. Jetzt liegt die Entscheidung erneut beim Bundesverfassungsgericht.“

Weiterführende Informationen

Horizontaler Vergleich 2021 – Was am Monatsende übrig bleibt

Erklärfilm: Generationenvertrag Sozialversicherung

Klageverfahren für die Beitragsgerechtigkeit von Familien

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 11.03.2021

evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) e. V. fordert kürzere Zeitabstände zwischen Erhebungen für neue Zeitverwendungsstatistik.

Der Präsident der eaf, PD Dr. Martin Bujard, nimmt heute als Sachverständiger an einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses zum Zeitverwendungserhebungsgesetz teil. Das Gesetz sieht vor, Zeitverwendungsdaten künftig in Form einer Bundesstatistik zu erheben. Die eaf begrüßt nachdrücklich die damit mögliche kontinuierliche Erfassung der Lebenswelten von Familien, kritisiert aber die ins Auge gefassten Erhebungsintervalle von zehn Jahren als zu lang.

„Aktuelle Zeitverwendungsdaten sind für eine verantwortungsvolle Familienpolitik unverzicht­bar“, mahnt Bujard, der als Forschungsdirektor beim Bundesinstitut für Bevölkerungs­forschung tätig ist. „Die Erhebung sollte künftig alle fünf Jahre erfolgen, sonst treten bei politischen Entscheidungen aktuelle Meinungsumfragen an die Stelle valider wissenschaftlicher Daten, weil diese bereits veraltet sind. Gute Familienpolitik braucht aber Einblicke in die tatsächlichen Lebensverhältnisse von Familien und darf nicht auf Wunschdenken aufsetzen. Diese Erkenntnis ist durch die Überforderung von Familien während der akuten Pandemiephasen noch einmal deutlich geworden.“

Zeitpolitik ist eine der zentralen Zukunftsfragen für Familie und Familienpolitik: Die Gesamt­arbeitsbelastung – also Familien- und Erwerbsarbeit – von Paaren mit Kindern ist signifikant höher als ohne Kinder. Insbesondere Mütter mit kleinen Kindern stemmen in der „Rushhour des Lebens“ regelmäßig 65 Wochenstunden und sind dementsprechend stressbelastet. Um familien­politische Maßnahmen in der wissenschaftlich gebotenen Güte besser evaluieren zu können, ist es nach Ansicht der eaf zudem sinnvoll, für die Zeitverwendungserhebung eine Panel-Struktur zu etablieren.

Die Stellungnahme der eaf zum Zeitverwendungserhebungsgesetz lesen Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 15.03.2021

Der Entwurf des 6. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung sei ein „Beleg des jahrelangen armutspolitischen Versagens“, kommentiert der Paritätische Wohlfahrtsverband den Entwurf des Berichts aus dem Bundesarbeitsministerium. Der Verband hat den mehrere hundert Seiten umfassenden Text einer ausführlichen Analyse unterzogen: Die Entwicklung der Ungleichheit in Deutschland sei zutiefst besorgniserregend, so die Bilanz der Expert*innen.

Der Bericht komme einem Armutszeugnis gleich, so der Paritätische. “Der Bericht belegt, wie sowohl Armut, als auch Reichtum wachsen und sich verfestigen. Die sogenannte “Mitte” schrumpft, soziale Mobilität nimmt ab und soziale Ungleichheit steigt. Und der Bericht weist nach, wie dramatisch sich die Situation gerade der Arbeitslosen verschärft hat“, so Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Der Bericht dokumentiere u.a. die dramatischen Effekte der Agenda-Reformen. Mit den sogenannten Hartz-Reformen sei die Absicherung des sozialen Risikos Erwerbslosigkeit zu einem erheblichen Teil der Fürsorge übertragen worden, die Armutsquote Erwerbsloser habe sich seitdem vervielfacht. “Erwerbslose stoßen auf ein soziales Sicherungssystem, das bereits vor Corona nicht vor Armut schützte und dessen Schwächen nun noch deutlicher zutage treten”, so Hesse.

Dass die Corona-Pandemie die Ungleichheit noch verschärft, belegt der Bericht selbst anhand aktueller Daten. “Diese Befunde können kaum überraschen, sind doch bspw. die Menschen, die zuvor schon in der Grundsicherung waren, bislang von zusätzlichen, auf ihre Bedarfe zugeschnittenen Hilfen ausgeschlossen gewesen”, so Dr. Joachim Rock, Leiter der Abteilung Arbeit, Soziales und Europa im Paritätischen Gesamtverband, die den Berichtsentwurf ausgewertet hat. “Die geplante Einmalzahlung für Grundsicherungsbeziehende von 150 Euro geht weit an den Mehrbelastungen armer Menschen in der Pandemie vorbei und kann schon gar kein Beitrag dazu sein, die sich verfestigende Ungleichheit in irgendeiner Weise positiv zu beeinflussen.”

Der Paritätische fordert eine politische Offensive zur Beseitigung von Armut. Deutschland habe es in der Hand, seine Einkommensarmut abzuschaffen und parallel für eine gute soziale Infrastruktur zu sorgen. Es klinge banal und werde bei vielen nicht gern gehört, “aber gegen Einkommensarmut, Existenzängste und mangelnde Teilhabe hilft Geld“, so Hesse. Konkret seien eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung (nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle auf mindestens 644 Euro), die Einführung einer Kindergrundsicherung sowie Reformen von Arbeitslosen- und Rentenversicherung nötig. Der Verband untermauert zudem die Forderung nach einer monatlichen Zusatzzahlung für die Dauer der Pandemie von 100 Euro für alle Menschen, die existenzsichernde Leistungen beziehen.

Eine erste Kurzanalyse des Paritätischen sowie den Entwurf des 6. Armuts- und Reichtumsberichts zum Download finden Sie hier: https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/entwurf-des-6-armuts-und-reichtumsberichts-der-bundesregierung/

Die Forderung nach einer zügigen Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro sowie angemessener Soforthilfen für arme Menschen während der Corona-Krise wird unterstützt von rund 50 Verbänden und Gewerkschaften. Mehr Infos zum Online-Appell “Corona trifft Arme extra hart – Soforthilfen jetzt!” unter www.der-paritaetische.de/coronahilfe

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 05.03.2021

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28.Oktober 2020 (XII ZB 512/19) mindert der Kinderzuschlag im Rahmen der Unterhaltsberechnung als Einkommen des Kindes in voller Höhe den Unterhaltsbedarf des Kindes. Dies wird die Unterhaltsberechnung in der Praxis maßgeblich beeinflussen – allerdings wird in Folge der Sinn und Zweck des Kinderzuschlags nicht mehr erreicht, sondern ad absurdum geführt. Denn durch das Anrechnen des Kindeszuschlags auf den Kindesunterhalt kommt dieser nicht mehr dem Haushalt zugute, in dem das Kind lebt und in dem der Anspruch auf Kinderzuschlag besteht, sondern dem Barunterhaltspflichtigen. Der Kinderzuschlag wird in der Konsequenz zu einer Sozialleistung für den gegebenenfalls sogar gutverdienenden Barunterhaltspflichtigen.

Der VAMV sieht die dringende Notwendigkeit einer gesetzlichen Klarstellung, damit der Kinderzuschlag in Einelternfamilien weiter seine armutsvermeidende Wirkung entfalten kann.

Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. (VAMV) vom 16.03.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 22. bis 24. März 2021

Veranstalter: Diakonie Deutschland und das europäische Forschungsnetzwerk Population Europe

Vom 22.-24. März 2021 finden zum ersten Mal die Berliner Demografie-Tage statt. Bei der Online-Veranstaltung spricht die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Dubravka Suica, über das Verhältnis von Demokratie und Demografie. Außerdem werden die Preisträger*innen der European Demographer Awards ausgezeichnet.

In den nächsten beiden Jahrzehnten erreichen die letzten geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer das Rentenalter. Gleichzeitig verändert sich die Zusammensetzung der Bevölkerung. Unsere Gesellschaft wird älter, aber auch vielfältiger. Daraus ergeben sich Herausforderungen an den Sozialstaat und die Zivilgesellschaft. Die europäischen Demokratien geraten vielerorts unter Druck.

Auch der Globale Süden ist davon betroffen, wo uns oftmals wichtige Daten fehlen, um die Bevölkerungsentwicklung besser zu verstehen. Diese Themenschwerpunkte diskutieren Expert*innen aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft aus aller Welt.

Bei der öffentlichen Auftaktveranstaltung am 22. März 2021 von 13.00 – 14.30 Uhr diskutieren über das Thema Generationengerechtigkeit: Anna Braam (Vorsitzende und Sprecherin der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen), Clara Mayer (Sprecherin Fridays for Future, Berlin), Franz Müntefering (Bundesminister a. D. und Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e. V.) sowie Elisabeth Niejahr (Mitglied der Geschäftsführung der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung).

Von 15.00 – 17.00 Uhr findet die Veranstaltung u. a. mit der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Stefan Zierke, sowie der Preisverleihung der European Demographer Awards statt.

Sie finden online das jeweils aktuelle Programm des Berliner Demografie-Forums, des European Demography Forum (23. März 2021) und des Global Demography Forum (24. März 2021): https://www.berlinerdemografieforum.org/bdf-2021/programm-2021/

An allen drei Tagen steht eine Simultanübersetzung ins Deutsche zur Verfügung.

Sie können sich hier anmelden: https://survey3.gwdg.de/index.php?r=survey/index&sid=616591&lang=de

Termin: 13. April 2021

Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung

Für viele deutsche Städte liegen Studien vor, die aufzeigen, dass Kinder unterschiedliche Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe haben, je nach Quartier, in dem sie leben. So spielen Kinder in ärmeren Stadtteilen seltener ein Instrument, sind seltener Mitglied eines Sportvereins, besuchen seltener ein Museum, ein Theater, eine Musikschule, eine Bibliothek oder eine Schwimmhalle. Befragungen zeigen auch, dass Kinder und Jugendliche in ärmeren Stadtteilen weniger zufrieden mit ihrem Wohnumfeld sind.

Weitgehend ungeklärt ist im Forschungsstand, inwieweit die Unterschiede zwischen den Stadtquartieren Folge von Angebots- oder Folge von Nachfrageunterschieden sind. Fehlen in ärmeren Stadtteilen infrastrukturelle Einrichtungen wie z.B. Schulen mit einer gymnasialen Oberstufe, Bibliotheken, Schwimmhallen oder gesundheitliche Einrichtungen? Werden diese Angebote zur gesellschaftlichen Teilhabe in bestimmten Stadtteilen seltener nachgefragt? Oder gibt es Zugangshürden, die eine Inanspruchnahme verhindern?

In einer aktuellen Studie, die am 13. April 2021 veröffentlicht wird, hat das Wissenschaftszentrum Berlin im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerk und der Heinrich-Böll-Stiftung für sieben deutsche Großstädte untersucht, inwieweit die soziale Lage von Quartieren mit der Verteilung von infrastrukturellen Rahmenbedingungen zusammenhängt.

Die Studie wird im Rahmen des Fachgesprächs erstmals vorgestellt. Anhand der Ergebnisse wird diskutiert, inwieweit Kinder und Jugendliche in ärmeren Stadtteilen aufgrund ihres Wohnumfeldes benachteiligt sind und weniger Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe haben. Dazu werden drei Panels mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten angeboten.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie hier.

AUS DEM ZFF

Anlässlich des im Kabinett verabschiedeten Neunten Familienberichts der Bundesregierung unterstützt das ZFF eine Vielzahl der Vorschläge der zuständigen Sachverständigenkommission und fordert alle politischen Parteien auf, die Handlungsempfehlungen zu berücksichtigen.

Der Neunte Familienbericht der Bundesregierung stellt die Eltern in den Mittelpunkt. Auf Basis der untersuchten gesellschaftlichen Anforderungen und Ansprüche an Elternschaft weist die Sachverständigenkommission auf vielfältige familienpolitische Handlungsfelder hin. Diese reichen von Empfehlungen zur Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit oder zu Bildungsgerechtigkeit bis zu Empfehlungen zur Stärkung der wirtschaftlichen Stabilität von Familien sowie zu Anpassungen verschiedener Rechtsbereiche angesichts vielfältig werdender Elternschaft.

Britta Altenkamp, Vorstandsvorsitzende des ZFF, erklärt dazu: „Die Erkenntnisse des Neunten Familienberichts bestärken schon lang geführte Debatten um eine gleichmäßigere elterliche Arbeitsteilung bei der Erwerbs- und Sorgearbeit: Es liegt in öffentlicher Verantwortung für gute Rahmenbedingungen zu sorgen, die Männern wie Frauen einen gleichberechtigten Zugang zu beiden Lebensbereichen verschaffen. Dafür sollten die partnerschaftlichen Ansätze im Elterngeld, wie vom Bericht empfohlen, weiter gestärkt werden und endlich „der Einstieg in den Ausstieg“ des Ehegattensplittings gewagt werden. Dieses setzt neben steuerfreien Minijobs und der beitragsfreien Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung enorme Anreize für eine asymmetrische innerfamiliäre Arbeitsteilung. Die Sachverständigenkommission hat hier gute Reformvorschläge vorgelegt, wie diese dicken Bretter nachhaltig angegangen werden können.

Wir teilen außerdem die Kritik am aktuellen System der monetären Familienförderung, dass das Ziel der Armutsbekämpfung von Kindern und Familien klar verfehlt. Die Vorschläge für eine gebündelte Leistung einer Kinderabsicherung unterstützen wir ausdrücklich! Aus Sicht des ZFF ist es an der Zeit, die Familienförderung ‚vom Kopf auf die Füße‘ zu stellen und endlich durch eine sozial gerechte und auskömmliche Kindergrundsicherung zu ersetzen.“

Altenkamp ergänzt: „Angesichts der gesellschaftlichen Anforderungen, die Eltern zunehmend unter Druck setzen, hätten wir auf mehr zeitpolitische Impulse seitens der Sachverständigenkommission gehofft. Aus Sicht des ZFF ist die partnerschaftliche Weiterentwicklung des Elterngelds nur ein Einstieg in Arbeitszeitkonzepte, die den familiären Sorgeverpflichtungen im Lebensverlauf Rechnung tragen. Eine Familienarbeitszeit mit teilweisem Lohnersatz bei einer Reduzierung der Arbeitszeit im Anschluss an die Elterngeldphase oder auch für eine Pflegephase wäre ein sinnvoller weiterer Schritt.“

Das Zukunftsforum Familie wird sich intensiv mit dem Bericht auseinandersetzen und zeitnah eine umfangreichere Einschätzung vorlegen.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 05.03.2021

AKTUELLES

BAGSO-Ratgeber für pflegende Angehörige in aktualisierter Neuauflage erschienen

In Deutschland sind knapp vier Millionen Menschen pflegebedürftig und etwa drei Viertel von ihnen werden zu Hause durch ihre Angehörigen versorgt. Viele pflegende Angehörige sehen sich enormen Anforderungen gegenüber. Was sind typische Herausforderungen in der häuslichen Pflege? Und wie kann ein gesunder Umgang mit den eigenen Kräften gelingen? Antworten gibt die Broschüre „Entlastung für die Seele – Ratgeber für pflegende Angehörige“ der BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen.

Der Ratgeber zeigt Möglichkeiten der Entlastung auf, gibt eine Übersicht über konkrete Unterstützungsangebote und ermutigt dazu, rechtzeitig Hilfen von außen in Anspruch zu nehmen. Ein eigenes Kapitel ist hilfreichen Angeboten in Zeiten von Corona gewidmet.

Die Broschüre „Entlastung für die Seele – Ratgeber für pflegende Angehörige“ liegt in 9., völlig aktualisierter Auflage als Druckversion und als Hörbuch vor. Die Publikation wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung erstellt. Die Neuausgabe wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Der Ratgeber kann kostenlos über die Website der BAGSO bestellt oder dort als barrierefreies pdf-Dokument heruntergeladen werden.

Zur Publikation

Das barrierefreie Hörbuch im DAISY-Format kann in der BAGSO-Geschäftsstelle per E-Mail bestellt werden:  bestellungen@bagso.de

  • Eltern haben während coronabedingter Kita- und Schulschließungen im Frühjahr und Sommer 2020 Großteil der Betreuung ihrer Kinder selbst übernommen
  • Anteil der Familien, in denen Frau die Kinderbetreuung (fast) vollständig übernimmt, hat sich von acht auf 16 Prozent in etwa verdoppelt
  • Insgesamt aber differenziertes Bild: So hat sich Anteil der Familien, in denen Sorgearbeit gleich aufgeteilt ist, in der Krise nicht signifikant verändert
  • Große Unterschiede in der Wahrnehmung: 24 Prozent der Mütter sagen, sie hätten im Lockdown Kinderbetreuung alleine gestemmt – unter den Vätern sagen dies nur fünf Prozent
  • Politik sollte finanzielle Anreize für mehr Geschlechtergerechtigkeit bei Aufteilung von Sorgearbeit setzen

Im März 2020 wurden im Zuge der Corona-Pandemie zum ersten Mal Kitas und Schulen in ganz Deutschland geschlossen. Zwar konnten Kita-Kinder und SchülerInnen nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 nach und nach wieder vor Ort betreut und beschult werden, eine Rückkehr zur Normalität gab es in den meisten Kitas und Schulen aber nicht – oder sie war nur von kurzer Dauer, bevor es zum zweiten Lockdown kam. Viele Eltern mit jungen Kindern müssen wegen dieser Einschränkungen – häufig neben ihrer Erwerbstätigkeit – die Betreuung und in Teilen auch die Bildung ihrer Kinder mehr oder weniger selbst gewährleisten. Eine Auswertung von DIW-ForscherInnen im Frühjahr 2020 hat gezeigt, dass in zwei Dritteln aller Familien mit Kindern bis zwölf Jahren der alleinerziehende Elternteil oder beide Elternteile erwerbstätig sind – das entspricht mehr als vier Millionen Haushalten.info Diese Familien sind in besonderer Weise von den Kita- und Schulschließungen betroffen. Vielfach können sie selbst auf die Betreuung durch die Großeltern als Notfalloption nicht zurückgreifen, um diese in der Pandemie keinem erhöhten Infektionsrisiko auszusetzen.info

Wie Eltern die wegfallende Bildung und Betreuung tatsächlich gewährleisten und wie sich die zusätzliche Sorgearbeit auf Mütter und Väter verteilt, ist ein in Politik, Medien und Wissenschaft viel diskutiertes Thema. Bereits im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 wurde einerseits die Befürchtung geäußert, dass Mütter die Hauptlast der zusätzlichen Bildungs- und Betreuungsaufgaben übernehmen müssten und sie daher überdurchschnittlich stark von den Maßnahmen zum Infektionsschutz betroffen seien. In diesem Zusammenhang wurde häufig von einer Retraditionalisierung der Geschlechterrollen gesprochen.info Auf der anderen Seite wurde – auch von Seiten der Wissenschaft – auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Schließung von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen dazu beitragen könnte, die Beteiligung von Vätern an der Kinderbetreuung und Hausarbeit zu steigern und damit mittelfristig einen Wandel der sozialen Normen herbeizuführen.info

Letztlich ist es eine empirische Frage, wie sich Eltern die zusätzlichen Aufgaben aufgeteilt haben. Dabei geht es neben Kinderbetreuung auch um Hausarbeit, die zum Beispiel Kochen, Putzen und andere Arbeiten umfasst, die nun in einem größeren Umfang anfallen, da die Kinder und viele Eltern mehr Zeit zu Hause verbringen.

Die vollständige Publikation finden Sie hier.

Die Corona-Krise stellt erwerbstätige Frauen und Männer zum Teil vor die gleichen Herausforderungen, teilweise sind sie aber auch unterschiedlich von den Folgen der Pandemie betroffen. Dadurch dürften sich bei der Datenlage zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland für das Corona-Jahr 2020 ambivalente Muster ergeben: Scheinbare kurzfristige Fortschritte beim Gender Pay Gap treffen auf möglicherweise dauerhafte Verschlechterungen der Arbeitszeit-Situation von erwerbstätigen Frauen. In einigen Familien verfestigt sich die traditionelle Verteilung der unbezahlten Kinderbetreuung, in anderen eröffnen sich aber auch neue Chancen für eine fairere Aufteilung. Das ergibt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Im Vorfeld des Internationalen Frauentags am 8. März beleuchtet sie neueste geschlechtsspezifische Trends bei Einkommen, Erwerbsarbeitszeiten und dem Anteil an unbezahlter Sorgearbeit.

So finden die WSI-Forscherinnen Dr. Yvonne Lott und Dr. Aline Zucco erste Indizien dafür, dass der Gender Pay Gap, also der Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen, durch die Krise etwas kleiner geworden sein könnte. Das hat allerdings wenig mit Verbesserungen bei den Fraueneinkommen zu tun, sondern damit, dass in der ersten Welle der Pandemie mehr Männer als Frauen arbeitslos geworden sind und in Kurzarbeit arbeiten mussten, weshalb Männer-Einkommen im Mittel stärker unter Druck geraten sind. Dieser Effekt könnte sich zudem mittlerweile umkehren, zumindest war die Arbeitsmarktentwicklung für Frauen im Januar 2021 schlechter als bei Männern. Außerdem erhalten verheiratete Frauen durch das Ehegattensplitting bei Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit häufig niedrigere Sozialleistungen, was ihre Einkommen schmälert.

Gleichzeitig nimmt der Rückstand von Frauen bei der durchschnittlichen Erwerbsarbeitszeit (Gender Time Gap) Pandemie-bedingt zu, auch weil vor allem Mütter ihre Arbeitszeit im Job reduzieren, um bei geschlossenen Schulen und Kitas Kinder zu betreuen. Es besteht die Gefahr, dass ein Teil dieser Arbeitszeitreduzierungen auch nach Ende der akuten Krise nicht zurückgenommen werden kann, falls Arbeitgeber an einer Aufstockung der Arbeitszeit kein Interesse haben. Die Corona-Krise offenbart neben solchen Risiken aber auch ein Potenzial für mehr Geschlechtergleichheit: Während sich bei rund 75 Prozent der Familien die (meist vorwiegend von den Frauen übernommene) Verteilung der Kinderbetreuung während des Jahres 2020 nicht veränderte und sich in manchen Familien die traditionelle Arbeitsteilung zumindest zeitweise vertiefte, haben innerhalb der letzten 12 Monate auch etliche Väter durch kürzere Arbeitszeiten oder Homeoffice mehr Zeit mit Sorgearbeit verbracht.

„In der Gesamtschau spricht vieles dafür, dass sich die bereits vor der Krise existierenden Ungleichheitsstrukturen in der Krise verschärfen und damit auch langfristig zu einer wachsenden Ungleichheit zwischen den Geschlechtern führen könnten, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird“, fasst Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, die aktuellen Trends zusammen. Dafür macht die neue Studie Vorschläge, die von Verbesserungen bei der Kinderbetreuung über Reformen der Ehegattenbesteuerung bis zu neuen Modellen verkürzter Vollzeit reichen. Denn: „Gleichzeitig können wir durch die Erfahrungen der Krise lernen, welche Faktoren eine egalitäre Verteilung der Sorgearbeit ermöglichen: mehr Arbeit im Homeoffice und ein geringeres Arbeitszeitvolumen sind wichtige Säulen einer gerechteren Geschlechterordnung“, so Kohlrausch.

Da zu Einkommen oder Arbeitszeiten im Corona-Jahr 2020 derzeit noch keine Daten der amtlichen Statistik vorliegen, werten die Gender-Expertinnen Lott und Zucco für ihre Untersuchung neben dem aktuellen internationalen Forschungsstand auch die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung intensiv aus. Dafür wurden erstmalig im April 2020 mehr als 7600 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online befragt. Weitere Befragungswellen richteten sich im Juni und im November 2020 an dieselben Personen, so dass Trends im Zeitverlauf analysiert werden können. Die Panel-Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

Die Ergebnisse im Einzelnen finden Sie hier.

Die Ergebnisse der AWO Online-Kampagne 2020 für gute Ganztagsangebote für Grundschulkinder ab 2025 sind dokumentiert.

Der AWO Bundesverband hat eine Online-Dokumentation zusammengestellt, in der alle Fachartikel, Pressemeldungen aber auch zusätzlich entstandene Interviews zum Thema der Online-Kampagne „Ganztagsbetreuung. Ganz schnell? Ganz gut?!“ veröffentlicht sind. Die Leserin und der Leser erhalten einen guten Einblick in die Vielfalt und Qualität der Fragen, die für einen Rechtsanspruch auf eine gute Ganztagsbetreuung relevant sind. 

Am 23. Juli 2020 startete die sechswöchige, bundesweite AWO Online-Kampagne „Guter Ganztag. Ganz schnell? Ganz gut?!“ mit einer „Gemeinsamen Erklärung“ mit GEW, Diakonie und DRK. Mit dieser Aktion war die Absicht verbunden, bundesweit breite Fachkreise für das Thema „Qualität im Rechtsanspruch auf Ganztags-betreuung“ zu sensibilisieren. 

Über sechs Wochen hinweg stellte die AWO gemeinsam mit vielen Kolleg*innen und Expert*innen aus Verbänden, Organisationen und Institutionen das Thema „Rechtsanspruch auf einen guten Ganztag“ in den Mittelpunkt der Kampagne. „Mit sieben (Video-)Statements, acht Pressemitteilungen, elf Blog-Artikeln und insgesamt 43 Beiträgen sowie beispielhaften Aktivitäten aus AWO Verbandsgliederungen können wir zum Schluss der Kampagne mit Stolz sagen: Die AWO bekennt sich zu einem guten Ganztag und kann dies auch benennen!“

Die Online-Dokumentation finden Sie hier.

  1. Angesichts der schwierigen Lage, in der sich junge Menschen aufgrund der Corona-Pandemie und des Lockdowns in vielen Fällen befinden, erscheint die Untersagung wesentlicher Teile der Jugendarbeit nicht verhältnismäßig. Im Hinblick darauf, dass es möglich ist, auf vielfältige Weise präsenz- bzw. kontaktlose Angebote zu unterbreiten, ist ein solches Verbot zur Verhinderung der Verbreitung der Pandemie nicht erforderlich.
  2. Eine Beschränkung auf präsenz- bzw. kontaktlose Angebote der Jugendarbeit erscheint auch bei hohen Infektionszahlen ausreichend, um mögliche Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung durch die Angebote auszuschließen. Sinken die Infektionszahlen, ist auch die Möglichkeit einer Durchführung von aufsuchender Arbeit sowie von Präsenzangeboten mit beschränkter Teilnehmerzahl unter Abstands- und Hygieneauflagen zu prüfen.
  3. Zudem ist der Verordnungsgeber bei dem Erlass von Schutzmaßnahmen gehalten, das aus dem Rechtsstaatsgebot gemäß Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Gebot der Normenbestimmtheit und der Normenklarheit zu beachten. Das bedeutet, dass die Betroffenen imstande sein müssen, die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung zu erkennen, damit sie ihr Verhalten danach ausrichten können.

Die vollständige Gutachten finden Sie hier.

Das Netzwerk Evangelischer und Katholischer Eltern-Kind-Gruppen in Deutschland (NEKED) hat kürzlich die Arbeitshilfe „Eltern-Kind-Gruppen gehen online – Wie geht das?“ veröffentlicht. Anhand vieler praktischer Beispiele zeigt die Broschüre Wege auf, wie digitale Angebote für Eltern mit Kindern bis drei Jahren und digitale Elternabende konzipiert und umgesetzt werden können. Denn derzeit können Eltern und Kindern keine Angebote vor Ort gemacht werden, obwohl junge Familien doch gerade jetzt Beratung und Begleitung benötigen: Wen kann ich fragen? Mit wem kann ich mich austauschen? Wo erfahre ich Unterstützung? Die eaf als Teil des NEKED-Netzwerks möchte die Leiter/innen in der Eltern-Kind-Arbeit und die Familien ermutigen, neue Wege zu gehen und online-Formate zu nutzen.

„Vor einem Jahr schien es für viele noch unvorstellbar, eine Eltern-Kind-Gruppe online durchzuführen. Aber die Praxis in unseren vielen Familienbildungsstätten hat gezeigt: Es geht, und zwar sehr gut. Ich freue mich sehr, dass die Erfahrungen und das Fachwissen aus dem Netzwerk nun als Arbeitshilfe auch einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden kann. Davon werden sicherlich viele Kursleiter/innen und mit ihnen viele Familien profitieren,“ so Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf.

Eltern-Kind-Gruppen als Herzstück der Familienbildung sind ein geeigneter Ort zur Stärkung der Elternkompetenzen und Eltern-Kind-Bindung. Sie bieten Begleitung, Bildung, Orientierung, Impulse zur religiösen Sozialisation und dienen der Entwicklungsförderung, sowie der Gesundheitsprävention. Die Eltern profitieren von dem Informations- und Erfahrungsaustausch, dem Gemeinschaftserlebnis und der Netzwerkbildung. Sie erfahren Entlastung und Selbstvergewisserung für den Familienalltag.

Download Arbeitshilfe „Eltern-Kind-Gruppen gehen online – Wie geht das?“

Viele Anregungen und praktische Beispiele stehen auch als Video auf dem YouTube-Kanal des Forums Familienbildung zur Verfügung.

In Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflege werden erste Grundsteine für demokratische Bildung gelegt. „Kinderrechte, Demokratiebildung und Partizipation sollten daher fester Bestandteil des pädagogischen Alltags sein…“ – so der 16. Kinder- und Jugendbericht 2020 (BMFSFJ, S. 16).

Was bedeutet dies konkret? Wie sind diese Rechte entstanden und welche Bedeutung haben sie heute? Welche Verantwortung haben Träger und Einrichtungen gegenüber der Gesellschaft? Was hat das „Bild vom Kind“ mit Kinderrechten zu tun und welche Bedeutung hat die Beziehung zwischen Pädagog*innen und Kindern? Diesen und weiteren Fragen gehen die einzelnen Beiträge der zweisprachigen Broschüre aus unterschiedlichen Perspektiven nach – bis hin zu einem konkreten Beispiel zur Umsetzung in einer Berliner Kindertageseinrichtung.

Die Broschüre liegt zweisprachig vor und kann hier bestellt werden.

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 03/2021

SCHWERPUNKT I: 9. Familienbericht

Bundesfamilienministerin legt Kabinett den 9. Familienbericht vor

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 03.03.2021

Zur Vorstellung des Familienberichts der Bundesregierung erklärt Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder und Familienpolitik:

Die Kernelemente des Familienberichts bringen keine grundsätzliche Neuerung. Ob Kindergrundsicherung, Betreuungsangebote, Ehegattensplittung oder Minijobs: Hier sind die Herausforderungen und Instrumente bekannt. Hier hat aber das seit sieben Jahren sozialdemokratisch geführte Bundesfamilienministerium viel zu wenig erreicht. Kein Wunder, dass Ministerin Giffey die heutige Vorstellung eher als Wahlkampfauftakt nutzt und unverbindliche Zukunftsversprechungen macht.

Das Armutsrisiko von Kindern und Familien, besonders Alleinerziehenden, ist beschämend hoch, trotz jahrelang wirtschaftlich guter Zeiten. Statt eine echte Neusortierung der Familienförderung anzugehen, hat die Regierung mehr schlecht als recht an etlichen Stellen herumgedoktert. Es ist daher kein bisschen überzeugend, wenn Ministerin Giffey nun die Kindergelderhöhungen von insgesamt 25 Euro oder auch gewisse Verbesserungen beim Kinderzuschlag als Erfolg verkaufen will. Der von der SPD artikulierte Einsatz für eine Kindergrundsicherung kommt Jahre zu spät.

Natürlich ist es schwer, gegen den Willen der Union das Ende des Ehegattensplittings einzuläuten. Aber noch im letzten Bundestagswahlkampf hatte die SPD das auch gar nicht vor. Sie hatte daher auch keine echten Ambitionen, hier im Sinne des Familienberichts zu agieren. Eine Abkehr von Minijobs, wie sie im Familienbericht vorgeschlagen wird, ist auch nach vielen Jahren eines SPD-geführten Bundesarbeitsministeriums in weiter Ferne. Und in punkto Vereinbarkeit muss man sagen: Das Gute-Kita-Gesetz hat klare Schwächen und eine längere Finanzierung steht in den Sternen. Die Verhandlungen mit den Ländern zur Schulkinderbetreuung stehen auf der Kippe. Bei der Schaffung bezahlbaren Wohnraums, so im Bericht gefordert, sind die Beiträge der Bundesregierung wirkungslos geblie ben.

Abschließend ist festzuhalten, dass eine ganze Reihe der Kommissionsvorschläge Belange von Ländern und Kommunen betreffen. Hier ist überaus fraglich, an welchen Stellen Bundesprogramme tatsächlich das Mittel der Wahl sein sollten.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 03.03.2021

„Kinderarmut muss endlich effektiv bekämpft werden. Dazu braucht es eine Kindergrundsicherung, die alle Kinder wirksam vor Armut schützt. Das sollte in einem reichen Land wie Deutschland selbstverständlich sein. Die Corona-Pandemie hat die soziale Lage in vielen Familien verschärft. Es muss endlich politisch gehandelt werden, um einer sozialen Katastrophe entgegenzuwirken. Denn Armut hat ganz konkrete Auswirkungen auf die Gesundheit, die Bildung und die Entwicklung von Kindern“, erklärt Katrin Werner, familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den heute vorgestellten Neunten Familienbericht. Werner weiter:

„Die partnerschaftliche Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit in den Familien muss besser unterstützt werden. Zwölf Monate Elterngeld pro Elternteil, die nicht übertragbar sind, wären dazu ein Anfang. Zudem braucht es einen zusätzlichen Elternschutz von zehn Tagen bezahlter Freistellung für den zweiten Elternteil nach der Geburt des Kindes. Mit dem Elternschutz wird eine partnerschaftliche Aufteilung von Sorgearbeit in der Familie von Anfang an unterstützt, und Eltern erhalten einen Schonraum, um sich ganz auf den Nachwuchs und sich konzentrieren zu können.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 03.03.2021

SCHWERPUNKT II: Sozialschutz-Paket III + Kinderbonus

Bundeskabinett beschließt Formulierungshilfe für das Sozialschutz-Paket III

Das Bundeskabinett hat heute die Formulierungshilfen für die Regierungsfraktionen zu einem Entwurf für ein Sozialschutz-Paket III beschlossen. Damit sollen sowohl der Corona-Zuschlag für Leistungsberechtigte der Grundsicherungssysteme als auch weitere Maßnahmen gesetzlich festgelegt werden, die die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie für besonders hilfsbedürftige Menschen abmildern. Der Entwurf wird nun durch die Koalitionsfraktionen in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Das Gesetz soll am 1. April 2021 in Kraft treten.

Die Corona-Pandemie ist für die Menschen in unserem Land eine enorme Belastung. Besonders hilfsbedürftige Menschen werden durch die lang andauernden Maßnahmen besonders hart getroffen und brauchen jetzt konkrete Unterstützung. Mit kostenlosen FFP2-Masken und der Kostenübernahme für digitale Endgeräte dort, wo die Schulen diese nicht zur Verfügung stellen, sind konkrete Maßnahmen für viele Betroffene in die Wege geleitet. Darüber hinaus stärken wir jetzt mit dem Sozialschutz-Paket III den Sozialstaat in der Pandemie weiter. Mit dem Corona-Zuschlag von 150 Euro mildern wir die Belastungen der lang anhaltenden Maßnahmen für Menschen ab, die Grundsicherung beziehen. Wir verlängern den vereinfachten Zugang zur Grundsicherung und nehmen den Menschen die Sorgen vor dem Verlust der Wohnung oder des Ersparten. Diese und die weiteren Maßnahmen des Sozialschutz-Pakets unterstützen Menschen konkret, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind. Das ist wichtig, um den sozialen Zusammenhalt in unserem Land zu stärken.

BUNDESMINISTER FÜR ARBEIT UND SOZIALES, HUBERTUS HEIL

Das Sozialschutz-Paket III sieht insbesondere folgende Maßnahmen vor:

  • Die Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro erhalten alle erwachsenen Personen, die im Monat Mai 2021 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) haben, leistungsberechtigt nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII) sowie nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sind oder ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt als fürsorgerische Leistung der Sozialen Entschädigung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) beziehen. Erwachsene Leistungsberechtigte im SGB II und SGB XII in der Regelbedarfsstufe 3 erhalten die Einmalzahlung, sofern ein etwaig gezahltes Kindergeld und somit auch der Kinderbonus nicht von ihren Eltern an sie weitergeleitet wird.
  • Die Verlängerung des vereinfachten Zugangs zu den Grundsicherungssystemen stellt sicher, dass diejenigen, die weiterhin unter den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie leiden, auch künftig möglichst einfach und schnell die nötige Unterstützung erhalten. Daher werden die im SGB II, SGB XII, BVG und Bundeskindergeldgesetz (BKGG) getroffenen Sonderregelungen bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Im Einzelnen betrifft das die befristete Aussetzung der Berücksichtigung von Vermögen bis zu 60.000 Euro für das erste, zuzüglich 30.000 Euro für jedes weitere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft und eine befristete Anerkennung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als angemessen. Das gilt auch für die erleichterte Vermögensprüfung beim Kinderzuschlag.
  • Die Schließungen der Schulen und sozialen Einrichtungen führen zum Wegfall der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung, die daher individuell sichergestellt werden muss. Die Regelungen im SGB II, dem SGB XII und dem BVG zur Kostenerstattung für die Mittagsverpflegung inklusive der Lieferkosten werden bis 30. Juni 2021 verlängert.
  • Soziale Dienstleister und Einrichtungen der Fürsorge in Deutschland sollen weiterhin finanziell unterstützt werden, damit sie nicht in ihrem Bestand gefährdet sind. Der Sicherstellungsauftrag der öffentlichen Hand für die sozialen Dienstleister und Einrichtungen, die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern und anderen Gesetzen erbringen, wird bis zum 30. Juni 2021 verlängert.
  • Für Versicherte nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz wird geregelt, dass ein Unterschreiten des mindestens erforderlichen Jahreseinkommens von 3.900 Euro auch im Jahr 2021 keine negativen Auswirkungen auf den Versicherungsschutz in der Künstlersozialversicherung hat.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 09.02.2021

Kinderbonus, Corona-Zuschuss oder auch der verlängerte erleichterte Zugang zur Grundsicherung sollen jenen helfen, durch die Krise zu kommen, die es am nötigsten haben.

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 26.02.2021

Mit dem Sozialschutzpaket III verlängern wir wichtige sozialpolitische Maßnahmen und stemmen uns gegen soziale Notlagen während der Pandemie

Der Deutsche Bundestag hat am heutigen Freitag das Sozialschutzpaket III beschlossen. Dazu erklärt der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Weiß:

„Viele Menschen haben aufgrund der sozialen und wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie weiterhin finanzielle Sorgen. Wir lassen diese Menschen nicht im Stich und halten weitere zusätzliche finanzielle Unterstützungen für geboten. Daher haben wir im Deutschen Bundestag mit dem Sozialschutzpaket III eine Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro für erwachsene Leistungsberechtigte der sozialen Mindestsicherungssysteme beschlossen.

Darüber hinaus wird der vereinfachte Zugang in die Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie die erleichterte Vermögensprüfung beim Bezug von Kinderzuschlag bis Ende des Jahres 2021 verlängert. So kann die notwendige finanzielle Unterstützung weiterhin einfacher und schneller an die Betroffenen, die derzeit ihren Lebensunterhalt nicht eigenständig bestreiten können, geleistet werden.

Auch Schulen, Kitas und Werkstätten für Behinderte sind weiter teilweise geschlossen. Eine Verlängerung der Sonderregelung für Hilfebedürftige zur gemeinschaftlichen Mittagsversorgung bis zum 30. Juni 2021 war damit notwendig.

Als weitergehende Unterstützung für Kreativ- und Kunstschaffenden wird die jährliche Mindesteinkommensgrenze von 3.900 Euro im Künstlersozialversicherungsgesetz auch für das Jahr 2021 ausgesetzt und das Rettungs- und Zukunftsprogramm „Neustart Kultur“ noch einmal um 1 Mrd. Euro auf jetzt 2 Mrd. Euro aufgestockt.

Soziale Dienstleister und Einrichtungen der Fürsorge in Deutschland sollen auch weiterhin in ihrem Bestand gesichert und finanziell unterstützt werden. Der Sicherstellungsauftrag der öffentlichen Hand für die sozialen Dienstleister und Einrichtungen, die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern und anderen Gesetzen erbringen, wird daher bis zum 30. Juni 2021 verlängert.

Unser Ziel in dieser Krise ist und bleibt es, die Menschen zu unterstützen, die ohnehin bedürftig sind, aber auch vor allem die Menschen, die wegen der Corona-Pandemie unverschuldet vor Existenzproblemen stehen. Wir stärken das soziale Sicherungsnetz, auf das sich die Menschen in unserem Land verlassen können.“ 

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 26.02.2021

2./3. Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD

Gesetz zur Regelung einer Einmalzahlung der Grundsicherungssysteme an erwachsene Leistungsberechtigte und zur Verlängerung des erleichterten Zugangs zu sozialer Sicherung und zur Änderung des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes aus Anlass der COVID-19-Pandemie (Sozialschutz-Paket III)

Die im Gesetzespaket vorgesehene Einmalzahlung an Leistungsempfänger*innen in den sozialen Mindestsicherungssystemen ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Betrag reicht nicht aus, um die Mehrkosten einzudämmen, die durch die Pandemie entstehen und entstanden sind. Deswegen bleiben wir dabei und fordern für die Dauer der Pandemie einen Corona-Zuschlag, der monatlich ausbezahlt werden soll. Erwachsene in der Grundsicherung, der Sozialhilfe und im Asylbewerberleistungsgesetz sollen jeden Monat 100 Euro erhalten und Kinder sollen 60 Euro ausgezahlt bekommen.
Wir kritisieren auch, dass die von der Bundesregierung vorgenommenen Änderungen in der Grundsicherung nichts an den strukturellen Problemen ändern. Hierzu haben wir kürzlich mit unserem Garantiesicherungskonzept Vorschläge gemacht. Zum Beispiel ist der Regelsatz viel zu niedrig, die Sanktionen sind unmenschlich, die Bedarfsgemeinschaft schafft Abhängigkeiten und die Hinzuverdienstregelungen sind zu restriktiv.
Außerdem können wir überhaupt nicht nachzuvollziehen, dass das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) nur bis zum 30. Juni 2021 gelten wird, obwohl absehbar ist, dass die Pandemie länger dauern wird. Deswegen fordern wir die Verlängerung des SodEG bis zum 31.12.2021. So könnte den sozialen Dienstleistern eine verlässliche Perspektive geboten werden, die sie auch dringend brauchen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 24.02.2021

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat dem Gesetzentwurf (19/26542) der Koalitionsfraktionen für das Sozialschutzpaket III zugestimmt. Mit dem Paket wollen CDU/CSU und SPD Menschen, die Grundsicherung beziehen, während der Corona-Pandemie erneut entlasten. Es beinhaltet auch Erleichterungen für soziale Dienstleister. Der Entwurf wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Fraktionen von AfD, FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Geändert wurde der Entwurf vor allem hinsichtlich der Dauer der geplanten Verlängerungen, die nun vielfach zum einen an die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite gekoppelt beziehungsweise längstens bis 31. Dezember 2021 verlängert wurden. Dies hatten zahlreiche Experten in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses am Montag vorgeschlagen.

Der Entwurf sieht zum einen vor, den erleichterten Zugang in die Grundsicherungssysteme sowie die erleichterte Vermögensprüfung beim Kinderzuschlag bis zum 31. Dezember 2021 zu verlängern. Außerdem werden die Sonderregeln zu den Bedarfen für gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Schulen, Kitas und Werkstätten für behinderte Menschen längstens bis Ende des Jahres verlängert.

Erwachsene Leistungsberechtigte der sozialen Mindestsicherungssysteme erhalten eine einmalige finanzielle Unterstützung in Höhe von 150 Euro je Person für das erste Halbjahr 2021.

Auch der besondere Sicherstellungsauftrag nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) ist aktuell bis zum 31. März 2021 befristet. „Der Bestand der sozialen Infrastruktur ist jedoch aufgrund des ungewissen Verlaufs der COVID-19-Pandemie und der bundesweit ergriffenen Infektionsschutzmaßnahmen weiterhin gefährdet.“ Geändert wurde der Ursprungsentwurf dahingehend, dass der Sicherstellungsauftrag nicht schon am 31. März, sondern erst nach Aufhebung der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite beziehungsweise am 31. Dezember 2021 endet.

Zur Abmilderung der erheblichen negativen wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie für Versicherte wie für abgabepflichtige Unternehmen wird im Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) geregelt, dass ein Unterschreiten des für eine Versicherung mindestens erforderlichen Jahreseinkommens von 3.900 Euro auch im Jahr 2021 keine negativen Auswirkungen auf den Versicherungsschutz in der Künstlersozialversicherung hat.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 235 vom 24.02.2021

Der Finanzausschuss hat das Dritte Corona-Steuerhilfegesetz beschlossen. In einer Sitzung des Ausschusses am Mittwoch unter Leitung der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) stimmten die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD sowie die Fraktionen der AfD und der FDP dem Entwurf eines dritten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (19/26544) in geänderter Form zu. Die Fraktionen von Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich.

Mit dem Gesetz soll Familien, Gaststätten und Gewerbe, die krisenbedingt Verluste machen, geholfen werden. Familien sollen 2021 einen einmaligen Kinderbonus von 150 Euro für jedes kindergeldberechtigte Kind bekommen. Für Gaststätten soll der bereits geltende ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Speisen über den 30. Juni hinaus bis Ende 2022 verlängert werden. Getränke bleiben davon ausgenommen. Für Unternehmen und Selbständige soll der steuerliche Verlustrücktrag für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 auf zehn Millionen Euro angehoben werden, bei Zusammenveranlagung auf zwanzig Millionen Euro. Dies soll auch beim vorläufigen Verlustrücktrag gelten.

Angenommen wurde mit dem Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie der Fraktionen von AfD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen ein Änderungsantrag von CDU/CSU und SPD, wonach auch der vorläufige Verlustrücktrag für 2021 bei der Steuerfestsetzung für 2020 berücksichtigt wird.

Die CDU/CSU-Fraktion erklärte in der Aussprache, mit den Maßnahmen des Gesetzes setze die Koalition die massive Entlastung in der Krise fort. Durch die Anpassungen auch beim vorläufigen Verlustrücktrag werde vorzeitig Liquidität in die Unternehmen gehen.

Die SPD-Fraktion erklärte, dass die Ausweitung des Verlustrücktrags, so wie er jetzt sei, eine kluge Ergänzung sei. In der verlängerten Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in der Gastronomie sehe man die Chance für eine Beschleunigung des Wachstums der Branche, sobald die Krise zum Ende komme.

Die AfD-Fraktion übte Kritik. Echte, wirksame Hilfe finde durch das Gesetzespaket nicht statt. Vor allem beim Verlustrücktrag sei eine stärkere zeitliche Ausweitung nötig, um Unternehmen zu helfen. Das sei unverständlich, da sich nahezu alle Sachverständigen in der Anhörung zum Gesetzentwurf dafür ausgesprochen hätten.

Auch die FDP-Fraktion kritisierte, dass die Regelung zum Verlustrücktrag, was Betrag und Zeitraum angehe, nicht weiter gefasst wurde. Die Anrechnung des Kinderbonus auf den Kinderfreibetrag sei richtig im Sinne des sorgsamen Umgangs mit Steuermitteln, damit besser situierte Familien nicht profitierten. Das Gesetz sei insgesamt relativ unambitioniert.

Die Fraktion Die Linke übte grundsätzliche Kritik. Es sei keine gute Idee, in der Krise mit Steuer-Entlastungen zu reagieren. Direkte Fördermaßnahmen seien der bessere Weg. Der Kinderbonus sei mit 150 Euro viel zu gering und müsse verstetigt werden.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen äußerte sich kritisch zur verlängerten Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in der Gastronomie. Diese sei zu einseitig, Direkthilfen seien zudem wichtiger. Den Verlustrücktragszeitraum müsse man auf vier Jahre erweitern, um Liquidität zu schaffen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 233 vom 24.02.2021

Die Mehrheit der Sachverständigen hat das Dritte Corona-Steuerhilfegesetz der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und der SPD positiv bewertet. Im Mittelpunkt der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag unter Leitung der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) standen die Ausweitung des Verlustrücktrags für Unternehmen für 2020 und 2021, die verlängerte Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in der Gastronomie und der Kinderbonus. Nahezu alle Sachverständigen sprachen sich für eine Ausweitung der geplanten Regelung zum Verlustrücktrag aus. Ein Teil der Sachverständigen empfahl eine Verdoppelung des Kinderbonus auf 300 Euro pro Kind. Kontrovers diskutierten die Sachverständigen die Pläne zum ermäßigten Umsatzsteuersatz in der Gastronomie.

Marius Clemens vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) führte aus, dass das erneute Aufflammen der Corona-Pandemie dem Wirtschaftsaufschwung zu Beginn des Jahres 2021 einen Dämpfer versetze. Er lobte daher die geplanten Maßnahmen, die sich bereits nach dem ersten Lockdown bewährt hätten und sich damit auch in die bereits existierende Gesamtkomposition des Konjunkturprogramms einbetten würden.

Sylvia Mein vom Deutschen Steuerberaterverband (DStV) lobte die geplante erneute Ausweitung der Verlustverrechnung. Sie habe sich als das maßgebliche, branchenübergreifende Hilfsinstrument für Unternehmen in der Krise erwiesen. Die erneute Anhebung der Betragsgrenzen für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 im Rahmen des Verlustrücktrags stufte sie als einen richtigen Schritt zur Stärkung der Liquidität ein, was großen Unternehmen zugute komme.

Kritisch bewertete sie, dass der Rücktragszeitraum nicht ausgeweitet würde, was für kleine und mittlere Unternehmen sehr ungünstig sei. Bei diesen herrsche weiter Liquiditätsnot. Sie empfahl „dringend“, den Rücktragszeitraum um drei Jahre auszuweiten.

Ähnlich argumentierte die Sachverständige Deborah Schanz vom Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre der Ludwig-Maximilians-Universität München, zur Ausweitung des Verlustrücktrags. Da es sich dabei um einen Stundungseffekt handele, stelle der Rücktrag für sie die mit Abstand beste Regelung sowohl aus fiskalischer Sicht als auch als Hilfsmaßnahme dar. Sie begrüßte die Ausweitung des Höchstbetrags. Ihrer Ansicht nach sollte er der Höhe nach nochmals erweitert werden. Auch sie plädierte dafür, den Rücktragszeitraum um drei Jahre auszuweiten.

Ebenso argumentierte der Sachverständige des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Bertram Kawlath. Er betonte, wie wichtig das Instrument für seine Branche sei. Sie helfe Unternehmen, die gute Geschäfte gemacht hatten, welche ausschließlich krisenbedingt gestört worden seien. Der Maschinenbau brauche das Instrument, weil nach der Krise insbesondere die Anlagenbauer erheblich vorfinanzieren müssten, sie seien auf die Möglichkeit, Gewinne und Verluste periodenübergreifend verrechnen zu können, besonders angewiesen.

Christopher Ludwig vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung lenkte den Blick auf die Mindestbesteuerung und plädierte dafür, diese für Krisenverluste auszusetzen.

Als lediglich „noch vertretbar“ hatte dagegen Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG) in seiner schriftlichen Stellungnahme die Ausweitung des Rücktrags bezeichnet. Forderungen nach einer stärkeren Ausweitung des Rücktrags bewertete er als finanziell nicht darstellbar. Aus Sicht der Praxis wies er auf eine zu erwartende vermehrte Arbeitsbelastung hin, weil durch die vorläufige und dann endgültige Berechnung die Fälle mehrfach in die Hand genommen werden müssten.

Die Sachverständige Deborah Schanz lobte den Doppeleffekt des Kinderbonus. Zum einen helfe der Bonus Familien in schwieriger Lage. Andererseits bewirke er einen Konjunktur-Impuls, der sehr hoch eingeschätzt werde. Dazu helfe der Bonus gezielt Haushalten mit niedrigem bis mittleren Einkommen, weil er auf den Kinderfreibetrag angerechnet werde. Sie sprach sich angesichts der hohen Lasten der Familien in der Corona-Krise für eine Anhebung des Betrags auf 300 Euro aus.

Der DSTG-Sachverständige Thomas Eigenthaler hielt den geplanten Betrag von 150 Euro pro Kind ebenso für zu gering. Der Betrag sei unverständlich, da die Belastungen der Familien nach dem abermaligen Lockdown härter seien als im Jahr 2020, in dem der Kinder-Bonus 300 Euro betragen hätte. Er plädierte für eine Auszahlung von zwei Mal 150 Euro.

Der Sachverständige des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Raoul Didier, schloss sich der Forderung an und plädierte dafür, sicherzustellen, dass der Kinderbonus möglichst zielgenau dort ankomme, wo die Kinder ihren Lebensmittelpunkt haben, wenn sie nicht mit beiden Eltern im gemeinsamen Haushalt lebten. Er forderte die Bundesregierung auf, bis zur Auszahlung eine gesetzliche Regelung dazu umzusetzen.

Ingrid Hartges vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) schilderte die aus ihrer Sicht schwierige Situation der Branche und der getränkelastigen Betriebe. Sie erklärte die Erwartungshaltung der Gastronomen, dass Getränke unter die Regelung des verminderten Umsatzsteuersatzes fallen sollen.

Kritisch äußerte sich dazu Marius Clemens (DIW). Die Umsatzsteuerermäßigung in der Gastronomie werde zu keinen wesentlichen Konjunktureffekten führen, anders als bei einer generellen Mehrwertsteuersenkung. Die Daten zeigten zudem, dass die Senkung nicht an die Haushalte weiter gegeben werde.

Ähnlich argumentierte die Sachverständige Mein vom Deutschen Steuerberater-Verband. Mit der Verlängerung des reduzierten Steuersatzes würden zusätzliche Steuer-Mindereinnahmen wegen bestimmter Branchen in Kauf genommen, ohne Konjunkturimpulse zu setzen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 222 vom 23.02.2021

Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen für das Sozialschutz-Paket III wird von einer Mehrheit der Experten begrüßt. Insbesondere Wohlfahrtsverbände forderten jedoch gleichzeitig Nachbesserungen für einkommensschwache Haushalte, die nicht im Grundsicherungsbezug sind. Arbeitgebervertreter warnten davor, die erleichterten Zugangsbedingungen für die Grundsicherung über das Ende der Corona-Pandemie hinaus zu verstetigen. Das wurde in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag deutlich.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 220 vom 22.02.2021

Heute wird das Sozialschutz-Paket III verabschiedet. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Natürlich ist es begrüßenswert, dass die Bundesregierung mit dem Sozialschutz-Paket III die sozialen Folgen der Pandemie erneut in den Blick nimmt. Neben der Verlängerung bereits bestehender Regelungen – dem SodEG, dem erleichterten Zugang zu existenzsichernden Leistungen und der Sonderregelung zur Mittagsverpflegung – werden mit der Einmalzahlung von 150 Euro nunmehr auch von der Politik die finanziellen Mehraufwendungen von Leistungsberechtigten der sozialen Mindestsicherung anerkannt.

Allerdings bleibt aus Sicht der AWO diese Einmalzahlung weit hinter den pandemiebedingt zusätzlich anfallenden Bedarfen der Betroffenen zurück. Diese bestehen schon seit fast einem Jahr, ohne dass im Regelsatz dafür ausreichend Mittel vorgesehen sind. Dazu kommt, dass durch die Kopplung an den Leistungsbezug im Mai weitere Menschen durchs Raster fallen werden. Wir setzen uns daher nach wie vor für eine monatliche Sonderzahlung ein.

Um die soziale Infrastruktur weiterhin verlässlich abzusichern, braucht es zudem mehr Planungssicherheit beim SodEG. Auch wenn hier noch einmal nachgebessert wurde und eine Verlängerungsoption bis zum Jahresende besteht, gibt es de facto bisher nur volle Planungssicherheit bis Ende Juni 2021.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 26.02.2021

Mit Blick auf den bevorstehenden Beschluss des Sozialschutzpakets III im Bundestag sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, am Freitag in Berlin:

„Wer aktuell Hartz IV bezieht, etwa Soloselbständige und Beschäftigte in Kurzarbeit mit kleinem Verdienst, kann sich jetzt weiterhin darauf verlassen, dass seine Ersparnisse geschützt sind und die Wohnkosten erstattet werden. Damit kann das Sozialschutzpaket für eine Vielzahl der Menschen das Risiko des sozialen Abstiegs vermindern. Aber eben nicht für alle:

Völlig absurd ist, dass CDU und CSU den Geringverdienenden die Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro verweigern – nach Ansicht der Union sollen nur die in der Grundsicherung diese Leistung bekommen. Das ignoriert komplett, dass Menschen mit geringen Einkünften ebenso hart von Krisenmehrkosten betroffen sind. Die Union handelt damit nicht nur unsozial, sondern sendet auch ein komplett falsches Signal an Beschäftigte im Niedriglohnbereich. Ihre Not spielt offenbar für CDU und CSU keine Rolle.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 26.02.2021

Zum Sozialschutzpaket III, das am morgigen Freitag im Bundestag beschlossen werden soll, erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Vom großen Sozialschutzpaket III wird bei Menschen, die Hartz-IV beziehen, nur ein kleines Almosen ankommen. Der einmalige 150 Euro Corona-Zuschlag reicht bei weitem nicht aus, um die finanziellen Mehrbelastungen seit Beginn der Pandemie aufzufangen. Das sind 10 Euro im Monat, mit denen fehlende Sonderangebote, geschlossene Tafeln oder Kosten für mehr Hygieneartikel kompensiert werden sollen. Für bedürftige Kinder fallen seit Beginn der Kontaktbeschränkungen allein 67,50 Euro monatlich für Mittagessen in Schule und Hort faktisch weg, während Kosten für Homeschooling hinzugekommen sind.

Während große Unternehmen mit Milliardenhilfen bedacht werden, hat sich für die Ärmsten in der Pandemie das Leben am Rande des Existenzminimums verschärft.

Statt Almosen brauchen sie mindestens einen verlässlichen Krisenzuschlag von monatlich 100 Euro pro Person für die Dauer der Pandemie.

Deutschland braucht endlich eine ganzheitliche Strategie zur Armutsbekämpfung anstelle ab und zu Almosen. Eine engagierte und auf Dauer angelegte Sozialpolitik, die Armut vorsorgend bekämpft und in Bildung und Teilhabe investiert – das wäre echter Sozialschutz.“

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 25.02.2021

Eine Mehrheit der Bevölkerung (54 %) hält die von der Bundesregierung geplante Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro für Grundsicherungsbeziehende, die heute im Bundestag beschlossen werden soll, für nicht ausreichend.  Dies ergibt eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Paritätischen Gesamtverbandes. 68 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Menschen mit geringen Einkommen in der Corona-Krise bisher insgesamt von der Bundesregierung nicht ausreichend unterstützt werden, im Gegensatz zu beispielsweise Großkonzernen, die finanzielle Umsatzverluste erlitten haben. Mit einer kreativen Protestaktion vor dem Reichstag wird ein Bündnis von fast 50 Organisationen, darunter Campact, Paritätischer und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, heute gegen die unzureichende Nothilfe für die Ärmsten in der Corona-Pandemie demonstrieren. Die Organisationen fordern eine zügige Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro sowie für die Dauer der Krise eine monatliche Zusatzzahlung von 100 Euro.

Die große Mehrheit der Befragten (62 %) geht nicht davon aus, dass die in Hartz IV und Grundsicherung im Alter, bei Erwerbsminderung und im Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehenen Regelsätze ausreichen, um den alltäglichen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Im Durchschnitt liegt das als nötig erachtete Budget mit 573 Euro pro Monat um fast 30 Prozent über dem, was alleinlebenden Grundsicherungsbeziehenden derzeit tatsächlich regierungsamtlich zugestanden wird (446 Euro). Der durch die Befragten im Durchschnitt für Ernährung veranschlagte Bedarf liegt mit 289 Euro im Monat fast doppelt so hoch wie der Betrag, den die Bundesregierung in ihrem Regelsatz rechnerisch für Ernährung als ausreichend erachtet. Die notwendigen Ausgaben für Körperpflegeprodukte werden von den Befragten gleich fast dreimal so hoch wie von den Statistiker*innen der Bundesregierung veranschlagt.

 „Das Krisenmanagement der Bundesregierung ist ein armutspolitisches Trauerspiel. Die Einmalhilfe ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

„Kein Geld für schnelles Internet im Homeschooling, kein Geld für die Reparatur der Waschmaschine, kein Geld für frisches Obst und Gemüse – die Ärmsten leiden doppelt unter Lockdown und knapper Kasse. Mit den Regelsätzen und ohne Unterstützung in der Krise zementiert die Regierung Armut bis in die nächsten Generationen. 150 Euro mehr: das ist lächerlich!”, so Christoph Bautz, geschäftsführender Vorstand Campact.

Der Online-Appell “Corona trifft Arme extra hart – Soforthilfen jetzt!” wird unterstützt von Campact, Paritätischem Gesamtverband, Diakonie Deutschland, Sozialverband VdK, Deutscher Kinderschutzbund, Attac, foodwatch und dem Deutschen Mieterbund sowie 40 weiteren bundesweiten Organisationen. Der Appell wurde inzwischen von über 134.000 Menschen unterschrieben.

Unter dem Motto “Keine halben Sachen” werden die Organisationen heute um 11.30 Uhr halbierte Gegenstände von der halben Matratze, über halbe Staubsauger und halbe Kinderwagen bis zur halben Kommode auf der Reichstagswiese aufstellen, um gegen die unzureichende Nothilfe für die Ärmsten in der Corona-Pandemie zu demonstrieren. Der Termin eignet sich auch für die Rundfunk- und Bildberichterstattung.

Die repräsentative Umfrage wurde vom 12. bis 18. Februar 2021 vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Paritätischen Gesamtverbands durchgeführt. Insgesamt wurden 1.003 Personen über 18 Jahre befragt.

Sie finden die Umfrage hier: https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/coronahilfen-reichen-nicht-einschaetzungen-der-bevoelkerung-zu-kosten-des-taeglichen-lebensunterhalts/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 26.02.2021

Der Bundestag hat heute einen Kinderbonus in Höhe von 150 Euro beschlossen, um Familien in der Corona-Krise zu entlasten. „Alleinerziehende sind enttäuscht, dass unterm Strich wieder nur der halbe Bonus bei ihnen ankommt, wenn das Kind Unterhalt erhält“, kritisiert Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV). Unterhaltszahlende Elternteile können die Hälfte des Kinderbonus für sich beanspruchen, selbst wenn sie sich angesichts geschlossener Schulen und Kitas kaum oder gar nicht um die Betreuung ihres Kindes kümmern und keine Mehrkosten haben.

 

„Halber Kinderbonus trotz doppelter Belastung sorgt bei Alleinerziehenden für viel Unverständnis und Empörung. Nur wenige Alleinerziehende sind in der glücklichen Situation, dass der andere Elternteil die fehlende Kinderbetreuung mit ausgleicht“, erläutert Jaspers. Laut einer Elternbefragung aus 2020 blieb bei Alleinerziehenden die Aufteilung der Betreuung mit 73 Prozent stabil, bei 18 Prozent wurde sie ungleicher und bei lediglich 9 Prozent weniger ungleich. Deshalb hat der VAMV einen vollen Kinderbonus für Alleinerziehende gefordert, so dass er voll dort zur Verfügung stehen kann, wo er gebraucht wird: am Lebensmittelpunkt des Kindes, da hier die Kosten für das Kind entstehen. Fürs Wechselmodell schlägt der VAMV eine hälftige Verteilung des Kinderbonus in den paritätisch betreuenden Haushalten vor. „Dass die Bundeskanzlerin im Familiendialog in Aussicht gestellt hatte, mit der Familienministerin über diese hälftige Aufteilung des Kinderbonus zu sprechen, hatte Alleinerziehenden Hoffnung auf eine gerechte Ausgestaltung gemacht“, betont Jaspers.

 

„Positiv ist dagegen, dass der Kinderbonus im Gegensatz zum Kindergeld weder auf den Unterhaltsvorschuss noch auf SGB II-Leistungen angerechnet wird“, erläutert Jaspers.

 

Da der Kinderbonus als einmalige Erhöhung des Kindesgelds umgesetzt ist, greift auch hier die hälftige Aufteilung zwischen getrennten Eltern. Der Kinderbonus hat aber einen ganz anderen Zweck als das Kindergeld: die anhaltenden Belastungen aufgrund der Corona-Pandemie aufzufangen und so die Konjunktur anzukurbeln. Der VAMV hat bereits 2020 einen Formulierungsvorschlag vorgelegt, mit dem der Kinderbonus voll bei Alleinerziehenden ankommen kann, ohne das Unterhaltsrecht grundlegend ändern zu müssen.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 26.02.2021

SCHWERPUNKT III: Corona-Krise

Mit Angaben zu ihren Arbeits- und Lebensbedingungen während der Pandemie können Menschen in ganz Europa zur Bewältigung der Krise beitragen.

Die Corona-Pandemie hat weitreichende Auswirkungen auf die Lebensqualität und die Arbeit der Menschen. Eine europaweite Online-Befragung soll dies näher beleuchten: Die Menschen in ganz Europa können in einem kurzen Fragebogen ihre Arbeits- und Lebensbedingungen während der Pandemie einschätzen. Hiermit lassen sich wertvolle Hinweise für die Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen gewinnen. Deshalb ist auch in Deutschland eine lebhafte Teilnahme wichtig.

In den ersten beiden Befragungsrunden gingen im vergangenen Jahr insgesamt über 90.000 Antworten ein. Die nun gestartete dritte Runde läuft bis zum 29. März 2021. Der Fragebogen ist auch in deutscher Sprache erreichbar unter eurofound.link/survey002.

Durchgeführt wird die Befragung durch die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound). Diese Agentur der Europäischen Union (EU) hat den Auftrag, Fachwissen zur Unterstützung der Erarbeitung besserer sozial-, beschäftigungs- und arbeitspolitischer Strategien bereitzustellen. Die Bundesregierung wird im Verwaltungsrat von Eurofound durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vertreten. Nähere Informationen finden sich unter www.eurofound.europa.eu/de.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 17.02.2021

„Die Härten der Covid-19-Krise treffen Frauen auf zahllosen Ebenen heftiger“, sagte Doris Achelwilm in ihrer Rede zum Antrag der Fraktion. Es reiche nicht, Geschlechterfragen in der Krisenpolitik nur symbolisch als Bonus mitzudenken. Die Fraktion fordert einen Aktionsplan, um geschlechtsspezifische Kriseneffekte auf Frauen zu überwinden.

Rede lesen und sehen

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 25.02.2021

„Der aktuelle EFI-Bericht betont zu Recht wieder die Bedeutung sozialer Innovationen. Gerade die Corona-Krise wirft zahlreiche Fragen auf, die sich nicht rein technisch oder medizinisch lösen lassen, sondern sich darauf beziehen, wie wir arbeiten, kommunizieren, Familien- und Berufsleben in Einklang bringen und vieles mehr. Die Schwierigkeiten bei der Formulierung praktikabler Strategien zum Umgang mit der Pandemie bieten einen reichhaltigen Fundus an Forschungsgegenständen, die schnellstens bearbeitet werden sollten. Offensichtlich ist aber, dass die digitale Infrastruktur stark ausgebaut und verbessert werden muss. Die bisherigen Strategien der Bundesregierung waren hier nicht ausreichend“, erklärt Petra Sitte, forschungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zum aktuellen Jahresbericht der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI). Petra Sitte weiter:

„Die staatliche Förderung der Forschung an Corona-Impfstoffen hat im vergangenen Jahr rasch Ergebnisse hervorgebracht, auch weil sie großzügig bemessen war. Angesichts der anhaltenden Probleme mit der Produktion und Verteilung der Impfstoffe ist die Bundesregierung aber gefordert, auch in diesem Bereich den Forschungshorizont zu erweitern und das Zusammenspiel staatlicher und gewinnorientierter privater Akteure in den Fokus zu nehmen. Die gesellschaftlichen Auswirkungen medizinischer Forschung – oder deren Unterlassung – müssen künftig besser eingeschätzt und gestaltet werden, denn die Forschung zu wichtigen, aber nicht profitablen Medikamenten, einschließlich solcher gegen Corona-Viren, kommt in der Regel zu kurz.

Zu begrüßen ist der sachliche und wenig alarmistische Umgang der EFI mit der wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit China. Leider bislang erfolglos fordert sie seit Jahren ein zentrales Kompetenzenzzentrum China, das Informationen sammelt und sachkundig Kenntnisse über das fernöstliche Land verbreitet.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 24.02.2021

„Kinder müssen leider draußen bleiben“, hieß es zu Zeiten des ersten Lockdowns noch an vielen Ladentüren. Auch wenn sich dieser Umstand an den meisten Orten mittlerweile gebessert hat: Es bleibt dabei, Kinder und Jugendliche und vor allem ihre Interessen sind von den Entscheidungsprozessen ausgeschlossen. Noch nicht einmal das Bundesfamilienministerium hatte einen Sitz im Corona-Krisenkabinett. 

Man muss auch kein Zyniker sein, um zu bemerken, dass die im zweiten Lockdown lang durchgehaltene Öffnung von KiTas und Schulen eher auf die Interessen der Wirtschaft zurückzuführen ist und nicht etwa in Orientierung am Kindeswohl.

Meine Zeit als Vorsitzender der Kinderkommission habe ich genutzt, um diese Leerstelle zumindest ansatzweise zu füllen. In acht Sitzungen berieten uns erwachsene und jugendliche Expertinnen und Experten über die derzeit zu beobachtenden Auswirkungen. Beteiligt an den schwierigen Entscheidungen wurden Kinder und Jugendliche so gut wie nie. Gerade in Krisensituationen wird der Kreis der Entscheiderinnen und Entscheidern oft klein gehalten, meist mit dem Verweis auf eine schnellere Abstimmungsfähigkeit. Mit diesem Argument wurde übrigens auch eine Mitbestimmung durch das Parlament lange Zeit ausgespart.

Doch genau umgekehrt wird ein Schuh draus: Erst wenn alle sich widerstreitenden Interessen zumindest bekannt sind, können sie gegeneinander abgewogen werden. Sind sie im Moment der Entscheidungsfindung nicht bekannt, muss später nachjustiert werden – ein deutlich ineffizienterer Weg. Dies gilt im Kleinen wie im Großen. Vor Ort heißt das zum Beispiel, mit den Stammbesucherinnen und -besuchern einer Freizeiteinrichtung gemeinsam abzuwägen, wie mobile Jugendarbeit möglichst kontaktarm ablaufen kann. Als Politik haben wir dann im Großen die Aufgabe, aus der Sammlung der vielen Einzelerfahrungen Richtlinien zu formulieren. Letzteres ist in den vergangenen Monaten und Monaten mitnichten passiert, sodass wir nach einem Jahr genauso schlau sind wie vorher. Denn während die Bundesregierung es mit Müh und Not schafft, Wirtschafts- und Gesundheitsinteressen miteinander in Einklang zu bringen, fallen die übrigen Belange eines solidarischen Miteinanders hinten runter.

Als Fraktion DIE LINKE fordern wir seit Beginn der Krise einen vom Kanzleramt ausgerichteten Kindergipfel, um die mannigfaltigen Lagen der Jüngsten sichtbar zu machen. Auch das ist mit Sicherheit nicht der Weisheit letzter Schluss, wenn es um eine nachhaltige Beteiligung junger Menschen gehen soll. Dafür braucht es einen langen Atem und ernsthaftes Interesse. Über beides scheint die Bundesregierung nicht zu verfügen, wie auch im jüngsten Gesetzentwurf für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz sichtbar wird. Als Fraktion DIE LINKE werden wir weiterhin an der Seite der Schwächsten und Leisesten der Gesellschaft stehen, ihnen unsere Stimmen leihen und ihr Gehörtwerden einfordern. 


Hier mehr erfahren:

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 15.02.2021

Die FDP-Fraktion spricht sich für ein pandemiegerechtes Öffnungskonzept für den Bereich der frühkindlichen Bildung aus. In einem Antrag (19/26780) fordert sie die Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Bundesländern und den Kommunen sowohl eine Analyse der Gesundheitssituation der Fachkräfte in der frühkindlichen Bildung als auch der Gesundheitsrisiken von Fachkräften und Kindern sowie zu Hygienekonzepten zu initiieren. Aufgrund der Ergebnisse dieser Analysen soll dann ein Expertenrat bestehend aus Praktikern der frühkindlichen Bildung, Kinderpsychologen, Pädiatern, Elternvertretern, Arbeitsschutzexperten, Epidemiologen sowie Vertretern von Ländern und Kommen gebildet werden, der Konzepte für verschiedene Pandemieszenarien entwickelt. Diese müssten sowohl dem Gesundheitsschutz der Fachkräfte als auch dem Entwicklungs- und Bildungsbedarf der Kinder Rechnung tragen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 242 vom 25.02.2021

Verbände fordern praktikable Lösungen für die Ansprüche auf Kinderkrankengeld und Verdienstausfallentschädigung in der Corona-Pandemie und darüber hinaus. Die in der Coronakrise veränderten Regelungen seien teilweise zu bürokratisch oder entsprächen nicht der Lebenswirklichkeit, kritisierten die Experten am Mittwoch in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages über Reformvorschläge der Fraktionen Die Linke (19/22496) und Bündnis 90/Die Grünen (19/22501). Die Sachverständigen äußerten sich in schriftlichen Stellungnahmen.

Nach Ansicht der Linksfraktion sollten der Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung wie auch die finanzielle Absicherung der Betreuung erkrankter Kinder im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) eigenständig geregelt werden. Der Krankengeldanspruch gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen sollte entfristet werden.

Die Grünen-Fraktion schlägt in ihrem Antrag vor, den Kinderkrankengeldanspruch von Eltern bis zum Ende der Corona-Pandemie auf jährlich 20 Tage pro Kind und Elternteil und nach Ende der Pandemie auf jährlich 15 Tage pro Kind und Elternteil anzuheben. Bei Alleinerziehenden sollte der Anspruch auf 40 beziehungsweise 30 Tage pro Kind erhöht werden. Die Altersgrenze der Kinder sollte ferner von zwölf auf 14 Jahre angehoben werden.

Der Verband alleinerziehender Müller und Väter (VAMV) erklärte, der Zweck, Familien mit kranken Kindern finanziell zu unterstützen, werde für Alleinerziehende mit dem Kinderkrankengeld häufig nicht ausreichend erreicht. Mit den Anspruchsvoraussetzungen werde die Lebensrealität vieler Familien nur unzureichend berücksichtigt. Daher werde die Anhebung der Altersgrenze auf 14 Jahre, eine Staffelung des Anspruchs auf Kinderkrankentage nach Kindesalter und die Einführung einer Lohnfortzahlung bei Krankheit eines Kindes im EntgFG ausdrücklich unterstützt.

Nach Ansicht des Verbandes der Gründer und Selbstständigen sind in der Pandemie alle Familien gleichermaßen durch geschlossene Schulen und Kitas betroffen. Erwerbstätige Eltern sollten daher im gleichen Maße unterstützt werden, zumal das Corona-Kinderkrankengeld aus Steuermitteln finanziert werde. Tatsächlich werde aber einem Teil der Familien die Unterstützung vorenthalten. Besonders betroffen seien Familien von Freiberuflern und Selbstständigen.

Für gesetzlich Versicherte gebe es eine unbürokratische und großzügige Entschädigung, anderen erwerbstätigen Eltern ohne Anspruch auf Kinderkrankengeld bleibe nur der Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung. Die Vergabepraxis sei aber restriktiv.

Der Arbeitgeberverband BDA forderte eine bessere Handhabung der Regelungen. Entschädigungsansprüche nach Paragraf 56 IfSG müssten ebenso praktikabel und unbürokratisch einsetzbar sein wie die Vorgaben für das Kinderkrankengeld. Daran mangele es jedoch. Bislang müsse der Arbeitgeber die Anspruchsberechtigung seines Mitarbeiters im Erstattungsverfahren darlegen. Viele Firmen kämpften anschließend um die Rückerstattung der Vorausleistungen.

Der DGB warnte vor den finanziellen Auswirkungen einer Leistungsausweitung und empfahl, die Finanzlage der GKV über das Jahr 2021 hinaus zu berücksichtigen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 237 vom 24.02.2021

Für die Entwicklung der Kinderarmut in der Corona-Krise interessiert sich die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (19/26657). Sie fragt die Bundesregierung unter anderem nach der Situation von Einrichtungen frühkindlicher Bildung und Betreuung und nach der Zahl der Kinder, deren Eltern Arbeitslosengeld I oder II beziehen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 213 vom 22.02.2021

Fast zwei Monate des zweiten harten Lockdowns haben deutliche Spuren im Leben vieler Familien in Deutschland hinterlassen. Das zeigen aktuelle Analysen auf Basis von Daten von infratest dimap zu den Sorgen und der Zufriedenheit von Eltern. Im Vergleich zum Lockdown „light“ im November ist besonders die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung gesunken, aber auch die Zufriedenheit mit dem Familienleben und dem Leben allgemein. Mütter weisen in dieser Situation wie schon im ersten Lockdown im Frühjahr vergangenen Jahres ein geringeres Wohlbefinden auf als Väter. Auch Faktoren wie die Bildung der Eltern und das Haushaltseinkommen machen einen Unterschied. Eltern, die sich große Sorgen um die Bildung ihrer Kinder machen, sorgen sich auch um deren Gesundheit. Während die Kita- und Schulschließungen einerseits mit Blick auf die Gesundheit eher positiv bewertet werden, sorgen sie andererseits mit Blick auf die Bildung der Kinder für eine geringere Zufriedenheit. Umso dringlicher erscheinen gut durchdachte Konzepte, die beiden Aspekten gerecht werden und somit Kinder und Eltern mit ihren Sorgen in den Fokus nehmen.

Analysen für den ersten Lockdown im Frühjahr 2020 und die Zeit danach haben gezeigt, dass Kita- und Schulschließungen das Wohlbefinden von Eltern vielfach signifikant beeinträchtigen.info Insbesondere die Zufriedenheit mit dem Familienleben war bei Müttern mit Kindern im Kita-Alter gesunken – ebenso die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung. Wie sieht es mit der Zufriedenheit und den Sorgen von Eltern mit Kindern unter 16 Jahren in den vergangenen Wochen während des zweiten Lockdowns aus? Diese und weiterführende Fragen können anhand einer aktuellen Befragung von Eltern zum Jahresanfang 2021 beantwortet werden.

Die folgenden Analysen basieren auf den im Zeitraum vom 7. Januar bis 2. Februar 2021 erhobenen Daten der CoronaCOMPASS-Studie von infratest dimap. Dabei werden täglich 250 bis 350 in Deutschland wahlberechtigte Personen online befragt. Insgesamt enthalten die Analysen Angaben von 1 376 Müttern und Vätern mit Kindern unter 16 Jahren im Haushalt.info Auf der Basis dieses Datensatzes erstellt das DIW Berlin in Kooperation mit infratest dimap auch den FamilienMonitor_Corona, der hochaktuell über das Wohlbefinden und die Sorgen von Müttern und Vätern während der Pandemie berichtet.info Die hier dargestellten Analysen gehen über die im FamilienMonitor_Corona berichteten Befunde hinaus und vertiefen diese.

Neben den Sorgen von Individuen ist das individuelle Wohlbefinden auch in der Ökonomie eine zentrale Untersuchungsgröße, da es nicht nur als alternatives Maß zur Messung der Wohlfahrt einer Volkswirtschaft herangezogen wird, sondern unter anderem auch einen wesentlichen Beitrag für ein gelungenes Familienleben, die Entwicklung von Kindern und der Stabilität von Partnerschaften leistet. Ein hohes individuelles Wohlbefinden hängt auch wesentlich mit der Bereitschaft zusammen, einschränkende Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus mitzutragen.info

Eltern sorgen sich derzeit insbesondere um die Bildung ihrer Kinder

Im Januar dieses Jahres sorgten sich etwa 90 Prozent der Eltern um die Bildung und die wirtschaftliche Zukunft ihrer Kinder beziehungsweise ihres Kindes. Um die Gesundheit des Kindes machten sich etwa 80 Prozent große oder einige Sorgen, während sich nur jedes dritte Elternteil um die eigene wirtschaftliche Situation große Sorgen und 48 Prozent einige Sorgen machten.

Sorgen um die Bildung gehen mit Sorgen um die Gesundheit einher

In der öffentlichen Diskussion wird häufig die Sorge um die Gesundheit der Sorge um die Bildung der Kinder gegenübergestellt und als „Entweder-oder“ dargestellt. Tatsächlich gehen diese Sorgen aber meist Hand in Hand: Von den Eltern, die sich große Sorgen um die Bildung ihrer Kinder machen, sind auch mehr als die Hälfte sehr um die Gesundheit ihrer Kinder besorgt. Weitere 37 Prozent machen sich einige Sorgen. Unter Eltern mit einigen Sorgen um die Bildung der Kinder macht sich eine Mehrheit auch einige Sorgen um die Gesundheit der Kinder. Wenn Eltern angeben, sich keine Sorgen um die Bildung der Kinder zu machen, machen sie sich auch vermehrt keine oder nur einige Sorgen um die Gesundheit der Kinder.

Mütter machen sich mehr Sorgen als Väter

Welche Eltern machen sich nun in besonderem Maße Sorgen? Für die Analyse wird neben den sozioökonomischen Merkmalen und dem Alter des jüngsten Kindes im Haushalt auch die Kontrollüberzeugung des Elternteils, das an der COMPASS-Erhebung teilgenommen hat, als Persönlichkeitsmerkmal herangezogen. Das Konzept der Kontrollüberzeugung ermöglicht es zu untersuchen, inwiefern sich Menschen, die glauben ihr Leben eher selbst bestimmen zu können, weniger sorgen. Darüber hinaus werden subjektive Einstellungen gegenüber einer Erwerbstätigkeit von Müttern betrachtet.info Diese ermöglicht es, Befragte einem eher traditionellen oder emanzipatorisch egalitären Rollenverständnis zuzuordnen.

Die Ergebnisse zeigen, dass Mütter sich noch mehr als Väter um die Bildung, die wirtschaftliche Zukunft und die Gesundheit der Kinder sorgen. Eltern mit einem Abitur und einem höheren Haushaltseinkommen machen sich weniger Sorgen in diesen Bereichen. Das könnte daran liegen, dass sie auch bei (teil-)geschlossenen Kitas und Schulen ihren Kindern eher ein Bildungs- und Betreuungsumfeld bereitstellen können, das zumindest teilweise Bildungseinrichtungen ersetzen kann. Im Vergleich zu Eltern von älteren Schulkindern sorgen sich Eltern von Kindern im Kita-Alter weniger um die Bildung ihrer Kinder und tendenziell auch etwas weniger um deren Gesundheit, obwohl diese Differenzen nicht statistisch signifikant sind. Eine größere internale Kontrollüberzeugung reduziert die Sorgen nicht statistisch signifikant. Ein eher egalitäres Rollenverständnis geht mit etwas geringeren Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft und Gesundheit des Kindes einher.

Betrachtet man die Sorgen von Eltern um ihre eigene wirtschaftliche Situation, zeigt sich ein differenziertes Bild: Die Sorgen betreffen Mütter und Väter gleichermaßen, sind aber weniger ausgeprägt bei Eltern mit Abitur, höherem Haushaltseinkommen und einem egalitäreren Rollenverständnis. Bei Eltern von jüngeren Kindern gibt es tendenziell größere Sorgen, diese Unterschiede zu Eltern mit älteren Kindern sind aber statistisch nicht signifikant.

Mütter und Väter sind insbesondere mit Kinderbetreuung unzufrieden

Betrachtet man die Zufriedenheit von Müttern und Vätern in verschiedenen Bereichen, zeichnet sich auf Basis der Befragungsdaten vom Januar 2021 ein differenziertes Bild ab. Die Zufriedenheit, gemessen auf einer 11er-Likert-Skala (0 = „ganz und gar unzufrieden“ bis 10 = „ganz und gar zufrieden“), liegt bei der Kinderbetreuung bei fast 5. Die Zufriedenheit mit dem Familienleben liegt bei 7, mit der Wohnsituation bei 7,4 und mit dem Leben im Allgemeinen bei 6,8 Punkten.

Gegenüber der Situation im November 2020, also der Zeit des Lockdown „light“, in der unter anderem Kitas und Schulen, aber auch der Einzelhandel zunächst geöffnet blieben, ist die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung deutlich zurückgegangen. Auch im Bereich des Familienlebens und des Lebens allgemein sind signifikante Rückgänge in der Zufriedenheit im Vergleich zum November 2020 zu beobachten. Dies verdeutlichen auch weitere Analysen der Zufriedenheit im Verlauf der Pandemie. Sie werden im FamilienMonitor_Corona, der eine größere zeitliche Entwicklung der Veränderungen in unterschiedlichen Zufriedenheitsbereichen von Müttern und Vätern darstellt, erfasst. Gegenüber den Werten kurz nach dem ersten Lockdown im Jahr 2020 hat sich die Zufriedenheit mit dem Leben im Allgemeinen noch weiter verschlechtert – die Zufriedenheit mit dem Familienleben ist mit 7,0 damals wie heute deutlich geringer als zur Zeit vor der Pandemie.

Zufriedenheit von Eltern unterscheidet sich unter anderem nach Bildung und Einkommen

Die Zufriedenheit in den unterschiedlichen Bereichen variiert deutlich nach sozioökonomischen Merkmalen und dem Alter der Kinder im Haushalt. Die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung ist bei Müttern geringer als bei Vätern (allerdings nicht im statistischen Sinne signifikant) und Haushalten mit jüngeren Kindern. Ein höheres Haushaltseinkommen und eine stärkere internale Kontrollüberzeugung gehen mit höheren Zufriedenheitswerten einher. Auch die Zufriedenheit mit dem Familienleben und der Wohnsituation ist eher geringer für Mütter als für Väter. Weiterhin weisen Eltern mit höherem Haushaltseinkommen, einem egalitäreren Rollenbild und einer größeren internalen Kontrollüberzeugung höhere Zufriedenheitswerte beim Familienleben und der Wohnung auf. Hervorzuheben ist außerdem, dass die Zufriedenheit mit der Wohnung während des Lockdowns deutlich niedriger ist, wenn Kinder im Kita-Alter im Haushalt leben.

Die allgemeine Lebenszufriedenheit ist höher für Eltern aus einkommensstärkeren Haushalten und Eltern mit einer höheren internalen Kontrollüberzeugung. Auch solche mit einem Kita-Kind sind in diesem Bereich zufriedener. Insgesamt zeigt sich, dass die Zufriedenheit in den unterschiedlichen Bereichen sehr viel eher als die Sorgen mit der Persönlichkeit der Befragten und auch ihren Einstellungen zusammenhängen.

Wer sich sehr um Gesundheit des Kindes sorgt, ist mit Kinderbetreuung zufriedener

Abschließend wird betrachtet, wie die oben beschriebenen Sorgen von Eltern mit dem aktuellen Wohlbefinden, also der Zufriedenheit in unterschiedlichen Bereichen, zusammenhängen. Die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung ist im aktuellen Lockdown mit umfangreichen Kita- und Schulschließungen deutlich höher bei Eltern, die sich große Sorgen um die Gesundheit ihrer Kinder machen. Das könnte darauf zurückgeführt werden, dass aufgrund der (Teil-)Schließungen von Kitas und Schulen das Infektionsrisiko in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen geringer ist.

Daneben gehen große Sorgen um die Bildung und wirtschaftliche Zukunft der Kinder auch mit einer geringeren Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung einher. Das deutet darauf hin, dass Eltern bewusst wahrnehmen, dass die veränderte Bildungs- und Betreuungssituation das Lernen im Kita- und Schulkontext nicht für alle folgenlos ersetzen kann und somit bildungspolitische Ziele auf der einen Seite sowie gesundheitspolitische Ziele auf der anderen Seite – und beide sind Eltern wichtig – in der Pandemie schwer zu vereinbaren sind.

Sorgen um die Bildung und Zukunft der Kinder hängen auch mit der Familienzufriedenheit zusammen, nicht aber Sorgen um die Gesundheit des Kindes. Wer sich Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation macht, der ist auch mit dem Familienleben deutlich unzufriedener. Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation zeigen auch einen Zusammenhang mit der Wohnzufriedenheit: Je größer diese Sorgen, umso unzufriedener sind die Befragten mit ihrer Wohnsituation. Bemerkenswert ist, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit mit der Wohnsituation und den Sorgen um die Kinder in unterschiedlichen Bereichen gibt. Dieser Befund überrascht, da davon ausgegangen werden kann, dass eine subjektiv empfundene bessere Wohnsituation die Herausforderungen von Home-Kita und Home-Schooling leichter bewältigbar macht.

Schließlich wird auch bei der Zufriedenheit mit dem Leben allgemein ersichtlich, dass Sorgen um die Bildung und Zukunft der Kinder auf der einen Seite und Sorgen um deren Gesundheit vor dem Hintergrund geschlossener Kitas und Schulen einen Zielkonflikt im Wohlbefinden von Eltern darstellen können. Während Eltern mit großen Sorgen um die Gesundheit der Kinder im aktuellen Lockdown tendenziell eine höhere Lebenszufriedenheit aufweisen, ist sie geringer, wenn Eltern sich verstärkt um die Bildung und insbesondere die wirtschaftliche Zukunft ihrer Kinder sorgen.

Fazit: Sorgen und Wohlbefinden von Eltern bei Pandemiebekämpfung stärker berücksichtigen

Die Analysen auf Basis aktueller Daten zu Sorgen und Wohlbefinden von Eltern nach fast zwei Monaten Lockdown zeigen, dass Eltern sich gleichermaßen um die Gesundheit und die Bildung ihrer Kinder sorgen – Bildung und Gesundheit werden also beide als zentral für Kinder erachtet.

Das Wohlbefinden der Eltern ist im Januar gegenüber den Werten vom November vergangenen Jahres – also zur Zeit des Lockdown „light“ – deutlich gesunken: insbesondere die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung, aber auch mit dem Familienleben und dem Leben insgesamt. Dies belegt empirisch, wie bereits für die Zeit des ersten Lockdowns, dass die Kita- und Schulschließungen für viele Familien eine sehr große Belastung darstellen. (Teil-)Geschlossene Kitas werden mit Blick auf die Gesundheit der Kinder zwar positiv bewertet, führen mit Blick auf die Bildung und wirtschaftliche Zukunft der Kinder aber auch zu Unzufriedenheit aufseiten der Eltern. Insgesamt ist die Lebenszufriedenheit von Müttern stärker beeinträchtigt, was auch mit Blick auf die Entwicklung von Kindern ein Befund ist, der nicht vernachlässigt werden darf. Auch hier zeigt sich, dass ressourcenstärkere Haushalte mehr Möglichkeiten haben und im Mittel zufriedener sind.

In jedem Fall sollten die Sorgen von Eltern und auch ihr Wohlbefinden bei der Beurteilung von Maßnahmen zur weiteren Eindämmung der Pandemie mit einbezogen werden, da sie mit nachhaltigen Folgen für Familien und Kinder einhergehen. Deswegen sind empirische Befunde, die zeitnah über die Sorgen und Zufriedenheiten der Betroffenen berichten, sehr bedeutend. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil die Zustimmung zum Corona-Krisenmanagement seit Dezember deutlich rückläufig ist und die Akzeptanz der Maßnahmen hinter der vom Frühjahr 2020 liegt. Die Belastungen von Familien, vor allem mit Blick auf Bildungs- und Betreuungsangebote, sind dabei von zentraler Relevanz. Der FamilienMonitor_Corona wird dazu auch in der nächsten Zeit aktuelle empirische Befunde und Einschätzungen liefern.

Abstract

Fast zwei Monate des zweiten harten Lockdowns haben deutliche Spuren im Leben vieler Familien in Deutschland hinterlassen. Das zeigen aktuelle Analysen auf Basis von Daten von infratest dimap zu den Sorgen und der Zufriedenheit von Eltern. Im Vergleich zum Lockdown „light“ im November ist besonders die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung gesunken, aber auch die Zufriedenheit mit dem Familienleben und dem Leben allgemein. Mütter weisen in dieser Situation wie schon im ersten Lockdown im Frühjahr vergangenen Jahres ein geringeres Wohlbefinden auf als Väter. Auch Faktoren wie die Bildung der Eltern und das Haushaltseinkommen machen einen Unterschied. Eltern, die sich große Sorgen um die Bildung ihrer Kinder machen, sorgen sich auch um deren Gesundheit. Während die Kita- und Schulschließungen einerseits mit Blick auf die Gesundheit eher positiv bewertet werden, sorgen sie andererseits mit Blick auf die Bildung der Kinder für eine geringere Zufriedenheit. Umso dringlicher erscheinen gut durchdachte Konzepte, die beiden Aspekten gerecht werden und somit Kinder und Eltern mit ihren Sorgen in den Fokus nehmen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) vom 17.02.2021

Die Coronavirus-Pandemie hat den Alltag von Familien in Deutschland vollkommen verändert. Wie sich Kita- und Schul- Schließungen sowie stark eingeschränkte Kontakte im Frühjahr 2020 auf das Familienklima sowie das Wohlbefinden der Kinder auswirkte und was ihnen dabei half, mit den Veränderungen zurechtzukommen, zeigen die Ergebnisse der Studie „Kind sein in Zeiten von Corona“ des Deutschen Jugendinstituts (DJI).

Besonders viele Kinder aus finanziell belasteten Familien fühlen sich einsam

Für einige Kinder ist die Pandemie mit Gefühlen der Einsamkeit verbunden: Mehr als ein Viertel (27 Prozent) der befragten Eltern stimmten der Aussage eher oder ganz zu, dass sich ihr Kind während des ersten Lockdowns einsam fühlte. In Familien mit schwieriger finanzieller Lage traf dies auf noch weit mehr Kinder zu: Unter ihnen fühlten sich den Angaben der Eltern nach fast die Hälfte (48 Prozent) einsam gegenüber 21 Prozent der Kinder aus Familien, die mit ihrem Einkommen gut leben können. Auch mit emotionalen Problemen wie Niedergeschlagenheit, Ängste und Sorgen sowie mit Hyperaktivität haben mehr Kinder aus finanziell schlechter gestellten Familien zu kämpfen (44 Prozent vs. 18 Prozent // 39 vs. 18 Prozent) – und zwar umso mehr, je angespannter die Eltern ihre wirtschaftliche Situation empfinden.

Was hilft, ist der Kontakt zu Bezugspersonen in Kita und Schule

Die Studienergebnisse machen deutlich, was zu einer guten Krisen-Bewältigung betragen kann: Der Anteil der Kinder, die mit der Situation gut zurechtkamen, war unter denjenigen höher, die Geschwister zum Spielen und zum Aufmuntern haben (70 vs. 66 Prozent) und bei denjenigen, die in regelmäßigen Kontakt mit ihren Großeltern standen (71 vs. 56 Prozent). Unter den Kindern in der Sekundarstufe hatten diejenigen Vorteile, die mit Freunden (70 vs. 66 Prozent) und Lehrkräften (73 vs. 64 Prozent) im Austausch blieben. Alle Kinder und Jugendlichen fühlten sich durch häufige Kontakte zu pädagogischen Fachkräften und Lehrkräften zudem weniger einsam (20 vs. 35 Prozent). Das zeigen die Einschätzungen der Eltern ebenso wie die der Kinder und Jugendlichen selbst. Vom Austausch mit Bezugspersonen aus Kita und Schule profitieren den Analysen nach auch die Eltern: Sie fühlten sich dann mit der Doppelbelastung durch Homeschooling und Erwerbsarbeit weniger überfordert.

Ein Drittel der Kinder hatte Schwierigkeiten, mit dem Lockdown zurechtzukommen

Wenngleich viele Kinder die Herausforderungen der Corona-Krise eher gut oder sehr gut zu bewältigen scheinen, berichtete nahezu ein Drittel der befragten Eltern, dass ihr Kind Schwierigkeiten hatte, mit der Situation umzugehen. Den Studienergebnissen nach machen ihnen insbesondere die Trennung von Freunden, das Fehlen des gewohnten (Schul-)Alltags und der Mangel an Freizeitaktivitäten zu schaffen. Aus den Interviews geht zudem hervor, dass sie durch Corona verstärkt mit Ängsten konfrontiert sind. Mehr gemeinsame Zeit mit der Familie und einen weniger eng getakteten Alltag erlebten viele hingegen positiv. Gemeinsame Aktivitäten und Mahlzeiten sowie mehr Zeit mit den Vätern hoben viele Kinder in diesem Zusammenhang hervor.

In Familien, in denen Konflikte und Chaos an der Tagessordnung standen, war der Anteil der Kinder mit Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Pandemie noch weitaus höher: Mehr als die Hälfte der Eltern (53 Prozent), bei denen häufig oder sogar sehr häufig ein konflikthaltiges Klima herrschte, gaben an, dass ihr Kind nicht gut mit den Veränderungen zurechtgekommen sei. Jede fünfte Familie (22 Prozent) berichtete, dass bei ihnen häufig oder sehr häufig ein konflikthaltiges beziehungsweise chaotisches Klima herrschte. Diese Situation kam offenbar verstärkt in Haushalten mit mehreren Kindern vor.

Treffen schwierige Lebensverhältnisse, belastete Eltern und anspruchsvolle Kinder aufeinander, verstärken sich bereits vor der Pandemie bestehende Nachteile. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund des Kinderschutzes besorgniserregend. Deshalb ist es wichtig, Familien in dieser Zeit vermehrt Beratung anzubieten.
Dr. Alexandra Langmeyer, Leiterin der Studie

Das Wohlbefinden der Kinder hänge während der Krise noch mehr als sonst von der Familie ab – einerseits durch die finanzielle Situation, andererseits durch das Familienklima. Die wichtige Rolle der Familie komme ganz besonders zum Tragen, wenn Kinder – durch eine eigene Infektion oder durch Infektionsfälle in der Kita-Gruppe oder Klasse – in Quarantäne müssen, schreiben die Studienautorinnen und -autoren in ihrem Fazit. Zur besseren Unterstützung fordern sie standardisierte, altersdifferenzierte Informationen der Gesundheitsämter für Eltern, die beschreiben, wie sie die Zeit der Quarantäne ihrer Kinder gut gestalten können, und ihnen aufzeigen, wo sie sich bei Bedarf Hilfe holen können.

Einige Familien beziehen die Großeltern weiter in die Kinderbetreuung ein

Trotz der Empfehlung, während des Lockdowns im Frühjahr 2020 auf persönliche Kontakte mit den Großeltern zu verzichten, bezogen 15 Prozent der befragten Familien diese in die Betreuung ihrer Kinder ein. Je jünger die Enkelkinder, umso häufiger wurden sie nach Auskunft der befragten Eltern von Oma oder Opa betreut. „Unter dem Druck, Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung gleichzeitig nachkommen zu müssen, sahen sich möglicherweise einige Eltern dazu gezwungen, auf die Unterstützung der Großeltern zurückzugreifen“, sagt Langmeyer. Denkbar sind aber auch weitere Gründe, etwa, dass die Großeltern jünger sind und sich selbst als nicht besonders gefährdet einschätzen oder dass sie im gleichen Haushalt wohnen und zur Familie gezählt werden.

Auch wenn ein Großteil der befragten Eltern (86 Prozent) angab, dass die Zeit der Kinder mit den Großeltern weniger geworden ist, gelang es so gut wie allen (98 Prozent), zumindest sporadisch mit Oma und Opa verbunden zu bleiben. Hatten die Kinder keinen persönlichen Kontakt zu ihren Großeltern, tauschten sie sich hauptsächlich per Telefon mit ihnen aus (88 Prozent), jüngere Kinder zusätzlich oftmals auch per Videoanrufe.

Mit steigendem Alter der Kinder nimmt die Nutzung digitaler Medien zu

Durch die Einschränkungen während des Lockdowns veränderten sich bei allen Kindern die Freizeitaktivitäten: Nach Auskunft der befragten Eltern spielten alle Altersgruppen häufiger in der Wohnung und gingen vermehrt kreativen Tätigkeiten nach, wie beispielsweise basteln und malen. Kinder im Schulalter verbrachten zudem offenbar mehr Zeit mit Schulaufgaben als vor dem Lockdown. Auch die Mediennutzung hat nach Einschätzung der Befragten in allen Altersgruppen deutlich zugenommen – mit unterschiedlichen Schwerpunkten.

Mädchen und Jungen im Kindergartenalter verbrachten nach Einschätzung der befragten Eltern die Zeit zuhause verstärkt mit traditionellen Medien wie Fernsehen (68 Prozent), Radio hören  Hörspiele oder Geschichten anhören (60 Prozent) sowie dem Betrachten von (Bilder-)Büchern oder dem elterlichen Vorlesen (44 Prozent). Digitale Medien haben in diesem Alter nur einen geringen Stellenwert, wobei immerhin ein knappes Drittel der befragten Eltern angab, dass ihre Kinder häufiger am Computer oder Smartphone spielten und 14 Prozent, dass ihre Kinder öfter im Internet surften als zuvor.

Die Zahlen deuten darauf hin, dass der ‚digitale Babysitter‘ in einigen Familien zum Einsatz kam. Solange das nur vorrübergehend geschieht und mit den jeweiligen Lockerungen der Medienkonsum wieder zurückgeht, ist das allerdings nicht zwingend problematisch.
Dr. Alexandra Langmeyer

Kinder im Schulalter nutzten digitale Medien offenbar deutlich stärker, um die entstandenen Lücken in den Freizeitaktivitäten zu füllen: Mehr als die Hälfte der Grundschulkinder verbrachten nach Einschätzung ihrer Eltern mehr Zeit mit Computerspielen und ein Drittel war häufiger im Internet. Unter den Kindern und Jugendlichen der Sekundarstufe beschäftigten sich Dreiviertel mehr mit Fernsehen, Streamingdiensten oder YouTube, fast ebenso viele surften häufiger im Internet und gut zwei Drittel spielten häufiger am Computer, Tablet oder Smartphone. Knapp die Hälfte hörte laut Angaben der befragten Eltern mehr Musik, Radio oder Hörspiele, gut ein Drittel las mehr Bücher.

Dass Schulkinder während Kita- und Schulschließungen zu Hause mehr Medien nutzen, hält die Sozialwissenschaftlerin Langmeyer kaum für vermeidbar, schließlich erfordere das bereits die veränderte Lernsituation. Die Interviews mit den Kindern und Jugendlichen zeigen, dass sie Medien zum Teil recht innovativ nutzen: Sie spielten beispielsweise per Skype gemeinsam Brettspiele oder klassische Kinderspiele, wie „Stein, Schere, Papier“.

Die Studie „Kind sein in Zeiten von Corona“

Nach einem breiten Studienaufruf über Webseiten, soziale Netzwerke und E-Mail-Verteiler haben sich zwischen dem 22. April und dem 21. Mai 2020 deutschlandweit 12.628 Eltern von Kindern im Alter von drei bis 15 Jahren an der Befragung beteiligt. Wie in vielen anderen Online-Umfragen haben auch hier vor allem Eltern mit einem hohen formalen Bildungsabschluss teilgenommen, Eltern mit mittlerem und niedrigem Bildungsabschluss sind hingegen unterrepräsentiert. Deshalb lassen sich die dargestellten Befunde nicht auf die Gesamtbevölkerung übertragen. Es sind aber Vergleiche von Kindern in unterschiedlichen Lebenslagen möglich. Zwischen dem 26. Mai und dem 8. Juni interviewten die DJI-Forscherinnen und -Forscher zusätzlich in 21 Familien Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren und ein Elternteil ausführlich, um insbesondere die Perspektive der Kinder und Jugendlichen einzubeziehen und die Herausforderungen der Familien tiefergehender betrachten zu können.

Langmeyer, Alexandra; Guglhör-Rudan, Angelika; Naab, Thorsten; Urlen, Marc; Winklhofer, Ursula (2020): Kind sein in Zeiten von Corona. Ergebnisbericht zur Situation von Kindern während des Lockdowns im Frühjahr 2020

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Jugendinstitut e.V. vom 18.02.2021

Die Corona-Krise stellt erwerbstätige Frauen und Männer zum Teil vor die gleichen Herausforderungen, teilweise sind sie aber auch unterschiedlich von den Folgen der Pandemie betroffen. Dadurch dürften sich bei der Datenlage zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland für das Corona-Jahr 2020 ambivalente Muster ergeben: Scheinbare kurzfristige Fortschritte beim Gender Pay Gap treffen auf möglicherweise dauerhafte Verschlechterungen der Arbeitszeit-Situation von erwerbstätigen Frauen. In einigen Familien verfestigt sich die traditionelle Verteilung der unbezahlten Kinderbetreuung, in anderen eröffnen sich aber auch neue Chancen für eine fairere Aufteilung. Das ergibt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Im Vorfeld des Internationalen Frauentags am 8. März beleuchtet sie neueste geschlechtsspezifische Trends bei Einkommen, Erwerbsarbeitszeiten und dem Anteil an unbezahlter Sorgearbeit.*

So finden die WSI-Forscherinnen Dr. Yvonne Lott und Dr. Aline Zucco erste Indizien dafür, dass der Gender Pay Gap, also der Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen, durch die Krise etwas kleiner geworden sein könnte. Das hat allerdings wenig mit Verbesserungen bei den Fraueneinkommen zu tun, sondern damit, dass in der ersten Welle der Pandemie mehr Männer als Frauen arbeitslos geworden sind und in Kurzarbeit arbeiten mussten, weshalb Männer-Einkommen im Mittel stärker unter Druck geraten sind. Dieser Effekt könnte sich zudem mittlerweile umkehren, zumindest war die Arbeitsmarktentwicklung für Frauen im Januar 2021 schlechter als bei Männern. Außerdem erhalten verheiratete Frauen durch das Ehegattensplitting bei Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit häufig niedrigere Sozialleistungen, was ihre Einkommen schmälert.

Gleichzeitig nimmt der Rückstand von Frauen bei der durchschnittlichen Erwerbsarbeitszeit (Gender Time Gap) Pandemie-bedingt zu, auch weil vor allem Mütter ihre Arbeitszeit im Job reduzieren, um bei geschlossenen Schulen und Kitas Kinder zu betreuen. Es besteht die Gefahr, dass ein Teil dieser Arbeitszeitreduzierungen auch nach Ende der akuten Krise nicht zurückgenommen werden kann, falls Arbeitgeber an einer Aufstockung der Arbeitszeit kein Interesse haben. Die Corona-Krise offenbart neben solchen Risiken aber auch ein Potenzial für mehr Geschlechtergleichheit: Während sich bei rund 75 Prozent der Familien die (meist vorwiegend von den Frauen übernommene) Verteilung der Kinderbetreuung während des Jahres 2020 nicht veränderte und sich in manchen Familien die traditionelle Arbeitsteilung zumindest zeitweise vertiefte, haben innerhalb der letzten 12 Monate auch etliche Väter durch kürzere Arbeitszeiten oder Homeoffice mehr Zeit mit Sorgearbeit verbracht.

„In der Gesamtschau spricht vieles dafür, dass sich die bereits vor der Krise existierenden Ungleichheitsstrukturen in der Krise verschärfen und damit auch langfristig zu einer wachsenden Ungleichheit zwischen den Geschlechtern führen könnten, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird“, fasst Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, die aktuellen Trends zusammen. Dafür macht die neue Studie Vorschläge, die von Verbesserungen bei der Kinderbetreuung über Reformen der Ehegattenbesteuerung bis zu neuen Modellen verkürzter Vollzeit reichen (mehr dazu unten). Denn: „Gleichzeitig können wir durch die Erfahrungen der Krise lernen, welche Faktoren eine egalitäre Verteilung der Sorgearbeit ermöglichen: mehr Arbeit im Homeoffice und ein geringeres Arbeitszeitvolumen sind wichtige Säulen einer gerechteren Geschlechterordnung“, so Kohlrausch.

Da zu Einkommen oder Arbeitszeiten im Corona-Jahr 2020 derzeit noch keine Daten der amtlichen Statistik vorliegen, werten die Gender-Expertinnen Lott und Zucco für ihre Untersuchung neben dem aktuellen internationalen Forschungsstand auch die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung intensiv aus. Dafür wurden erstmalig im April 2020 mehr als 7600 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online befragt. Weitere Befragungswellen richteten sich im Juni und im November 2020 an dieselben Personen, so dass Trends im Zeitverlauf analysiert werden können. Die Panel-Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab.

Die Ergebnisse im Einzelnen:       

Gender Pay Gap könnte sinken, weil Männer häufiger arbeitslos oder in Kurzarbeit waren

Der Rückstand von Frauen beim durchschnittlichen Bruttostundenverdienst ist zwischen 2009 und 2019 zwar leicht zurückgegangen, zeigen Lott und Zucco. Mit 19 Prozent 2019 war der Gender Pay Gap in Deutschland aber weiterhin groß, auch im europäischen Vergleich. Die Forscherinnen halten es für wahrscheinlich, dass sich die Schere in der Corona-Krise zunächst wieder etwas schließen könnte. Ein wesentlicher Grund dafür wäre allerdings alles andere als positiv: Zwischen Frühjahr und Herbst 2020 stieg die Arbeitslosigkeit relativ bei Männern noch deutlich stärker an als bei Frauen (siehe Grafik 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten), gleichzeitig waren mehr männliche Beschäftigte in Kurzarbeit. Beide Faktoren dürften die durchschnittlichen Stundenlöhne von Männern stärker in Mitleidenschaft gezogen haben als die von Frauen – obwohl im speziellen Segment der Minijobs vor allem weibliche Beschäftigte von Arbeitslosigkeit betroffen waren.

Der Effekt könnte sich zum Jahreswechsel aber wieder gedreht haben, weil sich im zweiten Lockdown die Beschäftigungsentwicklung bei den Frauen relativ stärker verschlechterte. Außerdem wirken sich Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit bei weiblichen Beschäftigten häufig negativer aufs Einkommen aus als bei männlichen. Das hat zwei wesentliche Ursachen: Erstens leitet sich die Höhe des Kurzarbeitergeldes, wie auch die des Arbeitslosengeldes, vom Nettoeinkommen ab. Und das ist bei vielen verheirateten Frauen niedriger, weil beim Ehegattensplitting in Steuerklasse V überproportional hohe Abzüge fällig werden. Zweitens erhalten Frauen seltener eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes über das gesetzliche Niveau hinaus. Laut Erwerbspersonenbefragung profitierten davon im November knapp 48 Prozent der Kurzarbeiter, aber nur 36,5 Prozent der Kurzarbeiterinnen (siehe Grafik 2 in der pdf-Version). Das liegt unter anderem daran, dass Frauen seltener in tarifgebundenen Betrieben arbeiten, für die Gewerkschaften häufig eine Aufstockung durch den Arbeitgeber vereinbaren konnten.            

Gender Time Gap: In der Krise gewachsen

Insbesondere während der ersten Lockdown-Phase schlug die Pandemie sowohl auf die Erwerbsarbeitszeiten von Frauen als auch die von Männern durch. Allerdings mit signifikanten Unterschieden, wie Lott und Zucco herausarbeiten: „Frauen reduzierten ihre Arbeitszeiten häufiger wegen Kinderbetreuung, während Männer aufgrund von Kurzarbeit oder anderen betrieblichen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus kürzer arbeiten.“ So gaben zur Zeit der weitgehenden Schul- und Kitaschließungen im April rund 24 Prozent der erwerbstätigen Mütter an, ihre Arbeitszeit wegen der Kinder reduziert zu haben, unter den Vätern waren es etwa 16 Prozent. Bis zum November sank der Anteil zwar bei beiden Geschlechtern, er war mit fast zehn Prozent unter den Müttern aber weiterhin deutlich höher als unter den Vätern (knapp sechs Prozent; siehe Grafik 3).

Zwar ging auch die durchschnittliche Erwerbsarbeitszeit von Frauen ohne Kinder im Zuge der Corona-Krise stärker zurück als die der Männer, die  Arbeitszeitreduzierung zur Kindebetreuung ist nach Analyse der Forscherinnen aber ein wichtiger Faktor dafür, dass der Gender Time Gap gewachsen ist: Vor Ausbruch der Pandemie arbeiteten erwerbstätige Mütter im Durchschnitt zehn Stunden pro Woche kürzer als erwerbstätige Väter in einem bezahlten Job. Im Frühjahr 2020 betrug die Differenz 12 Stunden und auch im November, als nach den Arbeitszeiten vom Oktober gefragt wurde, noch 11 Stunden (siehe Grafik 4).

Die WSI-Expertinnen sehen das Risiko, dass diese Schere auch längerfristig weiter geöffnet bleibt – zumal seit Dezember erneut Schulen und Kitas weitestgehend geschlossen waren. Denn: Anders als bei der Kurzarbeit, bei der der Wechsel zurück zur vorherigen Arbeitszeit durch die Beteiligung der Bundesagentur faktisch „automatisch“ geschehe, sei der Einfluss der Arbeitgeber nach familienbedingten Reduzierungen größer. Im schlimmsten Fall könnte sich „ungewünschte Teilzeit“ verstetigen. Außerdem signalisierten kürzere Erwerbsarbeitszeiten aus familiären Gründen aus Arbeitgebersicht „oftmals ein geringeres Arbeitsengagement, was negative Folgen für den weiteren beruflichen Werdegang wie geringere Löhne, weniger Weiterbildungschancen und Aufstiegsmöglichkeiten haben kann“, schreiben Lott und Zucco.    

Gender Care Gap: Bei den meisten Familien wenig Änderung, vertiefte Traditionalisierung vs. Egalisierung in Teilgruppen

Unbezahlte Arbeit bei der Kinderbetreuung übernehmen in Deutschland nach wie vor in erster Linie die Frauen, und zwar auch, wenn sie berufstätig sind. Das zeigen ältere repräsentative Zeitverwendungsstudien, aus denen die Forscherinnen zitieren. 2013 wandten Männer mit Vollzeitjob in Paarhaushalten mit minderjährigen Kindern über die Woche gemittelt 2:49 Stunden pro Tag für solche unbezahlten Tätigkeiten auf. Vollzeiterwerbstätige Frauen waren hingegen täglich 4:12 Stunden mit Sorgearbeit beschäftigt, Teilzeitbeschäftigte 5:23 Stunden. Andererseits war die Erwerbsarbeitszeit von Männern in Vollzeit spürbar länger als die vollzeitbeschäftigter Frauen – ein Hinweis auf mehr Überstunden.

Im Zuge der Corona-Krise hat sich an diesen meist ungleichen Verhältnissen in der großen Mehrheit der Familien nicht viel geändert, zeigen die Daten aus der aktuellen Erwerbspersonenbefragung: Rund 75 Prozent der Befragten mit Job und Kindern gaben an, die Verteilung der Betreuungszeit sei im Verhältnis zu vor der Pandemie gleich geblieben. In gut sieben Prozent der Partnerschaften zeigte sich ein Wechsel zu einer traditionellen Arbeitsteilung: Die Frauen übernahmen den größten Anteil der anfallenden zusätzlichen Sorgearbeit, obwohl diese vor der Krise einigermaßen gleich verteilt war.

Auf der anderen Seite berichteten fast 12 Prozent der Befragten, in ihrem Haushalt sei die Kinderbetreuung ausgeglichener, egalisierter, verteilt. Bei weiteren knapp fünf Prozent sprechen die Forscherinnen von einer „umgekehrten Traditionalisierung“, bei der sich vor allem der Mann um die Kinder kümmert (siehe Grafik 5). Diese Veränderungen waren zwar im Zeitverlauf der unterschiedlichen Befragungswellen etwas weniger stabil als der in anderen Familien beobachtete Wechsel zur traditionellen Arbeitsteilung. Dass die Väter mehr Sorgearbeit übernahmen, scheine also „in erster Linie eine kurzfristige Anpassung an die Notsituation zu sein“, schreiben Lott und Zucco. Gleichwohl machen sie auf dieser Basis ein gewisses „Modernisierungspotenzial bei der partnerschaftlichen Arbeitsteilung“ aus, das sich oft ergeben habe, wenn Väter durch Kurzarbeit oder Homeoffice mehr Zeit zu Hause verbrachten.         

Empfehlungen: Bessere Vereinbarkeit, mehr Vätermonate in der Elternzeit, Reform von Kurzarbeitergeld und Ehegattensplitting

Um negative gleichstellungspolitischen Folgen der Krise aufzuhalten bzw. abzufedern empfehlen die Wissenschaftlerinnen einige kurzfristige Reformen. Zusätzlich bedürfe es aber auch langfristiger Schritte, um den Gender Pay Gap, Gender Time Gap und Gender Care Gap dauerhaft zu reduzieren.

Zu den kurzfristigen Maßnahmen zählen:

Gewährleistung der institutionellen Kinderbetreuung: Die institutionelle Kinderbetreuung solle ausgebaut und besser ausgestattet werden. Das gewährleiste auch mehr Stabilität in Krisen.

Förderung betrieblicher Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Damit Mütter und Väter auch in Krisenzeiten ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen und Beruf und Familie besser vereinbaren können, müsse die Arbeitszeitsouveränität von Beschäftigten gestärkt werden. Betriebliche Angebote zu orts- und zeitflexiblen Arbeitsarrangements müssten flankiert werden durch eine betriebliche Kultur, die familiäre Verpflichtungen anerkennt, und eine Arbeitsorganisation, die flexibles Arbeiten durch eine ausreichende Personalausstattung und verbindliche Vertretungsmöglichkeiten unterstützt.

Loslösen des Kurzarbeitergelds und des Arbeitslosengelds von der Steuerklasse III/V: Da Frauen deutlich häufiger in der Steuerklasse V und Männer häufiger in der Steuerklasse III vertreten sind und Frauen somit aufgrund der ungleichen steuerlichen Belastung geringere Nettoeinkommen beziehen, erhalten sie im Schnitt auch ein geringeres Kurzarbeitergeld bzw. Arbeitslosengeld. Um diese Ungleichheit zu vermeiden, sollten diese Leistungen an die Steuerklasse IV gekoppelt werden. Zugleich sollten aber Verschlechterungen der bisherigen Entgeltersatzleistungen wegen des Entfallens dieser Steuerklassenkombination verhindert werden, um Familieneinkommen nicht zu schädigen. Dazu empfehlen die Forscherinnen, die Lohnersatzraten generell zu erhöhen.

Aufwertung der sozialen Dienstleistungsberufe:  Einmal mehr sei in der Krise die Unterbewertung von Dienstleistungsberufen (z.B. Pflegeberufe, Einzelhandel) deutlich geworden. Die Arbeitsleistung von Beschäftigten diesen Bereichen müssten gesellschaftlich und finanziell anerkannt und aufgewertet werden.

Langfristig empfehlen die WSI-Expertinnen:

Reform des Ehegattensplittings: Die Steuerklassenkombination III/V bei verheirateten Paaren setze Fehlanreize, da aufgrund der überproportionalen steuerlichen Belastung bei einer Aufstockung der Arbeitsstunden das Nettoeinkommen unterproportional steigt. Zusammen mit der kostenlosen Mitversicherung in der Krankenkasse führe dies dazu, dass es für verheirate Frauen teilweise (kurzfristig) sinnvoller erscheint, geringfügig statt sozialversicherungspflichtig beschäftigt zu sein. Eine mögliche Reform des Ehegattensplittings könnte die Abschaffung der Steuerklasse V sein, sodass Ehepaare auf die bestehende Alternative IV/IV oder das Faktorverfahren zurückgreifen.

Ausbau der Partnermonate des Elterngeldes: Zur langfristigen Förderung der egalitären Aufteilung der Kinderbetreuung sollten die Partnermonate von 2 auf 4 und langfristig auf 6 Monate erhöht werden.

Ausbau der 30-Stunden-Woche: Mit der Förderung der 30-Stunden-Woche könnte ein Abbau von Arbeitsplätzen verhindert und gleichzeitig die Gleichstellung zwischen Frau und Mann gefördert werden.

Stand der Gleichstellung. Ein Jahr mit Corona. WSI Report Nr. 64, März 2021

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Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 01.03.2021

Der Kinderbonus hat die Konjunktur stärker stabilisiert als die Mehrwertsteuersenkung – und der Effekt war sozial ausgewogener.

Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr viel Geld in die Hand genommen, um den Absturz der Wirtschaft in der Coronakrise zu bremsen. Dabei haben nicht alle Ausgaben gleich gut angeschlagen: Laut einer Studie des IMK hat sich der Kinderbonus als deutlich effektiveres Instrument zur Stützung des privaten Konsums erwiesen als die temporäre Mehrwertsteuersenkung. Der Effekt pro eingesetzten Euro dürfte demnach rund doppelt so groß sein. Auch im Hinblick auf die Verteilungswirkung schneidet der Kinderbonus besser ab: Er erreichte gerade Haushalte mit Kindern und niedrigen bis mittleren Einkommen, die während der Pandemie besonders häufig zusätzliche Ausgaben hatten. Dagegen nutzten vor allem Haushalte mit höheren Einkommen die Mehrwertsteuersenkung, um Anschaffungen zu niedrigeren Preisen vorzuziehen.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 18.02.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert zum morgigen Welttag der sozialen Gerechtigkeit Bund, Länder und Kommunen auf, angesichts der Corona-Pandemie der Bekämpfung von Kinderarmut in Deutschland endlich die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken. „Sehr viele Kinder sind die Verliererinnen und Verlierer der Corona-Pandemie, das betrifft insbesondere arme Kinder. Ihre Eltern können die finanziellen und organisatorischen Belastungen der Pandemie gar nicht oder nur sehr schlecht schultern. Wenn dazu noch die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe geschlossen sind, das Schul- und Kitaessen wegfällt und gleichzeitig viele Tafeln nur eingeschränkt arbeiten können, hat das für arme Kinder teils dramatische Auswirkungen. Hier ist wirksame Hilfe angesagt, damit die Corona-Pandemie für sie keine langfristigen, weit über die Krise hinaus andauernden negativen Folgen hat“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 19.02.2021

Der zweite Lockdown bringt Familien zunehmend an ihre Belastungsgrenze. Zuletzt zeigte die COPSY-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), dass sich Lebensqualität und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland im Verlauf der Corona-Pandemie weiter verschlechtert haben. Die Größenordnungen sind immens: Wenn wahrgenommene psychische Gesundheitsprobleme bei 7- bis 17-Jährigen in der Pandemie um acht Prozentpunkte ansteigen, entspricht dies etwa 500.000 Kindern und Jugendlichen. Auch Angststörungen und Verhaltensauffälligkeiten haben in erheblichem Maße zugenommen. Mütter und Väter können diese Probleme nicht immer ausreichend auffangen, vor allem nicht, wenn sie selbst stark belastet sind.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 19.02.2021

SCHWERPUNKT IV: Equal Care Day

Die Pflege in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder von Angehörigen zuhause, die Betreuung von Kindern in Kitas oder zuhause, die sozialen Tätigkeiten im Beruf oder im Ehrenamt – sie bilden die Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Noch immer werden diese Tätigkeiten vor allem von Frauen geleistet. Die SPD-Bundestagsfraktion macht sich dafür stark, dass Care-Arbeit endlich die Anerkennung erfährt, die sie verdient.

„Wie existenziell Care-Arbeit für unsere gesamte Gesellschaft ist, führt uns die Corona-Pandemie deutlich vor Augen. Sorgearbeit muss darum endlich ihren Anforderungen und hoher Verantwortung entsprechend gewürdigt werden. Das ist auch eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit.

In Deutschland arbeiten 5,7 Millionen Menschen in sozialen Berufen – 80 Prozent von ihnen sind Frauen. Gute Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung müssen für soziale Berufe selbstverständlich sein. Dafür brauchen wir endlich flächendeckende Tarifverträge für Pflege-, Gesundheits- und Erziehungsberufe. Auch die unbezahlte Sorgearbeit wird größtenteils von Frauen geschultert. Die Corona-Krise verstärkt diese Schieflage sogar noch. Damit aber Frauen die gleichen Chancen auf eine berufliche Selbstverwirklichung wie Männer haben, muss es eine gerechte Verteilung von privater Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern geben.

Dafür tritt die SPD-Bundestagfraktion ein. Eine Voraussetzung für mehr Partnerschaftlichkeit bei der Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Sorgearbeit ist die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die kürzlich beschlossenen Verbesserungen beim Elterngeld sind ein wichtiger Schritt. Der Rechtsanspruch auf Ganztagbetreuung im Grundschulalter wird weitere Erleichterung bringen. Außerdem wollen wir die Familienarbeitszeit und das Familiengeld einführen.

Für uns ist die Aufwertung sozialer Berufe und die faire Verteilung bezahlter und unbezahlter Sorgearbeit eine Frage der Gerechtigkeit. Wir wollen den Gender Care Gap schließen. Dafür setzen wir uns mit aller Kraft ein!“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 01.03.2021

Zum Equal Care Day (01.03.2021) erklärt Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Alten- und Pflegepolitik:

Care-Arbeit, sowohl bezahlt als auch unbezahlt, ist systemrelevant und für unsere Gesellschaft unverzichtbar. Die Corona-Pandemie legt jedoch mehr denn je die unfaire Verteilung der Pflege- und Sorgearbeit in Deutschland offen und zeigt, an welchen Stellen politischer Nachholbedarf besteht. Immer noch werden 80 Prozent der Care-Arbeit in Deutschland von Frauen geleistet – ein seit Jahren unveränderter Wert. Gleichzeitig sind über die Hälfte der Frauen im Alter von 30-65 Jahren in Teilzeit beschäftigt, während Führungspositionen in der Sorgearbeit überproportional mit Männern besetzt sind.

Die Aufmerksamkeit, die Care-Arbeiterinnen zu Beginn der Corona-Pandemie bekommen haben, hat Hoffnung auf Veränderung gemacht. Es sind Versprechungen gemacht, Wertschätzung ausgedrückt und Applaus gespendet worden. Beschäftigte in der Pflege haben auf bessere Arbeitsbedingungen, bessere Bezahlung und einen Image-Wechsel für ihren Beruf gehofft. Ein Jahr später ist die Enttäuschung umso größer. Pflegende Angehörige und beruflich Pflegende arbeiten über ihrer Belastungsgrenze – ohne Aussicht auf Verbesserungen. Das ist nicht auszuhalten, zumal die Bundesregierung auch nach einem Jahr der Pandemie noch immer auf Sicht fährt – ohne erkennbare Strategie und ohne langfristige Maßnahmen zur Aufwertung der Care-Arbeit.

Um auch dieses Jahr das Licht der Öffentlichkeit auf die bezahlte und unbezahlte Pflege- und Sorgearbeit zu richten, unterstützen wir den Equal Care Day, der in diesem Jahr unter dem Motto „Vorausschauende Rücksichtnahme“ steht. Hoffentlich nimmt die Bundesregierung diesen Tag zum Anlass, endlich mehr Verbesserungen in der Care-Arbeit einzuleiten. Gestalten wir eine Zukunft, in der wir gerne leben und alt werden.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 27.02.2021

„Eine der dringlichsten Aufgaben dieser Zeit ist die gerechte Verteilung von Arbeit, Zeit und Geld. Bereits existierende geschlechtsspezifische Schieflagen haben sich in der Krisenzeit verschärft. Es ist wichtig, dass es dazu mehr Daten und Erkenntnisse gibt, wie sie heute die neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung liefert. Sie untersucht Auswirkungen der Krise unter Bezugnahme auf die geschlechtsspezifischen Lohn-, Zeit- und Sorgelücken (Gender Pay Gap, Gender Time Gap, Gender Care Gap) und resümiert, dass die existierenden Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern absehbar zunehmen, wenn jetzt nicht gegengesteuert wird. Diese Botschaft, die sich seit Monaten durch viele Medienberichte und Zwischenbilanzen zur Krisenpolitik zieht, muss von der Bundesregierung endlich ernst genommen werden“, erklärt Doris Achelwilm, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, anlässlich der Veröffentlichung der Studie „Stand der Gleichstellung. Ein Jahr mit Corona“ der Hans-Böckler-Stiftung am heutigen Equal Care Day. Achelwilm weiter:

„Schon vor der Pandemie wurde der größte Teil notwendiger Sorge- und Pflegearbeit von Frauen getätigt, beruflich oder privat, unterbezahlt oder unbezahlt. Auch wenn Männer im Vergleich zu vorpandemischen Zeiten durchschnittlich mehr familiäre Sorgearbeit übernehmen, liegt die Hauptlast nach wie vor auf den Schultern von Frauen, teils unter Reduzierung der Erwerbsarbeit. Gleichzeitig schneiden sie durchschnittlich schlechter ab, wenn es um Kurzarbeitergeld und andere Finanzhilfen und Konjunkturpakete geht. Es ist wichtig, dass diese Schieflage klar erkannt und mit politischen Gegenprogrammen angegangen wird. Der heutige Equal Care Day schafft Bewusstsein für die Wechselwirkungen von Sorgeverantwortung und sozialer Unabhängigkeit. Der Bundesregierung sind die Zusammenhänge bekannt. Es wird Zeit, dass sie danach handelt und Maßnahmen trifft, damit lebensrelevante Sorge- und Pflegearbeiten zu Hause gerechter verteilt und entlastet werden und berufliche Care-Arbeit viel besser bezahlt und personell aufgestockt wird.

Erst letzte Woche hat DIE LINKE mit einem eigenen Antrag im Bundestag einen Kurswechsel hin zu einer geschlechtergerechten Krisen- und Zukunftspolitik gefordert. Die soziale und geschlechtergerechte Bewältigung der Krise ist eine politische Mammutaufgabe, die mit vielen übergeordneten Aufgaben wie einer zu stärkenden Tarifbindung und der Schaffung sozialversicherungspflichtiger Arbeit statt Minijobs zu tun hat. Die Bundesregierung ist in der Pflicht, Geschlechtergerechtigkeit ressortübergreifend zu verankern – für bessere Verhältnisse zu Hause und im Erwerbsleben, eine paritätische Ausgestaltung der Elternzeiten, Individualbesteuerung und Kindergrundsicherung statt Ehegattensplitting sowie wirksamere Gesetze gegen Niedriglöhne bzw. –renten und Lohndiskriminierung.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 01.03.2021

Die Aufgaben rund um Haushalt, Kinder, Pflege sind in unserer Gesellschaft nach wie vor sehr ungleich verteilt: 80 Prozent dieser Fürsorgearbeit wird von Frauen geleistet. Gleichzeitig mangelt es an Wertschätzung für die Care-Arbeit. Darauf macht der Equal Care Day am 1. März aufmerksam. Die Diakonie plädiert dafür, pflegende Angehörige im Alter besser abzusichern.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Care-Arbeit darf nicht zu Altersarmut führen. In Deutschland werden fast zwei Drittel aller pflegebedürftigen Menschen von Angehörigen zuhause gepflegt – überwiegend von Frauen. Viele reduzieren dafür ihren Job oder geben ihn zeitweise ganz auf. Sie verzichten dabei nicht nur auf Einkommen, sondern auch auf einen Teil ihrer künftigen Rente. Dadurch gefährden sie ihre eigene soziale Absicherung. Die Diakonie setzt sich seit langem dafür ein, Pflegezeiten stärker für die Rentenansprüche zu berücksichtigen – und zwar auch dann, wenn Menschen ihre Arbeitszeit nur wenig reduzieren.

Außerdem muss die berufliche Freistellung zur Pflege Angehöriger unbedingt erleichtert werden. Dazu plädiert die Diakonie für eine Lohnersatzleistung für bis zu drei Jahre – ähnlich dem Elterngeld. Das könnte die ohnehin schwierige Situation pflegender Angehöriger grundlegend verbessern und sie wirksam vor Altersarmut schützen. Menschen, die Pflege und Fürsorge für andere übernehmen, leisten einen unverzichtbaren Beitrag für unsere Gesellschaft. Sie verdienen nicht nur höchste Wertschätzung, sondern auch eine gute finanzielle Absicherung.

Es ist ein Armutszeugnis für unser Land, wenn wir diese Menschen im Regen stehen lassen.“

Zum Hintergrund:

Der Equal Care Day ist eine Initiative, die Menschen, Organisationen und Institutionen international dazu aufruft, einen Aktionstag zu organisieren um auf die mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Care-Arbeit aufmerksam zu machen. Die Initiative Equal Care Day fordert eine faire Bezahlung der professionellen Pflegearbeit und eine gerechtere Verteilung der privaten Care-Arbeit sowie den Abbau struktureller Diskriminierung.  Der Tag wurde 2016 ins Leben gerufen und findet am 01. März 2021 das nächste Mal statt.

https://equalcareday.de/

Weitere Informationen:

Handreichung der Diakonie für eine verbesserte Alterssicherung pflegender

Angehöriger: https://www.diakonie.de/diakonie-texte/012020-fuer-eine-verbesserte-alterssicherung-pflegender-angehoeriger

Nachgefragt: Pflegende Angehörige müssen im Alter besser abgesichert werden

https://www.diakonie.de/journal/pflegende-angehoerige-muessen-im-alter-besser-abgesichert-werden  

Konzept der Diakonie für eine umfassende Pflegereform:

https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Diakonie-Texte_PDF/06_2019_Grundlegende_Pflegereform.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 28.02.2021

Professionelle Care-Arbeit ist auch im Jahr 2021 oft Frauenarbeit und darüber hinaus noch schlecht bezahlt. Laut der Initiative Equal Care Day sind in Deutschland über 80 Prozent der Beschäftigten in diesen Berufen Frauen. Darunter sind vermutlich viele Mütter, die stark doppeltbelastet sind und über wenig Einkommen verfügen. Obwohl diese Frauen einen der größten Werte für unsere Gesellschaft leisten – nämlich die Sorge für Personen, die darauf angewiesen sind, wie Alte, Kranke, Menschen mit Handicap und Kinder. „Wir sollten endlich diese Berufe neu bewerten. Es ist ein trauriges Bild, dass wir es uns mehr kosten lassen, die Gebäude mit Infrastruktur zu bauen, als die Menschen angemessen zu entlohnen, die sich um so wichtige Aufgaben kümmern, wie die Erziehung und Bildung unserer Kinder oder die Pflege unserer Eltern“, so Cornelia Spachtholz, Vorstandsvorsitzende des Verbands der berufstätigen Mütter (VBM e.V.). „Es ist für uns auch kaum nachvollziehbar, warum ausgerechnet die Caritas gegen den Mindestlohn für die Pflegebranche stimmte und so einen wichtigen Schritt für die bessere Bezahlung dieser Berufsgruppe verhindert hat,“ so Cornelia Spachtholz weiter.

Mütter leisten doppelt so viel Care-Arbeit

Laut der Initiative Equal Care Day übernehmen Frauen im Alter von 34 Jahren mehr als doppelt so viel Care-Arbeit als Männer. Inbegriffen in diese Zahl sind auch Arbeiten wie Steuererklärung, Autoreparatur und Gartenarbeit. Nicht inbegriffen ist der alltägliche „Mental Load“, der sich aus den Aufgaben „Verantwortung übernehmen für bestimmte Bereiche, Wissen und Organisation“ zusammensetzt. Eine zu hohe mentale Belastung kann jedoch zu gesundheitlichen Schäden führen, die sich u. a. in Stresssymptomen wie Schlaflosigkeit und permanentem erschöpft sein zeigen, ähnlich wie bei einem „Burnout“. „Vor allem in Familien mit Kindern zeigt sich diese starke Ungleichheit der Aufgabenverteilung. Meist setzt diese ungünstige Umverteilung der Care-Arbeit nach dem ersten Kind ein und bleibt ab dann hartnäckig bestehen und Corona zeigt die Verschärfung diese Unwucht der Aufgabenverteilung wie ein Brennglas“ so Cornelia Spachtholz. Die Folge daraus ist, dass Frauen sich eine Rückkehr in den Beruf meist nur noch in Teilzeit zutrauen, da sie sich den Aufgaben einer Vollzeittätigkeit mit der Familienarbeit gepaart nicht mehr gewachsen sehen. Dadurch verdienen sie langfristig weniger Geld, machen weniger häufig Karriere und haben am Ende des Berufslebens weniger Rente.

Ehegattensplitting fördert ungleiche Verteilung

„Die ganze Misere wird durch das Ehegattensplitting scheinbar abgemildert, in Wirklichkeit jedoch noch begünstigt. Doch das böse Erwachen kommt für die Mütter dann, wenn sie sich scheiden lassen und plötzlich alleinerziehend oder auf Arbeitslosengeld angewiesen sind. Dann zählt nämlich nur noch das Geld, was sie tatsächlich verdient haben“ erklärt Cornelia Spachtholz die verheerenden Folgen des Ehegattensplittings. Der Verband berufstätiger Mütter fordert seit seiner Gründung die Abschaffung des Ehegattensplittung. Anlässlich des Equal Care Day wiederholt der Verband die Forderung, dass das Ehegattensplitting umgehend abgeschafft werden muss. Es kostet den Staat Milliarden, dieses Geld könnte man in die Unterstützung aller Familienformen investieren. Es könnte sinnvoll angelegt werden in den Ausbau von qualitativ hochwertigen Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und Bildungsförderung für Jugendliche. „Gerade jetzt in der Corona-Zeit ist sehr deutlich sichtbar geworden, dass Familien, Kinder und Jugendliche zu schlecht gestellt sind in unserer Gesellschaft. Sie sollten es der Politik und der Gesellschaft wert sein, die richtigen Entscheidungen zu treffen und dafür genügend Geld in die Hand zu nehmen. Dazu gehört eben auch eine bessere Bezahlung und Sichtbarkeit von Care-Arbeit“, schlussfolgert Cornelia Spachtholz. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie mit reduzierten Steuereinnahmen und im Gegensatz dazu erhöhten Steuerausgaben, müssen alle familienunterstützenden Leistungen nochmals auf den Prüfstand.

Zum Hintergrund: Der Equal Care Day ist eine Initiative, die auf mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Care-Arbeit aufmerksam macht. Ziel der Initiative ist es, dass die Sorgearbeit sichtbar gemacht wird, um Politik und Wirtschaft dafür zu gewinnen, die vielen Bereiche der Care-Arbeit ernst zu nehmen und neu zu denken. Der VBM unterstützt dieses Anliegen, da vor allen berufstätige Mütter davon betroffen sind. Sie übernehmen trotz der eigenen Erwerbsarbeit auch oft die Mehrheit der häuslichen Care-Arbeit. Das führt in vielen Fällen dazu, dass Frauen weniger bezahlte Erwerbsarbeit leisten, als vielleicht möglich wäre und sich darüber hinaus auch permanent im Dauer-Stress befinden und ihrer Gesundheit damit langfristig schaden.

Quelle: Pressemitteilung Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) vom 01.03.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Einrichtungen können ab dem 1. März Anträge stellen

Jugendbildungsstätten, Familienferienstätten, Jugendherbergen – Häuser, die sonst mit Leben gefüllt sind, stehen derzeit leer. Seit März 2020 sind  außerschulische Bildungsangebote mit Übernachtungen nur sehr eingeschränkt möglich, Schul- und Klassenfahrten wurden abgesagt. Die Folgen für die Einrichtungen sind massive Einnahmeausfälle bei weiterlaufenden Fixkosten. Eine existenzbedrohende Situation insbesondere für gemeinnützige Einrichtungen, die nur in eingeschränktem Maße Rücklagen bilden können.

Aus diesem Grund verlängert Bundesjugendministerin Franziska Giffey das Sonderprogramm „Kinder- und Jugendbildung, Kinder- und Jugendarbeit“. Weitere 100 Millionen Euro stehen für 2021 zur Verfügung. Ab heute bis zum 28. März können gemeinnützige Einrichtungen der Kinder- und Jugendbildung und der Kinder- und Jugendarbeit in schwierigen wirtschaftlichen Situationen die Finanzhilfe beantragen. Die entsprechende Richtlinie hat Ministerin Giffey heute unterschrieben. Bereits im vergangenen Jahr hat das Bundesfamilienministerium diese gemeinnützigen Einrichtungen mit einem kurzfristig aufgelegten 100-Millionen-Euro-Sonderprogramm unterstützt.

Bundesjugendministerin Franziska Giffey: „Jugendherbergen, Schullandheime, Familienferienstätten oder Jugendbildungsstätten sind wichtige Bestandteile unserer sozialen Infrastruktur und ein besonderer Schatz, den wir bewahren müssen. Wenn Reisen und das Zusammentreffen in größeren Gruppen wieder möglich sind, wird unsere Gesellschaft diese Orte der Begegnung dringender denn je benötigen. Mit den weiteren 100 Millionen Euro aus dem Sonderprogramm sichern wir die Existenz vieler gemeinnütziger Einrichtungen, die gerade in einer finanziellen Notlage sind. Davon können unzählige Einrichtungen deutschlandweit profitieren.“

Bereits 2020 wurde ein erstes Sonderprogramm Kinder- und Jugendbildung, Kinder- und Jugendarbeit umgesetzt. Neben den gemeinnützigen Übernachtungsangeboten für Kinder, Jugendliche und Familien in Teil A wurden in Teil B Träger des längerfristigen gemeinnützigen internationalen Jugendaustausches unterstützt. Während für den internationalen Jugendaustausch noch der Zeitraum bis zum 31. August 2021 abgedeckt ist, endete Programmteil A am 31. Dezember 2020.

Bundesjugendministerin Franziska Giffey: „Das Sonderprogramm 2020 war ein großer Erfolg, weil wir schnell und unbürokratisch helfen konnten. Knapp 63 Millionen Euro wurden eingesetzt und der Bestand von mehr als 130.000 Betten gesichert. Der Bedarf der Häuser endete jedoch nicht mit dem Jahreswechsel. Darum kommen die Mittel, die der Bundestag bereits freigegeben hat, zur rechten Zeit.“

Mit der Neuauflage des Sonderprogramms können finanzielle Notlagen bei gemeinnützigen Übernachtungsstätten im Bereich der Kinder- und Jugendbildung und Kinder- und Jugendarbeit im Zeitraum von Anfang Januar bis Ende Juni 2021 abgemildert werden. Antragsberechtigt sind Jugendherbergen, Schullandheime, Familienferienstätten, Kindererholungszentren, Naturfreundehäuser, Jugendbildungs- und begegnungsstätten der Jugendverbände sowie der politischen, kulturellen und sportlichen Kinder- und Jugendarbeit mit Übernachtungsangeboten. Die Beantragung der Mittel ist vergleichsweise einfach möglich. Die Einrichtungen müssen eine durch die Corona-Pandemie bedingte finanzielle Notlage nachweisen. Vorhandene Liquiditätsengpässe beziehungsweise nicht gedeckte Fixkosten können bis zu einem Anteil von 90 Prozent durch einen Zuschuss aus dem Sonderprogramm ausgeglichen werden. Die maximale Zuschusshöhe pro Bett wurde von 400 Euro im Jahr 2020 auf bis zu 800 Euro angehoben.

Für die Sicherung des ersten Halbjahres 2021 können bis zum 28. März Zuschüsse beantragt werden. Weitere Informationen zur Antragstellung erhalten Sie unter https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/corona-pandemie/hilfen-fuer-soziale-einrichtungen/sonderprogramm-kinder-jugend-bildung-arbeit.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 01.03.2021

Rheinland-Pfalz tritt als elftes Bundesland bei

Rheinland-Pfalz hat sich als nunmehr elftes Bundesland der Bundesinitiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ des Bundesfamilienministeriums angeschlossen. Ab dem 01. März 2021 können Kinderwunschpaare mit Wohnsitz in Rheinland-Pfalz einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für eine Kinderwunschbehandlung durch Bund und Land stellen.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Als Bundesfamilienministerin setze ich mich dafür ein, dass der sehnliche Wunsch von Paaren nach einem eigenen Kind für möglichst viele in Erfüllung gehen kann. Mit der Bundesinitiative unterstützen wir ungewollt kinderlose Paare und entlasten sie bei den Behandlungskosten. Denn die Aufwendungen für eine Kinderwunschbehandlung können schnell in die Tausende Euro gehen. Mit dem Beitritt von Rheinland-Pfalz als elftes Bundesland zu unserer Initiative, kann nun noch mehr Paaren bei den finanziellen Herausforderungen geholfen werden. Jedoch sollten diejenigen, die gerne eine Familie gründen möchten, bei denen es aber auf natürlichem Wege nicht klappen will, in ganz Deutschland unterstützt werden. Daher mache ich mich weiterhin dafür stark, dass die verbliebenen Bundesländer unserer Initiative beitreten.“

Details zur gemeinsamen Förderung durch Bund und Land
Der Bund und das Land Rheinland-Pfalz gewähren heterosexuellen Paaren, die sich zur Erfüllung ihres Kinderwunsches einer Behandlung nach Art der In-vitro-Fertilisation (IVF) oder einer Intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) unterziehen müssen, fortan für den ersten bis vierten Behandlungszyklus einen Zuschuss in Höhe von bis zu 50 Prozent des verbleibenden Eigenanteils nach Abrechnung mit den Krankenkassen beziehungsweise den Beihilfestellen.

Der Zuschuss, den Bund und Land jeweils hälftig finanzieren, beträgt bei der ersten bis zur dritten Behandlung bis zu 800 Euro (IVF) bzw. 900 Euro (ICSI) und bei der vierten Behandlung bis zu 1.600 Euro (IVF) bzw. 1.800 Euro (ICSI).

Erstmals auch Förderung gleichgeschlechtlicher Frauenpaare

Rheinland-Pfalz wird als erstes Bundesland auch gleichgeschlechtlichen Frauenpaaren eine finanzielle Förderung gewähren, sofern eine medizinische Indikation vorliegt, die eine IVF oder ICSI für die Erfüllung ihres Kinderwunsches nötig macht. Dieser Zuschuss wird ausschließlich aus Landesmitteln finanziert.

Immer mehr Bundesländer schließen sich der Initiative an

Neben Rheinland-Pfalz beteiligen sich bereits die Länder Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen an der Bundesinitiative.

Alleine in dieser Legislaturperiode haben sich bereits fünf weitere Bundesländer der Förderkooperation angeschlossen. Das Saarland und Bremen beabsichtigen in naher Zukunft ebenfalls den Abschluss einer entsprechenden Kooperationsvereinbarung.

Weitere Informationen

Das Antragsformular sowie Informationen zu den Fördervoraussetzungen in Rheinland-Pfalz sind hier abrufbar: https://lsjv.rlp.de/de/unsere-aufgaben/foerderung/assistierte-reproduktion/

Wie es den von ungewollter Kinderlosigkeit in Deutschland betroffenen Paaren geht und welche Hilfs- und Unterstützungsangebote sie sich wünschen, zeigt die vom Bundesfamilienministerium im September 2020 veröffentlichte Studie „Ungewollte Kinderlosigkeit 2020 – Leiden – Hemmungen – Lösungen“.

Informationen zur Bundesinitiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ finden Sie unter www.informationsportal-kinderwunsch.de. Ob die Voraussetzungen für eine finanzielle Förderung erfüllt sind, kann durch Beantwortung von elf einfachen Fragen im Förder-Check auf dem Informationsportal herausgefunden werden.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 26.02.2021

530 Häuser erhalten deutschlandweit mit der achtjährigen Laufzeit mehr Planungssicherheit. 

Mehrgenerationenhäuser sind Orte, an denen sich jüngere und ältere Menschen begegnen und das Miteinander der Generationen aktiv leben können.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey hat heute den offiziellen Startschuss für das neue „Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus. Miteinander – Füreinander (2021-2028)“ gegeben. Damit wird die Laufzeit des Programms für die rund 530 Begegnungsorte um weitere acht Jahre sichergestellt.

Bundesfamilienministerin Giffey: „Die Mehrgenerationshäuser sind ein unverzichtbarer Teil der sozialen Infrastruktur unseres Landes. Sie stärken den Zusammenhalt vor Ort und haben mit ihren vielen ehrenamtlich Aktiven gerade während der Pandemie gezeigt, dass soziale Nähe trotz räumlicher Distanz möglich ist. Der Fokus des neuen Bundesprogramms ist es, unsere Demokratie und den sozialen Zusammenhalt zu stärken, digitale Kompetenzen zu fördern und sich für ökologische Nachhaltigkeit zu engagieren. Die Mehrgenerationenhäuser sollen dazu beitragen, gute Entwicklungschancen und faire Teilhabemöglichkeiten zu schaffen – für alle Menschen, die in Deutschland leben. Gleichwertige und bessere Lebensverhältnisse fangen im Konkreten mit der Begegnung von Menschen an. Die Mehrgenerationenhäuser sind großartige Orte dafür.“

Das neue Bundesprogramm setzt wie das vorherige Bundesprogramm (2017-2020) die enge Zusammenarbeit der Mehrgenerationenhäuser mit ihren Kommunen sowie die flexible und bedarfsorientierte Ausrichtung fort. Mit niedrigschwelligen Informations-, Beratungs- und Begegnungsangeboten bieten sie Raum für gemeinsame Aktivitäten, fördern das freiwillige Engagement aller Altersgruppen und stärken das nachbarschaftliche Miteinander in der Kommune. Das Bundesprogramm ist Teil des gesamtdeutschen Fördersystems, das strukturschwache Regionen langfristig unterstützt.

Mit Beginn der neuen Förderphase schließt das Bundesfamilienministerium zudem eine neue Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) ab. Das Ziel ist die Zusammenarbeit im Bereich Arbeitsmarktintegration und Beschäftigungsförderung sowie Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Pflege auszubauen.

Detlef Scheele, Vorsitzender des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit: „Durch die leicht zugänglichen Angebote können sowohl die Nutzerinnen und Nutzer als auch die in den Mehrgenerationenhäusern ehrenamtlich Engagierten zusätzliche Kompetenzen erwerben und neue Kontakte aufbauen. Das kann ihnen helfen, eine Ausbildung oder eine neue Beschäftigung zu finden. Mehrgenerationenhäuser tragen damit zur Integration in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft bei.“

Im neuen Bundesprogramm wird auch die Kooperation mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung 2016-2026 mit dem durch das BMBF geförderten Sonderschwerpunkt „Förderung der Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen“ fortgesetzt. Seit 2018 können die Mehrgenerationenhäuser für Angebote in diesem Bereich einen zusätzlichen jährlichen Zuschuss von bis zu 15.000 Euro beantragen. Im Jahr 2021 nehmen 170 Mehrgenerationenhäuser teil und bieten Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten eine erste Beratung, alltags- und praxisbezogene Unterstützungsangebote und unkomplizierte Hilfe.

In 2020 und 2021 ist es dank guter Haushaltslage gelungen, die Programmmittel um 5,45 Millionen Euro auf insgesamt 22,95 Millionen Euro zu erhöhen. Dadurch konnte der Bundeszuschuss für die Mehrgenerationenhäuser auf 40.000 Euro angehoben werden. Es ist auch Ziel, diesen erhöhten Zuschuss in der Haushaltsplanung für 2022 und der weiteren Finanzplanung fortzuschreiben.

Die Fördermittel dürfen flexibel als Personal- oder Sachkosten eingesetzt werden. Neben dem jährlichen Bundeszuschuss erhalten alle Mehrgenerationenhäuser auch im neuen Bundesprogramm weiterhin eine Kofinanzierung in Höhe von 10.000 Euro pro Jahr von Kommune, Landkreis und/oder (anteilig) vom Land.

Zusätzliche Unterstützung erhalten die Mehrgenerationenhäuser vom BMFSFJ im Rahmen der Programmbegleitung durch fachliche Beratung, Öffentlichkeitsarbeit und bei der Qualitätssicherung. Alle Mehrgenerationenhäuser sind im neuen Bundesprogramm erstmals verpflichtet, regelmäßig ein selbst gewähltes Review-Verfahren durchzuführen, an dem die jeweilige Standortkommune zu beteiligen ist.

Weitere Informationen zum Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus. Miteinander – Füreinander und zur Arbeit der Mehrgenerationenhäuser unter www.mehrgenerationenhaeuser.de.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 23.02.2021

Schulen brauchen ein zukunftssicheres Ökosystem

Am heutigen Montag fand der Online-Dialog über Perspektiven und Anforderungen an die Bildung in der digitalen Welt mit der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Bundesbildungsministerin Anja Karliczek sowie Expertinnen und Experten der digitalen Bildung statt. Zudem wurden aktuelle Zahlen zur Umsetzung des DigitalPakt Schule veröffentlicht. Dazu erklärt die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag Nadine Schön:

„In der Pandemie wird deutlich: Digitale Schulbildung ist als fester Bestandteil zukünftiger Schulkonzepte zu begreifen. Ziel muss es dabei sein, dass Schulen sowohl analoges als auch digitales Lehren und Lernen beherrschen. Die Erwartungen an eine gute digitale Bildung in Deutschland gehen weit über das hinaus, was viele Familien in der aktuellen Situation mit Distanz- und Wechselunterricht erleben.

Schulen, Lehrkräfte, Eltern und Ehrenamtliche haben in den letzten Wochen und Monaten sehr viele gute, wirksame und kreative Lösungen auf den Weg gebracht. Besser wäre es gewesen, es hätte überall schon wirksame Lösungen und Strategien für digitale Bildung gegeben. Ich finde es wichtig, dass im heutigen Dialog über den Status Quo und gleichzeitig über künftige Perspektiven diskutiert wird.

Schulen sind auf eine ausreichende digitale Infrastruktur angewiesen, um digitale Angebote und Videokonferenzen in den Schulalltag zu integrieren. Es ist unverständlich, warum selbst in Großstädten viele Schulen noch nicht an leistungsfähige Netze angeschlossen sind. Deshalb ist die schnelle Umsetzung des DigitalPakt Schule so wichtig. Erfreulich, dass jetzt Schwung in den Mittelabfluss gekommen ist. Bedauerlich, dass es in manchen Ländern so lange dauert, bis die insgesamt 6,5 Milliarden Euro, die der Bund bereits vor zwei Jahren zur Verfügung gestellt hat, auch wirklich in den Schulen ankommen. Die Soforthilfe, die der Bund etwa zur Anschaffung von Tablets und Laptops für Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte zusätzlich leistet, ist wichtig, um allen Kindern und Jugendlichen die Teilhabe an Bildung in der momentanen Krise zu ermöglichen. Das wird gut angenommen.

Doch mit Geld allein wird digitale Bildung nicht verwirklicht. Geschaffen werden muss ein zukunftssicheres Ökosystem für digitale Bildung, in dem sich innovative und kreative Lösungen im Wettbewerb entwickeln können. Bundeshilfe ist dafür nur ein Baustein. Den eigentlichen Kraftakt müssen die Länder und Kommunen leisten, die für Schulbildung die Verantwortung im föderativen System tragen, und die Schulen selbst. Es braucht die Entwicklung eines übergreifend geltenden, rechtssicheren Handlungsrahmens sowie zentrale Leitlinien für die organisatorische, personelle und technische Umsetzung von digitaler Bildung in Schule und zu Hause. Dass 16 Mal neu entschieden wird, ob ein Tool für den Schulunterricht zugelassen wird oder nicht, ist ein Unding. Alle Betroffenen – Schulen, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie Eltern – müssen befähigt und unterstützt werden. Aus der Krise lernen heißt: 2021 die Kräfte noch stärker bündeln und das Tempo im Infrastrukturausbau der Schulen und bei der digitalen Weiterbildung der Lehrkräfte weiter erhöhen.

Mit den von Ministerin Karliczek vorgeschlagenen Kompetenzzentren und dem Nationalen Bildungsraum schaffen wir bundesseitig nun zwei wichtige Innovationsmotoren und Voraussetzungen für das Gelingen von lebenslanger digitaler Bildung. Dabei darf es nicht bleiben. Wir müssen auch Strukturen hinterfragen und den Föderalismus, gerade bei der Bildung, neu denken.“

Hintergrund:
Knapp 488 Millionen Euro sind bis zum Jahresende 2020 aus dem Digitalpakt Schule abgeflossen. Das geht aus den Zahlen hervor, welche die Länder halbjährlich zum 15. Februar (Stichtag 31. Dezember) und zum 15. August (Stichtag 30. Juni) an den Bund melden. Die Mittelbindung – also bereits beantragte, aber noch nicht abgerufene Summen – liegt mit rund 875 Millionen Euro fast doppelt so hoch. Die bereits verausgabten und bewilligten Mittel belaufen sich auf insgesamt 1,363 Mrd. Euro. Von den abgeflossenen Mitteln stammen rund 376 Mio. Euro aus dem Sofortausstattungsprogramm, das Bund und Länder im Zuge der Pandemie 2020 auf den Weg gebracht haben. Der DigitalPakt Schule läuft bis 2024. Im Zuge der Corona-Pandemie haben Bund und Länder mit drei Zusatzvereinbarungen den DigitalPakt Schule ausgeweitet:

  • 500 Millionen Euro für ein Sofortausstattungsprogramm, damit Schulen Endgeräte anschaffen und an Schülerinnen und Schüler ausleihen können, die Zuhause keine eigenen Geräte nutzen können. Es trat am 4. Juli 2020 in Kraft.
  • 500 Millionen Euro zur Förderung von Administratoren, die sich um die digitale Technik kümmern sollen. Sie trat am 4. November 2020 in Kraft. Zahlen zum Mittelabfluss werden zum nächsten Stichtag (30.06.2021) erstmals erhoben.
  • 500 Millionen Euro, um Leihgeräte für Lehrkräfte zu beschaffen. Diese Maßnahme trat am 28. Januar 2021 in Kraft und damit nach dem Stichtag für die vorliegenden Zahlen.

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 22.02.2021

Die Fraktion DIE LINKE hat den Antrag „Für das Leben – Das Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung sichern, reproduktive Gerechtigkeit ermöglichen“ (Drucksachennummer 19/26980, https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/269/1926980.pdf) veröffentlicht und als eigenen Tagesordnungspunkt im Plenum aufgesetzt. Aus diesem Anlass möchte ich Sie und euch auf die Bundestagsdebatte am Donnerstag, den 4. März, sowie unseren Antrag aufmerksam machen.

Wir fordern mit diesem Antrag, reproduktive Gerechtigkeit zum Staatsziel zu machen. Und wir fordern ein reproduktive Rechte-Gesetz, mit dem unter anderem Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch gestrichen und endlich als das geregelt werden sollen, was sie sind: ein Bestandteil der gesundheitlichen Versorgung.

Zu oft wird die Auseinandersetzung um Schwangerschaftsabbrüche auf einen Konflikt zweier Lager – pro life und pro choice – verengt. Diese Verkürzung trifft es doppelt nicht, denn zum einen geht es den rechten Abtreibungsgegner:innen nicht um ein gutes Leben für alle, sondern in erster Linie wollen sie ungewollt Schwangere in ihrer Selbstbestimmung einschränken. Zum anderen geht es bei Wahlfreiheit um mehr als allein um das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch, denn wirkliche Wahlfreiheit entsteht erst aus der Verbindung von Rechten und deren materieller Absicherung für alle Menschen.

Deshalb wollen wir mit unserem Antrag einen Dreiklang – das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, das Recht, selbst zu entscheiden, ob ein Mensch ein Kind bekommt oder nicht, das Recht auf ein gutes und sicheres Leben mit Kindern – zum Ziel politischen Handelns machen. Alle drei Punkte hängen eng zusammen: Die sexuelle Selbstbestimmung wird natürlich davon beeinflusst, ob es eine Entscheidungsfreiheit für oder gegen Kinder gibt, die durch den Zugang zu Verhütungsmitteln, aber auch durch die Möglichkeit eines Abbruchs einer ungewollten Schwangerschaft abgesichert wird. Diese Möglichkeit entsteht nicht nur durch das Recht, sondern muss durch eine entsprechende Versorgung und einen kostenfreien Zugang abgesichert werden. Und: Eine wirklich selbstbestimmte Entscheidung für oder gegen ein Kind, ist nur dann möglich, wenn beide Entscheidungen ohne Stigmatisierung und Zwang möglich sind. Sie ist dann möglich, wenn nicht der unsichtbare Zwang der materiellen Bedingungen eine Entscheidung einschränkt: Armut und Diskriminierung machen es vielen Menschen schwer bis unmöglich, selbstbestimmt und unter guten Bedingungen Kinder zu bekommen und aufzuziehen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 01.03.2021

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (19/27189) vorgelegt, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagplenums steht. Danach sollen minderjährige, ledige Kinder leichter zusammen mit ihren Eltern zu einem in Deutschland als schutzberechtigt anerkannten Geschwisterkind nachziehen können.

Wie die Fraktion in der Vorlage darlegt, führt die aktuelle Rechtspraxis in Deutschland dazu, dass zu unbegleiteten Kindern, die in Deutschland als schutzberechtigt anerkannt wurden, zwar ihre Eltern nachziehen können, aber nicht ihre Geschwister. Die fehlende Regelung zum Geschwisternachzug im Aufenthaltsgesetz verursache unbillige Härten für Eltern, die neben dem in Deutschland als schutzberechtigt anerkannten minderjährigen Kind noch weitere Kinder im Ausland haben. Während für den Nachzug der Eltern zu ihrem Kind vereinfachte Voraussetzungen gelten, werde der Nachzug der Geschwisterkinder unter die Bedingung gestellt, dass ausreichender Wohnraum vorhanden und der Lebensunterhalt der Nachziehenden gedeckt ist.

„Diese Voraussetzungen kann der oder die stammberechtigte Minderjährige in Deutschland aber in aller Regel nicht erfüllen“, schreiben die Abgeordneten weiter. Dadurch müssten die Eltern sich zwischen der Sorge für ihre im Ausland befindlichen Kinder und dem in Deutschland lebenden stammberechtigten Kind entscheiden, was zu jahrelangen Familientrennungen führe.

Mit dem Gesetzentwurf sollen die minderjährigen ledigen Geschwister der als Flüchtling anerkannten oder subsidiär schutzberechtigten Referenzperson in den Kreis der privilegiert nachzugsberechtigten Personen aufgenommen werden. Der Kindernachzug für gleichzeitig mit ihren Eltern einreisende Kinder soll nicht mehr unter die Voraussetzung der Lebensunterhaltssicherung und des ausreichenden Wohnraums gestellt werden.

Gesetzlich geregelt werden sollen mit dem Entwurf auch die Zeitpunkte für die Minderjährigkeit der stammberechtigten und nachziehenden Kinder. Danach sollen stammberechtigte Kinder zum Zeitpunkt ihrer Asylantragstellung minderjährig sein müssen, damit ihre Eltern ein Nachzugsrecht erhalten. Gemeinsam mit den Eltern nachziehende Geschwisterkinder sollen laut Vorlage zum Zeitpunkt der Visumsantragstellung ihrer Eltern minderjährig sein müssen, ebenso wie zu ihren stammberechtigten Eltern nachziehende Kinder zum Zeitpunkt der Asylantragstellung ihrer Eltern.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 287 vom 03.03.2021

Die Bundesregierung kann nicht beantworten, inwiefern das Starke-Familien-Gesetz zu einer höheren Inanspruchnahme des Bildungs- und Teilhabepaketes bei Kindern und Jugendlichen geführt hat. Das schreibt sie in einer Antwort (19/26910) auf eine Kleine Anfrage (19/26157) der Fraktion Die Linke.

Die Regierung verweist darauf, dass eine gemeinsame Statistik zu Bildungs- und Teilhabeleistungen für alle Rechtskreise nicht existiere. So ließen die Daten des Rechtskreises SGB II (Zweites Buch Sozialgesetzbuch) keine Rückschlüsse darüber zu, inwieweit die Zahlen auf das Starke-Familien-Gesetz zurückzuführen seien. Auch im Bereich des Bundeskindergeldgesetzes würde die Zahl der Empfänger dieser Leistungen nicht statistisch erfasst. „Die Einführung einer zusätzlichen Statistik- und Berichtspflicht konkurriert mit dem Anliegen des Programms der Regierung ‚Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung'“, heißt es in der Antwort.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 278 vom 03.03.2021

Diskriminierendes Verhalten von Jobcentern und Familienkassen gegenüber ausländischen EU-Angehörigen steht im Mittelpunkt einer Kleinen Anfrage (19/26865) der Fraktion Die Linke. Die Bundesregierung soll unter anderem ihre empirischen Befunde über bandenmäßigen Leistungsmissbrauch darlegen. Außerdem interessiert die Abgeordneten der Umgang mit der internen Arbeitshilfe zu diesem Komplex sowie die Existenz von Studien zum Thema Diskriminierung in Jobcentern und Schulungen des Personals.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 264 vom 01.03.2021

Die Linksfraktion plädiert für die Einführung eines zehntägigen Elternschutzes. In einem Antrag (19/26979) fordert sie die Bundesregierung auf, das bestehende Mutterschutzgesetz zu einem Elternschutzgesetz weiterzuentwickeln. In dessen Rahmen soll eine zehntägige bezahlte Freistellung von der Arbeit für den zweiten Elternteil oder eine von der leiblichen Mutter benannte soziale Bezugsperson unmittelbar nach der Geburt eines Kindes gewährt werden. Jeweils fünf Tage der Lohnfortzahlung sollen durch den Arbeitgeber und durch den Bund finanziert werden. Zudem sei ein Rückkehrrecht auf den früheren Arbeitsplatz sowie ein Diskriminierungs- und ein Kündigungsverbot im Elternschutz zu verankern.

Nach Ansicht der Linksfraktion müssten mehr Maßnahmen als bisher ergriffen werden, um eine partnerschaftliche Aufteilung der Sorge- und Erwerbsarbeit zu erreichen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf müsse verbessert und die Übernahme der Sorgearbeit durch Väter beziehungsweise den zweiten Elternteil gefördert werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 246 vom 25.02.2021

Die Linksfraktion erfragt eine Bilanz der Wohnungspolitik in dieser Legislaturperiode. In einer Kleinen Anfrage (19/26556) erkundigen sich die Abgeordneten nach Zahlen und Daten zum sozialen Wohnungsbau, zur Liegenschaftspolitik des Bundes, zu Wohngeld und Mietenentwicklung, Bodenpreisen, Baukindergeld und Sonderabschreibungen für den Mietwohnungsbau.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 236 vom 24.02.2021

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/26874) eine geschlechtergerechte Krisen- und Zukunftspolitik. Eine Krisenpolitik, die über Geschlechterungerechtigkeiten hinwegsehe, manifestiere diese neu. Davon betroffen seien Frauen und die mit ihnen verbundenen Kinder und Familien. Auch Verantwortungsgemeinschaften, die nicht dem traditionellen Familienmodell entsprächen, würden häufig übersehen, schreiben die Abgeordneten.

Sie fordern unter anderem, die seit 2020 erfolgten Pandemie-Krisenmaßnahmen daraufhin auszuwerten, wie sie sich auf die Einkommens-, Arbeitsmarkt-, Pflege-, Rentensituation von Frauen und Männern, speziell Müttern und Vätern, ausgewirkt haben. Die Bundesregierung soll außerdem noch in dieser Legislaturperiode einen konkreten Aktionsplan zur Überwindung geschlechtsspezifischer Kriseneffekte auf Frauen vorlegen. Dieser Plan soll berücksichtigen, inwiefern sich geschlechtsspezifische Ungleichheiten mit Benachteiligungen aufgrund von Rassismus, Alter, Behinderung, sexueller Identität und geschlechtlicher Orientierung sowie Bildungsabschluss und Einkommensstatus verschränken oder verstärken. Ferner müsse dem Gleichstellungsgrundsatz des Grundgesetzes nachgekommen werden, indem künftige Konjunkturpakete, Hilfsprogramme und Haushaltsaufstellungen einem konsequenten „Gender Budgeting“ unterzogen werden, fordert Die Linke.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 233 vom 24.02.2021

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat heute eine Vorstudie veröffentlicht, die Strukturen, Organisationsformen, Vernetzungen und Debatten pädosexueller Gruppierungen in Berlin seit den 1970er-Jahren untersucht. Recherchiert wurde in Beständen staatlicher Archive und Bewegungsarchive sowie privater Sammlungen. Die eingesehen Dokumente und Gespräche mit Zeitzeuginnen, Zeitzeugen und Betroffenen zeigen, wie pädosexuelle Gruppierungen versuchten, eine deutschlandweite Bewegung zu etablieren und sich international zu vernetzen. Um ihre pädokriminellen Positionen zu legitimieren, suchten die Aktivisten nicht nur in neuen sozialen Bewegungen oder bei politischen Parteien Bündnispartner, sondern auch in der Wissenschaft. Sichtbar wurde zudem die enge Anbindung an kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen.

Die Vorstudie beinhaltet neben einem einführenden Text der Vorsitzenden der Kommission, Prof. Dr. Sabine Andresen, die Geschichten von zwei Betroffenen, die in ihrer Kindheit und Jungend sexueller Gewalt in pädosexuellen Netzwerken ausgesetzt waren.

Zur Publikation

Quelle: Pressemitteilung Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs vom 24.02.2021

Junge Menschen aus nicht akademischen Elternhäusern entscheiden sich auch heutzutage im Schnitt seltener für ein Universitätsstudium als Akademikerkinder – selbst bei gleichen schulischen Leistungen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zugleich legen Studien nahe, dass Schulen und Bundesagentur für Arbeit mit einem konzertierten Ausbau berufsorientierender Maßnahmen wesentlich dazu beitragen könnten, dass sich mehr Jugendliche aus bildungsferneren Haushalten für ein Studium entscheiden.

In den 1950er Jahren setzte in Deutschland die sogenannte Bildungsexpansion ein. Seit Jahrzehnten steigt die Zahl der Menschen mit einer Hochschulzugangsberechtigung ebenso wie die der Studierenden. Dies forcierte die Politik durch den Aufbau und die Öffnung von weiterführenden Bildungseinrichtungen, um die Chancengleichheit im Bildungssystem zu verbessern. Damit sollten insbesondere soziale Ungleichheiten abgebaut werden und Jugendliche aus nicht akademischen Haushalten verstärkt für tertiäre Bildungswege gewonnen werden. Dank der Bildungsexpansion wurde dieses Ziel teilweise erreicht, denn die Aufnahme eines Studiums hängt heutzutage weniger von der Bildung der Eltern ab als noch in den 1950er Jahren. Gleichwohl entscheiden sich Kinder aus nicht akademischen Haushalten auch bei gleichen Schulleistungen noch immer seltener für ein Hochschulstudium als Akademikerkinder.

Ob sich die Bildungsexpansion künftig fortsetzen wird, ist indes offen. Zwischen 1999 und 2018 stieg der Anteil eines Schülerjahrgangs, der die allgemeine Hochschulreife erwarb, deutschlandweit von knapp 28 auf knapp 40 Prozent. Allerdings verzeichnen einige wenige Bundesländer einen gegensätzlichen Trend. Dort nahm im gleichen Zeitraum der Anteil der Schulabsolventinnen und -absolventen mit Abitur sogar leicht ab. Auch in vielen anderen Bundesländern nehmen die Abiturientenanteile seit einigen Jahren nur noch sehr langsam oder gar nicht mehr zu (ausführliche Daten hierzu finden Sie im Datenportal des Bundesministeriums für Bildung und Forschung).

Höhere Bildungsabschlüsse führen im Lebensverlauf im Schnitt zu deutlich höheren Einkommen

Unverändert gilt, dass höhere Bildungsabschlüsse im Durchschnitt mit höheren beruflichen Positionen und damit deutlich höheren Löhnen im Lebensverlauf einhergehen (siehe Abbildung). So verdienen Abiturientinnen und Abiturienten mit Universitätsabschluss im Schnitt deutlich besser als solche mit beruflicher Bildung und auch besser als Menschen mit einer abgeschlossenen Meister- oder Technikerausbildung. Diese Einkommenskluft wächst mit zunehmendem Lebensalter.

Knapp 30 Prozent der Studienberechtigten beginnen eine Ausbildung

Die Bildungsentscheidung nach dem Abitur ist eine grundlegende Weichenstellung für die weitere berufliche Karriere – und damit auch eine wichtige Frage für die Bildungsforschung. Aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang Daten des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Demnach planten 63 Prozent der Schülerinnen und Schüler des Abschlussjahrgangs 2018 ein halbes Jahr vor dem Abschluss, unmittelbar nach dem Abitur ein Studium aufzunehmen. 23 Prozent strebten im direkten Anschluss an das Abitur eine Ausbildung an. Der Rest wollte die Zeit unmittelbar nach dem Abitur erst einmal anderweitig nutzen und zum Beispiel für ein Jahr ins Ausland gehen oder ein „soziales Jahr“ absolvieren (das sogenannte Gap Year).

Laut Berufsbildungsbericht liegt der Anteil der Studienberechtigten, die eine Ausbildung beginnen, aktuell bei knapp 30 Prozent. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. So nehmen in Bayern etwa vier Fünftel der Studienberechtigten ein Studium auf, in Nordrhein-Westfalen dagegen drei Fünftel. Ein Grund dafür liegt beispielsweise in der unterschiedlichen Selektivität der Schulsysteme beim Übergang von der Grundschule in weiterführende Schultypen. So werden in einigen Bundesländern Grundschülerinnen und Grundschüler schon nach der vierten Klasse in Abhängigkeit von ihren Schulleistungen in unterschiedliche Schultypen eingeteilt. In anderen Bundesländern erfolgt diese leistungsbezogene Einteilung dagegen später und weniger differenziert. So schaffen in Nordrhein-Westfalen auch mehr leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler das Abitur als in Bayern. Sie schrecken aber eher vor einem Studium zurück als die leistungsstärkeren.

Eine Studie von Marcel Helbig und Koautorinnen aus dem Jahr 2015 verweist auf zwei weitere Einflussfaktoren, die ebenfalls zu entsprechenden Unterschieden zwischen den Bundesländern beitragen. Zum einen wächst mit einem steigenden Angebot an Hochschulen in einer Region auch die Studierneigung von Abiturientinnen und Abiturienten. Zum anderen ist eine Art „Herdeneffekt“ zu beobachten: Je mehr junge Erwachsene eines Abiturjahrganges ein Studium beginnen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch junge Menschen ein Studium beginnen, die es zum Ende ihrer schulischen Laufbahn eigentlich gar nicht vorhatten.

Einer der wichtigsten Einflussfaktoren für die Bildungsentscheidung nach dem Abitur ist die soziale Herkunft

Die soziale Herkunft hat ebenfalls einen Einfluss darauf, welche Alternative junge Menschen nach dem Abitur für ihren Bildungsweg auswählen. In der Bildungsforschung wird die soziale Herkunft von jungen Menschen oft über den Bildungsstand der Eltern abgebildet. Denn es zeigt sich das typische Muster, dass die Bildung der Eltern Bildungsentscheidungen junger Menschen beeinflusst. Darüber hinaus zeigen Forschungsarbeiten, dass das Einkommen der Familie und die Berufe der Eltern einen Einfluss auf Bildungsentscheidungen haben. Nichtsdestotrotz hängen Bildungsentscheidungen junger Menschen am stärksten von den schulischen und beruflichen Abschlüssen der Eltern ab. Die Begriffe „Bildungsherkunft“ und „soziale Herkunft“ werden deswegen häufig – so auch hier – synonym verwendet.

Insgesamt beginnen Jugendliche aus bildungsfernen Elternhäusern seltener ein Hochschulstudium als Jugendliche aus Familien mit akademischem Hintergrund. Dies zeigen Daten des DZHW. Die Gründe dafür sind vielfältig, wie einschlägige Forschungsarbeiten zeigen. So haben Jugendliche aus akademischen Elternhäusern im Schnitt die besseren Abiturnoten. Und je besser diese Noten, desto höher ist die Studierneigung.

Doch auch bei gleichen Schulleistungen werden die Kosten eines Studiums oftmals unterschiedlich eingeschätzt, was ebenfalls die Studienentscheidung beeinflusst. So überschätzen Abiturientinnen und Abiturienten aus Elternhäusern mit niedrigerem Bildungsstatus meist die Kosten eines Studiums. Zugleich sind sie weniger gut informiert über das Spektrum an Finanzierungsmöglichkeiten, etwa über Stipendien oder Studienkredite. Zu diesem Ergebnis kommen Rolf Becker und Anna Etta Hecken in einer 2008 erschienenen Studie.

Was die Studie ebenfalls zeigt: Jugendliche aus nicht akademischen Haushalten schätzen ihre Chancen, das Studium erfolgreich zu beenden, geringer ein als Akademikerkinder – auch wenn sie vergleichbare Schulleistungen aufweisen. Dies verstärkt ebenfalls bestehende Vorbehalte gegen ein Studium.

Aus den genannten Gründen hat die soziale Herkunft einen starken Einfluss auf den Übergang von der Schule in weiterführende Bildungsgänge. Natürlich spielen Geschlecht oder Migrationshintergrund hier ebenfalls eine wichtige Rolle. Doch auch bei geschlechts- und migrationsspezifischen Unterschieden in Bildungsentscheidungen kommt dem Elternhaus, etwa aufgrund unterschiedlicher Erziehungsmethoden, eine gewichtige Rolle zu.

Ein besseres Informationsangebot könnte die Studierneigung erhöhen

Die im Jugendalter getroffene Entscheidung für einen bestimmten Bildungsweg hat also langfristige Folgen, die sich nicht zuletzt in unterschiedlichen Löhnen über den gesamten Erwerbsverlauf niederschlagen kann. Die Entscheidung wird stark durch die soziale Herkunft der Jugendlichen beeinflusst. Es kann also durchaus einen Unterschied machen, ob deren Eltern selbst studiert haben oder nicht. So zeigt sich beispielsweise, dass die Informiertheit der Schülerinnen und Schüler über verschiedene Bildungswege stark mit deren sozialer Herkunft zusammenhängt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die im DIW-Wochenbericht 26/2016 erschienen ist.

Eine Möglichkeit, dieser Ungleichheit entgegenzuwirken, besteht darin, die betroffenen Jugendlichen möglichst umfassend darüber zu informieren, welche Bildungsoptionen sich ihnen durch ein Abitur eröffnen.  Dabei geht es unter anderem um die Kosten und den zeitlichen Aufwand für ein Studium, um die Zukunftspotenziale bestimmter Ausbildungsberufe und Studienfächer, um mögliche finanzielle Hilfen (zum Beispiel Stipendien) und um die Anforderungen, die mit spezifischen Bildungswegen verbunden sind.

Neben den Schulen selbst sind hier auch externe Institutionen wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) gefordert. Indem Schulen und Bundesagentur eng zusammenarbeiten, können sie ein breites Informations- und Beratungsangebot sicherstellen, das so viele Jugendliche wie möglich erreicht.

Für Deutschland lässt sich beispielsweise auf Basis der Daten aus dem Berliner Studienberechtigtenpanel zeigen, dass „bereitgestellte Informationen zum Nutzen und zur Finanzierung eines Studiums insbesondere bei Jugendlichen ohne akademischen Bildungshintergrund der Eltern dafür sorgen, dass sie eher ein Studium anstreben“,  wie in einem DIW-Wochenbericht (26/2016) argumentiert wird.

Eine 2017 erschienene Studie von Martin Ehlert und Koautorinnen, die sich ebenfalls auf diese Daten stützt, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: Demnach erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Bewerbung für ein Studium für Jugendliche, deren Eltern keine akademischen Abschlüsse aufweisen, um rund 12 Prozentpunkte, wenn entsprechende Informationen bereitgestellt werden.

Die Ergebnisse einer 2017 erschienenen italienischen Experimentalstudie von Giovanni Abbiati  und Koautoren deuten allerdings darauf hin, dass entsprechende Informationen je nach Schichtzugehörigkeit der Jugendlichen unterschiedlich interpretiert werden und die Entscheidung für ein Studium nicht zwangsläufig begünstigen. Die gleiche Informationsbereitstellung führte in dieser Studie zwar dazu, dass alle betrachteten Gruppen sich eher gegen ein Studium mit ungünstigeren Zukunftsaussichten entschieden. Allerdings tendierten Jugendliche aus nicht akademischen Familien in diesem Fall eher zu einer Ausbildung, während Kinder aus akademischen Elternhäusern in der Folge eher andere Studienfächer wählten, von denen sie sich bessere Berufsperspektiven versprachen.

Um die Auswirkungen einer intensivierten Berufsberatung und Informationsbereitstellung geht es auch in dem aktuellen Projekt „Berufliche Orientierung: Studien- und Berufswahl – eine Wirkungsanalyse intensivierter Berufsberatung an Gymnasien“ des IAB. Es handelt sich dabei um eine auf mehrere Jahre angelegte Experimentalstudie, bei der Schülerinnen und Schüler von insgesamt 210 Gymnasien wiederholt befragt werden.

Fazit

Auch heute hängt die Studierneigung zumindest teilweise noch vom Bildungsstand des Elternhauses ab. Bessere Informationen über zukünftige Bildungswege und Berufsoptionen können dieser Schieflage entgegenwirken. So verstärkt beispielsweise die BA zurzeit ihr Berufsorientierungs- und Berufsberatungsangebot an Schulen in ganz Deutschland, um Schülerinnen und Schüler gezielt über post-schulische Bildungswege zu informieren.

Weiterhin könnten Jugendliche aus nicht akademischen Familien noch stärker als bisher über Mentorenprogramme angesprochen werden. Aktuellen Forschungsbefunden zufolge profitieren gerade Kinder aus benachteiligten Familien von solchen Programmen sehr. Auch eine vertiefte Berufsorientierung an Schulen, die praktische Einblicke in bestimmte Berufsfelder ermöglicht, könnte hilfreich sein, um Bildungsentscheidungen weniger abhängig vom Elternhaus zu machen. Dasselbe gilt für duale Studiengänge, denn sie bieten eine praxisnahe und zugleich theoretisch fundierte Ausbildung mit guten Einstiegsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt. Diese Kombination könnte gerade für Jugendliche aus bildungsfernen Elternhäusern die Hemmschwellen für die Aufnahme eines Studiums senken.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit vom 24.02.2021

Während die relative Armut in Deutschland in den 2010er Jahren zunächst zunahm und dann auf hohem Niveau stagnierte, nahm die materielle Unterversorgung in der gleichen Zeit deutlich ab. Letztere kann als Maß für absolute Armut betrachtet werden.

Die Veränderung von Armut in der Bevölkerung spielt bei Debatten um sozialpolitische Maßnahmen eine wichtige Rolle. Aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich die Frage nach dem Ausmaß der Armut aber nicht so leicht beantworten, gibt es doch verschiedene Wege, „Armut“ zu messen.

So hat die Armutsgefährdung in Deutschland, gemessen an der sogenannten Armutsrisikoquote, von 1990 bis 2009 erheblich zugenommen. Diese Kennziffer beschreibt den Anteil der Personen, die mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (gemeint ist hier das Medianeinkommen) auskommen müssen. Neueren Analysen zufolge ist die Armutsrisikoquote in den 2010er Jahren, spätestens aber ab 2015, nicht weiter gestiegen, sondern verharrt eher auf einem vergleichsweise hohen Niveau (die ausführlichen Daten finden Sie auf der IAB-Website unter Aktuelle Daten und Indikatoren).

Neue Auswertungen des „Panels Arbeitsmarkt und soziale Sicherung“ (PASS) wiederum zeigen, dass Armut im Sinne einer materiellen Unterversorgung der Bevölkerung im gleichen Zeitraum um etwa ein Drittel abgenommen hat. Materielle Unterversorgung bemisst sich anhand einer über die Zeit konstanten Liste von Gütern und Aktivitäten, die sich die Haushalte nicht leisten können.

Armutsrisikoquote: Die Entwicklung der Armutsgefährdung in Deutschland von 1990 bis 2009

In den 1990er und 2000er Jahren war die wachsende Armutsgefährdung in Deutschland ein steter Anlass zur Sorge. Die 1990er Jahre waren geprägt von einem gleichzeitigen Anstieg der Arbeitslosigkeit und der relativen Einkommensarmut. Der Anstieg der relativen Einkommensarmut setzte sich auch in der ersten Dekade des neuen Jahrtausends fort, obwohl die Arbeitslosigkeit in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts stark zurückging.

Der Befund, dass offenbar immer mehr Menschen armutsgefährdet sind, obwohl die Arbeitslosigkeit zurückgeht („arm trotz Arbeit“), prägte in den 2010er Jahren zusehends die sozialpolitische Diskussion. Auch dies trug mit dazu bei, dass im Jahre 2015 schließlich ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn eingeführt wurde.

Inzwischen liegen erstmals Daten zur Entwicklung der Armutsrisikoquote von 2010 bis 2019 vor. Abbildung 1 zeigt die Verläufe der Armutsrisikoquote auf Basis der wichtigsten Datenquellen der Armutsforschung in Deutschland. Da die Datenquellen mit einer statistischen Unsicherheit behaftet sind, die meist bei etwa plus/minus 1,5 Prozent liegt, hilft die Zusammenschau der Quellen bei der Einordnung.

Hierbei fällt auf, dass die unterschiedlichen Datensätze zu Beginn des letzten Jahrzehnts stärker divergieren als gegen Ende. Laut Mikrozensus und Sozio-oekonomischem Panel (SOEP) lag die Armutsrisikoquote Anfang 2010 noch bei knapp über 14 Prozent und stieg dann im Laufe des letzten Jahrzehnts auf etwa 16 Prozent. Demgegenüber lag die Armutsrisikoquote laut EU-Gemeinschaftserhebung über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) und dem Panel Arbeitsmarkt und soziale Sicherung (PASS) des IAB schon zu Beginn der Dekade bei etwa 16 Prozent und bewegte sich dann relativ konstant auf diesem Niveau.

Im Jahr 2017 lagen erstmals alle vier Erhebungen bei etwa 16 Prozent sehr eng beieinander. Damit ist es wahrscheinlich, dass dieser Wert das Ausmaß der relativen Einkommensarmut zutreffend beschreibt.

Des Weiteren stimmen alle vier verwendeten Datenquellen dahingehend überein, dass spätestens ab 2015 nur noch marginale Ausschläge nach oben oder unten festzustellen sind. Angesichts der angesprochenen Fehlermarge ist die seitdem zu beobachtende Stabilität der Armutsrisikoquote bemerkenswert.

Was misst die Armutsrisikoquote eigentlich genau?

An dieser Stelle lohnt es sich, kurz zu reflektieren, warum die bisher verwendete Armutsrisikoquote in der Armutsforschung so populär ist, welchen Aspekt von Armut sie misst und welche Schwächen sie hat.

Mit Armut bezeichnen wir in der Regel einen Mangel an für das Leben wichtigen Gütern. Unterschieden wird in der Armutsforschung zwischen der absoluten und der relativen Armut. Unter absoluter Armut versteht man, dass Menschen ihre Grundbedürfnisse, etwa nach Ernährung, Kleidung oder Wohnung nicht befriedigen können. Relative Armut bedeutet dagegen, dass man sich im Verhältnis zur Gesellschaft, in der man lebt, weniger leisten kann als der Großteil der Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Die Armutsrisikoquote ist damit eindeutig ein relatives Armutsmaß. Ihr großer Vorteil ist, dass sie sich leicht zwischen Staaten sowie im Zeitverlauf vergleichen lässt. Sie gibt an, welcher Teil der Bevölkerung gegenüber der Person in der Mitte der Verteilung beim sogenannten äquivalenzgewichteten Nettohaushaltseinkommen einen Rückstand von mehr als 40 Prozent aufweist. Steigt das Wohlfahrtsniveau aller Mitglieder einer Gesellschaft im gleichen Ausmaß, bleibt die Armutsrisikoquote konstant. Die Armutsrisikoquote reflektiert daher auch die Ungleichheit der Einkommen innerhalb einer Gesellschaft.

Ihr liegt zudem die Annahme zugrunde, dass die Einkommenssituation eines Haushalts entscheidend ist für die Wohlfahrt seiner Mitglieder. Damit wird indirekt unterstellt, dass die finanziellen Ressourcen im Haushalt fair verteilt und rational zur Mehrung der Wohlfahrt seiner Mitglieder eingesetzt werden. Man nennt diesen Ansatz daher auch einen indirekten Ansatz der Armutsmessung, denn eigentlich bezieht sich Armut ja auf das Fehlen für das Leben wichtiger Güter.

Kann man Armut auch anders messen? Das Konzept der „materiellen Unterversorgung“

Einen anderen Zugang verfolgt das Konzept der materiellen Deprivation beziehungsweise der materiellen Unterversorgung. Mit diesem Armutsmaß lässt sich das Fehlen wichtiger Güter direkt messen. Nun ist in entwickelten Ländern nur in äußersten Ausnahmefällen die Grundversorgung mit überlebenswichtigen Gütern wie Nahrung oder Kleidung nicht sichergestellt. Daher bezieht sich dieses Maß auf das Fehlen von Gütern beziehungsweise Aktivitäten, die in einem weiteren Sinne für ein normales Leben wichtig sind und eine soziale Teilhabe ermöglichen.

Die IAB-Panelstudie „PASS“ liefert eine besonders geeignete Datenquelle zur Untersuchung der zeitlichen Entwicklung materieller Unterversorgung (für mehr Informationen über PASS siehe die Beschreibung von Mark Trappmann und Koautoren aus dem Jahr 2019).

In dieser Erhebung wird seit 2007 für dieselben 22 Güter und Aktivitäten abgefragt, ob sie im Haushalt vorhanden sind oder realisiert werden können. Sofern dies nicht der Fall war, wird abgefragt, ob dies finanzielle Gründe hatte. Diese 22 Güter und Aktivitäten lassen sich fünf Dimensionen zuordnen (siehe Infokasten „Zuordnung der Güter und Aktivitäten zu den Dimensionen materieller Unterversorgung“):

  • Wohnung (zum Beispiel ausreichende Zahl von Zimmern, Bad vorhanden)
  • Nahrung und Kleidung (zum Beispiel ausreichende Winterkleidung, täglich warme Mahlzeit)
  • Ausstattung mit langlebigen Konsumgütern (zum Beispiel Auto, Computer mit Internetanschluss)
  • soziale Teilhabe (zum Beispiel Urlaubsreise, Kinobesuch)
  • Finanzen (zum Beispiel Sparen eines festen Betrags, pünktliche Mietzahlung).

Ein einfacher Index für die Unterversorgung lässt sich aus der Zahl der Aktivitäten und Güter konstruieren, die in einem Haushalt aus finanziellen Gründen fehlen. Für diesen sogenannten Deprivationsindex gilt im Gegensatz zur Armutsrisikoquote: Steigt der Lebensstandard in einer Gesellschaft für alle gleichermaßen, so sinkt auch die materielle Unterversorgung. Bei unveränderter Zusammensetzung der abgefragten Güter und Aktivitäten verhält sich der Deprivationsindex daher, wie Hans-Jürgen Andreß in einem 2018 erschienenen Aufsatz ebenfalls feststellte, wie ein absolutes Armutsmaß.

Die materielle Unterversorgung hat in Deutschland seit 2010 abgenommen

Abbildung 2 zeigt, dass die materielle Unterversorgung in der Gesamtbevölkerung in Deutschland seit 2010 stetig und statistisch signifikant abgenommen hat. Fehlten Anfang der 2010er Jahre im Durchschnitt noch fast 2 (1,7) der 22 Güter aus finanziellen Gründen, so fiel dieser Wert bis 2018 und 2019 auf gut 1 (1,1).

Eine separate Auswertung für Hartz-IV-Haushalte zeigt, dass von diesem Rückgang auch diejenigen profitiert haben, die von geringen Einkommen leben müssen. Etwa 70 bis 80 Prozent der Grundsicherungsbeziehenden sind armutsgefährdet im Sinne der Armutsrisikoquote. Entsprechend hoch ist im Vergleich zur Gesamtbevölkerung das Niveau der materiellen Unterversorgung. Fehlten Personen in Haushalten mit Grundsicherungsbezug 2010 im Durchschnitt 6,5 der 22 Güter, so ist auch dieser Wert bis 2014 stetig zurückgegangen und liegt seitdem zwischen 5 und 5,4.

Absolut ist dieser Rückgang bei den Grundsicherungsempfängern um etwas mehr als einen Punkt zwar stärker als in der Gesamtbevölkerung. Prozentual gesehen fällt der Rückgang von 2010 bis 2019 mit 20 Prozent bei den Grundsicherungsempfängern gegenüber 35 Prozent in der gesamten Bevölkerung jedoch geringer aus.

An welchen Gütern mangelt es besonders?

Betrachtet man die fünf Dimensionen materieller Unterversorgung, so zeigen sich deutliche Unterschiede im Grad der Verbreitung und ihrer Entwicklung über die Zeit. Da für die einzelnen Dimensionen unterschiedlich viele Güter erhoben wurden, wurde berechnet, welcher Anteil an Gütern aus allen Gütern einer Dimension fehlt. Die einzelnen Indizes können damit Werte zwischen null und hundert Prozent annehmen. Null Prozent bedeutet, dass kein Gut aus dieser Dimension fehlt, hundert Prozent bedeutet, dass alle fehlen.

Abbildung 3 verdeutlicht, dass sich Bezieherinnen und Bezieher von SGB-II-Leistungen von der gesamten Bevölkerung im Niveau der Unterversorgung unterscheiden, nicht jedoch hinsichtlich der Rangfolge der Dimensionen, in denen die Unterversorgung am gravierendsten ist.

Am größten ist der Mangel bei beiden Gruppen im Bereich der sozialen Teilhabe: Grundsicherungsempfänger mussten 2019 aus finanziellen Gründen durchschnittlich auf 46 Prozent der genannten Aktivitäten verzichten, in der gesamten Bevölkerung waren es 10 Prozent.

Auch im Bereich Finanzen ist der Grad der Unterversorgung relativ groß. Er beträgt bei den Grundsicherungsbeziehenden 35 Prozent, bei der gesamten Bevölkerung 8 Prozent. Im Bereich Wohnung hingegen liegt bei beiden Gruppen nur ein geringer Grad an Unterversorgung vor. Selbst Grundsicherungsempfänger liegen hier konstant unter 5 Prozent.

Wo gab es die deutlichsten Verbesserungen seit 2010?

Von 2010 bis 2019 ging die Unterversorgung der Bevölkerung in allen Dimensionen zurück. Dieser Rückgang fällt in denjenigen Dimensionen besonders stark fällt aus, bei denen vorher ein höheres Ausmaß an Unterversorgung vorlag. So hat sich der Wert im Bereich der sozialen Teilhabe fast halbiert (um 9 Prozentpunkte), im Bereich Finanzen sank der Index um fast ein Drittel (um 3 Prozentpunkte). Ebenfalls deutlich rückläufig ist die materielle Unterversorgung im Bereich Nahrung und Kleidung, auch wenn hier das Ausgangsniveau deutlich niedriger liegt. Dieser Index sank um gut 40 Prozent (2 Prozentpunkte).

Bei Personen aus SGB-II-Haushalten kam es in den Bereichen „soziale Teilhabe“ sowie „Nahrung und Kleidung“ zu den deutlichsten Verbesserungen. Bei der sozialen Teilhabe sank der Wert um gut ein Viertel (16 Prozentpunkte), bei Nahrung und Kleidung sogar um über 40 Prozent (9 Prozentpunkte). Der Rückgang im Bereich Finanzen liegt bei gut 10 Prozent (5 Prozentpunkte).

Fazit

In den 2010er Jahren konnte der bis dahin über fast zwei Jahrzehnte steigende Trend bei der Einkommensarmut in Deutschland gestoppt werden. Allerdings verharrte die Armutsrisikoquote trotz wirtschaftlicher Prosperität gegen Ende des letzten Jahrzehnts auf hohem Niveau.

Die für diese Diagnose verwendete Armutsrisikoquote beurteilt die Einkommenssituation armutsgefährdeter Personen in Relation zur Einkommenssituation einer Person in der Mitte der Einkommensverteilung. Insofern bedeutet dieser Befund letztlich vor allem, dass die unteren Haushaltseinkommen gegenüber den mittleren Haushaltseinkommen – trotz politischer Maßnahmen wie der Einführung des Mindestlohns – nicht aufholen konnten.

Betrachtet man dagegen die Entwicklung der Unterversorgung als ein im Zeitverlauf absolutes Maß für Armut, so ist über das letzte Jahrzehnt hinweg ein Rückgang zu verzeichnen. Von diesem haben auch die Ärmsten profitiert, nämlich diejenigen Personen, die auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind. Doch relativ gesehen ist der Rückgang in dieser Gruppe geringer als in anderen Gruppen. Insbesondere in den Bereichen „soziale Teilhabe“ und „Finanzen“ können sie sich nach wie vor vieles nicht so ohne Weiteres leisten, was für das Gros der Bevölkerung in Deutschland selbstverständlich ist.

Quelle: Pressemitteilung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit vom 17.02.2021

In einem offenen Brief wendet sich UNICEF an die internationale Gemeinschaft und fordert entschlossenes Handeln, um die Zukunft von Kindern nach der Covid-19 Pandemie positiv zu gestalten. Es wird darauf hingewiesen, dass die Krise in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Ernährung drastische Auswirkungen hat. Bereits vor der Pandemie seien diese Grundrechte von Kindern weltweit nicht erfüllt worden. Die Krise müsse als Anlass zum entschlossenen politischen Handeln für die Zukunft von Kindern genommen werden. Aktuell seien der Kampf gegen Desinformationen zum Thema Impfung, die Verringerung digitaler Ungleichheiten als Voraussetzung zum Homeschooling, ein Fokus auf die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, Ungleichheiten im materiellen Bereich und in der sozialen Teilhabe und der Klimawandel die zentralen Herausforderungen.

UNICEF: Offener Brief „Five opportunities for children we must seize now“

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 26.02.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Im Rahmen des turnusgemäßen Wechsels übernimmt der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e. V. die Federführung der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen e. V. für 2021 und 2022. Mit ihrer neuen Vorsitzenden Sidonie Fernau startet die AGF in das neue Jahr. Neue stellvertretende Vorsitzende ist ihre Vorgängerin, Daniela Jaspers vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V.

Der AGF steht in einem zweijährigen Turnus ein Mitgliedsverband federführend vor. Mit dem Jahreswechsel hat der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e. V. den 2019 und 2020 amtierenden Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e. V. (VAMV) abgelöst. Bereits auf der Mitgliederversammlung Ende 2020 wurden daher mit Wirkung zum 01. Januar 2021 die Vorsitzende der iaf, Sidonie Fernau zur Vorsitzenden sowie ihre Vorgängerin, Daniela Jaspers, zu ihrer Stellvertreterin gewählt.

Wichtige Themen der AGF in den letzten zwei Jahren waren die Erstellung eines Grundsatzpapiers zu Digitalisierung und Familie sowie die Unterstützung von Familien und Kindern bei Trennung und Scheidung. Ebenso war die Frage nach einer hohen Qualität bei der Entwicklung eines Rechtsanspruchs auf eine Ganztagsbetreuung von Kindern im Grundschulalter von großer Bedeutung. Im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wurde das Thema Kinderarmut mit dem Fokus auf die EU-Kindergarantie wieder verstärkt aufgenommen. Zudem wurde die europäische und internationale Arbeit der AGF weiter gestärkt.

Insbesondere die letzten Themen werden auch unter der zukünftigen Federführung intensiv weiterbearbeitet. Dies gilt vor allem auch vor dem Hintergrund der Herausforderungen für Familien durch die Corona-Pandemie, die für die Familienorganisationen eine große Bedeutung bleiben wird. „Angesichts der bisherigen Erfahrungen der Familien, dass die Aufrechterhaltung des Lebens weitgehend auf Ihren Schultern liegt, müssen ihre Perspektiven systematischer in die politischen Entscheidungsprozesse eingebunden werden“, so die neue Vorsitzende, Sidonie Fernau. Für die nächsten zwei Jahre hat sie zum Ziel, „die Synergien aus der Zusammenarbeit weiterhin intensiv zu nutzen, weitere Themen gemeinsam zu erarbeiten und dabei verstärkt die Lebenslagen von binationalen und eingewanderten Familien einzubeziehen sowie am Themenkomplex diversitätsbewusste und rassismuskritische Familienpolitik zu arbeiten.“ So plant die AGF neben den benannten Themen aus Familiensicht die Ambivalenzen der Unterstützung Pflegebedürftiger durch ausländische Pflege-/ Haushaltskräfte in der Häuslichkeit genauer zu betrachten.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e. V. vom 12.02.2021

SGB-VIII-Reform auf der Zielgeraden – Nachbesserungen werden angemahnt

Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt in ihrer Stellungnahme sehr, dass das Vorhaben der Bundesregierung, die Kinder- und Jugendhilfe zu modernisieren mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf noch in der laufenden Legislaturperiode zum Abschluss gebracht werden kann.
Die notwendige und seit vielen Jahren von der Fachöffentlichkeit geforderte und vorbereitete Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendhilferechts ist somit in greifbarer Nähe. Insbesondere ist zu begrüßen, dass die Kinder- und Jugendhilfe inklusiv weiterentwickelt wird, wenn auch aus Sicht der AWO eine verbindlichere und schnellere Verankerung im Gesetz dringend notwendig ist.
Die Ansätze des Gesetzesentwurfes, die Beteiligungsrechte der Adressat*innen zu stärken und den Schutz der Kinder und Jugendlichen zu verbessern werden seitens der AWO unterstützt.

Die Inhalte der AWO-Stellungnahme wurden in der Sachverständigenanhörung des Familienausschusses am 22. Februar 2021 durch Hubert Lautenbach, Referent beim AWO Bundesverband e. V., erläutert.

Die Stellungnahme ist hier als Download verfügbar:  AWO Stellungnahme KJSG 

 

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 23.02.2021

Zum Welttag der sozialen Gerechtigkeit am 20. Februar fordert die AWO in Sachsen-Anhalt eine konsequente und wirksame Bekämpfung von Kinder-, Jugend- und Familienarmut.

Ein gutes Aufwachsen von allen Kindern und Jugendlichen muss in unserer Gesellschaft Priorität haben

Die Vorsitzende des AWO-Präsidiums Barbara Höckmann appelliert: „Armut ist nicht selbstverschuldet und geht uns alle an. Die wachsende Spaltung der Gesellschaft in arm und reich ist für uns als AWO nicht hinnehmbar und lässt sich dauerhaft nur durch eine Veränderung der Verhältnisse beseitigen. Eine entschlossene und wirksame Bekämpfung von Armut bestimmt maßgeblich unsere tägliche Arbeit. Die AWO in Sachsen-Anhalt unterstützt landesweit Familien mit Hilfebedarf, sei es in Beratungsstellen, der Kita, der Kinder- und Jugendhilfe, in Tafeln, der offenen Jugend- und Jugendsozialarbeit. Wie unverzichtbar ein funktionierendes Gemeinwesen mit einer sozialen Infrastruktur für die Menschen ist, hat sich in der Coronakrise mit der Schließung sozialer und Bildungs-Einrichtungen im Lockdown nochmals besonders deutlich gezeigt. Die materiellen und psychosozialen Folgen der Corona-Pandemie sind gravierend, treffen arme Menschen besonders hart und verfestigen soziale Ungleichheit. Kinder und Jugendliche mit Hilfebedarf werden noch stärker als bisher von Bildung abgehängt und Teilhabe- und Verwirklichungschancen werden ihnen genommen.

AWO-Position zu Wegen aus Armutspfaden

Aber auch eine soziale Infrastruktur allein kann ausreichende Transferleistungen nicht ersetzen. Will man Armut dauerhaft beseitigen, sind eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung, die Einführung einer Kindergrundsicherung sowie Reformen von Arbeitslosen- und Rentenversicherung nötig.

Wir brauchen eine nachhaltige Armutsprävention mit sozialpolitischen Instrumenten, die materielle Armut verhindern. Und wir brauchen auch eine verlässlich finanzierte und konzeptionell abgestimmte soziale Infrastruktur, die für alle Kindern und Jugendlichen Bildungs- und Teilhabechancen gewährleistet und Eltern in ihrer Sozialisationsaufgabe unterstützt. Es braucht einen gemeinsamen Kraftakt, einen ressortübergreifenden ganzheitlichen Weg zur wirksamen Armutsbekämpfung in Sachsen-Anhalt und auf Bundesebene.“

In einem umfassenden Positionspapier erläutert die AWO, dass Armut ein Zusammenspiel von strukturellen Benachteiligungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Wohnen, sozialer Teilhabe und materieller Versorgung ist. Das zeigen zudem die Ergebnisse der AWO-ISS-Langzeitstudie zu Kinderarmut und den Folgen für junge Menschen, in der seit 1999 bis 2019 1000 Kinder in fünf wichtigen Entwicklungsphasen wiederholt befragt wurden. Eine wesentliche Erkenntnis ist, dass besonders Übergänge im Lebensverlauf junger Menschen Scheidewege in der Entwicklung sind. Wenn Übergänge, wie z. B. von der Schule in den Beruf, durch funktionierende soziale Netze und Unterstützungsstrukturen begleitet werden, steigen die Chancen für ein Entkommen aus Armutsschleifen.

Die AWO schlägt vor, dass im Sinne einer Landes-Gesamtstrategie alle Landkreise und kreisfreien Städte regional maßgeschneiderte Präventionsketten entwickeln, die durch eine Landeskoordination unterstützt und begleitet werden. Hier werden qualitativ hochwertige und armutssensible Angebote der Bildung, Betreuung, Erziehung, Begleitung und gesundheitlichen Versorgung verbunden und sinnvoll aufeinander abgestimmt. Gleichzeitig bedarf es bundesweit deutlich verbesserter Rahmenbedingungen in der Sozial-Arbeits-, Wohnungs- und Familienpolitik.

„Armut kann nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene mit guter Koordination überwunden werden. Das Herumdoktern an individuellen Armutssymptomen löst die strukturellen Probleme nicht und ist allenfalls Augenwischerei. Ein gutes Aufwachsen von allen Kindern und Jugendlichen muss in unserer Gesellschaft Priorität haben.“, so Barbara Höckmann abschließend.

Die AWO-Position Wege aus Armutspfaden als Download

Positionierung der AWO Sachsen-Anhalt zur Kinder-, Jugend- und Familienarmut

Quelle: Pressemitteilung AWO Landesverband Sachsen-Anhalt e. V. vom 17.02.2021

BAGSO legt Positionspapier zur ambulanten Pflege vor

Die Rahmenbedingungen für die ambulante Pflege müssen verbessert werden. Das fordert die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen in ihrem Positionspapier „Zukunft der Hilfe und Pflege zu Hause“. Rund achtzig Prozent der Pflegebedürftigen werden derzeit zu Hause versorgt, die meisten fast ausschließlich von Angehörigen. Die Zahl der Pflegebedürftigen wird in den kommenden Jahren weiter steigen, während gleichzeitig die Zahl der potenziellen Pflegekräfte abnimmt.

„Wir brauchen gute Lösungen, um auch in Zukunft möglichst vielen Menschen bei Hilfs- und Pflegebedürftigkeit ein Leben zu Hause zu ermöglichen. Dazu zählen frühzeitige Beratung, Hilfenetzwerke aus Familien, Fachkräften und Ehrenamtlichen vor Ort und ein Lebensumfeld, das die Gesundheit fördert“, sagte Franz Müntefering, Vorsitzender der BAGSO.

Die BAGSO fordert, dass die Voraussetzungen für den Verbleib zu Hause verbessert werden. Präventive Hausbesuche sollten bundesweit eingeführt werden, um frühzeitig Hilfebedarfe älterer Menschen zu erkennen und passgenaue Unterstützung zu organisieren. Dazu gehörten auch hauswirtschaftliche Hilfen und Angebote zur Alltags- und Lebensgestaltung. Pflegende Angehörige müssten durch den Aufbau gemischter Pflegearrangements unterstützt und die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege verbessert werden. Für die sogenannte 24-Stunden-Betreuung durch meist osteuropäische Hilfskräfte fordert die BAGSO dringend gesetzliche Initiativen, um die vielschichtigen Probleme dieser Betreuungsform zu lösen. Die medizinische Versorgung müsse u. a. durch den Ausbau flächendeckender und wohnortnaher geriatrischer Behandlungs- und Rehabilitationsangebote gestärkt werden.

Nach Ansicht der BAGSO kommt den Kommunen in der Gestaltung und Koordination zukunftssicherer Unterstützungs-, Versorgungs- und Pflegestrukturen eine besondere Rolle zu. Für die Erfüllung dieser Aufgaben müssten sie angemessen ausgestattet werden.

Zum Positionspapier „Zukunft der Hilfe und Pflege zu Hause“

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. vom 24.02.2021

In dem aktuellen Zwischenruf stellt das Bundesjugendkuratorium (BJK) in elf Punkten konkrete Forderungen für einen DigitalPakt Kinder- und Jugendhilfe auf. Die gegenwärtigen Herausforderungen während der Covid-19-Pandemie haben besonders deutlich werden lassen, dass die Kinder- und Jugendhilfe unzureichend auf die Herausforderungen und Chancen der Digitalität von Kindheit und Jugend vorbereitet ist. Es braucht eine differenzierte Digitalstrategie, die die soziale Infrastruktur für junge Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe ausgestaltet. Dazu gehört neben einer angemessenen Ausstattung mit Internetverbindungen sowie geeigneter Hard- und Software auch die Sicherung der fachlichen Qualität der Kinder- und Jugendhilfe im Zusammenhang mit den verschiedenen digitalen Formaten.

Ausgehend von einer kinderrechtlichen Perspektive unterstreicht das BJK die Relevanz diskriminierungsfreier Teilhabechancen sowie die Bedeutung des Kinder- und Jugendschutzes im digitalen Raum. Das soziale Leben von jungen Menschen ist heute durch einen digitalisierten Alltag geprägt. Unterschiede in der digitalen Ausstattung und der sozialen sowie fachlichen Begleitung im institutionellen Gefüge des Aufwachsens führen zu einem Mehr an sozialer Benachteiligung unter den jungen Menschen. Der DigitalPakt Kinder- und Jugendhilfe muss fachliche Standards setzen, die Barrierefreiheit zum Ziel haben und Ausschlüsse sowie Stigmatisierungen auch in der digitalen Welt verhindern.

Das BJK hat sich im Vorfeld des Zwischenrufes intensiv mit Expert*innen aus der Kinder- und Jugendhilfe beraten. Auch die Ausgestaltung des DigitalPaktes Kinder- und Jugendhilfe benötigt den systematischen Einbezug von Expert*innen für Kindheit, Jugend, Familie und Kinder- und Jugendhilfe sowie auf allen Ebenen die Beteiligung von jungen Menschen im Rahmen der Digitalstrategie von Bund, Ländern und Kommunen.

Eine zukünftige Bundesregierung sollte sich darüber verständigen, wie und mit welchen Ressourcen sie die Digitalstrategien mit Bezug auf die Kindheit und Jugend politisch unterstützen und wie sie einen DigitalPakt Kinder- und Jugendhilfe nachhaltig und langfristig gestalten will.

Der Zwischenruf des BJK steht auf www.bundesjugendkuratorium.de/stellungnahmen zum Download bereit. 

Quelle: Pressemitteilung Bundesjugendkuratoriums vom 23.02.2021

Die WELT berichtet am 28.01.2021, dass sich das BMFSFJ gegen den von der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie geforderten „Väterurlaub“ positioniert habe. Uns als BUNDESFORUM MÄNNER, dem Dachverband für Jungen, Männer und Väter, erstaunt und ärgert das sehr. Die Vaterschaftsfreistellung würde es Vätern ermöglichen, die Geburt des Kindes aktiv zu begleiten und die Partnerin zu unterstützen. Der DGB pochte erst kürzlich in einem Gutachten auf die baldige Umsetzung der EU-Vereinbarkeitsrichtlinie und einen Vaterschaftsurlaub von 10 Tagen rund um die Geburt – bei voller Vergütung. Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der Bevölkerung durch YouGov zeigen, dass fast zwei Drittel der Befragten die Vaterschaftstage anlässlich der Geburt unterstützen.

Freistellung zusätzlich zu Elterngeld und Elternzeit

Das Bundesforum Männer vertritt schon seit langem die Position, dass diese Freistellung zusätzlich zu Elterngeld und Elternzeit eingeführt werden muss. Ohne jeden bürokratischen Antragsvorlauf würden Väter damit in die Lage versetzt, sich in dieser wichtigen ersten Phase voll auf ihre Kinder und ihre Partnerinnen konzentrieren zu können.

Argumente wie „die sollen halt ihren Erholungsurlaub nehmen“ drücken vor allem eine Geringschätzung für Väter in ihrer unmittelbaren Bedeutung für ihre Kinder und Partnerinnen aus. Was, wenn der Vater noch gar nicht lang genug beim neuen Arbeitgeber beschäftigt ist und daher keinen Anspruch auf Urlaub hat? Was, wenn der Jahresurlaub zum Zeitpunkt der Geburt schon aufgebraucht ist? Und: In vielen Unternehmen muss Urlaub langfristig vorher angemeldet werden. Oder: Wenn die Auftragslage drückt, dann wird das Vätern auch schon einmal sehr schwer fallen, sich gegen einen unwilligen Chef durchzusetzen und gefühlt die Kolleg:innen hängen zu lassen. Eine gesetzlich geregelte Vaterschaftsfreistellung würde klare Rahmenbedingungen schaffen. Denn es geht bei der geforderten Freistellung nicht um Erholungsurlaub. Es geht um partnerschaftliche elterliche Verantwortungsübernahme – und um das Wohl des Kindes.

Positionierung des BMFSFJ unverständlich

Bereits in der letzten Legislaturperiode hatte die Sachverständigenkommission für den Zweiten Gleichstellungsbericht deutlich gemacht, dass diese Freistellung einen wichtigen Einstieg in die gemeinsame Elternschaft darstelle.  Die Bundesregierung hatte damals noch  in ihrer Stellungnahme zum Gutachten der Sachverständigenkommission kommentiert: „Für die Förderung einer möglichst frühen Vater-Kind-Bindung und damit einer nachhaltig stärkeren Beteiligung von Männern an Erziehung und Betreuung von Kindern empfiehlt die Sachverständigenkommission als neue Leistung eine zweiwöchige Vaterschaftsfreistellung. Die Bundesregierung sieht in diesen Empfehlungen geeignete Impulse für die Weiterentwicklung der Männerpolitik.“ (S. 21)

In dem im November 2020 vom BMFSFJ herausgegebenen Dossier „Gleichstellungspolitik für Jungen und Männer“ findet sich zudem im abschließenden Kapitel die Empfehlung M4.2 A. Diese sieht als gleichstellungspolitisch relevante Maßnahme die „Umsetzung der EU-Richtlinie zur Einrichtung eines zusätzlichen Vaterschaftsurlaubs von 10 Tagen unmittelbar nach der Geburt“ vor. (S. 103)

Warum sich das BMFSFJ nun selbst gegen die Empfehlung ausspricht, ist unverständlich. Einer gleichstellungsorientierten und familienfreundlichen Gesellschaft sollte es wert sein, eine solche Leistung einzuführen – und zwar nicht nur für Väter, sondern für alle Familienkonstellationen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesforum Männer – Interessenverband für Jungen, Männer & Väter e.V. vom 17.02.2021

 
Das Aus des Ehegattensplittings bestraft vor allem kinderreiche Familien. Anstatt für eine gerechte Besteuerung von Familien einzutreten, setzt die SPD auf eine alte und verfassungswackelige Idee.
 
„Die Abschaffung des Ehegattensplittings ist eine familien- und steuerpolitische Bankrotterklärung“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes (DFV). „Das Ziel einer guten Politik muss immer sein, Eltern und Kinder in jeder Familienform zu unterstützen, nicht abzustrafen.“

Falsche Annahmen über die Effekte des Ehegattensplittings können nur zu unklugen Wahlkampfideen heranreifen. Die Abschaffung des Ehegattensplittings wird vor allem Zwei- und Mehrkindfamilien finanziell hart treffen – also gerade diejenigen Familien, die für den Sozialstaat und den Generationenvertrag Sozialversicherung am Wichtigsten sind.

„Es ist schlichtweg Humbug zu behaupten, Nutznießer des Ehegattensplittings seien vor allem Alleinverdiener-Ehepaare“, stellt Heimann klar. „Von den Sozialdemokraten hätte ich mir in der ideologisch aufgeheizten Debatte um das Ehegattensplitting klare Fakten gewünscht. Das Ehegattensplitting ist nichts anderes als eine sachgerechte Besteuerung einer Erwerbs- und Wirtschaftsgemeinschaft, mehrfach vom Bundesverfassungsgericht bestätigt.“

Der DFV sperrt sich keinesfalls gegen eine Diskussion um die Reform des Ehegattensplittings. Klar muss jedoch sein, dass nach Leistungsfähigkeit besteuert werden muss. Es ist einleuchtend, dass Eltern mit zwei, drei oder vier Kindern weniger finanziell leistungsfähig sind als jemand, der keine Unterhaltspflichten für Kinder zu tragen hat.

Nicht das Ehegattensplitting ist im fiskalischen Bereich das eigentliche Problem und verhindert Erwerbsarbeit. Es ist ein durch und durch unsolidarisches Sozialversicherungssystem, das nicht nur Familien doppelt belastet, sondern dem Leistungsfähigkeitsprinzip völlig zuwiderläuft.

„Schon jetzt lebt eine Familie mit zwei Kindern – sogar bei einem Durchschnittseinkommen – nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben unter dem steuerrechtlichen Existenzminimum, wie der DFV regelmäßig in seinem Horizontalen Einkommensvergleich vorrechnet. Das Aus für das Ehegattensplitting würde Familien endgültig in die Armut drücken“, sagt Heimann.

Weitere Informationen

Horizontaler Vergleich 2021 – Was am Monatsende übrig bleibt (PDF)

Familienförderung 2021 – Nebelkerzen statt realer Entlastung (PDF)

Erklärfilm: Generationenvertrag Sozialversicherung

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 01.03.2021

Berechnungen des Deutschen Familienverbands (DFV) und des Familienbunds der Katholiken (FDK) zeigen, dass Sozialabgaben Familien übermäßig belasten und im Vergleich zu Beitragszahlern ohne Unterhaltspflichten für Kinder schlechterstellen.

Eine Familie mit zwei Kindern und einem durchschnittlichen Einkommen von 41.541 Euro im Jahr fällt nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben inklusive Kindergeld knapp unter das steuerliche Existenzminimum. Mit mehr Kindern verschärft sich die Situation. Angesichts dieses alarmierenden Befunds fordern DFV und FDK eine Korrektur der verfassungswidrigen Abgabenerhebung in der Sozialversicherung. Die Verbände weisen darauf hin, dass sich die Position der Familien im Vergleich zu Personen ohne Unterhaltspflichten für Kinder erneut verschlechtert hat. Sie fordern im Hinblick auf kursierende Meldungen über eine 2021 angeblich erfolgte Entlastung von Familien: „Bitte lasst die Märchenstunde!“.

„Einem Paar mit drei Kindern und einem Durchschnittseinkommen fehlen im Monat fast 500 Euro zur gesellschaftlichen Teilhabe. Bei vier Kindern ist es fast doppelt so viel“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV. Familienbundpräsident Ulrich Hoffman äußert sich wie folgt: „Die horizontalen Berechnungen von DFV und FDK zeigen beispielhaft, dass die Entscheidung für Kinder ein Armutsrisiko ist. Es besteht dringend Handlungsbedarf.“

Es ist wichtig und richtig, Notleidenden rasch zur Seite zu stehen. In diesem Sinne begrüßen DFV und FDK den Kinderbonus in der Corona-Pandemie. Doch einer reagierenden Politik muss eine gestaltende zukunftsorientierte Familienpolitik folgen. Hoffmann erläutert: „Die strukturelle Benachteiligung von Familien in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung muss endlich beendet werden. Dass Familien trotz der kostenaufwändigen und den Fortbestand der Sozialsysteme sichernden Kindererziehung mit gleich hohen Beiträgen belastet werden wie Kinderlose, ist nicht nur ungerecht. Es ist auch verfassungswidrig.“ Zeh führt aus: „Familien sind weder Bittsteller noch unersättliche Transferempfänger. Sie wollen nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Umsetzung deutlicher Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Sozialversicherung.“

Beiträge nach Leistungsfähigkeit

Um Familien zu entlasten, fordern die Familienverbände für die Dauer der Erziehungszeit einen für jedes Kind gleichen Freibetrag in der gesetzlichen Sozialversicherung. In der Höhe soll er mindestens dem steuerlichen Kinderfreibetrag entsprechen.

„Ein Kinderfreibetrag in der Sozialversicherung würde die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Beitragszahler angemessen berücksichtigen. Wer Unterhaltspflichten für Kinder hat, ist vorübergehend weniger leistungsfähig. Das muss sich in den Beiträgen zur Sozialversicherung widerspiegeln, sonst sind sie ungerecht und nicht solidarisch“, so Zeh.

Bei der Entlastung von Familien geht es nicht nur um Gerechtigkeit für Eltern und Kinder. Familienarmut zu verhindern und Kindern ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen, ist gesamtgesellschaftlich bedeutend.

„Kinder sind die Zukunft – auch unseres umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems. Ohne Familien, die heute Kinder großziehen, gäbe es morgen keine Beitragszahler. Ohne sie würde das System zusammenbrechen. Familien erweisen der Gesellschaft einen beträchtlichen Dienst. Ohne sie ist kein Staat zu machen“, äußert Familienbundpräsident Hoffmann.

Sozialversicherung: Belastung ist verfassungswidrig

Mit Unterstützung von DFV und FDK haben Familien den Rechtsweg für familiengerechte Sozialabgaben beschritten. Sie stützen sich dabei auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dies hatte 2001 entschieden, dass Eltern in der Pflegeversicherung verfassungswidrig belastet werden. Gleichzeitig verpflichtete das Karlsruher Gericht den Gesetzgeber, auch die anderen Zweige der Sozialversicherung auf Familiengerechtigkeit hin zu prüfen. Bis heute wurde dies nicht umgesetzt.

Mit Blick auf das Pflegeversicherungsurteil von 2001 äußern Hoffmann und Zeh: „Die Politik hat die familiengerechte Gestaltung der Sozialversicherung sträflich vernachlässigt, obwohl die Übertragbarkeit des Urteils auf die Renten- und Krankenversicherung auf der Hand liegt. Familien mussten sich viele Jahre durch die Instanzen klagen. Jetzt liegt die Entscheidung erneut beim Bundesverfassungsgericht.“

Weiterführende Informationen

Horizontaler Vergleich 2021 – Was am Monatsende übrig bleibt

Erklärfilm: Generationenvertrag Sozialversicherung

Klageverfahren für die Beitragsgerechtigkeit von Familien

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 22.02.2021

Für Initiativen, Vereine und Projekte der Kinder- und Jugendarbeit aus dem gesamten Bundesgebiet besteht noch bis zum 31. März 2021 die Möglichkeit, Anträge bei den Förderfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes zu stellen und bis zu 5.000 Euro zu erhalten. Überjährige Projekte können sogar mit bis zu

10.000 Euro gefördert werden. Ziel der Förderfonds ist die Bekanntmachung der Kinderrechte und die Verbesserung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen unter dem Aspekt der Mitbestimmung. Anträge können Vereine, freie Träger, Initiativen, Elterngruppen, Kinder- und Jugendgruppen sowie Schülerinitiativen für noch nicht begonnene Projekte stellen.

Außerdem können von gemeinnützigen Organisationen weiterhin Corona-Nothilfe-Pakete beantragt werden. Unterstützt werden hier Projekte beispielsweise von Vereinen, Flüchtlingseinrichtungen und Kinderhäusern.

Über die Corona-Nothilfe-Pakete fördert das Deutsche Kinderhilfswerk folgende Schwerpunkte:

  • „Digitales Lernen“: Unterstützung für eine digitale Lernausstattung für ein Kind. Es werden Vereine/Initiativen gefördert, die Leihgeräte an Kinder vergeben.
  • „Gesunde Ernährung“: Vereine und Initiativen setzen Angebote für ausgewogene und gesunde Ernährung um, wie digitale Kochkurse oder Mittagsversorgung.
  • „Lern- und Spielpakte“: Kinder ohne Kitazugang erhalten über Vereine/Initiativen ein Spiel- und Lernpaket zur Entwicklungsförderung für zuhause.
  • „Nachhilfe“: Nachhilfeunterricht für ein Kind – entweder digital oder unter Beachtung der bestehenden gesundheitlichen Sicherheitsvorkehrungen.
  • „Homeschooling in Flüchtlingsunterkünften“: Für PC, Drucker und Papier sowie Schreibmaterialien werden finanzielle Mittel bereitgestellt.

Das Deutsche Kinderhilfswerk hat in den letzten fünf Jahren durch seine Förderfonds 1.956 Projekte mit insgesamt rund 6.602.000 Euro unterstützt.

Durch die Fonds erhalten Projekte, Einrichtungen und Initiativen finanzielle Unterstützung, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, zum Grundsatz ihrer Arbeit gemacht haben. Dabei geht es vor allem um Beteiligung in Bereichen demokratischer Partizipation, um Chancengerechtigkeit und faire Bildungschancen für benachteiligte Kinder, gesunde Ernährung oder kinder- und jugendfreundliche Veränderungen in Stadt und Dorf, auf Schulhöfen, Kita-Außengeländen oder Spielplätzen. Die Schaffung sinnvoller Freizeitangebote und Möglichkeiten zur Entwicklung einer kulturellen Identität, zu kultureller Bildung und Medienkompetenz sind ebenso Förderschwerpunkte.

So werden zum Beispiel Projekte gefördert, die das demokratische und politische Engagement von Kindern und Jugendlichen unterstützen, deren Mitbestimmung an Prozessen in Jugendeinrichtungen, Schule und Stadtteil ermöglichen, den Zugang zu Medien verbessern bzw. den kompetenten Umgang mit diesen befördern, oder Kinder und Jugendliche bei der kreativen Auseinandersetzung mit für sie relevanten Themen fördern. Ferner sollen Projekte Unterstützung erhalten, die bewegungsfördernde und interessante Spielorte im Wohnumfeld oder auf dem Schulgelände schaffen oder der Vernetzung, Sicherung bzw. Rückgewinnung von Spiel- und Aufenthaltsmöglichkeiten dienen. Voraussetzung für eine Bewilligung ist auch hier, dass die Kinder und Jugendlichen an der Planung und Durchführung des Projektes aktiv beteiligt werden.

Weitere Informationen zu den Förderfonds des Deutschen Kinderhilfswerkes unter www.dkhw.de/foerderfonds.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 22.02.2021

Mit Enttäuschung hat die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) aufgenommen, dass Familienbildungsstätten auch aus der zweiten Runde des Sonderprogramms des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) keine finanziellen Hilfen erhalten werden.

„Der gesamte Bereich der Familienbildung und die damit verbundenen, täglichen Unterstützungsangebote für Familien und Eltern scheinen aus dem Blickfeld der politisch Handelnden zu geraten. Schon im letzten Jahr haben wir im Zusammenhang mit den Schutzschirmen und der ersten Auflage des nun verlängerten Sonderprogramms darauf hingewiesen, dass die Familienbildung ebenso zu den stark gefährdeten Unterstützungsstrukturen zählt und unbedingt in den Kreis der Anspruchsberechtigten gehört.“, so Martin Bujard, Präsident der eaf.

Familienbildungseinrichtungen sind konkrete Anlaufstellen für Familien mit ihren Nöten und Ängsten. Sie bieten Unterstützung vor Ort und halten auch in der aktuellen Krisensituation Kontakt zu den stark belasteten Familien. Alle Einrichtungen zeigen, wie mit Kreativität und Engagement gute und nachgefragte Angebote bereit gehalten werden können. Allerdings sind diese in der Regel nicht refinanziert. Durch das Wegbrechen von Teilnahmebeiträgen und weiteren Finanzierungsquellen ist eine Vielzahl der Einrichtungen in ihrer Existenz akut gefährdet.

Bujard fordert eine Erweiterung des Sofortprogramms für Familienbildungseinrichtungen: „Familien brauchen niedrigschwellige Angebote direkt vor Ort. Sie benötigen die Unterstützung der Familienbildung jetzt mehr denn je, da sie in den vergangenen Monaten durch das Fehlen von Kinderbetreuungsangeboten, Schulschließungen und Unsicherheiten im Beruf oft außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt waren. Deshalb müssen die vorhandenen Angebote verlässlich abgesichert werden.“ Darüber hinaus müssen Angebote der Familienbildung zukünftig auch über das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) nachhaltig verankert und gefördert werden.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 04.03.2021

Mehr als 10.000 Kinder und Jugendliche gaben Stimmen zur Gestaltung der kommenden EU-Kinderrechtsstrategie und Kindergarantie ab.

Die Meinung von Kindern und Jugendlichen könnte bald eine größere Rolle bei politischen Entscheidungen in der EU spielen. Eine Gruppe von fünf Kinderrechtsorganisationen hat eine Online-Umfrage und Konsultationen durchgeführt, um Prioritäten von Kindern und Jugendlichen zur Verwirklichung ihrer Rechte und ihre Vorstellungen für die Zukunft zu erfahren. Mehr als 10.000 Mädchen und Jungen zwischen 11 und 17 Jahren haben sich beteiligt. Heute werden die Ergebnisse in dem Bericht „Unser Europa, unsere Rechte, unsere Zukunft“ veröffentlicht. Die Europäische Kommission hat die Umfrage in Auftrag gegeben und mit den Organisationen zusammengearbeitet. Mit den Beiträgen der Kinder und Jugendlichen sollen zwei zentrale Instrumente zur Umsetzung der Kinderrechte ausgestaltet werden: zum einen die EU-Strategie für die weltweite Stärkung der Kinderrechte, zum anderen die sogenannte „Kindergarantie“, mit der gezielt benachteiligte Kinder in der EU gefördert werden sollen. 

Neue Realität durch Auswirkungen der Pandemie: „Diese Konsultation mit Kindern ist für uns in der Europäischen Kommission ein Novum und ein wichtiger Schritt zu mehr Kinderbeteiligung“, sagte die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Dubravka Šuica. „Kinder sind Experten in den Angelegenheiten, die sie betreffen, und diese Konsultation beweist einmal mehr, dass Kinder bereits wichtige Akteure im Hier und Jetzt sind. Unsere Aufgabe ist es, sie alle zu befähigen und zu ermächtigen, den Weg zu den Führungspersönlichkeiten von morgen schon jetzt zu beschreiten. Deshalb sind Partizipation, Gleichberechtigung und Inklusion die Leitprinzipien sowohl für die EU-Kinderrechtsstrategie als auch für die Kindergarantie 2021. Wir müssen und werden dafür sorgen, dass alle Kinder den gleichen Start ins Leben haben und sich in dieser Welt frei von Angst und Not entfalten können.“ 

Die Vertreter*innen von ChildFund Alliance, Eurochild, Save the Children, UNICEF und World Vision erklärten: „Dies ist an sich schon ein historischer Bericht, denn es ist das erste Mal, dass so viele Kinder und Jugendliche die EU-Politik direkt beeinflussen und gestalten können. Er könnte zu keinem wichtigeren Zeitpunkt kommen, da Kinder mit den psychologischen und praktischen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie konfrontiert sind und sich für die nächsten Jahre auf eine neue Realität einstellen müssen. Da es ihre Zukunft ist, muss ihre Meinung in den Entscheidungen der EU zum Ausdruck kommen.“

Unterstützung für diesen neuen Kurs kommt auch von Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte: „Angesichts der sozioökonomischen Folgen der COVID-19-Pandemie wollen wir unsere Kinder nicht nur schützen, sondern auch in sie investieren, damit sie den bestmöglichen Start ins Leben haben und sich entfalten können. Und wer könnte uns besser von den Schwierigkeiten berichten, mit denen sie konfrontiert sind, als die Kinder selbst? Ich begrüße den Geist dieser Konsultation von ganzem Herzen und bin den Tausenden von Kindern dankbar, die uns ihren Input gegeben haben. Ihre Stimmen werden gehört.“

„Als politische Entscheidungsträger müssen wir sicherstellen, dass sich unsere Strategien auf die persönlichen Erfahrungen aller Bürger stützen können. Der Aufbau einer umfassenden Kinderrechtsstrategie muss alle relevanten Bereiche einbeziehen – von Gesundheit (einschließlich psychischer Gesundheit), über soziale Inklusion, Bildung, kinderfreundliche Justiz, Kinder in der Migration bis zu Beteiligung am demokratischen Prozess. Es ist von größter Bedeutung, den Kindern zuzuhören, ihre Stimmen zu diesen Themen zu hören – deshalb ist diese Konsultation so wertvoll und wird dazu beitragen, die EU-Kinderrechtsstrategie zu unterstützen“, ergänzte Didier Reynders, EU-Kommissar für Justiz. 

„Kinder sind vollwertige Bürger und Träger von Rechten. Es ist wichtig anzuerkennen, dass sie bei der Gestaltung der Zukunft Europas ein Mitspracherecht haben. Ich bin sehr froh, dass die anstehende erste umfassende EU-Kinderrechtsstrategie die Kinder in den Mittelpunkt stellt, und diese Konsultation ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Als Politiker tragen wir dafür Verantwortung, allen Kindern eine echte Chance zu geben, ihr volles Potenzial auszuschöpfen und sich in allen Lebensbereichen zu entfalten und niemanden zurückzulassen“, sagte David Lega, Europaabgeordneter und Ko-Vorsitzender der Interfraktionellen Arbeitsgruppe für Kinderrechte im Europäischen Parlament.  

Die Hauptergebnisse der Umfrage: 

  • Die COVID-19-Pandemie hat bei Kindern und Jugendlichen in Europa und darüber hinaus zu Stress und Unsicherheit geführt. Jedes fünfte Kind in der EU, das an der Umfrage teilgenommen hat, berichtet, dass es unglücklich aufwächst und sich Sorgen um die Zukunft macht, so das Ergebnis der neuen Studie von ChildFund Alliance, Eurochild, Save The Children, UNICEF und World Vision. 
  • Fast jedes zehnte befragte Kind gab an, mit psychischen Problemen oder Symptomen wie Depressionen oder Ängsten zu leben. Die befragten Mädchen waren weit mehr gefährdet als die Jungen, und ältere Kinder berichteten über ein höheres Maß an Problemen als jüngere Kinder; 
  • Ein Drittel der befragten Kinder erlebte Diskriminierung oder Ausgrenzung. Dieser Prozentsatz stieg auf 50 bei Kindern mit Behinderungen, Migranten, ethnischen Minderheiten oder solchen, die sich als LGBTQ+ identifizieren; 
  • Drei Viertel der befragten Kinder fühlen sich in der Schule wohl, aber 80 Prozent der 17-Jährigen haben das Gefühl, dass die angebotene Bildung sie nicht gut auf ihre Zukunft vorbereitet;
  • Die Mehrheit der befragten Kinder wünscht sich Veränderungen in ihrem Schulalltag: 62 Prozent der Befragten hätten gerne weniger Hausaufgaben, 57 Prozent der Befragten wünschen sich einen interessanteren Unterricht. Fast ein Drittel der Befragten würde gerne Einfluss auf die Inhalte des Schulunterrichts nehmen: mehr sportliche Aktivitäten (33 Prozent), Lernen über Kinderrechte (31 Prozent) und mehr musische Fächer (31 Prozent). Allerdings hatten fast alle Befragten schon von Kinderrechten gehört;
  • 88 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen wissen über den Klimawandel und seine Auswirkungen auf ihre Umgebung Bescheid, 8 Prozent wussten ein wenig darüber und 4 Prozent waren sich nicht sicher.

Quelle: Pressemitteilung Save the Children Deutschland e.V. und World Vision Deutschland e.V. vom 23.02.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 10. März 2021

Veranstalter: Deutsches Jugendinstitut e.V.

In der Politik wird derzeit intensiv über Vorschläge zur Einführung einer Kindergrundsicherung diskutiert. Neben grundlegenden Gemeinsamkeiten zeichnen sich auch unterschiedliche Schwerpunktsetzungen bei den damit angestrebten Reformen des sozialen Sicherungssystems für Familien und Kinder ab. Der Vortrag zeigt solche Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf und diskutiert, wie sich eine neue Kindergrundsicherung in das bestehende System einfügen könnte.

Er stützt sich unter anderem auf eine Expertise im Auftrag des Landessozialministeriums von NRW (Ott/Schürmann/Werding 2020).

Vortragender:
Prof. Dr. Martin Werding ist Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Termine:

  • 17. März 2021
  • 07. April 2021
  • 12. Mai 2021

Veranstalter: Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e. V.

Dreiteiliges Online-Fortbildungsformat für Fachkräfte (und Eltern am 3. Termin)

Wenn wir von Eltern sprechen, neigen wir gern dazu, sie in Gruppen aufzuteilen: in Eltern, die „hier“ aufgewachsen sind und jenen die „von woanders“ herkommen. Möglicherweise haben wir Schwierigkeiten, dieses Thema emotionslos bzw. vorurteilsfrei zu besprechen – oft geht es hierbei auch um persönliche Erfahrungen. In dieser Online-Reihe geht es in erster Linie darum, die eigene Haltung im achtsamen Gespräch mit Fachkräften, Expert*innen und/oder Elternteilen zu reflektieren und ein vielfältiges Miteinander in unserer Gesellschaft zu würdigen.

Referent*innen:
Ulrike Gaidosch-Nwankwo M.A., DaF/DaZ-Lehrerin, Fortbildnerin im Bereich der Migrationspädagogik. Um die jeweiligen Angebote noch partizipativer bzw. inklusiver zu gestalten, laden wir pro Nachmittag noch einen Gast (m/w) mit entsprechender Expertise dazu: Wir freuen uns auf einen lebendigen Austausch mit Ihnen!

Die Vorträge ergänzen sich, können aber auch einzeln gebucht werden.

Teilnahmebeitrag: 35 € je Vortrag – oder 90 € für die Teilnahme an allen drei Vorträgen

Weitere Informationen zu den Inhalten der jeweiligen Termine finden Sie hier.

Bitte melden Sie sich bis zum 6. Mai per E-Mail bei uns an.

Termin: 24. März 2021

Veranstalter: Deutsches Jugendinstitut e. V.

Auch und insbesondere im Migrationskontext wird elterlichen Erziehungskompetenzen eine Schlüsselrolle für die Entwicklung und Bildung von Kindern zugeschrieben. Der Vortrag beleuchtet, welche Vorstellungen von Erziehung in Zusammenhang mit Migration einerseits von der Familienbildung und andererseits von Migrantinnen und Migranten selbst entwickelt werden.

Vortragende:
Dr. Eveline Reisenauer ist wissenschaftliche Referentin in der Fachgruppe F2 „Familienpolitik und Familienförderung“ der Abteilung Familie und Familienpolitik am Deutschen Jugendinstitut e.V.

Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.

Termin: 08. – 09. Juni 2021

Veranstalter: AWO Bundesakademie

Drei Millionen Kinder und Jugendliche gelten in Deutschland als arm. Hierunter befinden sich auch viele Kinder im Krippen- und Kindergartenbereich. Für die Arbeit in Kindertageseinrichtungen stellt sich der Umgang mit armutsbelasteten Kindern und Familien als Herausforderung dar. Gleichwohl muss die Kindertageseinrichtung als wichtige Ressource zur Stärkung von armutsbetroffenen Kindern angesehen werden.

Im Seminar werden Wissen zu Armut und den Auswirkungen vermittelt und einhergehende Belastungen der Kinder und der Familien thematisiert. Die eigenen Bilder zu Armut und die pädagogische Arbeit werden aus einer vorurteilsbewussten Perspektive reflektiert.

Hier weiter informieren und anmelden!

AUS DEM ZFF

Das Zukunftsforum Familie (ZFF) begrüßt anlässlich der heutigen Anhörung des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag die Reformansätze zur Neuregelung der Kinderkrankentage aus dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. und dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mahnt aber grundsätzlichere Schritte an, die eine partnerschaftliche Gestaltung von Erwerbs- und Sorgearbeit ermöglichen sollen. 

Beide Entwürfe schlagen vor, die Freistellungsmöglichkeiten von Eltern aufgrund der Erkrankung eines Kindes auch über die Pandemie hinaus auszuweiten und sozial abzusichern. Während der Antrag der Grünen in den aktuellen Regelungen des SGB V verbleibt, schlägt die Linke vor, die Erkrankung von Kindern denen von Erwachsenen systematisch gleichzustellen: Durch Änderungen im Entgeltfortzahlungsgesetz sollen Eltern, die ihr erkranktes Kind betreuen, Anspruch auf längere Freistellungen sowie Lohnfortzahlung erhalten. Arbeitgeber*innen erhalten im Rahmen des U2-Umlageverfahrens eine volle Erstattung des gezahlten Lohns von den Krankenkassen. Ist ein Kind schwer bzw. chronisch erkrankt und/oder lebt mit Behinderungen, so soll der Anspruch für beide Elternteile gleichzeitig gelten.

Alexander Nöhring (Geschäftsführer des ZFF) erklärt dazu: „Aktuell zeigt sich, dass Eltern klare und verlässliche Regelungen benötigen, damit sie sich um ihr Kind bzw. ihre Kinder kümmern können, wenn diese sie brauchen. Das gilt sowohl in der Pandemie, solange der Zugang zu Kita und Schule nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, aber natürlich ebenso im Falle der Erkrankung eines Kindes. Wir begrüßen daher die vorgeschlagenen Regelungen und plädieren dafür, dass diese auch für die Zeit nach der Pandemie Eingang in die familienpolitische Regierungsarbeit finden. Denn eines bleibt klar: Die Erkrankung eines Kindes, erst recht dann, wenn das Kind chronisch krank ist oder mit Behinderungen lebt, richtet sich in der Dauer nicht nach den gesetzlichen Möglichkeiten der elterlichen Freistellung. Dass Eltern ihr krankes Kind betreuen, darf nicht wie eine Ausnahme von der Regel behandelt werden, sondern wie eine Selbstverständlichkeit!“

Nöhring ergänzt: „Sowohl der Gesetzesentwurf der Linken als auch der Antrag der Grünen tragen gute Ideen in sich: Das ZFF unterstützt auf der einen Seite die Idee der Linken, die Erkrankungen von Kindern denen von Eltern systematisch gleichzustellen und Eltern umfangreichere Freistellungsansprüche sowie eine Lohnfortzahlung zu ermöglichen. Auf der anderen Seite kann eine Anhebung der Altersgrenze von 12 auf 14 Jahre sowie eine verpflichtende Vorlage eines Krankenscheins des Kindes erst ab dem vierten Krankheitstag, wie die Grünen es vorschlagen, den Alltag vieler Familien entlasten. Beiden Entwürfen fehlen allerdings gleichstellungspolitische Perspektiven: Nach wie vor übernehmen Mütter den Löwenanteil an privat geleisteter Fürsorgearbeit und das erst recht bei der Betreuung kranker Kinder. Hier sind Nachbesserungen erforderlich, damit eine Ausweitung des Kinderkrankengeldes nicht den geschlechterpolitischen ‚Backlash‘, den wir derzeit erleben, zusätzlich unterstützt.“


Alexander Nöhring ist heute als Sachverständiger bei der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit geladen. Die öffentliche Anhörung wird zeitversetzt am 25.02. um 12 Uhr im Internet unter www.bundestag.de übertragen. Am Folgetag ist sie unter www.bundestag.de/mediathek abrufbar.


Die Stellungnahme des Zukunftsforum Familie e.V. anlässlich der öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zu dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch klare Regelung des Freistellungs- und Entgeltfortzahlungsanspruches bei Erkrankung der Kinder“ (BT-Drs. 19/22496) sowie zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Eltern mit kranken Kindern besser unterstützen – Lohnfortzahlungsanspruch und Kinderkrankengeld lebensnah reformieren“ (BT-Drs. 19/22501) finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 24.02.2021

Stellungnahme anlässlich der öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zu dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. “Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch klare Regelung des Freistellungs- und Entgeltfortzahlungsanspruches bei Erkrankung der Kinder” (BT-Drs. 19/22496) sowie zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN “Eltern mit kranken Kindern besser unterstützen – Lohnfortzahlungsanspruch und Kinderkrankengeld lebensnah reformieren” (BT-Drs. 19/22501).

Die Stellungnahme finden Sie hier.

Wir möchten Sie heute auf unsere Veranstaltung aufmerksam machen:

Fachtagung „Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“

Termin: 06.05.2021

Online-Fachtagung

Eine Kooperation zwischen dem Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) und dem Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO)

Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist eine der zentralen familienpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Von den derzeit ca. drei Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden etwa ¾ zu Hause gepflegt und überwiegend von Angehörigen versorgt. Die meisten Menschen wollen diese Aufgabe übernehmen. Doch dem Bedürfnis, füreinander Verantwortung zu übernehmen, Sorge zu tragen und Zuwendung zu schenken, stehen keine Regelungssysteme gegenüber, welche die Vereinbarkeit von familiärer Pflege und Erwerbstätigkeit nachhaltig unterstützen. Die Situation hat sich unter den Bedingungen der Corona-Krise weiter verschärft. In der Folge sind viele pflegende Angehörige – überwiegend Frauen – enormen finanziellen, physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt.

Wie kann aber eine moderne Familien- und Sozialpolitik aussehen, die die Bedarfe (erwerbstätiger) pflegender Angehöriger in den Mittelpunkt stellt und die Sorge um Pflegedürftige als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift?

Gemeinsam mit Ihnen wollen wir dazu ins Gespräch kommen und diskutieren, wie Instrumente für eine gute Vereinbarkeit aussehen können. Wir freuen uns auf Vorträge von Prof. Dr. Andreas Hoff (Hochschule Zittau/Görlitz) und Prof. Dr. Diana Auth (FH Bielefeld) und Einblicke aus der Praxis.

Wir bitten Sie, sich den Termin vorzumerken, gerne können Sie diese Vorankündigung auch an Interessierte weiterleiten. Die weiteren Details und Informationen, insbesondere zum Programm und zur Anmeldung, werden Ihnen rechtzeitig vor der Veranstaltung zugehen.

Mit freundlichen Grüßen

Britta Altenkamp                                        Brigitte Döcker

Vorsitzende, ZFF                                       Vorstandsmitglied, AWO Bundesverband 

AKTUELLES

Im Juni und Juli 2020 wurde im Rahmen des Deutschen Alterssurveys (DEAS) eine Kurzbefragung zu den Auswirkungen der Corona-Krise durchgeführt. Im Mittelpunkt der Befragung standen Veränderungen in
verschiedenen Lebensbereichen, die während der Pandemie bei Menschen in der zweiten Lebenshälfte aufgetreten sind.

Die Quote der informell geleisteten Unterstützung und Pflege steigt. Im Jahr 2017 haben 16 Prozent aller 46- bis 90-Jährigen für andere Personen gesundheitsbedingte Unterstützung oder Pflege erbracht. Während der ersten Welle der Corona-Pandemie sind es 19 Prozent. Dieser Anstieg geht vor allem auf die Frauen zurück, deren Unterstützungsquote von 18 Prozent auf 22 Prozent gestiegen ist.

Die Unterstützung und Pflege innerhalb der Nachbarschaft nimmt deutlich zu. Der Anteil der Unterstützungs- und Pflegeleistenden, die sich an der Versorgung von Nachbar*innen beteiligen, ist von 7 Prozent (2017) auf 17 Prozent (2020) angestiegen. Aber auch für Freund*innen zeigt sich ein Zuwachs von 7 Prozent (2017) auf 11 Prozent (2020). (Schwieger-)Eltern
sind auch 2020 die größte Empfänger*innengruppe von Unterstützung und Pflege (55 Prozent). Lediglich die
Partner*innenunterstützung und -pflege ist leicht zurückgegangen.

Unterstützungs- und Pflegeleistende schätzen ihre Gesundheit weniger gut ein als vor der Corona-Krise. Unter den Unterstützungs- und Pflegeleistenden ist der
Anteil derer, die ihre Gesundheit als gut oder sehr gut bewerten, von 59 Prozent auf 56 Prozent zurückgegangen. Demgegenüber schätzen Personen ohne Unterstützungs- oder Pflegeverpflichtung ihre Gesundheit während der Corona-Krise besser ein als zuvor.

Bei Unterstützungs- und Pflegeleistenden zeigt sich eine deutliche Verschlechterung ihrer psychosozialen Gesundheit gegenüber vor der Corona-Krise. Der Anteil der Unterstützungs- und Pflegeleistenden mit depressiven Symptomen hat zwischen 2017 (6 Prozent) und 2020 (15 Prozent) zugenommen. Das Gleiche gilt für
den Anteil derer, die sich einsam fühlen:
2017 waren 8 Prozent einsam und 2020 sind es 13 Prozent. Dabei sind Frauen von diesen Negativ-Trends stärker betroffen als Männer.

Unterstützungs- und Pflegeleistende berichten von fehlender informeller und professioneller Hilfe. Ein Viertel der Personen, die während der ersten CoronaWelle andere unterstützen oder pflegen, haben sich hierbei mehr Hilfe und Entlastung gewünscht, vor allem aus der Familie.

Die gesamte Ausgabe finden Sie hier.

  1. Angesichts der schwierigen Lage, in der sich junge Menschen aufgrund der Corona-Pandemie und des Lockdowns in vielen Fällen befinden, erscheint die Untersagung wesentlicher Teile der Jugendarbeit nicht verhältnismäßig. Im Hinblick darauf, dass es möglich ist, auf vielfältige Weise präsenz- bzw. kontaktlose Angebote zu unterbreiten, ist ein solches Verbot zur Verhinderung der Verbreitung der Pandemie nicht erforderlich.
  2. Eine Beschränkung auf präsenz- bzw. kontaktlose Angebote der Jugendarbeit erscheint auch bei hohen Infektionszahlen ausreichend, um mögliche Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung durch die Angebote auszuschließen. Sinken die Infektionszahlen, ist auch die Möglichkeit einer Durchführung von aufsuchender Arbeit sowie von Präsenzangeboten mit beschränkter Teilnehmerzahl unter Abstands- und Hygieneauflagen zu prüfen.
  3. Zudem ist der Verordnungsgeber bei dem Erlass von Schutzmaßnahmen gehalten, das aus dem Rechtsstaatsgebot gemäß Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Gebot der Normenbestimmtheit und der Normenklarheit zu beachten. Das bedeutet, dass die Betroffenen imstande sein müssen, die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung zu erkennen, damit sie ihr Verhalten danach ausrichten können.

Unter dem Motto „Zugänge schaffen für arme Kinder und Familien im Landkreis Osnabrück“ haben die Landkreisverwaltung und das Programm „Präventionsketten Niedersachsen“ in den vergangenen vier Jahren gemeinsam an einer integrierten Strategie für bessere Teilhabechancen für alle Kinder gearbeitet. Besonderes Highlight dieses Prozesses: Die „Checkliste Armutssensibilität“!

Das praxisnahe Instrument richtet sich an Mitarbeitende aus Politik, Verwaltung, Pädagogik und vielen weiteren Fachbereichen und stellt die Kernfrage: Handeln wir tatsächlich im Sinne armer Kinder und Familien?! Das Thema Kinderarmut soll dauerhaft im Blick behalten und Angebote und Leistungen für Familien grundsätzlich armutssensibel gestaltet werden. Dazu braucht es an vielen Stellen und von vielen Personen Kenntnis über das Ursachen und Ausmaß von Armut, eine reflektierte Haltung sowie das entsprechende Handeln, von dem arme Kinder tatsächlich profitieren. Deshalb führen Reflexionsfragen sowie Aussagen für armutssensibles Handeln die Nutzer*innen durch die Checkliste und verschiedene Themen. Die Kernaussagen können bei Zutreffen mit einem Häkchen versehen werden, sodass die persönliche Einschätzung visuell festgehalten und später nachvollzogen werden kann.

Auf der Website kinderarmut-im-blick.de wartet die Checkliste in einer druckbaren Kurz- sowie in einer digitalen Langversion auf Sie! Insbesondere die Langversion der „Checkliste Armutssensibilität“ regt zu einer intensiven Betrachtung des eigenen professionellen Umgangs mit armen Kindern und ihren Familien an.

Die Materialien sollen zum Diskurs und zum Nachdenken mit Kolleg*innen und anderen Professionen anregen. Inhaltliche Anfragen können an Christina Kruse (Fachreferentin Programm „Präventionsketten Niedersachsen“ Christina.kruse@gesundheit-nds.de) oder Janna Fabian (Fachdienst Jugend Landkreis Osnabrück, Janna.fabian@lkos.de) gerichtet werden.

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 02/2021

Der Internetauftritt und der Infodienst des Zukunftsforum Familie startet mit einem neuen Design ins Jahr 2021!

Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre!

SCHWERPUNKT I: Sozialschutz-Paket III

Anlässlich des gestrigen Kabinettsbeschluss des Sozialschutzpakets III begrüßt das Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF) die Einmalzahlung für Grundsicherungsempfänger*innen, mahnt aber eine nachhaltige Unterstützung armer Familien an.

Das Kabinett hat gestern das Sozialschutzpaket III beschlossen, welches verschiedene Vorhaben des letzten Koalitionsausschusses umsetzt. Zentrale Maßnahme ist eine Einmalzahlung von 150 Euro an erwachsene Grundsicherungsberechtigte, um coronabedingte Mehrausgaben abzufedern. Im Rahmen des Koalitionsausschusses hatte sich die Bundesregierung daneben auf einen weiteren Kinderbonus geeinigt. Der einmalige Zuschlag auf das Kindergeld soll 150 Euro pro Kind betragen, der bei der Grundsicherung anrechnungsfrei bleibt, jedoch mit dem Kinderfreibetrag verrechnet wird.

Dazu erklärt Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF: „Armut in Corona-Zeiten grenzt Kinder, Jugendliche und ihre Familien aus, denn Bildungs- und Teilhabechancen bleiben vom Geldbeutel der Eltern abhängig. Wir begrüßen daher, dass Menschen in der Grundsicherung nun eine Einmalzahlung von 150 Euro erhalten sollen. Auch der angekündigte Kinderbonus soll armen Familien zu Gute kommen, denn er soll nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden. Das ist das richtige Signal in der Krise, denn so können Familien unbürokratisch unterstützt werden. Anders als die Bonuszahlung aus dem letzten Jahr muss der Bonus aber tatsächlich bei allen Familien ankommen. Alleinerziehende müssen profitieren, dementsprechend darf der Bonus nicht zur Hälfte von der Unterhaltszahlung des anderen Elternteils abgezogen werden. Daneben müssen auch Familien, die keine längerfristige Aufenthaltsgenehmigung haben, etwa ausländische Studierende oder viele Eltern mit einer Duldung, im Blick behalten werden. Diese waren von der letzten Bonuszahlung komplett ausgeschlossen. Wir fordern, es dieses Mal besser zu machen!“

Altenkamp ergänzt: „Angesichts der Belastungen armer Menschen in der aktuellen Krisensituation bleiben die Zahlungen ein Tropfen auf dem heißen Stein. Sie reichen bei Weitem nicht aus, um arme Kinder und Familien nachhaltig zu unterstützen. Wir setzen uns für längerfristige Aufstockungen der Regelsätze und krisenbedingte Erhöhungen, zumindest für die Zeit der Pandemie, ein. Darüber hinaus macht diese Krise deutlich, dass wir dringend nachhaltige Lösungen brauchen: Langfristig fordern wir die Einführung einer Kindergrundsicherung, die das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen sozial gerecht absichert.“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 10.02.2021

„Der Gesetzentwurf wurde vollmundig als Sozialschutzpaket III angekündigt, wird aber erst in einem Vierteljahr als verspätetes Almosen-Briefchen an die Betroffenen zugestellt“,  erklärt Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag und Parteivorsitzende, zu dem vom Bundeskabinett beschlossenen sogenannten Sozialschutzpaket III. Kipping weiter:

„Mit der Einmalzahlung an Grundsicherungsbeziehende gesteht die Bundesregierung erstmals ein, dass von Armut Betroffenen das Geld für Hygieneartikel, Strom und ausgefallene Schulverpflegung dringend fehlt. Besser wäre es gewesen, die Regierung hätte sich auch auf schnelle und effektive Abhilfe einigen können.

Statt des von uns seit einem Jahr geforderten Pandemiezuschlags von 100 Euro monatlich auf alle Sozialleistungen während der gesamten Corona-Krise gibt es nun einen einmalig als Gesamtsumme im Mai ausgezahlten Zuschlag von 150 Euro für die Monate Januar bis Juni 2021. Die Bundesregierung bleibt sich auch im zweiten Jahr der Pandemie treu und handelt nach dem Dreiklang ‚zu spät, zu langsam, zu halbherzig‘.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 10.02.2021

Die Koalitionsfraktionen wollen Menschen, die Grundsicherung beziehen, während der Corona-Pandemie erneut entlasten. CDU/CSU und SPD haben deshalb einen Gesetzentwurf (19/26542) für ein Sozialschutz-Paket III vorgelegt, der auch Erleichterungen für soziale Dienstleister beinhaltet.

Der Entwurf sieht zum einen vor, den erleichterten Zugang in die Grundsicherungssysteme sowie die erleichterte Vermögensprüfung beim Kinderzuschlag bis zum 31. Dezember 2021 zu verlängern. Außerdem werden die Sonderregeln zu den Bedarfen für gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Schulen, Kitas und Werkstätten für behinderte Menschen bis zum 30. Juni 2021 verlängert.

Erwachsene Leistungsberechtigte der sozialen Mindestsicherungssysteme erhalten eine einmalige finanzielle Unterstützung in Höhe von 150 Euro je Person für das erste Halbjahr 2021.

Auch der besondere Sicherstellungsauftrag nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) ist aktuell bis zum 31. März 2021 befristet. „Der Bestand der sozialen Infrastruktur ist jedoch aufgrund des ungewissen Verlaufs der COVID-19-Pandemie und der bundesweit ergriffenen Infektionsschutzmaßnahmen weiterhin gefährdet. Deshalb soll der Sicherstellungsauftrag nach dem SodEG bis zum 30. Juni 2021 verlängert werden“, schreiben die Koalitionsfraktionen.

Zur Abmilderung der erheblichen negativen wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie für Versicherte wie für abgabepflichtige Unternehmen wird im Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) geregelt, dass ein Unterschreiten des für eine Versicherung mindestens erforderlichen Jahreseinkommens von 3.900 Euro auch im Jahr 2021 keine negativen Auswirkungen auf den Versicherungsschutz in der Künstlersozialversicherung hat.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 176 vom 10.02.2021

SCHWERPUNKT II: Corona-Krise

Wie leben Familien heute? Wie ging es Familien im Corona-Frühjahr während des ersten Lockdowns? Wie haben sich Einkommen, Erwerbstätigkeit und Partnerschaftlichkeit in Familien entwickelt und wie steht es um die Familienfreundlichkeit der Unternehmen? Sind Familien in der Krise? Antworten auf diese Fragen bieten die zwei Veröffentlichungen des Bundesfamilienministeriums, die am 1. Dezember 2020 erschienen sind: „Familie heute. Daten. Fakten. Trends – Familienreport 2020“ und „Familien in der Corona-Zeit“ – die Eltern-Corona-Befragung des Bundesfamilienministeriums zur Situation im Frühjahr 2020.

Franziska Giffey, Bundesfamilienministerin
„Die Familie ist für die meisten Menschen der wichtigste Lebensbereich. Sie kann Liebe geben, Halt und Sicherheit. In der Pandemie haben Familien ganz besondere Herausforderungen zu meistern. Der Familienreport 2020 zeigt, wie sie das machen und dass viele Eltern in Deutschland diese Verantwortung gemeinsam stemmen. Diese Entwicklung unterstützen wir mit einer Familienpolitik, die auf Partnerschaftlichkeit und eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf setzt. Und wir haben im Frühjahr gesehen, viele Unternehmen stärken die bei ihnen beschäftigten Mütter und Väter mit mehr Flexibilität und neuen familienbewussten Maßnahmen im Betrieb. Das wünsche ich mir auch für diesen Winter.“

Publikationen
Broschüre: Familie heute. Daten. Fakten. Trends. Familienreport 2020

Broschüre: Familien in der Corona-Zeit: Herausforderungen, Erfahrungen und Bedarfe

Alle Publikationen

Quelle: Newsletter Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.01.2021

Die FDP-Fraktion spricht sich für zusätzliche Kinderkrankentage unabhängig vom Status der Krankenversicherung der Eltern während der Corona-Pandemie aus. In einem Antrag (19/26527) fordert sie die Bundesregierung auf, in Anlehnung an das von der nordrhein-westfälischen Landesregierung beschlossene Hilfsprogramm die Zahl der Kinderkrankentage für alle selbstständigen und freiberuflichen, freiwillig oder gesetzlich versicherten Eltern von Kita- und Schulkindern unter zwölf Jahren zu erhöhen.

Die Liberalen weisen darauf hin, dass die von der Bundesregierung initiierte Ausweitung der Kinderkrankentage nur für gesetzlich krankenversicherte Eltern gilt. Von den Kita- und Schulschließungen während der Corona-Pandemie seien aber alle Eltern betroffenen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 180 vom 10.02.2021

Die FDP-Fraktion ist mit ihren Forderung nach einer Verlängerung des Elterngeldes im Fall von coronabedingten Kita-Schließungen im Familienausschuss gescheitert. Das Gremium lehnte den entsprechenden Antrag (19/26192) der Liberalen am Mittwoch mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, der Linken und Bündnis 90/Die Grünen gegen das Votum der FDP- und der AfD-Fraktion ohne Aussprache ab.

Ebenfalls ohne Aussprache abgelehnt wurde der FDP-Antrag (19/21589), in turnusmäßigen Tagungen die verantwortlichen Führungskräfte im Bundesfamilienministerium eine aktuelle Lageeinschätzung zum Pandemiegeschehen vornehmen und Anpassungen von familienpolitischen Gesetzen und Regelungen vorschlagen zu lassen. Neben der FDP stimmte lediglich die AfD für den Antrag, die Grünen enthielten sich der Stimme und alle anderen Fraktionen stimmten dagegen. Über beide Anträge wird das Plenum des Bundestages am Freitag abschließend beraten und abstimmen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 176 vom 10.02.2021

Der Bezug des Elterngeldes soll nach dem Willen der FDP-Fraktion verlängert werden, wenn sich Aufnahme von Kindern in eine Kita wegen der coronabedingten Schließung von Betreuungseinrichtungen verschiebt. Die Bundesregierung soll hierfür die Möglichkeit schaffen, fordert sie in einem entsprechenden Antrag (19/26192). Familien trügen momentan die Hauptlast der Ausbreitung des Coronavirus. Durch die Schließung oder Einschränkungen des Regelbetriebs von Kitas und Schulen müssten Eltern deutlich größere Lasten tragen, argumentieren die Liberalen. Aufgabe der Politik müsse es sein, Lösungen für die betroffenen Eltern während der Pandemie zu schaffen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 132 vom 28.01.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert im Vorfeld der heutigen Bund-Länder-Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder weitgehendere Handlungsspielräume für ortsspezifisch notwendige Corona-Maßnahmen. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation müssen die flächendeckenden Schul- und Kitaschließungen, und auch die Schließungen von Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit, aufgehoben werden. Stattdessen sollten Bund, Länder und Kommunen einen „Setzkasten“ möglicher Maßnahmen zur Verfügung stellen, damit die Bildungseinrichtungen situationsangemessen flexibel auf die Corona-Pandemie reagieren können. Leitziel muss es dabei sein, das Recht auf Bildung im Sinne ganzheitlicher Persönlichkeitsentwicklung von Kindern zu gewährleisten.

„Wenn es um Schulen und Kitas, aber auch um die Kinder- und Jugendarbeit allgemein geht, brauchen wir eine vorrangige Berücksichtigung der kindlichen Interessen, so wie es in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben ist. Hier hilft nicht der ,Holzhammer‘ mit flächendeckenden Schließungen aller Einrichtungen, sondern diese Bildungseinrichtungen benötigen ein umfangreiches Paket aus finanzieller Unterstützung und konkreten Fortbildungs- und Ausstattungsangeboten. Schulen und Kitas sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen sollten dann wie aus einem Setzkasten in Absprache mit den Gesundheitsämtern die für die Situation vor Ort effektivste Maßnahme zur Verwirklichung des Rechts auf Bildung einerseits und zur Bekämpfung der Corona-Pandemie andererseits ergreifen können“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Wie ein sicherer Schulunterricht funktionieren kann, haben die vier Fachgesellschaften für Epidemiologie, für Public Health, für Kinder- und Jugendmedizin und für pädiatrische Infektiologie am Montag in einer Leitlinie dargelegt. Jetzt muss entsprechend gehandelt werden. Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie müssen beispielsweise alternative Räumlichkeiten angemietet werden, um eine Entzerrung der räumlichen Enge in vielen Schulen und Kitas zu ermöglichen. Hotels, Museen, Jugendherbergen, Volkshochschulen, Theater, Freizeiteinrichtungen, Bürgerhäuser, Sporthallen: Hier gibt es unzählige Möglichkeiten, die ebenso wie Luftfilteranlagen und mobile Raumluft-Filter nicht an Verwaltungsvorschriften und angeblichem Geldmangel scheitern dürfen. Notwendiges zusätzliches Personal könnten beispielsweise auch Lehramtsstudierende, Museums- und Theaterpädagogen oder Dozentinnen der Volkshochschulen sein. Auch sollte den Schulen ermöglicht werden von der festen Stundentafel abzuweichen, um projektorientierten Unterricht in gleichbleibenden Lerngruppen realisieren zu können“, so Hofmann weiter.

Zusätzlich zu den konkreten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes auch ein Experten/innenrat mit Verantwortlichen aus Gesundheits- und Bildungsbehörden unter Einbezug von Schülerinnen und Schülern sowie von Fachkräften und Elternverbänden unabdingbar, um in regelmäßigen Abstimmungen und einem Erfahrungsaustausch das Ineinandergreifen von Maßnahmen sowie den gemeinsamen Umgang mit bildungspolitischen Folgen der Corona-Krise zu gewährleisten. Zudem muss dauerhaft gewährleistet werden, dass sich alle Beschäftigten in Schulen und Kitas regelmäßig und kostenfrei auf das Corona-Virus testen lassen können, auch wenn sie symptomfrei sind. Informationen über die jeweiligen Verfahrensweisen und ausgewählte Standorte für eine Testung müssen für Beschäftigte transparent und zugänglich sein.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 10.02.2021

Im Vorfeld des Treffens der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsident*innen hat sich der Kinderschutzbund mit der Forderung, Schulöffnung bereits in geeigneten Regionen möglich zu machen, mit einem Brief an Bund und Länder gewandt.

Kinder und Jugendliche sind in ihren Rechten und ihrer Entwicklung durch die aktuellen Schließungen von Kita und Schule und aller anderen Einrichtungen stark beeinträchtigt. Längere Schließungen beeinträchtigen die Bildungsmöglichkeiten erheblich und werden zu einer Verschärfung von Ungleichheit führen. Als Kinderschutzbund wollen wir aber auch darauf aufmerksam machen, dass Befunde zu sozialen und psychischen Beeinträchtigungen im Lockdown vorliegen. Diese sollten künftig stärker bei der Abwägung der Infektionsschutzmaßnahmen berücksichtigt werden. Kinder und Jugendliche benötigen den Kontakt zu Gleichaltrigen und Spielräume außerhalb des Elternhauses, um gut aufzuwachsen. „Der Lockdown nimmt Kindern und Jugendlichen wichtige Räume und zentrale Erfahrungen. Die Belastungen dürfen wir nicht ignorieren“, macht die Vizepräsidentin des Kinderschutzbundes Prof. Dr. Sabine Andresen deutlich.

Der Kinderschutzbund betont deshalb noch einmal mit Nachdruck, dass dort, wo sinkende Inzidenzwerte und geeignete Hygienekonzepte es jeweils regional möglich machen, Schulen und Kitas wieder geöffnet werden müssen. „Sobald das Infektionsgeschehen in einer Region soweit gefallen ist, dass über erste Lockerungen nachgedacht werden kann, ist es nicht zu rechtfertigen, wenn Kindern soziale Kontakte und Bildung weiter vorenthalten werden“ sagt Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes. Im Gegensatz zu Einzelhandel oder Dienstleistungsbetrieben, die aus Sorge vor dem Zustrom von Menschen aus anderen Gegenden nicht regional geöffnet werden können, ist die Zuordnung von Kindern und Jugendlichen zu entsprechenden Schulen und Kita eindeutig. Eine Zunahme unerwünschter Mobilität zwischen Regionen ist durch eine Öffnung von Kita und Schule somit nicht zu erwarten. „Die Kultusministerien, Schulträger und Schulen sind nunmehr in der Pflicht, sich mit geeigneten, durch die medizinischen Fachgesellschaften empfohlenen, Maßnahmen auf eine Öffnung vorzubereiten und diese dort, wo es regional möglich ist, auch vorzunehmen, im Sinne einer sinnvollen Güterabwägung zwischen Infektionsschutz und einem guten Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen“ betont Daniel Grein, Bundesgeschäftsführer des DKSB.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V. vom 04.02.2021

Ein Bündnis von 41 Gewerkschaften und Verbänden bewertet den von der Großen Koalition in Aussicht gestellten Einmalzuschlag in Höhe von 150 Euro für arme Menschen als “Tropfen auf den heißen Stein”. Die Organisationen starten heute eine breite Unterschriftensammlung, um den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen, endlich armutspolitisch wirksame Soforthilfen auf den Weg zu bringen.

Die Covid-19-Pandemie mit all ihren wirtschaftlichen und sozialen Folgen treffe “die Ärmsten in der Gesellschaft besonders hart”, heißt es in dem heute veröffentlichten Appell, und ausgerechnet die Ärmsten seien es, die nunmehr seit Beginn der Krise vor fast einem Jahr “noch immer auf angemessene Unterstützung” warten.

Das Bündnis fordert die zügige Anhebung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro für alle Menschen, die auf existenzsichernde Leistungen wie etwa Hartz IV angewiesen sind. “Denn schon vor Corona fehlte es den Armen an Geld für eine ausgewogene, gesunde Ernährung und ein Mindestmaß an sozialer, politischer und kultureller Teilhabe”, heißt es in dem Appell. Darüber hinaus brauche es statt einer Einmalzahlung für die Dauer der Krise einen pauschalen Mehrbedarfszuschlag in der Grundsicherung von 100 Euro pro Kopf und Monat, um zusätzliche corona-bedingte Kosten auszugleichen. Schließlich fordern die Organisationen “für die Dauer der Krise ein Verbot von Zwangsräumungen und die Aussetzung von Kreditrückzahlungen, um einkommensarme Menschen vor Corona-bedingtem Wohnungsverlust und Existenznot zu schützen.”

Der Appell wurde initiiert von einer breiten Allianz, die von Gewerkschaften, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, über Kultur, Wohnen, Umwelt bis zu Selbsthilfe, Gesundheits- und Menschenrechtsorganisationen reicht. Das Bündnis ruft Bürgerinnen und Bürger auf, mit ihrer Unterschrift unter den Appell “Corona trifft Arme extra hart – Soforthilfen jetzt!”, politisch Druck zu machen, damit auch die Ärmsten – ob arme Alte und Pflegebedürftige oder Kinder, Arbeitslose, Flüchtlinge oder Erwerbsgeminderte – die Corona-Krise gut überstehen können.

Aufruftext und Möglichkeit der Unterzeichnung ab sofort unter anderem hier: www.der-paritaetische.de/coronahilfe

Erstunterzeichnende des Appells:

Marlis Tepe, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft / Frank Werneke, ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft / Prof. Dr. Jens Schubert, AWO Bundesverband e.V. / Dr. Ulrich Schneider, Der Paritätische Wohlfahrtsverband Gesamtverband e.V. / Maria Loheide, Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. / Adolf Bauer, Sozialverband Deutschland e.V. / Verena Bentele, Sozialverband VdK e.V. / Susanna Karawanskij, Volkssolidarität Bundesverband e.V. / Aron Schuster, Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V. / Heinz Hilgers, Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V. / Holger Hofmann, Deutsches Kinderhilfswerk e.V. / Günter Burkhardt, PRO ASYL / Olaf Bandt, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland/ Friends of the Earth Germany / Olaf Zimmermann, Deutscher Kulturrat e.V. / Dr. Melanie Weber-Moritz, Deutscher Mieterbund e.V. / Jochen Brühl, Tafel Deutschland e.V. / Martin Rücker, foodwatch e.V. / Christoph Bautz, Campact e.V. / Georg Grohmann, BAG Streetwork/ Mobile Jugendarbeit e.V. / Benjamin Andrae, Bundesverband anthroposophisches Sozialwesen e.V. / Birgit Görres, Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V. / Dr. Klaus-Dieter Warz, DEUTSCHE DIABETES FÖDERATION e.V. / Wolfgang Schreck und Oliver Kunz, Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) e.V. / Christel Achberger, Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V. / Herbert Temmes, Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V. / Prof. Christel Bienstein, Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe – DBfK Bundesverband e.V. / Gunter Erbe, Deutscher Wohlfahrtsverband für Gehör- und Sprachgeschädigte GSW e.V. / Georg Roth, Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren (BISS e.V.) / Uwe Weppler, PARITÄTisches Bildungswerk Bundesverband e.V. / Christian Molke, ADRA Deutschland e.V. / Andreas Luttmer-Bensmann, Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) / Horst Schmitthenner, Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen / Uwe Hiksch, NaturFreunde Deutschlands / Volkmar Proschwitz, Advent Wohlfahrtswerk e.V. / Carmen Thiele, PFAD Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V. / Helena Steinhaus, Sanktionsfrei e.V. / Annegret Gabelin, Sozialwerk des dfb (Dachverband) e.V. / Heiko Frost, Verband Deutscher Schullandheime e.V. / Gudrun Nolte, Evangelischer Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt e.V. (KWA) / Georg Janßen, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft / Britta Altenkamp, Zukunftsforum Familie e.V.

Zitate von Erstunterzeichnenden und sonstige Materialien: https://www.der-paritaetische.de/coronahilfe/downloads/


Auch das ZFF fordert gemeinsam mit 41 bundesweiten Organisationen: Soforthilfen für die Armen jetzt! #Mindestens600 #Coronahilfen

Unsere ZFF-Vorsitzende, Britta Altenkamp, dazu: „Armut in Corona-Zeiten grenzt aus und hängt Kinder, Jugendliche und ihre Familien weiter ab, denn in der aktuellen Krisensituation zeigt sich erneut, wie stark die Bildungs- und Teilhabechancen vom Geldbeutel der Eltern abhängen: Nicht alle Kinder und Jugendlichen können am digitalen Unterrichtsgeschehen adäquat teilnehmen, da zu Hause das Geld für die technische Ausstattung nicht ausreicht. Oft fehlt ein Tisch oder auch ein eigenes Zimmer in einer beengten Wohnung, um in Ruhe Schularbeiten zu machen. Zum wiederholten Male fordern wir daher: Soforthilfen für die Armen – jetzt!“ 

https://www.der-paritaetische.de/presse/einmalig-breite-allianz-fordert-anhebung-der-regelsaetze-auf-mindestens-600-euro-und-weitere-corona-s/


Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 09.02.2021

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Dachverband von u.a. rund 4000 freigemeinnützigen Kindertageseinrichtungen, erklärt:

„Wichtig ist jetzt vor allem, dass möglichst schnell ausreichend Impfstoff da ist, damit auch Erzieher*innen, die richtigerweise zu den priorisierten Berufsgruppen gehören, zügig ein Impfangebot erhalten. Ohne die Notfallbetreuung in den Kitas fielen Ärzt*innen, Pflegekräfte, Verkäufer*innen und andere für die Eindämmung der Pandemie wichtige Beschäftigte aus. Kitas gehören damit nicht nur zu den systemrelevanten Einrichtungen, sondern Erzieher*innen sind auch in besonderem Maße gefährdet, sich zu infizieren. Krippen- und Kleinkindbetreuung funktioniert nicht auf physische Distanz, sondern nur mit körperlicher Nähe. Hier kann keine Plexiglasscheibe helfen. Man muss zudem sehen: Einen Lockdown gibt und gab es für Kitas nie. Selbst unter den aktuellen Bedingungen der Notfallbetreuung weisen viele Einrichtungen je nach Standort sogar eine Auslastung von über 50 Prozent auf. Gleichzeitig sind die Ausfallquoten unter Erzieher*innen hoch, so dass Personal und Einrichtungen schon lange an den Grenzen der Belastbarkeit arbeiten. Es ist daher auch nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet Kitas sowohl bei der Ausstattung mit Masken und anderen Infektionsschutzmaterialien als auch bei der Teststrategie bisher vielerorts weitgehend außen vor waren. Bis auch für Erzieher*innen ein Impfangebot gemacht werden kann, muss in diesen Bereichen unbedingt nachgelegt werden. Schließlich muss sofort mit den Vorbereitungen für die Impfstrategie für alle Mitarbeitenden in Kitas und für Kindertagespflegespersonen begonnen werden. Es braucht eine Strategie und einen konkreten Plan, wie die Impfungen konkret umgesetzt werden können, bspw. durch ein strukturiertes Einlademanagement, das allen Mitarbeitenden in Kindertageseinrichtungen automatisch einen Termin sichert. Wenn Bund, Länder und Kommunen hier nicht zügig einen konkreten Plan vorlegen, der auch in der konkreten Praxis vor Ort umsetzbar ist, droht die Schließung von Kitas.“

Siehe auch: https://www.welt.de/politik/deutschland/article225237847/Erhoehte-Corona-Gefahr-in-Kitas-Fuer-die-Notbetreuung-bezahlen-unsere-Beschaeftigten-mit-ihrer-Gesundheit.html

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 29.01.2021

Mit Blick auf die anstehende Konferenz der Ministerpräsident*innen mit der Kanzlerin über die weiteren Corona-Eindämmungsmaßnahmen fordert der Verband alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e.V. (VAMV), bundesweit Familien einen Kontakt mit einer anderen festen Familie zu ermöglichen.

„Für Alleinerziehende bedeuten die aktuellen Kontaktbeschränkungen soziale Isolation“, bemängelt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des VAMV. Selbst in den Bundesländern, in denen sich zwei Familien zu einer Betreuungsgemeinschaft zusammenschließen dürfen, müssen die Erwachsenen draußen bleiben. „Kinder brauchen Kinder, Erwachsene brauchen aber auch andere Erwachsene. Wir sind besorgt, dass viele Alleinerziehende wegen der Belastungen der Coronakrise kurz vor einem Burnout stehen. Eine feste andere Familie treffen zu können, wäre bereits eine Entlastung. Auch die Berliner Regelung könnte ein Vorbild sein, nach der sich zwei Alleinerziehende mit ihren Kindern treffen dürfen. Die Altersgrenze sollte bei Kindern bis 14 Jahren liegen.“

Außerdem fordert Jaspers: „Sobald ein Lockern der Beschränkungen möglich ist, müssen als erstes die Kitas und Schulen geöffnet werden.“ Das hatte die Kanzlerin beim Familiendialog vergangene Woche versprochen. „Hierfür braucht es gute, sichere und verlässliche Konzepte, die sich stärker an Infektionszahlen als an Ländergrenzen orientieren und somit bundesweit einheitlich umgesetzt werden sollten.“ Die Notbetreuung wird Hand in Hand mit einer absehbaren stufenweisen Öffnung noch weiter Bedeutung haben. „Hier ist es wichtig, vor Ort für eine einheitliche Praxis zu sorgen: Immer noch müssen Alleinerziehende mit ihrer Kita darüber diskutieren, dass sie auch bei gemeinsamem Sorgerecht die Hauptverantwortung tragen und alleinerziehend sind oder ob sie an einem freien Tag die Notbetreuung in Anspruch nehmen dürfen. Dabei wäre einmal kurz durchschnaufen können gerade jetzt so wichtig für Alleinerziehende“, betont Jaspers.

„Das Kinderkrankengeld scheint bislang wenig in Anspruch genommen zu werden – etwa da die Kinder ab zwölf rausfallen oder nicht gesetzlich versichert sind, da der Einkommensverlust zu hoch wäre oder da es keine Teilzeit-Variante gibt. Wie auch beim geplanten Kinderbonus gibt es hier Nachbesserungsbedarf, damit Alleinerziehende gut durch die Coronakrise kommen können“, mahnt Jaspers.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. (VAMV) vom 09.02.2021

Die Koalition hat sich gestern als Entlastung für Familien in der Coronakrise auf einen Nachschlag des Kinderbonus in Höhe von 150 Euro verständigt. „Diesmal muss der Kinderbonus voll bei den Alleinerziehenden ankommen“, fordert Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV).

„Halber Kinderbonus bei doppelter Belastung hat im vergangenen Jahr für viel Unverständnis und Empörung bei Alleinerziehenden gesorgt. Diesmal muss der Kinderbonus so ausgestaltet sein, dass er nicht wieder hälftig mit dem Kindesunterhalt verrechnet wird, sondern voll dort zur Verfügung steht, wo gebraucht wird: am Lebensmittelpunkt des Kindes, da hier die Kosten für das Kind entstehen“, unterstreicht Jaspers.

„Alleinerziehende haben typischerweise Mehrausgaben im Lockdown, etwa weil das Mittagessen in Schule und Kita wegfällt. „Wir wollen einen Kinderbonus und keinen Elternbonus – deshalb fordern wir den vollen Kinderbonus für Alleinerziehende! Fürs Wechselmodell schlagen wir eine hälftige Verteilung des Kinderbonus in den paritätisch betreuenden Haushalten vor“, so Jaspers.

Der VAMV hat bereits 2020 einen Formulierungsvorschlag vorgelegt, mit dem der Kinderbonus voll bei Alleinerziehenden ankommt.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. (VAMV) vom 04.02.2021

Stationäre Jugendhilfeeinrichtungen können Bildungs- und Erziehungsauftrag in der Corona-Pandemie ohne zusätzliches Personal nicht nachkommen

Elf Monate Pandemie, wiederkehrende Lockdowns und kurzfristige Quarantänesituationen bringen nicht nur Eltern, sondern auch die Fachkräfte in den stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland immer öfter an ihre Grenzen. Diese Vermutung, die sich bereits im ersten Lockdown abzeichnete, wurde nun durch eine interne Blitzumfrage unter den Mitgliedseinrichtungen des Bundesverbandes privater Träger der freien Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe e.V. (VPK) bestätigt.

„Kinder und Jugendliche in der Heimerziehung, die vormittags normalerweise in Kitas und Schulen betreut werden, müssen während des Lockdowns wochenlang mit vielen zusätzlichen Stunden von den Fachkräften betreut und beschult werden“, so Rebecca Prent, Vizepräsidentin des VPK-Bundesverbandes e.V. „Dies aber ist nicht mit den vor Corona-Zeiten verhandelten Fachkraft-Kind-Schlüsseln und Tagessätzen zu leisten. Wir verfügen schlicht nicht über die Anzahl an Personal, die es bräuchte, um all das aufzufangen, was Kitas und Schulen aufgrund der Pandemie derzeit nicht selbst anbieten können“, so Prent weiter.

Die in den Einrichtungen lebenden Kinder und Jugendlichen, die in der Regel in altersübergreifenden Gruppen von bis zu zehn Kindern betreut werden, besuchen verschiedene Klassen und Schultypen. So ist es beispielsweise nicht unüblich, dass in einer Gruppe Kinder aus Regelgrundschule, Förderschule, Mittelschule, Realschule und Gymnasium vereint sind. Die Anforderungen an das Homeschooling könnten dabei unterschiedlicher kaum sein. „Hinzu kommt, dass die Kinder und Jugendlichen aufgrund ihrer persönlichen Vorgeschichte und der damit verbundenen Verhaltenssymptomatiken weitaus mehr Zuwendung und Motivationshilfe benötigen als andere Kinder im Homeschooling, die nicht einer besonderen Förderung durch Angebote der Jugendhilfe bedürfen“, präzisiert Prent.

Die Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen haben gleich zu Beginn der Pandemie im März vergangenen Jahres auf ihre Situation aufmerksam gemacht und bei den für sie zuständigen Heimaufsichten mehr personelle und finanzielle Unterstützung eingefordert. Bis heute sind dem stetigen eindringlichen Appell der Einrichtungen jedoch kaum Taten gefolgt. In Bayern, wo Rebecca Prent eine eigene Einrichtung betreibt, wurde kürzlich eine zusätzliche Fachkraft für die Vormittagsbetreuung bewilligt. Dies aber reicht aus Sicht der erfahrenen Pädagogin längst nicht aus.

„Homeschooling auf unbestimmte Zeit, unterschiedliche Lernplattformen, fehlende Erreichbarkeit von Lehrern, Kinder und Jugendliche mit erhöhtem Förder- und Betreuungsbedarf, alltägliche Aufgaben zum Beispiel auch in der Elternarbeit, die mindestens weiterlaufen oder aufgrund der aktuellen Situation noch zeitintensiver sind, die ständige Überprüfung und Umsetzung der Hygienekonzepte bei der gleichzeitigen Anwesenheit von viel mehr Kindern als gewöhnlich – das ist einfach nicht machbar. Bei allem Engagement und guten Willen – uns Fachkräften geht langsam die Puste aus.“

Der VPK fordert die Politik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene dazu auf, die Nöte der Einrichtungen endlich wahrzunehmen und schnelle und pragmatische Lösungen im Hinblick auf die Finanzierung zusätzlichen Personals sicherzustellen. Die Kinder- und Jugendhilfe leistet einen wesentlichen gesellschaftlichen Beitrag und darf ebenso wie andere Bereiche des Lebens in der Pandemie nicht vergessen werden. „Gerade sehen wir jeden Tag neue Studien, die das Ausmaß der aktuellen Situation auf die Psyche und das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen beschreiben. Wir müssen alles daransetzen, diesen besonders zuwendungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen die Unterstützung zu geben, die sie dringend benötigen“, so Prent abschließend.

Quelle: Pressemitteilung Bundesverband privater Träger der freien Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe e.V. (VPK) vom 03.02.2021

SCHWERPUNKT III: Elterngeldreform

Anlässlich der für morgen geplanten Verabschiedung der Elterngeld- und Elternzeitreform im Deutschen Bundestag begrüßt das Zukunftsforum Familie (ZFF) die beschlossenen Verbesserungen, v. a. für Familien mit Frühgeburten, mahnt zugleich aber umfassendere Reformen für eine partnerschaftliche Aufteilung der Sorgearbeit an.

Die Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) hat zum Ziel, Eltern flexiblere Angebote zur Nutzung von Elterngeld bzw.- Elternzeit zu machen, die den Wünschen und Bedarfen nach einer partnerschaftlicheren Vereinbarkeit entgegenkommen. Der aktuelle Gesetzesentwurf sieht, neben der Anhebung der Höchstarbeitsgrenze während der Elternzeit bzw. des Elterngeldbezugs und der Flexibilisierung des Partnerschaftsbonus, weitere Verbesserungen für Eltern von Frühchen vor. Wird ein Kind sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin geboren, sollen Eltern künftig einen zusätzlichen Monat Elterngeld erhalten. Bei früheren Frühgeburten soll der Anspruch erhöht werden – höchstens aber auf vier zusätzliche Elterngeld-Monate. Vor dem Hintergrund der andauernden Corona-Krise wird daneben die Regelung verlängert, dass der Anspruch auf einen Partnerschaftsbonus nicht verloren geht, wenn der verpflichtende Stundenkorridor wegen der Pandemie nicht eingehalten werden kann.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Wir begrüßen die Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes und sehen in den geplanten Neuregelungen wichtige Bausteine, damit Eltern diesen Schonraum in der frühen Familienphase partnerschaftlich organisieren können. Dazu zählen die Ausweitung der Höchstarbeitszeitgrenze oder die flexibleren Nutzungsmöglichkeiten des Partnerschaftsbonus. Mit der Ausweitung des Elterngeldanspruchs für Eltern von Frühchen setzt die Bundesregierung zudem einen längst überfälligen Schritt um und wir begrüßen, dass sich die Koalitionspartner zu einer etwas großzügigeren Lösung durchringen konnten. Ebenso unterstützen wir, dass die Anpassung des Partnerschaftsbonus angesichts der fortdauernden Pandemie verlängert wird. Junge Eltern sind gerade in dieser Zeit auf verlässliche Maßnahmen angewiesen, damit sie ohne finanzielle Nöte in ihr Familienleben hineinfinden können“

Weiter erklärt Altenkamp: „Die meisten Familien wünschen sich eine gleichberechtigte Aufteilung von Betreuung und Erziehung ihrer Kinder. Aus Sicht des ZFF braucht es aber für die nachhaltige Unterstützung von jungen Eltern umfassendere Reform-Schritte. Wir setzen uns daher für eine Ausdehnung der Partnermonate ein. Auch eine bezahlte Freistellung für Väter rund um die Geburt des Kindes, die nicht auf Elternzeit- und Elterngeld angerechnet wird, würde die gleichberechtigte Teilhabe an der familiären Sorgearbeit stärken und junge Eltern in der frühen Familienphase nachhaltig unterstützen!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 28.01.2021

Das Elterngeld wird noch flexibler, partnerschaftlicher und einfacher – durch mehr Teilzeitmöglichkeiten, weniger Bürokratie und mehr Elterngeld für Frühchen. So werden Eltern unterstützt, Familienleben und Beruf noch besser zu vereinbaren. Mit der heutigen 2. und 3. Lesung hat der Bundestag das „Zweite Gesetz zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes“ beschlossen. Die Regelungen sollen zum
1. September 2021 in Kraft treten.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Das Elterngeld ist die bekannteste und beliebteste Familienleistung Deutschlands. Mit der Reform passen wir es noch genauer an die Bedürfnisse der Eltern an und machen es ihnen leichter, sich um die wichtigen Dinge zu kümmern: Zeit mit ihren Kindern und der Familie, aber auch Zeit um den eigenen beruflichen Weg weiterzugehen. Wir unterstützen sie darin, sich Beruf und Familie partnerschaftlich aufzuteilen, wenn sie das wollen. Und wir machen ihnen das Leben ein Stück einfacher – durch bessere Regelungen und weniger Bürokratie. Dank der zügigen und sehr konstruktiven Beratungen im Bundestag sind sogar noch einige Verbesserungen hinzugekommen, zum Beispiel durch die Ausweitung der Frühchen-Monate. Auch im EU-Vergleich liegen wir mit unserer Elternzeit und dem Elterngeld weit vorn und übertreffen sogar EU-Standards. Dabei geht es um ein wichtiges Zeichen: Wir sehen, was Familien aktuell leisten. Und wir stehen ihnen zur Seite. Mit einer Politik, die die Interessen und Bedürfnisse der Familien in den Mittelpunkt stellt. Und die verlässlich ist, gerade in der Krise.“

So wird das Elterngeld flexibler, partnerschaftlicher und einfacher:

Erweiterter Teilzeitkorridor, weniger Bürokratie und keine Nachweise

Für Eltern in Teilzeit enthält das Gesetz zahlreiche Verbesserungen: Die zulässige Arbeitszeit während des Elterngeldbezugs und der Elternzeit wird von 30 auf 32 Wochenstunden angehoben. Auch der Partnerschaftsbonus, der die parallele Teilzeit beider Eltern unterstützt, kann künftig mit 24 – 32 Wochenstunden (statt mit bisher 25 – 30 Wochenstunden) bezogen werden.

Diese Ausweitung des Arbeitszeitkorridors ist Arbeitsnehmer- und Arbeitgeberfreundlich, denn drei bis vier volle Tage erleichtern die Arbeitsorganisation.

Zudem wird der Partnerschaftsbonus flexibler und Eltern sollen nur im Ausnahmefall nachträglich Nachweise über ihre Arbeitszeit erbringen. Das erspart Eltern, Elterngeldstellen und Betrieben jede Menge Bürokratie.

Erhalt der Höhe des Elterngeldes bei Bezug von Lohnersatzleistungen wie Kurzarbeitergeld

Zusätzlich wird nun auch sichergestellt, dass sich die Höhe des Elterngeldes für teilzeitarbeitende Eltern nicht verändert, wenn sie Einkommens-ersatzleistungen beziehen, wie zum Beispiel Kurzarbeitergeld oder Krankengeld. Bisher hat sich dadurch die Höhe des Elterngeldes reduziert.

Verlängerung von Corona-Sonderregelung zum Partnerschaftsbonus

Eltern, die den Partnerschaftsbonus beziehen und wegen der Corona-Pandemie nicht wie geplant parallel in Teilzeit arbeiten konnten, müssen den Partnerschaftsbonus nicht zurückzahlen. Damit wird das Elterngeld krisenfester und stärkt Familien den Rücken. Diese Corona-Sonderregelung wurde zum 1. März 2020 eingeführt und wird bis zum 31. Dezember 2021 verlängert.

Mehr Elterngeld für besonders Frühgeborene 

Eltern besonders frühgeborener Kinder erfahren künftig dauerhaft mehr Rücksicht. Wird ein Kind mindestens sechs Wochen vor dem errechneten Termin geboren, erhalten die Eltern einen zusätzlichen Monat Elterngeld. Das sah schon der Regierungsentwurf vor. Neu ist: Wird das Kind acht Wochen zu früh geboren, gibt es zwei zusätzliche Elterngeldmonate, bei
12 Wochen drei und bei 16 Wochen vier. So erhalten Eltern die Zeit, Ruhe und Sicherheit, die sie in ihrer besonderen Situation brauchen.

Verwaltungsvereinfachungen und Klarstellungen

Eltern und Verwaltung werden von Vereinfachungen und rechtlichen Klarstellungen profitieren. Ein Antragsrecht für Eltern mit geringen selbständigen Nebeneinkünften ermöglicht diesen Eltern künftig eine bessere Berücksichtigung ihrer Einnahmen im Elterngeld.

Anpassung der Einkommensgrenzen für Paare

Zur Finanzierung der Verbesserungen sollen künftig nur noch Eltern, die gemeinsam 300.000 Euro oder weniger im Jahr verdienen, Elterngeld erhalten. Bisher lag die Grenze für Paare bei 500.000 Euro. Diese neue Regelung für Paare betrifft Spitzenverdiener, die 0,4 Prozent der Elterngeldbezieher ausmachen – ca. 7.000. Für sie ist die eigenständige Vorsorge für den Zeitraum der Elternzeit auch ohne Elterngeld möglich. Für Alleinerziehende liegt die Grenze weiterhin bei 250.000 Euro.

Ausführlichere Informationen zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/gesetze/zweites-gesetz-zur-aenderung-des-bundeselterngeld–und-elternzeitgesetzes/147674

Informationen zum Elterngeld allgemein: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/familie/familienleistungen/elterngeld/elterngeld-und-elterngeldplus/73752

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 29.01.2021

Der Familienausschuss des Deutschen Bundestages hat in seiner heutigen Sitzung weitere Verbesserungen im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz beschlossen. Die Gesetzesänderung – die voraussichtlich am Freitag vom Bundestag verabschiedet wird – führt dazu, dass Elterngeld, ElterngeldPlus und Partnerschaftsbonus noch flexibler und einfacher werden. Das hilft auch in der Krise.

„Mit der Reform sorgen wir dafür, dass Eltern die Familienleistung Elterngeld noch besser ihren Lebensumständen entsprechend anpassen können. So weiten wir unter anderem den Stundenkorridor beim Partnerschaftsbonus auf 24 bis 32 Stunden aus. Der Bonus kann künftig auch kürzer bezogen oder früher als geplant beendet werden. Damit Eltern sich auch in der Krise auf die Leistung verlassen können, verlängern wir die Regelung, dass der Bonus nicht entfällt oder zurückgezahlt werden muss, wenn Eltern aufgrund der Corona-Pandemie mehr oder weniger arbeiten als geplant.

Wir wissen, dass Familien mit zu früh geborenen Kindern vor besonderen Herausforderungen stehen. Je früher Kinder zur Welt kommen, desto mehr Zeit brauchen Eltern, um mögliche Entwicklungsverzögerungen aufzufangen. Um ihnen diese Zeit zu geben, haben wir im parlamentarischen Verfahren nachgelegt. Neben dem bereits vorgesehenen zusätzlichen Elterngeldmonat für Kinder, die sechs Wochen oder früher geboren werden, haben wir dafür gesorgt, dass es für Kinder, die zwei, drei oder vier Monate zu früh geboren werden, je einen zusätzlichen Elterngeldmonat geben wird. Eltern, deren Kind zum Beispiel zwölf Monate zu früh geboren wird, erhalten also künftig drei zusätzliche Monate Elterngeld.

Auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der aktuellen Krise haben wir des Weiteren dafür gesorgt, dass Eltern künftig keine Nachteile mehr beim Elterngeld haben, wenn sie nach der Geburt in Teilzeit arbeiten und zum Beispiel erkranken oder in Kurzarbeit sind. Eltern sollen auch dann immer so viel Elterngeld behalten, wie sie bekommen hätten, wenn sie weiter in Teilzeit gearbeitet hätten.

Mit diesem Feinschliff sorgen wir dafür, dass das sozialdemokratische Erfolgsmodell Elterngeld noch mehr Planungssicherheit und Wahlmöglichkeiten für Eltern bietet.“

Quelle: Pressemitteilung SPD-Bundestagsfraktion vom 27.01.2021

Bundestag beschließt Update für das Elterngeld

Am heutigen Freitag hat der Deutsche Bundestag das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes beschlossen. Dazu erklären der familienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg, und der zuständige Berichterstatter, Maik Beermann:

Marcus Weinberg: „Heute ist ein guter Tag für alle zukünftigen Eltern, denn mit den Neuregelungen beim Elterngeld und in der Elternzeit schaffen wir nicht nur mehr Flexibilität für Eltern nach der Geburt, wir schaffen auch mehr zeitliche Freiräume für Eltern. Wir erweitern den wöchentlichen Arbeitsstundenkorridor auf 24 bis 32 Stunden, führen eine flexible Bezugsdauer von 2 bis 4 Monaten anstatt des bisherigen festen Bezugszeitraums von 4 Monaten bei einer Teilzeitbeschäftigung beider Elternteile ein und stellen klar, dass im Fall einer schweren Erkrankung eines Elternteils auch ein alleiniger Bezug möglich ist. Damit machen wir den Partnerschaftsbonus nicht nur attraktiver, wir unterstützen auch die partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienzeiten zwischen den beiden Elternteilen.

Als CDU/CSU haben wir dafür gesorgt, dass Eltern, die den Partnerschaftsbonus nehmen oder genommen haben und aufgrund der Corona-Situation mehr oder weniger arbeiten, diesen Anspruch nicht verlieren oder das Elterngeld sogar zurückzuzahlen müssen. Wir greifen damit die Sorgen dieser Eltern schnell und unbürokratisch auf, die uns durch Zuschriften insbesondere Anfang des Jahres erreicht haben.“

Maik Beermann: „Ich freue mich sehr, dass wir das Elterngeld immer wieder den Wünschen der Eltern anpassen und Verbesserungen erreichen. Besonders am Herzen lag uns als Union, dass wir Eltern von frühgeborenen Kindern zusätzliche Elterngeldmonate zukommen lassen. Gerade Frühchen haben mit Entwicklungsverzögerungen zu kämpfen. Eltern erhalten nun jeweils einen weiteren Monat Elterngeld, wenn ihr Kind mindestens 6 Wochen, 8 Wochen, 12 Wochen und 16 Wochen zu früh geboren wurde. Da die Wahlfreiheit für uns ein hohes Gut ist, freuen wir auch darüber, dass wir etwas für Eltern mit Einkünften aus selbstständiger und nichtselbstständiger Arbeit erreichen können: Diese Eltern können künftig wählen, dass geringfügige Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit wie Einkommen aus Nichtselbständigkeit behandelt werden. Somit kommt mehr in die Haushaltskasse.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 29.01.2021

Der Familienausschuss hat der geplanten Novellierung des Elterngeld- und Elternzeitgesetzes zugestimmt. Mit der Reform werden vor allem die Teilzeitmöglichkeiten flexibilisiert und die Elternzeit und der Bezug von Elterngeld im Fall von Frühgeburten verlängert. Der Ausschuss verabschiedete den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/24438) in geänderter Fassung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD gegen das Votum der AfD-Fraktion. Die Oppositionsfraktionen der FDP, Linken und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich der Stimme. Mehrheitlich abgelehnt wurden hingegen ein Antrag der FDP (19/17284) und ein Antrag der Linken (19/15799) zu Reform des Elterngeldes.

Der Ausschuss hatte die Gesetzesvorlage der Regierung noch einmal durch einen Änderungsantrag der Koalition, dem alle Fraktionen mit Ausnahme der AfD zustimmten, geändert. Er sieht ein Stufenmodell im Fall von Frühgeburten vor. So verlängert sich der Bezug des Basiselterngeldes um einen auf 13 Monate, wenn die Geburt mindestens sechs Wochen vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin liegt. Bei mindestens acht Wochen verlängert sich der Anspruch auf 14 Monate, bei zwölf Wochen auf 15 Monate und bei 16 Wochen auf 16 Monate. Der ursprüngliche Gesetzentwurf hatte nur eine Verlängerung des Elterngeldes um pauschal einen Monat bei allen Frühgeburten vorgesehen.

Die Gesetzesnovelle sieht zudem vor, dass die erlaubte wöchentliche Arbeitszeit für Eltern, die während des Elterngeldbezuges in Teilzeit arbeiten, von 30 auf 32 Stunden angehoben werden. Der Partnerschaftsbonus, der die parallele Teilzeit beider Eltern ermöglicht, soll künftig mit 24 bis 32 Wochenstunden statt mit bisher 25 bis 30 Wochenstunden, bezogen werden können.

Finanziert werden sollen die Änderungen durch eine Absenkung der Einkommensgrenze für den Bezug des Elterngeldes. So sollen Eltern, die gemeinsam über ein Jahreseinkommen von mehr als 300.000 Euro verfügen, kein Elterngeld mehr beziehen können. Bislang lag die Einkommensgrenze bei 500.000 Euro Jahreseinkommen. Nach Angaben der Regierung betrifft die Regelung etwa 7.000 der derzeitigen Bezieher des Elterngeldes. Dies entspricht einem Anteil von rund 0,4 Prozent. Die Einkommensgrenze für Alleinerziehende soll unverändert bei 250.000 Euro liegen.

Die Oppositionsfraktionen bemängelten im Ausschuss, dass der Gesetzentwurf trotz vieler zu begrüßender Regelungen nicht der erhoffte „große Wurf“ sei. So kämen Pflegeeltern noch immer nicht in den Genuss des Elterngeldes. Zudem müssten die Mindest- und Maximalbeträge neu berechnet und angehoben werden. Sie seien seit der Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 unverändert.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 117 vom 27.01.2021

eaf: Weitere Nachbesserungen beim Elterngeld notwendig

Die eaf begrüßt, dass mit der Reform des Elterngeldes, die heute vom Bundestag verabschiedet werden soll, die Situation von Eltern zu früh geborener Kinder verbessert wird. Eltern von Frühchen müssen bislang früher als Eltern reif geborener Kinder ihre Berufstätigkeit wieder aufnehmen, weil sich der Elterngeldanspruch nach dem tatsächlichen Geburtstermin richtet.
„Uns freut für alle Eltern, die sich um Gesundheit und Entwicklung ihrer zu früh geborenen Kinder sorgen, dass ein Teil unserer Kritik am Frühchenmonat zu einer Nachbesserung im parlamentarischen Verfahren geführt hat“, erläutert Martin Bujard, Präsident der eaf. Statt eines einzigen zusätzlichen Elterngeldmonats soll es für Kinder, die mehr als sechs Wochen zu früh geboren werden, nun bis zu vier zusätzliche Elterngeldmonate geben.

Beim Stundenkorridor für mögliche Teilzeittätigkeit beim Partnerschaftsbonus wurde bedauerlicherweise nicht nachjustiert. Die eaf hatte sich für eine Absenkung der Untergrenze auf 20 Stunden ausgesprochen. „Forschungsergebnisse zeigen, dass dies den Wünschen von Müttern mit zweijährigen Kindern näherkommt und eine Inanspruchnahme so wahrscheinlicher macht“, führt Bujard aus. „Dies gilt auch und gerade für Alleinerziehende, deren Möglichkeit einer beruflichen Tätigkeit noch mehr von individuellen Faktoren wie Kitaplatz oder familiärer Unterstützung abhängen.“

Auch der Mindestsatz des Elterngeldes wird durch die Reform nicht erhöht, obwohl er faktisch seit über 30 Jahren nicht angepasst wurde. Aus Sicht der eaf ist der Reformprozess beim Elterngeld deshalb noch längst nicht abgeschlossen und muss durch umfassende zeitpolitische Angebote bis zur Einschulung des jüngsten Kindes ergänzt werden.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. vom 29.01.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Bundesministerin Giffey setzt die Bundesprogramme Kita-Einstieg und Sprach-Kitas bis Ende 2022 fort.

Auch in der Corona-Pandemie gilt für die Bundesprogramme „Kita-Einstieg: Brücken bauen in frühe Bildung“ und „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ seit Anfang des Jahres eine neue Förderperiode. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend stellt insgesamt 420 Millionen für die Fortsetzung der beiden Bundesprogramme bis Ende 2022 zur Verfügung.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Wir haben mit den beiden Programmen Kita-Einstieg und Sprach-Kitas viel erreicht. Dass es gelungen ist, die erfolgreichen Ansätze aus den Bundesprogrammen fortzuführen und noch einmal 420 Millionen Euro zu investieren ist gut und gerade auch in diesen Pandemie-Zeiten wichtig. Die Bundesprogramme setzen an den zentralen Stellschrauben für einen guten Einstieg ins Bildungssystem an: dem Zugang für alle Kinder und der Sprachförderung, wo sie nötig ist. Sie verbessern die Qualität in Kitas und stärken die Fachkräfte. Der neue Schwerpunkt Digitalisierung des Bundesprogramms Sprach-Kitas soll digitale Bildungs- und Austauschformate für die Fachkräftequalifizierung und die Programmabläufe verbessern.“

Das Bundesprogramm „Kita-Einstieg: Brücken bauen in frühe Bildung“ richtet sich an Kinder und Familien, die bisher nicht oder nur unzureichend von der institutionellen Kindertagesbetreuung erreicht werden. Das Programm entwickelt niedrigschwellige Angebote, die den Einstieg von Kindern in das System der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung vorbereiten und unterstützend begleiten. Dazu gehören beispielsweise Informationsangebote für Eltern, Spielgruppen für Kinder und Kennlernprojekte mit Kitas. Auch in 2021 und 2022 werden dazu an 126 Standorten vielfältige Anregungen, Aktionen und Wege erprobt und umgesetzt. Sie vermitteln erste Einblicke in das System der Kindertagesbetreuung und informieren die Familien zum Beispiel über die Möglichkeiten der frühen Bildung in Deutschland.

Weitere Infos zu Kita-Einstieg: https://kita-einstieg.fruehe-chancen.de/ und in diesem Kurzfilm.

Mit dem Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ fördert das BMFSFJ seit 2016 die sprachliche Bildung als Teil der Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung. Das Bundesprogramm richtet sich vorwiegend an Kitas, die von einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Kindern mit sprachlichem Förderbedarf besucht werden. Das Programm verbindet drei inhaltliche Schwerpunkte: alltagsintegrierte sprachliche Bildung, inklusive Pädagogik und die Zusammenarbeit mit Familien. Für jede Sprach-Kita stellt das Programm eine zusätzliche Fachkraft zur Verfügung. Die zusätzlichen Fachkräfte werden im Verbund von einer externen Fachberatung begleitet. In 2020 wurden aus Mitteln des Bundesprogramms 6.360 zusätzliche Fachkräfte in Sprach-Kitas und 503 begleitende Fachberatungen jeweils im Umfang von einer halben Stelle gefördert. Damit ist bundesweit etwa jede 10. Kita eine Sprach-Kita. Davon profitieren fast 500.000 Kinder und ihre Familien.

Ab 2021 legt das Bundesprogramm Sprach-Kitas einen neuen Fokus auf den Einsatz digitaler Medien und die Integration medienpädagogischer Fragestellungen in die sprachliche Bildung. Digitale Medien gehören heute in vielen Familien zum Alltag und damit zum Sprachumfeld von Kindern aller Altersgruppen. Deshalb greift das Programm digitale Medien bei der sprachlichen Bildung auf. Der neue Schwerpunkt Digitalisierung des Bundesprogramms dient dazu, medienpädagogische Ansätze in der sprachlichen Bildung zu stärken sowie digitale Bildungs- und Austauschformate für die Fachkräftequalifizierung und die Programmabläufe besser nutzbar machen.

Nähere Informationen zum Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“: https://sprach-kitas.fruehe-chancen.de/

Die Projekt-Landkarte des BMFSFJ liefert einen aktuellen Überblick, an welchen Standorten die Bundesprogramme Sprach-Kitas und Kita-Einstieg wirken: https://www.bmfsfj.de/projekt-landkarte

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 04.11.2020

Deutschland braucht Teststrategie für Kitas und Schulen

Am gestrigen Donnerstag hat die Bundeskanzlerin einen Onlinedialog mit Eltern und Alleinerziehenden durchgeführt. Dabei wurde auch die Idee eines Familiengipfels angesprochen. Hierzu erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Nadine Schön:

„Einen Familiengipfel im Bundeskanzleramt durchzuführen, halte ich für eine gute Idee. Eine gute Idee allein deshalb, weil es Gelegenheit gibt, das, was Familien in den vergangenen Wochen und Monaten in unserem Land geleistet haben und immer noch leisten, angemessen zu würdigen.

Zum anderen muss es auch darum gehen, die Erwartungen von Familien an einen möglichen Perspektivenplan zu diskutieren. Im Mittelpunkt stehen dabei die Öffnung von Kitas und Schulen. Unabhängig von diesem Gipfel gilt es, schnellstmöglich zu eruieren, welche Testmöglichkeiten es für Kindergärten und Schulen gibt. Es reicht nicht, dass die Bundesfamilienministerin umfassende Testungen in Stufenplänen lose in Aussicht stellt. Bund, Länder und Kommunen müssen entsprechende Konzepte vorbereiten und umsetzen. Dabei sollte, so lange keine Möglichkeiten zur Eigentestung zur Verfügung stehen, auch auf die Bundeswehr und Hilfsorganisationen zurückgegriffen werden.

Darüber hinaus gibt es viele weitere Fragen, die den Familien Sorge bereiten und die auf einem Familiengipfel zur Diskussion gestellt werden können. So etwa die Frage danach, welche Möglichkeiten es für Jugendliche gibt, Bildungsdefizite aufzuholen und starke Schüler in ihren Stärken zu fördern. Hier gibt es bereits tolle digitale Angebote wie etwa die ‚Corona School‘ oder die ‚Digitale Drehtür‘, die wir viel stärker nutzen könnten.

Auch die Frage danach, wie wir Jugendliche stärker an der Gestaltung unseres Landes nach Überwindung der Corona-Pandemie beteiligen können, kann auf einem Familiengipfel gestellt werden. Hackathons sind ein gutes Beispiel für ein Veranstaltungsformat, mit dem das gelingen kann.

Letztlich aber brauchen wir vor allem eine Strategie, um die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen. Vernachlässigung, Einsamkeit und häusliche Gewalt sind zentrale Herausforderungen, vor denen viele Familien, aber auch Alleinstehende und Senioren in dieser Krise stehen. Denn am Ende müssen wir auch die Menschen im Blick haben, die gar keine Familie mehr haben. Auch das muss ein Familiengipfel leisten können!“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 05.02.2021

Rechtliche Grundlagen der Kinder- und Jugendhilfe werden weiterentwickelt

Heute debattiert der Deutsche Bundestag in Erster Lesung den Gesetzentwurf zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen. Dazu erklären die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und der kinder- und jugendpolitische Sprecher Marcus Weinberg:

Nadine Schön: „Das größte Reformprojekt im Kinder- und Jugendbereich kommt in die parlamentarische Beratung: Der Entwurf für ein neues Kinder- und Jugendstärkungsgesetz. Das Gesetz bringt Verbesserungen vor allem für diejenigen jungen Menschen und ihre Eltern, die auf die Unterstützung des Staates angewiesen sind.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion legt besonderen Wert auf Verbesserungen beim Schutz von Kindern in Einrichtungen und in Pflegefamilien sowie bei Auslandsmaßnahmen. Entscheidend ist in Fällen von Kindeswohlgefährdungen auch die Zusammenarbeit von Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheitshilfe und Justiz. Positiv bewerten wir die Sicherstellung von Schutzkonzepten in stationären Einrichtungen und im Bereich der Pflegekinderhilfe sowie die Verpflichtung zur Etablierung externer Beschwerdemöglichkeiten. Genauer ansehen werden wir uns die von vielen Verbänden und Ländern kritisierte Umstrukturierung im Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz. Unser Ziel ist es, einen guten Gesetzentwurf in den parlamentarischen Beratungen noch besser zu machen.“

Marcus Weinberg: „Jede Veränderung in der Kinder- und Jugendhilfe betrifft unmittelbar die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen sowie deren Eltern. Deshalb bedarf dieses Gesetz unserer besonderen parlamentarischen Aufmerksamkeit. Zentrales Leitbild der Reform muss es sein, junge Menschen und ihre Eltern nicht als Objekte fürsorgender Maßnahmen oder intervenierender Eingriffe zu betrachten. Sie müssen stets als Expertinnen und Experten in eigener Sache auf Augenhöhe aktiv und mitgestaltend in die Hilfe- und Schutzprozesse einbezogen werden. Das wollen wir mit mehr Beteiligung von Kindern- und Jugendlichen in allen Prozessen sowie mehr Beratungsmöglichkeiten durch unabhängige Ombudsstellen in den Ländern erreichen. Darüber hinaus soll es mehr unbürokratische Hilfen in Notsituationen geben und einen Rechtsanspruch der Eltern auf Beratung, Unterstützung und Förderung der Beziehung zum Kind bei Unterbringung in einer Pflegefamilie oder Einrichtung der Erziehungshilfe. Zusätzlich soll die Inklusion in der Kinder- und Jugendhilfe als Leitgedanke verankert werden.

Als CDU/CSU stehen wir für bestmöglich geschützte Kinder und Eltern, die in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt werden. Mit dem Gesetzentwurf erhalten wir für das parlamentarische Verfahren eine gute Diskussionsgrundlage. Ein besonderes Augenmerk werden wir auf die Situation von obdachlosen jungen Menschen legen.

Im parlamentarischen Verfahren wollen wir weitere Verbesserungen gemeinsam mit den Verantwortlichen in der Kinder- und Jugendhilfe erreichen.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 29.01.2021

Die Fraktion Die Linke verlangt Auskunft über eine Untersuchung zum Kinder- und Jugendschutz, die das Institut für Kinder- und Jugendhilfe 2019 im Auftrag des Bundesfamilienministerium im Hinblick auf die Reform des Kinder- und Jugendhilferechts angefertigt hat. In einer Kleinen Anfrage (19/26356) will sie unter anderem wissen, ob die Ergebnisse der Untersuchung zu den hochproblematischen Kinderschutzverläufen öffentlicht zugänglich sind oder veröffentlicht werden sollen. Zudem möchte sie erfahren, welche Schlussfolgerungen die Bundesregierung aus diesen Ergebnissen gezogen hat und welche davon in den Entwurf für das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz eingeflossen sind.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 169 vom 09.02.2021

Expertinnen sehen die mögliche Legalisierung von Eizellspenden in Deutschland sehr kritisch. Solche Eingriffe seien für Spenderinnen und Empfängerinnen mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden. Zudem stelle sich die Frage der wirtschaftlichen Ausbeutung der Spenderinnen, heißt es in Stellungnahmen der Fachfrauen zu einem Gesetzentwurf (19/17633) der FDP-Fraktion, der am Mittwoch Thema einer Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages war. Die Expertinnen äußerten sich in schriftlichen Stellungnahmen.

Die FDP-Fraktion fordert die Legalisierung von Eizellspenden in Deutschland. Solche Spenden sind derzeit gemäß Embryonenschutzgesetz (EschG) verboten.

Nach Ansicht des feministischen Frauengesundheitszentrums Berlin (FFGZ) ist die Eizellspende nicht so problemfrei, wie sie erscheine, denn anders als bei der Samenspende erfordere sie einen invasiven Eingriff. Dies könne Nebenwirkungen und Komplikationen mit sich bringen. Für die Spenderin sei unter anderem die Hormonbehandlung problematisch, bei der Empfängerin könnten Schwangerschaftserkrankungen mit schwer wirkenden Komplikationen auftreten. Zudem könnten sich Frauen aus einer ökonomischen Notlage zur Eizellspende bereit erklären. Womöglich fühlten sich sogar Verwandte und Bekannte zur Spende verpflichtet. Hier stelle sich die Frage, inwiefern der Körper der Frau wirtschaftlich vermarktet werde.

Auf die Kommerzialisierung der Eizellspende ging auch das Forum zur Beobachtung der Biowissenschaften (Bioskop) ein. Erfahrungen aus dem Ausland zeigten, dass ohne finanzielle Anreize die Spendenbereitschaft der Frauen gering ausfalle. Diese neuen Ausbeutungsverhältnisse würden sich auch in Deutschland nicht vermeiden lassen.

Die Soziologin Susanne Schultz von der Universität Frankfurt am Main kritisierte, die FDP wolle einen fremdnützigen, invasiven, gesundheitsbelastenden und risikobehafteten medizinischen Eingriff legalisieren. Der Begriff Spende sei irreführend, denn es gehe nicht um eine selbstlose Gabe, sondern um einen Vorgang, der in einen global expandierenden, reproduktionsmedizinischen Markt eingebettet sei.

Die Ethikerin Claudia Wiesemann von der Universitätsmedizin Göttingen kam hingegen zu dem Schluss, dass Eizellspenden ethisch vertretbar seien. Viele Argumente gegen die Zulässigkeit beruhten auf einem veralteten Kenntnisstand.

Die Bundesärztekammer (BÄK) fordert erneut konsistente rechtliche Regelungen für die Reproduktionsmedizin. Das mittlerweile 30 Jahre alte Embryonenschutzgesetz müsse angesichts neuer Erkenntnisse der Medizin und der gewonnenen Erfahrungen sowie zwischenzeitlicher gesellschaftlicher Wandlungen überprüft werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 124 vom 27.01.2021

Die Bertelsmann Stiftung hat zum dritten Mal bundesweit Eltern befragt, deren Kind eine KiTa besucht. Die bereits vor der Corona-Pandemie durchgeführte Befragung belegt, dass KiTas aus Sicht der Eltern schon lange ein zentraler Bildungs- und Betreuungsort für ihre Kinder sind.

Der jetzt veröffentlichte ElternZOOM 2021 zeigt differenziert, aus welchen Gründen Eltern ihr Kind in einer KiTa betreuen lassen. Damit die Bedarfe von Eltern in KiTas berücksichtigt werden können, müssen sie informiert und beteiligt werden. ElternZOOM fragte deshalb die Mütter und Väter, ob sie wissen, wie sie in ihrer KiTa mitreden und mitwirken können. Insgesamt 8.847 Eltern von KiTa-Kindern wurden hierzu im Jahr 2019 befragt. In Zusammenarbeit mit infratest dimap führte die Bertelsmann Stiftung die bundesweite Elternbefragung „ElternZOOM“ durch.

Ergänzend hierzu wurden Eltern von KiTa-Kindern in Gruppendiskussionen nach ihren Erwartungen und Vorstellungen von einer „guten“ KiTa gefragt. Ziel war es, Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Qualitätsvorstellungen der sehr divers zusammengesetzten Elternschaft herauszuarbeiten. So können die Perspektiven von Eltern besser verstanden und die Zusammenarbeit mit ihnen bedürfnisorientierter gestaltet werden. Diese qualitative Studie „KiTa-Qualität aus der Perspektive von Eltern“ wurde von Prof. Dr. Iris Nentwig-Gesemann und Dr. Adeline Hurmaci vom Institut für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration (DESI) 2018 und 2019 im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführt.

Beide Studien machen deutlich, dass dem KiTa-System oftmals noch die strukturellen Rahmenbedingungen fehlen, um den Erwartungen der Eltern gerecht zu werden. Es mangelt an Plätzen, Fachkräften und einer kindgerechten Qualität.

Beide Studien stehen kostenlos zum Download zur Verfügung. 

ElternZOOM 2021

KiTa-Qualität aus der Perspektive von Eltern

In den nächsten Tagen erhalten Sie die Studie „KiTa-Qualität aus der Perspektive von Eltern“ als Printpublikation auf dem Postweg zugestellt. Falls Sie weitere Exemplare benötigen, können Sie diese gerne über den oben genannten Link bestellen. Die Publikation ElternZOOM 2021 ist nur als Download erhältlich.

Wir möchten mit diesen Studien die Perspektiven und Vorstellungen von Eltern für eine gute KiTa in die Debatten über die Weiterentwicklung der deutschen KiTa-Landschaft einbringen.

Weitere Informationen zum Projekt ElternZOOM erhalten Sie unter: www.elternzoom.de.

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung vom 08.02.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Arbeitsgemeinschaften der Familienorganisationen im Bund und in den Ländern rufen in einem gemeinsamen offenen Brief zur Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter auf. Sie fordern die Bundes- und Landesregierungen dringend auf, die zurzeit stattfindenden Verhandlungen über einen solchen Rechtsanspruch zeitnah erfolgreich abzuschließen und den Rechtsanspruch in dieser Legislaturperiode des Bundes zu verabschieden.

Die Familienorganisationen sehen die Einführung des Rechtsanspruchs auf eine gute Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter durch die stockenden Verhandlungen zwischen Bund und Ländern stark gefährdet. Sollten die durch Partikularinteressen von Landesregierungen oder einem mangelnden Entgegenkommen der Bundesregierung bei der Finanzierung der laufenden Kosten der Ganztagsbetreuung scheitern, würde die Chance vertan werden, diesen notwendigen Baustein der Betreuung flächendeckend für alle Familien in Deutschland aufzubauen. Die Verbände betonen, dass die Familien kein Verständnis dafür hätten, wenn sich Bundesregierung und die Landesregierungen nun nicht über die im Koalitionsvertrag beschlossene Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter einigen könnten.

Zugleich weist der Brief auf die Bedeutung des Rechtsanspruchs für mehr Bildungsgerechtigkeit für Kinder aus Familien mit unterschiedlichen Bildungsressourcen und für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf hin. Daher fordern die Verbände Bundes- und Landesregierungen zum sofortigen Handeln auf: „Bringen Sie ihre Verhandlungen zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung mit hoher Qualität für Kinder im Grundschulalter unverzüglich zu einem erfolgreichen Abschluss. Gestalten Sie dabei den Anspruch dauerhaft mit inhaltlichen und finanziellen Rahmenbedingungen, die eine hohe Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungs-Qualität gewährleisten.“

Hintergrund:

Die Zusammenschlüsse der Familienorganisationen auf Bundes- und Landesebene

Die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) ist der bundesweite Zusammenschluss von: Deutscher Familienverband (DFV), evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf), Familienbund der Katholiken (FDK), Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV), Verband binationaler Familien und Partnerschaften (iaf).

Analog zur Bundesebene gibt es in den meisten Bundesländern Zusammenschlüsse der jeweiligen Landesverbände der Familienorganisationen, die von der Bundes-AGF strukturell unabhängig sind. Somit unterscheiden sich häufig auch die jeweiligen Zusammensetzungen und die Namen der Zusammenschlüsse.

Die Familienverbände setzen sich mit ihren jeweiligen Schwerpunkten für die Interessen und Rechte von Familien ein. Die Zusammenschlüsse der Familienorganisationen auf Bundes- und Landesebene formulieren die gemeinsamen Anliegen ihrer jeweiligen Mitgliedsverbände und sind mit ihren Tätigkeiten eine aktive Partnerin in Politik und Gesellschaft. Sie leisten politische Lobbyarbeit für die Belange der Familien und fördern auf Landes-, Bundes- und internationaler Ebene den Dialog und die Kooperation zwischen den familienpolitischen Organisationen und den Verantwortlichen für Familienpolitik.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 10.02.2021

Der Sozialverband VdK Deutschland e.V. ist neues Mitglied des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG. Damit wird das Bündnis von 16 Verbänden und Organisationen sowie 13 wissenschaftlichen Unterstützer*innen getragen. Der Zuspruch zur Kindergrundsicherung wächst. Gleichzeitig erhöht sich der Druck für eine grundlegende Reform der Kinder- und Familienförderung, denn die Kinderarmut ist anhaltend hoch und ihre Auswirkungen durch die Pandemie verstärkt sichtbar.

„Ich freue mich, dass mit dem VdK eine weitere starke Organisation dem Bündnis KINDERGRUNSICHERUNG beitritt und begrüße die Kolleg*innen im wachsenden Kreis derer, die sich für eine umfassende Verbesserung des Leistungssystems für Kinder einsetzen“, sagt Jens M. Schubert, Sprecher des Bündnisses und Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt. „Die Unterstützung für die Kindergrundsicherung ist in Zivilgesellschaft und Politik so hoch wie nie zuvor! Das ist für uns Verpflichtung im Wahljahr: Wir sind gut aufgestellt und werden gemeinsam darauf hinwirken, dass die Kindergrundsicherung im nächsten Koalitionsvertrag verankert wird“, so Schubert weiter.

In der aktuellen Krisensituation zeigen sich die Auswirkungen eines Aufwachsens in Kinderarmut deutlich. Seit Jahren ist die Kinderarmut zu hoch, rund 3 Millionen Kinder und Jugendliche gelten als armutsgefährdet – das ist jedes 5. Kind. In Folge der Pandemie wird/könnte die Kinderarmut weiter ansteigen.

„Der Handlungsdruck zur Bekämpfung der Kinderarmut ist immens. Das erleben wir aktuell zum Beispiel im Bildungsbereich. Der Wegfall des vorher kostenfreien Mittagessens in Kita oder Schule und die Mehrausgaben für Geräte und Materialien im Homeschooling stellen viele Eltern vor fast unlösbare Herausforderungen“, stellt Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes und Koordinator des Bündnisses, fest. „Das Nachjustieren an Einzelmaßnahmen wirkt nicht nachhaltig gegen Kinderarmut. Deshalb brauchen wir einen echten Systemwechsel hin zu einer Kindergrundsicherung, die in der Höhe ausreichend, direkt und unbürokratisch sowie frei von Stigmatisierung alle Kinder und Jugendliche erreicht“, fordert Hilgers.

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG setzt sich seit 2009 mit einer wachsenden Zahl von Mitgliedsverbänden für einen Systemwechsel in der Kinder- und Familienförderung und für eine monatliche Kindergrundsicherung ein, die die bisherigen Leistungen bündelt und das kindliche Existenzminimum einfach und direkt sichert.

Mehr Informationen zur Kindergrundsicherung finden Sie auf www.kinderarmut-hat-folgen.de.  

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V. vom 11.02.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV) widerspricht der Darstellung des Bundesfinanzministeriums, Familien würden 2021 von hohen Steuergeschenken profitieren. Auch im neuen Jahr sind Familien durch hohe und neue Steuern sowie durch Sozialabgaben belastet.

Das Bundesfinanzministerium verspricht eine der „größten Steuersenkungen unserer Geschichte“. DFV-Berechnungen widersprechen dieser Aussage. Es gehört fast schon zur Tradition, dass bei Steuerreformen Familien Gewinner sein sollen. Jedesmal stellt der DFV fest, dass sich die Position der Familien im Vergleich zu Personen ohne Unterhaltspflichten für Kinder nicht verbessert, sondern sogar verschlechtert.

In der Fachinformation Familienförderung 2021: Nebelkerzen statt realer Entlastung (PDF) setzt sich der DFV mit den Aussagen des Bundesfinanzministeriums zur Steuerentlastung von Familien auseinander.

„Familien sind 2021 die Verlierer im deutschen Steuer- und Sozialabgabensystem. Auf der einen Seite wird der Solidaritätsbeitrag abgeschafft und das Kindergeld geringfügig erhöht, auf der anderen Seite dürfen sich Familien über eine 19 %-Mehrwertsteuer, höhere Krankenkassenbeiträge, Strompreise auf Rekordhöhe und eine neue CO2-Verbrauchssteuer freuen, die das Heizen und Auto fahren deutlich verteuert. Bestehende Nachteile im Sozialversicherungssystem bleiben für Familien auch 2021 erhalten“, sagt Siegfried Stresing, Vizepräsident des Deutschen Familienverbandes. „2021 gibt es keine Steuersenkungen für Familien. Wer das sagt, betreibt eine Steuer- und Abgabenschwindelei auf Kosten der Familien.“

Seit Jahren bemängelt der DFV: Ein Elternpaar mit 2 Kindern, das gemeinsam das Durchschnittsentgelt aller rentenversicherungspflichtig Beschäftigten erzielt, liegt trotz Zahlung des Kindergeldes am Rande oder gar unterhalb der Existenzminima der Familie. Und diese Situation ist bei kinderreichen Familien sogar schlimmer. „Wie absurd ist ein System, das zunächst die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch staatliches Nehmen unter das Existenzminimum drückt, um dann über staatliches Geben das Existenzminimum zu gewährleisten?“, so Stresing.

Der DFV plädiert für eine echte Steuer- und Abgabenentlastung für Familien. Dazu gehört die Reform der gesetzlichen Sozialversicherung und ein transparentes Steuerrecht. „Familien brauchen keine Wahlkampfparolen, sondern klare und ehrliche Taten“, sagt Stresing.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 02.02.2021

Morgen befasst sich der Bundestag in erster Lesung mit dem „Kinder- und Jugendstärkungsgesetz“. Dadurch soll der Kinderschutz deutlich verbessert, Kindern in Not intensiver geholfen und ein Einstieg in Inklusion verankert werden. Die Diakonie begrüßt die Richtung des Gesetzes, sieht allerdings Verbesserungsbedarf.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz geht einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung.

Allerdings bleibt es hinter unseren Erwartungen zurück. 

Mehr Kooperation beim Kinderschutz, flächendeckende Ombudsstellen, bessere Beratung und mehr Beteiligung der Betroffenen – das unterstützt Kinder, Jugendliche und Familien insbesondere in Notsituationen.

Die Reform soll für Kinder in Pflegefamilien mehr Kontinuität und Stabilität der Lebensverhältnisse bringen. Doch dabei muss die besondere Bedeutung der Beziehung von Kindern zu ihren leiblichen Eltern besser berücksichtigt werden.

Für Kinder mit einer Behinderung haben wir uns deutlich mehr erhofft. Es wird zwar eine große Reform angestrebt, aber erst in sieben Jahren sollen alle Kinder Leistungen nach dem Kinder- und Jugendhilferecht erhalten. Schon jetzt soll gesetzlich festgeschrieben werden, dass sich an den Leistungen, dem Kreis der Leistungsberechtigten und die Kostenbeteiligung nichts ändern dürfe. Das ist ein Widerspruch.

Eine Reform, die Probleme lösen soll, muss etwas ändern. Jetzt kommt die Stunde die Stunde des Parlaments. Die Abgeordneten haben die Chance, das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz nachzubessern. So kann es zu einer großen Reform werden, die einer Kinder- und Jugendhilfe für junge Menschen mit und ohne Behinderung den Weg in die Zukunft weist.“

Hintergrund:

Die gesetzlichen Vorschriften über den Kinderschutz sollen durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz deutlich verbessert werden. Der rechtliche Rahmen für Kinder in Pflegefamilien wird weiterentwickelt. Beteiligungsrechte werden ausgebaut und Ombudsstellen flächendeckend eingeführt. Die Rahmenbedingungen für Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung sollen mittelfristig nachhaltig verbessert werden. Die inklusive Lösung – die Zusammenführung der Eingliederungshilfe für junge Menschen bei den Jugendämtern – wird jedoch erst einmal vertagt. Sie soll erst im Jahr 2028 kommen und das auch nur dann, wenn bis dahin ein weiteres Reformgesetz zustande kommt, das die Grundlagen dafür schafft.

Weitere Informationen:

https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/kinder-und-jugendliche-in-schwierigen-lebenslagen-staerken/162816

https://www.diakonie.de/stellungnahmen/stellungnahme-zum-referentenentwurf-fuer-ein-kinder-und-jugendstaerkungsgesetz

https://www.bagfw.de/veroeffentlichungen/stellungnahmen/positionen/detail/kommentierung-der-bagfw-zum-gesetzentwurf-der-bundesregierung-entwurf-eines-gesetzes-zur-staerkung-von-kindern-und-jugendli-chen-kinder-und-jugendstaerkungsgesetz-kjsg-stand-17122020

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 28.01.2021

Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert zum heutigen Safer Internet Day an Schulen, Kitas und Eltern, Kinder stärker als bisher für den Umgang mit Risiken und Fake News im Internet zu befähigen. Dafür sollte es aus Sicht der Kinderrechtsorganisationen eine verbindliche Medienbildung in Kindertagesstätten, Schulen und in der Fachkräfteausbildung geben. Die damit einhergehende Förderung der Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen kann diese auch in die Lage versetzen, Medien aktiv selbst zu gestalten und damit eigene Ideen, Vorstellungen und Interessen zum Ausdruck zu bringen.

Passend zum Safer Internet Day launcht das Deutsche Kinderhilfswerk heute die Internetseite www.schulsache.de. Damit bietet das Deutsche Kinderhilfswerk Lehrkräften eine praxisnahe Möglichkeit, Kindern  Sicherheit und Orientierung im Umgang mit Medien zu vermitteln und sie dabei zu fördern, Inhalte kritisch zu hinterfragen und sich ihre eigenen Meinungen zu bilden. Schwerpunkt der Seite sind kinderrechtliche Themen, aufbereitet für die Vermittlung in Schule und Hort bis zur 6. Klasse. Lehrerinnen und Lehrer sowie pädagogische Fachkräfte finden auf der Webseite www.schulsache.de zudem die Methodenreihe „Methoden für die Schulpraxis“ sowie Materialien für digitales Lernen, die für das selbständige Arbeiten, zum Beispiel auch im Homeschooling, konzipiert wurden. www.schulsache.de wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

„Fake News, Desinformation und Propaganda im Internet sind auch für Kinder problematisch. Deshalb ist es wichtig, dass sich Kinder möglichst frühzeitig Wissen darüber aneignen, welche Quellen im Netz vertrauens- und glaubwürdig sind, und wo die Unterschiede zwischen Informationen und Meinungen liegen. Insbesondere die Eltern sind hier in der Pflicht, die Mediennutzung ihrer Kinder zu begleiten. Aber auch unser Bildungswesen trägt eine Mitverantwortung, um junge Menschen für Risiken und Falschnachrichten zu sensibilisieren und seriöse Informationsquellen aufzuzeigen“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Zugleich müssen aber auch die gesetzlichen Vorgaben für den Kinder- und Jugendmedienschutz nachgeschärft werden. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich, dass bei der derzeit im parlamentarischen Verfahren befindlichen Novellierung des Jugendschutzgesetzes die Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention eine zentrale Rolle spielen. Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sollten Bund und Länder hier die Interessen der Kinder und Eltern in den Mittelpunkt stellen. Da Kinder heutzutage sehr früh mit Medien in Kontakt kommen, braucht es einheitliche, für Eltern und Kinder nachvollziehbare, vor allem aber wirksame Schutz- und Meldeverfahren sowie Angebote zur Aufklärung und Orientierung. Dafür ist es auch wichtig, Anbieter von Medieninhalten, Mediendiensten und Endgeräten stärker in die Verantwortung für einen praktischen Kinder- und Jugendmedienschutz zu nehmen“, so Krüger weiter.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes mangelt es auch an einer Verzahnung und dauerhaften Finanzierung der zahlreichen medienpädagogischen Projekte in Deutschland. Diese lassen sich nur schwer ohne öffentliche Mittel durchführen, wenn man sie weder kostenpflichtig anbieten noch durch Werbung finanzieren will. Deshalb schlägt das Deutsche Kinderhilfswerk zum Safer Internet Day 2021 erneut die Gründung einer gemeinsam von Bund und Ländern getragenen Stiftung Medienkompetenz vor, an der auch die Landesmedienanstalten, freie Träger und die Medienwirtschaft beteiligt werden könnten. Ihre Aufgabe sollte in der finanziellen Unterstützung medienpädagogischer Projekte und in der Vernetzung bestehender Ideen und Erfahrungen bestehen. Gleichzeitig könnten durch eine solche Stiftung die Evaluierung und die Begleitforschung von Projekten koordiniert werden.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 09.02.2021

Das Motto des diesjährigen Weltkindertags am 20. September lautet „Kinderrechte jetzt!“. UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk unterstreichen damit im Wahljahr, dass es dringend an der Zeit ist, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern und damit die Weichen für ein kinderfreundlicheres Deutschland zu stellen.

Gerade während der Covid-19-Pandemie wurde deutlich, dass Kinder kaum gehört und ihre Belange häufig hintenangestellt wurden. Das Bundeskabinett hat im Januar einen Formulierungsvorschlag für eine Ergänzung im Grundgesetz verabschiedet, der in den kommenden Monaten diskutiert wird. Dieser ist aus der Sicht von UNICEF Deutschland und dem Deutschen Kinderhilfswerk jedoch noch unzureichend. Hier braucht es auch eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft, damit die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards angemessen Berücksichtigung finden.

„Die Aufnahme der Kinderrechte in unsere Verfassung wäre eine echte Chance, die Grundlagen für ein kinderfreundlicheres Land zu schaffen“, sagt Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. „Die Politik sollte diese Chance nutzen und sich auf eine kluge Formulierung verständigen. Denn ein Land, das die Rechte und die Interessen von Kindern stets besonders berücksichtigt und damit auch alle Familien stärkt, ist ein Land, in dem Kinder stark gemacht werden für die Herausforderungen der Gegenwart und für die Welt von morgen. Das ist nicht nur im Interesse unserer Kinder und ihrer Eltern, sondern auch im Interesse unserer ganzen Gesellschaft.“

„Die Corona-Krise zeigt uns, Kinder brauchen mehr als jemals zuvor ein eindeutiges Bekenntnis zur umfassenden Verwirklichung ihrer Rechte – über alle Parteigrenzen hinweg“, erklärt Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. „Es liegt nun in den Händen von Bundestag und Bundesrat, entscheidende Weichen für das Aufwachsen der jungen Menschen und künftigen Generationen in unserem Land zu stellen. Ob Kinder und ihre Familien im September zum Weltkindertag die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz als einen tatsächlichen Fortschritt oder nur als Alibi-Erklärung empfinden werden, hängt davon ab, ob Bund und Länder ihrer Verantwortung gegenüber Kindern und Jugendlichen nachkommen.“

Zum Weltkindertag am 20. September 2021 machen bundesweit zahlreiche Initiativen mit lokalen Demonstrationen, Festen und anderen Veranstaltungen auf die Situation der Kinder aufmerksam. In Berlin und Köln sind für Sonntag, den 19. September 2021, die beiden zentralen Aktionen geplant.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland vom 03.02.2021

Die Legislaturperiode des 19. Bundestages geht zu Ende und die Regierung verspricht nach jahrelangen Debatten die Aufnahme der im Koalitionsvertrag beschlossenen Kinderrechte ins Grundgesetz. Allerdings in einer abgeschwächten Form, die selbst hinter den Kompromiss der Bund-Länder Arbeitsgruppe zurückfällt. Das Wohl des Kindes soll nun „angemessen“ berücksichtigt werden, nicht umfassend und auch nicht vorrangig. Die Debatte geht weiter. 

„Es geht immer wieder um die Behauptung, dass Kinderrechte im Grundgesetz das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG einschränken würden. Der politische Diskurs geht hier fehl. Es geht hier nicht um die Vorrang-Nachrang Problematik zwischen Staat und Eltern. Es geht vielmehr um das Kind als ausdrücklichen Grundrechtsträger “, so Chrysovalantou Vangeltziki, Bundesgeschäftsführerin des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften. Durch den Verfassungsrang wären die Rechte von Kindern und Jugendlichen sichtbar und durchsetzbar, dies würde sich auch in den unteren Instanzen zeigen. Eltern und Staat wären gleichermaßen in der Verantwortung, das Kindeswohl bei allen Entscheidungen zu berücksichtigen. 

„Der Staat würde angesichts steigender Kinderarmut und ungleicher Bildungschancen stärker in die Pflicht genommen, kindgerechte . Lebensverhältnisse und gleiche Entwicklungschancen für alle Kinder und Jugendlichen zu schaffen. Ganz besonders gilt dies dann auch für migrantische Kinder“, so Vangeltziki. Der Staat als Wächteramt wäre beispielsweise so in der Verantwortung, gezielt gegen Diskriminierung und Rassismus in Kindertagesstätten und sonstigen Bildungseinrichtungen vorzugehen. 

Zudem würden zahlreiche migrantische Kinder durch die Beibehaltung der Vorrangigkeit des Elternrechts im aktuellen Referentenentwurf weiterhin benachteiligt. 

Familienleistungen und sonstige Sozialleistungen hängen oft vom Aufenthaltsstatus oder von der Nationalität der Eltern ab. „Durch ein vorrangiges Kinderrecht im Grundgesetz hätten diese migrantischen Kinder einen starken Anspruch auf Gleichbehandlung, so wie es die UNKinderrechtskonvention nach Art. 3 auch vorsieht. Kinderrechte im Grundgesetz sollten stets umfassend und vorrangig sein, und zwar für alle Kinder“, fordert Chrysovalantou Vangeltziki.

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien u. Partnerschaften, iaf e.V. vom 25.01.2021

Der Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD) begeht am 29. Januar 2021 sein 10-jähriges Bestehen. Gestartet als private Initiative einiger Familien im Jahr 2011 in Köln, ist er angewachsen auf einen Verband von 5300 Familien und damit 30.000 Eltern mit ihren Kindern. „Wir haben uns zusammengetan, weil wir gern und begeistert große Familien haben und diesen Lebensentwurf öffentlich überhaupt nicht mehr vertreten gesehen haben“, beschreibt Bundesvorsitzende und Gründungsmitglied Dr. Elisabeth Müller den Anfangsimpuls. „Wenn jedes dritte Kind in Deutschland mit mehr als zwei Geschwistern aufwächst und mehr als zehn Millionen Menschen in einer Mehrkindfamilie leben, dann sollten Lebensrealität und Bedarfe dieser Familien in die politische Gestaltung aktiv einfließen“, erklärt sie die Motivation des KRFD. Über die letzten Jahrzehnte hat der Anteil der Mehrkindfamilien in Deutschland stark abgenommen. „Wenn sich junge Familien ein drittes oder weiteres Kind wünschen, sich aber aus Sorge vor Existenznot oder uneinholbarer beruflicher Benachteiligung diesen Wunsch nicht erfüllen, ist das für unser Land ein Armutszeugnis. Unsere Sozialsysteme sind auf die Solidarität zwischen den Generationen angelegt und leben von der jeweils nächsten Generation“, so Müller.

Noch immer lebt der KRFD hauptsächlich aus dem Engagement der im Bundesverband und in den Landesverbänden engagierten Ehrenamtlichen. „Wir haben viel Expertise aus allen Berufsgruppen in den eigenen Reihen und sind immer wieder begeistert, mit wie viel Enthusiasmus und Beharrlichkeit sich Menschen für die Mehrkindfamilien einsetzen“, so Müller. „Über die Jahre haben wir interessierte und verlässliche Gesprächspartner in Politik, Wissenschaft und Medien gefunden, die das Thema Mehrkindfamilien aufgreifen und seine Relevanz erkennen“.

Die Eröffnung einer ordentlichen Bundesgeschäftsstelle in Mönchengladbach im Oktober 2019 und die vielen von öffentlicher Hand geförderten Projekte bestätigen den KRFD als Vertreter der 1,4 Millionen Mehrkindfamilien in Deutschland und damit als wichtige Stimme im Chor der deutschen Familienverbände. „Mehrkindfamilien sind keine Exoten, sondern gehören in die Mitte der Gesellschaft. Deswegen müssen sie in der politischen Gestaltung mit bedacht werden und sollten in der öffentlichen Wahrnehmung vorkommen“, erklärt sie. „Wir freuen uns über diesen erfahrungsreichen Weg und bleiben beharrlich dran – für die Mehrkindfamilien in unserem Land.“

Quelle: Pressemitteilung Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD) vom 28.01.2021

 

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat vor fünf Jahren ihre Arbeit begonnen. Mehr als 1.000 Betroffene aus dem Tatkontext Familie haben sich bisher bei ihr gemeldet. Die Kommission fordert, dass diesem größten Bereich von sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit zukommt.

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat vor fünf Jahren, am 26. Januar 2016, ihre Arbeit aufgenommen. Bisher haben sich rund 2.500 Betroffene sowie Zeitzeuginnen und Zeitzeugen bei ihr gemeldet, um über sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen in verschiedenen Bereichen unserer Gesellschaft zu berichten. Mehr als 1.000 Personen haben der Kommission seitdem in einer vertraulichen Anhörung oder einem schriftlichen Bericht von sexualisierter Gewalt in der Familie berichtet.

Die Kommission ist weltweit die einzige, die sexuellen Kindesmissbrauch auch in der Familie untersucht. Gerade in diesem Bereich, in dem Kinder und Jugendliche besonderen Schutz, Fürsorge und Liebe erleben sollten, sind sie am häufigsten sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Darum wählte die Kommission 2016 die Familie als ersten Schwerpunkt ihrer Arbeit.

Prof. Dr. Sabine Andresen, Vorsitzende der Kommission: „Bei Betroffenen aus dem familiären Bereich besteht ein großes Bedürfnis, der Kommission mitzuteilen, was ihnen in Kindheit und Jugend widerfahren ist. Damit verbinden viele auch das gesellschaftliche Anliegen, dass die Familie als Tatort sexualisierter Gewalt untersucht wird und Familien selbst aufarbeiten. Meist bleiben betroffene Menschen allein mit den familiären Gewalterfahrungen und den Folgen, weil sich niemand verantwortlich fühlt. Allzu oft wird der Privatraum Familie höher gewertet als der Schutz betroffener Kinder.“

Betroffene aus allen sozialen Schichten schildern in den Anhörungen und schriftlichen Berichten familiäre Umstände, durch die es Tätern und Täterinnen möglich war, Kindern oft über einen langen Zeitraum sexuelle Gewalt anzutun. Sie berichten von Vätern, Großvätern, neuen Partnern, aber auch von Müttern oder Geschwistern, von denen die Gewalt ausging. Viele Betroffene nennen weitere Gewaltformen wie Missachtung, Vernachlässigung, Demütigung und Desinteresse. Seit den ersten Auswertungen der vertraulichen Anhörungen und schriftlichen Berichten beschäftigt sich die Kommission mit der Rolle der Mütter als Mitwissende, aber auch als Täterinnen.

Im Rahmen eines Forschungsprojektes konzentriert sich die Kommissionsvorsitzende Prof. Dr. Sabine Andresen mit ihrem wissenschaftlichen Team auf die gesellschaftliche Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in der Familie. „Das Ergebnis wird eine Fallstudie sein, die im Sommer dieses Jahres veröffentlicht wird. Sie dokumentiert die Formen und Umstände der sexualisierten Gewalt in Familien. Ein zentrales Zwischenergebnis ist, dass gelungene Hilfe für Betroffene davon abhängt, ob sexualisierte Gewalt – und andere Gewaltformen – in Familien benannt werden kann, verstanden und geglaubt wird“, so Andresen.

Die Kommission arbeitet kontinuierlich an diesem Tatkontext. Für die Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in der Familie sind darüber hinaus weitere Forschungen und Anstrengungen der Gesellschaft nötig. Insbesondere die Rolle von Jugendämtern und Familiengerichten muss aufgearbeitet werden. Hierzu wird die Kommission in diesem Jahr eine Fallstudie in Auftrag geben. Am Tatkontext Familie zeigt sich darüber hinaus besonders deutlich die dringende Notwendigkeit, Hilfs- und Beratungsangebote für Betroffene und Familienangehörige flächendeckend auszubauen. Diese Unterstützungsangebote sind eine wichtige Grundlage für die Aufarbeitung in Familien.

Nachdrücklich unterstützt die Kommission die Forderungen des Betroffenenrats beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, der im Dezember 2020 ein Impulspapier zur Familie als Tatort veröffentlicht hat. Darin wies der Betroffenenrat daraufhin, dass für viele Kinder und Jugendliche ihre Familie weder ein sicherer noch ein heiler Ort ist und alle Teile der Gesellschaft dafür verantwortlich sind, gerade auch bei diesem besonders privaten Bereich genau hinzuschauen, zu unterstützen und wenn möglich einzugreifen.

Um die Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in der Familie weiter voranzubringen, ruft die Kommission weiterhin Betroffene sowie Angehörige oder Freunde von Betroffenen oder der Familie auf, ihr über die erlebte Gewalt zu berichten oder was sie darüber wissen und welche Erfahrungen sie gemacht haben. Mit ihrem Wissen können sie dazu beitragen, auch anderen zu helfen.

Quelle: Pressemitteilung Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs vom 26.01.2021

 

„Wir begrüßen den Beschluss der Bundesregierung generell, in der aktuellen Pandemie-Verordnung, einen Rechtsanspruch auf Mobiles Arbeiten, da wo möglich, vorzusehen.“ so Cornelia Spachtholz, Vorsitzende des Verbands berufstätiger Mütter e.V. (VBM).

„Arbeiten frei von Zeit und Raum“, fordere der Verband nun bereits seit mehr als 10 Jahren. „Ein Rechtsanspruch auf Mobiles Arbeiten und/oder Home Office muss zügig im Bundestag verabschiedet werden. Losgelöst der Pandemie müssen wir wegkommen von der Präsenzkultur“ so Spachtholz. „Effizienz statt Präsenz“ müsse die Devise der Zukunft sein. „Homeoffice und Mobiles Arbeiten können ein ergänzendes punktuelles Vereinbarkeits- und Aufstiegserfolgsmodell sein. Wichtig ist aber, dass klare ergänzende Vorgaben für beide Modelle gemacht werden“.

Es sei deshalb auch in der aktuellen Debatte während der Pandemie wichtig, die Begrifflichkeiten deutlich zu trennen. „Plötzlich ist „Homeoffice“ in aller Munde – von Beschäftigten bis politischen Entscheidungsträger*innen und –akteur*innen. Wir wollen aber die Betriebsstätte zu herausfordernden Zeiten wie dieser Pandemie nicht „vorschreiben““ so Spachtholz. Zum Homeoffice gehörten ein hohes Maß an arbeitsschutzbegleitenden Maßnahmen. „Was viele aber derzeit machen ist Mobiles Arbeiten zu Hause: Mit eigenen manchmal nicht optimal eingestellten Laptops. Mit nicht ergonomischen Schreibtischstühlen. Mit Kindern und Jugendlichen im Raum, für die es derzeit weder Betreuung noch Präsenzunterricht gibt.“

„Wir gehen davon aus, dass geltende Arbeitsschutzregeln vielen Arbeitnehmer*innen leider nicht bekannt sind. Wir fordern deshalb, dass es auch für das Mobile Arbeiten klar definierte Regelungen gibt, die den Arbeitnehmer*innen mitgeteilt werden müssen. Sie betreffen nicht nur die Räumlichkeiten und die technische Ausstattung des Arbeitsplatzes, sondern auch rechtliche und versicherungstechnische Fragen. Zum Beispiel bei der Nutzung privater Hard- und Software, wenn in der Kürze der Zeit die arbeitstechnische Infrastruktur von der/dem Arbeitgeber*in nicht vollumfänglich eingerichtet werden kann. Ebenso stehen Datenschutz und Betriebsgeheimnisse plötzlich in einem anderen Fokus, wenn sich Zuhause mehrere Familienmitglieder mit der arbeitenden Person in einem Raum oder Wohnung befinden.

„Klare gesetzliche Regelungen mit verpflichtender Einhaltung bedarf es auch zum Thema Ruhezeiten und ständige Erreichbarkeit.“ so Cornelia Spachtholz. „Aber darüber hinaus gilt für das Arbeiten von zu Hause, dass nicht nur die skizzierten Rahmenbedingungen transparent definiert und rechtlich vorhanden sind, sondern auch klar sein muss, dass sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter*innen von ihrer Persönlichkeit und Fähigkeiten in der Lage sein müssen (selbst-)ständig zu arbeiten. Bei all den Herausforderungen der Pandemie und der beschleunigten Digitalisierung dürfen wir die Menschen und insbesondere die berufstätigen Eltern mit ihren Kindern nicht aus dem Blick verlieren. Daher ist uns sehr wichtig, wiederholt klarzustellen, dass Mobiles Arbeiten zu Hause bzw. Homeoffice keine Kinderbetreuungsform ist, sondern nur ein punktuelles zusätzliches Vereinbarkeitsinstrument“ resümiert Spachtholz. Eltern stünden in dem Balanceakt, ihre Arbeitsleistung und die Betreuung als auch Beschulung ihrer Kinder unter einen Hut zu bekommen. „Nach gesundem Menschenverstand ein Ding der Unmöglichkeit. Viele Eltern machen es irgendwie möglich; wir fürchten sehr zu Lasten ihrer Gesundheit. Familien sind am Limit!“ so die Vorstandsvorsitzende des VBM, Cornelia Spachtholz. „Der Kinderbonus und auch die zusätzlichen Kinderkrankentage sind aktuell eine gutgemeinte Unterstützung, die als Eintagsfliegen willkommen sind. Mittel- und langfristig sind sie keine tragfähige Lösung der Vereinbarkeits- und Belastungsproblematik für Eltern und Kinder . Besonders Müttern würden sie in ihren Karrierechancen stark beeinträchtigen.“ fürchtet Spachtholz. „Denn in Deutschland übernehmen den weitaus größten Teil der Care-Arbeit immer noch die Frauen.“

Quelle: Pressemitteilung Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) vom 26.01.2021

AUS DEM ZFF

Anlässlich der aktuellen parlamentarischen Debatten um eine Reform des Kinder- und Jugendhilferechts (SGB VIII) sprechen sich 23 Organisationen gemeinsam dafür aus, die Familienbildung als niedrigschwellige und wirksame Unterstützung für Familien zu stärken. Das Zukunftsforum Familie (ZFF) zeichnet diesen Brief mit.

Der offene Brief wurde versendet an

  • die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend,
  • die zuständigen Minister*innen der Bundesländer,
  • die Fraktionsspitzen im Deutschen Bundestag sowie
  • die Mitglieder des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Deutschen Bundestag.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforum Familie, erklärt: „Die Auswirkungen der Corona-Krise haben Familien in den vergangenen Monaten eine enorme Kraftanstrengung abverlangt. Gerade in dieser Situation brauchen sie eine verlässliche und niedrigschwellige Begleitung durch die Familienbildung vor Ort. Eine zentrale Aufgabe dieser Angebote ist es, Eltern in ihren Beziehungs- und Erziehungskompetenzen zu stärken, um Kindern ein Aufwachsen in Wohlergehen zu ermöglichen. Gute Familienbildung braucht dabei passende Rahmenbedingungen. Die Aussichten angesichts knapper werdender kommunaler Kassen sehen allerdings schlecht aus und Leistungen nach § 16 SGB VIII, zu denen die Angebote gehören, stehen oft an der Spitze der Kürzungslisten. Wir fordern daher dringend den Bund und die Länder auf, die aktuelle Reform des Kinder- und Jugendhilferechts zu nutzen und die Familienbildung zukunftsfest zu machen!“

Der Wortlaut des offenen Briefes:

Die Familienbildung nach § 16 SGB VIII leistet einen bedeutsamen Beitrag zur Gestaltung einer kinder- und familienfreundlichen Gesellschaft. Sie bietet über alle Familienphasen hinweg Begleitung und Unterstützung bei der Erziehung, Bildung, Gesundheit und in Alltagsfragen und stärkt die Bindungs- und Beziehungsstabilität in Familien.

Wir, die unterzeichnenden Organisationen, begrüßen es daher sehr, dass der Gesetzentwurf zur Reform des SGB VIII das inhaltliche Leistungsspektrum der Familienbildung in § 16 SGB VIII-E exemplarisch aufzeigt, Grundlagen für Kooperation und Vernetzung im Sozialraum schafft und mit der neu vorgeschlagenen Formulierung endlich Abstand nimmt von einem defizitären Blick auf Eltern und Familie.

Um ihrem wichtigen Auftrag aber gerecht werden zu können, braucht Familienbildung strukturelle Voraussetzungen, um dauerhaft, verlässlich und wirkungsvoll den Familien in ihrem Sozialraum zur Verfügung zu stehen.

Wir fordern Sie daher dringend auf, die Verbindlichkeit der Bereitstellung von Angeboten der Familienbildung durch den öffentlichen Träger der Jugendhilfe zu erhöhen!

Dazu muss/müssen

  • in § 16 SGB VIII klargestellt werden, dass es sich bei der Formulierung („sollen…angeboten werden“) nicht um eine freiwillige Leistung der Kommune, sondern um eine Pflicht zur Bereitstellung der entsprechenden Infrastruktur handelt,
  • die Verpflichtung der Länder zur Formulierung konkreter Ausführungsbestimmungen und Förderrichtlinien im Hinblick auf die Leistungen in § 16 SGB VIII aufgenommen werden sowie
  • die §§ 74 Absatz 6 und 79 Absatz 2 Satz 2 SGB VIII explizit um die Leistungen der Familienförderung und ihre Einrichtungen erweitert und somit der Förderung der Jugendarbeit gleichgestellt werden.

Der jetzt formulierte Zusatz in § 16 SGB VIII-E zur Entwicklung vernetzter, kooperativer und sozialraumorientierter Angebotsstrukturen unterstreicht die Bedeutung des § 79 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII-E, welcher klar die Gesamtverantwortung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bei der Gewährleistung von Aufbau und Weiterentwicklung verbindlicher Strukturen zur Zusammenarbeit betont. Daraus folgt, dass auch für die Familienbildung die entsprechenden Mittel und Personalressourcen vorgehalten und finanziert werden müssen, um Zusammenarbeit vor Ort möglich zu machen.

Die soziale Krise als Folge der Corona-Pandemie zeigt uns deutlich, wie dringend Kinder, Jugendliche und ihre Familien vor Ort auf niedrigschwellige Unterstützung und Beratung angewiesen sind.

Dieser offene Brief wird mitgezeichnet von 23 Organisationen:

AKF – Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung e.V.

AWO Bundesverband e.V.

Bundeselternnetzwerk der Migrantenorganisationen für Bildung & Teilhabe (bbt)

Bundesverband der Mütterzentren e.V.

Deutsche Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung (DEAE) e.V.

Deutsche Liga für das Kind e.V.

DGSF – Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e.V.

Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.

evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) e.V.

familienbildung deutschland – Kath. BAG für Einrichtungen der Familienbildung

Familienbund der Katholiken e.V.

Humanistischer Verband Deutschlands Bundesverband

Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie

Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt e.V.

Landesverband Mütter- und Familienzentren in Bayern e.V.

Naturfreunde Thüringen e.V.

Paritätisches Bildungswerk Bundesverband e.V.

PEKIP e.V.

Pestalozzi-Fröbel-Verband e.V.

SHIA Bundesverband e.V.

Stiftung SPI – Sozialpädagogisches Institut Berlin »Walter May«

Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V.

Zukunftsforum Familie e.V.

Den Brief mit allen Logos finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e.V. vom 09.02.2021

Das Zukunftsforum Familie (ZFF) ist eine von 13 Organisationen, die sich heute gemeinsam mit der Aufforderung an die Politik wenden, vor dem Ende der Legislaturperiode Reformen im Existenzsicherungsrecht auf den Weg zu bringen, die die gemeinsame elterliche Verantwortung trotz Trennung ermöglichen.

Anlass für die gemeinsame Erklärung ist ein aktuell vorliegender Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, der verschiedene Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag im Bereich des Existenzsicherungsrechts umsetzen soll. Darin findet sich kein Vorhaben zur Unterstützung gemeinsamer Elternverantwortung für getrenntlebende Eltern im Grundsicherungsbezug.

Die gemeinsame Erklärung „Verbändebündnis fordert Umsetzung des Koalitionsvertrags für Alleinerziehende und Trennungsfamilien“ vom 02.02.2021 finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung VZukunftsforum Familie e.V. vom 02.02.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 26. Februar 2021

Veranstalter: djb in Kooperation mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Der Wandel der Familie von der klassischen Kernfamilie Vater-Mutter-Kind hin zu vielfältigen Familienformen – ausgelöst durch veränderte Lebenswirklichkeiten –, ist nicht mehr aufzuhalten. 

Familie i. S. des Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG ist die Gemeinschaft der Eltern mit ihren Kindern. Familie ist da, wo Kinder sind; gleichgültig, ob es sich um leibliche Kinder, um Adoptiv-, Stief- oder Pflegekinder oder um nichteheliche Kinder handelt, ob sie aus einer oder mehreren Ehen hervorgegangen sind. Sie liegt auch vor bei unverheirateten Paaren. Das aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert stammende BGB, das gerade im Erbrecht kaum Reformen durchlaufen hat, hält hierfür keine adäquaten erbrechtlichen Lösungen bereit. Hatte im vergangenen Jahrhundert die Absicherung und Ausbildung der Kinder Priorität, stellt sich aktuell eher die Frage, ob der überlebende Ehegatte, in der Regel noch immer die Ehefrau, im Erbfall ausreichend geschützt ist oder es einer neuen Blickrichtung bedarf? 

Mit unseren europäischen Nachbarn wollen wir über den „Tellerrand“ schauen und Reformbedarfe ausloten, vorrangig im Hinblick auf die (rechtliche) Absicherung der überlebenden Ehepartnerin. 

Programm und weitere Informationen: Das vollständige Programm finden Sie hier
Die Veranstaltung bietet 5 Stunden fachrelevante Fortbildungszeit (§ 15 FAO). 

Tagungsbeitrag 75 €, für ReferendarInnen ermäßigt 35 €. Studierende und DoktorandInnen können kostenfrei teilnehmen.

Anmeldung unter: www.djb.de/termine/anmeldungen/2021/symposium-erbrecht

Die Einwahldaten werden nach der Anmeldung und Entrichtung des Tagungsbeitrags zur Verfügung gestellt. 

Termin: 04. März 2021

Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung e.V.

Dieses Jahr hat uns allen viel abverlangt – vor allem den Frauen*. Denn sie sind es, die weltweit unsere Gesellschaften doppelt stützen: in lebensnotwendigen und oft schlecht bezahlten, systemrelevanten Berufen und – oft gleichzeitig – indem sie die unbezahlte Sorgearbeit zu Hause und im persönlichen Umfeld übernehmen. Die Corona-Krise zeigt in aller Deutlichkeit: Frauen* sind nicht nur systemrelevant – sie SIND das System.

Applaus gab es viel, doch echte Anerkennung erfordert konkretes politisches Handeln! Wie relevant sie für das System sind, zeigt sich für Frauen* auch in Lohn und Zeit. Darauf wollen wir zum Frauentag aufmerksam machen. Mit Ihnen und unseren Gästen, u.a. der SPD Politikerin Serpil Midyatli und der Bloggerin Laura Melina Berling (@littlefeministblog) möchten wir am 4. März 2021 um 17:00 Uhr in einer digitalen Veranstaltung Ansätze für eine geschlechtergerechte Gesellschaft diskutieren.

Anmeldung für die Teilnahme über Zoom: https://www.fes.de/lnk/40m

(Anmeldeschluss ist der 28. Februar 2021, Einwahldaten werden Ihnen nach erfolgreicher Anmeldung am 01. März zugeschickt)

Das war noch nicht alles! Beteiligen Sie sich auch an unseren Aktionen rund um den Frauentag!

Verschicken oder schenken Sie die „Danke“-Postkarte an eine Frau*, der* Sie für ihren* Beitrag in dieser schwierigen Zeit danken möchten. Auf der „Bitte“-Postkarte bzw. über unsere hier verlinkte Umfrage können Sie eine politische Vision/Forderung für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Fürsorgearbeit formulieren und an uns schicken. Diese Forderungen werden während der Veranstaltung am 4. März an die Politik übergeben.

Beteiligen Sie sich unbedingt auch an unserer Heldinnen*-Nominierung und nominieren Sie eine Frau* in Ihrem Leben, die neben einem „Danke“ für ihre tägliche Leistung auch die Möglichkeit bekommen soll, am 4. März 2021 bei unserer Veranstaltung mit unseren Gästen auf dem Podium zu diskutieren.

Alle Informationen rund um den Frauentag bei der FES finden Sie hier: https://www.fes.de/internationaler-frauentag-2021
Wir würden uns über Ihre Teilnahme an der Veranstaltung und Ihre Beteiligung an den Aktionen rund um den Internationalen Frauentag freuen!

Termin: 03. März 2021

Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung – Bundesstiftung Berlin

Von guten Betreuungsangeboten profitieren Kinder, Eltern und die Wirtschaft. Die Zahl der Kitaplätze für Kinder unter drei Jahren wird seit einiger Zeit ausgebaut. Unterschiede gibt es zwischen Ost- und Westdeutschland. Wo bestehen nach wie vor Defizite und welche politischen Ansätze gibt es zur Verbesserung? Welche Bedeutung hat die Betreuungsqualität für die Teilhabe von sozial benachteiligten Kinder? Und wie sieht eine gerechte Finanzierung der Kinderbetreuung aus?

Mit:

Moderation: Ole Meinefeld (Heinrich-Böll-Stiftung)

Hier geht`s zum entsprechenden Artikel im Infrastruktur-Atlas

Mehr Infos zur Veranstaltung und die Möglichkeit der Anmeldung finden sich hier: https://calendar.boell.de/de/event/2-kitas-infrastrukturen-fuer-die-juengsten.

AKTUELLES

Die Arbeiterwohlfahrt veröffentlicht heute im Rahmen einer Onlinekonferenz ein Handbuch mit einem Leitfaden und Maßnahmen zur Öffnung der Altenhilfe für queere Senior*innen. Die Biografien von älteren Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans*, Inter* und queeren Menschen (kurz LSBTIQ*) sind oftmals von Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen geprägt. Sind LSBTIQ* im hohen Lebensalter auf Angebote der institutionellen Altenhilfe angewiesen, befürchten viele erneute Ablehnung, Ausgrenzung oder die Notwendigkeit, die eigene Körperlichkeit wiederum erklären zu müssen.

Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes: „Das Modellprojekt setzt ausgehend von den Sorgen und Ängsten der Zielgruppe auf Wissensvermittlung und Coaching und stärkt damit die Einrichtungen für eine bedürfnisgerechte Pflege. Die Entwicklung dieses innovativen Praxishandbuchs erfolgte von Beginn an in enger Abstimmung mit Leitungskräften und Mitarbeitenden aus stationären und ambulanten Altenhilfeeinrichtungen der AWO, unter Mitwirkung der Wissenschaft, aber auch mit den bundesweiten Selbstvertretungsverbänden der queeren Communities.

Das Handbuch entstand im Rahmen des Modellprojekts „Queer im Alter – Öffnung der Altenhilfeeinrichtungen der AWO für die Zielgruppe LSBTIQ*“. Es wurde zwischen Januar 2019 und Februar 2021 vom Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. konzipiert und gemeinsam mit sechs Modellstandorten der AWO in unterschiedlichen Bundesländern umgesetzt – gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Alle weiterführenden Informationen und Download: Praxishandbuch zur Öffnung der Altenhilfe-Einrichtungen für LSBTIQ* veröffentlicht | AWO

Die Sachverständigenkommission für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung hat ihr Gutachten „Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten“ an die Bundesgleichstellungsministerin Franziska Giffey übergeben.

„Welche Weichenstellungen sind erforderlich, um die Entwicklungen in der digitalen Wirtschaft so zu gestalten, dass Frauen und Männer gleiche Verwirklichungschancen haben?“ lautete der Berichtsauftrag der Bundesregierung. Die Sachverständigenkommission hat daraufhin in ihrem Gutachten für die Digitalisierung relevante Bereiche ausdifferenziert  die Digitalbranche, die digitale Wirtschaft, die digitalisierte Wirtschaft und die Digitalisierung der Gesellschaft  und diese bearbeitet.

Die Digitalisierung öffnet ein Gelegenheitsfenster“, so die Vorsitzende der Sachverständigenkommission, Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok bei der Übergabe des Gutachtens: „In diesem scheinbar rein technischen Prozess können und müssen wir herrschende Geschlechterverhältnisse sichtbar machen, Geschlechterstereotype hinterfragen und Machtverhältnisse neu verhandeln. Denn ob wir mit der Gleichstellung der Geschlechter vorankommen oder zurückfallen, hängt von den Rahmenbedingungen und der Gestaltung der digitalen Transformation ab.“

Die Sachverständigenkommission spricht sich für eine soziotechnische Perspektive auf Digitalisierung aus. Dies bedeutet, den Einsatz automatisierter Prozesse in ihrem jeweiligen gesellschaftlichen Kontext zu betrachten, zu beurteilen und aktiv zu gestalten. „In unserem Gutachten formulieren wir 101 Handlungsempfehlungen, um die Verwirklichungschancen im Zuge der Digitalisierung für alle zu stärken – unabhängig vom Geschlecht“, so Yollu-Tok. „Dafür müssen die Rahmenbedingungen der Digitalisierung gestaltet werdenDas hat auch Konsequenzen für die Gleichstellungspolitik, denn wo neue Barrieren und Herausforderungen entstehen, müssen Ziele, Regelungen, Strukturen, und Instrumente angepasst werden.“

Mit der Übergabe ist das Gutachten für den Dritten Gleichstellungsbericht auf unserer Webseite unter Veröffentlichungen abrufbar.

Das BMFSFJ wird nun die Ressortabstimmung zur Stellungnahme der Bundesregierung einleiten und dann das Gutachten einschließlich der Stellungnahme voraussichtlich im Mai dem Kabinett vorlegen. (Auf unserer Homepage finden sie mehr Informationen zu den Hintergründen der Gleichstellungsberichte).

Hintergrund: Schwerpunkte des Gutachtens

  • In der Digitalbranche– bzwInformations- und Kommunikationsbranche, in der die für die Digitalisierung zentralen digitalen Technologien entwickelt und gestaltet werden, geht es etwa um Methoden der Gestaltung von Technik, um die Arbeits- und Organisationskultur sowie die finanziellen Rahmenbedingungen für Gründungen in dieser Branche.  Die Sachverständigenkommission spricht sich hier zum einen für eine gleichstellungsorientierte Veränderung der Technikgestaltung und der in der Digitalbranche herrschenden Arbeits- und Organisationskultur aus. Zum anderen empfiehlt sie, technologische Innovationen als gestaltbare und gestaltungsbedürftige soziotechnische Innovationen zu verstehen. Damit würden auch weibliche Gründungsaktivitäten sichtbarer und das stereotype Bild des männlichen Unternehmers weniger präsent werden.
  • Die Digitale Wirtschaft meint jene wirtschaftlichen Aktivitäten, in denen die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien im Zentrum steht – beispielsweise die Plattformökonomie. Im Fokus sind hier die geschlechtsbezogenen Auswirkungen der Vermittlung von Arbeit über Plattformen.  Diese neue – meist atypische – Form der Arbeit verspricht etwa im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit Chancen, birgt aber auch gleichstellungsrelevante Risiken. Solange insbesondere der rechtliche Status der Plattformarbeitenden nicht geklärt ist – so eine der Kernbotschaften des Gutachtens – kann Plattformarbeit insbesondere für Frauen zu einer Sackgasse im Lebensverlauf führen. Und solange die über Plattformarbeit erworbene Erfahrung und Kompetenz nicht sichtbar ist, schafft diese Form der Arbeit keine Übergangserleichterungen im Lebensverlauf.
  • Im Bereich der Digitalisierten Wirtschaft, in der IKT-Technologien zur Unterstützung bestehender Geschäfts- und Arbeitsprozesse genutzt werden, beschreibt das Gutachten die daraus resultierenden Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt einschließlich der dafür notwendigen Qualifikationen. Hier werden sich die bestehenden geschlechtsbezogenen Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt oder im Bereich der Weiterbildung nicht „automatisch“ im Zuge der Digitalisierung auflösen. Mit entsprechenden Rahmenbedingungen hat die Digitalisierung aber durchaus das Potenzial, Gleichstellungszielen näherzukommen. Daher muss Mobile Arbeit beispielsweise gesetzlich verankert und u.a. durch Regelungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz, zum Datenschutz und zum Schutz vor Diskriminierung flankiert werden. Auch der Einsatz algorithmischer Systeme in Personalauswahlprozessen muss aufgrund der Risiken, u.a. im Hinblick auf Diskriminierungen, kritisch begleitet und eng begrenzt werden.
  • Nicht zuletzt durchdringen digitale Technologien das ganze gesellschaftliche Leben (Digitalisierung der Gesellschaft). Dies erleichtert, verschiedene Lebensbereiche miteinander zu verbinden und zu gestalten, führt aber auch zu gleichstellungsrelevanten Risiken. Die Sachverständigenkommission zeigt hier auf, wie bestehende Probleme im Kontext der Digitalisierung eine neue Qualität erlangen können, auf die reagiert werden muss. Beispiele sind Stereotype in Sozialen Medien sowie geschlechtsbezogene digitale Gewalt. Auch aufgrund der zunehmenden Nutzung von Daten durch den Staat oder private Unternehmen, besteht die Gefahr, dass Verwirklichungschancen beschnitten werden. Hier ist der Staat gefordert, ausreichenden Datenschutz, informationelle Selbstbestimmung und IT-Sicherheit zu gewährleisten.

Die im Gutachten thematisierten Problemlagen und Handlungsempfehlungen zur Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft werfen zudem die Frage nach gleichstellungspolitischen Strukturen und Instrumenten auf, die eine gleichstellungsorientierte Digitalisierung befördern oder gewährleisten können. Die Sachverständigenkommission knüpft dabei an bestehende gleichstellungspolitische Instrumente und Strukturen an und konkretisiert diese für eine gleichstellungsorientierte Gestaltung der Digitalisierung.

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ZFF-Info 14/2020

Mit diesem Newsletter verabschieden wir uns in diesem Jahr in die Weihnachtsferien. Wir wünschen Ihnen eine geruhsame Vorweihnachtszeit und einen guten Rutsch in ein gesundes und sorgenfreies Jahr 2021.

SCHWERPUNKT I: Corona-Krise

Daten.Fakten.Trends

Familienreport 2020 veröffentlicht

Wie leben Familien heute? Wie ging es Familien im Corona-Lockdown? Wie haben sich Einkommen, Erwerbstätigkeit und Partnerschaftlichkeit in Familien entwickelt und wie steht es um die Familienfreundlichkeit der Unternehmen? Sind Familien in der Krise? Antworten auf diese und andere Fragen bietet die 7. Ausgabe des Familienreports „Familie heute. Daten.Fakten.Trends“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey zu den zentralen Befunden: „Die Familie ist für die meisten Menschen der wichtigste Lebensbereich. Sie kann Liebe geben, Halt und Sicherheit. In der Pandemie sehen wir gerade, Familien haben ganz besondere Herausforderungen zu meistern – das Berufs- und Familienleben muss unter den veränderten Bedingungen anders organisiert werden. Der Familienreport 2020 zeigt, dass viele Familien in Deutschland die Verantwortung, aber auch die wirtschaftlichen Risiken schon längst auf mehrere Schultern verteilen. Das stärkt die Familien und damit unsere Gesellschaft. Bei fast zwei Dritteln der Paarfamilien waren im Jahr 2018 beide Eltern erwerbstätig, immer mehr Mütter konnten mit ihrer Erwerbstätigkeit ihre eigene Existenzgrundlage sichern und immer mehr Väter beteiligten sich an der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder. Diese Entwicklung unterstützen wir mit einer Familienpolitik, die auf Partnerschaftlichkeit und eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf setzt.“

„Familie heute. Daten.Fakten.Trends – Familienreport 2020“ informiert in Analysen und übersichtlichen Grafiken über die aktuellen Entwicklungen von Familien in unserem Land. Der Familienreport ist ein Nachschlagewerk und Zahlen-Fundus. Er stellt auch Vorhaben, Maßnahmen und Programme der Familienpolitik der Bundesregierung dar. Daneben können ihm neueste Zahlen und Daten zu den Familienformen, Kinderwünschen, Geburten, Eheschließungen und Ehescheidungen sowie zur wirtschaftlichen Situation von Familien entnommen werden, die ein Licht auf die vielfältigen Aspekte von Familienleben in unserem Land werfen. Der Familienreport enthält eine umfassende Darstellung von Leistungen, Wirkungen und Trends rund um Familie und Familienpolitik.

Neu im Vergleich zu früheren Ausgaben sind die umfangreichen Vergleiche mit anderen Ländern. Kinder in Deutschland wachsen beispielsweise häufiger bei verheirateten Eltern auf als im europäischen Durchschnitt, 74 Prozent gegenüber 68 Prozent. Bei Hochzeiten liegt Deutschland im europäischen Vergleich über dem EU-Durchschnitt. Dabei sind Deutsche bei der Eheschließung etwas älter als in anderen europäischen Ländern. Die Zahl der Scheidungen nimmt dagegen weiter ab. Hier liegt Deutschland im europäischen Mittelfeld.

Repräsentative Eltern-Corona-Befragung

Aufschluss darüber, wie es Familien im Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 erging, gibt die repräsentative Eltern-Corona-Befragung, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Bundesfamilienministeriums im April und Mai 2020 unter Eltern durchgeführt hat. Sie zeigt: Die Corona-Pandemie mit ihren Risiken, Ängsten und Beschränkungen hat insbesondere auch Familien vor große Herausforderungen gestellt und das Familienleben beeinflusst und verändert. Die Phase der Einschränkungen des öffentlichen Lebens hat Familien unterschiedlich betroffen. Während ein Teil diese Zeit eher positiv erlebt hat, standen insbesondere Familien mit jüngeren Kindern vor zahlreichen Herausforderungen. Für mehr als jede zweite Familie war vor allem die Neuorganisation der Kinderbetreuung schwierig. Die Krise hat aber laut der Erhebung nicht zu der befürchteten Re-Traditionalisierung der Elternrollen geführt. Wir sehen: Insbesondere Väter haben sich verstärkt an den zusätzlichen Aufgaben bei der Kinderbetreuung beteiligt. Damit haben Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Aspekte der adäquaten Förderung von Kindern in vielen Familien einen neuen Stellenwert erhalten. In der Krise haben sich Unternehmen ganz überwiegend als unterstützende Verantwortungspartner der Eltern bewiesen. Dabei wurden familienbewusste Personalmaßnahmen neu eingeführt oder das Angebot ausgeweitet. Verbreitet waren Sorgen um die Förderung der Kinder sowie möglicher langfristiger Nachteile. Es zeigte sich die Notwendigkeit, den Ausbau der Betreuungsinfrastruktur weiter voranzutreiben und verlässlich zu gestalten. Finanzielle Unterstützungsleistungen wurden in der Krise von der Politik schnell speziell auch für Familien umgesetzt.

Die Eltern-Corona-Befragung können Sie hier herunterladen: www.bmfsfj.de/familien-in-der-corona-zeit

Die aktuelle Ausgabe von „Familie heute. Daten.Fakten.Trends – Familienreport 2020“ finden Sie unter: www.bmfsfj.de/familienreport2020

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 10.12.2020

Giffey: Corona prägt die Lebensläufe der jungen Generation

Internationale Jugendbegegnungen und grenzüberschreitende Freiwilligenaktivitäten sind eine tragende Säule der europäischen Integration. Wegen der Corona-Pandemie ist der Jugendaustausch allerdings quasi über Nacht zum Erliegen gekommen – ein tiefer Einschnitt für viele junge Menschen in Europa, aber auch für die internationale Jugendarbeit insgesamt. Das Thema war deshalb heute ein Schwerpunkt einer Videokonferenz der EU-Jugendministerinnen und -minister im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Das virtuelle Treffen wurde von Bundesjugendministerin Franziska Giffey geleitet.

Bundesministerin Giffey betonte: „Junge Menschen haben es besonders schwer in diesen Zeiten. Vieles von dem, was Jungsein und Erwachsenwerden ausmacht, ist im Moment verboten oder nur eingeschränkt möglich: ob Lernen, Treffen mit Gleichaltrigen oder eben auch das Reisen. Junge Menschen wollen die Welt erkunden, Sprachen lernen, Erfahrungen und Eindrücke im Ausland sammeln. Das ist derzeit nur sehr eingeschränkt möglich. Corona prägt auch in dieser Hinsicht die Lebensläufe der jungen Generation. Deshalb müssen wir jetzt in Europa gemeinsam dafür sorgen, dass sich junge Menschen auch in Zukunft begegnen können. Dafür müssen Kontakte zu internationalen Partnern aufrechterhalten und digitale Austauschangebote ausgeweitet werden. Zentrales Ziel ist aber für mich, dass der internationale Jugendaustausch mit persönlichen Begegnungen, sobald es die Lage erlaubt, sofort wieder anlaufen kann.“

In Deutschland unterstützt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gemeinnützige Einrichtungen der Kinder- und Jugendbildung und der Kinder- und Jugendarbeit in der schwierigen wirtschaftlichen Situation kurzfristig mit einem 100-Millionen-Euro-Sonderprogramm. Ein Viertel des Budgets ist speziell für gemeinnützige Träger des langfristigen, internationalen Jugend- und Schüleraustauschs vorgesehen.

Ein weiteres Thema der Videokonferenz war die Diskussion über die bisher erreichten Ziele der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in der Jugendpolitik. Neben der Verabschiedung einer Europäischen Jugendarbeitsagenda, mit der die Angebote in der Jugendarbeit in Europa gestärkt und damit alle jungen Menschen in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit unterstützt werden sollen, ging es dabei als Schwerpunkt auch um das Thema „Jugend und Demokratie“.

Anfang Oktober hatte das BMFSFJ gemeinsam mit dem Deutschen Bundesjugendring hierzu einen digitalen Europäischen Jugenddemokratiekongress durchgeführt. Zentrale Ergebnisse der Veranstaltung sind nun in die Schlussfolgerungen zur Förderung des demokratischen Bewusstseins und des demokratischen Engagements junger Menschen in Europa eingeflossen, die auf Initiative Deutschlands im Rat der Europäischen Union verabschiedet wurden.

Franziska Giffey: „Wir haben uns vorgenommen, während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft den Perspektiven und Ideen junger Menschen auf europäischer Ebene mehr Gehör zu verschaffen. Das ist uns gelungen. In seinen Schlussfolgerungen spricht sich der Rat für eine Stärkung wirksamer Jugendbeteiligung auf allen Ebenen aus – und die Tatsache, dass er dies tut, ist zugleich selbst ein Beispiel für gelungene Jugendbeteiligung.“

Weitere Informationen des BMFSFJ zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft finden Sie unter: www.bmfsfj.de/eu2020, Informationen zum Jugenddemokratiekongress sind unter dem folgenden Link abrufbar: www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/europaeischer-jugenddemokratiekongress-endet/160824

Die Videokonferenz der EU-Jugendministerinnen und -minister ersetzt den ursprünglich geplanten EU-Jugendministerrat. Aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie konnten sich die Teilnehmenden nicht persönlich in Brüssel treffen, so dass eine Videokonferenz stattfinden musste.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.11.2020

Das Jahressteuergesetz bringt Entlastungen für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, Unternehmen und Vereine. Es wird insbesondere eine Homeoffice-Pauschale eingeführt. Ehrenamtlich Tätige werden durch eine Erhöhung der Übungsleiter-Pauschale und der Ehrenamtspauschale entlastet. Durch die rückwirkende Einziehung bereits verjährter Steueransprüche sorgen wir dafür, dass Steuerhinterzieher auch dann nicht davonkommen, wenn ihre Taten lange zurückliegen.

„Der Finanzausschuss hat heute mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen dem Jahressteuergesetz 2020 zugestimmt. Das Gesetz bringt Entlastungen für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ehrenamtlich Tätige sowie kleine und mittlere Unternehmen. Der Bundestag wird das Gesetz in der kommenden Woche abschließend beraten.

In der Corona-Pandemie arbeiten viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Homeoffice. Oft fehlen dabei die Voraussetzungen für den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmern. Um auch diesen Erwerbstätigen einen Abzug ihrer beruflich veranlassten Mehrkosten zu ermöglichen, führen wir eine Homeoffice-Pauschale in Höhe von bis zu 600 Euro ein.

Ein weiterer Schwerpunkt des Jahressteuergesetzes sind die Neuerungen für ehrenamtlich Tätige und ihre Vereine: Die Übungsleiter- und die Ehrenamtspauschale werden auf 3.000 Euro beziehungsweise 840 Euro erhöht, die Arbeit der gemeinnützigen Vereine wird vereinfacht und das Spektrum der anerkannten gemeinnützigen Zwecksetzungen wird u.a. um Klimaschutz und Freifunk erweitert.

Die bisher bis Ende 2021 vorgesehene Befristung der Anhebung des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende auf 4.008 Euro wird aufgehoben. Der höhere Entlastungsbetrags wird also dauerhaft gewährt.

Die steuerliche Förderung von Investitionen kleiner und mittlerer Betriebe wird ausgebaut und zielgenauer ausgestaltet.

Die Freigrenze für einen steuerfreien Bezug von Sachleistungen wird ab dem 1. Januar 2022 auf 50 Euro erhöht.

Mit dem Jahressteuergesetz gehen wir konsequent gegen Steuerhinterzieher vor.  Die Verfolgungsverjährung bei besonders schwerer Steuerhinterziehung wird auf 15 Jahre verlängert.  Vor allem aber schaffen wir die strafrechtliche Möglichkeit zu einer rückwirkenden Einziehung bereits verjährter Steueransprüche, etwa aus den kriminellen Cum-Ex-Geschäften. Damit stellen wir sicher, dass kein Steuerhinterzieher seine Beute behalten kann.

Leider enthält das Jahressteuergesetz keine Regelung zum politischen Engagement gemeinnütziger Organisationen. Die SPD-Fraktion hat sich mit Nachdruck für eine Klarstellung eingesetzt, dass die politische Tätigkeit einer Organisation zur Verfolgung ihres gemeinnützigen Zweckes, ihre Steuerbefreiung nicht gefährden kann. Diese für den gemeinnützigen Sektor und die Zivilgesellschaft bedeutsame Regelung wurde von der Union abgelehnt. Die SPD wird sich weiterhin für eine gesetzliche Klarstellung zum politischen Engagement gemeinnütziger Organisationen einsetzen.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 09.12.2020

Zur Umfrage der Bertelsmann Stiftung, wonach Frauen in Coronakrise weiter den Großteil der Arbeit im Haushalt schultern, erklären Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik, und Charlotte Schneidewind-Hartnagel, Sprecherin für Zeitpolitik:

Was schon vor der Corona-Pandemie ein großes Problem in Deutschland war, spitzt sich unter den aktuellen Bedingungen vielfach noch zu: Frauen tragen eine zu große Last bei der Aufteilung der familiären Sorgearbeit.

Schon vor der Krise haben Frauen jeden Tag durchschnittlich 90 Minuten mehr Zeit für Haushalt und Kinder aufgebracht. Unter Corona-Bedingungen bringt es die Mehrheit der Frauen jetzt an den Rand der Erschöpfung. Das dürfen wir nicht einfach hinnehmen.

Es braucht eine Care-Revolution. Sorge- und Hausarbeit zwischen den Geschlechtern fair aufzuteilen, ist eine Frage der Gerechtigkeit. Die Forschung zeigt, dass die Partnerschaftlichkeit gestärkt wird, wenn Väter mehr als die zwei Partnermonate Elterngeld in Anspruch nehmen. Die Chance hat Giffey bei der Elterngeldreform leider verpasst. Mit der grünen KinderZeit Plus wollen wir dafür sorgen, dass beide Eltern mehr Zeit für die Familie haben und durch mehr Partnermonate die Familienarbeit gerechter aufteilen.

Familien brauchen neben mehr Zeit auch mehr Flexibilität. Die Einführung einer flexiblen Vollzeit, die es Eltern erlaubt, zwischen 30-40 Stunden pro Woche zu arbeiten, würde Frauen und Familien entlasten.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 03.12.2020

Nach einem relativ sorgenfreien Sommer hat unter den Beschäftigten in Deutschland die Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus wieder zugenommen. Im November 2020 machte sich jeder dritte Beschäftigte (33 Prozent) Sorgen, sich bei der Arbeit oder auf dem Weg zur Arbeit mit dem Coronavirus zu infizieren – verglichen mit jedem vierten Beschäftigten (25 Prozent) in den Monaten Juni und Juli, als die Infektionszahlen deutlich niedriger waren. Damit hat sich die Sorge um Ansteckung auf erhöhtem Niveau stabilisiert: Trotz Lockdowns ist der Wert fast genauso hoch wie im Oktober (34 Prozent; siehe auch die Grafik in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Das ist das Ergebnis einer Befragung des Portals Lohnspiegel.de, an der sich seit April 2020 rund 26.500 Beschäftigte beteiligt haben. Lohnspiegel.de wird vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung wissenschaftlich betreut.

Besonders verbreitet ist die Sorge vor einer Ansteckung unter Beschäftigten, die in ihrem Beruf regelmäßig engen Kontakt zu anderen Menschen haben und deshalb besonders exponiert sind. So gaben seit Beginn der Befragung insgesamt 55 Prozent der Beschäftigten im Bereich Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehungspflege an, sich Sorgen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu machen. Es folgen Beschäftigte in der Altenpflege (48 Prozent), der Gesundheits- und Krankenpflege (46 Prozent), Human- und Zahnmediziner (47 Prozent) sowie die Verkaufsberufe (41 Prozent). Die Fertigungsberufe bieten ein uneinheitliches Bild: Während sich in der Lebensmittelherstellung – zu der auch die Fleischwirtschaft zählt – jeder dritte Befragte Sorgen macht (34 Prozent), sind dies in den Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufen sowie den Metallbauberufen deutlich weniger (jeweils 24 Prozent).

Deutlich seltener Sorgen um ihre Gesundheit machen sich auch Beschäftigte in den klassischen Bürotätigkeiten, etwa in Büro und Sekretariat oder dem Rechnungswesen (ebenfalls jeweils 24 Prozent). Eine entscheidende Erklärung hierfür ist die Nutzung des Homeoffice, die seit Ausbruch der Pandemie stark gestiegen ist. Persönlicher Kontakt zu Kunden und Kollegen sowie das Risiko auf dem Weg zur Arbeit entfallen hier komplett. Unter den Befragten, die teilweise oder vollständig im Homeoffice arbeiten, macht sich deshalb nur eine kleine Minderheit (17 Prozent) berufsbedingt Sorgen um die eigene Gesundheit. Entsprechend hoch ist in dieser Gruppe auch die Zufriedenheit mit dem Arbeitgeber: 82 Prozent bescheinigen ihrem Arbeitgeber uneingeschränkt, bereits ausreichende Schutzmaßnahmen umgesetzt zu haben.

Beschäftigte stellen Arbeitgebern gutes Zeugnis aus – mit Einschränkungen

Die Verbreitung des Homeoffice oder die Ausstattung mit Schutzausrüstung in besonders gefährdeten Berufen tragen dazu bei, dass insgesamt mehr als die Hälfte aller auf Lohnspiegel.de Befragten (54 Prozent) die Maßnahmen ihres Arbeitgebers für ausreichend halten; ein weiteres Drittel (33 Prozent) sieht dies mit Einschränkungen so. Trotz der langen Vorlaufzeit beklagt aber auch aktuell (November 2020) noch jeder achte Beschäftigte (13 Prozent) unzureichende Maßnahmen des Arbeitgebers. Auffällige Häufungen gibt es bei den Bau- und Ausbauberufen, da auf Baustellen nach Angaben der Befragten nach wie vor häufig eng an eng und ohne Mund-Nasen-Schutz gearbeitet wird. Besonders unzufrieden sind auch Erzieherinnen und Erzieher, die beispielsweise davon berichten, dass in ihrer Einrichtung behördliche Vorgaben aus Personalmangel oder Raumnot nicht eingehalten werden.

Verantwortung der Arbeitgeber in der Krise gefragt

„Wenn Arbeitgeber die berechtigten Sorgen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einfach ignorieren, kann dies das Vertrauensverhältnis im Betrieb dauerhaft zerstören“, sagt Dr. Elke Ahlers, Expertin für Arbeit und Gesundheit am WSI. „Gefragt sind klare und offene Kommunikation sowie eine enge Einbindung der Beschäftigten in die Entwicklung und Umsetzung von effektiven Hygienekonzepten.“ Erster Ansprechpartner hierfür sollte der Betriebsrat sein, der im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gesetzlich verbriefte Mitbestimmungsreche hat. Allerdings hatten nach Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Jahr 2019 nur noch 40 Prozent der Beschäftigten in privatwirtschaftlichen Betrieben mit 5 oder mehr Mitarbeitern einen Betriebsrat.

Die Endverantwortung für die Einhaltung des Gesundheitsschutzes im Betrieb liegt in Deutschland nach dem Arbeitsschutzgesetz beim Arbeitgeber und kann von diesem auch nicht auf die Beschäftigten abgewälzt werden. Die besondere Verantwortung der Arbeitgeber für den Infektionsschutz ihrer Mitarbeiter wurde zuletzt von der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs der Länder betont. In den Beschlüssen vom 25. November 2020 mahnen diese die Einhaltung der Schutz- und Hygieneregeln an und appellieren an die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, unbürokratisch Homeoffice für ihre Beschäftigten zu ermöglichen. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert die Einhaltung der verbindlichen Corona-Arbeitsschutzregeln der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Die Einhaltung dieser Regeln müsse auch verstärkt kontrolliert werden.

Hinweise zur Methode

Die Daten des Portals Lohnspiegel.de beruhen auf einer kontinuierlichen Online-Umfrage unter Erwerbstätigen in Deutschland. Für die Analyse wurden 26.476 Datensätze ausgewertet, die vom 1. April bis zum 26. November 2020 erhoben wurden. Die Umfrage ist nicht-repräsentativ, erlaubt aber aufgrund der hohen Fallzahlen detaillierte Einblicke in die Arbeitsbedingungen in Deutschland. Lohnspiegel.de ist ein Angebot der Hans-Böckler-Stiftung und ermöglicht es Beschäftigten, mit Hilfe des Lohn- und Gehaltschecks ihr eigenes Gehalt mit dem von anderen Arbeitnehmern im selben Beruf zu vergleichen.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 03.12.2020

Fachtagung zieht Bilanz bezüglich Kindeswohl in Corona-Zeiten                             

Die Corona-Krise trifft Kinder und Jugendliche hart – und zwar in mehrfacher Hinsicht: Sie werden nicht gehört, es gibt keine stabilen Beteiligungsstrukturen und wer in Armut aufwächst, hat oft keinen verlässlichen Zugang zur digital angebotenen Bildung. Damit sich das ändert, müssen Kinder- und Jugendrechte endlich konsequent umgesetzt werden.

Das wurde bei der heutigen digitalen Fachtagung „… und weg sind sie.“ – Kinder- und Jugendrechte in Zeiten von Corona, zu der die Diakonie Hessen, die Hochschule Magdeburg-Stendal und die Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie eingeladen hatten, deutlich.  

Claudia Kittel, Leiterin der Monitoringstelle UN-Kinderrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte, wies darauf hin, dass die Umsetzung der Kinderrechte mit Beginn der Corona-Pandemie erhebliche Rückschritte erlitten habe. Weder Bund, Länder noch Gemeinden hätten die Ansichten von Kindern und Jugendlichen beachtet. „Gleichzeitig wurden schon bestehende Defizite hinsichtlich des Gewaltschutzes von Kindern, der Bekämpfung von Kinderarmut sowie des Zugangs zu Bildung für alle Kinder verstärkt sichtbar“, sagte Kittel. 

Das hat auch die Studie „Krisengerechte Kinder statt kindgerechtem Krisenmanagement? Auswirkungen der Corona-Krise auf die Lebensbedingungen junger Menschen“ von Prof. Dr. Michael Klundt gezeigt. Der Kindheitswissenschaftler an der Hochschule Magdeburg-Stendal kommt darin zu dem Ergebnis, dass in der Corona-Krise in Deutschland elementare Schutz-, Fürsorge- und Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen verletzt worden sind. 

Gemeinsam mit der Kinderarmuts-Expertin Gerda Holz, der Hessischen Beauftragten für Kinder- und Jugendrechte, Miriam Zeleke, und Nora Lohmiller von der Landesschülervertretung Hessen ging Kittel bei der Tagung der Frage nach, welche Konsequenzen aus den zurückliegenden Monaten zu ziehen sind und was seitens der Politik getan werden muss, damit sich die Lage für Kinder und Jugendliche in Deutschland bessert.  

Miriam Zeleke betonte, dass es gerade jetzt wichtig sei, auf Kinder und Jugendliche als eigenständige Akteure und Inhaber von Rechten hinzuweisen. 

Schülervertreterin Nora Lohmiller forderte u.a. mehr Unterstützung vom Land Hessen für in Armut aufwachsende Schüler*innen, denn: „Im Lockdown haben Schüler*innen, die wenig Unterstützung der Eltern und oft keine digitalen Medien zur Verfügung haben, keine Chance, mit dem Lernstoff hinterherzukommen. Diese Schüler*innen werden abgehängt“, so Lohmiller. Durch Corona werde die Kluft der sozialen Ungleichheit verstärkt, „aber vor allem wird nun sichtbar, was seit vielen Jahren schulpolitisch ignoriert wurde.“  

Mehr Unterstützung seitens der Politik forderte auch Armutsforscherin Gerda Holz. Kinder und Jugendliche stellten eine private und öffentliche Verantwortung dar. „Die Krise verfestigt und verschärft für Kinder und Jugendliche die Risiken im Hier und Jetzt und vermindert so ihre Chancen im Morgen“, sagte Holz. Während es in der Corona-Krise für viele Personengruppen Unterstützungs-angebote, wie z.B. Kurzarbeitergeld oder staatliche Zuschüsse gebe, erhielten Sozialhilfeempfänger keine bedarfsgerechte Unterstützung. So seien die Leistungen für Bildung und Teilhabe, mit denen Eltern Musikunterricht oder das Mittagessen in Schulen bezahlen konnten, aufgrund der Schließung weggefallen. Diese Mittel sollten laut Holz jetzt anders für bedürftige Kinder und Jugendliche eingesetzt werden. 

Nach Ansicht der Referentinnen und der Fachtagungs-Veranstalter müssen die Akteur*innen in der Politik endlich handeln, damit Kinder- und Jugendrechte in Zeiten von Corona nicht länger missachtet werden. „Dafür muss auf mehreren Ebenen gehandelt werden: Zum einen müssen Kinder und Jugendliche regelmäßig angehört werden zu ihren Meinungen und Bedürfnissen, zum Beispiel über fest installierte Kinder- und Jugendparlamente. Zum anderen müssen Kinder und Jugendliche aber auch im akuten Fall die Möglichkeit erhalten, eine Verletzung ihrer Rechte zu melden, zum Beispiel über Ombudsstellen oder andere Beschwerdestellen“, so Dr. Katharina Gerarts, Vorstandsmitglied der Karl Kübel Stiftung.

Quelle: Pressemitteilung Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie vom 03.12.2020

Digitales Lernen ist in der Corona-Krise gefragter denn je – vor allem an weiterführenden Schulen. Im ersten Quartal 2020 kommunizierten 59 % der 10- bis 15-Jährigen mit Lehrkräften oder anderen Lernenden über entsprechende Lernplattformen oder -portale. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, war dieser Wert mehr als sieben Mal so hoch wie im Vorjahr (1. Quartal 2019: 8 %). Von den Schülerinnen, Schülern und Studierenden ab 16 Jahren nutzten 72 % diesen Weg der Kommunikation zu Lernzwecken. Damit hat sich in dieser Altersgruppe der Anteil im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal verdoppelt (1. Quartal 2019: 35 %).

Nutzung digitaler Lernangebote hat stark zugenommen

Auch die Nutzung digitaler Lernmaterialien erfuhr einen Aufschwung. 64 % der Schülerinnen und Schüler im Alter von 10 bis 15 Jahren verwendeten im ersten Quartal 2020 solche Materialien wie audiovisuelle Medien, Online-Lernsoftware und elektronische Lehrbücher. Das waren doppelt so viele wie im entsprechenden Vorjahresquartal (32 %). Auch bei den älteren Schülerinnen und Schülern ab 16 Jahren sowie Studierenden ist der Anteil gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen: Während im ersten Quartal 2019 rund 54 % digitale Lernmaterialien genutzt hatten, lag der Anteil im ersten Quartal 2020 bei 70 %. 

Die Corona-Krise führt auch zu einer größeren Nachfrage nach Online-Kursen. Im 1. Quartal 2020 absolvierten 13 % der Schülerinnen und Schüler im Alter von 10 bis15 Jahren und 22 % der Lernenden ab 16 Jahren Online-Kurse. Im Vorjahr lag der Anteil bei den Jüngeren bei 3 % und bei den Älteren bei 11 %. 

Digitale Ausstattung in Familien hängt stark vom Einkommen ab

Digitales Lernen ist nur mit der entsprechenden Ausstattung möglich – und diese hängt bei Familien stark vom Haushaltseinkommen ab. Anfang 2020 besaß fast die Hälfte (45 %) der Haushalte mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren und einem Haushaltsnettoeinkommen unter 2 000 Euro kein Tablet. Bei einem Haushaltseinkommen von monatlich 5 000 bis unter 18 000 Euro waren nur 14 % der Haushalte ohne Tablet. Etwas geringer sind die Unterschiede bei Laptops und Notebooks: Hier hatten unter den Familien mit besonders geringem Einkommen 18 % kein solches Gerät, unter jenen mit besonders hohem Einkommen lag der Anteil bei 6 %. 

Im Zuge der Corona-Pandemie hat sich das Leben zunehmend sowohl ins Internet als auch in den eigenen Haushalt verlagert. Homeschooling, Homeoffice und Freizeitaktivitäten laufen parallel, da spielt die Anzahl der vorhandenen Geräte eine wichtige Rolle. Rein rechnerisch verfügten Familien Anfang 2020 im Schnitt über insgesamt 3,2 Computer – egal ob stationär oder mobil als Laptop oder Tablet. Aber auch hier zeigt sich: Je höher das Haushaltseinkommen, desto mehr Geräte waren im Schnitt vorhanden. Familien mit hohem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen (5 000 bis unter 18 000 Euro) standen Anfang 2020 rein rechnerisch im Durchschnitt 4,1 PCs zur Verfügung. In der untersten Einkommensgruppe (unter 2 000 Euro) waren es durchschnittlich 2,2 Geräte.

Digitaler Wandel betrifft Millionen Schülerinnen und Schüler

Der digitale Wandel verändert den Alltag von Millionen Lernenden und Lehrenden in Deutschland gleichermaßen. Im Schuljahr 2019/20 wurden 10,9 Millionen Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen unterrichtet. Davon waren 7,6 Millionen an weiterführenden Schulen, die coronabedingt stärker auf Digitalunterricht setzen als Grundschulen.

Während der Corona-Pandemie sind die digitalen Möglichkeiten der Lehre zudem besonders wichtig für Lehrkräfte, die zu sogenannten Risikogruppen gehören. Von den insgesamt 694 000 Lehrkräften, die im Schuljahr 2019/20 bundesweit an allgemeinbildenden Schulen tätig waren, war mehr als ein Drittel (37 %) 50 Jahre und älter. Gut jede zehnte Lehrkraft (12 %) war mindestens 60 Jahre alt. 

Methodische Hinweise:
Die Ergebnisse zur Nutzung von digitalen Lernmaterialien, Online-Kursen und digitalen Kommunikationswegen stammen aus der Erhebung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie in privaten Haushalten (IKT). Diese wird in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union als methodisch harmonisierte, jährliche Befragung durchgeführt. Befragt werden Personen ab 10 Jahren. Die Befragung wird vom 01.04. bis zum 31.05. des Erhebungsjahres durchgeführt. Die entsprechende Frage nach den digitalen Lerntätigkeiten bezieht sich auf die letzten drei Monate vor dem Befragungszeitraum. 

Datengrundlage für die Ausstattung von Familien sind die Laufenden Wirtschaftsrechnungen (LWR). Zu Familien zählen Haushalte mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren. Dazu wurden die Haushaltstypen Alleinerziehende und Paarhaushalte mit Kind(ern) unter 18 Jahren zusammengefasst. Ergebnisse für Haushalte, deren regelmäßiges monatliches Nettoeinkommen 18 000 Euro und mehr beträgt, bleiben in den LWR unberücksichtigt, da diese nicht beziehungsweise in viel zu geringer Zahl an der Erhebung teilnehmen. In die LWR werden nach den gesetzlichen Vorgaben Haushalte von Selbstständigen (Gewerbetreibende und selbstständige Landwirte und Landwirtinnen sowie freiberuflich Tätige) nicht einbezogen.

Weitere Informationen und aktuelle Ergebnisse:
– Themenseite IT-Nutzung
– Themenseite Ausstattung privater Haushalte mit Gebrauchsgütern
– Datenbank GENESIS-Online mit Ergebnissen zur IT-Nutzung sowie zur Ausstattung privater Haushalte mit Gebrauchsgütern
– Themenseite Schulen
„Bildung in einer digitalisierten Welt“ – Analyse im aktuellen Bildungsbericht

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 08.12.2020

Angesichts der steigenden Infektionszahlen in Pflegeeinrichtungen appelliert die AWO an die Solidarität der Gesellschaft mit den pflegebedürftigen Menschen und den Mitarbeitenden in der Pflege. Die Pandemie stellt uns alle vor große Herausforderungen und bringt für jede*n Einzelne*n in unserer Gesellschaft Einschnitte mit sich. Es ist eine Fehlannahme jetzt zu glauben, das Leben in Pflegeheimen könne von solchen Einschränkungen unberührt bleiben. Im Gegenteil: hier besteht die höchste Gefährdungslage bei Erkrankungen.

Zu Beginn der Pandemie wurden von den Ländern Betretungsverbote erlassen. Das sollte jetzt so weit wie möglich vermieden werden. Dennoch müssen Bewohner*innen, Angehörige und auch Mitarbeitende mit Einschränkungen rechnen. Besucher*innen müssen kanalisiert werden, Menschenansammlungen größerer Art müssen vermieden und Abstands- und Hygieneregelungen eingehalten werden. Auch die Testung von Besucher*innen mittels Schnelltests erfordern Zeit und Verständnis der Besucher*innen.

Brigitte Döcker, Vorstandsmitglied des AWO Bundesverbandes, hierzu: „Das Pflegepersonal arbeitet seit Beginn der Pandemie sehr hart, in Teilen über der Belastungsgrenze. Auch für die kommende Weihnachtszeit werden Pflegeheime nicht ohne Regelungen für Besucher*innen auskommen können. Wir bitten um Verständnis, dass nicht alle Besucher*innen zu jeder beliebigen Zeit in die Heime kommen können. Bitte unterstützen Sie die Pflegekräfte bei der Planung und Organisation von Besuchen über die Feiertage und helfen Sie mit, dass Bewohner*innen in dieser Zeit alle ihre Besucher*innen empfangen können. Helfen Sie aber auch, indem Sie sich an Besuchs- und Hygieneregeln halten und lassen Sie sich gegebenenfalls vorher testen.“

In Medienberichten tauchen immer wieder Unterstellungen auf, dass das Aussetzen von Qualitätsprüfungen in den Einrichtungen zum Nachlassen von Qualität in der Pflege und Betreuung der Bewohner*innen führen würde. Hierzu erklärt Brigitte Döcker: „Derartige Behauptungen stellen alle Mitarbeitenden unter einen Generalverdacht. Das muss unbedingt aufhören! Solche gleichmacherischen Berichte demotivieren Pflegekräfte und ihren Einsatz zutiefst. Stattdessen brauchen sie unsere Unterstützung und Solidarität.“

Hintergrund: Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung veröffentlicht diesen Freitag eine Handreichung für Besuchskonzepte in Pflegeeinrichtungen. Die Arbeiterwohlfahrt wirkte mit ihrer Expertise daran mit. Durch die Abstimmung der Handreichung mit dem Robert Koch Institut erhalten Pflegeeinrichtungen nun mehr Sicherheit in ihrem Vorgehen beim Besuchsmanagement. Durch die Einbeziehung bei der Erarbeitung der Organisationen der Pflegebedürftigen und Angehörigen erhoffen wir uns eine größere Akzeptanz der Besuchsregelungen bei den Betroffenen. Bei individuellen Regelungen vor Ort werden diese weiterhin einbezogen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 04.12.2020

Mit der digitalen 10. Sozialkonferenz des AWO Bundesverbandes „Irrelevant trotz Systemrelevanz? Frauen- und Gleichstellungspolitik in der Krise“ fragt der Verband morgen gemeinsam mit über 150 Delegierten aus allen AWO-Gliederungen nach den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Frauen und Gleichstellung.

Der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler erklärt hierzu: „Die globale Gesundheitskrise führte dazu, dass frauenpolitische Themen zunächst zu wenig diskutiert wurden. Schnell wurde aber klar, dass ohne Frauen unsere Gesellschaft zusammenbrechen würde, denn: den Löwenanteil der beruflichen und privaten Sorgearbeit leisten Frauen.“

Zusätzlich zu den Belastungen durch den immensen Einsatz in Krankenhäusern, Pflege– und Betreuungseinrichtungen sowie zuhause haben Frauen nach wie vor strukturell schlechtere Ausgangsbedingungen, um die Folgen der Krise abzufedern. Weiter Wolfgang Stadler: „Unterrepräsentanz, Lohndiskriminierung, eine hohe Gewaltbetroffenheit in Partnerschaften und der Gender Care Gap führen zu einer geringeren Resilienz in Krisenzeiten“.

Prof. Dr. h.c. Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), eröffnet die 10. Sozialkonferenz der AWO mit einem Grundsatzreferat, in dem sie eine Bilanz der bisherigen Erfahrungen mit der Krise und ihrer Auswirkungen für die Gleichstellung ziehen wird.

Jutta Allmendinger hierzu: „Dem Rückfall in tradierte Geschlechterrollen dürfen wir nicht tatenlos zusehen. Wir wissen, was zu tun ist, um mehr Geschlechtergerechtigkeit zu schaffen. Wir müssen nur den politischen Mut haben, dieses Wissen auch zu nutzen.“

In sechs Workshops zu Frauengewaltschutz, Vereinbarkeit, Lohngerechtigkeit, innverbandliche Gleichstellung, reproduktive Rechte und Aufwertung der systemrelevanten Berufe werden die Delegierten AWO-Positionen mit den Erfahrungen aus der Krise abgleichen. In der abschließenden Podiumsdiskussion werden die Ergebnisse mit führenden Repräsentant*innen des Verbandes diskutiert.

Wolfgang Stadler ergänzt: „Krisen verstärken gesellschaftliche Ungleichheiten und erhöhen Risiken für benachteiligte Gruppen. Mit der 10. Sozialkonferenz wollen wir diese Themen in die Mitte des Verbandes und die Politik holen und dazu beitragen, dass Geschlechtergerechtigkeit auch während und nach Corona Leitgedanke verbandlichen und politischen Handelns bleibt.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 07.12.2020

Die Corona-Pandemie wird eine psychosoziale Krise nach sich ziehen. Das ist eines der Ergebnisse der digitalen Fachkonferenz zur psychischen Situation von Kindern in Krisengebieten, zu der die SOS-Kinderdörfer Experten aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft eingeladen hatten.

In Krisenregionen sei mit schwerwiegenden langfristigen psychosozialen Problemen zu rechnen, sagt Jan Ilhan Kizilhan, Traumatologe und Leiter des Instituts für transkulturelle Gesundheitsforschung an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Bereits jetzt habe sich die Situation vielerorts verschlechtert, wie unter anderem eine Untersuchung in den Flüchtlingscamps in der nordirakischen Provinz Dohuk zeige. Dort hätten Quarantänemaßnahmen und Isolation dazu geführt, dass Kinder verstärkt psychologische Symptome entwickeln. Seit Beginn der Pandemie gebe es bei psychologischen Erkrankungen einen deutlichen Anstieg um 20 Prozent. Insgesamt würden mehr als die Hälfte der Menschen unter posttraumatischen Belastungsstörungen wie Flashbacks, Angststörungen oder Depressionen leiden.

Auch in Syrien beeinträchtige die Corona-Pandemie die ohnehin kritische psychische Situation der Kinder massiv, sagt Lur Katt, Sprecherin der SOS-Kinderdörfer in Syrien. Sie sagt: „Zu Krieg und Vertreibung kommen zusätzliche Not und Ungewissheit durch das Virus und die wirtschaftlichen Maßnahmen. Für die Kinder ist das eine enorme Belastung. Viele Kinder sind verstummt, leiden unter Albträumen, haben Selbstmordgedanken. Ihre seelischen Wunden sind tief.“

Die Experten waren sich einig, dass es einen eklatanten Mangel an psychischer Unterstützung und kompetenter Hilfe in den betroffenen Ländern gebe. „Maßnahmen zur Verbesserung der psychischen Gesundheit müssen fester Bestandteil der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe werden“, sagt Wilfried Vyslozil, Vorstandsvorsitzender der SOS-Kinderdörfer weltweit. Gerade in Kriegs- und Krisengebieten bräuchten Kinder Schutz und Sicherheit sowie psychologische Hilfe. Nur dann könnten sie es schaffen, Resilienz aufzubauen und wieder einen Weg zu einem besseren Leben finden.

Quelle: Pressemitteilung SOS-Kinderdörfer weltweit vom 04.12.2020

VPK fordert Corona-Impfungen und Schnelltests auch für Mitarbeitende der stationären, teilstationären und ambulanten Jugendhilfe

Der zeitnahe Einsatz von Corona-Impfungen und Schnelltests bietet nach Auffassung des Bundesverbandes privater Träger der freien Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe (VPK) gute Voraussetzungen dafür, dass gegebene Infektionsketten unterbrochen und auf diese Weise wirksam zur Eindämmung der Pandemie beigetragen werden kann.

„Völlig unverständlich ist uns allerdings, warum Impfung und Schnelltests bei den aktuellen Überlegungen von Gesundheitsminister Spahn offenbar nur Erzieherinnen und Erziehern im Bereich der Kindertagesbetreuung sowie Beschäftigten in der ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung und der Altenpflege angeboten werden sollen, nicht aber den vielen Mitarbeitenden in den Erzieherischen Hilfen“, so Martin Adam, Präsident des VPK-Bundesverbandes.

Erzieherinnen und Erzieher in den Leistungsfeldern der Erzieherischen Hilfen auf Grundlage des Kinder- und Jugendhilfegesetzes tragen auch in Zeiten der Corona-Pandemie durch ihre Arbeit dazu bei, dass die Normalität für Kinder und Jugendliche außerhalb ihrer Herkunftsfamilien unter den derzeit besonders herausfordernden Bedingungen soweit wie möglich aufrechterhalten bleiben kann.

Mitarbeitende von stationären, teilstationären oder ambulanten Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe haben aufgrund ihrer berufsspezifischen häufigen Kontakte zu Kindern und Jugendlichen ein signifikant höheres Risiko für eine Infektion mit Covid-19. Gleichzeitig können sie aber das Virus auch als Multiplikatoren in Einrichtungen hinein oder in andere Bereiche der Gesellschaft hinaustragen.

Die genannten Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe gehören zur kritischen Infrastruktur der Gesellschaft und haben daher Systemrelevanz. Aus diesem Grund gilt es die hier tätigen Beschäftigten unbedingt ebenfalls durch die vorgesehenen Corona-Impfungen sowie Schnelltests zu schützen.

Das wichtige Arbeitsfeld der Erzieherischen Hilfen wurde von Gesundheitsminister Spahn leider vergessen. „Wir fordern die Bundesregierung deshalb dringend auf: Berücksichtigen Sie die Mitarbeitenden der Erzieherischen Hilfen im noch abschließend aufzustellenden Impfplan sowie bei der Verfügbarkeit von Antigen-Schnelltests, damit die Beschäftigten in den Einrichtungen ihre wichtigen Aufgaben weiterhin gut und gesund durchführen können. Nur wenn auch für diese wichtige Berufsgruppe die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden, kann der Schutz dieses systemrelevanten Arbeitsfeldes erreicht und das Risiko von Infektionsketten verringert werden – dies ist dem VPK ein wichtiges Anliegen“, so Martin Adam abschließend.

Quelle: Pressemitteilung Bundesverband privater Träger der freien Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe e.V. (VPK) vom 07.12.2020

SCHWERPUNKT II: Beschluss ASMK Kindergrundsicherung

Die Konferenz der Arbeits- und Sozialminister*innen der Bundesländer (ASMK) hat auf ihrer Sitzung am 26. November 2020 einen politischen Beschluss für eine Reform der monetären Leistungen für Familien gefasst. Damit appellieren die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales an die Bundesregierung, gemeinsam mit den Ländern konkrete Umsetzungsschritte zur Einführung einer Kindergrundsicherung einzuleiten. Die AWO und das ZFF begrüßen diesen weitreichenden und mutigen Beschluss.

Nach zwei Jahren intensiver Diskussion und zahlreicher Gutachten liegt der Beschluss der ASMK vor: Eine Kindergrundsicherung, die sich an dem konkreten Bedarf von Kindern und Jugendlichen und der Einkommenssituation der Eltern orientiert, kann kindliche Entwicklungschancen deutlich verbessern und ist darüber hinaus realisierbar.

Jens M. Schubert, Bundesgeschäftsführer des AWO-Bundesverbandes, erklärt dazu: „Der Beschluss der Arbeits- und Sozialminister*innen für eine Kindergrundsicherung ist ein wichtiger Schritt, um endlich Teilhabechancen für alle Kinder und Jugendlichen sicherzustellen. Jetzt müssen konkrete Umsetzungsschritte folgen. Die Bundesregierung darf nicht weiterhin nur an kleinen Stellschrauben drehen. Die Ausweitung des Kinderzuschlags und des Bildungs- und Teilhabepaktes (BuT) waren richtig, sie können das Armutsrisiko für Kinder aber nicht nachhaltig senken. Ebenso bleiben die neuen Regelsätze für Kinder hinter den Erwartungen der Expert*innen zurück. Kinder und Jugendliche sind keine kleinen Erwachsenen. Sie dürfen nicht weiter auf Transferleistungen angewiesen sein, sondern brauchen einen eigenen Rechtsanspruch auf Absicherung in Form einer Kindergrundsicherung.“

Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforum-Familie e.V, ergänzt „Mit einer Kindergrundsicherung müssen wir alle Kinder erreichen. Derzeit gibt es viele verschiedene Vorschläge, die sich unter dem Namen Kindergrundsicherung tummeln. Diese halten aus unserer Sicht aber nicht immer, was sie versprechen. Daher gelten für uns unverzichtbare Kriterien: Eine Kindergrundsicherung muss das Existenzminimum für alle Kinder sichern, sozial gerecht ausgestaltet sein und unbürokratisch und direkt ausbezahlt werden. Und wir müssen schnell handeln: Die Corona-Krise hat die Missstände der letzten Jahre deutlich gezeigt: Arme Kinder und Jugendliche werden immer weiter von ihren Altersgenoss*innen abgehängt. Wir müssen diesen Teufelskreislauf dringend durchbrechen. Hierfür brauchen wir neben einer monetären Absicherung in Form einer Kindergrundsicherung eine gut ausgebaute und qualitativ hochwertige Betreuungsinfrastruktur und existenzsichernde Arbeit für die Eltern.“

Der Vorschlag, für den das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG seit mehr als 10 Jahren eintritt, sieht eine Kindergrundsicherung in Höhe des jeweils aktuellen Existenzminimums vor – derzeit 637 Euro pro Kind und Monat – die mit steigendem Haushaltseinkommen sozial gerecht abgeschmolzen wird.

Diese Kriterien sind für das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG unverzichtbar:

  • Existenzminimum für alle Kinder sichern – das Nebeneinander unterschiedlich hoher kindlicher Existenzminima im Sozialrecht oder Steuerrecht muss beendet werden. Jedes Kind muss dem Staat gleich viel wert sein. Die neue Leistung sollte an ein realistisch berechnetes kindliches Existenzminimum gekoppelt sein, das neben dem sächlichen Bedarf auch Bildung und Teilhabe umfasst. Im Gegenzug schlägt das Bündnis vor, dass Kinderfreibeträge, Kindergeld, Sozialgeld und weitere pauschal bemessene Transfers in der neuen Leistung aufgehen.

  • Sozial gerecht ausgestalten – die am stärksten von Armut betroffenen Gruppen müssen deutlich besser gestellt werden, etwa Alleinerziehende oder Familien mit mehreren Kindern. Die Kinder- und Familienförderung muss daher vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Starke Schultern können mehr tragen als Schwache, daher sinkt die Kindergrundsicherung mit steigendem Einkommen langsam ab. Wichtig ist dabei: Alle Familien profitieren, allerdings steigt der Förderbetrag für Kinder am unteren Einkommensrand deutlich an.

  • Unbürokratisch und direkt auszahlen – die Kindergrundsicherung muss einfach, unbürokratisch und automatisch ausgezahlt werden, damit sie auch tatsächlich ankommt. Schnittstellen zwischen Leistungen müssen gut aufeinander abgestimmt sein. Nicht-Inanspruchnahmen wie aktuell beim Kinderzuschlag von ca. 60-70 Prozent sind nicht hinnehmbar. Damit verbaut man Kindern die Chance auf einen guten Start ins Leben. Das Existenzminimum muss für jedes Kind gesichert sein.

Weitere Informationen: www.kinderarmut-hat-folge.de

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 26.11.2020

Zum Beschluss der Arbeits- und Sozialministerkonferenz zur Einführung einer Kindergrundsicherung erklären Sven Lehmann, Sprecher für Sozialpolitik, und Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Seit Jahren wächst der Rückhalt für eine echte Kindergrundsicherung. Nun geben auch die Länder grünes Licht. Dies ist ein wichtiges Zeichen an die Bundesregierung und hat große Signalwirkung für die anstehende Bundestagswahl 2021. Die Länder bestätigen, dass eine Kindergrundsicherung machbar ist und legen den Grundstein, diese endlich auf den Weg zu bringen. Wir Grüne stehen an der Seite der Länder und haben bereits ein Konzept für eine Kindergrundsicherung in die Debatte eingebracht.

Anstatt die Kinderarmut weiterhin bloß zu verwalten, ist eine Gesamtstrategie dringend notwendig, die allen Kindern ein Aufwachsen ohne Armut ermöglicht und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt. Wir fordern die Einführung einer Kindergrundsicherung, die sich an den realen Bedarfen von Kindern orientiert und automatisch ohne kompliziertes Antragsverfahren ausgezahlt wird. Dazu gehört zwingend die Bemessung der Bedarfe von Kindern und Jugendlichen anhand einer normalen Lebensweise statt an den untersten Einkommen. Die Kindergrundsicherung ist eine Investition in die Zukunft der Kinder und kann Kinderarmut gezielt bekämpfen. Als Sofortmaßnahme ist ein monatlicher Aufschlag von 60 Euro auf den Regelbedarf für Kinder dring end geboten, um zusätzliche Kosten in der Krise aufzufangen.

Die Zeit ist reif für einen Systemwechsel in der Familienförderung hin zu einer Kindergrundsicherung. Die Weichen müssen jetzt gestellt werden. Der Bundesregierung sollte der Realität ins Auge zu blicken und den gesellschaftlichen Rückhalt für eine Kindergrundsicherung erkennen. Sie kann es sich nicht länger leisten, mit Profilaxe-Maßnahmen wie dem Starke-Familien-Gesetz dem gesellschaftlichen Fortschritt hinterherzuhinken.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 26.11.2020

Die Arbeits- und Sozialminister*innen der Bundesländer senden heute ein deutliches Signal an die Bundesregierung: zur Bekämpfung von Kinderarmut brauche es die Einführung einer Kindergrundsicherung. Das Ausmaß der Kinderarmut sei weiterhin zu groß, daher müssten umfassende Maßnahmen folgen. Mit ihrem Beschluss fordert die Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) die Bundesregierung auf, eine Kindergrundsicherung auf Bundesebene einzuführen. Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG begrüßt den Beschluss, mahnt jedoch an, dass jetzt Taten folgen müssen. Die Bekämpfung von Kinderarmut braucht Priorität.

„Der Beschluss der ASMK ist ein wichtiges und deutliches Signal an die Bundesregierung, endlich wirksame Maßnahmen gegen Kinderarmut umzusetzen. Aktuelle Zahlen belegen, dass die Kinderarmut nach wie vor ein riesengroßes Problem ist. Die Corona-Krise hat dieses Problem vielerorts noch verschärft. Wer jetzt nicht schnell und konsequent handelt, nimmt in Kauf, dass die Kinderarmut weiter steigen wird“, mahnt Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes und Sprecher des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG, und fordert die Einführung einer Kindergrundsicherung, die ihren Namen auch verdient.

„Es mangelt uns seit Jahren nicht an Erkenntnissen zur Kinderarmut, aber es mangelt an politischem Willen wirklich etwas zu tun. Mit reinen Lippenbekenntnissen muss jetzt Schluss sein. Priorität muss die Bekämpfung der Kinderarmut haben und zwar auf allen politischen Ebenen“, fordert auch Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes und Koordinator des Bündnisses. Der Bund müsse hier seiner Verantwortung endlich gerecht werden und die ökonomische Situation von Kindern und Jugendlichen mit einer sozial gerechten Kinder- und Familienförderung verbessern. Auf Länder- und kommunaler Ebene brauche es neben der Kindergrundsicherung Investitionen in Bildung und soziale Teilhabe für Kinder und Jugendliche und ihre Familien.

Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG will mit seiner Kindergrundsicherung zwei Ziele erreichen: die Bekämpfung von Kinderarmut und die gerechte Ausgestaltung der Kinder- und Familienförderung. Die Kindergrundsicherung soll in der Höhe die tatsächlichen Bedarfe von Kindern und Jugendlichen abdecken und fasst eine Vielzahl an bisher bestehenden Leistungen zusammen, wie das Kindergeld und den Kinderfreibetrag, den Kinderzuschlag und die Hartz IV-Leistung für Kinder. So wird sie einfach und verständlich. Zudem wird sie sozial gerecht ausgestaltet, mit steigendem Einkommen sinkt die Kindergrundsicherung langsam ab und sie wird automatisch und unbürokratisch von einer einzigen Stelle ausgezahlt, damit alle Familien auch wirklich erreicht werden.

Mehr Informationen zur Kindergrundsicherung finden Sie auf www.kinderarmut-hat-folgen.de.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V. vom 26.11.2020

Anlässlich der am 26. und 27. November stattfindenden Arbeits- und Sozialministerkonferenz begrüßt die Diakonie Deutschland, dass die Bundesländer über die Einführung einer Kindergrundsicherung beraten.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Das Wirrwarr von existenzsichernden Leistungen für Kinder vom Kindergeld über den Kinderzuschlag und Kinderregelsatz bis zum Kinderfreibetrag muss beendet werden.

Viele Familien verlieren den Überblick und wissen nicht um die ihnen zustehenden Leistungen. Außerdem ist die Beantragung bürokratisch und kompliziert. Häufig werden Leistungen auch noch untereinander verrechnet. Das Ergebnis sind intransparente und ungerechte Auszahlungen. So kann es mitunter zu höheren Nettoleistungen bei höheren Familieneinkommen kommen als bei Niedrigsteinkommen. Deshalb müssen die existenzsichernden Leistungen für Kinder endlich vereinheitlicht und unkompliziert und bedarfsgerecht ausgestaltet werden.

Eine antragsfreie Kindergrundsicherung mit einem existenzsichernden Sockelbetrag gewährleistet eine einfache und unkomplizierte Förderung von Kindern und Familien. Wohnkosten werden ergänzend finanziert. Bedürftige Familien erhalten zusätzliche Unterstützung. Wer mehr braucht, soll direkt mehr bekommen.“

Hintergrund:

Bisher stehen verschiedene existenzsichernde Leistungen wie Kindergeld, Kinder- Regelsatz, Kinderzuschlag und Kinderfreibetrag nebeneinander.

Die Diakonie-Position wird im beigefügten Hintergrundpapier erläutert:

https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/2020-11-25_Hintergrundpapier_der_Diakonie_Deutschland_zur_Einfuehrung_einer_Kindergrundsicherung.pdf

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 25.11.2020

SCHWERPUNKT III: SGB VIII-Reform

Bundeskabinett beschließt mit Entwurf eines neuen Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes SGB VIII-Reform

Das Bundeskabinett hat heute den Gesetzentwurf für ein neues KINDER-UND JUGENDSTÄRKUNGSGESETZ beschlossen. Damit wird das Sozialgesetzbuch VIII, das Kinder- und Jugendhilfegesetz, reformiert. Ziel des Gesetzes ist, die Teilhabe und Chancengerechtigkeit von jungen Menschen zu stärken, die einen besonderen Unterstützungsbedarf haben. Zu diesen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland gehören:1,1 Millionen Kinder und Jugendliche, die unter schwierigen sozialen Umständen aufwachsen und darauf angewiesen sind, dass staatliche Stellen sie und ihre Familien unterstützen. Das gilt zum Beispiel für Kinder, die in Einrichtungen der Erziehungshilfe groß werden oder für Kinder, deren Eltern nicht so für sie sorgen können, wie es nötig wäre, sodass das Jugendamt bei der Erziehung Unterstützung gibt.360.000 Kinder und Jugendliche, die eine seelische, geistige oder körperliche Behinderung haben. Bisher sind nur die rund 100.000 Kinder mit einer seelischen Behinderung durch das Kinder- und Jugendhilferecht erfasst. Die circa 260.000 Kinder mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung sind bisher nicht durch das Kinder- und Jugendhilferecht erfasst, sondern in der sogenannten „Eingliederungshilfe“.31.000 junge Menschen, die vor allem im Zuge ihres 18. Geburtstags als sogenannte „Careleaver“ aus der Kinder- und Jugendhilfe entlassen werden.Diejenigen der etwa drei bis vier Millionen Kinder und Jugendlichen in einer Familie mit einem psychisch- oder suchterkrankten Elternteil, die unter den Folgen dieser Erkrankungen leiden.

Bundesjugendministerin Franziska Giffey: „Mit der Beschlussfassung heute im Kabinett bringen wir eines unserer Flaggschiff-Projekte im Kinder- und Jugendbereich auf den Weg. Eine moderne Kinder- und Jugendhilfe ist für diejenigen jungen Menschen da, die in einem schwierigen Umfeld aufwachsen, belastenden Situationen ausgesetzt sind oder drohen, von der sozialen Teilhabe abgehängt zu werden. Das sind über eine Million Kinder und Jugendliche in Deutschland. Mit dem neuen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz ermöglichen wir jetzt wichtige Verbesserungen für sie.

Wir haben fünf große Regelungsziele: Schützen, Stärken, Helfen, Unterstützen, Beteiligen. Kinder und Jugendliche werden mit ihren Eltern künftig aktiv einbezogen. Und junge Menschen sollen Kinder- und Jugendhilfen aus einer Hand bekommen, die perspektivisch auch nicht mehr zwischen Kindern mit und ohne Behinderung unterscheidet. Denn: Jedes Kind ist erst einmal ein Kind. Und die Kinder- und Jugendhilfe sollte der erste Ansprechpartner für alle sein.

Viele Fachleute, Praktikerinnen und Praktiker und Betroffene haben sich an der Entwicklung dieses zukunftsfähigen Gesetzes beteiligt und warten jetzt auf die Umsetzung. Ich bin überzeugt davon, dass das neue Gesetz das Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen spürbar erleichtern wird. Diese Reform stellt das Wohl der Kinder und deren Entwicklungsperspektiven an die allererste Stelle.“

Das Gesetz setzt dies in fünf Regelungsbereichen um:

1. Besserer Kinder- und Jugendschutz

Das Gesetz verbessert den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen und Pflegefamilien. Hierzu werden insbesondere die Kontrollmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden über Einrichtungen und die Voraussetzungen für die Betriebserlaubnis erweitert. Die Entwicklung und Anwendung von Schutzkonzepten bei Pflegeverhältnissen wird zur Pflicht. Die Anforderungen und Kontrollen bei Auslandsmaßnahmen werden verschärft.

Das Gesetz verbessert auch die Zusammenarbeit zwischen Jugendamt und weiteren wichtigen Akteurinnen und Akteuren im Kinderschutz, wie Ärztinnen und Ärzten. Ärztinnen und Ärzte, die dem Jugendamt einen Verdachtsfall gemeldet haben, erhalten künftig eine Rückmeldung, wie es mit dem Kind und der Familie weitergeht, und werden verstärkt in die Einschätzung der Gefährdungssituation einbezogen. Ärztinnen und Ärzte erhalten auch mehr Klarheit, wann sie trotz Schweigepflicht einen Verdachtsfall melden dürfen – dann, wenn sie bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung das Tätigwerden des Jugendamtes für erforderlich halten.

2. Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder in Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen Junge Menschen, die in Einrichtungen der Erziehungshilfe oder in Pflegefamilien aufwachsen, werden mehr zur Eigenverantwortung motiviert und auf dem Weg in ein selbständiges Leben besser begleitet. Hierzu wird unter anderem die Höhe der Beiträge zur Kostenheranziehung von jungen Menschen, die einen Ferienjob oder ähnliches haben, deutlich reduziert – von jetzt 75 Prozent auf maximal 25 Prozent ihres Einkommens. Junge Volljährige bzw. sogenannte „Careleaver“, das heißt junge Menschen, die vor allem nach dem 18. Geburtstag eine Einrichtung oder eine Pflegefamilie verlassen, erhalten verbindlichere Unterstützung. Sie können auch in die Einrichtung zurückkehren, sollte etwas im Leben schiefgehen.

Für das Kind und seine Entwicklung ist das Erleben emotionaler Sicherheit, fester Bindung und Zugehörigkeit von ganz entscheidender Bedeutung. Das Gesetz sieht deshalb Regelungen zum besseren Schutz der Bindungen von Pflegekindern vor. Es geht dabei um die Bindungen des Pflegekindes zu seinen Eltern und Pflegeeltern, aber auch Geschwisterbeziehungen müssen künftig stärker berücksichtigt werden. Leibliche Eltern und Pflegeeltern werden gleichermaßen gestärkt, um sicherzustellen, dass das Kind und seine Bedürfnisse immer und unter allen Umständen Vorrang haben. Eltern erhalten einen Anspruch auf Beratung, Unterstützung und Förderung ihrer Beziehung zum Kind. Pflegeeltern werden besser begleitet und auch ihre Zusammenarbeit mit den leiblichen Eltern wird verbindlicher gefördert.

3. Hilfen aus einer Hand für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen Das Gesetz stellt verbindliche Weichen für die Zusammenführung der Zuständigkeiten für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe. Für den Umsetzungsprozess ist ein Zeitraum von sieben Jahren vorgesehen, der sich in Stufen vollzieht.

Sofort mit der Verkündung des Gesetzes soll es für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und ihre Eltern leichter werden, ihre Rechte zu verwirklichen und die Leistungen zu bekommen, die ihnen zustehen. Dazu sollen sie umfassend über Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch anderer Systeme beraten werden. Kinder mit und ohne Behinderungen werden künftig grundsätzlich gemeinsam in Kindertageseinrichtungen betreut.

Ab 2024 werden Eltern zudem durch einen Verfahrenslotsen unterstützt, das heißt, sie erhalten einen verlässlichen Ansprechpartner, der sie durch das gesamte Verfahren und im Kontakt mit Behörden begleitet.

2028 soll die Kinder- und Jugendhilfe dann für alle Kinder und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen zuständig werden (sog. „Inklusive Lösung“), wenn dies zuvor (bis 2027) ein Bundesgesetz im Einzelnen regelt.

4. Mehr Prävention vor Ort

Eltern sollen sich künftig einfacher Hilfe holen können. Eltern mit einer Sucht- oder einer psychischen Erkrankung fällt es oft schwer, Hilfe für sich und ihre Kinder zu holen. Andere Eltern haben Angst vor Stigmatisierung und Diskriminierung. Das führt dazu, dass die vielen guten Angebote der Kinder- und Jugendhilfe gerade bei diesen Familien nicht oder nicht rechtzeitig ankommen. Das Gesetz sieht deshalb vor, dass Eltern in einer kurzfristigen Notsituation, zum Beispiel wenn sie so krank sind, dass sie ihr Kind nicht versorgen und betreuen können, Hilfe bei der Alltagsbewältigung erhalten können: einfach bei einer Erziehungsberatungsstelle – ohne Antrag beim Jugendamt. Von dort wird den Familien eine Fachkraft oder eine ehrenamtliche Patin bzw. ein ehrenamtlicher Pate zur Seite gestellt, um das Kind beispielsweise zur Schule zu bringen, Essen zuzubereiten und bei den Hausaufgaben zu betreuen.

5. Mehr Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien Ein zentrales Ziel des Gesetzes ist es, Kinder und Jugendliche, aber auch ihre Eltern und Familien durch mehr Beteiligung an den sie betreffenden Entscheidungen und Prozessen zu stärken. Hierzu werden unabhängige Ombudsstellen verbindlich gesetzlich verankert. Kinder und Jugendliche erhalten einen uneingeschränkten Beratungsanspruch – auch ohne ihre Eltern. Organisierte Formen der Selbstvertretung werden gestärkt. Für Kinder und Jugendliche in Einrichtungen und Pflegekinder muss es bei Beschwerden verbindlich eine externe Ansprechperson geben.

Hintergrund

Im Dialogprozess „Mitreden-Mitgestalten: Die Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe“ haben sich Bund, Länder und Kommunen mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft und Praxis der Kinder- und Jugendhilfe, der Behindertenhilfe und der Gesundheitshilfe im letzten Jahr darüber ausgetauscht, in welchen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe Handlungsbedarf besteht und wie Verbesserungen erreicht werden können. Rund 5.500 Expertinnen und Experten haben sich in die Diskussion eingebracht. Und rund 4.000 Fachkräfte und Betroffene – junge Menschen, Eltern und Pflegeeltern – wurden an wissenschaftlichen Begleitstudien beteiligt.

Auf Grundlage der Erkenntnisse des Dialogprozesses wurde der heute vom Kabinett verabschiedete Gesetzentwurf entwickelt.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 02.12.2020

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf für ein Kinder- und Jugendstärkungsgesetz beschlossen. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt vor allem die Vorschläge für besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen, mehr Beteiligung und Hilfen aus einer Hand. Damit machen wir die Kinder- und Jugendhilfe besser: inklusiv, partnerschaftlich und auf Augenhöhe mit Eltern, Kindern und Jugendlichen.

„Benachteilte Kinder und Jugendliche und ihre Familien werden in Zukunft von einer besseren Kooperation der Kinder- und Jugendhilfe mit dem Gesundheitswesen, den Familiengerichten und anderen wichtigen Akteuren profitieren. Damit Kinder und Jugendliche in Einrichtungen besser geschützt sind, werden die Anforderungen an die Erteilung einer Betriebserlaubnis erhöht.

Die Rechte von Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern sollen unter anderen durch erweiterte Beteiligungsmöglichkeiten gestärkt werden. Junge Menschen erhalten einen uneingeschränkten Anspruch auf Beratung. Es werden unabhängige Ombudsstellen eingerichtet, die bei Konflikten beraten, unterstützen und vermitteln. Selbstvertretungen von Eltern, Kindern oder Jugendlichen haben künftig einen Anspruch auf Einbeziehung und Unterstützung.

Für alle Kinder und Jugendliche, ob mit oder ohne Behinderung, und ihre Familien soll die Kinder- und Jugendhilfe künftig die zuständige Anlaufstelle sein. Dafür stellen wir bereits jetzt die Weichen.

Die SPD Fraktion im Bundestag begrüßt, dass die Höhe der Kostenbeiträge für Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien und in Einrichtungen der Erziehungshilfe deutlich reduziert wird.

In einem ausführlichen Beteiligungsprozess im Jahr 2019 haben Fachleute aus Wissenschaft und Praxis, Bund, Ländern und Kommunen die Grundlage für den jetzt vorgelegten Gesetzentwurf gelegt. Darauf können wir in den parlamentarischen Beratungen gut aufbauen: Für eine bessere Kinder- und Jugendhilfe.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 02.12.2020

Bundeskabinett beschließt Reform der Kinder- und Jugendhilfe

Am heutigen Mittwoch hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Reform des SGB VIII (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz) beschlossen. Dazu erklären die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und der kinder- und jugendpolitische Sprecher Marcus Weinberg:

Nadine Schön: „Nach einem umfassenden Dialog mit Wissenschaft und Praxis hat das Bundesfamilienministerium Vorschläge für eine Reform der Kinder- und Jugendhilfe vorgelegt. Mit der Reform wollen wir für alle Kinder und Jugendlichen gesellschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit sichern – vor allem für diejenigen, die besonderen Unterstützungsbedarf haben. Dazu gehören auch die 3 bis 4 Millionen Kinder, die in einer Familie mit einem psychisch- oder suchtkranken Elternteil leben. Wir setzen mit dem Gesetz zentrale Empfehlungen der Arbeitsgruppe `Kinder psychisch- und suchtkranker Eltern´ um, die der Deutsche Bundestag eingerichtet hatte. Kinder und Jugendliche sollen in Zukunft die Möglichkeit erhalten, sich selbst beim Jugendamt beraten zu lassen, wenn ein Problem besteht. Die betroffenen Familien sollen viel früher und unkomplizierter erzieherische Hilfen erhalten können – und zwar bevor die Situation außer Kontrolle gerät. Und künftig sollen Ärzte – die der Kinder und die der Eltern – sowie das Jugendamt enger zusammenarbeiten. So sind zum Beispiel Fallbesprechungen möglich, die nicht nur einen einzelnen, sondern die ganze Familie adressieren. Mit diesen Maßnahmen gehen wir beim Zusammenspiel von Jugendhilfe und Gesundheitssystem einen großen Schritt voran.“

Marcus Weinberg: „Mit dem heute im Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf wird nach einem jahrelangen Dialogprozess ‚Mitreden-Mitgestalten‘ für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe eines deutlich: Eine umfassende und transparente Diskussion ist für die breite Akzeptanz notwendig.

Die Kinder- und Jugendhilfe ist ein Königsthema der Familienpolitik, denn Eingriffe und Veränderungen betreffen direkt die Lebenssituationen von Kindern und Jugendlichen sowie deren Eltern. Jede Änderung am Sozialgesetzbuch VIII ist eine Stellschraube für die Änderung der Lebenssituation der betroffenen Kinder und Jugendlichen.

Wir als CDU/CSU stehen für starke und bestmöglich geschützte Kinder und starke Eltern, die wir in ihrer Erziehungskompetenz stärken wollen. Der Staat hat außerhalb seines Wächteramts die elterliche Erziehungshoheit zu respektieren und diese bei Problemen gezielt und bestmöglich zu unterstützen. Nur dann, wenn das Wohl der Kinder gefährdet ist, kann und muss der Staat eingreifen. Kinderrechte und Elternrechte dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Mit dem nunmehr vorliegenden Gesetzentwurf erhalten wir für das parlamentarische Verfahren bereits eine gute Diskussionsgrundlage. Wir als CDU/CSU sind überzeugt davon, dass mit weiteren Verbesserungen im parlamentarischen Verfahren ein Gesetz gemeinsam auch mit den Verantwortlichen in der Kinder- und Jugendhilfe auf den Weg gebracht wird, welches eine echte weitere Stärkung für Kinder und Eltern bedeutet.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 02.12.2020

Der Diskurs zur Reform des SGB VIII wird seit 2016 intensiv auf Bundes-, Landes und kommunaler Ebene geführt. Das Gesetzesvorhaben zu einem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz im Jahr 2017 wurde auch nach intensiven Diskussionen und Veränderungen im Gesetzgebungsprozess im Bundesrat nicht abgeschlossen.
Im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode wurde deshalb vereinbart, dass das Kinder- und Jugendhilferecht auf Basis des in der letzten Legislaturperiode vom Bundestag beschlossenen Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes weiterentwickelt werden soll. Wie dort vereinbart, wurde im Vorfeld des erneuten Gesetzesvorhabens ein breiter Dialog mit Akteuren aus Wissenschaft und Praxis der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Behindertenhilfe und den Ländern und Kommunen
im Dialogprozess „Mitreden – Mitgestalten: Die Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Jahr 2019 geführt.

Vollständige Empfehlung/Stellungnahme vom 24.11.2020 [PDF, 240 KB]

SCHWERPUNKT IV: Tag des Ehrenamts

„Grenzenlos engagiert – Zivilgesellschaftliches Engagement in Zeiten von Umbrüchen und Aufbrüchen“ unter diesem Motto steht der fünfte „Deutsche EngagementTag“, den das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gemeinsam mit dem Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) ausrichtet und der heute und morgen als Online-Konferenz stattfindet.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: “Große Veränderungen wie der Klimawandel, die Digitalisierung oder der demografische Wandel prägen unsere Gesellschaft. In diesem Jahr hat nun die Corona-Pandemie unser Leben komplett auf den Kopf gestellt. Und es hat sich auch in der Krise gezeigt: Menschen, die sich engagieren und sich um ihre Mitmenschen kümmern, werden immer dringend gebraucht – sei es, um Nachbarn oder älteren Menschen beim Einkaufen zu helfen, sich gegen Vorurteile und Demokratiefeinde zu stellen oder trauernde Angehörige zu begleiten. Allen Engagierten gilt mein ganz herzlicher Dank. Sie sind eine wichtige Stütze in der Gesellschaft. Ohne ihren Einsatz würden wir die Herausforderungen des Alltags sicherlich weniger gut meistern können.“

Dr. Thomas Röbke, Vorsitzender des BBE-Sprecher*innenrats betonte:

„Überall zeigt sich, wie wichtig das zivilgesellschaftliche Engagement in Zeiten von Umbrüchen und Aufbrüchen ist. Das gilt nicht nur für die großen gesellschaftlichen Themen unserer Zeit, sondern auch im Alltagsleben vor Ort. Bürgerschaftliches Engagement gestaltet, verändert, wendet zum Besseren. Und es macht unsere Demokratie stark, auch in Zeiten der Krise, wie wir sie gerade jetzt durchleben.“

Coronabedingt findet der Deutsche EngagementTag 2020 digital statt. Schwerpunktthema in diesem Jahr ist die Herausforderung für die Zivilgesellschaft im Umgang mit der Corona-Pandemie. Außerdem wird der Frage nachgegangen, wie das zivilgesellschaftliche Engagement in Zeiten von Umbrüchen und Aufbrüchen weiter gestärkt werden kann. Auch soll ein Blick darauf gerichtet werden, wie es mit der Zivilgesellschaft nach 30 Jahren Deutscher Einheit steht.

Der zum fünften Mal stattfindende Deutsche EngagementTag hat sich mittlerweile zu einer zentralen Plattform für Diskussionen, Wissenstransfer und die Vernetzung der zahlreichen Akteurinnen und Akteuren aus dem Engagementbereich etabliert. Die Ausrichter, das BBE und das Bundesfamilienministerium als federführendes Bundesressort für Engagementpolitik, wollen so den Stellenwert von bürgerschaftlichem Engagement als zentralen Faktor für eine lebendige und demokratische Gesellschaft sichtbarer machen.

Am Abend wird zudem der Deutsche Engagementpreis verliehen – die Verleihung kann ab 18.00 Uhr im Livestream verfolgt werden (www.deutscher-engagementpreis.de/preisverleihung2020/).

Der Deutsche Engagementpreis ist der Dachpreis für bürgerschaftliches Engagement in Deutschland. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey wird bei der Festveranstaltung eine Laudatio auf den Verein Wolfsträne e.V. aus Leipzig halten und ein Gespräch mit ZDF-Moderatorin Jana Pareigis führen. Weitere prominente Laudatorinnen und Laudatoren sind u.a. der ehemalige deutsche Fußballnationalspieler Gerald Asamoah und die Ehefrau des Bundespräsidenten, Elke Büdenbender.

Bundesfamilienministerin Giffey sagte anlässlich der Preisverleihung:

„Die Preisträgerinnen und Preisträger des Deutschen Engagementpreises sind wichtige Stützen unserer Gesellschaft. Sie sind leuchtende Vorbilder für ein solidarisches und menschliches Miteinander. Und sie stehen stellvertretend für die rund 30 Millionen Menschen, die unser Land durch ihr tagtägliches Engagement lebenswerter und stärker machen.“

Die Preisträger 2020 sind:Kategorie Leben bewahren: Seit März 2017 unterstützen die Trauerbegleiterinnen und -begleiter des Verein Wolfsträne e.V. aus Leipzig Kinder und Jugendliche, die ein Elternteil oder Geschwisterkind verloren haben und helfen ihnen dabei, ihren Verlust zu verarbeiten. Dabei bieten ihnen die Engagierten einen geschützten Rahmen, um ihre Trauer zulassen und bewältigen zu können. Die Nachfrage ist groß, denn Trauer und Tod werden in unserer Gesellschaft oftmals verdrängt.Kategorie Demokratie stärken: Das bundesweite Projekt „Meet a Jew“ des Zentralrats der Juden in Deutschland mit Sitz in Berlin vermittelt ehrenamtliche jüdische Jugendliche und Erwachsene an Schulen, Universitäten oder Vereine für eine persönliche Begegnung. So gelingt es, ein oft stereotypes Bild von Jüdinnen und Juden in unserer Gesellschaft aufzubrechen und individuelle Einblicke in die Vielfältigkeit des jüdischen Lebens zu bekommen.Kategorie Grenzen überwinden: Seit seiner Flucht von Syrien nach Deutschland engagiert sich Bashar Hassoun in Berlin für die gemeinnützige Organisation FREEARTUS. Ziel ist es, Menschen aus verschiedenen Kulturen mit den Mitteln der Kunst zusammenzubringen und geflüchteten Menschen Zukunftsperspektiven zu geben. 2017 wurde das LAWRENCE in Berlin eröffnet, das nicht nur ein Restaurant ist, sondern in dem auch Ausstellungen, Theater und Konzerte stattfinden.Kategorie Generationen verbinden: Der Verein Die Platte lebt e. V. aus Schwerin fördert die Stadtteilarbeit in den Schweriner Plattenbaugebieten und gibt dem sozialen und kulturellen Zusammenleben einen Ort. Der Verein macht die Platte lebens- und liebenswert, indem er Möglichkeiten zur Begegnung eröffnet, Angebote im Bereich Kultur und Bildung gestaltet und für alle da ist – für Einheimische und Migrantinnen und Migranten, für Alt und Jung.Kategorie Chancen schaffen: Die Arbeit des Vereins Gefangene helfen Jugendlichen e. V. aus Hamburg beruht auf zwei Säulen: Einerseits führt er Präventionsprojekte mit gefährdeten Jugendlichen durch, um ein Abgleiten in die Kriminalität zu verhindern, indem er sie mit dem Gefängnisalltag und den Lebensläufen von (ehemaligen) Inhaftierten konfrontiert. Andererseits unterstützen die Engagierten Gefangene bei der Resozialisierung und Wiedereingliederung in die Gesellschaft.Publikumspreis: Die Bürgerinnen und Bürger haben entschieden und mit 9.600 Stimmen das Projekt „Tommy Nicht Allein – die Kliniknannys“ der Universitätsmedizin Rostock auf den 1. Platz gewählt. Ein Krankenhausaufenthalt ist für Kinder oftmals eine schwere Belastung. Nicht immer können Eltern jederzeit ihre Kinder besuchen. Die Medizin-Studierenden der Universität Rostock haben einen 24 Stunden/365-Tage-Telefonservice aufgebaut, der per Kurznachricht eine Einsatzabfrage bei seinen über Hundert Mitgliedern auslöst. So werden kranke Kinder nicht allein gelassen und erfahren Freude und Wärme, Familien werden entlastet, und die Studierenden für die seelische und soziale Seite der Gesundheit sensibilisiert.

Insgesamt wurden im Rahmen des Deutschen Engagementpreises in diesem Jahr 383 herausragend engagierte Personen und Initiativen von 162 Preisausrichtern nominiert. Bei der Abstimmung über den Publikumspreis haben über 112.000 Menschen teilgenommen und für ihre Favoritinnen und Favoriten gestimmt.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 04.12.2020

Seit 1985 ist der 5. Dezember der Internationale Tag des Ehrenamtes. Die SPD-Bundestagsfraktion dankt den mehr als 30 Millionen ehrenamtlich engagierten Menschen in Deutschland. Gerade die aktuelle Krisensituation zeigt, wie wichtig ihre Zeit, Leidenschaft und Kreativität für unsere Gesellschaft sind.

„Die Pandemie wirkt sich auch beim Ehrenamt aus. Viele Aufgaben können nicht mehr auf normalen Weg erledigt werden. Mit Kreativität und Einfallsreichtum werden jedoch schnell neue Wege gefunden, um Engagement möglich zu machen und zu helfen. Die SPD-Bundestagsfraktion will diese Strukturen auch in Zukunft erhalten und möglichst ausbauen.

Dieses Jahr haben wir die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt mit dem Ziel gegründet, vor allem in ländlichen Regionen Engagement nachhaltig zu stärken. Zudem setzen wir mit dem Haushalt 2021 ein wichtiges Signal zur Förderung von Freiwilligenarbeit und Engagement. Viele Projekte werden auf dem Niveau vom Vorjahr finanziert und manche sogar mit mehr Geld unterstützt.

Bürgerschaftliches Engagement ist eine bedeutsame Stütze für eine solidarische und lebendige Zivilgesellschaft sowie für unsere Demokratie. Die Corona-Krise hat einmal mehr verdeutlicht, wie wichtig Solidarität und gegenseitige Unterstützung sind. Ehrenamtliches Engagement ist wertvoller als je zuvor.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 04.12.2020

#freiefahrtfuerfreiwillige – die FSJ, FÖJ und BFD Zentralstellen unterstützen die Forderung von Freiwilligen nach kostenfreien oder kostengünstigen ÖPNV-Tickets für alle Freiwilligen* in Deutschland in ihrem jeweiligen Bundesland.

Rund 100.000 Freiwillige* in ganz Deutschland engagieren sich pro Jahr in einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ), Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) oder einem Bundesfreiwilligendienst (BFD). Für die Fahrt zur Einsatzstelle nutzen die meisten Freiwilligen* die umweltfreundlichen Verkehrsmittel Bus und Bahn. Die Tickets dafür müssen sie meist selbst von ihrem Taschengeld bezahlen.

Busse und Bahnen sollten daher so günstig wie möglich für die Freiwilligen* sein. Das ist längst nicht überall der Fall. Deshalb werden die Freiwilligen* mit der Kampagne #freiefahrtfuerfreiwillige am 04.12.2020 in den Sozialen Medien auf sich und ihre Forderungen aufmerksam machen. Die Forderungen lauten wie folgt:

1.    Freiwillige* müssen ihre Dienststelle erreichen.

2.    Freiwillige* sollten möglichst umweltschonende Verkehrsmittel nutzen.

Durch kostengünstige Tickets für Bus und Bahn erhält das gesellschaftliche und ökologische Engagement der Freiwilligen Wertschätzung und Anerkennung. Zudem wird Interessierten der Zugang zum Freiwilligendienst erleichtert. Die Zentralstellen unterstützen deshalb das Anliegen der Freiwilligen* und machen ihre Positionen sichtbar.

Vivienne (19 Jahre, Freiwillige in Niedersachsen) findet es beispielsweise nicht gerecht, dass sie von ihrem monatlichen Taschengeld in Höhe von 414,00 € noch 161,10 € für ein ÖPNV-Monatsticket bezahlen muss. Die Fahrt zur Einsatzstelle müsse ihrer Meinung nach für alle Freiwilligen durch eine kostenfreie Nutzung des ÖPNVs möglich sein. Auch Gerasimos (20 Jahre, Freiwilliger in Nordrhein-Westfalen) wünscht sich und allen Freiwilligen die Anerkennung in Form von freier Fahrt für Freiwillige. Er ist fest davon überzeugt, dadurch werde mehr Interessierten ein Freiwilligendienst ermöglicht.

Im Jahr 2020 haben viele Freiwillige wichtige Beiträge für unsere Gesellschaft und zur Bewältigung der Folgen von Corona geleistet. Der Zugang zu vergünstigten oder kostenlosen Tickets ist für viele Freiwillige ein notwendiger Schritt, um dieses Engagement möglich zu machen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e. V. vom 03.12.2020

Freiwilliges Engagement ist unverzichtbar, gerade in Krisen – Engagierte brauchen Schutz vor Infektion

– Freiwilliges Engagement ist unverzichtbar und ein wichtiger Motor unserer demokratischen Gesellschaft.

– Engagierte brauchen in der Corona-Pandemie Schutz vor Infektion, besonders bei Kontakt zu Risikogruppen.

– Freiwilliges Engagement muss stärker digital ermöglicht werden – auch nach der Krise. Dazu gehören neben besserer technischer Ausstattung vor allem Fortbildungsangebote.

Freiwilliges Engagement ist ein wichtiger Motor unserer demokratischen Gesellschaft. Auch in der Corona-Krise leisten freiwillig Engagierte einen unverzichtbaren Beitrag für den Alltag vieler Menschen und für unser Miteinander. Sie engagieren sich teilweise unter erheblich erschwerten Bedingungen und mit dem Risiko einer Infektion. Zum Internationalen Tag des Ehrenamtes plädiert die Diakonie daher für ausreichend Schutzmaterial und kostenlose Testmöglichkeiten für alle freiwillig Engagierten. Zudem sollten digitale Engagementformen – die bei jungen Menschen immer beliebter werden – auch nach der Corona-Krise weiter ausgebaut werden.

„Freiwilliges Engagement ist für unser Zusammenleben unverzichtbar. Das hat die Corona-Krise noch einmal überdeutlich gezeigt. Auch die Diakonie ist ohne das vielfältige Engagement undenkbar. Gerade in den vergangenen Monaten voller Unsicherheiten waren die freiwillig Engagierten ein zuverlässiger Anker, auf den sich viele Menschen verlassen konnten. Nachbarschaftshilfe, Telefonseelsorge, Kontakte und Gespräche auf Distanz haben insbesondere Risikogruppen vor Einsamkeit geschützt und in der Krise geholfen „, sagt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

Um den Freiwilligen ihr Engagement auch bei einer hohen Infektionslage weiterhin und sicher zu ermöglichen, müssen auch sie bestmöglich vor einer Infektion geschützt werden. Dazu gehört ausreichend Schutzmaterial ebenso wie kostenlose Testmöglichkeiten. „Wir dürfen nicht riskieren, dass Einrichtungen aus Angst vor Infektionen auf den Einsatz von freiwillig Engagierten verzichten, wie es in der ersten Corona-Welle häufiger geschehen ist. Denn die Freiwilligen sind wichtig für die Menschen und für die Einrichtungen“, so Loheide.

Corona stellte auch die freiwillig Engagierten vor große Herausforderungen.

„Viele Dinge mussten anders organisiert werden als bisher. Die freiwillig Engagierten haben mit bemerkenswert großer Kreativität und Spontanität reagiert“, sagt Loheide. So konnte die Bahnhofsmission weiterhin Hilfesuchende und Wohnungslose begleiten und unterstützen, die in Krisenzeiten schnell durch alle Unterstützungsraster fallen. Wo Besuche im Pflegeheim analog nicht möglich waren, haben Freiwillige Videotelefonate eingeführt und erklärt. Patinnen und Paten verabredeten sich mit Geflüchteten digital zum Sprachkurs oder zur Vorbereitung eines Behördengangs. „Gerade die plötzlich notwendige Digitalisierung vieler Angebote hat neue Möglichkeiten erschlossen und bietet viele Chancen für neues Engagement. Digitale Engagementformen erreichen nicht nur andere Menschen, die von diesem Engagement profitieren, sondern machen freiwilliges Engagement auch für neue Personengruppen, insbesondere junge Menschen, attraktiv. An diesen Erfahrungen müssen wir anknüpfen – mit einem systematischen Digitalisierungs-Schub für die unterschiedlichen Einsatzfelder für Freiwillige. Um Engagement nach der Krise stärker digital zu entwickeln, brauchen wir ein flächendeckendes Digitalisierungsprogramm für eine bessere technische Ausstattung und notwendige Fortbildungsangebote“, sagt Loheide.

Den Menschen, die sich freiwillig zum Wohl anderer Menschen engagieren, gebührt ein großer Dank. „Ihr Einsatz ist unverzichtbar – nicht nur, aber besonders in der Krise. Sie sind es, die in unserer demokratischen Gesellschaft entscheidend zu einem friedlichen Miteinander beitragen“, so Loheide.

In den Einrichtungen und Diensten der Diakonie engagieren sich rund 700.000 Freiwillige. Ihr Engagement reicht von Nachbarschaftshilfen und Einkaufsdiensten, Besuchsdiensten in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Hospizdiensten über Angebote der Bahnhofsmissionen und die Telefonseelsorge bis hin zu den verschiedenen Tätigkeitsfeldern der Freiwilligendienstleistenden.

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 04.12.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt anlässlich des morgigen Internationalen Tages des Ehrenamtes eine bessere Absicherung des Engagements und der Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen an. Eine besondere Bedeutung kommt nach Ansicht der Kinderrechtsorganisation dabei der Kommune zu. Ein guter Ansatzpunkt, um Kinder- und Jugendbeteiligung nachhaltig in den Kommunen zu verankern, sind Kinder- und Jugendparlamente und Jugendforen. Diese sind im Idealfall in unterschiedliche Beteiligungsformen eingebettet, in Schulen und Vereine, in die Jugendverbandsarbeit oder Einzelveranstaltungen. Rund 30.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind im Rahmen von rund 800 Kinder- und Jugendparlamenten und Jugendforen ehrenamtlich aktiv. Davon mischen sich die gewählten oder nominierten Mitglieder aktiv in die Kommunalpolitik ein. Sie treten als Expertinnen und Experten in eigener Sache auf und schärfen den Blick für die Belange junger Menschen.

„Unser demokratisches System lebt auch vom ehrenamtlichen Engagement von Kindern und Jugendlichen. Und für den Fortbestand unserer Demokratie ist das ehrenamtliche Engagement schon im Kindesalter eine der wesentlichen Voraussetzungen. Kinder und Jugendliche setzen sich mit großem Engagement für ihre eigenen Interessen und die anderer Kinder und Jugendlicher ein und leisten damit einen ganz entscheidenden Beitrag, Kommunen noch lebenswerter für junge Menschen zu machen. Eine Studie des Deutschen Kinderhilfswerkes hat gezeigt, dass Kinder und Jugendliche, die selbst aktiv gestalten, sich auch als Erwachsene eher an der Gestaltung des Gemeinwesens beteiligen. Bisher ist der öffentliche Fokus aber zu stark auf das ehrenamtliche Engagement von Erwachsenen gerichtet. Hier gilt es, das kulturelle, soziale und politische Engagement von Kindern und Jugendlichen stärker anzuregen und auszuzeichnen. Wir brauchen aber auch ein generelles Umdenken hin zu mehr Akzeptanz von Kinderinteressen und letztlich auch zur Bereitschaft der Erwachsenen, ihre Entscheidungsmacht mit den Kindern und Jugendlichen zu teilen“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Das Handeln von Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung wird passgenauer, wenn bei Angelegenheiten, die Kinder und Jugendliche betreffen, ihre Meinung berücksichtigt wird. Sei es die Frage der Sicherheit der Schulwege, die kommunalen Angebote der Kinder- und Jugendarbeit, die Sanierung von Spielplätzen, die Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs: Die Einbeziehung junger Menschen in die kommunale Entwicklung ist der Schlüsselfaktor für eine kinderfreundliche Kommune und damit ein attraktiver Standortfaktor. Die Kommunalpolitik sollte sich noch stärker für das Engagement junger Menschen, beispielsweise in Kinder- und Jugendparlamenten öffnen, diese durch eine partizipative Haltung unterstützen und mit Beschlüssen der Gemeindevertretungen sowie festen Budgets strukturell verankern. Dies würde sich positiv auf die gesamte Beteiligungslandschaft in der Kommune auswirken und das vielfältige Engagement von Kindern und Jugendlichen fördern“, so Hofmann weiter.

Um das ehrenamtliche Engagement von Kindern und Jugendlichen zu würdigen, verleiht das Deutsche Kinderhilfswerk auch im nächsten Jahr wieder den Deutschen Kinder- und Jugendpreis. Mit dieser Auszeichnung werden Projekte gewürdigt, bei denen Kinder und Jugendliche beispielhaft an der Gestaltung ihrer Lebenswelt mitwirken. Der Deutsche Kinder- und Jugendpreis ist mit insgesamt 30.000 Euro dotiert und damit der höchstdotierte bundesweite Preis für Kinder- und Jugendbeteiligung in Deutschland. Partner sind die Deutsche Fernsehlotterie und der Europa-Park in Rust.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 04.12.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Die EU-Ministerinnen und Minister für Arbeit, Soziales und Gleichstellung haben heute die Ratsschlussfolgerungen zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt einstimmig beschlossen. Konsequent wird so die EU-Gleichstellungsstrategie 2020–2025 weiterverfolgt, die die Kommission mit dem Titel „Union der Geschlechtergleichstellung“ vergangenen März vorgelegt hat.

„Weltweit verdienen Frauen im Durchschnitt deutlich weniger als Männer. In Deutschland liegt die geschlechtsspezifische Entgeltlücke bei 20 Prozent, EU-weit bei 15 Prozent. Da Frauen deutlich seltener ein existenzsicherndes Einkommen erzielen, liegt die Rentenlücke in Deutschland sogar bei 50 Prozent. Das muss sich ändern.

Bundesgleichstellungsministerin Giffey setzt zum Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ein deutliches Zeichen für mehr Geschlechtergerechtigkeit. Im Rat wurden die Schlussfolgerungen zur Schließung des Gender Pay Gaps einstimmig beschlossen. Hierzu gehören Maßnahmen, die zu einer gerechten Verteilung unbezahlter Sorgearbeit und bezahlter Erwerbsarbeit und zu einer verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf führen sollen.

Die Corona-Krise macht die ungleiche Verteilung und den Rückstand von Frauen bei Arbeitszeiten, Entgelt und der Verteilung unbezahlter Arbeit besonders deutlich. Klar ist, dass der Kampf um gleiche und gleichwertige Bezahlung weitergehen muss. Die SPD-Fraktion im Bundestag begrüßt sehr, dass sich die EU heute entschieden gegen ein internationales Rollback in der Gleichstellung positioniert hat. Mit den Ratsschlussfolgerungen kann der EU-Ministerrat seinen Beitrag zur Überprüfung der Fortschritte der Pekinger Aktionsplattform der Vereinten Nationen leisten. Das ist ein großer Erfolg der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, in der das Thema Gleichstellung der Geschlechter ein Schwerpunkt ist.

Auch auf Bundesebene setzt sich die SPD-Fraktion im Bundestag entschieden für die Schließung der Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern ein: So fordern wir unter anderem ein Verbandsklagerecht im Rahmen des Entgelttransparenzgesetzes. Im Zuge einer Aufwertung sozialer Berufe fordern wir vor allem in der Altenpflege eine verbindliche Tarifbindung. Mit der Einführung einer Vorstandsquote bei börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen tragen wir ebenfalls zur Schließung des Gender Pay Gaps bei.

Wir fordern: Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit muss selbstverständlich sein.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 03.12.2020

Zum bundesweit ersten Monitoring-Bericht zu homo- und transfeindlicher Gewalt in Berlin erklären Ulle Schauws und Sven Lehmann, Sprecher*innen für Queerpolitik:

Dass Berlin den bundesweit ersten Monitoring-Bericht zu homo- und transfeindlicher Gewalt vorgelegt hat, ist außerordentlich gut und wichtig. Gewalttaten müssen konkret benannt, erkannt und transparent gemacht werden, damit sie gezielt bekämpft werden können. In dem Bericht liegt der Schwerpunkt auf anti-lesbischer Gewalt. Mit belastbaren Zahlen kann die Stadt auf Gewalttaten gegen queere Menschen viel entschlossener reagieren. So ist es auch möglich, Präventions- und Aufklärungsarbeit zielführend zu gestalten.

Wir fordern schon lange auf Bundesebene eine bessere Erhebung von LSBTIQ-feindlichen Straftaten. Dazu haben wir in dieser Woche einen schriftlichen Bericht von der Bundesregierung im Innenausschuss des Bundestages angefordert. Wir brauchen eine Auseinandersetzung mit Gewalt gegen queere Menschen. Der Berliner Bericht ist ein erstes, wirkungsvolles Signal an lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen, dass sie nicht allein gelassen werden. Dieses Signal macht deutlich, dass wir dringend einen bundesweiten Aktionsplan gegen Homo- und Transfeindlichkeit brauchen und ein Ausbau der Gewaltschutz-Infrastruktur bundesweit erforderlich ist.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 08.12.2020

Zur aktuellen Berichterstattung über eine Verlängerung der Finanzierung des Gute-Kita-Gesetzes erklärt Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:

Bundesfamilienministerin Giffey hat beim Gute-Kita-Gesetz Wortbruch begangen. Entgegen ihrer Ankündigungen hat die Regierung keine finanzielle Vorsorge für eine Verlängerung des Gute-Kita-Gesetzes über 2022 hinaus getroffen. Im Finanzplan des Bundes findet sich nichts dergleichen. Darüber versucht sie hinwegzutäuschen. Besonders kritikwürdig daran ist die Tatsache, dass das Bundesfamilienministerium weiter den Eindruck erwecken soll, die Verlängerung sei von Seiten des Bundes eingepreist. Solch unseriöses Vorgehen schwächt die Glaubwürdigkeit einer Ministerin. Das kann auch die ohnehin schon schwierigen Bund-Länder-Verhandlungen für den Ausbau der Schulkindbetreuung belasten. Es wäre ein herber Rückschlag, sollte der im Koalitionsvertrag verankerte Rechtsanspruch auf Betreuung für Kinder im Grundschulalter scheitern.

Es ist nicht das erste Mal bei Franziska Giffey, dass schlagzeilenträchtige Ankündigungen später keinen Bestand haben. So war es beim Bundesprogramm Fachkräfteoffensive oder bei den Freiwilligendiensten. Zum Gute-Kita-Gesetz hatte sie mehrfach öffentlich erklärt, gemeinsam mit dem Bundesfinanzminister für eine Verlängerung der Gute-Kita-Gelder im Rahmen der Finanzplanung des Bundes zu sorgen. Noch in diesem September erweckte ihr Ministerium in einer Pressemitteilung den Eindruck, auch in der Finanzplanung bis 2024 seien Gelder vorgesehen: „Mit dem Bundeshaushalt 2021 und dem Finanzplan bis 2024 steht der Bund den Ländern gegenüber zu seiner Zusage, das Gute-KiTa-Gesetz finanziell zu unterstützen, die Qualität weiterzuentwickeln und die Teilhabe zu verbessern“, heißt es darin. Tatsächlich existieren nur allgemeine Absichtserklärungen der Regierung, die keinerlei Verbindlichkeit besitzen. Wir fordern, die Gute-Kita-Gelder über 2022 hinaus sicherzustellen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 08.12.2020

„Wenn der Bund sich nicht zu seiner Verantwortung bekennt, ist das Gute-Kita-Gesetz tot, und der Rechtsanspruch auf frühkindliche Bildung, Betreuung und Förderung wackelt“, kommentiert Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, die Forderungen der Länderfamilienminister zum absehbaren Auslaufen des Gute-Kita-Gesetzes. Müller weiter:

„Von Anfang an hat der Bund die Mittel im Gute-Kita-Gesetz auf vier Jahre befristet. Von Anfang an haben wir die strenge Befristung der Mittel kritisiert. Die Länder haben diese Kröte jedoch geschluckt, weil sie im Gegenzug mit dem Geld nahezu machen konnten, was sie wollten. Dieser Umgang mit den Rechten von Kindern, den Bedürfnissen von Familien und den Fachkräften ist unverantwortlich. Das Kita-System ist seit Jahren unterfinanziert, es gibt keine Konzepte, den Fachkräftemangel langfristig zu beheben, und keinen Plan, die Qualität bundesweit auf ein vergleichbares Niveau zu heben. In der Corona-Krise werden darüber hinaus Eltern, Erzieherinnen und Kinder mit dieser Situation alleine gelassen. Die Qualität sinkt, der Fachkräftemangel nimmt zu, und die Belastung für die Beschäftigten steigt. So darf es nicht weitergehen. Gut, dass die Länder das nun erkannt haben.

Wir fordern umgehend ein Bundeskitaqualitätsgesetz mit klar umrissenen Mindestqualitätsstandards und einem dauerhaften Einstieg des Bundes in die Finanzierung des laufenden Kitabetriebes.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 08.12.2020

„Das Einkommensgefälle zwischen Männern und Frauen bleibt in Deutschland mit 19 Prozent beträchtlich, ein Sprung nach vorne ist das knappe Unterschreiten der 20-Prozent-Marke nicht: Eine Trendwende sieht anders aus. Vielmehr ist zu erwarten, dass dieses minimale Vorankommen im Jahr 2020 wieder aufgezehrt wird, weil Frauen im Zuge der pandemiebedingten Einschränkungen nachweislich stärker als Männer bei der Erwerbsarbeit zurückstecken“, sagt Doris Achelwilm, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts zum Einkommensgefälle zwischen Männern und Frauen im Jahr 2019, das durchschnittlich 19 Prozent betrug. Der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen ist damit um 1 Prozent gegenüber 2018 gesunken und fällt im Bundesschnitt erstmals unter 20 Prozent. Achelwilm weiter:

„In dieser Legislaturperiode hat die GroKo mit der Gleichstellungsstrategie oder dem Führungspositionengesetz II zwar einige Überschriften für mehr Geschlechtergerechtigkeit produziert, aber die Wirkung ist bescheiden – insgesamt haben die Akzente der Bundesregierung nicht die erforderliche Durchschlagskraft. Das Entgelttransparenzgesetz gewährt unter hohen Voraussetzungen leicht verbesserte Auskunftsrechte, aber keine Sanktionen oder Verbandsklagerechte und zeitigt damit eher theoretische statt praktische Effekte. Die erneuerte Frauenquote für Unternehmensvorstände wird nur sehr wenige Frauen erreichen. Eine echte Aufwertung von Fachberufen, die weitgehend Frauen ausüben, wie z.B. im Einzelhandel oder in der Pflege, steht weiter aus. Und selbst in diesen ‚frauendominierten‘ Branchen zieht sich das Bild durch, dass höhere Positionen eher männlich besetzt werden, während Teilzeitstellen oder niedriger entlohnte Jobs – oft familienbedingt – überwiegend Frauen bekleiden.

Vor diesem Hintergrund fordert DIE LINKE, dass bei Planung und Vollzug des Bundeshaushalts systematisch auf geschlechtergerechte Analysen, Ziele, Strategien und Ausgaben gesetzt wird. Wenn kein grundlegender und ressortübergreifender Paradigmenwechsel zur Behebung struktureller Nachteile aufgrund des Geschlechts und damit einhergehender Rollenerwartungen und Arbeitsteilungen passiert, wird jede Krise auf dem Rücken von Frauen verlaufen.

Gleichstellungspolitik spielt in der Politik der Bundesregierung eine viel zu defensive, nebensächliche und symbolische Rolle. Es reicht nicht, im Schneckentempo voranzukommen oder auf ungerechtem Niveau zu stagnieren. Auch angesichts eines arbeitsmarktpolitischen Wandels durch die Digitalisierung müssen neue Prioritäten für die gerechte Verteilung bezahlter Arbeitszeit und unbezahlter Tätigkeiten in der Familie auf die Tagesordnung, für paritätisch geförderte Elternzeiten und die grundlegende Aufwertung sozialer, sorgender Aufgaben. Das Ehegattensplitting als falscher Anreiz für traditionelle Einkommens- und Arbeitsverteilungen, der vor allem in den westdeutschen Bundesländern ‚zieht‘, muss gerechten und zeitgemäßen Modellen sozial ausgleichender Familien- und Kinderförderung weichen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 08.12.2020

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat wird sich am 10. Dezember 2020 ab 18 Uhr mit Änderungen im Adoptionsrecht befassen: Am 2. Dezember 2020 hat die Bundesregierung beschlossen, ein Vermittlungsverfahren zum Adoptionshilfegesetz zu verlangen.

Dieses war vom Bundestag am 28. Mai 2020 verabschiedet worden, hatte im Bundesrat am 3. Juli 2020 jedoch nicht die erforderliche absolute Mehrheit von 35 Stimmen erhalten (BundesratKOMPAKT vom 3. Juli 2020).

Da das Gesetz der Zustimmung der Länderkammer bedarf, konnte es bisher nicht in Kraft treten.

Weitere Informationen unter www.vermittlungsausschuss.de.

Quelle: Pressemitteilung Bundesrat vom 03.12.2020

Rund 66 Prozent der Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf eine Zusatzrente aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus einer Riester-Rente. Dies geht aus dem Alterssicherungsbericht 2020 hervor, den die Bundesregierung nun als Unterrichtung (19/24926) vorgelegt hat.

Darin heißt es weiter, dass insbesondere Bezieher geringer Einkommen nach wie vor zu wenig zusätzlich für das Alter vorsorgten. „Während über alle Einkommensklassen hinweg rund 35 Prozent der Befragten angaben, über keine zusätzliche Altersvorsorge zu verfügen, sind es bei den Geringverdienern mit einem Bruttolohn von weniger als 1.500 Euro pro Monat knapp 54 Prozent, beziehungsweise etwa 2,2 Millionen der knapp 4,2 Millionen erfassten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten dieser Gruppe“, schreibt die Regierung. Rund 71 Prozent davon sind demnach Frauen (rund 1,6 Millionen). Insgesamt steige die Verbreitung der zusätzlichen Altersvorsorge mit dem Einkommen an. Dies könne auf die betriebliche Altersversorgung zurückgeführt werden. Betrachte man nur die private staatlich geförderte Altersvorsorge, zeige sich, dass sich der Anteil der Beschäftigten mit einem Riester-Vertrag über die Einkommensgruppen hinweg kaum verändere, betont die Bundesregierung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1365 vom 09.12.2020

Zwei gleichlautende Gesetzentwürfe der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD und der Bundesregierung zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder sowie zwei Gesetzentwürfe und einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen waren Gegenstand einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Montag. In der von Mechthild Heil (CDU) geleiteten Sitzung nahmen die acht Sachverständigen Stellung zu Vorlagen der Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung (19/2370719/24901), Entwürfen der Grünen für Gesetze zur Fortbildung der Richterinnen und Richter (19/20541) und zur Stärkung des Kinderschutzes im familiengerichtlichen Verfahren (19/20540) sowie einem Antrag der Grünen zur Präventionsstärkung (19/23676). Über den Gesetzentwurf der Koalition und den Grünen-Antrag hatte der Bundestag in erster Lesung Ende Oktober beraten.

Die Sachverständigen unterstützten das Anliegen, Kinder besser zu schützen. Die geplanten begrifflichen und strafrechtlichen Änderungen trafen jedoch auf deutliche Kritik. Jörg Kinzig, Direktor des Instituts für Kriminologie der Eberhard Karls Universität Tübingen, war nicht der einzige Experte, der den Regierungsentwurf da ablehnte, wo er einseitig auf Strafrechtsverschärfungen setzt. Die Vorlage entspreche in weiten Bereichen nicht den Anforderungen an eine „evidenzbasierte Kriminalpolitik“, zu der sich die Regierungsfraktionen von CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode bekannt haben, erklärte Kinzig. Bei einer Kriminalpolitik nach den Vorgaben der Boulevardpresse drohe der Verlust des rechtsstaatlichen Kompasses. Stattdessen sollten die Anstrengungen zum Schutz der Kinder auf dem Gebiet der Prävention verstärkt werden.

Kinzig stieß sich wie auch die meisten anderen Sachverständigen an der Einführung des Begriffes der „sexualisierten Gewalt“. Dieser könne eine rationale Auslegung des Strafgesetzbuches gefährden und vernebele den eklatanten Unterschied zwischen der Vornahme sexueller Handlungen mit und ohne Anwendung von Gewalt. Julia Bussweiler von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main erklärte, bewährte Prinzipien sollten nicht unnötig einer gesetzgeberischen Umgestaltung unterworfen werden, die zu neuen Auslegungsschwierigkeiten führen könnten. Während der Begriff des sexuellen Missbrauchs mittlerweile etabliert und gesellschaftlich durchgängig negativ besetzt ist, bestehe bei einer Umbenennung des Terminus die nicht zu unterschätzende Gefahr einer irreführenden gesellschaftlichen Bewertung. Die Strafrahmenverschärfung gehe weit über das Ziel hinaus.

Jörg Eisele, Lehrstuhlinhaber an der Universität Tübingen, erklärte, mit dem Titel des Gesetzentwurfs meine der Gesetzgeber, das Unrecht der Taten klarer beschreiben zu können. Damit würden auch solche Delikte, die nicht mit Körperkontakt einhergehen, als sexualisierte Gewalt angesehen. Es handele sich um reine Symbolik, die die tatbestandliche Beschreibung verfehle. Zudem entspreche der Begriff „sexueller Missbrauch“ der einschlägigen EU-Richtlinie.

Darauf verwies auch Tatjana Hörnle, Geschäftsführende Direktorin, Abteilung Strafrecht, des Max-Planck-Instituts in Freiburg. Der Gesetzentwurf blende die internationale Diskussion zur angemessenen Terminologie aus. Sie gab zu bedenken, dass durch die Kategorisierung aller Formen der sexuellen Gewalt an Kindern als „sexualisierte Gewalt“ die Begriffe verloren gingen, die zur Charakterisierung brutaler körperlicher Attacken erforderlich seien. Besonders verwunderlich sei es, auch Fälle ohne jeden körperlichen Kontakt „Gewalt“ zu nennen. Auch das Argument, der Begriff „Missbrauch“ sei problematisch, weil er als Gegenbegriff einen straflosen „Gebrauch“ von Kindern voraussetze, sei ein Fehlschluss. Tatsächlich sei „sexueller Missbrauch“ eine Kurzformel von „Missbrauch von Abhängigkeit und Unterlegenheit für sexuelle Zwecke“.

Leonie Steinl vom Deutschen Juristinnenbund (djb) erklärte, die Bezeichnung „sexualisierte Gewalt gegen Kinder“ sei in der Sache treffend und spiegele das menschenrechtliche Verständnis von Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung wider. Allerdings sei mit dieser Begriffsänderung auch die Gefahr von Missverständnissen und Unklarheit verbunden, da der Gewaltbegriff im deutschen Strafrecht wesentlich enger verstanden werde als im Völkerrecht und insbesondere im Kontext der Sexualstraftatbestände lediglich körperliche Gewalt impliziere. Sie schlug den Begriff „sexualisierte Übergriffe“ vor.

Die Essener Rechtsanwältin Jenny Lederer warnte davor, das Thema zu instrumentalisieren. Zudem eigne sich der Entwurf nicht zur Prävention. Mit dem Begriff „sexualisierte Gewalt“ werde Unklarheit geschaffen. Die Heraufstufung des Grundtatbestands des sexuellen Missbrauchs zum Verbrechen lehnte Lederer ab. Dafür fehle eine rationale Begründung, und es gebe auch keine empirische Belege für die Wirksamkeit. Mit Bezug auf die beabsichtigte Pönalisierung des Inverkehrbringens, Erwerbs und vor allem des Besitzens von kindlichen „Sexpuppen“ sprach Lederer von einer weiteren Kriminalisierung von Verhaltensweisen, bei denen wissenschaftlich nicht belegt sei, ob und dass es zu hands-on-Delikten kommen wird und die den Anforderungen an den Ultima-Ratio-Grundsatz nicht entspreche. Ähnlich äußerten sich auch Kinzig und Hörnle.

Barbara Stockinger, Co-Vorsitzende des Deutscher Richterbunds (DRB), erklärte, Strafandrohungen allein entfalteten erfahrungsgemäß wenig Abschreckungswirkung. Hinzu komme, dass die Anhebung des Strafrahmens eine massive Mehrbelastung der ohnehin überlasteten Staatsanwaltschaften und Gerichte zur Folge haben werde. Zu begrüßen sei, dass der Entwurf den Ermittlungsbehörden weitergehende Ermittlungsbefugnisse an die Hand gibt. Der DRB bedauere jedoch, dass eine rechtssichere Umsetzung von Mindestspeicherfristen für Verkehrsdaten noch immer nicht erfolgt sei. Damit fehle in der Praxis ein ganz entscheidendes Ermittlungsinstrument, um Fälle von Kinderpornographie und sexualisierter Gewalt gegen Kinder rasch aufzuklären. Darauf wies auch Bussweiler hin.

Franziska Drohsel von der Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend verwies auf erhebliche Hürden und Belastungen für Betroffene in Gerichtsverfahren. So sehr einzelne Regelungen begrüßt würden, so sehr sähe ihre Organisation kritisch, dass viele Bereiche, in denen dringender Handlungsbedarf bestehe, nicht neu geregelt würden. Das Gesetzespaket solle daher ergänzt werden durch mehr Opferschutz, die Abschaffung des Begriffs „Kinderpornographie“, die Vermittlung von mehr Fachwissen der Richter und Richterinnen im Umgang mit traumatisierten Kindern sowie durch eine Verfahrensverkürzung. Der Begriff „sexueller Missbrauch“ sollte nicht mehr verwendet werden, sagte Drohsel, die den Regierungsentwurf grundsätzlich begrüßte.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1356 vom 07.12.2020

Vor dem Hintergrund deutlich gestiegener Zahlen bekanntgewordener Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern und der Verbreitung, des Besitzes und der Besitzverschaffung von Kinderpornographie hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder (19/24901) vorgelegt. Darin werden, so die Vorlage, Gesetzesänderungen vorgeschlagen, die auf einem ganzheitlichen Konzept gründeten, das alle beteiligten Akteure in die Pflicht nehme.

Laut Entwurf soll mit einer begrifflichen Neufassung der bisherigen Straftatbestände des „sexuellen Missbrauchs von Kindern“ als „sexualisierte Gewalt gegen Kinder“ das Unrecht dieser Straftaten klarer umschrieben werden. Der bisherige Straftatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern soll in drei Straftatbestände aufgespalten werden, um den Deliktsbereich übersichtlicher zu gestalten und entsprechend der jeweiligen Schwere der Delikte abgestufte Strafrahmen zu ermöglichen. Sexualisierte Gewalt gegen Kinder soll künftig bereits im Grundtatbestand als Verbrechen geahndet werden.

Die Verbreitung, der Besitz und die Besitzverschaffung von Kinderpornographie sollen daher ebenfalls als Verbrechen eingestuft werden, wie es in der Vorlage heißt. Mit einer Anhebung der Strafrahmen solle darüber hinaus die Bewertung solcher Taten als schweres Unrecht deutlicher im Strafrahmengefüge herausgestellt und den Gerichten ein ausreichender Handlungsspielraum zur tatangemessenen Ahndung solcher Taten eröffnet werden. Mit der Schaffung einer neuen Strafnorm solle zudem das Inverkehrbringen und der Besitz von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild unter Strafe gestellt werden. Um die Strafverfolgung effektiver auszugestalten, sollen den Strafverfolgungsbehörden weitergehende Ermittlungsbefugnisse an die Hand gegeben werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1344 vom 03.12.2020

  • Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen in Westdeutschland fast dreimal so hoch wie in Ostdeutschland
  • Gender Pay Gap in Deutschland deutlich höher als im EU-Durchschnitt
  • Männer verdienten in Deutschland 2018 durchschnittlich 4,37 Euro brutto mehr in der Stunde als Frauen
  • 71 % des Verdienstunterschieds sind strukturbedingt, also unter anderem darauf zurückzuführen, dass Frauen in schlechter bezahlten Branchen und Berufen arbeiten und seltener Führungspositionen erreichen

Frauen haben im Jahr 2019 in Deutschland durchschnittlich 19 % weniger verdient als Männer. Der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen – der unbereinigte Gender Pay Gap – war damit um 1 Prozentpunkt geringer als 2018 und fiel nach den jetzt revidierten Ergebnissen erstmals unter 20 %. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, blieb der bereinigte Gender Pay Gap, der nur alle vier Jahre berechnet werden kann, 2018 mit 6 % im Vergleich zu 2014 unverändert. 

Der Gender Pay Gap ist die Differenz des durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes der Männer und Frauen im Verhältnis zum Bruttostundenverdienst der Männer. Der unbereinigte Gender Pay Gap vergleicht allgemein den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Mithilfe des unbereinigten Gender Pay Gap wird auch der Teil des Verdienstunterschieds erfasst, der beispielsweise durch schlechtere Zugangschancen von Frauen zu unterschiedlichen Berufen oder Karrierestufen verursacht wird. Dagegen misst der bereinigte Gender Pay Gap den Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien. Strukturbedingte Faktoren sind hier also weitgehend herausgerechnet. 

Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen im Westen fast dreimal so hoch wie im Osten

Nach wie vor fällt der unbereinigte Gender Pay Gap in Ostdeutschland deutlich geringer aus als in Westdeutschland. Im Westen ist der unbereinigte Gender Pay Gap im Jahr 2019 um einen Prozentpunkt auf 20 % gesunken, während er im Osten mit 7 % unverändert blieb – für Gesamtdeutschland ergibt sich daraus der unbereinigte Gender Pay Gap von 19 %. Über einen längeren Zeitraum betrachtet, zeigt sich für Gesamtdeutschland ein langsamer, aber stetiger Rückgang des unbereinigten Gender Pay Gap. Dieser hatte 2014 mit 22 % um 3 Prozentpunkte höher gelegen als 2019.

Gender Pay Gap in Deutschland deutlich höher als im EU-Durchschnitt

Im europäischen Vergleich liegen endgültige Ergebnisse erst für das Jahr 2018 vor. Mit 20 % lag der unbereinigte Gender Pay Gap in Deutschland für das Jahr 2018 deutlich über dem Durchschnitt der Europäischen Union (15 %). Von den 28 EU-Staaten im Jahr 2018 wies nur Estland mit 22 % einen noch höheren geschlechtsspezifischen Verdienstunterschied auf. Auf ähnlichem Niveau wie Deutschland lagen Österreich, Tschechien, das Vereinigte Königreich, die Slowakei und Lettland (20 %). Die Staaten mit den EU-weit geringsten geschlechtsspezifischen Unterschieden im Bruttostundenverdienst waren Luxemburg (1 %), Rumänien (2 %) sowie Italien (4 %). 

Bereinigter Gender Pay Gap 2018 in Deutschland unverändert bei 6 %

Während sich im Zeitverlauf beim unbereinigten Gender-Pay-Gap ein stetiger – wenn auch langsamer – Rückgang zeigt, verharrt der bereinigte Gender Pay Gap 2018 im Vergleich zu 2014 mit 6 % auf dem gleichen Niveau.

Die Werte des bereinigten Gender Pay Gap für West- und Ostdeutschland haben sich im Zeitverlauf angeglichen. Von 2006 bis 2018 sank der Verdienstunterschied im Osten von 12 % auf 7 %, während er im Westen von 8 % auf 6 % fiel. Der unbereinigte Gender Pay Gap war im Jahr 2006 im Westen vier Mal so groß wie im Osten. 2018 war er hingegen nur noch drei Mal so hoch.

Bei der Interpretation des bereinigten Gender Pay Gap ist zu beachten, dass hierbei nur in der Statistik vorliegende Informationen Berücksichtigung finden. Der Wert des bereinigten Gender Pay Gap kann somit als eine Obergrenze interpretiert werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Unterschiede geringer ausfielen, wenn weitere Informationen über lohnrelevante Einflussfaktoren für die Analysen zur Verfügung stünden, vor allem Angaben zu Erwerbsunterbrechungen. 

Männer verdienten 2018 im Durchschnitt 4,37 Euro brutto mehr in der Stunde als Frauen

Der durchschnittliche Bruttostundenverdienst der Männer lag 2018 mit 21,70 Euro um 4,37 Euro höher als der für Frauen (17,33 Euro). Die Analyse zu ursächlichen Faktoren dieses Verdienstunterschiedes zeigt, dass 71 %(beziehungsweise 3,09 Euro) strukturbedingt sind. Dies lässt sich unter anderem darauf zurückführen, dass Frauen häufiger in Branchen und Berufen arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird (durchschnittlicher Effekt: 1,34 Euro) und sie seltener Führungspositionen (durchschnittlicher Effekt: 0,92 Euro) erreichen. Auch arbeiten sie häufiger als Männer in Teilzeit und in Minijobs (durchschnittlicher Effekt: 0,43 Euro).

Die verbleibenden 29 % (beziehungsweise 1,28 Euro) des Verdienstunterschieds entsprechen dem bereinigten Gender Pay Gap. Demnach verdienten Arbeitnehmerinnen 2018 im Durchschnitt auch bei vergleichbarer Tätigkeit und äquivalenter Qualifikation pro Stunde 6 % weniger als Männer.

Methodische Hinweise:

Dem EU-Vergleich zum unbereinigten Gender Pay Gap liegen die Vorgaben des Europäischen Statistikamtes Eurostat zugrunde. Diese schließen aufgrund der EU-weit einheitlich verfügbaren Daten bestimmte Beschäftigtengruppen bei der Ermittlung des Indikators aus. Die alle vier Jahre durchgeführte Verdienststrukturerhebung in Deutschland ermöglicht hingegen, weitere Beschäftigtengruppen in die Analyse einzubeziehen und so Aussagen für die gesamte deutsche Wirtschaft zu treffen. Im Vergleich zur engeren Abgrenzung nach den Vorgaben von Eurostat ergeben sich durch die zusätzliche Berücksichtigung von Beschäftigten in den Wirtschaftsabschnitten „Land- und Forstwirtschaft, Fischerei“ und „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung“ sowie in Kleinstbetrieben sowohl in Bezug auf das Ergebnis für den unbereinigten als auch für den bereinigten Gender Pay Gap keine großen Abweichungen. Unter Einbezug der genannten Beschäftigtengruppen liegen im Jahr 2018 der unbereinigte Gender Pay Gap bei 19 % und der bereinigte bei 6 %.

Allgemeine Hinweise zur Berechnungsweise des Gender Pay Gap sind in der Rubrik „Häufig gestellte Fragen“ zu finden, sowie weiterhin in den Artikeln „Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen nach Bundesländern“ und „Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen – eine Ursachenanalyse auf Basis der Verdienststrukturerhebung 2014“ in der Zeitschrift „WISTA – Wirtschaft und Statistik“ (Ausgaben 4/2018 und 2/2017).

Revision der Ergebnisse 2015 bis 2019
Der unbereinigte Gender Pay Gap wird auf Basis der alle vier Jahre durchgeführten Verdienststrukturerhebung berechnet. Da nun die Ergebnisse der Erhebung aus dem Jahr 2018 vorliegen, wurden die auf Basis der vorherigen Erhebung aus dem Jahr 2014 fortgeschätzten Daten für die Jahre 2015 bis 2019 neu berechnet und revidiert. Allgemeine Hinweise zum Fortschreibe- und Revisionsverfahren der fortgeschriebenen Ergebnisse des Gender Pay Gap sind in der Rubrik „Methoden“ im Themenbereich „Verdienste und Verdienstunterschiede“ zu finden.

Ergebnisse zum unbereinigten Gender Pay Gap:
• Nach Bundesländern in GENESIS-Online
 Lange Reihen auf der Themenseite Verdienste und Verdienstunterschiede.
• EU-Mitgliedstaaten in der Eurostat Datenbank

Weitere Ergebnisse zum bereinigten Gender Pay Gap:
• Deutschland und nach Bundesländern 2014 und 2018 auf der Themenseite Verdienste und Verdienstunterschiede.

Der Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern ist Teil des Monitorings der Agenda 2030 der Vereinten Nationen

Quelle: Pressemitteilung DESTATIS Statistisches Bundesamt vom 08.12.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Am vergangenen Samstag sind die Delegierten der 30 Landes- und Bezirksverbände der AWO zu einem digitalen Bundesausschuss zusammengekommen. Der bedeutendste Tagesordnungspunkt an diesem Tag war die Weiterentwicklung des AWO-Governance-Kodex mitsamt den Regelungen zur Vergütung der Geschäftsführung – hierzu haben die Delegierten beraten und Beschlüsse gefasst.

Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Ich freue mich und bedanke mich bei den Delegierten, dass sie die wichtigen Änderungen des AWO-Governance-Kodex einstimmig beschlossen haben. Dies verdeutlicht erneut das klare Verständnis für Compliance im Verband und dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen.

Seit der Verabschiedung des AWO-Governance-Kodex im November 2017 haben wir hilfreiche Hinweise zu den Regelungen aus dem Verband erhalten. Natürlich haben wir unser Regelwerk auch in Anbetracht der Vorkommnisse in Hessen und Thüringen evaluiert. Nach vielen und intensiven Beratungen mit Fachexpert*innen bin ich mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. Es unterstützt die AWO, unsere Werte nachhaltig zu bewahren.“

Im Mittelpunkt der Weiterentwicklung stehen Interessenkonflikte im Zusammenhang mit geschäftlichen Beziehungen, die Stärkung der Aufsichtsgremien durch mehr Rechte und die Vergütung der Geschäftsführung. Neben der überarbeiteten Fassung des AWO-Governance-Kodex wird eine neue Arbeitshilfe zur Vergütung der Geschäftsführung veröffentlicht. Wolfgang Stadler weiter:

„Insbesondere die Vergütung der Geschäftsführung hat viele Berichterstattungen und Debatten in der Öffentlichkeit geprägt. Dies ist nachvollziehbar, da wir unsere wichtigen gesellschaftlichen Leistungen zum Teil mit öffentlichen Mitteln erbringen, Spenden erhalten und eine gemeinnützige, selbstlos tätige Organisation sind. Gleichzeitig – und das möchte ich deutlich sagen – leisten die Geschäftsführungen in der AWO, auch in herausfordernden Situationen, eine großartige Arbeit. Daher sollten sie stets angemessen und leistungsgerecht vergütet werden. Wir orientieren uns weiterhin an den Größenordnungen des Öffentlichen Diensts. Damit wird ebenso gewährleistet, dass sich die Spreizung der Vergütung der Geschäftsführungen und der Vergütung der Mitarbeitenden in einem angemessenen Verhältnis bewegt.

Zur Verbesserung der Transparenz müssen nun außerdem alle Gliederungen – unabhängig davon, ob ein Kreisverband oder eine ausgegliederte gGmbH – die Vergütung der Geschäftsführung gegenüber dem Bundesverband offenlegen und den Ausnahmefall gemessen am verbandlichen Vergleich schriftlich darlegen, sobald ein Schwellenwert, der sich aus dem Öffentlichen Dienst ableiten lässt, überschritten wird. Die Verträge der Geschäftsführungen der Landes- und Bezirksverbände erhalten wir unabhängig von den neuen Regelungen seit jeher, da dies im Verbandsstatut niedergeschrieben ist. Wir haben somit ein Regelwerk, welches auf der einen Seite klare Grenzen definiert, aber den Gliederungen unter Berücksichtigung des verbandlichen Maßstabs auch eigene Entscheidungen ermöglicht, die jeweils vom vollständigen Aufsichtsgremium zu beschließen sind.“

Anlagen

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 09.12.2020

Bei der Innenministerkonferenz in dieser Woche wird unter anderem über die Wiederaufnahme von Abschiebungen entschieden. Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt kritisiert diesen Vorstoß trotz hoher, schwer einzudämmender Infektionszahlen, und fordert weiteren Schutz für Geflüchtete. Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des Bundesvorstandes der Arbeiterwohlfahrt:

„Abschiebungen sind während der COVID‐19‐Pandemie nicht zu verantworten. Sie gefährden die Eindämmung der globalen Pandemie und setzen das Leben der Abgeschobenen unnötig aufs Spiel. Zudem haben zahlreiche Herkunftsländer von Asylsuchenden marode Gesundheitssysteme und sind nicht in der Lage, am Virus Erkrankte zu versorgen. Auch Staaten mit einem relativ gut aufgestellten Gesundheitssystem kommen an ihre Kapazitätsgrenze.

Der AWO Bundesverband spricht sich gemeinsam mit dem Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Pro Asyl und einer Vielzahl von zivilgesellschaftlichen Organisationen für einen Corona-bedingten Abschiebestopp aus.

Zudem fordert der Verband, das Verbot von Abschiebungen nach Syrien zu verlängern. „Unabhängig vom Pandemiegeschehen muss sich die Innenministerkonferenz klar zur Verlängerung eines umfassenden Abschiebeverbotes nach Syrien bekennen, da in Syrien weiterhin systematisch und flächendeckend gefoltert wird“, so Döcker, „Solange willkürliche Verhaftungen, Folter und Entführungen den Alltag in Syrien bestimmen, sind Abschiebungen nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Flüchtlingsrecht vereinbar. Das aus dem Folterverbot abgeleitete Abschiebungsverbot gilt absolut und unabhängig.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 08.12.2020

Der AWO Bundesverband e.V. hat die Deklaration #positivarbeiten von der Deutschen AIDS-Hilfe unterzeichnet, um ein öffentliches Zeichen für gesundheitliche Chancengleichheit auch im Arbeitsleben zu setzen. Die Deklaration orientiert sich am Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und entspricht den Werten und Überzeugungen der AWO.

Dazu erklärt Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes: „Der AWO Bundesverband wendet sich auch als Arbeitgeber gegen jegliche Benachteiligung von Mitarbeitenden aufgrund von Erkrankungen oder gesundheitlichen Einschränkungen. HIV ist im Arbeitsalltag absolut kein Risiko, aber Menschen mit HIV droht bei Bekanntwerden ihrer Erkrankung Ablehnung, Ausgrenzung und Diskriminierung“.

Mit Hilfe von Aufklärung und Information tritt der AWO Bundesverband in Kooperation mit der Deutschen AIDS-Hilfe unbegründeten Ängsten und Vorurteile entgegen. Darüber hinaus setzt sich die die Arbeiterwohlfahrt weiterhin auch gesellschaftspolitisch gegen die Diskriminierung von Menschen mit HIV oder Aids ein.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 30.11.2020

Engagement und Partizipation älterer Menschen sind für die Gesellschaft unverzichtbar und müssen umfassend gestärkt und gezielt gefördert werden. Das fordert die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen in ihrem Positionspapier „Älter und unverzichtbar! Engagement und Partizipation älterer Menschen stärken“, das zum Tag des Ehrenamts am 5. Dezember veröffentlicht wurde. In der aktuellen Situation ruft die BAGSO dazu auf, Konzepte zu entwickeln, wie das Engagement älterer Menschen unter den Bedingungen der Corona-Pandemie ausgeübt oder wieder aufgenommen werden kann.

Die BAGSO setzt sich dafür ein, dass Engagement-Strukturen dauerhaft gefördert werden, insbesondere in strukturschwachen und ländlichen Regionen. Besondere Anstrengungen seien nötig, um auch Menschen Zugänge zu Engagement und Teilhabe zu ermöglichen, die aufgrund von Armut, gesundheitlichen Einschränkungen oder sozialer Isolation bislang nicht erreicht werden. Zur Stärkung der politischen Teilhabe sollen Seniorenvertretungen in der Kommunalpolitik gefördert und auf Landesebene gesetzlich verankert werden. Um auch die Babyboomer-Generation für Engagement zu gewinnen, müssen passgenaue und flexible Möglichkeiten entwickelt und neue Engagementformate erprobt werden.

Besonders hervorgehoben wird der gesellschaftliche Stellenwert von generationenübergreifendem Engagement. „Vor allem die aktuellen politischen Herausforderungen wie die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030, die Herausforderungen des Klimawandels und Fragen der Demokratie machen den Austausch und das gemeinsame Handeln unter Einbezug aller Generationen erforderlich“, heißt es in dem Positionspapier.

Zum Positionspapier

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.Vn vom 04.12.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert, dass die Bestellung von Verfahrensbeiständen für Kinder in Kindschaftssachen noch immer nicht gerichtlicher Standard ist. Eine aktuelle Auswertung der Kinderrechtsorganisation von Daten des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass zwar in allen Bundesländern ein Aufwärtstrend zu verzeichnen ist, aber lediglich in Hessen (53,9 Prozent), Bremen (51,8 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (51,5 Prozent) in der Mehrzahl dieser Verfahren (Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionssachen) Verfahrensbeistände vom Gericht bestellt werden. Am schlechtesten schneiden Berlin (34,0 Prozent), Nordrhein-Westfalen (37,5 Prozent) und Rheinland-Pfalz (37,6 Prozent) ab.

„Kinder brauchen in Justizverfahren eine professionelle Begleitperson, dies ist zur Wahrnehmung ihrer Interessen im Regelfall erforderlich. In familiengerichtlichen Verfahren ist dies der Verfahrensbeistand, der nur ihr Wohl und ihre Interessen vertreten soll – und nicht die der Eltern. Er soll unabhängig und für das Kind eine Vertrauensperson sein. Leider wird in vielen Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionsverfahren kein Verfahrensbeistand bestellt. Die Quote für die Bestellung liegt derzeit in drei Bundesländern knapp über 50 Prozent, in allen anderen teils deutlich darunter. Hier muss es zu einem Umdenken bei den Richterinnen und Richtern kommen, die Bestellung von Verfahrensbeiständen muss bei der Möglichkeit eines erheblichen Interessensgegensatzes zwischen dem Kind und seinen Eltern auch in der Verfahrenspraxis zum Regelfall werden. Bisher besteht zudem keine Begründungspflicht beim Absehen von einer Bestellung. Es wird auch nicht genauer aufgeschlüsselt, in welcher Art von Verfahren von der Bestellung abgesehen wird. Auch das muss sich ändern“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert zudem, dass die Bestellung von Verfahrensbeiständen ohne Beteiligung des Kindes und ohne transparente Kriterien erfolgt. Das ist problematisch, da es keinerlei Möglichkeit für das Kind gibt, auf die Auswahl durch die Nennung bestimmter Kriterien Einfluss zu nehmen und im Zweifel den Verfahrensbeistand abzulehnen. Dies birgt die Gefahr, dass der Verfahrensbeistand eher dem Richter gefallen möchte, als die Rechte des Kindes wahrzunehmen. Allerdings soll nach dem Gesetzentwurf der Großen Koalition zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder das Gericht die Bestellung bei einer Gefahr für die Interessen des Kindes aufheben können. Problematisch ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes zudem, dass es keine Standards und keine Daten zur Qualifikation der Verfahrensbeistände in Deutschland gibt. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen zu den fachlichen Anforderungen sind nicht ausreichend, um zu garantieren, dass nur noch qualifizierte Begleitpersonen für Kinder bestellt werden können.

Weitere Informationen zum Thema „Kindgerechte Justiz“ unter www.dkhw.de/schwerpunkte/kinderrechte/kindgerechte-justiz/, die kompletten Daten zu den Verfahrensbeiständen finden sich unter www.dkhw.de/verfahrensbeistaende.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 09.12.2020

Der diesjährige Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung „Förderung demokratischer Bildung im Kindes- und Jugendalter“ betont die Rolle der Familienbildung als wichtige Ressource der Demokratiebildung sowie die besondere Bedeutung der Eltern. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) bündelt mit dem Forum Familienbildung die langjährigen Erfahrungen in der evangelischen Eltern- und Familienbildung. Martin Bujard, Präsident der eaf, begrüßt es ausdrücklich, dass die Möglichkeiten von Familienbildung im Bericht in den Fokus gerückt werden:

„Familie ist der primäre Bildungsort. Die Bewältigung des Familienalltags kann somit als eine Art Übungsfeld demokratischen Zusammenlebens betrachtet werden. Die Angebote der Familienbildung begleiten Familien in verschiedenen Lebensphasen. Sie stärken Eltern und Kinder in ihren Kompetenzen und unterstützen sie dabei, demokratisches Handeln einzuüben. Denn Familienbildung bietet Räume für Begegnung und schafft Lernorte gemeinsam für Eltern und Kinder, in denen sie alltagsnah und selbstwirksam Entscheidungs-, Beratungs- und Argumentationsprozesse mitgestalten können.“

Die eaf unterstützt die Empfehlung aus dem Bericht, die Mitarbeitenden der Familienbildung durch Fachberatung zu begleiten. Dies hat sich in den Kindertagesstätten bereits seit Jahren bewährt. Bujard fordert: „Die Umsetzung dieser Empfehlungen kann nur erfolgen, wenn die Familienbildung vor Ort über ausreichend zeitliche und personelle Ressourcen verfügt. Wir fordern, dass die Angebote und Strukturen auf der Grundlage eines formulierten Rechtsanspruches der Familienförderung im SGB VIII §16 nachhaltig regelfinanziert werden.“

Aktuell startet das Forum Familienbildung in der eaf gemeinsam mit der Diakonie Deutschland das Modellprojekt „Für Vielfalt und Partizipation in der Familienbildung“. Die Online-Seminarreihe für pädagogische Fachkräfte wird finanziert aus Mitteln des Bundesprogramms „Demokratie leben!“: >>>https://www.eaf-bund.de/de/projekte/kooperationen

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 30.11.2020

LSVD zuversichtlich beim Vermittlungsausschuss zum Adoptionshilfegesetz

Heute tagt der Vermittlungsausschuss zum Adoptionshilfegesetz. Der Bundesrat hatte das Gesetz im Juli gestoppt wegen der darin von der Bundesregierung geplanten Verschärfung der Diskriminierung von lesbischen Zwei-Mütter-Familien. Dazu erklärt Gabriela Lünsmann aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ist zuversichtlich, dass mit der Anrufung des Vermittlungsausschusses die von der Bundesregierung ursprünglich geplante Verschärfung der Diskriminierung lesbischer Elternpaare endgültig gescheitert ist. Das ist ein wichtiger Erfolg. Wir danken den Landesregierungen, die sich im Bundesrat der Verschärfung der Diskriminierung entgegengestellt haben, allen voran dem Sozialminister von Baden-Württemberg, Manne Lucha, und dem Berliner Justizsenator Dirk Behrendt.

Zwei-Mütter-Familien erfahren bereits aktuell eine erhebliche Diskriminierung durch den Zwang zur Durchführung eines förmlichen Adoptionsverfahrens. Sie sind die einzigen Eltern, in deren Partnerschaften und Ehen Kinder hineingeboren werden, die gegenüber dem Jugendamt und dem Familiengericht ihre Eignung als Eltern nachweisen müssen. Diese Diskriminierung sollte nach dem Willen der Regierungskoalition weiter massiv verschärft werden. Sie sollten nun zusätzlich auch eine verpflichtende Beratung absolvieren. Der Nachweis dieser Beratung sollte zwingende Antragvoraussetzung für die Adoption sein. Das hätte noch längere Wartezeiten bis zur rechtlichen Absicherung der Kinder bedeutet.

Gemeinsam mit vielen Aktivist*innen hat der LSVD dafür gekämpft, dass dieses Gesetz so nicht verabschiedet wird. Obwohl wir die Bundesregierung deutlich auf unsere Kritik hingewiesen und einen konkreten Vorschlag zur Gesetzgebung unterbreitet hatten, blieb Bundesministerin Giffey lange kompromissunfähig. Das führte dazu, dass das Adoptionshilfegesetz insgesamt verzögert wurde.

Nach der Abwehr der Verschlechterung muss nun aber auch die noch bestehende Diskriminierung beseitigt werden. Die notwendige und lange versprochene Reform des Abstammungsrechts muss jetzt endlich kommen. Es ist völlig unverständlich, warum das SPD-geführte Bundesjustizministerium dies seit Jahren verschleppt.

Hintergrund
Diskriminierung von lesbischen Familien würde sich durch Adoptionshilfegesetz verschärfen
Was fordert der LSVD für Regenbogenfamilien? LSVD-Positionspapier „Regenbogenfamilien im Recht“
Gleiche Rechte für Regenbogenfamilien. Petition vom LSVD und All Out mit über 66.000 Unterschriften

Quelle: Pressemitteilung SHIA e. V – Landesverband Brandenburg vom 09.12.2020

Der SHIA-Landesverband Brandenburg e. V. bietet in diesem Jahr eine Weihnacht der etwas anderen Art an.

Da die traditionelle SHIA-Weihnachtsfeier in diesem Jahr aus den allseits bekannten Gründen nicht stattfinden kann, wollen wir die auch schon traditionellen Buchgeschenke trotzdem den Kindern von alleinerziehenden Müttern und Vätern zukommen lassen.

Wir bitten Alleinerziehende, sich in der SHIA-Geschäftsstelle unter Tel. 03375/294752 zu melden und den Buchwunsch des Kindes mitzuteilen.

Am Dienstag, dem 22. Dezember 2020, können die Geschenke dann in der SHIA-Geschäftsstelle – natürlich mit Abstand – in der Bahnhofstraße 4 in der Zeit von 8 bis 18 Uhr abgeholt werden.

Quelle: Pressemitteilung SHIA e. V – Landesverband Brandenburg vom 09.12.2020

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat heute die Düsseldorfer Tabelle für das Jahr 2021 veröffentlicht. Diese gibt Leitlinien für den Unterhaltsbedarf vor. Hierzu erklärt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV):

„Wir begrüßen, dass der Unterhalt für Kinder 2021 steigen wird, so dass auch höhere Lebenshaltungskosten gedeckt werden können. Beim höheren Unterhalt spiegelt sich zudem wider, dass 2021 in den sozialrechtlichen Regelsätzen erstmals Kosten für Mobilfunkgeräte berücksichtigt sind. Das war überfällig: Alles, was systematisch im Kindesunterhalt nicht berücksichtigt ist, zahlen de facto Alleinerziehende drauf. Hier sind weiter viele Verbesserungen notwendig: Denn die Grundlage, das sozialrechtliche Existenzminimum, ist seit Jahren in der Kritik, da die angewandte Methode zu einer systematischen Kleinrechnung der Bedarfe führt. Gleichzeitig fällt Kindern die Erhöhung des Kindergelds um 15 Euro beim Unterhalt auf die Füße, da es zur Hälfte vom Kindesunterhalt abgezogen wird. Der ist jedoch im Verhältnis zum Kindergeld proportional weniger gestiegen. Zudem ist kaum nachvollziehbar, warum der gesetzliche Mindestunterhalt für Kinder unter sechs Jahren unter dem Existenzminimum liegt. All das bedeutet: Trotz der Erhöhung werden Alleinerziehende weiter draufzahlen, da der Unterhalt gar nicht reichen kann.“

Hintergrund: Die sozialrechtliche Regelbedarfsermittlung ist die Grundlage für die Festsetzung des sächlichen Existenzminimums von Kindern in anderen Rechtsbereichen, beispielsweise für die Bemessung des gesetzlichen Mindestunterhalts, des Unterhaltsvorschusses oder der steuerrechtlichen Freibeträge. Das steuerliche sächliche Existenzminimum leitet sich aus den Regelbedarfen ab. Gesetzlich richtet sich nach dem steuerlichen sächlichen Existenzminimum wiederrum der Mindestunterhalt. Die steuerlichen Freibeträge für 2021 liegen allerdings darüber. Deshalb hat die üppige Erhöhung der Kinderfreibeträge für 2021 das Auseinanderdriften des steuer- und unterhaltsrechtlichen Existenzminimums weiter vorangetrieben. Der steuerliche Kinderfreibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf, der auch die soziokulturelle Teilhabe abbildet, wird bei der Höhe des Kindesunterhalts zudem nicht berücksichtigt.

Die Düsseldorfer Tabelle 2021 finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) vom 01.12.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 16. Dezember 2020

Veranstalter: Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. und Deutscher Caritasverband e. V.

Wie findet Weihnachten im Corona-Jahr statt – gerade in den Einrichtungen der Altenhilfe und in den sozialen Diensten, die Menschen aus Risikogruppen betreuen? Wie ist die Stimmung in den Belegschaften der zwei größten deutschen Wohlfahrtsverbände? Was sind die größten Herausforderungen im Wahljahr 2021?

Welche langfristigen Konsequenzen hat Corona für die soziale Infrastruktur in Deutschland? Diese und andere Fragen wollen Caritas-Präsident Peter Neher und Diakonie-Präsident Ulrich Lilie in einer Pressekonferenz mit Ihnen erörtern. 

Wir werden Ihnen erste vorläufige Ergebnisse einer Umfrage der Bank für Sozialwirtschaft unter sozialen Einrichtungen und Diensten zu ihrer Finanzlage und ihren Sorgen vorstellen.

Ihre Fragen beantworten:

– Peter Neher, Caritas-Präsident

– Ulrich Lilie, Diakonie-Präsident

Anmeldung:

Es wird um Anmeldung bis zum 14. Dezember 2020 unter pressestelle@diakonie.de oder pressestelle@caritas.de gebeten. Die Einwahldaten werden Ihnen dann zugeschickt. 

Bei Rückfragen oder zur Vereinbarung von Interviews steht man Ihnen gerne zur Verfügung.

AKTUELLES

Vorbemerkungen
Der Deutsche Verein hat bereits in verschiedenen Zusammenhängen darauf hingewiesen, dass das geltende Recht gesellschaftliche Entwicklungen aufgreifen und abbilden und dabei möglichst alle Lebenslagen und Lebensentwürfe der Menschen angemessen berücksichtigen muss. Wenn das Recht an vielen Stellen nach wie vor am traditionellen Familienbild von „(verheirateten) Vater, Mutter, Kind(ern)“ mit übereinstimmender genetischer, rechtlicher und sozialer Elternschaft anknüpft, stellt sich die Frage, ob dies der Vielfalt von Familie hinreichend gerecht wird. Gleiches gilt im Hinblick auf die gelebte Vielfalt an Familien- und Betreuungsmodellen nach Trennung und Scheidung. Einerseits werden hier seit langem Reformbedarfe angemahnt und das Festhalten am klassischen Modell „ein Elternteil betreut, ein Elternteil bezahlt“ kritisch diskutiert sowie eine stärkere Unterstützung von Eltern und Kindern im Trennungs-/Scheidungsfall insbesondere auch bei gemeinsamer Betreuung und Erziehung eingefordert. Anderseits lebt ein Großteil der Kinder nach wie vor im Residenzmodell und viele Eltern sind mit der eigenen Betreuungsregelung zufrieden.

Vollständige Empfehlung/Stellungnahme vom 24.11.2020 [PDF, 370 KB]

Zielsetzung dieser Empfehlungen
Der Deutsche Verein begleitet die Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets seit der Einführung der Leistungen eng – zuletzt mit den dritten Empfehlungen aus dem Jahr 2015, die durch die vorliegenden vierten Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Umsetzung der Leistungen für Bildung und Teilhabe ersetzt werden.

Der Deutsche Verein weist in sämtlichen Vorauflagen auf den hohen Verwaltungsaufwand bei der Umsetzung der Bildungs- und Teilhabeleistungen hin. Der Gesetzgeber ist den Rückmeldungen aus der Praxis teilweise nachgekommen und hat mit dem Starke-Familien-Gesetz zu einer teilweisen Vereinfachung und Optimierung des Verwaltungsvollzugs beigetragen, insbesondere durch den Wegfall
der Eigenanteile bei der Schülerbeförderung und dem gemeinschaftlichen Mittagessen sowie dem weitestgehenden Verzicht auf gesonderte Antragserfordernisse mit Ausnahme bei der außerschulischen Lernförderung.

Vollständige Empfehlung/Stellungnahme vom 24.11.2020 [PDF, 440 KB]

Zusätzlich zu den für viele herausfordernden Wünschen an die Weihnachtszeit mit Kindern gilt es nun, auch noch die Corona-Beschränkungen zu beachten.

Das Team von Mein Papa kommt/Meine Mama kommt gibt Antworten auf aktuelle Fragen zum Umgang in dieser außergewöhnlichen Zeit und während der Feiertage. Auf der Webseite unter https://mein-papa-kommt.info/aktuelles gibt es weitreichende Informationen u.a. in Zeiten von Corona.

Zum Jahreswechsel hat der Gesetzgeber die Düsseldorfer Tabelle aktualisiert. Ab 01.01.2021 müssen getrenntlebende Eltern ihre Kinder mit mehr Unterhalt unterstützen. Eine Übersicht findet sich ebenfalls unter: https://mein-papa-kommt.info/fuer-eltern/unterhalt/

Es geht um den Moment im Leben, in dem Menschen auf das Ergebnis ihres Schwangerschaftstests warten. Es geht um die Frage „Schwanger oder nicht?“ und was das mit dem eigenen Leben macht, was an dieser Entscheidung alles dranhängt. Was diesem Moment vorausgegangen ist und mit wem. Und was möglicherweise daraus folgt. In der fiktionalen Streaming-Serie wird dieser Moment aus verschiedenen Blickwinkeln behandelt: es geht um Teenie-Schwangerschaft, um den Kinderwunsch bei Menschen mit Behinderung (Trisomie 21), um Schwangerschaft in homosexuellen und polyamorösen Beziehungen. Der Cast der Serie ist unter anderem mit Darsteller:innen wie Banafshe Hourmazdi, Kevin Silvergieter, Marie Nasemann, Corinna Harfouch, Omar El-Saedi und Luisa Wöllisch besetzt.

Die Serie „2 Minuten“ steht in der ARD-Mediathek unter https://1.ard.de/2Minuten zum Streamen bereit.

Die BAG stellt einen neuen Service vor: In der Infothek Antifeminismus auf der Internetseite der BAG findet man unter vielem anderen Tipps zum Umgang mit Hatespeech und antifeministischen Angriffen, Beratungsstellen, Referent*innen und Coaches, Best-Practice Beispiele, Studien sowie Aktionsmaterial.  Die BAG hat dazu die Veröffentlichungen vieler Organisationen und Stiftungen angeschaut und entsprechende Materialien verlinkt. Ein Teil der Informationen wurden der BAG von Teilnehmer*innen des Strategietages 2019 zugeschickt.

Die Infothek gibt es  hier: www.frauenbeauftragte.org/themen/infothek-antifeminismus

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Archiv ZFF-Info

ZFF-Info 12/2020

SCHWERPUNKT I: Regelsätze

Anlässlich der heutigen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Deutschen Bundestag zum Gesetzentwurf zur Neuermittlung der Regelbedarfe mahnt das ZFF an, dass sich der Gesetzgeber bei der Existenzsicherung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen endlich ein auskömmliches soziokulturelles Existenzminimum zum Maßstab nehmen sollte.

Alle fünf Jahre wird der Regelbedarf auf Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) neu ermittelt. Die EVS wird vom Statistischen Bundesamt durchgeführt und liefert Angaben zu den Lebensverhältnissen der privaten Haushalte in Deutschland. Im Rahmen der Ermittlung des Regelbedarfs werden Sonderauswertungen der EVS vorgenommen und die durchschnittlichen Verbrauchsausgaben einkommensschwacher Haushalte ermittelt. Der Gesetzgeber trifft dann eine Auswahl der Ausgabenpositionen, die er als regelbedarfsrelevant erachtet. Die ausgewählten Positionen werden anschließend addiert und ergeben den Regelbedarf im SGB II und XII.

Alexander Nöhring (Geschäftsführer des ZFF) erklärt dazu: „Die ermittelten Regelsätze erfassen gerade einmal den allernötigsten Bedarf. Armen Kindern und Jugendlichen ist ein Aufwachsen in Wohlergehen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben so nicht möglich. In der aktuellen Krisensituation zeigt sich erneut, wie stark die Bildungs- und Teilhabechancen vom Geldbeutel der Eltern abhängen: Nicht alle Kinder und Jugendlichen können am digitalen Unterrichtsgeschehen adäquat teilnehmen, da zu Hause das Geld nicht ausreicht, um einen Computer oder einen Drucker zu kaufen. Oft fehlt ein Tisch oder auch ein eigenes Zimmer in einer beengten Wohnung, um in Ruhe Schularbeiten zu machen. Darüber hinaus ist weder ein Eis, noch ein Campingurlaub im Sommer dem Gesetzgeber für ein Kinderleben relevant. Bildungsungleichheiten und Leistungsunterschiede und das Gefühl, nicht dazuzugehören verstärken sich so immer mehr.

Was Kinder und Jugendliche für ihre Existenzsicherung brauchen, ist nicht losgelöst vom Haushaltskontext und der Bemessung des elterlichen Existenzminimums. Der elterliche Bedarf wird aber aus den ärmsten 15 Prozent der Alleinlebenden ermittelt und enthält weder Begleitkosten für einen Ausflug ins Schwimmbad oder den Zoo, noch ist der Betreuungs- und Erziehungsaufwand angemessen berücksichtigt.“

Alexander Nöhring fährt fort: „Das ZFF fordert eine bedarfsgerechte, transparente und methodisch stimmige Ermittlung der Regelsätze und damit des soziokulturellen Existenzminimums. Ausgangspunkt der Ermittlung muss das sein, was Kinder und Jugendliche für ein Aufwachsen in Wohlergehen brauchen und nicht das Minimalniveau. Ebenfalls muss der Bedarf, der in einer Familie im Vergleich zu einem Alleinlebenden zusätzlich anfällt, berücksichtigt werden. Auf Grundlage dieser Neuberechnung und um langfristig, effizient und zielgerichtet gegen Kinderarmut vorzugehen, wollen wir Kinder und Jugendlichen mit einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung raus aus der Grundsicherung holen.“

Alexander Nöhring und Nikola Schopp werden heute als Sachverständige bei der Ausschusssitzung dabei sein. Die Sitzung wird live am 2. November um 13 Uhr im Parlamentsfernsehen und im Internet auf www.bundestag.de übertragen.

Die Stellungnahme des ZFF zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am 2. November 2020 zum Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales „Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes“ und weiterer Anträge finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 02.11.2020

Die Bundesregierung verteidigt das derzeit angewandte Verfahren zur Ermittlung der Regelsätze in der Grundsicherung. In einer Antwort (19/23636) auf eine Kleine Anfrage (19/23258) der Fraktion Die Linke schreibt sie, beim Statistikmodell werde der regelbedarfsrelevante Verbrauch auf Basis empirischer Daten für die Verbrauchsausgaben im unteren Einkommensbereich der Bevölkerung in einem transparenten Verfahren ermittelt. Damit werde gewährleistet, dass hilfebedürftigen und damit leistungsberechtigten Personen ein vergleichbares Konsumniveau ermöglicht wird wie anderen Bürgerinnen und Bürgern mit niedrigem Einkommen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1197 vom 04.11.2020

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am Mittwochvormittag den Weg frei gemacht für die Erhöhung der Regelbedarfe in der Grundsicherung ab Januar 2021. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie der FDP-Fraktion stimmte der Ausschuss für den entsprechenden Gesetzentwurf (19/22750) der Bundesregierung zur Ermittlung von Regelbedarfen in geänderter Fassung.

Der Gesetzentwurf sieht vor, den Regelsatz für eine alleinstehende Person auf 446 Euro pro Monat anzuheben. Wer mit einer anderen Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, erhält künftig 401 Euro. Kinder bis fünf Jahre sollen ab Januar 283 Euro erhalten, Kinder von sechs bis 13 Jahre erhalten 309 Euro und für Jugendliche bis einschließlich 17 Jahre steigt der Regelsatz auf 373 Euro. Angehoben werden die monatlichen Leistungen aber nicht nur in der Grundsicherung für Arbeitssuchende, sondern unter anderem auch in der Sozialhilfe und im Asylbewerberleistungsgesetz.

Abgelehnt wurden verschiedene Anträge der Opposition zum Thema: Ein Antrag (19/23128) der AfD-Fraktion zum Taschengeld für in Heimen lebende Menschen; ein Antrag (19/23113) der Linken und ein Antrag (19/23124) von Bündnis 90/Die Grünen, in denen die Fraktionen jeweils eine andere Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung fordern.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1189 vom 04.11.2020

Die EVS (Einkommens- und Verbraucherstichprobe) hält eine Mehrheit von Sachverständigen als Basis für die Berechnung von Regelsätzen als für grundsätzlich geeignet. Das wurde während einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag deutlich. Vereinzelt wurde jedoch Kritik an der Anwendung der Daten deutlich, auch wurden Änderungen bei bestimmten Pauschalierungen und den Bedarfen für Kinder und Jugendliche angemahnt.

Der Ausschuss hatte die Sachverständigen zum einen um Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf (19/22750) der Bundesregierung zur Ermittlung der Regelbedarfe und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes geladen. Zum anderen standen mehrere Anträge der Oppositionsfraktionen zur Diskussion: Ein Antrag (19/23128) der AfD-Fraktion zum Taschengeld für in Heimen lebende Menschen; ein Antrag (19/15040) der FDP-Fraktion für ein Liberales Bürgergeld; ein Antrag (19/23113) der Linken und ein Antrag (19/23124) von Bündnis 90/Die Grünen, in denen die Fraktionen jeweils eine andere Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung fordern.

„Die EVS ist alternativlos, weil sie die einzige Quelle für valide Daten ist“, stellte Anna Robra für die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände fest. Auch habe das Bundesverfassungsgericht die EVS wie auch das Statistikmodell als verfassungskonform eingestuft. Das Statistikmodell sei zielführender als das Warenkorbmodell, betonte Markus Mempel für den Deutschen Landkreis- und den Deutschen Städtetag. Verbesserungen seien aber unter anderem bei den Warmwasserbedarfen und bei den Schulbedarfen dringend nötig, so Mempel. Alexander Nöhring vom Zukunftsforum Familie e.V. bezeichnete die EVS zwar ebenfalls als grundsätzlich geeignet, sein Verein kritisiere jedoch die sachgerechte Anwendung des Statistikmodells. So müsse unter anderem über die Nicht-Ausklammerung verdeckter Armut als auch über die Streichung von Konsumausgaben, die bisher als nicht regelbedarfsrelevant eingestuft werden, dringend gesprochen werden. Andreas Kuhn vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge betonte, man könne die EVS als Datenbasis benutzen, allerdings seien die Fallzahlen, die zur Heranziehung der Bedarfsermittlung benutzt würden, teilweise viel zu niedrig. Zum anderen gebe es bei den Energie- und Mobilitätskosten bundesweit erhebliche Preisunterschiede, weshalb eine einheitliche Pauschalierung hier nicht angebracht sei, sagte Kuhn. Für den Deutschen Gewerkschaftsbund begrüßte Martin Künkler zwar die Einbeziehung von Handykosten, fragte aber, warum das Argument, dies bilde die gesellschaftliche Realität ab, nicht auch auf andere Ausgaben angewendet werde. So sei zum Beispiel ein Pkw im ländlichen Raum existenziell, um zum Beispiel die Kinder an Freizeitangeboten teilhaben zu lassen.

Deutliche Kritik äußerten Petra Zwickert von der Diakonie Deutschland und die Einzelsachverständige Inge Hannemann sowohl an der Höhe als auch an der Berechnung der Regelsätze. So seien Kosten für ein Kinderfahrrad derzeit nicht in den Ausgabepositionen enthalten, diese müssten sich die Familien vom normalen Regelsatz absparen, was für die meisten unmöglich sei, kritisierte Hannemann. Auch sei es wichtig, die tatsächlichen Stromkosten anstatt einer Pauschale zu zahlen. Es gebe durchaus verschiedene Möglichkeiten, die verdeckt Armen aus der Berechnung der Referenzgruppen herauszunehmen, sagte Zwickert. So müssten die Vergleichsgruppen nach unten stärker abgegrenzt werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1181 vom 02.11.2020

Die Bundesregierung lehnt die Forderung des Bundesrates ab, bei der Ermittlung der Regelbedarfe Haushalte mit „Aufstockern“ und verdeckt Armen von den zu berücksichtigenden Haushalten auszuschließen. Das geht aus einer Unterrichtung (19/23549) der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf (19/22750) der Bundesregierung für ein Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfsstufen hervor. Die Bundesregierung lehnt ferner auch die Kritik des Bundesrates an der Heranziehung der EVS (Einkommens- und Verbraucherstichprobe) als Datengrundlage für eine verfassungsgemäße Ermittlung der Regelsätze für Familien und Kinder ab.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1162 vom 28.10.2020

Heute wird im Bundestag der Gesetzesentwurf für die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze beschlossen, die ab 1. Januar 2021 angehoben werden sollen. Der AWO Bundesverband kritisiert, dass die Neuberechnung der Lebenswirklichkeit der betroffenen Menschen nicht gerecht wird. Aus Sicht der Arbeiterwohlfahrt habe der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum zugunsten der betroffenen Menschen nicht voll ausgeschöpft.

Dazu erklärt AWO Bundesgeschäftsführer Jens M. Schubert: „Unterm Strich kann die vorgesehene Regelbedarfsberechnung weder überzeugen noch zufriedenstellen. Die Bundesregierung hat es leider versäumt, der Lebenswirklichkeit der Menschen bei der Regelsatzbemessung ausreichend Rechnung zu tragen. Damit wird es für die sieben Millionen Grundsicherungsbeziehenden abermals keine durchgreifenden Verbesserungen geben.“

Die Berechnung orientiere sich methodisch an dem Verfahren von vor vier Jahren, aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse seien nur halbherzig berücksichtigt worden. Die Corona-bedingten Mehrkosten, die den Menschen seit März dieses Jahres entstünden, blieben trotz des neuerlichen Lockdowns unberücksichtigt. Zudem würde der Regelsatz durch zahlreiche Streichungen systematisch heruntergerechnet. So werdeder finanzielle Handlungsspielraum der Betroffenen übermäßig eingeschränkt.

„Die Teilhabebedarfe werden größtenteils mit dem lapidaren Hinweis auf einen angeblich größeren Gestaltungsspielraum gestrichen und kommen damit im Ergebnis auch dieses Mal zu kurz“, resümiert Schubert, „Alle diese Defizite überschatten die positiven Neuerungen, wie zum Beispiel den von der AWO lange geforderten Anspruch auf Übernahme der Kosten für Schulbücher oder die erstmalige Berücksichtigung von Mobilfunkkosten. Es braucht rückwirkende Leistungen für die Corona-Mehrkosten und eine angemessene Berechnung des tatsächlichen Regelbedarfs. Hier hätte der Gesetzgeber deutlich mehr soziales Augenmaß zeigen müssen.“

Hintergrund:
Der Gesetzgeber ist zur Neuberechnung der Regelbedarfe verpflichtet, wenn die Ergebnisse der zu Grunde liegenden Statistik, der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) vorliegen. Mit dem heute verabschiedeten Regelbedarfsermittlungsgesetz wird dies für die Regelbedarfe ab 2021 umgesetzt. Die Regelsätze sollen gemeinsam mit den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie den Mehrbedarfen den existenziellen Bedarf für Leistungsberechtigte des SGB II, des SGB XII und des Asylbewerberleistungsgesetz abbilden. Die Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung steht seit Jahren in der Kritik.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 05.11.2020

Der Bundestag will heute den Gesetzentwurf für die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze beschließen. Zum 1. Januar 2021 sollen die Hartz-IV-Sätze erhöht werden.

Dazu erklärt Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Die Bundesregierung hat die Chance verpasst, die Regelsätze in Hartz IV für das nächste Jahr sach- und realitätsgerecht festzulegen. Sie sind schlichtweg an der Lebenswirklichkeit vorbei berechnet. Es werden willkürlich Ausgaben, zum Beispiel für ein Kinderfahrrad, Weihnachtsbaum oder auch für Mobilität auf dem Land, aus dem in der statistischen Vergleichsgruppe ermittelten Regelbedarf gestrichen. Zudem umfasst die Vergleichsgruppe der Haushalte mit den unteren 15 Prozent der Einkommen auch Personen, die einen Anspruch auf Sozialleistungen hätten, diesen aber nicht geltend machen Für Erwachsene fehlt ein Betrag von 160 Euro im Monat. Diese Streichungen sind in der Corona-Krise umso problematischer, wenn günstige Waren knapp sind und gleichzeitig wieder viele Tafeln schließen. Deswegen fordert die Diakonie einen Corona-Zuschlag von 150 Euro für Hartz-IV-Empfänger. Auch fehlt für Armutsbetroffene in der Grundsicherung eine digitale Grundausstattung. Die Benachteiligung Einkommensarmer darf in der Corona-Pandemie nicht durch fehlende Computer verschärft werden, gerade Schulkinder müssen digital lernen können.“

Etwa alle fünf Jahre werden die Hart-IV-Regelsätze neu berechnet. Dazu wird eine Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) durchgeführt, die wiederum als Grundlage für die Anpassung dient. Die mit dem vorliegenden Entwurf erfolgten Berechnungen sind aus Sicht der Diakonie Deutschland nicht transparent, in vielen Fällen nicht sachgerecht, oft unrealistisch und insgesamt methodisch falsch. Die umfassenden Mängel der im Gesetzentwurf vorgenommenen Regelbedarfsermittlung nimmt die Diakonie zum Anlass, in diesem Jahr eine grundlegende alternative Bedarfsermittlung vorzunehmen.

Weitere Informationen: https://www.diakonie.de/stellungnahmen/stellungnahme-zur-oeffentlichen-anhoerung-zum-regelbedarfs-ermittlungsgesetz

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 05.11.2020

Anlässlich der heutigen Beratung zur Anpassung der Regelsätze in der Grundsicherung im Deutschen Bundestag appelliert der Paritätische Wohlfahrtsverband an die Abgeordneten, dem vorliegenden Gesetzesentwurf nicht zu folgen und stattdessen endlich eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze zu beschließen. Die geplante Anhebung der Regelbedarfe zum 1.1.2021 um 14 Euro für (alleinstehende) Erwachsene und noch deutlich geringere Beträge für Kinder und Jugendliche sei realitätsfern, nicht bedarfsgerecht und viel zu niedrig. Der Verband wirft der Bundesregierung „statistische Trickserei und unverschämtes Kleinrechnen“ vor, Fehler und Schwächen der umstrittenen Methodik zur Regelbedarfsermittlung würden einfach fort- und festgeschrieben. Das Parlament sei nun gefordert, diesen armutspolitischem Totalausfall der Bundesregierung zu korrigieren.

Die derzeit gewährten Leistungen in Hartz IV schützen nicht vor Armut, wie der Paritätische in mehreren Expertisen nachgewiesen hat. Den Betroffenen fehle es insbesondere an Geld für eine ausgewogene, gesunde Ernährung und auch ein Mindestmaß an sozialer, politischer und kultureller Teilhabe sei entgegen der verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gewährleistet. “Alle Expert*innen sind sich einig, unter 600 Euro reicht es auf keinen Fall, um über den Monat zu kommen. Hartz IV schützt nicht vor Armut, es manifestiert sie”, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. “Es fehlt nicht an belastbaren Zahlen und Modellen. Was es braucht, ist den politischen Willen, Armut in diesem reichen Land wirklich zu verhindern“, so Schneider.

Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle müsste ein armutsfester Regelsatz 644 Euro (für alleinlebende Erwachsene) betragen. Bei den Berechnungen sind die umstrittenen und auch bereits von anderen kritisierten statistischen Manipulationen im Regelsatz herausgerechnet. Die direkten Mehrkosten zur Umsetzung des Vorschlags werden auf 14,5 Milliarden Euro geschätzt. Die nun vorgesehene Anhebung um 14 Euro für einen erwachsenen Alleinlebenden auf dann 446 Euro sei dagegen bei weitem nicht ausreichend, um das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern, wie auch andere Sozialverbände und unter anderem die Fraktionen von DIE LINKE und Bündnis 90/ Die Grünen wiederholt kritisiert haben.

Der Paritätische kritisiert, dass die Bundesregierung bisher keinerlei Bereitschaft erkennen lässt, die finanzielle und soziale Lage von Hartz IV-Beziehenden zu verbessern. Gerade in der aktuellen Krisensituation bedeute der Alltag mit Hartz IV existenzielle Not. Neben einer grundsätzlich endlich bedarfsgerechten Anhebung der Regelsätze seien daher auch sofortige finanzielle Hilfsmaßnahmen erforderlich, fordert der Verband. “Man kann es drehen wie man will, gegen Armut hilft Geld. Doch die Bundesregierung hat für die Ärmsten in diesem Land ganz offensichtlich wenig übrig. Da, wo die Bundesregierung bisher versagt, ist jetzt das Parlament gefragt”, so Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 05.11.2020

SCHWERPUNKT II: Corona-Krise

Anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte zur Familienpolitik während der Corona Pandemie fordert das ZFF krisenfeste Instrumente zur umfassenden Unterstützung zur Vereinbarkeit von Beruf und Sorgearbeit.

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Familienleben in Deutschland diskutiert der Bundestag heute Anträge der Oppositionsparteien zur Familienpolitik in Zeiten der Krise und darüber hinaus. Zur Debatte stehen Instrumente für eine bessere Vereinbarkeit, wie die Ausweitung des Anspruchs auf Kinderkrankengeld oder verlässliche Lohnentschädigungen für Eltern, deren Kinder von coronabedingten Schließungen der Betreuungseinrichtungen betroffen sind.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „In Zeiten der Corona-Pandemie zeigen sich die enormen Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit noch deutlicher. Viele Eltern sind jetzt schon vollkommen ausgebrannt. Angesichts dramatisch steigender Neuinfektionen stehen Eltern bundesweit vor der Aufgabe, die Quarantäne zu meistern, etwa wenn das Kind selbst erkrankt ist oder Kita und Schule wegen Corona-Fällen geschlossen sind. Nach wie vor übernehmen dabei Frauen den Löwenanteil der anfallenden Sorgearbeit und sind von den wirtschaftlichen Krisenauswirkungen in deutlich größerem Umfang betroffen.“

Altenkamp weiter: „Es ist an der Zeit, die Familienpolitik stärker in das Zentrum der Krisenpolitik zu rücken und die Vereinbarkeit von Sorge- und Erwerbsarbeit besser zu unterstützen. Neben den bereits beschlossenen Maßnahmen, wie der Erhöhung des Kurzarbeitergeldes oder dem Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz, wäre die von Grünen und Linken geforderte Ausweitung des Kinderkrankengeldes sehr zu begrüßen. Allerdings muss diese geschlechtergerecht ausgestaltet werden, etwa durch Anreize zur partnerschaftlichen Aufteilung der Betreuung erkrankter Kinder. Um Eltern über die Krise hinaus zu unterstützen, ist es aber dringend geboten, endlich längerfristige Maßnahmen für eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit auszubauen.“

Das Positionspapier „Fifty-Fifty?! Wie kann die partnerschaftliche Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit gelingen?“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 28.10.2020

Der Deutsche Familienverband (DFV) fordert angesichts der heutigen Plenardebatte familienpolitische Reformen, um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Familien abzumildern.

Im Frühjahr 2020 hatte der Lockdown viele Familien hart getroffen. Zukunftsängste, erhebliche Geldsorgen sowie seelische und körperliche Erschöpfung haben den familiären Alltag über Monate geprägt.

„In der Corona-Krise haben sich Familien von der Politik enttäuscht und allein gelassen gefühlt“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes und fordert Reformen. „Familien sind das Rückgrat unseres Staates. Wer ihre Wünsche und Forderungen in der größten Krise nach Kriegsende vernachlässigt, stärkt nur die extremen Ränder unserer politischen Landschaft.“

Der DFV fordert zur Milderung der Auswirkungen der Corona-Krise auf Familien u.a. folgende Maßnahmen im Rahmen eines Solidarpaktes für Familien:

  • Regelmäßige und öffentliche Einschätzungen der aktuellen Pandemie-Auswirkungen auf Familien durch das Bundesfamilienministerium
  • Einbindung des Bundesfamilienministeriums in das „kleine Corona-Kabinett“ der Bundesregierung. Familienverbände sollten durch das Ministerium für die Lagebeurteilung einbezogen werden
  • Digitalisierung der Beantragung von Familienleistungen
  • Lohnentschädigungen für Eltern bei Ausfall des Regelbetriebs von Schulen, Kitas und Kindergärten
  • Deutliche Ausweitung der maximalen Anzahl der Krankentage pro Kind für Eltern von bisher 10 auf mindestens 30 Tage. Übersendung eines ärztlichen Attest an den Arbeitgeber erst ab dem vierten anstatt ersten Tag sowie Anhebung der Krankengeld-Altersgrenze von Kindern vom zwölften auf das vierzehnte Lebensjahr (§ 45 SGB V)
  • Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch flexible Arbeitszeitmodelle und geförderte Familienarbeitszeitkonten
  • Einführung eines Kinderfreibetrages in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung zur Entlastung von Eltern während der Zeit der Kindererziehung
  • Reform des Kindergeldes und Anpassung auf 330 Euro je Kind und Monat
  • Investitionen in den Gesundheitsschutz in Schulen, Kitas und Kindergärten zur Verminderung/Ausschluss einer Virus-Verbreitung
  • Implementierung digitaler Bildung bei der Ausbildung zukünftiger Lehrer, Unterstützung der Schulen mit finanziellen und technischen Mitteln, strukturierte Fortbildungsangebote für Schüler, ihre Eltern und Lehrer, pädagogische Lernsoftware, moderne und datenschutzsichere Lernplattformen sowie digitale Zugangsgerechtigkeit, die alle Familien bei der digitalen Bildung gleichermaßen in den Blick nimmt
  • Entlastung von Familien durch Senkung der Mehrwertsteuer auf 7 % für Kinderprodukte
  • Mutter-/Vater-Kind-Kuren sind, bevor Eltern und Kinder durch Belastung und Überforderung krank werden, die beste präventive Familien- und Gesundheitspolitik. Es muss sichergestellt werden, dass kurbedürftige Eltern die ihnen zustehenden Leistungen in der Verwaltungspraxis umfassend, zügig und in geeigneter Form erhalten
  • Notwendigkeit einer Familienverträglichkeitsprüfung von Gesetzen: Auf allen politischen Ebenen fallen regelmäßig Entscheidungen an, die den Alltag der Familien betreffen. Auf allen politischen Ebenen muss deshalb eine Familienverträglichkeitsprüfung eingeführt werden, die Vorhaben und Vorschriften darauf prüft, ob sie der Familie nutzen, ihr schaden oder sie nicht tangieren

„Ohne Familien ist kein Staat zu machen. Ohne starke Familien ist keine Krise zu überwinden“, sagt Verbandspräsident Zeh. „Familien brauchen gerade jetzt Unterstützung in der Bewältigung der Corona-Krise.“

Weitere Informationen

„Solidarpakt für Familien“: Grundsatzprogramm und Forderungen des Deutschen Familienverbandes (PDF)

Erklärfilm zur Reform des Kindergeldes

Erklärfilm zur Einführung eines Kinderfreibetrages in der Sozialversicherung

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 28.10.2020

Der Familienbund der Katholiken fordert angesichts drastisch steigender Infektionszahlen und der dazu beschlossenen Maßnahmen von Bund und Ländern die rasche Einberufung eines Nationalen Familiengipfels. „In Anbetracht eines anstehenden Teil-Lockdowns ist es dringend notwendig, die Lage von Familien und der mit ihnen eng verbundenen Institutionen wie Schulen und Kitas in einer Gesamtstrategie in dempolitischen Handeln zur Pandemiebekämpfung zu berücksichtigen“, erklärte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin. Die Forderung ist eine von insgesamt zehn, die der Verband heute erstmals vorstellte. In dem Zehn-Punkte-Plan für Familien in der Corona-Krise fordert der Verband die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern auf, Leitlinien für mehr Geld und Personal an Schulen und Kitas zu formulieren. „Sie sind seit Monaten ebenso überfällig wie eine grundlegende und einheitliche Digitalisierung von Schulen, um den Schulbetrieb auch in Phasen von möglichen Schulschließungen aufrecht erhalten zu können. Dafür braucht es auch kreative und lebensnahe Konzepte“, heißt es in dem Papier des Familienbundes der Katholiken. Hoffmann betonte: „Bei allem, was jetzt in den nächsten Wochen und Monaten auf uns zukommt, muss Familie menschlich lebbar bleiben. Dazu gehört vor allem auch, dass das Homeoffice im Fall von Schul- und Kitaschließungen durch eine finanziell unterstützte Corona-Elternzeit ersetzt wird.“

Hoffmann begrüßte, dass die Politik aus den Erfahrungen des Lockdowns im Frühjahr gelernt habe, und Schulen wie auch Kitas so lange wie möglich offenhalten wolle. „Verlässlichkeit für Familien bei der Kinderbetreuung, der frühkindlichen und schulischen Bildung ist auch in Zeiten einer Pandemie unerlässlich“, sagte er. „Eine flächendeckende Schließung der Kitas und Schulen darf sich deshalb nicht wiederholen. Bildung und Betreuung müssen krisenfest aufgestellt werden und Vorrang haben. Familien brauchen deutschlandweit ein verlässliches Schul- und Kitaangebot.“

Corona-Elternzeit und -Elterngeld statt Homeoffice

Sollten Schul-und Kitaschließungen dennoch unumgänglich werden, fordert der Familienbund der Katholiken ein grundsätzlich anderes Vorgehen als im Frühjahr: „Statt der Parallelisierung von Homeoffice, Homeschooling und Homework auf dem Rücken der Familien muss eine Corona-Elternzeit und ein daran gekoppeltes Corona-Elterngeld eingeführt werden“, sagte Hoffman. „Mütter und Väter mit Kindern bis zu 14 Jahren müssen gegenüber ihren Arbeitgebern das Recht haben, ihre Arbeitszeit so weit zu reduzieren, wie es für die Bewältigung der stark gestiegenen familiären Anforderungen nötig ist. Dazu gehört auch ein angemessenes Rückkehrrecht in den alten Arbeitsumfang und ein fortbestehender Kündigungsschutz.“ Die immensen Mehrfachbelastungen,die Familien im ersten Lockdown zu bewältigen hatten, dürften sich nicht wiederholen. „Homeoffice ist kein Betreuungsmodell und kein Ersatz für geschlossene Schulen und Kitas.“

Nach den Plänen des Familienbundes der Katholiken sollten alle Familien, die in der Corona-Krise von der Elternzeit Gebrauch machen, automatisch den Anspruch auf das Corona-Elterngeld haben. „Eltern, die sich wegen geschlossener Schulen und Kitas um ihre Kinder kümmern und dadurch Gehaltseinbußen erleiden, müssen finanziell unterstützt werden“, so Hoffmann weiter. Das Corona-Elterngeld berechnet sich als Lohnersatzleistung prozentual aus dem bisherigen Einkommen der Eltern, sollte aber mindestens 300 Euro betragen. Anders als der von der Koalition beschlossene „Kinderbonus“ wird das Corona-Elterngeld nicht mit dem Kinderfreibetrag verrechnet. „Eine solche Leistung trägt dazu bei“, so Hoffmann, „die besonderen familialen Belastungen aller Familien während der pandemiebedingten Schul- und Kitaschließungen zu kompensieren – kontinuierlich, familiengerecht und angemessen. Das würde Familien helfen und die Eltern als große unsichtbare Leistungsträger in der Corona-Krise honorieren.“

Grundlegende Korrekturen fordert der Familienbund auch beim Kurzarbeitergeld, um es an die „Lebenswirklichkeit von Familien anzupassen“: „Die Höhe des Kurzarbeitergeldes bei Arbeitnehmern muss sich an der Zahl der Kinder orientieren“, sagte Hoffmann. „Eltern mit mehreren Kindern sind auch mit höheren Ausgaben aufgrund der Lebensmittelversorgung oder auch der Größe des benötigten Wohnraumes konfrontiert. Das Kurzarbeitergeld muss der ökonomischen Lebenswirklichkeit von Familien gerecht werden und muss deshalb dringend angepasst werden. Das Kurzarbeitergeld für Eltern muss mindestens eine Höhe von 80 Prozent des Gehalts haben, nach der Kinderzahl gestaffelt sein und ab dem dritten Kind das bisherige Einkommen komplett ersetzen.“

Die bestehende Obergrenze von höchstens 35 Kinderkrankentagen pro Elternteil benachteiligt bereits heute kinderreiche Familien

Für unzureichend hält der Familienbund der Katholiken auch die jüngsten Änderungen zur Bewilligung von Kinderkrankentage für Eltern. Derzeit sind für Elternpaare jeweils fünf zusätzliche Tage vorgesehen, für Alleinerziehende zehn. „Das ist sinnvoll. Die Pandemie wird aber auch im Jahr 2021 noch nicht überwunden sein. Weil absehbar ist, dass in dieser an-gespannten Zeit viel mehr Kinder aufgrund von Erkrankungen die Schule oder die Kita nicht besuchen können, ist eine Aufstockung der Kinderkrankentage für das nächste Jahr auf 20 Kinderkrankentage für Mütter und Väter nötig. Erkrankte Kinder nicht in Kita und Schule zu schicken, trägt wesentlich zum Infektionsschutz bei. Die heute bestehende Obergrenze von höchstens 35 Kinderkrankentagen pro Elternteil benachteiligt bereits heute kinderreiche Familien ab dem dritten Kind. Das ist nicht zu rechtfertigen. Diese Regelung muss deshalb gestrichen werden.“

Den Zehn-Punkte-Plan des Familienbundes der Katholiken finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Familienbund der Katholiken –Bundesverband vom 29.10.2020

Heute äußern sich Bundesministerin Dr. Franziska Giffey und Bundesminister Jens Spahn in einer Pressekonferenz zur Situation von Kitas in der Corona-Pandemie. Die Arbeiterwohlfahrt fordert zu diesem Anlass bundeseinheitliche Regelungen und Schutzmaßnahmen sowie Entlastung und Unterstützung für die Kindertagesbetreuung, um Schließungen zu verhindern.

Wolfgang Stadler, Bundesvorstandsvorsitzende der AWO, erklärt dazu: „Die flächendeckenden Schließungen während des ersten Lockdowns haben viele Familien an ihre Grenzen gebracht. Wir müssen unter allen Umständen verhindern, dass sich diese Situation angesichts der verschärfenden Pandemieentwicklung wiederholt. Die Kitas müssen geöffnet bleiben.“

Zu Beginn der Pandemie waren deutschlandweit Kitas geschlossen worden, während es kaum Unterstützungsangebote für die betroffenen Familien und keine Alternativen gegeben hatte, um die verpassten Angebote frühkindlicher Bildung auszugleichen. Gleichzeitig mussten Sicherheits- und Hygienekonzepte für Kitas erst entwickelt werden, um den Betrieb wieder sicher aufnehmen zu können.

Stadler: „Seit dem ersten Lockdown haben wir viel dazu gelernt. Es gab wichtige Diskussionen und zum Beispiel mit dem Corona-Kita-Rat kommen wertvolle Impulse für die Aufrechterhaltung der Kindertagesbetreuung während der Pandemie. Jetzt ist die Zeit gekommen, dem Taten folgen zu lassen. Weder die Eltern und Kinder noch die Mitarbeitenden dürfen sich selbst überlassen werden.“

Dafür seien es bundeseinheitliche verbindliche Regelungen und umsetzbare Schutzmaßnahmen nötig. Dazu zählten laut Arbeiterwohlfahrt eine sinnvolle Teststrategie, klare Vorgaben zum Umgang mit Krankheitssymptomen und Unterstützung durch die Gesundheitsbehörden.

„Die letzten Monate haben unseren Mitarbeiter*innen sehr viel abverlangt. Wir erleben sie in ihrer Arbeit als hochengagiert und haben ihnen viel zu verdanken“, so Stadler, „Aber ihre Situation ist angespannt, Corona lässt uns den Fachkräftemangel deutlich spüren und bereits jetzt lassen sich teilweise massive Personalausfälle in den Einrichtungen verzeichnen. Wir brauchen schlicht mehr Personal, wenn wir eine pandemiekonforme Kinderbetreuung gewährleisten wollen. Für den kommenden Winter braucht es daher schnelle Lösungen, klare Regeln und Unterstützung in der Umsetzung von weiteren Maßnahmen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 16.10.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk verurteilt die geplanten deutschlandweiten Aktionen der Initiative „Querdenken 711“ vor Schulen gegen das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung auf das Schärfste. „Nach unseren Informationen sollen Kinder nächsten Montag auf dem Schulweg angesprochen, und ihnen eine unwirksame Maske mit einem Logo der Initiative und eine CO2-Messung unter dieser Maske angeboten werden, um auf die angebliche Gefährlichkeit und Unwirksamkeit der Masken hinzuweisen. Das ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes eine perfide Instrumentalisierung von Kindern zur Durchsetzung politischer Interessen. Dem muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln ein Riegel vorgeschoben werden“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Das Deutsche Kinderhilfswerk ruft alle Eltern in Deutschland dazu auf, ihre Kinder auf die geplante Aktion hinzuweisen und ihnen den Rücken zu stärken, damit sie sich nicht verunsichern lassen. Auch wenn das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung nicht immer angenehm ist, lässt uns der Infektionsschutz leider derzeit keine andere Wahl. Wir fordern die Verantwortlichen der Initiative ‚Querdenken 711‘ unmissverständlich auf: Finger weg von unseren Kindern!“, so Krüger weiter.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes muss alles dafür getan werden, damit das Recht auf Bildung in Schulen und Kitas während der Corona-Pandemie gewährleistet bleibt. Dazu gehört auch das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum, um die steigende Zahl von Infektionen zu reduzieren und somit vor allem Risikogruppen zu schützen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 05.11.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert im Vorfeld der heutigen Bund-Länder-Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder, den Interessen und Bedarfen der rund 11 Millionen Schülerinnen und Schüler in Deutschland Vorrang einzuräumen. Neben dem Gesundheitsschutz und den Interessen von Landesregierungen und Kultusbehörden müssen dabei auch soziale und kindheitspädagogische Aspekte berücksichtigt werden. Das Recht auf Bildung muss während der Corona-Pandemie gewährleistet bleiben, hier ist der Bund gefordert, die Länder und Schulträger bei der Offenhaltung der Schulen auch finanziell zu unterstützen. Die Schulträger sollten gemeinsam mit den Schulkonferenzen situationsangemessene Entscheidungen treffen können, wie sie diese finanzielle Unterstützung des Bundes einsetzen, um das Lernen in Zeiten der Pandemie weiterhin zu ermöglichen. Auch die Kitas in Deutschland brauchen Unterstützung, um ihrem Bildungsauftrag weiter nachkommen zu können.

„Mit den Geldern könnten beispielsweise alternative Räumlichkeiten für den Schulunterricht angemietet werden, um eine Entzerrung der räumlichen Enge in vielen Schulen zu ermöglichen. Und auch die Anschaffung von Luftfilteranlagen kann ein wichtiger Baustein für die Offenhaltung der Schulen sein. Das darf nicht an den Kosten scheitern“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Neben finanziellen Zusagen zur Unterstützung der Bildungseinrichtungen muss die Handlungsfähigkeit von Schulen und Kitas auch über bürokratiearme und praxisnahe Formen der Lehr- und Lerndigitalisierung und vor allem durch personelle Aufstockungen unterstützt werden. Zusätzlich muss dauerhaft gewährleistet werden, dass sich alle Beschäftigten in Schule und Kita regelmäßig und kostenfrei auf das Corona-Virus testen lassen können, auch wenn sie symptomfrei sind. Informationen über die jeweiligen Verfahrensweisen und ausgewählte Standorte für eine Testung müssen für Beschäftigte transparent und zugänglich sein. Daneben müssen alternative Modelle wie „Grüne Klassenzimmer“, pädagogische Konzepte wie „Waldschulen“ und „Waldkitas“ oder Kooperationen mit außerschulischen Bildungseinrichtungen wie Jugendfarmen in die Überlegungen einbezogen werden.

„Wir brauchen endlich umfassende Konzepte, um bei den derzeit stark steigenden Infektionszahlen in der Fläche komplette Schließungen der Bildungseinrichtungen zu verhindern. Notwendig ist dafür ein Expertenrat mit Verantwortlichen aus Gesundheits- und Bildungsbehörden unter Einbezug von Schülerinnen und Schülern sowie von Fachkräften und Elternverbänden, um in regelmäßigen Abstimmungen und einem Erfahrungsaustausch das Ineinandergreifen von Maßnahmen sowie den gemeinsamen Umgang mit bildungspolitischen Folgen der Corona-Krise zu gewährleisten“, so Hofmann.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. vom 28.10.2020

Zum Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder ruft der Kinderschutzbund dazu auf, Kitas und Schulen offen zu halten.

Angesichts der steigenden Infektionszahlen ist der Kinderschutzbund besorgt über die Lage von Kindern und Jugendlichen. Bundeskanzlerin Merkel hat verlauten lassen, dass in den morgigen Beratungen härtere Maßnahmen zu Gunsten der Offenhaltung von Schulen und Kitas vereinbart werden müssten. Hierzu erklärt Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers:

„Die Bundeskanzlerin setzt die richtigen Prioritäten. Die Schließung von Kitas und Schulen muss – anders als im ersten Lockdown – die ultima ratio sein. Ich rufe die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten daher auf, die morgigen Beratungen in diesem Sinne zu führen und konsequent gegen die Verbreitung des Coronavirus vorzugehen. “

Der Kinderschutzbund hat Verständnis für die Herausforderungen der Güterabwägung.

„Mir ist sehr bewusst, wie existentiell Einschränkungen etwa im Bereich der Gastronomie sind. Wirtschaftliche Ausfälle können aber mit staatlichen Hilfen abgefedert werden. Eine erneute Schließung von Kitas und Schulen hingegen wird Eltern, insbesondere Mütter, erheblich belasten. Die Rechte der Kinder auf Bildung und Förderung sind dann nicht mehr garantiert. In familiären Krisensituationen kann außerdem nur ein funktionierendes soziales Netz aus Kinderärztinnen und- ärzten, Lehrerinnen und Lehrern sowie Erzieherinnen und Erziehern den Schutz von Kindern gewährleisten. “, fügt Hilgers hinzu.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V. vom 27.10.2020

Die eaf begrüßt, dass Kinderkrankentage und der Unterstützungsbedarf von Familien mit Kindern heute im Plenum des Deutschen Bundestages Thema sind. Mit einem Gesetzentwurf und zwei Anträgen sucht die Opposition nach Lösungen für Familien, die mit den derzeitigen Ansprüchen auf Kinderkrankengeld und Entschädigungen voraussichtlich nicht gut durch die Pandemie kommen werden. In den kommenden Herbst- und Wintermonaten ist mit einer weiterhin deutlich erhöhten Belastung der Eltern zu rechnen, die kranke Kinder betreuen oder Schul- und Kitaschließungen auffangen müssen.

Die Ausweitung der Kinderkrankentage ist derzeit bis Ende 2020 befristet. „Die zusätzlichen Belastungen für Familien werden nicht pünktlich zum Jahresende vorbei sein, Familien benötigen deshalb eine sichere Perspektive. Noch in diesem Jahr sollte daher beschlossen werden, dass auch in 2021 dreißig Kinderkrankentage genommen werden können“, so Dr. Martin Bujard, Präsident der eaf. „Zusätzlich sollte die Attestpflicht ausgesetzt werden, um Eltern und Kinderarztpraxen gleichermaßen zu entlasten.“

Vor dem Hintergrund der wieder ansteigenden Infektionszahlen muss die Lage der Familien
stärker als zu Beginn der Pandemie in den Mittelpunkt gerückt werden. Die eaf kritisiert, dass
bei den Lockerungen des Lockdowns im Frühjahr Fitnessstudios, Friseure, Baumärkte und Anderes
Vorrang vor der Wiedereröffnung von Schulen, Kitas und Spielplätzen hatten. Kinder und
Jugendliche gehörten zu den letzten Gruppen, für die schrittweise Lockerungen beschlossen
wurden. Ihre Bedürfnisse wurden dadurch vernachlässigt, die psychosozialen Folgen fehlender
Kontakte unterschätzt und die Verschärfung von Bildungsungleichheit in Kauf genommen.
Rettungsschirme für die soziale Infrastruktur kamen zuletzt oder gar nicht. „Eine solche niedrige
Priorisierung von Familien darf sich nicht nochmal wiederholen“, so Bujard. Die eaf macht sich
deshalb dafür stark, im aktuellen Pandemiegeschehen die Aufrechterhaltung der Infrastrukturen
für Kinder und Jugendliche mit politischem Nachdruck zu unterstützen und für funktionierende
Hygienekonzepte zu sorgen.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 28.10.2020

Minijobsektor in Deutschland ist seit Arbeitsmarktreform 2003 stark gewachsen – Immer mehr Menschen üben Minijob als Zweitjob aus – Geringe Absicherung sorgt in Krisen wie der Corona-Pandemie für schnelle Jobverluste – Reform der Minijobs ist überfällig

Die Corona-Krise hat für viele geringfügig Beschäftigte, die sogenannten MinijobberInnen, gravierende Folgen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Um 850000 oder zwölf Prozent lag die Zahl der MinijoberInnen im Juni 2020 demnach niedriger als ein Jahr zuvor. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist im selben Zeitraum um lediglich 0,2 Prozent gesunken. Der entscheidende Unterschied: Beschäftige in Minijobs haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Zudem erhalten viele nur einen befristeten oder gar keinen Arbeitsvertrag. Und schließlich sind von den Einschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie vor allem Branchen mit einem hohen Anteil an Minijobs betroffen, beispielsweise das Gastgewerbe oder die Veranstaltungsorganisation. Von denjenigen, die im Jahr 2019 ausschließlich einen Minijob hatten, ist im Frühjahr 2020 fast die Hälfte keiner bezahlten Tätigkeit mehr nachgegangen.

„MinijobberInnen verlieren in einer Wirtschaftskrise vergleichsweise schnell ihre Beschäftigung, deshalb trifft sie die derzeitige Situation besonders hart – sie gehören auf jeden Fall zu den VerliererInnen der coronabedingten Rezession“, sagt Markus Grabka, Mitglied im Direktorium des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) am DIW Berlin. „Doch auch unabhängig davon ist eine Reform der Minijobs überfällig. Der Bereich der geringfügigen Beschäftigung ist in den vergangenen Jahren sehr groß geworden, und gleichzeitig hat sich oftmals die Hoffnung, Minijobs könnten eine Brücke in normale sozialversicherungspflichtige Jobs sein, nicht erfüllt“, so Grabka.

Minijobs werden häufig von Frauen ausgeübt

Insgesamt ist die Zahl der MinijobberInnen seit den Arbeitsmarktreformen Anfang des Jahrtausends enorm gestiegen: In den Jahren 2003 bis 2019 um 43 Prozent auf 7,6 Millionen, wie Grabka und seine Co-Autoren Konstantin Göbler und Carsten Braband anhand von Daten des SOEP, der Minijobzentrale und der Bundesagentur für Arbeit zeigen. Knapp 19 Prozent aller ArbeitnehmerInnen in Deutschland waren damit zum Stichtag im Juni des vergangenen Jahres geringfügig beschäftigt. Zählt man sämtliche in einem Kalenderjahr ausgeübten Minijobs, die nicht selten nur auf wenige Wochen oder Monate angelegt sind, liegt die Zahl sogar noch höher – im Jahr 2018 beispielsweise bei etwa 13 Millionen.

Besonders auffällig ist, dass immer mehr Menschen einen Minijob als Nebentätigkeit ausüben. Im Jahr 2019 traf dies auf rund drei Millionen zu, ein Anteil von 39 Prozent an allen Minijobs. Im Jahr 2003 waren es nur 17 Prozent. Offenbar sind immer mehr ArbeitnehmerInnen auf einen Hinzuverdienst in Form eines Minijobs angewiesen. Dafür spricht auch der vergleichsweise geringe Bruttolohn von rund 1700 Euro, den solche MinijobberInnen in ihrer Haupttätigkeit erhalten. Die Zahl der Personen, die einem Minijob als Haupttätigkeit nachgehen, ist hingegen zwischen 2003 und 2019 fast unverändert geblieben. Darunter befinden sich vor allem Frauen – ihr Anteil beträgt zwei Drittel. MinijobberInnen leben insgesamt häufiger in den westdeutschen Ländern und sind überdurchschnittlich oft jünger als 25 Jahre oder älter als 65 Jahre.

Absenkung der Minijobschwelle ist ein möglicher Reformschritt

Nach Ansicht der Studienautoren stellt sich angesichts des enorm gewachsenen Minijobsektors die Frage, ob diese Jobs durch die Befreiung von Steuern und Sozialabgaben überhaupt privilegiert sein sollten. Das Sprungbrett in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist ein Minijob oftmals nicht, das Problem der drohenden Altersarmut bleibt bei vielen MinijobberInnen ungelöst. Hinzu kommt, dass die Minijob-Regelungen in Kombination mit dem Ehegattensplitting und der beitragsfreien Mitversicherung für EhepartnerInnen sehr starke Anreize für verheiratete Frauen setzen, keine Beschäftigung oberhalb der Minijobgrenze aufzunehmen.

„Nötig sind Anreize, mehr Minijobs in sozialversicherungspflichtige und somit besser abgesicherte Jobs umzuwandeln“, sagt Grabka. Denkbar sei beispielsweise, die Minijobschwelle von derzeit 450 auf 300 Euro pro Monat abzusenken. Damit würde den Unternehmen immer noch ein gewisses Maß an Flexibilität zum Abarbeiten von Auftragsspitzen oder für klassische Nebentätigkeiten wie die Zeitungszustellung geboten. Außerdem sollte den Studienautoren zufolge die Sozialabgabenpflicht für Minijobs, die als Nebentätigkeit ausgeübt werden, wieder eingeführt werden – von diesem Privileg profitieren nämlich auch höhere Einkommensgruppen, die darauf gar nicht angewiesen sind.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 04.11.2020

Die Corona-Pandemie vergrößert die soziale Ungleichheit in Deutschland. Denn von Einkommensverlusten sind überdurchschnittlich oft Menschen betroffen, die schon zuvor eine schwächere Position auf dem Arbeitsmarkt hatten. So haben Personen mit Migrationshintergrund bislang häufiger an Einkommen eingebüßt als Personen ohne familiäre Zuwanderungsgeschichte. Erwerbstätige mit ohnehin niedrigen Einkommen sind stärker betroffen als solche, die bereits vor der Pandemie mehr Geld zur Verfügung hatten. Auch wer in einem atypischen oder prekären Job arbeitet, etwa als Leiharbeiter oder Minijobberin, hat im Zuge der Krise häufiger Einkommen verloren als stabil Beschäftigte. Ebenso sind Eltern öfter mit Einkommensverlusten konfrontiert als Kinderlose. Das ergibt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung auf Basis einer Panel-Befragung von mehr als 6000 Erwerbspersonen, also Erwerbstätigen sowie Arbeitslosen.*

Es zeige sich, „wie die Krise bereits bestehende soziale Ungleichheiten verschärft, da sie vor allem jene trifft, die auch vor der Krise über eher geringe Ressourcen verfügten“, schreiben Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI, und ihr Ko-Autor Dr. Andreas Hövermann. Gleichzeitig machten die Befragungsdaten deutlich, dass bewährte Schutzmechanismen auch in der Ausnahmesituation der Covid-Krise funktionieren, betonen sie. So mussten Beschäftigte, die in Betrieben mit Tarifvertrag und Betriebsrat arbeiten, im Vergleich seltener auf Einkommen verzichten. Es komme auf den Zugang zu solchen Absicherungen an. Wenn der bei vielen Menschen eingeschränkt sei, könne das negative Folgen für die Demokratie haben, warnen die Wissenschaftler. Ein Indiz dafür: Befragte, die durch Einkommensverluste belastet sind, beurteilen die politische und soziale Situation in Deutschland insgesamt deutlich kritischer. Und sie zeigen sich im Durchschnitt empfänglicher für Verschwörungsmythen zur Pandemie.

Für ihre Untersuchung haben Kohlrausch und Hövermann die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung ausgewertet. Dafür wurden in zwei Wellen im April und Ende Juni jeweils mehr als 6.000 Menschen wiederholt interviewt. Die Online-Umfrage bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. Das erlaubt es, die Betroffenheit von Einkommensverlusten und die Wahrnehmung von (mangelnder) sozialer Gerechtigkeit bei der Pandemie-Abwehr detailliert auszuleuchten:

Knapp ein Drittel berichtet von Einkommensverlusten

Rund 32 Prozent der mehr als 6000 zweimal Befragten gaben an, im April und/oder im Juni durch die Pandemie Einkommenseinbußen erlitten zu haben. Im Zeitverlauf stieg der Wert von 18,5 Prozent im April auf 26 Prozent im Juni. Parallel zur Lockerung der Kontaktbeschränkungen in diesem Zeitraum sank aber gleichzeitig der Anteil der Personen, die befürchteten, in naher Zukunft Einkommen zu verlieren. Unter dem Strich sagten im April knapp 49 Prozent, sie hätten entweder bereits Einkommen eingebüßt, oder sie rechneten damit. Im Juni waren es gut 44 Prozent, was die leichte Entspannung der Situation widerspiegelt. Männer berichteten im April etwas häufiger als Frauen von Einkommenseinbußen, dieser Unterschied verliert sich aber im Zeitverlauf weitgehend.

Mit Migrationshintergrund häufiger Einbußen, Tarif und Mitbestimmung schützen

In einem zweiten Analyseschritt haben die Forscherin und der Forscher über Regressionsrechnungen für verschiedene Personengruppen untersucht, ob sie über- oder unterdurchschnittlich oft von Einkommensverlusten betroffen sind. Dabei rechneten sie Hintergrundfaktoren wie beispielsweise unterschiedliche Bildungsniveaus oder die Beschäftigung in verschiedenen Branchen heraus, so dass auch vermeintlich kleine Differenzen beim jeweiligen Merkmal eine erhebliche Bedeutung haben können.

Das gilt beispielsweise für den Migrationshintergrund: Befragte mit einer familiären Zuwanderungsgeschichte haben um knapp sechs Prozent häufiger Einkommen eingebüßt als Befragte ohne diesen Hintergrund. Ein besonders auffälliger Befund, betont WSI-Direktorin Kohlrausch: „Menschen mit Migrationshintergrund leiden spürbar häufiger finanziell unter der Pandemie, unabhängig etwa von ihrem Schulabschluss oder Qualifikationsniveau. Möglicherweise ist das ein Indiz für Diskriminierungsprozesse.“ Ebenfalls signifikant und problematisch ist nach Analyse von Kohlrausch und Hövermann, dass Eltern um sieben Prozent häufiger auf Einkommen verzichten mussten als Kinderlose.

Auch wer schon vor der Corona-Krise ein niedriges Einkommen hatte, musste dazu noch überdurchschnittlich oft Verluste verschmerzen. Wie ausgeprägt diese Belastung ist, zeigt sich, wenn man die Befragten je nach ihrem individuellen Nettoeinkommen in mehrere Gruppen einteilt. Mit absteigendem Einkommen nimmt die Quote der von Einkommensverlusten Betroffenen zu, und zwar, mit einigen Sprüngen, um durchschnittlich zwei Prozentpunkte je Gruppe. In einem leicht vereinfachten Analysemodell mit insgesamt neun Einkommensgruppen können Kohlrausch und Hövermann den Effekt noch detaillierter zeigen: So haben in der „unteren“ Einkommensgruppe mit maximal 900 Euro netto monatlich fast 48 der Befragten Einkommenseinbußen erlitten, während es in der „obersten“ Gruppe mit mehr als 4500 Euro netto knapp 27 Prozent waren (siehe Grafik in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

Über die Regressionsrechnungen lassen sich auch die Hintergründe von Einkommensverlusten analysieren: Wenig überraschend, waren Selbständige stark überdurchschnittlich betroffen, vor allem während der Geschäftsschließungen im April. Auch Arbeiterinnen und Arbeiter berichteten etwas häufiger von Einkommenseinbußen. Bei ihnen wie bei anderen abhängig Beschäftigten war Kurzarbeit ein häufiger Grund für reduzierte Einkommen – deutlich vor einem Jobverlust in der Pandemie. „Kurzarbeit ist ein sehr wertvolles Instrument, um in der Krise Beschäftigung zu sichern. Aber die Daten zeigen auch, dass die Beschäftigten dafür einen Preis zahlen“, sagt Forscher Hövermann dazu. Die Datenanalyse macht zudem deutlich, dass Erwerbstätige am deregulierten Rand des Arbeitsmarktes besonders von der Krise getroffen sind, während andererseits tarifliche Schutzmechanismen und Mitbestimmung greifen. So berichteten Befragte in Leiharbeit oder Minijobs jeweils um rund elf Prozent häufiger von Einkommensverlusten als Befragte, die nicht in Leiharbeit beschäftigt sind. Hingegen fiel das Risiko bei unbefristeter Beschäftigung oder in Unternehmen mit Tarifvertrag und Betriebsrat signifikant niedriger aus.

Menschen mit Einkommensverlust sorgen sich öfter um Demokratie – und glauben eher an Instrumentalisierung von Corona

Fragen zu Belastungen, Sorgen und individuellen Deutungen in der Corona-Krise sind ebenfalls Teil der Erwerbspersonenbefragung. Führt man die Antworten mit den Daten zu Einkommensverlusten zusammen, zeigt sich nach Analyse von Kohlrausch und Hövermann ein deutlicher Trend: Befragte, die Einkommensverluste erlitten haben, machen sich nicht nur weitaus häufiger Sorgen um ihre eigene wirtschaftliche Situation (rund 31 Prozent vs. acht Prozent bei Befragten ohne Einbußen), sie sehen auch größere Gefahren für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie in Deutschland. So sorgten sich im Juni 38 Prozent der Befragten mit und 31 Prozent ohne Einbußen um die Entwicklung der sozialen Ungleichheit im Land. 40 Prozent mit vs. 32 Prozent ohne Einkommensverluste äußerten Bedenken „dass die Einschränkungen der Grundrechte“ nach der Krise nicht vollständig zurückgenommen würden.

„Offensichtlich wird, dass sich diejenigen, die individuell negative ökonomische Krisenfolgen erlitten haben, auch in ihrem Blick auf die Gesellschaft als Ganzes von denjenigen ohne Einbußen unterscheiden – und zwar, indem sie sich deutlich sorgenvoller bis demokratiekritischer äußern“, konstatieren Kohlrausch und Hövermann. Das gehe bei manchen soweit, dass die Empfänglichkeit für Verschwörungsmythen spürbar erhöht ist. So stimmten im Juni von den Befragten mit Verlusten knapp 45 Prozent der Aussage zu: „Ich kann mir vorstellen, dass die Pandemie von Eliten benutzt wird, um die Interessen von Reichen und Mächtigen durchzusetzen.“ Unter denen, die keine Einbußen erlitten hatten, waren es 36 Prozent. Solche Werte sollten unbedingt ernst genommen werden, mahnen Kohlrausch und Hövermann: „Vor dem Hintergrund des Befundes, dass Gehaltseinbußen sowie die Wahrnehmung einer ungleichen Verteilung der Krisenlasten auch gesamtgesellschaftlich destabilisierend wirken können, ist es zentral, bei weiteren Maßnahmen zur Krisenbewältigung nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die Entwicklung der sozialen Gerechtigkeit im Blick zu haben.“

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 29.10.2020

Alle Zahlen zeigen: Partnerschaftsgewalt findet verstärkt in der Coronakrise statt. Die Beratungsanfragen beim bundesweiten Hilfetelefon liegen 20 Prozent über den Zahlen des Vorjahres. Die Berliner Gewaltschutzambulanz der Charité behandelte bereits im Juni 2020 30 Prozent mehr und schwerere Fälle als im Jahr zuvor. Für Frauen und ihre mitbetroffenen Kinder ist es umso wichtiger zu wissen, dass Beratung, Schutz und Hilfe jederzeit garantiert werden.

Die AWO hat ein Forderungspapier für die Sicherstellung der Hilfeangebote gegen Gewalt an Frauen erarbeitet. Sie fordert darin den überregionalen und schnellen Zugang zu Schutz, Hilfe und Beratung, sofortige Corona-Testmöglichkeit für Frauenhäuser und eine finanzielle Absicherung der Mehrbedarfe an Räumlichkeiten und Fachpersonal.

Wolfgang Stadler, AWO-Bundesvorsitzender, erklärt hierzu: „Gewaltbetroffene Frauen sollen die Gewissheit haben, dass sie die Gewaltsituation jederzeit verlassen können und Schutz, Hilfe und Beratung erhalten. Gewaltschutz muss durch die Gesellschaft grundsätzlich gesichert sein. Frauengewaltschutz ist systemrelevant. Dafür brauchen wir eine entsprechende Ausstattung und Unterstützung während der Pandemie.“

Steigende Infektionszahlen erschweren es vielen Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, sich über Hilfen zu informieren. Fehlende soziale Außenkontakte, die Angst vor Ansteckung und die Nähe zum gewalttätigen Partner hemmen die Entscheidung, Hilfe in Anspruch zu nehmen oder Zuflucht in einer Schutzeinrichtung zu suchen.

Die AWO als Teil des bundesweiten Gewaltschutznetzes bietet in vielen Frauenhäusern und weiteren Schutzwohnungen sowie in zahlreichen Fachberatungsstellen Unterkunft, Notfallhilfe, telefonische und digitale Beratung und Begleitung an. Allein in den Frauenhäusern der AWO finden jedes Jahr mehr als 1.500 Frauen und 1.600 Kinder Zuflucht vor häuslicher Gewalt.

Das Forderungspapier können Sie unter folgendem Link herunterladen: https://www.awo.org/frauen-muessen-vor-gewalt-geschuetzt-werden-auch-waehrend-der-corona-pandemie

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 23.10.2020

Vertreter der Bundesregierung und zivilgesellschaftlicher Organisationen kommen heute zum zwölften Integrationsgipfel zusammen. Im Zentrum der Beratungen steht die Corona- Pandemie. Dazu erklärt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie:

„Die vergangenen Monate haben gezeigt: Corona trifft die am härtesten, die ohnehin mit den größten Problemen zu kämpfen haben. Dazu zählen die Geflüchteten in den Lagern an den EU-Außengrenzen, aber auch in Deutschland, die teils noch immer in beschämenden Zuständen leben müssen. Wo Menschen auf engstem Raum leben müssen, hat das Virus leichtes Spiel. Auch deshalb müssen wir von der menschenverachtenden Politik wegkommen, eine Flucht nach Europa so beschwerlich wie möglich zu machen.“

Lilie zufolge trägt die Bundesregierung mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine besondere Verantwortung, für pandemiefeste Lebensbedingungen in den Lagern zu sorgen. Das Gleiche gelte auch für die oft viel zu vollen Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland. Es ist notwendig, die Belegung in den Unterkünften so zu organisieren, dass im Infektionsfall nicht wie im Frühjahr mehrere hundert Flüchtlinge zusammen unter Quarantäne gestellt werden müssen.

Zudem sind unbedingt Kettenquarantänen zu vermeiden, wobei Flüchtlinge die Unterkünfte über Wochen nicht verlassen können.

„Wir dürfen außerdem nicht zulassen, dass Corona die bisherigen Integrationserfolge zurückwirft“, betont Lilie. So würden etwa die Beschäftigungsmöglichkeiten wegen der Pandemie immer weiter eingeschränkt: „Hier braucht es dringend gemeinsame Anstrengungen von Politik und Arbeitgebern, um die Wege in den Arbeitsmarkt offen zu halten.“ Außerdem müssten die Menschen in den Lagern besser über die Gefahren einer Ansteckung aufgeklärt werden, ergänzt

Lilie: „Nur wer verlässliche Informationen über die Pandemie und Schutzmöglichkeiten bekommt, kann sich und andere schützen. Dazu brauchen wir eine direktere Ansprache der Menschen in ihrer jeweiligen Landessprache.“

„Flüchtlingslager dürfen keine Hotspots für Corona werden“, unterstreicht Lilie.

„Das Virus macht keinen Unterschied zwischen Geflüchteten und den bereits hier lebenden Menschen – wir sollten dies auch nicht tun und sie genauso gut vor der Pandemie schützen.“

Hintergrund:

Deutschland ist Einwanderungsland. 21 Millionen Einwohnende sind im Laufe ihres Lebens in die Bundesrepublik eingewandert, oder ihre Eltern sind es.

Koordiniert durch die Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration erarbeitet die Bundesregierung einen neuen Nationalen Aktionsplan Integration.

Er soll bestehende Integrationsangebote bündeln, ergänzen, weiterentwickeln und steuern. Bis zum Ende der Legislaturperiode will die Bundesregierung dabei den Integrationsprozess in sogenannten Phasen Eins bis Fünf abbilden – von „Vor- Zuwanderung“ im Herkunftsland über Erstintegration und Arbeitsmarkteingliederung bis zum „Zusammenwachsen“ und „gesellschaftlichen Zusammenhalt“.

Die Diakonie Deutschland beteiligt sich mit einem Kernvorhaben zur Internationalen Migrationssozialarbeit am NAP Integration.

Diakonietext Einwanderung und Einwanderungspolitik https://www.nationaler-aktionsplan-integration.de/napi-de

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 19.10.2020

Angesichts eines erneut drohenden Lockdowns mahnt der Paritätische Wohlfahrtsverband, hilfebedürftige Menschen in besonderen Krisensituationen nicht aus den Augen zu verlieren. Auch während eines Lockdowns müsse gewährleistet sein, dass Menschen in Not umfassende Hilfe, Beratung und Schutz erhalten. Der Verband fordert die Politik auf, alles dafür zu tun, dass entsprechende Angebote unter Wahrung des Infektionsschutzes weitgehend offen gehalten werden können und wo nötig Ausweichmöglichkeiten geschaffen werden. Auch Soforthilfen für Betroffene dürften kein Tabu mehr sein.

Der Paritätische warnt, dass in den vergangenen Monaten zwar vielfach digitale Notlösungen in der sozialen Arbeit geschaffen wurde, diese aber nicht alle Menschen erreichen und in vielen Fällen den persönlichen, “analogen” Kontakt auch nicht ersetzen können. “Viele Angebote, beispielsweise in der Gesundheitsselbsthilfe, der Schwangerschaftskonfliktberatung oder der Suchtberatung, sind inzwischen digital erreichbar und nach den letzten Monaten auch erprobt. Was für den Friseur gelten mag, ist bei der sozialen Arbeit umso offensichtlicher: Persönliche Gespräche und Präsenzkontakte sind nie vollständig durch digitale Angebote zu ersetzen. Nicht jede*r Betroffene hat den nötigen digitalen Zugang, nicht jede persönliche Krise lässt sich virtuell lösen”, warnt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Gerade in Krisenzeiten seien einsame, kranke und psychisch belastete Menschen auf ergänzende Hilfesysteme und persönliche Kontakte angewiesen.

In vielen Fällen gehe es zudem um praktische Unterstützung und Leistungen, die nicht virtuell zu ersetzen sind, mahnt der Verband und verweist exemplarisch auf Notunterkünfte für Obdachlose, Essensausgaben der Tafeln, Rehakurse für chronisch Kranke oder auch psychiatrische Tageskliniken oder Tagespflegeeinrichtungen, die alle im Rahmen des ersten Lockdowns im Frühjahr von Schließungen bzw. massiven Einschränkungen betroffen waren. Die Folgen für die Betroffenen waren dramatisch. “Es muss sichergestellt sein, dass jeder Mensch, der Hilfe braucht, diese auch während der Corona-Pandemie erhält. Keinesfalls dürfen wir in Kauf nehmen, dass Menschen in existenzieller Not, Pflegebedürftige oder Menschen mit chronischen Erkrankungen während eines erneuten Lockdowns auf der Strecke bleiben”, so Schneider.

Der Verband appelliert an die Politik, alles dafür zu tun, dass entsprechende Hilfsangebote unter Wahrung des Infektionsschutzes weitgehend offen gehalten werden können, sei es durch Zugang zu Schnelltests und Schutzausstattung, Förderung des Ausbaus krisentauglicher, auch digitaler Angebote, finanzieller Absicherung über das Jahresende hinaus und wo nötig der Schaffung von Ausweichmöglichkeiten im Falle von temporär angeordneten Schließungen (Beispiel: Obdachlosenunterkünfte). Darüber hinaus dürften auch Soforthilfen für Betroffene kein Tabu mehr sein. “Arme Menschen müssen durch finanzielle Hilfe in die Lage versetzt werden, existenzielle Grundbedürfnisse auch während dieser Krise zu decken”, so Schneider.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 28.10.2020

SCHWERPUNKT III: Internationaler Tag zur Beseitigung von Armut

Anlässlich des morgigen Internationalen Tages zur Beseitigung von Armut fordert das ZFF verbesserte Leistungen für Familien und Kinder in prekären Lebenslagen.

Hierzu erklärt Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF: „Gerade vor dem Hintergrund steigender Infektionszahlen, neuer Kontaktbeschränkungen und der Gefahr zunehmender wirtschaftlicher und sozialer Krisenfolgen ist es unerlässlich, endlich schnelle Hilfen für arme Familien bereit zu stellen. Denn die Schwächeren in der Gesellschaft tragen derzeit eine Last, die sie kaum noch schultern können.

Viele arme Eltern sind ohnehin erschöpft, denn sie versuchen mit aller Kraft, dass ihre Kinder möglichst wenig unter ihrer Geldnot leiden. In Zeiten der Corona-Pandemie wird dies fast unmöglich. Es fehlt an Geld für neue technische Endgeräte und es fehlt an Raum für die Kinder und Jugendlichen, um in Ruhe Schularbeiten zu machen oder ungestört zu lesen. Viele Eltern fühlen sich darüber hinaus überfordert, die Aufgaben von Schule und Hort zu Hause mit ihren Kindern alleine zu bewältigen und ihre Kinder entsprechend zu fördern.“

Altenkamp fährt fort: „Angesichts der aktuellen Krisensituation muss daher sichergestellt werden, dass die Regelsätze krisenbedingt aufgestockt und alle Kinder und Jugendlichen über technische Endgeräte verfügen, die für ein reibungsloses Lernen zu Hause geeignet sind. Auch braucht es verstärkt Infrastrukturangebote, wie etwa die Familienbildung, die Familien bei der Bewältigung ihrer täglichen Aufgaben in dieser Ausnahmesituation unterstützen können.

Darüber hinaus appelliert das ZFF an die Politik, endlich konkret über eine Reform der Familienförderung nachzudenken. Seit 2009 setzt sich das ZFF gemeinsam mit einem breiten Bündnis für eine Kindergrundsicherung ein, die viele Familienleistungen bündelt, das derzeitige System vom Kopf auf die Füße stellt und alle Kinder besser fördert!“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 16.10.2020

„In Deutschland hat Armut ein gravierendes Ausmaß angenommen: jedes fünfte Kind ist von Armut betroffen. Der Anteil der über 64-Jährigen, die armutsgefährdet sind, stieg in den vergangenen 15 Jahren von 11 auf 15,7 Prozent. Zugleich wächst der Besitz der Superreichen: auf der Welt gibt es nun 2.153 Milliardäre, während rund 690 Millionen Menschen hungern und ganze zwei Milliarden an Mangelernährung leiden. Bei der Armutsbekämpfung wurden keine Fortschritte gemacht, im Gegenteil – in den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der hungernden Menschen weltweit um 60 Millionen erhöht. Auch die aktuelle Corona-Krise trifft die Ärmsten am härtesten. Statt Rüstungswettlauf und Geschenke an Großkonzerne brauchen wir eine seriöse und effiziente Strategie zur Armutsbekämpfung“, erklärt Zaklin Nastic, menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des Internationalen Tages für die Beseitigung der Armut am 17. Oktober. Nastic weiter:

„Für Deutschland fordert DIE LINKE eine Erhöhung des Mindestlohns, eine sanktionsfreie Mindestsicherung und eine Mindestrente von 1050 Euro. Um dies zu finanzieren, muss abgerüstet werden, und die Superreichen müssen endlich ihren Anteil daran tragen. Aber auch weltweit brauchen wir eine Entwicklungspolitik, die soziale, wirtschaftliche und kulturelle Menschenrechte wie das Menschenrecht auf Wohnen, auf Teilhabe und auf ein würdiges Leben in den Vordergrund stellt. Die erschreckende Armutsentwicklung weltweit hat die internationale Gemeinschaft zu verantworten. Länder wie Deutschland und die USA geben Unmengen an Geld für Aufrüstung aus, während die Armutsbekämpfung auf der Strecke bleibt. In Deutschland werden für die Rettung der Lufthansa neun Milliarden Euro Steuergeld ausgegeben – ohne eine Garantie für den Erhalt von Arbeitsplätzen zu bekommen. Zugleich lässt man die Armen die Kosten der Corona-Krise tragen und die Mittelschicht verarmen. Das ist absurd, unverantwortlich und muss ein Ende haben.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 16.10.2020

Die Arbeiterwohlfahrt warnt vor einer sich verschärfenden sozialen Spaltung in Folge der Corona-Pandemie. Zum morgigen Internationalen Tag für die Beseitigung von Armut fordert sie entschlossenes Handeln der Politik. Anderenfalls drohe eine erheblich steigende Ungleichheit, so Jens M. Schubert, Bundesgeschäftsführer des Verbandes.

Bereits vor der Pandemie war jeder sechste Mensch in Deutschland von Armut bedroht oder betroffen, darunter vor allem junge Menschen, Alleinerziehende, Menschen ohne Bildungsabschluss und Erwerbslose. Zudem arbeitet etwa ein Viertel der Beschäftigten im Niedriglohnsektor und mehr als eine Million Menschen verdient sogar so wenig, dass das Gehalt mit Hartz-IV aufgestockt werden muss. Die Arbeiterwohlfahrt geht davon aus, dass das Armutsrisiko in den kommenden Monaten steigen und auf weitere Bevölkerungsgruppen übergreifen wird.

„Im Moment agieren Politik und Gesellschaft im Krisenmodus mit einem Fokus auf den akuten Problemen. Das ist auch richtig, um die alarmierende Entwicklung unter Kontrolle zu bringen. Wir beobachten aber mit Besorgnis, dass sich unter dem Radar soziale Schieflagen verschärfen, deren Folgen uns spätestens im kommenden Jahr vor große Herausforderungen stellen werden“, erklärt Schubert dazu, „Schon jetzt brechen vielerorts die Strukturen weg, um die Schutzlosesten in unserer Gesellschaft aufzufangen: Beratungsstellen, Sozialstationen oder Obdachlosenunterkünfte können nicht mehr oder nur eingeschränkt Angebote machen. Und angesichts drohender Entlassungen und ausstehender Insolvenzen wird sich die Armutslage in den nächsten Monaten dramatisch zuspitzen. Wir glauben, dass wir bald sehr viel mehr Menschen in unseren Beratungsstellen sehen werden, die bisher niemand auf dem Schirm hat.“

Die Arbeiterwohlfahrt fordert daher, die soziale Infrastruktur auf diese Entwicklung auszurichten und sich bereits jetzt mit den nötigen arbeits- und sozialpolitischen Maßnahmen zu befassen. Schubert: „Rettungsschirme bringen den Sozialstaat vielleicht durch die Krise. Wir müssen aber die sozialen Sicherungssysteme und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen viel grundlegender weiterentwickeln, wenn wir wirkungsvolle Instrumente gegen die zunehmende Armut haben wollen. Anderenfalls wird die Schere zwischen Arm und Reich noch massiver als bisher auseinanderklaffen. Das ist ein Nährboden für die Populisten am rechten Rand. Wir sind deshalb verpflichtet, uns der drohenden Entwicklung anzunehmen. Nicht nur, um individuelles Leid zu verhindern, sondern auch, um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft nicht zu gefährden.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 16.10.2020

Anlässlich des Internationalen Tages für die Beseitigung der Armut am 17.10. fordert nak-Sprecher Gerwin Stöcken, die Lebenslagen armer Menschen stärker sichtbar zu machen und ihre Perspektiven politisch besser zu berücksichtigen. Weitgehend unbemerkt habe die Coronakrise die Lebenslagen vieler Menschen zugespitzt.

Gerwin Stöcken: „Armut und soziale Ausgrenzung ist für viele Menschen in Deutschland bittere Realität. Armut bedeutet, sich ständig Sorgen um das Nötigste zu machen und irgendwie über die Runden zu kommen. Echte soziale Teilhabe ist mit Armut nicht möglich. Während die Menschen um Würde und ein Stück Normalität kämpfen, begegnet ihnen Unverständnis, Abgrenzung und Vorurteile. Allzu oft bleibt die Not der Menschen daher unsichtbar und ihre Forderungen ungehört. Die Sozialpolitik muss daher hinschauen, zuhören und handeln. Es ist auch eine Haltungsfrage, wie Politik und Gesellschaft mit ihren ärmsten Gesellschaftsmitgliedern umgeht.“

In Deutschland gilt als arm gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltseinkommens zur Verfügung hat. Aktuell ist fast jeder sechste Menschbzw. rund 13 Millionen Menschen betroffen. Während die Ungleichheit von Einkommen und Vermögen weiter steigt, hat sich die Armutslücke, also der Betrag, der armen Haushalte bis zur Armutsrisikoschwelle fehlt, in den letzten Jahren deutlich vergrößert. Auch der aktuelle Gesetzentwurf zur Regelbedarfsermittlung zementiert Armut und vergrößert die Armutslücke weiter. Hinzukommt verdeckte Armut, bei der die betroffenen Menschen von wohlfahrtsstaatlicher Unterstützung nicht erreicht werden. Die Coronakrise hat diese Situation verschärft.

„Weitgehend unbemerkt hat die Coronakrise die Lebenslagen vieler Menschen zugespitzt. Auch wenn die Bundesregierung richtige und wichtige Maßnahmen zur Abfederung der gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie beschlossen hat, wurden die Bedarfe und Lebenssituationen armer Menschen häufig zu wenig berücksichtigt. Das muss sich ändern! Daher ist es so wichtig, auch die politische Teilhabe von Menschen mit Armutserfahrung zu stärken und ihre Erfahrungen und Perspektiven bei politischen Vorhaben, während der Coronakrise aber auch darüber hinaus, systematisch einzubeziehen.“

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 16.10.2020

Im Interview gibt SOS-Schulsozialarbeiterin Anne Luther einen Einblick, wie Armut den Alltag von Kindern und Jugendlichen in Berlin-Moabit prägt.

Armut hat viele Gesichter und trifft Kinder und Jugendliche als schwächste Mitglieder der Gesellschaft besonders hart – darauf möchte SOS-Kinderdorf e.V. zum Welttag zur Beseitigung der Armut am 17. Oktober aufmerksam machen. Die aktuellen Zahlen geben Grund zur Beunruhigung: Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung prägt Armut den Alltag von mehr als einem Fünftel aller Kinder in Deutschland, das sind 21,3 Prozent bzw. 2,8 Mio. Kinder und Jugendliche unter 18. Die Corona-Pandemie verschärft die Lage zusätzlich: Geldnöte entstehen durch den plötzlichen Verlust von Arbeitsplätzen und Konflikte in Familien eskalieren auf engem Wohnraum schneller. An der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule in Berlin-Moabit erlebt Anne Luther, Schulsozialarbeiterin beim SOS-Kinderdorfverein, täglich unmittelbar die Auswirkungen von stark ausgeprägter sozialer Ungleichheit. Im Interview gibt sie einen Einblick in ihren Alltag vor Ort.

Frau Luther, welche Ausprägungen von Armut begegnen Ihnen bei Ihrer Arbeit?

Was Armut bedeutet, ist ja nicht einheitlich definiert. Wenn damit relative Einkommensarmut gemeint ist, so haben wir es als Team des sozialpädagogischen Bereichs vom SOS-Kinderdorf an der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule in Berlin-Moabit viel mit Familien zu tun, die arm sind – deren Einkommen also weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens beträgt. Kinder und Jugendliche sind nach wie vor die am häufigsten von Armut betroffene Altersgruppe. In der aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung gilt als arm, wer in einer Familie aufwächst, die Leistungen nach dem SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende – erhält. Demnach ist ein Viertel aller Berliner Kinder arm. In Berlin-Mitte, wo ich arbeite, sind es sogar 40 Prozent. Ich bevorzuge einen umfassenderen Armutsbegriff, der Lebensbereiche wie Wohnen, Ernährung, Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe einbezieht. Allen voran auch den Bereich Bildung; der Zusammenhang zwischen Bildung und Armut ist hinreichend belegt. Aus dieser Sicht ist Armut eher eine extreme Ausprägung sozialer Ungleichheit und kann sich in vielfältiger Weise zeigen: Eine Schülerin lebt mit acht Menschen auf knapp 60 Quadratmetern, ein Schüler bekommt nur in der Mensa der Schule ein warmes Mittagessen und eine weitere Schülerin schwänzt regelmäßig den Sportunterricht, weil sie sich für ihre alten Turnschuhe schämt. Hier wird deutlich: Armut beschränkt die Gestaltung des Alltags in vielen Bereichen. Armut kann beschämen, ausgrenzen und belasten. Deswegen frage ich nach den Sommerferien nicht: Wo warst du im Urlaub? Sondern: Was war gut an den Ferien? Was hat dir gefallen?

Hat Corona die Lage verschärft und wenn ja, wie genau ist das spürbar?

Viele der Jugendlichen, mit denen ich arbeite, leben in prekären sozio-ökonomischen Verhältnissen. Ihre Eltern arbeiten häufiger im Niedriglohnsektor und sind auf zusätzliche Unterstützungsangebote angewiesen. Von Hilfen wie dem Kurzarbeitergeld profitierten die meisten in der Pandemie nicht, und viele Einrichtungen wie Tafeln oder Kleiderkammern blieben geschlossen. Berlin bietet in „normalen Zeiten“ unzählige Möglichkeiten, Freizeitangebote für sehr wenig Geld oder vollkommen kostenlos zu nutzen: Bogenschießen im Jugendklub statt Tennis im Verein oder Beatboxing-Workshop in der Schule statt Geigenunterricht beim Privatlehrer. Der Zugang ist allerdings schon ohne Corona-Krise nicht ganz leicht: Anträge stellen, Nachweise erbringen, das sind durchaus Hindernisse. In der Pandemie fallen viele dieser Angebote nun gänzlich weg und somit ein Großteil der außerhäuslichen Unterstützung. Während der Schulschließungen waren viele der Jugendlichen erneut stärker benachteiligt: Zu Hause fehlt die notwendige technische Ausstattung und Unterstützung durch Lernförderung gibt es nicht. Viele Eltern sind überfordert, wenn sie plötzlich für fünf Kinder unterschiedlichen Alters die Lehrkraft sein sollen – in einer Sprache, die oft nicht ihre Muttersprache ist. Und in teils beengten Wohnverhältnissen finden diese Kinder und Jugendlichen keinen ruhigen Ort, um konzentriert zu lernen. Auch die Konflikte nehmen häufig zu, wenn Familien über viele Wochen hinweg auf engstem Raum zusammen sind. So kam es während des Lockdowns vermehrt zu Vernachlässigung und Gewalt.

Wie genau können Sie die betroffenen Kinder und deren Familien in der Schulsozialarbeit unterstützen?

Schulsozialarbeit löst nicht alle Probleme – das kann sie nicht. Sie ist jedoch auch weit mehr als die Betreuung von Jugendlichen außerhalb des Unterrichts. Häufig begegnet uns das vorurteilsbehaftete Bild der teekochenden und spielenden Schulsozialarbeiterin. Das Programm von „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“, in dem ich arbeite, ist aber viel mehr als das. Es ist zuallererst ein wirklich niedrigschwelliges Angebot der Jugendhilfe: Ich bin kontinuierlich vor Ort und kann mit den Jugendlichen in Kontakt kommen und Beziehungen aufbauen, kann auf einfachen Wegen Unterstützung anbieten oder veranlassen. Ich habe in meiner Arbeit den Anspruch, jede und jeden mit seinen Bedürfnissen ernst zu nehmen und bestmöglich zu unterstützen. Bei der Vielfalt der Beratungsanliegen ist ein gutes Netzwerk unerlässlich. Ein Träger wie SOS-Kinderdorf versammelt da schon viel Expertise unter einem Dach: Innerhalb der Schule arbeite ich im Team mit vier Erzieher*innen, darüber hinaus zum Beispiel mit den Kolleg*innen der Familien- und Erziehungsberatung oder aus unserem Jugendberatungshaus. Als die Schulen schlossen, war es nicht einfach, weiter mit den Jugendlichen und ihren Familien in Kontakt zu bleiben. Ich konnte nicht mehr im Treppenhaus fragen: Wie geht es dir? Einige meiner Jugendlichen waren zunächst vollständig von der Bildfläche verschwunden: Handynummer nicht erreichbar, E-Mailadresse nicht vorhanden – Schuldistanz total, trotz

vielfältiger digitaler Angebote. Also bin ich ganz analog auf mein Fahrrad gestiegen und habe an Haustüren geklingelt. Bei gemeinsamen Spaziergängen konnte ich mir ein Bild davon machen, wie es den Jugendlichen geht und ob es einen Hilfebedarf gibt. Ich habe Postkarten geschrieben und eine Beratungsbank im Kiez ins Leben gerufen und auf diese Weise den Kontakt aufrechterhalten.

Welche Lösungen würden Sie sich von politischen Entscheider*innen zur Bekämpfung von Kinderarmut wünschen?

Verantwortung hört nicht da auf, wo formal-rechtlich Chancengleichheit hergestellt ist. Vielmehr sollte sie da erst wirklich beginnen: bei der kontinuierlichen Überprüfung in der Praxis, ob Maßnahmen greifen und nachhaltig verändern, ob die Zielgruppen auch wirklich erreicht werden. Benachteiligte Kinder und Jugendliche haben nach der UN-Kinderrechtskonvention ein Recht auf Förderung und Teilhabe an der Gesellschaft. Zukunftsperspektiven sind für junge Menschen, die in prekären Bedingungen aufwachsen, von besonderer Bedeutung. Wir sollten uns alle die Frage stellen, ob unsere Gesellschaft es sich leisten kann, so viele junge Menschen zu verlieren – nicht nur moralisch, sondern auch wirtschaftlich. Damit das nicht passiert, brauchen wir auch in der Jugendhilfe viel mehr Ressourcen, mehr finanzielle Mittel und Personal. Nur so können wir die Angebote zur Unterstützung so vielfältig und individuell gestalten, wie die Zielgruppe es erfordert – und verdient. Das Gleiche ist nicht für jeden gleich gut. Meine Kolleg*innen und ich stellen häufig fest, dass unserer Zielgruppe vor allem die Lobby fehlt: Menschen, die sich für sie und mit ihnen stark machen, auf Missstände hinweisen. Die nicht müde werden, Armut und soziale Ungerechtigkeit zum Thema zu machen – laut und mit Nachdruck. Was nicht deutlich ausgesprochen wird, ist kein Thema – dann passiert auch nichts. Diese Lobbyarbeit können wir nicht allein leisten, hier sind wir auf Unterstützer*innen aus der Politik angewiesen.

Quelle: Pressemitteilung SOS-Kinderdorf e.V. vom 14.10.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Ministerin Giffey stellt über „Hilfesystem 2.0“ rund 3 Millionen Euro zur Verfügung

In der Sondersituation der Corona-Pandemie ist es besonders wichtig, dass gewaltbetroffene Frauen mit ihren Kindern schnell, unbürokratisch und zuverlässig Schutz und Beratung bekommen. Frauen, die zu Hause Gewalt erfahren, brauchen Rettungsanker wie das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen oder einen sicheren Zufluchtsort. Die rund 350 Frauenhäuser und über 600 Frauenberatungsstellen stehen durch die Corona-Auswirkungen wie viele andere soziale Dienste vor besonderen Herausforderungen und Belastungen. Ein besonderer Fokus der Maßnahmen des Bundesfrauenministeriums liegt deshalb darauf, die Erreichbarkeit der bestehenden Hilfsangebote auch unter den Bedingungen der COVID-19-Situation zu erhalten und zu verbessern.

Damit die Unterstützungseinrichtungen in der Coronazeit verstärkt Telefon-, Online- und Videoberatung anbieten können, hat Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey sich bereits zu Beginn der Pandemie mit Vertreterinnen des Hilfesystems für gewaltbetroffene Frauen ausgetauscht und Unterstützung zugesagt. Entstanden ist daraus das Projekt „Nachhaltiges technisches Empowerment von Fachberatungsstellen und Frauenhäusern in der Corona-Pandemie – Hilfesystem 2.0“, das von der Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK) umgesetzt wird. Das Bundesfrauenministerium fördert dabei eine bessere technische Ausstattung in Frauenhäusern und Fachberatungsstellen sowie Qualifizierungs- und Dolmetschleistungen. Dafür stehen mehr als drei Millionen Euro bereit. Die Förderung erfolgt im Bundesprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“.

Bundesfrauenministerin Giffey: „Die letzten Wochen und Monate haben deutlich gemacht, dass Frauenhäuser und Fachberatungsstellen neue und moderne Mittel brauchen, um gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder auch in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie Schutz und Hilfe zukommen zu lassen. Gemeinsam mit der Frauenhauskoordinierung e.V. knüpfen wir mit dem Projekt ‚Hilfesystem 2.0‘ an diese Anforderungen an. Wir bringen damit den Gewaltschutz ins digitale Zeitalter und machen ihn krisenfest. Die mehr als drei Millionen Euro, die im Rahmen des Bundesförderprogramms ‚Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen‘ zum Beispiel für eine bessere technische Ausstattung zur Verfügung stehen, sind ein echter Innovationsschub für die Beratungsstellen und Frauenhäuser, die nun verstärkt auf digitalen Kontakt setzen können. Damit leisten wir als Bund einen wesentlichen Beitrag dazu, dass das Hilfesystem auch in Krisenzeiten funktioniert. Ich möchte die Mitarbeitenden in den Frauenhäusern und Fachberatungsstellen ausdrücklich ermuntern, die entsprechenden Anträge einzureichen.“

Heike Herold, Geschäftsführerin der Frauenhauskoordinierung: „Trotz Corona-Lockdown haben die Frauenhäuser und Fachberatungsstellen seit Beginn der Pandemie verlässlich ihre Schutz- und Unterstützungsmöglichkeiten für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder aufrechterhalten. Sie haben Lösungen für umfangreiche Auflagen zum Infektionsschutz und teils vermehrte Hilfegesuche gefunden. Dafür gebührt ihnen hohe Anerkennung und eine Verbesserung ihrer oft desolaten Arbeitsbedingungen. Wir begrüßen sehr, dass diese systemrelevanten Einrichtungen mit dem Projekt ‚Hilfesystem 2.0‘ nun aus Bundesmittelen Unterstützung in dieser schwierigen Pandemie-Situation erhalten. Und zwar an einer Stelle, wo es angesichts der aktuellen Lage besonders wichtig ist: bei Ausstattung und Know-how für digitale Unterstützungsangebote.“

Anträge können ab sofort gestellt werden

Seit dem 15. Oktober können Frauenhäuser und Fachberatungsstellen über das Web-Portal ‚ProDaBa2020‘ nach einer Registrierung Förderanträge einreichen. Zuwendungsfähig sind Anschaffungen zur Verbesserung der technischen Ausstattung in Frauenhäusern, Frauenschutzwohnungen und Fachberatungsstellen, die aufgrund der Corona-Pandemie notwendig sind, Ausgaben für Maßnahmen zur Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die digitalen Herausforderungen durch die Pandemie sowie Honorare für die Nutzung professioneller Dolmetschdienste für die Unterstützung und Beratung von gewaltbetroffenen Frauen und Mädchen während der Corona-Pandemie. Förderanträge für die Finanzierung von technischer Ausstattung können bis zum 16. November 2020 übermittelt werden. Wird die Finanzierung von Qualifizierungs- und/oder Dolmetschleistungen beantragt, können Anträge bis zum 26. Februar 2021 eingereicht werden.

Das Projekt wird umgesetzt in enger Abstimmung mit dem Bundesverband Frauennotrufe und Frauenberatungsstellen e.V. und der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser. Weitere Informationen enthalten die Dokumente mit den Zuwendungskriterien und den Fragen und Antworten zum Projekt. Rückfragen zum Projekt beantworten die Mitarbeiterinnen der Frauenhauskoordinierung.

Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“

Das Projekt „Hilfesystem 2.0“ wird aus dem Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ finanziert, mit dem der Bund im Rahmen seiner Förderkompetenzen Länder und Kommunen bei der bedarfsgerechten Weiterentwicklung des Hilfesystems unterstützt. Insgesamt 120 Millionen Euro stehen für den Ausbau und die Modernisierung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen in den nächsten vier Jahren zur Verfügung. Das Bundesinnovationsprogramm ist 2019 mit der Förderung von fünf Projekten auf Bundesebene gestartet. Das Bundesfrauenministerium plant, bis 2022 jährlich zusätzlich fünf Millionen Euro für die Förderung innovativer Projekte zur Verfügung zu stellen.

Informationen zum Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ finden sich auf der Website: www.gemeinsam-gegen-gewalt-an-frauen.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.10.2020

Der Kinderzuschlag für Familien mit kleinen Einkommen wird zum 1. Januar 2021 deutlich erhöht: Er steigt von 185 Euro um 20 Euro auf bis zu 205 Euro pro Monat pro Kind. Nach dem gestern vom Bundestag beschlossenen „Zweiten Familienentlastungsgesetz“ wird das Kindergeld ab dem 1. Januar 2021 um 15 Euro erhöht. Das Kindergeld wird danach 219 Euro für das erste und zweite Kind, 225 Euro für das dritte Kind und 250 Euro ab dem vierten Kind betragen. Damit steht auch die Höhe des Kinderzuschlags von bis zu 205 Euro fest.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Der Kinderzuschlag, der zusätzlich zum Kindergeld gezahlt wird, ist eines unserer wichtigsten Instrumente im Kampf gegen Kinderarmut. Wenn Eltern mit kleinen Einkommen für die Existenzsicherung ihrer Kinder mehr brauchen, dann ist es gut und richtig, dass auch der Kinderzuschlag steigt. Deshalb haben wir im Starke-Familien-Gesetz vorgesehen, dass der Kinderzuschlag entsprechend der Entwicklung des Existenzminimums dynamisiert wird. Ab Januar 2021 haben Eltern, deren Einkommen für die ganze Familie kaum reicht, jeden Monat 20 Euro mehr pro Kind zur Verfügung. Sie erhalten den Kinderzuschlag von bis zu 205 Euro zusätzlich zum Kindergeld und zum Wohngeld. Sie können auch von den Kita-Gebühren befreit werden. Als Bundesfamilienministerin ist es eines meiner wichtigsten Ziele, jedem Kind die Chance auf ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen. Dass der Kinderzuschlag ankommt, zeigen auch die Zahlen: Seit Januar 2020 hat sich die Zahl der Kinder für die der KiZ gezahlt wird verdreifacht auf rund 900.000 Kinder. Der Anstieg bestätigt, dass die Reform des Kinderzuschlags durch das Starke-Familien-Gesetz, die Vereinfachung des Antrags und die Anpassungen im Rahmen des ,Notfall-KiZ‘ in der Corona-Zeit wirken.“

Existenzminimum und Dynamisierung des Kinderzuschlags

Der Kinderzuschlag sichert in Familien mit kleinen Einkommen gemeinsam mit dem Kindergeld und den Leistungen für Bildung und Teilhabe die Existenzgrundlage von Kindern. Im aktuellen 13. Existenzminimumbericht wird das monatliche sächliche Existenzminimum für das Jahr 2021 für Kinder mit durchschnittlich 451 Euro angegeben. Von diesem bezifferten Existenzminimum eines Kindes hängt seit der Dynamisierung des Kinderzuschlags durch das Starke-Familien-Gesetz, die zum 1. Januar 2021 das erste Mal greift, auch die Höhe des Kinderzuschlags ab. Der Höchstbetrag des Kinderzuschlags berechnet sich aus dem sächlichen Existenzminimum abzüglich des Kindergelds für das erste Kind und abzüglich des Betrags für Bildung und Teilhabe; maßgeblich sind die entsprechenden Beträge im Existenzminimumbericht.

Viele Entlastungen für Familien mit kleinen Einkommen

Der Kinderzuschlag unterstützt Eltern, die genug verdienen, um ihren eigenen Bedarf zu decken, aber deren Einkommen nicht oder nur knapp für die gesamte Familie reicht. Derzeit beträgt die Familienleistung pro Monat und Kind bis zu 185 Euro – sie wird zusätzlich zum Kindergeld gezahlt. Außerdem werden die Eltern von den Kita-Gebühren befreit und haben diverse andere finanzielle Vorzüge aus dem Bildungs- und Teilhabepaket: Das Schulbedarfspaket mit 150 Euro pro Kind pro Schuljahr, das ab 2021 auf 154,50 Euro pro Jahr erhöht wird, kostenlose Schülerfahrkarten, kostenloses Mittagessen in Kita und Schule und kostenlose Nachhilfe sowie einen monatlichen Zuschuss von 15 Euro für die Teilnahme an Sport-, Musik- oder Kunstangeboten.

Der Kinderzuschlag wurde mit dem Starke-Familien-Gesetz grundlegend ausgebaut. Auch die Anpassungen zum „Notfall-KiZ“ im Zuge der Corona-Krise helfen, dass der Kinderzuschlag bei vielen Kindern direkt ankommt. Außerdem hat sich infolge der Krise und der damit vielfach verbundenen Einkommenseinbußen der Kreis der Anspruchsberechtigten nochmals vergrößert, so dass mehr Familien Kinderzuschlag erreicht werden. Im Januar 2020 waren es noch 299.168 Kinder, die den Zuschlag erhalten haben – aktuell sind es 888.398 Kinder. Und schließlich helfen die verstärkte Bekanntmachung und die erfolgreiche Digitalisierung der Leistung, dass mehr Kinder den Kinderzuschlag bekommen. Um angesichts der anhaltenden Corona-Krise Familien mit kleinem Einkommen weiter zu unterstützen, wurde im Rahmen des Notfall-KiZ die erleichterte Vermögensprüfung im Kinderzuschlag bis 31. Dezember 2020 verlängert. Vermögen wird damit nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist.

Der Kinderzuschlag ist ein auf Dauer angelegtes Instrument – nicht zu verwechseln mit dem Kinderbonus – der Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro im Rahmen des Konjunkturpakets.

Kinderzuschlag-Anspruch prüfen und Antrag stellen

Mit dem KiZ-Lotsen der Familienkasse können Eltern und Alleinerziehende prüfen, ob der Kinderzuschlag für sie in Betracht kommt.

Fällt ihre Prüfung positiv aus, können sie den Antrag online bei der Familienkasse ausfüllen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.10.2020

Bayern ist als zehntes Bundesland der Bundesinitiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ des Bundesfamilienministeriums beigetreten. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey unterzeichnete in Berlin die entsprechende Kooperationsvereinbarung. Ab dem 01. November 2020 können somit auch in Bayern lebende Paare einen Förderantrag stellen.

„Jeder kann sich vorstellen, wie groß die Verzweiflung sein muss, wenn sich ein Paar sehnlichst ein Kind wünscht und wenn dies einfach nicht klappen will“, betont Bundesfamilienministerin Giffey anlässlich des Starts der Förderkooperation. „Deshalb ist es wichtig, dass wir ungewollt kinderlosen Paaren mehr Unterstützung anbieten und ihnen zugleich Mut machen: Kinderlosigkeit ist kein Makel, Kinderlosigkeit ist kein Tabu. Ich freue mich sehr, dass sich jetzt auch Bayern entschlossen hat, unserer Initiative beizutreten, um gemeinsam mit dem Bund Paare mit unerfülltem Kinderwunsch bei den Behandlungskosten zu entlasten. Schon körperlich und emotional ist eine solche Behandlung eine große Herausforderung. Daher sollten diese Paare nicht noch zusätzlich die hohen Kosten für die Kinderwunschbehandlungen alleine schultern. Wir können nicht garantieren, dass der Kinderwunsch so in Erfüllung gehen wird, aber wir können zumindest die finanzielle Belastung abmildern.“

Der Bund und der Freistaat Bayern gewähren heterosexuellen Paaren, die sich zur Erfüllung ihres Kinderwunsches einer Behandlung der In-vitro-Fertilisation (IVF) und Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) unterziehen müssen, ab sofort im ersten bis vierten Behandlungszyklus einen Behandlungskostenzuschuss in Höhe von bis zu 50 Prozent des verbleibenden Eigenanteils nach Abrechnung mit den Krankenkassen beziehungsweise den Beihilfestellen.

Bayerns Familienministerin Carolina Trautner unterstreicht: „Jedes Kind ist etwas Großartiges und ein Gewinn für unsere Gesellschaft. Viele Menschen erleben in ihren jungen Familien die neue Elternrolle als Bereicherung. Gleichzeitig kann ein unerfüllter Kinderwunsch für viele Paare eine starke Belastung werden. Es ist mir ein Herzensanliegen Paaren zu helfen, indem wir sie bei einer Kinderwunschbehandlung finanziell unterstützen. Mit unserem neuen Förderprogramm machen wir jetzt einen großen Schritt, um den Zugang zur Kinderwunschbehandlung zu erleichtern. Bei den ersten drei Behandlungen macht der Zuschuss pro Behandlung bis zu 900 Euro aus, wird eine vierte Behandlung notwendig verdoppeln wir den Zuschuss sogar auf bis zu 1800 Euro. Mit dieser starken finanziellen Unterstützung ermöglichen wir nun diesen Paaren sich ihren Herzenswunsch zu erfüllen.“

Gefördert werden verheiratete und nicht verheiratete Paare mit einem gemeinsamen Hauptwohnsitz in Bayern bei der ersten bis zur vierten Behandlung der In-Vitro-Fertilisation (IVF) sowie der Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI). Der Zuschuss beträgt bei der ersten bis zur dritten Behandlung bis zu 800 Euro (IVF) bzw. 900 Euro (ICSI) und bei der vierten Behandlung bis zu 1.600 Euro (IVF) bzw. 1.800 Euro (ICSI). Bund und Freistaat Bayern übernehmen jeweils die Hälfte. Die Kinderwunschbehandlung kann in Bayern oder einem angrenzenden deutschen Bundesland durchgeführt werden.

In Deutschland haben mehr als ein Drittel der Menschen zwischen 25 und 59 Jahren einen unerfüllten Kinderwunsch; nahezu jedes zehnte Paar ist auf reproduktionsmedizinische Unterstützung angewiesen, um Nachwuchs zu bekommen.

Neben Bayern beteiligen sich bereits die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen an der Bundesinitiative. Das Land Rheinland-Pfalz beabsichtigt einen Beitritt zur Bundesinitiative in 2021.

Die Bundesförderrichtlinie setzt eine Förderbeteiligung des Wohnsitz-Bundeslands des Kinderwunschpaares voraus, damit Bundes- und Landesmittel zur Auszahlung gelangen.

„Eine gute Familienpolitik muss auch jene Paare unterstützen, die gerne eine Familie gründen möchten, aber auf natürlichem Wege keine eigenen Kinder bekommen können. In dieser Legislaturperiode konnten wir bislang vier neue Förderkooperationen abschließen. Mit Rheinland-Pfalz wird im nächsten Jahr ein weiteres Land hinzukommen. Ich werbe nachdrücklich dafür, dass sich auch die verbliebenen Länder unserer Initiative anschließen, damit betroffene Paare in ganz Deutschland von den Bundes- und Landeszuschüssen profitieren können“, so Giffey.

Wie es den von ungewollter Kinderlosigkeit in Deutschland betroffenen Paaren geht und welche Hilfs- und Unterstützungsangebote sie sich wünschen, zeigt die vom Bundesfamilienministerium im September 2020 veröffentlichte Studie „Ungewollte Kinderlosigkeit 2020 – Leiden – Hemmungen – Lösungen“, die unter folgendem Link heruntergeladen werden kann: www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/ungewollte-kinderlosigkeit-2020/161020.

Der Antrag, Informationen zu den Fördervoraussetzungen sowie die Förderrichtlinien des Freistaates Bayern sind unter www.zbfs.bayern.de/foerderung/familie/kiwub/index.php abrufbar.

Informationen zur Bundesinitiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ finden Sie unter www.informationsportal-kinderwunsch.de.

Alle Ergebnisse der aktuellen Untersuchung „Ungewollte Kinderlosigkeit in Deutschland 2020“ finden Sie unter www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/neue-studie–kinderlose-frauen-und-maenner-haben-einen-hohen-informationsbedarf/160462.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.10.2020

Alle Steuerpflichtigen profitieren davon ab 2021

Der Finanzausschuss hat heute den Entwurf für das Zweite Gesetz zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen sowie den Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen abschließend beraten. Die 2./3. Lesungen im Bundestag finden morgen statt. Dazu erklären der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Andreas Jung, und die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Antje Tillmann:

Andreas Jung: „Erneut verhindern wir schleichende Steuererhöhungen durch kalte Progression. Die Anhebung der Freibeträge und die Verschiebung des Steuertarifs zu Gunsten der Steuerpflichtigen entlastet vom Azubi bis zum Unternehmer alle Steuerzahler. Es wird auch in den kommenden Jahren keine zusätzliche Belastung aufgrund der Inflationsentwicklung geben. Zudem werden das Kindergeld und der Pauschbetrag für Menschen mit Behinderung deutlich erhöht. Gemeinsam mit der bereits beschlossenen Abschaffung des Solis für die allermeisten Menschen betragen die steuerlichen Entlastungen ab dem kommenden Jahr knapp 25 Milliarden Euro jährlich. Die Bürgerinnen und Bürger haben so mehr Geld in der Tasche – und das nutzt auch wieder der Konjunktur!“

Antje Tillmann: „Neben Investitionen in die Infrastruktur wie Kindergärten und Schulen werden in dieser Legislaturperiode besonders Familien finanziell stark entlastet. Mit der nun beschlossenen weiteren Erhöhung des Kindergeldes um 15 Euro und der Anpassung der Kinderfreibeträge setzen wir ein zentrales Anliegen des Koalitionsvertrages um. Dazu haben wir aufgrund der Corona-Situation mit dem Familienbonus, der Erhöhung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende und der Verlängerung des Baukindergeldes Familien in der Krise geholfen. Mit dem Starke-Familien-Gesetz wurde bereits zuvor eine Milliarde Euro in den Kinderzuschlag investiert.

Neben der steuerlichen Entlastung für Familien war es der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch ein zentrales Anliegen, endlich die Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung zu erhöhen und somit an die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre anzupassen. Auch hier haben wir ein wichtiges Projekt des Koalitionsvertrags umgesetzt.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 28.10.2020

Zur Studie „Die stille Pandemie – Umweltgifte schädigen Kinder“ durch terre des hommes erklärt Dr. Bettina Hoffmann, Sprecherin für Umweltpolitik und Umweltgesundheit:

Kinder haben das Recht, in einer sauberen Umwelt aufzuwachsen. Kein Kind darf durch schlechte Luft oder Giftstoffe in Alltagsprodukten wie Spielzeug oder Kochgeschirr vergiftet werden.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Bei ihnen wirken sich gleiche Mengen, die sie aufnehmen, auf Grund des geringen Körpergewichts besonders stark aus. Ihre gesamte Entwicklung wird jetzt und für die Zukunft beeinflusst. Für eine zunehmende Zahl von Stoffen können ohnehin keine sicheren Grenzwerte ermittelt werden. Die Konsequenz: Alle Giftstoffe müssen konsequent aus allen Alltagsgegenständen verbannt werden. Das Ziel bleibt eine giftfreie Umwelt. Dies muss die Bundesregierung auf nationaler und internationaler Ebene mit Nachdruck verfolgen.

Erneut weist die Studie darauf hin, dass nach einer Studie des Umweltbundesamts bei 97 Prozent der untersuchten deutschen Kinder Plastikinhaltstoffe im Urin nachgewiesen wurden und rund ein Fünftel der Kinder mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) belastet sind. Wir fordern die Bundesregierung auf, Chemikalien wie Bisphenol A in Kochgeschirr und Lebensmittelverpackungen oder PFC in Papier und Pappe zu verbieten.

Die Gesundheit unserer Kinder muss besser geschützt werden. Dazu zählen auch, importierte Spielzeuge und andere Alltagsgegenstände regelmäßiger als bislang auf Giftstoffe zu kontrollieren. Es muss künftig gewährleistet sein, dass Produkte bei Grenzwertüberschreitungen konsequent aus dem Verkehr gezogen werden. Dafür braucht es endlich bundeseinheitliche Leitlinien für Produktrückrufe.

Die Studie zeigt, dass unfassbare 90 Prozent aller Kinder weltweit belasteter Luft ausgesetzt sind, die über den Grenzwertempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation liegt. Das betrifft auch Deutschland in hohem Maße. Die Bundesregierung muss die deutschen Grenzwerte für Feinstaub an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation anpassen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 28.10.2020

„Pflegende Angehörige schultern die Pandemie ohne Hilfe – alleingelassen von der Bundesregierung“, bekräftigt Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE, die Ergebnisse einer Studie der Universität Bremen für die DAK Gesundheit. Zimmermann weiter:

„Pflege durch Angehörige ist eine private Hilfeleistung, aber sie darf nicht zum privaten Problem werden. Ihre Unterstützung ist eine gesellschaftliche Aufgabe, bei der die Bundesregierung nicht erst in der Pandemie versagt. Bereits im Koalitionsvertrag hatte sie ein Entlastungsbudget versprochen, in dem Leistungen gebündelt werden und flexibel eingesetzt werden können. Das hätte in der Pandemie viel Bürokratie erspart, die pflegende Angehörige jetzt noch zusätzlich belastet. Für dieses Entlastungsbudget liegen aber nicht mal Pläne der Bundesregierung vor. Die wenigen kleinen Zugeständnisse, wie die zeitweilige Anhebung des Betrags für Verbrauchsmittel, werden dem gestiegenen Bedarf bei weitem nicht gerecht.

Mehr als drei Viertel aller Menschen mit Pflegebedarf werden in Deutschland in den eigenen vier Wänden betreut, die meisten von ihnen ohne professionelle Hilfe einzig durch ihre Angehörigen. Mitten in der Pandemie wurden diese pflegenden Angehörigen ignoriert, ihre Anliegen beiseite gewischt – dabei gingen sie schon vorher an den meisten Tagen über ihr Limit hinaus. Es ist eine Schande, aber leider nicht verwunderlich, dass sich nun sogar der Gesundheitszustand vieler pflegender Angehöriger verschlechtert. Sie zahlen den Preis für den Sparkurs der Bundesregierung.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 02.11.2020

Zum Kabinettsbeschluss zum Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote erklärt der kinder- und jugendpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Matthias Seestern-Pauly:

„Seit Jahren verspricht Familienministerin Giffey den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Doch statt nach mehrfachen Ankündigungen endlich einen Gesetzentwurf hierfür vorzulegen, diskutiert die Bundesregierung weiter nur über einmalige Kostenbeteiligungen. Die Ankündigungsministerin Giffey bleibt damit nach wie vor einen Fahrplan zur Umsetzung schuldig. Denn ohne Fachkräfte lässt sich das Ziel kaum verwirklichen. Wir müssen deshalb endlich den Erzieherberuf attraktiver machen und die Ausbildung professionalisieren. Die Fachkräfteoffensive einfach einzustampfen, war ein vollkommen falsches Zeichen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten vom 04.11.2020

Der Bundesrat hat am 6.November 2020 zu einem Gesetzentwurf Stellung genommen, mit dem die Bundesregierung das Elterngeld flexibler gestalten will.

Frühgeburten und Finanzierung

Korrekturen will die Länderkammer insbesondere bei den Regelungen zu Frühgeburten erreichen. Zwar begrüßt sie die Absicht, Eltern solcher Kinder einen längeren Leistungsbezug zu ermöglichen. Die Gewährung eines zusätzlichen Elterngeldmonates greife jedoch tief in die Systematik des Elterngeldes ein und mache das Gesetz unübersichtlich. Nach dem Willen der Länder soll daher stattdessen bei sechs Wochen vor dem errechneten Termin geborenen Kindern nicht auf den Zeitpunkt der Geburt abgestellt werden, sondern auf den Tag der Entlassung aus dem Krankenhaus. Da in diesen Fällen länger Mutterschaftsgeld bezahlt wird und der später beginnende Elterngeldbezug dann länger fortgesetzt werden kann, können betroffene Eltern dann mehr Leistungen erhalten.

Beteiligung des Bundes

Der Bundesrat fordert den Bund zudem auf, sich an den Kosten der zu Lasten der Länder und Kommunen neu geschaffenen Aufgaben zu beteiligen.

Was die Bundesregierung plant

Die während des Elterngeldbezugs und der Elternzeit zulässige Arbeitszeit soll von 30 auf 32 Wochenstunden angehoben werden. Der Partnerschaftsbonus für die parallele Teilzeit beider Eltern soll mit 24 – 32 Wochenstunden statt mit bisher 25 – 30 Wochenstunden gelten und vereinfacht werden.

Ein Antragsrecht für Eltern mit geringen selbständigen Nebeneinkünften soll diesen eine bessere Berücksichtigung ihrer Einnahmen ermöglichen. Eltern, die während des Elterngeldbezugs in Teilzeit arbeiten, müssen nur im Ausnahmefall nachträglich Nachweise über ihre Arbeitszeit erbringen. Grundsätzlich soll davon ausgegangen werden, dass sie die im Antrag angegebenen Arbeitsstunden nicht überschreiten.

Elterngeld sollen künftig nur noch Eltern erhalten, die bis zu 300.000 Euro (bisher 500.000) im Jahr verdienen. Für Alleinerziehende soll die Grenze weiterhin bei 250.000 Euro liegen.

Nächste Schritte

Die Stellungnahme des Bundesrates wurde der Bundesregierung zugeleitet, die eine Gegenäußerung dazu verfasst und dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt. Anschließend kommt das Gesetz noch einmal abschließend in den Bundesrat.

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates am 06.11.2020

Eine umfassende quantitative Angabe zum gesamten Ausmaß an Mietrückständen bei Wohn- und Gewerberaumvermietungen in Deutschland liegt der Bundesregierung nach eigenen Angaben nicht vor. Wie es in der Antwort (19/23812) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/23437) heißt, ist nach den der Bundesregierung bekannten Umfragen von Mieter- und Vermieterverbänden und nach Rückkopplung mit Mieter- und Vermieterverbänden ein nur geringer Anstieg der Mietrückstände im Wohnbereich infolge der Covid-19-Pandemie zu konstatieren. So habe beispielsweise eine Umfrage des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) ergeben, dass zwischen April und Juni 0,62 Prozent der Wohnraummietverhältnisse von Mietrückständen betroffen waren; im selben Zeitraum seien für zusätzlich 0,33 Prozent der Mietverhältnisse Stundungen beantragt worden. Die Bundesregierung begrüße die Kooperationsbereitschaft vieler Vermieterinnen und Vermieter von Wohnraum, heißt es weiter in der Antwort. Eine systematische Übersicht über entsprechende Vereinbarungen liege ihr nicht vor.

Das geringe Ausmaß an pandemiebedingten Mietausfällen bei Wohnraummieten zeigt laut Bundesregierung, dass sich die eingespielten Sozialsysteme für das Wohnen wie das Wohngeld und die Übernahme der Kosten der Unterkunft im Rahmen des Sozialgesetzbuches in Kombination mit weiteren Unterstützungsmaßnahmen in der Krise bewähren. Vor diesem Hintergrund werde auch für den weiteren Verlauf der Pandemie kein problematisches Ausmaß an Zahlungsschwierigkeiten bei Mieterinnen und Mietern erwartet. Gleichwohl beobachte die Bundesregierung weiter sorgfältig die Entwicklung zum Pandemiegeschehen und die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Über verlässliche Informationen zu pandemiebedingten Zahlungsschwierigkeiten, Mietschulden und Kündigungen bei Gewerbevermietungen verfüge die Bundesregierung nicht. Sie verfolge die Situation der Gewerbetreibenden sehr genau und prüfe ständig den Bedarf weiterer gegebenenfalls notwendiger Hilfs- und Unterstützungsleistungen.

Weiter heißt es in der Antwort, es seien derzeit keine weiteren Maßnahmen zum Schutz von Mieterinnen und Mietern von Wohnraum vor etwaigen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie geplant. Die Bundesregierung prüfe jedoch fortlaufend, ob weitere Maßnahmen zu ergreifen sind. Dies betreffe insbesondere erweiterte Unterstützungen von Gewerbemietern.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1206 vom 09.11.2020

Die Zahngesundheit bei Kindern hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren offenbar deutlich verbessert. Während laut einer Studie 1999 nur bei rund 42 Prozent der zwölfjährigen Kinder ein Gebiss ohne Karieserfahrung ermittelt wurde, lag die Zahl 2016 bei 81 Prozent, wie aus der Antwort (19/23684) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/23287) der FDP-Fraktion hervorgeht.

Damit verbunden war den Angaben zufolge auch eine erhebliche Reduktion der Karieslast. Eine starke Zunahme kariesfreier Gebisse bei zwölfjährigen zeigten auch die epidemiologischen Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe im Schuljahr 2015/2016 unter mehr als 300.000 Kindern. Demnach hatten 79 Prozent der Sechstklässler kariesfreie bleibende Gebisse.

Allerdings zeigten die Studien auch deutliche Unterschiede bei der Verbreitung von Karies zwischen Kindern aus unterschiedlichen sozialen Schichten.

Bei der fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS V) 2016 wurden erstmals Molaren-Inzisiven-Hypomineralisationen (MIH) erfasst. Dabei fand sich bei rund 29 Prozent der 12-Jährigen wenigstens ein Zahn mit MIH-Befund.

Bei 5,4 Prozent der Teilnehmer waren behandlungsbedürftige Formen der sogenannten Kreidezähne mit Defekten des Zahnschmelzes feststellbar. Die Ursachen und Wirkungszusammenhänge der MIH sind ungeklärt. Vermutet wird eine Kombination mehrerer Faktoren.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1192 vom 04.11.2020

Die FDP-Fraktion will für künftige Wahlen zum Bundestag und zum Europäischen Parlament auch 16- und 17-Jährigen das aktive Wahlrecht einräumen lassen. In einem Antrag (19/23926), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, das Alter zur Ausübung des aktiven Wahlrechts bei Wahlen zum Bundestag und zum Europaparlament auf 16 Jahre abzusenken.

Ferner wird die Bundesregierung in der Vorlage aufgefordert, „auf allen Ebenen ein Jugendparlament zu schaffen, in denen jeder Deutsche stimmberechtigt ist, der das aktive Wahlrecht dieser Ebene noch nicht erhalten hat“. Zudem soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion unter anderem Jugendlichen zusätzliche Partizipationsmaßnahmen ermöglichen sowie politische Bildung in Schulen stärken.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1188 vom 04.11.2020

Aus Sicht des Petitionsausschusses verdient das ehrenamtliche Engagement von Bürgern große Anerkennung und muss auch bei der Inanspruchnahme von Elterngeld Berücksichtigung finden. Daher verabschiedete der Ausschuss in seiner Sitzung am Mittwochmorgen einstimmig die Beschlussempfehlung an den Bundestag, eine dahingehende Petition an die Bundesregierung mit dem höchsten Votum „zur Berücksichtigung“ zu überweisen.

Die Petentin hatte in ihrer Eingabe verlangt, dass Aufwandsentschädigungen aus politischen oder sonstigen Ehrenämtern bei Leistungen nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz „nicht als selbständige Einkünfte bei der Berechnung des Elterngeldes herangezogen werden“. Zur Begründung verweist sie darauf, dass ihre ehrenamtliche Tätigkeit als Stadt- und Kreisrätin dazu führe, dass sie weniger Elterngeld erhalte als dies der Fall wäre, wenn sie lediglich ihren Beruf als Angestellte im öffentlichen Dienst ausüben würde. Dies läge daran, dass sie als selbständig Tätige eingestuft worden sei, da die ehrenamtlichen Aufwandsentschädigungen bei der Steuererklärung als Nebeneinkünfte angegeben wurden. Ein Widerspruchsverfahren habe jedoch zu keiner anderen Entscheidung der Behörde geführt, beklagt die Petentin. Ohne steuerpflichtiges selbständiges Einkommen sei es falsch, ihr bei der Berechnung des Elterngeldes den Berechnungszeitraum für Selbständige zugrunde zu legen, schreibt sie. Dies habe auch zur Folge gehabt, dass eine tarifliche Lohnerhöhung in dem Zwölf-Monats-Zeitraum vor Geburt des Kindes nicht bei der Berechnung ihres Elterngeldes berücksichtigt worden sei.

Der Petitionsausschuss verweist in der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) darauf, dass die Frage, ob Aufwandsentschädigungen von Stadt-und Kreisräten beim Elterngeld angerechnet werden, nach dem Steuerrecht beurteilt werde. Um Ehrenämter zu fördern, unterlägen diese steuerrechtlich nur dann der Einkommenssteuer, wenn – jedenfalls im Nebenzweck – die Erzielung positiver Einkünfte erstrebt werde. Keine „Einkunftserzielungsabsicht“ liegt vor, „wenn die Einnahmen in Geld oder Geldeswert lediglich dazu dienen, in pauschalierender Weise die Selbstkosten zu decken“. Solange und soweit Aufwandsentschädigungen für ein kommunales Ehrenamt nicht steuerpflichtig sind, dürften diese auch nicht für das Elterngeld berücksichtigt werden, schreibt der Ausschuss.

Als Bemessungszeitraum für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit seien die zwölf Kalendermonate vor dem Geburtsmonat des Kindes maßgeblich, heißt es weiter. Abweichend davon werde bei selbstständiger Erwerbstätigkeit der Einkommensteuerbescheid des letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraums vor der Geburt des Kindes herangezogen – also in der Regel das vorangegangene Kalenderjahr. Lagen in den zwölf Monaten vor der Geburt und/oder im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum „Mischeinkünfte“, das heißt Einkommen aus selbstständiger und aus nichtselbstständiger Tätigkeit vor, sei – wie bei den ausschließlich Selbstständigen – ebenfalls der letzte abgeschlossene Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes maßgeblich, „und zwar für beide Einkunftsarten“, teilt der Petitionsausschuss mit.

Die Abgeordneten machen deutlich, „dass das ehrenamtliche Engagement von Bürgern unseres Staates große Anerkennung verdient“. Das BMFSFJ plane derzeit eine weitere Reform des Elterngeldes. „Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, die Petition im Hinblick auf die Förderung des Ehrenamtes auch bei Inanspruchnahme von Elterngeld der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen“, heißt es in der Beschlussempfehlung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1187 vom 04.11.2020

Die Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ hat am Montagmittag in ihrer 27. Sitzung online über das Thema „Ausbildungsreife versus Berufswahlkompetenz“ beraten. Die externen Sachverständigen plädierten dafür, die berufliche Orientierung als einen Prozess zu sehen.

Der Sachverständigen Marc Thielen (Institut für Sonderpädagogik der Leibniz Universität Hannover) erläuterte, dass „Ausbildungsreife“ und „Berufswahlkompetenz“ die berufliche Orientierung als ein Entwicklungsgeschehen betrachten, in dessen Vollzug definierte Standards erreicht werden sollen. Während „Ausbildungsreife“ auf Alters- und Entwicklungsnormen rekurriere und Diskrepanzen zwischen dem Entwicklungsstand Jugendlicher und den Erwartungen von Ausbildungsbetrieben betrachte, gehe es bei der „Berufswahlkompetenz“ mehr um Lern- und Entwicklungsaufgaben mit einem Fokus auf den Bedingungen.

Der Begriff „Ausbildungsreife“ knüpfe thematisch an das ältere Konzept der Berufsreife an, sodass es um Mindestanforderungen zur Aufnahme einer Berufsausbildung gehe. Im Diskurs dominiere die individuelle Perspektive, strukturelle Fragen in Bezug auf das Berufsbildungssystem spielten kaum eine Rolle.

Bei der Berufswahlkompetenz stehe das Entwicklungsziel in Bezug auf die Berufs- und Zukunftsplanung sowie die Fähigkeiten im Fokus, die Jugendliche dafür benötigten. Bei der Orientierung bestünden keine grundsätzlichen Defizite, sondern vielmehr ungleiche Chancen zur Realisierung der beruflichen Ziele, sagte er weiter. Problematisch sei die „implizite Orientierung an linearen Entwicklungsmodellen und der „starke Fokus auf individuellen Persönlichkeitsmerkmalen“ bei Vernachlässigung biographischer und sozialer Aspekte. Thielen plädierte für mehr didaktische Angebote und pädagogische Begleitung, sodass Inklusion „der Weg und das Ziel beruflicher Orientierung und Bildung“ werde.

Sien-Lie Saleh vom Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) in Stuttgart sprach als Vertreterin der Bund-Länder-BA-Begleitgruppe der „Initiative Bildungsketten“ zu dem Gremium. Sie verwies auf die Ergebnisse der Sinus-Jugendstudie, die ein guter Einstieg seien, um die Hauptkritikpunkte des Katalogs zur Ausbildungsreife aus dem Jahr 2004 zu betrachten. „Damals gab es ein Überangebot an Ausbildungswilligen. Bereits seit zwölf Jahren gibt es aber mehr Ausbildungsplätze als Suchende“, sagte Saleh. Die Ausbildungschancen der Bewerber hingen oftmals von der Struktur der regionalen Ausbildungsangebote ab, zudem sei das Zeitfenster sich beruflich zu orientieren sehr klein: „Selbsteinschätzung muss man lernen und üben“, sagte sie und empfahl, die Konzepte stärker aufeinander abzustimmen und kohärente Systeme von der Grundschule bis zum Ende der weiterführenden Schule zu nutzen.

Es sei wichtig, die berufliche Orientierung als einen Prozess zu sehen, der altersgerechte Angebote bereitstelle und regelmäßig die Selbstreflexion fördere, sagte Saleh. Insbesondere mehrwöchige Praktika könnten zu realistischen Einschätzungen beitragen. Sie betonte auch, dass bereits die frühkindliche Erziehung „starken Einfluss auf Rollenbilder“ habe, sodass geeignete Formate der gendersensiblen und klischeefreien Selbsteinschätzung und Selbstreflexion bereits ab der Grundschule erprobt werden könnten. Auch eine Berufswahl-App oder webbasierte Potenzialanalyse könne die berufliche Orientierung stärken. „Berufswahlkompetenz wird ein Arbeitsleben lang benötigt“, sagte sie.

Weiter sei für die Förderung des direkten Übergangs in passende Ausbildungen für möglichst viele auch eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit nötig, da viele Instrumente noch nicht bei allen Akteuren bekannt seien.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1182 vom 02.11.2020

Der Finanzausschuss hat am Mittwoch das zweite Familienentlastungsgesetz beschlossen und dabei den steuerlichen Grundfreibetrag für 2021 im Vergleich zum ursprünglichen Regierungsentwurf nochmals angehoben. Außerdem steigt das Kindergeld ab 2021 um 15 Euro im Monat. Dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (19/21988, 19/22815) stimmten in der von der Koalitionsmehrheit vorher noch in einigen Punkten geänderten Fassung die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie die AfD-Fraktion zu. Die Fraktionen von FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich.

Nach dem Entwurf soll das Kindergeld zum 1. Januar 2021 für das erste und zweite Kind jeweils 219 Euro, für das dritte Kind 225 Euro und für das vierte und für jedes weitere Kind jeweils 250 Euro pro Monat betragen. Der steuerliche Kinderfreibetrag steigt von 5.172 Euro um 288 Euro auf 5.460 Euro. Der Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf eines Kindes wird um ebenfalls 288 Euro auf 2.928 Euro erhöht, so dass sich daraus eine Anhebung der zur steuerlichen Freistellung des Kinderexistenzminimums dienenden Freibeträge von derzeit insgesamt 7.812 Euro um 576 Euro auf einen Betrag von insgesamt 8.388 Euro ergibt.

Der steuerliche Grundfreibetrag von derzeit 9.408 Euro sollte nach dem Regierungsentwurf auf 9.696 Euro angehoben werden. Aufgrund des inzwischen vorliegenden Existenzminimumberichts hoben die Koalitionsfraktionen den Betrag für 2021 um 48 Euro auf 9.744 Euro an. 2022 steigt der Grundfreibetrag wie geplant weiter auf 9.984 Euro.

Änderungen gibt es bei der Rechtsverschiebung des Einkommensteuertarifs zum Ausgleich der „kalten Progression“. Diese Rechtsverschiebung beträgt im kommenden Jahr 1,52 Prozent, damit inflationsbedingte Einkommenssteigerungen nicht zu einer höheren individuellen Besteuerung führen. Sie sollte im Jahr 2022 1,52 Prozent betragen. Aufgrund der Daten des neuen 4. Steuerprogressionsberichts wurde die Rechtsverschiebung im Jahr 2022 auf 1,17 Prozent reduziert.

Die Erhöhung von Kindergeld und Freibeträgen sei eine gute Nachricht für Familien, stellte die CDU/CSU-Fraktion in der Aussprache fest. Es komme zu einer Entlastung von knapp zwölf Milliarden Euro. Die SPD-Fraktion betonte, die Anhebung des Kindergelds um 15 Euro helfe vor allem Familien mit kleinen und mittleren Einkommen. Die Entlastung falle insgesamt sogar stärker aus als vorgegeben. Die Kaufkraft werde dadurch gestärkt.

Die AfD-Fraktion bezeichnete die Erhöhung des Kindergeldes als völlig unzureichend. Die AfD-Fraktion wolle ein Familiensplitting und eine Erleichterung des Eigentumserwerbs, zum Beispiel durch eine Reduzierung der Grunderwerbsteuer.

Die FDP-Fraktion sagte zur angeblichen Überkompensation, die Erhöhung des Existenzminimums sei verfassungsrechtlich vorgeschrieben. Und die Berücksichtigung der kalten Progression beruhe auf einer Selbstverpflichtung des Deutschen Bundestages.

Die Linksfraktion kritisierte den Gesetzestitel. Es handele sich nicht um ein Gesetz zur Entlastung der Familien. Denn ausgerechnet die Familien mit Hartz 4-Leistungsbezug, in denen die Not am größten sei, hätten nichts von der Anhebung. „Da kriegt niemand einen Cent mehr“, kritisierte die Linksfraktion, die sich für eine Kindergrundsicherung aussprach und einen entsprechenden Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützte.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisierte, dass mit den Leistungen Familien mit hohen Einkommen gefördert würden, die das Geld nicht brauchen würden. Entlastet werden sollten jedoch nicht die Reichen, sondern kleine und mittlere Einkommensbezieher. Der Entschließungsantrag, in dem gefordert wird, an die Stelle von Kinderfreibetrag, Kindergeld, Kindergeldzuschlag und Sozialgeld eine für alle Kinder gleiche Kindergrundsicherung einzuführen, die nicht auf das Einkommen der Eltern angerechnet wird, wurde abgelehnt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1159 vom 28.10.2020

Ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Selbstbestimmte Lebensentwürfe stärken – Verantwortungsgemeinschaft einführen“ (19/16454) war Thema einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Montag. Nach dem Willen der Abgeordneten soll der Bundestag vor dem Hintergrund der zunehmenden Vielfalt der Lebensformen und Lebensentwürfe die Bundesregierung auffordern, Möglichkeiten zu schaffen, um die Lebensrealitäten der Menschen abzubilden. Menschen, die außerhalb einer Ehe oder von Verwandtschaft Verantwortung füreinander übernehmen wollen, sollten besser anerkannt und gefördert werden, heißt es in dem Antrag. Dazu soll neben der Ehe das Modell der Verantwortungsgemeinschaft im Bürgerlichen Gesetzbuch gesetzlich verankert werden.

Die fünf Sachverständigen bewerteten den Antrag differenziert. Die Direktorin des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Familienrecht an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Nina Dethloff, erklärte, die Vielfalt der Lebens- und Familienformen sei heute größer denn je und das geltende Recht werde dieser Vielfalt nicht mehr gerecht. Es sei daher nachdrücklich zu begrüßen, wenn dem durch neue Modelle auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse Rechnung getragen würde. Dazu zähle die Schaffung einer Verantwortungsgemeinschaft. Zugleich gelte es, Regelungsmodelle anderer Länder umfassend in den Blick zu nehmen und von den Erfahrungen zu profitieren.

Auch der Hamburger Rechtsanwalt Marko Oldenburger betonte in seiner Stellungnahme, dass die Vorschläge des Antrags den sich wandelnden Lebensrealitäten einschließlich neuer, vielfältiger Lebensführungsentwürfen entsprächen. Obwohl es voraussichtlich große Anstrengungen erfordern würde, die bestehende Vielfalt der Konstellationen in ein gesetzliches Modell zu integrieren, sei die Umsetzung in Anbetracht der damit verbundenen positiven Folgen in besonderem Maße wichtig, auch, um das deutsche Recht für die sich stellenden Aufgaben zu rüsten und an die sich entwickelnden Bedürfnissen der Menschen anzupassen.

Gudrun Lies-Benachib Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Frankfurt, erklärte, der vorliegende Antrag stelle teilweise zu Recht ein Bedürfnis dafür fest, auch für nicht verwandtschaftlich oder die Ehe begründete Gemeinschaften rechtlich verbindliche Konzepte festzuschreiben. Der Vorschlag schließe eine Lücke mit Regelungsbedarf nur für neue, nicht auf die klassische Paarbeziehung zwischen Liebenden zugeschnittene Lebensgemeinschaften. Eine standesamtlich registrierte Verantwortungsgemeinschaft sei nur für Beziehungen von Menschen sinnvoll, denen nicht mit der Ehe bereits jetzt ein Regelungskonzept zur Verfügung gestellt sei, das für das Zusammenleben und die Zeit nach dem Scheitern eine gerechte Verteilung von Aufgaben und Rechten vorsehe. Eine Wahlmöglichkeit zwischen Ehe und registrierter Verantwortungsgemeinschaft in den Konstellationen, in denen Menschen auch heiraten könnten, sei in den seltensten Fällen sinnvoll oder geboten.

Matthias Dantlgraber, Bundesgeschäftsführer des Familienbunds der Katholiken, begrüßte, dass der Antrag die Bedeutung der heute vielfältigen Familie für die Gesellschaft hervorhebt. Der Familienbund unterstütze es, wenn Menschen füreinander rechtlich verbindlich Verantwortung übernehmen wollen. Er habe aber Zweifel, so Dantlgraber, ob das vorgeschlagene Rechtsinstitut der Verantwortungsgemeinschaft im Ergebnis zu mehr Verbindlichkeit in der Gesellschaft führen würde. Vielmehr sieht er bei einem unverbindlicheren Konkurrenzinstitut zur Ehe die Gefahr, dass der Staat die im Grundgesetz unter „besonderen Schutz“ gestellte Ehe schwächen und den gesellschaftlichen Trend zu mehr Unverbindlichkeit aktiv verstärken und fördern würde. Vor allem aber wäre es nicht im Sinne der Kinder, für deren Entwicklung stabile Beziehungen von großer Wichtigkeit seien.

Zweifel am Sinn einer gesetzlichen Regelung äußerte auch Anatol Dutta von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Für Verantwortungsgemeinschaften jenseits der Ehe erschließe sich für ihn kein Bedarf. Statt einer „Ehe light“ sollte lieber das gesetzliche Ehemodell angepasst und dessen Vor- und Nachteile besser ausgeglichen werden. In dem Modell der Verantwortungsgemeinschaft sehe er eher Gefahren, sagte Dutta. Vor allem gehe es zulasten von Frauen.

Wie es in dem Antrag unter anderem heißt, soll eine Verantwortungsgemeinschaft durch mindestens zwei oder mehrere volljährige Personen, die nicht miteinander verheiratet, verpartnert oder in gerader Linie verwandt sind, möglichst unbürokratisch geschlossen werden können. Grundvoraussetzung der Verantwortungsgemeinschaft sei ein tatsächliches persönliches Näheverhältnis. Ein Zusammenleben sei hingegen nicht erforderlich.

Die Abgeordneten fragten unter anderem nach dem Bedarf für eine solche neue Regelung und interessierten sich vor allem für die rechtliche Abgrenzung von Ehe und Verantwortungsgemeinschaft und die damit verbundenen Schutzfunktionen für die Betroffenen. Nachfragen betrafen besonders die Stellung von Kindern in solchen Gemeinschaften, das Unterhaltsrecht sowie das Erbrecht.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1178 vom 02.11.2020

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vorgelegt (19/23707). Zum Schutz von Kindern schlagen die Fraktionen dem Entwurf zufolge Gesetzesänderungen vor, die auf einem ganzheitlichen Konzept gründen, das alle beteiligten Akteure in die Pflicht nimmt. Vorgesehen sind unter anderem die Verschärfung des Strafrechts, die Erweiterung der Ermittlungsbefugnisse, eine verbesserte Qualifikation der Jugendrichterinnen und Jugendrichter sowie der Jugendstaatsanwältinnen und -staatsanwälte sowie eine stärkere Prävention.

Mit einer begrifflichen Neufassung der bisherigen Straftatbestände des „sexuellen Missbrauchs von Kindern“ als „sexualisierte Gewalt gegen Kinder“ soll das Unrecht dieser Straftaten klarer umschrieben werden, wie es in der Vorlage heißt. Der Entwurf schlägt vor, den bisherigen Straftatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Straftatbestände aufzuspalten, um den Deliktsbereich übersichtlicher zu gestalten und entsprechend der jeweiligen Schwere der Delikte abgestufte Strafrahmen zu ermöglichen. Sexualisierte Gewalt gegen Kinder soll künftig bereits im Grundtatbestand als Verbrechen geahndet werden. Die Verbreitung, der Besitz und die Besitzverschaffung von Kinderpornographie sollen ebenfalls als Verbrechen eingestuft werden. Mit der Schaffung einer neuen Strafnorm soll zudem das Inverkehrbringen und der Besitz von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild unter Strafe gestellt werden. Zu den weitergehende Ermittlungsbefugnisse der Strafverfolgungsbehörden gehören Anpassungen der Straftatenkataloge der Telekommunikationsüberwachung, der Onlinedurchsuchung sowie bei der Erhebung von Verkehrsdaten.

Wie es in dem Entwurf heißt, gibt es aufgrund der Bedeutung des Themas derzeit mehrere Initiativen, die Vorschläge für gesetzgeberische Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes von Kindern vor sexualisierter Gewalt beinhalten. Diese Initiativen hätten jedoch zum Teil eine andere Ausrichtung, seien in ihrer Wirkung nicht zielgenau oder blieben hinter den mit dem Entwurf vorgeschlagenen Änderungen deutlich zurück. Der Bundestag berät am Freitag erstmals über den Entwurf.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1166 vom 29.10.2020

Bei Sachverständigen stößt das geplante Gesetz der Bundesregierung zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen (19/21987, 19/22776) überwiegend auf Zustimmung. Das zeigte eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Inneres und Heimat unter der Leitung des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Jochen Haug (AfD) am Montag.

Die Mehrheit der Experten begrüßten die Gesetzesinitiative, zu der die Fraktionen von CDU/CSU und SPD noch einen umfangreichen Änderungsantrag vorgelegt hatten, als gelungenes Beispiel für andere, in Zukunft noch zu digitalisierende Verwaltungsleistungen.

So betonte etwa Uda Bastians, Beigeordnete beim Deutschen Städtetag, mit Blick auf das Onlinezugangsgesetz in ihrer Stellungnahme zunächst, Ziel aller Bemühungen um die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen sei eine „vollständige Digitalisierung“. Ein „digitales Interface“ für die Bürger als Nutzer reiche nicht aus, wenn anschließend die erhobenen Daten „händisch“ innerhalb der Verwaltung weiterverarbeitet werden müssten. Ziel sei es, Bürgern und Behörden einen Mehrwert zu bieten. In dieser Hinsicht sei der vorliegende Entwurf für ein Digitale-Familienleistungen-Gesetz ein „Meilenstein“. Es zeige exemplarisch, wie eine digitale Verwaltung aufgebaut sein solle. Allerdings monierte Bastians, dass die Vorlage des Entwurfs drei Jahre gedauerte habe. Das sei angesichts der noch zu digitalisierenden „574 Verwaltungsleistungen“ viel zu lang.

Lobend äußerte sich auch Dirk Heckmann, Professor für Recht und Sicherheit der Digitalisierung an der TU München: Der Gesetzentwurf verfolge mit der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen einen wichtigen Zweck, denn diese spare Zeit, reduziere den Aufwand für Bürger und Behörden und verbessere letztlich auch die Validität der Daten. Die einzelnen Regelungen seien zudem „schlüssig und zielführend“. Positiv bewertete Heckmann insbesondere die mit dem Änderungsantrag vorgesehene Möglichkeit, neben einem Bürgerkonto auch ein Organisationskonto zum Beispiel für Unternehmen oder Institutionen einzurichten. Dies trage zur Nutzerfreundlichkeit bei. Eine Inkonsistenz sah er hingegen bei der geplanten Regelung der Bekanntgabe-Fiktion. Diese sei im Entwurf und im geplanten OZG unterschiedlich geregelt und sei „zu überdenken“.

Moritz Karg, Leiter des Referats Grundsatzfragen der Digitalisierung und des E-Government im Digitalisierungsministerium des Landes Schleswig-Holstein, empfahl wiederum, das vorgesehene Erfordernis einer Einwilligung für die Übermittlung personenbezogener Daten im Entwurf zu streichen. „Wenn Sie das Ziel des Gesetzes, Verwaltungsvereinfachung und Nutzerfreundlichkeit auch für Behörden, ernst nehmen, dann sollten Sie das Einwilligungserfordernis nicht aufrechterhalten“, sagte Karg. Denn dieses führe zu großem Verwaltungsaufwand, da jede einzelne Stelle die Einwilligung „erhalten, vorhalten und managen“ müsse. Er plädierte stattdessen dafür, für die datenschutzrechtlich geforderte Legitimation zur Datenverarbeitung eine „klare, transparente und zweckbezogenen Rechtsgrundlage“ zu schaffen.

Dem widersprach Gabriel Schulz, stellvertretender Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit in Mecklenburg-Vorpommern: Die Einwilligung sei eine der grundlegenden Rechtsgrundlagen, die die Datenschutzgrundverordnung vorgebe. „Insofern gibt es keine Veranlassung, davon abzusehen.“ Die Regelung im Gesetzentwurf, sei „genau der richtige Kompromiss“. Kontrovers beurteilten die Sachverständige auch die geplante Nutzung der Steuer-ID als zentrale Personenkennziffer, vor der Datenschützer bereits ausdrücklich warnen: So sagte auch Experte Schulz, er sehe die Bestrebungen im Zuge des geplanten Registermodernisierungsgesetzes einen einheitlichen „Identifier“ einzuführen, mit Sorge. Sie würden die Gefahr „grundrechtswidrige Regelungen“ bergen. Insofern sei es „fatal“, dass mit dem vorliegenden Entwurf die Steuer-ID als eine bereichsübergreifende Kennung nun auch bei Familienleistungen eine Rolle spielen solle.

Diese Meinung vertrat auch der IT-Sicherheitsexperte Rainer Rehak. Als Sachverständiger für das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung übte er zudem erhebliche Kritik am Gesetzentwurf als Ganzes. Die Bundesregierung werde damit dem eigenen erklärten Anspruch nicht gerecht, „die Potentiale der Digitalisierung“ heben zu wollen. Mehr noch: „Der Entwurf ist ein Beispiel, wie es nicht gemacht werden sollte“. Problematisch sei bereits die Gesamtkonzeption: Mit dieser werde eine „riesige, deutsche Verwaltungsinsel“ geschaffen, die aus Sicht von Datenschutz und IT-Sicherheit nicht „vertretbar“ sei, bemängelte Rehak. Die Prozesse seien vor allem für die Verwaltung optimiert worden, das gehe zu Lasten der Bürger. Nichts werde kryptographisch abgesichert oder signiert. Das erschwere es, Verwaltungshandeln nachzuprüfen, etwa durch externe Audits. Auch sei eine Interoperabilität mit europäischen Verfahren nicht gewährleistet, weil der EU-Zustellstandard eDelivery „ignoriert“ werde.

Eike Richter, Professor für Öffentliches Recht, Recht der Digitalisierung und IT-Sicherheitsrecht an der Akademie der Polizei in Hamburg, begrüßte zwar grundsätzlich den Gesetzentwurf und betonte, dieser gehe in die richtige Richtung. Er bemängelte jedoch, dass durch den dazu noch vorgelegten Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen auch „grundlegende“ Änderungen des Onlinezugangsgesetz (OZG) quasi „Huckepack“ vorgenommen würden. Angesichts der Vielzahl der Änderungen sei ein eigener Gesetzentwurf angemessen gewesen, sagte Richter. Er sprach sich angesichts verschiedener von Regelungswerke zum allgemeinen Verwaltungsrecht zudem für eine „integrierende Reform des Verwaltungsverfahrensrechts und der Digitalisierung“ aus. Ohne diese drohe die Gefahr von „Inkonsistenzen und Widersprüchen“, die die Umsetzung erschwerten. Das zeige auch der aktuelle Gesetzentwurf. (sas)

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1156 vom 28.10.2020

Die FDP-Fraktion will über Kinder- und Jugendwahlen informiert werden. In einer Kleinen Anfrage (19/23081) möchte sie unter anderem erfahren, mit welchen Maßnahmen und in welcher Höhe die Bundesregierung die Projekte „Juniorwahl“ und „U-18-Wahl“ in den vergangenen fünf Jahren strukturell und finanziell gefördert hat. Zudem fragt sie nach der Zahl der Teilnehmer bei den Projekten in den vergangenen fünf Jahren und ihrer wissenschaftlichen Evaluation.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1104 vom 16.10.2020

  • 2018 gaben 22 % der deutschen Männer an, unzufrieden mit ihrer Arbeit zu sein (EU-Durchschnitt: 17 %)
  • Gut vier von fünf Männern in Deutschland waren 2019 erwerbstätig (EU: drei von vier Männern)
  • Nur jeder zehnte erwerbstätige Mann in Deutschland arbeitete 2019 in Teilzeit, bei den Frauen war es fast jede zweite Erwerbstätige

Trotz eines im EU-Vergleich selbst in Krisenzeiten robusten Arbeitsmarktes hadern Männer in Deutschland überdurchschnittlich oft mit ihrer Arbeitssituation. Im Jahr 2018 waren rund 22% der Männer ab 16 Jahren hierzulande unzufrieden mit ihrer Arbeit, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Weltmännertags am 3. November mitteilt. Im EU-Durchschnitt waren es nur 17%. Mehr als die Hälfte der Männer in Deutschland waren mit ihrer Arbeit mittelmäßig zufrieden (55%). Hier lag der EU-Durchschnitt bei 59%. 23% gaben an, sehr zufrieden zu sein (EU: 24%).

In wirtschaftlich schwächeren EU-Staaten sind Männer mit ihrer Arbeit am unzufriedensten: Am häufigsten in Bulgarien (36 %), gefolgt von Griechenland (30%) und der Slowakei (23%). Direkt dahinter lagen Kroatien, Deutschland und Litauen mit 22%. Am geringsten war der Anteil der mit ihrer Arbeit unzufriedenen Männer in Finnland (5%) und den Niederlanden (8%). Fünf Jahre zuvor war der Anteil in Deutschland geringfügig höher: 23% zeigten sich im Jahr 2013 nicht zufrieden. Seitdem nahm der Wert in Deutschland um 1,4Prozentpunkte ab, im EU-Durchschnitt um 2,5 Prozentpunkte.

Männer in Deutschland überdurchschnittlich häufig erwerbstätig

Bei Männern in Deutschland in der Altersgruppe von 15 bis 64 Jahren betrug die Erwerbstätigenquote im Jahr 2019 rund 80%. Damit waren sie im EU-Vergleich (74%) überdurchschnittlich häufig erwerbstätig. Nur in Tschechien, den Niederlanden und Malta (jeweils 82%) war die Quote noch höher. Zum Vergleich: Frauen in Deutschland kamen auf eine Erwerbstätigenquote von 73%, die 9 Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt liegt.

In den Niederlanden arbeiteten 28% der Männer in Teilzeit – in Deutschland 10%

Hierzulande arbeiteten 10% der erwerbstätigen Männer im Jahr 2019 in Teilzeit. Damit lag Deutschland nur knapp über dem EU-Durchschnitt (9%). Der Vergleich mit den erwerbstätigen Frauen offenbart große Unterschiede: Mit 47% war knapp die Hälfte der erwerbstätigen Frauen teilzeitbeschäftigt. Das waren 15 Prozentpunkte mehr als im EU-Durchschnitt. Den höchsten Anteil in Teilzeit arbeitender Männer innerhalb der EU verzeichneten 2019 die Niederlande mit 28%. Dahinter reihten sich skandinavische Länder ein: Dänemark mit 15% sowie Schweden mit 13%. Der Anteil der in Teilzeit arbeitenden Männer stieg in den letzten zehn Jahren nur langsam – seit 2010 nahm er in Deutschland wie auch im EU-Durchschnitt um rund einen Prozentpunkt zu.

In Deutschland leben eine Million weniger Männer als Frauen

Etwas mehr als 41 Millionen Männer lebten am 30.06.2020 in Deutschland. Zum gleichen Zeitpunkt gab es rund 1 Millionen Frauen mehr in Deutschland. Das Durchschnittsalter der Männer in Deutschland betrug 43,2 Jahre zum Jahresende 2019. Frauen waren im Schnitt 2,6 Jahre älter, ein Grund dafür ist die längere Lebenserwartung.

Methodische Hinweise:
Die Daten zum EU-Durchschnitt beziehen sich auf die Europäische Union mit 28 EU-Staaten.

Weitere Informationen:
Europa in Zahlen

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 02.11.2020

Im Jahr 2030 wird es in Deutschland voraussichtlich mehr Erwerbspersonen im Alter von 65 bis 74 Jahren als im Alter unter 20 Jahren geben. Nach der Erwerbspersonenvorausberechnung 2020 werden zu Beginn des kommenden Jahrzehnts 1,5 bis 2,4 Millionen Erwerbspersonen 65 bis 74 Jahre und nur etwa 1,1 Millionen 15 bis 19 Jahre alt sein. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, werden im Jahr 2060 voraussichtlich 1,2 bis 2,2 Millionen Erwerbspersonen zur älteren und 1,0 bis 1,1 Millionen zur jüngeren Altersgruppe gehören. 2019 umfassten beide Gruppen jeweils 1,2 Millionen Erwerbspersonen.

Zur starken Zunahme der Zahl älterer Erwerbspersonen (Erwerbstätige und Erwerbslose) auf 2,4 Millionen im Jahr 2030 beziehungsweise 2,2 Millionen im Jahr 2060 kommt es, wenn zwei Annahmen eintreten: Erstens müsste sich die in den vergangenen 20 Jahren beobachtete allgemeine Zunahme der Erwerbsbeteiligung fortsetzen, zweitens müssten insbesondere die Erwerbsquoten der Älteren durch die bis zum Jahr 2031 vorgesehene stufenweise Verschiebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre weiter ansteigen.

Die Erwerbsquoten der jüngeren Altersgruppe werden sich nach allen Annahmen dagegen ähnlich der Entwicklung der vergangenen zehn Jahre kaum verändern.

Künftige Entwicklung von Zuwanderung und Erwerbsverhalten beeinflusst

Die Gesamtzahl der Erwerbspersonen zwischen 15 und 74 Jahren in Deutschland wird – je nach zugrundeliegenden Annahmen – von 43,6 Millionen im Jahr 2019 mindestens auf 41,5 Millionen und höchstens auf 33,3 Millionen im Jahr 2060 abnehmen. Ein geringer Rückgang um etwa 2 Millionen auf 41,5 Millionen Erwerbspersonen setzt neben einer dauerhaft hohen Nettozuwanderung aus dem Ausland von über 300000 Personen pro Jahr auch eine weitere Zunahme der Erwerbsbeteiligung – bei Frauen stärker als bei Männern – voraus. Bei einer niedrigen Nettozuwanderung von 150000 Personen pro Jahr und einem stagnierenden Erwerbsverhalten ist dagegen mit einem Rückgang der Erwerbspersonenzahl um etwa 10Millionen auf 33,3 Millionen zu rechnen.

Babyboom-Generation scheidet in den kommenden Jahren aus dem Erwerbsleben aus

Die Hauptursache für das Sinken der Erwerbspersonenzahl ist das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1970 aus dem erwerbsfähigen Alter in den kommenden 25 Jahren. Ohne Nettozuwanderung würde die Erwerbspersonenzahl bis 2060 je nach Erwerbsverhalten auf knapp 28,2 bis 30,6 Millionen fallen.

Erwerbspersonenzahl sinkt in Ostdeutschland stärker als in Westdeutschland

Im Jahr 2019 betrug die Zahl der Erwerbspersonen in den westdeutschen Bundesländern 35,3 Millionen und in den ostdeutschen Bundesländern 8,3 Millionen. Anders als im Westen Deutschlands ist im Osten bereits heute die Erwerbspersonenzahl rückläufig. Diese Unterschiede werden sich auch künftig zeigen. Die Zahl der Erwerbspersonen wird im Osten bis 2060 voraussichtlich um 12 % bis 28 % sinken, wohingegen der Rückgang im Westen zwischen 3% und 22% betragen dürfte.

Methodische Hinweise:

Die Erwerbspersonenvorausberechnung (EPV 2020) reicht bis 2060 und umfasst sechs Varianten, die sich durch ihre Annahmen zur künftigen Nettozuwanderung nach Deutschland und zum Erwerbsverhalten unterscheiden. Die Annahmen zur moderaten Entwicklung der Geburtenhäufigkeit und der Lebenserwartung sind in allen Varianten gleich und stammen gemeinsam mit der niedrigen, moderaten und hohen Wanderungsannahme aus der 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung.

Zum künftigen Erwerbsverhalten wurden auf Basis der Ergebnisse des Mikrozensus 2016 bis 2019 zwei Annahmen getroffen. In den Varianten mit einer hohen Erwerbsbeteiligung steigen die Erwerbsquoten vor allem der Frauen und der älteren Bevölkerung, wenngleich nicht so stark wie bisher. Für die Varianten mit einer niedrigen Erwerbsbeteiligung wurden die alters- und geschlechtsspezifischen Erwerbsquoten 2017 bis 2019 für den gesamten Berechnungszeitraum konstant gehalten.

Die Erwerbspersonen setzen sich aus Erwerbstätigen und Erwerbslosen nach dem Erwerbsstatuskonzept der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zusammen.

Die EPV 2020 ist keine Prognose. Sie zeigt, wie sich die Zahl der Erwerbspersonen entwickeln würde, wenn die Annahmen über die Entwicklung des Bevölkerungsstandes und des Erwerbsverhaltens eintreten würden. Insbesondere aufgrund des auch für die Zukunft zu erwartenden volatilen Wanderungsgeschehens und möglicher künftiger Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt können ihre Ergebnisse mehr oder weniger stark von der tatsächlichen Entwicklung der Erwerbspersonenzahl abweichen.

Weitere Informationen:

Eine ausführliche Darstellung der künftigen Entwicklung der Erwerbspersonenzahl in Deutschland enthält der Tabellenband „Erwerbspersonenvorausberechnung 2020„.

Informationen zur 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. bieten die Übersichtsseite zur Pressekonferenz am 27. Juni 2019 sowie die Sonderseite „Demografischer Wandel“.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 02.11.2020

Knapp 6,9Millionen Menschen in Deutschland haben zum Jahresende 2019 Leistungen der sozialen Mindestsicherung erhalten. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren das 4,7% weniger als Ende 2018, als rund 7,2 Millionen Menschen Leistungen der sozialen Mindestsicherung bezogen. Gemessen an der Gesamtbevölkerung sank der Anteil der Leistungsempfängerinnen und -empfänger von 8,7% zum Jahresende 2018 auf 8,3% zum Jahresende 2019. Das ist die bisher niedrigste Mindestsicherungsquote seit Beginn der Berechnungen im Jahr 2006.

Die Transferleistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme sind finanzielle Hilfen des Staates, die zur Sicherung des grundlegenden Lebensunterhalts dienen. Dazu zählen folgende Leistungen:

  • Gesamtregelleistungen (ArbeitslosengeldII/Sozialgeld) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGBII„Grundsicherung für Arbeitsuchende“, sogenanntes Hartz IV) erhielten Ende 2019 knapp 5,3Millionen Menschen. Gegenüber dem Vorjahr sank die Zahl der Regelleistungsberechtigten damit um 5,6%.
  • Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach SGBXII„Sozialhilfe“ bezogen knapp 1,1Millionen Menschen. Die Zahl stieg damit leicht um 0,6%.
  • Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)bekamen rund 385000 Menschen. Dies entspricht einem Rückgang um 6,3%.
  • Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungennach SGBXII „Sozialhilfe“ bezogen rund 113000 Menschen. Das waren 6,7% weniger als im Vorjahr.

Überdurchschnittlicher Rückgang der Leistungsempfängerzahl in Ostdeutschland

Mit einem Minus von 6,9% sank die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger sozialer Mindestsicherungsleistungen in den östlichen Bundesländern wie in den Vorjahren stärker als in den westlichen Bundesländern. In Westdeutschland waren 4,0% weniger Menschen als im Jahr zuvor auf entsprechende Leistungen angewiesen.

Niedrigste Mindestsicherungsquote seit Beginn der Berechnungen

Der Anteil der Empfängerinnen und Empfänger sozialer Mindestsicherungsleistungen an der Gesamtbevölkerung (Mindestsicherungsquote) ging seit dem Jahr 2015 kontinuierlich zurück und erreichte am Jahresende 2019 mit 8,3% einen neuen Tiefstand. In Ostdeutschland (einschließlich Berlin) ist erstmals weniger als jede zehnte Person (9,9%) auf soziale Mindestsicherungsleistungen angewiesen. In Westdeutschland sank der Anteil auf 7,9%.

Wie schon 2017 und 2018 war die Mindestsicherungsquote Ende 2019 in Bremen mit 17,3% am höchsten, gefolgt von den beiden weiteren Stadtstaaten Berlin (16,0%) und Hamburg (12,6%) sowie dem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen (10,9%). Durchgehend seit dem Beginn der Berechnungen ab dem Jahresende 2006 wiesen Ende 2019 Bayern (4,3 %) und Baden-Württemberg (5,1 %) die niedrigsten Anteile der Empfängerinnen und Empfänger sozialer Mindestsicherungsleistungen auf.

Weitere Informationen:

Tabellen und Informationen zu den Mindestsicherungsleistungen in Deutschland – unter anderem nach Leistungssystemen – für die Berichtsjahre2006 bis2019 sowie Daten zu weiteren Armuts- und Sozialindikatoren stehen im Internetangebot der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder zur Verfügung.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 30.10.2020

Zwei Drittel aller Männer, die 2019 Vater eines Kindes wurden, waren zwischen 29 und 39 Jahre alt (66 %); lediglich 6% waren älter als 44 Jahre. Bei den Müttern waren 65% zwischen 29 und 39 Jahre alt und 0,3% älter als 44 Jahre. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) und das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) auf Basis einer neuen Studie zu Vaterschaften mitteilen, stieg seit 1991 das durchschnittliche Alter der Väter bei der Geburt eines Kindes um 3,6 Jahre auf 34,6Jahre. Auch die Mütter der 2019 geborenen Kinder waren mit 31,5 Jahren im Durchschnitt 3,6 Jahre älter als die Mütter der Babys im Jahr 1991 (27,9 Jahre).

Bei Erstgeborenen waren die Väter im Durchschnitt 33 Jahre und die Mütter 30 Jahre alt

Väter von Erstgeborenen (der Mutter) waren im Jahr 2019 im Durchschnitt 33,1 Jahre alt. Bei Frauen, die 2019 zum ersten Mal Mutter wurden, betrug das Durchschnittsalter 30,1Jahre. Die Eltern der Zweitgeborenen waren jeweils um 2 Jahre älter: 35,2 beziehungsweise 32,2 Jahre. Beim dritten Kind (der Mutter) betrug das durchschnittliche Alter der Väter 36,6 Jahre und das der Mütter 33,2 Jahre.

Die jüngsten Eltern leben in Sachsen-Anhalt

Im Vergleich der Bundesländer waren 2019 in Sachsen-Anhalt die Väter bei der Geburt von Kindern mit 34,0 Jahren und die Mütter mit 30,6 Jahren am jüngsten. Am höchsten war das durchschnittliche Alter bei Geburt in Hamburg: dort waren die Väter 35,4 und die Mütter 32,4 Jahre alt.

2019 wurden durchschnittlich 1,45 Kinder je Mann geboren

Im Jahr 2019 wurden in Deutschland durchschnittlich 1,45Kinder je Mann geboren. Zwischen 1991 und 2006 schwankte diese sogenannte zusammengefasste Vaterschaftsziffer um den Wert von 1,20 Kinder je Mann. Seit 2007 stieg sie kontinuierlich bis auf 1,50 Kinder je Mann im Jahr 2016. Bis zum Jahr 2019 nahm sie leicht ab.

Wie in den meisten wirtschaftlich hoch entwickelten Ländern ist in Deutschland die Vaterschaftsziffer der Männer niedriger als die zusammengefasste Geburtenziffer der Frauen, welche 2019 bei 1,54 Kindern je Frau lag. Hierzu trägt vor allem bei, dass die Anzahl potenzieller Väter höher ist als die Anzahl potenzieller Mütter.

Die Vaterschaftsziffer ist in Ostdeutschland deutlich niedriger als in Westdeutschland

Während in den östlichen Bundesländern die Vaterschaftsziffer 2019 zwischen 1,29 und 1,35 Kindern je Mann betrug, war sie in den meisten westlichen Bundesländern mit 1,45bis 1,51 Kindern je Mann deutlich höher. Lediglich im Saarland lag sie mit 1,39 etwas niedriger. Die Geburtenziffer der Frauen wies dagegen im Jahr 2019 kein Ost-West-Gefälle mehr auf. Die größeren Differenzen zwischen den Vaterschaftsziffern der Männer und den Geburtenziffern der Frauen in Ostdeutschland gehen darauf zurück, dass in vielen Teilen Ostdeutschlands deutlich mehr Männer als Frauen leben.

In der EU liegt das Alter der Väter bei der Geburt zwischen 32 und 36 Jahren

Beim durchschnittlichen Alter der Väter bei der Geburt von Kindern gehört Deutschland in der Europäischen Union zum „älteren“ Drittel. Nach Schätzungen für das Jahr 2017 waren in der EU die Väter in Italien, Griechenland und Spanien mit rund 36 Jahren bei der Geburt ihrer Kinder am ältesten (Deutschland 2017: 34,4 Jahre). Am jüngsten waren sie mit rund 32 Jahren in Rumänien. Auch in Litauen, Polen und Bulgarien lag das Alter der Väter bei der Geburt unter 33 Jahren.

Bei der Vaterschaftsziffer befindet sich Deutschland ähnlich wie bei der zusammengefassten Geburtenziffer der Frauen im oberen Mittelfeld (2017: 1,48 Kinder je Mann). Die niedrigsten Vaterschaftsziffern von etwa 1,2 Kindern je Mann wiesen 2017 die südeuropäischen Länder Malta, Spanien und Italien auf. Am höchsten war die Vaterschaftsziffer in Frankreich mit knapp 1,9 Kindern je Mann.

Methodische Hinweise

In der dieser Pressemitteilung zugrundeliegenden Studie (siehe Aufsatz „Wie hoch ist die Kinderzahl von Männern?“ in WiSta 5/2020) werden zum ersten Mal amtliche Angaben zur Vaterschaft dargestellt, die sich auf alle Geborenen unabhängig vom Familienstand des Vaters beziehen. Hierfür wurden die Fälle mit fehlenden Angaben des Vaters mit Hilfe von speziell entwickelten Methoden berücksichtigt. Im Jahr 2019 fehlten die Angaben zum Vater bei rund 45500 Geborenen.

Die sogenannte fertile Altersphase, während der Frauen Mutter und Männer Vater werden können, ist hier statistisch bei Frauen mit 15 bis 49 Jahren und bei Männern mit 15 bis 69 Jahren abgegrenzt.

Die Angaben zum Alter des Vaters beim ersten, zweiten und dritten Kind beziehen sich auf die Geburtenfolge im Leben der Mutter. Für Väter liegen keine Angaben zur Geburtenfolge vor.

Die zusammengefasste Vaterschaftsziffer der Männer wird analog der zusammengefassten Geburtenziffer der Frauen berechnet. Zuerst werden die Geborenen eines Jahres mit Vätern eines bestimmten Alters auf die männliche Bevölkerung dieses Alters bezogen. Die Addition dieser Ziffern für jedes Altersjahr zwischen 15 und 69 Jahren ergibt die zusammengefasste Vaterschaftsziffer. Diese entspricht der durchschnittlichen Zahl der leiblichen Kinder im Leben eines Mannes unter der Voraussetzung, dass die Verhältnisse des beobachteten Jahres während seines gesamten Lebens gelten würden.

Ausführliche Informationen zur Fertilität der Männer bietet der Aufsatz „Wie hoch ist die Kinderzahl von Männern?“ in WiSta 5/2020. Weitere Daten stehen auf der Themenseite, im Tabellensegment der GENESIS-Datenbank 12612 sowie auf der Seite „Demografischer Wandel“ zur Verfügung.
Weitere kommentierte Schaubilder etwa zur Fertilität von Männern und zu langfristigen demografischen Entwicklungen finden sich im „Fakten“-Bereich der Webseite des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung.

30 Jahre Deutsche Einheit
Informationen zu regionalen Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen östlichen und westlichen Bundesländern 30 Jahre nach der deutschen Vereinigung finden Sie in unserem Statistik-Dossier sowie auf unserer Themenseite „30 Jahre Deutsche Einheit“.

Deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Bereich Statistik
Seit dem 1. Juli leitet das Statistische Bundesamt im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft unter dem Vorsitz von Präsident Dr. Georg Thiel die Ratsarbeitsgruppe Statistik. Über unsere Aktivitäten im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft informieren wir auf der Sonderseite www.destatis.de/eu2020.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 16.10.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Gemeinsam mit pro familia und anderen Verbänden hat der AWO Bundesverband in einem offenen Brief an die Bundesregierung seine tiefe Besorgnis über die derzeitige Lage in Polen ausgedrückt. Am 22. Oktober hat der polnische Verfassungsgerichtshof ein fast vollständiges Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen ausgesprochen. Auch Abbrüche wegen „schweren und irreversiblen fötalen Defekten oder unheilbaren Krankheiten, die das Leben des Fötus bedrohen“ sind nun verfassungswidrig.

„Schon jetzt gehen Schätzungen von bis zu 100.000 illegalen Abtreibungen in Polen im Jahr aus. Das Urteil verschlimmert die ohnehin schon sehr schwierige Lage, in der sich die betroffenen Frauen befinden, deutlich“, so der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes, Wolfgang Stadler. „Das bisherige Reisen in umliegende Länder ist durch die Corona-Pandemie jetzt auch nicht mehr möglich, d.h. ungewollt schwangere Frauen sind komplett allein gelassen und werden zu verzweifelten Maßnahmen greifen, um die Schwangerschaft zu beenden.“ Die AWO steht für das Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung und solidarisiert sich mit den betroffenen Frauen.

Das Urteil hat große Proteste in der polnischen Bevölkerung ausgelöst. Begonnen durch Aufrufe von lokalen Frauenrechtsgruppen, werden sie inzwischen von breiten Bevölkerungsschichten unterstützt, täglich werden es mehr. Dabei werden ihre friedlichen Proteste mit massiver Gewalt entweder durch Polizisten oder rechtsextreme Gruppen beantwortet. „Die AWO ist sehr besorgt über die Menschenrechtsverletzungen und fordert die Bundesregierung auf, die Gewalt durch staatliche und nichtstaatliche Akteure zu verurteilen. In der EU-Grundrechtscharta wird das Recht auf Versammlungsfreiheit garantiert. Dies muss auch für Demonstrationen gegen ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen gelten“, schließt Wolfgang Stadler.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 04.11.2020

Am heutigen 19. Oktober 2020 findet der 12. Integrationsgipfel im Bundeskanzleramt statt, an dem rund 130 Vertreter*innen von Bund, Ländern, Kommune, der Zivilgesellschaft und Migrantenverbänden teilnehmen. Bei dem Treffen soll auch die Fortentwicklung des Nationalen Aktionsplanes Integration Thema sein. Darin werden verschiedene „Phasen der Integration“ benannt, denen verschiedene Themenforen zugeordnet werden.

Für die Arbeiterwohlfahrt nimmt Präsident Wilhelm Schmidt am heutigen Gipfeltreffen teil: „Wir sind seit über sechs Jahrzehnten Ansprechpartnerin für Einwanderinnen und Einwanderer. In dieser Zeit sind die sozialen Migrationsfachdienste – Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer, die Jugendmigrationsdienste und die Flüchtlingssozialberatung – stetig gewachsen und haben sich im lokalen Kontext etabliert.“ Gerade in diesem lokalen Kontext finde das Ankommen, das Zusammenleben und die Inklusion von eingewanderten Menschen statt. Hier komme es darauf an, dass alle Akteurinnen – von der Kommunalverwaltung bis hin zu den Wohlfahrtsverbänden und Migrantenorganisationen – zusammenwirken, sich austauschen und gemeinsam inklusive sozialräumliche Ansätze entwickelten: Im Kindergarten, in der Schulsozialarbeit, beim Ausbau von Beratungsangeboten bis hin zum bürgerschaftlichen Engagement im Gemeinwesen. Nur so könne eine breite Akzeptanz und gemeinsame Verantwortung bei der Umsetzung erzielt werden. Die verstärkte Einbeziehung der Perspektive der Migrantenorganisationen sei sehr zu begrüßen.

Wilhelm Schmidt: „Wir alle, die heute hier zusammengekommen sind, waren in verschiedenen Diskussionsforen des NAP-I beteiligt. Worauf es aber ankommt, ist die reale Mitwirkung bei der Gestaltung im Einwanderungsland: Vor Ort, im Quartier – in der Stadt oder auf dem Land. Das übergeordnete Ziel dabei muss sein, Rassismus und bestehenden Benachteiligungen und Ausgrenzungen entschieden entgegen zu wirken. Dieses Ziel haben wir in der Agenda des neuen Nationalen Aktionsplans Integration jedoch vermisst.“

Hintergrund:

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) wirkt mit ihren Haupt- und Ehrenamtlichen am gesellschaftlichen Zusammenhalt vor Ort mit. Die Mitgestaltung der Einwanderungsgesellschaft erfolgt auch in sozialen Einrichtungen, wo ratsuchende Menschen entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse, unabhängig von ihrer sozialen und ethnischen Herkunft Unterstützung finden. Zudem ist die AWO als tragende Akteurin in die kommunale Daseinsvorsorge eingebunden.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 19.10.2020

100 Euro Corona-Zuschlag sofort! Für Regelsätze, die zum Leben reichen!

Konzerne wie z.B. die Lufthansa werden mit einem „im Volumen unbegrenzten Milliardenschutz-schild“ vom Staat unterstützt. Kleine Firmen, Erwerbstätige und manch andere Gruppen bekom-men wenigstens kleine Hilfen oder Kurzarbeitergeld. Dagegen fehlt bei den Ärmsten eine Unter-stützung in der Krise gänzlich. Minijobber*innen erhalten z. B. nicht einmal Kurzarbeitergeld. Durch steigende Lebensmittelpreise, den Mehrbedarf an Hygieneartikeln wie Desinfektionsmitteln und Masken, den Wegfall der Tafeln und des kostenlosen Schul- und Kitaessens sind aber viele von uns in ihrer nackten Existenz bedroht. Wir fordern daher einen Corona-Zuschlag von 100 Euro auf die Regelsätze, um die schlimmste Not abfedern zu können.

Durch die Auswirkungen der Corona-Krise ist in den nächsten Monaten mit einem massiven An-stieg der Erwerbslosigkeit, Einkommensarmut und der Insolvenzen zu rechnen. Wer für die Krise zahlen wird, entscheidet sich schon heute!

Für Regelsätze, die zum Leben reichen – mindestens 600 Euro sofort!
Die Bundesregierung hat angekündigt, den Hartz IV -Regelsatz ab 2021 um 14 Euro auf dann 446 Euro im Monat zu erhöhen. Das sind bei dreißig Tagen im Monat ganze 47 Cent am Tag.
Nach Abzug der Miete bleiben den ärmsten 15 Prozent der Bevölkerung (abzüglich derer, die aus-schließlich von Grundsicherungsleistungen leben) rund 600 Euro für den täglichen Bedarf und die soziokulturelle Teilhabe. Dies reicht nicht, obwohl es noch rund 160 Euro über dem derzeitigen Hartz IV-Satz liegt. Zur Ermittlung des Regelsatzes werden diese 15 Prozent und ihr viel zu gerin-ges, nicht bedarfsdeckendes Einkommen als Vergleichsgrundlage herangezogen, um von diesem wenigen nochmal rund ein Drittel als vorgeblich „nicht regelsatzrelevant“ überwiegend politisch motiviert abzuziehen.

Die Bemessung der Regelsätze ist seit längerem ein Problem. Das hat beispielsweise dazu geführt, dass die Entwicklung der Regelsatzhöhe hinter der längerfristigen Lohnentwicklung zurückbleibt. Im Ergebnis werden daher die Unterschiede im Lebensstandard zwischen den Grundsicherungsbe-zieher*innen und den Beschäftigten immer größer. Betroffene werden immer stärker abgehängt und können sich von dem ihnen zur Verfügung stehenden Einkommen immer weniger leisten.

Wir fordern die Zurücknahme aller politisch motivierten Streichungen beim Existenzminimum! Wir fordern somit eine sofortige Erhöhung des Regelsatzes auf mindestens 600 Euro!

Die Forderung nach einer Erhöhung der Regelsätze betrifft rund 8 Millionen, ALG II und Sozialhilfe-Berechtigte, Aufstocker*innen, Menschen, die Geld aus der Altersgrundsicherung oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Hinzu kommen mindestens vier Millionen Menschen, die einen Anspruch auf Leistungen hätten, diesen aber nicht geltend machen. Profitieren würden auch sehr viele Menschen mit niedrigen Einkommen, nicht zuletzt die so genannten „Held*innen der Krise“.

Wir lassen uns nicht weiter gegeneinander ausspielen! Gemeinsam werden wir unseren Protest bei einer Reihe von Aktionen am 30. und am 31.10. in vielen Städten und Gemeinden auf die Straße tragen!

Hintergrundinformationen: https://www.erwerbslos.de/aktivitaeten/716-kritik-an-zu-niedrigen-regelsaetzen

Quelle: Pressemitteilung Bündnis ‚AufRecht‘ bestehen vom 28.10.2020

Deutsche Liga für das Kind fordert gesetzliche Reformen zugunsten besonders belasteter Familien

Kinder psychisch- und suchterkrankter Eltern sind in mehrfacher Hinsicht belastet. Sie bekommen nicht die nötige Aufmerksamkeit und Unterstützung und müssen häufig Versorgungsaufgaben im Alltag übernehmen, die nicht kindgerecht sind. Bei manchen kommen akute Gefährdungen hinzu. Das Risiko, dass diese Kinder später selbst eine seelische Erkrankung entwickeln, ist hoch. Die Deutsche Liga für das Kind fordert den Gesetzgeber auf, im Rahmen der geplanten Reform des Sozialgesetzbuchs VIII (SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe) die Hilfen für diese besonders belasteten Kinder und Familien auszubauen und zu verbessern.

„Kinder mit psychisch- und suchterkrankten Eltern benötigen gerade während der Corona-Pandemie unsere besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung. Das Leid dieser Familien ist häufig nicht ausreichend sichtbar. Bestehende Hilfen reichen nicht aus oder sind für die Betroffenen nur schwer zugänglich“, sagt Prof‘in Dr. Sabine Walper, Präsidentin der Deutschen Liga für das Kind und Forschungsdirektorin am Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München. „Diese Kinder und ihre Eltern brauchen mehr und bessere Hilfen, die durch gesetzliche Reformen ermöglicht werden müssen.“

Anlässlich ihrer wissenschaftlichen Jahrestagung „Wenn Eltern psychisch krank sind: was brauchen die Kinder? Herausforderungen für die Hilfesysteme“ am 23./24.10.2020 im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) in Hamburg begrüßt die Deutsche Liga für das Kind, dass der kürzlich vom Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) veröffentlichte Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG)“ für Familien in Notsituationen vorsieht, ambulante Hilfen für die Betreuung und Versorgung von Kindern direkt, d.h. ohne vorherige Antragstellung beim Jugendamt, in Anspruch nehmen zu können. Positiv ist auch die in dem Entwurf vorgesehene Regelung, dass Kinder unabhängig von ihren Eltern einen uneingeschränkten Beratungsanspruch durch die Kinder- und Jugendhilfe erhalten sollen. Der Gesetzgeber ist nun aufgefordert, die Reform noch in dieser Legislaturperiode zügig zum Abschluss zu bringen. Außerdem fordert die Deutsche Liga für das Kind, die im Koalitionsvertrag der amtierenden Bundesregierung fest verabredete Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz schnellstmöglich umzusetzen, von der gerade besonders belastete Kinder profitieren könnten.

Neben den notwendigen gesetzlichen Reformen sollte eine bundesweite Online-Plattform errichtet werden, die anonyme Beratung für betroffene Kinder wie auch Informationen für Fachkräfte bietet und Möglichkeiten für wohnortnahe Hilfen aufzeigt. Weiterhin ist dringend erforderlich, die interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit der beteiligten Akteurinnen und Akteure zu erleichtern und zu stärken und ein unverbundenes Nebeneinander unterschiedlicher Leistungssysteme zu verhindern.

Zu den Referentinnen und Referenten der Tagung unter der Schirmherrschaft von Daniela Ludwig MdB, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, gehören Prof’in Dr. Silke Wiegand-Grefe (Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und MSH Medical School Hamburg), Prof’in Dr. Sabine Wagenblass (Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Hochschule Bremen), Dr. med. Areej Zindler (Leiterin der Flüchtlingsambulanz im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf), Prof‘in. Dr. Anna-Lena Zietlow (Fakultät für Sozialwissenschaften, Universität Mannheim) und Dr. Heinz Kindler (Leiter der Fachgruppe „Familienhilfe und Kinderschutz“ des Deutschen Jugendinstituts in München). Die Tagung findet in Kooperation mit der Flüchtlingsambulanz (Leiterin Dr. med. Areej Zindler) im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) statt.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Liga für das Kind vom 23.10.2020

Deutscher Familienverband (DFV) fordert Reformen beim Kindergeld und Kinderfreibetrag.

„15 Euro mehr Kindergeld werden keiner Familie die finanziellen Sorgen nehmen“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes in Anspielung auf die Gesetzesbegründung der Bundesregierung beim Familienentlastungsgesetz. „Seit der Corona-Krise stehen Familien vor realen existenziellen Sorgen und hunderttausende Eltern fühlen sich von der Politik allein gelassen. Familien haben Angst vor einem neuen Lockdown und seinen Folgen.“

DFV-Forderung: Kindergeld, Kinderfreibetrag und Sozialversicherung

In der Corona-Krise haben Familien besonders gelitten. Einkommensverluste, Schließung von Kindergärten und Kindertagesstätten und Arbeitslosigkeit haben Eltern erheblich zugesetzt. Berechnungen des Deutschen Familienverbandes zeigen (Horizontaler Vergleich 2020, PDF), dass bereits eine Zweikind-Familie durch Steuern und Sozialabgaben dermaßen finanziell belastet wird, dass sie regelmäßig unter das Existenzminimum rutscht.

Wer die finanzielle Stärkung von Familien im Blick hat, muss an drei zentralen Punkten ansetzen:

1. Ein Kindergeld in Höhe von 330 Euro (siehe Erklärfilm)

2. Steuerlicher Freibetrag in Höhe des Grundfreibetrages für Erwachsene

3. Ein Kinderfreibetrag in der Sozialversicherung, der Eltern in der Phase der
Kindererziehung entlastet und die Leistung Kindererziehung anerkennt (siehe Erklärfilm)

Derzeit plant die Bundesregierung mit dem Zweiten Familienentlastungsgesetz, das Kindergeld lediglich auf 219 Euro für das erste und zweite Kind, 225 für das dritte und 250 Euro für jedes weitere Kind zu erhöhen. Der Kinderfreibetrag soll 8.388 Euro anstatt bisher 7.812 Euro betragen.

Angesichts der akuten finanziellen Situation von Familien hält es der DFV für dringend geboten, das Kindergeld einheitlich auf 330 Euro zu erhöhen – also auf die maximale Wirkung des Kinderfreibetrages. Damit würden alle Eltern gleichermaßen vom Kindergeld und Kinderfreibetrag profitieren.

Der Gesetzesentwurf hat weiterhin einen nicht unerheblichen Geburtsfehler. Der Kinderfreibetrag wird unter dem steuerlichen Grundfreibetrag für Erwachsene (ab 2021: 9.744 Euro) liegen. „Kinder sind aber keine „kleinen Menschen“, die nur einen Bruchteil der materiellen und finanziellen Bedarfe haben. Jede Mutter und jeder Vater wird das bestätigen können“, sagt Verbandspräsident Klaus Zeh. „Obwohl die Angleichung des Kinder- und Grundfreibetrages bereits mehrfach versprochen worden ist, werden Familien abermals bitter enttäuscht.“

Kindergeld: Steuererstattung, kein Steuergeschenk!

„Das Kindergeld ist kein Steuergeschenk“, so Zeh. „Tatsächlich handelt es sich beim Kindergeld vorrangig um eine monatliche Steuervergütung für zu viel erhobene Steuern.“ Am Ende des Steuerjahres wird es von Amts wegen mit der einkommensabhängigen, individuellen Wirkung des Kinderfreibetrages verrechnet.

Vor 30 Jahren verpflichtete das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber in einem von Familien erstrittenen Grundsatzurteil (BVerfGE 82,60 – 1 BvL 20/84 v. 29.05.1990), dass bei der Einkommensbesteuerung der Familie ein Betrag in Höhe des Existenzminimums steuerfrei bleiben muss. Nur das darüber hinausgehende Familieneinkommen darf der Besteuerung überhaupt unterworfen werden.

In der Praxis heißt das: Alle Eltern beziehen zunächst das Kindergeld. Erst wenn das Kindergeld höher ist als die Steuererstattung durch den Kinderfreibetrag, darf man überhaupt von einer Familienförderung sprechen (§ 31 EStG). Davon profitieren vor allem Familien mit niedrigem Einkommen und kinderreiche Familien. Aus diesem Grund ist das Kindergeld – systematisch richtig – im Einkommensteuergesetz geregelt und nicht im Katalog der Familien- oder Sozialleistungen.

Der Verbandspräsident betont, dass eine etwaige Dringlichkeit zur Haushaltssanierung – dies ist besonders in der gegenwärtige Lage zu erwähnen – nicht als Rechtfertigung herangenommen werden darf, Eltern und Kindern Kindergeld und Steuerfreibeträge zu verweigern. „Die Anpassung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages sind schlichtweg Verfassungsvorgaben.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 29.10.2020

Der Deutsche Familienverband lobt den längst fälligen Gesetzesentwurf zur Modernisierung des Jugendmedienschutzes, vermisst aber Netzanschlussfilter.

Auch bei der Nutzung von digitalen Medien müssen Minderjährige vor schädlichen Einflüssen geschützt werden. Dem Deutschen Familienverband (DFV) ist es daher schon seit vielen Jahren ein dringendes Anliegen, dass der Staat und die Netzanbieter entsprechende Regelungen und Maßnahmen treffen. „Der Beschluss des Bundeskabinetts, den Jugendmedienschutz zu reformieren, lässt uns aufatmen. Die bisherige Gesetzeslage ist in der heutigen digitalen Welt zum Schutz von Kindern und Jugendlichen unbrauchbar“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des DFV. Fast 20 Jahre ist das bisher gültige Gesetz zum Jugendmedienschutz alt.

Für den DFV hat der am Mittwoch beschlossene Gesetzesentwurf jedoch einen entscheidenden Mangel, weil er keine Netzanschlussfilter vorsieht. Der Schutz durch Netzanschlussfilter setzt unmittelbar und unabhängig von den digitalen Plattformen, die ein Kind oder Jugendlicher nutzt, ein. Gefährdende Inhalte erreichen Minderjährige erst gar nicht. „Der Vorteil von Netzanschlussfiltern liegt auf der Hand: Sie erleichtern Eltern das Leben. Statt Jugendschutzfilter für jedes internetfähige Gerät im Haushalt, die ständig aktualisiert werden müssen, gibt es einen Filter für den gesamten Netzanschluss“, so Heimann. Auch beim Mobilfunk können entsprechende Filter eingesetzt werden, so dass der Jugendschutz zusätzlich unterwegs gewährleistet ist.

Großbritannien macht es vor: Auf Druck der dortigen Regierung haben die Anbieter von Internetzugängen kostenlose Jugendschutzfilter eingeführt. Diese werden zentral gewartet und können von den Anschlussinhabern ausgeschaltet oder aber auch nach eigenen Wünschen angepasst werden. „Netzanschlussfilter helfen entscheidend dabei, dass jugendgefährdende Inhalte gar nicht erst auf den Endgeräten landen. Anbieter müssen von Staat diesbezüglich verpflichtet werden“, sagt Heimann.

Der DFV hat das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) bereits im Februar auf die Unverzichtbarkeit von Netzanschlussfiltern für Familien hingewiesen. Gemeinsam mit verschiedenen Verbänden aus den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Kinderschutz hatte der Verband zum Referentenentwurf zur Änderung des Jugendschutzgesetzes Stellung genommen.

Weiterführende Information

Verbände-Stellungnahme zur Änderung des Jugendschutzgesetzes

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 16.10.2020

„Man kann zusammenfassend sagen: Endlich!“, so Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (djb), zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vom 19. August 2020, der der Fachöffentlichkeit seit einiger Zeit bekannt ist, obgleich das Verbändeanhörungsverfahren leider noch nicht eingeleitet wurde, soweit der Entwurf die Einführung einer weiteren rechtlichen Mutterschaft durch Ehe oder Anerkennung vorsieht. Denn die beabsichtigte Regelung macht – wie vom djb schon lange gefordert – die Stiefkindadoption in einer solchen gleichgeschlechtlichen Beziehung überflüssig.

Die Folgefragen, wie Anerkennung, Feststellung und Anfechtung der Mutterstelle sieht der djb allerdings nicht günstig gelöst, wie Brigitte Meyer-Wehage, Vorsitzende der zuständigen Fachkommission im djb, kritisch anmerkt. Denn das Nichtbestehen der Mutterschaft kann nur festgestellt werden, wenn ein „Mann Vater des Kindes ist“. Die gewählte Formulierung ist missverständlich und erhellt erst bei der Normierung der Anfechtungsfristen, was tatsächlich gemeint ist. So beginnt nämlich im Fall der Anfechtung der Mutterschaft die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem die anfechtungsberechtigte Person von Umständen erfährt, die dafürsprechen, dass ein Mann während der Empfängniszeit der Frau, die das Kind geboren hat, „beigewohnt“ hat. Diesen Begriff und den damit zwangsläufig verbundenen „Blick ins Schlafzimmer“, hat sich der djb schon früher verbeten, so Meyer-Wehage weiter. Sinnvoller erscheint es, die Mutterschaft an das Vorliegen einer Einwilligung zur Zeugung des Kindes zu knüpfen.
Schließlich lässt der Entwurf Eltern mit „divers“-Eintrag und Eltern ohne Geschlechtseintrag außen vor, da er zwar eine zweite Mutterstelle ermöglicht, nicht aber eine weitere Elternbezeichnung. Auch die Diskriminierung von trans* Eltern wird nicht beseitigt, sondern fortgeschrieben. „Das ist verfassungsrechtlich mehr als bedenklich“, erläutert Wersig.

Damit der „Kessel“ auch „bunt“ ist, nimmt sich der Entwurf außerdem der elterlichen Sorge an, insbesondere bei nicht miteinander verheirateten Eltern. Mit der Vaterschaftsanerkennung soll zukünftig automatisch die gemeinsame elterliche Sorge verbunden sein. Das lehnt der djb ab! Denn der Entwurf bringt die Mutter in ein Dilemma: Will sie das gemeinsame Sorgerecht nicht, weil das Kind z.B. aus einer flüchtigen Beziehung oder einer Vergewaltigung hervorgegangen ist, muss sie ihre Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung verweigern mit der Folge, dass ihr Kind vorerst keine Unterhalts- und Erbansprüche gegen den bekannten Vater hat und die Vaterschaft gerichtlich festgestellt werden muss. „Es kann nicht Ziel des Gesetzes sein, eine Mutter, die ihrem Kind Unterhalts- und Erbansprüche sichern will, dazu zu zwingen, mit dem Vater gemeinsam das Sorgerecht auszuüben.“, kritisiert Wersig daher.

Die dritte Zutat im Kessel ist – um im Bild zu bleiben – das Wechselmodell: Hier sind Regelungen im Kindesunterhalt vorgesehen, die man wieder „mit Fug und Recht als Insellösung beschreiben kann“, so Meyer-Wehage. Der Entwurf setzt – bezogen auf die gemeinsame Betreuung von Kindern – lediglich die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Thema Unterhalt um, ohne die Folgefragen im Sozialhilfe- und Steuerrecht zu regeln, die einer Klärung jedoch dringend bedürfen.

Zudem fängt der Entwurf die Benachteiligung von Frauen nicht ein, die sich dadurch ergibt, dass das Wechselmodell erst nach der Trennung der Eltern gelebt wird. Während in einer intakten Ehe immer noch häufig die Frauen eine eigene Erwerbstätigkeit zu Gunsten der Familienarbeit einschränken, nimmt das Wechselmodell nach der Trennung auf die dadurch für sie entstandenen Belastungen keine Rücksicht, sondern normiert nach aktueller Rechtsprechung eine volle Erwerbsobliegenheit unter Hinzurechnung von Einkünften, die tatsächlich nicht erzielt werden.

Fazit

Auch wenn der „große Wurf“ im Abstammungsrecht weiter auf sich warten lässt und die ergänzenden Regelungen nicht immer überzeugen, ist es an der Zeit, Reformen, insbesondere zur Vermeidung einer Stiefkindadoption, endlich in Angriff zu nehmen und zwar noch in dieser Legislaturperiode. Alles andere ist nicht mehr vermittelbar.

Die ausführliche Stellungnahme des djb finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 29.10.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk begrüßt anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte die geplanten Verschärfungen des Strafrechts zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation sind diese Verschärfungen wichtige Maßnahmen, um Kinder effektiver zu schützen. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Prävention in diesem Bereich. Gleichzeitig muss auch der Fahndungsdruck zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt steigen, alle zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mittel müssen ausgeschöpft werden.

„Prävention, Fahndungsdruck, härtere Strafen: Nur mit einem Bündel von Maßnahmen wird es uns gelingen, Kinder besser vor sexueller Gewalt zu schützen. Generell sollte in Strafverfahren und familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren das Kindeswohl stärker in den Blick genommen werden. Anhörungsrechte von Kindern in gerichtlichen Verfahren sind kein pädagogischer Schnickschnack, sondern ein Recht der Kinder, das es einzuhalten gilt. Dafür braucht es insbesondere zum Thema Kinderrechte und im Umgang mit Kindern geschulte Fachkräfte, qualifizierte Familienrichterinnen und Familienrichter, sowie flächendeckend Fachberatungsstellen, die für Kinder und Jugendliche problemlos erreichbar sind“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Die Zahl der Ermittlerinnen und Ermittler bei Polizei und Staatsanwaltschaften im Bereich des Kinderschutzes sollte massiv aufgestockt werden. Denn der Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt erfordert kompromisslose Aufklärung und Strafverfolgung. Daneben brauchen wir eine finanziell abgesicherte, funktionierende Kinder- und Jugendhilfe, die im Bereich der Prävention und als Vertrauensinstitution für Kinder und Jugendliche tätig sein muss. Die zu erwartende Strafe bei sexueller Gewalt gegen Kinder muss eine generalpräventive Wirkung entfalten, um potenzielle Täterinnen und Täter von der Begehung einer Tat abzuhalten, aber auch um beispielsweise die Verbreitung kinderpornografischen Materials effektiv zu bekämpfen. Hier ist ein Markt entstanden, der unnachgiebig ausgetrocknet werden muss“, so Lütkes weiter.

Auch die Evaluation familiengerichtlicher Maßnahmen zur Abwehr von Kindeswohlgefährdungen ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes ein wichtiger Schritt hin zu mehr Kinderschutz. Generell sollte in Strafverfahren und familiengerichtlichen Kinderschutzverfahren das Kindeswohl stärker in den Blick genommen werden. Dafür braucht es auch eine gesetzliche Nachschulungsverpflichtung für Familienrichterinnen und Familienrichter, und wie im Gesetzentwurf vorgesehen ein eigenständiges Vorrang- und Beschleunigungsgebot in Strafverfahren mit minderjährigen Opferzeuginnen und -zeugen in der Strafprozessordnung, um dem Kindeswohlvorrang gemäß der UN-Kinderrechtskonvention in Strafverfahren Rechnung zu tragen. Zudem sollten richterliche Videovernehmungen bei minderjährigen Opfern von Sexualdelikten und anderen schweren Gewalttatbeständen in Ermittlungsverfahren mit ersetzender Wirkung für das Hauptverfahren zum bundesdeutschen Standard werden, damit Kinder nicht öfter als nötig zu traumatischen Erlebnissen befragt werden müssen.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 30.10.2020

Als “alarmierendes Signal” und “massives sozialpolitisches Problem” wertet der Paritätische Wohlfahrtsverband die heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes, nach denen die Zahl der Empfänger*innen von Mindestsicherungsleistungen zuletzt sank, während gleichzeitig die Armut in Deutschland gestiegen ist. Der Verband fordert eine deutliche Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung.

“Es kann nicht sein, dass auf der einen Seite die Armut erheblich zunimmt, auf der anderen Seite aber immer weniger Menschen in ihrer Not vom Staat unterstützt werden. Die heute veröffentlichten Zahlen zur Mindestsicherung sind keinesfalls Ausdruck eines sozialpolitischen Erfolgs und ganz bestimmt kein Anlass zum Feiern. Während die Armut wächst, geht die Zahl derer, die vom Sozialstaat aufgefangen werden, zurück”, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Was sich in diesen Zahlen manifestiere sei ein massives sozialpolitisches Problem, das gelöst werden müsse. “Was es zwingend braucht, um dieser Erosion des letzten sozialen Sicherungsnetzes Einhalt zu gebieten, ist eine deutliche Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und in der Altersgrundsicherung”, so Schneider. Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle müsste ein armutsfester Regelsatz 644 Euro (für alleinlebende Erwachsene) betragen. Die direkten Mehrkosten zur Umsetzung des Vorschlags werden auf 14,5 Milliarden Euro geschätzt.

Zum Hintergrund: Knapp 6,9 Millionen Menschen in Deutschland haben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zum Jahresende 2019 Leistungen der sozialen Mindestsicherung erhalten, 4,7 Prozent weniger als Ende 2018. Die Armutsquote ist dagegen von 15,5 Prozent (2018) auf 15,9 Prozent (2019) gestiegen.

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 30.10.2020

Der SHIA-Landesverband Brandenburg e. V. beteiligt sich in diesem Jahr zum achten Mal gemeinsam mit dem „Bündnis für Familie Königs Wusterhausen“ an der weltweiten Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“.

Bis zum 15. November können die Geschenkkartons zu den Öffnungszeiten in der SHIA-Geschäftsstelle in der Bahnhofstraße 4 in Königs Wusterhausen abgegeben werden

– Montag bis Freitag jeweils 8 bis 13 Uhr, Dienstag zusätzlich von 16 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung.

Bitte nutzen Sie den Anrufbeantworter unter Tel. 03375/294752 zur Terminvereinbarung.

Der Verein „Geschenke der Hoffnung e. V.“ will seit vielen Jahren mit den Päckchen dazu beitragen, dass Menschen zum Weihnachtsfest Kindern weltweit eine Freude bereiten.

Ein leerer Schuhkarton soll mit Geschenkpapier beklebt und mit Geschenken gefüllt werden.

Als Geschenke sind Kleidung, Süßigkeiten, Kuscheltiere, Spielzeug, Schulsachen, Hygieneartikel und anderes möglich.

Dabei ist das Alter und Geschlecht des Kindes, das beschenkt wird, zu wählen.

Die Altersgruppen sind 2 bis 4 Jahre, 5 bis 9 Jahre und 10 bis 14 Jahre.

Auf der Internetseite www.weihnachten-im-schuhkarton.org gibt es weitere Informationen zur Aktion.

Quelle: Pressemitteilung SHIA-Landesverband Brandenburg e. V. vom 28.10.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 13. November 2020

Veranstalter: Netzwerk Familien | eaf Landesverband in der Nordkirche

Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut. Das sind 2,8 Mio. Kinder und Jugendliche. Oft sind sie viele Jahre ihrer Kindheit von Armut bedroht.

Die Kinder- und Jugendarmut bleibt trotz jahrelang guter wirtschaftlicher Entwicklung ein ungelöstes strukturelles Problem in Deutschland. Damit verbunden sind erhebliche Folgen für das Aufwachsen, das Wohlbefinden, die Bildung und die Zukunftschancen der Kinder und Jugendlichen.

Corona droht die Situation von Armut bedrohter Kinder noch zu verschärfen.

Es braucht dringend neue sozial- und familienpolitische Konzepte.

Wir fordern: Jetzt handeln und auf der kommenden ASMK für die Einführung einer Kindergrundsicherung eintreten.

Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder werden im Rahmen der 97. ASMK in 2020 am 26. und 27. November 2020 in Mannheim zu der Frage der Einführung der Kindergrundsicherung eine politische Entscheidung treffen und gegebenenfalls Wege zur Umsetzung aufzeigen.

Der ZFF-Geschäftsführer Alexander Nöhring wird bei dieser Veranstaltung den Hauptvortrag
„Kinderarmut, Corona und die Kindergrundsicherung“ halten.

Kosten: 10 €

Anmeldung bis zum 03.11.2020 erbeten an

Fachstelle Familien der Nordkirche
Angela Lückfett
Gartenstraße 20, 24103 Kiel
Tel +49 431 55779-127
angela.lueckfett@familien.nordkirche.de

Nach Ihrer Anmeldung erhalten Sie die Zugangsdaten zur online-Veranstaltung.

Termin: 16. November 2020

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Die Corona Pandemie führt zu tiefen Verunsicherungen der gesamten Gesellschaft. Ob wir Familien insgesamt oder Kinder und Jugendliche als solche betrachten – wir alle kommen mit Verschwörungsideologien in Kontakt, ganz egal ob wir das wollen oder nicht. Doch stehen Familien mit ihren Sorgen und Ängsten besonders im Fokus. Denn Familien werden von vielen einschränkenden Maßnahmen besonders getroffen. Lösungen und den Umgang mit neuen Situationen müssen sie oft selbst finden, z.B. die Kombination von Homeoffice bei gleichzeitiger Kinderbetreuung und Beschulung. Hinzu kommt: Vielen Familien steht nur beschränkt Wohnraum zur Verfügung, von einem Häuschen im Grünen können viele nur träumen. Außerdem verbringen sie nun ungewohnt viel Zeit miteinander. Das kann zu Verschärfungen innerfamiliärer Konflikte führen und neue Konflikte produzieren. Wer vor der Pandemie zu den materiell ärmeren der Gesellschaft gehört hat, für den ist kaum Besserung in Sicht und eine Verschlechterung der Lebenssituation aufgrund gestiegener Lebenshaltungskosten deutlich spürbar. Kinder und Jugendliche kämpfen zudem damit, dass sie Freunde nur eingeschränkt sehen dürfen. Es stellt sich die Frage, wie sich diese Situation auf Kinder und Jugendliche auswirkt. Verstärken die materiellen und seelischen Nöte, die die Pandemie hervorruft, das Interesse von jungen Menschen und Familien an den scheinbar immer beliebter werdenden Verschwörungsideologien (u.a. QAnon)? Gibt es möglicherweise diese Zusammenhänge? Und welche Rolle spielen hier Geschlechterrollenvorstellungen? Wie kann (und muss?) Soziale Arbeit reagieren?

Die Veranstaltung ist vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Bitte melden Sie sich bis 12.11.2020 unter faf@paritaet.org an. Teilnehmer*innenplätze sind begrenzt.

Die Veranstaltung wird via Zoom übertragen. Die Einwahldaten senden wir Ihnen nach Anmeldeschluss zu.

Termin: 25. November 2020

Veranstalter: Deutsches Jugendinstitut

Wir, die Arbeits- und Forschungsstelle für Demokratieförderung und Extremismusprävention (AFS) am DJI, begehen unser 20-jähriges Bestehen. Die aktuelle Situation spornt uns zu einem digitalen Format an. In einer Livestream-Podiumsdiskussion sprechen Expertinnen und Experten über „Die Zukunft des politischen Extremismus im Jugendalter“. Zudem erwarten Sie eine Live-Autorenlesung des Journalisten Yassin Musharbash und spannende Tagungsbeiträge im Video-Format.

Bitte richten Sie ihre Anmeldung via E-mail an Frau Renate Schulze (schulze@dji.de).

Termin: 27. November 2020

Veranstalter: Deutscher Frauenrat

Die Entscheidungen, wofür die Gelder ausgegeben werden, haben unmittelbare Auswirkungen auf die gesellschaftlichen Verhältnisse und sind damit eine zentrale Stellschraube für die Durchsetzung tatsächlicher Gleichstellung. Das Gutachten des DF zeigt, dass die Einführung eines Geschlechtergerechten Bundeshaushalts (GGH) umsetzbar ist. Mit diesem Instrument werden öffentliche Einnahmen und Ausgaben systematisch unter Aspekten der Geschlechtergerechtigkeit analysiert, bewertet und geplant.

Eine geschlechtergerechte Haushaltspolitik wird im Bundestag bislang nicht realisiert. Auch die Verteilung der Finanzmittel aus den Corona-Konjunkturprogrammen wurde ohne eine durchgängige Berücksichtigung von gleichstellungspolitischen Kriterien vollzogen. Wir sind davon überzeugt: unser Rechtsstaat ist nur dann demokratisch, wenn er seine Finanzmittel geschlechtergerecht ausgibt.

Deshalb widmet der DF seine Jahresveranstaltung am 27.11.2020 von ca. 11-15 Uhr dem geschlechter­gerechten Bundeshaushalt.

Die Veranstaltung wird per Livestream übertragen.

Zum Programm: https://www.frauenrat.de/veranstaltungen/live-stream-fachveranstaltung-geschlechtergerechter-haushalt/

Zur Anmeldung: https://www.frauenrat.de/anmeldung/fv2020-geschlechtergerechte-haushaltspolitik

Termin: 04. Dezember 2020

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

„Wohnen“ beinhaltet mehr als nur die Wohnung. Nicht nur die Versorgung mit Wohnraum, sondern auch Wohnformen und eine wohnortnahe soziale Infrastruktur (Wohnumfeld) rücken in den Vordergrund zukunftsorientierter Wohnungspolitik. Beides sind zentrale Bausteine für das Zusammenleben unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen und Generationen, für die Daseinsvorsorge und für die Gestaltung guter Sozialräume in den Kommunen. Auf die Gestaltung von dezentralen, sozialraumorientierten auch gemeinschaftlichen Wohnformen zielen Regelungen z.B. in den Pflegestärkungsgesetzen (Förderung neuer Wohnformen), im Bundesteilhabegesetz, aber auch in Programmen zur Städtebauförderung und Stadtentwicklung. Um nicht nur Insellösungen zu schaffen, sondern nachhaltige und übergreifende Entwicklungen zu initiieren, braucht es kooperative Vorgehensweisen. Wie kann generationenübergreifendes Wohnen befördert werden? Neue gesellschaftliche Entwicklungen sowie daraus resultierende Herausforderungen und Perspektiven für generationengerechte Wohnformen werden diskutiert. Auf der Basis der Ergebnisse aus dem Modellprogramm „Gemeinschaftliches Wohnen, selbstbestimmt leben“ und der Empfehlungen des Deutschen Vereins zum generationengerechten Wohnen werden Verfahren und Beispiele vorgestellt, die aufzeigen, wie generationenübergreifendes Wohnen zum Erfolgsmodell wird.

Die digitale FachveranstaltungWohnen ist mehr als ein Dach über dem Kopf – generationenübergreifendes Wohnen und neue Wohnformen in den Quartieren findet am 04. Dezember 2020 von 10.00 – 12.40 Uhr statt.

Die Veranstaltungsgebühr beträgt 47 € für Mitglieder und 59 € für Nicht-Mitglieder.

Die Veranstaltung richtet sich an Fach- und Leitungskräfte aus Kommunen, Wohnungswirtschaft, Sozialwirtschaft, freier Wohlfahrtspflege und Stiftungen.

Anmeldeschluss ist der 27.11.2020.

Den Link zur Onlineanmeldung sowie zum Programm finden Sie unter:www.deutscher-verein.de/de/va-20-wohnen

AKTUELLES

Immer mehr Menschen in Deutschland übernehmen Aufgaben der Pflege und Betreuung von Angehörigen. Dies muss in den meisten Fällen mit dem Beruf in Einklang gebracht werden, denn für viele Beschäftigte ist es auch von existenzieller Bedeutung, weiterhin im Beruf tätig zu sein.

Damit Fachkräfte mit ihrem Wissen und ihren Kompetenzen nicht verloren gehen, ist es wichtig, sich als Unternehmen Gedanken zu machen, wie die Beschäftigten hier konkret unterstützt werden können. Denn die Pflege eines Angehörigen ist eine Aufgabe, die nicht nur emotional belastet, sondern auch Zeit in Anspruch nimmt – besonders die Corona-Pandemie hat Beschäftigte mit zu pflegenden Angehörigen vielfach an ihre Grenzen gebracht.

Über Pflege zu sprechen zahlt sich langfristig aus

Über Pflege zu sprechen, das Thema aus der Tabuzone zu holen und Zugang zu Informationen zu bieten sind erste Schritte, um den Beschäftigten wertvolle Hilfestellung zu geben. Das zahlt sich aus und kann dazu beitragen, dass Beschäftigte dem Unternehmen erhalten bleiben und Fehlzeiten reduziert werden.

Leitfaden bietet Informationen für die Praxis

Es gibt bereits viele betriebliche Angebote, wie Unternehmen ihre Beschäftigten bei der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf unterstützen. Dieser Leitfaden zeigt Möglichkeiten, wie dies gelingen kann: Er enthält Informationen zur Situation der Pflegenden und zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Außerdem finden Sie Anregungen, Tipps und Checklisten aus der betrieblichen Praxis für die Entwicklung einer pflegesensiblen Unternehmenskultur und für die Gestaltung von Vereinbarkeitsmaßnahmen.

Den Leitfaden können Siehier herunterladen.

Sie haben gerne was in der Hand? Dann bestellen Sie kostenfrei den Leitfaden im Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“ (netzwerkbuero@dihk.de) oder beim Publikationsversand der Bundesregierung unter publikationen@bundesregierung.de.

Mehr Informationen zum Netzwerk finden Sie unter www.erfolgsfaktor-familie.de/netzwerken.

Darüber hinaus stehen wir Ihnen gern für Fragen oder Hintergrundinformationen unter der Rufnummer: 030/20308-6101 zur Verfügung.

Die Situation von Alleinerziehenden ist gerade in dieser Zeit ständigen Änderungen unterworfen. Jede Veränderung in der Gesetzgebung und Familienpolitik hat direkte Auswirkungen auf den Alltag der Einelternfamilien.

Viele Angebote und Unterstützungen gibt es. Leider nicht alle überall und nicht alle wissen, wo sie sich informieren können und wo sie Unterstützung erhalten.

Mit dieser Umfrage will die Koordinierungsstelle Daten und Fakten zur derzeitigen Situation von Alleinerziehenden sammeln, damitman sienoch zielgerichteter für deren Belange einsetzen kann.

Bitte helfen Sie, indem Sie sich 15 Minuten Zeit nehmen, um die Fragen zu Ihrer Situation zu beantworten. Wenn Sie über das Ergebnis der Umfrage informiert werden möchten, wenden Sie sich bitte an koordinierungsstelle@vamv-hessen.de.

Hier geht es zum Fragebogen: https://lamapoll.de/Situation_von_Alleinerziehenden/

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ZFF-Info 11/2020

SCHWERPUNKT I: Parlamentsdebatte Hartz IV Regelsätze

Anlässlich der heutigen ersten parlamentarischen Lesung des Entwurfs zum Regelbedarfsermittlungsgesetz rügt der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt die vorgesehenen Erhöhungen als unzureichend. Er fordert, die Berechnung der Grundsicherung weiterzuentwickeln. „Wissenschaft und Zivilgesellschaft üben seit Jahren begründete Kritik an dem derzeitigen System der Regelbedarfserrechnung“, erklärt dazu Jens M. Schubert, Bundesgeschäftsführer der AWO, „Es ist äußerst fragwürdig, erst einen tatsächlichen Bedarf zu ermitteln und im Nachgang den Rotstift anzusetzen, um vermeintlich nicht bedarfsrelevante Bedarfe wegzukürzen. Neben der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Verfahrens geht es aktuell vor allem um eine politische Entscheidung: Wie sehr dürfen Menschen in ihren finanziellen Möglichkeiten eingeschränkt werden, die sowieso schon benachteiligt sind?“

Der vorliegende Entwurf wiederholt weitestgehend das breit kritisierte Berechnungsverfahren aus den Jahren 2011 und 2016. Dabei werden zunächst mit einem statistischen Verfahren die unteren durchschnittlichen Ausgaben für die alltägliche Lebensführung ermittelt und zahlreiche Posten im Nachhinein gekürzt. Dadurch wird der finanzielle Spielraum der Betroffenen so massiv beschränkt, dass keine Möglichkeit für internen Kostenausgleich, eigenständige Konsumentscheidungen oder kurzfristig notwendige Anschaffungen mehr bleibt. Die AWO mahnt deshalb eine Verbesserung des Berechnungsverfahrens an.

Der Verband kritisiert zudem, dass die pandemiebedingten Mehrkosten nicht ausdrücklich in der jetzigen Entwurfsfassung berücksichtigt worden seien. „Corona kommt diejenigen teuer zu stehen, die sowieso schon wenig haben. Mit den aktuellen Regelbedarfshöhen konnten und können Corona-bedingte Mehrkosten nicht hinreichend ausgeglichen werden. Der Gesetzesentwurf gibt keine Antwort, wie die Mehrkosten der letzten Monate für Masken, Desinfektionsmittel, nötige digitale Anbindung und vieles mehr bei Betroffenen ausgeglichen werden können“, so Schubert.

Die AWO sehe dringenden Bedarf zur Nachbesserung. Der Verband fordert daher eine zu März 2020 rückwirkende Regelsatzerhöhung, um Betroffene schnell zu entlasten. Anderenfalls würden Teilhabemöglichkeiten für Betroffene stark eingeschränkt bleibe.

Schubert abschließend: „Insgesamt nutzt der Gesetzgeber bisher seinen Handlungsspielraum nicht hinreichend aus, um die Situation für über sieben Millionen Grundsicherungsbeziehende spürbar zu verbessern. Es bleibt zu hoffen, dass dies im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens nachgeholt wird.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 07.10.2020

Heute findet im Bundestag die erste Beratung des Entwurfs des Regelbedarfsermittlungsgesetz statt. Darin wird die Höhe der Regelbedarfe ab 2021 festgesetzt. Die Nationale Armutskonferenz kommt nach Prüfung des Gesetzentwurfs zu dem Ergebnis: Der Regelbedarf ist an vielen Stellen zu knapp bemessen. Dies legt die nak beispielhaft in ihrem heute veröffentlichten Positionspapier dar. Bündnissprecher Gerwin Stöcken fordert daher deutliche Verbesserungen des Gesetzentwurfs im parlamentarischen Verfahren. Insbesondere sollten die Parlamentarier*innen die nachträglichen Streichungen revidieren.

Gerwin Stöcken, Sprecher der nak: „Die im Gesetzentwurf vorgelegte Berechnung der Regelbedarfe geht vielfach an der Lebensrealität der Menschen vorbei. Viele methodische Setzungen, angefangen bei der Definition der Referenzgruppen über den Einbezug verdeckter Armut in die Statistik bis zur Behandlung bestimmter Ausgaben wie langlebige Gebrauchsgüter, Gesundheitskosten, der Bereich der digitalen Ausstattung oder Strom, überzeugen nicht. Besonders ins Gewicht fallen erneut die umfangreichen nachträglichen Kürzungen, die sich Berechnungen zufolge auf über 150 Euro summieren. Die genannten Kritikpunkte zeigen: Die Bundesregierung gibt sich große Mühe, um den Regelbedarf möglichst knapp zu bemessen, ohne sich ernsthaft mit vorliegenden Verbesserungsvorschlägen des Verfahrens aus der Wissenschaft und Zivilgesellschaft zu befassen. Wir setzen darauf, dass jetzt im parlamentarischen Verfahren nachgebessert wird.“

Anlässlich der Regelbedarfsermittlung hat die Nationale Armutskonferenz heute ein Positionspapier veröffentlicht, in dem dargelegt wird, was eine mangelhafte Ausgestaltung des Existenzminimums für die Menschen im Grundsicherungsbezug finanziell bedeuten kann. Seien es Zuzahlungen für die Gesundheit, der Umgang mit dem Kind in einer Trennungsfamilie, die Pflege sozialer und familiärer Beziehungen, die digitale Ausstattung von Kindern, die kaputte Waschmaschine oder die Stromkosten – anhand dieser Beispiele weist das Positionspapier auf die Lücken in der gegenwärtigen Ausgestaltung des Existenzminimums hin.

Zum Hintergrund:

Der Gesetzgeber ist zur Neuberechnung der Regelbedarfe verpflichtet, wenn die Ergebnisse der zu Grunde liegenden Statistik, der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) vorliegen. Mit dem aktuellen Regelbedarfsermittlungsgesetz wird dies für die Regelbedarfe ab 2021 umgesetzt. Die Regelsätze sollen gemeinsam mit den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie den Mehrbedarfen den existenziellen Bedarf für Leistungsberechtigte des SGB II, des SGB XII und des Asylbewerberleistungsgesetz abbilden. Die Berechnung der Regelsätze in der Grundsicherung steht seit Jahren in der Kritik. Der vorliegende Gesetzentwurf führt dieses kritikwürdige Verfahren weitgehend fort.

Quelle: Pressemitteilung Nationale Armutskonferenz (nak) vom 07.10.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte über die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelbedarfe die neuen Regelsätze für Kinder und Jugendliche als realitätsfremd und unzureichend. Aus Sicht der Kinderrechtsorganisation fehlt nach wie vor ein politisches Gesamtkonzept, mit dem die Situation der von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen in Deutschland nachhaltig verbessert wird.

„Durch die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze für Kinder und Jugendliche wird Kinderarmut in Deutschland nicht beseitigt, sondern sie wird sogar zementiert. Die vorgesehenen Erhöhungen sehen nur auf den ersten Blick gut aus, bei genauerem Hinsehen sind sie ein armutspolitischer Skandal. 8,92 Euro monatlich für Kinderschuhe, 1,75 Euro für Toilettenpapier und Papiertaschentücher oder 3,92 Euro für einen Friseurbesuch: Diese Einzelposten zeigen, dass die Regelsätze mit der Realität so gut wie nichts zu tun haben. Und dass für ein Fahrrad, eine Uhr oder ein Musikinstrument kein einziger Cent vorgesehen ist, spricht Bände“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Eine grundsätzliche Verbesserung der Lebenssituation von Armut betroffener Kinder und Jugendlicher benötigt eine grundlegende Reform der Regelsatzberechnung. Es sollte bedarfs- und realitätsgerecht ermittelt werden, was Kinder brauchen. Referenz muss dabei ein gutes Aufwachsen und die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben sein“, so Hofmann weiter.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert Bund, Länder und Kommunen auf, der Bekämpfung von Kinderarmut in Deutschland endlich die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdient, und in der Konsequenz wirksame Maßnahmen zur Förderung armer Kinder und ihrer Familien zu ergreifen. So zeigen die vor kurzem von der Bertelsmann Stiftung vorgelegten Zahlen zur Kinderarmut in Deutschland sehr eindrücklich, dass es nach wie vor nicht gelingt der anhaltend hohen Kinderarmut in Deutschland etwas entgegen zu setzen. Zudem ist angesichts der Corona-Krise damit zu rechnen, dass die Zahl der von Armut betroffenen Kinder und Familien noch ansteigen wird.

Das Deutsche Kinderhilfswerk tritt für die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung nach dem Modell des Bündnisses KINDERGRUNDSICHERUNG ein, die den bestehenden Familienlastenausgleich ablöst, bestehende kindbezogene Leistungen bündelt und das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie, der Familienform und dem bisherigen Unterstützungssystem bedarfsgerecht gewährleistet. Die Kindergrundsicherung ist eine nachhaltige Lösung, die gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen eigenständig und unabhängig von der Hartz-IV-Gesetzgebung absichert.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 07.10.2020

Die aktuellen Zahlen zu im Jahr 2019 durchgeführten Stromsperren nimmt der Paritätische Wohlfahrtsverband zum Anlass, seine Forderung nach einer Totalreform von Hartz IV zu unterstreichen: Strom dürfe künftig nicht mehr im Regelsatz pauschaliert erfasst werden, sondern müsse wie Miete und Heizkosten übernommen werden, fordert der Verband. Darüber hinaus sollen nach Vorstellungen des Verbandes größere Anschaffungen (z.B. Kühlschrank, Waschmaschine) als einmalige Leistungen zusätzlich finanziert werden und der Regelsatz selbst deutlich angehoben werden, um wirklich alle Bedarfe des täglichen Lebens zu decken.

Eine Stromabschaltung bedeute für viele Menschen, keine Möglichkeit zur Warmwasserbereitung, zum Kochen oder sogar zum Heizen zu haben. Gerade bei kleinen Kindern, alten, kranken oder behinderten Menschen sei diese Praxis überhaupt nicht hinnehmbar, kritisiert der Paritätische. Auch wenn die meisten Energieversorger derzeit während der Corona-Pandemie vorübergehend auf das Verhängen neuer Stromsperren verzichten, fehle noch immer eine dauerhafte Lösung für das Problem. „Stromsperren sind in unserer modernen Gesellschaft barbarisch. Energie gehört wie ein Dach über dem Kopf zum Existenzminimum“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. „Stromkosten lassen sich nicht pauschalieren und haben daher nichts im Regelsatz zu suchen. Klar und konsequent wäre es, wenn auch die Stromkosten genau wie die Heizkosten in tatsächlicher Höhe übernommen würden.“

Notwendig ist darüber hinaus aus Sicht des Verbandes eine deutliche Anhebung der Regelsätze. Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle müsste ein armutsfester Regelsatz 644 Euro (für alleinlebende Erwachsene) betragen. Bei den Berechnungen sind die umstrittenen und auch bereits von anderen kritisierten statistischen Manipulationen im Regelsatz herausgerechnet. Die direkten Mehrkosten zur Umsetzung des Vorschlags werden auf 14,5 Milliarden Euro geschätzt.

Der Paritätische begrüßt vor diesem Hintergrund die Vorstöße aus der Opposition im Bundestag zur Anhebung der Regelsätze auf über 600 Euro. „Alle Expert*innen sind sich einig, unter 600 Euro reicht es auf keinen Fall. Die Bundesregierung muss endlich ihre umstrittenen Methoden der Regelbedarfsermittlung korrigieren und zu einem Verfahren finden, das sich an der Lebensrealität orientiert. Es fehlt nicht an belastbaren Zahlen und Modellen. Was es braucht, ist den politischen Willen, Armut in diesem reichen Land wirklich zu verhindern“, so Schneider.

Die Expertise „Regelbedarfe 2021. Alternative Berechnungen zur Ermittlung der Regelbedarfe in der Grundsicherung“ kann hier heruntergeladen werden: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/regelbedarfe-2021-alternative-berechnungen-zur-ermittlung-der-regelbedarfe-in-der-grundsicherung/

Zur unzureichenden Höhe der Regelsätze siehe u.a. auch die Studie „Arm, abgehängt, ausgegrenzt. Eine Untersuchung zu Mangellagen eines Lebens mit Hartz IV“: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/expertise-arm-abgehaengt-ausgegrenzt-eine-untersuchung-zu-mangellagen-eines-lebens-mit-hartz-iv/

Quelle: Pressemitteilung Der Paritätische Gesamtverband vom 07.10.2020

SCHWERPUNKT II: Safe Abortion Day

Zum Internationalen Tag für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs (International Safe Abortion Day) am 28.09.2020 erklären Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik, und Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Gesundheitsförderung:

Der International Safe Abortion Day macht auf das grundsätzliche Recht auf Zugang zu einem sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruch aufmerksam. Weltweit bleibt dieses Recht vielen Frauen verwehrt. Jedes Jahr sind Millionen Frauen gezwungen auf unsichere Methoden zurückzugreifen, weil das Gesetz Abbrüche grundsätzlich verbietet. Diese grausame Praxis kostet viele Frauen das Leben. Es ist unerträglich, dass nach WHO-Schätzungen in unserer Zeit weltweit 70.000 Frauen pro Jahr an den Folgen unprofessionell durchgeführter Schwangerschaftsabbrüche sterben müssen.
In Deutschland haben Frauen die Möglichkeit, sichere Schwangerschaftsabbrüche zu bekommen. Die Regelung des Schwangerschaftsabbruchs im Strafgesetzbuch stellt Frauen aber auch hierzulande vor große Hürden. In nächster Zeit werden mehr und mehr Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, in den Ruhestand gehen. Die Versorgungssicherheit ist in einigen deutschen Regionen bereits jetzt nicht mehr gegeben und die Situation spitzt sich weiter zu. Das ist ein unhaltbarer Zustand. Wir kämpfen weiter für die Streichung des Paragrafen 219 a StGB, gegen einen Versorgungsnotstand und die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.
Die Corona-Krise hat den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen weltweit erschwert. Es bleibt notwendig, das Recht auf Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen weltweit zu verteidigen.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 27.09.2020

„Seit bald 150 Jahren steht das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen im Strafgesetzbuch. Nur unter bestimmten Bedingungen dürfen Frauen abtreiben, ohne dass dies bestraft wird. Feministischen Kämpfen haben wir es zu verdanken, dass es Ausnahmen vom Zwang gibt, ein Kind auszutragen. Eine Erlaubnis und Ausnahmen sind zu wenig, wenn es um die körperliche Selbstbestimmung geht. Frauen brauchen ein Recht darauf. Deshalb müssen Schwangerschaftsabbrüche raus aus dem Strafgesetzbuch und ganz normaler Teil der Gesundheitsversorgung werden“, so Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, zum internationalen Safe Abortion Day am 28. September. Möhring weiter:

„Das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen konterkariert eine gute Versorgung. Es wirkt stigmatisierend, Schwangerschaftsabbrüche erscheinen nicht als Teil der gesundheitlichen Versorgung, sondern als etwas, was gesellschaftlich nicht gewollt ist. Angehende Ärztinnen und Ärzte schreckt das ab. Darüber hinaus ist dieser medizinische Eingriff nicht verbindlicher Teil der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten. Schon jetzt gibt es einen Rückgang von Praxen und Einrichtungen, die die Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen anbieten. Schon jetzt müssen ungewollt Schwangere in manchen Regionen hunderte Kilometer fahren, um eine Ärztin zu finden. Wir brauchen Bedarfsplanungen, ganzheitliche medizinische Versorgung, ein Recht auf Beratung statt einer Pflicht dazu.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 25.09.2020

Anlässlich des Internationalen Tages für einen sicheren Schwangerschaftsabbruch, der jedes Jahr am 28.September stattfindet, fordert die AWO die Streichung des §218 und §219a aus dem Strafgesetzbuch.

Der Bundesvorsitzende der AWO, Wolfgang Stadler, erklärt hierzu: „Seit der Gründung der Arbeiterwohlfahrt vor über 100 Jahren streitet die AWO für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen. Grundvoraussetzung für ein freies Leben ist die freie Entscheidung einer jeden Frau, ob, wann und wie viele Kinder sie im Laufe ihres Lebens bekommen möchte.“

Gemeinsam mit ihren bundesweit vorhandenen Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen setzt sich die AWO daher für die freie Entscheidung von Frauen über ihren Körper, das Recht auf qualitativ hochwertige und niedrigschwellig verfügbare Informationen, medizinisch sichere Versorgung und eine Abschaffung der Pflichtberatung ein. Zusätzlich zur hochproblematischen Gesetzeslage ist in den letzten Jahren die Zahl der Ärzt*innen und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, drastisch zurückgegangen. Dies ist teilweise auf den Rentenbeginn vieler Mediziner*innen zurückzuführen. Da sich das gesellschaftliche Klima durch die Auseinandersetzung um §219a StGB, dem sogenannten Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche, zusehend verschärft hat, bieten aber auch Nachfolger*innen aus Angst vor Angriffen durch Abtreibungsgegner*innen keine Schwangerschaftsabbrüche mehr an. Das Recht von Frauen auf gute medizinische Versorgung und eine freie Arztwahl ist dadurch gefährdet.

„Die Corona-Pandemie hat überdeutlich gezeigt, dass es in der Mehrzahl Frauen sind, die unsere Gesellschaft tragen, sei es in den systemrelevanten Berufen oder bei der privaten Fürsorgearbeit zu Hause. Parallel haben sie immer noch nicht die Entscheidungsfreiheit über alle Aspekte ihres eigenen Lebens. Das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch ist aus Sicht der AWO elementar für ein selbstbestimmtes Leben“, schließt der Vorstandsvorsitzende.

Anlässlich des „Safe Abortion Day“ beteiligt sich der AWO Bundesverband auch als Partnerin an der Vorabpremiere des Films „Niemals Selten Manchmal Immer“ und dem anschließenden Fachgespräch (besetzt mit Kristina Hänel, Prof. Maria Wersig und Bärbel Ribbert). Der Spielfilm zeigt eine 17-Jährige aus dem ländlichen Raum der USA, die sich auf die Reise nach New York City begibt, um dort eine Schwangerschaft zu beenden. Mehr zur Veranstaltung hier.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 25.09.2020

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

Giffey: Update für den Jugendmedienschutz – Belästigung, Beleidigung und Abzocke im Internet wirksam begegnen, klare Alterskennzeichnungen und Regeln durchsetzen

Zocken, chatten, posten: Nicht erst seit den coronabedingten Einschränkungen ist es für Kinder und Jugendliche selbstverständlich, digitale Medien in ihrem Alltag zu nutzen. Im digitalen Raum verbringen sie viel Zeit. Dort tauschen sie sich aus, spielen, hören Musik. Dabei werden sie aber sehr häufig auch mit Bildern, Videos oder Kommentaren konfrontiert, die sie ängstigen. 41 % der Kinder und Jugendlichen fühlen sich im Internet gemobbt, beschimpft und beleidigt oder massiv von Fremden belästigt und bedrängt.

Um diesen Risiken wirksam zu begegnen, hat das Bundeskabinett heute den von Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey vorgelegten Entwurf eines modernen Jugendschutzgesetzes beschlossen.

Das neue Jugendschutzgesetz schafft:Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Interaktionsrisiken wie Mobbing, sexueller Anmache oder KostenfallenOrientierung für Eltern, Fachkräfte und Jugendliche durch einheitliche AlterskennzeichenDurchsetzung der Regelungen auch gegenüber ausländischen Anbietern, die Kinder und Jugendliche besonders viel nutzen.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Unser Jugendschutz ist veraltet und im Zeitalter von CD-ROM und Videokassette stehengeblieben. Mit dem neuen Jugendschutzgesetz sorgen wir nun für Regelungen im digitalen Zeitalter. Es passt zu den heutigen technischen Möglichkeiten und es hat die verschiedenen Interaktionsrisiken, die das Internet für Kinder und Jugendliche mit sich bringt, im Blick: Belästigungen, Beleidigungen, Abzocke – denen begegnen wir mit dem Update für den Jugendmedienschutz. Kinder und Jugendliche werden besser geschützt, weil Anbieter von Spielen oder sozialen Netzwerken zu altersgerechten Voreinstellungen verpflichtet werden. Verstöße werden in letzter Konsequenz mit Bußgeldern geahndet. Und Eltern, pädagogische Fachkräfte und die Kinder und Jugendlichen selbst bekommen klare Orientierungshilfen, etwa durch einheitliche Alterskennzeichnungen. In der ‚analogen‘ Welt steht ein effektiver Jugendschutz seit Jahrzehnten außer Frage. Das soll und wird nun auch im Netz umgesetzt.“

Wir stellen sicher, dass Filme oder Spiele die gleiche Alterseinstufung bekommen, egal, ob sie online gestreamt oder im Geschäft an der Ladentheke gekauft werden. Wir sorgen außerdem dafür, dass bei Alterseinstufungen auch Zusatzfunktionen eines Spiels berücksichtigt werden und nicht nur auf den Inhalt abgestellt wird. Insbesondere Kontaktmöglichkeiten, die zu Cybermobbing, Anmache und Missbrauch führen können, und Kostenfallen etwa durch Loot Boxes und glücksspielsimulierende Elemente in Games können zu einer höheren Alterseinstufung führen. Das ist wichtig und auch dringend notwendig, da etwa Chatfunktionen ein Einfallstor für sexuelle Belästigung, das sogenannte Cybergrooming, durch Erwachsene sind.

Über verpflichtende Vorsorgemaßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen bei der Nutzung von Social-Media-Diensten werden auch die Anbieter stärker in die Verantwortung genommen.

„Eltern und Kinder müssen Risiken wie Cybergrooming und Cybermobbing kennen und wissen, was sie in diesem Fall tun können. Vor allem aber stehen die Anbieter in der Verantwortung, Kinder und Jugendliche vor diesen Interaktionsrisiken zu schützen. Mit unserem Gesetzentwurf werden nationale wie internationale Anbieter in die Pflicht genommen, geeignete Schutzkonzepte wie altersgerechte Voreinstellungen und Hilfs- und Beschwerdesysteme für ihre jungen Nutzerinnen und Nutzer zu entwickeln und umzusetzen“, so Ministerin Giffey.

Die bisherige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wird zu einer modernen Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz ausgebaut. Die Bundeszentrale wird dafür zuständig sein, sicherzustellen, dass die vom Gesetz erfassten Plattformen ihren systemischen Vorsorgepflichten (z.B. sichere Voreinstellungen, Beschwerde- und Hilfesystem) nachkommen. Sie soll Verstöße auch gegenüber ausländischen Anbietern ahnden. Mit der Bundeszentrale werden klare Strukturen im Kinder- und Jugendmedienschutz geschaffen. Die Länder bleiben für die inhaltsbezogenen Maßnahmen im Einzelfall zuständig, der Bund nimmt das Massenphänomen Interaktionsrisiken und eine systemische Vorsorge in den Fokus.

Der Entwurf wird nachdrücklich unterstützt von UBSKM, vom Antisemitismusbeauftragten des Bundes, von der Drogenbeauftragten, von Ärzte-, Kinderschutz-, Familien- und Jugendverbänden, von UNICEF und von Kirchen.

Wenn Bundestag und Bundesrat das Gesetz verabschieden, könnten die neuen Regelungen bereits im Frühjahr 2021 in Kraft treten.

Zahlen und Fakten9- bis 17-jährige sind täglich im Schnitt 2,4 Stunden online.Wenn Kinder und Jugendliche im Netz surfen, dann tun sie das weit überwiegend auf ausländischen Plattformen.Über 40 % der 10- bis 18-Jährigen haben im Internet bereits negative Erfahrungen gemacht; über 1 Million von ihnen haben etwas gesehen, das sie geängstigt hat.800.000 der 10- bis 18-Jährigen wurden bereits im Netz beleidigt oder gemobbt.250.000 Kinder wurden von Erwachsenen mit dem Ziel sexuellen Missbrauchs kontaktiert.70 % der Mädchen und Frauen sind bei der Nutzung sozialer Medien von digitaler Gewalt betroffen.

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 14.10.2020

Fünfteilige Webserie macht Jugendliche auf Pflegeberuf und die neue Pflegeausbildung aufmerksam

Wie begeistert man Jugendliche angesichts des steigenden Fachkräftebedarfs für eine Ausbildung in der Pflege? Das Bundesfamilienministerium geht neue Wege – mit der fiktiven Miniserie „Ehrenpflegas“. Sie soll auf unkonventionelle und unterhaltsame Weise über den Pflegeberuf und die neue Pflegeausbildung informieren und die Jugendlichen auf den Kanälen erreichen, die sie auch wirklich nutzen. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey war heute bei der offiziellen Premiere im Berliner Delphi-Filmpalast dabei. Die fünfteilige Serie ist Bestandteil der Kampagne „Mach Karriere als Mensch!“, mit der das Bundesfamilienministerium über die Chancen und die Vielfalt der 2020 gestarteten vollvergüteten Pflegeausbildung aufmerksam macht.

Die zusammen mit den Produzenten von „Fack ju Göhte“ entwickelte „Ehrenpflegas“-Serie erzählt die Geschichte von drei Jugendlichen, die die neue generalistische Ausbildung in der Pflege beginnen. Die Hauptrollen spielen Lena Klenke und Danilo Kamperidis, die beide unter anderem aus der Serie „How to Sell Drugs Online (Fast)“ bekannt sind, sowie „Dark“-Darstellerin Lisa Vicari. Alle drei waren bei der Premiere mit dabei. Produziert wurden die Folgen von Constantin Film. Die Filme werden digital in zielgruppenrelevanten Kanälen beworben und auf dem YouTube-Kanal des Bundesfamilienministeriums ausgespielt.

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Viele Jugendliche stehen nach bestandenen Abschlussprüfungen in der Schule vor der schwierigen Entscheidung, welche Ausbildung sie machen und welchen Beruf sie ergreifen möchten. Mit der Miniserie „Ehrenpflegas“ wollen wir die Jugendlichen in ihrer Lebenswelt abholen und genau dort erreichen, wo sie sich Informationen holen: in den sozialen Netzwerken. Ansprechen wollen wir aber genauso Menschen mit dem Wunsch nach beruflicher Neuorientierung. Als Familienministerin arbeite ich gemeinsam mit dem Bundesgesundheits- und dem Bundesarbeitsministerium kontinuierlich daran, den Pflegeberuf attraktiver zu machen – durch bessere Arbeitsbedingungen, eine umfassendere Ausbildung und durch eine höhere Bezahlung. Nur so können wir dem Fachkräftemangel in dieser Branche begegnen. Einen großen Schritt haben wir schon mit der neuen Pflegeausbildung geschafft. Mit der generalistischen Ausbildung können die Fachkräfte in allen Pflegebereichen von der Kinderkrankenpflege bis zur Altenpflege arbeiten. Wichtig ist auch, dass das Schulgeld abgeschafft und überall in Deutschland eine angemessene Ausbildungsvergütung sichergestellt wurde. Dafür wollen wir jetzt Menschen begeistern und gewinnen. Die „Ehrenpflegas“-Serie ist ein weiterer Baustein in unserer Kampagne „Mach Karriere als Mensch“, mit der wir junge Menschen erreichen und über die neue Pflegeausbildung informieren wollen.“

Serie ist Teil der Kampagne „Mach Karriere als Mensch!“ Die Öffentlichkeitskampagne „Mach Karriere als Mensch!“ hat das BMFSFJ im Oktober 2019 im Rahmen der Ausbildungsoffensive Pflege gestartet. Ziel der Kampagne ist es, Jugendliche in der Berufsorientierungsphase und Erwachsene mit dem Wunsch nach beruflicher Neuorientierung für eine Ausbildung in der Pflege zu gewinnen. Für „Mach Karriere als Mensch!“ wurde auch die Pflegeporträtserie „Frühspätnachtdienst“ produziert, in der junge Pflegfachkräfte erzählen, warum sie ihren Beruf gewählt haben und wie ihr Arbeitsalltag aussieht. Diese Porträts sind ebenfalls auf YouTube zu sehen.

Die einzelnen Filme der Serie „Ehrenpflegas“ können Sie hier ansehen: https://www.youtube.com/playlist?list=PLVvNcE1KWVn8Vu9F2UPbRwJoXIUommQcd

Unter diesem Link finden Sie den Trailer zur Serie: https://www.youtube.com/watch?v=iJvZSSe5XdQ&feature=youtu.be

Weitere Informationen zur neuen Pflegeausbildung

Am 1. Januar 2020 ist die neue Pflegeausbildung zur „Pflegefachfrau“ oder zum „Pflegefachmann“ gestartet, in der erstmals alle Bereiche der Pflege von der Kinderkrankenpflege über die Krankenpflege bis zur Altenpflege vermittelt werden. Für die Ausbildung muss nun kein Schulgeld mehr bezahlt werden, die Auszubildenden erhalten eine angemessene Ausbildungsvergütung, die derzeit nach dem Tarifvertrag für Auszubildende des öffentlichen Dienstes 1.140,69 (1. Ausbildungsjahr), 1.207,07 (2. Ausbildungsjahr) und 1.303,38 (3. Ausbildungsjahr) beträgt. Außerdem ist eine Ausbildung an einer Hochschule mit Bachelor-Niveau möglich. Der generalistische Abschluss wird automatisch EU-weit anerkannt. Damit wurden die Ausbildungsbedingungen verbessert, die Attraktivität des Berufsfeldes Pflege gesteigert sowie der Berufsbereich der Pflege insgesamt aufgewertet.

Um die Einführung der neuen Pflegeausbildungen zu unterstützen, hat das BMFSFJ gemeinsam mit BMG und BMAS die Ausbildungsoffensive Pflege mit insgesamt 111 Maßnahmen gestartet, die im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege entwickelt wurde. Ein Ziel der Offensive ist, die Zahl der Azubis und der ausbildenden Einrichtungen bis 2023 um 10% zu steigern.

Weitere Informationen unter: www.pflegeausbildung.net

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12.10.2020

Breites Bündnis für mehr Offenheit im Umgang mit psychischer Belastung, Stress und Erschöpfung

Ob am Arbeitsplatz, in Schule, Ausbildung oder Privatleben – der Alltag ist oft stressig. Die Corona-Pandemie hat die Herausforderungen für viele Menschen noch erhöht. Solche Belastungen können zu Überlastung und dauerhafter Erschöpfung führen. Psychische Erkrankungen, die mittlerweile der zweithäufigste Krankheitsgrund sind, können die Folge sein.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn starten am 5. Oktober gemeinsam mit einem breiten Bündnis von über fünfzig Institutionen aus dem Bereich der Prävention die „Offensive Psychische Gesundheit“, damit der gesellschaftliche Umgang mit psychischen Belastungen offener wird.

Die Offensive soll dazu beitragen, dass Menschen ihre eigenen psychischen Belastungen und Grenzen besser wahrnehmen und auch mit Menschen in ihrem Umfeld offener darüber sprechen können. Darüber hinaus möchte die Offensive die Präventionslandschaft in Deutschland mit ihren zahlreichen Anbietern besser vernetzen.

Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales: „Arbeit darf nicht krankmachen. Gerade weil Menschen an ihrem Arbeitsplatz sehr viel Zeit verbringen, muss hier besser auf ihre Gesundheit geachtet werden. Viele Menschen erleben dabei den schmalen Grat zwischen Belastung und Überlastung. Wir möchten Arbeitgeber dabei unterstützen, die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu stärken. Das liegt auch im wirtschaftlichen Interesse der Arbeitgeber, denn psychische Erkrankungen sind mit hohen Ausfallzeiten verbunden. Deshalb haben wir mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz bereits Regelungen für einen verbindlicheren Arbeitsschutz auf den Weg gebracht, die auch die psychische Gesundheit berücksichtigen. Aber wir blicken gemeinsam nicht nur auf den Arbeitsplatz, sondern nehmen alle Lebensbereiche der Menschen in den Blick. Mit der Offensive holen wir das Thema raus aus der Tabuzone.“

Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: „Fast jeder kennt es, das Hamsterrad aus alltäglichen Anforderungen und Verpflichtungen. All das kann für Druck sorgen, unter dem viele Menschen Tag für Tag stehen. Mit der Offensive Psychische Gesundheit wollen wir eine gesellschaftliche Debatte anstoßen und dazu beitragen, dass offener über psychische Belastungen gesprochen wird. Für eine bessere Prävention machen wir mit der Offensive die Vielzahl von guten Beratungsangeboten, die es gibt, bekannter, wie die „Nummer gegen Kummer“ für Eltern, Kinder und Jugendliche oder die „Pausentaste“ für junge Menschen, die zu Hause Angehörige pflegen. Mit zahlreichen anderen Maßnahmen steht das Bundesfamilienministerium Menschen auch in schwierigen Zeiten bei: Wir fördern Baumaßnahmen in den Kurkliniken des Müttergenesungswerks, Mehrgenerationenhäuser und Programme gegen Einsamkeit im Alter und nehmen im neuen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz Kinder in den Fokus, deren Eltern psychisch erkrankt sind. Die Offensive sendet ein Signal an Betroffene und ihr Umfeld: Ihr seid nicht allein, denn es gibt zahlreiche Unterstützungsangebote.“

Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister: „Nicht nur eine Infektion selbst kann krank machen, sondern auch die Sorge davor. Die Corona-Pandemie bedeutet für viele auch eine enorme psychische Belastung, die bei manchen sogar behandlungsbedürftig werden kann. Gerade in dieser Zeit ist es deshalb wichtig, mit Aufklärungsarbeit und Unterstützungs-angeboten für psychische Gesundheit zu sensibilisieren und einen frühen Zugang zu Hilfe zu erleichtern. Die Offensive dreier Ministerien ist dafür ein starkes Signal.“

Zu den Partner*innen der Offensive gehören neben gesetzlichen und privaten Krankenkassen auch die Rentenversicherung sowie Unfallversicherungsträger und Berufsgenossenschaften, die Bundesagentur für Arbeit, berufsständische Verbände von Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen, Bündnisse und Betroffeneneinrichtungen im Bereich psychische Gesundheit und weitere Multiplikator*innen. Eine solche ressortübergreifende Initiative von BMAS, BMG und BMFSFJ mit breiter Unterstützung unterschiedlicher Akteur*innen zur Stärkung der Prävention in Deutschland ist bisher einmalig.

Im Rahmen der Offensive Psychische Gesundheit sollen die Präventionsanbieter und -anbieterinnen und weitere Partner in zwei Dialogveranstaltungen eine Bestandsaufnahme, die Verabredung gemeinsamer Ziele und die Vernetzung ihrer Angebote vornehmen. Die Erkenntnisse der Fachdialoge werden dokumentiert und veröffentlicht.

Alle Informationen zur Offensive auf: www.offensive-psychische-gesundheit.de

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 05.10.2020

BMFSFJ startet ESF-Förderprogramm zur Stärkung der Teilhabe älterer Menschen

Mit zunehmendem Alter wird das soziale Netzwerk der meisten Menschen kleiner. Isolation und Einsamkeit sind häufig die Folgen. Der Austritt aus dem Berufsleben, gesundheitliche Probleme, Einschränkungen der Mobilität und oftmals auch Armut und Migrationshintergrund verstärken das Risiko der sozialen Isolation. Besonders in der Corona-Pandemie sind die negativen Auswirkungen mangelnder sozialer Kontakte deutlich geworden.

Um ungewollter Vereinsamung entgegenzuwirken, fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mit fünf Millionen Euro von Oktober 2020 bis September 2022 bundesweit 28 Modellprojekte. Die Mittel stammen aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) im Programm „Stärkung der Teilhabe Älterer – Wege aus der Einsamkeit und Isolation im Alter“. Es ist das erste ESF-Programm dieser Art und richtet sich vorrangig an ältere Beschäftigte (über 60 Jahre), die vom Ausschluss aus dem Arbeitsmarkt bedroht oder betroffen sind und damit auch von gesellschaftlicher Isolation. Ziel ist es nicht nur, sozialer Vereinsamung vorzubeugen, sondern auch die finanzielle Absicherung im Alter zu stärken.

Direkt vor Ort sollen ältere, sozial isoliert lebende Menschen, fachliche Unterstützung bekommen. Mehr freiwilliges Engagement und regionale Netzwerkarbeit sollen zu einer Verbesserung der Einkommens- und Lebenssituation älterer Beschäftigter beitragen – sowohl während der aktiven Berufstätigkeit als auch in der nachberuflichen Phase.

Bundesseniorenministerin Dr. Franziska Giffey: „Als Gesellschaft darf es uns nicht egal sein, dass Menschen – gerade wenn sie älter werden – vereinsamen. Wir brauchen den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, in Zeiten von Corona mehr denn je. Deshalb ist es wichtig, dass es Angebote vor Ort gibt, die den Menschen helfen, miteinander in Kontakt zu kommen, Patenschaften einzugehen und sich ehrenamtlich zu engagieren. Die bundesweit ausgewählten 28 Projektträger adressieren vor allem die jüngeren Älteren, die bisher bei der kommunalen Altenhilfe weniger im Fokus standen.

Zu den Angeboten zählt digitale Weiterbildung genauso wie Nachbarschaftshilfe oder das Aufzeigen von Perspektiven beim Übertritt vom Berufsleben in die Rente. Ziel muss es sein, die Weichen für ein selbstbestimmtes und aktives Leben im Alter frühzeitig zu stellen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erhalten. Hier setzt das neue ESF-Bundesmodellprogramm an, das wir als Ministerium sehr gern unterstützen.“

Die Maßnahmen umfassen besonders die Themen lebenslanges Lernen, digitale Kompetenzen und freiwilliges Engagement. Der Austausch zwischen den Generationen steht hier ebenso im Mittelpunkt wie die gesonderte Ansprache von älteren Menschen, die aufgrund ihrer sozioökonomischen Ausgangslage besonders von Einsamkeit und Isolation gefährdet sind. Die Projektträger gehören überwiegend den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege an.

Weiterführende Informationen auf den Webseiten der ESF-Regiestelle und des ESF: https://www.esf-regiestelle.de/foerderperiode-2014-2020/staerkung-der-teilhabe-aelterer-wege-aus-der-einsamkeit-und-sozialen-isolation-im-alter.html (*hier wird noch eine Übersicht zu allen geförderten Projekten eingestellt werden); https://www.esf.de/portal/DE/Foerderperiode-2014-2020/ESF-Programme/bmfsfj/staerkung-teilhabe-aeltere.html

Aktuell-Meldung vom 24.06.2020 zum Start der Ausschreibungsphase des ESF-Förderprogramms: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/sozialer-isolation-und-einsamkeit-aelterer-menschen-vorbeugen/156570

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 01.10.2020

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Jugendschutzgesetzes beschlossen. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die Initiative von Bundesfamilienministerin Giffey für eine bessere Orientierung für Kinder, Jugendliche und Eltern und mehr Schutz im Internet.

„Kinder und Jugendliche nutzen heute andere Medien und sie nutzen sie immer intensiver. Das birgt einerseits viele neue Chancen auf Teilhabe und andererseits neue Gefahren. Weil die bisherige Ausrichtung des gesetzlichen Kinder- und Jugendmedienschutzes nicht mehr der heutigen Mediennutzungsrealität entspricht, wollen wir jetzt modernisieren.

Gerade in Pandemiezeiten sind Kinder und Jugendliche noch häufiger in der digitalen Welt unterwegs. Wir wollen, dass sie dort sicher unterwegs sind. Deshalb sollen sie einerseits vor aktuellen Risiken, wie zum Beispiel sexueller Anmache, Mobbing und Kostenfallen, bestmöglich geschützt werden. Andererseits sollen Eltern und Fachkräfte in Zukunft mehr Orientierung bekommen, um Kinder und Jugendliche im Netz kompetent zu begleiten.“

Quelle: Pressemitteilung SPD – Bundestagsfraktion vom 14.10.2020

Das Jugendschutzgesetz wird reformiert

Heute hat das Kabinett den Entwurf zur Reform des Jugendmedienschutzes beschlossen. Dazu erklärt die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön:

„Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt, dass Bundesministerin Giffey endlich die bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte Reform des Jugendmedienschutzes vorlegt. Eine Novellierung ist dringend erforderlich. Das derzeit geltende Gesetz stammt noch aus einer Zeit, in der es weder Smartphones oder Online-Games noch Plattformen wie YouTube, WhatsApp oder Instagram gab.

Mit dem Gesetz wird der Schutz von Kindern und Jugendlichen im Netz verbessert, damit sie digitale Angebote sicher nutzen können, etwa wenn sie online spielen oder sich untereinander austauschen. Dabei geht es nicht nur um die Kontrolle von Inhalten, sondern auch um Funktionalitäten, die Risiken bergen können, wie beispielsweise Chat-Funktionen.

Dafür werden die Plattformbetreiber stärker in die Verantwortung genommen, zum Beispiel durch die Vorgabe, sichere Voreinstellungen vorzunehmen und geeignete Altersprüfungen einzuführen. Damit die Umsetzung des Gesetzes effektiv gesteuert werden kann, schlägt der Gesetzentwurf des BMFSFJ eine neue Bundeszentrale vor. Wir werden im parlamentarischen Verfahren prüfen, ob dies eine sinnvolle Ergänzung ist oder ob – im Zusammenspiel mit den Ländern – andere Instrumente effektiver wären. Diskussionsbedarf sehen wir zudem bei dem vorgeschlagenen System der Alterskennzeichnung, die auch Interaktionsrisiken wie Kommentarfunktion oder Kaufoption einbezieht. Hier sollten wir über Alternativen nachdenken. Dennoch: Der erste Schritt für einen verbesserten Jugendmedienschutz ist getan.“

Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU – Bundestagsfraktion vom 14.10.2020

„Während die einen bis zum Umfallen arbeiten, sind die anderen unfreiwillig in Teilzeit oder finden keine Beschäftigung. Wir müssen die Arbeit umverteilen. Wir brauchen sichere Arbeitsverhältnisse für alle: mit einer kürzeren Vollzeit bei Lohnausgleich“, kommentiert Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, die Meldung des Statistischen Bundesamtes, wonach 4,4 Millionen Menschen mehr arbeiten wollen. Ferschl weiter:

„Eine Umverteilung der Arbeit in Form der Arbeitszeitverkürzung ist nicht nur die logische Antwort auf die Corona-Krise und auf die parallel stattfindende Transformation mit den drohenden Beschäftigungsverlusten. Wir würden auch diejenigen schützen, die auf Kosten ihrer Gesundheit unter überlangen Arbeitszeiten, unbezahlten Überstunden und unter einer zunehmenden Arbeitsverdichtung leiden. So können alle von ihrer Arbeit gut und gesund leben.

DIE LINKE fordert, die zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit im Arbeitszeitgesetz von 48 auf 40 Stunden pro Woche zu senken. Wir unterstützen die Gewerkschaften in ihrer Auseinandersetzung um weitere tarifliche Arbeitszeitverkürzungen. Zudem muss es ein Recht auf eine arbeitsvertragliche Mindeststundenzahl von 22 Stunden pro Woche geben, wovon nach unten nur auf Wunsch der Beschäftigten abgewichen werden kann.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 09.10.2020

Für 245.817 volljährige Kinder mit einer Behinderung wird Kindergeld von der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit gezahlt. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/22408) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/21990) mit. Statistische Daten für die Familienkassen des öffentlichen Dienstes lägen nicht vor. Der Kindergeldanspruch für ein Kind, das wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, bestehe ohne eine Altersbegrenzung, gegebenenfalls also ein Leben lang. Die Familienkassen müssten in angemessenen Zeitabständen überprüfen, ob die Anspruchsvoraussetzungen weiter vorliegen würden. Dabei sehe das Verfahren so weit wie möglich Vereinfachungen vor, um die Eltern vor überflüssiger Bürokratie zu verschonen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1072 vom 07.10.2020

Mit einer gesetzlichen Änderung des Anspruchs auf Freistellung und Entgeltfortzahlung bei Erkrankung der Kinder will die Linksfraktion zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Es seien gerade die alltäglichen, häufig und kurzfristig auftretenden Erkrankungen, die Eltern logistisch vor große Herausforderungen stellten, heißt es in einem Gesetzentwurf (19/22496) der Fraktion.

Die jetzigen Regelungen seien insbesondere für alleinerziehende Eltern in prekärer Beschäftigung problematisch. Für sie greife häufig keine besondere tarifliche Regelung, die zeitliche Begrenzung des Krankengeldersatzanspruchs im SGB V sei bei kleineren Kindern schnell erreicht.

Die Abgeordneten fordern, den Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung wie auch die finanzielle Absicherung der Betreuung erkrankter Kinder im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) eigenständig zu regeln. Der Krankengeldanspruch gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen soll entfristet werden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1067 vom 07.10.2020

Die von den Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke geforderte Einführung einer Kindergrundsicherung stößt bei Experten auf ein großes Maß an Zustimmung. Allerdings seien diese auch mit großen finanziellen Belastungen für die öffentliche Hand verbunden. Dies wurde in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses über Anträge der Grünen (19/14326) und Linken (19/17768) am Montag deutlich.

Ulrich Schneider vom Paritätischen Gesamtverband und Alexander Nöhring vom Zukunftsforum Familie begrüßten die Anträge von Grünen und Linken als „wichtige Meilensteine“ für eine grundlegende Reform der finanziellen Absicherung von Kindern und Jugendlichen. Schneider verwies darauf, dass sich trotz günstiger ökonomischer Entwicklung mit steigender Erwerbstätigenzahl die soziale Ungleichheit in Deutschland nicht verbessert habe. Für die weitere Debatte sei zentral, dass eine Kindergrundsicherung auf einer sachgerechten Ermittlung der Bedarfe von Kindern und Jugendlichen aufsetze, wie dies auch in beiden Anträge gefordert werde. Nach Ansicht von Nöhring ist die Vielzahlan familien- und kindbezogenen Leistungen in Deutschland kompliziert und für die Anspruchsberechtigten kaum mehr zu durchschauen. Das Kindergeld sei eine zwar bekannte und einfache Leistung, kommt jedoch auf Grund von Verrechnung bei Familien im SGB II-Bezug oder Alleinerziehenden fast gar nicht an. Durch den Kinderfreibetrag im Steuerrecht würden gut verdienende Familien stärker entlastet als Familien, die das Kindergeld bekommen.

Auch nach Ansicht von Christine Volland von der Arbeitsgemeinschaft der Familienverbände in Niedersachsen sind die Anträge von Grünen und Linken als „prinzipiell gut“ zu bezeichnen. Die Unterteilung in beiden Anträgen in ein erhöhtes Kindergeld, von dem alle Kinder profitieren, und einen zusätzlichen Betrag, der je nach Einkommen der Eltern und Alter des Kindes gestaffelt wird, sei angemessen und bedarfsgerecht. Romy Ahner vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge wies darauf hin, dass eine Kindergrundsicherung nicht nur Änderungen im Bereich Kindergeld, Kinderzuschlag und Regelbedarfe der Kinder erfordert. Vielmehr seien die Auswirkungen und notwendigen Reformen auch im Unterhaltsrecht und im Steuerrecht mitzudenken und parallel in Angriff zu nehmen.

Martin Hagen vom Zentralen IT-Management der Freien Hansestadt Bremen begrüßte den Antrag der Grünen mit Verweis auf die große Komplexität bei der Beantragung familienpolitischer Leistungen. Die Eckpunkte des Antrags der Grünen führten zu einer Vereinfachung der Leistungen. In Kombination mit der Einwilligung in den Datenaustausch zwischen Behörden könnten sie für erhebliche Entlastungen auf Seiten der Bürger und der Verwaltung sorgen.

Der Volkswirtschaftler Holger Bonin vom Institut zur Zukunft der Arbeit verwies darauf, dass die von Grünen und Linken gemachten Vorschläge für eine Kindergrundsicherung mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden seien. Simulationsrechnungen für ein großzügig ausgestattetes Kindergrundsicherungsmodell wie das der Linksfraktion hätten Nettokosten für die öffentliche Hand von über 40 Milliarden Euro jährlich ergeben. Auch das Modell der Grünen lasse Kosten zwischen 20 und 25 Milliarden Euro erwarten. Bei den begrenzten finanziellen Mittel für die Familienpolitik müsse gefragt werden, ob statt der direkten finanziellen Förderung von Familien Investitionen in eine bessere Qualität der Infrastrukturen und zeitpolitische Instrumente sinnvoller wären.

Für den Deutschen Landkreistag sprach sich Irene Vorholz gegen die Vorschläge von Grünen und Linken aus. Zielführender als eine eigenständige Grundsicherung für Kinder sei es, die vielfältigen kindbezogenen Leistungen weiter zu bündeln. Kinder sollten als Teil ihrer Familie und damit auch als Teil der Bedarfsgemeinschaft zu betrachten, auf die beispielsweise das SGB II und die Sozialhilfe aufbauen. Die Forderung nach einer Kindergrundsicherung suggeriere, dass man Kinder unabhängig von der sozialen Lage ihrer Eltern aus der Armut befreien könne. Allerdings seien Kinder in der Regel bedürftig, weil ihre Eltern bedürftig seien.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1062 vom 06.10.2020

Das von der Europäischen Union unterstützte Schulprogramm zur Versorgung mit Obst, Gemüse, Bananen und Milch an Bildungseinrichtungen erfordert aufgrund der föderalen Strukturen in Deutschland eine Änderung des Landwirtschaftserzeugnisse-Schulprogrammgesetzes. Dazu legt die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf (19/22857) zur innerstaatlichen Koordinierung vor. Weil die Bundesländer eigenverantwortlich an der Durchführung des EU-Schulprogramms teilnehmen, übernehme der Bund lediglich eine Koordinierungsfunktion gegenüber der Europäischen Kommission, heißt es zur Begründung. So werde mit dem Entwurf unter anderem eine Informationspflicht der Bundesländer gegenüber dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eingeführt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1032 vom 30.09.2020

Die Bundesregierung lehnt die Anhebung des seit 1980 nicht mehr veränderten Höchstbetrags der steuerlichen Begünstigung von Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der auswärtigen Unterbringung eines volljährigen Kindes stehen, ab. Dies macht die Bundesregierung in ihrer als Unterrichtung (19/22815) vorgelegten Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (19/21988) deutlich. Die Maßnahmen des Zweiten Familienentlastungsgesetzes würden bereits zu finanziellen Entlastungen von insgesamt knapp zwölf Milliarden Euro jährlich führen, die insbesondere Familien mit Kindern zugute kommen würden. Vor diesem Grund werde eine zusätzliche Anhebung des Freibetrags für die Kosten eines sich in Berufsausbildung befindenden und auswärtig untergebrachten volljährigen Kindes abgelehnt.

Demgegenüber hatte der Bundesrat darauf hingewiesen, dass der Höchstbetrag für diese Aufwendungen seit dem Jahr 1980 beitragsmäßig nicht mehr angepasst worden sei. Derartige Aufwendungen hätten bis zum Jahr 2001 als Teil des Ausbildungsfreibetrages mit bis zu 1.800 DM berücksichtigt werden können. Seit der Neukonzeption im Jahr 2002 hätten bis zu 924 Euro als Sonderbedarfsfreibetrag geltend gemacht werden können. „Die Höhe des Freibetrages berücksichtigt damit weder den inflationsbedingten Preisanstieg der letzten 40 Jahre noch die aktuelle Mietpreisentwicklung“, argumentiert der Bundesrat. Um dem gestiegenen Preisniveau, der allgemeinen Kostenentwicklung und insbesondere dem stetig wachsenden Mietpreisniveau Rechnung zu tragen, halten die Länder eine Erhöhung des Freibetrages auf 1.800 Euro für „dringend geboten“.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1028 vom 29.09.2020

Mehrere Sachverständige haben die von der Bundesregierung geplante steuerliche Entlastung von Familien als zu niedrig bezeichnet. So wies der Bund der Steuerzahler in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag unter Leitung der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) darauf hin, dass fast zehn Milliarden Euro der mit rund 11,8 Milliarden Euro veranschlagten Jahreswirkung des Entlastungsgesetzes auf ohnehin unerlässliche und verfassungsrechtlich gebotene Anpassungsschritte entfallen würden. Damit entspreche das Gesetzesvorhaben zum Großteil lediglich einem politischen Pflichtprogramm, erklärte der Bund der Steuerzahler, der allerdings die zusätzliche Erhöhung der Kinderfreibeträge ausdrücklich begrüßte. Gefordert wurde von der Organisation unter anderem eine bessere steuerliche Berücksichtigung der Kosten für ein Homeoffice. Gerade Familien hätten in der Corona-Krise erhebliche Belastungen zu stemmen.

Nach dem Entwurf der Bundesregierung (19/21988) eines „Zweiten Familienentlastungsgesetzes“ sollen das Kindergeld und die steuerlichen Kinderfreibeträge zum 1. Januar 2021 steigen. Vorgesehen sind eine Erhöhung von 15 Euro beim Kindergeld und eine entsprechende Anpassung der Freibeträge. Dem Entwurf zufolge wird das Kindergeld für das erste und zweite Kind dann jeweils 219 Euro, für das dritte Kind 225 Euro und für das vierte und für jedes weitere Kind jeweils 250 Euro pro Monat betragen. Mit dem Entwurf sollen auch der Grundfreibetrag angehoben sowie die kalte Progression ausgeglichen werden.

Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine kritisierte den übermäßig starken Anstieg des Steuertarifs in der ersten Progressionszone. Dadurch werde bereits bei weniger als 15.000 Euro Einkommen ein Grenzsteuersatz von rund 24 Prozent erreicht. Der starke Anstieg bei unteren Einkommen sei sozial ungerecht und leistungsfeindlich, kritisierte die Organisation.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) stellte in seiner Stellungnahme fest, dass der aktuelle Grundfreibetrag wie auch die für die Jahre 2021 und 2022 im Gesetzentwurf vorgesehene Erhöhungen zu niedrig seien. Die Beträge würden sich aus der Bestimmung des Existenzminimums ableiten, dessen Ermittlung aber fragwürdig sei. In anderem Zusammenhang halte der Gesetzgeber durchaus höhere Beträge für geboten, um niedrige Einkommen zum Zwecke der Existenzsicherung vor einem übermäßigen Zugriff zu schützen. So dürfe beispielsweise ein Schuldner im Fall der Pfändung einen Teil seines monatlichen Nettoeinkommens behalten, um sein Existenzminimum zu sichern. Diese gesetzliche Pfändungsfreigrenze liege deutlich sowohl über dem derzeitigen wie auch dem für das kommende und übernächste Jahr im Gesetzentwurf vorgesehenen Grundfreibetrag.

Wie der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine kritisierte auch der DGB die hohe Steuerbelastung in der ersten Progressionszone und den frühen Zugriff des Spitzensteuersatzes ab einem zu versteuernden Einkommen von 57.052 Euro, der somit nicht nur Spitzenverdiener betreffe. Die Bundessteuerberaterkammer empfahl ebenfalls, den Spitzensteuersatz erst bei höheren Einkünften als heute wirksam werden zu lassen.

Der Deutsche Steuerberaterverband regte an, den Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsaufwand eines Kindes stärker anzuheben als vorgesehen. Außerdem müsse dieser Wert, der zuletzt 2010 angehoben worden war, in Zukunft regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter lobte die Verbesserung der staatlichen Unterstützung für Familien mit Kindern, kritisierte aber zugleich, dass die geplanten Verbesserungen nicht alle Familien erreichen würden. Insbesondere Familien mit kleinem beziehungsweise keinem Einkommen und Alleinerziehende würden nur wenig profitieren.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag empfahl, die durch die kalte Progression erwachsende Zusatzbelastung der Steuerpflichtigen in Zukunft automatisch durch einen Einkommensteuertarif „auf Rädern“ zu beseitigen. Dies werde bereits in einigen OECD-Ländern praktiziert. Mit dem „Tarif auf Rädern“ werden die Schwellenwerte der Progressionszonen im Zeitablauf automatisch an das Preisniveau beziehungsweise die Lohnentwicklung angepasst. Auch der Deutsche Steuerberaterverband empfahl die Einführung des „Tarifs auf Rädern“, um der laufenden Geldentwertung wirksam entgegenzutreten.

Nach Ansicht der Hans-Böckler-Stiftung sind die Entlastungen des zweiten Familienentlastungsgesetzes für sich genommen aus verteilungspolitischer Perspektive „relativ ausgewogen“. Dies gelte aber nicht für das Gesamtbild unter Einbeziehung der Teilabschaffung des Solidaritätszuschlags ab 2021: „Hier ergeben sich hohe absolute und relative Entlastungen für deutlich überdurchschnittliche Einkommen.“ Zusammen mit der Teilabschaffung des Solidaritätszuschlages komme es mittelfristig zu einer Entlastung von rund 20 Milliarden Euro. Weitergehende Steuersenkungen sollten mit Blick auf wichtige öffentlicher Bedarfe unterbleiben, empfahl die Hans-Böckler-Stiftung.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1020 vom 28.09.2020

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (19/22750) zur verfassungskonformen Ermittlung und Ausgestaltung der Regelbedarfe in der Grundsicherung für Arbeitssuchende, in der Sozialhilfe und im Asylbewerberleistungsgesetz vorgelegt. Bei Vorliegen einer neuen Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) ist die Regierung gesetzlich verpflichtet, die Regelsätze anzupassen. Sie verweist in dem Entwurf darauf, dass im Unterschied zu vorangegangenen Regelsatzänderungen die aktuellen Anpassungen bei den Kommunikationsausgaben auch die Kosten für die Handynutzung mit berücksichtigen sollen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 1007 vom 24.09.2020

Eine repräsentative Umfrage des Berliner Beirats für Familienfragen ergab, dass die fehlenden sozialen Kontakte und die Mehrfachbelastung durch Arbeit plus Homeschooling und fehlender Kinderbetreuung für Familien die größten Herausforderungen in der Zeit des Corona-Lockdowns darstellten.

Dabei spielte das Alter der Kinder eine große Rolle. Je jünger die Kinder, desto höher war die Belastung. Aber auch das Familieneinkommen spielte eine große Rolle: Familien mit geringerem Einkommen befanden überdurchschnittlich stark finanzielle Sorgen und Ängste sowie beengte Wohnverhältnisse bzw. eine Wohnumgebung mit wenig Aufenthaltsqualität als belastend.

Die meisten Schulkinder benötigten beim Homeschooling viel Unterstützung durch ihre Eltern bzw. deren Partnerinnen und Partner. Die Mehrheit der Schulkinder erhielt Hilfe von Lehrkräften sowie weiteren Familienmitgliedern und Freunden. Ein Drittel der befragten Familien mit Schulkindern gab an, keine Unterstützung erhalten zu haben.

Bei einem möglichen erneuten Lockdown wünschen sich die befragten Familien vor allem:

  • keine Kontaktsperre für enge Familienangehörige
  • (weitestgehende) Offenhaltung der Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen, Ausbildungsstätten, Hochschulen etc.
  • Unterstützung durch den Arbeitgeber (z. B. durch flexible Arbeitszeiten, Homeoffice)
  • Unterstützung beim Homeschooling durch Lehrkräfte bzw. Schulen
  • bessere Erreichbarkeit der Behörden
  • Offenhaltung der Spielplätze

Informationen zur Umfrage:

Forsa befragte im August 2020 über 750 Berliner Familien zu ihren Erfahrungen während des coronabedingten Lockdowns. Der Berliner Familienbeirat hatte die Online-Umfrage in Auftrag gegeben, um in Erfahrung zu bringen, welche Unterstützung sich die Familien in
Berlin für den Fall eines erneuten Lockdowns bzw. einer Verschärfung der Einschränkungen wünschen würden.
Die Auswertung steht auf der Homepage des Berliner Beirats für Familienfragen www.familienbeirat-berlin.de zum Download bereit.

Quelle: Pressemitteilung Berliner Beirat für Familienfragen vom 01.10.2020

Rörig: „Die Androhung härterer Strafen allein reicht nicht aus, um sexuelle Gewalt nachhaltig zu bekämpfen. Ich fordere alle politisch Verantwortlichen auf, sich mit konkreten Maßnahmen deutlich stärker gegen Missbrauch zu engagieren.“

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hat sich vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um Strafverschärfungen und knapp ein Jahr vor der Bundestagswahl mit einem Positionspapier 2020: „Gemeinsam gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Wie Bund, Länder und die politischen Parteien Kinder und Jugendliche besser vor sexueller Gewalt schützen können.“ an alle politischen Verantwortungsträger in Bund und Ländern gewandt und dieses heute in Berlin öffentlich vorgestellt.

Wir dürfen nicht den Fehler machen zu glauben, dass sich die Bekämpfung von Missbrauch alleine durch Strafverschärfungen verbessern lässt,“ sagt Rörig. „Wenn wir den Schutz von Kindern und Jugendlichen ernst nehmen, müssen ALLE den Kampf gegen sexuellen Missbrauch als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreifen und aktiv führen.“

Im Positionspapier 2020 sind konkrete Handlungsempfehlungen, wie sexueller Missbrauch durch politisches Handeln bekämpft werden sollte, zusammengefasst. Um eine nachhaltige Verankerung des Maßnahmenpakets zu erreichen, hat Rörig das Positionspapier 2020 in dieser Woche persönlich an alle Partei- und Fraktionsvorsitzenden, die parlamentarischen Fachausschüsse und zuständigen Fachminister*innen in Bund und Ländern sowie an die Regierungschef*innen der Länder versandt.

Rörig: „Ich möchte, dass die Handlungsempfehlungen aus dem Positionspapier 2020 in die Wahlprogramme und darauf aufbauende Regierungsprogramme einfließen. So kann aus diesem Maßnahmenpaket überprüfbares, politisches Handeln werden.“

Im Positionspapier 2020 fordert der Missbrauchsbeauftragte, dass auch auf höchster politischer Ebene eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Thema sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche stattfindet. Rörig schlägt deshalb unter anderem eine gesetzlich verankerte, regelmäßige Berichtspflicht seines Amtes gegenüber Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat zum Ausmaß der sexuellen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und zum Stand von Prävention, Intervention, Hilfen, Forschung und Aufarbeitung vor, ähnlich wie es für den Bundesdatenschutzbeauftragten geregelt ist.

„Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt wird in Bund und Ländern gerne den jeweiligen Familienressorts überlassen“, sagt Rörig. „Ob auf Bundes- oder Landesebene: Nahezu alle Ressorts, wie zum Beispiel Gesundheit, Soziales, Finanzen, Justiz oder Bildung, müssen endlich interdisziplinär zusammenarbeiten. Nur geschlossen und aufeinander abgestimmt kann wirklich etwas bewegt, Missbrauch bestmöglich verhindert, das Entdeckungsrisiko für Missbrauchstäter und -täterinnen erhöht und Betroffenen geholfen werden.“

Den Bundesländern empfiehlt er, auf der Basis einer umfassenden Defizit- und Bestandsanalyse einen eigenen ressortübergreifenden Masterplan zur Verbesserung des Schutzes von Minderjährigen vor sexueller Gewalt und den Folgen zu entwickeln und umzusetzen. Zudem sollte in jedem Bundesland das Amt einer/eines „Landesbeauftragten für den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt eingerichtet werden, der/dem die Federführung für die Erarbeitung eines solchen Masterplans sowie die fachliche Unterstützung bei der Umsetzung übertragen wird.

Zuletzt hatten die Missbrauchsfälle Lügde, Bergisch Gladbach und Münster zu einer breiten politischen Debatte zum Thema Strafverschärfungen geführt. Rörig betont vor diesem Hintergrund: „Die öffentliche Skandalisierung dieser spektakulären Missbrauchsfälle ist trügerisch, denn es entsteht der Eindruck einer vermeintlichen Einzigartigkeit. Tatsächlich handelt es sich bei sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche keineswegs um „Einzelfälle“, so skandalös sie uns auch erscheinen mögen, sondern um ein gesamtgesellschaftliches Phänomen enormen Ausmaßes. Sexueller Missbrauch findet täglich, überall und mitten unter uns statt. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass jede und jeder ein Kind kennt, das sexuelle Gewalt erlitten hat oder aktuell erleidet.“

Der Missbrauchsbeauftragte betont abschließend, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt zu den grundlegenden Aufgaben des Staates gehört und fordert eine an den Kinderrechten orientierte politische und gesellschaftliche Grundhaltung.

Quelle: Pressemitteilung Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 02.10.2020

Studie untersucht Alternativen zum Ehegattensplitting – Realsplitting mit niedrigem Übertragungsbetrag ist ein guter Kompromiss zwischen verschiedenen Anforderungen – Reform würde Erwerbsbeteiligung von Frauen fördern und Steuermehraufkommen von zehn Milliarden Euro erzielen

Das in Deutschland seit den 50er Jahren gültige Ehegattensplitting führt zu hohen Steuersätzen bei Zweitverdienenden, was die Arbeitsmarktbeteiligung vor allem von Frauen reduziert. Verschiedene Reformvorschläge haben aber nicht die gewünschten Effekte oder unerwünschte Nebenwirkungen, wie aktuelle Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigen. Die StudienautorInnen haben traditionelle Vorschläge ebenso untersucht wie Vorschläge des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium und des Internationalen Währungsfonds.

Sie schlagen stattdessen ein Realsplitting mit einem niedrigen Übertragungsbetrag von maximal 9 696 Euro vor. Dies würde bedeuten, dass nur Einkommen in Höhe des Grundfreibetrags von besserverdienenden PartnerInnen auf geringer verdienende PartnerInnen übertragen werden könnten. Der oder die EmpfängerIn muss den Betrag als sonstiges Einkommen versteuern. Dadurch ist auch bei Alleinverdiener-Ehepaaren das Existenzminimum beider PartnerInnen steuerfrei gestellt. „Unser Vorschlag ist nicht nur relativ leicht umzusetzen und transparent. Er vermeidet auch unerwünschte Verteilungswirkungen zugunsten von besserverdienenden Beidverdiener-Paaren“, sagt Stefan Bach, der die Studie zusammen mit Björn Fischer, Peter Haan und Katharina Wrohlich durchgeführt hat.

Hohe Anforderungen an eine Reform des Ehegattensplittings

Eine Reform des Ehegattensplittings muss schwierige Zielkonflikte abwägen: Zum einen sollen Steuervorteile für Alleinverdiener-Paare mit hohen Einkommen abgebaut sowie die Grenzbelastung auf den Zweitverdienst reduziert werden, damit die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen gefördert wird. Zum anderen sollen untere Einkommensgruppen nicht stärker belastet werden. Komplett abgeschafft wird das Ehegattensplitting in Deutschland auf absehbare Zeit nicht, meint Studienautorin Katharina Wrohlich: „Eine Individualbesteuerung wie in Schweden oder Österreich kann aufgrund von rechtlichen Hürden in Deutschland nicht eingeführt werden.“
Die DIW-ÖkonomInnen haben daher Reformoptionen analysiert, die in den letzten Jahren etwa vom Internationalen Währungsfonds vorgelegt wurden. Die Simulationsstudie zeigt: Ein Realsplitting mit höherem Übertragungsbetrag oder ein übertragbarer Grundfreibetrag verringern die Grenzbelastung des Zweitverdiensts kaum und erhöhen die Erwerbsquote von Frauen nur wenig. Zusatzfreibeträge hingegen entlasten insbesondere Paare mit mittleren und höheren Einkommen, bei denen beide PartnerInnen verdienen, zusätzlich. Dies wird zwar bei einem Steuerabzugsbetrag vermieden, der von der Steuerschuld und nicht von der Bemessungsgrundlage abgezogen wird. Dies stößt in Deutschland aber auf rechtliche und ideologische Vorbehalte. „Ein Realsplitting mit einem Übertragungsbetrag in Höhe des Grundfreibetrags – also maximal 9 696 Euro – ist daher ein guter Kompromiss“, sagt Björn Fischer.

Reform würde Erwerbsbeteiligung von Frauen fördern

Die StudienautorInnen erwarten, dass bei dieser Reform die Arbeitsstunden verheirateter Frauen um 1,7 Prozent und ihre Beteiligung am Arbeitsmarkt um 0,6 Prozentpunkte steigen würde. Zudem erzielt die Reform Steuermehreinnahmen von zehn Milliarden Euro pro Jahr, davon allein zwei Milliarden Euro durch die Arbeitsmarkteffekte. Die Belastungen werden dabei zum Großteil von Paaren aus den obersten beiden Einkommensdezilen getragen. „Das zusätzliche Steueraufkommen könnte man dazu verwenden, Familien über höheres Kindergeld, Kinderfreibeträge oder auch eine bessere Kinderbetreuungsinfrastruktur breit zu entlasten“, so Stefan Bach. „Das hilft gerade Familien mit kleineren Kindern viel mehr als die paar Euro, die sie beim Ehegattensplitting sparen.“

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 07.10.2020

Kurzarbeit hat während der Corona-Pandemie ein deutlich anderes „Profil“ bekommen als in vorherigen Wirtschaftskrisen. Erstmals haben beispielsweise kleine Betriebe das Instrument häufiger als größere genutzt, um durch die Krise zu kommen und Entlassungen zu vermeiden. Und während in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 Männer fast dreimal so häufig wie Frauen in Kurzarbeit waren (damals 6,3 Prozent der männlichen vs. 2,3 Prozent der weiblichen Beschäftigten in Deutschland), war im Juni 2020 die Quote unter beiden Geschlechtern mit jeweils rund 13 Prozent Beschäftigten in Kurzarbeit beinahe gleich hoch. Das liegt wesentlich daran, dass in der Pandemie nicht nur Industriebetriebe stark betroffen sind, sondern auch viele Dienstleistungsbranchen. Im Vergleich zu vorherigen Wirtschaftseinbrüchen ist damit die gesamtwirtschaftliche Quote der Kurzarbeitenden sehr hoch, ebenso wie mit rund 50 Prozent auch der Anteil, um den die Arbeitszeit im Durchschnitt reduziert wurde. Entsprechend groß ist die Bedeutung einer Aufstockung des Kurzarbeitergeldes, um Einkommensverluste zu reduzieren. In Betrieben mit Tarifvertrag und/oder Betriebsrat wird das Kurzarbeitergeld dabei fast doppelt so häufig aufgestockt wie in Betrieben, die nicht über Tarifbindung und/oder Mitbestimmung verfügen. Das sind wesentliche Ergebnisse einer neuen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler Stiftung.*

Die Autoren Dr. Toralf Pusch und Dr. Hartmut Seifert haben die Erwerbstätigenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung ausgewertet. Dafür wurden in zwei Wellen im April und im Juni jeweils mehr als 6.000 Menschen befragt. Die Befragung bildet die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. Das erlaubt es, Arbeitszeiten und Kurzarbeit auf dem bisherigen Höhepunkt der Corona-Krise detailliert auszuleuchten:

Kleinbetriebe und Gastgewerbe nutzten Kurzarbeit am häufigsten

Im Juni gaben 13 Prozent der befragten Beschäftigten an, in Kurzarbeit zu sein. Differenziert man nach Branchen, war Kurzarbeit im Gastgewerbe mit Abstand am stärksten verbreitet (siehe auch Abbildung 1 in der Untersuchung; Link unten): Gut 45 Prozent der dort Beschäftigten befanden sich in Kurzarbeit. Es folgten das verarbeitende Gewerbe mit rund 20 Prozent sowie der Verkehrs- und Logistikbereich mit gut 17 Prozent. Unterdurchschnittlich oft wurde Kurzarbeit unter anderem im Gesundheits- und Sozialwesen (5 Prozent), im Baugewerbe (knapp 4 Prozent) und im öffentlichen Dienst (knapp 3 Prozent) genutzt. Die starke Verbreitung in Branchen wie dem Gastgewerbe mit seinen vielen Kleinbetrieben spiegelt sich nach Analyse der Wissenschaftler in der Kurzarbeits-Quote nach Betriebsgröße wider: In Kleinstbetrieben mit weniger als 5 Beschäftigten waren knapp 17 Prozent von Kurzarbeit betroffen, in großen Betrieben ab 2000 Beschäftigten waren es gut 11 Prozent (Abbildung 2 in der Studie).

Verkürzte und verlängerte Arbeitszeiten

Auch jenseits von Kurzarbeit wurde bei zahlreichen Befragten die Arbeitszeit krisenbedingt verkürzt. Insgesamt arbeiteten 21 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Sample im Juni weniger Stunden als normal. In einigen Branchen musste aber auch ein Teil der Beschäftigten ihre Arbeitszeit ausweiten, um zusätzliche Nachfrage und Anforderungen während der Pandemie bewältigen zu können. Das betraf laut Pusch und Seifert etwa den Handel, wo 19 Prozent der Befragten mehr arbeiteten als normal, während ebenfalls 19 Prozent kürzer treten mussten. Im öffentlichen Dienst arbeiteten 17 Prozent der Beschäftigten Pandemie-bedingt länger, bei neun Prozent wurde die Arbeitszeit reduziert. In beiden Bereichen fiel die Ausweitung der Arbeitszeit bei den von Mehrarbeit Betroffenen erheblich aus: Im Handel um durchschnittlich 5,7, im öffentlichen Dienst um 4,7 Wochenstunden.

Mit Tarif und Mitbestimmung deutlich häufiger Aufstockung

Auch wenn Kurzarbeit zahlreiche Jobs sichern konnte: Für die Betroffenen bedeutet die Arbeitszeitreduzierung Einkommenseinbußen. Schließlich ersetzt das gesetzliche Kurzarbeitergeld (KUG) ab dem 1. Tag lediglich 60 Prozent des Lohns, bzw. 67 Prozent, wenn Kinder im Haushalt leben. „Umso wichtiger sind deshalb tarifliche, betriebliche und gesetzliche Regelungen über Aufstockungen des Kurzarbeitergeldes“, schreiben die Wissenschaftler mit Blick auf die Befragungsdaten: Von den Befragten in Kurzarbeit, die lediglich das normale KUG erhielten, schätzten 49 Prozent, ihr Haushaltseinkommen habe sich um 25 bis 50 Prozent reduziert. Weitere 46 Prozent gingen von Verlusten bis zu 25 Prozent aus. Unter den Kurzarbeitenden mit Aufstockung kamen Einkommenseinbußen jenseits von 25 Prozent hingegen deutlich seltener vor: knapp ein Viertel der Befragten berichtete davon. Bei 73 Prozent blieben die Verluste unter 25 Prozent (Abbildung 4).

Insgesamt erhielten im Juni 46 Prozent der Befragten in Kurzarbeit eine Aufstockung. Darunter dürften einige gewesen sein, die vom höheren gesetzlichen KUG ab dem 4. Monat profitierten – eine neue Regelung, die im Zuge der staatlichen Anti-Corona-Maßnahmen eingeführt wurde. Eine deutlich größere Bedeutung spielten zum Zeitpunkt der Befragung nach Puschs und Seiferts Analyse aber höhere Leistungen, die durch Tarifverträge und/oder von Betriebsräten vereinbart wurden. So erhielten im Durchschnitt 58 Prozent der Beschäftigten, die nach einem Tarifvertrag bezahlt wurden, eine Aufstockung. In Unternehmen ohne Tarifbindung waren es hingegen lediglich 34 Prozent. Ähnlich groß fiel der Vorsprung in Betrieben mit Betriebs- oder Personalrat aus: In dieser Gruppe lag der Anteil der Kurzarbeitenden mit Aufstockung bei 60 Prozent. Dagegen profitierten in Unternehmen ohne betriebliche Mitbestimmung lediglich 32 Prozent der Beschäftigten von einer Aufstockung.

Kurzarbeit und Weiterbildung

Noch viel Luft nach oben. Kurzarbeit zur Weiterbildung zu nutzen ist nach Analyse der Forscher absolut vernünftig und wurde in früheren wirtschaftlichen Krisensituationen bereits praktiziert, insbesondere wenn diese länger andauerten. Das gilt vor allem für die Transformationsphase der ostdeutschen Wirtschaft nach der deutschen Wiedervereinigung. Zum Befragungszeitpunkt im Juni war der Anteil der Kurzarbeitenden, die seit Beginn der Pandemie an Weiterbildung teilgenommen hatten, mit knapp 10 Prozent allerdings deutlich niedriger als unter Beschäftigten ohne Kurzarbeit (18 Prozent). Das könne unter anderem mit zeitweiligen Betriebsschließungen und der besonders schwierigen Situation vor dem Hintergrund von notwendigen Hygienebestimmungen und Kontaktbeschränkungen zu tun haben, schreiben die Forscher. Trotzdem bestehe ganz offensichtlich „noch Potenzial für eine Ausweitung der Weiterbildungsaktivitäten“.

WSI-Policy Brief Nr. 47, September 2020: Kurzarbeit in der Corona-Krise mit neuen Schwerpunkten

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 14.10.2020

Ein gesetzlicher Rahmen für mobile Arbeit inklusive eines Rechts auf Homeoffice ist sinnvoll und dringend nötig. Das gilt vor allem für eine objektive Zeiterfassung und Mitbestimmungsmöglichkeiten von Betriebs- und Personalräten. Darauf verweist Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

„Homeoffice kann die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern. Allerdings müssen dafür die Rahmenbedingungen stimmen: Fairer Zugang für alle, die mobil arbeiten möchten und bei denen die Arbeitsinhalte mobiles Arbeiten möglich machen. Und klare Abgrenzungen zwischen Arbeit und Freizeit, damit beides nicht immer weiter verschwimmt. Denn von dieser Gefahr berichten viele Beschäftigte, die mobil arbeiten – auch viele, die es eigentlich gerne tun“, sagt Kohlrausch.

Vor- und Nachteile von Arbeit im Homeoffice beleuchtet eine aktuelle Befragung der Hans-Böckler-Stiftung unter mehr als 6000 Erwerbstätigen. Von den Befragten, die zum Befragungszeitpunkt Ende Juni zumindest teilweise mobil arbeiteten gaben 77 Prozent an, dass sich die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben durch Homeoffice verbessert. Allerdings hatten 60 Prozent der Befragten auch den Eindruck, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen. 37 Prozent gaben an, im Homeoffice mehr Wochenstunden zu arbeiten.

Heimarbeit könne also auch zusätzlichen Druck erzeugen; vor allem, wenn sie im Unternehmen zuvor als nicht selbstverständlich galt und es keine klaren Regeln gebe, betont Forscherin Kohlrausch. So zeigten ältere Studien, dass sich Beschäftigte im Homeoffice nicht selten verpflichtet fühlen, mehr leisten zu müssen und über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu arbeiten, um das „Privileg“ mobiler Arbeit zu rechtfertigen. Dieses Risiko sei besonders groß, wenn die mobile Arbeitszeit nicht erfasst würde. „Die Gesetzesinitiative von Arbeitsminister Hubertus Heil setzt daher an den richtigen Punkten an, auch wenn das vorgeschlagene Volumen von 24 Tagen mobiler Arbeit im Jahr deutlich zu gering ist“, erklärt Kohlrausch. Enorm wichtig seien auch die Mitbestimmungsmöglichkeiten von Betriebs- und Personalräten, wie die aktuelle Umfrage zeigt: Darin beurteilten Befragte ihre Erfahrungen mit dem Homeoffice insgesamt deutlich positiver, wenn in ihrem Betrieb klare Regeln zu mobiler Arbeit galten. Solche Regeln hatten im Juni 2020 rund 62 Prozent der Betriebe mit Betriebs- oder Personalrat, aber nur 37 Prozent der Betriebe ohne Arbeitnehmervertretung. Zudem sei Homeoffice ein wichtiges, aber nicht das einzige Instrument, um Arbeitszeitsouveränität für Beschäftigte zu garantieren. „Hier brauchen wir zusätzliche gesetzliche Regelungen wie zum Beispiel den Ausbau von zeitflexiblen Arbeitsmöglichkeiten für all jene Beschäftigte, die nicht im Homeoffice arbeiten können“, so Kohlrausch.

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 05.10.2020

Die Arbeitsbedingungen sind in tarifgebundenen Unternehmen durchweg besser als in Unternehmen ohne Tarif. Damit sind Arbeitgeber, die sich nicht an Tarifverträge halten, für Beschäftigte weniger attraktiv. So arbeiten Vollzeitbeschäftigte in tariflosen Betrieben im bundesweiten Schnitt wöchentlich eine Stunde länger und verdienen gleichzeitig deutlich weniger als die Kollegen in Betrieben mit Tarifbindung. „Diese Unterschiede unterstreichen die Dringlichkeit, die Tarifbindung in Deutschland zu stärken“, schreiben Dr. Malte Lübker und Prof. Dr. Thorsten Schulten vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung in einer aktuellen Analyse.* Die Forscher haben die Tarifbindung für Deutschland insgesamt und auf Ebene der einzelnen Bundesländer anhand des IAB-Betriebspanels untersucht.

Im Jahr 2019 konnten nur noch 52 Prozent der Beschäftigten in Deutschland auf einen Tarifvertrag zählen, im Jahr 2018, dem aktuellsten, für das auch differenzierte Länder-Daten vorliegen, waren es 54 Prozent. Im Vergleich der Bundesländer liegen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen mit 60 Prozent vorn, Schlusslicht ist Sachsen mit nur 40 Prozent (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Gemeinsam ist allen Bundesländern, dass die Arbeitsbedingungen in wesentlichen Punkten wie Arbeitszeit und Entgelt in tariflosen Betrieben deutlich schlechter sind. Teilweise lassen sich die Unterschiede damit erklären, dass tarifgebundene Betriebe im Schnitt größer sind und in Branchen mit tendenziell höheren Löhnen tätig sind.

Doch auch um diese Effekte bereinigt bleibt die Differenz eklatant: Vollzeitbeschäftigte in tariflosen Betrieben arbeiten bundesweit im Schnitt wöchentlich 53 Minuten länger und verdienen elf Prozent weniger als Beschäftigte in Betrieben mit Tarifbindung, die hinsichtlich der Betriebsgröße, des Wirtschaftszweiges, der Qualifikation der Beschäftigten und des Standes ihrer technischen Anlagen identisch sind.

Dabei gibt es deutliche regionale Unterschiede: Längere Arbeitszeiten in tariflosen Betrieben sind in den westdeutschen Bundesländern besonders ausgeprägt, und zwar auch dann, wenn man strukturelle Effekte wie Betriebsgröße und Branche herausrechnet. In Baden-Württemberg arbeiten Vollzeitbeschäftigte in tariflosen Unternehmen jede Woche 72 Minuten zusätzlich, in Bremen sind es 64 Minuten. Über das Jahr gesehen entspricht dies gut einer zusätzlichen Arbeitswoche – und dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass Beschäftigte ohne Tarifvertrag häufig auch weniger Urlaubstage haben. Beim Entgelt zeigen sich die größten Nachteile in den neuen Bundesländern: In Brandenburg verdienen Beschäftigte in tariflosen Betrieben monatlich 17,7 Prozent weniger als Arbeitnehmer in vergleichbaren Betrieben mit Tarifbindung, in Sachsen-Anhalt beträgt der Rückstand sogar 18,3 Prozent. Um auf ein volles Jahresgehalt ihrer Kollegen mit Tarifvertrag zu kommen, müssen Beschäftigte in tariflosen Betrieben dort also bis in den März des Folgejahres hinein arbeiten.

Die geringeren Löhne in Ostdeutschland lassen sich deshalb auch mit Defiziten bei der Tarifbindung erklären: Zum einen ist die Tarifbindung im Osten durchweg geringer als im Westen, es profitieren also weniger Menschen von Tarifverträgen. Zum anderen unterbieten hier die tariflosen Betriebe die Konditionen der Tarifverträge besonders deutlich. „Das empfinden viele der Betroffenen verständlicher Weise als ungerecht“, so WSI-Experte Lübker. „Tarifverträge schaffen mehr Gerechtigkeit, müssen aber oft hart erkämpft werden.“ Ermutigend seien deshalb Beispiele von ostdeutschen Betrieben, in denen Beschäftigte sich organisiert haben und über Tarifverträge bessere Konditionen durchgesetzt haben. Auch in den ostdeutschen Staatskanzleien habe sich inzwischen die Einsicht durchgesetzt, dass Niedriglöhne im Wettbewerb um Fachkräfte kein Standortvorteil sind.

Bedrohliche Erosion

Mit Tarifverträgen seien in der Bundesrepublik sukzessive kürzere Wochenarbeitszeiten durchgesetzt, Lohnerhöhungen festgeschrieben oder Wahlmöglichkeiten zwischen mehr Geld oder mehr Freizeit eingeführt worden, schreiben Lübker und Schulten. Vor diesem Hintergrund sei es „eine bedrohliche Entwicklung“, dass die Tarifbindung in den vergangenen zwei Jahrzehnten abgenommen hat – zur Jahrtausendwende hatten noch 68 Prozent der Beschäftigten einen Tarifvertrag. Ein Grund für diese Entwicklung war einerseits der wirtschaftliche Strukturwandel: In industriellen Großbetrieben sind Arbeitsplätze verloren gegangen, während in kleinteiligeren Bereichen neue entstanden sind. Dies mache es für Gewerkschaften heute schwieriger, Mitglieder zu organisieren, so die Experten. Doch auch dort, wo es Gewerkschaften gelingt, durch erfolgreiche Mitgliedergewinnung in tariflosen Betrieben Fuß zu fassen, stößt die Durchsetzung von Tarifverträgen zum Teil auf heftigen Widerstand der Arbeitgeber. Zusätzlich trägt zur Erosion bei, dass sich auch Arbeitgeber aus Branchen, in denen Tarifverträge traditionell verwurzelt sind, einer tariflichen Bezahlung entziehen. Durch die Einführung von sogenannten OT-Mitgliedschaften (ohne Tarifbindung) haben einige Arbeitgeberverbände diese Entwicklung vorangetrieben.

Bundesregierung sollte Tarifautonomie stärken

„Damit Tarifautonomie funktionieren kann, braucht es neben starken Gewerkschaften handlungsfähige Arbeitgeberverbände, die für ihre jeweilige Branche Standards setzen können“, erklären die Wissenschaftler. Gleichzeitig sei auch die Regierung gefordert: Die Erleichterung von Allgemeinverbindlicherklärungen könne die Reichweite von bereits geschlossenen Tarifverträgen erhöhen. Zudem verfügten Bund, Länder und Gemeinden mit der öffentlichen Auftragsvergabe und der Wirtschaftsförderung über einen zusätzlichen Hebel – sie könnten Tariftreue zur Voraussetzung für die Auftragsvergabe oder Förderung machen. Wegweisend seien hier das Landesvergabegesetz in Berlin sowie die Richtlinien zur Wirtschaftsförderung in Mecklenburg-Vorpommern, die sehr weitgehende Tariftreuevorgaben enthielten.

Tarifbindung in den Bundesländern: Entwicklungslinien und Auswirkungen auf die Beschäftigten, Elemente qualitativer Tarifpolitik Nr. 87, Düsseldorf, September 2020

Quelle: Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung vom 01.10.2020

Die Zahl der Kinder unter drei Jahren in Kindertagesbetreuung ist zum 1. März 2020 gegenüber dem Vorjahr um rund 10700 auf insgesamt 829200 Kinder gestiegen. Damit waren 1,3% mehr unter Dreijährige in Kindertagesbetreuung als am 1. März 2019. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, lag die Betreuungsquote am Stichtag bundesweit bei 35,0% (2019: 34,3%).

Höhere Betreuungsquoten in Ostdeutschland

In Ostdeutschland waren durchschnittlich mehr als die Hälfte aller Kinder unter drei Jahren in einer Tagesbetreuung (52,7%), im Westen knapp ein Drittel (31,0%). Im Vergleich der Bundesländer hatten am 1. März 2020 Sachsen-Anhalt (58,3%), Brandenburg (57,7%) und Mecklenburg-Vorpommern (57,6%)die höchsten Betreuungsquoten. Unter den westdeutschen Bundesländern erreichte Hamburg mit 46,7% die höchste Quote, gefolgt von Schleswig-Holstein (35,2%). Am niedrigsten lag die Betreuungsquote in Bremen (29,0%) und Nordrhein-Westfalen (29,2%).

Betreuungsquoten steigen mit dem Alter der Kinder

Bundesweit waren 1,8% der Kinder unter einem Jahr in einer Kindertagesbetreuung. Dagegen haben 37,5% der Einjährigen ein Angebot der Kindertagesbetreuung in Anspruch genommen, bei den Zweijährigen waren es schon fast zwei Drittel (64,5%). Seit dem 1.August 2013 gibt es für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen bundesweiten Rechtsanspruch auf einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz.

Bei der Betreuungsquote handelt es sich um den Anteil der in Kindertageseinrichtungen (zum Beispiel Kindertagesstätte) oder in öffentlich geförderter Kindertagespflege (zum Beispiel öffentlich geförderter Betreuungsplatz bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater) tatsächlich betreuten unter Dreijährigen an allen Kindern dieser Altersgruppe.

1,6% mehr Kindertageseinrichtungen und 4,5% mehr Personal als 2019

Am 1. März 2020 gab es bundesweit knapp 57600 Kindertageseinrichtungen. Das waren knapp 900Einrichtungen mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres (+1,6%). Die Zahl der dort als pädagogisches Personal oder als Leitungs- und Verwaltungspersonal beschäftigten Personen stieg um 4,5% auf rund 682900. Die Zahl der Tagesmütter und -väter erhöhte sich leicht um 0,1% auf rund 44800.

30 Jahre Deutsche Einheit

Informationen zu regionalen Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen östlichen und westlichen Bundesländern 30 Jahre nach der deutschen Vereinigung finden Sie in unserem Statistik-Dossier sowie auf unserer Themenseite „30 Jahre Deutsche Einheit“.

Basisdaten zur Kindertagesbetreuung in Deutschland können über die Tabellen Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen (22541), Statistik der öffentlich geförderten Kindertagespflege (22543) und Personen in Großtagespflegestellen und betreute Kinder (22545) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden.

Quelle: Pressemitteilung DESTATISStatistisches Bundesamt vom 30.09.2020

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Heute, am 29. September findet von der AGF und COFACE Families Europe ein gemeinsames Europäisches Fachgespräch zum Thema „The Child Guarantee – a tool to tackle family poverty?“ statt. Im Rahmen der Gremiensitzungen von COFACE Families Europe, die bereits gestern stattgefunden haben, ist Sven Iversen, Geschäftsführer der AGF, zum Vize-Präsidenten der COFACE gewählt worden. Die bisherige Präsidentin Annemie Drieskens vom belgischen Familienverband Gezinsbond sowie die zweite Vize-Präsidentin Antonia Torrens aus Griechenland wurden in ihrem Amt bestätigt. Neue Schatzmeisterin ist Sylvia Stanic aus Kroatien.

Beim heutigen Europäischen Fachgespräch steht das Thema der sogenannten Kindergarantie im Mittelpunkt. Hinter der Idee der „Kindergarantie“ steht das Ziel der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments, für alle Kinder und Jugendliche in fünf zentralen Lebensbereichen Garantien für eine Mindestversorgung zu schaffen. Dabei geht es um die Sicherung des Zugangs von Kindern zu kostenloser medizinischer Versorgung, unentgeltlicher Bildung, kostenlosen Betreuungseinrichtungen, angemessenen Wohnverhältnissen und geeigneter Ernährung. Die Initiative soll insbesondere die Teilhabechancen von Kindern in besonders armutsgefährdeten Familiensituationen, Kindern mit Migrations- oder Fluchterfahrung, Kindern in Heimunterbringung und Kindern mit Behinderung stärken.

Aus Sicht der AGF und COFACE Families Europe ist die Kindergarantie eine vielversprechende Initiative und bietet die Gelegenheit, den Kampf gegen Kinder- und Familienarmut zu verstärken und die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte des Kindes weiter voranzutreiben.

Dazu diskutieren ca. 30 Expert/innen vor Ort in Berlin und weitere 90 Expert/innen, die per Videokonferenz dieser Tagung zugeschaltet werden. Eine Grußwort hält Nicolas Schmidt, Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration in der Europäischen Kommission. Dieses steht bereits als Videobotschaft inklusive Transkription auf der Website von coface Families Europe zur Verfügung: http://www.coface-eu.org/consumers/children/kick-off-video-address-to-citizens-by-european-commission-for-jobs-and-social-rights-nicolas-schmit-full-speech-transcript/.

Im Zentrum der Veranstaltung stehen die Vorstellung einer Machbarkeitsstudie zur Implementierung der Kindergarantie sowie die Fragen wie die Kindergarantie aus der Sicht von Familien gestaltet werden muss und wie nationale Ansätze der Implementierung der Kindergarantie aussehen könnten. Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Website unter https://www.ag-familie.de/news/1598344330Veranstaltung_Kindergarantie.html, wo auch im Nachgang der Veranstaltung eine Zusammenfassung der Diskussionen eingestellt werden.

Quelle: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 29.09.2020

Corona-Krise stellt auch für die soziale Infrastruktur in Deutschland einen „nie dagewesenen Stress-Test“ dar

Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie fordert die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) eine befristete Verlängerung der Schutzschirme für Träger sozialer Dienste über den 31. Dezember 2020 hinaus. „Die bisherigen Schutzpakete mit dem SodEG und dem Krankenhausentlastungsgesetz haben erheblich dazu beigetragen, dass die vielfältige Infrastruktur an sozialen und gesundheitsbezogenen Leistungen zum großen Teil aufrechterhalten werden konnte. Diese Schutzschirme laufen jedoch alle spätestens zum Jahresende 2020 aus. Deshalb brauchen wir hier dringend eine Lösung“, sagt BAGFW-Präsidentin Gerda Hasselfeldt.

Die Corona-Krise stellt auch für die soziale Infrastruktur in Deutschland nach Einschätzung der BAGFW einen „nie dagewesenen Stress-Test“ dar. Auf allen Ebenen der Wohlfahrtsarbeit werde versucht, Dienste und Hilfen in möglichst großem Umfang und zum Teil in veränderter Form aufrecht zu erhalten. Betretungsverbote und andere pandemiebedingte Vorgaben hätten jedoch Einschränkungen vieler Angebote und Mehraufwendungen für die Träger unvermeidbar mit sich gebracht. „Steigende Infektionszahlen zeigen, dass die Corona-Pandemie noch längst nicht überwunden ist. Der Gesetzgeber geht zu Recht für das Jahr 2021 nach wie vor von nicht unerheblichen Einschränkungen des Privat- und Wirtschaftslebens aus. Aus diesem Grunde werden aktuell durch die Bundesregierung Regularien für das Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht getroffen, die den betroffenen Rechtsformen Planungssicherheit bis zum 31. Dezember 2021 geben. Derartige Vorkehrungen sind auch für die Sicherung der sozialen Infrastruktur und die Erbringung sozialer Dienstleistungen unabdingbar“, sagt BAGFW-Präsidentin Hasselfeldt.

Zum Beispiel hätten Reha-Einrichtungen und Einrichtungen des Müttergenesungswerkes im Corona-Regelbetrieb wegen des Abstandsgebots eine stark verringerte Auslastungsquote in einer Spanne von 50 bis 80 Prozent gegenüber normal 95 Prozent. Zugleich hätten sie Mehraufwendungen für mehr Personal sowie erhöhte Sachkosten für Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu tragen. „Vor allem die kleineren Rehaeinrichtungen werden ohne Absicherungen insolvent gehen und könnten dann die Klienten nicht mehr versorgen“, sagt Hasselfeldt. Problematisch sei die Situation vor allem auch für Einrichtungen, die sich um Wohnungslose und obdachlose Menschen kümmern, sowie für Schuldnerberatungsstellen und Werkstätten für Menschen mit Behinderung.

Wenn die aktuelle Pandemie tatsächlich überwunden ist, brauchen wir jenseits der aktuellen Schutzschirme nachhaltige Regelungen zur Absicherung der sozialen Infrastruktur in den Sozialgesetzbüchern bei künftigen Pandemien. Denn auch für die Zukunft müsse damit gerechnet werden, dass sich pandemische Situationen wiederholen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 14.10.2020

Während die Corona-Fallzahlen wieder steigen, ist der Rettungsschirm für medizinische Kuren nach § 111d SGB V ausgelaufen: Es gibt keine Ausgleichszahlungen für pandemiebedingte Belegungsausfälle mehr. Das bedroht die Vorsorge- und Rehakliniken existenziell.

„Die Kliniken agieren bereits seit Monaten an der finanziellen Belastungsgrenze: Sie schultern Mehrausgaben wegen erhöhter Material- und Personalaufwände auf Grund der Hygieneauflagen und können gleichzeitig deutlich weniger Einnahmen erwirtschaften, weil sie nicht voll belegen können“, erklärt dazu Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstands, „die Situation ist alarmierend. Sollte erneut der Fall eintreten, dass Einrichtungen für längere Zeit geschlossen werden müssen oder sollten sich die kurzfristigen Absagen oder vorzeitigen Abreisen noch verstärken, wird das finanziell für viele Kliniken nicht mehr aufzufangen sein.“

Gerade jetzt seien diese Einrichtungen ganz besonders gefordert, so Döcker weiter, denn insbesondere Familien in prekären Lebenslagen stelle die Pandemie vor große Herausforderungen: „Für Familien mit Kindern oder zu pflegenden Angehörigen kann es besonders belastend sein, den Alltag in Zeiten der Pandemie zu meistern. Das gilt gerade, wenn sie zusätzlich von Armut betroffen sind, wegen der Pandemie finanzielle Einbußen verkraften oder Pflege- und Lohnarbeit neu organisieren müssen. Viele von ihnen stehen unter hohem Druck und sind auf Kur-Angebote der Kliniken angewiesen.“

Vorsorge- und Rehakliniken erhielten bis zum 30.09.2020 max. 60% Ausgleichszahlungen für pandemiebedingte Ausfälle. Seitdem gibt es nur noch einen Zuschlag für Corona-bedingte Mehraufwendungen für Hygiene- und Organisationsmaßnahmen. Viele Kliniken hatten aber bereits vor September den Betrieb wieder aufgenommen. Die Mehrausgaben aus dieser Zeit sind nicht vom Zuschlag abgedeckt. Er ist zudem begrenzt bis zum 31.12.2020. Die Arbeiterwohlfahrt kritisiert, dass diese Befristung angesichts der Pandemieentwicklung nicht haltbar sei.

Brigitte Döcker: „Die Pandemie wird nicht zum Jahresabschluss am Silvesterabend beendet sein. Nach allen derzeitigen Prognosen werden wir noch monatelang mit ihren Auswirkungen zu tun haben. In, aber auch nach der Krise brauchen Mütter, Väter und pflegende Angehörige Vorsorge- und Rehamaßnahmen dringend. Der Zuschlag für Mehrausgaben muss deshalb rückwirkend ab dem Zeitpunkt gezahlt werden, ab dem die Kliniken tatsächlich wieder öffneten, und über das Jahresende hinausgehen. Dasselbe gilt für den Rettungsschirm: Wird er nicht verlängert, droht eine Schließungswelle. Fallen die Kliniken und ihr Gesundheitsangebot weg, stehen Familien allein da. Das dürfen wir nicht hinnehmen.“

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 14.10.2020

Der europäische Dachverband der Seniorenorganisationen, AGE Platform Europe, und die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen begrüßen die Ratsschlussfolgerungen „Menschenrechte, Teilhabe und Lebensqualität älterer Menschen im Zeitalter der Digitalisierung“. Diese wurden von der deutschen Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union 2020 vorgeschlagen. Zum ersten Mal seit zehn Jahren stehen ältere Menschen damit im Zentrum einer Entscheidung des Rates der EU.

In einer gemeinsamen Erklärung der Zivilgesellschaft fordern die AGE Platform Europe und die BAGSO die baldige Umsetzung der Schlussfolgerungen. Dies muss die Zuweisung angemessener Budgets und qualifizierter Personalressourcen auf nationaler wie auf EU-Ebene einschließen. AGE Platform und BAGSO begrüßen den vorgesehenen 5-Jahres-Aktionsplan, der die Autonomie älterer Menschen stärken und ihre aktive Beteiligung an der Gestaltung eines Europas für alle Generationen fördern soll.

„Die zunehmende Digitalisierung bringt enorme Chancen und Herausforderungen für das Leben im Alter mit sich. Wir fordern die deutsche Ratspräsidentschaft und alle anderen europä-
ischen Regierungen auf, bei ihren künftigen politischen Maßnahmen insbesondere die digitale Kluft zu beachten, die innerhalb der älteren Bevölkerung besteht“, sagte Dr. Heidrun Mollenkopf, Mitglied im Vorstands der BAGSO und Vizepräsidentin der AGE Platform Europe.

„Alle älteren Menschen müssen das Recht auf Zugang zu digitalen Informationen, Diensten und sozialen Netzwerken haben, unabhängig von ihren finanziellen Ressourcen, ihrer Wohnform oder ihrem Wohnort. Um die gleichberechtigte Anwendung der Menschenrechte auf alle älteren Männer und Frauen zu gewährleisten, sind neue Gesetze auf nationaler und globaler Ebene erforderlich“, so Mollenkopf.

Die Erklärung der Zivilgesellschaft zu den EU-Ratsschlussfolgerungen wurde auf einer zweitägigen internationalen Konferenz zum Thema „Die Rechte älterer Menschen in Zeiten der Digitalisierung“ abgegeben. Die Konferenz wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der AGE Platform Europe und der BAGSO organisiert. An ihr nahmen hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der Europäischen Kommission und mehrerer EU-Mitgliedstaaten sowie Repräsentanten von europäischen Seniorenorganisationen teil.

Gemeinsame Erklärung von AGE Platform Europe und BAGSO

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen vom 29.09.2020

Internationale Konferenz ruft Europäische Union zum Handeln auf

Die Förderung von Menschenrechten im Alter steht im Fokus einer heute beginnenden internationalen Online-Konferenz im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Eines der Schwerpunkt-Themen ist die Digitalisierung, die durch die COVID-19-Pandemie beschleunigt worden ist und erhebliche Auswirkungen auch auf das Leben älterer Menschen hat. Dies gilt unter anderem für die soziale Interaktion, den Zugang zu Informationen und die Erbringung von Dienstleistungen. Diese verstärkte Nutzung digitaler Technologien bleibt auch nicht ohne Konsequenzen für unsere Menschenrechte.

Hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der Europäischen Kommission und mehrerer Mitgliedstaaten sowie Vertreterinnen und Vertreter europäischer Seniorenorganisationen diskutieren zwei Tage lang darüber, wie ältere Menschen stärker von der Digitalisierung profitieren können. Die Konferenz wird gemeinsam vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der AGE Platform Europe und der BAGSO – der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen – veranstaltet.

„Die Digitalisierung eröffnet große Chancen für die soziale Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben im hohen Alter, auch unter schwierigen Bedingungen. Diese Chancen müssen wir nutzen. Gerade in Zeiten von Corona hat sich gezeigt: Wenn Menschen digital nicht dabei sein können, wächst die Gefahr zu vereinsamen“, betont Bundesseniorenministerin Dr. Franziska Giffey.

„Damit Menschen jeden Alters die Chancen der Digitalisierung nutzen können, müssen wir dafür sorgen, dass alle mit den notwendigen Geräten und Kenntnissen ausgestattet werden. Auch Ältere. Dies ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass ältere Menschen auch in Zukunft ihr Recht auf Information, Bildung, soziale Teilhabe, Gesundheit und vieles mehr wahrnehmen können“, so der BAGSO-Vorsitzende Franz Müntefering.

Der Präsident der AGE Platform Europe, Ebbe Johansen, sieht die Konferenz als Möglichkeit des Austausches zwischen Zivilgesellschaft und Politik. „Die Konferenz bietet ein Forum für eine Diskussion, die unserer Meinung nach seit langem notwendig ist. Die Digitalisierung birgt viele Chancen, aber sie kommt nicht ohne einen besseren Schutz unserer Menschenrechte aus. Es liegt in der Verantwortung der politischen Entscheidungsträger, Gesetze und Richtlinien zu entwickeln, die digitale Anwendungen für alle zugänglich, freundlich und sicher machen.“

Aufgrund der anhaltenden Pandemie findet die zweitägige Konferenz ausschließlich digital statt. An ihr nehmen unter anderem die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für Demokratie und Demografie, Dubravka Šuica, die EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, sowie die Unabhängige Expertin der Vereinten Nationen für die Menschenrechte von älteren Personen, Dr. Claudia Mahler, teil.

Die Konferenz läuft von Montag (13:30-16:00 Uhr) bis Dienstag (09:30-12:30 Uhr) und kann live verfolgt werden – nach Anmeldung unter folgendem Link: https://pretix.eu/bmfsfj/AgeingEU2020/

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, AGE Platform Europe und BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen vom 28.09.2020

BAGSO fordert Konsequenzen aus der Corona-Pandemie

Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen ruft dazu auf, die Lebensbedingungen älterer Menschen nachhaltig zu verbessern. In dem Positionspapier „Jetzt erst recht!“ formuliert der Dachverband erste Lehren aus der Corona-Pandemie. Sie habe bestehende Missstände für alle sichtbar gemacht. Reformen sind demnach in der Pflege, in der kommunalen Seniorenarbeit und in weiteren Bereichen der Seniorenpolitik dringend erforderlich.

In der häuslichen Pflege fordert die BAGSO mehr Anerkennung und Unterstützung für pflegende Angehörige, insbesondere eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Für künftige Krisen sei zwingend zu klären, inwieweit Ausgangs- und Besuchsbeschränkungen in Pflegeheimen zulässig sind. Angemahnt werden zudem bessere Arbeitsbedingungen in der professionellen Pflege, verbunden mit einer Reform der Pflegeversicherung. Ein würdevolles Sterben müsse in allen Versorgungsformen möglich sein, auch in Zeiten einer Pandemie, heißt es in dem Positionspapier.

Die BAGSO ruft außerdem dazu auf, den Zugang älterer Menschen zu digitalen Medien mit einem „Digitalpakt Alter“ sicherzustellen. Im Bereich Engagement und Partizipation brauche es zudem verlässliche Strukturen zur Förderung. Verbessert werden müssten auch die Gesundheitsförderung und der rechtliche Schutz älterer Menschen. Aktivierende kommunale Seniorenpolitik benötige eine verbindliche rechtliche Grundlage und finanzielle Ausstattung.

Die BAGSO appelliert an Politik, Medien und Zivilgesellschaft, die vielfältigen Lebenslagen älterer Menschen ebenso wie ihre Diversität in der öffentlichen Diskussion zu transportieren. Auch in Krisensituationen ist das Recht auf Selbstbestimmtheit und Selbstverantwortung älterer Menschen zu respektieren. „Alte Menschen brauchen keine Bevormundung“, heißt es in dem Positionspapier. „Ihre Stimme und ihr Engagement sind unverzichtbar für den Erhalt einer lebendigen Bürgergesellschaft.“

Zum Positionspapier „Jetzt erst recht!“

Quelle: Pressemitteilung BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen vom 24.09.2020

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn äußern sich morgen in einer Pressekonferenz zu Kitas in der Corona-Pandemie. Die Diakonie plädiert für wirkungsvolle Corona- Schutzmaßnahmen und Regelungen in der Kindertagesbetreuung. Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Wir müssen alles dafür tun, dass auch bei steigenden Infektionszahlen die Kindertagesbetreuung gesichert bleibt! Die flächendeckende Schließung der Kitas und Schulen zu Beginn der Pandemie hat Familien und den Kindern enorm viel abverlangt. Wir dürfen Eltern nicht noch einmal im Regen stehen lassen und Kinder nicht schon in ihrer frühkindlichen Bildung benachteiligen.

Es ist den engagierten Erzieherinnen und Erziehern zu verdanken, dass mittlerweile alle Kinder wieder in die Kita gehen können. Träger und Einrichtungen haben in dieser schwierigen Zeit einen hervorragenden Job gemacht und die notwendigen Corona-Schutzmaßnahmen wirkungsvoll umgesetzt.

Angesichts der steigenden Infektionszahlen sind Häufungen in der Kindertagesbetreuung nicht ausgeschlossen. Dazu brauchen wir jetzt ein überzeugendes Konzept mit einheitlichen Regelungen und Maßnahmen in den Bundesländern zum Schutz vor COVID-19-Infektionen in der Kindertagesbetreuung.

Unerlässlich ist eine Teststrategie für alle Bildungseinrichtungen. Es kann nicht sein, dass die Testregelungen für Fachkräfte aus Kitas und das Personal der Schulen unterschiedlich sind. Das sorgt nicht nur für Unklarheit, sondern auch für viel Unverständnis. Durch die Corona-Pandemie hat sich die enge Personalsituation noch verschärft. Um die Corona-Schutzmaßnahmen und Regelungen im Kita-Alltag auch umsetzen zu können und Ausfälle von Fachkräften zu kompensieren, brauchen wir dringend mehr Personal. Wir müssen unbedingt verhindern, dass Einrichtungen wieder komplett schließen müssen. So weit darf es nicht kommen!“

Weitere Informationen: www.diakonie.de/kinderbetreuung

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 15.10.2020

Anlässlich des Starts der Kältehilfe in vielen deutschen Städten dringt die Diakonie darauf, deren Angebote pandemiefest aufzustellen. Wohnungslose Menschen brauchen gleichermaßen Infektions- wie Kälteschutz, und das verlässlich. Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Die Wohnungsnotfallhilfe muss in diesem Winter nicht nur Kälte-, sondern auch Infektionsschutz leisten und im Ernstfall Isolations- und Quarantänemöglichkeiten bieten. Dafür sind zusätzliche Unterkünfte, mehr Personal und die entsprechende Ausrüstung notwendig. Das geht nur mit zusätzlichen finanziellen Mitteln. Durch die Corona-Schutzmaßnahmen sind die Plätze der Kältehilfe dieses Jahr besonders knapp. Sollte es dann noch zu Covid-19-Verdachts- oder Infektionsfällen kommen, ist das organisatorisch und personell nur mit erheblich mehr Aufwand und Ressourcen zu stemmen.

Wir müssen unbedingt verhindern, dass wohnungslose Menschen abgewiesen werden, weil Unterkünfte voll sind oder Isolations- und Behandlungsmöglichkeiten fehlen.

Auch wohnungslose Menschen, die an Covid-19 erkranken, brauchen die Möglichkeit, sich in Ruhe und unter Isolationsbedingungen auszukurieren. Zudem sollte die Kältehilfe raschen Zugang zu Testmöglichkeiten für Menschen mit Symptomen haben. Nur dann können Wohnungslose gut versorgt und mögliche Infektionsketten durchbrochen werden.“

Weitere Informationen:

– Überblick Angebote Kältehilfe der Diakonie: https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Themenschwerpunkt_PDF/2020_Themendienst_Kaeltehilfe_F.pdf

– Nachgefragt-Interview zu Kältehilfe unter Corona-Bedingungen: https://www.diakonie.de/journal/nachgefragt-kaeltehilfe-braucht-dringend-mehr-plaetze

– Wissen Kompakt Obdachlosigkeit: https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/obdachlosigkeit

– Themenschwerpunkt zu Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit: https://www.diakonie.de/wohnungslosigkeit

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 14.10.2020

Während die Corona Pandemie anhält und sich weiter zuspitzt, ist der Schutzschirm für die medizinische Kuren – Rehabilitation und Vorsorge – Ende September ausgelaufen. Bis zum 30. September erhielten die Vorsorge- und Reha-Kliniken bis zu 60 Prozent Ausgleichszahlungen für pandemiebedingte Belegungsausfälle.

Viele Einrichtungen sind nach wie vor in ihrem Betrieb stark eingeschränkt und mit drastischen Mindereinnahmen und Mehrausgaben konfrontiert. Dadurch sind zahlreiche Kliniken akut in ihrer Existenz bedroht. Das trifft in ganzer Härte auf die Einrichtungen des Müttergenesungswerks zu, die ausschließlich von den Krankenkassen belegt werden.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Die Kuren für Mütter, Mutter und Kind oder Vater und Kind sind gerade jetzt wichtig, damit Eltern den anstrengenden Alltag unter Pandemie Bedingungen bewältigen können.“

Antje Krause, Vorsitzende des Evangelischen Fachverbands für Frauengesundheit (EVA): „Durch den Wegfall des Rettungsschirms sind die Kliniken in ihrer Existenz gefährdet. Damit fällt ein wichtiges gesundheitliches und systemrelevantes Angebot für Mütter, Väter und auch pflegende Angehörige weg.

Aber auch Arbeitsplätze und medizinische Kompetenznetzwerke sind in Gefahr.“

Die Diakonie Deutschland und der Evangelische Fachverband für Frauengesundheit (EVA) setzen sich dafür ein, dass der Rettungsschirm bis zum 31.März 2021 verlängert wird. Außerdem sollte im Sozialgesetzbuch geregelt werden, dass im Fall einer Pandemie Vereinbarungen zwischen Kostenträger und Leistungserbringer über einrichtungsbezogene Vergütungsanpassungen zu regeln sind. „Die Zukunft der Kurkliniken muss jetzt gesichert werden“, so Loheide und Krause.

Um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von der Dringlichkeit des Anliegens zu überzeugen, wurde eine Online-Petition gestartet: https://www.change.org/FamilienRettungsschirm

Weitere Informationen und Material zum Download: https://www.eva-frauengesundheit.de/rettungsschirm

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. und Evangelischer Fachverband für Frauengesundheit e.V. (EVA) vom 13.10.2020

Zum UN-Tag der älteren Menschen am 1. Oktober erinnert Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, daran, älteren Menschen umfassende Teilhabe zu ermöglichen und die ältere Generation als Bereicherung zu sehen. „Menschen ab 60 Jahren in Zeiten der Bedrohung durch das Corona-Virus pauschal als ‚Risikogruppe‘ zu etikettieren und sie besonders abzuschirmen, grenzt aus und beraubt einer Gesellschaft den Erfahrungsschatz der älteren Generation“, sagt Maria Loheide.

„Ältere Menschen sind keine homogene Gruppe. Sie sind genauso vielfältig wie die ganze Gesellschaft. Sie haben unterschiedliche Interessen, Talente und Berufe, sind besonders fit oder gesundheitlich eingeschränkt, leben auf dem Land oder in der Stadt, sprechen verschiedene Sprachen und haben vielfältige Erfahrungen.

Diese Vielfalt der Älteren ist wichtig für eine Gesellschaft. Deshalb sollten auch ältere Menschen in allen Bereichen nach ihren eigenen Interessen gefördert und ihre umfassende Teilhabe gestärkt werden“, fasst sie die Beobachtungen und Erwartungen der Diakonie zusammen.

Gerade im Lockdown hat sich gezeigt, dass die wichtigen Sozialkontakte auch digital aufrechterhalten werden können. Hier die älteren Menschen mitzunehmen, ist eine Aufgabe des Miteinanders der Generationen. Viele Ältere haben in dieser Zeit mit Unterstützung der jungen Generation zum ersten Mal mit Tablets oder Smartphones kommuniziert und gemerkt, dass es einfacher ist, als sie gedacht haben.

„Brücken zu bauen und Teilhabe für Menschen aller Generationen zu ermöglichen, darin sehen wir unsere Aufgabe als Diakonie“, sagt Loheide. „Deshalb setzen wir uns für ein Zusammenleben in Vielfalt ein, in dem Alter als Bereicherung erlebt wird. Die ganze Welt kann von der älteren Generation profitieren!“

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 30.09.2020

Vielfalt ist Alltag in unserer von Einwanderung geprägten Gesellschaft. Gerade jetzt sind Austausch und Dialog wichtiger denn je. Trotz Corona brauchen wir Begegnung. Dafür plädiert die Diakonie anlässlich der Interkulturellen Woche unter dem Motto „Zusammen leben – zusammen wachsen“, die am 27. September beginnt. Bis zum 4. Oktober gibt es in mehr als 500 Städten und Gemeinden Veranstaltungen und Begegnungsformate, die auch in Zeiten von Kontakteinschränkungen durch die Corona-Pandemie funktionieren. Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:

„Interkulturelle Vielfalt ist in Deutschland über Generationen gewachsen und Alltag in unserer Gesellschaft. Damit wir in dieser Vielfalt weiter gemeinsam zusammenwachsen, müssen wir uns immer wieder offen begegnen und unser Zusammenleben miteinander organisieren – jede und jeder Einzelne. Die Interkulturelle Woche mit ihren vielfältigen Aktionen und Begegnungsmöglichkeiten hilft uns, das ‚Wir‘ neu zu denken: Sie schafft Raum für gegenseitiges Kennenlernen und bringt Menschen über alle Unterschiede hinweg zusammen. Das war noch nie so wichtig wie jetzt. Auch mit Abstandsgebot können sich Menschen neu begegnen. Denn Begegnungen mit Menschen helfen am wirksamsten dabei, Vorurteile abzubauen. Vielfalt darf unsere Gesellschaft nicht trennen, Vielfalt muss uns verbinden. Daran wirkt die Diakonie nicht nur im Rahmen der Interkulturellen Woche mit, sondern daran arbeiten wir tagtäglich.“

Zum Hintergrund:

Die Interkulturelle Woche (IKW) ist eine Initiative der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie. Seit 1975 findet sie jährlich bundesweit statt. Jeweils Ende September wird sie von Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften, Integrationsbeiräten und -beauftragten, Migrantenorganisationen, Religionsgemeinschaften und Initiativgruppen ausgerichtet. In diesem Jahr steht sie unter dem Motto „zusammen leben – zusammen wachsen“. Vom 27. September bis 4. Oktober beteiligen sich auch diakonische Träger an der Arbeit für mehr Teilhabe. Insgesamt werden in mehr als 500 Städten und Gemeinden rund 5.000 Veranstaltungen durchgeführt.

Weitere Informationen:

http://www.interkulturellewoche.de/

https://vimeo.com/449194328

https://vimeo.com/458964141/e840fc7268

Die Diakonie ist in vielen Kommunen maßgeblich an der Organisation und Koordination der IKW beteiligt. Beispiele für diakonische Aktivitäten:

– Diakonie Odenwald: https://www.diakonie-odenwald.de/ikw/

-Diakonie Meißen: http://www.diakonie-meissen.de/aktuelles_interkulturelle_wochen_de.html

– Diakonie Mannheim: https://www.diakonie-mannheim.de/aktuelles-detail.html?ne_id=2842&ev_hide=1&backLink=%2F

Datenbank zu allen Veranstaltungen: http://www.interkulturellewoche.de/datenbank

Themenschwerpunkt Interkulturelle Öffnung der Diakonie Deutschland: https://www.diakonie.de/interkulturelle-oeffnung

Kennen.Lernen. Eine Initiative für Vielfalt und Begegnung der Diakonie Deutschland: www.diakonie-kennenlernen.de

Quelle: PressemitteilungDiakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 25.09.2020

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) setzt sich für reproduktive Rechte aller Frauen in Deutschland ein und weist regelmäßig auf Reformbedarfe hin. Heute, am 4. Oktober 2020, lädt der djb unter strenger Beachtung der Hygieneregeln ein zur Matinée im Kino Hackesche Höfe in Berlin. Gezeigt wird „Never Rarely Sometimes Always“ – auf der diesjährigen Berlinale mit dem Großen Preis der Jury und auf dem Internationalen Sundance Filmfestival ausgezeichnet. Anschließend spricht djb-Präsidentin Prof. Dr. Maria Wersig mit Dr. Sina Fontana, Vorsitzende der djb-Kommission für „Verfassungsrecht, Öffentliches Recht, Gleichstellung“, Akademische Rätin, Georg-August-Universität Göttingen und Prof. Dr. Daphne Hahn, Professorin für Gesundheitswissenschaften und empirische Sozialforschung, Leiterin des Promotionszentrums Public Health, Hochschule Fulda, über das Thema des Films: Stig-matisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und die damit verbundenen Probleme rund um weibliche Selbstbestimmungsrechte und Gesundheitsversorgung.

„,Never Rarely Sometimes Always‘ zeigt eindrücklich die Hürden, die Recht und Gesellschaft einer ungewollt schwangeren Frau in den Weg legen können. Ich sehe viele Parallelen zu Deutschland, denn auch hier besteht Reformbedarf. Die Diskussion um § 219a StGB gehört im Wahljahr 2021 verstärkt auf die Tagesordnung, ebenso wie der rechtliche Umgang mit Gehsteigbelästigungen vor Beratungsstellen und Arztpraxen.“, fordert die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Maria Wersig.

„Die freie Entscheidung über die Fortführung der Schwangerschaft ist elementarer Bestandteil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Es gehört zur Schutzpflicht des Staates, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Frauen von diesem Recht auch tatsächlich Gebrauch machen können.“, erläutert Dr. Sina Fontana.

„Ich bin froh, dass mit diesem und anderen Filmen zum Schwangerschaftsabbruch Fragen auf den Tisch kommen, die für die Situation in Deutschland dringend diskutiert werden müssen. Dazu gehören Fragen der medizinischen Versorgung, Verhütung, medizinischen Ausbildung zum Schwangerschaftsabbruch, aber auch das große Thema Stigmatisierung des Abbruchs.“, betont Prof. Dr. Daphne Hahn.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 04.10.2020

Die Aktionstage „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ waren trotz Corona-Krise ein voller Erfolg: In den letzten Wochen standen deutschlandweit vielerorts die Elterntaxis still. Mehrere zehntausend Kinder waren dem Aufruf des Deutschen Kinderhilfswerkes, des ökologischen Verkehrsclub VCD und dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) gefolgt und sind während der Aktionstage unter dem Motto „Besser ohne Elterntaxi!“ zu Fuß, mit dem Roller oder Fahrrad zur Schule oder zum Kindergarten gekommen. Zusammen mit ihren Eltern, Lehrerinnen und Lehrern sowie Erzieherinnen und Erziehern lernten die Kinder dabei, wie sie sich selbstständig sicher im Straßenverkehr bewegen können und warum ein Zuviel an Autoverkehr schlecht für das Klima und die Sicherheit der Kinder ist.

„Wir freuen uns sehr über die rege Beteiligung an den Aktionstagen, vor allem natürlich vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen. Das zeigt uns ganz deutlich, wie relevant unser Thema ist. Zunehmend entsteht ein Bewusstsein dafür, dass wir unseren Kindern keinen Gefallen tun, wenn wir sie im Auto kutschieren. Bewegung an der frischen Luft tut dem Nachwuchs gut, nebenbei lernen die Kleinen sich sicher im Verkehr zu bewegen und für die Umwelt ist auch viel gewonnen, wenn immer mehr Familien das Elterntaxi stehen lassen“, sagt Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des VCD.

Die besten Projektideen haben der VCD, VBE und das Deutsche Kinderhilfswerk mit bewegungsfördernden Pausenhofsets ausgezeichnet, bestehend aus umfangreichen Ball-Sets, Soft-Wurfscheiben, Springseilen oder Mini-Badminton-Sets. Der erste Platz geht an die „Aktionswoche: Sicherheit auf dem Weg zur Schule“ der Grundschule am Rüdesheimer Platz in Berlin-Wilmersdorf. Hier wurde mit Unterstützung des Berliner Senats anlässlich des autofreien Tages die zur Schule führende Straße für Autos gesperrt und in eine temporäre Spielstraße umgewandelt. Auf Platz zwei landete die Aktion „Schulweg“ der Berliner Grundschule auf dem Tempelhofer Feld, wo am „Zu-Fuß-zur-Schule-Tag“ eine Demonstration für eine Schulstraße durchgeführt wurde. Mit ihrer Aktion „Gut sichtbar den neuen Schulweg erkunden“, bei der bereits seit vergangenem Schuljahr nach konkreten und langfristigen Lösungen für das Verkehrschaos vor der Schule gesucht wurde, hat es die Professor-Ecker-Schule Lisdorf aus Saarlouis auf Platz drei geschafft.

„Schon der Weg zur Schule ist essenziell für den weiteren Verlauf des Tages. Bildung beginnt nicht an der Tür zum Klassenzimmer und hört dort auch nicht auf. Die selbstständige Bewältigung des Schulweges macht nicht nur einen frischen Kopf und kanalisiert die überschüssigen Energien von Kindern, sondern ist auch der Weg zu Orientierung, Kommunikation, freiem Spiel, Naturerfahrung und letztlich Identifikation mit dem Heimatort“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

„Vor immer mehr Schulen entstehen gefährliche Situationen durch die Praxis, Kinder mit dem Auto vor das Schultor zu fahren. Das birgt nicht nur ein Risiko für andere Kinder, sondern führt auch dazu, dass sich das eigene Kind schlechter orientieren kann als Gleichaltrige. Eine geeignete Alternative wären Elternhaltestellen, die ein Stück entfernt vom Eingang liegen, sodass die Situation vor der Schule sicherer wird. Noch besser wäre, die Infrastruktur auf dem Schulweg zu verbessern und so dazu beizutragen, dass noch mehr Kinder den Schulweg zu Fuß, mit dem Roller oder dem Fahrrad bestreiten. Hier ist die Politik in der Pflicht“, sagt Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des VBE.

Die Aktionstage „Zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten“ standen unter der Schirmherrschaft von Dr. Stefanie Hubig, Präsidentin der Kultusministerkonferenz. Botschafterin der Aktionstage war Fernsehmoderatorin Enie van de Meiklokjes.

Weitere Informationen:

Aktionstage „Zu Fuß zur Schule“: www.zu-fuss-zur-schule.de Tipps für den sicheren Schulweg: www.vcd.org/sicher-zur-schule.html

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e. V. vom 06.10.2020

Das Deutsche Kinderhilfswerk und die Bundesschülerkonferenz fordern im Vorfeld der heutigen Bund-Länder-Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder, auch die Interessen und Bedarfe der rund 11 Millionen Schülerinnen und Schüler in Deutschland in den Fokus ihrer Beratungen zu stellen. Aus Sicht der beiden Organisationen kann das nur mit einer umfassenden Beteiligung der Schülerinnen und Schüler gelingen. Diese Beteiligung muss sowohl auf Landesebene über die jeweiligen Landesschülervertretungen als auch direkt in den Schulen durch die bereits gegebenen Strukturen sichergestellt werden. Gleichzeitig sollten bei Bildungsgipfeln alle Einrichtungen der Bildungslandschaft mitgedacht und einbezogen werden, also Bildungsangebote in Schulen, Ausbildung und im non-formalen Bereich.

Praxisnahe Konzepte

Beratungen auf Bundesebene, wie beispielsweise der Schulgipfel in der letzten Woche im Bundeskanzleramt, dürfen nicht ohne Beteiligung der direkt Betroffenen stattfinden. Nur so können neben dem Gesundheitsschutz und den Interessen von Landesregierungen und Kultusbehörden auch soziale und kindheitspädagogische Aspekte berücksichtigt und Anregungen sowie Bedenken der Schülerinnen und Schüler bestmöglich mit einbezogen werden. Die Fachkräfte im Bildungsbereich gehören mit ihren Interessensvertretungen zwingend ebenfalls an den Beratungstisch.

„Als direkt Betroffene der Maßnahmen bekommen wir die Auswirkungen im Schulalltag direkt und deutlich zu spüren. Schülervertreter wissen, wie es vor Ort läuft und haben die nötige Nähe zur Praxis, die in manchen Entscheidungen und Debatten in der Politik fehlen. An vielen Stellen läuft es einfach noch nicht rund. Evaluationen und Verbesserungen der Konzepte gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern durchzuführen und abzustimmen ist daher wichtiger denn je”, so Vertreter der Bundesschülerkonferenz.

„Als hätten wir aus den letzten Monaten nichts gelernt, steuern wir sehenden Auges in ein bildungspolitisches Corona-Desaster. Nach einer besorgniserregenden Vernachlässigung der Interessen von Schülerinnen und Schülern in den letzten sechs Monaten muss die Frage erlaubt sein, was Politik und Verwaltungen getan haben, um diesen Herbst und Winter erneute Schulschließungen zu vermeiden. Wir brauchen beispielsweise alternative Räumlichkeiten für den Schulunterricht, die eine Entzerrung der räumlichen Enge in vielen Schulen ermöglichen. So begrüßenswert finanzielle Zusagen für technische die Ausstattung von Schulen sein mögen, muss die Handlungsfähigkeit von Schulen auch über bürokratiearme, praxisnahe Formen der Lehr- und Lerndigitalisierung und vor allem personelle Aufstockungen unterstützt werden. Darauf zu hoffen, dass es schon nicht so schlimm werden wird, dass die Pandemie bald überstanden ist oder die Eltern mit einspringen werden, kann nicht die Lösung für die Herausforderungen im Schulbetrieb sein“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Langfristige und nachhaltige Konzepte durch Expertenrat – Schließungen vermeiden Umfassende Konzepte sind notwendig, um bei weiter steigenden Infektionszahlen kompletten Schließungen der Bildungseinrichtungen unbedingt vorzubeugen. Notwendig ist dazu ein konzertiertes Vorgehen durch einen Expertenrat mit Verantwortlichen aus Gesundheits- und Bildungsbehörden unter Einbezug von Schülerinnen und Schülern sowie von Fachkräften und Elternverbänden, um eine regelmäßige Abstimmung und den Erfahrungsaustausch, das Ineinandergreifen von Maßnahmen sowie den gemeinsamen Umgang mit bildungspolitischen Folgen der Corona-Krise zu gewährleisten.

Selbständiges und digitales Lernen der Schülerinnen und Schüler stärken Aus Sicht von Bundesschülerkonferenz und Deutschem Kinderhilfswerk funktioniert in der jetzigen Krisensituation die Beteiligung von Schülerinnen und Schülern meist schlechter als sonst. Unabhängig von potenziellen massiven Einschränkungen eines Regelbetriebs müssen jetzt bereits Bedingungen für eine gerechte digitale und datensouveräne Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen an Bildungsangeboten in Schulen, Ausbildung und im non-formalen Bereich geschaffen werden. Neben der Beteiligung braucht es aus Sicht der Organisationen kreative, nachhaltige und zukunftsfähige Konzepte für Bildungseinrichtungen. Vor allem wenn es darum geht, selbständiges und digitales Lernen der Kinder und Jugendlichen sowie ihre Kapazitäten mit der Krisensituation umzugehen, zu stärken. Alle hier notwendigen Förderprogramme müssen weiterhin an der Perspektive der jungen Menschen ausgerichtet sein.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk e.V. und Bundesschülerkonferenz vom 29.09.2020

Der Verband ist heute als Sachverständiger im Ausschuss für Inneres und Heimat geladen. Es geht um Änderungen des Freizügigkeitsgesetzes, um unionsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Zukünftig sollen u.a. auch Familienangehörige nachgezogen werden können, die nicht zur klassischen Kernfamilie gehören. Diese Umsetzung ist längst überfällig und dringend notwendig.

Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften begrüßt daher ausdrücklich, dass erstmalig die Möglichkeit der Einreise und des Aufenthaltes für Lebenspartner*innen von Unionsbürger*innen geschaffen werden soll. Jedoch bleiben die Ausführungen zur Einreise und Aufenthalt anderer nahestehender Familienangehöriger hinter den Erwartungen zurück.

Die geplante Regelung ist so restriktiv gefasst, dass sie nur wenige Unionsbürger*innen betreffen werden. Das Recht auf Einreise und Aufenthalt sogenannter „nahestehender Personen“, wie es die EU-Unionsbürgerrichtlinie vorsieht, wird daher nahezu ins Leere laufen.

Für die Einreise und den Aufenthalt sind mindestens eine zweijährige Unterhaltsgewährung, ein Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft mit dem Unionsbürger /der Unionsbürgerin von mindestens zwei Jahren nachzuweisen oder eine Pflegebedürftigkeit, die eine Pflege durch den Unionsbürger resp. die Unionsbürgerin zwingend notwendig macht.

Dabei stellen sich lebenspraktische Fragen der Nachweiserbringung. Wie ist ein Zusammenleben außerhalb Deutschlands nachzuweisen, wenn kein Meldesystem besteht? Wie ist die Unterhaltsgewährung nachzuweisen, wenn Zahlungen nicht über eine Bank erfolgt, was sehr üblich ist, sondern über Verwandte bzw. Vertraute? Weiterhin ist stets eine Krankenversicherung abzuschließen. Solange die “nahestehenden Familienangehörigen” einer Erwerbstätigkeit nachgehen, ist dies möglich, was ist aber mit Angehörigen, die pflegebedürftig sind?

Der Gesetzentwurf sollte daher überarbeitet werden.

Die juristische Beraterin des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften, Swenja Gerhard, führt heute in der Anhörung diese Problematiken aus. Die Stellungnahme des Verbandes entnehmen Sie bitte dem Anhang.

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. vom 05.10.2020

Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften hat heute auf einer Pressekonferenz gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen ein Forderungspapier an die hessische Landesregierung veröffentlicht.

„Es muss aufhören, dass unsere Familien immer wieder als “andere”, “nicht-dazugehörende”, „Fremde“ angesehen und in Schubladen gesteckt werden. Die Familien müssen sich in Deutschland sicher fühlen können. Rassistischen und rechtsextremistischen Übergriffen, Anfeindungen und Gewalttaten muss konsequent entgegengetreten und sie müssen vor Allem verhindert werden. Die hessische Landesregierung ist gut beraten, zivilgesellschaftliche und wissenschaftliche Expertise dabei mit einzubeziehen und gegen strukturellen und institutionellen Rassismus vorzugehen. Für alle Bürger*innen des Landes.“

Hiltrud Stöcker-Zafari, Geschäftsführerin Verband binationaler Familien und Partnerschaften

Vor dem Hintergrund der Morde von Hanau und an Walter Lübcke sowie den aktuellen Bedrohungen durch den „NSU 2.0“, die auf rechtsextreme Netzwerke in den Landesbe-hörden hinweisen, fordert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis die hessische Lan-desregierung zum Handeln auf. Die Landesregierung müsse Bewegungen für Menschenrechte stärken und allen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entschieden entgegentreten, heißt es in dem Forderungspapier, das am heutigen Montag bei einer Online-Pressekonferenz vorgestellt wurde.

Die Herausgeber des Forderungspapiers sehen die Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus als gesamtgesellschaftliche Aufgabe und möchten mit seiner Veröffentlichung den Dialog und den Austausch mit der Landesregierung zu diesem Thema vertiefen. Dabei sollen zivilgesellschaftliche Gruppen und insbesondere Betroffenen-Vertretungen stärker als bisher einbezogen werden.

Das Zehn-Punkte-Papier wurde von 13 hessenweit aktiven Organisationen aus unter-schiedlichen zivilgesellschaftlichen Bereichen herausgegeben, mehr als 20 weitere Gruppen haben es bereits unterzeichnet. Gefordert wird darin, dass rechtsextreme Grup-pen und Netzwerke aufgelöst und Verfassungsschutz und Polizei reformiert werden. Ein unabhängiges Expert*innengremium solle die Bekämpfung von Rassismus, Rechtsextremismus und Diskriminierung begleiten, steuern und evaluieren. Das Land solle die Repräsentanz aller gesellschaftlicher Gruppen in allen gesellschaftlichen und politischen Lebensbereichen und in leitenden Funktionen in der öffentlichen Verwaltung fördern und das Demokratiebewusstsein im öffentlichen Dienst stärken.

Weitere Forderungen sind, Anti-Rassismus und Anti-Diskriminierung gesetzlich zu verankern und eine unabhängige Beschwerdestelle für polizeiliches Fehlverhalten einzurichten. Opfer von rechtsextremer und rassistischer Gewalt müssen unterstützt, gefährdete Einrichtungen wie Moscheen und Synagogen geschützt werden.

Schulen sollen zur umfassenden Bildung und Werteorientierung für ein antirassistisches und solidarisches Zusammenleben in der Gesellschaft beitragen. Demokratie-Projekte müssen ausreichend und dauerhaft gefördert werden.

Herausgegeben haben das Papier die folgenden Organisationen und Gruppen: agah – Landesausländerbeirat, Aufstehen gegen Rassismus, Bildungsstätte Anne-Frank, Der Paritätische Wohlfahrtsverband Hessen, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft – Landesverband Hessen, Hessischer Flüchtlingsrat, LAG Mädchen*politik, LandesFrauenRat Hessen, NaturFreunde Hessen, Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V., Verband Deutscher Sinti und Roma – Landesverband Hessen, VVN-BdA – Landesvereinigung Hessen und der Zentralrat der Muslime in Deutschland – Landesverband Hessen.

Zu den mehr als 20 Unterzeichnenden des Forderungspapiers zählen Organisationen aus der sozialen Arbeit, dem Kultur- und Jugendbereich ebenso wie antifaschistische und antirassistische Initiativen.

Quelle: Pressemitteilung Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. vom 28.09.2020

Beschlüsse des digitalen 32. Verbandstags des LSVD

Am Samstag, den 10. Oktober 2020, fand unter dem Motto „Frei und sicher leben“ digital der 32. LSVD-Verbandstagstatt. Schwerpunkt war der Kampf gegen homophobe und transfeindliche Hasskriminalität. Laut Bundesregierung gab es 2019 mindestens 564 Fälle von Hasskriminalität gegen Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI), darunter 147 Gewalttaten. Die Dunkelziffer wird von offizieller Seite mit bis zu 90% angegeben. Trotzdem ist diese Gewalt auf keiner innen- und kriminalpolitischen Agenda.

Nach einer Videobotschaft des Präsidenten des Bundeskriminalamtes Holger Münch diskutierten der Berliner Kriminaldirektor Wolfram Pemp, Şefik_a Gümüş (Landeskoordination Anti-Gewalt-Arbeit für Lesben, Schwule und Trans* in NRW), LSVD-Bundesvorstand Günter Dworek und Roman Heggli (Pink Cross, Schweiz), wie dem Kampf gegen LSBTI-feindliche Gewalt effektiv begegnet und das Anzeigeverhalten sowie die Erfassung bei diesen Taten verbessert werden können.

In einem anschließenden Beschluss fordert der LSVD neben Sofortmaßnahmen im staatlichen Handeln und der Gesetzgebung die Einsetzung einer Expert*innen-Kommission durch die Bundesregierung. Diese soll eine systematische Bestandsaufnahme aller Erscheinungsformen von LSBTI-Feindlichkeit und damit verbundener Hasskriminalität erarbeiten sowie Empfehlungen für einen Nationalen Aktionsplan entwickeln. Bestandteil dieses Aktionsplans muss ein Bund-Länder-Programm gegen LSBTI-feindliche Gewalt sein.

Mehr Solidarität mit polnischen LSBTI fordert der LSVD in einem weiteren Beschluss. In Polen findet ein Kulturkampf mit immer bedrohlicheren Auswirkungen auf LSBTI statt. Die Regierungspartei PiS, Bischöfe der katholischen Kirche und Initiativen christlich-fundamentalistischer Gruppen dämonisieren LSBTI als Gefahr für Kinder, Familien und die polnische Identität. Die deutsche Bundespolitik hält sich mit Kritik aber weitgehend zurück. Das anstehende 30jährige Jubiläum des Deutsch-Polnischen Vertrags muss jedoch genutzt werden, diesem menschenverachtenden Treiben ein Ende zu setzen und die Zusammenarbeit und Unterstützung mit allen progressiven, liberalen und menschenrechtsorientierten Kräften zu intensivieren. Das gilt ebenfalls für die länderübergreifende Kulturarbeit, die über 300 bestehenden Städte- und Gemeindepartnerschaften sowie den binationalen zivilgesellschaftlichen Austausch.

Bei den Wahlen zum Bundesvorstand wurden Günter Dworek, Henny Engels, Christian Rudolph und Stefanie Schmidt wiedergewählt, neugewählt wurden Patrick Dörr und André Lehmann. Weiterhin gehören dem nun zehnköpfigen ehrenamtlichen Gremium die 2019 für eine zweijährige Amtszeit gewählten Axel Hochrein, Gabriela Lünsmann, Helmut Metzner und Alfonso Pantisano an.

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Quelle: Pressemitteilung Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom 13.10.2020

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 27.Oktober 2020

Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung

Gelingende gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen benötigt zwei tragende Säulen: die materielle Absicherung ihres soziokulturellen Existenzminimums und ein bedarfs- und chancengerechtes Infrastrukturangebot in ihrem Umfeld. Ziel muss es sein, Kindern ein möglichst selbstbestimmtes Leben und eine individuell angepasste Förderung zu garantieren, unabhängig von der Höhe des Familieneinkommens und den Gegebenheiten am Wohnort. Bisher ist es in weiten Teilen Deutschlands noch nicht gelungen, Kindern aus armutsbetroffenen Familien gleiche Chancen zu ermöglichen. Es scheitert am fehlenden Angebot, den Kosten oder den bürokratischen Hürden.

Das Fachgespräch will eine Übersicht liefern, welche Pass-Systeme bisher existieren, die sich in Bezug auf Anbietende, Adressierte und Leistungskatalog sowie Voraussetzungen der Inanspruchnahme und Geltungsbereich stark unterscheiden. Mit Hilfe einer Systematisierung der verschiedenen Modelle sollen die Potenziale von Pass-Systemen für die Verbesserung von Kinderteilhabe dargestellt und umsetzungskritische Aspekte aufgezeigt werden. Ausgehend von guten Praxisbeispielen soll zudem dargestellt werden, wie deren flächendeckende Nutzung zur verbesserten Teilhabe von Kindern beitragen kann.

Im Zentrum unserer Diskussionen steht dabei die Frage, inwieweit Pass-Systeme das Potential haben, die Nutzung der bestehenden BuT-Leistungen zu vereinfachen, sie sinnvoll zu ergänzen und auszubauen. Wir diskutieren, wie Pass-Systeme dazu beitragen können, vor Ort ein breiteres und zielgruppengerechteres Angebot zu bieten und ob die Idee eines bundesweit einsetzbaren Kinderteilhabepasses hilfreich wäre. Zudem überprüfen wir, welche Faktoren in den Bereichen Information, Antragsverfahren, Gültigkeitsbereich, Technik sowie Datenschutz relevant sind, damit Pass-Systeme wirksamer eingesetzt werden können.

Mit Inputs von:

  • Franziska Brantner, MdB, Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
  • Petra Budke, MdL, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg, Sprecherin für Bildung, Kinder, Sport, Medien und Religion
  • Birgit Duden, Stadt Oldenburg, Fachdienst Besondere Soziale Hilfen/Amt für Teilhabe und Soziales
  • Lutz Foth, Sozialamt Landeshauptstadt Stuttgart
  • George Wyrwoll, Unternehmenskommunikation und Regierungsbeziehungen Sodexo Pass GmbH

Moderation & Fachkontakt

Dorothee Schulte-Basta, Referentin Sozialpolitik, Heinrich-Böll-Stiftung, E. schulte-basta@boell.de

Nina Ohlmeier, Abteilungsleiterin Politische Kommunikation, Deutsches Kinderhilfswerk, E. ohlmeier@dkhw.de

Wir bitten um Anmeldung bis zum 21. Oktober 2020 unter https://calendar.boell.de/de/civi_register/141689

Sie haben bereits konkrete Fragen zu dieser Thematik oder an unsere Referent/innen?

Dann schicken Sie bis zum 12. Oktober 2020 eine Mail an: Tmnit Zere, zere@boell.de.

Weitere Fragen können Sie natürlich auch während der Veranstaltung stellen.

Das böll.brief „Passgenau? Bessere Kinderteilhabe durch Pass-Systeme“ steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung.

Termin: 29.Oktober 2020

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.

Die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung unterstützt seit Jahren eine nachhaltige Auseinandersetzung mit dem Kinder- und Jugendsport. 2003 initiierte sie den Kinder- und Jugendsportbericht, der die aktuelle Situation im Kinder- und Jugendsport darlegt und Handlungsempfehlungen für Politik, Verbände, Vereine und Schulen gibt. Seitdem wurden Schwerpunktthemen wie Kinder- und Jugendsport im Umbruch oder Bewegung und Sport von Kindern bis zu zwölf Jahren intensiv aufgearbeitet. Der Vierte Deutsche Kinder- und Jugendsportbericht, der im Oktober 2020 erscheint, befasst sich mit den Themen Leistung, Gesundheit und Gesellschaft. Darin werden aktuelle Fragestellungen beleuchtet, wie z. B. die positive Wirkung von Sport auf chronisch erkrankte Kinder oder das Konzept der Physical Literacy als ganzheitlichen Ansatz der kindlichen Bewegungsförderung, in dem neben Partizipation, motorischen Fähigkeiten auch Motivation und Selbstwirksamkeit zusammengefasst werden.

Podiumsdiskussion zum Thema „Kinder- und Jugendsport“ am 29. Oktober, 18 Uhr

Mit Prof. Dr. Christoph Breuer, Dr. Eckart von Hirschhausen, Pauline Grabosch, Tim Reichert und Alfons Hörmann im Live-Stream, moderiert von Julia Scharf.

Der Live-Stream beginnt am 29. Oktober um 18 Uhr.

Die Veranstaltung wird auch auf dem neuen Instagram-Kanal „kruppstiftung“ übertragen. Schauen Sie rein unter https://www.instagram.com/kruppstiftung/ und folgen Sie uns!

Termin: 04. und 18. November 2020

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.

Konflikte gehören zum Familienleben. In etwa einem Drittel der Ehen erscheinen die Konflikte den Partner*innen so gravierend, dass sie durch Scheidung aufgelöst werden. Betroffen sind in hohem Maße auch die Kinder, in Deutschland sind es jährlich etwa 120.000 minderjährige Kinder.

Gerichtliche Scheidungs- oder Sorgerechtsverfahren stellen in Trennungsprozessen wichtige Ereignisse mit weitreichenden Folgen dar. Dies gilt unabhängig der Ausgestaltung der Rechtsstrukturen in einem Staat. In jedem Fall ist eine gelingende Kooperation zwischen beratenden / unterstützenden Angeboten für Familien und gerichtlichen Akteuren für möglichst konfliktarme Trennungs- / Scheidungsprozesse von hoher Bedeutung.

Die gemeinsame Webinar-Serie von ICCFR und AGF betrachtet vor diesem Hintergrund einige bestehende Rechtssysteme und Lösungsansätze in verschiedenen Staaten. Expert/innen aus diversen Staaten sowie mit verschiedenen Professionen diskutieren vor dem Hintergrund ihrer Rechtsstrukturen Möglichkeiten, Familien in dem Trennungsprozess zu unterstützen.

Die Webinar-Serie wird online mit Zoom durchgeführt und besteht aus drei Sessions, die jeweils unterschiedlichen globalen Zeitzonen angepasst sind. Alle Webinar-Sessions werden aufgezeichnet, sodass allen angemeldeten Teilnehmenden alle drei Sessions zur Verfügung stehen. Termine für Teilnehmende aus Deutschland finden an folgenden Daten statt:

•Mittwoch, 04. November 2020: 17:00 – 19:00 Uhr
•Mittwoch, 18. November 2020: 10:00 – 12:00 Uhr

Die Beiträge dieser beiden Sessions werden simultan deutsch / englisch übersetzt. Eine dritte Session findet am 11. November statt, sie ist jedoch auf die asiatisch / amerikanische Zeitzone ausgerichtet. Als registrierte Teilnehmende können Sie die Aufzeichnung der Session im Nachgang und zur Vorbereitung für den 18. November ansehen. Das Gesamt-Programm zur Webinar-Serie finden Sie im Anhang. Die Teilnahme ist kostenlos.

Zur Anmeldung nutzen Sie bitte

-die Website der ICCFR: https://iccfr.org/webinars-2020/webinar-2020-registration/ oder
-eine einfache Email an: anmeldung@ag-familie.de mit der Angabe, an welcher /welchenSession(s)Sie gern teilnehmen möchten.

Termin: 05. November 2020

Veranstalter: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Die Digitalisierung verändert unser Leben in allen Bereichen und bringt auch für ältere Menschen Veränderungen und neue Herausforderungen mit. Wie Seniorinnen und Senioren an diese Herausforderungen herangehen, hat die Achte Altersberichtskommission untersucht.

Der Achte Altersbericht „Ältere Menschen und Digitalisierung“ wurde am 12. August 2020 ver-öffentlicht. Er wurde von einigen Akteuren bereits kommentiert. Welche Fragen ältere Menschen und auch Unterstützerinnen und Unterstützer in deren Umfeld haben, wollen wir mit Mitgliedern der Sachverständigenkommission und einem Vertreter der Seniorenabteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in einer einstündigen Online-Veranstaltung am 5. November 2020 um 10 Uhr erörtern. Sie haben die Möglichkeit, bei der Anmeldung zur Veranstaltung im Vorfeld Fragen zum Achten Altersbericht auf der Veranstaltungswebsite einzureichen, die im Rahmen der Veranstaltung aufgegriffen werden sollen. Sie können der Diskussion im Livestream auf YouTube folgen.

Anfang Oktober erhalten Sie eine Einladung mit dem konkreten Programmablauf und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Sie haben dann die Möglichkeit, sich online zum Livestream anzumelden. Gerne können Sie diesen Terminhinweis an Interessierte weiterleiten.

Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) wurde mit der Organisation der Veranstaltung beauftragt. Sollten Sie Fragen zur Organisation der Veranstaltung haben, wenden Sie sich bitte direkt an das Veranstaltungsmanagement unter veranstaltung@bafza.bund.de oder 0221/3673 – 1625.

Bitte wenden Sie sich auch dorthin, wenn Sie diese Ankündigung nicht über einen Mailverteiler bekommen haben und eine Einladung zur Anmeldung erhalten möchten.

Termin: 24. November 2020

Veranstalter: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Wir freuen uns sehr, Ihnen mitteilen zu können, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft am 24. November 2020 die Online-Konferenz „COVID-19 überwinden – gemeinsam Perspektiven für starke Familien entwickeln“ ausrichten wird.

Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Europäischen Kommission und der EU-Mitgliedstaaten sowie mit Expertinnen und Experten aus dem Bereich Familienpolitik soll diskutiert werden, wie die Auswirkungen von COVID 19 auf Kinder und Familien weiter abgemildert bzw. überwunden und gemeinsam Perspektiven für starke Familien in Europa entwickelt werden können.

In vier Fachpanels sollen die finanzielle Stabilität von Familien, gleiche Bildungschancen für alle Kinder, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Bekämpfung von Gewalt in Familien erörtert werden.
Wir würden uns freuen, wenn Sie sich den 24. November 2020 für die Teilnahme an unserer ganztägigen Online-Konferenz vormerken würden.

Eine Einladung mit Weblink, Programm sowie Chat-Anmeldung, um Fragen stellen zu können, erhalten Sie per E-Mail Anfang November.

AUS DEM ZFF

Anlässlich der heutigen öffentlichen Anhörung des Familienausschusses im Deutschen Bundestag zum Thema Kinderarmut unterstreicht das ZFF die Bedeutung von Reformen der Familienförderung hin zu einer Kindergrundsicherung.

Die Debatte um eine Reform der Familienförderung hin zu einer Kindergrundsicherung ist in vollem Gange. Der Bundestag diskutiert heute in einer Öffentlichen Anhörung einen Antrag der Fraktion DIE LINKE. „Kinderarmut überwinden, Kindergrundsicherung einführen“ und einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen „Faire Chancen für jedes Kind – Kindergrundsicherung einführen“. Das ZFF begrüßt diese Entwicklung. Gemeinsam mit dem Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG fordern wir seit 2009 die Zusammenlegung und einkommensabhängige Auszahlung der pauschal bemessenen monetären Leistungen für Familien.

Alexander Nöhring (Geschäftsführer des ZFF) erklärt dazu: „Das ZFF beurteilt beide Anträge auf Einführung einer Kindergrundsicherung als Meilensteine auf dem Weg zu einer besseren und sozial gerechteren Absicherung von Kindern, Jugendlichen und ihrer Familien sowie für die Sicherung eines Aufwachsens in Wohlergehen. Darüber hinaus enthalten die Konzepte viele Bestandteile des Modells des Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG, für das sich das ZFF seit nunmehr elf Jahren einsetzt.

Zudem sind dies nicht die einzigen Vorschläge im politischen Raum, die hierzu vorliegen: Auch die SPD hat ein Konzept für eine Kindergrundsicherung vorgelegt, einige Landesverbände der CDU haben sich der grundsätzlichen Forderung nach einer Kindergrundsicherung angeschlossen, auf Länderebene wird in diesem Jahr ein Grundsatzbeschluss der Arbeits- und Sozialminister*innenkonferenz (ASMK) zur Kindergrundsicherung erwartet und auch der DGB hat im Sommer 2020 ein eigenes, jedoch sehr ähnliches Konzept vorgelegt.“

Alexander Nöhring fährt fort: „Aus Sicht des ZFF ist es dringend notwendig, diese Dynamik zu nutzen, zügig eine Kindergrundsicherung umzusetzen und die Familienförderung „vom Kopf auf die Füße“ zu stellen. Dabei kommt es jedoch darauf an, dass die neue Leistung für alle Kinder und Jugendliche gilt, in ausreichender Höhe zu Verfügung gestellt wird, nicht hinter dem Status Quo zurückfällt und so einfach wie möglich an alle Kinder und Jugendlichen bzw. an ihre Familien ausbezahlt wird.“

Alexander Nöhring, Geschäftsführer des ZFF, wird heute als Sachverständiger bei der Ausschusssitzung dabei sein. Die Sitzung wird zeitversetzt am 6. Oktober um 15 Uhr im Parlamentsfernsehen und im Internet auf www.bundestag.de übertragen.

Die Stellungnahme des ZFF zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages am 05. Oktober 2020 zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Faire Chancen für jedes Kind – Kindergrundsicherung einführen“ sowie zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE. „Kinderarmut überwinden, Kindergrundsicherung einführen“ finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 05.10.2020

Bei der heutigen Mitgliederversammlung des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) wurde die gemeinsame Erklärung „Fürsorge ist systemrelevant“ verabschiedet. Darin fordern die Mitglieder die Politik in Bund, Ländern und Kommunen in sechs Zwischenrufen auf, in Krisenzeiten, aber auch für die Zukunft, für eine solidarische und geschlechtergerechte Absicherung von Fürsorgearbeit einzutreten.

„Fürsorge ist systemrelevant!“

In der Corona-Pandemie ist unsere Gesellschaft gefordert wie selten zuvor. Die Erwerbsarbeit wurde im „Lockdown“ entweder nach Hause verlagert oder fand unter großen Herausforderungen statt, um die soziale und technische Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig wurde die Betreuung der Kinder, die Begleitung der Schulaufgaben, die Pflege von Angehörigen und die solidarische Nachbarschaftshilfe gestemmt. Dabei waren die Familien weitgehend auf sich alleine gestellt: Die Kindertagesbetreuung und die Schulen liefen nicht im Regelbetrieb und Familienbildung sowie weitere Angebote der Kinder- und Jugendhilfe fanden nur unter erschwerten Bedingungen statt. Auch Angebote ambulanter Pflegedienste oder Tageseinrichtungen standen nur eingeschränkt zur Verfügung.

Insbesondere die Kinder und Jugendlichen waren es, die am wenigsten Beachtung gefunden haben mit ihren Bedürfnissen nach Freizeit, Platz zum Spielen und Lernen, Treffen von Freund*innen und einem stabilen und möglichst stressfreien familiären Umfeld.

Zwar wurden Sozialpakete geschnürt, Unterstützungsleistungen im Rahmen des Konjunkturpaketes geschaffen und Rücksicht auf Arbeitnehmer*innen mit Fürsorgeaufgaben genommen. Dennoch zeigt sich, dass die Lasten des „Lockdowns“ sowie die Wirkungen der staatlichen Rettungsschirme ungleich verteilt sind. Aus unserer Sicht ist es nicht nachzuvollziehen, dass die Interessen von Familien, Senior*innen, Frauen und Jugendlichen nicht am Tisch des Krisenkabinetts und der wissenschaftlichen Beiräte besprochen wurden und sie bis heute nur zweitrangig verhandelt werden.

Diese Lücken im Hilfesystem und den Rettungsschirmen sind weiter offen und müssen dringend geschlossen werden.

In dieser Krise, aber auch weit darüber hinaus, fordern wir, die Mitglieder des Zukunftsforums Familie e. V., eine solidarische und geschlechtergerechte Absicherung von Fürsorgearbeit über den gesamten Lebensverlauf hinweg! Dieses setzt einen guten Mix aus Zeit, Geld und Infrastruktur voraus, der dringend abgesichert sein muss – jetzt und in Zukunft.

Dazu zählen für uns:

  1. Zwischenruf: Kinder und Jugendliche dürfen nicht zurückgelassen werden!
  2. Zwischenruf: Rettungsschirme müssen auch über arme Familien gespannt werden!
  3. Zwischenruf: Die Bildung muss endlich im 21. Jahrhundert ankommen!
  4. Zwischenruf: Frauen und Mütter dürfen nicht die Hauptlast der Krise tragen!
  5. Zwischenruf: Die Pflege von Angehörigen muss endlich gut abgesichert werden!
  6. Zwischenruf: Alle Menschen haben ein Recht auf Familie und Fürsorge!

Die gemeinsame Erklärung im Wortlaut finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 02.10.2020

Im Rahmen der heutigen Mitgliederversammlung des Zukunftsforum Familie e.V. (ZFF) wurde ein neuer achtköpfiger Vorstand gewählt.

Das Zukunftsforum Familie hat einen neuen Vorstand. Die Mitgliederversammlung wählte heute in Berlin Britta Altenkamp aus dem Bundespräsidium der Arbeiterwohlfahrt (AWO) zur neuen Vorsitzenden. Die MdL und Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO) im Bezirk Niederrhein war bereits Mitglied im Vorstand des ZFF und setzt sich seit über 20 Jahren auf kommunaler und Landesebene für eine solidarische Kinder-, Jugend- und Familienpolitik ein. Altenkamp folgt auf Christiane Reckmann, die den Verband seit seiner Gründung geleitet und geprägt hat.

Stellvertretende Vorsitzende sind weiterhin die Kita-Fachberaterin Birgit Merkel, stellv. Vorsitzende der AWO Region Hannover e.V., und Dieter Heinrich, Geschäftsführer des Progressiven Eltern- und Erzieherverbandes (PEV) NW e.V.

In ihrem Amt als Beisitzer*innen wurde Anita Leese-Hehmke, Mitglied im Vorstand des AWO Landesverbandes Berlin e.V., bestätigt. Neu in den Vorstand und in das Amt der Beisitzer*innen wurden gewählt: Ines Albrecht-Engel, Mitglied im Präsidium des AWO-Bezirk Hannover e.V, Wolfgang Jörg, MdL und Vorsitzender des AWO Unterbezirks Hagen-Märkischer Kreis e.V., Selvi Naidu, Vorstandsmitglied des AWO Bundesverbandes e.V. und Jürgen Tautz, Geschäftsführer des AWO Kreisverbandes Chemnitz und Umgebung e.V. / AWO Landesverband Sachsen e.V.

Wir gratulieren den Gewählten und freuen uns auf eine weiterhin hervorragende Zusammenarbeit.

Der ursprünglich geplante Festakt zur Verabschiedung von Christiane Reckmann, Wolfgang Stadler (AWO Bundesverband e.V.) und Renate Drewke (AWO Unterbezirk Hagen-Märkischer Kreis e.V.) wird aufgrund der Corona-Pandemie auf das Frühjahr 2021 verschoben. Wir sagen jedoch bereits heute Danke für das herausragende Engagement sowie die wunderbare und intensive Zeit!

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 02.10.2020

AKTUELLES

Die demokratische (Alltags-)Kultur, Menschenrechte und Gleichstellungspolitik stehen in den letzten Jahren unter Druck. Autoritäre, neurechte und menschenfeindliche Ideologien und Bewegungen gewinnen an Bedeutung – und mit ihnen Antifeminismus. Antifeministische Rhetoriken und Ideen, die sich auf die weibliche Zivilgesellschaft auswirken, haben sich verstärkt.

Um abzubilden, wie das Erstarken dieser Ideologien die Arbeit von Frauenverbänden beeinflusst und verändert, hat der Deutsche Frauenrat die Amadeu Antonio Stiftung beauftragt, bei seinen Mitgliedsverbänden nachzufragen. Entstanden ist daraus die Expertise Auswirkungen von Antifeminismus auf Frauenverbände – Demokratie-Empowerment als Gegenstrategie:

Nach einer Einführung in den Antifeminismus gibt sie Überblick über Berührungspunkte der DF-Mitgliedsverbände und Aggressionen gegen diese. Abschließend werden bewährte Gegenstrategien gebündelt, um sich gegen antifeministische Angriffe besser zur Wehr setzen zu können.

Broschüre als PDF

Im Rahmen eines Psychologie-Masterstudiums an der SRH Hochschule Heidelbergwurde ein Fragebogen erstellt, anhand dessendie Lebenszufriedenheit und die soziale Situation alleinerziehender Vätern erhoben werden soll. Damit sollenvorhandene Problembereiche erforscht undein besseres Bild der Situation alleinerziehender Männer gewonnen werden.

Hier geht es zum Fragebogen: https://www.soscisurvey.de/vaeterforschungsrh2020/