ZFF-Info 10/2021

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AUS DEM ZFF

Anlässlich der heutigen Anhörung des Familienausschusses im Deutschen Bundestag begrüßt das Zukunftsforum Familie (ZFF) den Vorschlag zur Einführung eines Rechtsanspruchs auf Elternschutz für den zweiten Elternteil nach der Geburt und fordert dessen zügige Umsetzung.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. schlägt vor, das Mutterschutzgesetz zu einem Elternschutzgesetz weiterzuentwickeln. Zentral soll ein Rechtsanspruch auf Elternschutz, also eine bezahlte Freistellung von zehn Arbeitstagen für den zweiten Elternteil oder eine soziale Bezugsperson, unmittelbar nach der Geburt des Kindes eingeführt werden. Analog zum Mutterschaftsgeld soll dem zweiten Elternteil während der Freistellung ein Lohnersatz von 100 Prozent zustehen, um allen Familien den finanziellen Spielraum zu geben, den Elternschutz auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Daneben sieht der Antrag ein Rückkehrrecht auf den früheren Arbeitsplatz sowie ein Diskriminierungs- und Kündigungsverbot im Zusammenhang mit dem Elternschutz vor.

Alexander Nöhring, Geschäftsführer des ZFF, erklärt dazu: „Junge Eltern wollen Erwerbs- und Sorgearbeit partnerschaftlicher aufteilen, sie brauchen von Anfang an entsprechende Rahmenbedingungen. Ein Elternschutz von zehn Arbeitstagen bei 100 Prozent Lohnausgleich ist ein wichtiger Baustein für Väter oder den zweiten Elternteil, um sich ab der ersten Lebenswoche in die familiäre Kinderbetreuung einzubringen und die Mutter in dieser besonderen Zeit zu unterstützen. Die Regelung hat aus Sicht des ZFF das Potential, auch längerfristige partnerschaftliche Wirkung zu entfalten und kann u.a. einen Anreiz für eine längere Elternzeit des zweiten Elternteils darstellen.“

Nöhring ergänzt: „Um Familien bei einer gleichberechtigten Aufteilung von Betreuung und Erziehung von Kindern zu unterstützen, braucht es nachhaltige Reformschritte, die an die Zeit des Mutter- bzw. Elternschutzes anschließen. Wir setzen uns daher für eine Ausdehnung der Partnermonate beim Elterngeld ein. Darüber hinaus müssen wir gerade einkommensschwache Eltern dabei unterstützen, ohne finanzielle Nöte in ihr Familienleben zu starten. Das ZFF fordert, das Basis-Elterngeld als Familienförderleistung nicht wie bislang auf Transferleistungen anzurechnen. Daneben muss die Lohnersatzrate, gerade bei kleinen Einkommen, erhöht werden. Nur so schaffen wir es, allen Eltern Angebote für eine partnerschaftliche Familienorganisation zu machen!“

Alexander Nöhring ist heute als Sachverständiger bei der Sitzung des Familienausschusses geladen. Die öffentliche Anhörung wird zeitversetzt am 08. Juni um 17 Uhr unter www.bundestag.de übertragen.

Die Stellungnahme des Zukunftsforum Familie e.V. anlässlich der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 07. Juni 2021 zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. „Zehn Tage Elternschutz zusätzlich einführen“ (Drs. 19/26979) finden Sie hier.

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 07.06.2021

Anlässlich der heutigen öffentlichen Anhörung im Familienausschuss des Bundestages begrüßt das Zukunftsforum Familie (ZFF) die Anstrengungen zur Unterstützung von Familien im Rahmen des „Aufholpaketes“, mahnt jedoch Nachbesserungen für eine niedrigschwellige Begleitung nach der Krise an. 

Im Rahmen des „Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder und zur Änderung weiterer Gesetze“ soll ein Teil des von der Bundesregierung angekündigten „Corona-Aufholpaketes“ für Kinder und Jugendliche umgesetzt werden. Konkret betrifft dies die Zahlung eines einmaligen Kinderfreizeitbonus in Höhe von 100 Euro pro Kind/Jugendlichem sowie den Wegfall des einmaligen Antrags auf Lernförderung bis Ende 2023. Außerhalb dieses Gesetzesvorhabens ist, über Programmaufstockungen oder durch Erhöhungen des Umsatzsteueranteils der Länder u. a. geplant, die Bundesprogramme „Sprach-Kitas“ und „Frühe Hilfen“ auszubauen, Ferien- und Wochenendfreizeiten für Kinder, Jugendliche und Familien zu stärken und Mehrgenerationenhäuser besser auszustatten.

Darüber hinaus sollen mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf die pandemiebedingten Ausweitungen und Flexibilisierungen des Pflegezeitgesetzes verlängert werden. Ebenso wird im Bundeskindergeldgesetz klargestellt, dass der Kinderzuschlag eventuell bestehende Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind nicht mindert. 

Britta Altenkamp, Vorsitzende des ZFF, erklärt: „Kinder und Jugendliche sind in einem hohen Ausmaß von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen. Viele sind psychisch und physisch belastet, Lernrückstände werden immer größer und insbesondere armutsbetroffene Kinder und Jugendliche fühlen sich zunehmend abgehängt. Es ist gut und richtig, dass das geplante ‚Aufholpaket‘ ein Stück mehr Unterstützung bringt. Der Kinderfreizeitbonus und die Ausweitung der Lernförderung sind wichtige Schritte und auch die Ausweitung der Schulsozialarbeit, der Bundesprogramme ‚Sprach-Kitas‘ sowie ‚Frühe Hilfen‘, der Jugend- und Familienfreizeiten und der Mehrgenerationenhäuser sind enorm wichtig. Zudem wird Familien endlich vertraut, indem sie den Freizeitbonus selbst in die Hand bekommen und damit für sich entscheiden können, wie dieser am sinnvollsten für ihre Kinder und Jugendlichen eingesetzt wird.“

Altenkamp mahnt an: „Eine Milliarde für die Bekämpfung der Lernrückstände und eine Milliarde für den Rest, auf zwei Jahre verteilt – angesichts der Gesamtkosten zur Bewältigung der Krise sind das nur die Brosamen. Zudem geben uns Kinder und Jugendliche deutlich zu verstehen, dass Lernunterstützung nötig, aber bei weitem nicht ausreichend ist. Es muss jetzt auch darum gehen, Druck und Zukunftsängste abzubauen, sodass Kinder wieder Kinder und Jugendliche wieder Jugendliche sein können. Mit freien Zeiten, Phasen der Entspannung, offener Kinder- und Jugendarbeit, Familienbildung und weiterer niedrigschwelliger Begleitung und Unterstützung. Das muss jetzt im Fokus stehen, auch finanziell.“

Quelle: Pressemitteilung Zukunftsforum Familie e. V. vom 31.05.2021

SCHWERPUNKT I: Kinderrechte im Grundgesetz

Zum Scheitern der Aufnahme von Kindern ins Grundgesetz erklären Ekin Deligöz, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, und Katja Keul, Sprecherin für Rechtspolitik:

Wir haben von Beginn an gesagt, dass wir für einen schlechten Kompromiss nicht zur Verfügung stehen würden. Nach schwierigen Verhandlungen müssen wir feststellen, dass bei den Kinderrechten weder eine Einigung auf Förderung noch auf Schutz noch auf Beteiligung erzielt werden konnte. Besonders die Unionsfraktion hat eine Stärkung der Kinderrechte abgelehnt.

Wir bedauern das sehr, gleichzeitig können wir keiner Vorlage zustimmen, die keinerlei Fortschritt für die Kinderrechte in Deutschland bedeutet. Der Vorschlag der Koalition enthält mit der Gewährleistung verfassungsmäßiger Rechte und des rechtlichen Gehörs überflüssige Verweise auf bereits geltendes Recht und damit letztlich nur eine Umschreibung, dass sich für die Kinder in Deutschland nichts ändern soll.

Letztlich müssen wir feststellen, dass eine Verankerung wirksamer Kinderrechte im Grundgesetz zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen ist. Es bleibt zu hoffen, dass die gesellschaftliche Debatte weitergeht und eines Tages die erforderliche Zweidrittelmehrheit für stärkere Kinderrechte im Grundgesetz ermöglicht. Wir werden auch in der neuen Wahlperiode alles daran setzen, dass Kinder starke Rechte im Grundgesetz bekommen, die ihnen zustehen, damit wir für unsere Kinder in der Zukunft einen echten Mehrwert schaffen können.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 08.06.2021

Mit dem Scheitern, die Rechte der Kinder stark in unsere Verfassung aufzunehmen, ist der Großen Koalition bei einem weiteren Großprojekt die Puste ausgegangen. Justizministerin Lambrecht, im Nebenjob auch noch Familienministerin, hat es nicht geschafft, die nötige Mehrheit zu organisieren, um Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Kinder stehen nach extrem schweren Monaten der Pandemie immer noch nicht im Mittelpunkt der Politik. Das ist ein Armutszeugnis für die Koalition, es ist ein Armutszeugnis insbesondere für die Union, die den Vorschlag blockiert hat.

Kinderrechte gehören ins Grundgesetz, damit Kindeswohl und Interessen bei staatlichen Entscheidungen endlich maßgeblich berücksichtigt werden. Eine starke Formulierung muss das Recht von Kindern auf Schutz, auf Förderung und auf Beteiligung in den Dingen, die sie betreffen, beinhalten. Zuletzt hatten wir einen kosmetischen Vorschlag auf dem Tisch, der sogar hinter der geltenden Rechtslage wie den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention zurückging.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Und egal, ob es um die Stadtplanung oder um die Sozialpolitik geht, ihre Rechte müssen im Vordergrund stehen.

Wir brauchen jetzt dringend eine konsequente Armutsvermeidung mit einer echten Kindergrundsicherung. Wir müssen dafür sorgen, dass wir aus der Pandemie herauskommen mit umfassenden Angeboten für Bildung und Freizeit.

Quelle: Pressedienst Dienstag-Statement Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 08.06.2021

Für die heutige Sitzung des Rechtsauschusses des Bundestages war ursprünglich die Behandlung der Kinderrechte-Gesetzentwürfe von LINKEN, Grünen und FDP geplant. Doch zur Überraschung der Oppositionsfraktionen setzte die Koalition den Tagesordnungspunkt kurzerhand ab. Begründung: Man habe noch Beratungsbedarf. Worin dieser besteht, bleibt unklar. Erst gestern hatten Justizministerin Lambrecht und Unionsfraktionsvorsitzender Brinkhaus das Scheitern der Verhandlungen zur Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz eingeräumt.

Niema Movassat, Obmann der Fraktion DIE LINKE im Rechtsauschuss, erklärt dazu: „Wir bedauern, dass die Koalition nicht willens ist, sich mit den demokratischen Fraktionen auf eine Formulierung der Kinderrechte im Grundgesetz zu einigen. Aber dass sie heute im Ausschuss auch noch die Abstimmung über die Gesetzentwürfe von LINKEN, Grünen und FDP verhindern will, ist ein Skandal und dem Parlament unwürdig.“

Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, ergänzt: „Das Versprechen der Kanzlerin und ihrer Koalition, Kinderrechte im Grundgesetz zu stärken, ist nichts wert. Gerade die Union hatte nie vor, irgendeiner Grundgesetzänderung zuzustimmen und hat nur zum Schein verhandelt. Ich bin nur noch wütend über dieses Manöver auf dem Rücken der Kinder.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 09.06.2021

„Die Koalition hat das Vorhaben, Kinderrechte endlich im Grundgesetz zu verankern, an die Wand gefahren“, kommentiert Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, das heute bekanntgegebene Scheitern der Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz. Norbert Müller weiter:

„Erst wurden anderthalb Jahre in einer ergebnislosen Bund-Länder-AG verplempert, dann wertvolle Monate im Koalitionsstreit. Schließlich haben SPD und Union die Debatte über die seit Jahren vorliegenden Vorschläge von LINKEN und Grünen im Rechtsausschuss blockiert. Der vorliegende Regierungsvorschlag wäre ein großer Rückschritt. Dennoch waren wir immer zur Debatte und zu Kompromissen bereit. Mit der von der Union forcierten Entscheidung der Koalitionsfraktionen, DIE LINKE aus den Verhandlungen auszuschließen, war absehbar, dass es keine Mehrheit im Bundestag mehr geben wird. Nach den Bundestagswahlen müssen die Verhandlungen im Parlament zwischen allen demokratischen Fraktionen umgehend wiederaufgenommen werden. Dabei ist für uns klar: Wir wollen umfassende Rechte auf Schutz, Förderung und Beteiligung und einen Vorrang des Kindeswohls im Grundgesetz sichern.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 08.06.2021

Zum Scheitern der Verhandlungen über eine ausdrückliche Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz erklärt der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae:

„Es ist bedauerlich, dass die Verhandlungen über die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz an der Ambitionslosigkeit der Großen Koalition gescheitert sind. Die FDP-Fraktion hat sich zu keinem Zeitpunkt einer ausdrücklichen Verankerung von Kinderrechten verschlossen. Vielmehr haben wir uns durchgehend konstruktiv an den Verhandlungen beteiligt und eigene Verbesserungsvorschläge eingebracht. Zudem haben wir stets dafür geworben, die sexuelle Identität als negatives Diskriminierungsmerkmal in Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz aufzunehmen. Letztlich war die Große Koalition aber nicht in der Lage, ernsthaft auf konstruktive Vorschläge einzugehen. Eine neue Bundesregierung wird sich dem Thema mit größerer Sorgfalt widmen müssen.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag vom 08.06.2021

Zum Scheitern des Koalitionsvorhabens, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, erklärt das Aktionsbündnis Kinderrechte (Deutsches Kinderhilfswerk, der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland, in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind):

„Das Scheitern der Verhandlungen über die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz ist ein herber Dämpfer für die Kinder, Jugendlichen und Familien unseres Landes, die in den vergangenen Monaten ohnehin schon wenig Unterstützung erfahren haben. Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, dass Kinderrechte bisher zu häufig übergangen werden.

Dass sich die Bundestagsfraktionen nicht auf eine gemeinsame Formulierung einigen konnten, ist enttäuschend. Kinder und ihre Familien hätten mehr Kompromissbereitschaft und Rückhalt über alle Parteien hinweg verdient. Mit dem Scheitern des Vorhabens wurde eine historische Chance verpasst, die Rechte von Kindern nachhaltig zu stärken.

Das Aktionsbündnis Kinderrechte wird sich weiter für eine Verankerung der Kinderrechte in der deutschen Verfassung einsetzen. Die im Aktionsbündnis vertretenen Kinderrechtsorganisationen rufen Bund und Länder dazu auf, weiter eine tragfähige Lösung zur Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz zu suchen. Es braucht eine starke und eindeutige Formulierung für die Kinderrechte, die unabhängig von den Elternrechten gegen den Staat gelten. Dies wäre eine wichtige Grundlage für kindgerechtere Lebensverhältnisse und bessere Entwicklungschancen für alle Kinder, für eine stärkere Rechtsposition und mehr Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland.“

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk, Deutscher Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland und Deutsche Liga für das Kind vom 08.06.2021

Der Kinderschutzbund zeigt sich enttäuscht über die gescheiterten Verhandlungen zu der Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz.

In der Corona-Krise hatte der Kinderschutzbund oft den Eindruck, dass Kinder in der Politik keine hohe Priorität haben. Dieser Eindruck setzt sich beim Umgang mit den Kinderrechten fort. „Ein deprimierendes Signal für Kinder und Familien in Deutschland“, findet der Präsident des Kinderschutzbunds, Heinz Hilgers.

„Wir brauchen echte Kinderrechte im Grundgesetz. Zu echten Kinderrechten gehören Schutz, Förderung und Beteiligung von Kindern sowie der Vorrang des Kindeswohls“, sagt Heinz Hilgers dazu. Der Kinderschutzbund wird weiter für die Kinderrechte kämpfen. „Neben der Kindergrundsicherung ist die Aufnahme echter Kinderrechte ins Grundgesetz der wichtigste Wahlprüfstein für den Kinderschutzbund“, erklärt Bundesgeschäftsführer Daniel Grein. Der Kinderschutzbund erwartet, dass eine zukünftige Regierung im Koalitionsvertrag festhält, dass echte Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden.

Dass das möglich ist, zeigen zwei Bundesländer: „Hessen hat nach einem überragenden Ergebnis einer Volksabstimmung ein gutes Beispiel abgegeben. Und erst kürzlich hat Bremen gezeigt, dass ernstgemeinte Kinderrechte in der Landesverfassung erreichbar sind“, so Heinz Hilgers.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kinderschutzbund – Bundesverband e.V. vom 08.06.2021

Laut Aussage von Justiz- und Familienministerin Lambrecht wird die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr erfolgen. Die Parteien geben sich nun gegenseitig die Schuld daran, dass eine abschließende Verhandlungsrunde mit Vertreter*innen der Bundestagsfraktionen ergebnislos verlief. „Dass die Parteien keinen Kompromiss finden, ist kaum zu glauben! Kinder und Jugendliche sind die Verlierer“, bedauert Martin Bujard, Präsident der eaf. „Die Corona-Pandemie hat überdeutlich gezeigt, wie groß und dringend der Handlungsbedarf ist. Deshalb haben wir bereits im Januar davor gewarnt, das Vorhaben in die nächste Wahlperiode zu verschieben.“

 

Die eaf hatte schon früh befürchtet, dass der vorgelegte Regierungsentwurf die erforderlichen Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat verfehlen könnte und deshalb bereits Mitte Januar einen ausführlich begründeten Alternativvorschlag vorgelegt. Dieser verhindert sowohl ein Zurückfallen hinter die Regelungen der UN-Kinderrechtskonvention, wie es von der Opposition kritisiert wurde, als auch eine Verschiebung des wohlaustarierten Grundrechts-gefüges zwischen Eltern, Kindern und Staat, was wiederum von der Union abgelehnt wird.

 

„Eine Übernahme einzelner Rechte aus der UN-Kinderrechtskonvention ist gar nicht nötig, hat aber zu dem Streit um die richtige Formulierung geführt. Diese Klippe könnte mit der Einigung auf ein Staatsziel umschifft werden“, erläutert Bujard. „Wir meinen, es reicht aus, Kinder unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung zu stellen und sich mittels eines Staatsziels auf die tatsächliche Durchsetzung aller Kinderrechte aus der UN-Kinderrechtskonvention zu einigen. So aber wird die große Chance verpasst, jetzt, wo wir es besonders dringlich brauchen, einen Startschuss für eine aktivere Politik für Kinder und Jugendliche abzugeben.“

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf) vom 09.06.2021

Die Kindernothilfe kritisiert die deutsche Regierung für das Scheitern der Verhandlungen zur Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz. Obwohl das Vorhaben im aktuellen Koalitionsvertrag verankert ist, wurde gestern bekannt, dass es nicht umgesetzt wird. „Die Regierung wird ihr Versprechen nicht halten und hat damit eine riesengroße Chance zur Stärkung der Kinder und ihrer Rechte vertan“, so Katrin Weidemann, Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe.

„Es ist unfassbar enttäuschend, dass die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz an Detailfragen scheitert“, sagt Katrin Weidemann, Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe. Obwohl das Vorhaben im aktuellen Koalitionsvertrag verankert ist, wurde gestern bekannt, dass es nicht umgesetzt wird. Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht hatte nach einer abschließenden Verhandlungsrunde mit den Bundestagsfraktionen die Nachricht veröffentlicht, dass es keine Zweidrittelmehrheit für den Vorstoß geben wird. 

Wie wichtig Kinderrechte sind und dass sie viel weiter reichen als Menschenrechte, zeige sich einmal mehr in der Pandemiezeit, sagt Weidemann mit Blick auf die steigenden Zahlen zu Gewalt gegen Kinder. „Wir sehen in einer Grundgesetzänderung die Chance, den Staat stärker in die Pflicht zu nehmen, kindgerechte Lebensverhältnisse zu schaffen und Kinderarmut zu bekämpfen“, so Weidemann weiter.

Die Sorge von Kritikern einer solchen Regelung, die Freiheit und die Verantwortung der Elternrechte einzuschränken, könne die Kindernothilfe nicht teilen. „Kinder haben ein Recht darauf, bei Dingen, die ihr Leben betreffen, einbezogen zu werden. Es ist beschämend, dass Kindern und Jugendlichen mit dieser Entscheidung wieder einmal deutlich gemacht wird, wie wenig ihre Bedürfnisse zählen!“

Der jahrelange Einsatz der Kindernothilfe und vieler Kinderrechtsorganisationen erlebe einen großen Rückschritt. „Aber wir geben nicht auf und kämpfen in der nächsten Legislaturperiode weiter dafür, dass Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen werden“, so Weidemann.

 
Quelle: Pressemitteilung Kindernothilfe vom 08.06.2021

SoVD-Präsident Adolf Bauer: „Die Rechte von Kindern müssen gestärkt werden, das steht fest. Das dieses Vorhaben nun wieder aufgeschoben wird, enttäuscht mich maßlos.“

Kinder haben keine starke Lobby in der Politik. So jedenfalls die Schlussfolgerung des Sozialverband Deutschland (SoVD) nach den gescheiterten Verhandlungen der Bundesregierung zur Verankerung echter Kinderrechte im Grundgesetz. 

„Es ist ein Armutszeugnis für die große Koalition, dass es nach monatelangen Verhandlungen nicht möglich ist ein Gesetz zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz auf den Weg zu bringen. Die Rechte von Kindern müssen gestärkt werden, das steht fest. Dass dieses Vorhaben nun wieder aufgeschoben wird, enttäuscht mich maßlos“, sagt SoVD-Präsident Adolf Bauer.

Gemeinsam mit Organisationen, wie dem Deutschen Kinderhilfswerk, UNICEF Deutschland, dem Kinderschutzbund und der Deutschen Liga für das Kind, beteiligt sich der SoVD an dem Bündnis „Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!“. Wir werden nicht lockerlassen und uns weiter für die Aufnahme echter Kinderrechte im Grundgesetz stark machen, die den Ansprüchen der UN-Kinderrechtskonvention gerecht werden“, so Bauer.

Entscheidend ist, dass die Kinderrechte im Grundgesetz einen eigenen Absatz erhalten. „Wenn die Kinderrechte im Grundgesetz unmittelbar mit den Elternrechten verknüpft werden,führt das zu Konflikten zwischen Eltern- und Kinderrechten, die schlichtweg vermeidbar sind“, betont der SoVD-Präsident.

In Verbindung stehende Artikel: Kinderrechte kommen nicht ins Grundgesetz

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband Deutschland e.V. vom 08.06.2021

SCHWERPUNKT II: Elternschutz nach der Geburt

Die von der Linksfraktion geforderte Weiterentwicklung des Mutterschutzgesetzes zu einem Elternschutzgesetz, das die Einführung einer zehntägigen Freistellung von der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich für den zweiten Elternteil oder eine zu benennende soziale Bezugsperson nach der Geburt eines Kindes vorsieht, stößt auf ein geteiltes Echo. Während dies von Arbeitnehmervertretern, Familienverbänden und dem Deutschen Frauenrat ausdrücklich begrüßt wird, lehnen dies Arbeitgeber und Vertreter der Wirtschaft ab. Dies zeigte sich in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag über den entsprechenden Antrag der Fraktion Die Linke (19/26979).

Ausdrücklich begrüßt wurde die Forderung von Alexander Nöhring vom Zukunftsforum Familie, Alexandra Nordmann vom Deutschen Frauenrat, Anja Weusthoff vom Deutschen Gewerkschaftsbund und Sandra Runge vom Deutschen Juristinnenbund. Nöhring argumentierte, dass der vorgeschlagene Elternschutz auch die Väter beziehungsweise den zweiten Elternteil in der besonderen Lebensphase nach der Geburt eines Kindes unterstütze. Dadurch werde die gesamte Familie gestärkt. Nordmann führte aus, dass der zehntägige Anspruch auf Freistellung mit Lohnersatz für den zweiten Elternteil zur unabhängigen Existenzsicherung von Frauen beitrage und Vätern einen Anreiz setze, sich langfristig stärker in der Familie zu engagieren. Auch Weusthoff argumentierte, dass der Elternschutz einen guten Start in eine gerechtere Aufteilung der Sorgearbeit in der Familie darstelle. Runge wies darauf hin, dass die „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige“ einen zehntägigen Freistellungsanspruch für den zweiten Elternteil vorsehe. Dies müsse auch in deutsches Recht umgesetzt werden.

Auf Ablehnung stieß der Antrag der Linken hingegen bei Vertretern der Arbeitnehmer und der Wirtschaft. Übereinstimmend wiesen Ingbert Liebing vom Verband kommunaler Unternehmen, Kerstin Plack von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und Caroline Rigo vom Zentralverband des deutschen Handwerks die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf einen Elternschutz ab. Einerseits sprachen sie sich zwar dezidiert dafür aus, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken. Der Linken-Antrag sei jedoch weder zielführend noch nötig. Liebing, Plack und Rifo verwiesen darauf, dass die Elternzeit und das Elterngeld deutlich über die Vorgaben der EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie hinausgingen. Insofern sei ein erweiterter Elternschutz nicht nötig. Zum anderen handle es sich beim bestehenden Mutterschutzgesetz vorrangig um ein Arbeitsschutzgesetz, das den besonderen Anforderungen einer Schwangerschaft und der besonderen Schutzbedürftigkeit von Mutter und Kind nach der Entbindung Rechnung trage. Eine Ausweitung dieses Schutzes auf die Väter passe nicht in die Systematik. Ebenfalls auf Ablehnung stieß die Forderung, den Elternschutz auf eine von der Mutter benannte soziale Bezugsperson auszuweiten. Dies würde zu einer nicht überschaubaren Gruppe von Anspruchspersonen führen, befanden Plack und Rigo. Liebing räumte aber ein, dass bei der Elternzeit für Väter in manchen Unternehmen noch Nachholbedarf bestehe. Hier müsse es zu einem weiteren Umdenken in der Unternehmenskultur kommen.

Nina Katrin Straßner vom Softwareunternehmen SAP berichtete von den guten Erfahrungen, die das Unternehmen mit der freiwilligen Einführung einer Väterzeit gemacht habe. Diese sehe vor, dass Väter während der Mutterschutzzeit für 20 Prozent ihrer Arbeitszeit bezahlt freigestellt werden können. In den ersten 15 Monaten nach Einführung hätten mehr als 500 Väter von dieser Regelung Gebrauch gemacht. Dies habe sich auch auf die Unternehmenskultur insgesamt positiv ausgewirkt. Zudem habe sich die Elternzeitquote bei den Vätern in der Folgezeit erhöht, führte Straßner aus.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 753 vom 07.06.2021

Bindung und Partnerschaftlichkeit stärken durch bezahlte Freistellung für zweiten Elternteil!

Die Geburt eines Kindes ist einer der bedeutendsten und emotional tiefgreifendsten Augenblicke – nicht nur für die Mutter, sondern auch für den zweiten Elternteil. Da ist es wichtig, den Kopf frei zu haben für das, worauf es ankommt: Die Bindung zum Kind zu stärken und als Familie zusammenzuwachsen.

Nicht zuletzt deswegen fordert der DGB einen Rechtsanspruch einzuführen auf eine zehntägige bezahlte Freistellung des zweiten Elternteils rund um die Geburt. Die „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158)“ konsequent umzusetzen und in einem eigenständigen Vaterschaftsfreistellungsgesetz die Voraussetzungen für eine enge Vater-Kind-Bindung und mehr Partnerschaftlichkeit bei der Verteilung der Sorge- und Hausarbeit zu verbessern, ist das Gebot der Stunde.

Denn die letzten Jahre zeigen: Familien- und gleichstellungspolitische Reformen haben traditionelle Rollenvorstellungen und Fehlanreize bei den strukturellen Rahmenbedingungen zur ungleichen Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit in Deutschland nicht beseitigt. Frauen übernehmen immer noch die Hauptlast der Sorge- und Hausarbeit und reduzieren dafür ihre Erwerbsarbeitszeit. Die ungleiche Teilhabe am Arbeitsmarkt verhindert die eigenständige Existenzsicherung, schmälert Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten und erhöht das Risiko für Altersarmut. 

Für mehr Partnerschaftlichkeit brauchen Männer und Frauen endlich einen Paradigmenwechsel. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen mit Kindern muss gestärkt und die Übernahme von Sorgeverantwortung durch Väter durch gezielte Anreize besser unterstützt werden.

Studien zeigen, dass die Unternehmenskultur einen relevanten Einfluss darauf hat, wie die Sorgeverantwortung in Paarhaushalten verteilt ist. Zwar ist eine familienfreundliche Unternehmenskultur noch keineswegs die Regel, aber sie ist eine maßgebliche Bedingung für partnerschaftliche Vereinbarkeit. Untersuchungen zur Inanspruchnahme von Elternzeit zeigen zudem, dass für Väter die Sorge vor negativen beruflichen Folgen zu den drei häufigsten für einen Verzicht auf Elternzeit zählt. Statt auf den guten Willen der Unternehmen hoffen zu müssen, würde die Einführung einer Vaterschaftsfreistellung einen verbindlichen Rechtsanspruch schaffen, der die Unternehmenskultur nachhaltig verändern kann.

Die am 20. Juni 2019 verabschiedete „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158)“ setzt Mindeststandards, mit denen die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbessert werden soll. Ein vom DGB in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten des Arbeits- und Sozialrechtlers Stefan Treichel zeigt: Die aktuellen Regelungen in Deutschland reichen nicht aus. Die Vaterschaftsfreistellung muss unabhängig von bisherigen Regelungen eingeführt werden. Und auch andere familienpolitisch relevante Regelungen müssen grundlegend nachjustiert werden, darunter diejenigen zur Elternzeit und Pflegezeit und jene im Bereich des allgemeinen Teilzeitrechts.

Diese Forderungen bekräftigt der DGB in seiner Stellungnahme anlässlich einer öffentlichen Anhörung zum Antrag der Fraktion DIE LINKE „Zehn Tage Elternschutz zusätzlich einführen“ (BT-Drs. 19/26979) vom 24. Februar 2021. 

Als Sachverständige wird Anja Weusthoff den DGB in der öffentlichen Anhörung vor dem Ausschuss Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Bundestag zum Antrag der Fraktion DIE LINKE vertreten. Die Anhörung findet am Montag, den 07. Juni 2021 von 14.00 Uhr – 15.45 Uhr digital statt.


Hier könnt ihr die Stellungnahme des DGB zum Antrag der Fraktion DIE LINKE herunterladen:

 
Quelle: Pressemitteilung Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand vom 07.06.2021

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme im Rahmen der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. „Zehn Tage Elternschutz zusätzlich einführen“.

1. Forderung

Die Fraktion DIE LINKE fordert im Rahmen des unter II gestellten Antrages auf, unverzüglich einen Gesetzesentwurf vorzulegen, um die „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158)“ umzusetzen, das bestehende Mutterschutzgesetz zu einem Elternschutzgesetz weiterzuentwickeln und darin einen Rechtsanspruch auf Elternschutz festzuschreiben, der eine bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung von zehn Arbeitstagen für den zweiten Elternteil oder für eine von der leiblichen Mutter benannte soziale Bezugsperson unmittelbar nach der Geburt des Kindes vorsieht. Dabei werden folgende Regelungen gefordert

1. Eine Entgeltfortzahlung von 100 Prozent, die sicherstellt, dass die Lohnfortzahlung für fünf Tage durch Arbeitgeber*innen und die weiteren fünf Tage durch Entgeltfortzahlung durch den Bundeshaushalt erfolgen und 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze nach § 223 Absatz 3 SGB V nicht überschreitet.

2. Ein Rückkehrrecht auf den früheren Arbeitsplatz.

3. Die Festschreibung eines Diskriminierungs- und Kündigungsverbot im Zusammenhang mit dem Elternschutz.

2. Stellungnahme

a)  10-tägiger bezahlter Freistellungsanspruch („Rechtsanspruch auf Elternschutz“) für den zweiten Elternteil oder eine von der leiblichen Mutter benannte Bezugsperson unmittelbar nach der Geburt des Kindes.

Art 4 der EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158), die bis zum August 2022 umgesetzt werden muss, sieht einen 10-tägigen Freistellungsanspruch für den zweiten Elternteil vor. Dieser gewährt Vätern bzw. dem zweiten Elternteil unabhängig vom Familienstand einen gesetzlichen Anspruch auf bezahlte Freistellung anlässlich der Geburt – mindestens in Höhe des Krankengeldes. 

Die Regelung eines im Mutterschutzgesetz verankerten Freistellungsanspruchs wird daher vom djb unterstützt und begrüßt. Wichtig ist, dass es sich um einen eigenständigen Rechtsanspruch handeln sollte, der nicht in den Regelungen des Elterngelds aufgehen und als fiktiver Elterngeldverbrauch bewertet werden sollte. Die Freistellung aus Anlass der Geburt –   zusätzlich zu Elternzeit und Elterngeld bedeutet nicht nur eine Entlastung für die gebärende Mutter, sondern fördert die Eltern-Kind-Beziehung des anderen Elternteils von Anfang an. Letztere haben dann aufgrund der Lohnersatzleistung den finanziellen Spielraum, sich bereits in der frühen familiären Phase nach der Geburt um das Kind zu kümmern. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass der 10-tägige Elternschutz oftmals den Grundstein dafür legen wird, dass der zweite Elternteil im Anschluss Elternzeit, ggf. auch Teilzeit in Elternzeit beansprucht. Dadurch wird ein wichtiger Anreiz gesetzt, Fürsorgearbeit und Erwerbsarbeit innerhalb der Familie partnerschaftlich aufzuteilen.

b) Rückkehrrecht nach der Elternzeit

Das unionsrechtlich zu gewährleistende Recht auf Rückkehr auf den vorherigen oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz zu den Bedingungen aus der Zeit vor Beginn des Mutterschutzes sowie auf alle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, die im Laufe der Schutzfristen entstanden sind, bedarf einer Regelung im MuSchG bzw. im BEEG. Das Rückkehrrecht nach der Elternzeit wird bislang lediglich über das Direktions- und Weisungsrecht nach § 106 GewO erfasst. Hier sollte zur Stärkung der Rechte von Elternzeit-Rückkehrenden eine klare gesetzliche Regelung existieren. Dies könnte auch dazu beitragen, dass Elternzeitrückkehrer seltener ihren Arbeitsplatz verlieren bzw. degradiert werden, wie dies oftmals in der Praxis der Fall ist. Der djb hält die eindeutige gesetzliche Regelung des Rückkehrrechts nach der Elternzeit für einen längst überfälligen Schritt, der Familien dabei unterstützen wird, Beruf und Familie leichter miteinander zu vereinbaren.

c) Diskriminierungs-/Kündigungsverbot im Zusammenhang mit der Elternzeit

Es gibt inzwischen sowohl statistische Erhebungen als auch zahlreiche Beschwerden bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes[1], die belegen, dass Personen, die Fürsorgearbeit leisten, etwa betreuende Eltern oder Personen, die Angehörige pflegen, in der Arbeitswelt erheblich benachteiligt werden. Fälle wie z.B. die Nichtverlängerung befristeter Arbeitsverträge während der Elternzeit, Degradierungen, Kündigungen, und Vorlage von Aufhebungsverträgen nach der Rückkehr aus der Elternzeit belegen dies anschaulich. Auch abwertende Bemerkungen, wenn das Kind oder andere Angehörige erkrankt sind, der Ausschluss von Karriereprogrammen etc. sind Ausdruck solcher Schlechterstellung von Eltern und haben nachteilige Folgen für Erwerbsbiographien bis hin in das Rentenalter – für Mütter, aber auch für Väter, die Sorgeaufgaben übernehmen.   

Die Corona-Krise hat diese Benachteiligungen noch verschärft. Aufgrund geschlossener bzw. nicht vollständig geöffneter Betreuungseinrichtungen und negativer wirtschaftlicher Folgen, die in vielen Fällen Umstrukturierungen und betriebsbedingte Kündigungen zur Folge haben, stehen sehr häufig Mütter in Elternzeit im Fokus der (strategischen) Überlegungen.

Der Schutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) erfasst fürsorgeleistende Erwerbstätige derzeit allenfalls über das Merkmal Geschlecht. Hier kann die Benachteiligung von Eltern und Pflegenden zwar als mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts einzuordnen sein. Eine solche Benachteiligung setzt jedoch den Nachweis voraus, dass entweder Frauen oder Männer besonders betroffen sind. Der Schutz des AGG greift daher nicht, wenn Mütter und Väter in gleicher Weise als Eltern gegenüber Nichteltern benachteiligt werden. Bei Männern, die im Gegensatz zur Mehrzahl der anderen männlichen Beschäftigten in einem Unternehmen, die Sorge für Kinder oder Angehörige übernehmen wollen, etwa durch die langfristige Inanspruchnahme von Elternzeit und Familienpflegezeit, stellt sich zudem die Frage nach der richtigen Vergleichsgruppe. 

Der djb regt daher an, sich vertieft mit Benachteiligungen von Eltern und pflegenden Angehörigen im Erwerbsleben zu befassen und zu prüfen, inwieweit diese Benachteiligungen vom Schutz des AGG umfasst sind und ggf. entsprechende Reformen auf den Weg zu bringen. Der Diskriminierungsschutz sollte dann auch Pflegeeltern einbeziehen.

Die bis 2022 umzusetzenden EU-Vereinbarkeitsrichtlinie, die darauf zielt, die die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf zu verbessern, bietet den passenden Anlass sich in der kommenden Legislaturperiode mit diesem Vorhaben zu befassen.

Die Aufnahme einer weiteren Kategorie zum Schutz fürsorgender Erwerbstätiger und ein klarer gesetzlicher Auftrag könnten auch dazu beitragen, dass sich Unternehmen familienfreundlich ausgestalten und Vorgesetzte, Betriebsrät*innen, Gleichstellungsbeauftragte etc. bei der Umsetzung familienfreundlicher Maßnahmen unterstützen. 

Ein verbesserter gesetzlicher Schutz von Elternschaft und Fürsorgearbeit wird unter dem Stichwort „parenthood“ bereits auf europäischer Ebene von EU-Projekten wie
parents@work diskutiert.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb)  vom 07.06.2021

Heute beschäftigt sich der Familienausschuss in einer öffentlichen Anhörung mit einem Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Einführung eines zehntägigen Elternschutzes. Grundlage ist eine EU-Richtlinie, die einen Rechtsanspruch auf einen sogenannten „Vaterschaftsurlaub“ vorsieht. Deutschland hat ein im EU-Vergleich modernes Elterngeld, zu dem die bezahlte Freistellung eine sinnvolle Ergänzung wäre.

„Ein Kind kriegt man nicht mal eben so. Das Team Eltern muss schon zur Geburt gemeinsam an den Start gehen können“, betont eaf-Präsident Dr. Martin Bujard und stellt fest: „Ausschließlich den Müttern bei der Geburt eine bezahlte Freistellung einzuräumen, ist nicht mehr zeitgemäß. Eltern sehen die Familiengründung als gemeinsame Aufgabe und wollen sich von Anfang an gegenseitig partnerschaftlich unterstützen.“

Zwar ist es auch jetzt schon möglich, dass Väter, bzw. Co-Mütter, für kurze Zeit unbezahlte Elternzeit nehmen können. Die bezahlte Elternzeit beginnt aber erst ab einem Zeitraum von mindestens zwei Monaten. Mehr als die Hälfte der Väter nehmen gar keine Elternzeit, viele Familien geben an, dass die Väter aus finanziellen Gründen nicht so lange aussteigen können oder berufliche Nachteile fürchten.

„Hier ist noch ein Bewusstseinswandel in der Arbeitswelt notwendig“, so Bujard. „Das Signal einer bezahlten Freistellung für Väter zum Zeitpunkt der Geburt richtet sich an die Gesellschaft, aber insbesondere an Arbeitgeber und Kollegen: Mit der Geburt eines Kindes sind beide Eltern für den Familienalltag zuständig und das kann dann auch bei beiden dazu führen, dass die Erwerbsarbeit phasenweise zurückstehen muss.“ Eltern von Anfang an Zeit für ihr Familienleben zu ermöglichen, ist ein wichtiges Anliegen der eaf.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 07.06.2021

SCHWERPUNKT III: Internationaler Kindertag

Anlässlich des Internationalen Kindertags am 1. Juni erinnert Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, an die überfällige Einführung des Umgangsmehrbedarfs für Kinder getrennt lebender Eltern im Hartz-IV-Bezug. Wenn ein Kind im Wechselmodell bei beiden Eltern lebt, werden die Leistungen des Regelbedarfs tageweise zwischen den Eltern aufgeteilt. Jeder Tag, den das Kind bei einem Elternteil verbringt, fehlt beim anderen am Ende des Monats. Dinge, die in beiden Haushalten angeschafft werden müssen, sowie höhere Kommunikationskosten sind dabei nicht vorgesehen. Auch die Kosten für das Kinderzimmer laufen einfach weiter. Konflikte sind vorprogrammiert. Wohlfahrtsverbände und Sozialexperten fordern daher seit Jahren die Einführung eines Umgangsmehrbedarfs. Er würde kaum Kosten verursachen, hätte aber eine große Wirkung. Doch die Bundesregierung verschleppt die Einführung des Umgangsmehrbedarfs für Kinder. Kipping erklärte dazu:

„Die Untätigkeit der Bundesregierung ist beschämend. Alle Kinder sollen das Recht haben, den Umgang mit ihren Eltern zu genießen, auch wenn die Lebensumstände gerade nicht einfach sind. Kinder, deren Eltern beide auf Hartz IV angewiesen sind und getrennt leben, haben ohnehin ein Päckchen zu tragen. Die Bundesregierung schuldet ihnen mehr Einsatz, um diese Last etwas zu mildern. Doch sie liefert nur Nichtstun. Sie hat eine ganze Wahlperiode verstreichen lassen, ohne beim Umgangsmehrbedarf voranzukommen. Sie hat damit Kinder, die ohnehin keinen leichten Start ins Leben haben, erneut im Stich gelassen. Die Folge: Getrennt lebende Eltern in Hartz IV werden bestraft, wenn sie sich um ihre Kinder kümmern.“

Quelle: Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag vom 31.05.2021

Der Deutsche Familienverband (DFV) fordert zum Welteltern- und Internationalen Kindertag die Altersgrenze beim Kindergeld wieder anzuheben.

Familien, deren Kinder in der Ausbildung sind, erhalten Kindergeld bis zum vollendeten 25. Lebensjahr. Durch die Pandemie ist es zu Verzögerungen bei Berufsausbildung oder Studium gekommen, so dass Familien ihre Kinder länger finanziell unterstützen werden. „Mehrere Bundesländer haben die Regelstudienzeit pandemiebedingt verlängert und damit den BAföG-Bezug erweitert. Eltern finanzieren jedoch die Ausbildung ihrer Kinder entscheidend mit. An dieser Stelle braucht es Unterstützung in Form eines verlängerten Kindergeldes bis 27“, sagt Klaus Zeh, Präsident des DFV.

Der Familienverband setzt sich für eine Erweiterung des Kindergeldbezugs bis zum vollendeten 27. Lebensjahr ein. Einerseits soll damit der zusätzlichen Belastung von Familien bei der Ausbildung ihrer Kinder in der Coronapandemie Rechnung getragen werden. Andererseits fordert der DFV die Ausweitung des Kindergeldbezugs bereits seit Jahren. „Kindergeld bis zum Alter von 27 Jahren muss dauerhaft bestehen. Viele Bundesländer sind ab 2015 zum G-9-Modell, also der längeren Schulzeit, zurückgekehrt. Außerdem sind Studiengänge gegen Ende besonders kostenintensiv“, so Zeh.

Vor 2007 lag die Altersgrenze beim Kindergeld bereits bei 27 Jahren. Danach wurde sie stufenweise auf 25 Jahre herabgesetzt, um eine schnellere Aufnahme der Berufstätigkeit des Kindes anzuregen. Eine weitere Begründung für die Absenkung war, dass Kinder durch frühere Einschulungen und verkürzte Schulzeiten (G-8) ihre Berufsausbildung oder das Studium früher abschließen können (Bundestagsdrucksache 16/1545). „Die Einschätzungen, die zu Herabsenkung der Altersgrenze beim Kindergeldbezug geführt haben, haben sich nicht bewahrheitet. Viele Familien und ihre Kinder werden bei den Kosten für die Ausbildung über das 25. Lebensjahr hinaus im Regen stehen gelassen. Kindergeld muss krisenfest sein“, sagt der Verbandspräsident. „Eine Ausweitung des Kindergeldes bis zum 27. Lebensjahr ist unausweichlich.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 31.05.2021

Kinder und Jugendliche, insbesondere aus sozial benachteiligten Verhältnissen, leiden am meisten unter den Corona-bedingten Einschränkungen – häufig im Stillen. Sie brauchen dringend mehr Unterstützung, damit sie nicht zu den Verlierern der Corona-Pandemie werden. Zum Internationalen Kindertag am 1. Juni plädiert die Diakonie dafür, die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu stärken und ihre Perspektiven in alle politischen Entscheidungsprozesse zur Pandemiebewältigung einzubeziehen.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Kinder und Jugendliche sind durch die Pandemie gleich in mehrfacher Weise betroffen, teilweise mit dramatischen Folgen. Kinder waren, so zeigt es die polizeiliche Kriminalstatistik 2020, häufiger häuslicher Gewalt ausgesetzt. Da Kindertageseinrichtungen geschlossen waren, konnten beispielsweise blaue Flecken nicht auffallen und Kinder nicht frühzeitig geschützt werden. Insbesondere Kinder aus ärmeren Verhältnissen werden nach wie vor um ihre Bildungschancen gebracht. Für das Homeschooling fehlten ihnen oftmals die digitale Ausstattung und Eltern, die sie beim Lernen unterstützen konnten. Aber auch auf Spiel und altersgemäße Freizeitbeschäftigung mussten Kinder und Jugendliche weitgehend verzichten, weil Abenteuerspielplätze oder Freizeiteinrichtungen geschlossen sind.“

Trotz weiter sinkender Inzidenzzahlen gehen Kinder und Jugendliche immer noch nicht regelmäßig in die Schule und können Freundinnen und Freunde noch nicht uneingeschränkt treffen. Sie verbringen oftmals viel Zeit vor dem Bildschirm, fühlen sich mit ihren Interessen nicht wahrgenommen. Viele sorgen sich um ihre Zukunft. Deshalb brauchen sie dringend mehr Unterstützung: „Bei allen politischen Entscheidungen müssen die Situation und die Perspektiven der Kinder und Jugendlichen gehört und einbezogen werden. Sie gehören bei allen Maßnahmen und Prozessen zur Pandemiebewältigung ganz oben auf die Agenda. Das geplante Aufholprogramm für Kinder und Jugendliche der Bundesregierung muss jetzt zügig und unbürokratisch umgesetzt werden“, fordert Loheide. „Und dabei darf es nicht bleiben.“

Damit Kinder und Jugendliche sich von den Folgen der Corona-Pandemie erholen, Defizite in der Bildung und der sozialen Entwicklung aufholen können, müssen die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe in den nächsten Jahren in einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen gestärkt werden. Das betrifft die Angebote und Hilfen der Kindertagesbetreuung, Familienberatung und Familienerholung, Kinder- und Jugendarbeit sowie Jugendsozialarbeit. Ihre Finanzierung muss ausreichend gesichert sein und darf nicht den Sparplänen der Kommunen zum Opfer fallen. „Die Politik wird sich daran messen lassen müssen, wie es gelingt, Kinder und Jugendliche nachhaltig zu fördern. Dazu reichen keine einmaligen Programme, sondern nur eine Stärkung der Angebote und Sicherung der Infrastruktur für Kinder und Jugendliche“, so Loheide.

Weitere Informationen:

Pressemitteilung des Bundeskriminalamtes zu den Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik 2020 zu Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche: https://www.bka.de/DE/Presse/Listenseite_Pressemitteilungen/2021/Presse2021/210526_pmkindgewaltopfer.html

Quelle: Pressemitteilung Diakonie Deutschland Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vom 31.05.2021

Die Corona-Pandemie hat Kindern und Jugendlichen viel abverlangt. Sie haben sich nach Kräften mit der ungewöhnlichen Situation arrangiert, auf Kontakte, Sport- und Freizeitan­gebote verzichtet und dabei versucht, schulisch am Ball zu bleiben. Mit einem Aufholprogramm will die Bundesregierung sie nun stärken und fit machen für die Zukunft. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf) begrüßt das Anliegen der Regierung, insbesondere, da neben dem schulischen Aufholen auch Ferienfreizeiten und außerschulische Angebote gefördert werden. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass die Debatte in den Schulen und Kultus­ministerien zu stark auf das Schließen der schulischen Lernlücken abzielt. Dadurch werden Kinder einseitig vor allem als Schüler*innen wahrgenommen. Die Perspektive der Kinder und Jugendlichen, ihre Situation in der Pandemie, sollte im Hinblick auf Entwicklungsprozesse und psychische Gesundheit ganzheitlich in die Bildungsdebatte eingebracht werden, gerade auch durch das „Jugendministerium“, dass das BMFSFJ auch ist.

eaf-Präsident Dr. Martin Bujard stellt fest: „Der defizitorientierte Blick auf fehlenden Lernstoff schwächt unnötig das Selbstvertrauen der Kinder und verunsichert sie. Dabei haben die Kinder viel geleistet und durch ihren Verzicht auf Bildung und auf Kontakte zu Gleichaltrigen in der Krise Solidarität geübt. Aus unserer Sicht kommt es nun darauf an, den Kindern und Jugendlichen erst einmal Zeit für vielfältige soziale Kontakte und außerschulische Erfahrungen zu lassen. Dafür müssen wir Erwachsenen sorgen. Viele Kinder haben Ängste und andere psychische Beschwerden entwickelt. Das Letzte was sie jetzt brauchen, ist der Druck, ganz schnell ganz viel Schulstoff aufholen zu müssen.“

Auch Eltern und Lehrkräfte sollten sich freimachen von der Vorstellung, den Schüler*innen nun möglichst schnell den verpassten Lernstoff nahebringen zu müssen. Vielmehr ist es in Anbetracht der durch die Pandemie sichtbar gewordenen Versäumnisse wichtig, gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen neue, zukunftsorientiertere Bildungsansätze zu entwickeln. Dies haben auch die jugendlichen Expert*innen aus dem Projekt „Fragt uns 2.0“ der Bertelsmann Stiftung gefordert. „Dafür braucht es entschieden mehr Zeit und Gelassenheit“, so Bujard weiter.

Der Zeithorizont des Aufholpakets greift aus Sicht der eaf zu kurz, die Folgen der Corona-Krise werden auch über das Jahr 2022 hinaus zu spüren sein. Die Familien haben die Hauptlast der Pandemie getragen und sind weit über ihre Belastungsgrenze hinaus gegangen. Eltern und Kinder benötigen deshalb langfristig finanziell abgesicherte Strukturen mit ausreichend personellen Ressourcen, bei denen sie Unterstützung finden können. Schulpsycholog*innen und Schulsozialarbeit für die Schüler*innen sind dabei genauso wichtig wie Angebote der Familienberatung, Familienbildung und Familienerholung für die Eltern bzw. die gesamte Familie.

Quelle: Pressemitteilung evangelische arbeitsgemeinschaft familie e. V. (eaf) vom 01.06.2021

SCHWERPUNKT IV: Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung

2./3. Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen CDU/CSU und SPD

Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter

Ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote sorgen für mehr Chancengerechtigkeit und unterstützen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Deshalb wollen wir, dass der Rechtsanspruch auf gute Ganztagsbildung zügig umgesetzt wird. Die meisten Eltern wünschen sich ein Ganztagsangebot, doch bislang steht nicht einmal für die Hälfte der Kinder im Grundschulalter ein entsprechendes Angebot zur Verfügung.
Ein rein quantitativer Ganztagsausbau verbessert allerdings weder die Bildungs- noch die Chancengerechtigkeit. Entscheidend ist, dass die Angebote auch qualitativ abgesichert werden. Dafür nötig sind hochwertige Angebote, lernfördernde Räumlichkeiten, eine moderne Ausstattung und ein gutes Zusammenspiel aller Lehr- und Fachkräfte. Um das sicherzustellen, fordern wir eine faire Kostenteilung zwischen Bund, Länder und Kommunen und die Definition hoher Qualitätsstandards im SGB VIII. Erforderlich ist außerdem, gemeinsam mit den Ländern, eine Qualifizierungsoffensive, um ausreichend pädagogisches Fachpersonal an Schulen zu gewinnen. Die bittere Pille des Gesetzentwurfs: Die Regierung lässt Grundschulkinder noch ein weiteres Jahr warten, bevor der Rechtsanspruch in Kraft tritt.

Quelle: Pressemitteilung Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag vom 07.06.2021

Ab dem Schuljahr 2026/27 soll stufenweise ein bundesweit gültiger Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Grundschülern eingeführt werden. Der Rechtsanspruch soll zunächst für die erste Klassenstufe gelten und bis 2030 Jahr für Jahr bis zur vierten Klasse ausgeweitet werden. Der Familienausschuss billigte am Mittwoch den entsprechenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD (19/29764) ohne Gegenstimmen in geänderter Fassung. Die AfD-, die FDP- und die Linksfraktion enthielten sich der Stimme. Der Bundestag wird am Freitag abschließend über die Gesetzesvorlage beraten und abstimmen.

Zuvor hatte der Ausschuss ebenfalls ohne Gegenstimmen bei Enthaltung der AfD und der FDP einen Änderungsantrag der Koalition angenommen. Dieser sieht vor, dass die vom Bund bereitgestellten Mittel für Investitionskosten nicht nur für den Neubau, den Umbau sowie die Sanierung der kommunalen Bildungsinfrastruktur verwendet werden dürfen, sondern auch für die Ausstattung, soweit damit zusätzliche Betreuungsplätze oder räumliche Kapazitäten geschaffen werden. Zudem wird im Ganztagsfinanzierungsgesetz die Frist zum Erwerb von Anwartschaften auf die Bonusmittel um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.

Zudem verabschiedete der Ausschuss ohne Gegenstimmen bei Enthaltung der AfD, FDP und Linken einen Entschließungsantrag, in dem die Bundesländer aufgefordert werden, die vom Bund bereitgestellte Beteiligung an den jährlichen Betriebsausgaben vollumfänglich an die mit der Umsetzung des Rechtsanspruchs beauftragten Träger weiterleiten. Zudem sollen die Länder gemeinsam mit dem Bund eine Fachkräfteoffensive starten, um den zusätzlichen Bedarf an pädagogischem Betreuungspersonal zu decken.

Zur Realisierung des Rechtsanspruchs stellt der Bund Ländern und Kommunen Investitionshilfen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Darüber hinaus soll er sich auch an den laufenden Betriebskosten beteiligen. Finanziert werden soll dies über eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder. So sollen im Jahr 2026 rund 100 Millionen Euro, 2027 rund 340 Millionen Euro, 2028 rund 580 Millionen Euro und 2029 rund 820 Millionen Euro an die Länder fließen. In den Folgejahren rechnet der Bund mit rund 960 Millionen Euro, die an die Länder umverteilt werden sollen.

Die Koalitionsfraktionen verwiesen darauf, dass mit dem Rechtsanspruch die bestehende Lücke in der Ganztagsbetreuung von Kindern geschlossen werde. Die Koalition setze damit eine zentrale Vereinbarung ihres Koalitionsvertrages um. Durch die Verschiebung des ursprünglich bereits ab 2025 geplanten Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung und dessen stufenweise Umsetzung räume man Ländern und Kommunen mehr Zeit für die Umsetzung ein. Mit dem verabschiedeten Änderungsantrag habe man zudem weitere Wünsche der Länder erfüllt.

Übereinstimmend begrüßten auch alle Oppositionsfraktionen den Rechtsanspruch. FDP, Linke und Grüne monierten allerdings, dass der Gesetzentwurf keine verbindlichen Vorgaben zur Qualität des Betreuungsangebot mache. Zudem fehle es an einer Fachkräfteoffensive. Dass die Koalition diese Fachkräfteoffensive nun in einem Entschließungsantrag anmahne, zeige deutlich, was im Gesetzentwurf fehle, hieß es aus den Reihen der FDP. Die AfD kritisierte, dass die Betriebskosten trotz Beteiligung des Bundes überwiegend durch die Länder und Kommunen zu tragen seien.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 769 vom 09.06.2021

Der geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter soll stufenweise ab dem 1. August 2026 in Kraft treten. Dies sieht der von Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Ganztagsförderungsgesetzes (19/30236) vor. Der Rechtsanspruch soll mit Beginn des Schuljahres 2026/2027 zunächst für Grundschüler der ersten Klasse gelten und dann jährlich um je eine weitere Klassenstufe ausgeweitet werden. Ab dem 1. August 2029 sollen somit alle Grundschulkinder der Klassenstufen eins bis vier einen Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung haben.

Über den gleichlautenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD (19/29764) hat der Bundestag bereits im Mai in erster Lesung beraten. Der Entwurf der Bundesregierung wurde gemäß Artikel 76 Grundgesetz zunächst dem Bundesrat zur Stellungnahme vorgelegt. Dieses Verfahren der gleichzeitigen Einbringung zweier identischer Gesetzentwürfe wird angewendet, um das Gesetzgebungsverfahren zu beschleunigen.

Zur Realisierung des Rechtsanspruchs stellt der Bund Ländern und Kommunen Investitionshilfen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Darüber hinaus soll er sich auch an den laufenden Betriebskosten beteiligen. Finanziert werden soll dies über eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder. So sollen im Jahr 2026 rund 100 Millionen Euro, 2027 rund 340 Millionen Euro, 2028 rund 580 Millionen Euro und 2029 rund 820 Millionen Euro an die Länder fließen. In den Folgejahren rechnet der Bund mit rund 960 Millionen Euro, die an die Länder umverteilt werden sollen. Die Investitionskosten der Länder abzüglich der Bundesmittel beziffert der Bund je nach Betreuungsbedarf auf 1,38 bis 3,18 Milliarden Euro. Ab dem Jahr 2030 sollen sich die Betriebskosten der Länder auf 2,22 bis 3,42 Milliarden belaufen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 739 vom 03.06.2021

Die geplante stufenweise Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler ab 2026 stößt bei Sozial-und Familienverbänden, Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern sowie Wissenschaftlern auf große Zustimmung. Angemahnt wird jedoch der Mangel an Fachkräften in den kommenden Jahren. Vertreter der Kommunen bewerten den Gesetzentwurf hingegen äußerst kritisch. Sie befürchten eine finanzielle Überbelastung. Der Bund müsse sich stärker engagieren. Dies wurde in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag über den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD (19/29764) und einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/22117) deutlich.

Claudia Linsel vom Paritätischen Landesverband begrüßte die Verankerung des Rechtsanspruchs im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Die bereits bestehenden Rechtsansprüche auf Betreuung vor dem Schuleintritt würden so logisch weitergeführt. Die Kindertagesbetreuung könne dazu beitragen, soziale, kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe von Kindern sicherzustellen, sagte Linsel. Maria Theresia Münch vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge wies darauf hin, dass eine Verankerung im SGB VIII die einzige Möglichkeit für den Bund darstelle, bundesweit für gleichwertige Lebensverhältnisse für Familien und Kinder zu sorgen. Allerdings sei es fraglich, ob der Bund den Kommunen weitere Aufgaben im SGB VIII zuweisen könne. Elke Alsago von der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) und Björn Köhler von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßten die Verankerung des Rechtsanspruchs im SGB VIII ausdrücklich. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit hätten gezeigt, dass die Länder nur dann ausreichend Plätze für die Ganztagsbetreuung von Kindern zur Verfügung stellten, wenn bundesweit ein entsprechender Rechtsanspruch gelte, führte Alsago aus.

Übereinstimmend vertraten alle Sachverständigen die Auffassung, dass der Rechtsanspruch für Grundschüler eine gravierende Lücke in der Kindertagesbetreuung schließt. Miriam Hoheisel vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter führte aus, dass sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Eltern bei Beginn der Schulzeit ihrer Kinder bislang sehr schwierig gestalte. Vor allem für Alleinerziehende sei der Rechtsanspruch besonders wichtig, da sie ansonsten in vielen Fällen keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen könnten. Zugleich monierte sie, dass der Rechtsanspruch erst ab 2026 stufenweise eingeführt werden soll. Auch Thomas Rauschenbach vom Deutschen Jugendinstitut kritisierte, dass der Rechtsanspruch faktisch erst bis zum Ende des Jahrzehnts für alle vier Klassenstufen der Grundschule umgesetzt werde.

Ebenfalls einstimmig mahnten alle Sachverständigen eine Offensive zur Gewinnung von ausreichend pädagogischem Fachpersonal an. Nach Schätzung des Deutschen Jugendinstituts würden bei Umsetzung des Rechtsanspruchs etwa eine Million Betreuungsplätze geschaffen und etwa 100.000 Betreuer zusätzlich eingestellt werden müssen, führte Alsago an. Der Gesetzentwurf mache jedoch keine Angaben dazu, wie dieses Personal gewonnen werden soll. Eine Fachkräfteoffensive wie von den Grünen in ihrem Antrag gefordert, sei deshalb notwendig. Dieser Forderung schlossen sich die deutliche Mehrheit der Sachverständigen an. Donata Kluxen-Pyta von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände lehnte allerdings den von den Grünen geforderten Rechtsanspruch auf Weiterbildung, um den Einstieg in den Erzieher-Beruf zu erleichtern, ab. Dies gehe am Sinn der Förderung von beruflicher Weiterbildung vorbei.

Auf massive Kritik stößt der Gesetzentwurf hingegen bei Kommunen und Landkreisen. Übereinstimmend lehnten Stefan Hahn vom Deutschen Städtetag, Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund und Jörg Freese vom Deutschen Landkreistag die Verankerung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler im SGB VIII ab. Sie machten einerseits verfassungsrechtliche Gründe geltend, da der Bund mit diesem Gesetz in die Kompetenz der Länder im Bildungssektor eingreife. Ein Rechtsanspruch müsse vielmehr in den jeweiligen Schulgesetzen der Länder verankert werden. Hahn, Lübking und Freese argumentierten zudem, dass die zusätzlichen finanziellen Belastungen durch die Kommunen nicht getragen werden könnten. Trotz der geplanten finanziellen Beteiligung des Bundes müssten Länder und Kommunen dauerhaft mehr als die Hälfte der Investitionskosten und knapp 80 Prozent der Betriebskosten tragen, führt Hahn in seiner schriftlichen Stellungsnahme aus. Die drei Sachverständigen bekannten sich allerdings ebenfalls ausdrücklich dazu, die Ganztagsangebote für Grundschulkinder auszubauen. Um dies zu gewährleisten, müssten Bund und Länder jedoch eine verfassungsrechtlich und finanziell tragfähige Lösung finden.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 721 vom 31.05.2021

SCHWERPUNKT V: Corona-Krise

Mit der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Corona-Pandemie befasst sich die Grünen-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/30029). Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung wissen, wie viele Kinder und Jugendliche sich bisher infiziert haben.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 727 vom 02.06.2021

Die geplante Fristverlängerung für Bewilligungen von Bundesmitteln aus dem fünften Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung 2020-2021“ um ein Jahr bis zum 30. Juni 2022 wird von Experten einhellig begrüßt. Dies zeigte sich in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag über den entsprechenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD zur Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder und weiterer Gesetze (19/29765). Nicht ganz so einhellig positiv fiel das Urteil der Sachverständigen über das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ aus.

Jörg Freese von der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände begrüßte die Fristverlängerung für die Bewilligung von Bundesmitteln aus dem Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung 2020-2021“ ausdrücklich. Die Fristverlängerung erfolge auf ausdrücklichen Wunsch der Länder und Kommunen. Die Länder hatten darauf hingewiesen, dass die für das Investitionsprogramm vorgesehenen Fristen vor allem wegen der anhaltenden Anforderungen der Corona-Pandemie zu knapp bemessen seien, um die Errichtung von 90.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen für Kinder bis zum Schuleintritt zu realisieren. Die Fristen würden die notwendigen Zeitabläufe für die Planung und Umsetzung von Baumaßnahmen nicht ausreichend berücksichtigen. Auch alle anderen Sachverständigen begrüßten die verlängerte Frist als „sachgerecht“ und „sinnvoll“.

Begrüßt wurden zudem der Kinderfreizeitbonus in Höhe von 100 Euro je Kind als Unterstützung für bedürftige Familien und Familien mit kleinen Einkommen im Rahmen des Aktionsprogramms „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“. Hein Hilgers vom Kinderschutzbund begrüßte die Regelung, dass Eltern gemeinsam mit ihren Kindern frei entscheiden können, wofür sie den Kinderfreizeitbonus ausgeben wollen. Die Haltung, Familien Vertrauen entgegenzubringen und ihnen eigene Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen, sollte auch bei künftigen Förderentscheidungen maßgeblich sein. Auch Martin Künkler vom Deutschen Gewerkschaftsbund bewertete den Kinderfreizeitbonus prinzipiell positiv. Allerdings sei er noch nicht bedarfsdeckend, um eine ausreichende Teilhabe zu gewähren und die Mehrbelastungen aufgrund der Corona-Pandemie zu kompensieren. Zustimmung äußerten Hilgers und Künkler für die Regelung, dass der gesonderte Antrag auf Übernahme der Aufwendungen für die Leistungen für Lernförderung bis zum 31. Dezember 2023 entfallen soll. Miriam Hoheisel vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter begrüßte zudem ebenso wie Hilgers und Künkler, dass mit dem Gesetz der generelle Nachrang des Kinderzuschlags für Familien mit kleinen Einkommen gegenüber dem Unterhaltsrecht geregelt werden soll. So soll sichergestellt werden, dass der Kinderzuschlag den jeweiligen aktuellen unterhaltsrechtlichen Bedarf des Kindes nicht mindert.

So sehr die Sachverständigen die einzelnen Regelungen des Gesetzentwurfes begrüßten, so prinzipiell fiel ihre Kritik an der Bundesregierung im Umgang mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie aus. Niels Espenhorst vom Paritätischen Gesamtverband wies darauf hin, dass Kinder und Jugendliche die Verlierer der Pandemie seien, vor allem jene aus einkommensschwachen Familien. Seit mehr als einem Jahr verzichteten junge Menschen weitestgehend auf die Infrastruktur in Kitas, Schulen, Vereinen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Die Auswirkungen seien dramatisch. „Will man Kinder und Jugendliche jetzt wirklich mit 100 Euro und ein bisschen Nachhilfe abspeisen?“, fragte Espenhorst. Im vorliegenden Gesetzentwurf wie auch im gesamten Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ fehle eine nachhaltige Stärkung der Angebote für Kinder und Jugendliche. In diesem Sinne argumentierte auch der Humanwissenschaftler Michael Klundt von der Hochschule Magdeburg-Stendal. Aufholen müssten eigentlich nicht die Kinder- und Jugendlichen, sondern die Regierenden für die versäumte Bildungs-, Sozial- und Familienpolitik während der Corona-Pandemie.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 722 vom 01.06.2021

Die junge Generation ist unter Druck: Die Pandemie verbaut ihr viel, zugleich muss sie die Älteren versorgen und soll die Gesellschaft voranbringen. Geld könnte helfen.

Junge Menschen sind in vielerlei Hinsicht die Hauptleidtragenden der Pandemie. Nicht, weil sie vom Coronavirus gesundheitlich stärker bedroht würden. Sondern vielmehr, weil viele von ihnen in der wichtigen, formenden Lebensphase empfindlich getroffen wurden und werden. Gleichzeitig hatten sie nicht die Chance, sich vor den Auswirkungen der Pandemie zu schützen. Das trifft auf Kitakinder, Schülerinnen, Studenten, Berufseinsteigerinnen und viele andere junge Menschen gleichermaßen zu. Politik und Gesellschaft haben deren Situation zu lange ignoriert. Während viele Industrieunternehmen mit nur geringen Einschränkungen ihr Geschäft verfolgen konnten und teilweise sogar noch großzügige Hilfen erhalten haben, hatten Schulen und Kitas für mehr als ein Jahr geschlossen oder waren nur eingeschränkt funktionsfähig. Die Politik braucht nun dringend eine Strategie, wie sie diesem Schaden begegnen will. Andernfalls läuft sie Gefahr, einen Teil der jungen Generation für immer zu verlieren.

Eltern können nicht alles auffangen

Wissenschaftliche Studien von Ökonominnen und Soziologen zeigen, wie enorm groß der Schaden der Pandemie für die junge Generation ist. Viele wurden aus ihren sozialen Strukturen herausgerissen und waren auf sich allein gestellt. Natürlich haben die Eltern versucht, ihre Kinder, so gut es ging, zu unterstützen und diesen Schaden zu kompensieren. Aber selbst beim besten Willen der Eltern kann dies nur begrenzt gelingen. Zumal viele Eltern noch stärker als sonst in ihrem Arbeitsleben gefordert waren und die Mehrheit eben nicht im Homeoffice arbeiten kann, um sich nebenbei um die Kinder zu kümmern – und selbst das ist eine fast unlösbare Aufgabe.

Einkommensschwache sind besonders betroffen

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass junge Menschen zwar weniger stark direkt gesundheitlich vom Virus betroffen waren. Aber die indirekten gesundheitlichen Schäden sind häufig höher. So deutet sich an, dass Depressionen gerade unter jungen Menschen besonders stark zugenommen haben. Auch bei der Bildung haben fast alle jungen Menschen große Nachteile erfahren müssen. Aber dieser Schaden ist extrem ungleich verteilt. Kinder und Jugendliche aus einkommensschwächeren Familien und in Brennpunktbereichen haben besonders starke Bildungsnachteile erfahren müssen.

Wo ist die Strategie?

Ein solcher Schaden für Gesundheit, soziale Strukturen und Bildung ist in den meisten Fällen nicht in ein oder zwei Jahren aufzuholen. Die Pandemie wird die Schere zwischen verschiedenen sozialen Gruppen vor allem bei jungen Menschen deutlich vergrößern. Der Politik fehlt eine Strategie, bisher gab es lediglich Lippenbekenntnisse. Die Politik muss weg von einer engstirnigen und kurzfristigen Perspektive. Die zentrale Frage lautet: Was muss nun geschehen, damit alle jungen Menschen gute Zukunftsperspektiven und Chancen haben, ihr Leben so zu gestalten, wie sie es möchten und verdienen?

Ein „Startgeld“ oder „Lebenschancenerbe“ (wie ich es in einer früheren Kolumne bereits vorgeschlagen habe) in Höhe von 20.000 Euro für jeden jungen Menschen nach Abschluss des ersten Berufsabschlusses sollte ein wichtiger Teil einer solchen Strategie sein. Dies wäre eine ganz wichtige und unmittelbar wirksame Unterstützung für junge Menschen, die jetzt vor dem Einstieg ins Berufsleben stehen.

20.000 Euro Startgeld

Ein solches Startgeld würde junge Menschen bei drei für ihr Leben existenziellen Aspekten unterstützen: Autonomie, Flexibilität und Sicherheit. So würde ein solches Startgeld jungen Menschen mehr Freiheiten eröffnen, beispielsweise einen weniger gut bezahlten Job anzunehmen und stattdessen Tätigkeiten mit einer stärkeren sozialen Komponente zu verfolgen. Es würde die Flexibilität erhöhen, weil es Menschen erleichtern würde, sich fortzubilden oder einen beruflichen Richtungswechsel zu vollziehen – beispielsweise ein Risiko einzugehen und sich selbstständig zu machen. Und es würde denen mehr Sicherheit geben, die sich beispielsweise sorgen, ob sie sich für ihre junge Familie eine Wohnung leisten können.

Die Ausgestaltung eines solchen Startgeldes könnte recht einfach und transparent geschehen: Jeder Mensch erhält einmalig nach Abschluss des ersten Berufsabschlusses oder spätestens mit dem vollendeten 21. Lebensjahr ein Lebenschancenkonto mit 20.000 Euro. Dieses Geld kann jederzeit mit einer unbürokratischen Erklärung für die Verwendung – für Fortbildung oder Qualifikation, für soziale Tätigkeit (wie die Pflege von Angehörigen oder ein gemeinnütziges Engagement) oder um sich beruflich selbstständig zu machen – abgerufen werden. Es kann aber auch gespart werden, um beispielsweise später einen beruflichen Wechsel vorzunehmen oder sich eine Auszeit für Familie oder Verwandte zu nehmen.

Mehr Autonomie

Bei knapp 600.000 Menschen in einem Jahrgang würde ein solches Startgeld den deutschen Staat jedes Jahr knapp zwölf Milliarden Euro kosten. Das ist eine erhebliche Summe. Aber aus mindestens zweierlei Perspektive ist dies weniger, als man denkt – und dazu noch hervorragend investiertes Geld. So gibt der deutsche Staat jedes Jahr allein 100 Milliarden Euro an Steuermitteln für die ältere Generation und deren gesetzliche Rente aus – langfristige Tendenz: stark steigend. Es ist gerade die junge Generation, die mit ihren Steuern und Beiträgen die heutigen Renten bezahlt. Und wenn die junge Generation diese Leistung auch in zehn oder 20 Jahren noch erbringen soll, braucht sie heute eine deutlich bessere Unterstützung, um produktiv und erfolgreich im Arbeitsleben sein zu können: durch ein exzellentes Bildungssystem, aber eben auch durch Unterstützung im Arbeitsleben und mehr Autonomie, das Leben eigenständig gestalten zu können.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 27.05.2021

Ab kommender Woche ist die Impfung von Kindern ab dem Alter von 12 Jahren möglich. Der Deutsche Familienverband (DFV) plädiert für eine Impfpriorisierung von Eltern, um Kinder zu schützen.

Die Pandemie hat es besonders deutlich gezeigt: Eltern sind systemrelevant. Sie sorgen rund um die Uhr für ihre Kinder und leisten damit der Gesellschaft einen großen Dienst – ohne Bezahlung. „Dass unbezahlte Sorgearbeit in unserer Gesellschaft keine Wertschätzung findet, zeigt sich in der Impfstrategie der Bundesregierung. Eltern und ihre Erfordernisse sind unberücksichtigt geblieben, obwohl sie große Lasten in der Pandemie zu schultern hatten. Mit dem Impfangebot für Kinder hat sich die Situation leider nicht verbessert“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des DFV.

Die ab nächsten Montag geltende Impfmöglichkeit für Minderjährige stellt Eltern vor die schwierige Frage, ob der Nutzen der Impfung vor mögliche Risiken zu stellen ist. Zwar wurde der Impfstoff Biontech/Pfizer von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ab einem Alter von 12 Jahren zugelassen, eine Impfung ihrer Kinder ist für Eltern jedoch oftmals bedenklich. Sie machen sich Sorgen um ihre Kinder. „Die meisten Erwachsenen sind selbst noch nicht geimpft. Würde man Eltern bevorzugt ein Impfangebot unterbreiten, würde es die Bekämpfung der Corona-Pandemie beschleunigen“, so Heimann. „Gesunde Eltern sind der beste Schutz für Kinder.“

Es spricht vieles dafür, Eltern zuerst zu impfen. Sie haben allein aufgrund des Alters ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf als gesunde Minderjährige. Fallen Eltern wegen einer Covid-19-Erkrankung aus, hat das direkte Konsequenzen für die Kinder – insbesondere bei Alleinerziehenden oder kinderreichen Familien. Außerdem bleiben mit der Impfung von den 12- bis 16-Jährigen immer noch die jüngeren Kinder unberücksichtigt und damit auch Übertragungswege für das Coronavirus offen. „Statt sich auf die Impfung von Kindern und Jugendlichen zu konzentrieren, sollten Mütter und Väter in den Vordergrund gestellt werden. Sind die Erwachsenen im Umfeld der Kinder geimpft, bietet das Schutz für die Kinder – und zwar für alle“, sagt Heimann.

Nach Auffassung des Bundesgeschäftsführers würde die Impfung von Eltern die Rückkehr der Schulkinder zum Präsenzunterricht absichern. „Da Lehrkräfte bereits geimpft sind, wären mit den Eltern zentrale Kontaktpersonen von Kindern immunisiert. Das Argument, dass der Schulbesuch die Verbreitung des Coronavirus begünstigt, wäre hinfällig. Kindern wäre es nach langer Zeit wieder möglich, in die Schule zu gehen“, so Heimann. „Die Impfstrategie der Bundesregierung enthüllt, wie sehr es in unserer Gesellschaft an grundlegendem Verständnis für Familien mangelt. Es bleibt zu hoffen, dass die Pandemie es den Menschen ins Bewusstsein bringt.“

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V. vom 01.06.2021

In einer Mitteilung (en) vom 26. Mai bedauert Eurochild, dass Kinder trotz der nachteiligen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf ihre Rechte und ihr Wohlbefinden in den nationalen Aufbau- und Resilienzplänen weitestgehend unberücksichtigt geblieben sind. Aus diesem Grund fordert die Organisation die Europäische Union mit Nachdruck auf, die Bedarfe und Notlagen von Kindern bei der Bewertung der Pläne miteinzubeziehen. Insgesamt wurden 16 Pläne analysiert, die die EU-Mitgliedstaaten erstellen sollen, um im Rahmen von NextGenerationEU (de) finanzielle Mittel zur Unterstützung von Reformen und Investitionen seitens der Europäischen Union zur erhalten. Ziel der Mittelbereitstellung ist es, die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf Wirtschaft und Gesellschaft abzufedern. Darüber hinaus sollen Wirtschaft und Gesellschaft in Europa nachhaltiger und krisenfester und besser auf die Herausforderungen und Chancen des ökologischen wie digitalen Wandels vorbereitet werden.

Quelle: Ausgabe EU-Monitoring 05/2021 der Beobachtungsstelle für gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa vom 03.06.2021

NEUES AUS POLITIK, GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT

4. Bundeskongress mit 1.400 digital zugeschalteten Teilnehmenden

Seit zehn Jahren gibt es die Qualifizierung zur Elternbegleiterin und zum Elternbegleiter. Das wurde heute beim inzwischen vierten Bundeskongress gewürdigt und gefeiert – mit bundesweit 1.400 digital zugeschalteten Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Elternbegleiterinnen und Elternbegleiter stehen Familien bei Fragen zur Entwicklung und Bildung ihrer Kinder zur Seite und unterstützen sie dabei, ihre Erziehungskompetenz zu stärken. Sie tun dies im Alltag vor Ort, auf Augenhöhe und vertrauensvoll. Bis heute haben bundesweit nahezu 14.000 Fachkräfte eine Qualifizierung zur Elternbegleiterin oder zum Elternbegleiter wahrgenommen.

In ihrer Grußbotschaft dankte Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht den Elternbegleiterinnen und Elternbegleitern für ihre besondere Arbeit, bei der es darum gehe, dass alle Kinder in unserem Land gut aufwachsen können.

In einem Impulsreferat ging die Forschungsdirektorin am Deutschen Jugendinstitut und Vorsitzenden der 9. Familienberichtskommission, Frau Prof. Dr. Sabine Walper, der Frage nach, welche Unterstützung Mütter und Väter brauchen, damit ihre Kinder alle Chancen im Leben haben. Dr. David Juncke, Leiter des Bereichs Familienpolitik bei der Prognos AG, stellte die heute veröffentlichte Studie „Bestandsaufnahme der Angebote in der Familienbildung und Familienberatung“ vor.

Eines der zentralen Ergebnisse der Studie ist: Familienbildung und Familienberatung leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Stärkung von Familien in Deutschland. Deutlich wurde, dass Familien in besonderen Lebenslagen wie Alleinerziehende und sozio-ökonomisch schwächere Familien mittlerweile besser als noch vor 15 Jahren mit familienunterstützenden Angeboten erreicht werden. Dazu tragen auch die Programme des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) bei, wie die Frühen Hilfen, Elternbegleitung und die Mehrgenerationenhäuser.

Die Parlamentarische Staatssekretärin Caren Marks erklärte auf der Tagung: „Die Studie bestätigt eine positive Entwicklung bei der Familienbildung und Familienberatung. Sie bestätigt damit, dass wir mit unserer Arbeit der vergangenen Jahre zur Unterstützung und Hilfe für Familien wesentlich beigetragen haben. Die Studie zeigt jedoch auch, dass wir weiter dranbleiben müssen und beispielsweise noch mehr Väter und Familien mit Migrationshintergrund erreicht werden müssen, vor allem mit mehr niedrigschwelligen und Angeboten direkt dort, wo die Familien sind. Ab 2022 beginnen wir mit einem neuen Förderprogramm. Damit sollen Eltern und Kinder in benachteiligten Lebenslagen, besonders auch Familien mit kleinen Einkommen, durch Elternbegleitung gezielt gestärkt werden, damit sie Leistungen wie den Kinderzuschlag oder das Bildungs- und Teilhabepaket in Anspruch nehmen können und ihre Teilhabechancen verbessert werden.“

Caren Marks betonte gegenüber den Teilnehmenden aus den Bereichen der Familienbildung, Kita, Familienzentren, Pädagogik, aber auch aus anderen Bundesprogrammen wie Sprach-Kita, Kita-Einstieg, Mehrgenerationenhäuser oder Lokalen Bündnissen für Familie und den qualifizierten Elternbegleitern: „Kinder haben ein Recht auf frühe Förderung sowie auf gute und gleiche Bildungschancen. Dafür stehen wir gemeinsam mit Ihnen ein, den Elternbegleiterinnen und Elternbegleitern. Sie beraten Eltern auf Augenhöhe. Sie begleiten bei Amtsgängen und helfen ihnen, ihre Kinder gut zu fördern: von der richtigen Kita oder der weiterführenden Schule bis hin zu allgemeinen Erziehungsfragen. Ich freue mich, dass wir seit 2011 so viele Fachkräfte dafür gewinnen konnten, dass sie sich haben weiterqualifizieren lassen und seitdem Eltern kompetent zur Seite stehen.“

Pandemiebedingt fand der Kongress digital statt, was der Nachfrage an themenbezogenen Workshops für den 2. Kongresstag am 10.06.2021 keinen Abbruch getan hat. Im Gegenteil, einzelne Workshops zu den Themen Digitalisierung oder Vernetzung im Sozialraum sind ganz besonderes stark nachgefragt und zeigen damit die Relevanz für die Praxis bei den Elternbegleiterinnen und Elternbegleitern vor Ort, die vor allem in den vergangenen Pandemiemonaten viele Herausforderungen bewältigen mussten. Es ist ihnen trotz der Einschränkungen gelungen, neue Formate und Angebote zu schaffen und den Kontakt zu den Familien zu halten: per Videotelefonie, über soziale Medien oder mit Paket-Aktionen mit Büchern und Spielzeug.

Zum 10-jährigen Jubiläum Elternbegleitung wird ein „Chartbook“ zu den Ergebnissen aus dem Bundesprogramm „Elternchance ist Kinderchance“ (2011–2015) sowie dem über den Europäischen Sozialfond kofinanzierten Bundesprogramm „Elternchance II“ (2015–2021) veröffentlicht. Das Chartbook gibt anhand von Zahlen und Fakten einen kompakten Überblick über die Ziele und Ergebnisse der Qualifizierungsprogramme, aber auch Informationen zu den Herausforderungen und Entwicklungen im Feld der Elternbegleitung.

Zum ESF-Bundesprogramm Elternchance II

Die Förderung der Qualifizierung über die großen Bundesprogramme wie Bundesprogramm Elternchance ist Kinderchance (2011–2015) und dem ESF-Bundesprogramm Elternchance II (2015–2021) läuft bis zum 31.12.2021. Elternbegleitung ist ein präventives Angebot aus der Familienbildung und zielt auf die Stärkung der Familie als zentralem Ort der (frühen) Bildung und Förderung der Kinder ab. Bildungsbegleitung von Familien leistet einen wesentlichen Beitrag zur Bildungszukunft und sozialen Chancengleichheit aller Kinder.

Weiterführende Links:

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 09.06.2021

Für noch mehr starke Familien

Als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter in den Familienberatungsstellen wissen Sie genau, welche Schwierigkeiten Familien gerade in der Coronavirus-Pandemie zu bewältigen haben. Mehr noch: Sie stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite, informieren über Hilfsangebote und klären individuelle Fragen. Dafür danke ich Ihnen herzlich!

Gerade Familien mit geringem Einkommen brauchen jetzt Unterstützung. Deshalb haben wir bereits Anfang 2020 Erleichterungen beim Kinderzuschlag geschaffen. Schnell hat sich gezeigt: Der Bedarf ist da. Hilfreich ist jetzt, dass der Kinderzuschlag 2021 auf bis zu 205 Euro pro Kind pro Monat gestiegen ist. Unser Ziel ist, dass sich der Kinderzuschlag bei Familien mit geringem Einkommen als bekannte und gefragte Leistung etabliert. Mit dem KiZ-Lotsen können Familien vorab prüfen, ob ein Anspruch in Betracht kommt. Die Antragstellung selbst haben wir vereinfacht und digitalisiert. Informationen zum Kinderzuschlag finden Sie auf www.kiz-digital.de

Auch der beitragsfreie Kita-Besuch sowie zusätzliche Leistungen für Bildung und Teilhabe helfen – und stehen allen zu, die den Kinderzuschlag erhalten. All diese Erleichterungen kommen aber nur zum Tragen, wenn Familien über ihre Ansprüche Bescheid wissen. 

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 02.06.2021

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (19/30394) ein Zukunftsprogramm gegen Armut, um Teilhabe zu garantieren und den Zusammenhalt zu stärken.

Deutschland sei ein reiches Land, in dem es dennoch seit Jahrzehnten eine soziale Schieflage gebe. Dies betreffe sowohl die Einkommens- als auch die Vermögensverteilung, die Armut und Ungleichheit verfestigten, kritisiert die Fraktion. Die Armutsrisikoquote stagniere seit vielen Jahren auf einem zu hohen Niveau zwischen 15 und 16 Prozent, die Pandemie habe die Situation ärmerer Bevölkerungsgruppen zusätzlich verschärft, heißt es in dem Antrag weiter.

Von der Bundesregierung verlangen die Grünen unter anderem, die Grundsicherung zu einer sanktionsfreien Garantiesicherung weiterzuentwickeln, eine Kindergrundsicherung und einen gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde einzuführen, die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung weiterzuentwickeln und Konzepte gegen Altersarmut vorzulegen.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 769 vom 09.06.2021

Die FDP-Fraktion interessiert sich in einer Kleinen Anfrage (19/30267) für Hinzuverdienstmöglichkeiten für Jugendliche im SGB II (Zweites Sozialgesetzbuch). Darin fragt sie die Bundesregierung unter anderem nach der Anzahl der Schüler, die seit 2015 einen regelmäßigen Schülerjob ausgeübt haben und wie die Regierung das Angebot dieser Jobs vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie einschätzt.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 756 vom 07.06.2021

Die FDP-Fraktion möchte von der Bundesregierung wissen, ob sie die Notwendigkeit einer Reform im Familienrecht sieht, die die Beziehung von Enkelkindern zu ihren Großeltern stärkt. Hintergrund ist der Kleinen Anfrage (19/30185) zufolge, dass viele Großeltern in der kindlichen Entwicklung neben den Eltern eine besondere Rolle einnehmen und Großelternumgang insbesondere für Trennungskinder, die vor der Trennung ihrer Eltern viel Zeit mit ihren Großeltern verbracht haben, besonders wichtig ist. Schätzungen zufolge verlören jedes Jahr aber rund 150.000 Kinder den Kontakt zu ihren Großeltern. Ursächlich für die Kontraktbrüche dürfte auch die derzeitige Rechtslage sein. Unter anderem fragen die Abgeordneten, ob es nach Auffassung der Bundesregierung sinnvoll beziehungsweise erstrebenswert wäre, wenn Kinder ein eigenes Recht auf Umgang mit ihren Großeltern erhalten, und ob die Bundesregierung der Auffassung ist, dass das großelterliche Umgangsrecht durch die Implementierung des Wechselmodells als gesetzliches Leitbild gestärkt werden würde.

Quelle: Pressemitteilung hib – heute im Bundestag Nr. 750 vom 07.06.2021

Das EU-Parlament hat gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Kinderrechte im EU-Parlament und der EU Alliance for Investing in Children ein Manifest gegen Kinderarmut und soziale Schließung erarbeitet. Anlässlich der Veröffentlichungen der EU-Kindergarantie, der EU-Kinderrechtsstrategie und des Aktionsplans zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte (s. EuropaNews 03/21) wird im Manifest zum entschlossenen Handeln aufgerufen. Mitgliedstaaten sollten Aktionspläne entwickeln, die der Situation in ihrem Land gerecht werden und nationale Ziele zur Bekämpfung von Kinderarmut und sozialer Ausgrenzung definieren. Sie sollten außerdem daran arbeiten, die politische Beteiligung von Kindern zu verbessern. Auf der EU-Ebene sollten konkrete Ziele definiert werden, mit denen die Kinderarmut in der EU bis zum Jahr 2030 beendet werden kann. Die EU wird außerdem aufgerufen, die Umsetzung der Kindergarantie und der Kinderrechtsstrategie so zu planen, dass sie miteinander kohärent sind und sich ergänzen. Ihre Umsetzung müsse in das Europäische Semester und die länderspezifischen Empfehlungen zur volkswirtschaftlichen Entwicklung aufgenommen werden.

Quelle: EuropaNews Mai 2021 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. vom 28.05.2021

Das EU-Parlament hat eine Entschließung zur EU-Kindergarantie angenommen. In ihr schließt sich dem Vorschlag der Kommission aus dem März für eine Ratsempfehlung zur Kindergarantie an (s. EuropaNews 03/21). Der Rat wird aufgerufen, diesen Vorschlag zügig umzusetzen, da sich die Situation von Kindern in prekären Lebenssituationen durch die Pandemie noch verschlechtert habe. Die Mitgliedstaaten sollten die EUKindergarantie in allen Politikbereichen berücksichtigen und mindestens 5 Prozent der Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds + (ESF+) für die Umsetzung der Kindergarantie verwenden. EU-Mittel der verschiedenen Programme sollten so koordiniert werden, dass alle Ziele der Kindergarantie implementiert werden könnten. Die Anstrengungen zur Prävention von Gewalt an  Kindern, insbesondere sexueller Gewalt, müssten intensiviert werden. Die Kommission wird aufgerufen, die Möglichkeit einer Europäischen Behörde zu überprüfen, die die Wahrung der Kinderrechte in den Mitgliedstaaten unterstützen und überwachen könnte.

Quelle: EuropaNews Mai 2021 Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.  vom 28.05.2021

Jedes vierte bis fünfte Kind in Deutschland lebt in relativer Armut, schätzen ExpertInnen. Um soziale Teilhabe für alle Kinder zu ermöglichen, wird in einigen Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2021 gefordert, das Kindergeld deutlich zu erhöhen und eine Kindergrundsicherung einzuführen, die das Existenzminimum von Kindern effektiver sichern soll. Die vorliegenden Berechnungen zeigen, dass von der bisherigen steuerlichen Ungleichbehandlung durch Kindergeld und Kinderfreibeträge vor allem Haushalte mit hohen Einkommen profitieren. Um diese zu reduzieren, sollte der überhöhte Anteil für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf im Kinderfreibetrag deutlich gesenkt werden. Die dadurch entstehenden Mehreinnahmen von bis zu 3,5 Milliarden Euro sollten vor allem für die Bildungsinfrastruktur und eine zielgenaue Kindergrundsicherung für einkommensschwache Haushalte eingesetzt werden. 

Rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland sind nach Schätzungen armutsgefährdet – und damit häufig auch bildungsbenachteiligt. Der Anteil armutsgefährdeter Kinder hält sich zwar seit Jahren relativ konstant bei etwas über 20 Prozent.info Doch die Tatsache, dass diese Quote trotz der wirtschaftlich starken Jahre vor der Corona-Pandemie gleichblieb und gerade Kinder aus einkommensschwachen Familien in der Pandemie durch die Schulschließungen negativ betroffen waren, macht dieses Thema besonders brisant – und bereits jetzt zum Wahlkampfthema. Debattiert wird zum einen, wie die Kinderbetreuung und schulische Bildung ausgebaut werden können. Zum anderen aber auch, wie die finanzielle Situation für Kinder verbessert werden kann, vor allem in Familien mit geringem Einkommen. Neben einer Erhöhung des Kindergelds schlagen die Parteien links der Mitte eine Kindergrundsicherung vor.info

Bei beiden Maßnahmen ist es wichtig, die fiskalischen Kosten und die Verteilungswirkungen zu beachten. Eine Kindergrundsicherung für bedürftige Familien ist ein besonders effektives Instrument zur Reduktion von Kinderarmut und hat die stärksten Verteilungseffekte zugunsten von Geringverdienenden. Bei einer Erhöhung des Kindergeldes ist die Zielgenauigkeit hingegen geringer, da alle Kinder beziehungsweise Familien unabhängig von der Bedürftigkeit profitieren. Das Kindergeld ist auch Teil des steuerlichen Familienleistungsausgleichs. Besser- und Hochverdienende profitieren erheblich von zusätzlichen Steuervorteilen durch den Kinderfreibetrag bei der Einkommensteuer.

Im Folgenden soll anhand von Berechnungsbeispielen gezeigt werden, wie die Kinderfreibeträge Haushalte mit höheren Einkommen bevorteilen. Zudem wird berechnet, wie eine Senkung des Kinderfreibetrags und eine Erhöhung des Kindergeldes wirken. Gerechnet wird in den verschiedenen Szenarien mit dem Einkommensteuertarif 2022.

Steuerlicher Familienleistungsausgleich: Bis zu 1354 Euro zusätzlich für höhere Töchter und Söhne

Beim gegenwärtigen „dualen System“ des Familienleistungsausgleichs der Einkommensteuer wird die steuerliche Entlastung durch den Kinderfreibetrag mit dem Kindergeld verglichen. Familien mit höheren Einkommen und Steuersätzen bekommen zusätzlich zum Kindergeld noch den übersteigenden Steuervorteil. Das Finanzamt führt die Günstigerprüfung automatisch bei der Steuerveranlagung durch. Der Kinderfreibetrag liegt in den Jahren 2021 und 2022 für beide Elternteile bei insgesamt 8 388 Euro im Jahr, das Kindergeld für das erste und zweite Kind bei 219 Euro im Monat oder 2 628 Euro im Jahr.info

Bei einem Paar übersteigt der Steuervorteil des Kinderfreibetrags das Kindergeld für das erste Kind ab einem gemeinsamen zu versteuernden Einkommen von knapp 70 000 Euro (Abbildung 1). Mit höheren Einkommen steigt der Vorteil des Kinderfreibetrags auf 896 Euro im Jahr, die bei Einkommen über 125 500 Euro erreicht werden, bei denen der erste Spitzensteuersatz von 42 Prozent gilt. Bei Steuerpflichtigen mit dem Reichensteuersatz von 45 Prozent steigt der Zusatzvorteil auf 1 146 Euro im Jahr, die bei Einkommen über 564 000 Euro erreicht werden.

Hinzu kommt der Steuervorteil beim Solidaritätszuschlag, der ab dem Jahr 2021 nur noch bei höheren Einkommen erhoben wird. Bei einem Paar setzt die Belastung mit Solidaritätszuschlag ab einem gemeinsamen zu versteuernden Einkommen von 125 000 Euro ein. Die neue Freigrenzen-Regelung führt bei übersteigenden Einkommen zu einer deutlichen Erhöhung des Grenzsteuersatzes.info Dadurch steigt der Steuervorteil des Kinderfreibetrags beim Solidaritätszuschlag auf 419 Euro im Jahr ab einem zu versteuernden Einkommen von gut 133 000 Euro. Nach dem Auslaufen der Freigrenzen-Gleitzone ab 203 000 Euro fällt dieser auf 194 Euro. Bei hohen Einkommen unter dem Reichensteuersatz steigt der Vorteil beim Solidaritätszuschlag auf 208 Euro im Jahr.

Insgesamt bringt der Kinderfreibetrag Familien mit höheren Einkommen für ihre Töchter und Söhne über das Kindergeld hinaus einen deutlichen Steuervorteil. Dieser steigt auf 1 315 Euro im Jahr in der Freigrenzen-Gleitzone des Solidaritätszuschlags, fällt bei übersteigenden Einkommen auf 1 090 Euro und steigt auf 1 354 Euro im Jahr bei den Reichensteuer-Familien.

Sinn und Zweck des Kinderfreibetrags

Diese zusätzliche Entlastungswirkung des Kinderfreibetrags für Besser- und Hochverdienende ist seit jeher umstritten und gilt als sozial- und familienpolitisch verfehlt. Steuersystematisch ist die ergänzende Entlastungwirkung aber durchaus stringent, sofern man mit dem Kinderfreibetrag die Kosten für den grundlegenden Lebensbedarf der Kinder sowie weitere Aufwendungen für Betreuung, Erziehung und Ausbildung als Minderungen persönlicher „Leistungsfähigkeit“ berücksichtigen will – wie es auch das Bundesverfassungsgericht explizit fordert. Insoweit geht es beim Kinderfreibetrag nicht um vertikale, sondern um horizontale Gleichbehandlung: Wer Kinder hat, hat höhere Aufwendungen im Vergleich zu jemandem mit gleichem Einkommen ohne Kinder – und damit eine niedrigere steuerliche Leistungsfähigkeit, die man bei der Steuerbelastung berücksichtigen sollte. Die höhere steuerliche Entlastungwirkung bei Familien mit höheren Einkommen ist Folge des progressiven Einkommensteuertarifs. Bei einem „flatrate“-Einkommensteuertarif mit durchgängig proportionalem Steuersatz würde sie verschwinden.

Kinderfreibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung („BEA“) reduzieren

Allerdings könnte die Höhe des Kinderfreibetrags von derzeit 8 388 Euro reduziert werden. Beim Kinderfreibetrag entfallen nur 5 460 Euro auf das „sächliche Existenzminimum“ der Kinder, also die notwendigen Lebenshaltungskosten für Nahrung, Kleidung, Wohnung, Gesundheit etc.info Zusätzlich werden 2 928 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf („BEA“) eines Kindes berücksichtigt – unabhängig von konkreten Aufwendungen. Diese Regelung wurde vor zwei Jahrzehnten nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eingeführt. Dies ist aber seitdem umstritten, da tatsächliche Aufwendungen für Betreuung, Erziehung oder Ausbildung bei den meisten Steuerpflichtigen in dieser Höhe nicht vorliegen dürften. Die damit offenbar beabsichtigte zusätzliche Berücksichtigung fiktiver nichtmonetärer Aufwendungen wie dem Betreuungsaufwand der Eltern ist im Einkommensteuerrecht systemwidrig.info Daher sollte eine deutlich niedrigere Pauschale für den BEA-Aufwand reicheninfo – zum Beispiel in Höhe von 600 Euro im Jahr, was in etwa einer Pauschalierung der verschiedenen Leistungen des „Bildungspakets“ für Bildung und Teilhabe (BuT) entsprechen dürfte.info

Darüber hinaus sollten allerdings tatsächlich entstehende höhere Beträge auf Nachweis abgezogen werden dürfen, gegebenenfalls bis zu bestimmten Höchstgrenzen für einzelne Ausgabenarten, wie es derzeit bereits bei den Kinderbetreuungskosten oder beim Schulgeld der Fall ist.info Dies wäre mit einem gewissen Verwaltungs- und Befolgungsaufwand bei Finanzbehörden und Steuerpflichtigen verbunden, sollte aber zu bewältigen sein.

Mit dieser Reform könnte der Kinderfreibetrag auf 6 060 Euro sinken. Entsprechend sänke seine steuerliche Entlastungswirkung deutlich (Abbildung 2). Der Zusatzvorteil gegenüber dem Kindergeld würde auf 221 Euro pro Jahr in der Freigrenzen-Gleitzone des Solidaritätszuschlags fallen, auf 58 Euro bei übersteigenden Einkommen und auf 248 Euro im Jahr bei den Reichensteuer-Familien.

Diese Senkung des Kinderfreibetrags würde für sich genommen Mehreinnahmen von schätzungsweise 3,5 Milliarden Euro im Jahr erzielen. Belastet wären die Familien in den oberen beiden Dezilen der Einkommensverteilung, vor allem die oberen zehn Prozent. Soweit Eltern dann aber tatsächlichen BEA-Aufwand deklarieren, fallen die Mehrbelastungen und damit die Mehreinnahmen geringer aus. Diese Wirkungen sind mangels Datengrundlagen nur schwer zu quantifizieren. Die Mehreinnahmen dürften dann schätzungsweise auf 2,5 bis drei Milliarden Euro im Jahr zurückgehen.

Mehreinnahmen gezielter für das Kindeswohl verwenden

Diese zusätzlichen Mittel könnten gezielt für das Kindeswohl und die Senkung von Kinderarmut verwendet werden. Zum einen könnten dadurch Betreuungs-Infrastruktur und Bildungsangebote für Kinder verbessert werden. Zum anderen könnten die Mittel verwendet werden, um eine Erhöhung des Kindergeldes und die Kindergrundsicherung zu finanzieren.

Die SPD schlägt vor, das Kindergeld auf einheitlich 250 Euro im Monat zu erhöhen. Dies würde unter Berücksichtigung der Anrechnung auf die einkommensgeprüften Sozialleistungen etwa 5,5 Milliarden Euro im Jahr kosten und damit die Mehreinnahmen beim Kinderfreibetrag deutlich übersteigen. Die Kindergrundsicherung dürfte je nach Ausgestaltung und Inanspruchnahme weitere Milliarden kosten. Bei einer Kindergelderhöhung würde aber der Steuervorteil des Kinderfreibetrags auch bei den Besser- und Hochverdienenden verschwinden (Abbildung 3) – man könnte ihn also abschaffen oder nur noch in Sonderfällen berücksichtigen. Das gilt allerdings nicht mehr, wenn die Spitzensteuersätze erhöht werden und dadurch der Steuervorteil des Kinderfreibetrags steigt. 

Die Grünen wollen das Kindergeld auf einheitlich 290 Euro im Monat erhöhen. Das würde etwa 13 Milliarden Euro im Jahr kosten, plus Mehrkosten durch die Kindergrundsicherung. Dann wäre der Kinderfreibetrag auch bei deutlich höheren Spitzensteuersätzen nicht mehr relevant (Abbildung 4). Die Linke will das Kindergeld sogar auf einheitlich 328 Euro im Monat erhöhen. Allein das würde etwa 20 Milliarden Euro kosten, hinzu kämen Kosten für die großzügige Kindergrundsicherung.

Fazit: Kindergrundsicherung statt Kinderzuschlag

Da eine Anhebung des Kindergeldes zu hohen Mehrbelastungen führt und nach dem Gießkanneprinzip allen Haushalten zugutekommt, sollte sich die nächste Bundesregierung stattdessen auf die Kindergrundsicherung für die Haushalte mit geringeren Einkommen konzentrieren. Finanziert werden könnte diese durch eine Absenkung der BEA-Pauschale im Kinderfreibetrag.  

Diese Kindergrundsicherung sollte den bisherigen Kinderzuschlag ersetzen und mit der Grundsicherung und dem Wohngeld besser abgestimmt werden. Insbesondere sollten Zugang und Beantragung niederschwelliger und einfacher werden, damit sich die Inanspruchnahme erhöht. Dazu könnten mit Zustimmung der antragstellenden Familien alle Informationen automatisiert genutzt werden, die den Finanz- und Sozialbehörden bekannt sind. Potenzielle Leistungsberechtigte sollten von den Finanz- und Sozialbehörden auf die Möglichkeit der Beantragung hingewiesen werden, etwa bei der Lohnsteuerbescheinigung, der Einkommensteuerveranlagung oder bei Bescheiden zu Lohnersatzleistungen oder Alterseinkünften. Darüber hinaus müssen die Einkommensgrenzen und Entzugsraten von Einkommen so gestaltet werden, dass Familien mit Anspruch auf Kindergrundsicherung auch einen Anreiz zur Beschäftigung haben.

Abstract

Jedes vierte bis fünfte Kind in Deutschland lebt in relativer Armut, schätzen ExpertInnen. Um soziale Teilhabe für alle Kinder zu ermöglichen, wird in einigen Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2021 gefordert, das Kindergeld deutlich zu erhöhen und eine Kindergrundsicherung einzuführen, die das Existenzminimum von Kindern effektiver sichern soll. Die vorliegenden Berechnungen zeigen, dass von der bisherigen steuerlichen Ungleichbehandlung durch Kindergeld und Kinderfreibeträge vor allem Haushalte mit hohen Einkommen profitieren. Um diese zu reduzieren, sollte der überhöhte Anteil für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf im Kinderfreibetrag deutlich gesenkt werden. Die dadurch entstehenden Mehreinnahmen von bis zu 3,5 Milliarden Euro sollten vor allem für die Bildungsinfrastruktur und eine zielgenaue Kindergrundsicherung für einkommensschwache Haushalte eingesetzt werden.

DIW aktuell ; 64 : Sonderausgaben zur Bundestagswahl 2021, 8 S. Stefan Bach, Peter Haan 2021  get_appDownload (PDF  0.57 MB)

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. vom 31.05.2021

 

Im Jahr 2020 haben nahezu genauso viele Frauen wie Männer die Dienste einer Schuldner- oder Insolvenzberatungsstelle in Anspruch genommen. Insgesamt ließen sich 588 000 Personen beraten, davon waren 273 000 Frauen (46,4 %) und 315 000 Männer (53,6 %). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich der Aktionswoche Schuldnerberatung 2021 weiter mitteilt, ergaben sich je nach Haushalts- beziehungsweise Familiensituation deutliche Unterschiede. So waren 13,8 % der beratenen Personen alleinerziehende Frauen, ihr Anteil in der Gesamtbevölkerung betrug aber nur 5,2 %. Alleinlebende Männer waren ebenfalls überproportional häufig von Überschuldung betroffen: Während auf sie 29,9 % der von Schuldnerberatungsstellen betreuten Personen entfielen, betrug ihr Anteil in der Gesamtbevölkerung lediglich 19,5 %.

Fast jede dritte alleinerziehende und überschuldete Frau (29,0 %) sowie jeder fünfte alleinlebende und überschuldete Mann (20,0 %) war geschieden. Paare ohne Kinder waren hingegen vergleichsweise selten überschuldet. Kinderlose Paare stellten 13,7 % der überschuldeten Personen, ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung lag etwa doppelt so hoch (28,2 %).

25- bis 44-Jährige sind am häufigsten überschuldet

Betrachtet man die beratenen Überschuldeten nach dem Alter, so waren 25- bis 44-Jährige besonders häufig betroffen. Während sie nur 30,2 % der Gesamtbevölkerung ausmachten, kam mehr als die Hälfte der Klientinnen und Klienten von Beratungsstellen aus dieser Altersgruppe (51,6 %). Personen ab 65 Jahren nahmen die Dienste von Schuldnerberatungsstellen hingegen kaum in Anspruch: Obwohl sie ein gutes Viertel der Gesamtbevölkerung stellten (25,1 %), waren nur 7,5 % der beratenen Personen in diesem Alter. Über die Gründe hierfür liegen seitens der Überschuldungsstatistik keine Angaben vor. Möglicherweise ist die eigene Zahlungsunfähigkeit gerade in dieser Altersgruppe ein Tabuthema. Auch könnten ältere Menschen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein, eine Beratungsstelle aufzusuchen.

Die durchschnittliche Schuldenlast steigt mit dem Alter

Durchschnittlich betrugen die Verbindlichkeiten von beratenen überschuldeten Personen 29 230 Euro, wobei Männer mit 33 050 Euro über dem Durchschnitt und Frauen mit 24 830 Euro darunterlagen. Nach dem Alter betrachtet trugen die über 65-Jährigen mit 49 930 Euro die höchste durchschnittliche Schuldenlast. Die größte Altersgruppe in Schuldnerberatung, die 25 bis 44-Jährigen, waren mit 22 270 Euro unterdurchschnittlich überschuldet.

Methodischer Hinweis:

Die Ergebnisse der Überschuldungsstatistik 2020 beruhen auf Angaben von 593 der insgesamt rund 1 430 Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in Deutschland. Sie haben anonymisierte Daten von rund 143 000 beratenen Personen mit deren Einverständnis bereitgestellt. Die Teilnahme an dieser Statistik ist sowohl für die Beratungsstellen als auch für die Ratsuchenden freiwillig; es gibt keine Auskunftspflicht. Die gemeldeten Daten werden anschließend auf die Grundgesamtheit aller durch Schuldnerberatungsstellen beratenen Personen in den Bundesländern hochgerechnet. Die Angaben zur Gesamtbevölkerung stammen aus dem Mikrozensus 2019.

Weitere Informationen:

Zu den Ergebnissen der Überschuldungsstatistik können detaillierte Daten und Zeitreihen in der Datenbank GENESIS-Online 63511 sowie in der Fachserie 15, Reihe 5 abgerufen werden. Zusätzlich zeigt der Schuldnerberatungsatlas des Statistischen Bundesamtes die Erreichbarkeit der nächsten Beratungsstelle von verschiedenen Standorten in ganz Deutschland.

Weiterführende Informationen zur Überschuldungsstatistik finden Sie unter www.destatis.de Gesellschaft und Umwelt; Einkommen; Konsum und Lebensbedingungen; Vermögen und Schulden.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt (DESTATIS) vom 07.06.2021

INFOS AUS ANDEREN VERBÄNDEN

Der AWO Bundesverband begrüßt die beschlossene Frauenquote für Vorstände von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitenden. Diese sei ein wichtiger Schritt, dürfe aber nicht das Ende der Bemühungen gegen die „gläserne Decke“ sein, so der Verband. Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Nachdem die Wirtschaft nie mehr als Absichtserklärungen lieferte, ist es richtig und überfällig, dass die Politik eine Quote durchgesetzt hat. Großunternehmen haben auch gesellschaftliche Verpflichtungen, die ernst zu nehmen sind. Man darf deshalb natürlich darauf bestehen, dass sich die Förderung der Geschlechtergerechtigkeit auch bei ihnen verwirklicht. Nach der Quote für Aufsichtsräte ist die Frauenquote für Vorstände der zweite wichtige Schritt auf einem langen Weg mit absehbaren Stolpersteinen. Mit der 3+1-Regelung steht nämlich zu befürchten, dass in die betroffenen Vorstände jeweils eine Frau als Feigenblatt, aber ohne echte Entscheidungsgewalt berufen wird. Eine prozentuale Lösung bzw. Staffelung würde das verhindern.“

Deshalb brauche es neben der beschlossenen Quote weiteren Wandel in der Arbeitswelt. Dazu gehöre die Etablierung von geschlechtergerechten und vielfaltsbewussten Unternehmens- und Führungskulturen. Schubert: „Von dem Gesetz werden letztlich rund 70 Unternehmen betroffen sein. Um Gleichstellung nachhaltig zu etablieren, reicht das natürlich lange nicht. Dafür müssen strukturelle Defizite angegangen werden, die Arbeitskultur insgesamt gehört auf den Prüfstand: Gibt es zum Beispiel Alternativen für Präsenzansprüche oder Möglichkeiten für flexible Arbeitszeiten? Gibt es hochgezogene Augenbrauen, wenn eine Führungskraft egal welchen Geschlechts ein Meeting der Kinder wegen frühzeitig verlässt? Gibt es vielfaltsbewusste Personalentwicklungskonzepte? Es bleibt viel zu tun.“

Mit dem ESF-Projekt „Vielfaltsbewusst in Führung“ fördert die AWO aktiv Vielfalt in ihren Unternehmen und Diensten. Ihr zweiter Gleichstellungsbericht ist in Arbeit, ab dem Sommer 2021 wird das Präsidium des Verbandes eine Doppelspitze haben. Der Verband strebt nachdrücklich an, mindestens 50% der haupt- und ehrenamtlichen Führungspositionen mit Frauen zu besetzen.

Quelle: Pressemitteilung AWO Bundesverband e.V. vom 01.06.2021

Ohne einen allgemeinen, langfristigen und konkreten Schutz vor Benachteiligungen können Elternschaft und Fürsorgeverantwortung in Deutschland laut der Initiative #proparents bspw. folgendes bedeuten: Kündigungen am ersten Tag nach der Elternzeit, kein gleichwertiger Arbeitsplatz und weniger Gehalt beim Wiedereinstieg, Benachteiligungen beim weiteren beruflichen Fortkommen, abwertende Bemerkungen von Vorgesetzten bei Fehlzeiten aufgrund eines kranken Kindes. Um Mütter und Väter besser zu schützen, hat das Bundesforum Männer die Petition #GleichesRechtfürEltern mitgezeichnet. Unterstützen auch Sie die Kampagne mit Ihrer Stimme! Die Initiative #proparents und die Zeitschriften „Brigitte“ und „Eltern“ fordern den Bundestag und den Bundesrat dazu auf, das Diskriminierungsmerkmal „Elternschaft“ in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) aufzunehmen bzw. eine Ergänzung des AGG auf den Weg zu bringen, wonach in der Arbeitswelt niemand „Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden darf“ (§ 4 GlBG).

Hier geht’s zur Petition #GleichesRechtfürEltern

ZEIT-ONLINE Artikel „Eltern? Stören den Betrieb!“ vom 22.04.2021

Quelle: Newsletter Mai 2021 Bundesforum Männer vom 28.05.2021

Bei den Diskussionen um die Finanzierung der Pflegeversicherung wird vergessen, dass Familien immer noch verfassungswidrig sowohl in der gesetzlichen Pflegeversicherung als auch in der Renten- und Krankenversicherung belastet werden.

„Die Pläne der Bundesregierung für eine Reform der Pflegeversicherung sorgen für Kontroversen: Kinderlose sollen einen höheren Beitragssatz zahlen. Dabei wird vergessen, dass Eltern bereits doppelte Beiträge in die Pflegeversicherung leisten, zum einen mit Geldbeiträgen und zum anderen mit der Kindererziehung“, sagt Siegfried Stresing, Vizepräsident des Deutschen Familienverbands (DFV). Ziel müsse sein, Eltern in der Sozialversicherung zu entlasten. Wer keine Unterhaltspflichten für Kinder hat, ist grundsätzlich finanziell leistungsstärker. Familien hingegen rutschen regelmäßig – trotz Kindergeld – unter das steuerliche Existenzminimum wie Berechnungen im Horizontalen Vergleich zeigen.

Die DFV-Forderungen nach familiengerechten Beiträgen während der aktiven Familienphase begründen sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 1629/94), wonach gleich hohe Beiträge für Eltern und Beitragszahlende ohne Kinder in der Pflegeversicherung verfassungswidrig sind.

„Mit seinem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht 2001 deutlich gemacht, dass das Sozialversicherungssystem ohne neue Generationen nicht überlebensfähig ist. Unsere Gesellschaft ist darauf angewiesen, dass Kinder großgezogen werden. Wer Kinder erzieht und Sozialbeiträge zahlt, leistet doppelte Beiträge in den Generationenvertrag“, sagt Stresing. „Es ist bedrückend, wie mutlos mit familienbezogenen Reformen der Sozialversicherung umgegangen wird. Wir müssen endlich verstehen, dass es nicht darum geht, Familien zu bevorteilen oder Kinderlose abzustrafen. Es geht um den Bestand des Sozialversicherungssystems.“

Zusammen mit dem Familienbund der Katholiken (FDK) unterstützt der DFV Familien, die den Rechtsweg für Beitragsgerechtigkeit in den Sozialversicherungen beschritten haben. Mit mehreren Verfassungsbeschwerden und einer Richtervorlage stehen sie vor dem Bundesverfassungsgericht. „Auf dem Weg nach Karlsruhe mussten die klagenden Familien mehrere unsägliche Urteile von Sozialgerichten hinnehmen, die dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2001 klar widersprechen oder es sogar ins Gegenteil verkehrten“, sagt der DFV-Vizepräsident. „Jetzt müssen die Karlsruher Richter ein Machtwort sprechen.“

Auf www.elternklagen.de informieren die Familienverbände über den Stand der Familienklagen.

Quelle: Pressemitteilung Deutscher Familienverband e.V.  vom 01.06.2021

Die Schließung von Schulen stellt Familien vor enorme persönliche und finanzielle Herausforderungen. Familien leiden an der monatelangen Dauerüberlastung zwischen Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und Homeschooling. Das haben inzwischen mehrere Studien deutlich nachweisen können. Eine Zeit lang ist der Wegfall von Bildungseinrichtungen durch Eltern kompensierbar, aber es kann kein Dauerzustand sein.

Über das Homeschooling unterhalten wir uns heute mit Dr. Sabine Buder. Sie ist vierfache Mutter, Unternehmerin und vielfach ehrenamtlich engagiert. Als CDU-Mitglied kandidiert sie im Wahlkreis 59 (Brandenburg) für einen Sitz im Bundestag. Mehr Informationen finden sich auf ihrer Webseite, auf Twitter sowie auf ihrem Facebook-Profil.

Frau Buder, Sie sind Mutter von vier Kindern, Tierärztin mit eigener Praxis und gleichzeitig kandidieren Sie für einen Sitz im Bundestag. Wie schaffen Sie es, all das – und jetzt noch mit dem Unterricht zu Hause – unter einen Hut zu bringen?

Als ich am 15. August vergangenen Jahres als CDU-Direktkandidatin für die Bundestagswahl im Brandenburger Wahlkreis 59 nominiert wurde, war mir klar, dass dieser Wahlkampf ein richtig hartes Stück Arbeit werden wird. Neun Monate, zwei Lockdowns und ganz viel Homeschooling später muss ich sagen: viel härter kann es selbst in der „heißen“ Phase des Wahlkampfs nicht mehr werden.

Als Familie haben wir das nur mit der großartigen Unterstützung meiner Eltern und Schwiegereltern geschafft. Mein Mann mit Vollzeitjob und ich mit eigener Praxis und vielen Wahlkampfterminen – vor Ort und Online – hätten es alleine auf uns gestellt nicht bewältigen können. Zusammen mit unseren Kindern sind wir im Lockdown an unsere körperlichen und psychischen Grenzen gestoßen. Diese Erfahrung haben sehr viele Eltern gemacht. Ich empfinde größten Respekt und Dankbarkeit für all diejenigen, die den Familien in dieser schweren Zeit zur Seite stehen.

Die Eindämmungsmaßnahmen in der Corona-Pandemie haben Familien hart getroffen. Das gilt besonders für Schulkinder. Hat die Krise Auswirkungen auf die Lernergebnisse von Kindern? Sind Kinder Verlierer dieser Krise?

Bereits vor der Krise hatten wir im Bildungssektor mit vielen Herausforderungen zu kämpfen. Das zeigen die PISA-Studien eindrücklich. Mit der Corona-Pandemie hat das alles eine dramatische Zuspitzung erfahren.

In diesem Zusammenhang stelle ich mir noch eine andere Frage. Warum müssen Kitas und Grundschulen über lange Zeiträume geschlossen sein? Wie sinnvoll sind Kita- und Schulschließungen, wenn selbst wissenschaftliche Studien zum Ergebnis kommen, dass Kinder bei der Virusübertragung kaum eine Rolle spielen? Gleichzeitig wird von Eltern eingefordert, einen anstrengenden Spagat zwischen Familie, Homeoffice und Ersatzlehrer hinzubekommen. Letztendlich auf Kosten der Gesundheit.

Es fehlt weiterhin an praktikablen digitalen Lernangeboten und guten Konzepten für Hybrid-Unterricht. Es ist ungemein schwierig, Grundschülern Lerninhalte sinnvoll nur über „Distanzunterricht“ zu vermitteln. Die Politik hat bisher keine oder unbefriedigende Lösungen gefunden. Sind also Kinder Verlierer dieser Krise? Ich fürchte JA.

Wird Corona der Motor der Digitalisierung unserer Bildungslandschaft werden?

Ich würde es begrüßen, wenn die Corona-Pandemie diese positive Nebenwirkung hätte. Wenn ich mich in meinem persönlichen Umfeld umsehe, kann ich allerdinge nicht zu einer optimistischen Schlussfolgerung kommen. Ähnliche Bedenken höre ich als Mitglied im Landeselternrat und aus anderen Bildungsbereichen.

Eine nüchterne Bestandsaufnahme führt eher zu deprimierenden Ergebnissen. So hat Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) erst kürzlich in einem Interview eingeräumt, Deutschland hänge bei der Digitalisierung der Schulen „fünf bis acht Jahre zurück“. Das könne man nicht in neun Monaten aufholen. Wenn dann aus dem Landeshaushalt 23,2 Millionen Euro für die Anschaffung von Laptops, Tablets und anderen digitalen Endgeräten für Schulen freigegeben werden, ist das zwar erfreulich, kommt aber reichlich spät.

Mein Wahlkreis Barnim und Märkisch-Oderland sind weit entfernt vom modernen Online-Unterricht. Die technische und personelle Ausstattung der Schulen sowie die Internet-Infrastruktur sind meist unzureichend, um Distanz- oder Hybridunterricht digital umzusetzen. Wobei ich Hybridunterricht bei Grundschulkindern und insbesondere Lernanfängern ohnehin kritisch sehe, da diese nicht unbeaufsichtigt zu Hause lernen können. Wenn Kinder zu Hause betreut werden müssen, können Eltern nebenbei nicht beruflich tätig sein. Daher ist der Hybrid-Unterricht für Grundschüler aus meiner Sicht nahezu ausgeschlossen.

Der Digitalisierungsschub in unserer Bildungslandschaft ist also mehr als überfällig. Dafür brauchen wir unbedingt starke Motoren – nicht aber Corona.

Welche Erwartungen haben Sie an Lehrer und Schulen in der Krise? Hat Homeschooling gut funktioniert?

Ich schätze das Engagement vieler Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen sowie von Erziehern und Erzieherinnen in den Kitas. Das ist mir wichtig zu sagen. Sie sind in der Corona-Pandemie immer wieder an ihre Grenzen gegangen – und darüber hinaus.

Klar ist aber auch, dass Homeschooling für die meisten Familien nicht funktioniert. Egal wie oft das Gegenteil von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey oder Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst behauptet wird. Es macht fassungslos, dass es diesbezüglich eine bewusst verschwommene Wahrnehmung und keine Fehlerkultur zu geben scheint.

Corona verlangt uns allen einiges ab und jeder muss seinen Beitrag zur Krisenbewältigung leisten. Aber was (Grundschul-)Kindern, Eltern und Lehrern in den letzten Monaten durch eine verfehlte Bildungspolitik zugemutet wurde, setzt neue Maßstäbe. Da hilft auch kein Schönreden.

Wie können wir hier helfen?

Das von der Bundesregierung beschlossene „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ geht in die richtige Richtung. Dafür sollen Mittel in Höhe von 2 Milliarden Euro bereitgestellt werden.

Eine große Summe. Gleichzeitig ist der Nachholbedarf enorm – schon vor Corona. Ich finde es sinnvoll, dass mit dem Programm nicht nur pandemiebedingte Lernrückstände aufgeholt werden sollen, sondern umfangreiche Maßnahmen zur Unterstützung der sozialen Kompetenzen und der allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen finanziert werden.

Ganz wichtig ist mir eines: Kinder und Jugendliche dürfen mit ihren Sorgen nicht alleingelassen werden. Die Schulsozialarbeit verdient mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung. Entscheidend für den Erfolg dieser Maßnahmen ist allerdings, dass Mütter, Väter und Kinder dabei mitwirken. Geld und gute Konzepte allein reichen nicht.

Versuchen wir am Ende einen positiven Ausblick auf die Zukunft. Was können wir aus der Krise Positives mitnehmen? Was hat uns in der Corona-Pandemie stark gemacht?

Kinder haben Rechte und ihr Schutz sollte bei allen politischen Entscheidungen oberste Priorität haben. Für mich ist die Wertschätzung der Familien als Keimzellen der Gesellschaft die Voraussetzung für ein zukunftsfähiges Deutschland.

Ich setze mich dafür ein, dass unsere Kinder unter bestmöglichen Bedingungen aufwachsen können. Das bedeutet einen Kitaplatz für jedes Kind, kurze Schulwege und die Erhaltung von Schulstandorten. Mir ist wichtig, dass individuelle Förderung der Kinder in der Schule und in der Freizeit ermöglicht und effektiver Kinderschutz gewährleistet wird.

Wer erstklassige Bildung für alle Kinder will, muss die Digitalisierung der Bildungslandschaft konsequent vorantreiben. Das sind Ziele, für deren Verwirklichung ich mich engagiere – als Mutter, im Ehrenamt und als Direktkandidatin für die Wahl zum Deutschen Bundestag. Und ich verspreche, mich auch nach dem Einzug in den Bundestag an das Motto meines Wahlkampfes zu halten: Zuhören. Verstehen. Kümmern. Denn Familien brauchen in Deutschland dringend eine starke Lobby!

Sehr geehrte Frau Buder, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sebastian Heimann (Twitter), Bundesgeschäftsführer des DFV

Quelle: Interview Deutscher Familienverband e.V.  vom 01.06.2021

Die Schließung von Schulen stellt Familien vor enorme persönliche und finanzielle Herausforderungen. Familien leiden an der monatelangen Dauerüberlastung zwischen Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung und Homeschooling. Das haben inzwischen mehrere Studien deutlich nachweisen können. Eine Zeit lang ist der Wegfall von Bildungseinrichtungen durch Eltern kompensierbar, aber es kann kein Dauerzustand sein.

Über das Homeschooling unterhalten wir uns heute mit Nina Stahr. Sie ist dreifache Mutter, arbeitete als Referendarin im Oberstufenzentrum in Neukölln sowie in einem Gymnasium in Grunewald. Seit 2006 ist sie Mitglied bei den Grünen und seit Dezember 2016 Landesvorsitzende in Berlin. Nina Stahr kandidiert im Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf für einen Sitz im Bundestag. Mehr Informationen finden sich auf ihrer Webseite, auf Twitter sowie auf ihrem Facebook-Profil.

Frau Stahr, Sie sind Mutter von 3 Kindern, sehr aktiv in der Berliner Landespolitik tätig und kandidieren gleichzeitig für den Bundestag. Wie schaffen Sie es, all das – und jetzt noch mit dem Unterricht zu Hause – unter einen Hut zu bringen?

Wir haben das Glück, dass unsere Kinder alle noch Kitakinder sind, so dass wir zumindest keinen Unterricht zu Hause machen mussten. Aber natürlich haben wir den Anspruch, diese schwierige Zeit für die Kinder so gut wie möglich zu gestalten und haben versucht, ein bisschen etwas vom üblichen Kitaprogramm auch zu Hause zu machen – wie basteln, experimentieren oder Musik machen.

Das ging nur, weil mein Mann in Kurzarbeit war, anschließend Kinderkrankentage genommen hat und Vollzeit für die Betreuung unserer Kinder da sein konnte. Neben meinem Job hätte ich das nicht hinbekommen. Das ist aber genau das Problem: dass Homeoffice und Kinderbetreuung nicht parallel stattfinden können – dieses Problem wurde von der Bundesregierung allerdings völlig ignoriert.

Alleinerziehende Eltern oder Eltern die beide arbeiten mussten – womöglich nicht mal im Homeoffice – standen vor kaum lösbaren Betreuungsproblemen. Die hätte man mit einem Corona-Elterngeld verhältnismäßig einfach lösen können – aber dies war leider keine Priorität für die Bundesregierung.

Die Eindämmungsmaßnahmen in der Corona-Pandemie haben Familien hart getroffen. Das gilt besonders für Schulkinder. Hat die Krise Auswirkungen auf die Lernergebnisse von Kindern? Sind Kinder Verlierer dieser Krise?

Natürlich hat die Krise Auswirkungen auf die Lernergebnisse. Aber das sollte nicht allein im Fokus stehen. Viel wichtiger sind die psychischen und sozialen Folgen. Denn ja, Kinder und Jugendliche sind die Verlierer der Krise – sie wurden kaum mitgedacht und haben selbst keine große Lobby. Kinderrechte wurden mit Füßen getreten und ich mache mir Sorgen, dass das auch Folgen für unsere Demokratie haben wird. Kindern und Jugendlichen wurde vermittelt: wer am lautesten schreit, bekommt, was er will, während die Schwächsten in der Gesellschaft keine Rolle spielen. Ist das wirklich die Art und Weise, wie wir in Zukunft zusammenleben wollen?

Wenn wir uns jetzt damit beschäftigen, was wir für Kinder und Jugendliche nach der Krise tun müssen, dann sollten für mich deshalb genau diese Themen im Fokus stehen. Und ich wünsche mir, dass Schulen genau daran mitarbeiten: dass sie Raum für Begegnung und Austausch bieten und Beziehungsarbeit in den Fokus stellen und den Schülerinnen und Schülern vermitteln, dass es jetzt gerade nicht darauf ankommt, ob sie in Mathe eine super Note haben oder nicht, sondern darum, dass es ihnen erstmal grundlegend gut geht.

Natürlich müssen wir im nächsten Schritt dann auch schauen, wie wir die Lernrückstände des vergangenen Jahres aufholen können. Manche Familien haben das mit dem Homeschooling super hinbekommen, für andere war es eine kaum zu bewältigende Herausforderung – die Heterogenität der Lerngruppen nimmt also enorm zu.

Aber ich halte es für den falschen Weg, den Kindern und Jugendlichen, für die die vergangenen Monate ohnehin besonders schwer waren, gerade jetzt die Ferien noch mit Nachhilfeunterricht zu überladen. Stattdessen müssen wir in den kommenden Jahren nach und nach aufarbeiten, was verloren gegangen ist. Dazu bedarf es einer Entschlackung der Lehrpläne und mehr binnendifferenzierten Unterricht. Ich würde mir aber auch generell ein Umdenken in der Schule wünschen: natürlich ist ein Schulabschluss die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben mit einem selbst gewählten Beruf etc., und dafür muss man natürlich Inhalte vermitteln – aber Schule ist eben so viel mehr als Wissensvermittlung.

Viele Lehrkräfte machen einen großartigen Job und sehen ihre Verantwortung, die über pure Wissensvermittlung hinaus geht, aber in unserer alten Schulstruktur sind Themen wie Beziehungsarbeit noch kaum verankert.

Wird Corona der Motor der Digitalisierung unserer Bildungslandschaft werden?

Das hätte ich mir gewünscht. Und es wäre dringend nötig. Corona hat gezeigt, wie weit wir hier zurückstehen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Deshalb müssen hier sowohl die Bundes- als auch die Landesregierungen in den kommenden Jahren nachhaltige Programme aufsetzen: das fängt bei der Anbindung von Schulen ans Internet mit ausreichender Bandbreite an, geht über Endgeräte für alle Lehrkräfte sowie Schüler und Schülerinnen sowie passende Software und Lernplattformen bis zur Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte.

Auf keinen Fall dürfen wir jetzt denken: nun haben sich das ja alle selbst angeeignet, wir sind viel weiter als vor einem Jahr. Denn die Wahrheit ist: auch nach einem Jahr Pandemie sind wir beim Thema Digitalisierung der Bildungspolitik mit wenigen Ausnahmen noch im Mittelalter.

Welche Erwartungen haben Sie an Lehrer und Schulen in der Krise? Hat Homeschooling gut funktioniert?

Das war sehr unterschiedlich. Und ob es funktioniert hat oder nicht, hing viel zu sehr vom Engagement einzelner Lehrkräfte und/oder Schulleitungen ab. Es gab Lehrkräfte, die einen großartigen Job gemacht haben, die bis spät in die Nacht sich selbst digitale Tools angeeignet haben, um ihre Schülerinnen und Schüler gut unterrichten zu können.

Und auf der anderen Seite gab es Lehrkräfte, die wochenlang kaum etwas von sich haben hören lassen, wo die Kinder ein paar Arbeitsblätter bekommen haben und das war’s. Ich möchte hier aber keiner einzelnen Lehrkraft einen Vorwurf machen – dass viele nicht in der Lage waren, ihre Schüler und Schülerinnen so zu betreuen, wie es nötig gewesen wäre. Es liegt vor allem daran, dass die Digitalisierung von den zuständigen Ministerien sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene so lange verschlafen wurde.

Wie können wir hier helfen?

Wir müssen aus den Versäumnissen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte lernen und Schule nun endlich moderner aufstellen. Digitale Tools und Unterrichtsmöglichkeiten, die ja nicht nur in Zeiten von Distanzunterricht relevant sind, müssen essenzieller Bestandteil der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften sein.

Es kann doch nicht sein, dass jüngere Lehrkräfte – und dieses Beispiel kenne ich aus mehreren Schilderungen – bis spät in die Nacht noch die Arbeitsblätter ihrer Kolleginnen und Kollegen in PDFs umwandeln und hochladen, weil die Älteren das selbst nicht können. Da haben doch über Jahrzehnte die Bildungsministerien geschlafen, da hätten Fortbildungen gemacht werden und die Angst vor digitalen Medien im Unterricht genommen werden müssen.

In vielen Köpfen sind Kinder vor Bildschirmen immer noch etwas Schlimmes – das muss ein Ende haben und wir müssen endlich die Chancen der Digitalisierung für die Schule nutzen. Und gleichzeitig müssen wir überdenken, was wir in der Schule noch vermitteln müssen: vieles wird in Zukunft von Maschinen erledigt, die wirklich relevanten Fähigkeiten, die es in Schule zu erlernen gilt, sind die sozialen. Auch darauf müssen wir einen stärkeren Fokus legen.

Versuchen wir am Ende einen positiven Ausblick auf die Zukunft. Was können wir aus der Krise Positives mitnehmen? Was hat uns in der Corona-Pandemie stark gemacht?

Während der Krise war vieles möglich, was sonst nicht ging: in vielen Büros konnten Menschen ins Homeoffice, wo es jahrelang nie erlaubt wurde. Eltern durften plötzlich ihre Arbeitszeit flexibler einteilen, um das mit der Kinderbetreuung hinzukriegen.

Ich möchte, dass wir das nach der Krise mitnehmen und ein Recht auf Homeoffice und flexible Arbeitszeitmodelle gesetzlich festschreiben. Das darf aber nicht zu einer Entgrenzung von Arbeit und Privatleben führen. Familien sind die Keimzellen unserer Gesellschaft, sie brauchen gemeinsame Zeit. Deswegen setze ich mich für die 30-Stunden-Woche für Eltern ein.

Sehr geehrte Frau Stahr, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sebastian Heimann (Twitter), Bundesgeschäftsführer des DFV

Quelle: Interview Deutscher Familienverband e.V.  vom 01.06.2021

  • Nur Solidarität und ein starker Sozialstaat helfen durch die Krise
  • Bentele: „Soziale Gerechtigkeit muss das Maß allen Handelns sein“

Am 1. Juni startet der Sozialverband VdK unter dem Motto „Sozialer Aufschwung JETZT!“ seine Kampagne zur Bundestagswahl 2021. Zum Auftakt erklärt VdK-Präsidentin Verena Bentele: „Die nächste Bundesregierung wird eine enorm große Verantwortung tragen: Sie wird darüber entscheiden, wer die Kosten der Corona-Pandemie zahlen muss. Denen die Last aufzubürden, die ohnehin wenig haben, ist gefährlicher gesellschaftlicher Zündstoff.“

Die Corona-Pandemie hat die soziale Schieflage in Deutschland noch weiter verstärkt. Viele Menschen haben täglich mit existenziellen Sorgen zu kämpfen. Die Friseurin mit kleinem Lohn muss mit wenig Kurzarbeitergeld auskommen. Der Rentner hat seinen Minijob verloren, bekommt aber keine staatlichen Hilfen. Die Solo-Selbstständige hat ihre Altersvorsorge aufgebraucht, Schulden angehäuft und lebt von Grundsicherung. Viele Kinder und Jugendliche aus ärmeren Verhältnissen sind in der Schule abgehängt. Die Pandemie hat gezeigt, wie stark die soziale Herkunft die persönliche Bewältigung der Krise bestimmt.

Mit seiner Kampagne „Sozialer Aufschwung JETZT!“ zeigt der VdK, wie der soziale Aufschwung in Deutschland gelingen kann und wie wir verhindern, dass ärmere Menschen zurückgelassen werden. Er fordert von den Parteien Vorschläge ein, wie sie die Zukunft des Landes gerecht gestalten wollen. Der VdK ist überzeugt: Solidarität und ein starker Sozialstaat sind die besten Lösungen, die wir in Deutschland zur Krisenbewältigung haben. „Nur wenn wir für den sozialen Aufschwung für alle sorgen, kommt auch die Wirtschaft dauerhaft in Schwung“, ist Bentele überzeugt.

„Unsere Mitglieder wollen Sicherheit statt Sozialhilfe, Zuversicht statt Abstiegsangst. Ein Sozialstaat, der die Lebensleistung der Menschen in den Blick nimmt und ein Leben ohne Angst vor Armut sicherstellt, hilft allen“, sagt Bentele. Der VdK fordert den Umbau der sozialen Sicherungssysteme: Alle Erwerbstätigen müssen in eine Sozialversicherung einzahlen, um sich für das Alter und gegen Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Unfall oder Arbeitslosigkeit abzusichern. Auch Beamte, Selbstständige und Politikerinnen und Politiker müssen einzahlen. Doch das reicht nicht: Es braucht auch ein gerechtes Steuersystem, das Vermögende stärker fordert, und eine Vermögensabgabe. Wird Vermögen oberhalb von einer Million Euro herangezogen, wäre weniger als ein Prozent der Bevölkerung betroffen. „Dann ist unser Land für die Zukunft gerüstet“, erklärt Bentele.

Mit seinen Forderungen wird der VdK die Bundestagswahl kritisch begleiten. Im Rahmen der Kampagne wird es in ganz Deutschland zahlreiche Veranstaltungen und Social-Media-Aktionen, Diskussionen mit Abgeordneten und mit Vertretern der Parteien geben. „Wir fordern von den Politikerinnen und Politikern Antworten auf die drängendsten Fragen. Für uns als VdK ist ein starker Sozialstaat die Lösung, um gut durch die Corona-Pandemie zu kommen. Daran werden sich die Parteien und die neue Bundesregierung messen lassen müssen“, so Bentele.

Alle Forderungen des VdK finden Sie im Internet unter www.vdk.de/btw21

Quelle: Pressemitteilung Sozialverband VdK Deutschland vom 31.05.2021

TERMINE UND VERANSTALTUNGEN

Termin: 14. Juni 2021

Veranstalter: Deutscher Familienverband e.V.

Eine der drängendsten Fragen zu den Folgen der Corona-Pandemie lautet:

Welchen Einfluss haben Schulschließungen mit Distanzunterricht auf die Bildung von Millionen von Kindern?

Aussagekräftige Untersichungen werden zu selten durchgeführt, vergleichende Leistungserhebungen gibt es kaum. Und dort, wo sie geplant waren, werden sie abgesagt. So drängt sich die Frage auf, ob die Verantwortlichen überhaupt wissen wollen, was Schulschließungen angerichtet haben.

Der Erziehungswissenschaftler und Professor für Schulpädagogik Klaus Zierer hat eine Datenanalyse vergleichbarer Länder vorgenommen und kommt zu alarmierenden Befunden:

Homeschooling und Unterrichtsausfall haben teilweise verheerende Auswirkungen auf den Bildungsstand, aber auch auf die körperliche und emotionale Verfassung von Schülern. Seine Ergebnisse und Lösungsvorschläge präsentiert er in seinem am 14.06.2021 im Verlag Herder erscheinenden Buch „Ein Jahr zum Vergessen. Wie wir die drohende Bildungskatastrophe nach Corona verhindern“.

Es wird herzlich zur Buchvorstellung und anschließenden Diskussion mit dem Autor Klaus Zierer, Friedhelm Boginski (Bürgermeister und Lehrer) und Christina Adler vom Brandenburgischen Pädagogen-Verband eingeladen. Das Gespräch wird vom Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes, Sebastian Heimann, moderiert.

Hier geht es zur ANMELDUNG. Die Veranstaltung ist kostenfrei

Termin: 14. Juni 2021

Veranstalter: Der Paritätische Gesamtverband

Die Diskussion über die mögliche Impfung von Kindern und Jugendlichen gegen SARS-CoV-2 bietet einen Nährboden für Verschwörungsideologien. Professorin Esther Lehnert wird über die gegenwärtigen Entwicklungen sprechen. Anschließend besteht Gelegenheit, über die Auswirkungen etwa im Hinblick auf die Elternarbeit für die Akteure der Kinder- und Jugendhilfe zu diskutieren.

Mit Prof. Dr. Esther Lehnert, Professorin für Theorie, Geschichte und Praxis Sozialer Arbeit mit dem Schwerpunkt Rechtsextremismus an der Alice Salomon Hochschule Berlin.


Hier geht es zur Anmeldung. Anmeldeschluss ist Donnerstag, 10.06.2021.

Bitte beachten Sie: Sie erhalten nach Ihrer Anmeldung eine E-Mail, mit der Sie Ihre Anmeldung bestätigen müssen, und erst danach eine Anmeldebestätigung.

Für die Teilnahme an der Fachveranstaltung werden keine Beiträge erhoben. Die Einwahldaten gehen den Teilnehmer*innen nach Anmeldeschluss zu.

Termin: 18. Juni 2021

Veranstalter: Pestalozzi-Fröbel-Verband e. V.

Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf für einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder soll ab 2026 eingeführt werden. Er ist im SGB VIII verankert und damit im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe umzusetzen. Dies kann die Chance sein dazu beizutragen, soziale, kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe von Kindern sicherzustellen, so Claudia Linsel vom Paritätischen bei einer Expert*innenanhörung im Familienausschuss des Bundestages.

Grundsätzlich begrüßt der Pestalozzi-Fröbel-Verband die Initiative der Bundesregierung, die stufenweise Einführung eines Anspruchs auf ganztägige Förderung für Grundschulkinder durch die Anpassung des Achten Buches Sozialgesetzbuch zu regeln. Damit wird die Rolle der Jugendhilfe gestärkt und diese noch konkreter zum Partner des formalen Bildungssettings Schule ausgebaut. Das fördert ganzheitliche Bildung und damit ein gelingendes Aufwachsen von Kindern, welches alle Kompetenz-und Bildungsbereiche abdeckt sowie Chancen-und Bildungsgerechtigkeit sichert.

In der digitalen Dialogveranstaltung können Erfahrungen zum Thema aus unterschiedlichen Perspektiven und Bundesländern zusammengetragen werden. Es sollen Kontroversen offengelegt werden. In einer von Respekt und Anerkennung getragenen Gesprächsatmosphäre sollen Praktiker*innen mit ihren Positionen Gehör bekommen. Alle sind eingeladen, dieses aktuelle Thema mit uns zu diskutieren.

Zur Anmeldung:

https://www.pfv.info/

Termin: 22., 24. und 30. Juni 2021

Veranstalter: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V.

Im Juni 2021 führt der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. unter Beteiligung des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, des Bundesministerium für Arbeit und Soziales und des Bundesministerium für Gesundheit, die digitale Veranstaltungsreihe „COVID 19 – any lessons learned?!“ durch.

Seit über einem Jahr hält uns die Covid-19-Pandemie in Atem und stellt die Akteure des Sozialen vor große Herausforderungen. Deutschland ist im internationalen Vergleich bisher sowohl mit Blick auf die Infektionszahlen als auch vor dem Hintergrund diverser Sozialschutzpakete, Regelungen zur Kurzarbeit und tragfähiger Infrastrukturen gut durch die Krise gekommen.

Im Rahmen der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „COVID 19 – any lessons learned?!“ soll reflektiert werden, welche bisherigen Lernerfahrungen für sozialpolitisches Handeln aus der Covid-19-Pandemie und den zu ihrer Bekämpfung ergriffenen Maßnahmen gezogen werden können. Die Pandemie hat zum einen bereits bestehende soziale Ungleichheiten sowie Benachteiligungen im Bereich der Bildung und gesellschaftlichen Teilhabe wie unter einem Brennglas sichtbar gemacht. Zum anderen ist es nach über einem Jahr Pandemie-Erfahrung an der Zeit, die getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens kritisch zu bilanzieren: Welche Maßnahmen haben sich bewährt, welche sind gescheitert und bedürfen einer Anpassung? Welche Maßnahmen können Wegweiser für die weitere Entwicklung in der Sozialen Arbeit und Sozialpolitik sein? Welche nachsorgenden Maßnahmen sind nötig?

Die Veranstaltungsreihe fokussiert dabei drei Themen:

+ am 22.06.2021: Teilhabe und Selbstbestimmung von alten, pflegebedürftigen Menschen und Menschen mit Behinderungen sichern – Lernerfahrungen aus der COVID-19-Pandemie und Schlussfolgerungen für notwendige Veränderungen

+ am 24.06.2021: Herausforderungen in der Grundsicherung in der Corona-Pandemie

+ am 30.6.2021: Ausgebremst, aber keine Generation Corona: Lernerfahrungen aus der COVID-19-Pandemie und Schlussfolgerungen für notwendige Veränderungen.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Termin: 16. – 17. September 2021

Veranstalter: OUTLAW.die Stiftung

Beim diesjährigen Kinderrechtekongress handelt es sich um eine kostenfreie Online-Veranstaltung, der sich dem Thema widmet:        

aufwachsen – gerecht – gestalten

Kinderrechte in Alltag und Politik

Das Kongressprogramm und weitere Informationen finden Sie auf der Website unter: www.kinderrechte-kongress.de.  

Termin: 06. Dezember 2021

Veranstalter: DEVI – Demokratie stärken. Vielfalt gestalten.

Hiermit möchten wir auf unsere Fachveranstaltung des Begleitprojekts „Demokratie und Vielfalt in der Kindertagesbetreuung“ am 06.12.2021 von 09:00-16:00 Uhr aufmerksam machen. Die Veranstaltung wird u. a. durch Fachvorträge sowie intensive Workshop Einheiten gekennzeichnet sein. Die Beteiligung der Teilnehmenden und das gemeinsame Erarbeiten stehen hierbei im Fokus.

Eine Einladung mit konkretem Programm folgt.

WEITERE INFORMATIONEN

Der Zugang zu Gesundheitsleistungen für Frauen* ist in Deutschland nicht flächendeckend gesichert. Neben sehr weitreichenden Werbeverboten und der Kriminalisierung von Ärzt*innen erschweren Abtreibungsgegner*innen mit sogenannten „Gehsteigbelästigungen“ den ungehinderten Zugang ungewollt Schwangerer zu Beratungseinrichtungen und ärztlichen Praxen. Dies geschieht meist durch Plakate, direkte Ansprache oder kollektives Beten. Berater*innen von pro familia und anderen Einrichtungen, die die gesetzlich vorgeschriebene Schwangerschaftskonfliktberatung anbieten, fordern schon seit langem einen besseren Schutz der Beratung Suchenden und der Berater*innen selbst.

Das Gunda-Werner-Institut in der Heinrich-Böll-Stiftung hat deshalb ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Es kommt zu dem Schluss, dass das Persönlichkeitsrecht der schwangeren Person, welches im Falle einer frühen Schwangerschaft der besonders schützenswerten Intimsphäre zuzuordnen ist, in der Regel schwerer wiegt als die Meinungsfreiheit, das Versammlungsrecht oder die Religionsfreiheit der Abtreibungsgegner*innen.

Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit könnten auch außerhalb der Hör- und Sichtweite der Einrichtung ausgeübt werden. Die schwangere Person hingegen ist gesetzlich verpflichtet, die Pflichtberatung aufzusuchen, um im Rahmen des StGB §218 straffrei einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu können.

Das Gutachten schlägt daher die Ergänzung eines §14a SchKG um einen Ordnungswidrigkeitstatbestand vor, der die versuchte oder erfolgreiche Beeinflussung der Ratsuchenden mit einem Bußgeld belegt.

Das Gutachten trägt den Titel „Möglichkeiten gesetzlicher Neuregelungen im Konfliktfeld ‚Gehsteigbelästigungen‘“. Autorin ist Dr. Sina Fontana, Rechtswissenschaftlerin und Vorsitzende der Kommission Verfassungsrecht, Öffentliches Recht, Gleichstellung im Deutschen Juristinnenbund. Sie hat neben einer verfassungsrechtlichen Abwägung der derzeitigen Situation politische Handlungsempfehlungen formuliert.

„Die freie Entscheidung über die Fortführung der Schwangerschaft ist elementarer Bestandteil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Es gehört zur Schutzpflicht des Staates, durch eine bundeseinheitliche Regelung die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Frauen unbeeinträchtigt durch Dritte von diesem Recht auch tatsächlich Gebrauch machen können”, so Dr. Sina Fontana.

Dass es dringend geboten ist, eine einheitliche Regelung in der gesamten Bundesrepublik umzusetzen, ist Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, besonders wichtig. „Aggressive Abtreibungsgegner*innen, die Schwangere belästigen, sind vielerorts aktiv. Bislang sind Pforzheim und Frankfurt/Main die einzigen Kommunen, die Proteste in Sichtweite von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen verboten haben. Doch kommunale Regelungen stehen auf wackligen Beinen und sind stark von der aktuellen politischen Zusammensetzung der Entscheidungsgremien abhängig. Wir brauchen daher einen bundesweit einheitlichen rechtssicheren Weg.“

Die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V., Prof. Dr. Maria Wersig, betont: „Belästigungen und verbale oder visuelle Angriffe sind in der Situation der Pflichtberatung, die bereits vom Ausschuss der Vereinten Nationen für die Umsetzung der UN Frauenrechtskonvention kritisiert wurde, für die Betroffenen unzumutbar. Auch wenn bereits jetzt ordnungs- und versammlungsrechtliche Möglichkeiten in den Bundesländern bestehen, gegen diese Aktionen vorzugehen, werden sie zu zögerlich genutzt.“

Zum Gutachten

Die Beobachtungsstelle hat ein neues Format veröffentlicht: Das LGBTIQ*-Monitoring 2020 beinhaltet kurzzusammengefasst alle relevanten Entwicklungen und Aktivitäten in der Europäischen Union und im Europarat sowie in den europäischen zivilgesellschaftlichen Organisationen zu den Rechten von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, inter* und queeren Personen im Jahr 2020.

Diese Informationen gehen aus dem monatlichen EU-Monitoring* der Beobachtungsstelle hervor. Ergänzend wird die erste LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie 2020–2025 der Europäischen Kommission ausführlicher vorgestellt.

https://beobachtungsstelle-gesellschaftspolitik.de/f/15967b2ea6.pdf

 „Zukunft gestalten – Der Podcast der Bertelmann Stiftung“: Das ist unser neues Audio-Format: Einmal im Monat reden wir hier mit den Expert:innen der Stiftung über die großen gesellschaftlichen Fragen – und geben Antworten.

Worüber sprechen wir im Podcast? Zum Beispiel über die Frage, wie Algorithmen längst unser Leben beeinflussen. Oder darüber, was die Gesellschaft in diesen schwierigen Zeiten zusammenhält. Und wie steht es um unser Wahlsystem und die Demokratie im Superwahljahr 2021? Themen wie diese und viele mehr besprechen Malva Sucker und Jochen Arntz mit unseren Kolleg:innen im neuen Podcast „Zukunft gestalten“. Die Brandmanagerin mit Verlagshintergrund und der frühere Chefredakteur leiten zusammen die Kommunikationsabteilung der Stiftung. Sie begegnen täglich den Fachkolleg:innen, die sich seit Jahren mit den drängenden Fragestellungen unserer Zeit auseinandersetzen. Unsere Expert:innen erforschen Deutschland und die Welt. Sie fragen, analysieren und reisen, um die Probleme und Herausforderungen unserer Gesellschaft transparent und messbar zu machen und vor allem Denkanstöße und Lösungskonzepte zu erarbeiten. Im Podcast berichten Sie nun authentisch und persönlich von ihren Erkenntnissen, Zielen und der Stiftungsarbeit.

Zu hören gibt es „Zukunft gestalten“ auf allen gängigen Podcastplattformen – so zum Beispiel über Apple Podcasts, Spotify, Deezer, Amazon Music, Google Podcasts und AudioNow.

FOLGE #04: Generation Lockdown? Jugend in Corona-Zeiten

Von einer Pause oder einem kurzen Einschnitt kann man nicht mehr sprechen: Das Leben vieler junger Menschen steht seit langer Zeit still. Gut zwei Drittel der jungen Menschen zwischen 15 und 30 Jahren haben Zukunftsängste – das zeigt unsere kürzlich veröffentlichte Studie zum Thema „Jugend und Corona“. Und mehr als ein Drittel hat speziell auch finanzielle Sorgen, deutlich mehr als vor Corona. Wir wollen wissen, wie sich Jugendliche und junge Erwachsene nach über einem Jahr Pandemie fühlen, was sie gern ändern würden und was getan werden müsste. 

Antje Funcke, unsere Expertin für Familien- und Bildungspolitik, hat die Studie betreut. Sie befasst sich seit fast zehn Jahren mit den Themen Bildung und Teilhabe von jungen Menschen sowie Kinderarmut. Ihre Überzeugung: Politik muss dringend etwas gegen Kinderarmut unternehmen – das war schon vor der Pandemie wichtig, jetzt, da sich die Probleme noch verschärfen, umso mehr. Zudem muss die Politik Kinder und Jugendliche viel stärker beteiligen. Junge Menschen haben ein Recht gehört zu werden und mitzubestimmen. Sie sollten daher auch regelmäßig nach ihren Bedarfen, Sorgen und Wünschen gefragt und einbezogen werden.